Ocarina of Time von Labrynna ================================================================================ Kapitel 8: Stadtleben --------------------- Die Beiden traten durch das an beiden Seiten von hohen Türmen aus weißem Stein gesäumte Tor in die Stadt. Link zog die Schultern ein wenig nach vorne und blickte sich beinah ängstlich um. In seinem ganzen Leben war er nie aus dem kleinen, beschaulichen Dorf im Wald heraus gekommen und fühlte sich angesichts der hohen Mauern Hyrules, der vielen, eng beieinanderstehenden Häuser und der schieren Menschenmassen unglaublich befangen. Von Ferne hörte man schon das laute Getümmel des Marktplatzes. „Wo wollen wir überhaupt hingehen?“, fragte er Navi, die aufgeregt durch die Luft flatterte. Ihr schien der ganze Rummel zu gefallen, ihn machten die unzähligen Straßen und Seitengassen orientierungslos. „Ich denke, wir sollten erst einmal ins Zentrum und von da in eine Seitengasse abbiegen. Da sollten sich einige Gaststätten befinden, die nicht vollkommen überteuert sind.“ Link blieb wie angewurzelt stehen und starrte Navi an. Daran hatte er ja noch gar nicht gedacht! „Was hast du?“ Besorgt legte die Fee den Kopf schief und sah Link mit kraus gezogener Stirn an. „Nichts. Ich frage mich nur, von was wir das Zimmer bezahlen sollen. Ich hab meine ganzen Ersparnisse für den Schild ausgegeben.“ „Das ist kein Problem.“ Navi grinste wie ein Honigkuchenpferd und deutete auf den ledernen Wunderbeutel. „Da sind ein paar rote Rubine drin. Ich hatte mir gedacht, dass sie nützlich sein könnten.“ Link grinste zurück und setzte sich wieder in Bewegung. „Du überrascht mich immer wieder.“ Nach einigen Metern betraten die Beiden den riesigen, auf einem runden Platz angelegten Markt. Das bunte Treiben verschlug Link die Sprache und machte ihm beinah mehr Angst als alle Monster, denen er bisher begegnet war, zusammen. An unzähligen Ständen drängten und schubsten sich die Menschen, feilschten und brüllten laut, um die anderen zu übertönen, die im Gegenzug nur noch lauter riefen. Fleißige Burschen huschten geschäftig zwischen Ständen und Lagern hin und her und schleppten schwere Säcke mit frischen Waren an, während Mägde mit geröteten Wangen und Hausfrauen in einfachen Kleidern aus bunten Stoffen von einem Stand zum nächsten eilten und versuchten, die besten Angebote zu erhaschen. Zwischen diesem Urwald aus umherflitzenden Beinen rannten und lachten Kinder, die fangen oder verstecken spielten und dabei von laut kläffenden Hunden begleitet wurden. „Was für ein fürchterliches Durcheinander...“ Link ließ seinen Blick über den Platz schweifen und konnte nur mit Mühe den Reflex unterdrücken, schreiend davonzulaufen. „Fürchterlich? Nein. Herrlich! Ein herrliches Durcheinander. Hier pulsiert das Leben!“, widersprach Navi fröhlich und ihre Stimme klang dabei wie ein Glockenspiel. Link rümpfte die Nase, erwiderte aber nichts. Stattdessen hielt er Ausschau nach einer Gaststätte, um endlich eine anständige Mütze Schlaf nehmen zu können. Navi las ihm seine Gedanken an den tiefdunklen Ringen unter seinen Augen ab und führte ihn in eine enge Seitengasse, in der sich eine Schankstube an die nächste reihte. Nach einigem Suchen fanden sie tatsächlich eine Gaststätte, in der sie ein Zimmer beziehen konnten. Einige andere Hotels hatten sie abgewiesen, da sie nicht an ein Kind vermieten wollten. Navi, die sehr hitzköpfig sein konnte, hatte sich mit einem Besitzer beinahe angelegt, nachdem er Links Anfrage abgelehnt hatte. Nur mit Mühe hatte Link sie fangen und aus der Stube tragen können. Doch jetzt folgten sie der molligen Wirtin, die Link sein Zimmer zeigen wollte, in den ersten Stock und lächelten zufrieden. Die alten, ausgetretenen Treppenstufen knarrten leise unter jedem Schritt als wollten sie protestieren, dass sie auch nach so vielen Jahren noch immer derart viel Gewicht zu tragen hatten. Vor dem dritten Raum auf der linken Seite blieb die Wirtin, eine blonde Frau in den mittleren Jahren, stehen und lächelte Link, der sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten konnte, warm zu. „So, Kleiner, hier ist dein Zimmer. Hier kannst du dich von deiner langen Reise erholen. Wenn du später etwas essen möchtest, komm einfach runter in die Küche und ich zaubere dir etwas Feines.“ „Vielen Dank.“ Link lächelte zu der mütterlichen Frau hoch und verschwand dann in das ihm zugewiesene Zimmer. „Hübsch hier.“ Navi flog direkt zur Fensterbank, wo sie sich zwischen scharlachroten Topfblumen in der Sonne niederließ und die Wärme auf der Haut genoss. Link trat vor den Kamin, in dem die Überreste eines Feuers zu sehen waren, und wünschte sich, die verkohlten Holzreste würden noch immer vor sich hin glimmen und ein wenig Wärme abstrahlen. Die Müdigkeit und Erschöpfung waren inzwischen so übermächtig, dass er fröstelte, obwohl der Frühsommer bereits große Hitze mit sich gebracht hatte. Wenige Herzschläge später drehte er sich seufzend um, nahm Schild und Schwert ab, öffnete den Gürtel und legte alles zusammen mit seiner Mütze auf den kleinen, runden Tisch in der Mitte des Raumes. Dann trat er langsam an das weich aussehende Bett mit dem nachtblauen Überwurf, zog sich die Tunika über den Kopf und kroch nur in Unterwäsche unter die Decke. Kaum hatte sein Kopf das Kissen berührt, sank er auch schon in tiefen, traumlosen Schlaf. Als er die Augen wieder aufschlug, war es bereits Nachmittag. Die Sonne hatte ihren Zenit überschritten und die Schatten wurden langsam länger. Link setzte sich auf, reckte sich und sprang beschwingt aus dem Bett. „So gut habe ich lange nicht mehr geschlafen“, verkündete er Navi, die bereits auf ihn wartete und neben seinen Waffen auf dem Tisch saß. Schnell machte er sein Bett, kleidete sich an, nahm seine Waffen wieder an sich, steckte seine Mütze griffbereit in den Gürtel und begab sich in die Küche, wo es herrlich nach frischem Essen duftete. „Ah, Link. Schon wieder wach?“ Die Wirtin lächelte ihn liebevoll an und trat neben ihn, um ihm in einer mütterlichen Geste über den Kopf zu streicheln. Link errötete leicht und versuchte, sich unter ihrer Berührung hinweg zu ducken, ohne unhöflich zu wirken. „Möchtest du etwas essen? Ich habe vorhin frisches Brot gebacken, das solltest du unbedingt probieren. Außerdem sind noch Kartoffeln und Schnitzel vom Mittagessen übrig.“ Sie legte ihm eine Hand auf den Rücken und schob ihn bestimmt zu einem Stuhl an einem in der Nähe stehenden Tisch. „Setz dich.“ Nachdem Link einen riesigen Berg Kartoffeln mit einem etwas zu zähen Schnitzel verputzt hatte und sich von der Wirtin ein großes Paket mit frischem Brot und Käse hatte aufschwatzen lassen, hatte er seine Rechnung bezahlen wollen, doch die Wirtin hatte bloß abgewinkt. Deswegen hatte er lediglich seine Mütze aufgesetzt und sich auf den Weg Richtung Schloss gemacht. Nun stand er wieder auf dem unruhigen Marktplatz, auf dem noch immer erbittert um die letzten Waren gestritten wurde, und dachte über sein weiteres Vorgehen nach. „Vermutlich werden wir uns reinschleichen müssen. Ich glaube nicht, dass uns die Wachen einfach reinlassen, wenn wir sagen, dass wir Prinzessin Zelda sehen wollen“, mutmaßte Navi, während sie neben Link über den Marktplatz schwebte. „Das wäre ja auch zu schön“, seufzte dieser und blickte hinauf zu den hohen Türmen des Schlosses. Plötzlich lachte neben ihm ein junges Mädchen und Link fuhr heftig zusammen. Das Mädchen sah ihn aus großen, blauen Augen an und nestelte gedankenverloren an seinem weißen Kleid aus grobem Leinen, während sein hüftlanges, rötlichbraunes Haar von einer sanften Brise bewegt wurde. Link blickte ein wenig verlegen zurück und das Mädchen lachte erneut. „Was bitte ist so lustig?“, fragte Navi latent gereizt. Die junge Brünette schaute sie überrascht an. „Beachte Navi gar nicht. Es hat ihr leider nie jemand Manieren beigebracht.“ Navi trat Link leicht gegen die Schulter und verzog schmollend den Mund, während das Mädchen erneut lachte. „Ich wusste gar nicht, dass Feen sprechen können.“ „Doch, sie können es – leider.“ Link grinste und stupste die wütend funkelnde Fee an. „Du siehst aus, als hättest du dich verlaufen, Feen-Junge.“ „Bitte?“ Verwirrt schaute der Junge seine neue Bekanntschaft an. „Du wirkst als würdest du dich unwohl fühlen zwischen all den Menschen.“ „Ja, da könntest du Recht haben. Da, wo ich herkomme, gibt es solche Menschenmassen nicht.“ „Wo kommst du denn her?“ „Aus dem Wald im Süden.“ „Aus dem Kokiri-Wald?!“ Link nickte und das Mädchen brach in schallendes Gelächter aus. „Du bist wirklich ein lustiger Zeitgenosse.“ Link zog irritiert die Augenbrauen zusammen, weil er nicht verstand, was an seiner Antwort so amüsant gewesen sein sollte, aber sein Gegenüber ließ ihn gar nicht mehr zu Wort kommen: „Ich bin übrigens Malon. Und du?“ Das Mädchen streckte ihm eine Hand entgegen, die Link nach einem kurzen Zögern ergriff. „Link. Freut mich, dich kennen zu lernen, Malon.“ „Link? Hm... Also Feen-Junge gefällt mir besser. Ich glaub, dabei werde ich bleiben.“ „Das ist... äh... schön, aber ich muss jetzt leider weiter.“ „Mach’s gut, Feen-Junge!“, rief Malon ihm hinterher, als er sich mit großen Schritten entfernte und Richtung Schloss eilte. Navi blickte noch immer sauer und brummte: „Unser Link ist ein Frauenheld. Wer hätte das gedacht?“ Link streckte ihr die Zunge raus und warf ihr einen amüsierten Seitenblick zu. „Ich frage mich bloß, was daran so lustig gewesen sein soll, dass ich gesagt habe, dass ich aus dem Kokiri-Wald komme.“ Navi seufzte und richtete ihre Augen auf einen imaginären Punkt in weiter Ferne. „Normale Hylianer können den Wald nicht betreten, ohne ihr Leben auszuhauchen. Hylianer, die sich in den Kokiri-Wald verirren, werden mit einem Fluch belegt und in Pflanzen verwandelt.“ Link riss erschrocken die Augen auf und starrte Navi an, die geistesabwesend in die Ferne schaute. Der Schreck über die Grausamkeit des Fluches lenkte ihn sogar davon ab, dass er sich über die Formulierung normale Hylianer gewundert hatte. Bis sie das Schloss erreichten, sprachen die Beiden kein Wort mehr und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Navi erinnerte sich an jenen schmerzerfüllten Tag, an dem eine junge Mutter sich mit ihrem Baby vor dem damals wild tobenden Krieg in den Wald geflüchtet hatte, und Link dachte mit schwerem Herzen an Salia, die er schrecklich vermisste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)