Throughout the Year von Goetterspeise (One-Shot Sammlung) ================================================================================ 04. Wusstest du ... ------------------- Naruto hatte sich einige Zeit in einer Art Dämmerzustand befunden, bevor er wirklich wahrgenommen hatte, dass er in einem Bett mit weicher Matratze lag und der Monitor neben ihm munter vor sich hin piepste. Als er schließlich schwerfällig seine Augen öffnete, um sich zu orientieren, war er der festen Überzeugung, dass sich bis gerade eben noch jemand mit ihm im Raum befunden haben musste. Oder wie sonst sollte er den zurückgeschobenen Stuhl neben seinem Bett deuten? Mal von diesem seltsamen Gefühl abgesehen, dass er während seiner Aufwachphase durchgängig beobachtet worden war. Aber hier war niemand und so langsam machte sich eine erste Enttäuschung in ihm breit, deren Existenz aufgrund der Nachwirkungen seiner Narkose erst nach und nach erkannte. Naruto schloss seine Augen wieder und versuchte den klinisch weißen Raum und das nervende Piepsen zu ignorieren, während die Enttäuschung um einen leeren Raum in ihm weiter zunahm. Er war also doch nicht gekommen oder vorzeitig wieder gegangen, weil es ihm zu lange gedauert hatte. Das Zweite würde zumindest sein Gefühl und den Stuhl erklären, aber weder das noch die erste Möglichkeit gefielen ihm wirklich. Um ehrlich zu sein hatte Naruto gehofft, dass er nicht allein sein würde, sobald er aufwachte, aber eigentlich hätte er nichts anderes erwarten sollen. Schließlich hatte es sich nur um eine Bitte zu etwas nicht sonderlich relevanten gehandelt. Nichts, dass man machen musste, was wichtig für die Arbeit oder das tägliche Leben war. Und dennoch war Naruto so dumm gewesen, zu fragen und zu hoffen. Aber er hatte nicht zugesagt. Natürlich nicht. Schließlich tat er es nie. Denn ein Sasuke Uchiha zuckte nicht einmal mit den Schultern, um seinem Gegenüber zumindest ein 'Vielleicht' zu signalisieren. Oh nein. Er starrte die andere Person nur an und tat nichts. Naruto wusste gar nicht, wann es soweit gekommen war, dass sein bester Freund zu trivialen Fragen oder Aussagen noch nicht einmal mehr ein 'Hn' von sich zugeben, aber ihm war es in den vergangenen Wochen und Monaten vermehrt aufgefallen, dass es fehlte. So sehr er sich früher auch darüber aufgeregt hatte, vermisste er diese kleine, unscheinbare Silbe mittlerweile. Ein herzhaftes Gähnen seinerseits unterbrach die negativen Gedanken, die sich wie von selbst gebildet hatten, obwohl er noch nicht einmal vor fünf Minuten halbwegs aus seiner Narkose erwacht war. Er fühlte sich schlapp und schläfrig und durch seine nach wie vor geschlossenen Augenlider wurde dieses Empfinden nur verstärkt. Am Liebsten hätte er sich auf seine bevorzugte Schlafposition, die rechte Seite, gedreht, aber sein Körper wollte nicht wirklich mitmachen, weil er noch recht starr war. Also murmelte er nur einen lautlosen Fluch und bleib auf dem Rücken liegen, während er begann die Welt um sich herum immer weiter durch eine Art Schleier wahrzunehmen, bevor er schließlich erneut einschlief. Sasuke hatte sich lange überlegt, ob es sinnvoll wäre, Narutos Wunsch nachzukommen und an seinem Bett zu sitzen, wenn er aus dem Aufwachraum zurück in sein Zimmer kam. Am Ende hatte er sich aus dem einfachen Grund dafür entschieden, weil er mit eigenen Augen sehen wollte, wie sein bester Freund die OP überstanden hatte. Dass er aber nun hier saß und genau diesem beim Schnarchen zuschauen durfte, war irgendwie nicht das, was er sich bei seinem Krankenbesuch vorgestellt hatte, denn eigentlich hatte er gehofft, kurz nach ihm zusehen, vielleicht ein paar Wörter mit ihm zu wechseln - was so viel hieß, Naruto reden zu lassen und hie und da zu nicken - und dann wieder nachhause zu gehen. Das wieder nachhause gehen wäre zwar jetzt, da Naruto tief und fest schlief, leichter, aber es gefiel ihm nicht. Natürlich hatte er ihm nicht versprochen auf ihn zu warten, wenn er aus dem OP kam, nur jetzt, wo er schon einmal neben seinem Bett auf diesem unbequemen Stuhl saß, empfand er es als so eine Art Pflicht zu warten, bis Naruto endlich aufwachte. Außerdem - und Sasuke gefiel es überhaupt nicht, das zuzugeben - beobachtete er ihn gerne beim schlafen. Naruto wirkte so entspannt wie selten, seine Lippen zu einem leichten, zufriedenen Lächeln verzogen und ... Sasuke fluchte leise. Für eine Sekunde war ihm doch wirklich der Gedanke gekommen, aufzustehen, sich über Naruto zu beugen und ihn zu küssen, einfach um zu sehen, ob er davon wach wurde. Ein Rotschimmer schlich sich auf seine Lippen und erneut entwich ihm ein lautloser Fluch. Was war nur mit ihm los? Ja, das war eine verdammt gute Frage, schließlich waren sie seit Jahren miteinander befreundet und solche Gefühle und Gedanken, wie in den letzten Monaten, waren ganz sicher nicht normal. Gut, was hieß bei ihm schon normal? Sasuke hatte nie ein sonderlich großes Interesse an menschlicher Nähe gehabt und jegliche Avancen mit seiner kühlen Art bereits im Keim erstickt, weil er auf komplizierte Beziehungen gut verzichten konnte. Dass er aber selbst in eine solche Lage geraten würde - und dann auch noch dummerweise mit seinem besten Freund - war für ihn zu viel gewesen. Naruto zu ignorieren, um sich dieser Überforderung nicht hingeben zu müssen, hatte er allerdings nicht übers Herz gebracht, aber verdammt noch mal, er wusste selbst, dass er ihn momentan nicht sonderlich freundschaftlich behandelte. Wie auch? Er hatte keine Ahnung von solchen Dingen und Unsicherheit war etwas, mit dem er absolut nicht umgehen konnte. Ein leises Murmeln ließ ihn aus seinen Gedanken auftauchen, die in letzter Zeit zu so etwas wie seinem Schatten geworden waren und er blickte in halb geöffneten, blauen Augen. Narutos Lächeln verwandelte sich zu einem gut gelaunten Grinsen und er sprach ein paar unvollständige Sätze, die Sasuke nicht verstehen konnte, weil sie so leise waren. Ohne groß darüber nachzudenken, stand er nun doch auf und beugte sich ein wenig noch vorne, sein Ohr in die Richtung von Narutos Gesicht gedreht, um ihn besser hören zu können. "... -ill Ramen. Oder Eis. Wusstest du ... Eis bekommt man nur nach Mandelentfernungen. Wieso hatte ich keine?" Sasuke blinzelte, stellte sich wieder gerade hin und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Wie typisch für ihn. Als Naruto das nächste Mal aufwachte, blendete ihn die Sonne, die durch die hohen Fenster zu seiner rechten hindurchschien und er hob automatisch seinen Arm, um seine Augen vor der Helligkeit abzuschirmen, was er sofort bereute. Ein furchtbarer Schmerz durchzog seinen Körper wie ein Blitzschlag und er stöhnte auf. Er hatte total vergessen, dass er nach einer Blinddarmoperation im Krankenhaus lag. "Schön, Sie sind wieder wach." Naruto drehte seinen Kopf langsam in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und eine junge Frau mit dunkelbraunen Haaren lächelte ihn freundlich an. "Wir waren zwischenzeitlich etwas besorgt, weil Sie den ganzen Tag über immer wieder tief eingeschlafen sind. Im Aufwachraum wirkten Sie nach einer Stunde schon so, als würden Sie noch am selben Tag nachhause gehen können." Seltsam. Naruto konnte sich nicht erinnern, wirklich wach gewesen zu sein. Was aber wohl an den Nachwirkungen der Narkose oder so liegen durfte, also schob er diesen Gedanken sofort beiseite. Es gab schließlich etwas anderes, dass ihn viel mehr beschäftigte, seit er die Krankenschwester in seinem Zimmer entdeckt hatte. "W-war jemand hier, während ich geschlafen habe?", fragte Naruto zögerlich und schämte sich ein wenig für seine aufkeimende Hoffnung, die eigentlich keine war, weil ihm selbst ein kurzer Besuch nicht reichen würde. "Nicht das ich wüsste", erklärte ihm die Krankenschwester, fügte aber hinzu, bevor er darauf reagieren konnte, "allerdings musste ich auch laufend Patienten zu Untersuchungen bringen, ich kann gern meine Kollegen fragen, wenn Sie möchten." "Nein. Alles gut", hörte Naruto sich selbst antworten und merke, wie seine Mundwinkel sich zu einem leichten Lächeln verzogen. Wieso hatte er sie nicht darum gebeten? Natürlich interessierte es ihn, ob er Besuch gehabt hatte oder nicht. Er drehte seinen Hals wieder so, dass sein Hinterkopf sich in das weiche Kissen legen konnte und starrte gedankenverloren auf die weiße Decke. Irgendwie war hier alles weiß. Wände, Bettzeug, Schränke, Fensterrahmen. Nur das Bettgestell in silber und der Boden aus grauem Laminat unterschieden sich ein wenig vom Rest. Naruto merkte schon wieder, wie seine Augenlider schwer wurden, wahrscheinlich weil seine Gedanken und die Umgebung so langweilig waren. Und auch wenn er noch versuchte sich gegen das erneute Einschlafen zu wehren, hörte er nicht einmal mehr, wie die Krankenschwester das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss. Nachdem Naruto ihm seine Essensgelüste mitgeteilt hatte, war er in so eine Art Dämmerzustand zurück gefallen. Er schlief nun nicht mehr wirklich, aber wach war er ebenfalls nicht. Das hieß auch, dass Sasuke weiterhin hier sitzen und warten musste, bis er endlich wieder vollständig zu sich gekommen war - obwohl er immer noch tief in seinem Inneren den Drang verspürte, das Weite zu suchen. Auf der anderen Seite brachte er es aber nicht einmal übers Herz ihn nur für fünf Minuten zu verlassen, um sich kurz einen Kaffee zu holen und spätestens, nachdem die Krankenschwester, die Narutos Werte kontrollierte, sich wunderte, dass er trotz seiner sehr wachen Verfassung im Aufwachraum, nun wieder so abgedriftet war, machte sich Sorge in ihm breit, die ihn zusätzlich daran hinderte, überhaupt aufs Klo zu gehen. Es war schrecklich. Diese Zerrissenheit in ihm, mit all den widersprechenden Gefühlen. Nach einer Weile hielt es Sasuke nicht mehr aus und er stand auf, um sich im Raum ein wenig die Beine zu vertreten. Er versuchte sich mit ein paar banalen Gedanken abzulenken, wie was er sich heute Abend zu essen machen würde oder welches Glück Naruto mal wieder hatte, genau zu der Zeit eine Blinddarmoperation zu bekommen, wenn das Krankenhaus einmal nicht aus allen Nähten platze und er so sogar ein Einzelzimmer erhielt. Wie sich herausstellte, war aber genau dies ein Fehler gewesen, denn schon kam die Erinnerung an Narutos Whats App Nachricht wieder auf, in der er ihm mitteilte, dass der Arzt ihm sofort einen Termin im Krankenhaus für eben genannten Eingriff besorgt hatte. Es waren ein paar sehr aufreibende Minuten gewesen, bevor er weitere Informationen erhalten hatte (zum Beispiel, dass es nicht am gleichen Tag stattfinden würde und der Blinddarm noch nicht von einem Durchbruch bedroht sei). Als er ihn am nächsten Tag kurz vor der Uni besucht hatten, hatte Naruto ihn gefragt, ob er vielleicht auf ihn warten würde, bis er wieder aufgewacht sei, aber Sasuke war es einmal mehr zu viel gewesen und so hatte er sich auf nichts verbindliches einlassen können. Was, wie er natürlich wusste, eine komplett schwachsinnige Aktion gewesen war. Denn im Endeffekt war doch nichts dabei, auf den besten Freund aufzupassen, während dieser sich von einer Operation erholte. "Sasuke ..." Narutos Stimme holte ihn einmal mehr aus seinen Gedanken und Sasuke ging mit großen Schritten zurück zum Stuhl, um sich hinzusetzten. "Wusstest du ...", begann Naruto und kicherte dann im Halbschlaf wie ein kleines Mädchen vor sich hin. "Also, wusstest du, dass ich damals Kakashi-sensei den nassen Schwamm auf den Stuhl gelegt habe?" Ja, schließlich war er derjenige gewesen, der ihm erklärt hatte, wie kindisch dieses Verhalten sei und für einen Oberschüler absolut nicht angebracht. Und der Rest der Klasse, wie auch der halbe Lehrkörper, da Naruto das komplette Trimester über, den Putzdienst hatte übernehmen dürfen. "Oder ... ich drücke mir gern die Pickel am Oberschenkel aus." Zu viel Informationen. Naruto begann erneut zu kichern und plötzlich schwafelte er munter darauf los, ohne die Augen zu öffnen und als ob er weiterhin schlafen würde. Sasuke erfuhr in den nächsten fünf Minuten Dinge, die er eigentlich gar nicht wissen wollte und musste sich wiederholt die Frage stellen, wie so ein Chaot und ekliger Mensch (in der Nase popeln und sie essen war ja wohl absolut widerwärtig) es schaffte, ihn in einen solches Emotionswirrwarr zu bringen. Ungläubig schüttelte er den Kopf, während Naruto weiter mit seinen Beichten machte, von denen er manche live miterlebt hatte, andere aber heute zum ersten Mal hörte (gut, wer erzählte seinen Freunden schon gern, dass er seine Eltern beim Porno schauen erwischt hatte?). Irgendwann lehnte Sasuke sich einfach entspannt im Stuhl zurück und ließ Naruto seine Geschichten erzählen. Irgendwie war das schön. Es war schrecklich im Krankenhaus zu sein und nicht einmal die Erlaubnis zu haben, ein wenig durch die Gänge zu wandern. Naruto hatte das Gefühl, ihm würde langsam die Decke auf den Kopf fallen und auch wenn seine Freunde in den folgenden Tagen vorbei kamen und versuchten ihn ein wenig abzulenken, half es nicht sonderlich viel. Er war schon immer ein aktiver Mensch gewesen, er brauchte Bewegung und Natur. Eine Runde im Freien joggen oder zumindest ein Spaziergang, aber mehr als von seinem Bett auf die Toilette und zurück war ihm nicht erlaubt. Die Ärzte wollten schauen wie die Narbe sich entwickelte und da die Operation erst ein paar Tage zurück lag, war die Gefahr einer Entzündung noch recht groß - ganz zu schweigen von einem möglichen Aufreißen. Naruto verstand das natürlich, doch das half ihm auch nicht gegen seine schlechte Stimmung und den Wunsch, zu machen auf was er Lust hatte. Außerdem hatte Sasuke ihn noch immer nicht besucht und je mehr Zeit verging, in der er seinen besten Freund nicht sah, umso unruhiger wurde er. Wahrscheinlich hing diese Unzufriedenheit, die er mit sich herumschleppte mehr an Sasuke als es Naruto lieb war. Es ging ihm einfach so sehr nach, weil es keine Person gab, die er mehr sehen wollte als ihn, auch wenn allein dieser Wunsch schon vollkommen falsch war. Von den Gefühlen einmal ganz abgesehen. Denn ja, die Emotionen, die er spürte, sobald er an Sasuke dachten, hatten schon lange nichts mehr mit einer einfachen Freundschaft zu tun. Und das war das riesen Problem an der ganzen Geschichte. Naruto fand es für sich selbst nicht schlimm, dass er als Mittelschüler heimlich den Mädchen zugestimmt hatte, als diese über den neuen, heißen Sportlehrer getuschelt hatten oder, dass er sich gerne nackte, durchtrainierte Männer in Magazinen ansah. Es ging eher darum, dass es eine total beschissene Aktion seines Herzens war, sich in seinen besten Freund zu verlieben. Und nun, da er im Krankenhaus lag und nichts machen konnte, außer seine Zeit im Bett zu verbringen, hatte er einfach zu viel Zeit zum darüber nachdenken. Eine furchtbar schlechte Sache. Denn im Endeffekt drehten sich seine Gedanken nur im Kreis und außer in ein Stadium der tiefen Verzweiflung brachten sie ihm nichts. Keine Lösungsansätze, Auswege oder was auch immer. Nein, ständig nur Sasukes Gesicht, wenn er die Augen schloss oder an die Decke starrte. Die Frage, warum er nicht kam, gepaart mit dem Wunsch ihm einfach eine Nachricht zu schicken, was er am Ende doch nicht tat, weil er nicht noch verzweifelter wirken wollte. Dabei wäre an einer angepissten Nachricht a la 'Früher hat man seine besten Freunde noch besucht' nichts auszusetzen. Aber was genau erwartete er dann als Reaktion? Dass Sasuke sofort angeeilt kam, um sich nach ihm zu erkundigen? Wohl eher kaum. Er konnte höchstens mit einer Antwort rechnen, die nicht minder genervt klang, wie seine Frage und darauf hatte er auch keinen Bock. Mürrisch und komplett unzufrieden mit sich und der ganzen Situation, stand Naruto auf und schlurfte zum Badezimmer. Er musste eigentlich nicht aufs Klo, aber auch nur eine weitere Minute im Bett und er würde wohl einem Lagerkoller erliegen - oder wie das hieß. Er starrte sich selbst im Spiegel an und seufzte über die dunklen Augenringe und die fahle Haut, die normalerweise einen etwas lebendigeren Farbton besaß. Seine Haare klebten fettig auf seiner Kopfhaut und er könnte sicher mal wieder eine Dusche gebrauchen. Nur er verspürte weder den Wunsch danach, noch wollte er sich von einer Schwester oder einem Pfleger dabei helfen lassen. Vielleicht in ein, zwei Tagen, wenn er die Erlaubnis erhielt etwas mehr allein machen zu dürfen und bis dahin konnte er ja Ino oder Sakura schreiben und fragen, ob sie ihm eins dieser Trockenshampoos vorbeibringen konnten, dessen Pulver man sich nur aufs Haar schüttete und anschließend mit dem Kamm verteilte. Toll, zumindest dieses Problem hatte er fürs erste aus der Welt geschafft. Aber das aufgezwungene, zufriedene Grinsen auf seinem Gesicht, überzeugte ihn nicht wirklich, dass es eine Neuigkeit war, die ihn freuen sollte. Kopfschüttelnd verließ er das Bad wieder, blieb aber im Türrahmen stehen, als er sah, dass er nicht länger allein im Raum war. "Hey", sagte Sasuke und nickte ihm kurz zu. Narutos Herz machte einen Zwischenhupfer vor Schreck. Naruto war wieder eingeschlafen und sabberte ein bisschen, während Sasuke darüber nachdachte, ob es denn immer so ablief, wenn jemand nach einer OP aufwachte. War es überhaupt normal so viel zu schlafen? Er selbst hatte so etwas noch nie durchgemacht und auch nicht bei jemandem am Bett gesessen. Um ehrlich zu sein, konzentrierte er sich nur deshalb auf diese trivialen Gedanken, weil er nur so vermeiden konnte, dass er die ganze Zeit über sich, Naruto und seine Gefühle grübeln musste. Außerdem kam ihm so vor als würde er schon seit mehr als einen halben Tag hier sitzen und warten, dabei waren es gerade einmal knapp zweieinhalb und das machte ihn langsam verrückt. Konnte dieser Vollidiot nicht endlich aufwachen und zeigen, dass es ihm den Umständen entsprechend super ging? Dann konnte er endlich heimfahren und sich auf irgendetwas anderes stürzen, das seine komplette Aufmerksamkeit benötigte. Etwas, das nichts mit dem jungen Mann vor ihm im Bett zu tun hatte, der seinen Kopf gerade zur Seite drehte und friedlich vor sich hin nuschelte. "Schön ... da bist." Oder so. Wie nebenbei hob er seinen Arm ein wenig, um diesen auf seinem Bauch abzulegen, während er erneut etwas kicherte. Sasuke wusste nicht, wann er diesen Laut das letzte Mal von Naruto gehört hatte, aber heute und durch die Narkose war es wahrscheinlich schon öfter vorgekommen, als in all den Jahren zuvor. "... mal ... aber kein Wort, okay?", fragte er gut gelaunt und mit einem verschwörerischen Unterton, den er immer dann nutzte, wenn er etwas vermeintlich total krasses herausgefunden hatte. Oh Gott, was wollte er ihm jetzt schon wieder offenbaren? "Wusstest du ... ich in dich verliebt bin, Sasuke? Aber pssst, verrate dir ... nicht", flüsterte Naruto mit geschlossenen Augen und grinste, bevor sein Kopf sich auf die andere Seite drehte und er anscheinend zurück ins Land der Träume verschwunden war. Es dauerte einen Moment, bevor dieser begriffen hatte, was da einfach so aus Narutos Mund gekommen war - und das lag sicher nicht an seiner verwaschenen Sprache. Als die Worte schließlich in seinem Gehirn begannen Sinn zu ergeben, spürte er wie seine Wangen heiß wurden und er sprang, von seiner Reaktion selbst überrascht, auf. Ein Glück, dass der Stuhl nicht nach hinten umfiel, denn Sasuke hatte im Moment eine panische Angst davor, Naruto richtig aufzuwecken und ... und ... er wusste nicht einmal, was ihm daran Angst machte, nur, dass er seinen besten Freund im Moment auf gar keinen Fall wach sehen wollte. Und vor allem, wurde sein Drang nun einfach zu verschwinden, plötzlich ungeheuer groß und ohne weiter darüber nachzudenken, wandte er sich um und rannte fast zur Zimmertür. Er konnte auf einmal gar nicht mehr schnell genug hier rauskommen, aber durch die Gänge zu eilen, wie ein aufgeschrecktes Rehkitz, verbot er sich schließlich doch und mahnte sich zur Ruhe. Erst als er schließlich im Garten vor dem Krankenhaus ankam, umgeben von Blumenbeeten und grünen Büschen, verschwand seine Panik ein wenig und er drehte sich zu dem großen, gelben Gebäude um, dessen hohe Eingangstüren vor ihm lagen. Irgendwo in der Ferne schlug eine Uhr zur vollen Stunde und Sasuke versuchte sich auf dieses Geräusch zu konzentrieren, um seinen Herzschlag wieder normalisieren zu können. So wirklich helfen tat es nicht, aber er fühlte sich auf jeden Fall an der frischen Luft besser als noch vor wenigen Augenblicken in dem engen Krankenzimmer. "Schön, dass du auch mal auftauchst", war das Erste, das Naurtos Lippen verließ als er sich wieder beruhigt hatte. Sein dämliches Hi konnte er sich sonst wohin stecken. In der Hoffnung sich nicht anmerken zu lassen, wie aufgewühlt er sich fühlte, lief Naruto zurück zu seinem Bett und ließ sich auf der Kante nieder. Sasuke blieb stehen, drehte sich lediglich in Richtung Bett und schaute ihn an. Es waren ein paar sehr unangenehme Sekunden, in denen keiner der beiden Freunde den Mund aufmachte oder sich wenigstens bewegte. Eine komische Stimmung, deren Herkunft Naruto nicht deuten konnte. Normalerweise erwiderte Sasuke auf einen solchen Satz immer etwas oder strafte ihn mit einem bösen Blick. Aber nichts. "Ich hätte früher kommen sollen", sagte dieser schließlich und wandte den Blick ab. Die Einsicht eines Fehlers hatte noch nie zu seinen Stärken gehört, aber es war schön, dass er ihn gleich zugab, anstatt zu versuchen es unter den Tisch zu kehren. "Ja, hättest du. Ich meine, es war zwar schade, dass du nicht da warst, als ich aufgewacht bin und ich den restlichen Tag allein hier verbringen musste", gut die meiste Zeit hatte er sowieso geschlafen, aber das musste er ihm ja nicht unter die Nase reiben, "aber zumindest eine Nachricht oder ein späterer Besuch wäre ja wohl drin gewesen." Sasuke schwieg. Naruto aus Trotz auch. Hier ging es nicht einmal darum, dass sein Herz jedes Mal, wenn er ihn sah, einen schmerzvollen Hupfer machte. Hier ging es vor allem um ihre Freundschaft. Eine Freundschaft, die ihm seit so vielen Jahren einfach alles bedeutete und gerade dieser eine Freund hielt es nicht für nötig sich zumindest nach seinem Wohlergehen zu erkunden? Gut, wahrscheinlich sprach da auch die romantische Seite seines Herzens aus ihm, aber nicht primär! Es vergingen erneut einige Augenblicke, bevor Sasuke seufzte und ein paar Schritte auf ihn zu kam. "Du hast recht. Und um ehrlich zu sein", er machte eine kurze Pause und seine dunklen Augen fixierten Naruto plötzlich mit einem ernsten Blick. "Ich war da." Naruto blinzelte irritiert. "Wann denn bitte?" Sasuke schien es wieder nicht eilig mit seiner Antwort zu haben und langsam begann Naruto sich doch etwas zu wundern. Es war selten, dass er Emotionen zeigte - und dann auch noch der Hauch von Unsicherheit in seinen Augen und das unbewusste herumziehen seiner Klamotten. Er wollte gerade zu einer besorgten Frage ansetzten, als Sasuke doch wieder seine Stimme gefunden hatte. "Gleich nach der OP. Du hast geschlafen und komische Sachen von dir gegeben. Was nichts ungewöhnliches ist, aber ..." Pause. Warten. "Liebst du mich wirklich?" Narutos Kinnlade fiel nach unten und ihm blieb nichts anderes übrig als auf seine Hände in seinem Schoss zu schauen. Das Blut schoss ihm unaufhaltsam in die Wangen und plötzlich begriff er, wieso Sasuke es nicht geschafft hatte, ihn zu besuchen. Was sagte man auch zu seinem besten Freund, der im komatösen Zustand so eine Bombe platzen ließ? Naruto hatte keine Antwort darauf, nur, dass er plötzlich Ärger darüber verspürte, weil Sasuke es nicht einfach für sich behalten hatte. Er selbst konnte sich doch überhaupt nicht daran erinnern - gut, was Sasuke nicht wusste, aber trotzdem. Nur jetzt, da es längst ausgesprochen war und er sich von dieser Frage zu überrumpelt fühlte, um ihr zu widersprechen, blieb ihm in seinem momentanen Zustand nichts anderes übrig als es zu bestätigen. Wenn er nur etwas fitter gewesen wäre. " ... ja, ich ... liebe dich", antwortete Naruto langsam und traute sich noch immer nicht in Sasukes Augen zu schauen. Er fragte sich, was wohl als nächstes geschehen würde, als er hörte, wie sein Gegenüber ein paar Schritte ging und den Stuhl an der Wand hochhob. Aus den Augenwinkeln konnte er wahrnehmen, dass Sasuke ihn zum Bett trug und sich schließlich darauf fallen ließ. "Ich bin nicht gut darin", begann er schließlich und plötzlich berührte er zögerlich Narutos Hand mit seinen Fingern, "aber das ist schön." "Was?!" Narutos Kopf schoss nach oben und fast hätte er damit Sasuke gegen das Kinn geschlagen. Dieser schüttelte nur mit einem Schmunzeln seinen Kopf. "Ich war überfordert. Bin ich immer noch, weil ich ... nun ja ..." Konnte es sein, dass Sasuke, der ach so kühle und immer nüchterne Sasuke, gerade ein wenig rot um die Nase wurde? "Ich habe dieselben Gefühle für dich. Und das ist neu für mich." Es war ein Feuerwerk, dass in diesem Moment in Narutos Herz entbrannte und ihn strahlen ließ wie ein Honigkuchenpferd. Ohne auf weitere Erklärungen zu warten, denn ehrlich gesagt waren diese ihm im Moment scheißegal und außerdem hatten sie noch ewig dafür Zeit, lehnte er sich vor und gab Sasuke einen kurzen Kuss auf die Lippen. "Ich mag diese unsichere Seite an dir", flüsterte er, als er seinen Kopf wieder ein Stück zurückzog und Sasuke weiterhin anstrahlte. "Hn. Gewöhn dich nicht daran", erwiderte dieser, konnte sein Lächeln dabei aber nicht vor Naruto verstecken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)