Das Herz der Drachen von Onlyknow3 (Wiedersehen) ================================================================================ Kapitel 2: Leben und Veränderungen ---------------------------------- Kapitel 02 - 02. Dezember: Leben und Veränderungen Die kleine Wohnung, die Joey sein Zuhause nannte, umfasste zwei Zimmer, eine offene Einbauküche, die nur durch einen Tresen vom Wohnzimmer getrennt wurde, sowie ein kleines Badezimmer. Er wohnte noch nicht sehr lange hier, gerade mal ein halbes Jahr, doch er fühlte sich hier wohl. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er alleine wohnte. Bis vor einem halben Jahr lebte er mit seinem Vater zusammen. Klar, das Leben mit seinem alten Herrn war nie einfach gewesen. Gerade nach der Scheidung und während Joey's Schulzeit hatte der Mann sich gänzlich aufgegeben und war dem Alkohol und der Spielsucht verfallen. Nicht selten reagierte er den Frust an seinem Sohn ab und beschimpfte ihn als Totalversager. Doch nachdem Joey die Zusage für seine Ausbildung hatte, schien sich sein Dad zu besinnen. Er hörte auf zu trinken - was gerade am Anfang enorm schwer gewesen war - und suchte keine Casinos mehr auf. Fast schien es dem Blonden, als würde sich sein alter Herr ein Beispiel an ihm nehmen. All die bissigen Kommentare, die er früher von ihm zu hören bekommen hatte, verschwanden aus dem Alltag des jungen Mannes. Stattdessen begann sein Vater ihn zu ermutigen und seinen Stolz auszudrücken. Schließlich hatte er sogar wieder Arbeit gefunden. Man hätte sagen können, dass es gar nicht besser hätte laufen können! Joey war glücklich endlich einen 'richtigen' Vater zu haben. Einen Vater, der sich um ihn kümmerte, ihn unterstützte und bei dem er sich immer wieder Rat einholen konnte. Doch wie so oft im Leben währte das Glück nicht lange! Vor anderthalb Jahre bemerkte Joey das erste Mal, dass etwas nicht bei seinem Vater stimmte. Er hatte glasige, blutunterlaufene Augen und schien irgendwie neben sich zu stehen. Sein Vater hatte es mit einer Erkältung versucht zu erklären, doch das erschien Joey nicht sehr glaubwürdig. Schließlich stieß Joey auf die Wahrheit, als er unerwartet früher nach Hause kam. Er überraschte seinen Vater dabei, wie er sich einen Schuss setzte. Erschrocken hatte der ihn nur angestarrt, während die Spritze immer noch in der Armbeuge steckte. Hatte versucht zu erklären, dass es nicht so wäre, wie es aussah. Aber Joey wollte das nicht hören. Er war zu gekränkt und enttäuscht gewesen. Vielleicht war es diese Enttäuschung gewesen, die seinen Vater ein weiteres Mal wachgerüttelt hatte. Er ließ sich von Joey in eine Entzugsklinik bringen, um wieder clean zu werden. Der Blonde hatte diesen Schritt mit Skepsis betrachtet. Er hatte Angst, ein weiteres Mal enttäuscht zu werden. Dennoch unterstützte er seinen Vater bei der Therapie. Kurz bevor die Therapie zu Ende war, hatte sein Vater ihn zu einem betreuten Gespräch gebeten. Joey ging davon aus, dass dieses Gespräch zu den Schritten gehörte, die ein Abhängiger im Verlauf seines Entzugs gehen musste, um wieder gesund zu werden. Doch er hatte sich getäuscht. So bitterlich getäuscht. Sein Vater hatte ihm eröffnet, dass er Krebs hatte. Im Endstadium. Operation nicht möglich! Das hatte Joey den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hatte damals nicht verstehen können, was ihm sein Vater sagen wollte. Und obwohl es aussichtslos war kam sein Vater der Bitte seines Sohnes nach und versuchte alles, um gegen sein Schicksal anzukämpfen. Ergriff jeden Strohhalm. Machte zwei Chemos mit. Doch sie standen auf verlorenem Posten. Vor einem halben Jahr starb sein Vater schließlich. Traurigkeit ergriff Joey, als er an seinen Vater denken musste. Das würde das erste Weihnachtsfest ohne ihn werden. Alleine! Zwar hatte er eine Einladung von Serenity und seiner Mutter erhalten, die Feiertage bei ihnen in den U. S. A. zu verbringen, aber er war unsicher, ob er sie annehmen sollte. Es war kein Geheimnis, dass er sich mit seiner Mutter seit der Scheidung nicht gut verstanden hatte. Wenn sie sich mal sahen dauerte es oft nicht lange, bis alte Wut und Zorn bei beiden hochkam. Bei seiner Mutter, weil Joey sie so sehr an ihren Ex-Mann erinnerte. Bei Joey, weil er ihr nicht verzeihen konnte, dass sie ihn damals bei seinem Vater gelassen und mit seiner geliebten Schwester einfach weggegangen war. Natürlich hätte er Weihnachten auch bei Yugi, Atemu und deren Großvater verbringen können. Aber sie waren längst nicht mehr so eng, wie zur Schulzeit. Noch immer waren sie befreundet und wenn sie zusammen unterwegs waren, kam es Joey vor, als hätte sich nichts geändert. Aber der Kontakt war doch weniger geworden. Und irgendwie fühlte sich der Gedanke, Weihnachten bei den Mutos zu verbringen falsch und wie ein Verrat an seinem Vater an. Und dann gab es da noch Duke! Duke und er... nun ja, das war kompliziert. Oder auch nicht? Sie waren Freunde und wenn sie sich sahen, dann kam es nicht selten vor, dass sie miteinander im Bett landeten. Es war nicht so, dass sie zusammen waren. Aber ihre Freundschaft bot gewisse Vorzüge! Aber ob das ausreichte, um Weihnachten mit dem erfolgreichen Jungunternehmer... Das Bild von Seto zog sich durch seine Gedanken. Der Blick, den er ihm gestern zugeworfen hatte war anders gewesen, als zu ihrer Schulzeit. Damals lag in dem Blick des anderen nichts außer Spott und Hohn. Niemals auch nur ein Funken Anerkennung. Aber in dem Blick gestern... Joey konnte nicht sagen, was sich geändert hatte, aber da war keine Spur mehr von Spott und Hohn zu sehen gewesen. Ein schrilles Klingeln holte ihn aus seinen Gedanken zurück und er griff instinktiv nach der Eieruhr und schaltete das nervtötende Geräusch ab. Er nahm seine Backhandschuhe, öffnete den Herd und zog das Bleck frisch gebackener Kokosmakronen heraus. Der Geruch von Kokos stieg auf und ließ ihn ein zufriedenes Brummen von sich geben. Er nahm eine Makrone vom Blech und legte sie auf einen Teller, auf dem bereites von anderen Keks- und Plätzchensorten je ein Vertreter lag und darauf warteten, von dem Blonden vernascht zu werden. Als Joey sich zum Tresen umwandte sah er die Belohnung seines Tagewerkes. Er hatte 27 verschiedene Sorten an Plätzchen gebacken, die nun langsam nach und nach auskühlten. Es hatte den gesamten Samstag gedauert, aber es war eine Tradition von ihm. An jedem ersten Adventswochenende stellte er sich in die Küche und backte seine 27 Lieblingsplätzchen. Diese verteilte er in kleinen Tüten oder Dosen und verschenkte sie an seine Freunde und an Menschen, die weniger Glück als er selbst hatte: An die Obdachlosen. Lediglich ein Plätzchen von jedem Blech hob er für sich selbst auf. Mit sich zufrieden ging er in sein Wohnzimmer, ließ sich auf seine Couch nieder und erfreute sich an seiner Dekoration. Seine ganze Wohnung hatte er weihnachtlich mit Tannengrün, Weihnachtsternen und bunten Lichterketten geschmückt. Draußen war es bereits dunkel und so schaltete er die Lichter an seinem Fenster ein, die in verschiedenen Rhythmen immer wieder aufleuchteten. Während er sich von dem Lichtspiel fesseln ließ genoss er seine Kokosmakrone. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)