A Medieval Night von Aphrodi ================================================================================ Kapitel 4: Loving Him [Special] ------------------------------- Sie standen mit ihren Getränken da und schwiegen. Es war immer schwierig mit Lucz, weil er kein großer Redner war. Dann hieß es in der Regel sehr viel selbst zu reden, um die Stille fern zu halten, doch momentan suchte auch Will hartnäckig nach einem Gesprächsthema. Er fand keins. Noch einmal nippte er an seinem Bier, das er gar nicht so gerne mochte, aber er wollte nichts sagen, wo ihm Lucz das Getränk doch besorgt hatte. Alkohol war nicht so sein Ding, doch auf diesem Fest schien es kaum etwas Anderes zu geben und wenn, dann war es für die Kinder, die ganz kleinen. Sie würden ihn sicher auslachen, würde er das trinken. So ohne jeglichen Wortwechsel kam es ihm vor, als würden sie schon Stunden dastehen, dabei mochten es Minuten sein. Es war erdrückend. Die Musik, die zu spielen begann, machte es etwas angenehmer, wie er fand. Sie war heiter und stimmungsvoll, vor allem aber schneller als die, die er von seinen Festen gewohnt war. Ein paar Kinder liefen hastig und lachend an ihnen vorbei, kreischten vergnügt. Er stolperte ein wenig zur Seite und stieß unabsichtlich gegen Lucz, schaute ihnen dann aber mit einem Lächeln nach, als der erste Schreck verflogen war. „Tut mir leid“, sagte er vorsichtig und machte einen Schritt zur Seite. „Macht nichts“, offenbarte Lucz, dann herrschte wieder Stille. Es war unfassbar unangenehm, doch er fand nichts, was er sagen konnte, ohne zu lügen. Und sich über das Bier zu unterhalten klang ohnehin nach einem furchtbaren Gesprächsthema.   „Lucz!“ Der Ausruf des Namens reichte, um böses zu verkünden. Es waren zwei Mädchen, die auf sie zu kamen. Will dachte im ersten Moment, es wären die jungen Frauen, die er vorher gesehen hatte, aber sie waren es nicht. Stattdessen sahen sie noch jünger aus. „Tanz mit uns!“, forderte eine von ihnen und die andere nickte freudestrahlend. An Lucz' Blick konnte Will keine Regung feststellen, aber das schien die Mädchen nicht davon abzuhalten, die Hand des Bauers mit beiden Händen zu ergreifen. Lucz ließ sich nicht mitziehen. Wills Augen weiteten sich, als er sich los machte, genau wie die Augen der Mädchen. „Ich tanze schon mit ihr“, sagte Lucz trocken und es dauerte daraufhin einen Moment, bis Will realisierte, wen er meinte. Ihn. Kurz stockte er, dann entgleiste ihm das Gesicht. Die beiden Mädchen sahen ihn böse an. Da war er jetzt in etwas hereingerutscht, das er so gar nicht geplant gehabt hatte. Entschuldigend sah er zu den beiden Mädchen, die mit beleidigter Miene und einer Schmollschnute davon stampften. Wortlos starrte Will Lucz an, der völlig unbekümmert von seinem Bier trank. „Das war aber ganz schön gemein“, merkte Will verunsichert an, lächelte ein wenig schief und blickte auf sein Bier. Natürlich hatte er das nur gesagt, damit die Mädchen abzogen, nicht wahr? In Lucz' Augen sah Will förmlich Fragezeichen Tanzen. „Ich meine das ernst“, erklärte er schließlich, als wäre es selbstverständlich. Wills Herz fing an einen Takt schneller zu schlagen. Er meinte das wirklich ernst? Er wollte mit ihm tanzen? „Du willst tanzen? Mit mir?“ „Mit wem denn sonst?“, fragte Lucz amüsiert, nahm noch einen Schluck von seinem Bier und stellte den Krug dann auf dem Tisch nebenan ab. Bestimmend nahm er auch Will den Krug aus der Hand, stellte ihn dazu und griff dann seine Hand. „Aber ich kann doch gar nicht tanzen. Jedenfalls nicht-“   Es half nicht. Lucz zog ihn längst mit in Richtung der tanzenden Menschen, hatte seine Hand fest gedrückt. Hilflos kam Will ihm nach. Er musste zugeben, dass es nach sehr viel Spaß aussah, wie sie tanzten, aber er wusste doch gar nicht, was er tun musste. Am Kreis angekommen sah Lucz ihn mit festem Blick an. „Ich pass auf dich auf. Schau einfach, was die anderen Mädchen neben dir machen, wenn ich nicht da bin.“ Ihm lief ein Schauer den Rücken herunter, heiß, kalt, ein Kribbeln zog sich durch seine Bauchgegend. Es war unfassbar anziehend, wenn Lucz so war. Trotzdem besorgten ihn seine Worte auch. Wenn er nicht da war? Lucz reihte sich zwischen zwei Männern ein und folglich dessen musste er sich zwischen zwei jungen Frauen einreihen. Hilflos sah er zu, was die Damen machten, versuchte Schritt zu halten, wenn sie im Kreis herum tänzelten. Will hatte Schwierigkeiten, die Schrittfolgen zu kopieren, stockte manches Mal, wurde leicht angerempelt, wenn er zu langsam verstand, in welche Richtung er musste. Die Wechsel an Schritten und Tanzrichtung kamen immer so unerwartet, dass er zu Beginn gar kein Muster erkennen konnte. Er musste ein klägliches Bild abgeben. Plötzlich spürte er Hände an seiner Hüfte – Lucz' Hände, so stark. Sie führten ihn, schon wurden seine Bewegungen geschmeidiger. Es fühlte sich unglaublich schön an, in seinen Armen zu liegen und zu tanzen, besser noch, als er es sich vorgestellt hatte. Will hatte sich das tatsächlich gewünscht. Es war wundervoll, aber in dem Moment, wo er auf Wolken schwebte, kam die Ernüchterung hinzu, im selben Moment, wo der Tanz einen Partnerwechsel forderte, er der jungen Dame vor ihm folgen musste und Lucz zurückließ.   Er hätte gerne ewig so mit ihm getanzt.   Ein alberner Wunsch, der nicht zu erfüllen war. Dieses hier würde sein einziges Bauernfest werden, ein kleines Abenteuer, das er spontan angetreten war – so wie damals. Beim Anblick der Leute um ihn herum, wie sie tranken, hemmungslos, wie sie aßen, feierten, wie sie tanzten. Ihm wurde nur noch einmal stärker bewusst, dass sie in zwei völlig unterschiedlichen Welten lebten, in die der jeweils andere nicht gehörte. Der Gedanke stach in seiner Brust. Er gehörte hier nicht hin und Lucz gehörte nicht zu ihm. Warum dann fühlte es sich so richtig an, wenn er mit ihm zusammen war? Warum könnte er ihn nicht einfach mitnehmen, zu einem seiner Feste, ihn allen anderen vorstellen, so wie ihm immer die Verlobten und Ehepartner seiner Bekannten vorgestellt wurden. Er wollte auch eingehakt mit ihm den Saal betreten und als Paar entlang schreiten. Will wollte, dass es jeder wusste, dass alle sie sahen, wie sie glücklich waren. Umso mehr schmerzte das Wissen, dass er diese Momente im Leben nie bekommen würde, nicht bekommen könnte in dieser Gesellschaft, in der sie lebten. Hinzu kam die Angst, dass Lucz irgendwann heiraten würde, dass er selbst heiraten müsste.   Es wäre schön gewesen, könnten sie ewig tanzen, ohne Sorgen. Sie könnten für immer zusammen sein. Der nächste Partnerwechsel brachte ihn in Lucz' Arme zurück und ließ sein Herz erneut vor Freude schneller schlagen. Für diesen Abend konnten sie das Paar sein, dass er sich immer vorgestellt hatte. Nun, nicht ganz. In seiner Vorstellung trug er keine Frauenkleider. Als ihm Lucz in die Augen sah, badete er vollends in Glück.   Leider endete der Tanz doch, natürlich tat er das. Er hakte sich sofort bei Lucz ein, als hätte er Angst haben müssen, ihn nach diesem Tanz wieder zu verlieren. Natürlich war das nicht der Fall, zumindest nicht sofort. Sie zogen vorbei an den eifersüchtigen Blicken der Mädchen, zurück zu ihren Bierkrügen. Lucz nahm einen großen Schluck, während Will sich ebenfalls dazu durchrang, einen größeren Schluck zu nehmen als sonst. Tanzen machte eben durstig, da war es egal, ob es schmeckte oder nicht, solange es die Kehle befeuchtete.   „Mit ein bisschen mehr Übung kannst dus beim nächsten Mal bestimmt“, sagte Lucz und sofort wäre Will gerne beschämt im Boden versunken. Er war nicht gut gewesen, das wusste er. Und natürlich hatte Lucz es auch bemerkt. Wie hätte er es auch übersehen können. „Beim nächsten Mal...“, murmelte er, den Blick senkend. „Es wird kein nächstes Mal geben.“ Lucz schwieg, ebenso tat er es. Eine Hand strich über Wills Wange, ließ ihn den Blick heben. Er sah Lucz ins Gesicht, in seine Augen, lehnte sich sachte gegen die Berührung.   „Dann machen wir daraus einen Abend, der unvergessen bleibt“, schlug Lucz vor – wobei oft Vorschläge von Lucz eher Gesetz waren als die Suche nach Zustimmung. Nicht, weil er ein tyrannischer Herrscher war, sondern weil seine Vorschläge einfach sinnvoll und richtig erschienen. Auch jetzt konnte ihm Will nicht widersprechen. „Das wäre schön“, sagte er leise, aber fest entschlossen. Er würde diesen Abend nie vergessen wollen. Seine Augen fielen ein Stück zu, sein Blick fiel auf Lucz' Lippen. Er hörte das dumpfe Geräusch des Bierkrugs, der auf Holz abgestellt wurde, spürte eine Hand an seiner Hüfte, die zu seinem Rücken wanderte. Lucz zog ihn näher. Will schloss die Augen, während er sich an ihn schmiegte, blind ebenfalls den Krug abstellte, spürte Lucz' Lippen auf seinen. Eine Hand strich durch seine Haare im Nacken. Sie küssten sich in aller Öffentlichkeit, erst zart, gefühlvoll, dann leidenschaftlicher. Und niemand sagte etwas dagegen.   Für diesen einen Abend konnte er das sein, was er die ganze Zeit über wollte, immer wollen würde. Er war an Lucz' Seite, ohne Heimlichtuerei. Und er war glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)