Nobody does it like you von Crispie ================================================================================ Kapitel 1: Like the Ink of my Soul ---------------------------------- 'Never ignore someone who loves you, cares for you and misses you because one day you might wake up and realize that you lost the moon while you were busy counting stars...' „Ich wusste gar nicht, dass du rauchst." „Und ich wüsste nicht, was dich das angeht." Mitternacht. Geräusche von vorbeifahrenden Autos, die durch die frische Luft der kalten Nacht durchdrangen. Die einzigen Lichter kamen von den Straßenlaternen, welche sich zehn Stockwerke unter ihm befanden und in der Dunkelheit flackerten, sowie die orangefarbene Glut seiner halb verbrannten Zigarette, die er zwischen seinen zierlichen Fingern eingeklemmt hatte. Ein vager Geruch durchströmte Kenmas Nase, während er den Geschmack des Nikotins durch seine Lunge inhalierte. Ein beruhigendes Gefühl für seine Nerven. Jedoch wurde er in seiner Ruhe gestört, als er die Stimme seines besten Freundes wahrnahm, der zum wiederholten Male seinen Namen rief. Erschrocken ließ der Blonde die Asche auf seine Hose fallen und beobachtete, wie die Glut in graues Nichts verblasste. „Kenma, komm rein. Hier oben ist es arschkalt." Ein nachdenklicher Seufzer verließ seine Lippen. „Ich werde wohl nie verstehen, wieso du dir das antust", murmelte Kuroo und rümpfte sich aufgrund der Zigarette angeekelt die Nase. Die Atmosphäre um sie herum wurde plötzlich still. Nur das Pfeifen des Windes war zu hören, welcher durch die Nacht wehte. Erst einige Minuten später setzte Kenma zu einer Antwort an. „Ich weiß es nicht", gab er mit brüchiger Stimme zu. „Ich schätze...es ist der einzige Weg, um wenigstens einen kurzen Moment zu haben, indem man seine Probleme vergessen kann." Seine Stimme hallte wie ein Echo wider und schien sich Angesichts der Finsternis zu verlieren. Die Schritte hinter sich wahrnehmend, blickte er etwas skeptisch zur Seite. Kuroo setzte sich neben den Jüngeren hin und ließ seine Füße über die Kante des Daches baumeln. Mit einem Ruck riss er Kenma die Zigarette aus den Fingern, woraufhin er sie in zwei Hälften brach und sie über den Bürgersteig weit unter sich hinabwarf. Die Mundwinkel des Blonden blieben weiterhin unten. Er schien nicht gerade begeistert von dieser Aktion zu sein. „Das war jetzt mehr als unnötig, Kuro", schnaubte er verärgert und rieb sich seine Hände vor Kälte aneinander. Gekonnt ignorierte der Schwarzhaarige die Beschwerde seines besten Freundes. „Du schienst mir etwas abwesend gewesen zu sein." Kenmas Blick richtete sich nun auf den Älteren. Seine goldenen Iriden suchten nach denen des Anderen und versuchten herauszufinden, was in seinem Kopf vorging. Als Kuroo keine Anstalten machte etwas preiszugeben, rollte der Blonde genervt mit den Augen, ehe er den Blickkontakt zwischen ihnen unterbrach und sein Augenpaar wieder nach vorne richtete: Hinaus in die Dunkelheit. „Du hattest mich ignoriert", meinte Kenma achselzuckend. Er konnte das Trommeln aufgeregter Finger auf dem Betonboden hören. „Wie fühlst du dich?", erkundigte sich Kuroo schließlich. „Ich meine...sowohl körperlich, als auch emotional." Ein ungläubiges Schnauben verließ seine Lunge. Manchmal fragte er sich wirklich, ob sein bester Freund wirklich ein Gehirn hinter dieser dicken Schädeldecke besaß oder ob Kuroo ein modernes Wunder war. „Nicht besonders gut", antwortete er wahrheitsgemäß, bevor er sich auf die Unterlippe biss. „Ich fühle mich irgendwie...etwas matt...denke ich." Besorgt runzelte der Schwarzhaarige die Stirn und veränderte seine Position so, dass seine Schulter sanft an Kenmas stieß. Der Blonde konnte die Wärme, die von ihm ausging, förmlich spüren. Ein zittriger Atemzug. Sein Herz wurde immer schwerer. „Es erinnert mich einfach daran, wann Shouyou aufgehört hatte, mit mir zu reden", fuhr Kenma unbeirrt fort, nachdem zwischen ihnen eine kurze Redepause entstanden war. In der Ferne konnte er das Bellen eines Hundes wahrnehmen. Sein Körper erschauderte. Persönlich, bevorzugte er Katzen. Sie erinnerten ihn irgendwie an... „Du warst mit Chibi-chan zusammen. Wir beide hingegen daten uns nicht einmal. Das ist ein wesentlicher Unterschied", erklärte ihm der Dunkelhaarige und grinste ihn verschmitzt an. Kenma starrte ihn finster an und wandte seine goldenen Augen wieder dem düsteren Bürgersteig weit unter ihnen zu. Kuroo atmete hörbar tief ein und aus. „Komm schon, Kenma. Ich bin doch selber in einen Konflikt mit meinen Gefühlen hineingeraten." Bilder von schwarzen und weißen Haaren...raues Gelächter und der üble Gestank von Alkohol, der die gesamte Wohnung verpestet hatte, blitzten in Kenmas Gedanken wieder auf. Er musste sich stark zurückhalten, um keine unangebrachte Bemerkung zu machen. „Aha. Ist das so?", äußerte er sich stattdessen mit zusammengebissenen Zähnen. Etwas erstaunt über Kenmas Reaktion, schielte der Schwarzhaarige zu ihm rüber. „Na sicher. Man könnte sagen, dass ist es die gleiche Situation, wie bei dir ist. Ich frage mich nur, ob es an der Zeit ist aufzugeben..." „Ach ja? Beim letzten Mal klang es überhaupt nicht so, als ob du aufgeben wollen würdest. Schließlich war deine Zunge halb in seiner Kehle verschwunden, als ich nach Hause gekommen bin...", hätte der Blonde am liebsten gesagt, wurde aber vom Vibrieren einer ankommenden Textnachricht auf seinem Smartphone unterbrochen und las den Absender. Eingefrorene Finger, die bereits bläulich vor Kälte waren, tippten eine Antwort ab. Kenmas völlige Konzentration war auf sein mobiles Gerät gerichtet. Ein kleiner Laut deutete darauf hin, dass die Nachricht abgeschickt worden war. Grund genug für ihn sein Handy abzulegen. Vorbei waren die ächzenden Gedanken über Kuroos Freund...Liebhaber...oder was immer sie auch waren. „Hm. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll", musste Kenma sich schließlich eingestehen und schloss die Augen, als eine frische Brise aufströmte „Dann sag am besten gar nichts", kicherte Kuroo mit seinem draufgängerischen Gehabe. In diesem Augenblick zerbrach etwas im Inneren des Blonden. „Ich würde dir raten, darum zu kämpfen", riet Kenma ihm lustlos, wie jemand, dessen Feuer man in seinem Herzen ausgeblasen hatte. „Auch wenn ich denke, dass irgendwann eine Zeit kommen wird, in der es nichts mehr bringt zu kämpfen." Jede einzelne Silbe, die seine Lippen verließ, hinterließ eine tiefe Wunde in seinem eigenen Herzen. Wenn er nur seinen eigenen Rat befolgen könnte... Kuroo schüttelte vehement den Kopf. „Es wird Zeit, nach vorne zu blicken." „Bist du dir da sicher, Kuro?" „Nein, bin ich nicht. Eigentlich nie", lachte der Dunkelhaarige trocken auf. „Aber wenn ich die ganze Zeit damit verbringe, eine Entscheidung treffen zu müssen, werde ich mir noch mehr weh tun. Und das habe ich bereits zu oft." Kurz blinzelte Kenma auf und dachte an Bokuto und Kuroo: Die wilden betrunkenen Nächte...das Knallen ihrer Köpfe gegen die Wand – um drei Uhr morgens...das laute, erbarmungslose Schnarchen... „Du hast was besseres verdient", murmelte Kenma kaum hörbar. Dennoch hatte es sein Mitbewohner zur Kenntnis genommen und ein kleines Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. „Das tust du auch." „Glaubst du?" „Vertrau mir. Du verdienst es weitaus mehr, als ich", witzelte der Schwarzhaarige. Etwas im Inneren des Blonden löste einen Brand seiner Emotionen aus und fachte nun alles heraus, was so lange in ihm geschlummert und gelitten hatte. „Hast du je das schwarze Loch in meinem Herzen gesehen? Ich bin nicht liebenswert, Kuro", reagierte er wütend und verengte seine Augen zu schlitzen. „Darum funktioniert es nicht...es wird niemals bei mir klappen." Mit einem düsteren Ausdruck in den Augen starrte Kuroo seinen besten Freund an, als dieser seine Beine anwinkelte, sie an die Brust zog und die Stirn auf seine Knie ruhen ließ. Das Gefühl seinen eigenen Körper so spüren zu können, war für den Blonden wie eine beruhigende Salbe gegen seine Angst. Das Rauschen seines Herzens verlangsamte sich automatisch. Er fühlte sich so...klein und unbedeutend im Vergleich zum Spektrum des Universums. „Hör zu Kenma...vielleicht weiß ich tatsächlich nicht alles über dich und ich bezweifle, dass ich es jemals tun werde. Aber ich kann dir sagen, dass jeder Mensch Liebe verdient hat. Und am meisten du", flüsterte Kuroo und lehnte sich zurück, sodass seine Augen auf den Himmelszelt gerichtet waren. Das rote Licht eines Flugzeugs huschte über den Abendhimmel. Hastig wischte der Blonde die heißen Tränen, die sich in seinen Augenwinkeln ansammelten weg und schielte zu ihm herüber. Er spürte den gleichen Schmerz in seiner Brust, wie er es jedes Mal tat, wenn er seinen Blick auf ihn richtete. Es war einfach nur anstrengend. „Vielleicht...-" „Es gibt immer Hoffnung. Auch wenn sie noch so klein erscheinen mag." „Ich hatte nur gehofft...dass er der Eine gewesen wäre", gab er schließlich flüsternd zu. Seine Stimme war erfüllt von der Schwere seiner unerwiderten Liebe. Er ließ sein Kinn auf die Knie fallen. „Ich würde gerne wissen, warum Menschen mich grundlos schlecht behandeln. Ich fühle mich, als würde ich ihnen alles geben...und es ist so einfach für sie, nichts zurück zu geben. Sag es mir, Kuro. Warum?" Als der Angesprochene das nächste Mal seinen besten Freund ansah, wurde er mit der durchdringenden Intensität von wilden, goldenen Augen konfrontiert. Es schmerzte ihn so zu sehen...wie ein eingesperrtes Tier, welches nur er allein befreien konnte. Ohne nachzudenken streckte er die Hand nach ihm aus, um eine Tränenspur aus dem rötlichen Gesicht des Anderen abzuwischen. Wenn es doch so einfach wäre... „Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, Kenma." Er zuckte mit den Schultern und sah ihm nicht in die Augen. „Ich fürchte...ich werde niemals Liebe finden." Goldene Augen blinzelten zu ihm herüber und sahen ihn in einem anderen Licht an. Kenma wusste, dass sein bester Freund ätzende Bemerkungen und hohen Alkoholkonsum verwendete, um seine Verwundbarkeit zu übertönen, aber er hätte nie gedacht, dass Kuroo nicht in der Lage sein würde, Liebe zu finden – oder wenigstens einen guten One-Night-Stand. „Natürlich wirst du das", merkte Kenma unnachgiebig an. Unter ihnen vernahmen sie das Schlurfen von Kies...den Lärm einer Autohupe...den Bass aus der WG-Party gegenüber... „Ich wundere mich nur...egal wie sehr ich nicht daran glaube...ich möchte trotzdem geliebt werden", flüsterte Kuroo, nahm einen zittrigen Atemzug und sah reumütig auf seine gefalteten Hände. „Mehr als alles andere." Verblüfft sahen ihn die goldenen Iriden Kenmas an. Seit er Kuroo kannte, hatte er ihn noch nie so offen und ehrlich...und doch so untröstlich erlebt. Er musste Bokuto wirklich lieben. Sein Herz versank beinahe in Schuld, da er fürchtete durch seine Selbstsucht einen Keil zwischen ihnen geschoben zu haben. In diesem Moment wusste es Kenma: Es war der verrückte, junge Mann mit der unordentlichen Bed-Head Frisur, den er immer geliebt hatte. Er kam nicht umher, dass ihm ein paar salzige Tränen über die kalten Wangen hinunter liefen „Das tue ich auch", versuchte er das emotionale Beben in seiner Stimme zu verbergen. „Es war immer mein Ziel. Egal wie oft ich davon verletzt wurde...warscheinlich wird es mich für den Rest meines Lebens verfolgen. Vielleicht ist das mein Schicksal...der Liebe immer hinterherzulaufen und sie nie zu finden...-" „Eine sehr traurige Vorstellung." *☆* Zehn Jahre. Zehn verdammt lange Jahre musste Kenma darüber nachdenken, was in jener Nacht zwischen ihnen geschehen war. Doch in diesen zehn Jahren, konnte er nie den einen Grund finden, warum er tat, was er tat. Vielleicht war es das Sternenlicht, dass in Kuroos Augen reflektierte oder die Nähe eines Mannes, den er schon seit seiner Kindheit geliebt hatte. Aber auch wenn er sich nie rechtfertigen konnte, für das was damals geschehen war, bereute er es kein Stück. Er konnte immer noch das Kribbeln seiner Finger spüren, als er das Kinn seines ehemals besten Freundes nach oben hob, um seine warmen Lippen zu küssen. In der schneeweißen Dezembernacht. Auf dem Dach ihrer Wohngemeinschaft. Der Blonde brauchte einige Jahre um zu begreifen, was als nächstes passiert war. Dennoch bereute er es keinesfalls, auch wenn er schon bald von Gewissensbissen geplagt worden war. Flashback: „Bitte geh zu Bokuto", flüsterte Kenma und schob den Schwarzhaarigen vorsichtig von sich. Aus Angst vor seiner Reaktion. Für einen Moment saß Kuroo erschrocken da. Ein elektrisierendes Kribbeln fuhr immer noch warm über seine Lippen. „Kenma...ich...-" „Bitte. Geh einfach, Kuro." Wieder vergrub Kenma sein Gesicht in den Knien und wartete ab. Er konnte nicht das Mitleid und den Ekel mitansehen, den er bei seinem besten Freund verursacht hatte. Das Knallen der Dachtüre, war wie das Umblättern eines Buches. Nur um herauszufinden, dass der Rest der Seiten leer war und die Geschichte zu keinem Happy End mehr führen würde.... Ihre Geschichte allerdings ging noch weiter. Zumindest für eine kurze Zeit. Am nächsten Tag zog der Schwarzhaarige aus der gemeinsamen Wohnung aus und Kenma verfiel in die schlimmste Depression, die er seit der Highschool gehabt hatte. Monatelang roch die Wohnung nach nichts. Ausgenommen nach Zigaretten. Schlaflose Nächte mit stundenlangen Videospielen im dunklen Wohnzimmer standen nun auf dem Programm. Manchmal saß er da und beobachtete die Haustür, in der Überzeugung, dass alles was geschehen war, ein Alptraum war und Kuroo bald wieder nach Hause kommen würde. Doch das geschah nicht. Das Telefon klingelte nie. Nachrichten blieben unbeantwortet. Und die Türe öffnete sich nie mehr... Flashback End Inzwischen sind nun zehn Jahre vergangen, seit er das letzte Mal etwas von ihm gehört hatte. Kenma war mittlerweile 28 Jahre alt und arbeitete für einen Videospiel-Entwickler auf Teilzeitbasis. Den Rest seiner freien Zeit verbrachte er damit, nebenbei im Game-Stop zu arbeiten. Zumindest solange, bis er in seinem eigentlichen Job die Leiter zur Chefetage erklommen hatte. Der Zug, welcher ihn um 08:00 Uhr morgens zu seinem Nebenjob brachte, war wiedermal überfüllt. Er strich sich eine Strähne seiner frisch gefärbten blonden Haare hinter sein Ohr und konzentrierte sich auf das Display seines Smartphones, als er einen rauen Atemzug neben sich vernahm. Ein Seitenblick. Ein stiller Herzschlag. Das Zerbrechen eines Telefondisplays, welches auf den Boden fiel. Wie sollte man auch reagieren, wenn die Liebe seines Lebens nach zehn Jahren der Abwesenheit plötzlich wieder auf tauchte? Kenma wusste es beim besten Willen nicht. Er nahm die Zerstörung seines Handydisplays gar nicht richtig wahr. Nur die Stimme Kuroos war alles, was er wahrnehmen konnte. „Du warst nie in Chibi-chan verliebt", war der erste Satz den Kuroo atemlos über die Lippen brachte, sobald er in Hörweite des Anderen war. Dieser war sich nicht sicher, wie er reagieren sollte. Der Ältere fluchte vor sich hin, kniff sich in den Nasenrücken und schüttelte energisch den Kopf. Er sah immer noch genauso aus, wie er ihn in Erinnerung hatte. Vielleicht sogar noch attraktiver. „Du weißt auch, dass Bokuto nie der Eine war, oder?" Kuroo lachte verbittert auf. „Es war immer nur du, in den ich mich verliebt hatte. Noch immer bin. Und es immer sein werde." Die beiden Männer zogen die Blicke aller Passanten auf sich, als Kuroo die Distanz zwischen ihnen schloss und seine Lippen gegen Kenmas presste. Genau das was er tun wollte, seit er aus ihrer gemeinsamen Wohnung ausgezogen war. Es war schon beinahe schmerzhaft, aber Kenma fühlte sich in seinen Armen wohl und spürte, dass sein Herz nun endlich nach Hause gefunden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)