Mein Chef und ich von BloodyRubin (oder: Nie wieder Ferienjobs!) ================================================================================ Kapitel 9: Mein Chef ist mir schon wieder zu nah ------------------------------------------------ Es war fast Mittag, als im am nächsten Tag die Augen aufschlug. Zusammen mit meiner Mutter war ich sehr lange wach geblieben und ich hatte ihr die Wahrheit über meinen Ferienjob erzählt. Natürlich hatte ich ihr nicht alles gesagt, aber immerhin wusste sie jetzt, warum ich den Blonden geschlagen hatte und was für ein Ekel dieser die meiste Zeit war. Immerhin hatte sie dann davon abgesehen, mich für mein Zuspätkommen zu bestrafen. Auch hatte sie mich gefragt, ob ich den Ferienjob aufgeben wollte. Doch ich hatte verneint. Zwar würde ich mich wahrscheinlich am Montag schon wieder bei Miyoshi-san entschuldigen müssen, aber das interessierte mich weniger. Ich würde einfach meine Arbeit weitermachen und fertig. Leise trat ich in den Flur hinaus und öffnete vorsichtig die Tür zum Zimmer meiner Mutter. Diese lag noch im Bett und schlief friedlich. Ich lächelte kurz und schloss die Tür dann wieder. Ich würde ihr eine Freude machen und für uns frische Brötchen zum Frühstück holen. Nachdem ich mich umgezogen hatte, schrieb ich meiner Mutter eine Nachricht, dass ich bald wieder zurück sein würde und ging nach draußen. Dort wäre ich beinahe mit jemandem zusammengestoßen. Ich sah hoch und wollte mich entschuldigen – bis ich Miyoshi-san erkannte. „Was willst du hier?“ Der Blonde erwiderte meinen Blick ernst. „Hast du einen Moment Zeit?“ „Nein, habe ich nicht.“ gab ich kühl zurück und wollte an ihm vorbeirauschen, doch er packte mich am Arm und hielt mich zurück. „Lass mich los.“ „Nein.“ Bevor ich versuchen konnte, mich loszureißen, marschierte der Blonde los und zog mich mit sich. Erst als wir eine menschenleere Gasse zwischen zwei Häusern erreicht hatten, hielt mein Chef an und sein Griff lockerte sich. Er sah mir tief in die Augen, bevor er einen Schritt zurücktrat und sich vor mir verbeugte. „Es tut mir aufrichtig leid, dass ich gestern so schlecht über deinen Vater gesprochen habe. Ich werde sicher stellen, dass so etwas nicht noch einmal passiert.“ Misstrauisch ließ ich den Blonden nicht aus den Augen. War das nun eine aufrichtige Entschuldigung oder würde gleich ein blöder Spruch kommen? Miyoshi-san hatte sich inzwischen wieder aufgerichtet und blickte mich abwartend an. „In Ordnung. Ich nehme deine Entschuldigung an. Kann ich jetzt gehen?“ „Noch nicht. Das ist für dich.“ Er hielt mir eine Art Karte hin und ich ergriff sie interessiert. Es war eine Einladung zum Abendessen in einem sehr beliebten Restaurant. „Ähm...danke?“ „Ich werde für das nächste Wochenende einen Tisch reservieren. Ist das in Ordnung?“ „Klar.“ „Ich hoffe, damit ist alles beim Alten. Wir sehen uns morgen, Mondkalb.“ Ein gemeines Lächeln erschien auf den Zügen meines Chefs, als ich sofort auf seine Provokation einging. „Lass das endlich, du arroganter Fatzke!“ „Warum sollte ich? Ich kann nichts dafür, wenn du wegen jeder Kleinigkeit gleich an die Decke gehst.“ „Ich gehe nicht wegen jeder Kleinigkeit...“ begann ich, doch Miyoshi-san ließ mich nicht ausreden, sondern trat wieder vor und griff nach meinem Gesicht. Verdutzt sah ich zu ihm hoch und gefror Sekunden später einmal mehr zur Salzsäule. Schon wieder...was war nur mit diesem Kerl los? Das war bereits der dritte Kuss innerhalb von zwei Wochen. Irgendwo am Rande meines Bewusstseins bekam ich mit, wie der Blonde mich mit seiner freien Hand an der Schulter festhielt. Instinktiv wollte ich Miyoshi-san von mir drücken, doch sein Griff war wie ein Schraubstock. Schon hatte er den Kuss vertieft und war dabei, seine Zunge in meinem Mund auf Entdeckungsreise zu schicken. Ich verkrampfte noch etwas mehr, doch gelang es mir nicht, mich von dem anderen zu lösen. Es dauerte sicher eine halbe Minute, bevor mein Chef endlich von mir abließ und ich mich aus meiner Starre lösen konnte. „Was sollte das denn jetzt?“ wütete ich los. „Ich wollte, dass du einfach mal eine Weile die Klappe hältst, Mondkalb.“ „Du blöder, mieser, verfluchter...“ legte ich los, doch Miyoshi-san hörte mir gar nicht zu, sondern drehte sich einfach um und begann, in Richtung Straße zu gehen. „Schreib mir den Rest auf, Mondkalb. Ich muss los. Und sei morgen pünktlich,klar?“ Schon war er verschwunden. Ich blieb noch eine Weile stehen und starrte entgeistert zur Straße. „Dieser verdammte Penner!“ fluchte ich endlich. Oh, wie ich ihm das heimzahlen würde. Wütend stampfte ich zur Straße und machte mich auf den Weg zur Bäckerei. Erst, als ich wieder zu Hause war, beruhigte sich mein Herzschlag und mein Kopf begann, wieder zu arbeiten. Geistesabwesend hob ich meine Hand und berührte mit Zeige-und Mittelfinger meine Lippen. Ich verstand Miyoshi-san einfach nicht. Er entzog sich jedem logischen Verhalten. Ob er wohl immer so ein nerviger Blödmann war? Oder hatte er auch eine andere Seite, die er einfach nicht zeigte? Und was war mit der Tatsache, dass er mich ständig küsste? Was steckte dahinter? Ging er wirklich so weit, nur um mich zu ärgern? Energisch schüttelte ich den Kopf. Was dachte ich da bitte? Natürlich wollte dieses Kriechtier mich nur ärgern. Er fand es wahrscheinlich sehr unterhaltsam, dass ich so ein ungezügeltes Temperament hatte. Was für ein Mistkerl… „Ah, du bist wieder da. Willkommen zurück.“ riss die Stimme meiner Mutter mich aus meinen Gedanken und ich schenkte ihr ein kurzes Lächeln. „Ich habe uns Brötchen besorgt.“ erwiderte ich. „Wie nett von dir. Dann lass uns frühstücken.“ Genau das taten wir und sprachen dabei über unsere Pläne für den Tag. Meine Mutter wollte ihrem Hobby nachgehen und ihrer Strickkunst nachgehen. Obwohl ich ihr öfter scherzhaft sagte, dass das eine Beschäftigung für alte Frauen war, musste ich dennoch zugeben, dass ihre Werke wirklich gut waren. Was mich betraf, würde ich mich daran machen, endlich „Der letzte Kämpfer“ zu Ende zu lesen und mich dann vor den Computer setzen. Einige Stunden später war ich mit dem Buch durch. Es war wirklich gut gewesen, allerdings war es jetzt schon fast Nachmittag. Sehr viel Zeit hatte ich nicht mehr, ehe ich mich schlafen legen musste. Bei dem Gedanken daran, dass ich morgen wieder zu Arbeit musste, seufzte ich entnervt auf. Doch dann verdrängte ich diesen deprimierenden Gedanken und verbrachte die Zeit bis zum Abend lieber mit Zocken. Erst als ich schließlich im Bett lag, kehrten meine Gedanken zu Miyoshi-san zurück. Ich musste mir unbedingt noch etwas einfallen lassen, um diesem Großkotz ordentlich eine reinzuwürgen. Der Kerl sollte nicht auf die Idee kommen, dass ich mir alles gefallen ließ. Aber wie konnte ich mich rächen? Es sollte dem Blonden einen Denkzettel verpassen, ihm aber nicht ernsthaft schaden. Ich war fast eingeschlafen, als mir etwas einfiel. Ich würde morgen nach der Arbeit noch einmal einkaufen müssen, aber das war es mir wert. Ich würde Shrimps und andere kleine Meeresfrüchte holen und sie im Arbeitszimmer meines Chefs verstecken. Da es dort ständig warm war, würde der ganze Raum spätestens Mittwoch stinken wie sonst was. Wie lange es wohl dauern würde, bis Miyoshi-san endlich erkannte, was seinem Raum diesen neuen Duft verlieh und er alle Sachen gefunden hatte? Es würde großartig sein, seinen dummen Gesichtsausdruck zu sehen zu bekommen. Mal sehen, wie ihm das gefallen würde. Mit einem diebischen Grinsen schlief ich ein. Tatsächlich ging mein Plan reibungslos über die Bühne. Am Dienstag nahm ich die Tüte mit Meeresfrüchten, die ich zuvor im Kühlschrank verwahrt hatte, mit zur Arbeit. Dort musste ich mich dann nur während der Aufnahmen kurz entschuldigen, indem ich vorgab, zur Toilette zu gehen. Noch schnell in den Pausenraum huschen, die Tüte holen und dann nichts wie zu Miyoshi-sans Raum. Als ich alles gut versteckt hatte, kehrte ich noch einmal in den Pausenraum zurück und steckte die leere Tüte zurück in meinen Rucksack. Ich würde sie auf meinem Weg nach Hause in einen Mülleimer werfen. Es fiel mir mehr als schwer, ein unschuldiges Gesicht zu machen, als ich das Aufnahmestudio wieder betrat. Innerlich jubelte ich darüber, wie gut alles geklappt hatte. Ich war gespannt, wann meine kleine Überraschung wohl ihre Wirkung entfalten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)