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Warum nicht jetzt, warum nicht wir

Todoroki/Midoriya
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(vor allem aber Keine Nacht für Midoriya, haha)

Ola ! Kapitel Nr. 4 is coming, Wochenende sei Dank.
Irgendwie hatte ich mir das Ganze zwar im Vornherein anders vorgestellt, aber das Herz will, was das Herz will, ne?
Vielleicht wird’s romantisch. Wer weiß.
Ich hoffe ihr habt ganz viel Spaß beim Lesen & sagt mir was ihr von dieser Entwicklung haltet. Das wäre sehr toll.
Bis demnächst :) Komplett anzeigen

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Keine Nacht für Niemand

Sein Verstand war kein Segen, er war ein Fluch.

Und dieses ständige Nachdenken war das Furchtbarste daran.

Midoriya vermisste die guten alten Zeiten, in denen er auf sein Bauchgefühl vertrauen konnte, auch wenn das mit Sicherheit mehr als zehn Jahre zurück lag.

In diesem Moment hätte ihm ein Quäntchen mehr Spontanität wohl gut getan. Oder überhaut irgendeine Art der Flexibilität sich an diese Situation anzupassen.

Denn gerade jetzt war sie nur eins – unangenehm. Er fühlte sich zunehmend unwohl in seiner eigenen Haut. Dabei tat er nicht einmal sehr viel, um genauer zu sein: Nichts.

Nichts anderes als hinauf in dieses makellose, blasse Gesicht und in diese faszinierend gefärbten Augen zu sehen. Seine Stimme hatte ihm unterdessen völlig den Dienst versagt. Diese Stille zwischen ihnen würde ihn früher oder später nochmal umbringen. Wenn es an der Zeit war irgendwas zu sagen, dann ja wohl jetzt.

Wieder mangelte es ihm an zwischenmenschlichem Erfahrungsschatz und gerade das hatte einen sehr frustrierenden Beigeschmack. Und es ging hier nicht mal um irgendeine komplizierte Angelegenheit. Eigentlich wollte er sich doch nur verabschieden. Es war zum Heulen. In der Luft zwischen ihnen standen einfach zu viele unbeantwortete Fragen.

Ihm lag ein Dankeschön auf der Zunge, er wusste aber, dass das ganz und gar nicht zu seinem vorher gezeigten Benehmen gepasst hätte. Also schluckte er diese leeren Floskeln wieder hinunter.

Es war inzwischen stockdunkel geworden. Bestimmt waren inzwischen so viele leere Minuten verstrichen, dass seine Mutter längst friedlich schlummernd in ihrem Bett lag. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst.

Glücklicherweise befand sich, direkt vor seinem Wohnhaus gelegen, eine rettende Lichtquelle. In Form einer in die Jahre gekommenen Straßenlaterne spendete sie ihnen immerhin etwas Helligkeit. Auf diese Weise hatten sie wenigstens die Chance einander in die nichtssagenden Gesichter zu starren. Der Grünhaarige bis sich in Anbetracht dieser verfahrenen Angelegenheit kurz auf die Lippe. Das war doch lächerlich. Ratlosigkeit war kein Zustand der zu ihm passte. Anscheinend lenkte diese kleine aber feine Geste die Aufmerksamkeit seines Gegenübers sofort auf seinen Mund. Todorokis Augen hingen einen verräterischen Augenblick zu lange, zu intensiv an seinen schmalen Lippen.

Midoriya stocke kurz in seinen mühsam mahlenden Gedankengängen, als er diese auffällige Reaktion seitens des Anderen registrierte. Eigentlich erwartete er aufgrund dieser offensichtlichen Anspielung geradezu einen erneuten Annäherungsversuch von Todoroki. Entsprechend lauernd war auch seine Körperhaltung, zu angespannt seine feinen Sinne. Doch blieb eine derartige Aktion seitens Todoroki wider seiner ursprünglichen Vermutungen aus. Da war ein nur ein Nichts, anstelle dessen worauf er gewartet hatte. Kein Wunder also, dass er regelrecht verräterisch zusammenzuckte, als Todoroki sich schließlich lediglich zum Gehen abwandte. Scheinbar war Midoriya der Einzige gewesen, der in dieser Hinsicht weiter gedacht hatte. Der Andere verschwendete augenscheinlich keine Sekunde Zeit mit solchen wahnwitzigen Überlegungen.

Er konnte spüren wie ihn ein weiteres Mal in kürzester Zeit das Rot in die Wangen schoss und er war ziemlich dankbar für die spärlichen Lichtverhältnisse an diesem Abend. Todoroki bedachte ihn mit einem letzten bedeutungsschweren Blick, ehe er seine Hand leicht hob und ohne ein Wort des Abschieds in den langen Schatten der Straße verschwand.

Dieser letzte Ausdruck in den Augen des Anderen hatte ihm alles und zugleich überhaupt nichts gesagt.
 

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Wie hätte er nur ,verblendet wie er nun einmal war, annehmen können, er würde nach diesen Ereignissen auch nur ein Fünkchen Schlaf finden?

Am liebsten hätte der Grünhaarige über sich selbst und seine bodenlose Naivität gelacht. Leider war es mitten in der Nacht und andere Menschen hatten im Gegensatz zu ihm nicht mit ihren überflüssigen Gedanken zu kämpfen.

Ja, sie waren überflüssig und dazu noch überbewertet.

Warum sonst sollte er jetzt darüber nachdenken, warum Todoroki ihn nicht erneut versucht hatte zu küssen? Zu so einem günstigen Zeitpunkt wie gerade eben?

Er konnte und wollte sich nicht bei diesen Überlegungen erwischen, denn das würde ja bedeuten, er hatte fest damit gerechnet - was ja hieße, er hätte es gewollt, was ja wohl total abwegig war.

Verdammt. Das war keine besonders gute Grundlage für ihre Freundschaft. Eine Freundschaft, die Todoroki nach eigener Aussage ja ohnehin nicht wollte.

Mit einem deutlich genervten Laut fuhr sich Midoriya mit beiden Händen durch die wirren grünen Strähnen. So sehr er sich auch den Kopf darüber zerbrach, es änderte nichts an der Tatsache, dass er wirklich erwartet hatte geküsst zu werden.

Sein Stolz war angekratzt. Er war tatsächlich enttäuscht darüber, dass eine seiner sonst so sicheren Vermutungen nicht eingetroffen war.

Weinen oder lachen.
 

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Schule. Er hatte seit er ein kleines Kind war davon geträumt diese Schule zu besuchen. Diese Schule war alles, was er immer gewollt hatte. Und mehr.

Außer heute. An diesem Tag hasste er so ziemlich alles an ihr.

Die Lautstärke in den Gängen, diese schrille Klingel in ihrer fürchterlichen Regelmäßigkeit, das Kratzen der Kreide an dieser Tafel, alle seine Mitschüler mit ihrem schallenden Gelächter… Er konnte die tiefen Ringe unter seinen Augen spüren, dafür musste er nicht einmal einen Blick in den Spiegel riskieren. Seine Freunde hatten ihn heute Morgen bereits mit einem mitleidigen Blick bedacht und hatten ihn bis jetzt weitestgehend mit Konversation verschont – inzwischen war es Mittag und sie befanden sich in ihrer wohlverdienten Pause.

Am liebsten hätte er den gesamten Tag damit verbracht seinen Kopf auf den Tisch zu legen. Seine Stirn hätte regungslos auf dem harten Holz geruht und er es wäre ihm möglich gewesen einfach alles auszublenden. Nur machten die Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung diesen Plan zu einer Unmöglichkeit.

Bakugou war nicht bereit ihn zu verschonen. Er war nicht bereit, auch nur irgendeine Menschenseele auf diesem Planet zu verschonen, bei der er die Chance erhaschen konnte, sie brennen zu sehen. Let Midoriya burn.

Nein, dieser Junge hatte ein Talent dafür Salz in seine offenen Wunden zu streuen, keine Prise sondern einen ganzen Sack. „Oi, Deku.“, war die relativ belanglose Begrüßung, die der blonde Teufel in Person ausstieß. Es wäre ein harmloses Unterfangen gewesen, wenn es nicht mit einer ruppigen Bewegung seiner Hand einhergegangen wäre, die prompt mit voller Kraft auf die Platte seines Tisches aufschlug. Midoriya konnte schwer einschätzen was schlimmer war, die Vibration die in seinem dröhnenden Schädel wiederhalte oder der Knall, der ihn aus seinem Dämmerzustand zurück in die Realität holte. In jedem Fall hatte Bakugou jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Grünhaarige durfte sich jetzt nur nicht anmerken lassen, dass es ihm außerordentlich beschissen ging und er absolut keine Lust auf diese Auseinandersetzung hatte.

„Was ist los, Kacchan?“, er sah gezwungener Maßen zu dem Anderen hinauf und versuchte so unbeeindruckt wie möglich zu klingen, was ihn in Anbetracht seiner aufkeimenden Kopfschmerzen wohl mehr schlecht als recht gelang.

Und eigentlich hätte er sich diese Frage auch sparen können, was sein Gegenüber wollte war mehr als offensichtlich – ihm diesen Tag noch viel unerträglicher gestalten. Die Mundwinkel des Blonden zuckten amüsiert, als er sich mit beiden Armen auf dem kleinen Tisch abstützte und sich in einer sehr bedrohlich wirkenden Geste zu Midoriya hinunter beugte.

„Du siehst aus wie der Tod in Person. Was hast du wieder ach so Wichtiges getrieben, he?“, die roten Augen funkelten ihn in gleicher Weise interessiert als auch herausfordernd an. Den abschätzigen Unterton mal außen vor gelassen. Unter normalen Umständen wäre der Grünhaarige in dieser Situation vor Nervosität eingeknickt und hätte dem Druck nachgegeben – also sich um irgendeine stotternde, zittrige und vor allem einfältige Erklärung bemüht. Nur war er für jede Anstrengung zu erschöpft. Er schaffte es schon kaum den Blickkontakt zwischen ihnen Beiden aufrecht zu halten. Das Einzige, was ihn nachfolgend davon abhielt in Genugtuung die Lider zu schließen, war diese aggressive Aura, die Bakugou rund um die Uhr ausstrahlte und seinen Fluchtinstinkt aktivierte.

„Nichts Wichtiges. Ich konnte einfach nur nicht schlafen.“, war die relativ unspektakuläre Antwort, die so gesehen auch der Wahrheit entsprach und Midoriya dazu brachte prompt seinen Blick zu senken. Das Aufschauen war auf Dauer einfach zu mühsam für seinen in Mitleidenschaft gezogenen Kopf.

„Hey, das Gespräch ist noch nicht beendet.“, kommentierte der Blonde sein Anzeichen von Schwäche mit einem nicht zu überhörenden, scharfen Ton in der Stimme. Allem Anschein wollte Bakugou ihm alle noch verfügbaren Nerven rauben und beugte sich in Absicht dessen, sogleich noch einige Zentimeter weiter hinunter. Eine positive Sache hatte das Ganze, der Grünhaarige musste nun nicht mehr besonders weit nach oben sehen.

Allerdings führte es auch dazu, dass Midoriya jetzt wirklich eingeschüchtert war. Zumindest gab es jetzt keinen Weg mehr dem Anderen auszuweichen.

Außerdem war gerade Mittagspause, die Wahrscheinlichkeit, dass sie hier also jemand unterbrach, war verschwindend gering.

„Du kotzt mich an.“, es war ein Raunen, welches in keinem Zusammenhang mit ihrem vorangegangenen Gespräch stand. Midoriya konnte nicht mehr als ihn verwirrt anzublinzeln. Das war jetzt keine neue Information. Jeder der Augen im Kopf hatte, würde zu dieser Schlussfolgerung kommen. Nur konnte er nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet jetzt dieser Satz fiel.

„Du solltest dich mehr anstrengen, als alle anderen …“, seine Stimme war beunruhigend leise geworden, fast als wöllte er nicht, dass jemand ihrem Gespräch lauschte. „Und nicht hier herkommen wie das letzte Stück Scheiße, nur weil du nachts Besseres zu tun hast.“

Wenn Bakugou gerade versuchte ihn zu warnen - dann mit Erfolg. Seine Worte fruchteten. Sein schlechtes Gewissen stellte sich sofort ein, ohne jegliche Verzögerung. Es war vollkommen verantwortungslos von ihm so dermaßen durchzuhängen und das inmitten der Woche. Er hatte doch so verflucht viel aufzuholen.

„Du hast Recht…“, nur ein Nuscheln, mehr zu sich selbst als zu dem Anderen. Die Erkenntnis traf ihn unerwartet, aber nicht weniger hart. Fast zeitgleich schob er seinen Stuhl nach hinten und erhob sich wie in einer Art Trancezustand aus seiner Starre.

„Natürlich hab ich das, Deku.“

Aber das konnte Midoriya schon nicht mehr hören, so schnell hatte er von seinen Beinen Gebrauch gemacht. Zügig eilte er in Richtung Tür, schob sich im Gang sogleich notgedrungen an einigen Schülern vorbei. Er brauchte seine Ruhe. Zeit zum Nachdenken. Nur einige wenige Minuten in trauter Einsamkeit würden ihm ausreichen.

Das Wichtigste war nur, dass er jetzt einen kühlen Kopf bewahrte und nicht aus der Fassung geriet. Dummweise gehörte er zu dem Typ Mensch, dem man sofort ansah, wenn etwas nicht stimmte. Weinen oder lachen?

Er wusste es nicht mehr.

Noch ehe er überhaupt die Chance hatte sich einen Rückzugsort zu überlegen, geschweige denn eine grobe Richtung einzuschlagen, wurde er auch schon grob am Arm gepackt und am Weitergehen gehindert.

Automatisch fuhr der Grünhaarige herum, um auszumachen, wer ihn hier so unverschämt davon abhielt seine verdiente Ruhe zu finden. Er kam nicht umhin, dass ein völlig entnervtes „Was?“, seine Lippen verließ. Doch die Augen, die ihm entgegenfunkelten waren nicht unbekannt. Vor allem aber waren sie mehr als nur wütend. Es stellte sich nur die Frage, worauf eigentlich?

Der Griff um seinen Arm verstärkte sich noch, als er auch schon entgegen seines Willens mitgezogen wurde. Nur wenige Augenblicke fand sich Midoriya in einem kleinen Raum wieder - einer Besenkammer gar nicht so unähnlich. Augenscheinlich wurden in dieser Kammer sämtliche Putzutensilien der Schule aufbewahrt, aber viel Zeit um sich einen Überblick zu verschaffen blieb ihm nicht.

Schon jetzt wurde er mit einer unsanften Bewegung gegen die hölzerne Tür gedrückt, die sein Gegenüber soeben hinter ihnen Beiden verschlossen hatte. Die Hand, die eben noch unangenehm seinen Arm gepackt hatte, befand sich nun an seiner Schulter und übte einen unnachgiebigen Druck gegen diese aus. Und dabei kam Midoriya noch nicht mal entfernt in den Sinn, sich zur Wehr zu setzen.

„Was hat er gesagt?“, er versuchte sichtlich seine allgegenwärtige Ruhe und mühsam aufgebaute Unnahbarkeit zu bewahren. Vergebens. Die Fassade bröckelte. In Todoroki brodelte es, wie in einem Vulkan – wenige Minuten vor dem Ausbruch. Seine angespannte, aufgewühlte Körperhaltung sprach Bände.

„Was?“ Midoriya verstand nicht und dementsprechend ahnungslos platzte es aus auch aus ihm heraus.

Anscheinend machte das sein Gegenüber noch eine Spur ungehaltener. Der Raum war an sich nicht besonders hell erleuchtet, eher düster und im Eifer des Gefechts hatte Todoroki sich keine Mühe gemacht einen Lichtschalter zu finden. Trotz dessen registrierte der Grünhaarige zeitnah, wie sich das Gesicht des Anderen seinem eigenen bedrohlich näherte. Er schluckte hart. Es war ja nicht seine Absicht gewesen sich dumm zu stellen.

„Ich will wissen, was dieser Idiot von Bakugou gesagt hat. Jetzt.“, gab Todoroki ein weiteres Mal unmissverständlich zu verstehen. Seine Stimme irgendwo zwischen schneidend und kurz davor die schwer zu erhaltende Fassung zu verlieren.

Zwar hatte Midoriya nach wie vor keine Ahnung, warum der Andere dermaßen heftig reagierte, dennoch empfand er es nicht als notwendig ihn über jedes Gespräch, was er führte zu informieren.

„Warum willst du das wissen?“, eine einfache Frage, die auf der Hand lag.

„Sag.es.mir.einfach.“, dieses Mal mit deutlich mehr Nachdruck, ihre Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt. Wenn sich Midoriya genug konzentrierte, konnte er den Atem des Anderen auf seiner Haut tanzen spüren. Er musste sich nur ein kleines Stück vorlehnen, dann wäre ihre Diskussion für beendet erklärt.

„Nein.“, lautete seine entschiedene Antwort und für diese unvorhergesehene Entschlossenheit war er erstaunlich gefasst. Es gab keinen nachvollziehbaren Grund dafür. Woher wusste Todoroki überhaupt von ihrem Gespräch? Privatsphäre schien diesem Jungen ein Fremdwort zu sein. Vor allem, wenn es um die von Midoriya ging.

Mittlerweile bohrten sich die Finger des Anderen unerlässlich, fast schmerzhaft, in die Haut seiner Schulter. Jedoch verließ kein Laut seine Lippen, während er sich auf eine mögliche Reaktion seines Gegenübers konzentrierte. Dieser schien im Folgenden einen inneren Kampf mit sich selbst auszutragen.

„Was ist das zwischen euch?“, fragte Todoroki schließlich, als hätte er sich dazu entschieden seine Beherrschung so lange wie nur irgend möglich zu behalten. Sein Kiefer zuckte währenddessen bereits ein wenig zu unkontrolliert.

„Zwischen mir und Kacchan?“ Der Name an sich schien bei Todoroki schon einen angewiderten Ausdruck zu Folge zu haben, was milde formuliert war, denn er machte eher den Eindruck als hätte er etwas Verdorbenes gegessen. Jetzt wo sie sich so nah waren, hatte Midoriya einen uneingeschränkten Blick auf dessen derzeitige Mimik. Und diese sagte mehr als tausend Worte. Er gab sich kein bisschen Mühe seine Abscheu zurück zu halten.

„Wir sind Kindheitsfreunde. Wir kennen uns seit x-Jahren.“, erklärte der Grünhaarige nun sachlich und nüchtern. Mehr gab es seiner Meinung nach darüber wirklich nicht zu sagen.

„Wieso ist er dann immer so aufdringlich?“ Die Stimme des Anderen triefte förmlich vor Misstrauen, als ahnte er schon, dass da mehr war.

„Schön. Ich glaube er ist immer noch sauer, dass ich ihn damals retten wollte. Und weil ich plötzlich meine Fähigkeit habe…kommt er sich wohl verarscht vor.“, keine Geschichte, die er jemanden brühwarm erzählen wollte, aber er schätzte Todoroki inzwischen als so vertrauensvoll ein, dass er eigentlich kein Problem damit hatte.

Wenn es dabei half dessen merkwürdige Bedenken über Bord zu werfen, bitteschön.

„Gerettet? Warum?“, hackte Todoroki weiter nach. Also fuhr Midoriya mit seiner absoluten Lieblingsgeschichte fort. Bakugou würde ihm einen langsamen, qualvollen Tod bereiten, wenn er wüsste, was hier ohne Umschweife aus ihm heraussprudelte.

„Kurz bevor wir auf diese Schule kamen. Da war so ein furchtbar schleimiges…“

„Und warum?“, unterbrach Todoroki ihn in Ermangelung von weiterer Geduld ziemlich grob. Die Frage überraschte ihn tatsächlich. Und brachte ihn ein bisschen aus dem Konzept. Worauf das hier hinauslaufen sollte, verstand Midoriya nach wie vor nicht. Diese umständlichen Fragestellungen, diese geforderten Erklärungen, wenn er es nicht besser gewusst hätte, dann würde er meinen das hier wäre eine polizeiliche Befragung. Und er der Hauptverdächtige einer Straftat. Keine Ahnung, warum er sich sonst so dermaßen intensiv rechtfertigen musste.

„Wie warum? Helden müssen Menschen retten, egal welchen, das liegt in der Natur der Sache. Dafür gibt es Helden. Ich wo-..“, die Antwort war so einfach und unvoreingenommen. Nichts auf dieser Welt würde ihm je leichter fallen.

Todoroki unterbrach ihn trotzdem auf effektive Art und Weise. Von einem zum anderen Moment. Unvorbereiteter denn je. Zumindest hätte es im Nachhinein betrachtet dafür keinerlei eindeutige Anzeichen gegeben.

Nichts auf der Welt hatte die Fähigkeit ihn derart umfänglich zum Schweigen zu bringen. Und das ohne jegliche Form von Gewalt.

Kurzerhand durfte der Grünhaarige fremde, aber ausgesprochen weiche Lippen auf seinen eigenen spüren. Wie in einer Art Reflex schloss Midoriya die Augen, registrierte nur am Rande wie sich der Griff um seine Schulter lockerte und stattdessen zwei warme Hände sein Gesicht umfassten. Sein Kopf war wie leergefegt. Alle vorangegangenen Bedenken irgendwo im Nirvana.

Bakugous Standpauke – seine Gewissensbisse - vollkommen unwichtig.

Als sich der Druck dieser federleichten Berührung verstärkte, erwiderte er den dargebotenen Kuss im gleichen Maß. In einer vorsichtigen Geste lehnte er sich leicht nach vorn. Seine eigenen Finger hatten inzwischen den Weg zu der Brust seines Gegenübers gefunden und gruben sich dort angekommen, sanft in den Stoff von dessen Schuluniform. Am Rande nahm er wahr, wie sogar ein Daumen seines Gegenübers zärtlich über seine, mittlerweile feuerrot glühende, Wange strich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sich Todoroki schließlich von seinen Lippen. Leider brauchte der menschliche Organismus Luft zum Atmen. Ansonsten hätte er diesen Moment wohl länger ausgekostet. Eine gewisse Enttäuschung machte sich im Inneren des Grünhaarigen breit, von der er erst jetzt wusste, dass sie überhaupt existierte.

„Wieso jetzt? Wieso nicht gestern?“ Midoriya hätte nicht erwartet derart schnell seine Stimme wieder zu finden. Trotzdem brannte ihm diese Frage augenblicklich auf der Zunge. Vielleicht konnte er deshalb auch darüber hinweg sehen, dass er klang wie ein verschüchtertes Kleinkind.

„Eifersucht.“ Nur ein Wort, aber Todoroki hatte das Talent es so zu sagen, als würde es alles auf der Welt erklären können. „Eigentlich wollte ich abwarten bis du den ersten Schritt machst, aber…“ Er zuckte nur mit den Schultern. Es war keine Entschuldigung, aber immerhin ein Eingeständnis. „…ich bin nicht sehr geduldig.“

Natürlich war er das nicht. In keiner Hinsicht, jemals.

„Das war mein erster Kuss.“ Der Grünhaarige wusste nicht mal, warum er das gerade jetzt rausposaunte. Es platzte einfach so aus ihm heraus – ohne jegliche Logik.

„Verdammt.“ Ein Fluchen, gefolgt von einem leisen, tiefen Lachen, das es tatsächlich schaffte sein Herz noch eine Spur schneller schlagen zu lassen. „Und das in dieser Spelunke.“ Er registrierte anhand von Todorokis Silhouette, dass er sich in einer ungelenken Bewegung durch die Haare fuhr. Allem Anschein nach war ihm das unangenehm. Ob es nun an seiner Beichte oder der Absonderlichkeit der Situation lag, konnte er nicht sagen. Zumindest sah es sein Gegenüber nicht als Triumph an ihm seinen ersten Kuss geraubt zu haben. Das war ein Anfang.

Midoriya hatte trotzdem keine passende Antwort parat.

Wahrscheinlich würde er sich glücklich schätzen können, wenn es ihm im Laufe des Tages überhaupt noch einmal gelingen würde, sich wieder auf etwas zu konzentrieren. Momentan herrschte nämlich nichts außer Chaos in seinem Kopf.

„Das mach ich wieder gut.“, vernahm der Grünhaarige die Worte seines Gegenübers gedämpft. Sein Gehirn war mit Watte umhüllt und schwebte irgendwo über den Wolken. Natürlich stellte sich seine jämmerliche Aufmerksamkeitsspanne als ein folgenschwerer Fehler heraus.

„Was? Hey-!“ Ein überflüssiger, verspäteter Einwand.

Diesmal hatte Todoroki ihn zwar gewarnt, nur hatte er diesem Fakt nicht genügend Bedeutung zugemessen. Wahrscheinlich war sein Gefahrenfrüherkennungssystem jetzt endgültig zum Erliegen gekommen. Als sein Gegenüber sich ihm ein zweites Mal in kürzester Zeit näherte, war es auch schon um ihn geschehen. Widerstand zwecklos. Erneut durfte er diese aufmüpfigen, süßen Lippen auf den eigenen spüren.

Irgendwie hatte er geglaubt dieser romantischen Handlung beim zweiten Mal gefasster gegenüberzustehen und allem was kommen konnte, gewachsen zu sein. Leider war dem nicht so. Der zweite Kuss war anders - viel leidenschaftlicher als er es erwartet hatte.

Midoriya hätte nie für möglich gehalten, dass ihm etwas Derartiges mal die Luft zum Atmen rauben konnte - aber er tat es. Wieder schloss er reflexartig die Augenlider, tat es dem Anderen damit gleich. Todorokis Hände umschlossen dieses Mal auch nicht sein Gesicht, sondern legten sich in einer eindeutig besitzergreifenden Geste um seine Hüfte und drängten Midoriya, in Folge dessen, dicht an den fremden Körper vor sich. Zwar hatten sie sich zuvor bereits umarmt – nur war jene Berührung ein schlechter Witz gegenüber diesem Kontakt. Der intensive Geruch, die allumfassende Wärme seines Gegenübers vernebelten seine Sinne und er musste den Drang widerstehen tief durch die Nase einzuatmen. Wie von alleine fanden seine eigenen Arme den Weg zu Todorokis Schultern, damit sie ihm ein wenig Halt spenden konnten.

Im Nachhinein betrachtete eine wirklich gute Entscheidung, denn als die Zunge seines Gegenübers dann auch noch die Dreistigkeit besaß über seine geschlossenen Lippen zu fahren, hatte er das Gefühl sein Herz würde für einen Moment aussetzen. Ein überraschtes und vor allem überfordertes Keuchen verließ seinen Mund. Anscheinend wirkte dies wie eine Art Einladung auf Todoroki, der im Folgenden seinen Gegenpart zum Mitwirken anregte. Ein Spiel bei dem Midoriya nur verlieren konnte. Todoroki war eindeutig der Dominante. Trotzdem hatte dies zur unmittelbaren Folge, dass sein Blut erstmals nicht in seinen Kopf, sondern in andere Regionen seines Körpers schoss. Das war alles andere als gut.

„Fuck.“, ein leises, erhitztes Fluchen entfloh ihm, völlig untypisch für seine Person. Ob es allerdings darauf zurück zuführen war, dass sich ungeahnte Gefühle in ihm breitmachten oder aus dem einfachen Grund heraus, dass Todoroki ihm gerade schamlos auf die Unterlippe gebissen hatte, vermochte er nicht zu sagen.

Zu allererst war er froh über diese unsanfte Beendigung ihres Kusses, weil dies bedeutete, er müsse nicht gänzlich im Erdboden versinken. Der Schmerz tat sein Übriges und holte ihn zurück ins Hier und Jetzt.

„Ich hoffe das war angemessener für dich.“, kommentierte Todoroki seine Aktion, als wäre es irgendetwas dem man einer Bewertung unterziehen konnte. Doch auf so schlagfertige Antworten seitens Midoriya konnte man momentan nicht hoffen. Also nickte der Grünhaarige nur stumm und überfordert vor sich hin, während er zeitgleich versuchte seine gehetzte Atmung zu normalisieren.

Ein allseits bekanntes Geräusch drang zu ihnen und verkündete das Ende ihrer Pause. Einer diesmal viel zu langen Pause, wenn man Midoriya fragte.

Beunruhigend wie passgenau die Klingel ertönte. Fast als hätte sie sich exakt nach Todorokis Bedürfnissen ausgerichtet. Über eine derartige Ungerechtigkeit konnte man sich nur aufregen.

Trotz dessen blieb ihnen keine andere Wahl als sich voneinander zu trennen, was vor allem Todoroki sichtlich schwer zu fallen schien. Er wirkte eher als hätte er diesen Spaß gern auf die Spitze getrieben. Midoriya war dagegen froh in Ruhe seine Gedanken sortieren zu können.

Glücklicherweise beobachtete niemand wie sie beide zusammen aus demselben Raum geschlichen kamen, geschweige denn zog jemand Midoriyas hellrotes Gesicht einer genaueren Betrachtung. Er sah bestimmt mindestens genauso durcheinander aus wie er sich fühlte. Jeder Idiot hätte hier eins und eins zusammen ziehen können.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Wisteria
2018-03-24T00:14:24+00:00 24.03.2018 01:14
Hehehe,
was für ein Kapitel, der arme Midoriya, so überrumpelt zu werden und dann noch Gedankenverwirrung.
Er hat es nicht leicht mit den beiden.
^^


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