Stand my ground von Melora ================================================================================ Kapitel 5: Connections ----------------------     Im Gegensatz zu Conan blieb Ryochi völlig ruhig, während die Blondine und der Schwarzhaarige sich diese zweifelhaften Blicke zuwarfen. Der Kriminalist wirkte, als sei seine Märchenprinzessin vor ihm aufgetaucht und sie schenkte ihm ihre nicht wenig betörenden Blicke – so machte sie es ja auch mit jedem. Das Zärtliche in ihren Augen und in ihrem Lächeln, was wenig später ihre Lippen zierte, für ihn war das ein perfektes Schauspiel. Jemandem, der in jeder Rolle perfekt war, durfte man einfach nicht vertrauen, oder Glauben schenken. Diese Person gab sich nicht wenig Mühe, den Typen zu bezirzen. Und Ryochi? Er stand daneben und fiel genauso darauf herein, wie sein Freund! Conan zerrte an seinem Ärmel, um Aufmerksamkeit zu erregen, ohne gleich ein Wort zu sagen. Er spürte das aufgeregte Zerren zwar, reagierte aber nicht gleich. „Tut mir Leid, dass es so spät geworden ist. Ich bin auch ein kleines bisschen geschafft.“ „Macht doch nichts“, sagte sie liebevoll, woraufhin Conan die Augen verdrehte. „Wo ist dein Einkauf, für den wir einen LKW brauchen?“ Als Sêiichî das fragte, zog sich sein Mundwinkel frech nach oben, so dass sie ihm eine kleine Tüte in der Hand hochhob und ihm vors Gesicht hielt. „Hier.“ Conan verschränkte die Arme bei dem Getue, sie tat wirklich einen auf supersüß – darauf fiel er ja mal überhaupt nicht rein. Er sah ziemlich bockig aus, was nun die Blondine auch bemerkte und ihm ein leicht dreistes Grinsen schenkte. „Ist’s nicht Zeit für kleine Kinder ins Bett zu verschwinden?“ Sie kam nicht umhin, den kleinen, zornigen Bengel etwas zu ärgern. Da Conan aber vor Sêiichî sein Geheimnis nicht herausschreien wollte, bekam sie lediglich Halbmondaugen. „Jetzt sagt nicht, ihr wollt auch noch gemeinsam ins Auto steigen und tatsächlich irgendwohin fahren?“ „Du bist ganz schön frech, Kleiner“, meinte Sêiichî jetzt und zwinkerte ihm zu. „Die Dame hier nehme ich jetzt in der Tat mit nachhause.“ Um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, nahm er ihren Arm und hakte ihn bei sich ein. „Ach, und weißt du was, du Rotznase! Ich habe sogar einen Schlüssel! Ich könnte dort jederzeit aufkreuzen und ihn in der Nacht heimsuchen, weißt du?“ Ein kleines bisschen absichtlich tückisch betonte sie ihre Worte schon, um den Jungen etwas zu erschrecken. „Ich wüsste aber nicht, was es dich angeht, wo ich meinen Abend verbringe, Kleiner.“ Damit machte sie den Jungen dann doch ganz schön sauer, weswegen er sie nicht gerade unerheblich ärgerlich ansah. „Iwamoto-san! Es ist nicht wahr, oder? Das ist nicht die Schauspielerin, von der vorhin gesprochen wurde, oder? Ein schlechter Scherz, oder?“ Der junge Mann sah in die blauen Augen des Kindes, was durchaus etwas besorgt wirkte. ‚Was um alles in der Welt hast du mit ihm gemacht? Der ist ja richtig verstört! Der hat ja echt Angst.’ Ryochi wusste, dass  Chris ein Kinderschreck sein konnte, aber dass Conan sich davon so beeindrucken ließ, wunderte ihn schon. „Nun hör auf den Jungen zu ärgern!“ sagte er etwas lauter an Chris gerichtet, was durchaus fast schon als Drohung durchging. Sêiichî schloss die Augen und wollte ihn zwar beruhigen, aber auch ein bisschen tadeln – er tat ja so, als würde er sich in des Teufels Hände begeben und die Nacht nicht überleben. „Du musst dir keine Sorgen machen. Ich kenne sie nicht erst seit gestern. Man kann sagen, dass ich weiß, worauf ich mich da einlasse. Also, cool down, boy.“ Conan schmollte, weil er nicht ernst genommen wurde – jedenfalls dachte er das. Wenn er nun groß wäre, hätte der Kriminalist ihn sicher ernster genommen. „Und was ist da drin?“ fragte er, deutend auf die Tüte in Chris Hand. „Was soll da schon drin sein?“ tat sie unschuldig, blickte kurz zu Sêiichî und hielt ihm die Tüte hin. „Was glaubst du? Eine Bombe? Magst du meinen Einkauf checken?” Sêiichî nahm die Tüte und schaute hinein. „Essen… Äpfel, um genau zu sein. Wofür brauchst du denn Äpfel, eh?“ fragte er sie gleich und sie faltete die Hände ineinander. „Ach, weißt du, das ist ein Geheimnis. Aber ich werde sie brauchen, Darling!“ „Schau“, meinte er zu Conan und hielt die Tüte auf. „Äpfel. Stinknormale Äpfel.“ Mit einem Schmollmund entdeckte er die Äpfel in der Tüte und kam sich ein bisschen verschaukelt vor. Sie behandelten ihn wie ein richtiges, kleines Kind – er benahm sich aber leider auch wie eines, weshalb Ryochi es leider nur belächeln wollte. „Hattest du das nicht mitbekommen? Sie wollte ihm was kochen. Aber ich frage mich ernsthaft, was sie mit den Äpfeln vorhat.“ „Mir an den Kopf werfen, was sonst?“ scherzte Sêiichî, aber man merkte, dass es weniger ernst gemeint war, obwohl so ein Spruch schon für sich sprach. Wenn er so etwas sagen konnte, wusste er zumindest, dass sie nicht immer nur lieb und nett war. „Wa-as?“ Chris tat absichtlich total schockiert. “Aber so etwas tut doch weh! Das würde ich nie machen. So etwas Schlimmes traust du mir zu, Sêiichî? Ich bin empört!“ Mit verschränkten Armen sah sie ihn an, wirkte dabei sogar ein bisschen schmollig. ‚Das ist wohl das Harmloseste, was ich dir zutraue, mein Engel, mit Teufelsflügeln. Wenn es mein Leben retten würde, würdest du ja sogar auf mich schießen, wenn du damit jemanden linken kannst. Nur damit dann jemand anderes kommt und so tut, als wenn er mich vor dir retten würde…’ Den Gedanken behielt er jetzt natürlich für sich. So sehr schockieren wollte er den Jungen dann doch nicht. „Just kidding“, erwiderte er mit einem Grinsen und neigte sich etwas zu ihr, um wegen des bösen Scherzes dann doch entschuldigend einen Kuss auf ihre rötlichen Lippen zu drücken. Damit machte er Conan nur wütender, er hatte immer noch die Arme verschränkt und drehte den Kopf leicht weg. Ein bisschen ekelhaft fand er das schon, vor ihm so eine Show abzuziehen. „Wir sollten uns beeilen. Ich will nach Hause. Also Ryochi, wir sehen uns morgen.” “Du kannst deinen Freund doch nicht einfach so mit dieser Frau gehen lassen”, gab der 7-jährige empört von sich und Ryochi lachte auf. „Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Ihn in Ketten legen?“ „Wäre zumindest eine Idee.“ „Wenn jemand Sêiichî in Ketten legt, bin ich das! Nur damit das klar ist“, sagte Chris mit einem raffinierten, aber auch besserwisserischen Lächeln an Conan gewendet, ehe sie sich auf die Beifahrerseite begab, da Sêiichî den Wagen entriegelt hatte und sie einsteigen konnte. Das tat sie auch völlig gelassen. „Oi – pass nur auf, meine Liebe, nicht dass er draufsteht und du das dann immer machen musst“, warf Ryochi der Schauspielerin noch zu, woraufhin sich Sêiichî an der Wange kratzte und Conan sich weiter fast totschmollte, weil ihm keiner zuhören wollte. Gerade als Sêiichî einsteigen wollte, hängte er sich an die Autotür, so dass er noch aufpassen musste, damit er ihm nicht versehentlich die Finger einklemmte. „Iwamoto-san…“, flüsterte er, „passen Sie auf sich auf. Und lassen Sie sich nicht von ihr benutzen.“ Der Angesprochene beugte sich ein bisschen zum Ohr des Jungen und flüsterte dann: „Oh, keine Sorge, wenn dann nutzen wir uns gegenseitig aus. Aber ich danke dir für deine Sorge. Ist aber vollkommen unnötig. Wie ich bereits sagte, ich weiß, worauf ich mich einlasse.“ Conan blickte ins Auto, wo sie sich total eingebildet die Haare richtete – wie konnten Männer nur so dumm sein und nur auf sie hereinfallen, weil sie so hübsch war. Er würde das nie verstehen. Chris blickte jetzt zur offenen Fahrertür, dabei lächelte sie Conan breit an und wank ihm dann zu allem Überfluss noch, ehe sich die Tür schloss und sie mit dem Theater aufhörte. „Man, bist du aber verärgert“, äußerte sich Ryochi zum Verhalten des Kleinen, nachdem das Auto aus der Parklücke und dann zum Ausfahrt fuhr. Der Detektiv hatte seinen Wagen nicht weit entfernt geparkt und entriegelte diesen nun ebenfalls. Dann liefen sie zu dem Mercedes M-Class ML. „Ich fasse es einfach nicht, dass diese Frau sich jetzt tatsächlich an einen Polizisten ranmacht! Dazu gehört schon viel Dreistigkeit.“ Der Ältere sagte dazu erst einmal nichts, sie stiegen zunächst in sein Auto. Erst als sie in diesem saßen, seufzte er. „Weißt du, Shinichi. Auf den ersten Blick mag das stimmen… Viele würden das auch so sehen und so etwas von ihr denken. Dass sie Menschen benutzt ist ein Fakt, der mir nicht sonderlich gefällt. In Sêiichîs Fall ist das aber nicht so. Shina sagte einmal ~you better look twice~ und damit hat sie wahrscheinlich Recht. Du willst all das wahrscheinlich nicht hören, denn du magst sie nicht.“ „Nicht mögen ist sehr milde ausgedrückt, Ryo“, sagte Conan mit einem betrübten Gesichtsausdruck. „Oh, tu dir selbst den Gefallen und vergiss dich nicht in irgendeiner Art Hass. Das wird dir nicht gut tun… Außerdem…“, er schloss die Augen mit einem leicht nachdenklichen Touch. „Es gibt schlimmere Leute da draußen, kleiner Detektiv. Gestalten, denen du noch nicht begegnet bist. Solltest du eines Tages an sie geraten, wirst du Hilfe brauchen. Dagegen ist Vermouth ein kleines Übel. Vor ihr musst du keine Angst haben. Die würde dir kein Haar krümmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dich beschützt, ist größer.“ Damit hatte der Detektiv mehr gesagt, als er eigentlich wollte. Aber er fand nun einmal, dass man dem Jungen keinen Bären aufbinden sollte. Unwissenheit schadete ihm am Ende nur. „Du kennst Vermouth und lässt deinen Freund mit ihr davonrauschen. Muss ich das verstehen?“  Nun wollte der Junge seinen Zorn wohl auf den Detektiv lenken, so dass dieser aus dem Fenster sah. „Man kann ihn nicht abhalten. Glaub mir, ich kenne Sêiichî. Außerdem hat schon so mancher Versucht ihm klarzumachen, dass es keine gute Idee ist, was er da treibt. Trotzdem ist es sein Leben. Selbst wenn er’s riskieren sollte, geht uns das alle nichts an. Jedenfalls hat er das einmal so gesagt.“ „Das ist ziemlich kaltschnäuzig. Willst du damit etwa sagen, er weiß so viel von ihr, dass man sagen kann, er riskiert wissentlich seinen Hals?“ Das war weitaus schockierender, als die Annahme, dass man ihn benutzen könnte. „Die Liebe macht manchmal komische Sachen, Shinichi.“ Ryochi hatte das sehr traurig gesagt – er hätte sich gewünscht, dass sich Sêiichî eine Frau suchte, von der man weder hoffen musste, dass sie heil aus irgendeiner Scheiße kam, noch dass sie ihn in Gefahren brachte. Aber selbst wenn er eine normale Freundin hätte. Irgend so ein unschuldiges Mädchen – er war bei der Polizei. Da war man zwangsläufig Gefahren ausgesetzt. Also was machte es schon? Sie alle gingen Gefahren bewusst ein, sie konnten lediglich versuchen, sie so gering zu halten wie möglich. „Es wäre ein bisschen viel, dir alles zu erzählen, was meinen Freund beschäftigt, außerdem wäre es nicht ganz fair, ihm gegenüber, wenn ich dir all das erzähle. Ich habe es noch nicht einmal Shina erzählt. Sie hatte auch gar nicht so sehr das Interesse daran, jedes Geheimnis zu kennen. Jeder Mensch entscheidet selber, was er tut, nicht? Auch wenn sie Sêiichî nur bedingt verstehen kann, oder ihn nur sehr mäßig mag, weil sein Ruf ihm eben vorauseilt und er sich manchmal so komisch benimmt, dass sie nur den Kopf schütteln kann. Sie ist einen Schritt weiter als du. Meine Verlobte hat Dinge erfahren und Leute kennen gelernt, die sie schlimmer findet, als Vermouth.“ Sie alle hatten das, ein sehr trauriger Fakt… „Aber er ist Polizist. Wie kann er sie lieben? Das tut er doch, nicht wahr?“ „Das kannst du nur fragen, weil du ihn so wenig kennst“, erwiderte Ryochi. „Mein Freund ist, was Frauen angeht nämlich… Wie soll ich es ausdrücken? Er hat es sich nicht gerade leicht gemacht. Gerade in der Liebe ist ihm so manches nicht leicht gefallen. Seine anderen Freundinnen hat er immer betrogen. Bei dieser einen ist er geblieben…“ Mehr musste man dazu nicht sagen, fand der Detektiv. „Das Ganze ist also eine sehr ernste Sache…“ Natürlich war ersichtlich, dass Conan das gar nicht gefiel. „Ich war dabei ihn zu mögen…“ „Tu was auch immer dein Herz dir sagt. Ich werde dir nicht reinreden. Versuch ihn nur nicht nach einer einzigen Facette zu beurteilen. Das gilt auch für sie. Eines Tages verstehst du bestimmt, was ich meine.“ Gerade glaubte Conan noch nicht daran, aber er wünschte, dass er das auch einfach so locker sehen könnte.   Endlich waren sie auf die Straße gekommen. Der schwarze Porsche bog in eine kleine Seitenstraße ein und dabei seufzte Sêiichî jetzt. „Den hast du aber ganz schön erschreckt. Was um alles in der Welt hast du mit dem denn gemacht? Ich hatte ja beinahe das Gefühl, er will mich vor dir beschützen. Du musst ihn wirklich sehr geärgert haben.“ Es klang nicht so, als wäre Sêiichî davon so begeistert. „Zuweilen muss man ihn vor sich selbst beschützen. Es schadet ihm nicht, wenn er ein bisschen Bammel hat. Das hält ihn davon ab, mit voller Absicht hinter mir herzurennen und dann am Ende in Gins Fänge zu geraten. Wenn er wüsste, wie wohlgesonnen ich ihm tatsächlich bin, würde er wahrscheinlich versuchen es auszunutzen. Der direkte Weg ist aber ein sehr schlechter. Das bekam noch nie einem sonderlich gut. Er muss sich langsam vorarbeiten, nicht in uns hineinstürmen. In seinem Zustand schon gar nicht. Er ist ein kleiner Junge. Zwar ist der Junge schlauer als so manch anderer seines zarten Alters, aber das würde ihm herzlich wenig bringen, wenn am Ende jemand aus der Organisation auch noch erkennt, dass eine Gefahr von ihm ausgeht.“ „Also erschreckst du ihn absichtlich ein bisschen, damit er eher vor dir wegläuft.“ Ein schweres Seufzen kam von ihr. „Klappt genauso hervorragend wie bei dir damals.“ „Tze“, meinte er belustigt. „Du lässt wirklich nach… Darüber solltest du dir Gedanken machen.“ „Jetzt werd’ nicht frech…“, sagte sie beleidigt, „du tust so, als würde ich verweichlichen.“ „Ich warne dich nur. Pass auf, in was du dich da verrennst. Du tust gut daran, dein Schauspiel aufrecht zu erhalten. Wenn du bei den falschen Leuten allzu viel durchblicken lässt, könnte das gefährlich für alle werden.“ „Das musst du gerade sagen.“ Das war der Mann, der Kenichi Ashida vertrauen wollte – sagte ihr aber, sie solle vorsichtig sein. Anscheinend musste sie mal wieder ein ernstes Wörtchen mit ihm reden – aber nicht jetzt, nicht heute. Ausnahmsweise wollte sie den Abend mit ihm wirklich genießen. Das ließ sie ihn auch spüren, als sie ihre Hand auf seine legte, die bei der Gangschaltung tätig war. Als sie das tat, weiteten sich seine Augen und er tat etwas, was er nicht tun sollte. Den Blick von der Straße abwenden, um sie anzusehen. Es war ein sanfter Blick, den er ihr schenkte. Kurz darauf musste er sich aber wieder auf die Straße konzentrieren. „Und wie war dein Tag wirklich?“ fragte er. Chris blickte auf ihre Beine und überlegte, ob sie so ein Gespräch tatsächlich wollte. Im Auto… Nicht wirklich. „Lehrreich.“ Ein einziges Wort – warum wunderte ihn das? Es war nicht das erste Mal, dass sie sich knapp hielt. „Musst du mir nachher genauer erklären.“ „Muss ich?“ „Pff…“ Den Rest der Fahrt schwieg Sêiichî, weil er nun einmal der Typ Mann war, der eine kleine Weile brauchte, um zu schmollen, weil man ihm etwas gesagt hatte, was ihm nicht schmeckte. Aber es war nicht schlimm, so verhinderte sie, dass er sie noch im Auto ausquetschte.     Um 22:50 Uhr hatten Ryochi und Conan die Detektei Môri erreicht. Ran hatte schon längst alle möglichen Pferde scheu gemacht, weshalb man Professor Agasa gebeten hatte, sie ein bisschen zu beruhigen. Dass Conan bei Agasa war, funktionierte meistens – aber auch eine sanftmütige Oberschülerin fand, dass kleine Kinder ins Bett gehörten und hatte dementsprechend Stress geschoben. Eigentlich hatte der Junge auch bei Agasa übernachten wollen, um nicht in diesen Stress zu geraten – doch überraschend hatte er Ryochi gebeten, ihn nicht zu Agasa, sondern nach Hause zu fahren. Dagegen hatte der Detektiv nichts einzuwenden. Kogoro saß vor der Flimmerkiste und schien sich nicht wirklich Sorgen zu machen. Er hatte wieder einen über den Durst getrunken und Ran befand sich in der Küche, wo sie noch saubermachte und abspülte – so wie meistens – ihr Vater wäre ohne seine einzige Tochter wohl aufgeschmissen. Ryo hörte die Geräusche und stand dann in der geöffneten Tür, mit Conan neben sich. „Guten Abend“, sprach er sie von hinten an und Ran drehte sich zu ihm. „Oh guten Abend, Akaja-san“, entfuhr ihr dann überrascht, doch noch mehr verwundert wirkte sie, als sie den kleinen Conan neben dem Detektiv ausmachte, der etwas betreten zu Boden guckte. „Was ist? Was machst du denn hier?“ Sie warf sich das Handtuch über die Schulter, ließ alles stehen und liegen und kam zu ihnen. „Er wollte unbedingt nach Hause, da habe ich mich verantwortlich gefühlt“, sagte der Braunhaarige und Ran seufzte. „Ist was passiert? Hast du dich mit Ai-chan gestritten?“  Ansonsten würde er ja nicht um diese späte Stunde darum bitten, nachhause gefahren zu werden. „Ist doch ganz egal, Ran-chan! Oder etwa nicht? Manchmal braucht es keinen richtigen Grund. Er wollte eben heim. Ist das ein großes Problem? Hattest du etwas vor?“ „Ach Blödsinn! Und selbst wenn, dann würde ich absagen.“ Ran ging selten abends weg, dagegen hätte Conan sofort etwas getan, weil er einfach viel zu beunruhigt wäre, wo er ja wusste, was für Gestalten man des Nachts hier antreffen konnte… Er war ja fast schon paranoid und hatte immer Angst, die Organisation könnte doch mehr wissen, als sie ahnten – deswegen wollte er nicht, dass Ran nachts irgendwo alleine herumspazierte. Er könnte allerdings ja schlecht nachts mit ihr mitgehen – er war ja jetzt ein Bengel von sieben Jahren – das ging ihm auch ordentlich auf den Zeiger… „Das ist lieb von dir, dich so um ihn zu kümmern…“ Ryochi fand, dass sich Ran ganz schön aufopferte und deswegen ihr Leben auf der Strecke blieb, aber es machte ganz den Anschein, als würde sie es mit Freuden tun. „Ach, das ist doch nichts“, beschwichtigte die 17-jährige und lächelte Conan an. „Du willst uns also nicht sagen, was passiert ist. Egal, was es war, es ist nicht schlimm, du kannst mir alles sagen!“ Conan hob den Kopf und wirkte gleich ein bisschen platt, obwohl er Ran doch kennen musste. Konnte er ihr wirklich alles sagen? Nein, das konnte er nicht – das war ihm zu gefährlich. Wirklich begründet war es nicht damit, dass er Angst hatte, sie könnte etwas nicht verstehen, sondern eher in diese Sache hineingeraten. Sie sollte mit dieser Sache nichts zu tun haben… Nach dem kleinen Schreck lächelte er sie an. „Das weiß ich doch, Ran-neechan.“ Es war das, was er in diesem Moment wirklich fühlte. „Ich werde euch auch nicht weiter stören. Ich muss ja schließlich noch nach Hause fahren. Bin etwas geschafft von heute…“ „Das kann ich verstehen“, legte Ran ein und wirkte daraufhin ein klein wenig traurig. Conan beobachtete sie, wie ihre Mimik sich änderte. „Es kam in den Nachrichten…“ „Kein Wunder“, meinte Ryochi, lächelte jetzt aber zu Conan. „Also, sei schön brav und ärger sie nicht zu sehr.“ Der Ältere zwinkerte ihm zu und Conan nickte. „Schlaft gut“, mit den Worten machte sich Ryochi auf zum Gehen. Für einen Moment herrschte Stille, ehe sich Ran zu Conan hinabbeugte. „Willst du mir wirklich nicht erzählen, was los war?“ „Es war nichts, wirklich!“ Jemand wie er, der alltäglich log, so zu sehen, wie es ihm schwerfiel, seiner Kindheitsfreundin vorzugaukeln, alles sei in bester Ordnung, war schon merkwürdig. Er scheiterte gerade kläglich an diesem Versuch, wie er sah, da Ran eine Augenbraue hochzog, was sie sehr skeptisch wirken ließ. Ihm kam es eher vor, als würde sie das traurig machen, von ihm so belogen zu werden. „Weißt du, mein Kleiner… Manchmal sind Dinge so offensichtlich und trotzdem will man sie nicht wahrhaben. Vor ihnen wegzulaufen bringt aber auch nichts. Der heutige Tag war voller Überraschungen – du würdest es nicht glauben. Aber wenn du dein Geheimnis nicht mit mir teilen willst, ist das vollkommen okay.“ Die ganze Situation wirkte beunruhigend. Was zum Teufel meinte sie denn damit? „Du irrst dich aber, wenn du glaubst, dass ich nicht auch Geheimnisse habe“, sagte Ran in einem schadenfrohen Ton, wobei sie aber doch etwas traurig wirkte. Zum ersten Mal bekam er zu spüren, wie sich das anfühlte. Wenn der liebste Mensch Geheimnisse vor einem hatte und man wusste nicht im Geringsten, woran man war. ‚Eine Brille aufsetzen kann schon effektvoll sein.’ Wenn Ran das laut gesagt hätte, würde er total erschrecken… Obwohl es nicht nur um ihn ging, sondern noch um ganz andere Personen. Eigentlich hatte Ran vor, ihr Erlebnis von heute mit ihm zu teilen, aber es war ja nicht verwerflich, wenn man es mal nicht tat, oder?     Nach knappen 20 Minuten hatten Sêiichî und Chris den Apartment-Block erreicht, in dem Sêiichî sich niedergelassen hatte. Es war eine Gegend, die vor allem von jungen, reichen Leuten bewohnt wurde, also nicht gerade die Günstigste. Jedoch wenigstens weit weg von der heruntergekommenen Siedlung, wo sich die Verbrecher des Nachts aufhielten. Obwohl die Wohnung nicht riesig war, sie war gerade groß genug für eine Single-Person. Er hatte nicht vor hier zu bleiben, das sah die Blondine auf den ersten Blick. Aber wohl lange genug, um sich eine Wohnung zu mieten. Es widerstrebte ihm wohl sehr, bei den Akajas einzuziehen – deswegen wohnte er jetzt hier. Da konnte man ihn auch weniger kontrollieren, nicht wahr? Er versuchte immer der Kontrolle zu entfliehen, auch ihrer. Kaum, dass sie drinnen waren, schlüpften sie beide in Hausschuhe und Sêiichî fiel erledigt auf die Couch, wo er sich die Krawatte erst einmal lockerte. Ihr Weg führte sie gleich in die Küche, so dass er bald schon keine Lust mehr hatte, auf der Couch alleine zu versauern und sich zu ihr gesellte. Mit dem Rücken zu ihm gewendet, suchte sie sich alles zusammen, dabei beobachtete er sie nun klammheimlich. Ob das wohl was werden würde? Einmal hatte sie die Küche auch in Brand gesteckt, weil sie zu ihm gekommen war, während das Essen auf dem Herd war. Er war fasziniert davon, was sie tat, weil es so untypisch war. Hausfrauentätigkeiten waren nicht gerade ihre Lieblingsbeschäftigung. Shoppen und andere Leute bespitzeln schon eher. Ein leichtes Grinsen lag auf seinen Lippen, als sie die Schränke aufriss und dort die Zutaten sich zusammensuchte. Backpulver, Mehl und Zucker. Aus dem Kühlschrank holte sie Eier, Butter und Milch. Ein Messer aus der Schublade. „Was wird das eigentlich genau? Sieht eher nach Backen, als nach Kochen aus.“ Er lehnte am Türrahmen, als sie sich leicht zu ihm herumdrehte. „Nichts Besonderes, aber du hast Recht.“ Nun stieß er sich vom Türrahmen ab und ging zu ihr hin, um von hinten die Arme um sie zu schlingen. „Ein bisschen gedulden musst du dich aber noch“, sagte sie, während sie sich in seinen Armen drehte, so dass sie ihn direkt ansehen konnte. „Ich will’s aber jetzt wissen“, sagte er drängelnd und wirkte dabei ein kleines bisschen wie ein kleiner Junge. Chris konnte nicht leugnen, dass er gerade dann absolut unwiderstehlich war und sie am besten weichbekam. „Etwas Süßes“, gab sie geheimnisvoll von sich und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen, wo sie sanft rüberstrich und dabei ein bisschen mit ihm flirtete. „Du willst mich wohl unbedingt auf die Folter spannen, oder?“ „Das macht man bei kleinen Kindern genauso – und sie reagieren genauso, wie du das immer tust! Mit Schmollen, Protest und Drängeln. „Ich war aber den ganzen Tag brav – ganz im Gegensatz zu dir“, erwiderte Sêiichî, wobei er sie ein bisschen durch den eigenen Körper gegen die Theke drückte und sie einengte. „Du hast dich immerhin als eine Polizistin ausgegeben, nur um mich auszuhorchen, das war nicht nett von dir.“ „Oh, du hast es bemerkt. Wann genau?“ Am liebsten wollte er sie ja im Dunklen tappen lassen, so wie sie das gern bei ihm tat, deswegen schloss er dann doch geheimnisvoll die Augen. „Oh, wer weiß?“ Vielleicht war sie am Ende ja sogar beleidigt, oder sie war beeindruckt von ihm, dass es keine Minute gedauert hatte, bis er ihr Spiel durchschaut hatte. Es waren so gewisse Verhaltensweisen, die ihn an Yukiko Kudô erinnerten. „Ach komm, sag’s mir. Ich will, wenn schon wissen, wo mein Fehler lag.“ Man lernte ja nie aus, nicht wahr? Sêiichî gab einen belustigten Laut von sich und tätschelte ihren Kopf, wie bei einem kleinen Mädchen. „Wer sagt, dass du einen Fehler gemacht hast? Vielleicht bin ich einfach zu schlau, um auf so etwas hereinzufallen?“ Er kniff ein Auge zu und wirkte dabei ein kleines bisschen frech. „Und du hast nicht bemerkt, ab welchem Zeitpunkt ich es wusste? Dabei habe ich dir doch genug Hints gegeben, oder?“ Er griff sich an die Stirn, dabei war er mehr als nur belustigt. „Meinst du wirklich, dass man einem Kerl wie mir zutraut, Single zu sein? Ernsthaft?! Damit hast du mich ganz schön beleidigt. Ich will dir ja keine Angst einjagen, aber bisher hat noch keine angenommen, dass ich Single wäre. Ich wusste gar nicht, dass dein Ego das so dringend nötig hat. Dass du es so unbedingt aus meinem Mund hören wolltest, dass ich eben nicht Single bin.“ „Ich wollte mal gucken, wie du reagierst. Und mein Ego hat das gar nicht nötig. Deins aber anscheinend, sonst wärst du ja nicht so entrüstet.“ Sie setzte absichtlich ein unschuldiges Lächeln auf. „Für die Show müsste man dir den Hintern versohlen. Sei lieber froh und dankbar, dass ich meinen Kollegen nicht gleich gesagt habe, dass du dich ins Präsidium geschlichen hast. Satô-san wäre sicher wenig begeistert.“ Ihre Hände glitten über sein Hemd, während sie sich ganz lässig zurücklehnte. „Die fandest du gut, nicht wahr?“ Ihre Stimme hatte kurz einen stichelnden Ton angenommen, so dass Sêiichî etwas verblüfft, aber auch erschrocken wirkte. Aber seine Freundin kannte Mittel und Wege, gerade weil sie ihn so gut kannte, wie sie seine  Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte und zwar nur auf sie alleine. Egal wie heiß er die Polizistin vielleicht gefunden hatte. Gerade weil er ja mal wieder so bemüht darum war, die Distanz hinter sich zu lassen, konnte sie ihr Bein, das sowieso etwas ausgestreckt war, an seinem Hosenbein entlang gleiten lassen, bis ihr Knie provozierend den höchsten Punkt erreichte und ihn bei einer sehr männlichen Schwachstelle erwischte. Sie trat nicht zu, so wie sie es bei manch anderem vielleicht getan hätte, sondern rieb sich kurz etwas provokant dort. „Und selbst wenn? Was dann?“ hauchte er ihr verheißungsvoll zu. „Nichts dann.“  Glaubte er denn allen Ernstes, nur weil diese Frau vielleicht seine Kragenweite war, würde sie irgendwelchen Eifersuchtsgefühlen zum Opfer fallen? Ganz gewiss nicht – außerdem wer sagte, dass ihr Freund Chancen hätte? Chris nahm das Knie runter und drehte sich herum, wobei sie ihn nur kurz streifte und ihm dann den Hintern präsentierte, anstelle von ihrer Front. Dann tat sie so, als würde er überhaupt nicht existieren und kümmerte sich wieder um das Essen. „Tu mir den Gefallen und rück mir ein bisschen vom Leib, sonst passiert noch ein Unglück.“ Halbmondaugen – er war so etwas ja gewohnt, trotzdem war es ganz schön frech, ihn mit dem Knie so zu bearbeiten, nur um sich dann herumzudrehen und so zu tun, als wäre gar nichts gewesen, aber diese Spielchen zeigten ihm nur, wie hastig Männer immer waren und wie kalt Frauen. Von der einen Sekunde auf die andere… Einfach fallen gelassen, wie eine heiße Kartoffel. Sêiichî reckte sich ein bisschen, um besser sehen zu können, was sie da trieb. Chris nahm gerade das Messer und schnitt die Äpfel in gleich große Stückchen, wobei sie eines sich sogar in den Mund steckte. Sie waren schön süß. Er sah ihr interessiert dabei zu und sie erwartete ja, dass er ganz seinem Charakter entsprechend darauf pfiff, ob sie sagte, er solle ihr vom Leib rücken, deswegen sagte sie es ja. Aber er hielt nun tatsächlich Abstand und sie spürte ihn nicht gleich hinter sich. Dafür aber legte er die Hände links und rechts neben sie auf die Arbeitsfläche und lugte an ihr vorbei, als würde sie eine sonst wie spannende Tätigkeit verrichten. Eine wirkliche Küchenfee war sie nicht, trotzdem sah es irgendwie gekonnt und professionell aus, was sie da machte. „Ich will jetzt wissen, was das wird…“ Er war ja noch nie geduldig gewesen. Weder bei Frauen an sich, noch in Sex-Dingen – aber gerade war er wie ein kleiner Junge. Er lugte links, er lugte rechts und war total aufgeregt – so etwas kannte sie nur von Hündchen, denen man die Leine zum Gassigehen zeigte – die dann total durchdrehten und wild mit dem Schwanz wedelten. „Sag’s mir! Los.“ „Wirst du schon sehen.“ „Ich will’s aber sofort wissen!“ Jetzt war alles zu spät, er lehnte sich an sie, weil er es einfach nicht lassen konnte. „Sei nicht immer so ungeduldig. Du machst einen ja verrückt. Zieh doch jetzt mal Leine!“ Kaum hatte sie das gesagt, gab sie ihm mit ihrem Hintern einen Schubs von sich weg. „Wenn ich mich wegen dir schneide, kannst du was erleben!“ drohte sie ihm und er gab sich geschlagen. Mit einem schmollenden Laut zwar, aber er setzte sich an den Tisch und stützte den Kopf mit der Hand ab. Dass er aus der Küche verschwand, war wohl zuviel verlangt, aber sie ließ ihn, solange er ihr nicht wieder auf die Pelle rückte. Die Äpfel zu schneiden war am langwierigsten. Sie war froh als sie alles in die Schüssel tun konnte. Daraufhin folgten die anderen Zutaten, dann kam der Mixer. Sêiichî hatte mittlerweile den Kopf wieder erhoben und versuchte doch noch von seinem Platz einen Blick zu erhaschen, aber sie versperrte ihm die Sicht. Als sie mit dem Mixen fertig war, holte sie die Pfanne und das Ganze nahm langsam Gestalt an. Er blinzelte ein paar Mal und sah dann dabei zu, wie sie das bis eben verrührte Zeug in die Pfanne gab und dort das Öl ordentlich zu brutzeln begann. Er stand auf und trat neben sie, die dem Essen dabei zuschaute, wie es vor sich hin briet. „Sind das Pfannenkuchen?“ fragte er neugierig. „Apple Pancakes, um genau zu sein.“ „PANCAKES?!“ Man hätte meinen können, dass Sêiichî schockiert davon war, als er seine Frage so ausspie und den Kopf nach vorne schob, direkt neben ihren starrend auf den Inhalt der Pfanne. „Kein Witz?“ „Siehst du doch…“  Der junge Mann glaubte selbst noch nicht, was er sah, deswegen fragte er ja so ungläubig nach. „Du magst doch Pancakes?“ Ihre Augenbrauen kräuselten sich ein wenig bei der Nachfrage. Das Gute an Pancakes war, dass man nicht sonderlich viel falsch machen konnte, wenn man sie einmal hinbekommen hatte, würde man sie wieder hinbekommen. Noch beeindruckender fand er, dass sie kein Rezept da hatte und daher ganz offensichtlich ganz genau wusste, wie die Dinger gemacht wurden. „Natürlich mag ich Pancakes!“ In seiner Stimme klang wahre Freude hindurch, aber das schien ihm nicht zu reichen, er öffnete den Schrank und holte zwei Teller heraus, gerade in dem Moment als sie den ersten Pfannenkuchen wendete. Und sie tat es wie ein wahrer Profi, warf den Pfannenkuchen durch die Luft und fing ihn wieder. Dabei sah er dann doch etwas schockiert und überrascht zu. „Ich hoffe, du bist dir im Klaren, dass du jetzt mein persönlicher Pancakes-Sklave bist, oder? Ich liebe Pancakes!“ Seiichî ging zu ihr und drückte ihr voller Entzücken einen dicken Kuss auf die Wange, der aber auch sehr liebevoll wirkte. Noch stärker konnte er seine Liebe fast nicht mehr ausdrücken. Es hatte ihn wohl überkommen, weshalb sie schmunzelte. „Achja, wirklich?“ grinste sie ihn an und tat bewusst ungläubig, dabei genoss sie sichtlich das Verhalten, was er an den Tag legte, egal ob er dabei wie ein kleiner Junge agierte – kleine Jungs waren wenigstens ehrlich. Sie schmierten einem keinen Honig ums Maul, nur um einen ins Bett zu kriegen, nicht wahr? „Ja – ich will jetzt mindestens einmal in der Woche welche.“ Ansprüche stellen konnte er ja schon immer, daher wunderte es sie nicht, dass er so einen Spruch mal wieder brachte. „Oh, das muss ich mir schwer überlegen. Dafür musst du auch ein bisschen was tun“, ärgerte Chris ihn und wahrscheinlich schockierte es ihn wieder, deswegen tat sie auch ein bisschen nachdenklich – als würde sie sich irgendwelche Gemeinheiten ausdenken. „Du würdest alles für Pancakes tun, right?“ Es war eine Fangfrage, noch dazu eine absolut fiese. Sêiichî war sehr voreilig, da seine Liebe zu Pancakes wohl sehr groß war, weshalb er sofort nickte. „Oh wirklich? ALLES?!“ Bei dieser Betonung zuckte er jetzt doch ein bisschen zusammen. Bevor sie ihre Konversation weiterführten, holte sie aber den ersten Pfannenkuchen aus der Pfanne und wendete sich dann Sêiichî zu. Sie ging zu ihm, schlang die Hände um seinen Hals und strich diesen entlang, während sie ihm auf die eine Art ernst, auf die andere aber auch mit einem leichten Grinsen auf den Lippen ihre Bedingung präsentieren wollte. Auf den ersten Blick wirkte dieses Lächeln, als käme nun ein kleiner Gag, aber… „Nichts im Leben ist umsonst, Sêiichî Iwamoto. Ich betone, dass ich das absolut ernst meine, nur falls du denkst, ich mache Witze. Du bekommst deine Pancakes… Und ich bekomme…“, sie näherte sich seinen Lippen und hauchte es ihm verheißungsvoll, aber auch betörend zu, „ich bekomme ein Baby. Ist das ein Deal?“ …  Ihre Stimme klang dabei todernst. Damit verschlug sie ihm doch seine Sprache und er hustete einmal. „Was?“ Er klang ein bisschen erschüttert, ja doch schockiert, lächelte dann aber. „So, so. Klug ausgehandelt.“ Eine gewisse Raffinesse musste man ihr ja zugestehen. Er klang ziemlich amüsiert darüber, wie sie ihm diesen Wunsch vortrug. „Aber weißt du, Darling“, sagte er, dabei griff er sich ihr Kinn, was er schon immer ganz gern gemacht hatte. Alter Macho. Dabei sah er ihr mit einem fiesen Grinsen ins Gesicht. „Wenn das unser Deal sein soll, musst du mir aber ganz schön viele Pancakes machen, um deine Schuld zu begleichen. Immerhin arbeite ich seit Jahren hart daran, dass du dein Baby bekommst.“ Er wusste, wie dreist das nun war, aber er hatte sich bei so viel Raffinesse einfach nicht verkneifen können, so etwas zu sagen. „Ich kann schließlich nichts dafür, wenn du Dummerchen erst jetzt auf so etwas kommst. Ich hatte nie ein Problem damit.“ Er fühlte sich auch ein wenig überlegen, weil sie ihn ganz offensichtlich gerade schockieren wollte. Dass Frechheit siegte, hatte sie ja immer gewusst, aber Sêiichî Iwamoto musste natürlich mal wieder den Vogel abschießen. So ein dreister und frecher Typ war ihr noch nie untergekommen. Solche Sprüche hätte sein Vater nie gewagt vom Stapel zu lassen. Es war das allererste Mal, dass er es wirklich geschafft hatte, dass ihr fiebrig warm geworden war und sie sich jetzt doch beide Wangen hielt. In Verlegenheit geraten durch einen jüngeren Mann, von dem sie geglaubt hatte, dass er sie nie so sehr schockieren könnte. Seit Jahren, hatte er gesagt. Ihre Wangen glühten regelrecht und ihre Augen leuchteten ihn gefesselt an. Es war der beste Anblick seit langem. Der tolle Moment in seinem Leben – gleich nach seiner Frage zu Weihnachten, die alles für sie beide besiegeln sollte. Die Frau seines Lebens zu fragen, ob sie einen heiraten wollte, war eine Sache. Kinderwünsche eine andere. Wobei eines davon meistens mit dem anderen kam – wenn nicht schon früher. Er schmunzelte und könnte schwören, gerade war sie absolut glücklich, das machte es so vollkommen. Lange war es her mittlerweile, dass sie ihn so ähnlich angesehen hatte. Sie schaffte wohl gerade nicht einmal irgendetwas zu sagen, so fassungslos hatte es sie gemacht. „Sieht so aus, als hättest nicht nur du Geheimnisse, was?“ So etwas hatte er schon immer einmal sagen wollen, wo sie so davon überzeugt war, alles von ihm zu wissen. „Das ist aber ein sehr süßes Geheimnis“, flüsterte sie und klang dabei gerührt. „Küss mich, Sêiichî…“ Sie hatte noch nie gefragt, sondern sie hatten grundsätzlich immer gehandelt, aber diesmal bat sie ihn darum – sie war gerade irgendwie unfähig, irgendetwas zu tun. Sêiichî nahm ihre Wangen und drückte ihr seine Lippen auf und küsste sie einen schier unendlich wirkenden Moment, der einem aber kurz darauf schon wieder als zu kurz vorkam, so dass er noch einmal seine Lippen gegen ihre drückte, während er sie bei dem kleinen Zusatzküsschen  ansah. Er wollte sie immer schon so glücklich sehen. Deswegen schloss er sie jetzt auch in seine Arme und hielt sie einen Moment länger noch dicht bei sich. Er wollte sie eigentlich gar nicht wieder loslassen, aber irgendwann musste er das sowieso. Seine heißgeliebten Pancakes hatte er in dem Moment doch ein kleines bisschen vergessen. Der Gedanke an ein Baby mit der Frau seines Herzens erschien ihm wichtiger. Er hatte sich ja sowieso immer gefragt, ob sie dieses Thema bis in alle Ewigkeit umschiffen würden. Oder ob einer von ihnen es dann doch irgendwann mal zur Sprache brachte. Zwar gab sich Sêiichî große Mühe, nicht vor ihr zurückzustecken, denn sie war eine absolut starke Frau, die jeden Mann kleinbekam, auch ihn – aber sie hatte ihm während ihres Zusammenseins oft harte Schläge verpasst, da kam auch sonst niemand ran. Keine andere Frau hatte ihm so zugesetzt, wie sie. Dabei war sie nicht wirklich bösartig, wie man ihr das oftmals unterstellte, nein sie war verdammt clever und wusste ganz genau, was sie tat und wann. Eine gefühlte Ewigkeit wusste er so gar nicht, was Sache war, gerade weil sie jedes Geheimnis hüten konnte, wie einen Schatz. Jetzt, wo sie ihn mit so etwas schocken wollte, konnte er einfach nicht länger widerstehen und wollte sich zumindest einmal an ihr rächen. Für all die Schläge, all jene Momente, wo sie ihn hatte auflaufen lassen, mit ihren kleinen Fiesheiten, die er aber doch so an ihr liebte. Sie einmal um ihre Sprache zu verschlagen, war es wert, auch wenn es frech gewesen war. „Du warst schon immer verrückt“, sagte sie, während ihr Kopf an seiner Brust lag. „Oh ja – vor allem furchtbar verrückt nach dir.“ Noch einen kurzen Moment wollte sie es genießen, die Stimmung, das Gefühl, was er ihr gegeben hatte, deswegen schloss sie die Augen. Jemand wie sie, der die Hoffnung vor langer Zeit schon fast aufgegeben hatte, verspürte solch ein Gefühl natürlich noch viel intensiver. Gerade bereute sie es kein bisschen, dass sie um ihn gekämpft hatte – auch wenn ihre Methoden nicht immer fair gewesen waren. Aber auch er war nicht immer gerecht, obwohl er ein Mann des Gesetzes war, konnte er sehr ungerecht sein – vor allem in seinem Verhalten. Er war alles, nur kein einfacher Mensch, der leicht zu durchschauen war, ebenso wenig wie man ihn leicht einfangen konnte. Chris war schon so manchem Mann begegnet, den sie einfacher um den Finger wickeln konnte. Obwohl Sêiichî ihr absolut verfallen war, das wusste sie, kam es ihr nie vor, als hätte sie ihn wirklich ganz für sich gehabt – das hatte viele Male auch wirklich wehgetan, trotzdem hatte sie die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es sich eines Tages eben doch lohnen würde. Und sie hatte Recht.   ~Dunkler Ort, spät am Abend~   Es gab Verbindungen, die weder auf gegenseitigem Respekt basierten, noch sonst irgendwie etwas mit irgendeiner Art von Zuneigung zu tun hatten. Drei Schwarzhaarige zum Beispiel, die sich in einer Lagerhalle aufhielten. Einer von ihnen spielte mit seinem Feuerzeug, während die zwei Anderen sich der Wut hingaben. Der 32-jährige war besonders still, von seiner Hand ging ein regelmäßiges Klacken aus, wenn er das Feuerzeug betätigte – jedoch steckte er damit nichts an, sondern ertrug die zwei Anderen, die er überhaupt nicht ausstehen konnte. Einer der anderen Zwei, ein gut aussehender Schwarzhaariger mit türkisfarben leuchtenden Augen musste dieses Individuum ertragen, das sich die ganze Zeit geradezu künstlich aufregte. „Ich konnte absolut nichts machen! Es kotzt mich an, immerzu auf Befehle zu warten! Es ist doch nun wirklich scheißegal, wie viele Bullen wir killen! Je weniger von denen hier frei herumspazieren, umso besser!“ regte der Älteste von ihnen sich auf und die beiden Jüngeren im Bund schwiegen. Der Jüngste lächelte spöttisch – gern umgab er sich mit Leuten, welche die Polizei genauso verabscheuten, wie er das tat – zweifelsohne war Chardonnay der größte Polizistenhasser, den er je kennenlernen durfte. Wenn er als Killer, der sich ausschließlich mit Polizisten beschäftigte, nicht so gut zu gebrauchen wäre, hätte er ihn sicherlich nicht am Leben gelassen. Aber er war brauchbar – sagte sein Vater immer, gerade weil er mit Hingabe Polizisten ermordete. Diesmal waren ein paar Leute ums Leben gekommen, die mit Polizei nicht so viel am Hut hatten, sie aber trotzdem eingeschaltet hätten. Zeugenbeseitigung war ihrer aller Job – nun moserte der Kerl, weil es hieß, Auftrag ausführen, dann abhauen – die Bullen lasst ihr in Ruhe. Sie konnten ihnen nichts anhaben, waren ahnungslos. Bei dem Gebrülle, was der Kerl die ganze Zeit veranstaltete, da er keinerlei Beherrschung besaß, tippte er ganz nebenbei eine Nachricht.   ~Chardonnay schäumt vor Wut. Ist eigentlich ganz witzig. Er flucht und schimpft die ganze Zeit.~   ~Ausgerechnet sein Sohn hält ihn davon ab, Polizisten zu ermorden… Muss ihm arg zusetzen, was, Jami?~   ~Irgendwann bringt er ihn eigenhändig um.~   ~Dann hat Chardonnay aber bald auch nichts mehr zu lachen.~   ~Darauf würde ich einen trinken, wenn der Fall eintrifft… Ich bin es leid die Schweinereien, die er anzettelt, auszubügeln. Und dann ist da noch Vermouth…~   ~*grins* Was hat die Alte wieder angestellt?~   ~Bisher nichts… Da sie aber immer noch in Japan ist, wird das wohl nicht mehr allzu lang dauern. Du weißt doch, sie und Chardonnay sind so etwas wie Erzfeinde. Um ihn ärgern zu können, tut sie alles. Der Boss sollte dagegen schleunigst was unternehmen, sonst bringen sie sich gegenseitig um.~   ~Zumindest von Chardonnays Seite ist nichts zu befürchten. Er wird ihr direkt nichts tun. Er hat gnadenlos sein Herz an diese Frau verloren. Alles, was er tut, sind Verzweiflungstaten, weil er sie nicht haben kann~   ~Vielleicht träumt er noch immer davon, dass sie eines Tages ihre Meinung ändern wird und sie doch noch zusammen sein können. Man kann bei dieser Frau ja nie wissen. Heute sagt sie so, und morgen ganz anders, je nachdem, wonach ihr gerade ist.~   ~Willst du mich verkohlen, Jami? Seine hinterhältigen Aktionen werden ihm bestimmt eines Tages das Genick brechen! Dazu, dass sie ihn mehr leiden kann, wird das kaum führen.~   ~Ich genieße und schweige. Soll er diese Frau eben weiter ärgern. Ich weiß, was gesund ist und was nicht. Was geht schon verloren, wenn sie Chardonnay umlegt? Ich würde ihn nicht vermissen, den elenden, alten Bastard.~   ~Deine Liebe zu diesem Kerl ist offensichtlich auch schier endlos~   Damit endete der Verlauf. Jami konnte nicht verbergen, dass er diesem alten Sack keine Träne nachweinen würde. Ihre einzige Verbindung war eine Abneigung gegen die Polizei und ihr gemeinsamer Arbeitgeber.   „Hör doch endlich auf, hier so furchtbar rumzuschreien, Chardonnay! Diese Lagerhalle wird zwar von Yakuza besetzt, aber das heißt nicht, dass die Polizei nicht wagen würde, diese zu untersuchen. Die haben ein paar brauchbare Leute, die so etwas wie Angst anscheinend nicht kennen…“, seufzte der Mann, der keinen anderen Job innerhalb der Organisation hatte, als aus der Entfernung auf Menschen zu schießen. Ansonsten hatte er nichts zu tun. „Ich habe wenig Lust, wegen so einem Scheiß noch im Gefängnis zu landen. Wo stecken die anderen Beiden eigentlich?“ „Lage auskundschaften“, antwortete Jami, was den Anderen zum Seufzen brachte. „Und wir drehen Däumchen und warten darauf, dass sie zurückkehren? Ätzend…“ „Gin wurmt da so etwas, was er unbedingt auskundschaften will. Ihm geht so’n Schnüffler gewaltig auf den Sack. Er hat Vodka mitgenommen, um sich die Sache genauer anzusehen. Wenn’s hart auf hart kommt, wird er jeden umbringen, der in Verbindung mit *ihm* steht.“ „Von wem sprichst du?“ kam aus einer Ecke heraus, von der dritten Person, dessen Stimme eher besonnen wirkte. „Bourbon erlaubt sich ein paar Sachen, die passen ihm überhaupt nicht in den Kram.“ Jami verstand aber den Ärger, den Gin in sich verspürte, wenn es um diesen Detektiv ging – ihm war so was auch nicht geheuer. Der Boss hingegen mochte Detektive sehr gern, vor allem, wenn sie für ihn arbeiteten. „Weil er in seinem Revier auf die Jagd geht etwa?“ „Liegt wohl eher daran, dass er Schnüffler nicht ausstehen kann“, sagte Chardonnay, „die finden alles heraus. Ob’s einem schmeckt, oder nicht. Manchmal finde ich sie jedoch ganz hilfreich. Aber nicht, wenn sie ständig mit Bullen in Kontakt treten – so etwas kann Gin eben nicht ausstehen. Er misstraut ihm…“, fügte Chardonnay spöttisch an und warf seine Kippe in eine Pfütze, wo die Glut erlosch. „Mir war auch so, dass Bullen unsere Feinde sind, nicht unser Freund. Oder wie seht ihr das?“ Mittlerweile hatte sich der grenzenlose Zorn gelegt, auch wenn Flavis – der Dritte im Bunde nun ein dreckiges Lächeln zeigte. „Solltest du Vermouth mal fragen, was sie dazu zu sagen hat…“ Der Mann hatte Gründe, weshalb er ausgerechnet Chardonnay Derartiges unter die Nase rieb, was diesen jedoch nur wieder in Rage versetzte, so dass er seine Pistole zückte und sie ihm im Eifer seines Zorns an die Stirn hielt. „Halt dein freches Maul, du Handlanger!“ Er sollte gefälligst nicht solche Äußerungen machen, während dieser Jami hier war. Der würde am Ende noch dafür sorgen, dass sie sich nie wieder sahen… Verrat, egal welcher Art, wurde von Jami mindestens genauso schlimm bestraft, wie von Gin. Wie konnte er wagen, diese Andeutungen zu machen? Was passte ihm an dieser Frau nicht? Zum Glück war Jami kein Schnüffler, sondern ein Mörder, sonst hätte er vielleicht sofort aufgehorcht. „Vermouth würde bei solchen Fragen wohl eher anfangen zu lachen“, sagte Jami unbeeindruckt und ließ die Information sacken, ohne sich darüber auch nur im Geringsten Gedanken zu machen. Zum Glück tat er das nicht und Flavis wagte nicht, es noch deutlicher zu machen, da er gerade bedroht wurde. „Der Handlanger ist in der Lage dich aus 500 Yards Entfernung zu erschießen, Chardonnay“, gab der Schwarzhaarige zurück – er würde ihn ja sowieso jetzt nicht töten. Nicht, während Jami hier war. Derartiges wagte der Mistkerl nicht, außerdem brauchte er ihn ja noch, um auf irgendwelche Leute zu schießen, an die er direkt nicht rankam, nicht? Er wog sich also in Sicherheit, aber ihn allzu sehr verärgern war dennoch nicht gesund. „Könnt ihr euch nicht beherrschen?“ seufzte Jami. Keiner von ihnen mochte sich, doch während sie sich gegenseitig anfauchten, konnte er selbst diesen Impuls der Abneigung unterdrücken, wenn er es musste. Dass Chardonnay in Vermouth verliebt war und den Beschützer raushängen ließ, wusste Jami, nur leider dankte die Frau ihm das herzlich wenig und behandelte ihn eher wie Luft, solange er ihr nicht dumm kam. Amer Kerl. Flavis hatte andere Gründe, weshalb er die Amerikanerin nicht ausstehen konnte – Cognac zum Beispiel. Wegen ihr hatte Flavis immer nur Ärger mit allen Möglichen Leuten. Kaum, dass er es gewagt hatte, mal in Cognacs Richtung zu husten, kam dieser Carpano und es wurde hässlich für den Scharfschützen. Vermouth informierte ihn auch immer sofort… Leider war mit Scharfschützen nicht zu spaßen. Jeder, der nicht selbst mit einem Gewehr geübt war, hatte da schlechte Karten. Cognac wusste zwar, wie man so ein Ding bediente, aber wirklich gut damit war er nicht, weil er die Dinger eher verabscheute. Jami selbst fand es nicht schlecht, wenn man damit umgehen konnte, auch wenn seine Lieblinge eher Automatikpistolen waren. Der Boss hatte ihm alles beibringen lassen, was von Nutzen sein könnte – deswegen beherrschte er den Umgang damit recht gut. Leuten wie Chianti und Korn, oder Flavis und Carignan, konnte er allerdings nicht das Wasser reichen.     Natürlich war Conan ein kleines bisschen beleidigt, weil Ran ihm gesagt hatte, sie hätte Geheimnisse. Er schmollte demonstrativ und war dann auch noch bockig – ich will noch nicht ins Bett, morgen ist schulfrei, hatte er gesagt, aber Ran war gnadenlos, schickte ihn ins Bad und dann ins Bett. Kleine Kinder gehörten ins Bett und sie behandelte ihn gerade auch extra noch wie ein kleines Kind – immerhin war er auch bockig wie eins. Als er den Kampf endlich aufgegeben hatte – und zwar als auch noch Kogoro sich wunderte, wie spät dieser Nervenzwerg noch wach war – schmollte der Junge in seinem Zimmer weiter. Er hörte, dass Ran noch lange nicht ins Bett gehen wollte. Weil der Junge ja schon früher ein Strolch gewesen war, schlich er sich aus dem Zimmer, als Ran glaubte, er würde schon schlafen. Sogar Kogoro schlief schon, nur Ran nicht. Es war äußerst verdächtig, dass sie wenn alle schliefen an den Computer ging, um dort irgendetwas zu machen. Der kleine Detektiv war wirklich paranoid, das merkte er, als er nun sogar Skepsis gegenüber seiner Kindheitsfreundin entwickelte. Es kam ihm eben komisch vor, aber er rannte nun nicht sofort hin… „So mal sehen… mhm…“, sagte sie und nahm das Handy zur Hand, wo sie einen längeren Blick drauf warf, dabei etwas traurig lächelte, es dann aber mit dem Computer verband, um die Bilder auf den Rechner zu ziehen. Zu gerne wäre Conan zu ihr gegangen, um zu schauen, was sie machte – aber erstens hatte er im Bett zu liegen und zweitens fand man mehr heraus, wenn man nur guckte und sich nicht zu erkennen gab… Während die Bilder übertragen wurden, surfte die Schülerin im Internet, wobei sie ganz bestimmte Begriffe in Twitter eingab, woraufhin die Maschine jede Menge Dinge ausspuckte, die sie sich ansah. „Sehr mysteriös. Da gibt es ja sogar einen Artikel darüber. Ich würde mich gerne mal mit ein paar Fans unterhalten… Die wissen bestimmt mehr.“ Natürlich bezog der Junge es sofort auf Shinichi und bekam schon fast Panik, weil er glaubte, dass Ran versuchte Informationen zu bekommen, wo er sich aufhielt. Dass sie jetzt schon so weit ging, nachzuforschen. „Ich werd’ verrückt!“ Das Mädchen sprang bei ihrem freudigen Satz fast in den Computer, so dass Conan bleich wurde. Was zum Geier hatte sie gefunden?! Das Mädchen nahm das Handy und suchte einen Kontakt-Eintrag und rief denjenigen dann an. Dabei wirkte sie ein kleines bisschen angespannt, denn es war immerhin schon recht spät für Anrufe. „Hallo Amuro-san! Ich weiß, es ist schon spät, aber… Ich habe da etwas auf dem Herzen. Hast du Zeit??“ Eine kleine Stille herrschte, dabei lächelte sie ein wenig verlegen. „Ja, du hast richtig verstanden. Jetzt…“ Conan wäre am liebsten zu ihr gesprungen und hätte aufgelegt. Nicht nur, dass sie nachforschte, jetzt wollte sie es auch noch gemeinsam mit Amuro tun, oder wie hatte er das zu verstehen? Das fand der Junge alles andere als lustig. Der Kerl war ziemlich fähig – ausgerechnet an ihn wollte sie sich wenden, weil sie etwas auf dem Herzen hatte… Amuro war gerade dabei, sich umzuziehen, um dann das Café zu verlassen, als er Ran ans Telefon bekam. Er hatte sich schon gewundert, dass sie ihn anrief. Weil er sie mochte, hätte er wohl jederzeit ihre Anrufe entgegen genommen, da musste schon etwas Schlimmes im Gange sein – oder er mit komischen Leuten zusammen, dass er sie ignorieren würde… Zu hören, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, war nicht schön – auch wenn es spät war. „Bei dir oder bei mir?“ fragte er, instinktiv – ohne es so zu meinen, wie es klang.   Ran am anderen Ende wurde doch etwas rötlich im Gesicht, als er so direkt fragte. Sie schmunzelte, dabei wirkte sie ein bisschen träumerisch, merkte es aber selbst nicht sofort. „Wie das klingt…“ Das Lachen klang in ihrer Stimme mit. „Du kennst den Weg ja. Wäre schon ganz nett, wenn du herkommst.“ Ran hatte sonst kaum Kontakt zu Jungs und Amuro war ein sehr guter Freund, dem sie vertraute. Ab und zu brauchten Mädchen schon mal eine Bestätigung. Sie würde nun gewiss nichts Komisches anstellen, aber seine Aufmerksamkeit genießen war doch kein Verbrechen. Sie wusste nicht, welches Gedanken-Szenario sie durch das kleine Flirten in Conan auslöste. Sie traf sich mit ihm – hinter seinem Rücken – er konnte es einfach nicht fassen… In seinem Kopf fanden schon die schlimmsten Sachen statt. Gerade in diesem Moment spürte er, dass er oft vergaß sie anzurufen, weil er ja immer hier war… „Kein Problem. Ich komm gleich. Hoffentlich wird’s dir nicht zu spät.“ „Oh, ich bin schon groß, das macht nichts“, gab sie zurück und wirkte dabei in Conans Augen wie ein anderer Mensch – nicht mehr wie das kleine Mädchen, was er verlassen hatte, sondern wie eine junge Frau. Bei dem Gedanken wurde ihm angst und bange. Ran hatte sich verändert, sehr sogar, wie er gerade feststellte. Sie war älter geworden, reifer und vor allem eines – etwas sehr Gefährliches: Schöner. Sie war schöner geworden. Dass sie superhübsch war, das war mit Sicherheit auch schon Anderen aufgefallen, nicht nur ihm… „Dann ist ja gut“, hörte sie Amuro sagen, der ein klein wenig lachte. Oh, warum musste er lachen? Hielt er sie für ein kleines Mädchen und musste deswegen lachen? „Lach nicht! Ich werde 18. Das ist doch schon groß.“ Der Blonde hörte das leichte Schmollen aus der Stimme von Ran und lächelte. Er konnte nicht von sich behaupten, dass er ihre Gesellschaft nicht genießen würde. „Ich lache nicht über dich“, sagte er, weiterhin schmunzelnd. „Ich beeil mich. Schließlich will ich ja nicht, dass du das, was du auf dem Herzen hast, allzu lange allein ertragen musst.“ Nun hatte er sie erwischt, sie war richtig rot geworden. „Bis gleich“, flüsterte sie, das wirkte natürlich ganz besonders komisch, weil sie dabei noch immer lächelte und rot war. In Conans Augen lief da was ganz anderes als ein kleiner Freundschaftsdienst. Er bekam es so richtig in den falschen Hals… Sie machten nur Spaß, es war nichts ernst gemeint. Jedenfalls von Rans Seite nicht. Immer noch versteckte sich Conan, dabei zeichnete sich deutliche Panik in seinem Gesicht ab. Wie sollte er da denn bitte ins Bett verschwinden? Wenn er wusste, dass dieser Typ jetzt zu so später Stunde hier reinschneien würde? Einen Teufel würde er tun. Er würde ein wachsames Auge auf sie haben – und wehe er versuchte krumme Dinger, da würde dieser Kerl aber das Kleinkind-Ich, was er oftmals nur spielte, so richtig kennenlernen. Kinder konnten mehr als nur nervig sein – jawohl!     Conan lag auf der Lauer und beobachtete dabei Ran noch, nachdem sie aufgelegt hatte. Das monotone Klicken der Maus machte ihn beinahe wahnsinnig, denn sie schwieg nun und schien abzudriften. Dachte sie jetzt allen ernstes an die Person, die sie herbestellt hatte? Oh, wenn Kogoro das wüsste, dem würde das bestimmt genauso wenig gefallen. Wenn er nur nicht so hackedicht gewesen wäre, hätte der kleine Junge ihn nun geweckt, damit er diesem Amuro die Leviten lesen konnte – was fiel dem schließlich ein? Ran war minderjährig und bald war Mitternacht…   Dass der blonde Detektiv sich nicht sonderlich viel Zeit ließ, sondern schon bald vor der Tür stand, damit hatte der kleine Junge bereits gerechnet. Doch wirklich an den Computer traute er sich nicht, weil er sich nicht erwischen lassen wollte. Als es nun klopfte, versteckte er sich weiterhin und wartete, dass Ran den Älteren ins Büro geführt hatte. „So, nun erzähl mal, was dir auf der Seele brennt, Ran!“ wollte der 29-jährige sofort von dem Mädchen wissen, sie nahm den Mann an der Hand und zog ihn durch den Raum, ohne sich wirklich viel dabei zu denken. Er war nicht der erste Mensch, den sie einfach an die Hand nahm und mitzog. Dass er ein bisschen älter war, das konnte sie geflissentlich ignorieren. „Ich sag’s dir gleich“, meinte Ran und rückte einen Stuhl neben ihren, wo sie Amuro dann förmlich draufpresste, ehe sie sich neben ihn setzte. „Oh, du hast im Internet gesurft“, merkte er an und Ran faltete die Hände im Schoß und schaute betreten runter. „Eigentlich bin ich keine Schnüfflerin – und ich bin auch nicht so gut darin, wie Shinichi.“ Der Blonde sah sie an, wie sie nun so zusammenschrumpfte und wohl ernsthaft sich klein gegen diesen Detektiven fühlte. „Warum ist das so schlimm?“ Er wirkte ein bisschen verwirrt und legte seine Hand auf Rans Schulter, das war für Conan schon zu viel und er rastete innerlich bereits fast aus. Sie sollten sich gefälligst nicht anfassen! Das Mädchen sah zu dem gut aussehenden Mann, der zweifelsohne ein verdammt guter Detektiv war. „Wenn er nur hier wäre… Aber das ist er nicht. Es gibt da so eine Sache, die beschäftigt mich, weißt du. Das kann man kaum jemandem sagen…“ Sie zog ihn am Arm etwas dichter ran und zeigte auf den Bildschirm. „Sagt dir das etwas?“ Nun hatte er genauer hingesehen, und obwohl er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen, bemerkte man den kleinen Schweißtropfen an seiner Schläfe, als Amuro den Namen las. „Es sind heut so viele Dinge geschehen… Sachen, die mich richtig beschäftigen. Ich hatte kein gutes Gefühl.“ Ein ungutes Gefühl hatte sie gehabt – durchforstete sie das Internet nach dieser Person; das war auch für ihn ein kleiner Schock. „Was hat es mit ihr auf sich?“ „Ich mache mir Sorgen um diese Person…“ Damit schaffte sie es einer kühnen Person wie Amuro doch ein klein wenig Unbehagen zu bescheren. „Um was du dir so Gedanken machst“, kam von ihm mit einem leicht perplexen Ton, den er aber nur spielte. „Aus welchem Grund bist du denn besorgt?“ hinterfragte er, immerhin war er Detektiv und konnte Leute aushorchen, ohne dass sie es als solches gleich bemerkten. Er war aufmerksam und stellte seine Fragen, das wirkte nett und nicht heimtückisch. Ran blickte in seine blauen Augen und fragte sich, ob sie ihm wirklich ihr gesamtes Herz ausschütten sollte… Irgendwie hatte das Mädchen auch das Gefühl, das durfte sonst keiner wissen und sie hatte so ein komisches Gefühl, als wenn sie besser flüsterten. Geradezu, als könne sie jemand hören und dann würde etwas Furchtbares geschehen… Die Dunkelbraunhaarige nahm seinen Arm und hielt sich an ihm fest, dabei spürte er deutlich ein Zittern, was ihn sehr stutzig machte. Was wusste sie? Doch dann beugte sich Ran zu seinem Ohr und flüsterte ihm etwas zu. „Ich bin ihr in Amerika begegnet… Und heute… Heute stand plötzlich ihre Tochter vor mir. Ich kann mir nicht helfen… Als sie davon ging hatte ich so ein merkwürdiges, schreckliches Gefühl. Eines, das mir sagt, jemand sollte sie im Auge behalten. Es war eine sehr emotionale Begegnung, die mich jetzt ziemlich beschäftigt…“ Eine emotionale Begegnung mit dieser Frau… Nun schlug er die Augen nieder und gab ein kleines, nachdenkliches „mhm“ von sich, ehe er sie anlächelte. „Du musst große Angst haben, wenn du schon flüsterst.“ Er tat es ihr gleich, weil es ihr anscheinend wichtig war und wendete sich dann dem Computer zu. „Du willst, dass ich mich um diese Sache kümmere, richtig? Du weißt aber schon, dass es Menschen gibt, die es absolut hassen, wenn man in ihrer Privatsphäre schnüffelt, oder?“ Im Grunde musste er sich irgendwie herauswinden – diese Sache war nicht ohne und er sträubte sich ein bisschen. „Ich kann’s mir selbst nicht erklären. Es verwirrt mich… Ihre Mutter hat damals schlimme Sachen von ihr gesagt – das passt nicht zu dem, was ich heute gesehen habe. Es ist… ganz seltsam und ich will dieser Sache nachgehen. Ich weiß, dass sich das nicht gehört. Hilfst du mir trotzdem?“ Dieses Mädchen sah ihn absolut herzerweichend an. Er, ein Mann seines Alters, konnte doch nicht bei einer Schülerin nun weichwerden. Also wirklich – aber ihre traurigen Augen waren wirklich nicht schön. Die ganze Zeit fragte er sich, was mit ihnen allen los war. Sogar so ein Miststück wurde weich bei dem Mädel. Da musste er sich wenigstens nicht gleich schämen, oder? Aber vielleicht hatte es auch etwas Gutes und er konnte endlich mal in Erfahrung bringen, warum es dieser Frau so wichtig war, dass Ran und Conan nichts zustieß. Das war ihre Bedingung ihm zu trauen – schon irgendwie verwirrend bei so einer Frau. Die würde jeden erschießen, der gegen sie war – war es nicht so? Und dann beschützte sie eine Oberschülerin und einen Grundschüler. Das passte gar nicht ins Bild. Das war aber auch nicht das einzige Verstörende daran. Die Frau, nach der sie gesucht hatte… „Was genau weißt du eigentlich von der Person?“ Das war dann doch etwas, was den Detektiv in ihm brennend interessierte. Was sie bereits wusste… Es kam ihm nicht vor, als hätte sie nun eins und eins zusammen gezählt, sondern bisher nur Verdacht geschöpft. „Das ist es ja… Man weiß nichts… Alles ist ein riesengroßes Geheimnis. Verwirrend…“ Wie erleichternd – also wusste sie genauso viel wie alle anderen auch. „Das wird gewiss seine Gründe haben, findest du nicht? Lass lieber die Finger davon.“ Ein wenig enttäuscht war sie schon, aber sie hatte auch noch nicht all ihre Gedanken zu dem Thema geäußert, weshalb sie nun den Kopf senkte. „Das ist ja das Schlimme. Ich denke auch, dass es Gründe hat – traurige Gründe, oder vielleicht noch etwas Schlimmeres…“ Ran ließ von Amuro ab und klickte einige Male, bis sie einen Artikel gefunden hatte, den jemand im Internet gepostet hatte. „Schau…“ machte sie den jungen Mann darauf aufmerksam, was sie ausgegraben hatte. „Man weiß ja noch nicht einmal den Grund. Es sterben viele Leute… Aber niemals ohne Grund…“ „Bestimmt weiß es jemand“, sagte er jetzt mit einem Seufzen. „Nur nicht die Öffentlichkeit. Bei solchen Personen ist es meistens besser, wenn man sie in Ruhe lässt und gar nicht weiter nachbohrt. Man könnte am Ende schockiert sein…“ Nein, er wollte ganz bestimmt nicht, dass sie so etwas wusste. Sie wäre jetzt mit Sicherheit mehr als nur schockiert, wenn sie das wüsste. „Nicht einmal ihre engsten Vertrauten wissen den Grund“, meinte Ran jetzt und wirkte dabei verzweifelt, so dass sie die Augen zukniff. Es war ja nun nicht so, dass sie ein gestörter Fan war, der in der Privatsphäre dieser Person schnüffeln wollte – aus einem egoistischen Interesse. „Woher weißt du das? Kennst du etwa ihre engsten Vertrauten?“ Es war lächerlich und er wollte es nicht wirklich glauben – aber was wenn es tatsächlich stimmte und am Ende Ran vielleicht sogar eine dieser Personen war. Aber das war doch grotesk. „Shinichis Mutter ist Schauspielerin… Man sagt, sie sei eine verdammt gute Freundin von ihr gewesen. Aber auch sie tappt im Dunkeln.“ Sie hoffte ein bisschen, dass er jetzt verstand, was sie meinte und bereitwilliger war, ihr zu helfen. „Mir ist das wichtig! Bitte hilf mir bei der Suche nach dem Grund.“ „Aber Ran! Nein, das geht nicht!“ Amuro seufzte schwer. „Ach? Auch dann nicht, wenn ich denke, dass sie ihren eigenen Tod inszeniert hat, um irgendetwas zu entfliehen? Auch nicht, wenn ich glaube, dass sie gar nicht tot ist?“ „Heiliges Kanonenrohr…“ entwich nun dem Detektiv, der sich an die Stirn griff. Was sollte er nur machen, um sie von dieser wahnsinnigen Sache wieder abzubringen? Trotzdem musste er zugeben, dass sie verdammtes Glück hatte, dass sie an ihn geraten war, nicht an irgendwen anders, der vielleicht mit großer Freude an diese Sache rangehen würde. Er war keine Gefahr. Oder anders, für ihn war es nicht gefährlich, dieser Sache nachzugehen. Jeder andere könnte dafür sein Leben lassen, was dem Mädchen einfach nicht klar war, weil sie die Sache unterschätzte. Oder tat sie das gar nicht? Sie war schrecklich besorgt – wenn man das so hörte – als Außenstehender – klang es auch verdammt bedrohlich, oder?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)