A Medieval Night von Aphrodi ================================================================================ Kapitel 1: Dressed Up For Him ----------------------------- Dank der Arbeit, die ihn ablenkte, verging die Zeit für Will wie im Flug. Als er sich endlich bereit für das Fest machen wollte, stand er allerdings ratlos vor seinem Kleiderschrank. Er hatte gar nicht daran gedacht, was er anziehen sollte. Ohne schlecht gegen die bäuerliche Gesellschaft reden zu wollen, aber es war kein Geheimnis, dass es zwischen ihren Kleidern einen sichtbaren Unterschied gab. Die Art der Stoffe, ihre Qualität, ihre Farben und Schnitte. War es naiv, nicht auffallen zu wollen unter den Bauern? Irgendwer erkannte ihn sicher trotzdem, egal in was für Kleider er sich auch hüllen würde. Den feinen Zwirn, den er sonst zu Festen trug, konnte er gleich ausschließen. Und seine Alltagskleidung war... Sie fühlte sich so unfestlich an. Und auch nicht überall waren kleine oder große Flecken Blut wieder vollständig rausgegangen. Blutende Wunden waren eigentlich nicht einmal sein Gebiet, doch Will half natürlich, wo er konnte. Lucz hatte ihm schon das ein oder andere Kleidungsstück gekostet.   Seine Schwester half ihm schließlich etwas auszuwählen, das irgendwie tauglich aussah. In Wills Augen war es immer noch etwas zu viel, zu hübsch, zu edel, aber es half nichts. Er hatte nichts Anderes und er hatte schon auf die Jacke verzichtet, die normalerweise dazu getragen wurde. Das Hemd jedoch war schon auffällig genug, auch wenn es das schlichteste war, das er hatte. Und das, mit lediglich Rüschen an den Ärmelabschlüssen... „Du siehst gut aus, Brüderchen!“, kommentierte seine Schwester stolz auf sich und ihre Kleiderauswahl. „Aber etwas fehlt noch.“ Will stutzte, als sie das Wühlen anfing. Schließlich entdeckte er die Haarnadeln, die sie zwischen den Fingern hielt. „Was hast du vor?“ Die Unsicherheit war in seiner Stimme deutlich hörbar. „Deine Haare, ich finde, du könntest sie heute einmal anders tragen.“ Oft trug er sie zu einem Zopf gebunden, selten ganz offen, aber das war dann auch schon alles an Varietät, die er zu bieten hatte. Er war eben ein Mann, und- Schon stellte seine kleine Schwester sich auf einen Schemel und begann, ein paar Haarsträhnen abzuteilen. Sein geplanter Protest schaffte es nicht über die Lippen. Mit zwei geflochtenen Strähnen, die an seinem Hinterkopf zusammenliefen und dort festgesteckt waren, stand er vor dem Spiegel und betrachtete sich. Ein paar frische Blumen steckten zwischen dem Flechtwerk, der Rest seiner Haare war offen – leicht gelockt wie üblich. Ob Lucz das gefallen würde? Er hoffte es inständig.   Unauffällig begab er sich an den Rand der Stadt, wo er schon von regem Treiben begrüßt wurde. Es waren noch Leute unterwegs, die Essen in Körben und Kisten bei sich trugen – Brote, Käse, auch Getränke und Fleisch waren dabei. Hocker wurden getragen oder ganze Sitzbänke. Jeder brachte etwas mit und er hatte nichts in seinen Händen. Schon kam er sich blöd vor. Von weitem konnte Will eine Rauchfahne sehen, die nicht allzu weit entfernt empor stieg. Er war fast da. Und die Blicke der anderen Männer und Frauen töteten ihn jetzt schon innerlich so sehr, dass er kurz davor war, wieder umzudrehen... Sie waren nicht böse, so sahen sie jedenfalls nicht aus. Aber wann immer er angesehen wurde, hüpfte ihm sein Herz in die Unterhose. Er hatte Angst, dass sie etwas merkten, dass sie wussten, wer er war – keiner von ihnen und damit unberechtigt hier zu sein. Wieder kam ihm in den Sinn, wie dumm und verrückt diese Idee überhaupt erst gewesen ist. Trotzdem lief er nicht davon.   Am Platz angekommen, herrschte schon reges Treiben. Es standen Tische bereit, auf denen sich allerlei Essen befand. Von einem Karren wurden Bierfässer verladen, Wein konnte Will ebenfalls erkennen. Eine Feuerstelle war ein bisschen weiter hinten zu finden, über der Grillfisch gegart wurde. Fisch sah Will überhaupt sehr viel, aber das war kein Wunder, wo dieser einen Großteil der Ernährung in ihrer Hafenstadt ausmachte.   „Ich will unbedingt mit Lucz tanzen, heute wirklich!“, hörte Will eine Stimme ankündigen, ein Kichern, dann ein entsetzter Laut. Er drehte den Kopf und erblickte zwei junge Frauen, die sich tatsächlich herausgeputzt hatten, wie es von seiner Schwester angekündigt worden war. „Was? Aber ich will!“ „Dann stell dich hinten an!“   Will lächelte müde, er hätte es ja wissen müssen. Lucz war tatsächlich beliebt bei den Bauerndamen. Er war eben ein Held, die waren bei Frauen immer sehr beliebt. Er war stark, groß, geheimnisvoll, mutig... Die Liste war lang und bevor sich Will noch komplett in seiner Schwärmerei verlor, begab er sich wieder ins Hier und Jetzt.   Er hatte ein Problem.   Würde er Lucz in diesem Aufzug vom Tanzen mit diesem Mädchen abhalten wollen, ginge das wohl nur, indem er ihn selbst dauerhaft belagerte. Als Mann konnte er allerdings nicht mit ihm tanzen, jedenfalls nicht, ohne groß für Aufsehen zu sorgen. Das wiederum war nichts, was er wollte. Will seufzte schwer. Vielleicht hatte er ja Glück und Lucz tanzte nicht, vielleicht konnten sie sich gemeinsam davor drücken, denn Will kannte keinen einzigen bäuerlichen Tanz. Während er noch etwas verloren im Getümmel stand und scheinbar als einziger keine Aufgabe hatte, nichts zu tun wusste, erblickte er ihn. Lucz. Eilig, ganz von alleine, trugen seine Beine ihn zu ihm. Als er sich schließlich zu ihm drehte, ihn ankommen sah, wurde Will wirklich ein wenig nervös. Was würde er dazu sagen, dass er hier war? Würde er es gut finden? Oder würde er ihn wegschicken? „Du?“, fragte Lucz erst einmal und blickte sich schließlich prüfend um. Will nickte wortlos, als er ihm wieder ins Gesicht sah. Er bemerkte den musternden Blick – es verunsicherte ihn nur noch mehr. Musste er so genau hingucken? Und was ging in seinem Kopf vor? „Mut hast du ja...“ Gut. Oder schlecht? Will lächelte schwach bei dem Kompliment. „Ich wollte dich sehen“, erklärte er und senkte den Blick. Ihm war das schwache Lächeln auf dem Gesicht festgefroren. „Ich wollte einen Teil deiner Welt sehen.“   Wieder schwieg Lucz. Will hob den Kopf, sah ihm ihm die Augen, suchte darin nach unausgesprochenen Worten. Finden tat er keine, stattdessen verlor er sich einen Moment in ihnen. Er bemerkte es erst, als er eine Hand an seinem Kopf spürte, die ihn kurz die Haare herunter strich und an einer der Blumen Halt machte. „Es steht dir, Salat“, sagte Lucz ruhig, ließ das zierliche Pflänzchen wieder los, zog die Hand zurück. „Pflanzen und du passen zusammen.“ Da war er wieder, der Spitzname, den er schon eine ganze Weile nicht mehr gehört hatte. So wenig liebevoll er klang, so schnell hatte er sich damals daran gewöhnt, so genannt zu werden. Es war seine Haarfarbe, die ihm diesen Namen eingehandelt hatte und es beruhigte ihn schlagartig ungemein, war das doch ein Kompliment? „Meine Schwester hatte die Idee. Ich dachte, es wäre ein bisschen zu...kitschig. Unpassend, irgendwie“, druckste er herum, kratzte sich an der Wange aus purer Verlegenheit. „Sie hat ein gutes Händchen. Komm, ich besorg dir ein Getränk.“ Im gleichen Moment spürte er Lucz' Hand auf seinem Rücken, ihn sachte schiebend.   Die erste Hürde war überwunden. Will hoffte, dass der Rest des Abends ebenso gut verlaufen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)