Nicht Zu Spät von scippu ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Zelda erwachte, von Jahren auf die Zeit vor der aufgehenden Sonne konditioniert, vor dem Morgengrauen. Sie erlaubte sich einen kurzen Moment der Freude – heute würde sie Urbosa, Daruk, Mipha und Revali wiedersehen – bevor sie die Federdecke zurückschlug. Der Steinfußboden war kühl, zu kühl für Zelda an diesem Morgen und sie huschte in Rekordgeschwindigkeit hinter den Paravent, um sich zu waschen und in das rituelle Gewand zu schlüpfen, das sie immer trug, wenn sie den Kontakt zur Göttin suchte. Und in die schmalen Schuhe, die wenigsten ein bisschen Schutz vor den frischen Temperaturen der sterbenden Nacht boten. Wie immer versuchte Zelda die Schritte des Auskleidens, der Waschungen und das Anlegen des weißen Kleides, das sie als Hohepriesterin Hyrules auswies, als Teil des Gebetes zu betrachten. Versuchte sich der rituellen Bedeutung mit jeder Bewegung ganz bewusst zu sein. Doch sie hatte Schwierigkeiten sich auf die vertrauen Handgriffe zu konzentrieren. Ihre Gedanken waren stets kurz davor abzuschweifen. Es gelang ihr kaum, die Bewegungen nicht automatisch, rasch und geistlos durchzuführen. Und so wollte sich die erwünschte tranceartige Versunkenheit nicht so recht einstellen. Dennoch hielt Zelda nicht inne. Entschlossen, vielleicht etwas kämpferischer als der Situation angemessen, stieg sie die Treppe zur zweiten Ebene ihrer Gemächer hinauf, der einem überdachten, kreisförmigen Balkon nicht unähnlich war. Versuchte mit jedem Schritt des Aufstiegs ein Stück der irdischen Zelda zurück zulassen, um mit jeder Stufe mehr zum leeren Gefäß zu werden, das die Göttin füllen konnte. Gen Osten blickend hielt sie inne, sah hinaus auf das dunkle Land, das sich, so weit sie blicken konnte, vor ihr ausbreitete. Sah zum Horizont, an dem sich das gedämpfte Farbenspiel der Sonne zeigte, die bald aufgehen würde. Seufzend kniete Zelda nieder. Es versprach kein besonders erfolgreicher Morgen zu werden – Göttinnen-weise. Ergeben faltete sie ihre Hände.   Göttin, Hylia, Schutzherrin unseres Landes. Ich bin hier. Ich bin bereit zu tun, was getan werden muss. Ich bitte dich. Was verlangst du von mir? Was soll ich tun? Bitte, sag es mir. Sag mir irgendwas … Hylia, ich ergebe mich deinem Willen.   Wie immer erhielt sie keine Antwort. Doch Zelda verharrte bis die Sonne am Himmel bereits hoch aufgestiegen war und die Sonnenstrahlen mit kitzelnden Finger begannen ihre Hände zu wärmen. Sie beendete ihr Gebet mit einer Danksagung und erhob sich. Schneller als gewöhnlich, aber ohne dem schlechten Gewissen, das deswegen in ihr hochstieg, viel Aufmerksamkeit zu schenken. Ihre Ungeduld würde sich heute eben nicht bremsen lassen.   Das Frühstück stand schon für sie bereit, als Zelda die Treppe hinab lief, um das rituelle Gewand abzulegen. Sie klaubte eine Wildbeere, die auf einer kleinen Pyramide Mitbeeren thronte, aufgestapelt neben einem Glas Milch und etwas, das verdächtig nach einem Stück Nusskuchen aussah. Von der zarten Säure begann Zeldas Zunge zu prickeln, als sie die Frucht an ihrem Gaumen zum Platzen brachte. Ihrer gewohnten königlichen Robe folgte der einfache Kranz aus Haar, den sie wie immer um ihren Kopf flocht, damit er ihr das Haar aus der Stirn hielt. Dann steckte sie ihn mit zwei himmelblauen Haarklammern fest. Eine kindliche Frisur. Vielleicht zu kindlich für jemanden der sechzehn Jahre alt war. Aber Zelda konnte sich nicht daran gewöhnen, ihr Haar anders zu tragen. Vielleicht als Erinnerung an ihre Mutter, die ihr immer genau diese Frisur geflochten hatte? Oder vielmehr als Erinnerung für ihren Vater. Daran, dass sie doch immer noch sein kleines Mädchen war. Ein Appell daran, dass er nicht so streng mit ihr sein sollte? Vielleicht war es auch etwas viel weniger Tiefgründiges. Vielleicht war es einfach nur praktisch. Es ermöglichte Zelda ohne Zofe auszukommen und damit mehr Zeit für ihre Forschungen zu haben. Oder ihre Gebete. Was wohl wichtiger war. Leider.   Letztendlich war es sowieso egal und so widmete sich Zelda unverhältnismäßig vergnügt ihrem Frühstück. Sie verbrachte den restlichen Morgen damit auf der Mauer ihres Turms zu stehen und abwechselnd die Luft, den Aufgang des Schlosses und die zuführenden Wasserstraßen zu beobachten. Und hoffentlich nicht völlig verrückt dabei auszusehen. Heute würde Zelda das jedoch in Kauf nehmen, wenn sie dafür die Ankunft der Recken nicht verpasste. Bei einem dieser Manöver blieb ihr Blick an einer vertrauten Gestalt im Schatten der Mauer hängen. Er stand am Aufgang zum dritten Wall und schien in ihre Richtung zu sehen. So ganz konnte Zelda das nicht erkennen, da die Sonne sie blendete. Nur an der vertrauten entspannt aufrechten Haltung und der Silhouette des Schwertes auf seinem Rücken, dem Fehlen der hylianischen Rüstung ließ sich ausmachen, um wen es sich handelte. Sie unterdrückte den Impuls mit der Hand die Augen zu beschatten, um ihn besser sehen zu können. Genauso gut hätte sie ihm zu winken können.   Zelda hatte noch nicht ansatzweise verarbeitet, dass er ihr nun nicht nur durch seine Taten als Held des Schwertes ihr eigenes Versagen vor Augen halten würde. Als ihr eigener Ritter, ihr Leibwächter, würde er bald ständig in ihrer Nähe sein. Sie hätte keinen Moment der Ruhe vor ihm und vor den Gefühlen des Scheiterns. Was für Zukunftsaussichten. Zelda wusste nicht, ob die Tatsache, dass er wohl auch wenn das Schwert ihn nicht auserwählt hätte zu ihrem Leibwächter ernannt worden wäre, das Ganze einfacher oder schwerer zu ertragen machte. Sie stellte sich die Frage, ob das Schwert ihn wegen seines Talents zu sich gerufen hatte, oder er so talentiert war, weil es ihm bestimmt war das Schwert zu führen. Keine der Varianten war besonders tröstend. Übermorgen, am Tag nach der Ernennung der Recken vor ganz Hyrule, würde er offiziell zu ihrem Leibwächter werden. Eigentlich sollte sie die Zeit des Friedens die ihr noch blieb besser nutzen, als hier zu stehen und Trübsal zu blasen. Dafür würde sich ihr noch Gelegenheit bieten. Zum Beispiel könnte sie in den alten Schriften die Impah ihr zur Untersuchung überlassen hatte, nach einer Verbindung zwischen dem Shiekah-Stein und den antiken Schreinen forschen, die man überall in Hyrule fand. Bisher hatte Zelda darüber nicht viel herausfinden können und war immer nur auf den wiederkehrenden Hinweis auf den erwählten Helden gestoßen. Was zugleich interessant und unglaublich frustrierend war. Er war überall. Sogar in ihren Forschungen. Und nun auch unten am Wall und machte es ihr unmöglich, nicht über ihn nachzudenken. Selbst jetzt fragte sie sich, ob er sie wohl heimlich beobachtete. Insofern man etwas heimlich tun konnte, wenn man im offenen Blickfeld des potentiell heimlich Beobachteten stand. Zelda runzelte die Stirn. Vielleicht nahm sie sich auch viel zu wichtig und er hielt im Stehen einfach nur ein Nickerchen. Oder zählte am Himmel die Vögel. Es war kein angenehmer Gedanke. Der, dass sie sich so wichtig nahm, nicht der mit dem Nickerchen. Peinlicherweise fühlte sich Zelda dabei seltsam missachtet. Wenn er schon so viel Raum in ihren Gedanken einnahm, war es doch das Mindeste, dass es ihm ähnlich ging. Bevor sie gezwungen war, sich tiefer mit dieser beunruhigenden Erkenntnis auseinander zu setzen, wurde Zelda durch das Geräusch großer Flügel abgelenkt, die die Luft mit lautem Rauschen zerteilten. Der plötzlich aufkommende Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht und Zelda streckte unwillkürlich die Hand nach der Balustrade aus, um nicht von der Mauer gefegt zu werden. Mit großem Trara landete Revali mitten auf dem Wehrgang, einige Schritte von ihr entfernt. Während Zelda noch dabei war ihre Frisur zu richten, hatte er sich bereits aufgerichtet und sich in die Brust geworfen. „Prinzessin“, begrüßte er sie mit demselben Schnarren, das Zelda vom ersten Moment an heimlich amüsiert hatte. Er war so ein stacheliger Charakter. Stolz und aufbrausend. Ein wenig angeberisch vielleicht, allerdings mit gutem Grund. Entschlossen und voller Kraft. Für sein Können hatte er mehr gekämpft, als er es jemals zugeben würde, das hatte Zelda bereits in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft über ihn gelernt. Das, und dass er es nicht leiden konnte, wenn man sich ihm ohne Ankündigung näherte. Er gab einen prächtigen Recken ab.   „Revali“, antwortete Zelda lächelnd und konnte ihr Erstauen darüber, dass er gerade hier gelandet war und ihre Freude darüber, nicht ganz aus ihrer Stimme fernhalten. Jedoch war der Recke der Orni jemand der von Schmeichelei lebte – selbst wenn er es selbst war, der sie aussprechen musste – und so glätteten sich die steil aufgestellten Brauen ein wenig und der stechende Blick seiner Augen wurde weich. Er deutete eine Verbeugung an. Etwas, das sie ihn noch nie hatte tun sehen. „Ich freue mich so sehr, dass du hier bist. Und so früh“, sagte Zelda und meinte es ernst. Fast vergessen war ihr baldiger Leibwächter und ihre düsteren Gedanken. Stattdessen lief sie nun beinahe in Gefahr vor Euphorie und alberner Freude überzusprudeln wie der Zierbrunnen im Park unterhalb ihres Turms. Endlich würde es losgehen. Endlich! Und so musste sie an sich halten, um nicht in die Hände zu klatschen wie ein kleines Kind. „Tja, nun“, begann Revali und fuhr sich mit einem Arm – Flügel? – in den Nacken. „Ich bin eigentlich spät aufgebrochen. Wahrscheinlich habe ich meine eigene Geschwindigkeit mal wieder unterschätzt. Tiba habe ich auch abgehängt, er wird sich hoffentlich nicht verflogen haben.“ Zelda lächelte. Und dann lächelte auch Revali. Es war ein kleines Grinsen. Beinahe schüchtern. Es sollte eigentlich nicht zu seiner sonst so hochtrabenden Art passen, tat es eigenartigerweise aber doch. „Ich werde dem Haushofmeister Bescheid geben, dass du angekommen bist. Wir haben den Turm für den Gesandten der Orni für die herrichten lassen.“ Zelda begann den Wehrgang entlang zugehen. „Es wird dir dort sicher gefallen“, sagte sie über ihre Schulter hinweg und winkte Revali zu ihr zu folgen.   Daruk war der nächste Recke der eintraf, begleitet von einem weiteren Abgesandten der Goronen. Kurz gefolgt von Mipha, die aus einem atemberaubend gefährlich aussehenden Sprung aus dem mittleren Wasserfall heraus, vor dem ersten Torhaus landete. Etwas weniger waghalsig, aber nicht weniger exotisch, entstieg ein weiterer, weit älterer Zora den zuführenden Gewässern. Am späten Nachmittag kam Urbosa mit ihrem wiegenden Schritt die Straße von Hyrule Stadt herauf, neben ihr eine stattliche Gerudo, die mit ihrer traditionellen Kriegerinnenmaske unnahbar und gefährlich aussah. Ihre Pferde hatten sie in einem der Ställe außerhalb der Stadt untergestellt, um ein wenig von der milden Temperatur und dem lauen Tag zu Fuß zu genießen, erklärte sie. Als Königin der Gerudo hatte sie kaum einmal einen ruhigen Tag für sich allein. Und Zeldas ungebändigte Freude darüber sie wieder zu sehen, wurde kurz von einer Welle des schlechten Gewissens überrollt. Doch das Gefühl schmolz in der mütterlichen Umarmung dahin, in die Urbosa sie zog. Seufzend schloss Zelda die Augen. „Mein kleines Mädchen sieht müde aus“, bemerkte Urbosa und hielt sie eine Armlänge von sich entfernt. Zelda lächelte vage und zuckte mit den Schultern. Urbosa schnalzte mit der Zunge und stemmte die Hand an eine Hüfte. Ihre golden funkelnden Waffen klapperten leise vom Schwung der Bewegung. „Nun, dann wollen wir uns diese anderen Recken einmal ansehen, meinst du nicht?“, fragte sie Zelda mit ihrer weichen, volltönenden Stimme und lächelte. Die andere Gerudo, die sich mit dem Namen Ekis vorgestellt hatte, stand mit grimmiger Miene neben ihnen. „Du wirst sie beim Fest heute Abend kennen lernen, das euch zu Ehren gegeben wird“, antwortete Zelda und sah auf in das ausdrucksstarke Gesicht der Gerudo Königin. Die alte Freundin ihrer Mutter lächelte immer noch, als Zelda ihre Arme hinter den Rücken verschränkte und eine mädchenhafte kleine Drehung vollführte. „Ich werde eure Ankunft erst einmal dem Haushofmeister bekannt geben. Dann könnt ihr euch in eure Quartiere zurück ziehen und ein wenig von der Reise ausruhen.“ Urbosa lachte, laut und aus dem Bauch heraus, wie es ihre Art war. „Ausruhen? Wer muss sich ausruhen? Ich bin es gewohnt durch den heißen Wüstensand zu laufen. Der Boden hier fühlt sich an als würde man auf Wolken gehen.“ Sie lächelte auf Zelda hinab, während sich Beide in Bewegung setzten. „Außerdem hat doch das Pferd die meiste Arbeit übernommen. Und ich habe nur faul oben drauf gesessen und mir die Landschaft angesehen.“ Sie beendete ihren Satz mit einer eleganten Geste ihres Armes und sandte ihrer Begleiterin einen vielsagenden Blick zu. Ekis nickte nur und glich dabei in ihrer Schweigsamkeit so sehr Zeldas baldigen Leibwächter, dass sie gegen ihren Willen lachen musste. „Du hast es verdient, ab und an auch einmal faul zu sein, Urbosa.“ Sie strahlte zu der großen, schönen Frau auf, badete in der wärmenden Präsenz der Gerudo Königin wie eine Frühlingsblume in den ersten Sonnenstrahlen. Urbosa lachte erneut. Dann blieb sie stehen und legte den Kopf in den Nacken, um zur Spitze des Schlosses hinauf zu blicken. „Wo wird die Zeremonie stattfinden?“ Sie wandte sich Zelda zu. „Im Thronsaal“, antwortete die Prinzessin und nickte zum besagten Ort hinauf. „Unter der Anwesenheit aller Würdenträger des Schlosses und den anderen Edlen. Und wir freuen uns besonders, dass weitere Vertreter der vier Völker Hyrules anwesend sein werden.“ Sie schenkte Ekis ein scheues Lächeln, denn anders als Urbosa, die Zelda stets mit mütterlicher Zuneigung begegnete, schüchterte die andere Gerudo sie ein wenig ein. Ekis senkte langsam den Kopf, eine Hand auf ihre Brust gelegt und Zelda fasste es als Geste der Ehrerbietung und Dankbarkeit auf. Ein wenig erleichtert setzte sie sich wieder in Bewegung. „Erzähl mir von den Neuigkeiten aus Gerudo Stadt“, sagte Zelda nach ein paar Schritten. „Habt ihr herausfinden können, wie dieser Hylianer es geschafft hat sich in die Stadt zu schleichen?“ Urbosa hatte Zelda bei ihrem offiziellen Besuch vor einigen Wochen von einem vorwitzigen Vooi hylianischer Abstammung erzählt, den man unlängst in der Waffenkammer gefunden hatte. Die Gerudo Königin lächelte bei der Erinnerung, während Ekis die Augenbrauen zusammenzog. „Ich hatte dir davon erzählt, hm?“, fragte sie und strich sich mit dem Handrücken elegant über die Wange. „Nun, es stellte sich heraus, dass der Schlawiner sich in einem Fass versteckt hatte, in dem Weizen aus Tabanta angeliefert werden sollte.“ Urbosa stieß ein Lachen aus. „Der Kleine war derart entschlossen, dass er den ganzen Weg von seinem Dorf aus in diesem Fass gesessen hat.“ Sie drehte den Kopf und grinste Zelda an. „Er wäre auf der Strecke zwischen der Oase und Gerudo Stadt beinahe an einem Hitzeschlag gestorben, weile er seine Kühlungstränke falsch dosiert hatte.“ Sie seufzte, während Ekis neben ihr spöttisch schnaubte. „Ach, so jung und töricht zu sein.“ Urbosa schien sich über die ständigen Versuche fremder Voois, in die für Männer verbotene Stadt einzudringen, eher zu amüsieren. Zelda hatte bei ihrem Besuch dort ihre männlichen Wachen vor den Mauern zurück lassen müssen und hatte nur mit ihren Hofdamen einreisen dürfen. Bei dem Gedanken verdüsterte sich Zeldas Miene und das Lachen über Urbosas Vergnügtheit blieb ihr im Hals stecken. Bald würde es mehr benötigen als eine Stadt voller grimmiger Kriegerinnen, um ihre zukünftige Wache loszuwerden. Wenn es überhaupt möglich war. Gemeinsam traten sie in den Schatten des ausgehöhlten Felsens ein, in den Zeldas Turm hineingebaut war. Zelda verschränkte die Arme gegen die plötzliche Kühle. Die Bewegung fesselte Urbosas Aufmerksamkeit. Einige Schritte schwieg sie, bis Zelda ihren Blick erwiderte. „Möchtest du mir erzählen, was dich so betrübt, kleiner Vogel?“ Urbosas Stimme war sanft und leise. Die Verwendung des Kosenamens, den Zeldas Mutter ihr schon als kleines Mädchen gegeben hatte, löste ihre verschränkten Arme. Mit einem Mal spürte sie die Anspannung der letzten Tage, der letzten Wochen, der letzten Jahre, in jedem einzelnen ihrer Knochen. Sie fühlte kraftlos. Und ihre Vorbehalte erneut die Last ihrer Sorgen auf Urbosas Schultern abzuladen – Schultern die so stark, so unerschütterlich wirkten – schmolz dahin wie sonnenbeschienener Schnee. „Der König hat mir einen eigenen Leibwächter zugeteilt“, begann Zelda. Ihre Stimme klang seltsam hoch und ein wenig atemlos, als würde es ihr körperliche Schwierigkeiten bereiten die Worte auszusprechen. Urbosa schwieg und blickte taktvoll geradeaus, hatte aber die Geschwindigkeit ihrer Schritte gedrosselt, so dass sie hinter der stramm voran schreitenden Ekis ein wenig zurück fielen. „Ich weiß dass diese Maßnahme notwendig ist“, fuhr Zelda fort, da sie Urbosas Schweigen als Zustimmung zu dieser Entscheidung ihres Vaters deutete. „Durch die vielen Monsterübergriffe ist es mir unmöglich geworden nur mit meinen Hofdamen zu den Quellen zu reisen. Und Hyrule kann nicht ständig Ritter für meinen Schutz entbehren.“ Zelda sah zu Boden. Sie waren beinahe bei Ekis angelangt, die bereits am Seiteneingang zum Schloss auf sie wartete. Zelda blieb stehen. Sie wollte vor dieser so stark und unabhängig wirkenden Frau nicht von den Sorgen und Nöten sprechen, die sie eigentlich gar nicht haben dürfte. „Wer?“ fragte Urbosa nach einem Moment. „Das ist es ja gerade“, brach es aus Zelda hervor. „Der Ritter mit dem heiligen Bannschwert“, sagte sie und konnte ihre Stimme nicht ganz frei von Bitterkeit halten. „Vater wird es nach der Zeremonie der Recken offiziell bekannt geben.“ „Link?“ Zelda blieb stehen. „Du kennst ihn?“ Bestürzt sah sie zu Urbosa hoch. Oder eher zu ihrem Rücken, denn die Gerudo war nicht stehen geblieben. „Nein. Ich habe ihn getroffen“, sagte diese über ihre Schulter hinweg und sah dann wieder nach vorne. „Einige meiner Kriegerinnen … kennen ihn.“ Zelda runzelte die Stirn und setzte sich wieder in Bewegung. Betrachtete skeptisch Urbosas Hinterkopf. Was meinte sie damit, einige ihrer Kriegerinnen kannten ihn … ? Meinte Urbosa, dass sich Krieger auf eine andere Art kennen lernten? Wurde er dort nicht gemocht? Die Möglichkeit verschaffte ihr ungeahnte Glücksgefühle. „Das ergibt Sinn, Zelda“, sagte Urbosa vorsichtig. „Auch wenn ich noch keine Ahnung davon habe wie man dieses Blitze schleudernde Monstrum kontrolliert, bin ich mir ganz sicher, dass es meine volle Konzentration fordern wird.“ Sie drehte sich erneut zu Zelda um. „Wir alle werden unsere Titanen zu steuern haben. Und er wird sowieso da sein und Ganon zusetzen, sollte es so weit kommen. Er wird da sein, um die Verheerung mit dem heiligen Schwert zu bannen, damit du Ganon versiegeln kannst.“ Urbosas Stimme klang weich und beruhigend, als würde sie auf einem verängstigtem Kind erklären, dass unter dem Bett wirklich kein Monster lauern konnte. Was im weitesten Sinne wohl eine ähnliche Situation war. Sie ließ ihren Blick über Zelda schweifen und sah dann in die Ferne, in die ungefähre Richtung in der ihre Heimat lag. Die Wüste, dieser Ort voller Gegensätze. „Es ist nur logisch dass er dich dabei auch beschützt.“   Urbosas so einfach ausgesprochenes Vertrauen in Zeldas Fähigkeit die Verheerung versiegeln zu können, legte sich wie ein sanfter Regen über die schwelende Glut in ihrem Inneren. Berührt und ein wenig desorientiert blinzelte sie. „Aber“, begann Zelda, hatte aber vergessen was sie sagen wollte. Sie war so sehr daran gewöhnt, dass ihr bisheriges Unvermögen die Kräfte Hylias in sich zu erwecken thematisiert wurde, dass Zelda Schwierigkeiten hatte mit dieser Zuversicht in ihre Fähigkeit umzugehen. Aus dem Segel ihres frustrierten Missmuts war die Luft entwichen und nun hing es schlapp herab. Ähnlich wie ihre Schultern. „Aber es sollte nicht nötig sein“, beendete Zelda ihren Satz kaum hörbar. Und obwohl es der Wahrheit entsprach, schließlich sollte die Kraft des Siegels von unendlich großer Macht sein, so fehlte Zelda für den Moment tatsächlich das bisher so flammenartig aufgebrauste Gefühl unfair behandelt worden zu sein. „Was hältst du denn von ihm?“ fragte Urbosa gnädigerweise, als wüsste sie um Zeldas Dilemma. Zelda seufzte. „Ich beneide ihn“, gestand sie und blickte nach vorn. Was hatte es auch für einen Zweck unehrlich zu sein? „Ich hätte auch gern etwas so Greifbares wie ein Schwert, um mich zu beweisen. Unglücklicherweise liegt der Schlüssel zu meinem Schicksal nicht in der materiellen Welt.“ Sie sprach leise, denn sie hatten den seitlichen Eingang zum Schloss erreicht, in deren Gang Wachposten patrouillierten. Anstatt einer Antwort legte Urbosa ihr eine sanfte Hand auf die Schulter. Zelda konnte Mitgefühl und Zuneigung in der Geste spüren und fühlte wie sie sich ein wenig entspannte. „Wie wäre es, wenn du uns doch diese Quartiere zeigen würdest, Prinzessin?“ Urbosa legte den Kopf schräg und wies Zelda an vorzugehen. „Nachdem ich euch bei dem Haushofmeister angekündigt habe“, versprach Zelda. „Sonst lässt er euch im hohen Bogen wieder aus dem Schloss werfen, egal ob du nun eine Königin oder Hylia persönlich bist“, fügte sie als Erklärung hinzu. Ekis, die nun wieder dicht bei ihnen ging, zog die Augenbrauen hoch. Die Maske, die manche der Gerudo Kriegerinnen trugen um den feinen Wüstensand nicht einzuatmen wenn sie ihre Kampfschreie ausstießen, ließ ihr Gesicht im Halbdunkeln des Ganges seltsam artifiziell wirken. Zelda hoffte, dass sie sich, wenn schon nicht für die morgige Zeremonie, vielleicht für die abendliche Feierlichkeit dazu überreden ließ das Ding abzunehmen. Und überhaupt, wie wollte sie damit essen? Urbosa lachte über Zeldas Darstellung des Haushofmeisters, die leider nur ein klein wenig übertrieben war. „Nun“, sagte sie amüsiert, „dann bin ich sehr gespannt ihn kennen zu lernen.“       Die Feierlichkeiten zur Ehren der Recken Hyrules war ein Fest wie kein anderes das Zelda je erlebt hatte. Zumal, seitdem sich die Vorhersagen der Wahrsager immer häufiger bewahrheiteten, kaum noch etwas gefeiert wurde. Doch an diesem Abend würzte Hoffnung die Luft im Saal und es wurde mehr gelacht als Zelda in ihrem Leben dort gehört hatte. Dabei schien Daruk Urbosa noch zu übertreffen. Die wiederum immer wieder den König selbst zu tiefen, polternden Bekundigungen seiner Belustigung veranlasste, während sie ihn mit Geschichten über die mannigfaltigen kreativen Einfälle männlicher Draufgänger unterhielt, die versuchten in Gerudo Stadt einzudringen. Sie saß direkt neben ihrem Vater, an dessen rechter Seite – ein ehrenvoller Platz, der ihr als enge Freundin der verstorbenen Königin zugeteilt worden war. Neben ihr saß Revali, der zwischen lauten Erzählungen über seine Heldentaten immer wieder vernichtende Blicke zu Link hinüber warf, der ihm direkt gegenüber platziert war, eingekeilt zwischen Daruk und Mipha. Zelda ertappte sich dabei, wie sie selbst von ihrem Sitzplatz an der Stirnseite der Tafel, neben dem König, immer wieder verstohlen zu dem Trio hinüber warf. Es stellte sich heraus, dass nur Revali und Zelda vor Links Auserwählung durch das Bannschwert noch nie von ihn gehört hatten. Sowohl Daruk, als auch Urbosa hatten ihn getroffen, als er noch schlichtweg nur der beste Schwertkämpfer des Landes gewesen war. Und Mipha … nun, Mipha kannte ihn wohl schon seit sie beide Kinder gewesen waren. Zelda hatte Schwierigkeiten sich das vorzustellen. Der Held Hyrules als kleiner Junge. Wie er wohl gewesen war? War er je hingefallen und hatte weinend bei seiner Mutter Trost gesucht? Der Gedanke war verstörend und gleichzeitig merkte Zelda, wie sie sich nach irgendeinem Anhaltspunkt sehnte, der es ihr möglich machte ihn einzuschätzen. Daruk lachte immer wieder laut und grollend und schlug ihm herzhaft auf die Schulter. Was schmerzhaft sein musste, denn Mipha stürzte immer wenn es geschah entrüstet die Lippen. Link jedoch schien einigermaßen unbeeindruckt von dieser schlagkräftigen Geste der Zuneigung. Nicht mal als der Schwung eines besonders freundlich gemeinten Schlags seinen Oberkörper nach vorne katapultierte und er sich an der Tischkante abfangen musste, zeigte er eine großartige Reaktion. Keine Regung auf seinem Gesicht, nur ein Blick hinauf zu dem hünenhaften Goronen, der sich immer noch meisterlich amüsierte. Eine Geste Miphas, die ihre Hand auf Links Unterarm legte, nahm seine Aufmerksamkeit gefangen und er wandte sich von seinem alten Freund – wie Zelda nun wusste – ab. Mipha flüsterte irgendetwas, es war über das Stimmengewirr, das in der Halle lärmte, kaum zu verstehen, doch Zelda meinte zu hören, wie sich die Zora Prinzessin nach seinem Wohlergehen erkundigte. Der Ritter schien ihr zu antworten, doch zu Zeldas unendlicher Frustration konnte sie nicht einmal seine Stimme hören. Es überraschte sie, wie angestrengt sie es jedoch versuchte. Zelda presste die Lippen aufeinander. Zum Kuckuck noch mal! In diesem Augenblick sah er auf und ihre Blicke trafen sich. Für einen Moment war es, als würde sich die Zeit verlangsamen. Um Zelda herum wurde es still. Ihre gesamte Wahrnehmung konzentrierte sich auf dieses Gesicht. Diese Augen. Diese unergründlichen, blauen Augen, die ihren Blick erwiderten. Stoisch. Emotionslos. Was sah er, wenn er sie ansah? Was dachte er? Verbarg sein flacher Gesichtsausdruck seine Verachtung für die missratene Prinzessin? Verabscheute er diese neue Aufgabe, die sein Herrscher ihm aufgedrückt hatte? Empfand er es als Schande das heilige Schwert in die Dienste ihrer Verfehlungen stellen zu müssen? Die Gedanken erschreckten, demütigte sie. Und dennoch wäre es Zelda lieber gewesen, wenn sie darüber Gewissheit gehabt hätte. Es ihn hören sagen würde. Der Moment riss entzwei, als Miphas Kopfschmuck sich in Zeldas Blickfeld schob. Die Geräusche kehrten zurück, mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke und Zelda atmete zitternd aus. Sie sah hinab auf ihren unberührten Teller. Wenn sie den ganzen Abend nichts aß, würde das ihren Hofdamen auffallen. Und Zelda würde sich einmal mehr eine Predigt über die Wichtigkeit guter Gesundheit anhören müssen. Ihre Hand fand den silbernen Löffel neben ihrem Teller und mit langsamen Bewegungen begann sie zu essen. Darauf bedacht ihren Blick nicht noch einmal an der linken Tischseite entlang gleiten zu lassen.   „Das war ein wunderbares Mahl“, sagte Urbosa genießerisch und streckte sich herzhaft. Der Schwung ihrer Hüften ließen ihren goldenen Gürtel sanft klirren, ein Geräusch das Zelda gefiel. Sie beschwor ein Lächeln herauf, lief jedoch schweigend neben der Gerudo Königin her, die Hände vor dem Bauchnabel verschränkt. Sie waren auf dem Weg zu Zeldas Gemächern, Urbosa hatte sie dorthin begleiten wollen. Um Zelda sicher in ihrem Bett zu wissen und einen Blick auf den Shiekah Stein werfen zu können. Zelda hatte während ihres Besuchs in Gerudo Stadt davon erzählt und auch beim Festmahl kaum aufhören können darüber zu sprechen, nachdem sowohl Urbosa als auch Revali daran Interesse gezeigt hatten. „Urbosa?“ begann Zelda nachdenklich, als sie in den halbdunklen Gang eintraten, der zu ihren Turmgemächern führte. „Ja, Vögelchen?“ Der Kosename sandte wie immer eine Welle der Zuneigung und der Sehnsucht durch Zeldas Herz. Um den süßen Schmerz zu vertreiben, vergrub sie ihre untere Zahnreihe in ihrer Oberlippe. „Wie schlimm ist es wirklich.“ Zelda schluckte. „In der Wüste, meine ich.“ Sie sah auf. „Mit den Yiga?“ Den letzten Teil der Frage hatte sie geflüstert. Zelda war den Yiga erst ein einziges Mal begegnet. Unterhalb des Thronsaals von Gerudo Stadt, als zwei magisch verkleidete Clanmitglieder aus dem Hinterhalt hatten angreifen wollen. Urbosa hatte kurzen Prozess mit ihnen gemacht, sodass die Gefahr Zelda nicht real vorgekommen war. Ihre Furcht vor den abtrünnigen Shiekah rührte nicht allein von deren Angriffskraft, sondern vielmehr von dem Plan her, die Verheerung Ganon wiederzubeleben. Urbosa schwieg eine Weile, während sie sich der Tür zu Zeldas Gemächern näherten. „Sie sind dreist“, sagte die Königin. Ihre Stimme klang ernst und ihr Blick schien in die Ferne zu wandern. Wahrscheinlich über die Weite der Ebene hinweg, über die Berge zurück zu ihrem Volk. Sie schwieg, bis Zelda die Tür zu ihren Gemächern öffnete und hineintrat. Urbosa folgte ihr. Immer noch abwesend strich sie über den Kaminsims und wanderte hinüber zu dem Spiegel, vor dem Zelda sich immer das Haar flocht. Mit einem tiefen Seufzen drehte die Gerudo sich um. Auf ihrem Gesicht zeigte sich erneut ein Lächeln. „Zeig mir diesen Wunderstein, von dem du den ganzen Abend gesprochen hast, kleiner Vogel. Je eher du mir diese Zauberfunktion vorführst, desto eher kann ich zurück zu meinem Quartier und mir Ekis Beschwerden darüber anhören, dass man sie so weit weg gesetzt hat.“ Zelda sah zu Boden. Sie hatte verstanden. Urbosa würde nicht weiter mit ihr über die Yiga sprechen. Und in ihrer Miene und in ihrer Stimme war deutlich zu lesen, dass diese Entscheidung fest stand. „Ich gehe ihn holen“, sagte Zelda leise und lief mit eiligen Schritten zur Treppen.           „Krieger von Hyrule! Ihr habt euch alle fünf dazu bereit erklärt, eine lebensgefährliche Mission auf euch zu nehmen. Ich danke euch!“ Die Stimme ihres Vaters erfüllte den Thronsaal. Zelda konnte es nicht immer sehen. Aber er gab wahrlich einen prächtigen König ab. Die Autorität seines Blutes umhüllte ihn wie eine Aura aus Stahl und seine mächtige Präsenz erhellte jeden Teil des riesigen runden Raumes.   „Vom heutigen Tage an seid ihr die Recken von Hyrule. Tragt eure Gewänder mit Stolz! Ihre blaue Farbe ist seit alten Tagen das ehrwürdige Symbol unseres Königshauses.“   Bei seinen Worten musste Zelda den Impuls unterdrücken sich zu den fünf Recken umzusehen, die in einem feierlichen Halbkreis einige Schritt hinter ihr standen. Sie selbst befand sie genau in der Mitte des Thronsaals, direkt auf dem Emblem des Triforce positioniert, das in den Boden gemeißelt war. Daruk, Mipha, Link, Urbosa und Revali, das erste Mal in ihren Reckengewändern. Sie konnte sich gar nicht satt an ihnen sehen. Wie beabsichtigt trugen alle vier die Gewänder auf andere Weise. Daruk und Mipha hatten die Stoffbahnen um den Körper geschlungen, über einer Schulter mit eine Spange gehalten oder einfach geknotet. Urbosa hatte damit den asymmetrischen Rock ersetzt, den sie trug seid Zelda sie kannte und um Revalis Hals hing das Reckenzeichen wie ein Schal. Deutlich zu sehen prangten die Abbildungen der Titanen auf den Stoffen. Stolz. Stark. Hoffnungstragend. In ihrer Mitte, direkt hinter Zelda, stand Link. Mit dem hylianischen Gewand, das heilige Bannschwert direkt auf der Brust prangend. Trotz des überfüllten Thronsaals, der unzähligen Augenpaare, waren es seine Blicke, die in ihrem Rücken zu brennen schienen. Die Zeremonie hatte am Vormittag begonnen. Nach und nach hatte Zelda die Recken, an derselben Stelle stehend wie auch im jetzigen Augenblick, feierlich und schweigend begrüßt. Der Zeremonienmeister hatte ihnen die Plätze zugewiesen und so lange an ihnen herum geschoben, bis er zufrieden mit dem Gesamtbild war. Mit jedem Eintreten eines neuen Recken war die Spannung im Thronsaal gestiegen, bis ihre Gesamtheit, der Anblick aller fünf Champions in ihren Gewändern Zelda eine Gänsehaut verschaffte. Einige ausgewählte Ritter waren anwesend, ebenso die königliche Leibgarde. Edle von Schloss und Stadt und die mitgereisten Würdenträger der anderen Völker, die wiederum neben Bannern an hohen Lanzen standen, aufwändig bestickt mit dem Wappen der Goronen, Zora, Orni und Gerudo. Über Link wehte der Banner mit dem Triforce Symbol und ein Leibgardist der Zelda bekannt vorkam, komplettierte seine Aufstellung.   „Die Idee, euch diese Gewänder zu verleihen, stammt von meiner Tochter Zelda“, fuhr der König fort und ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Zelda hatte nicht damit gerechnet dass der König erwähnen würde, dass es ihre Idee gewesen war. Sie wusste nicht ob es Stolz war, der ihn leitete. Vielleicht wollte er auch nur das Volk von dem Wert ihrer Prinzessin überzeugen. Nein. Nicht heute. Sie war die Prinzessin Hyrules. Stark angesichts des Schreckens. Das Gefäß der Göttin. Eigentlich. Sie würde sich an diesem Tag nicht von spekulativ verletzenden Gedanken in die Knie zwingen lassen. Für diesen Tag hatte sie gekämpft. Und gewonnen. Dieser Tag war wichtig.   „Dich, meine Tochter, möchte ich darum bitten, die Pflicht zu erfüllen, die dein königliches Blut dir auferlegt“, sprach der König Zelda nun direkt an. Es war Teil der Zeremonie, etwas das diskutiert und entschieden worden war, dennoch war es kraftvoll zu hören. Und natürlich würde sie ihre Pflicht erfüllen. So gut sie konnte. Sie atmete tief ein und schloss bestätigend die Augen in einem stummen ja, das sie an die Göttin, an Ganon, an Hyrule aussandte. Ja, sie würde tun was in ihrer Macht stand. Ihr ganzer Körper richtete sich auf, als sie von einer Zuversicht erfüllt wurde, die sie lange nicht empfunden hatte. Der König erhob die Hände, streckte sie zur Seite, hin zu den riesigen Schalen, in denen hohe Feuer brannten.   „Führe diese wackeren Recken in den Kampf. Beschütze Hyrule und besiege die Verheerung Ganon. Damit unser Land eine Zukunft hat!“   Die Dramatik des Augenblicks gipfelte in dem Krachen des Feuerwerks, das zeitgleich mit Beendigung seiner Rede gezündet wurde. Durch die hohen Fensterbögen drangen Lichter in allen Farben Hyrules und erhellten den Thronsaal in einem prächtigen Mosaik. Wie die Scherben eines Spiegels brachen sich die frohen Schatten an den Mauern und auf den Gesichtern der Anwesenden. Die Hoffnung, die Zuversicht war greifbar. Jeder schien es zu fühlen. Die Glocke in der Turmspitze begann zu läuten. Zelda lächelte. Es war wunderbar. Dann senkte der König seine Hände und ihre Blicke trafen sich. Seine Miene war ernst und feierlich. Sie sandte ihm ein stummes Nicken, das er ihr auf die gleiche Art beantwortete. Sie war ihm dankbar dafür, dass er die Wichtigkeit der antiken Technologien begriff. Dass er nicht all seine Hoffnung auf ihr ablud. Es war nicht allein die Abwesenheit ihrer Siegelkräfte. Denn bereits vor dem Tod ihrer Mutter hatte ihr Vater die Shiekah mit der Erforschung und Ausgrabung der verschollenen Technologien betraut. Es sollte sie unterstützen. Ihr ein wenig von der Last nehmen, die ihre Aufgabe bedeutete.   Auf einmal wurde es heller und Stimmen drangen an ihr Ohr. Jemand hatte die großen Türen aufgestoßen und die Massen strömten hinaus ins Freie. Ein wenig verwirrt drehte Zelda sich um. Es fühlte sich seltsam antiklimaktisch an. So vieles schien in diesen Augenblick gegipfelt zu haben. Dass er nun einfach vorbei sein sollte, nach so viel Planerei, schien ihr unwirklich.   „Prinzessin“, sagte eine Stimme hinter ihr und Zelda zuckte zusammen. Sie fuhr herum. Neben ihr stand Mina, die sie ein wenig verlegen ansah. „Verzeiht mir, Euer Hoheit“, sagte ihre Hofdame entschuldigend. „Meister Robelo ist eingetroffen, ich sollte Euch doch mitteilen, sobald er-“ „Ja“, fiel Zelda ihr ins Wort. „Ja“, wiederholte sie aufgeregt. Robelo war da. Früher als geplant. Aber das war wunderbar. Denn Purah, die für die Zeremonie eingetroffen war, um danach den Recken die nächsten Schritte in der Operation Vernichte Ganon mitzuteilen, würde bereits auf sie warten. Wie großartig, dass Robelo an dem Treffen würde teilnehmen können. Erneut drehte sich Zelda um. In Richtung Tor, durch das immer noch die Gäste nach draußen strömten. Dann stoppte sie unwillkürlich, als ihr Blick auf die fünf Recken fiel, die immer noch, mehr oder weniger, am selben Fleck standen. Daruk war im Inbegriff sich zu strecken, so gewaltig, dass sie das Knacken seiner Gliedmaßen hören konnte. Urbosa betrachtete ihre Fingernägel und Revali sprach mit dem Orni seines Dorfes, stand von ihr abgewandt. Nur Mipha und Link sahen geradeaus. Zu ihr. Mipha mit verschränkten Händen und geduldiger Miene. Und Link … Nun, Link war … Zelda stockte der Atem. Seine Augen schien durch sie hindurch zu bohren. Die Intensität seines Blicks traf sie völlig unvorbereitet. Heiß lief ihr die Vorahnung durch die Arme, die Schultern hinauf. Sie spannte sich an. Versuchte einen klaren Kopf zu erlangen. Doch bevor sie so recht verstanden hatte, was da vor sich ging, war es auch schon vorüber. Es schien, als würde sie beobachten, wie er einen Teil seines Selbst mit einem Netz einfing und wieder zu sich heranzog. Bis es mit der bewegungslosen äußeren Hülle verschmolz und dahinter verschwunden war. Er blinzelte kurz. Schien einen tiefen Atemzug zu nehmen und dann war alles so, wie es bisher immer gewesen war. Wie sollte sie damit umgehen? Was war das gewesen? Hatte sie sich das eingebildet? Worauf hatte er reagiert? Die Zeremonie. Ihr Anblick? Sah er sie immer so an, wenn sie ihn nicht sehen konnte? Rasend schnell feuerte ihr Hirn Fragen ab. Was erst aufhörte, als Link mit einem leichten Nicken seines Kopfes eine Verbeugung andeutete und seine Augen niederschlug. Zeldas Augenbrauen zogen sich zusammen. Was, bei Hylias Laute, war da gerade passiert? Sie zwang sich langsam und gleichmäßig auszuatmen. Nicht heute. Sie würde sich heute auch nicht von dem Urteil, das Hyrules am hellsten scheinender Held, zu den Verfehlungen der Prinzessin abgab, einschüchtern lassen. Zelda reckte das Kinn in die Höhe. Nur ein ganz kleines Bisschen. Genug um sich das Gefühl zu geben, aufrecht und kontrolliert zu erscheinen, nicht so viel um sich ansehen zu lassen, dass sie ihr Kinn mit einer bestimmten Absicht hob. Dann legte sie Mina, die immer noch ein wenig abseits stand und sie unsicher beobachtete, eine Hand auf den Arm. „Ich danke dir. Für den restlichen Tag werde ich deine Dienste nicht benötigen.“ Sie brachte sogar ein kleines Lächeln zustande, das Minas Gesichtsausdruck entwölkte. Die Hofdame nickte und knickste. Dann war sie verschwunden. Erneute atmete Zelda tief ein. Dann trat sie vor, die Arme für ihr Empfinden ein wenig zu steif haltend, aber immerhin aufrecht und graziös. „Ich freue mich euch als Recken Hyrules an meiner Seite zu wissen“, begann Zelda mit ernster Stimme, die nur ein klein wenig zitterte. Sie ließ ihren Blick von Daruk zu Mipha und über Link weiter zu Urbosa und Revali wandern, die ihr beim Klang ihrer Stimme ihre Aufmerksamkeit zuwandten. Zelda zwang ihre Mundwinkel in die Höhe. Erst jetzt spürte sie, wie sehr der Moment sie bewegte. Dies waren ihre Recken. Nicht nur für Hyrule und für ihre Völker würden sie kämpfen. Sie würden an ihrer Seite stehen. Ihr dabei helfen, sich der Verheerung entgegen zustellen und – mit Hylias Hilfe – zu besiegen. Ein schier unerträgliches Kribbeln durchfuhr ihren Körper und sie musste sich gegen das kleine Schütteln wehren, das in ihr aufstieg. Nicht nur die Auswüchse ihrer Phantasie, die Gedanken was der Ritter mit seinem heiligen Schwert von ihr denken mochte, plagten sie. Hoffnung, Dankbarkeit, Zuversicht. Die Angst zu enttäuschen Diese wunderbaren Vertreter der Völker Hyrules, die so vieles zu opfern bereit waren, zu enttäuschen, war um so viel stärker als die Angst vor einem Jahrtausende alten Fluch. „Ich danke euch“, brachte sie hervor. Mit deutlich stärkerem Zittern in der Stimme. Viel emotionaler, als sie es gewollt hatte. Es war ihr jedoch unmöglich das starke Gefühl zu unterdrücken. Jeder einzelne von ihnen schien es zu spüren. Selbst der starrköpfige Ausdruck auf Revalis strengem Gesicht schien sich zu lösen. Mipha betrachtete sie mit demselben rührseligen, melancholischen Blick, mit dem Zelda sie ihren Bruder Sidon hatte ansehen sehen. Tränen der Rührung stiegen in ihr auf und panisch versuchte Zelda sie hinunter zu ringen. Bevor sie sich vor den tapfersten Gestalten Hyrules blamieren konnte, räusperte sie sich und setzte sich in Bewegung. „Kommt, es wird Zeit sich zu beraten.“ Ohne sich noch einmal umzusehen ging Zelda an ihnen vorbei. Streifte mit einem langen Ärmel ihrer Robe Links Seite. Trotzdem verlangsamte sie ihre Schritte nicht. Hinter ihr hörte sie, wie sich mehrere Paar Füße in Bewegung setzten. Und mit ihrem Trupp Helden im Rücken, trat Zelda in den hellen Sonnenschein.     Auf halbem Weg hinunter zum Schlossgarten, wo sich Zelda ein wenig Abgeschiedenheit für die Besprechung mit den Recken versprach, trafen sie auf Purah. Sie stand vor dem Eingang zum zweiten Torhaus und sah ihrer kleinen Gefolgschaft entgegen, die Hand erhoben, um sich gegen die blendend hoch stehende Mittagssonne zu schützen. Wie immer konnte man die Energie, die von der Shiekah Forscherin ausging, beinahe greifen. Vor Begeisterung schien sie wie gewöhnlich kurz davor, ein Loch in den Boden zu vibrieren. „Meine Güte hat das lange gedauert.“ Sie klang eher ungeduldig als unverschämt, mit ihrer hellen Kleinmädchenstimme. „Kommt schon, kommt schon“, sagte sie und wedelte mit ihrer Hand in Richtung der schattigen Toröffnung. „Ich will endlich hören, was Robelo zu sagen hat.“ Dann, dem Anschein nach vollkommen überzeugt davon, dass Zelda und die Recken ihr in gerader Linie folgen würden, ging sie voraus. Sie war schneller im Schatten des Eingangs zum Torhaus verschwunden, als Zelda den Mund öffnen konnte, um sie zu begrüßen. Aber Purah schien ihr immer einen Schritt voraus zu sein. Zelda lächelte und sah über ihre Schulter nach hinten. Direkt in wache, blaue Augen, deren Anblick sie kurz aus dem Konzept brachten. Natürlich würde er direkt hinter ihr sein. Sie atmete kurz ein, unterdrückte den Impuls die Augen zu verdrehen. Mipha kam mit sanft klirrendem Kopfschmuck neben Zelda zum stehen, während Urbosa mit ihrem gemächlichen, wiegenden Gang einige Schritte hinter ihnen herab gelaufen kam. Daruk sprach mit Revali, gestikulierte heftig in alle Richtungen und schien immun gegen die spöttischen Blicke zu sein, die der Orni ihm zuwarf. Zelda seufzte, setzte sich dann aber wieder in Bewegung. Ihr Ziel war der hübsche Pavillon im Schlossgarten unterhalb ihres Turms. Dort würden sie ein wenig Abgeschiedenheit finden, ebenso wie ein bisschen Schatten vor der unbarmherzigen Sonne die auf sie nieder brannte.       Purah winkte ihnen erneut ungeduldig entgegen, als Zelda mit den Recken im Rücken über das Gras zu dem überdachten Platz schritt, der idyllisch neben einem malerischen kleinen Teich über den tiefen Graben um Schloss Hyrule blickte. Da der Pavillon nur einen Eingang besaß, den man über einen Treppenaufgang erreichte, mussten sie ein Stück um das steinerne Geländer herumgehen, um eintreten zu können. Purah seufzte. „Da seid ihr ja endlich.“ Purah ließ einen Blick über die Gruppe schweifen. „Gute Idee, das mit dem Blau“, meinte sie lächeln. Bevor Zelda sich geschmeichelt fühlen konnte, weitete sich Purahs Lächeln zu einem breiten Grinsen. „Passt zu deinen Augen, Linky“, sagte sie, mit gutmütigem Spott in der Stimme. Zelda folgte ihrem Blick stirnrunzelnd. Angesprochener zeigte bis auf ein kleines Zucken seiner Mundwinkel keine Reaktion. Dennoch war es mehr Mienenspiel als Zelda je an ihm gesehen hatte. Linky? Sie sah zurück zu Purah, die immer noch grinste. Hinter ihren runden Brillengläsern funkelte es fröhlich. Zelda hörte Revali spöttisch schnauben. Wahrscheinlich würde sie ihn irgendwann dazu auffordern müssen, seine offensichtliche Feindlichkeit Link gegenüber aufzugeben, oder zumindest erfolgreicher zu verhehlen. Von Anfang an hatte er auf die Stellung des Helden mit dem Bannschwert so stachelig reagiert wie ein Igel, den man mit einem Zweig piekste. Revali war niemand der seine Sonderstellung gern teilte. Dass jemand anderes eine wichtigere Rolle spielen konnte als er, war etwas, das er scheinbar kaum ertragen konnte. Ein Tag in Zeldas Schuhen würde ihn von dieser Eingenschaft heilen. Und Zelda würde ihn ermahnen, wenn seine Feindseligkeit zunehmen würde. Bis dahin würde sie die kleinen Sticheleien in die Richtung des so fehlerlosen Ritters still und heimlich genießen. „Linky?“, wiederholte Mipha, in erstaunlich skeptischem Tonfall. Zelda hatte sie nie anders als in ihrer gewohnten ruhigen, zarten Stimme sprechen hören. Der Ritter hob die Schultern. Nur ganz leicht. Dann ging Zelda ein Licht auf. Hateno. Seine Mutter lebte in Hateno. Purah kannte ihn. Natürlich. Scheinbar kannte jeder den großen Helden Hyrules. Außer Zelda. Und Revali. Das war jedoch nicht wirklich ein Trost, wo sie doch die beiden einzigen im Land zu sein schienen, die mit der goldenen Perfektion Links ein Problem hatten. „Wie war die Zeremonie?“, fragte Purah, drehte sich dann um und griff nach etwas, das hinter ihr auf der Balustrade lag. Der Shiekah Stein. Purah musste ihn aus Zeldas Labor geholt haben, während sie alle im Thronsaal waren. Das war nicht wirklich überraschend. Zeldas Labor war so gut wie auch Purahs Labor, wenn diese im Schloss weilte. Sie alle waren Teil desselben Forschungsteams. Automatisch streckte Zelda die Arme danach aus. Die vertraute Glattheit des unbekannten Materials aus dem der Stein gefertigt war, verlieh ihr ein wenig innere Ruhe. „Ich werde mal Robelo holen gehen, den alten Tunichtgut. Er sollte uns eigentlich hier treffen. Ich wollte, dass er mir ein wenig von seinen Fortschritten an dem hier präsentiert.“ Bei diesen Worten deutete Purah mit dem Daumen über ihre Schulter, nach hinten zu einem leblos dastehenden Wächter. Mittlerweile löste dieser Anblick in Zelda kein Herzrasen mehr aus. Unwillkürlich warf sie einen Blick auf Link. Wurde jedoch sogleich wieder von Purah abgelenkt, die mit großer Geste an ihnen vorbeihastete und die Treppen hinunter sprang. In diesem Moment streckte sich Daruk und bewegte seinen linken Arm, als würde er mit einer Steinschleuder ausholen. Dann knackte er geräuschvoll mit dem Nacken und stöhnte. „Mannoman … Ich dachte schon, wir müssen den ganzen Tag da stillstehen.“ Link, der neben Daruks mächtiger Gestalt schmaler und kleiner wirkte als sonst, sah zu ihm auf. Seine Miene ausdruckslos wie eh und je. Doch Zelda meinte sich einzubilden, dass er entspannter wirkte als sonst und sein Gesicht der Sonne entgegen drehte. „Hm …“, entgegnete Revali, der nicht so weit abseits, neben Mipha und Urbosa stand. „Das ist also der Shiekah Stein“, stellte er fest und betrachtete das Relikt, das Zelds zwischen ihren beiden Händen hielt. Bisher hatte er außer an Vah Medoh nie Interesse an den anderen technologischen Wunderwerken gezeigt. Dennoch hatte er beim Festmahl am Abend zuvor aufmerksam zugehört, als Zelda davon erzählte. Sie zuckte leicht zusammen, als er ihr den Stein plötzlich abnahm. In seinen Händen – Flügeln? – wirkte das Relikt seltsam klein. „Er steckt bestimmt voller praktischer Funktionen“, erklärte Zelda, die sich dazu verpflichtet fühlte, die Recken so viel wie möglich über das aufzuklären, was sie bisher über die alte Shiekah Kultur herausfinden hatten können. „Aber leider übersteigt diese Technik unser derzeitiges Verständnis“, gestand Zelda wahrheitsgemäß, während der Ornikrieger die mit antiken Shiekah Runen bedeckte Rückseite des Steins betrachtete. Das weinende Auge der Shiekah leuchtete in einem satten Blau. Dunkler als die Farbe auf seinem, in der lauen Brise sanft wehenden Schal. Seine unnatürlich grünen Augen funkelten. Dann ließ er den Stein achtlos in Miphas Hände fallen, die gerade noch rechtzeitig reagieren konnte, um ihn aufzufangen. Die Zora Prinzessin hielt ihn beinahe ehrfurchtsvoll auf ihren offenen Handflächen. Ein beinahe komischer Gegensatz verglichen mit Revalis beinahe aufgesetzt wirkender Gleichgültigkeit. Urbosa, die zwischen Zelda und Mipha stand, stellte ihre linke Hand in die Hüfte und beugte sich ein wenig nach unten, um den Shiekah Stein besser betrachten zu können. Der würzige Duft der von ihrem roten Haar ausging, streifte Zelda in einer sanften Wolke. Es war der Geruch von Heimat. „Eine Funktion hat die Prinzessin mir schon mal vorgeführt“, sagte Urbosa. „Das Ding … macht Bilder die aussehen wie im echten Leben!“ Die Bildfunktion hatte Zelda selbst freigeschaltet und auch wenn sie noch nicht so ganz den ursprünglichen Zweck dafür verstand, so war sie dennoch mächtig stolz darauf. Vor allem da selbst Urbosa davon so entschieden beeindruckt wirkte. „Wirklich?“ fragte Mipha und hob den Stein näher an ihr Gesicht heran, als könnte sie, wenn sie nur noch mehr sah, seine Geheimnisse besser ergründen. „Das würde ich zu gern mal sehen“ gestand sei und sah auf, ein sonderbarer Ausdruck in den großen goldenen Augen, die so anders waren wie die der Hylianer.   „Prinzessin“, begann sie nach einem tiefen Atemzug. „Also, äh ...“ Sie stockte. „Würdet ihr mir das einmal zeigen?“ fragte sie und zu Zeldas Verwirrung, drehte sie sich dabei um. Sie folgte Miphas Blick. Zu Link. Der nicht länger abgewandt stand und sein Gesicht in die Nachmittagssonne hielt, sondern den Blick erwiderte. Und beinahe ein wenig überrascht wirkte. Aber war das die richtige Bezeichnung? Es war so frustrierend zu versuchen in seinem Gesicht irgendeine Regung zu erkennen, geschweige denn, sie den passenden Emotionen zuzuordnen. Neben Daruks gewaltiger Gestalt wirkte er, ohne den vertrauten Griff des Bannschwertes, der über seiner rechten Schulter hervorragte, seltsam verletzlich. Nackt. Zelda blinzelte. Und spürte wie sie augenblicklich errötete. Ein verstörender Gedanke. Daruk selbst sah ebenfalls zu dem Hylianer herab. Bruder hatte er Link genannt. Zelda wünschte sie wüsste welche Geschichte die Beiden verband. Gleichzeitig fand sie sich damit ab, dass sie es wohl nie erfahren würde. Denn sie hatte nicht vor ihn zu fragen. Der Wind wehte Strähnen seines hellen Haares umher, spielte Kuckuck mit seinen Ohren. Das Blitzen blauer Farbe neben seinem Gesicht irritierte Zelda. Hatte er etwa … trug er Schmuck an seinen Ohren? Wieso diese Entdeckung sie so schockierte, konnte Zelda beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht weil es so … so eitel war. Sofort fühlte sie sich ein klein wenig besser. Eitel. Oh ja. Daran würde sie festhalten. An diesem kleinen Makel. Der keiner war. Dennoch. Sie würde ihn nicht wieder hergeben. „Ja“, hörte sich Zelda sagen und sie war überrascht vom lächelnden Klang ihrer Stimme. „Ja natürlich“, wiederholte sie und wandte den Blick nicht ab von Link, der immer noch zu ihr und den drei anderen Recken herüber sah. Zu Mipha, die wie gebannt schien von seinem Anblick. Konnte es sein, dass … „Prinzessin“, rief in dem Moment eine männliche Stimme und Zelda sah auf. Zu Robelo, der mit Purah zusammen am Treppenabsatz auftauchte. Wie immer standen seine Haare in alle Richtungen, woran auch die Brille, die er sich auf die Stirn geschoben hatte, nichts ändern konnte. „Robelo, wie schön dass du hier bist“, begrüßte Zelda den Shiekah freudig. Seit Impah sie mit den beiden Forschern zusammen gesteckt hatte, waren sie alle drei zu Höchstformen aufgefahren was die Erforschung der antiken Kultur der Shiekah und deren Technologie anging. Und sie hatten Unterstützung in den jeweils anderen gefunden, eine Freundschaft, die über Standesgrenzen hinaus ging. Doch heute würden sie wenig Zeit finden, über alte Schriften zu rätseln oder Theorien zu vergessenen Orten und Geschichten zusammen zutragen. Heute würden sie die Recken für die Zukunft anweisen und ihnen die ersten Hilfestellungen zur Steuerung der Titanen geben – auch wenn es nicht viel war, was sie darüber wussten. Doch zuerst - „Purah“, richtete sie ihr Wort an Impahs ältere und gleichzeitig viel jüngere Schwester. „Würdest du Mipha bitte die Bildfunktion des Shiekah Steins vorführen? Ich denke, es wäre durchaus passend diesen Moment für die Zukunft festzuhalten.“ Sie reichte den Stein an Purah weiter und ging die wenigen Schritte in Daruks und Links Richtung. Wo sie stehen blieb und den Beiden den Rücken zu wandte. Sie deutete den drei anderen sich neben sie zu stellen. Es folgte einiges Gerücke und Fußgescharre. „Natürlich“, meinte Purah ein wenig verzögert, da sie bereits damit begonnen hatte, am Shiekah Stein herumzudrücken, um die passende Rune zu aktivieren, die das Bildmodul zum Vorschein brachte. „Gut“, sagte sie schließlich. „Dann machen wir mal ein Bild von euch!“ Zelda spürte eine Bewegung dicht neben sich. Sie brauchte sich nicht umzublicken, um zu sehen wer es war, der kaum eine Handbreit von ihr entfernt stand. Das leuchtende Blau das sie aus dem Augenwinkel sehen konnte, reichte vollkommen aus um die Person zu identifizieren. Wäre das nicht gewesen, wäre ihre sofortige Anspannung Antwort genug gewesen. „Seht bitte alle den Shiekah Stein an“, forderte Purah sie auf, während sie sich den Stein direkt vor die Augen hielt. Zelda kam der Aufforderung nur zu gern nach. Hinter sich hörte sie Daruks Ketten klappern und sie konnte Urbosas Haar riechen, die an ihrer anderen Seite stand, wenn auch nicht so nah wie Link. Sie unterdrückte den Impuls von ihm abzurücken. „Daruk“, seufzte Purah nach einigen Augenblicken, „Kannst du dich nicht etwas kleiner machen? Du bist so groß wie der Todesberg.“ Der sanftmütige Riese machte ein verwirrtes Geräusch. Als wäre es für ihn eine vollkommene Nachricht, dass er riesengroß war. „Oh, gut“, sagte er und es folgte noch mehr Kettengeklappere, als er versuchte der Aufforderung nachzukommen. Ein Schatten fiel über Zelda und sie konnte im Augenwinkel wahrnehmen, wie Link sich zu Daruk umdrehte. Wieso musste denn ausgerechnet er neben ihr stehen. Und so herum zappeln … Er hatte nun schon das zweite Mal ihren Ärmel berührt. „Was ist denn das für eine Trauermiene, Prinzessin?“, fragte Purah mit einem nachsichtigen Lächeln und plötzlich war es Zelda, die sich im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit befand. Ertappt spürte sie, wie sie sich anspannte. Sie konnte seinen Blick fühlen. Und war um ein weiteres Mal froh, dass er nicht auch nicht die Fähigkeit besaß Gedanken zu lesen. „Ihr dürft ruhig lächeln“, meinte Purah. Dann legte sich eine Hand auf Zeldas rechte Schulter und sie zuckte zusammen. Als sie der Berührung folgte, sah sie hinauf in Urbosas gütige Miene und sie entspannte sich ein wenig. Woraufhin Revali genervt ausatmete. Er tat das ziemlich häufig. Purah war auch mit ihm nicht zufrieden. „Revali“, sprach sie ihn an. „Steh doch nicht so weit abseits.“ Worauf er zwar „Was für ein Staatsakt“ schnarrte, aber ohne zu zögern ihrer Aufforderung folgte. „Mipha“, sagte Purah gleich darauf, „Sei doch nicht so steif. Atme mal ganz tief durch!“ Neben Zelda bewegte sich Link immer noch. Korrigierte seinen Stand, während Mipha deutlich hörbar Luft holte. Und sie ertappte sich wie sie Purahs Anweisung ebenfalls folgte und tief einatmete. „So, alle bereit?“, fragte Purah. „Guckt alle hier her! Bitte recht freundlich!“ Zelda lächelte. Und so schwer war es eigentlich gar nicht. Bis Purah als Signal Ka-Tschikka! quietschte und Daruk entschied, dass es für diesen Tag genug Steifheit gegeben hatte. Mit einer schwungvollen Bewegung schloss er sie alle in seine mächtigen Pranken. Riss ihnen die Füße unter dem Boden weg. Genau in dem Moment, als Purah mit einem lauten Klick den Auslöser betätigte und das Bild festhielt. Das Klicken hörte Zelda nur im Hintergrund. Viel lauter war der erschrockene Japser Miphas und das empörte Tröten von Revali. Zelda selbst war viel zu geschockt, sich auf einmal Seite an Seite mit einem harten Körper zu befinden und feines, blondes Haar ihre Wange kitzeln zu spüren. Sie zappelte unbeholfen. Vermutete, dass sie Mipha, deren feuchte Haut sie durch den Ärmel ihrer Robe fühlte, einen Stoß versetzte, konnte aber nicht an sich halten. So schnell sie konnte, versuchte sie sich aus der beengten Situation zu befreien. Daruks lautes, bellendes Lachen schepperte in ihren Ohren. Bald übertönt von Revalis Fluchen. Dann stimmten Purah und Urbosa in das Lachen des Goronen mit ein, während Zelda sich befreien konnte und ihr Heil in der stolpernden Flucht nach vorn suchte. Ein wenig Abseits richtete sie sich wieder auf, endlich wieder im Gleichgewicht. Revali war dabei sich kopfschüttelnd über seine Federn zu streichen, die ein wenig aufgeplustert aussahen und von denen einige in die falsche Richtung abzustehen schienen. Mipha richtete verlegen ihren Kopfschmuck und Urbosa hatte mit einem amüsierten Lächeln die Arme über der Brust verschränkt. Daruk fasste sich mit einer Hand in den Nacken, immer noch laut lachend. Und Link, Link schien wie immer ausgesprochen unberührt. „Entschuldigt, Freunde“, sagte Daruk, „Das konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.“ Purah trat vor und überreichte Mipha grinsend den Shiekah Stein. „Na, das wird auf jeden Fall in Erinnerung bleiben“, meinte sie und kicherte. Schweigsam nahm Mipha das Relikt entgegen und betrachtete es mit staunend geöffneten Lippen. Zelda wollte lieber erst gar nicht nachsehen, was für eine Bildaufnahme entstanden war. Ein wenig unbehaglich rieb sie sich den linken Arm und suchte nach Worten, um die Situation unter ihre Kontrolle zu bekommen. Um zu zeigen, dass sie über das Geschehene erhaben war. Unberührt von der plötzlichen Nähe und der losgelösten Albernheit. Dann entfuhr ihr ein kleines Kichern. Revali sah einfach zu komisch aus, wie er sich entrüstet seine Federn glättete und den anderen Recken empörte Blicke zuwarf. „Sag mir, Ritter“, fauchte er Link an, der am allerwenigsten Reaktion zeigt, gemessen an Urbosas Lächen, Purahs Grinsen und Daruks dunklem Glucksen. Mit seiner schnarrenden Stimme wurde die Anrede zu einer Beleidigung. „Wenn ich dich in den Burggraben werfe, was würde dann passieren?!“ Es war keine wirkliche Drohung. Mehr ein Versuch die Machtverhältnisse zu verändern. Vermutlich bezog Revali sich aufs Links Unfähigkeit zu fliegen. Denn natürlich würde er, so wie jeder andere der hier Anwesendenen ebenfalls, hinunter fallen wie ein Stein. Revali war als Orni der einzige dem ein solches Manöver nichts ausmachen würde, weil ihm gegen die Schwerkraft Flügel gewachsen waren. Mipha sah erschrocken auf, schien ein wenig desorientiert, nachdem sie so lange den Shiekah Stein angehimmelt hatte. Sie betrachtete Revali schockiert, der immer noch mit zusammengezogenen Augen Link anstarrte, der seinen Blick ruhig erwiderte. Doch bei genauem Hinsehen, wozu Zelda mit erschreckender Regelmäßigkeit übergegangen war, konnte sie erkennen, wie sich seine blauen Augen kaum wahrnehmbar bewegten. Die kräftigen Flügel des Ornikrieger bemaßen, die Umgebung einer schnellen Bestandsaufnahme unterzogen. Er schätzte die Situation ein. Blitzschnell. Wog ab, ob tatsächliche Gefahr drohte, wahrscheinlich mit derselben schwindelerregenden Geschwindigkeit, wie es bei dem Vorfall mit dem Wächter geschehen war. Es war faszinierend. Nicht nur der Vorgang selbst. Sondern endlich etwas Greifbares beobachten zu können. Etwas, was es Zelda möglich machte, ihn ein wenig einzuschätzen. Ein Hinweis, dass hinter dieser stillen Fassade ein Wesen vorhanden war. Zelda bemerkte dass sie ihn anstarrte. Daruk hatte irgendetwas in seiner lauten Stimme gepoltert, während Mipha den Shiekah Stein senkte und an Links Seite trat. Revali gegenüber. Die Geste war unmissverständlich. Zum zweiten Mal stellte sich Zelda die Frage danach, was es nur mit Mipha und dem Ritter auf sich hatte. Konnte es sein, dass … „Einfach herrlich, diese Muskeln“, flötete Purah und störte Zelda in der Erkenntnisfindung, sodass der Gedanke abbrach und in den Fluten der Momenteindrücke versank. Die Shiekah Forscherin hatte eine Hand kokett in die Hüfte gestellt und betrachtete den Ornikrieger belustigt. Revali schienen ihre Worte und vor allem der leicht ironisch schmachtende Blick zu irritieren, denn sein Gesicht verlor ein wenig von der Schärfe die es immer zeigte. In diesem Moment erinnerte er Zelda an ihren Besuch im Orni Dorf, als sie ihm in der Kälte zu seinem Übungsplatz gefolgt war. Und gesehen hatte, wie er an seinen Versuchen sich selbst einen Aufwind zu erschaffen beinahe verzweifelte. Revali mochte stolz und selbstbezogen sein. Aber er besaß kein schlechtes Herz. Zelda hatte nicht ohne Grund ihn als Recke der Orni ausgewählt. Er besaß eine massive seelische Kraft. Man würde diese Kraft nur bündeln und ihrer Sache zuführen müssen. Dazu würde sie ihn dazu bringen müssen den Titanen als Vergrößerung seines Selbst zu betrachten. Zelda suchte Robelos Blick. Es war an der Zeit mit der Einweisung der Recken zu beginnen. Doch es stellte sich als schwierig heraus seine Aufmerksamkeit zu erlangen, da die ganz auf den bewegungslosen Wächter gerichtet zu sein schien, der hinter ihnen allen auf dem Gras stand. Sie seufzte. Also gut. Dann würde sie das selbst erledigen. Sie räusperte sich vernehmlich. „Nun, Recken“, begann sie förmlich, noch bevor sich alle Angesprochenen zu ihr gewandt hatten. „Jetzt da ihr offiziell zu den Piloten der Titanen erklärt worden seid, werden wir so schnell es geht damit beginnen, euch mit deren Steuerung vertraut zu machen.“ Sie vollführte eine entschuldigende Geste mit der Hand. „Auch wenn wir bisher nicht allzu viel darüber wissen.“ Zelda sah sich zu Robelo um, der endlich den Blick von dem Wächter abgewandt und sich umgedreht hatte. „So konnten wir bereits die Versiegelung der Titanen mit Hilfe des Shiekah Steins auflösen und sie auf die Kalibrierung auf euch als Piloten vorbereiten.“ Es war eine Menge Ausprobiererei nötig gewesen, um bis zu diesem Punkt zu gelangen. Und bis sie den Shiekah Stein gefunden hatten, waren sie alle kurz davor gewesen aufzugeben. „Wir werden euch also heute mit den ersten Steuerungsübungen vertraut machen“, fuhr Zelda fort. „Allerdings wird es einiges an Übung erfordern.“ Sie verschränkte ihre Hände vor sich und streckte ein wenig den Rücken durch. „Und wir sind auf eure Bereitschaft zum Experimentieren angewiesen“, sagte sie. „Die grundlegende Steuerung wird ähnlich sein, jedoch besitzt jedes dieser göttlichen Biester ganz eigene Eigenschaften und ist einem anderen Element zugeordnet. Es wird sich also nicht alles auf alle Titanen übertragen lassen. Dennoch werden wir euch zur Seite stehen und sicherstellen, dass jede neue Erkenntnis die wir erlangen, bei euch ankommt.“ Zelda sah in die Runde. Die Recken hatten ihren Worten konzentriert gelauscht, wirkten mehr oder weniger gebannt, Daruk ein wenig besorgt. „Die Prinzessin selbst wird als sechster Recke Hyrules das Bindeglied zwischen euch darstellen“, ergänzte Purah, bevor Zelda weitersprechen konnte und überraschte sie mit ihrer Bezeichnung als sechster Recke so sehr, dass sie vergaß was sie hatte sagen wollen. „Wenn wir etwas heraus finden, wird sie es euch mitteilen. Zumal es wahrscheinlich sowieso sie sein wird, die es herausfindet.“ Zelda blinzelte. So viel Vertrauen in ihre Fähigkeiten war sie nicht gewöhnt, schon gar nicht die Selbstverständlichkeit, mit der Purah ihr dies bezeugt hatte. Warm floss ihr eine jähe Zuneigung für diese verrückte Frau durch die Brust und Zelda spürte wie ihre Mundwinkel sich hoben. „Das ist ja schön und gut“, erhob Daruk das Wort. „Aber wie sollen wir das denn überhaupt anstellen? Ich hab keine Ahnung was ich mit diesem Steinhaufen anfangen soll, wenn ich zurück beim Berg bin.“ Purah zog eine Augenbraue in die Höhe. Steinhaufen. Das würde ihr gar nicht gefallen. Aber Daruk hatte nie dieselbe Art Faszination mit Rudania gezeigt, wie die anderen Recken zu den anderen Titanen. Vielleicht würde diese fehlende Verbundenheit noch zum Problem werden. „Es ist im Grunde nicht schwer“, beeilte sich Zelda zu sagen, bevor Purah dem Ausdruck verleihen konnte, was da ihre Augenbrauen so stark bewegte. „Die Titanen lassen sich nur von denjenigen steuern, die sich mit ihnen auf einer geistig-seelischen Ebene verbinden können. Jemand, der ihrer eigenen Stärke gewachsen ist, jemand, dem sie sich unterordnen und dem vertrauen können.“ Zelda hob die Schultern. „Wie genau das stattfinden soll, wissen wir auch nicht. Wir wissen nur, dass sie euch prüfen werden, wenn ihr sie betretet, nun da sie aktiviert worden sind. Doch wie-“, sie hob erneut die Schultern. „wie, wissen wir auch nicht“, wiederholte sie.   „Uns vertrauen?“, fragte Revali. „Das hört sich an als wären sie lebendig!“ Er klang ungläubig und ein wenig streiterisch. Seine grünen Augen blitzten.   „Subjekte verhalten sich Prinzessin und Biestern gegenüber ungebührlich, frage mich ob sie dieses Verhalten mit Synchronisation der Titanen ablegen werden ...“ hörte man Purah murmeln und alle Blicke fuhren augenblicklich zu ihr herum. Zelda schloss ergeben die Augen. Purahs schlechte Angewohnheit in den unpassendsten Momenten Notizen zu machen, die sie meist laut vor sich hin sprach, würde ihr irgendwann noch mal den Kopf kosten. „Purah“, ermahnte Zelda die Forscherin, der ein wenig perplex von ihrem Notizbuch aussah. „Oh“, machte diese und lächelte verlegen. Nicht einmal halb so verlegen wie sie hätte sein sollen. „Entschuldigung. Schlechte Angewohnheit. Fahrt fort!“ Sie wedelte mit der Hand in der sie einen Federkiel hielt in ihre Richtung. Robelo hinter ihnen gluckste vergnügt. Ihn belustigten wirklich die seltsamsten Dinge. Zelda seufzte. „Ja, Revali“, sagte sie und hoffte dass weder er noch Daruk sich von Purahs Worten beledigt fühlten. „Das scheint auch so zu sein. Beinahe zumindest. Von Leben im eigentlichen Sinne kann man nicht sprechen, aber die Titanen können sich aufgrund ihrer Mechanik bewegen und scheinen eine Art eigenes Bewusstsein zu besitzen. Mit charakterlichen Eigenschaften und vor allem einem eigenen Willen.“ Zelda versuchte sich an einem Lächeln, das sich jedoch zittrig anfühlte, deswegen ließ sie es schnell bleiben. „Die Technologie der Shiekah war ausgesprochen fortgeschritten. Wir konnten bisher keinerlei Hinweise dazu finden, wie es ihnen gelang ein Bewusstsein in etwas Unbelebtes zu projizieren. Aber es ist ihnen gelungen. Die Titanen sind der Beweis dafür.“   Der Orni verlagerte sein Standgewicht ein wenig und zuckte kurz mit den Flügeln. Die Antwort schien ihn nicht ganz zu befriedigen, dennoch wirkte er nun nachdenklich und nicht mehr abwehrend.   „Ihr werdet also die Titanen betreten müssen, nachdem ihr wieder in eure Heimat zurückgekehrt seid. Ich würde euch empfehlen euch auf einige Nächte außerhalb einzustellen und euch dementsprechend vorzubereiten. Wir rechnen nicht damit, dass sie feindselig sein werden, denn schließlich seid ihr wegen eures Potentials aus eurer Gemeinschaft ausgesucht worden und habt euch antiken Prüfungen unterzogen. Wir sind überzeugt, dass die Titanen euch anerkennen werden.“ Zumindest hofften das alle. Es bestand immer die Möglichkeit, dass sie die Texte falsch übersetzt oder interpretiert hatten. Dennoch war Zelda tatsächlich zuversichtlich. Sie machte sich eher Sorgen darum, ob die Piloten die Titanen würden steuern können, nicht darum ob diese sie akzeptieren würden.   „Das ist alles?“, fragte Daruk ein wenig verblüfft. Zelda drückte ihre Hände fester ineinander. „Für den Anfang. Ja“, bestätigte sie und nickte. Der Gorone blinzelte mit seinen kleinen Käferaugen, dann zuckte er mit den Schultern. In Ordnung, schien diese Geste zu sagen und Zelda entspannte sich ein wenig. Urbosa wusste all das bereits, so dass sie das Gesagte nicht verarbeiten musste, sondern stattdessen die anderen Recken beobachtete. Mipha schien nachdenklich, sie hielt sich ein wenig abseits und betrachtete den Boden. Wahrscheinlich im Kopf von bei Ruta, zu dem sie, noch bevor sie von der Bedeutung der Titanen erfahren hatte, eine tiefe Verbindung gespürt hatte. Um Mipha machte sich Zelda am wenigstens Sorgen, obwohl sie am zartesten schien und eher sanftmütig war. Ihr Pflichtgefühl war ähnlich tief verankert wie das Zeldas und sie verband eine innige Liebe zu ihrem Volk. Mipha würde ein hervorragender Pilot für Vah Ruta sein. „Das ist nicht viel“, sagte Revali nachdenklich. Er hatte den einen Flügel an seinen Gürtel gestemmt und fuhr sich mit dem anderen überlegend über die Stirn. „Gar nicht viel.“ Über seinen Schnabel hinweg warf er Zelda einen schwer zu deutenden Blick zu. War er enttäuscht? Versuchte er seine Wut über ihre Unwissenheit zu unterdrücken? Sorgte er sich um seine Fähigkeit, den Titanen unter seine Hoheit zu bekommen?   „Das ist nicht alles“, meldete sich jedoch Robelo zu Wort, bevor Zelda gezwungen war, sich zu verteidigen. Bisher hatte er geschwiegen. Sie drehte sich zu ihm um. Der Forscher deutete auf den Wächter. „Wir haben es geschafft die antiken Verteidungsmaschinen in Betrieb zu nehmen. Es-“ „Ja“, unterbrach Daruk ihn. „Das habe ich gehört. Großartig in Betrieb genommen.“ Seine massigen Schultern bebten unter seinem grollenden Lachen. Mit der flachen Hand klopfte er Link auf den Rücken. Eine Geste die ohne Zweifel Respekt und Zuneigung ausdrücken sollte, den viel kleineren Hylianer allerdings völlig unvorbereitet traf. Link taumelte nach vorne, hatte sich allerdings viel schneller gefangen, als es Zelda für möglich gehalten hätte. Sie hielt immer noch den Atem an, als er sich schon dynamisch gedreht hatte und dann in einer Haltung innehielt, die Zelda bei Impah schon einige Dutzend Male beobachtet hatte. Natürlich. Er hatte bei den Shiekah gelebt. Und wahrscheinlich jede ihrer geheimen Techniken gemeistert. Daruk gluckste immer noch. „Die Geschichte mit dem Topfdeckel werde ich noch meinen Urenkeln erzählen“, sagte er und wischte sich die Tränen aus den Augen. Zelda runzelte die Stirn. Ebenso wie Robelo, der ebenfalls dabei gewesen war, als der Wächter um sich geschossen hatte. Topfdeckel? Glücklicherweise verstand Robelo viel eher, worauf Daruk hinaus wollte. „Was für ein Topfdeckel?!“, fragte er mit kaum verhüllter Verärgerung in der Stimme. Er wurde nicht gerne unterbrochen. Und außerdem reagierte er auf den Vorfall mit dem Wächter ein bisschen empfindlich. Daruk hob die Wagenrad großen Hände an seine runden Hüften. „Na der Topfdeckel“, sagte er, als würde das alles erklären. Er schien nicht wahrzunehmen, dass niemand sonst lachte. Er zeigte auf Link. Dann auf Zelda. Da verstand sie. „Es war kein Topfdeckel“, fauchte sie, bevor sie sich zurück halten konnte. Daruks Augen wurden groß. „Es war kein Topfdeckel“, wiederholte Zelda wesentlich ruhiger. Woher sollte er auch so plötzlich einen Topfdeckel her gehabt haben. „Es war ein Schild.“ Sie vermied es Link anzusehen, dem sie ihren Dank dafür immer noch schuldig geblieben war. Daruk sah aus, als wüsste er nicht wieso der Unterschied wichtig sein sollte. „Nun, wie auch immer“, fuhr Robelo deutlich kühler fort. „Ihr alle kennt den Plan – Ganon mit der Kraft der Titanen zu schwächen, damit Link und die Prinzessin ihn bannen und versiegeln können.“ Revali zischte und seine Miene verfinsterte sich, enthielt sich jedoch jeden Wortes. „Bis dahin haben wir hoffentlich eine Menge Wächter aktiviert und funktionstüchtig gemacht. Das, wie ich eben sagen wollte“, er warf Daruk einen bösen Blick zu, „uns nun endlich wiederholbar gelungen ist.“ Zelda unterdrückte den Impuls aufgeregt in die Hände zu klatschen. Das waren wunderbare Neuigkeiten. Auch Purah neben ihr ließ ein kurzes Geräusch der Freude ertönen. Kurz fragte sich Zelda, wieso Robelo ihnen das nicht schon viel eher mitgeteilt hatte, statt damit zu warten bis sie sich persönlich sahen. Aber vielleicht war es gerade das. Er hatte es ihnen ins Gesicht sagen wollen. „Du hast es geschafft?“, erkundigte sich Purah ein wenig atemlos. Aus Robelos Gesicht verschwand die Strenge und eine tiefe Zufriedenheit machte sich fort breit. Er grinste selbstgefällig. „Das Testgelände ist ein wenig an geschwelt, aber mittlerweile konnte ich jeden einzelnen Wächter aktivieren und kalibrieren. Unsere kleine Arme umfasst nun zehn mobile und fünf stationäre Wächter.“ Er hatte gerade noch Zeit überrascht zu sein, als Purah ihm auch schon begeistert in die Arme sprang. Aufgeregt begann sie um ihn herumzuhüpfen. Bei den quietschenden Geräuschen die sie machte, waren die vielen Fragen die sie stakkatoartig auf Robelo los ließ, kaum zu verstehen. „Wie hast du das gemacht? Wie hast du das raus gefunden? Hast du die Reaktorkerne austauschen müssen? Wie viele hast du noch da? Wann können wir sie sehen? Wirst du sie her bringen? Weiß es der König schon? Warum hast du uns nicht eher geschrieben? Wieso bist du so ein geheimniskrämerischer Mistkerl?“ Robelo versuchte sich vergeblich vor ihrer begeisterten Zuneigung zu schützen, in dem er sich wegdrehte und blind die Arme ausstreckte, um sie abzuwehren. Stockend antworte er, während er weiter versuchte Purah von sich wegzudrücken. „Ich … werde … den König … um Erlaubnis bitten … sie“, er ächzte und war kurz davor sich über die Balustrade des Pavillons davon zu machen, als Urbosa gnadenvoller Weise beschloss einzugreifen. Sie zog die hüpfende Wissenschaftlerin an ihrem springenden Haarknoten nach hinten, was Purah ins Stolpern brachte, aber Robelo ein wenig Luft zum Atmen verschaffte. „Danke“, sagte er atemlos und strich sich sein Shiekah Gewand glatt. Urbosa vollführte eine galante Bewegung mit dem rechten Arm. „Gern geschehen“, antwortete sie und ließ Purah los, die damit fortfuhr aufgeregt auf der Stelle zu treten. Robelo rieb sich den Arm, der in der Rauferei an eine der Säulen geschlagen war. „Ich hatte ein wenig Bedenken der König könnte seine ganze Armee auf mich loslassen, wenn ich mit zehn laufenden Wächtern in die Stadt einmarschieren würde. Ich dachte es sei geschickter ihm vorher persönlich davon zu berichten, dass sie nun für anstatt gegen uns kämpfen.“ Zelda unterdrückte ein Kichern und Urbosa neben ihr lachte. „Was nur deinen Verstand beweist.“ Sie nickte in Richtung des Wächters. „Wirst du ihn aktivieren?“, fragte sie interessiert. Robelo folgte ihrem Blick. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Selbes Problem. Außerdem wird Link hier, mich vermutlich wieder zu Boden ringen, bevor ich es versuchen kann“, sagte er. Er suchte Links Blick und lächelte etwas matt. Unwillkürlich fragte sich Zelda, ob das geschehen war, als der Wächter die Fehlfunktion erlitten hatte. Davon hatte ihr keiner erzählt und sie konnte sie nicht erinnern. Sie sah ebenfalls hinüber zu Link, der aber keinerlei Reaktion zeigte. So wie immer. Zelda spürte wie ihre Mundwinkel sich verzogen und versuchte den Verdruss aufzuhalten, der sich auf ihrem Gesicht zu zeigen drohte.   Sie bemerkte wie Mipha an Link herantrat, ihm eine Hand auf den Arm legte, was ihn den Kopf in ihre Richtung drehen ließ. „Ich verstehe nicht“, begann sie und suchte seinen Blick, als würde sie darin die Antwort für alle Fragen dieser Welt finden. Daruk antwortete ihr, als keiner Anstalten machte Mipha aufzuklären. „Der Kleine hier hat sich vor die Prinzessin geworfen, als einer der Wächter bei einem Experiment eine Fehlfunktion hatte. Hat sich einen Topfdeckel geschnappt und das Feuer umgeleitet, dass er abgeschossen hat. Hat die Prinzessin gerettet, so mir nichts, dir nichts.“ In seiner polternden Stimme klang unverkennbarer Stolz mit, als wären es seine Verdienste und nicht die eines Hylianers, die er hier anpries. „Schild“, stöhnte Robelo kaum hörbar und fasste sich an die Stirn. Miphas Kopf ruckte so heftig zurück, dass ihr silbriger Zoraschmuck heftig wackelte. „Was?“, entfuhr es ihr, wesentlich schroffer als Zelda sie je hatte sprechen hören. Doch sie konnte es ihr nicht verdenken. Es auf diese Art berichtet zu hören, tat auch ihren Ohren weh. „Ja“, bestätigte Daruk und nickte mit klappernden Ketten. Zeigte wenig Empathie für die empfindliche Situation. „Der Zeremonienmeister hat mir erzählt, dass der König ihn deswegen zum Leibwächter der Prinzessin ernennen wird. Morgen, wenn ich mich recht erinnere.“ Zelda presste die Lippen aufeinander. Nicht dass es ein Geheimnis gewesen wäre. Dennoch hätte sie ein wenig Verschwiegenheit zu schätzen gewusst. Und wenn es nur dafür war, dass sie es bis zu dem Moment, in dem es tatsächlich geschah, ignorieren konnte. Mipha nahm ihre Hand von Links Arm und betrachtete ihn vorwurfsvoll. „Wieso hast du das nicht erwähnt?“ In ihrer Stimme schienen sich noch andere Emotionen auszudrücken. „Wie denn, wenn er den Schnabel nicht auseinander kriegt?!“, herrschte Revali und ließ Zelda damit keine Zeit Miphas Gefühlslage zu analysieren. Er sprach mit bewundernswerter Präzision genau das aus, was Zelda gedacht hatte. „Der Zeremonienmeister hat mir außerdem von einer alten Zeremonie erzählt, die wohl früher mal abgehalten wurde. Für das Schwert und so.“ Daruk hob die schweren Schultern, so dass der laue Nachmittagswind in das blaue Tuch fahren konnte, das seit heute über seiner Schulter hing. Es blähte sich und ließ Rudanias Abbild durch die Luft flimmern. In Zelda steig eine dunkle Vorahnung auf.   „Eine Zeremonie?“, wiederholte ausgerechnet Urbosa. Und schien interessiert. Zelda warf ihr einen drohenden Blick zu. Sie sollte es bloß nicht wagen einen weiteren Schritt auf diesem Pfad entlangzugehen. Doch dieses Mal schien ihre langjährige Freundin kein Einfühlungsvermögen für den so leicht zu zerstörenden Seelenfrieden einer Prinzessin zu haben. Urbosa legte den Kopf schief. „Was für eine Zeremonie?“, fragte sie und Zelda spürte wie ihr Nacken zu prickeln begann. Daruk schien zu überlegen. „Die offizielle Zeremonie zu Ehren des Schwertes und des Helden der es trägt“, antwortete er. „Auf dem heiligen Festplatz.“ Er deutete mit dem Daumen hinter sich, in Richtung des alten Festplatzes, der unweit vor den Toren Hyrule Stadts lag. Dem Platz der für die Ritter Hyrules von je her eine besondere Bedeutung gehabt hatte. Unfähig dazu einzuschreiten, beobachtete Zelda wie Urbosa überlegend ihre Finger ans Kinn legte. Scharf besah sie zuerst Link, der gerade leicht die Arme schüttelte und die Schultern kreisen ließ. Dann wanderte ihr Blick weiter zu Zelda. Ihre Miene wurde weich, als Zelda unmerklich mit dem Kopf schüttelte und versuchte ihr zu signalisieren, dass sie den Gedanken bloß nicht weiter führen sollte. Doch all die geheime Kommunikation war umsonst. „He, vielleicht ist das eine gute Idee“, rief Daruk begeistert. Und Zeldas Vorahnung bestätigte sich mit einem voll ausgewachsenen Schub der Panik. „Vielleicht wird diese alte Zeremonie dir helfen, Kontakt mit diesen heiligen Energien aufzunehmen, Prinzessin“ Er hatte eine Hand zur Faust geballt und boxte damit in die Luft vor ihm. Dann hielt er inne. Überlegte. „Oder was auch immer es ist, das bisher noch fehlt, für diese Siegelkräfte.“ Zelda schlug die Augen nieder. Es war nie genug, schien es. Es brauchte immer noch mehr von allem. Mehr Scham. Mehr Blamage. Mehr öffentliche Erniedrigung. Nun war es schon so weit, dass der Recke der am wenigsten über die göttliche Verbindung des Landes wusste, Vorschläge machte, wie Zelda ihre Verfehlungen ausgleichen konnte. Bei Hylia. Blieb ihr denn nichts erspart … So viel zu ihrem Vorhaben, sich den heutigen Tag durch nichts verderben zu lassen. Zelda hob ihr Kinn. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie war Zelda. Sie war die Prinzessin. Und auch wenn sie es einem Credo gleich herunter beten musste, um daran zu glauben, sie würde tun, was man von ihr verlangte. „Ich weiß von welcher Zeremonie du sprichst, Daruk“, antwortete Zelda matt. „Wenn ihr es für nötig erachtet, dann-“ „Nichts von all diesem Pomp ist notwendig“, unterbrach Revali sie unwirsch. „Was soll es schon ändern, wenn alle in einem Kreis herum stehen und diesen Winzling zum König der Welt erklären.“ Für einen kurzen Augenblick hatte Zelda gehofft in Revali einen Unterstützer zu haben. Einen Verteidiger, der sie im letzten Moment davor bewahrte, Link, vor der ganzen Welt ihren Respekt zu zollen und ihre Dankbarkeit aussprechen zu müssen. Als Belohnung dafür, dass sie gegen diese erneute Prüfung des Schicksals nicht aufbegehrte. Doch am Ende war es sein verletzter Stolz der ihn sprechen ließ. „Es geht um das Schwert und den Segen der Göttin“, sagte Zelda schwach, um Revali zu korrigieren. „Nicht darum den Helden zum Landesführer zu erklären.“ Sie richtete den Blick starr in die Ferne. „Also gut. Wir treffen uns bei Anbruch des Tages. Und ich werde den Auserwählten des Schwertes segnen.“ Zelda vermied es irgendjemandem in die Augen zu sehen. Sie war sogar zu aufgewühlt um sich weiter mit Purah und Robelo zu beraten. Sie wollte allein sein. Sie würde es ihnen überlassen den Recken mehr über die Übungen zu erzählen, die sie gemeinsam ausgearbeitet hatten, um ihnen den Start zu erleichtern. „Entschuldigt mich“, sagte Zelda und setzte sich in Bewegung. „Diese Zeremonie wird besondere Vorbereitung von mir fordern. Ich werde mich ins Gebet begeben.“ Die Recken teilten sich um ihr Platz zu machen, als Zelda die wenigen Stufen des Pavillons hinunter stieg. Rasch überquerte sie das Grün, gewillt so schnell wie nur möglich allein zu sein. Sie hörte das Rascheln ihrer Robe auf der Grasfläche und versuchte sich darauf zu konzentrieren. Sie würde sich bei der Göttin für diese Lüge entschuldigen müssen. Ihr waren keine besonderen Gebete vor dieser Segnungszeremonie bekannt. Keine außer der besonderen mentalen Vorbereitung, die Zelda brauchen würde, um diese Aufgabe würdevoll bewältigen zu können. Sie atmete flach vor unterdrückter Emotionen, als sie die Treppe zu ihren Gemächern hinauf stieg. Als sie die Tür hinter sich schloss – betont vorsichtig – lehnte sich Zelda dagegen. Schloss die Augen. In der kühlen Einsamkeit ihrer Gemächer nun nicht länger unter Beobachtung und Bewertung. Doch auch wenn sie sich dieses Alleinsein herbei gesehnt hatte, um sich und die brodelnden Emotionen nicht länger unter Verschluss halten zu müssen, war es ihr auch jetzt nicht möglich, loszulassen. Wie auch, wenn es ihr doch gar nicht zu stand. Sie war die Prinzessin Hyrules. Und damit war lange bevor sie sich erinnern konnte, festgelegt, wer und was sie sein würde. Ihr eigener Vater und ihre eigene Mutter hatten mit ihrer Liebe dafür gesorgt, dass Zelda nie ein anderes Leben würde führen können. Und so stand es ihr einfach nicht zu, damit zu hadern, nur weil sie ihre Aufgabe nicht erfüllen konnte. Es bisher nicht konnte, korrigierte sie sich. Sie würde die Hoffnung nicht aufgeben. Und sie würde den Helden mit dem Bannschwert segnen. Sie würde nicht daran zerbrechen. Sie konnte stark sein.   Zelda stieß sich von der Tür ab und ging mit langsamen Schritten die Treppe zu ihrem Gebetsraum hinauf und von dort hinüber zu ihrem Labor. Bis es Zeit war für ihre Abendandacht, würde sie an ihren Forschungen weiterarbeiten. Wenn sie auch wenig Hoffnung hatte, eine bahnbrechende Entdeckung zu machen, so waren es doch die kleinen Schritte, die irgendwann zum Erfolg führten. Zumindest versuchte Zelda sich das zu sagen, als sie die alten Schriften hervorholte und sich in ihre Arbeit vertiefte.   Sie erhob sich beinahe zu spät. Die Nacht war bereits hereingebrochen und es blieb ihr nicht viel Zeit, sich in ihr zeremonielles Gewand zu kleiden, bis der Mond seinen Aufstieg in den Himmel beginnen würde. Zelda versuchte sich auf die heiligen Worte zu konzentrieren, versuchte die Ereignisse des Tages und das Grauen vor dem morgigen abzuschütteln. Doch es gelang ihr nicht.   Mit sich selbst im Unreinen, stieg Zelda aus dem weißen Kleid. Löste in missmutiger Stimmung versunken ihr Haar und schmeckte das Gericht kaum, das man ihr für das Abendessen auf den kleinen Tisch mitten im Raum gestellt hatte, während sie sich im Gebet befand.   Als sie ihr Tagebuch heranzog, um ein wenig von dem Druck der sich auf ihre Brust gesetzt hatte im geschriebenen Wort aufzulösen, brachte sie es nicht über sich ihre wahren Empfindungen auszudrücken. Aus Angst sie würde in ein Loch hinabsteigen, aus dem sie bis Morgen nicht wieder hervorkommen konnte. Der Eintrag den sie verfasste war knapp und reizlos. Wenigstens das passte zu ihren Gefühlen.   Nach meinem Treffen mit den Recken habe ich die Erforschung der Relikte fortgesetzt, aber bislang ohne Erfolg. Ich muss alles über die Relikte herausfinden, um so die wiederkehrende Verheerung aufhalten zu können. Wenn man der Prophezeiung des Weissagers Glauben schenken kann, bleibt nicht mehr viel Zeit … Diese Gedanken beunruhigen mich, aber heute fehlt mir die Kraft um weiterzuarbeiten. Ps.: Morgen tritt der Ritter seinen Dienst an, den mein Vater mir als Leibwächter zugeteilt hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)