Thorns Have Roses von CynthiaFeline ================================================================================ Kapitel 1: Nullbock ------------------- Kapitel 1: Nullbock Der Schulgong klingelte und allmählich setzten sich die Schüler an ihre Plätze und begannen ihre Schulsachen aus den Rucksäcken zu kramen. Das zwölfte Schuljahr am Kafka-Gymnasium hatte begonnen und im nächsten Jahr stand schon das Abitur vor der Tür. In der vorletzten Reihe saß er, Benjamin Steiner. Klassenbester in Mathe, Gamer und Künstler. Er strich sich einige schwarze Strähnen seines lockigen Haars aus dem Gesicht und lehnte sich gelangweilt zurück in seinen Stuhl. Heute war der Platz neben ihm leer, eigentlich hätte dort ein großer, blond gelockter Jüngling mit einem breiten Grinsen sitzen sollen, doch Maximilian war heute krank. Vermutlich hatte er zu viel gezockt oder einfach nur verpennt, Benjamin konnte nur Vermutungen aufstellen. Er könnte ihm über sein Handy schreiben, aber dafür war er zu faul. Doch ohne Max' Humor war der Tag gelaufen. Wer lachte denn jetzt mit ihm über banale Witze? Doch ehe er sich weiter Gedanken machen konnte, wurde die Tür des Zimmers aufgerissen und eine Lehrerin, um genau zu sein, die braunhaarige, kleine Frau Tal, kam mit einem neuen Schüler im Schlepptau in das Zimmer hinein. Sie ließ ihre Tasche mit einem lauten Knall auf das Pult fallen und klatschte in die Hände. "So ihr lieben, der dritte Schultag hat begonnen und ich möchte euch einen neuen Schüler vorstellen. Francesco wird bei uns die zwölfte Klasse wiederholen und ich möchte, dass ihr in ganz herzlich empfangt!", sie lächelte und wies ihn zum leeren Platz neben Benjamin hin. Benjamin erstarrte für einige Momente, was war das nur für ein Typ? Seine Augenbrauen hatte er tief ins Gesicht gezogen und die Hände in den Taschen seiner Lederjacke vergraben. Mit erhobenen Haupt stolzierte der Neue an Ben vorbei und setzte sich neben Nick, der schon immer alleine saß. Dieser Francesco war Ben nicht ganz geheuer, der sah schon so aus, als würde er das Jahr nochmal wiederholen. So'n krasser Nullbocktyp. Frau Tal machte zwei Stunden Deutschunterricht und faselte irgendetwas über Kafkas Werke, doch Benjamin hatte sein Gesicht auf der Hand abgestützt und versuchte nicht einzuschlafen, egal wie nett Frau Tal sein mochte, wenn sie von Lektüren sprach. Endlich klingelte es zur ersten, kurzen Pause und die anderen Schüler schwärmten aus dem Raum. Benjamin wollte sich gerade träge hinaus bewegen, als Frau Tal ihn zu sich herwinkte. Seufzend lief er auf sie zu, ein anderer Schüler wartete auch auf etwas, aber von hinten konnte er nicht erkennen, wer es war. Als er neben dem anderen Schüler stehen blieb, erkannte er, dass es der Neue, Francesco, war. Was würde nun kommen? Ben musste sich zusammenreißen, um die Augen nicht zu verdrehen. "Benjamin, ich wollte dich fragen, ob du Francesco vielleicht in Mathe Nachhilfe geben könntest. Er ist wegen Mathe und zwei drei anderen Fächern im letzten Jahr durchgefallen. Du kannst gut erklären und bist außerdem Klassenbester in Mathe. Würdest du das tun?", Frau Tal strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte zu Francesco, der aussah, als würde er am liebsten im Boden versinken. "Klar, ich kann's mal probieren.", sagte Benjamin und versuchte nicht total lustlos zu klingen. Eigentlich hatte er gar keinen Bock jetzt noch Nachhilfelehrer zu spielen und seine Freizeit zu opfern. In den nächsten zwei Stunden hatten sie Mathe bei Herr Schmidt. Sein Unterricht war zügig und man musste echt bei der Sache bleiben, um gut bei ihm zu sein. Hätte Francesco sich das nur mal zu Herzen genommen, denn er war im Verlauf der ersten Stunde einfach hinter Benjamin eingepennt. Das leise Schnarchen brachte Ben völlig aus dem Konzept und er war jetzt schon von der Einstellung des Neuen genervt. Und dann musste er ihm auch noch Nachhilfe geben...verdammt. Nach den Mathestunden klingelte es und sie konnten für die nächsten zwanzig Minuten den Kopf frei kriegen. Ben wanderte mit seinen Freunden auf den Pausenhof und sie gesellten sich zu einer anderen Gruppe Jungs, welche im Kreis unter einem Baum standen und lachten. Übrigens hatte Ben recht gehabt, ohne Max war es ziemlich langweilig, ihm fehlten die zweideutigen Anspielungen und das laute Gelächter. Schlurfend stellte er sich zwischen den großen, langhaarigen, blonden Leonhard und den etwas dicklicheren, nerdigen Hannes. Leonhard ging in Benjamins Klasse, spielte leidenschaftlich Gitarre, war der Künstler schlechthin und lebte vegan. Hannes dagegen war eine Klasse unter ihnen, zockte für sein Leben gern, sammelte Figuren und sah leidenschaftlich gerne Serien und Filme an. Ben hatte seine Freunde ziemlich gerne, sie waren manchmal fast wie eine Familie für ihn. Als Einzelkind ersetzten sie sozusagen größere und kleinere Brüder. Michael und Johnny standen auch im Kreis. Johnny war ein großer, dürrer Handballspieler mit schwarzen Dreads und Michael ein langhaariger, dunkelblonder Typ, welcher heimlich Fanfictions las und auch schrieb. Aber keiner wusste so genau, was Michael eigentlich für Fanfictions schrieb und außerdem ging er ins Judo und deswegen legte sich auch niemand mit ihm an. Max, Benjamins bester Freund, war heute leider nicht da. Aber er ging zusammen mit Johnny in den selben Handballverein, liebte Hühner (Er besitzt 4 Hühner, namens Isolde, Henriette, Pickele und Gackerliese...) und machte die weltbesten Witze. Das waren Bens idiotische, aber liebenswerte Freunde. Sie waren gerade in ein Gespräch vertieft, als eine Gestalt in schwarzer Lederjacke auf sie zukam. Ben verdrehte die Augen, "Ist das nich' der Neue?", fragte Leonhard neugierig. Michael nickte nur und Hannes fuhr sich durch die gün-blau gefärbten Haare. "Der sieht echt düster aus...", murmelte er nur und rieb sich den Arm. "In deinen Welpenaugen vielleicht, aber der macht nur auf cool...", meinte Johnny schroff. Francesco blieb vor Ben stehen, er hatte die Hände wieder tief in die Taschen seiner Lederjacke vergraben und die Augenbrauen ins Gesicht gezogen. Wieder dieser Blick, als hätte er gar keinen Bock überhaupt hier zu sein. "Wegen der Nachhilfe, wann hast du da Zeit?", fragte er ohne irgendeine Begrüßung. "Mittwochs und Freitags", sagte Ben monoton, "Ist um vier ok?", Franc blickte in die Runde. Neugierige Augen verfolgten jede seiner Bewegungen, nur Ben sah völlig genervt und gelangweilt aus. "Klar, bring einfach deine Mathesachen mit. Wir treffen uns bei den Schließfächern, da gibt's 'nen Tisch und Stühle.", Franc nickte und verabschiedete sich mit einem knappen "Ok" und verschwand in die Ferne zu ein paar Typen auf einer Bank. "Der tut wirklich nur auf cool, der war total verunsichert", murmelte Johnny und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Der hat bloß keinen Bock", meinte Ben und zuckte mit den Achseln. "Das ist doch voll dein Typ, Ben!", Hannes strahlte über beide Ohren, "Red' nicht so 'nen Quatsch, das is' voll 'ne Nullbockniete", Ben drehte den Kerlen auf der Bank den Rücken zu und wechselte das Thema. Um dreizehn Uhr klingelte es erneut und die Schüler des Kafka-Gymnasiums verließen das Gebäude. Benjamin lief zusammen mit Leonhard zur Bushaltestelle, welche direkt vor der Schule platziert war. Aber es fuhr auch nur eine Buslinie durch das Dorf und eine Bahnanbindung gab es erst recht nicht. Leonhard und Benjamin standen zwischen den ganzen kreischenden Grundschülern an der Bushaltestelle und warteten auf den Bus. "Ich bin gespannt wie die erste Nachhilfestunde heute wird",murmelte Ben abwesend. "Vielleicht ist er gar nicht so schlimm, lernt euch mal richtig kennen", Leonhard war einfach Pazifist, er wollte Weltfrieden und Liebe für alle, aber so einfach war das nicht. "Mal schauen, vielleicht hast du ja recht", Ben lächelte Leonhard an. "Du solltest echt mal optimistischer werden!", Leonhard sah Ben tadelnd an, "Ich bin Emo! Mit voller Leidenschaft!",beklagte sich dieser und grinste danach. Der Bus fuhr an ihnen vorbei und hielt wenige Meter weiter vorn und ihr Gespräch wurde somit unterbrochen. Die Massen von Schülern quetschten sich durch beide Durchgänge in den Bus und wurde noch lauter. Ben und Leon setzten sich weiter hinten in den Bus. "Ich geh' heute mit Hannes nach Stuttgart, ich brauch' wieder ein paar Gitarrensaiten und 'n bisschen Graffitti. Sollen wir dir was mitbringen?"-"Nee, lass mal. Ich muss ja den Nullbockbrocken betreuen und ihm vielleicht ein bisschen Mathe ins Hirn hämmern", Leonhard lachte, "Du bist heute aber echt nett, vermisst du deinen Max so sehr?", Ben sah Leon grinsend an, "Max ist hetero, das weißt du doch! Wenn er's nich' wäre, wären wir schon zusammen, das kann ich dir versichern"-"Vielleicht seid ihr in einem Paralleluniversum ja zusammen und adoptiert euch bald Kinder?", Leon fasste sich gespielt nachdenklich ans Kinn. "In 'nem Paralleluniversum bin ich ein zeichnendes, fanfictionschreibendes Mädchen!", beide fingen an zu lachen, "Und ich wohne nicht in einem Kaff sondern in einer Stadt und Hannes ist dann statt Hufflepuff ein Slytherin!", die beiden glucksten noch lauter. "So'n Schwachsinn!", rief Ben und hustete vor lauter lachen. "Wir sehen uns morgen, viel Spaß in der Stadt", Ben stand auf und gab Leonhard einen Handschlag, "Bis morgen", meinte Leon und Ben lief gen Ausgang. Der Bus hielt und einige Schüler strömten hinaus, darunter auch Ben. Er hatte es nicht weit zur Bushaltestelle, sie war schräg gegenüber von seinem Haus und Max wohnte sogar daneben. Als er die Tür des hellblauen Hauses aufschloss, kam ihm sein schwarzweißer Kater Frankenstein entgegen. Ben bückte sich und streichelte das weiche Fell des Katers. Frankenstein war ein schöner Kater, ein Auge war gelb und das andere grün und sein schwazweißes Fell ließ ihn ganz einzigartig aussehen. Und weil er so zusammengesetzt aussah, nannte Ben ihn Frankenstein. Der Kater kam eigentlich aus einem Tierheim, Bens Mama hat ihn gesehen und mitgenommen. Apropos, Ben konnte seine Mutter weder sehen noch hören. Sie war Grundschulleherin und sollte eigentlich schon daheim sein, Mittwochs musste sie nicht arbeiten. "Mom?", fragte Ben in das dunkle Haus. Er schloss die Haustüre hinter sich, streifte die dunkelroten Converse von den Füßen und sah sich um. Er lief vom Flur ins Wohnzimmer, dann in die Küche, aber nirgends war sie. Dann lief er die Treppen hinauf und steuerte auf sein Zimmer zu, vielleicht war sie einkaufen. Frankenstein war ihm gefolgt und sprang auf sein Bett, schnurrend verwandelte er sich in einen Katzendonut und schloss die Augen. Ben belächelte das Verhalten seines Katers und schmiss seinen Rucksack in die nächste Ecke, vor sein Bücherregal. Mit einem Seufzer ließ er sich in den Schreibtischstuhl fallen und entsperrte sein Handy. "Zwei Nachrichten von Mama"-meldete das Smartphone und er tippte sie an. "Bin auf einer Fortbildung, sehen uns um 18 Uhr! Kuss Mama", Ben lächelte. Seine Mutter war eine tolle Frau, auch wenn sie ein wenig eigenartig war. Und wenn er sagte ein wenig, dann meinte er ziemlich. Sie hatte mittelbloned, ewig langes, welliges Haar, welches meist unter Haarbändern, Hüten und Kopftüchern herauslugte. Außerdem war sie schlank und zierlich und hatte eine norme Vorliebe für Hanfröcke und urkomische Muster aus den 70ern. Sie liebte es peinliche Mützen zu stricken und Jacken zu nähen, ihre Haferkekse waren definitiv die vegansten der Nachbarschaft und seit neuestem war sie mit einer Frau zusammen. Ben hatte nichts gegen die Frau, welche nun an der Seite seiner Mutter stand, aber er vermisste seinen Vater. Doch er hatte schon seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu ihm und er meldete sich auch nicht mehr. Nachdem Ben sich die Piercings stehen lassen hatte, war sein Vater etwas distanzierter geworden. Ob er sie nicht mochte, wusste Ben nicht. Vielleicht wollte er auch einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben, immerhin hatte er eine neue Frau und die erwartete ein Kind von ihm. Ben verzog das Gesicht, die neue Frau seines Vaters war ziemlich eingebildet und hielt nichts von Ben oder seiner Mutter. Dabei war Mareike Steiner keine Frau die man hassen konnte, sie begegnete wirklich jeder Person freundlich und half wo sie konnte. Vielleicht lag es auch genau daran. Schulterzuckend schaltete Ben seinen Computer an. Er fuhr sich mit den Fingern über die Lippen und konnte unterhalb seiner Lippen die beiden Kugeln aus Metall spüren. Vor circa einem Jahr hatte er sich seine Snakebites stechen lassen, zwei Piercings unter der Unterlippe, welche einiges an Abstand zueinander hatten. Okay, es war ein bisschen mehr geworden als nur die Snakebites, Tunnel, Helix, Tragus und Industrial waren dazugekommen. Und er liebte sie, es sollte auf jeden Fall noch mehr werden. Als nächstes stand ein Tattoo auf seiner Bucketlist. Es sollte etwas mit seiner Lieblingsband "My Biological Marriage" zu tun haben. Eine Emopunkband aus den 2000ern, eigentlich nicht sein Jahrgang, aber er liebte sie. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er noch Zeit hatte, bis er wieder zur Schule musste. Er würde auf jeden Fall laufen und das brauchte fünfzehn Minuten. Ben setzte sein Headset auf und öffnete Pickaxe 60k und begann zu zocken. Um sechzehn Uhr saß Ben vor den Schließfächern und wartete auf Francesco. Die Schule war engagiert genug gewesen, um die Schließfächer in hellen, bunten Farben zu halten. Und sie waren im hinteren Teil der Schule in einem Flur verteilt. Vor den Schließfächern gab es Tische und Stühle, an denen Schüler lernen konnten. Noch dazu zierten einige Pflanzen den Raum. Der Boden war hellgelbgrau und die Wände Eierschalenweiß, also wenigstens kam in der Schule kein Knastgefühl auf, anders als in der Grundschule von nebenan. Vielleicht wollte man sich auch einfach nur Mühe für die zukünftigen, gebildeten Studenten machen. Genervt schlug Ben sein Mathebuch und Heft auf und streckte sich. Hoffentlich brauchte dieser Typ nicht ewig, sonst würde er wieder verschwinden. Endlich ertönten Schritte im Flur und ein Räuspern. "Hey", sagte Francesco und ließ sich auf den Stuhl gegenüber von Benjamin fallen. Er zog seine schwarze Lederjacke aus und entblößte ein dunkelblaues Tshirt mit V-Ausschnitt. Er fuhr sich einmal durch die dunkelbraunen Haare und zog dann ein Heft und ein Mathebuch aus seinem Rucksack. "Du hast es her geschafft...",murmelte Ben und versuchte erst gar nicht freundlich zu klingen. "Hör mal, ich hab' eigentlich keinen Bock auf den Scheiß hier, aber meine Eltern zwingen mich das beschissene Abi zu machen, also spar' dir deine klugen Sprüche.",Francesco zeigte sich gleich von seiner besten Seite, na toll. "Ich hatte gedacht, dass du mir wenigstens ein bisschen entgegen kommst", Ben biss sich auf die Unterlippe und seufzte, "Gut, wo häng's denn?", Ben atmete tief durch und gab der Sache eine Chance, vielleicht gab das mal Pluspunkte im Studium. "Ich hab seit der neunten Klasse nicht wirklich aufgepasst, weil mir diese Buchstaben zu viel geworden sind...", murmelte Franc monoton. Ben erstarrte für einige Sekunden, "Okay, das ist echt viel. Wir haben einiges vor uns.", sagte er und schluckte. Er schlug eine Seite in seinem Buch auf und las etwas nach. "Also, du weißt was die Pq-Formel ist?" - "So 'ne Formel zum Sachen einsetzen", Ben seufzte, "Genau. Weißt du wofür man sie verwendet?" - "Für irgendwelche X-Sachen", Ben musste wieder seufzen. "Man berechnet Nullstellen damit. Zum Beispiel, wenn du eine Parabel zeichnen musst, dann helfen dir die Nullstellen dabei.",Ben zeigte Francesco eine Zeichnung in seinem Heft. "Wozu brauch' ich denn so 'ne scheiße?! Ich kapier' gar nix!", er fasste sich an die Stirn. "Das wird schon, jetzt wart' mal ab", beschwichtigte Ben ihn. Am Ende der Stunde war Franc nicht viel schlauer und Ben erschöpft. "Ich kann Mathe einfach nich'", sagte Franc und klappte enttäuscht das Heft zu. "Jeder kann Mathe, du brauchst nur Motivation und einen guten Nachhilfelehrer" - "Willst du eigentlich Geld dafür?", fragte Francesco und wollte gerade seinen Geldbeutel öffnen. "Nee, lass stecken. Ich mach' das um sonst.", Ben rieb sich den Nacken. Francesco stand auf und nickte, "Bis Freitag", sagte er und lief an Ben vorbei. Benjamin packte seine Sachen zusammen und folgte Francesco nach draußen, dieser stieg draußen auf sein Motorrad, welches er bei den Fahrrädern geparkt hatte und fuhr davon. Erstaunt sah Ben ihm nach, das war irgendwie heiß gewesen. Als Ben nach Hause kam, setzte er sich vor seinen Computer und unterhielt sich über Groupspeak mit Max und Hannes. “Wie war Ihre Nachhilfestunde, Herr Steiner?”, fragte Hannes neckend. “Waaas? Da bin ich einmal nicht da und du klärst dir gleich ‘nen Typen und Kohle??!”, Max aufgeregte Stimme drang durch Bens Kopfhörer. “Neee, das war Frau Tal. Die hat gefragt, ob ich dem Typen Nachhilfe geben kann. Wollte ja freundlichen sein und hab nicht nein gesagt”, Ben öffnete einen Egoshooter und wartete auf die anderen. “Kommt ihr on?”, fragte er und bekam dann Zustimmung. Einige Stunden vergingen, bevor er den Computer ausmachte und sich ins Bett legte. Am nächsten morgen stand Ben völlig müde und lustlos auf, zog sich ein T-Shirt mit dem Logo seiner Lieblingsband über und schlüpfte sowohl in seine schwarze Jeans, als auch in seine roten Sneaker. Er schnappte sich im hinausgehen seinen Rucksack und begab sich die Treppe hinunter in die Küche, wo seine Mutter schon auf ihn wartete. "Guten morgen, Ben", begrüßte ihn seine Mutter. Sie hatte ihre langen, dunkelblonden Haare geflochten und trug ausnahmsweise mal kein Bandana oder Kopftuch. Eine Dose und eine Wasserflasche standen auf dem Tisch bereit und Ben packte sie in seinen Rucksack. "Ich kann dich mitnehmen, wenn du willst. Ich muss heute auch zur ersten Stunde in der Grundschule sein.", bot sie an, aber Ben schüttelte den Kopf, "Max ist wieder gesund und ich muss ihm doch von den neuesten Geschehnissen berichten", Ben grinste. "Ach? Neueste Geschehnisse?", Mareike lehnte sich auf dem Küchenstuhl vor und beäugte Ben neugierig. "Ich geb' jetzt Nachhilfe", sagte er und fühlte sich ein bisschen stolz dabei. Mareike lächelte, "Das ist toll! Bringst du deinen Schüler auch mal mit?", sie nahm einen Schluck aus ihrer Teetasse. Ben konnte bis hier her riechen, dass es Matchatee war und rümpfte die Nase. "Vielleicht, ich weiß es noch nicht, aber ich muss jetzt gehen, der Bus und so!", sagte er, während er sich umdrehte und aus der Küche in den Flur marschierte. Er schmiss die Haustüre hinter sich zu und lief über die Straße zur Bushaltestelle, wo Max auf ihn wartete. Beide begrüßten sich mit einem Handschlag und grinsten sich an. "Wieso warst du gestern nicht da?", Ben schaltete das Display seines Handys an, um auf die Uhr zu schauen. "Ich hab die Nacht durchgezockt und hab den Wecker nich' gehört und dann war's auch schon zu spät um in die Schule zu gehen...", murmelte Max und musste dann noch breiter grinsen. "Wir haben 'nen Neuen bekommen und dem muss ich jetzt Nachhilfe geben!", brachte Ben heraus und fuhr sich durch die Haare, "Nich' wirklich!", rief Maximilian aus und stemmte die Hände in die Hüfte. "Und er hat eigentlich keinen Bock die Zwölfte zu wiederholen, aber seine Eltern zwingen ihn", Ben steckte sein Handy in seine Hosentasche, als der Bus jetzt schon total überfüllt an vor ihnen hielt. Sie stiegen ein und blieben direkt neben dem Eingang stehen. "Wir haben jetzt gleich Bio oder?", Max runzelte die Stirn, er mochte Biologie nicht besonders und war auch nicht gut darin, "Neee, wir haben jetzt Englisch bei Herrn Fernandez", Benjamin sah aus dem Busfenster hinaus. Sie fuhren am Supermarkt, der Apotheke und der Post vorbei. Er mochte das Dorf, fast alle kannten sich und es hatte auch 'nur' zweitausend Einwohner, aber es war schön. Um das Kafka-Gymnasium herum war sozusagen die Ortsmitte, welche das Rathaus, den Supermarkt, die Post, Grund-und Realschule, Gymnasium und Apotheke beinhaltete. Der Bus hielt an und die Schüler strömten alle hinaus, die Grundschüler hüpften und kreischten, während die ersten Oberschüler sich ihre Zigarretten auspackten, um vor dem Schulgelände zu rauchen. Ben rauchte auch manchmal, aber nur wenn er betrunken war oder wenn ihm jemand eine Zigarette anbot, sonst hatte er kein Verlangen danach. Sie stiegen aus und hinter ihnen kam Leonhard aus dem Bus, er grüßte die beiden und ehe sie sich versahen kam Hannes von den Fahrradständern zu ihnen. Ben riskierte einen Blick zu den Fahrrädern, Francescos Motorrad stand noch nicht da. Wenigstens musste er sich dann kein Geschnarche im Unterricht anhören, ein bisschen erleichtert seufzte Ben. "Und morgen trefft ihr euch nochmal?", fragte Leonhard, welcher an den hinteren Tisch gelehnt zu Ben sah. Ben saß auf seinem Stuhl in der zweiten Reihe und nickte. Hannes hatte sich auf Bens Tisch gesetzt und Max saß ebenfalls auf seinem Stuhl neben Benjamin. "Er ist echt scheiße in Mathe, aber vielleicht wird das ja was", Ben streckte sich und gähnte, dann ging die Tür auf und Francesco betrat zusammen mit Bezo den Raum. "Wenn man vom Teufel spricht...", flüsterte Hannes verschwörerisch, "Voll das Muckipacket, der verdrischt dich bestimmt, wenn seine Noten nicht besser werden...", bemerkte Max und grinste dann. Benjamin verdrehte die Augen, "Also er geht auf jeden Fall boxen...", aber mehr konnte er nicht sagen, denn Herr Fernandez betrat den Raum und bat alle Schüler sich an ihre Plätze zu setzen. Herr Fernandez war ein etwas kleinerer Mann mit spanischen Wurzeln, wenn er deutsch sprach, hatte er einen leichten spanischen Akzent, aber sein Englisch war einwandfrei. Er trug meistens bunte T-Shirts und Jeans und unterrichtete Englisch, Spanisch und Hauswirtschaft. "Guten morgen!", begrüßte er die Klasse und begann seinen Laptop an den Beamer anzuschließen. "Hoffentlich reden wir nicht über Politik...", murmelte Max neben Ben und ließ seinen Kopf auf den Tisch sinken. Nach den ersten zwei Stunden Englisch hatte Max einige gute Politikerimitationen gemacht und Ben sich fast gekringelt vor Lachen. Beide waren sehr gut in Englisch, weswegen sie viel Schwachsinn machen konnten. In der ersten Pause liefen Max und Benjamin zum Bäcker, damit sich Max eine Brezel kaufen konnte. Dann hatten sie zwei Stunden Biologie bei Herrn Becker. Max mochte das Thema 'Gene' überhaupt nicht und fing an zu philosophieren, ob seine Lache wirklich vererbt worden ist oder, ob sein Kehlkopf vielleicht kaputt war. In der großen Pause versammelte sich die Gruppe wieder vor der alten, knorrigen Eiche und unterhielt sich. "Übernächstes Wochenende ist Herbstfest, gehen wir da hin?", fragte Johnny und kratzte sich am Kinn, "Wäre ziemlich cool, 'n bisschen Alkohol und Volksmusik...", brachte Ben sarkastisch hervor, "Ich gehe nur wegen Meiers selbstgebrautem Bier!", Hannes verschränkte die Arme vor der Brust. Francesco und seine Freunde liefen gerade an der Gruppe vorbei, ein größerer Kerl mit dunkelbraunen Haaren tippte Johnny auf die Schulter, dieser drehte sich um und gab dem Kerl einen Handschlag. "Aaron, komms du mit aufs Herbstfest?", Aaron kratzte sich am dunklen Bart, "Geile Idee, dann können wir meine neue Karre ausprobieren", er zupfte sich sein dunkelgraues Tanktop zurecht. "Mit Aaron wird's nich' langweilig. Nimmst du Bezo und  so mit?", Johnny fuhr sich durch die schwarzen Dreadlocks, "Klar, mach ich. Ich bring 'n Haufen coole Leute mit, dann mischen wir die Rentner ein bisschen auf", er grinste und lachte dann. Aaron war bestimmt einen Meter und neunzig centimeter groß, er wirkte durch den Manbun so furchtbar alt, obwohl er erst neunzehn war. Hinter ihm standen Franc und Bezo und hörten zu. Auch zwei Mädchen standen bei ihnen: Johanna und Hannah. Beide waren in der elften Klasse und waren gute Freundinnen von Aaron, Johnny und Bezo. Die waren irgendwie das Sportler-Kiffer-Trio, wobei Bezo eher der Spotler war und Johnny und Aaron sich regelmäßig zum Kiffen trafen. Ben wusste, dass Johanna cool war, sie zockte leidenschaftlich gern und war auch sonst nicht das typische Mädchen. Sie hatte blonde, lange Haare, einen Pony und einen mächtigen Vorbau. Aber sie war an keinem Kerl dieser Schule interessiert. Hannah dagegen war das krasse Gegenteil von Johanna. Sie hatte blondes, kurzes Haar, war eher der Kumpel, flirtete aber mit allen Kerlen, die sie geil fand. Die Pause war zuende und sie hatten noch vier Stunden Unterricht, die sich ewig ziehen würden. Jetzt kam Geschichte, dann Chemie. In Geschichte passten Ben und Max besonders gut auf, damit sie sich dumme Fakten merken konnten, um sich gegenseitig fertig machen zu können. In Chemie dagegen war nur Ben aufmerksam und Max kritzelte kleine, dumme Tierchen auf seinen Block, während Francesco hinter ihnen wieder anfing zu schnarchen. Was trieb der Kerl denn, um ständig in der Schule einzupennen? Zockte der bis in die Nacht hinein? Nach der Schule passierte nicht viel, Ben zockte den ganzen Tag mit Max, Hannes und Johanna und ging wie üblich spät ins Bett. Am Freitagmorgen verließ er das Haus etwas später, da er seine Sportklamotten fast vergessen hätte. Sie hatten in den letzten beiden Stunden Sport und obwohl Benjamin es hasste, hatte er heute tatsächlich mal etwas mehr Lust auf Sport. Aber er war kein Sportler, vielleicht ein E-Sportler aber keiner der schwitzte! Benjamin war einsachzig groß, schmal gebaut und ziemlich blass. Dazu noch die schwarz gefärbten, kurzen Locken und der dunkle Kleidungsstil mit den Piercings...Er war der perfekte Emo, verdammt. Der Tag lief ganz normal ab, Mathe in den ersten zwei Stunden, danach Deutsch und dann Sport. In den Sportstunden spielten sie Fußball. Er spielte gegen das Team von Francesco in dem auch Bezo und Nick waren. Nick saß hinter Ben und neben Franc und war ebenfalls ein leidenschaftlicher Sportler, er ging schwimmen. Max und Leonhard waren in Bens Team und sie verloren kläglich. Noch dazu hatten sie Silas und Thomas, die Zwillinge die neben Max saßen und nur Schwachsinn machten. "Jetzt schieß' doch du Vollidiot!", schrie Max Silas zu, der auf das Tor des Gegners zurannte, Ben joggte neben ihm her und sah total angespannt aus. Silas trat gegen den Ball, Ufuk, der Torwart fing ihn auf und schleuderte ihn zurück ins Spielfeld. Benjamin verdrehte genervt seufzend die Augen und joggte zusammen mit Silas wieder in die andere Richtung. Francesco pfefferte gerade den Ball in das Tor von Bens Mannschaft, Andre, der bei ihnen Torwart war, verfehlte den Ball um wenige Zentimeter und blieb dann genervt grollend auf dem Boden sitzen. Herr Kluge pfiff in seine Trillerpfeife und die Stunde war vorbei. Die Jungs verabschiedeten sich von Herr Kluge, räumten auf und verschwanden in die Umkleidekabine. Endlich war das Disaster vorbei. "Gut gespielt, Francesco", meinte Max dann laut und die Kabine stimmte jubelnd mit ein. "Wenn wir gegen das Nachbardorf spielen, bist du definitiv mit dabei", sagte Daniel, welcher Kapitän des Vereins im Dorf war. Ben hörte nur zu, während er sich anzog und verließ dann schweigend die Kabine. Daheim angekommen duschte er schnell und verließ das Haus dann wieder, um den Bassunterricht zu besuchen. Der Unterricht fand im Filmsaal des Gymnasiums statt und ging bis fast sechzehn Uhr. Er war heute also nur unterwegs. Sechzehn Uhr nach dem Bassunterricht. Ben kam etwas später zu den Tischen vor den Schließfächern und ließ seinen Rucksack neben den Stuhl auf den Boden fallen. Zum Glück konnte er ein Bass aus der Schule leihen, sonst müsste er jedes Mal sein eigenes mitnehmen. "Sag bloß du hast noch anderes zu tun, außer mir Nachhilfe zu geben!", sagte Francesco sarkastisch, als Ben sich vor ihn setzte. "Du wirst es nicht glauben, aber ich spiele Bass", Benjamin öffnete das Mathebuch, "Und ich geh' regelmäßig ins Fitnessstudio", Francesco spannte seinen Bizeps angeberisch an. "Zocken ist auch so 'ne Art Sport...", murmelte Ben, "Du zockst?", fragte Franc überrascht. Ben lachte laut auf, "Alter, hast du mich mal angesehen?", Francesco grinste, "Stimmt, hätte mir gleich auffallen müssen.", mehr sagte er aber nicht. Sie fingen mit den ersten Aufgaben an, Ben ließ Franc die Pq-Formel wiederholen, zeigte ihm wie man Parabeln im Koordinatensystem ablesen konnte und zeigte ihm ein paar Rechenwege. "Du hast gemeint, du zockst?", fragte Franc dann mitten in der Stunde, Benjamin nickte, "Was zockst du so?", Francesco streckte sich. Ben überlegte kurz, "Eigentlich alles. Von Egoshootern bis hin zu MMORPGs...", er kratzte sich am Hinterkopf, "Bock heute abend n' bisschen 'Critical Strike' zu zocken?" - "Klar, musst mir halt mal deine Nummer geben, dann schicke ich dir meinen Username", Ben drehte das Heft von Franc um und kontrollierte den Rechenweg. "Ich schreib' sie dir schnell auf", sagte er und riss ein Stück aus dem Heft raus und kritzelte ein paar krakelige Ziffern darauf. "Danke", meinte Ben und nahm den Zettel dann zu sich, um die Nummer gleich einzuspeichern. Er öffnete den Chat und tippte auf Francescos Profilbild, "Du spielst Klavier?", das Bild zeigte Francesco, wie er mit geradem Rücken an einem Flügel saß und darauf spielte. Es war schwarzweiß und man konnte nur den Flügel und Francesco erkennen, mehr gab das Bild nicht preis. "Ja, ich spiele schon seit ich klein bin. Das wollten meine Eltern immer so", er überflog die Aufgabe im Buch. "Ein Instrument spielen ist so toll", sagte Ben ein bisschen verträumt, Francesco nickte nur und rechnete weiter. Die Nachhilfestunde neigte sich dem Ende zu und beide packten ihre Sachen ein, um zu gehen. Ben lief von der Schule nach Hause. Als er daheim ankam, schmiss er seine Sachen in den Flur und lief in sein Zimmer hoch.  Dort angekommen schaltete er seine Konsole an und setzte das Headset auf. Bevor er das Spiel startete, warf er einen Blick auf sein Handy und schrieb Francesco eine Nachricht. »Mein Pewstationname ist 'MisterFrankenstein99'« Franc kam online und schrieb gleich zurück. »Adde dich gleich« Auf dem Bildschirm seines Fernsehers tauchte nicht wenig später eine Nachricht auf. »Biker826 hat dir eine Anfrage gesendet« Benjamin nahm die Anfrage an und startete das Spiel. Es war ein Egoshooter in dem man in Teams die Basis eines anderen Teams erobern musste. Beide zockten eine Weile, ohne etwas zu sagen, doch später unterhielten sie sich über alles mögliche. "Kommst du mit aufs Herbstfest?", Benjamin drückte die Knöpfe auf seinem Controller und startte angespannt auf den Bildschirm, "Ja, die anderen sind ja auch alle da. Aaron wollte danach auf die Hütte am Waldhügel gehen und noch privat ein bisschen feiern, seid ihr da auch dabei?", auf dem Bildschirm explodierte es und die fiktiven Menschen schrien. "Ich denk' mal schon. Wollt ihr da nur saufen?" - "Wahrscheinlich. Vielleicht bringt Johnny noch ein bisschen Gras mit.", Ben grinste, "Das klingt nicht schlecht. Rauchst du oder kiffst du?", Ben beugte sich in seinem Sitzsack vor, "Nee keins von beidem. Ich mach krassen Sport, ich will meinen Körper nich' zu sehr ficken" - "Das einzige, was dich fickt, ist Mathe", Ben lachte und  Franc murrte. "Du bist so lustig, echt mann", Benjamin lachte immer noch und legte den Controller beiseite, als ihm auf dem Fernseher angezeigt wurde, dass ihr Team gewonnen hatte. "Noch 'ne Runde?" - "Auf jeden Fall!", rief Francesco und beide traten in das nächste Match ein. Erst spät in der Nacht schaltete Benjamin die Konsole wieder aus und zog sich aus. Er setzte sich auf den Rand seines Bettes und streckte sich. Frankenstein war nirgends zu sehen, schade. Er legte sich in sein Bett und zog sich die Decke über den Körper. Dieser Francesco schien wohl doch nicht so das Arschloch zu sein. _______________________________________________________________________________________ Ich hoffe, dass euch das erste Kapitel gefallen hat. Es soll alles schön langsam gehen. :3 Wie schon in der Beschreibung erwähnt, steht die Qualität hier vor der Quantität, was heißt, dass die Kapitel ca. 5000-6000 Wörter oder länger werden. Das erste Kapitel ist natürlich immer etwas kürzer. Schreibt Verbesserungsvorschläge und Kritik immer schön in die Kommentare, immerhin will ich ja besser werden! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)