Die Weltenwandlerin von Memories_of_the_Moon ================================================================================ Kapitel 8: Bekanntschaften -------------------------- Als ich den Empfangssaal betrete, stelle ich erleichtert fest, dass ich noch früh genug dran bin: Alle stehen noch in Grüppchen herum, über den ganzen Raum verteilt, in verschiedenste Gespräche vertieft. Das Letzte, was ich jetzt noch gebraucht hätte, wäre mitten ins Essen hineinzuplatzen und alle Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ganz wohl ist mir beim Anblick der vielen Gäste trotzdem nicht; ich war eben noch nie ein Fan von „Massenveranstaltungen“. Ich bin es gewohnt, mich im Beisein so vieler Personen unbehaglich zu fühlen; gewöhnlich führen solche Situationen für mich zu mehr oder weniger starken Gefühlen von Eingeengt-Sein und Bedrängt-Werden, in den schlimmsten Fällen sogar zu regelrechtem Fluchtreflex. Aber das ist nicht das erste Mal, dass ich mich so einer Situation dennoch stelle. Also versuche ich so gut es geht, diese Gedanken zu verdrängen und meine Alarmglocken zu ignorieren. Da kommt ein Elb auf mich zu, mit langem, braunen Haar und markanten Gesichtszügen. Er öffnet die Arme in einer willkommensheißenden Geste und lächelt mich warm an. „Ithilarinia! Ihr seht bezaubernd aus – wie immer!“ „Herr Elrond“, begrüße ich ihn ebenfalls und verbeuge mich. „Lasst das doch“, schlägt der Herr über Bruchtal vor. „Mittlerweile kennen wir uns doch gut genug, um darauf verzichten zu können… Außerdem fühle ich mich dadurch so alt…“ Er lacht herzlich über seinen eigenen Witz. Genau aus diesem Grund mag ich Elrond so gern: Er hat – obwohl er Elb ist und das nicht nur irgendeiner – einen fantastischen Humor. Schon fühle ich mich ein bisschen wohler, ein bisschen weniger schwermütig – wie gut, dass sich manche Dinge niemals ändern. „Ganz wie Ihr wünscht“, gebe ich bereitwillig meine Zustimmung. Da bemerke ich einen anderen, mir unbekannten Elb, der sich in unsere Richtung bewegt. Tatsächlich bleibt er vor Elrond und mir stehen. „Guten Abend, Herr Elrond…“ – er verneigt sich zuerst vor dem Angesprochenen –, „… Mylady…“ – und dann auch in meine Richtung. „Bitte verzeiht, dass ich Euer Gespräch störe. Mit Eurer Erlaubnis würde ich Euch gerne eine Frage stellen.“ Er blickt mich an, was mich im ersten Moment überrascht. Was könnte er schon von mir wissen wollen? Dennoch nicke ich und füge, beeindruckt von seinen guten Manieren, ein wohlwollendes „Gerne“ hinzu. Sollte den Elb mein Verhalten wundern, lässt er sich nichts anmerken. Stattdessen bringt er sein Anliegen vor: „Bitte verzeiht meine Neugier, aber seid ihr tatsächlich die Weltenwandlerin?“ Einen Moment lang bin ich sprachlos. Woher kennt dieser Elb, der mit ziemlicher Sicherheit nicht aus dem Düsterwald kommt, diese Bezeichnung? Wie weit hat sich mein von Thranduil geschaffener Ruf wohl über Mittelerde verbreitet? „Ja, das ist vollkommen richtig“, antwortet an meiner statt eine vertraute Stimme hinter mir. Thranduil gesellt sich zu uns. Sofort fällt mir auf, dass er den gleichen Grünton trägt wie ich. Ich schmunzle. Das ist sicher kein Zufall. Der fremde Elb verbeugt sich rasch vor dem Waldreichkönig. „König Thranduil.“ Dann wendet er sich wieder mir zu, allerdings so, dass er weder Elrond noch Thranduil den Rücken zukehrt. „Wenn ich mir erlauben darf Euch zu sagen, wie sehr ich Euch bewundere. Es ist mir eine große Ehre und Freude, Euch persönlich kennenzulernen…“ „Ganz meinerseits“, entgegne ich bescheiden. Ich konnte noch nie gut mit so viel Aufmerksamkeit umgehen. „Ich bin mir nicht sicher, was Ihr von mir gehört habt…“ „Nur das Beste, Mylady“, versichert mir mein Gegenüber. Ich erröte. Solche Schmeicheleien bin ich nicht gewohnt. Es scheint als wäre Thranduil neben mir der Meinung, der fremde Elb habe sich nun weit genug vorgewagt. „Lasst uns zu Tisch gehen.“ Er bietet mir seinen Arm an. Fast wirkt er besitzergreifend auf mich, so, als wolle er sein „Revier“ verteidigen. Ein Gedanke, der mein Herz wärmt. Und der das Leben gleich so viel lebenswerter macht. Dennoch ermahne ich mich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Vielleicht habe ich ja später die Gelegenheit, Thranduil diesbezüglich ein wenig auf den Zahn zu fühlen… An des Waldkönigs Seite schreite ich zu Tisch. Täusche ich mich oder sind tatsächlich alle Augen auf uns gerichtet? Plötzlich ist mir nicht mehr ganz wohl; ich bin froh um Thranduils Arm, um seine Präsenz. Mein Gastgeber scheint meine Unruhe zu bemerken. „Du siehst wahrlich aus wie eine Königin…“, raunt er mir so leise zu, dass es sonst niemand hören kann. Wieder erröte ich. Aber auch das warme Gefühl von vorhin kommt zurück. Und als Thranduil mir dann auch noch den Platz zu seiner Rechten anbietet, könnte ich nicht glücklicher über meine Entscheidung sein, an diesem Abend teilzunehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)