Füreinander bestimmt? von LadyKaiba ================================================================================ Kapitel 5: Die ganze Wahrheit ----------------------------- Füreinander bestimmt? Kapitel 5: Die ganze Wahrheit Genau eine Woche war vergangen, seit Ren von zu Hause abgehauen war und sich bei seinem (Sex-) Freund Miki einquartiert hatte. Er war die ganze Woche nicht zur Uni gegangen. Zu groß war das Risiko gewesen, Trey über den Weg zu laufen. Auch, wenn sich die Fakultät für Biologie am anderen Ende des Campus befand, war Ren sicher, dass sein Adoptivvater jede freie Minute dafür genutzt hatte, um nach ihm zu suchen. Doch er wollte ihn nicht sehen. Er konnte nicht. Er hätte es nicht einmal ertragen, die Stimme des Blauhaarigen zu hören. Deshalb hatte er sein Handy auch fast die ganze Woche ausgeschaltet gelassen. Ren hatte es nur zwischendurch kurz eingeschaltet, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Neben einigen Nachrichten, in denen sich Yoh, Ryu, Manta, Joco und einige seiner Freunde und Kommilitonen nach seinem Wohl erkundigt hatten, dominierten die unzähligen Nachrichten und Anrufe von Trey auf seinem Display. Jedes Mal, wenn Ren auch nur den Namen seines Adoptivvaters auf seinem Handy las, beschleunigte sich sein Puls, und gleichzeitig zog sich seine Brust schmerzhaft zusammen. Jedes Mal nahm er sich vor, die vielen Nachrichten einfach ungelesen zu löschen. Er las sie auch nicht, das konnte er einfach nicht. Dafür war er viel zu verletzt und durcheinander. Jedoch schaffte er es auch nicht, die Nachrichten zu löschen. Denn auch, wenn Wut, Trauer und Verwirrung die meiste Zeit überwogen, so war da auch noch ein ganz anderes Gefühl in Ren: Sehnsucht. Der Chinese sehnte sich nach Trey. Er vermisste ihn. Er vermisste seinen Adoptivvater vermutlich genauso sehr, wie dieser ihn vermisste. Ren war sich darüber bewusst, dass sie beide litten. Doch nicht ER war Schuld an ihrer Misere. Sondern Trey. Und Yoh, Ryu, Manta, Joco...sie alle waren Schuld, denn sie hatten ihn sein ganzes Leben lang belogen. Jedoch war die Tatsache, dass Trey ihn belogen hatte, das Schlimmste an der ganzen Sache. Ausgerechnet Trey. Der Mensch, dem er am meisten vertraute, zu dem er am meisten aufsah, den er bewunderte...den er liebte. Es war eine verbotene Liebe, eine einseitige Liebe, die niemals erwidert werden würde. Doch es war Liebe. Wie oft hatte Ren diese Liebe verflucht? Wie oft hatte er versucht, sich ihr zu widersetzen? Sie zu unterdrücken, sie daran zu hindern, sich aus den dunkelsten Tiefen seines Herzens weiter und weiter auszubreiten? Wie oft hatte er versucht, sich dagegen zu wehren, dass sie ihn Tag für Tag mehr und mehr in Besitz nahm? Er hatte es versucht. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde der letzten Jahre hatte er es versucht. Er hatte es so sehr versucht... Die Sonne war bereits untergegangen, als Ren vor die Haustür trat. Seinen Schlüssel hielt er bereits seit einigen Minuten in der Hand. Die Vorhänge der Fenster waren zwar geschlossen, doch es war trotzdem zu erkennen, dass im Wohnzimmer gedimmtes Licht brannte. Trey war also zu Hause. Alles andere hätte den Chinesen auch überrascht. Die kühle Brise, die durch sein Haar wehte, verursachte eine leichte Gänsehaut in seinem Nacken. Ren starrte die geschlossene Haustür an, dann blickte er auf seinen Schlüssel. Als er Mikis Wohnung verließ, um sich auf den Weg hierher zu machen, hatte er sich bereit gefühlt für dieses Gespräch. Nachdem er die vergangene Woche beinahe ununterbrochen nachgedacht und viele Stunden mit Miki geredet hatte, glaubte er, seine Gedanken einigermaßen geordnet zu haben, und nun bereit zu sein, die Wahrheit zu erfahren. Doch jetzt, wo er tatsächlich hier stand, in dem Wissen, dass Trey sich hinter dieser Tür befand, zögerte er. War er vielleicht doch noch nicht bereit? Er starrte den Haustürschlüssel in seiner Hand erneut an. Er brauchte ihn nur in das Schloss zu stecken und die Tür zu öffnen, dann würde er die Wahrheit erfahren können. Doch irgendetwas in seinem Inneren schien ihn davon abhalten zu wollen. Brauchte er vielleicht doch noch etwas mehr Zeit? Er schloss für einen Moment seine Augen, bevor er sich von der Tür abwandte und ein paar leise Schritte in Richtung Straße tat. Als er jedoch gerade nach der Klinke des kleinen Tors griff, welches den Vorgarten vom Bürgersteig trennte, drehte er sich plötzlich um und lief schnellen Schrittes zurück zur Haustür. Nein, er durfte nicht mehr weglaufen. Er musste sich seiner Vergangenheit stellen. Ohne auch nur einen einzigen Gedanken des Zweifels zuzulassen, schob er den Schlüssel in das Türschloss hinein. Noch bevor er ihn ganz herumgedreht hatte, hörte er laut polternde Schritte im Hausinneren, die innerhalb von einer Sekunde wieder verstummten. In der selben Sekunde wurde die Haustür mit einem kräftigen Ruck aufgerissen. Durch den Schwung wurde Ren einen Schritt nach vorn gezogen. „Ren! Du bist es wirklich!“, rief Trey laut, die aufgerissene Haustür in der Hand haltend. Als er das Geräusch gehört hatte, wie der Schlüssel in das Türschloss gesteckt wurde, war er regelrecht von seinem Sessel aufgesprungen und zur Tür gerannt. Ehrlich gesagt war das heute nicht das erste Mal gewesen, dass er das getan hatte, doch die letzten Male war es immer falscher Alarm gewesen. Beim kleinsten Geräusch, das der Dreißigjährige von draußen wahrgenommen hatte, war er sofort nach draußen gesprintet, in der Hoffnung, dass Ren endlich nach Hause gekommen war. Und mit jedem Mal, bei dem er feststellen musste, dass der Gelbäugige doch nicht da war, musste er sich zusammenreißen, nicht in seinem Vorgarten in Tränen auszubrechen. Doch dieses Mal war Ren endlich da. Sofort breitete Trey seine Arme aus und machte einen Schritt auf Ren zu. „Ren! Ich bin so froh, dass du-“ Doch Ren wich zurück und deutete mit seiner rechten Hand, dass der Andere ihm nicht zu nahe kommen sollte, wodurch Trey schockiert inne hielt. Mit strenger Mimik blickte der Chinese seinen Adoptivvater an, was diesen innerlich erschaudern ließ. Unsicher stammelte Trey: „R-Ren...I-Ich-“ „-Können wir reden?“, unterbrach Ren mit einer ruhigen, und zugleich kalten Stimme. Trey zuckte einmal leicht zusammen, bevor er nickte und zur Seite trat, damit Ren eintreten konnte. Dieser ging schweigend durch den Hausflur in das Wohnzimmer, wo er sich auf der Couch niederließ und seine Jacke auszog. „Soll...Soll ich uns einen Kaffee oder einen Tee machen?“, fragte Trey vorsichtig. Er war im Türrahmen zum Wohnzimmer stehen geblieben, fast als ob er sich nicht trauen würde, den Raum zu betreten, indem Ren saß. „Kaffee bitte“, antwortete Ren ohne seinen Ziehvater anzusehen. „Okay...“, flüsterte Trey beinahe und verschwand umgehend in der Küche, um eine Kanne Kaffee aufzusetzen. Mit starrem Blick sah er dabei zu, wie die braune Flüssigkeit langsam in die Glaskanne hineinfloss. Es war, als schaute er einer Sanduhr zu, die die letzten Minuten anzeigte, in denen er sich noch sammeln konnte. So sehr er sich diesen Moment, in dem Ren endlich wieder nach Hause kam und sie reden konnten, herbeigesehnt hatte, genauso sehr fürchtete er ihn auch. Der Kaffee tropfte in die bereits halb gefüllte Kanne. Tropfen für Tropfen, wie ein Countdown, bevor er Ren die Wahrheit sagen würde, über dessen „wahre“ Identität und darüber, was damals in Doby Village passiert war. Das leise Grummeln der Kaffeemaschine nahm Ren nur beiläufig wahr. Er saß auf der Couch, die Beine elegant übereinander geschlagen, und ließ seinen Blick langsam von links nach rechts über die ihm gegenüberliegende Wohnzimmerwand gleiten. Ca. 30 Fotos hingen an der hellblau tapezierten Wand, entweder gerahmt, oder zu kleinen Fotocollagen zusammengestellt. Die meisten zeigten ihn selbst und Trey, auf einigen Bildern von Geburtstags- und Silvesterfeiern waren auch Yoh, Ryu, Manta, Joco, Pilika, Run, Anna und Lyserk zu sehen. Obwohl er die Fotos alle schon tausende Male gesehen hatte, hatte ihr Anblick heute einen besonders bitteren Beigeschmack. Auf allen Fotos lächelten die Beteiligten fröhlich in die Kamera. Alle erwachsen, nur der Chinese war auf jedem Bild das einzige Kind. Ren betrachtete die vielen Bilder von sich und Trey, auf den meisten hielt der Blauhaarige ihn entweder auf dem Arm, oder er saß auf dessen Schoß. Sie sahen aus wie ganz normale „Vater-und-Sohn-Fotos“. Doch das waren sie nicht. Rens Augenbrauen zogen sich zusammen. 'Alles Lüge...' Mit der linken Hand griff er in die Tasche seiner Jacke, welche er neben sich über die Armlehne des Sofas gelegt hatte, und zog das vergilbte Foto heraus, das er Trey vor einer Woche abgenommen hatte. Auch dieses Bild hatte er sich in der vergangen Woche sicher tausende Male angeschaut. So oft und so intensiv, dass er mittlerweile jede einzelne Holzfaser auf dem Foto kannte. Dieses Bild war so anders im Vergleich zu denen, die an der Wand hingen. Auf diesem Foto waren er und Trey im gleichen Alter, beide Jugendliche. Er war nicht auf dessen Arm oder saß auf dessen Schoß. Sie saßen Seite an Seite, nicht wie Vater und Sohn, oder Onkel und Neffe, sondern wie Kameraden, wie Freunde. Wie zwei...Ebenbürtige. Ja. Dieses Bild zeigte sie: Die Wahrheit. So müsste es eigentlich sein. Das fühlte sich richtig an... Als Ren aus der Küche das Klirren von Keramik hörte, legte er das Foto auf den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit zögerlichen Schritten trat Trey an den Couchtisch heran, stellte zwei Tassen ab und füllte sie mit Kaffee. Mehr brauchten sie nicht, beide tranken ihren Kaffee schwarz. Als er das Foto auf dem Tisch erblickte zuckte er kurz zusammen, bevor er seinen Blick schnell zu Boden richtete. Der junge Professor griff die gefüllten Tassen und hielt eine von ihnen in Rens Richtung. Sein Blick blieb abgewandt, seine Hände zitterten leicht. Der Gelbäugige nahm die Tasse entgegen und bedankte sich, Trey setzte sich auf den Sessel, der schräg gegenüber von der Couch stand. Ren musterte seinen Adoptivvater aus den Augenwinkeln, während er seine Tasse an seine Lippen setzte und ein paar mal auf die heiße Flüssigkeit pustete. Trey sah mitgenommen aus. Er war viel blasser als sonst, hatte dunkle Augenringe, seine Wangen waren leicht eingefallen, und er hatte eindeutig Gewicht verloren. Gegessen und geschlafen hatte er in der vergangenen Woche vermutlich kaum. Seine Körperhaltung war gekrümmt und sein Blick gesenkt. Er wirkte beinahe wie ein reumütiger Hund. Einerseits tat es Ren in der Seele weh, seinen Ziehvater so zu sehen, aber andererseits hatte er es auch verdient. Seine Nervosität war dem Blauhaarigen deutlich anzusehen. Ren wirkte äußerlich sehr ruhig, doch innerlich war er ebenfalls sehr aufgeregt. Er beobachtete, dass Trey seine Lippen immer wieder leicht öffnete, als ob er zum Reden ansetzte, sie dann aber sofort wieder schloss. Er schien einfach nicht zu wissen, wie er das Gespräch beginnen sollte. Ren nahm ihm diese Bürde ab: „Kann ich mich darauf verlassen, dass du mir die Wahrheit sagst?“, fragte er mit emotionslos wirkender Stimme und trank einen Schluck von seinem Kaffee. Trey nickte. „Ja...Natürlich...“, antwortete er kleinlaut, sein Blick war nach wie vor gesenkt. „Wie ist mein richtiger Name?“, stellte Ren seine erste Frage ohne Umschweife. Trey schluckte einmal, bevor er, mit einigermaßen fester Stimme, antwortete: „Ren Tao.“ Reflexartig blickte der Gelbäugige den Anderen an. Völlig perplex wiederholte er: „Tao?!...Wie...Run?!“ Der Dreißigjährige nickte. „Run ist deine ältere Schwester. Als wir dich kennenlernten...warst du unser Feind...“ Trey erzählte Ren von seiner Kindheit bei den Taos, von ihren ersten Treffen, wie sie gegeneinander gekämpft hatten, wie er, Yoh, Ryu und Manta nach China gereist waren und ihn und Run aus der Gefangenschaft ihres Vaters befreit hatten, wie sie schließlich Freunde wurden. Natürlich nur eine Kurzversion, und die ganz üblen Details sparte er aus. Ren gab keinen einzigen Kommentar von sich, während Trey erzählte. Er starrte die meiste Zeit über in seine Tasse und hörte sich alles an. Dass er mal auf der Seite des „Bösen“ war, Trey hatte diese Worte nicht ausgesprochen, doch es war eindeutig, schockierte den Teenager zutiefst. Natürlich kannte er einige Geschichten über die Familie Tao, schließlich war sie bis vor einigen Jahren in der gesamten Schamanenwelt gefürchtet gewesen. Und er war ein Teil dieser Familie? Er hatte ebenfalls Leid über andere Menschen gebracht, bevor er sich mit Trey, Yoh und den anderen anfreundete? Hatte er vielleicht sogar einige der grausamen Verbrechen, die der Tao-Familie zugeschrieben wurden, selbst begangen? Er wollte seinem Adoptivvater viele Fragen dazu stellen, doch keine einzige kam ihm über die Lippen. Doch neben dem Schock über seine wahre Identität, wurde ihm auch etwas klar: Run. Ren hatte zu Run schon immer eine andere, eine engere Verbindung gespürt, als zu seinen anderen „Tanten“ Pilika und Anna. Nicht ganz so stark, aber ähnlich wie bei Trey, hatte er auch bei Run immer das Gefühl, dass ihr Verhältnis von Tante und Neffe nicht richtig war. Er konnte dieses Gefühl nie wirklich einordnen, doch jetzt wo Trey es sagte, verstand er: Schwester. Ja, das war es. Er empfand für Run, wie ein Bruder für seine Schwester empfand. Ja, das passte. Zu Schock und Verwirrung gesellte sich ein weiteres Gefühl: Erleichterung. Erleichterung darüber, dass er begann, seine chaotischen Gefühle zu verstehen. Doch das reichte nicht. Noch nicht einmal ansatzweise. Er brauchte mehr Klarheit. „Und wie ging es weiter?“, wollte er von seinem Ziehvater wissen. Dieser fuhr fort, indem er Ren von dem Turnier, ihrer Reise nach Doby Village und von Zeki erzählte. Natürlich auch nur eine Kurzfassung. Während seiner Erzählung schlich sich immer wieder ein leichtes Lächeln auf das Gesicht des Blauschopfes. Sie schienen gemeinsam wirklich viel erlebt zu haben, sowohl gute, als auch schlechte Dinge. Doch obwohl Trey ihm von seinem eigenen Leben erzählte, fühlte es sich für Ren so an, als hörte er die Lebensgeschichte eines völlig Fremden. Er hatte keinerlei Erinnerungen an irgendetwas von dem, was er da hörte. Es wirkte irgendwie...surreal. Schließlich schilderte der Biologe, wie Ren von dem koboldartigen Wesen verzaubert und wieder in ein Kind verwandelt wurde, wie sie wochenlang versuchten, den Zauber rückgängig zu machen, jedoch scheiterten. Treys Stimme wurde wieder leiser und er senkte seinen Kopf noch ein paar Zentimeter tiefer. Es war offensichtlich, dass er sich daran nicht so gern erinnerte, wie an die Zeit bevor Ren verzaubert worden war. Noch bevor der Chinese eine Frage stellen konnte, fragte Trey: „Darf ich dich auch etwas fragen?“ „Frag.“, kam es knapp von Ren. „Wo warst du die letzte Woche? Ich habe mir Sorgen gemacht...“ Der Blauhaarige hatte immer noch kein einziges Mal zu Ren aufgesehen, seit sie ihr Gespräch begonnen hatten. „Ich war bei einem Freund“, antwortete der Gelbäugige und trank einen Schluck aus seiner Tasse. „Bei Yuki? Oder bei-“ „-Nein“, unterbrach Ren. „Du kennst ihn nicht.“ „Ach so...Ist er ein Freund von der Uni? Du warst so aufgebracht, als du weggelaufen bist...Hat er sich um dich gekümmert?“ Tiefe Besorgnis klang in Treys leiser Stimme mit. Ren sah zu seinem Ziehvater hinüber. Dieser saß nach wie vor nach vorn gebeugt auf dem Sessel und starrte hinunter in seine Kaffeetasse, von der er bisher noch keinen einzigen Schluck getrunken hatte. Sicher war der Kaffee bereits kalt. Für einige Sekunden starrte der Chinese den Anderen schweigend an, bevor er sagte: „Ich schlafe mit ihm.“ Treys Herz setzte einen Schlag aus, bevor es von tausenden Messern gleichzeitig durchbohrt zu werden schien. Er zuckte zusammen und riss seine Augen weit auf. Sein Griff um die Tasse festigte sich, sein Atem stockte. Von außen hatte es ausgesehen, als hätten Rens Worte einen heftigen Stromschlag durch seinen Körper gejagt. Der Teenager war sich in dem Moment, in dem er den Satz ausgesprochen hatte, nicht sicher, warum er ihn überhaupt aussprach, doch nach dieser heftigen Schockreaktion, die er bei seinem Ziehvater ausgelöst hatte, wusste er, dass es richtig gewesen war, ihn auszusprechen. Er schwieg. Er beobachtete den Blauhaarigen ganz genau, und wartete geduldig ab, was dieser nun erwidern würde. Es dauerte einige Sekunden, bis Treys offensichtliche Schockstarre vorbei war. Er hob seine Mundwinkel und kicherte leise. Doch es war ein falsches, ein gespieltes Kichern. Das durchschaute Ren sofort. „A-Also...ist er...dein Freund?“, stammelte Trey nervös, als hätte er Angst davor, die Antwort zu hören. „Was wäre wenn?“, stellte Ren als Gegenfrage. Erneut zuckte der Dreißigjährige zusammen, was dem Gelbäugigen nicht verborgen blieb. 'Seltsam...', dachte der Teenager nur. „Dann...Dann solltest du ihn mal mitbringen, ich würde ihn...gerne kennenlernen...“, antwortete Trey, wieder mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen. „Du scheinst nicht überrascht zu sein, dass ich etwas mit einem anderen Kerl habe“, stellte Ren fest. Trey, der sich offenbar ertappt fühlte, erwiderte unsicher: „N-Nein...I-Ich weiß, dass du nicht...auf Mädchen stehst...“ Ren schwieg wieder eine Weile und starrte den Größeren an. Dieser spielte nervös mit seiner Kaffeetasse herum. Seine Hände zitterten leicht. Argwöhnisch betrachtete der Chinese den Anderen und dachte: 'Wenn er weiß, dass ich schwul bin, wieso ist er dann wegen Miki so schockiert? Hier ist doch was faul...' „Warum hast du mich aufgenommen?“, fragte der Teenager gerade heraus. Trey schien einen Moment lang verwirrt über die Frage zu sein, antwortete dann aber: „Naja, weil wir es nicht geschafft haben, dich zurück zu verwandeln, wir haben versucht-“ „-Nein, so meine ich das nicht“, unterbrach Ren. „Wieso hast ausgerechnet DU mich aufgenommen? Run hätte sich auch um mich kümmern können, oder Ryu, oder Yoh und Anna...Wie habt ihr das entschieden? War es dein Vorschlag, mich zu adoptieren? Oder habt ihr einfach Streichhölzer gezogen?“ Eine gewisse Bitterkeit lag in Rens Stimme. „Nein! ICH habe den Entschluss gefasst! Ich WOLLTE dich aufnehmen!“, antwortete Trey entgeistert. Zum ersten Mal klang seine Stimme laut und energisch. Seinen Blick erhob er aber nach wie vor nicht, seine Körperhaltung war immer noch genauso gekrümmt wie zuvor. „Und wieso?“, hakte der Gelbäugige nach. „Na...Na weil...du mein Freund warst...Und ich dich nicht zu den Taos zurückgeben wollte...“, antwortete Trey. Seine Stimme wurde wieder leiser und brüchiger. Rens Hände ballten sich zu Fäusten, bevor er seine geleerte Tasse mit so viel Wucht auf dem kleinen Couchtisch abstellte, dass der Aufprall von Keramik und Glas einen lauten, schrillen Knall verursachte. Der Blauhaarige zuckte so stark zusammen, dass ihm die Kaffeetasse aus den Händen rutschte und zwischen seinen Füßen zu Boden fiel. Die Tasse zerbrach zwar nicht, doch der kalte Kaffee bildete nun eine braune Lache auf dem Boden, die sich sekündlich weiter ausbreitete. „Du hast mir versichert, dass du mir die Wahrheit sagen würdest!“, knurrte Ren mit einer so tiefen, dunklen Stimme, dass sie Trey einen Schauer über den Rücken laufen ließ. „A-Aber...Ich sage dir die Wahrheit...“, versicherte der Biologe kleinlaut. „Aber nicht die GANZE Wahrheit! Du verheimlichst mir irgendetwas!“, brüllte Ren schon fast. Er wurde wütend. Er wusste ganz genau, dass sein Ziehvater etwas vor ihm verheimlichte. Und zwar etwas sehr Entscheidendes. Er spürte es einfach. Ein wichtiges Puzzleteil fehlte noch. „N-Nein...Tu ich...nicht...“ „OH DOCH!“, entgegnete Ren aufgebracht. Dass Trey versuchte, das Offensichtliche zu leugnen, machte ihn nur noch rasender. Er sprang regelrecht von der Couch auf, stellte sich vor den Blauhaarigen, und schrie auf diesen herab: „SAG MIR DIE WAHRHEIT!“ „D-das...tue ich...“ „WAS VERSCHWEIGST DU MIR?!“ „Gar nichts...“ Trey wurde immer verzweifelter und legte seine Hände an seine Schläfen. „SAG ES!“ „R-Ren...“ Er kniff seine Augen zusammen und kauerte sich noch etwas mehr zusammen, während der Gelbäugige wutentbrannt auf ihn herab brüllte. Aber er konnte ihm nicht sagen, was er hören wollte. „WAS VERHEIMLICHST DU MIR!?“ „Nichts...“ Er konnte es ihm nicht sagen... „DU LÜGST!“ „Nein...“ Er konnte es nicht sagen... „SAG MIR DIE VERDAMMTE WAHRHEIT!“ „Ren...bitte...“ Er konnte es nicht... „SAG ES!“ „WIR WAREN EIN PAAR!“, schoss es plötzlich aus Trey heraus. Er hielt dem Druck, den sein Ziehsohn auf ihn ausübte, nicht mehr stand. Doch noch in der selben Sekunde, in der er diesen Satz ausgesprochen hatte, realisierte er, was er getan hatte. Zum ersten Mal, seit sie ihr Gespräch begonnen hatten, sah der Dreißigjährige auf. Mit vor Schock weit aufgerissenen Augen blickte er in das völlig verdutzte Gesicht seines Adoptivsohns. Seine Brust zog sich so schmerzhaft zusammen, dass er kaum noch atmen konnte. Ren, der eine Sekunde zuvor noch vor Wut kochte, stand einfach nur schweigend da. Mit perplexer Mimik starrte er den Blauschopf an. Dieser schlug sich seine rechte Hand vor den Mund, als ob er die Worte, die gerade aus reiner Verzweiflung aus ihm herausgeplatzt waren, wieder einfangen und dahin zurück sperren wollte, wo sie hergekommen waren. Doch das war nicht möglich. Er hatte sie ausgesprochen, er konnte die Zeit nicht zurückdrehen oder seine Worte zurücknehmen. Einige Sekunden des Schweigens, die Trey allerdings wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, vergingen, bevor Ren leise nachfragte: „Wir waren...ein...Paar?“ Sofort wandte Trey seinen Blick wieder ab. Er hätte es nicht ertragen, zu sehen, wie Ren angeekelt das Gesicht verzog, nachdem dieser sein Geständnis erst einmal realisiert hatte. Dass der Mann, der Ren adoptiert und großgezogen hatte, einmal auf DIESE Weise für ihn empfunden hatte, musste den Teenager völlig verstören. Trey hatte Angst. „Ist das wahr? Waren wir beide wirklich zusammen?“, fragte Ren in einer Tonlage, die ruhig, beinahe unbeteiligt klang. Der Biologe schluckte einmal, bevor er nickte. „Hast du mich geliebt?“, fragte der Gelbäugige weiter. Trey nickte erneut. „Ja...“ Für einen kurzen Moment schloss er seine Augen und atmete einmal tief durch, bevor er leise, aber deutlich hörbar, sagte: „Als mir nach wochenlanger Suche klar wurde, dass wir es wohl nicht schaffen würden, den Zauber rückgängig zu machen, habe ich sehr intensiv nachgedacht. Ich konnte dich einfach nicht zurück zu den Taos geben, nachdem sie dir so viel Leid angetan hatten. Ich habe mir immer selbst eingeredet, dass es mir nur darum ging, dir eine friedlichere und glücklichere Kindheit zu ermöglichen, so, wie du es verdient hattest...Aber das war nur die halbe Wahrheit. So selbstlos bin ich nicht. In Wirklichkeit bin ich sogar sehr egoistisch...Es tut mir Leid, dass ich dich angelogen habe, aber ich wollte dich einfach nicht hergeben; nicht zu den Taos, und auch zu niemandem sonst. Ich wollte dich bei mir haben, ich wollte dich an meiner Seite haben, ich wollte mein Leben mit dir teilen...Wenn schon nicht als Paar, dann wenigstens als Familie...“ Ren schwieg. Er hatte das Foto vom Tisch genommen und betrachtete es, während er sich Treys Worte anhörte. Dieser fuhr fort: „Hör zu, Ren...Der Tag, an dem du verzaubert wurdest, war der Tag, an dem ich die Liebe meines Lebens verlor...“ Ren fühlte, wie sein Herz höher schlug. Eine angenehme Wärme durchströmte seinen Körper. „Aber dafür habe ich einen wundervollen Sohn bekommen...“ Mit einem Schlag wich die Wärme einer Eiseskälte. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr die Brust des Teenagers. Er zuckte kaum merklich zusammen. Zum zweiten Mal seit Beginn ihres Gesprächs sah Trey zu dem Anderen auf. Ein trauriges Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er sagte: „Aber wir können nun mal nicht alles im Leben haben, nicht wahr?“ Einige Sekunden lang starrte Ren schweigend in die grauen Augen des Anderen. Dieser hielt dem bohrenden Blick der funkelnden, gold-gelben Augen nur mit Mühe stand. Der Chinese drehte sich zur Seite und legte das Foto zurück auf den Couchtisch, als er mit ernster Stimme sagte: „Ich habe eine Frage an dich, und ich erwarte, dass du mir EHRLICH antwortest.“ Augenblicklich stieg wieder Nervosität in dem Blauhaarigen auf. Er nickte. Doch das reichte Ren nicht. „Schwöre mir, dass du mir eine ehrliche Antwort gibst“, forderte er nachdrücklich. Trey versuchte vergeblich, den riesigen Kloß, der in seinem Hals steckte, herunter zu schlucken. „I-Ich schwöre es...“ Ren nickte leicht, griff sein T-Shirt, zog es über seinen Kopf und ließ es achtlos zu Boden fallen. Der junge Professor war verwirrt. „Ren?! W-Was machst du denn?!“ Der Angesprochene antwortete nicht. Er öffnete seinen Gürtel und seine Jeans und zog sie samt Boxershorts aus. Sofort blickte Trey verlegen zur Seite. „Ren! Was soll das?! Zieh dich wieder an!“, forderte er hektisch. Doch Ren dachte gar nicht daran. Er hob einen Fuß nach dem anderen hoch und zog seine Socken ab. Splitternackt stand er nun vor dem Dreißigjährigen, der seinen Oberkörper zur Seite gedreht hatte und die Augen zusammenkniff. „Sieh mich an“, forderte der Teenager in einem ruhigen, aber energischen Ton. „L-Lass den Quatsch, Ren...Zieh dich wieder an, bitte!“, entgegnete Trey beinahe verzweifelt. Rens Stimme erhob sich, als er wiederholte: „Sieh mich an, Trey.“ Der Blauschopf zuckte zusammen. „R-Ren...b-bitte-“ „-SIEH.MICH.AN!“ Trey biss sich auf die Unterlippe, während er seinen Blick zögerlich nach vorn richtete. Er schaffte es nicht, sich davon abzuhalten, den nackten Körper, den er so sehr begehrte, den Körper seines Ziehsohns, für den Bruchteil einer Sekunde zu betrachten, bevor er sich zwang, Ren in die Augen zu sehen. Mit strenger Mimik starrte dieser den Anderen an. „Und nun meine Frage...“ Die Frage, die Ren nun stellen würde, würde die alles Entscheidende sein. Treys Antwort würde darüber entscheiden, ob es eine Lösung für ihre verquere Situation geben, oder ob sich ihre Wege hier und heute, für immer trennen würden... Ren sprach dies nicht aus, doch das musste er auch nicht. Trey wusste es. Er spürte es. Er zitterte. Sein Herz raste. Er hatte geschworen, ehrlich zu antworten. Quälend lang kam es ihm vor, bis Ren seine Lippen öffnete und seine Frage stellte: „Sind deine Gefühle für mich...nur noch rein väterlicher Natur?“ Stille erfüllte den Raum. Die Uhren schienen still zu stehen. Langsam senkte sich Treys Kopf, bis seine Augen nicht mehr zu sehen waren. Eine einzelne Träne rann über seine Wange, als er leise hauchte: „Nein...“ In der nächsten Sekunde schlug Trey die Hände vor sein Gesicht und begann, bitterlich zu weinen. Es war vorbei. Welcher Junge könnte mit einem Vater zusammenleben, der solche Gefühle für ihn hegte? „Es tut mir so Leid, Ren...“, schluchzte Trey schwer. Ein wahrer Wasserfall aus Tränen lief seine Wangen hinab. Er wollte sich nicht einmal vorstellen, wie verstört und angewidert Ren jetzt sein musste. Der Blauschopf ekelte sich vor sich selbst. Er schämte sich so sehr. „Es tut mir so Leid...“ Es verging eine ganze Weile, in der der Raum ausschließlich vom lauten Schluchzen und Schnaufen des Dreißigjährigen erfüllt war, bis Ren mit einer beinahe emotionsloser Stimme sagte: „Dir ist klar, dass wir nicht einfach so weiter machen können, wie bisher, oder?“ Trey fühlte, wie sein Herz in tausend Teile zerschmetterte. Er sank von dem Sessel herab und fiel vor Ren auf die Knie. „Bitte, Ren...bitte hass' mich nicht!“, flehte er, legte seine Arme um den Teenager und presste sein von Tränen getränktes Gesicht an dessen nackten Bauch. Am ganzen Leib zitternd und doch mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, umklammerte Trey den Anderen, krallte sich an ihm fest, als ob sein Leben davon abhing. Und irgendwie tat es das auch. „Ren...Bitte, geh' nicht! Ich kann nicht leben ohne dich! Du BIST mein Leben...“ Trey schluchzte und wimmerte herzzerreißend. „Bitte...Verlass mich nicht...“ Ren fühlte, wie die warmen Tränen des Blauhaarigen seinen Bauch hinab liefen. Er hob seinen linken Arm, legte seine Hand auf den blauen Schopf und streichelte sanft durch die dicken Strähnen. Daraufhin wurde das Schluchzen nur noch lauter und Treys klammernde Umarmung wurde noch fester, als sie ohnehin schon war. Interpretierte der Biologe dies als Geste des Abschieds? Vermutlich. Rens Blick war nach oben gerichtet. Mit einem verträumten Lächeln auf dem Gesicht starrte er an die weiße Zimmerdecke, während er immer wieder zärtlich durch das blaue Haar streichelte. Er war so erleichtert. Trey hatte immer noch Gefühle für ihn. Nicht wie ein Vater für seinen Sohn, sondern wie ein Mann für seinen Liebhaber. Er sah ihn nicht als Sohn, genauso wenig, wie Ren IHN als Vater sah. Am liebsten hätte Ren den Anderen nach dessen Antwort sofort in die Arme geschlossen, doch er hatte sich zurückgehalten. Er wollte ihn zappeln lassen. Das war die Strafe dafür, dass er ihn sein Leben lang angelogen hatte. Dass sich Trey gerade so verzweifelt an ihm festkrallte, dass er solche Angst hatte, ihn zu verlieren, machte Ren glücklich. 'Geschieht dir recht, du Idiot...', dachte er und musste sich fast Mühe geben, ein Kichern zu unterdrücken. Er legte Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand unter das tropfende Kinn des Blauhaarigen und wollte es hochziehen, was dieser allerdings nicht zuließ. Trey presste sein Gesicht nur noch fester gegen den Bauch des Teenagers und krallte seine Arme noch enger um diesen. Rens Oberkörper schmerzte bereits wegen der viel zu festen Umklammerung, doch das war nicht schlimm. Im Gegenteil. Es war ein guter Schmerz. Ren ging langsam in die Hocke, sodass Trey sein verweintes Gesicht gezwungenermaßen von ihm lösen musste. Seine Arme löste er jedoch um keinen einzigen Millimeter. Der Chinese legte seine Hände an die nassen Wangen des Größeren und zwang diesen, ihm in die Augen zu sehen. Trey hatte mit jedem möglichen Gesichtsausdruck gerechnet, doch nicht mit dem sanften, liebevollen Lächeln, das sich aus Rens Gesicht abzeichnete. „Richtige Antwort...“, flüsterte dieser und ehe der Blauschopf realisierte, was der Jüngere ihm gerade gesagt hatte, spürte er, wie seine Lippen von denen Rens umschlossen wurden. Vor Schock hatte Trey aufgehört zu weinen. Mit weit aufgerissenen Augen zog er seinen Kopf ein Stück zurück. „R-Ren...W-Was-“ Doch er wurde unterbrochen, denn sofort drückte Ren seine Lippen erneut auf seine eigenen, dieses Mal fester und energischer. Ohne zu fackeln schob der Gelbäugige seine Zunge in die Mundhöhle des Anderen, drückte seinen Körper näher an diesen und legte seine Arme eng um dessen Schultern. Trey konnte es kaum glauben. Ren küsste ihn. Er küsste ihn genauso, wie er es vor 14 Jahren tat. Dieser süße Geschmack, dieser herbe, einzigartige Duft, diese weiche, seidige Haut...All das löste ein wahres Feuerwerk der Gefühle ihn ihm aus. So sehr hatte er seinen Freund vermisst. So sehr hatte er sich nach ihm gesehnt. Doch er war nicht mehr sein Freund. Er war doch sein Sohn. Er hatte ihn doch adoptiert und großgezogen. Das hier müsste sich doch eigentlich falsch anfühlen. Doch das tat es nicht. Es fühlte sich so richtig an. Jahrelang hatte Trey versucht, seine Gefühle zu unterdrücken, sie in den Tiefen seines Herzens einzusperren, sie nicht mehr zuzulassen. Er wollte seinen Freund Ren vergessen, und nur noch seinen Sohn Ren sehen. Doch er hatte versagt. Er konnte nicht mehr. Mit beiden Händen griff er sanft den Kopf des Chinesen, zog ihn ein kleines Stück von seinen Lippen und sah tief in die wunderschönen, goldenen Katzenaugen, in die er sich vor langer Zeit auf den ersten Blick verliebt hatte. „Ich liebe dich so sehr, Ren...“, hauchte er leise, während sich erneut Tränen in seinen Augenwinkeln sammelten. Ren lächelte. Das waren die Worte, nach denen er sich gesehnt hatte. „Ich liebe dich auch, Trey...“ Damit umschloss er die Lippen des Blauschopfes erneut. Sie verfielen in einen innigen, leidenschaftlichen Kuss. Doch das reichte Ren nicht. Er verlagerte sein Gewicht nach vorn und zwang den knienden so, sich auf den Boden zu setzen. Treys Rücken lehnte an dem Sessel, seine Hose wurde nass und klebrig, da er sich genau in die Kaffeepfütze gesetzt hatte, die sich auf dem Boden ausgebreitet hatte. Doch das kümmerte ihn nicht. Hastig zog Ren das T-Shirt des Blauhaarigen über dessen Kopf, setzte sich breitbeinig auf dessen Oberschenkel und öffnete ungeduldig Gürtel und Hose des Anderen. Trey wehrte sich nicht dagegen, im Gegenteil. Er wollte es genauso sehr, wie Ren. Eine beachtliche Beule hatte sich in seinem Schritt gebildet, und auch das Glied des Gelbäugigen war längst einsatzbereit. Ren befreite den zu voller Größe geschwollenen Penis Treys aus der viel zu engen Hose, was diesen erregt zusammenzucken ließ. Der Teenager sammelte etwas Speichel in seinem Mund, spuckte ihn in seine rechte Hand und befeuchtete damit die Männlichkeit des Blauschopfes, bevor er seine Hüften anhob und sich über dieser positionierte. Erschrocken fragte Trey: „Warte! Willst du nicht erst-“ „-Nein“, unterbrach Ren. Er wollte kein Vorspiel. Er konnte nicht warten. Er wollte Trey in sich spüren, sich mit ihm verbinden, eins mit ihm werden...Viel zu lange, hatte er hierauf warten müssen. „Es ist okay, wenn es wehtut...“ Treys besorgten Blick ignorierend ließ sich Ren in einer schnellen Bewegung hinab und nahm mit einem einzigen Ruck die gesamte Länge seines Partners in sich auf. Dieser zog scharf die Luft ein, und auch Ren biss die Zähne zusammen. Der brennende Schmerz war nicht gerade gering, doch das war okay. Auch dieser war ein guter Schmerz, denn er zeigte dem Teenager, dass er endlich das hatte, was mehr als alles andere haben wollte... Ohne zu zögern begann Ren damit, seine Hüften anzuheben und sich immer wieder schnell und hart auf das steife Glied sinken zu lassen. Der Raum war erfüllt von erregtem Seufzen, Stöhnen und dem Duft von Lustschweiß. Mit glasigen, halb geöffneten Augen betrachtete Trey Ren. Dieser hatte die Augen geschlossen, ein roter Schimmer lag auf seinen blassen Wangen, sein Mund war einen Spalt geöffnet und verwöhnte die Ohren des Blauhaarigen sekündlich mit den schönsten Klängen, von denen er gedacht hatte, dass er nie wieder in den Genuss kommen würde, sie hören zu dürfen. Allein davon hätte er schon kommen können. Treys Blick senkte sich ein wenig und blieb an der Brust seines geliebten Freundes hängen. Verträumt streckte er seinen Arm aus, legte seine flache Hand auf ihr ab und streichelte zärtlich über die athletischen Brustmuskeln des Studenten. Die Haut war feucht von Schweiß, sie war blass, zart und seidig, und...makellos. Kein Muttermal, keine einzige Unreinheit, keine Narbe. Geistesabwesend zeichnete Trey mit seinen Fingern die riesige Narbe nach, die sich früher auf dieser wunderschönen Brust erstreckt hatte. Was genau er dabei fühlte, hätte Trey nicht sagen können, wenn man ihn danach gefragt hätte. Allerdings konnte er auch nicht näher darüber nachdenken, da Ren den Rhythmus plötzlich stark beschleunigte. Sein Stöhnen wurde lauter und unregelmäßiger. Der Größere fühlte, dass Ren kurz vorm Orgasmus war, und ihm selbst ging es genauso. Er legte seine Hand um das zuckende Glied des Chinesen und pumpte es schnell, was diesen nur wenige Sekunden später zum Höhepunkt brachte. Mit einem lauten Stöhnen ergoss er sich in Treys Hand. All seine Muskeln zogen sich zusammen, wodurch die heiße Ende noch um einiges enger wurde. Dies brachte auch den Blauschopf endgültig zum Orgasmus. Ebenfalls mit einem lauten, kehligen Stöhnen ergoss er sich in Ren. Erschöpft sackte dieser leicht zusammen, beide atmeten schwer und unregelmäßig. Erneut umschlossen sie gegenseitig ihre Lippen, mussten den Kuss jedoch schnell beenden, da sie beide Luft brauchten. Zufrieden ließ Ren sich auf den muskulösen Oberkörper des Dreißigjährigen hinab und verteilte ein paar zarte Küsse auf dessen Schlüsselbein, bevor er seinen Kopf auf der starken Schulter ablegte. Sanft streichelte Trey Rücken und Nacken des Gelbäugigen. Eine ganze Weile saßen sie so da, genossen die Nähe und die Wärme des jeweils Anderen und wünschten sich insgeheim, dass dieser Moment niemals enden würde. Ren schloss die Augen und lauschte dem schnellen Herzschlag Treys, der sich langsam wieder normalisierte. Als er heute Mikis Apartment verlassen hatte, um sich auf den Weg hier zu machen, hätte er es nicht für möglich gehalten, dass es ihm so leicht fallen würde, Trey zu verzeihen. Allerdings hätte er niemals gedacht, dass ihr Gespräch SO enden würde. Er war so glücklich. Auch wenn er es nach wie vor für falsch hielt, dass der Blauschopf ihn die ganzen Jahre über angelogen hatte. Es wäre viel besser gewesen, wenn er von Anfang an mit offenen Karten gespielt und Ren die Wahrheit erzählt hätte, fand der Teenager jedenfalls. Aber vielleicht war er auch einfach noch zu jung. Vielleicht würde er ja eines Tages verstehen, wieso Trey damals diese Entscheidung getroffen hatte... „Wir sollten wegziehen“, schlug Ren leise vor. „Ja“, bestätigte Trey sofort. Für sie beide stand fest, wie es nun mit ihnen weitergehen würde. Doch ihr Umfeld kannte sie als Vater und Sohn. Hier konnten sie nicht bleiben. Ihre Freunde würden es sicher verstehen, doch wie sollten sie all den anderen, die ihre Geschichte nicht kannten, erklären, dass sie nun ein Liebespaar waren? Und eine geheime Beziehung kam für sie nicht in Frage. Eine Lüge hatten sie viel zu lange gelebt. Trey dachte nach. Zuerst waren er und Ren bittere Feinde, und haben sich ineinander verliebt. Dann waren sie Vater und Sohn, und haben sich trotzdem ineinander verliebt. Schon verrückt, oder? „Ren?“ „Hm?“ „Glaubst du, wir sind füreinander bestimmt?“ Ren öffnete langsam die Augen, stützte sich auf und lächelte Trey ins Gesicht. Er verstand genau, was der Blauhaarige mit dieser Frage meinte. Sein Lächeln verzog sich zu einem leichten Grinsen, als er einmal mit den Schultern zuckte und antwortete: „Wer weiß...?“ Beide kicherten leise, bevor Trey sich nach vorn beugte und erneut die Lippen des Teenagers in Besitz nahm. Dieser erwiderte den Kuss nur zu gern. Ein leidenschaftlicher Zungenkuss entflammte. Doch bevor Trey sich endgültig in dem heißen Kuss verlieren konnte, hörte er plötzlich ein Kichern. Er riss die Augen auf. Er kannte dieses Kichern. Er hätte es unter tausenden wieder erkannt. Er wollte sich von Ren losreißen und sich umsehen, doch es ging nicht. Er konnte sich nicht bewegen. Er war wie gelähmt. Ren schien nichts zu bemerken. Umschlossen von einem warmen, immer greller werdenden Licht küssten die beiden sich einfach weiter, als wäre die Zeit stehengeblieben. Trey musste die Augen schließen, zu sehr blendete das Licht. Plötzlich sah er trotz seiner zusammengekniffenen Augen, dass die Umgebung wieder dunkler wurde. Es wurde kälter und stickiger. „SHH!“ Trey und Ren rissen gleichzeitig die Augen auf und lösten erschrocken ihren Kuss. „Mist, sie haben uns gesehen!“ 'W-Was...? Was ist-' Völlig perplex starrte Trey Ren an. Er sah jünger aus. Sie waren nicht mehr in ihrem Haus. Der Chinese war rot wie eine Tomate und blickte verschämt zur Seite. „Sorry Jungs, wir wollten euch echt nicht stören...Tja, ich würde sagen, ich habe gewonnen! Ich habe doch gesagt, dass aus den beiden ein Paar wird!“ Hektisch blickte der Blauhaarige sich um. Steinerne Wände. Sie waren in dem Haus, in dem sie während der zweiten Runde des Schamanen-Turniers in Doby Village gewohnt hatten. Ren saß auf der hölzernen Kommode des Schlafzimmers. Er trug seine Hose und Schuhe, nur sein Oberkörper war unbekleidet. Trey stand zwischen seinen Beinen. Er sah zum Fenster, an dem ihre Freunde in einer Reihe standen und breit grinsend zu den beiden hineinschauten. Sie waren alle so jung. Diese Situation... „Ich bin wie immer tief beeindruckt von deiner ausgezeichneten Menschenkenntnis, Meister Yoh!“ 'D-Das...Das kann nicht sein...' Trey sah an sich herab. Er trug seinen Kampfanzug. Er war kleiner und schmaler als noch vor einigen Sekunden. „Und ich habe dich für verrückt erklärt, als du das gesagt hast...Das hätte ich wirklich nicht gedacht...“ „Ja...Ich meine, dass Trey auf Ren steht, war ja klar, aber das er Ren tatsächlich rumbekommt, hätte ich auch nicht für möglich gehalten...“ „W-Was...Was ist hier los?!“, fragte Trey verwirrt. „Die viel wichtigere Frage ist doch: Wieso treibt ihr zwei es auf der Kommode, wenn direkt neben euch ein gemütliches Bett steht?!“ „Wir haben uns gewundert, dass du nach Ren auch direkt abgehauen bist...Da haben wir uns Sorgen gemacht und wollten nur sehen, ob alles okay ist...“ Als der Blauschopf seinen Blick wieder auf Ren richtete, fiel endlich der Groschen: 'Die Narbe...' Die Narbe auf Rens Brust, die Narbe, an der ER schuld war...Sie war wieder da. Es war die Nacht nach dem Sieg über Zeki und seine Gefolgschaft. Die Nacht, in der er Ren seine Liebe gestanden hatte. Der Kuss, aus dem sie gerade gerissen wurden, war ihr allererster gewesen. Trey streckte seinen Arm aus und zog mit seinen Fingern die Narbe auf Rens Brust nach. Er musste wissen, ob sie wirklich da war, oder ob er nur träumte. Sie war da. Er spürte deutlich das raue Narbengewebe unter seinen Fingern. „Wir sind wieder zurück...“, flüsterte er, mehr zu sich selbst, als zu Ren. Dieser realisierte ohnehin nicht, was gerade geschah; er sah aus, all würde er vor Scham jeden Moment ohnmächtig werden. Trey konnte seine Tränen kaum zurückhalten. Hier saß tatsächlich Ren vor ihm. Der fünfzehnjährige Ren, bevor er verzaubert worden war. Ohne sich darum zu scheren, dass seine Freunde am Fenster standen und zusahen, schloss er den Chinesen in seine Arme und drückte so fest zu, dass der Kleinere kaum noch atmen konnte. „Ren...Ich bin so froh...“, flüsterte er in dessen Ohr, was in dessen Gesicht nur noch mehr Schamröte verursachte. Das kollektive „Aw...wie niedlich!“, seiner Freunde bekam der Sechzehnjährige kaum mit. „Das ist so ergreifend!“, rief Ryu mit Tränen der Rührung in den Augen. „Ich denke, wir sollten Romeo und Romeo jetzt nicht länger stören...“, sagte Manta, was die Übrigen durch ein Nicken bestätigten. „Ich wette eine Silbermünze, dass einer von beiden noch heute Nacht zur Julia gemacht wird, haha!“, hörte man Joco noch beim weggehen lachen, woraufhin Yoh grinsend erwiderte: „Wollen wir darauf wetten, WER von beiden die Julia sein wird?“ „Es macht doch keinen Spaß auf etwas zu wetten, dass so offensichtlich ist, Yoh...“, kommentierte Lyserk lächelnd. „Hm, auch wieder wahr...“ Die Stimmen der Jungs wurden immer leiser, bis sie schließlich nicht mehr zu hören waren. Ren hatte nun tatsächlich beinahe das Bewusstsein verloren, er wäre am liebsten im Erdboden versunken. Trey dagegen hatte gar nicht zugehört. Er klammerte sich immer noch so fest an Ren, als ob er befürchtete, jemand könnte ihn aus seinen Armen reißen wollen. „Hihi...“ Der Blauhaarige riss die Augen auf. Da war es wieder: Das Kichern! Es kam von draußen. Sofort sprang er zum Fenster und schaute hinaus. Und da sah er es: Das koboldartige Wesen mit den kleinen Flügelchen, es schwebte direkt vor dem Fenster in der Luft und blickte Trey direkt in die Augen. Es wirkte nicht böse oder bedrohlich, eher im Gegenteil. Ein strahlendes Lächeln war auf dem kleinen Gesicht zu sehen. Es schien glücklich zu sein. Obwohl das kleine Kerlchen nicht mit Trey sprach, wusste dieser aus irgendwelchen Gründen, dass das Flügelwesen ihnen nichts tun würde. Für einige Sekunden starrte er in die großen, runden Augen, bevor er leise fragte: „Wieso hast du das getan?“ Doch anstatt zu antworten, hielt es seine kleinen Hände vor seinen Mund, kicherte herzhaft, und verschwand wieder. Es war einfach fort. Es war wie aus dem Nichts gekommen, und genauso auch wieder gegangen. Niemand hat dieses kleine, magische Wesen jemals wieder gesehen... Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)