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Die Weltenwandlerin

von

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Versehentlich

Es ist als hätte da plötzlich jemand ein Licht angezündet tief in mir drinnen. Es ist wie ein Funke, der das Feuer, mein Feuer, wieder aufflackern lässt. Auf einmal ist da wieder diese Kraft, die ich lange nicht mehr gespürt habe. Hoffnung, Glaube, Zuversicht, Inspiration. All diese Dinge fühle ich gerade.
 

„Das muss ich gleich Thranduil erzählen!“ Ich bin es nicht gewohnt, jemanden zu haben, mit dem ich meine Erkenntnisse teilen kann, auch wenn ich den Wunsch danach oft genug verspüre. Aber hier, hier ist das anders. Hier habe ich jemanden, hier habe ich Thranduil.
 

Wenn ich daran denke, was er allein in den letzten Tagen für mich getan hat, kann ich es kaum glauben. Wie der Elbenkönig selbst richtig festgestellt hat, fällt es mir schwer, daran zu glauben, dass ich jemandem so wichtig sein könnte. SO wichtig. Das ist irgendwie verrückt.
 

Aber genug nachgedacht – sonst bringe ich mich selbst nur wieder in Schwierigkeiten. Ich weiß, dass ich jetzt gut aufpassen und konsequent sein muss, was meine neueste Einsicht betrifft. Es ist mehr als leicht, in alte Muster zurückzufallen, sie zu durchbrechen und neue zu schaffen hingegen schwierig.
 


 

Zielstrebig steuere ich auf den Thronsaal zu – ich weiß zwar nicht, ob sich der Elbenherrscher genau dort aufhält, aber es ist die nächste Möglichkeit von den Ställen aus. Der Thron ist jedoch leer, niemand ist zu sehen. Dann vielleicht in seinem Arbeitszimmer?
 

Am Eingang zu Thranduils Arbeitsräumen stehen zwei Wachen, die mich aber problemlos passieren lassen. Der erste Raum dahinter ist leer, aber das entmutigt mich noch nicht. Ich weiß mittlerweile, dass Thranduils „Arbeitszimmer“ aus einer Reihe aufeinanderfolgender, miteinander verknüpfter Räume besteht, wie eine Art Suite.
 

Zwei Räume weiter treffe ich Thranduils Schreibtisch an – allerdings auch diesen leer. Ich überlege gerade, ob ich einfach hier auf den Elbenherrscher warten soll, als ich plötzlich leise Stimmen vernehme – sie kommen aus Thranduils Privatbibliothek.
 

Es wundert mich, dass mir die Geräusche nicht gleich schon aufgefallen sind – das Gespräch scheint schon länger in Gang zu sein.
 

Im selben Moment, als ich beschließe, nicht zu stören, erkenne ich Legolas‘ und Thranduils Stimmen. Ohne bewusst darüber nachzudenken, nähere ich mich leise der nicht ganz geschlossenen Tür – ich bin prinzipiell nicht der neugierige Typ Mensch und schon gar nicht jemand, der andere belauscht, aber in diesem Moment kann ich gar nicht anders als genauer hinzuhören. Vielleicht liegt das auch daran, dass sich die beiden nicht auf Elbisch unterhalten und ich also verstehe, was gesagt wird.
 

„Sie hat Angst, Legolas. Sie hat solche Angst…“ Das ist Thranduil. Er klingt traurig und besorgt und auch unendlich müde.
 

„Ich frage mich, wie es dort wohl ist…“ Legolas hört sich nachdenklich gestimmt an. „Was meinst du, wie es ihr in ihrer Welt ergeht…?“
 

Spätestens jetzt sollte ich mich aus dem Staub machen – jetzt, wo mir klar geworden ist, dass sie wohl über mich sprechen. Aber ich kann nicht; vielleicht, weil etwas gesagt wird, das ich hören muss?
 

„Ich mag es mir gar nicht vorstellen…“ Wieder Thranduil. „Ich wünschte nur, ich könnte sie beschützen. Vor diesem Ort, vor dieser anderen Welt…“
 

„Du liebst sie, nicht wahr?“ Legolas.
 

„Ja. Ja, das tue ich…“ Obwohl mir dieses Wissen nicht neu ist, macht mein Herz einen Satz. Thranduils Stimme klingt gebrochen; es tut mir weh, ihn so reden zu hören. „Aber das ist nicht genug… Ich tue nicht genug…“
 

Schweigen.
 

„Glaubst du nicht, dass es irgendwann besser werden wird?“ Wieder Legolas. „Dass es ihr irgendwann wieder besser gehen wird, auch in ihrer Welt?“
 

„Ich glaube, dass schon genug passiert ist. Wie weit muss es noch kommen? Was soll sie noch alles durchmachen…? Sie ist doch noch so jung, Legolas…“
 

„Sie wirkt älter als sie ist… Selbst unter uns Elben…“ Es hört sich so an, als würde Legolas lächeln. Ich lächle vor der Tür mit.
 

„Sie hat Angst, dass sie nicht zu uns zurückfindet…“ Thranduil. „Dass sie gefangen ist in ihrer Welt ohne Ausweg…“
 

„Du fürchtest dich auch davor…“, stellt Legolas fest.
 

„Ja… ja, das tue ich…“
 

Wieder Schweigen. Beide scheinen nachzudenken.
 

Ich kann nicht leugnen, dass mich das Gespräch der beiden sehr berührt. Ein „Davonschleichen“ kommt für mich jetzt nicht mehr in Frage; ich kann Thranduil unmöglich so hier zurücklassen, auch wenn ich ihn vielleicht in einer halben Stunde schon wieder sehen würde. Nein, ich möchte dabei sein und mitreden. So schmerzhaft es auch sein mag.
 

Während ich mir diese Gedanken mache, höre ich Legolas drinnen sagen: „Dann ist die Sache doch eigentlich klar: Sie geht einfach nicht mehr zurück in ihre Welt!“
 

Ein Hochgefühl ergreift mich. Es schwingt mich hinauf und lässt meinen Körper einen Überschuss an Glückshormonen produzieren. Ich würde jetzt wirklich gerne jemandem um den Hals fallen… Das ist dann wohl mein Zeichen, in die Konversation einzusteigen!
 

Ich öffne die Tür, gerade als Thranduil sagt: „Das geht nicht. Ithil kann nicht hierbleiben…“
 

Ich erstarre. Legolas und Thranduil, die die Anwesenheit einer weiteren Person bemerkt und sich der Tür zugewandt haben, ebenfalls. Ich sehe den Schock auf ihren Gesichtern, vor allem in Thranduils Miene ist er mehr als deutlich zu erkennen. Er sieht so aus als gäbe er alles darum, die letzten paar Sekunden ungeschehen zu machen. Und diesen einen Satz zurückzunehmen, auszulöschen, der nun zwischen uns in der Luft hängt.
 

„Ithil kann nicht hierbleiben…“



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