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Warum nicht jetzt, warum nicht wir

Todoroki/Midoriya
von

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Kein Liebeslied

„Es ist wieder Nacht, ich liege wieder wach

Die Stadt schweigt, nur in mei'm Schädel tobt ein riesen Krach

Liebe - Hass, schlafen so dicht an dicht

Ich war dein Spiegel, Du warst der Stein, der mich zerbricht

Mich hat die Welt zerknüllt, ich war mal ein weißes Blatt

Bin jetzt so unbeschrieben wie die Mauern meiner Stadt“
 

(Prinz Pi, Songtext: Die letzte Ex)
 

Es mag die Überraschung gewesen sein oder aber gar der reine Wille seines Gegenübers, aber der Schlag traf sein Ziel mit exakter Präzession.

Bakugou verzog seine Miene nicht einen Millimeter als ihn die Faust ungebremst in Mitte seines Gesichtes traf. Nur das kleine Rinnsal an Blut, welches aus seiner Nase lief und an seinem Kinn hinabtropfte, war im Nachhinein noch ein Indiz für die Gewalttat des Grünhaarigen. Die dicken Tropfen verfärbten die makellose Schuluniform des Blonden und würden noch länger als Beweismittel für ihr Gespräch verbleiben.

Nach wie vor zierte ein breites Grinsen das Gesicht seines Gegenübers.

„Warum auf einmal? Was soll das?“, sprach er die beiden nahliegenden Fragen aus, die seit geraumer Zeit auf seiner Zunge brannten und einen bitteren Nachgeschmack hinterließen.

Zum ersten Mal ging wieder eine Bewegung durch den Körper seines Gegenübers. Mit einer ungelenken Geste wischte er sich das Blut aus dem Gesicht, was allerdings nur zur Folge hatte, dass sein Ärmel ebenfalls davon befleckt wurde. Die Blutung hielt unterdessen weiter an, anstatt seiner stummen Aufforderung zu folgen.

„Warum nicht?“, antwortete er undurchsichtiger denn je und bestätigte Midoriyas Glaube, dass es sich hier um einen üblen Scherz handeln musste. Die Vermutung Bakugou wöllte ihn lediglich weiter quälen und erniedrigen sah er damit nahezu als bestätigt an.

„Ich habe keine Lust auf deine Spielchen.“, Midoriyas Stimme war schneidender, als er es beabsichtigt hatte, dennoch empfand er diese Wendung nicht als nachteilig. Es mochte von dem Adrenalin kommen, welches durch seine Adern rauschte, aber dieses Selbstbewusstsein gefiel ihm um einiges besser als seine sonst so verschüchterte Art.

„Das ist kein Spiel.“, von einem zum anderen Moment war die Ernsthaftigkeit im Gesicht seines Gegenübers zurückgekehrt, sein Grinsen blitzartig erstorben. Er konnte in der Körperhaltung des Anderen erkennen, dass es ihm missfiel nicht ernst genommen zu werden. Da war etwas Lauerndes in seinem Blick. Wenn Todoroki die Ähnlichkeit zu einer Katze aufwies, dann war Bakugou ganz klar der Wolf.

„Wir sind keine Freunde mehr oder?“, Midoriya wusste selbst nicht so genau, warum er ausgerechnet diese Frage stellte, wo sie ihn doch so bitter an sein Gespräch mit Todoroki vor nicht allzu langer Zeit erinnerte.

„Nein, Deku. Das sind wir nicht. Schon lange nicht mehr.“ Bakugou entsprach damit vollkommen seiner Annahme, dennoch war da ein schmerzender Stich in der linken Hälfte seiner Brust, den es unmöglich war zu ignorieren. Natürlich sprächen sämtliche Verhaltensmuster, welche der Blonde aufwies gegen eine freundschaftliche Beziehung ihrerseits, trotzdem konnte er nicht leugnen, dass er sich nach der Zeit zurücksehnte, wo keinerlei Zweifel dahingehend bestanden hatten. Kindheitsfreunde. Beste Freunde.

Es gab so viele Dinge die sie teilten, aber keine dieser verblassten Erinnerungen halfen ihm dabei nachzuvollziehen, zu was das hier führen sollte.

Nach wie vor blickte er dem Anderen abwartend entgegen. Seine rechte Hand, mit all ihren Narben, zu einer Faust geballt. Das stätige Zittern konnte er, so sehr er sich auch darum bemühte, nicht verbannen. Jedoch war dies die einzige Regung die auf sein ausgewühltes Innenleben hindeutete.

„Ich sag dir, was ich von dir will.“, eröffnete Bakugou eine völlig neue Richtung ihres Gespräches, ohne dass Midoriya ihn explizit dazu auffordern musste. Scheinbar wollte der Blonde endlich Licht ins Dunkle bringen. Wieder eine Machtposition, die ihm besser stand, als gut für ihn gewesen wäre.

Midoriyas Antwort war wertfreies Schweigen. Er beobachte aufmerksam wie erneut Bewegung in den Körper ihm gegenüber kam. Jede Veränderung von dessen Position registrierte er mit wachsendem Argwohn. Er würde nicht noch einmal den Fehler begehen und sich von dem Anderen überrumpeln lassen.

Entgegen dieser Absicht spiegelte er keinesfalls die Bewegungen des Blonden, ließ ihn stattdessen zum zweiten Mal einen Schritt auf ihn zu gehen. Die Distanz zwischen ihnen schätze er auf gute dreißig Zentimeter ein, wo doch mindestens das Doppelte angemessen gewesen wäre.

In einem Schwall entließ er die angestaute Luft aus seinen Lungen. Nun musste er unweigerlich aufsehen, um Bakugou in die unheilverheißenden Augen zu starren. Der allzu vertraute Geruch und diese brodelnde Wärme, die der fremde Körper vor ihm zu jeder Tageszeit ausstrahlte - alles was nichts mit den Worten zu tun hatte, die er hören wollte, schob Midoriya beiseite. Es war kein einfaches Unterfangen für sein erregtes Gemüt, aber er wartete.

„Du bist so naiv, dass es wehtut.“, sagte er schließlich, als würde das allein schon ausreichen um alles bisher Geschehene ins rechte Licht zu rücken. Bakugou gab sich wie gewohnt keinerlei Mühe die wachsende Frustration aus seiner Stimme zu verbannen. Es lag in seinem Gemüt andere seine eigene Unzufriedenheit beinahe körperlich spüren zu lassen. „Ich will nicht einer deinen dummen Freunde sein.“, allein die Aussprache dieses Wortes schien einen scheußlichen Beigeschmack zu haben, was anhand des angewiderten Gesichtsausdrucks nicht schwer zu deuten war. Der Blonde war wenigstens hinsichtlich seiner Emotionen ein leicht zu lesendes Buch.

Midoriya lag zwar eine bissige Erwiderung auf der Zunge, dennoch empfand er es nicht als besonders ratsam den Anderen gerade an diesem heiklen Punkt zu unterbrechen. Er beschränkte seine Reaktion darauf leicht die Augen zu verengen.

„Ich will, dass du mir gehörst. Mir allein.“

Bakugou hob derart unvorhergesehen seine Hand, dass Midoriya eine massive Explosion in Nähe seines Ohres oder wenigstens einen Schlag erwartet hätte, doch seine Erwartungen waren auch diesmal nicht mehr als Schall und Rauch.

„Das ist…“, der Blonde deutete lediglich mit einer abwertenden Geste auf den prägnanten Fleck an seinem Hals.

Seine Augen mussten ihm einen Streich gespielt haben, aber Midoriya war sich ziemlich sicher einige aufkeimende Funken in den Handinnenflächen des Anderen gesehen zu haben. Ein deutliches Anzeichen für das Nachlassen von dessen Selbstbeherrschung. „…lachhaft.“

„Ein Witz im Vergleich zu dem, was ich mit dir machen würde.“, Bakugou unterstrich seine Worte sehr gezielt mit einem Grinsen, welches die scharfen Ecken seiner Schneidezähne entblößte.

Midoriya war zwar kein Experte, was das anbelangte, aber den Konjunktiv hätte Bakugou sich wohl am liebsten gespart.

„Das heißt du willst mit mir…“, begann Midoriya mit leiser Stimme und verfluchte sich zugleich dafür, dass er nicht mal ansatzweise die Fähigkeit hatte ebenfalls so selbstsicher zu wirken. Die Verstoffwechselung seines mühsam aufgebrachten Adrenalins hatte anscheinend bereits stattgefunden und ließ seinen bedauernswerten Organismus in völliger Erschöpfung zurück.

„...schlafen?“, beendete der Blonde den Satz und ein bedrohliches Lachen brachte die Luft zwischen ihnen zum Beben. Es erreichte seine Augen nicht. Natürlich hatte Bakugou für solche wertlosen Floskeln nicht viel übrig außer grenzenloser Verachtung.

Für gewöhnlich hätte das Gesicht des Grünhaarigen nun einen satten Rotton angenommen. Gemäß dem Falle er hätte diesen bedeutungsschweren Worten Glauben geschenkt. Es kam ihm vollkommen surreal vor. Fernab von allem was im Bereich des Normalen und Möglichen lag. Und das in ihrer Welt voller Wunder.

Er widerstand dem Impuls lauthals loszulachen, auch wenn der Adressat dieses Ausbruches nur er selbst gewesen wäre.

„Was stört dich daran, nur das Wort?“, fragte er stattdessen aus reiner Neugierde.

„Ja.“, einfach und schlicht. Bakugous Finger kratze unterdessen bedrohlicher denn je über seine Halsschlagader. Die unvorhergesehene Berührung ließ ihn innerlich zusammenzucken, auch wenn er sich rein äußerlich zu keiner Schwäche hinreißen lassen wollte. Irgendwoher rührte die ungute Befürchtung den Anderen sonst zu provozieren. Und Bakugou war jemand der auf jede Provokation dieser Welt einging.

Einen erneuten Übergriff auf seine Person konnte er unmöglich verkraften.

„Du nimmst das nicht besonders ernst oder?“, schlussfolgerte Bakugou anhand seiner mangelnden Nervosität, die doch sonst Midoriyas stetiger Begleiter war, völlig wahrheitsgemäß. Obwohl es außerhalb seines Sichtbereiches war, notierte Midoriya, dass der Blonde in seiner Bewegung innehielt. Ein unheilverheißendes Zeichen.

„Es ist schwer vorzustellen, dass du auf einmal…“, versuchte er auf die übliche umständliche Art und Weise seine Bedenken zu formulieren, doch wurde je von Bakugou in seinen Ausführungen unterbrochen. Ebenso so grob wie man es mit jemanden von seinem Charakter erwarten konnte.

„Dass ich dir auf einmal das Hirn raus vögeln möchte? Tja, Deku. Scheiße passiert jeden Tag, oder nicht?“, da war er, der kleine aber alles entscheidende Faktor, der es erlaubte, dass Midoriya den Worten seines Gegenübers Glauben schenkte. Grotesk, dass ihm erst jetzt auffiel, was die gesamte Zeit über sein Misstrauen erweckt hatte. Bakugous abstoßende, vulgäre Art war in all ihrer Pracht zurückgekehrt. Es traf ihn mit voller Härte, ungebremster als jeder Schlag, den er Bakugou jemals hätte verpassen können. Die Wahrheit kam nie ohne einen großen Auftritt daher.

Prompt kehrte die Farbe auf seine blassen Züge.

Mit wachsender Genugtuung und einem seltenen Hauch an Faszination in den dunklen Augen sah der Blonde ihm ungeniert dabei zu wie er die Beherrschung verlor. Beinahe als hätte er die letzten Minute beharrlich damit verbracht Risse in den Stein seiner mühevoll aufgebauten Fassade zu schlagen. Und jetzt konnte er ruhigen Gewissens die Früchte seiner Arbeit genießen.

Das Zittern seiner Hand breitete sich ungehindert auf seinen gesamten Organismus aus. Mühsam presste er seine beiden Lippenpaare aufeinander, um auf diese Weise zu verhindern, dass ein unangebrachter Laut seiner Kehle entwich. Tausend und aber tausend von Gedanken wirbelten wie ein Haufen Herbstlaub in seinen Kopf durcheinander. Einer unsinniger als der andere und in keinerlei logischen Zusammenhang miteinander.

Seine bemitleidenswerte Überforderung war greifbar, so schmerzhaft offensichtlich, dass Bakugou ihn scheinbar vorsorglich an den Schultern festhielt. Möglicherweise hatte der Andere die leise Vermutung er können jeden Moment das Bewusstsein verlieren, vielleicht war dies aber auch nur reiner Vorwand um ihn berühren zu können. Sorge war kein Attribut, welches man Bakugou leichtfertig zusprechen konnte.

Merkwürdiger Weise richtete sich gerade jetzt Midoriyas Blick auf die Nase seines Gegenübers, nur um festzustellen, dass die Blutung des Sinnesorganes in der Zwischenzeit vollständig verebbt war. Dieser Sachverhalt störte ihn mehr, als die warmen Hände auf seinen schmalen Schultern.

„Deku.“, sein Spitzname. Ein ziemlich zweifelhafter Versuch die Aufmerksamkeit des Grünhaarigen für sich allein zu beanspruchen. Doch er gelang, so einfach, dass Midoriya langsam Zweifel an seiner eigenen Intelligenz hegte.

Der metallische, schwere Geruch von geronnenem Blut stieg ihm in die Nase. Es war nicht das erste Mal in seinem Leben, dass er ihn roch, doch jedes Mal auf seine Weise alarmierend. Beunruhigend, dass ausgerechnet dieser Eindruck ihn darauf hinwies wie nah ihm der Blonde eigentlich inzwischen gekommen war.

Er schluckte, versuchte seine staubtrockene Kehle mit Flüssigkeit zu benetzen, doch es half nichts. Midoriya war es nicht vergönnt sich auch nur einen Zentimeter aus dem verworrenen Netz zu bewegen, dass Bakugou gesponnen hatte. Alles was er konnte war starren. Er hatte nicht wenig Ähnlichkeit mit einem zu Tode geweihten Reh, als sich sein Blick auf die Augen von Bakugou richtete. Allein ihr glühendes Rot sollte schon als Warnsignal fungieren. Doch sie taten es nicht.

Alles was übrig blieb waren Vermutungen. Erdrückende, ihn langsam aber sicher verzehrende Zweifel an seiner eigenen Person, was geschehen wäre, wenn nicht in exakt diesen Moment sein Hand geklingelt hätte.
 

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Die Person am Telefon war sein persönlicher Retter in der Not gewesen. Der schrille Klingelton hatte die mühevoll aufgebaute Atmosphäre zwischen ihnen innerhalb von wenigen Sekunden zerstört und ihm eine Steilvorlage für seine darauffolgende Flucht geliefert.

Trotzdem fühlte er sich unwohl, was nicht zuletzt daran lag, dass es natürlich Todoroki gewesen war, der ihn aus dieser brenzligen Situation herausmanövriert hatte. Wie immer war Todoroki da um seinen Rücken zu stärken, ob nun geplant oder nicht. Es tat nichts zur Sache, dass es diesmal nicht seine Intention gewesen war ihm zu helfen. Er war ihm dennoch über alle Maße dankbar.

Der ursprüngliche Grund seines Anrufes lag darin ihm mitzuteilen, dass ein Treffen zwischen ihnen heute nicht mehr zu Stande kommen würde. Er hatte einige familiäre Angelegenheiten, die scheinbar mehr seiner Aufmerksamkeit bedurften, als Midoriya es tat.

Der Grünhaarige nahm es hin. Er war ohnehin nicht in der Position jemanden ein schlechtes Gewissen einzureden, wo doch sein eigenes gerade im Begriff war ihn regelrecht aufzufressen. Dennoch hielt er ihr Gespräch kurz – einerseits weil es ihm ferner denn je lag Bakugou seine Unterhaltungen belauschen zu lassen, andererseits weil diese Erklärung keiner weiteren Ausführung bedurfte. Sie standen sich zwar deutlich näher als zu Beginn des Schuljahres, trotzdem konnte er nicht einschätzen, ob er das Recht dazu hatte sich nach näheren Informationen zu erkundigen.

Nachdem er das Telefonat mit seinen wenig gesprochenen Worten beendet hatte, verabschiedete er sich kurz und knapp. Bakugou beanspruchte ein sehr seltenes Phänomen für sich – er schwieg. Untätigkeit lag fern von allem, was Midoriya in diesem Moment von ihm erwartet hätte, trotzdem unternahm der Andere keinen Versuch ihn aufzuhalten. So viel Mühe Midoriya sich auch gab möglichst schnell möglichst viel Abstand zwischen sie zu bringen, nahm er doch den veränderten Gemütszustand seines Gegenübers wahr. Entweder er befand sich mittlerweile gefährlich nah an der Grenze zum Realitätsverlust oder Bakugou wirkte wirklich zufrieden.
 

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Letztendlich tat er es ja doch allen anderen gleich.

Allerdings war nichts Schlechtes daran etwas Zeit mit seiner Mutter zu verbringen, zumal sein derzeitiges Leben nicht mehr viel Gelegenheit für derartige Normalität bot. Es war schön sich mit ihr über die jüngsten Ereignisse zu unterhalten und das wachsende Leuchten in ihren Augen zu verfolgen, an dem man messen konnte wie sehr sie sich für ihn freute. Niemand würde je mehr an ihn glauben, da war er sich sicher.

Midoriya konnte schwer sagen, wie lange sie sich unterhalten hatten. Irgendwann waren sie nahtlos ins Abendessen übergegangen und er war furchtbar dankbar dafür, dass er wenigstens ein paar Stunden von seinen unlauteren Gedanken verschont blieb. Sein Gewissen würde ihn noch früh genug quälen, daran gab es keinen Zweifel. Leider konnte er seine Mutter in dieser Hinsicht nicht in seine Probleme einweihen. Für sie war Kacchan nach wie vor ein Engel auf Erden.

Inzwischen hatte er es sich allein auf der weichen Matratze seines Bettes gemütlich gemacht, mit dem Gesicht stur gen Zimmerdecke gerichtet versuchte er wenigstens die letztlich gewonnenen Eindrücke zu ordnen. Erfolglos.

Mit einem teils genervt teils frustrierten Seufzen griff er schließlich nach seinem Mobiltelefon, welches sich seit Stunden stumm geschaltet in seiner Hosentasche befand. Überrascht durfte er feststellen, dass da sogar eine ungelesene Nachricht war, die weder von Uraraka noch von Iida stammte.
 

Ist alles in Ordnung? Du klangst komisch am Telefon., hatte niemand anderes als Todoroki ihn vor über einer Stunde geschrieben. Beunruhigend, wenn man davon ausging, dass sie nie zuvor Textnachrichten ausgetauscht hatten. Todoroki gehörte nicht zu dem Typ Mensch, der gerne und zu jeder Zeit seine zwischenmenschlichen Kontakte pflegte. Es grenzte schon an ein Wunder, dass sie überhaupt Telefonnummern ausgetauscht hatten.

Midoriya konnte sich nur angestrengt mit der flachen Hand über die müden Augen fahren. Der Andere hatte in dieser Hinsicht einfach ein zu feines Gespür. Oder Midoriya war zu leicht zu durchschauen. Vermutlich war dies hier das Ergebnis aus Beiden.

Der Vorteil an einer solchen Kontaktaufnahme war, dass man sich überlegen konnte, was man antwortete. Es gestaltete den Prozess zwar keinesfalls einfacher, aber vielleicht war es so möglich sich nicht unbedingt um Kopf und Kragen zu reden.

Midoriya tippte die einzelnen Schriftzeichen mit einer routinierten Bewegung auf dem Touchscreen seines Handys, nur um sie daraufhin mit sofortiger Wirkung wieder auszulöschen. Diese Prozedur wiederholte er einige Male, bis er sein Handy verärgert aus seiner Hand gleiten ließ.

Das war absurd.

Mit wachsender Anspannung hob er es schließlich doch wieder auf. Nach einem inneren Kampf mit ungeahnten Ausmaßen, schickte er letztendlich einen Satz ab, mit dem er zwar nicht zufrieden war, den er aber ertragen konnte.
 

Ich war nicht allein.
 

Es vergingen nur einige wenige Sekunden, die Midoriya die geschriebenen Worte anstarrte, dann erschien bereits die Antwort. Der Grünhaarige hatte plötzlich keinen Zweifel daran, dass Todoroki auf eine Erwiderung seinerseits gewartet hatte. Allein das ließ sich schlechtes Gewissen bis ins Unermessliche anschwellen.
 

Bakugou? , stand da nur in seinem Textfeld und Midoriya vergas für einen kurzen Augenblick zu atmen. Sein Herzschlag beschleunigte sich unweigerlich. Todorokis Scharfsinnigkeit war erschreckend und verdammt einschüchternd. Es war sein einziges Glück dem Anderen in diesem Moment nicht in die Augen sehen zu müssen.
 

Ja, lautete seine unverhohlene Antwort. Kurz und knapp, die Notwendigkeit diesen Tatbestand zu erläutern, sah er nicht. Ebenso wenig den eventuellen Nutzen einer Lüge. Früher oder später würde nichts daran vorbeiführen sich mit Bakugous eigentümlicher Liebeserklärung - oder besser dessen Besitzanspruch – auseinander zu setzen. Ein oder zwei Tage mehr Bedenkzeit hätten ihm zwar nicht im Geringsten geschadet, aber es änderte nichts.
 

Und dann blieb ihm nichts außer Warten.

Es war keine besonders große Herausforderung festzustellen wie lange er Zeit damit verbracht hatte auf den grellleuchtenden Bildschirm zu starren. Es vergingen geschlagene fünfzehn Minuten, das konnte er mühelos an der Uhr auf seinem Bildschirm ablesen. Entweder er hatte Todoroki mit dieser unverblümten Aussage wirklich verstimmt oder der Andere hatte momentan wichtigere Dinge zu tun, als sich mit ihm zu unterhalten. Seine Augen hatten ohnehin schon begonnen zu brennen, da sie diese Form von Anstrengung nicht gewohnt waren. Also ließ er sein Handy abermals mit einer ziemlich resignierenden Geste in die weichen Kissen fallen.

Er war gerade dabei sich ratlos mit seiner Hand durch die wirrliegenden Strähnen zu fahren, als ihn ein unerwartetes Geräusch bis ins Mark erschütterte.

Er konnte er verräterisches Zusammenzucken seines Körpers nicht verhindern, auch wenn seine Augen sich sofort zum Ausgangspunkt des Lärms richteten. Sein Fenster. Hatte daran allen Ernstes jemand geklopft?

Midoriyas Kehle entwich ein leises Fluchen. In weniger als einer Sekunde war er auf den Beinen, da er aus seiner derzeitigen Position unmöglich den Urheber der Störung ausfindig machen konnte. Der Ursprung war eindeutig menschlicher Natur, auch wenn es inzwischen dunkel geworden war, konnte er die Präsenz einer anderen Person deutlich spüren.

Das musste ein Traum sein.

Ohne zu Zögern riss Midoriya das Fenster auf, um dem ungebetenen Gast die Möglichkeit zu eröffnen einzutreten. ¬¬Mit einer ewigwährenden Eleganz schwang sich der Ankömmling über die Fensterbank, nur um in einer einzigen fließenden Bewegung im inneren des Raumes zum Stehen zu kommen. Gerne hätte Midoriya dem Anderen nun seine volle Aufmerksamkeit geschenkt, doch war da ein Sachverhalt, der vorerst all sein Interesse auf sich zog.

Er riskierte wenigstens einen schwachen Blick hinaus, der ihm eine halbwegs logische Erklärung liefern sollte, wie es einem Menschen problemlos gelang an ein Fenster im ersten Stock zu klopfen. Der aus dem Nichts geschaffene Berg aus Eis klärte alle möglichen Fragen, die sich in seinem Kopf formten.

Erst jetzt konnte er sich gänzlich Todoroki zuwenden, er seinen Blick für die Kürze des Augenblicks durch den Raum schweifen ließ. Es machte auf Midoriya fast den Eindruck als würde er nach etwas suchen.

„Was machst du hier?“, fragte der Grünhaarige ohne Umschweife und wahrscheinlich stand ihm die Überraschung längst mitten ins Gesicht geschrieben.

„Schadensbegrenzung.“, gab Todoroki unmissverständlich zu verstehen und erst jetzt registrierte Midoriya, dass der Andere erschöpft wirkte. Tatsächlich war sein Gegenüber gerade dabei seine Atmung zu normalisieren und seinen Herzschlag zu senken. Allem Anschein nach war der Andere hierher gerannt. Kein Wunder, ansonsten hätte es wohl kaum im Bereich des Möglichen gelegen derart schnell zu seinem Haus zu gelangen.

Einige Minuten verstrichen, die er seinem Gegenüber einräumte um zu seinem Ruhepuls zurückzufinden und sich ihm näher zu erklären. Noch konnte er sich nämlich keinen Reim darauf machen, warum es notwendig war, dass Todoroki zu so einer Uhrzeit auf so eine ungewöhnliche Art und Weise bei ihm vorbeischaute. Völlig gehetzt und ohne jede Ankündigung.

„Er hat Zweifel gesät, oder? Immer wenn er mit dir redet kommt nichts Gutes dabei raus.“ Natürlich ging es um Bakugou. Midoriya verzog das Gesicht zu einer leichten Grimasse. Das traf das Ganze recht gut auf den Punkt.

„Er hat… ein paar unmissverständliche Andeutungen gemacht.“, räumte er zögernd ein und war nicht erpicht darauf dies einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, geschweige denn Bakugous Wortlaut zu wiederholen. Doch Todoroki vermochte problemlos zwischen den Zeilen zu lesen. Für jemanden wie ihn bedurfte es keiner Ausführung, zumindest was den Blonden anbelangte.

„Er will also deine Jungfräulichkeit? Ganz schön platt, sogar für ihn.“, meinte er aus diesem Grund abfälliger denn je und es machte nicht den Eindruck als würde sich Todoroki wegen dieser Phrasen Sorgen über ihre Beziehung zueinander machen.

„Ich glaube es war eher eine Art Besitzanspruch.“, wandte der Grünhaarige dennoch ein, weil er es als wichtig empfand, dass es nicht mal ansatzweise so oberflächlich war wie Todoroki es ausdrückte. Der Andere verengte unweigerlich die Augen.

„Es stört ihn, also wirklich dass wir …“, murmelte er, vielleicht mehr zu sich selbst als zu Midoriya und wirkte als wäre er in Gedanken. Midoriya schüttelte nur aus purer Resignation mit dem Kopf. Wenn es mal so einfach wäre.

„Das ist untertrieben. Er…naja…“,

„Kann es nicht ertragen.“, brachte Todoroki es wie so oft auf den Punkt. „Er ist von dir besessen.“

Midoriya schwirrte der Kopf, das konnte nun unmöglich der Wahrheit entsprechen.

„Ich glaube nicht, dass er besessen von mir ist. “, versuchte er deshalb sogleich diese Vermutung zu korrigieren und konnte nicht verhindern, dass seine Wangen sich mit Hitze füllten. Es war mehr als anmaßend zu glauben, dass Bakugou von jemanden wie ihm… es sei denn.

„Was hat er gemacht? Irgendwas ist passiert.“, abermals traf Todoroki mit seinen Worten mitten ins Schwarze und Midoriya musste den Impuls widerstehen die Flucht zu ergreifen. Stattdessen fuhr er sich nur abermals mit der flachen Hand über die erschöpften Augen.

„Er hat mich geküsst.“, gestand er geradeheraus. Dem Blick seines Gegenübers wich er dabei gekonnt aus, starrte anstelle dessen irgendwo auf den Boden zu seinen Fußen.

„Und hast du ihn auch geküsst.“, das war keine Frage, sondern eine reine Feststellung, die keinerlei Raum für irgendwelche Erklärungen oder Einwände ließ. Er musste sein Gegenüber nicht ansehen, um zu bemerken, dass sich dessen gesamte Körperhaltung veränderte.

„Nein.“, der einzige Einwand zu dem er momentan in der Lage war.

„Wolltest du?“, Todorokis Stimme war leise, aber nicht weniger bedrohlich, während die Temperatur in seinem Zimmer um einige Grad abfiel.

„Ich weiß es nicht.“, wenigstens blieb er bei der Wahrheit. Eine andere Möglichkeit sah Midoriya nicht mehr.

„Du könntest ihn endlich wiederhaben.“, die Stimme des Anderen war fast melodisch, hatte aber nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit der, die Midoriya so gut kannte. Todoroki machte einige wenige Schritte auf ihn zu, was für den Grünhaarigen lediglich zu Folge hatte selbige Bewegungen rückwärts zu vollziehen. Er hielt erst inne, als er mit dem Rücken direkt am offenen Fenster stand und die kühle Nachtluft seinen Nacken streifte. Prompt breitete sich eine unheilverheißende Gänsehaut über seinem gesamten Körper aus.

„Ich glaube nicht, dass ich ihn auf diese Weise haben kann…oder will.“, Midoriya legte so viel Glaubhaftigkeit in seine Worte, wie es ihm in einer heiklen Situation wie dieser möglich war. Auch wenn die Anspannung längst jede Zelle seines Körpers infiziert hatte.

„Er war dein Freund, er bedeutet dir viel.“ Todoroki wirkte fast verständnisvoll, einfühlsam und doch veranlasste gerade diese Aussage Midoriya dazu seinem Gegenüber endlich in die unterschiedlich gefärbte Augen zu sehen. Es gab eine Palette an verschiedensten Emotionen, die er erwartet hatte darin zu lesen, vor allem aber Wut oder Verärgerung. Doch da war nur Schmerz, maßlose Enttäuschung, die ihm einen unangenehmen Schlag in die Magengegend versetzte. Er biss sich mit wachsender Unsicherheit auf die Unterlippe, während ein Schauer von Schuldgefühlen über ihn hereinprasselte.

„Aber nicht alles.“, sagte er schließlich ernst, fixierte den kaum zu deutenden Blick des Anderen mit dem eigenen. Zeitgleich verzogen sich die Mundwinkel des Anderen im Anflug eines Lächelns. Und dann war es da, dieses Prickeln in dem übrig gebliebenen Raum zwischen ihnen.

Todoroki war ihm um einiges näher als er gedacht hatte. Es hätte keine Möglichkeit gegeben ihm auszuweichen. In seinen Rücken bohrte sich das harte Holz des Fensterbrettes, während sich hinter ihm nur die kühle Nachtluft eröffnete. Trotzdem öffnete er bereitwillig seine Lippen als der Andere nach den seinigen schnappte, von einem zum anderen Moment, ohne Vorwarnung. Zeitgleich schlossen sich die Arme des Grünhaarigen um den Nacken seines Gegenübers, zogen ihn in Folge dessen so eng an sich heran, dass sich ihre Oberkörper mühelos aneinander schmiegten. Um sich nicht selbst völlig zu überfordern, senkte er in voller Resignation die Lider. Während die heiße Zunge längst seine eigene erreicht hatte, spürte er Todorokis Hände an seinen Oberschenkeln. Ohne jegliche Form der Zustimmung griff er darunter und hob ihn mit einem kaum nennenswerten Kraftaufwand auf die Fensterbank. Ein überraschter Laut entwich seiner Kehle, der aber augenblicklich von den Lippen des Anderen erstickt wurde. Todoroki befand sich unterdessen direkt zwischen seinen geöffneten Beinen, ließ es sich nicht nehmen in einer dreisten Geste mit den Handflächen an den Innenseiten entlang zu fahren. Die Entscheidung Zuhause lediglich eine kurze Hose zu tragen, kam ihm auf einmal reichlich unüberlegt vor, bei dem wahnwitzigen Kribbeln, dass der Andere auf seiner nackten Haut hinterließ. Ruckartig unterbrach Todoroki ihre Küsse, leckte stattdessen noch einmal anzüglich über den Mundwinkel des Grünhaarigen um dessen Speichelreste zu entfernen. Midoriya konnte das Unterfangen nur mit einem heißeren Keuchen quittieren, zu mehr Reaktion war der momentan einfach nicht im Stande.

Todoroki verteilte einige flüchtige Küsse auf seinem Kiefer sowie seinem Halsbereich, biss noch einmal andächtig in sein Ohrläppchen. Allzu viel Platz um sich in dieser Region frei zu bewegen blieb ihm nicht mehr, da der Großteil nach wie vor mit einem Pflaster bedeckt war. Aber Todoroki schien sich nicht weiter daran zu stören, als er sich bereits an seiner Hose zu schaffen machte.

Alarmiert zog der Grünhaarige einmal scharf Luft ein und versuchte den Anderen an den Schultern nachfolgendend einige Zentimeter von sich zu drücken. Doch Todoroki schien heute nicht mehr in der Bereitschaft zu sein irgendwelche Kompromisse zu machen, irrelevant in welcher Hinsicht.

„Hey-..“, er hatte seine Stimme tatsächlich wiedergefunden und wollte nun, wenn auch schwächlich, Protest einwenden. Todoroki erstickte jedoch jegliche Einwände mit einem erneuten gierigen Kuss, den er ihm aufdrückte. Midoriya kam nicht dazu seinen Gedanken zu Ende zu denken. Seine Augen, glasiger denn je, waren nur auf sein Gegenüber gerichtet, sahen nur Todoroki und dessen verführerisch blitzende Iriden. Er schluckte trocken und ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er jeder Aufforderung die jetzt folgen würde, bereit war zu gehorchen.

„Heb dein Becken.“, flüsterte Todoroki nur rau, irgendwo viel zu nah bei seinem Ohr, so dass es ihm eine ungeheure Gänsehaut bescherte. Er tat wie ihm geheißen und es war sein Glück und zugleich sein Pech, dass er eine einfache Sporthose trug, die man ihm mit nur einem Ruck von den Hüften ziehen konnte.

Jetzt jedenfalls hing sie, mitsamt seiner Boxershorts, irgendwo ein Stück weiter unten.

Er widerstand dem irren Reflex an sich hinunter zu sehen, da dies wahrscheinlich einen Ohnmachtsanfall nach sie gezogen hätte. Seine Wangen brannten ohnehin schon wie die Hölle selbst, sein Atem und sein Herzschlag waren fernab von irgendwelchen normalen Ausmaßen.

Die höfliche Zurückhaltung vom letzten Mal schien vollends aus dem Kopf des Anderen verbannt zu sein. Ohne jegliches Zögern in seinem Handeln ließ er die Finger über die deutlich hervorstehende Erregung des Grünhaarigen gleiten, ehe er seine Hand vollständig darum schloss. Ein mehr als angetanes Keuchen verebbte zwischen ihren Lippenpaaren, während Todoroki begann seine Hand kontinuierlich aufreizend auf und ab zu bewegen.

Midoriya verbrachte eine Sekunde Zeit damit den Anderen für seine routinierten Bewegungen zu bewundern, ehe er sich schwerfällig vom Mund seines Gegenübers löste und es stattdessen vorzog, das Gesicht mit zügelloser Überforderung in dessen Halsbeuge zu vergraben. Wie von selbst bohrten sich seine Finger in die Schultern des Anderen und es war ihm erstmals vollkommen gleichgültig, ob er dort Schmerzen verursachte.

„Shouto…“, zwar wurde der atemlos gehauchte Name weitreichend beim Auftreffen auf die weiche Haut verschluckt, dennoch reichte es aus um Midoriyas Gefühlslage darzustellen. Das war mehr als man ihm zumuten konnte.

Jugend war Fluch und Segen zugleich.

Es dauerte nicht besonders lange, dann wendete sich sein eigener Organismus vollständig gegen ihn. Sein gesamter Körper verspannte sich in Folge der Reizüberflutung und er kam, unfähig sein eigenes Stöhnen zurückzuhalten, in die Hand des Anderen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Wisteria
2018-03-24T17:06:24+00:00 24.03.2018 18:06
Ich mag Bakugou nicht, der soll die Finger von Deku lassen.

Das Todoroki gleich zu ihm ist, ist süß.
^^



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