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Der lange Weg nach Hause

von

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Akt III: Stärke

Akt III

Stärke

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„Und hier standen mal die Gebäude, die als Vorratsräume dienten. Jetzt sind nur noch die Reste geblieben.“

 

Sprachlos blieben sie neben dem Dorfältesten stehen, der auf die Ruinen zeigte, die sich vor ihnen auftürmten. Nach dem Essen hatte Shioshi sie bei der Taverne abgeholt, um beide im Dorf herumzuführen. Dieses Viertel war allerdings komplett abgebrannt. Und so, wie die aus den Trümmern aufsteigenden Rauchschwaden andeuteten, vor gar nicht allzu langer Zeit.

 

Sasuke war der Erste, der seine Sprache wieder fand. „Wie ist das passiert?“, fragte er ruhig.

 

„Direkt nach Eurer Abreise vor einigen Tagen. Abtrünnige Ninjas haben nachts das Dorf überfallen, die Vorratskammern geplündert und anschließend die Dächer angezündet. Der einzige Trost bleibt, dass sie immerhin die Felder verschont haben. Eine Hungersnot bleibt uns erspart.“ Auf Shioshis Gesicht erschien ein bitteres Lächeln. „Dieses Mal konntet Ihr das Dorf nicht beschützen, Uchiha-san.“

 

Erstaunt drehte sich Sakura zu Sasuke um. So hast du also deine Zeit hier verbracht. Sie hatte sich die ganze Zeit gefragt, wie er Karagakure unter die Arme gegriffen hatte. Aber nun fügten sich die Puzzleteilchen zusammen. Das Dorf war zu arm, um eigene Ninjas auszubilden oder für einen Schutzauftrag anzuheuern. Daher war es nicht weiter verwunderlich, dass sie, vor allem im Chaos der Nachkriegszeit, immer wieder Zielscheibe von Straßenräubern, Nukenins oder anderen zwielichtigen Gestalten wurden.

 

Und Uchiha Sasuke hatte seine Fähigkeiten – als wohl stärkster lebender Ninja neben Naruto auf diesem Planeten – dazu genutzt, um diese bitterarmen Menschen, die im Nirgendwo lebten, mit seinem Leben zu beschützen.

 

Ihr Herz schwoll an, während sie sein Profil betrachtete.

 

Als ob er ihre Blicke spüren würde, wandte er ihr plötzlich das Gesicht zu. Ihre Blicke verhakten sich ineinander. Sie erwartete, dass er sich jeden Moment abwenden würde, aber stattdessen ließ sein Blick ihren nicht los. Die Falte, die zwischen seinen Augenbrauen seit Shioshis Bericht erschienen war, glättete sich. Im Licht der untergehenden Sonne glaubte sie, in seinen faszinierenden Augen zu versinken.

 

Ich falle, falle und falle…

 

„Haruno-san, ich zeige Euch nun unsere Klinik.“

 

Sasuke blinzelte und schaute weg. Verlegen wandte sie sich ebenfalls ab.

 

Der Moment zwischen ihnen war vorbei.

 

Das wissende Lächeln auf dem Gesicht des Dorfältesten entging beiden.

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Die Klinik des Dorfes stellte sich als ein kleines Bauwerk heraus, das nur fünf Krankenschwestern und einen ins Alter gekommenen Arzt beherbergte. Als Sakura den Krankensaal betrat, schlug ihr der beißende Gestank von versenktem Fleisch entgegen. Durch das Feuer wurden dutzende Dorfbewohner schwer verletzt. Nun lagen die Verletzten wimmernd auf Pritschen, während die überforderten Krankenschwestern zwischen ihnen hin- und hereilten.

 

Sakura zögerte nicht lange – sie krempelte die Ärmel hoch und rieb ihre Hände mit dem bereitstehenden Desinfektionsmittel ein. Während Shioshi am Eingang stehen geblieben war und eine Krankenschwester zur Seite nahm, eilte sie zum ersten Patienten, dessen Gesicht und Hände komplett einbandagiert waren.

 

Sanft berührte sie den Mann an der Schulter.

 

„Ich heiße Sakura und werde dir helfen.“

 

„Bitte.“ Die feuchten Spuren, die sich unter den Bandagen abzeichneten, deuteten darauf hin, dass er weinte. „Tu alles, aber befreie mich von diesen verdammten Schmerzen.“

 

„Darauf kannst du zählen.“ Vorsichtig fing sie an, die Bandagen zu lösen.

 

Die dunklen Augen, die auf ihr ruhten, bemerkte sie nicht.

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Erschöpft stolperte Sakura durch die Dunkelheit, als sie hinter sich die Zimmertür schloss. Nach einer schnellen Dusche kroch sie fröstelnd unter die Bettdecke. Sie warf einen kurzen Blick zu ihrem Teamkameraden, der mit dem Rücken zu ihr auf der anderen Seite des Bettes lag.

 

Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sie ihr Glück kaum fassen können – endlich war sie im wahrsten Sinne des Wortes mit Uchiha Sasuke im Bett gelandet.

 

Stattdessen konnte sie an nichts anderes als Schlaf denken. Shioshi und Sasuke hatten sie in der Klinik alleine gelassen, als sie gemerkt hatten, dass sie sich Hals über Kopf in die Arbeit gestürzt hatte. Nachdem sie damit beschäftigt gewesen war, die gröbsten Verbrennungen der zahlreichen Patienten zu heilen, lagen ihre Chakrareserven nun ziemlich im Keller.
 

Kaum berührte sie das Kopfkissen, war sie schon eingeschlafen.

 

Sasuke schlug die Augen auf, als er kurze Zeit später hinter sich ihren regelmäßigen Atem hörte.

 

Reglos starrte er die Wand an. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Es war praktisch unmöglich, Sakuras Anwesenheit auszublenden. Ihr leiser Atem, der zarte blumige Duft, der an ihr seit der Dusche hing und den ganzen Raum zu erfüllen schien, sowie ihre Chakrasignatur, die nur schwach vom Schlaf überdeckt wurde, ließen ihn nur zu deutlich wissen, dass er nicht alleine im Zimmer war.

 

Es fühlte sich sonderbar an, in einem geschlossenen Raum mit jemand anderem zu liegen, nachdem er jahrelang seine Nächte alleine im Freien oder in seiner dunklen Gruft in Orochimarus Versteck verbracht hatte.

 

Wie hatte er es bloß geschafft, während ihrer Missionen vor vielen Jahren neben Sakura überhaupt ein Auge zuzukriegen?

 

Er schnaubte leise, als es ihm wieder einfiel. Narutos Schnarcher haben alle anderen Nebengeräusche effektiv übertönt.

 

„Mhmm.“

 

Sakuras leiser Seufzer ließ ihn innehalten. Bevor er überhaupt wusste, wie es ihm geschah, hatte er sich bereits zu ihr umgedreht.

 

Sie lag mit dem Gesicht zu ihm gewandt auf ihrer Seite des Bettes. Eine Hand war unter ihr Gesicht gebettet, während ihr linker Arm ausgestreckt war und nur wenige Zentimeter entfernt von ihm lag.

 

Obwohl ausreichend Platz vorhanden war und er wirklich keinen Grund zur Beschwerde hatte, ahnte er, dass er trotzdem kein Auge zukriegen würde.

 

Sogar im Schlaf konnte sie ihn in den Wahnsinn treiben.

 

Wieder seufzte sie. Mit seinen äußerst sensiblen Augen konnte er mühelos ihr Gesicht im Dunkeln betrachten. Obwohl sie längst eingeschlafen war, war ihre Stirn trotzdem leicht gerunzelt. Er hörte aus ihren geöffneten Lippen ihren schweren Atem.

 

Die Erschöpfung stand ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben.

 

Es war so sakuratypisch, sich gleich mit Elan in die Arbeit zu stürzen und sich um das Leid der Menschen in ihrer Umgebung zu kümmern. Ihre Güte, ihre Fürsorglichkeit, die Aufmerksamkeit, die sie ihren Mitmenschen schenkte, unabhängig davon, ob sie es verdienten oder nicht – manche Dinge änderten sich nicht.

 

Sie war einfach zu… gut.

 

Während sie gestern noch Distanz zu ihm gewahrt hatte, brauchte es nur eine lächerliche Nacht, in der er sie aus ihrem Albtraum geweckt hatte, damit sie all ihre Bedenken um ihn fallen ließ.

 

Er schloss die Augen, als er daran dachte, wie sie ihn angesehen hatte. Als ihr bewusst geworden war, dass er Karagakure die letzten Monate Schutz gewährt hatte, damit die Bewohner in Ruhe ihr Dorf wiederaufbauen konnten. Er hatte sich in diesem Moment einfach nicht ihrem Blick entziehen können. Ihre grünen Augen hatten ihn mit solch einer Wärme und Zärtlichkeit angestrahlt, dass er ihre Wirkung bis in seine Fingerspitzen hatte spüren können. Für einen Moment hatte er in ihrer Bewunderung gebadet. Sich eingebildet, dass seine Hände nicht mit den Sünden seiner Vergangenheit befleckt waren und er so gut war, wie sie ihn ansah.

 

Als er die Augen wieder öffnete, hatte sich mittlerweile ein fast seliger Ausdruck auf ihrem Gesicht ausgebreitet.

 

Plötzlich merkte er, wie falsch die Situation war.

 

Wie sie so schutzlos neben ihm lag, mit dem Gesicht zu ihm gewandt, fast schon lächelnd. Mit einer Vertrautheit und einer Intimität, als ob er sie und Naruto niemals verraten hätte und er niemals der Grund für ihre unzähligen Tränen gewesen war.

 

Als ob sie beide an einem bestimmten Punkt in ihrem Leben niemals bereit gewesen waren, sich gegenseitig umzubringen.

 

Er biss die Zähne zusammen, während er sich an die dunkelsten Momente seines Lebens erinnerte. Als der Wahnsinn ihn befallen und er im Blutrausch gelebt hatte und jeden ausrotten wollte, der sich zwischen ihm und seinen ausgelöschten Klan stellen wollte.

 

Nein.

 

Dieser friedliche Anblick, ihre Loyalität, ihre Liebe – er hatte es nicht verdient.

 

Ruckartig kehrte er ihr den Rücken zu und schloss die Augen.

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Im Morgengrauen verließ er fluchtartig die Taverne. Noch aufgewühlt von letzter Nacht, betrat er den naheliegenden Wald und zog Kusanagi. Im morgendlichen Nebel wirbelte er das Schwert in seiner Hand herum und in einem wilden, konzentrierten Katharsis-Tanz hinterließ er nur Chaos und Zerstörung.

 

„Schon so früh auf den Beinen?“

 

Schwer atmend wirbelte er herum.

 

Sie kam zu einem bedeutend schlechten Zeitpunkt. Seine Augen bildeten sich zu Schlitzen, als er beobachtete, wie Sakura lächelnd auf ihn zutrat.

 

„Was willst du?“ Seine Stimme klang bissiger, als er beabsichtigt hatte.

 

Ihr Lächeln verschwand. Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete sie die zerstörten Bäume um sie herum. Dann fiel ihr Blick auf sein Katana.

 

Ihr Blick war herausfordernd, als sie ihn ansah.

 

„Lass uns kämpfen.“

 

Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. Das konnte sie vergessen. In seinem Gemütszustand sollte sie lieber das Weite suchen.

 

„Angst?“, fügte sie spöttisch hinzu.

 

„Tz.“ Entgegen seinem Willen war er beeindruckt von ihrem Kampfgeist. Diese Sakura hatte immer wieder Überraschungen auf Lager.

 

Er hielt Kusanagi zum Angriff bereit und schenkte ihr ein einfältiges Grinsen. „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“

 

Ohne Vorwarnung schoss Sasuke auf sie zu. Sie hatte wohl mit einem Frontalangriff gerechnet, da sie ihm gekonnt auswich und mit einem Tritt in die Magengrube in die umgestürzten Bäume beförderte. Er konnte sich gerade noch fangen, bevor er mit voller Wucht in die Stämme krachen konnte. Während er sich das Blut aus dem Mundwinkel wischte, musterte er sie von oben nach unten. Er sollte sie nicht unterschätzen – Sakuras zierliche Statur täuschte darüber hinweg, welche Monsterkräfte ihr innewohnten. Zu gut erinnerte er sich daran, wie sie ihn mit Obito aus der Wüstendimension gerettet hatte.

 

Monsterkräfte gepaart mit einem unerschütterlichen Willen.

 

Sie war stark. Aber nicht stark genug, um jemals gegen ihn ankommen zu können. Anders als er und Naruto, war sie nicht nach einer uralten Legende mit unermesslichen Kräften, einem Bijuu oder einem Kekkei Genkai gesegnet.

 

Gerade wollte er nach Kusanagi greifen, als sie rief: „Ohne dein Schwert traust du dich wohl nicht?“

 

Sein Blick schoss zu ihr. Sie wusste zu gut, dass er sein Katana wie kein anderer führen konnte. Er hatte keinen blassen Schimmer, was in sie gefahren war. Aber sie sollte bekommen, was sie haben wollte.

 

Sasuke raste auf sie zu und Sakura konnte seinen Faustschlag gerade noch abfangen, bevor sie ihn an der Schulter packen und zu Boden stürzen konnte. Aber ohne Chance – mit seinem Tempo konnte keiner mithalten. Er war unerbittlich und ließ immer wieder seine Faust auf sie herabregnen. Sein aktiviertes Sharingan-Auge verschaffte ihm zusätzlich einen Vorteil. Nur mit Mühe konnte sie ihm standhalten. Seine plötzliche Wut überraschte ihn selbst. Manchmal wünschte er sich, dass er sie einfach an den Schultern packen und schütteln konnte. Ihre Naivität und wie sie für andere ihr Leben – ganz besonders für ihn – leichtfertig aufs Spiel setzte, frustrierte ihn ungemein.

 

Er steigerte seine Geschwindigkeit fast auf Maximalstufe und fegte dann ihre Beine ein für alle Mal vom Boden.

 

Sie krachte zu Boden und bevor sie sich aufrappeln konnte, hatte er sie bereits mit seinem Körper an Ort und Stelle festgenagelt. Er hielt mit seinem verbliebenen Arm ihre beiden Hände über ihren Kopf fast schmerzhaft zusammen.

 

„Gibst du auf?“, grollte er. Seine tiefe Stimme vibrierte gegen ihre Haut.

 

Atemlos starrte Sakura zu ihm hoch. Ihr wurde fast schwindelig bei dem Anblick, wie er auf sie hinabblickte – der feine Schweißfilm, der sich auf seinem Nacken und seiner Brust abzeichnete, seine geröteten Wangen und sein wilder, fast animalischer Blick.

 

Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken ganz andere Bahnen einschlugen. Wie würde er reagieren, wenn sie ihre Brust enger an seine presste?

 

Stattdessen hauchte sie: „Ja.“

 

Seine Augen weiteten sich und er ließ instinktiv ihre Hände los. Er hatte mit Zorn gerechnet, aber in ihren Augen lag ein unergründlicher Ausdruck, den er nicht zu deuten vermochte. Ihr schien die Situation zu gefallen.

 

Er rappelte sich eilig auf und griff nach seinem Schwert. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie sie ebenfalls aufstand.

 

„Lass uns das jeden Morgen machen!“, rief sie. Der Schalk war deutlich aus ihren Augen zu lesen.

 

Einen Augenblick lang betrachtete er sie stumm, bevor er sich abrupt umdrehte.

 

„Wenn du eine weitere Niederlage einstecken kannst“, murmelte er verhalten.

 

Ihr helles Lachen begleitete ihn, als er den Wald verließ.

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Es war nur eine Frage von wenigen Stunden, bis praktisch das gesamte Dorf Haruno Sakura ins Herz geschlossen hatte.

 

Es lag in ihrer Natur, dass sie sich um ihre Mitmenschen kümmerte und im Gegenzug kümmerten sich diese um sie. Das hatte er bereits während ihrer Geninzeit erkannt. Wie im Wald des Todes aus allen Ecken Rookies geeilt waren, um ihr Beistand zu leisten, war nur ein Beispiel von vielen.

 

„Haruno-san! Haruno-san!“

 

Er ließ den Plan für den Bau einer Stadtmauer sinken, den er Sekunden zuvor eingehend studiert hatte. Eine Schar von Kindern zog eine lachende Sakura hinter sich her, die sich nur geringfügig sträubte. Die Kinder zeigten aufgeregt mit den Fingern nach vorne und gestikulierten wild.

 

Shioshi verließ die Gruppe von Dorfbewohnern, die am Bau eines Hauses beschäftigt waren. Er trat neben Sasuke und beobachtete für einen kurzen Moment schweigend die Szene, die sich ihnen bot.

 

„Wenn ich es kurz anmerken dürfte, Uchiha-san, aber Ihr habt eine wunderbare Weggefährtin an Eurer Seite.“

 

Sakuras Gesicht hellte sich auf, als sie Sasuke entdeckte. Sie winkte ihm lächelnd zu. Dann zogen die Kinder sie in die nächste Gasse hinein, bis er sie aus den Augen verlor.

 

Erst jetzt merkte er, dass er Shioshi noch nicht widersprochen hatte. „Sie ist nicht meine... Gefährtin.“

 

Sein schwacher Protest lief ins Leere, da sich der ältere Mann bereits umgedreht hatte.

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Sie versuchte noch einen Blick auf ihn zu erhaschen, aber sie hatte Sasuke bereits aus den Augen verloren, sobald sie um die Ecke gebogen war.

 

Heute Morgen hatte sie fest damit gerechnet, dass er entweder einen Kampf mit ihr ausschlagen oder sich ihr gegenüber zumindest beherrschen würde. Er würde sie immer noch als die kleine, schwache Sakura in Erinnerung haben. Aber stattdessen hatte er zu ihrer eigenen Überraschung alles gegeben, sie als ebenbürtige Gegnerin angesehen und sogar nicht davor zurückgeschreckt, sein Sharingan-Auge einzusetzen. Er hatte um jeden Preis gewinnen wollen. Statt über ihre Niederlage Trübsal zu blasen, fühlte es sich eher wie ein Sieg an. Sie hatte seinen Respekt – dessen war sie sich sicher.

 

Und als er sie dann am Ende überwältigt hatte… Die Schmetterlinge brachen wieder in ihrem Bauch aus, als sie daran dachte, wie er sich über sie gebeugt und sie sein Gewicht auf sich gespürt hatte. Pünktlich zum Ende des Ninja-Krieges meldeten sich ihre Hormone wieder. Sie konnte nicht verhindern, dass sie sich von ihm körperlich angezogen fühlte. Beide waren schließlich keine zwölf mehr. Sie war jetzt eine junge Frau und er-

 

„Suri! Komm da herunter!“

 

Die wütende Stimme eines der älteren Kinder riss sie aus ihren Tagträumen. Entsetzt blieb sie stehen, als sie der Situation gewahr wurde.

 

Ein etwa sechsjähriges Mädchen war in eines der verbrannten Gebäude gerannt und lachte sie nun von den oberen Stockwerken an, während sie an den eingestürzten Dachbalken baumelte. Mit einem lauten Knirschen gab das morsche Holz schlagartig nach.

 

„Pass auf!“

 

Sakuras Warnrufe gingen im ohrenbetäubenden Lärm unter, der sie plötzlich umgab.

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Einer der Dorfbewohner kam schnaufend angerannt. „Shioshi-sama! Eines der verbrannten Häuser ist zusammengestürzt!“

 

Schockiert drehten sich alle zu ihm um. Die nächsten Worte verschluckte er fast, während er laut nach Luft japste. „Direkt über eines der Kinder und der Medizinerin, Haruno-san!“

 

Bevor sich Shioshi zu Sasuke umdrehen konnte, war dieser bereits verschwunden.

 

Innerhalb von wenigen Sekunden war Sasuke am Unfallort angelangt. Er schob die Menschen grob zur Seite, die sich aufgeregt vor dem eingestürzten Gebäude versammelt hatten. Wie vom Donner gerührt blieb er stehen, als er die Asche und den Schutt sah, wo kurz zuvor noch ein Gebäude gestanden hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde hörte er nur das wilde Rauschen von Blut in seinen Ohren. Von Sakura fehlte jede Spur. Bevor er jedoch reagieren konnte, brach die Oberfläche auf und eine staubverkrustete Person bahnte sich einen Weg durch das Geröll.

 

Eine blutüberströmte Sakura hielt ein bewusstloses Mädchen in ihren Armen.

 

Er war an ihrer Seite, bevor sie zu Boden stürzen konnte.

 

„Sakura-“

 

Sie schüttelte den Kopf. Sanft legte sie das Mädchen auf dem Boden ab und fing sogleich an, ihre Wunden zu heilen. Sein Blick blieb an ihrer Schläfe hängen. Blut tropfte aus der Wunde und färbte den Lehmboden rot. Aber statt sich um ihre eigenen Wunden zu sorgen, leuchteten ihre Hände grün auf. Stille kehrte ein, als die Dorfbewohner fasziniert beobachteten, wie sich die schweren Wunden des Kindes unter Sakuras Händen schlossen.

 

Einen Moment lang hielten alle den Atem an. Schließlich flatterten die Augen des Mädchens auf. Sofort brachen Jubelschreie aus.

 

Plötzlich schwankte Sakura. Bevor sie zur Seite kippen konnte, hatte Sasuke sie bereits aufgefangen.

 

„Das Mädchen…“, protestierte sie schwach.

 

Grimmig biss er die Zähne zusammen. „Der Arzt ist auf dem Weg. Jetzt bist du dran.“

 

„Sasuke-kun, lass mich sofort los!“

 

Obwohl sie wie wild gegen seine Brust trommelte, blieb er hartnäckig. Er teleportierte sie innerhalb kürzester Zeit in ihr Zimmer in der Taverne. Schließlich schaffte sie es, sich aus seinen Armen zu befreien. Sie plumpste auf das Bett und starrte ihn vorwurfsvoll aus vor Zorn blitzenden Augen an.

 

„Was sollte das werden? Wieso hältst du mich bei meiner Arbeit auf?“ Sakuras Stimme überschlug sich. Sie hatte einen Eid geleistet, um in Not geratene Menschen mit ihrem Leben zu schützen und zu heilen. Sie nahm ihre Profession sehr ernst und sie konnte niemandem verzeihen, der sie daran hinderte, diese auszuüben. Nicht einmal ihm.

 

„Sieh dich an, du blutest aus allen Ecken.“ Nur mit Mühe konnte er seine Stimme kontrollieren.

 

Nun platzte auch ihr der Kragen.

 

„Verdammt, Sasuke, das ist mein Job! Ich bin Medizinerin!“, schrie sie.

 

„Und was bringt es den Menschen hier, wenn du verblutest?!“, brüllte er zurück.

 

Wie vom Blitz getroffen starrte sie ihn an. Sie konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt in ihrer Gegenwart so die Fassung verloren hatte. Vielleicht damals, als sie sich im Eisenreich begegnet waren und er Karin töten wollte? Erst jetzt bemerkte sie das leichte Zittern seiner Hand, die zu einer Faust geballt war.

 

Langsam stand sie auf und näherte sich ihm. Er mied ihren Blick.

 

„Sasuke-kun, sieh mich an.“

 

Als er ihrer Aufforderung nicht nachkam, legte sie ihm sanft ihre blutbeschmierte Hand auf die Wange und zwang ihn mit Nachdruck, sie anzuschauen.

 

Seine asymmetrischen Augen bohrten sich in ihre. Hinter seinem ausdruckslosen Blick sah sie kurz etwas aufflackern. War es Angst? Um sie?

 

„Mir geht es gut“, flüsterte sie. „Ich bin doch Medizin-Ninja und kann auf mich selbst aufpassen. Schau, meine Wunden schließen sich schon.“ Sie wandte ihm leicht die Stirn zu und nun sah er auch, dass die Kopfwunde mittlerweile geschlossen war. Es blieben nur noch blutverkrustete Ränder zurück.  

 

Während sie seine Wange streichelte, schmiegte sie ihr Gesicht an seine Brust.

 

Sein Blick blieb an ihrer Wunde geheftet. Obwohl sich sein Puls mittlerweile beruhigt hatte, schwirrten die Gedanken in seinem Kopf nur um eine Erkenntnis herum.  

 

Sakura würde auf dem Kampfplatz niemals gegen ihn ankommen können – das hatten sie beide bereits vor langer Zeit realisiert. Die stärkste Kunoichi im Feuerreich hatte keine Chance gegen Uchiha Sasuke. Dennoch besaß sie eine mentale Stärke, mit der sie ihn ohne Mühe übertrumpfen konnte. Eine Gefasstheit, eine Selbstbeherrschung und ein tiefer Glaube an das Gute im Menschen waren Charakterzüge, die er niemals besitzen würde. 

 

Er war ihr komplett unterlegen.

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tbc…


Nachwort zu diesem Kapitel:
A/N: Katharsis: (Psychologie) das Sichbefreien von psychischen Konflikten und inneren Spannungen durch emotionales Abreagieren (Quelle: Duden) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Dig_Dug
2018-01-24T18:55:14+00:00 24.01.2018 19:55
Auch hier hast du die Charaktere wieder fabelhaft getroffen :) Wie machst du das nur? ^^
Dass Sasuke das Dorf beschützt und Sakura ohne zu zögern im Krankenhaus hilft - da wurde mir richtig warm ums Herz :)

Sasukes inneren Kampf, als er mit Sakura im Bett lag hat mit hier besonders gefallen. Wie der Kampf, den die beiden am nächsten Morgen geführt haben :)

Obwohl ich am liebsten alles auf einmal lesen würde, muss ich hier erstmal Pause machen :(
Leider fehlt mir die Zeit aber ich freu mich jetzt schon sooo sehr auf die nächsten Kapitel :) Wenn alles gut läuft, kann ich sogar morgen schon weiterlesen :)
Du wirst auf jeden Fall von mir hören :)

Ganz liebe Grüße ♥
Antwort von:  Des-C-Kudi
25.01.2018 18:45
Aww, so süß, vielen Dank für dein tolles Feedback <3 Wie gesagt, ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich die Szenen einfach aus dem Ärmel schüttele, aber ich sitze echt lange quasi fast an jedem Satz... Aber immerhin macht es Spaß^^

Ja die Kampfszenen zu schreiben hat echt Spaß gemacht. Habe allgemein beim Schreiben meine Liebe für Kampfszenen entdeckt hehe^^

Ach lass dir Zeit. Ist ja kein Marathon oder so hier. Die Kapitel sind ja auch alle nicht besonders kurz, musst dich nicht abhetzen oder gezwungen fühlen. Auf jeden Fall habe ich total gestrahlt, als ich deine tollen ausführlichen Rückmeldungen gelesen habe. Ich danke dir dafür :)

Ganze liebe Grüße <33
Von:  Berrii
2017-11-03T22:35:56+00:00 03.11.2017 23:35
Das ist so schön geschrieben und so charakterstimmig! <3
Ich freu mich schon darauf weiterzulesen!
Antwort von:  Des-C-Kudi
04.11.2017 18:13
Danke für deine motivierenden Kommentare!:) Puh, gut, dass die Charaktere bisher canon ersscheinen. Das nächste Kapitel ist schon in Arbei. Liebe Grüße!
Antwort von:  Berrii
04.11.2017 18:27
Ich freu mich riesig drauf! Ich bin wirklich vollkommen zufrieden mit dem Tempo <3
Antwort von:  Des-C-Kudi
04.11.2017 19:55
Ok supi, das freut mich total:) Liebe Grüße und bis bald!


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