A Medieval Night von Aphrodi ================================================================================ Kapitel 2: Dressed Up For Him [Special] --------------------------------------- Dank der Arbeit, die ihn ablenkte, verging die Zeit für Will wie im Flug. Als er sich endlich bereit für das Fest machen wollte, stand er allerdings ratlos vor seinem Kleiderschrank. Er hatte gar nicht daran gedacht, was er anziehen sollte. Ohne schlecht gegen die bäuerliche Gesellschaft reden zu wollen, aber es war kein Geheimnis, dass es zwischen ihren Kleidern einen sichtbaren Unterschied gab. Die Art der Stoffe, ihre Qualität, ihre Farben und Schnitte. War es naiv, nicht auffallen zu wollen unter den Bauern? Irgendwer erkannte ihn sicher trotzdem, egal in was für Kleider er sich auch hüllen würde. Den feinen Zwirn, den er sonst zu Festen trug, konnte er gleich ausschließen. Und seine Alltagskleidung war... Sie fühlte sich so unfestlich an. Und auch nicht überall waren kleine oder große Flecken Blut wieder vollständig rausgegangen. Blutende Wunden waren eigentlich nicht einmal sein Gebiet, doch Will half natürlich, wo er konnte. Lucz hatte ihm schon das ein oder andere Kleidungsstück gekostet.   Seiner Mutter sei Dank – oder besser gesagt ihrem Kleiderschrank – fand Will schließlich doch noch etwas zum Anziehen. Es war sowieso sicherer, als Frau zu gehen, denn wenn er als Mann dort auftauchte, könnte er in aller Öffentlichkeit kaum etwas mit seiner Anwesenheit anfangen. Sich mit Lucz unterhalten, das könnte er, aber er wollte viel mehr als nur das. Er wollte den Abend mit ihm verbringen und das beinhaltete auch, mit ihm tanzen zu können. Mit niemand anderem wollte Will das. Seine kleine Schwester half ihm dabei, seine Haare zu flechten, so wie es bei den Mädchen und Damen gerade angesagt war. Bei Schminke allerdings hörte es dann auf. Die Frauen auf den Festen, die er sonst besuchte, gaben sehr viel darauf, sich zu schminken und herauszuputzen, aber Will bezweifelte, dass die verarmten Bauern sich davon viel leisten konnten. In dem Moment hatte das Mädchen aber schon Mamas Kommode geplündert.   „Ich denke, das brauchen wir nicht“, sagte Will betont bei dem Anblick der Schminke, was seine Schwester eine Schmollschnute auf das Gesicht malte. „Natürlich brauchen wir das!“, verkündete sie trotzig und war offensichtlich bereit dazu, ihn als lebende Schminkpuppe zu missbrauchen. Verunsichert blickte er noch einmal die Schminke an. Er hatte zugegeben keine Ahnung, was sich in all den Tiegeln verbarg. „Die Mädchen auf den Feldern wissen sich doch zu helfen. Ich habe gehört, sie benutzen Blut, um ihre Wangen zu färben und Kohlestückchen für die Augen. Mama hat das mal gesagt.“ Und wenn Mama das sagte, dann stimmte das. Eher skeptisch sah er auf die Schminke – würde das nicht albern sein? Was würde Lucz darüber denken? Was, wenn er das abstoßend fand? Er kam gar nicht mehr zum protestieren, als das Mädchen anfing, ihm mit dem Pinsel die Wangen rosig zu pudern. Dann gab es kein Zurück mehr. Als er sich schließlich aus dem Haus schlich, war er hübsch zurecht gemacht, allerdings anders, als er sich das vorher vorgestellt hatte. Unsicher griff er an eine der Blumen, die in sein Haar gesteckt worden waren. Ob ihn Lucz erkennen würde? Ein bisschen hoffte er ja, dass das nicht der Fall wäre...   Unauffällig begab er sich an den Rand der Stadt, wo er schon von regem Treiben begrüßt wurde. Es waren noch Leute unterwegs, die Essen in Körben und Kisten bei sich trugen – Brote, Käse, auch Getränke und Fleisch waren dabei. Hocker wurden getragen oder ganze Sitzbänke. Jeder brachte etwas mit und er hatte nichts in seinen Händen. Schon kam er sich blöd vor. Von weitem konnte Will eine Rauchfahne sehen, die nicht allzu weit entfernt empor stieg. Er war fast da. Und die Blicke der anderen Männer und Frauen töteten ihn jetzt schon innerlich so sehr, dass er kurz davor war, wieder umzudrehen... Sie waren nicht böse, so sahen sie jedenfalls nicht aus. Aber wann immer er angesehen wurde, hüpfte ihm sein Herz in die Unterhose – oder eher in die seiner Mutter... Er hatte Angst, dass sie etwas merkten, dass sie wussten, wer er war. Viel schlimmer noch: Dass sie wussten, dass er ein Mann war. Und wieder kam ihm in den Sinn, wie dumm und verrückt diese Idee überhaupt erst gewesen ist. Trotzdem lief er nicht davon.   Am Platz angekommen, herrschte schon reges Treiben. Es standen Tische bereit, auf denen sich allerlei Essen befand. Von einem Karren wurden Bierfässer verladen, Wein konnte Will ebenfalls erkennen. Eine Feuerstelle war ein bisschen weiter hinten zu finden, über der Grillfisch gegart wurde. Fisch sah Will überhaupt sehr viel, aber das war kein Wunder, wo dieser einen Großteil der Ernährung in ihrer Hafenstadt ausmachte.   „Ich will unbedingt mit Lucz tanzen, heute wirklich!“, hörte Will eine Stimme ankündigen, ein Kichern, dann ein entsetzter Laut. Er drehte den Kopf und erblickte zwei junge Frauen, die sich tatsächlich herausgeputzt hatten, wie es von seiner Schwester angekündigt worden war. „Was? Aber ich will!“ „Dann stell dich hinten an!“   Will lächelte müde, er hätte es ja wissen müssen. Lucz war tatsächlich beliebt bei den Bauerndamen. Er war eben ein Held, die waren bei Frauen immer sehr beliebt. Er war stark, groß, geheimnisvoll, mutig... Die Liste war lang und bevor sich Will noch komplett in seiner Schwärmerei verlor, begab er sich wieder ins Hier und Jetzt.   Er hatte ein Problem.   Würde er Lucz in diesem Aufzug vom Tanzen mit diesem Mädchen abhalten wollen, ginge das wohl nur, indem er ihn selbst dauerhaft belagerte. Nur, so sehr er sich das auch wünschte, er konnte nicht tanzen – jedenfalls nicht diese bäuerlichen Tänze. Ob sie schwierig waren? Ob sie sich so sehr unterschieden von denen, die er gewohnt war? Er würde es schneller herausfinden, als ihm lieb war, befürchtete er, doch bevor es dazu kam, sah er ihn. Lucz. Er schluckte und sein Herz fing an zu rasen, schlimmer als sonst. Viel schlimmer. Will zögerte, doch dann straffte er die Schultern und ging auf den jungen Mann zu. In seinem Kopf kreisten so viele Fragen durcheinander umher, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ihm wurde beinahe schwindelig, schlecht war ihm schon. Als sich Lucz' Blick und seiner trafen, schluckte er, bekam den Mund im ersten Moment nicht auf und wich aus, indem er auf den Boden sah. Er bemerkte eine Bewegung seines Gegenübers, presste die Lippen kurz zusammen – und musste feststellen, dass Lucz sich weggedreht hatte und gegangen war. Das... war so nicht geplant gewesen. Hastig und in Panik machte er ein paar Schritte, um zu ihm aufzuschließen, griff seinen Arm. „Warte!“ Das war sein erster Impuls gewesen und als Lucz dann tatsächlich stehen blieb und sich zu ihm wendete, kam kein Ton mehr von ihm. Von dem jungen Bauern kam auch nichts, das verwunderte Will aber auch nicht. Lucz war immer sehr schweigsam gewesen. Es war trotzdem nicht weniger beunruhigend mit diesem Gedanken, denn dass er nichts dazu sagte, dass er hier war, wie er aussah... Und er war einfach gegangen, hatte ihn stehen lassen. Das war, nicht einmal für Lucz, ein gutes Zeichen gewesen.   Will schaute ihm tief in die Augen. Sehr tief, eindringlich, ein stummer Schrei nach einer Reaktion von ihm. „Warum trägst du ein Kleid?“, war die erst einmal einzige Frage, die er von Lucz hörte. Dann spürte er, dass er rot anlief. „Hat- Hat sich so ergeben“, murmelte er und löste den Blick direkt wieder. Er hätte es wissen müssen. Es war eine ziemlich dumme Idee gewesen und jetzt musste Lucz weiß Gott was von ihm halten. Und wieder sagte der Bauer nichts, es war eine viel zu harte Probe für Wills Nerven. Dann bemerkte er, wie Lucz die Hand hob, zuckte ein bisschen zusammen, als sie sich seinem Kopf näherte und nach einer der Blumen griff, die in seine Flechtfrisur gesteckt waren. „Passt zu dir, Salat.“ Da war er wieder, der Spitzname, den er schon eine ganze Weile nicht mehr gehört hatte. So wenig liebevoll er klang, so schnell hatte er sich damals daran gewöhnt, so genannt zu werden. Es war seine Haarfarbe, die ihm diesen Namen eingehandelt hatte und es beruhigte ihn schlagartig ungemein, war das doch ein Kompliment? „Ich hab dich gar nicht erkannt, so wie du zurecht gemacht bist.“ „Das war der Plan, irgendwie. Ich wollte nicht... du weißt schon“, druckste er herum, wie könnte er es hier auch aussprechen? Dann hätte er sich die Mühe gar nicht machen müssen, wenn er heraus posaunte, dass er nicht als Will erkannt werden wollte. „Verstehe. Dann komm, ich besorg dir ein Getränk.“ Im gleichen Moment spürte er Lucz' Hand in seiner und sein Herz machte einen Satz.   Herzukommen war wirklich die beste Entscheidung gewesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)