Let us not curse the darkness. Let us kindle little lights. von Laura_Glanz ================================================================================ Kapitel 3: In the abysses of darkness ------------------------------------- Was hatte ich mir nur dabei gedacht diese Einladung anzunehmen? Das war doch vollkommen verrückt. Zwei Menschen, allein in einem Saal voller Vampiren. „Beruhigt euch Prinzessin“, kam es aufmunternd von Helia welcher mich lächelnd ansah. Wir hatten gerade die riesige gläserne Flügeltür des Ballsaals erreicht und konnten von hier aus schon aufgeregte Stimmen und anregende Musik hören. Zum gefühlten hundertsten mal sah ich an mir hinab und strich den seidigen Stoff des blassgrauen Kleid glatt. Ich musste zugeben, dieses Kleid war wahrlich schöner als alles was ich besaß. Es passte wie angegossen und trotz des weiten Rocks war es weder zu schwer noch engte es mich in meiner Bewegungsfreiheit ein. An der Taille sowie am Dekolletee und an den Ärmeln besaß es zarte, blassgrüne Stickereien, welche zu der Farbe meiner Augen passte und dennoch fühlte ich mich nicht wohl in diesem prachtvollen Kleid. Mein Volk war nicht so reich wie die Vampire, daher war ich das schlichtweg einfach nicht gewohnt. „Sakura“, riss mich die vertraute Stimme meines Begleiters aus den Gedanken. „Ihr seht wirklich wunderschön aus, wenn ich das sagen darf.“ Wieder legte sich ein Lächeln auf seine Lippen und ich bildete mir kurz ein, einen hauch von Röte auf seinen Wangen entdeckt zu haben, doch ersparte ich mir jegliches Kommentar darüber und schenkte ihm ein ebenso aufrichtiges Lächeln. „Ich danke dir Helia, wir bringen das schnell hinter uns, und dann reisen wir morgen in aller Frühe ab“, versicherte ich ihm und richtete das Diadem auf meinem Kopf. Nickend streckte mir mein bester Freund den Arm entgegen damit ich mich bei ihm unterhaken konnte. Mit einem letzten Atemzug straffte ich meine Schultern und schritt zusammen mit Helia durch die breite Tür. Fasziniert vom Anblick meiner Umgebung klammerte ich mich an Helias Arm, welcher sich anspannte sobald wir die Schwelle überquert hatten. Der große Raum war festlich geschmückt mit verschiedensten Blumen, Verzierungen und Skulpturen. Er wurde von hunderten von Kerzen in einem hellen Licht getaucht und die Diamanten des Kronleuchters, welcher mehrere Meter über den Köpfen der Gäste hing, reflektierten ihr erstaunliches Lichtspiel an den Wänden und auf den wunderschönen Marmorboden auf dem wir standen. Dennoch erblasste das alle gegen die Schönheit der anderen Anwesenden. Oft schon hatte ich gehört, dass Vampire mit der Schönheit der Sterne gesegnet waren und selbst nach dem Anblick des Königs bildete sich eine Schamesröte auf meinen Wangen. Anmutig drehten sich die Vampirfrauen im Kreis, geführt von ihren Partnern. Ihre Kleider standen meines in keinster Weise nach und die helle Porzellanhaut schienen selbst aus Abermillionen kleinen Diamanten zu bestehen. Eines stand fest: Ich passte hier absolut nicht hinein. Doch mit einem mal schien dies alles abrupt zu kippen. Plötzlich verstummten die Anwesenden in ihren Unterhaltungen, wo eben noch der Klang von melodischen Lachens war ertönte nun ein erstickter Laut. Die Tänzer stoppten in der Bewegung und drehten sich zu uns um während manch andere zischend zurückwichen. „Was ist hier los?“, fragte ich leise an Helia gewandt, wobei das Flüstern wahrscheinlich sinnlos war. Vampire, so sagte Helia, hatten viel ausgeprägtere Sinne als wir Menschen. Der Angesprochene straffte seine Schultern und lies wachsam den Blick durch die Menge schweifen, bevor er den Mund öffnete um zu einer Antwort anzusetzen. Jedoch wurde er in seinem Tun unterbrochen als ein leises, dunkles Lachen hinter mir den, mittlerweile verstummten Raum zum vibrieren brachte. „Ihr habt eine besondere Wirkung auf meines Gleichens, Prinzessin.“ Erschrocken drehte ich mich zu der Stimme um, und erblickte den König. Elegant und mit der Bedrohung eines Raubtieres kam er die Treppen hinunter geschritten. Eine helle Hand fuhr dabei über das goldene Geländer. Seine Haare sahen unverändert aus und auch sonst strahlte er die selbe dunkle Aura aus wie bei der ersten Begegnung. „Vergleichbar mit einem Meer aus abertausenden süßen Kirschblüten. Selbst ich habe vorher noch nie etwas vergleichbares an einem Menschen gerochen“, erklärte er schmunzelnd und erreichte nun die letzte der Treppenstufen und überbrückte mit wenigen Schritten den Abstand zwischen uns. „Dennoch, bitte sorgt euch nicht. Bei mir seid ihr am Sichersten.“ Mit einem kurzen, abfälligem Grinsen an Helia gewandt ergriff er meine Hand und führte sie langsam zu seinen Lippen. Ein Raunen zog sich durch den gesamten Saal und die Welt von vielen Frauen hier schien gerade in sich zusammen zu fallen. „Bitte gestattet mir diesen ersten Tanz.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen streckte mir der König auffordernd seine Hand hin und wartete mit erhobener Augenbraue auf meine Reaktion. Überfordert suchte ich den Blick von Helia, welcher nun gänzlich so aussah als würde er dem König am liebsten an die Gurgel springen wollen. Ich seufzte. Hatte ich denn eine Wahl? Es wäre eine Beleidigung ihn abzuweisen. „Nun eure Majestät. Den Wunsch eines Königs kann ich wohl kaum abschlagen“, nuschelte ich, was sein Grinsen nur noch größer werden ließ. Widerwillig legte ich meine Hand in die seine und ließ mich von ihm in die Mitte des Saals führen. Ein letztes mal sah ich zu Helia zurück und begegnete dabei den vielen erschrockenen Blicken der anderen Vampire. „Alle starren uns an“, bemerkte ich nachdem wir zum stehen gekommen waren. „Nicht uns Prinzessin, sie starren einzig und allein euch an.“ Verwirrt schüttelte ich den Kopf und bemerkte das mich der König abwartend musterte. Ich hatte mühe dabei das aufkommende Stöhnen zu unterdrücken, deutete aber dennoch einen leichten Knicks an, worauf hin seine Hand ihren Platz an meiner Taille fand. Sanft aber bestimmend zog der König mich an sich. Unbehagen überkam mich, so wollte ich dieser Nähe am liebsten entkommen, dennoch wurden mir seit Kindesbeinen an Manieren beigebracht und wie man sich am Hofe zu benehmen hatte. Erstrecht einem König gegenüber, auch wenn er nicht mein König war. „Darf ich euch eine Frage stellen?“, fragte ich während wir langsam anfingen unsere Kreise zu ziehen. „Ihr dürft mich alles Fragen. Ob ich antworte müsst ihr selbst herausfinden.“ Ich nickte und überlegte mir meine nächsten Worte. „Werdet ihr das Friedensangebot meines Vaters in Betracht ziehen?“ Schweigen... Enttäuscht sah ich in die verschiedenfarbigen Augen meines Gegenübers. Ich wusste wie viel Hoffnung mein Vater in diesen Brief gesteckt hatte. Jeder wusste, dass viele mit der Friedensherrschaft meines Vaters nicht unbedingt glücklich waren, wodurch sich immer mehr Gegner gegen diese Politik sammelten, in einem Lager, welches inzwischen selbst ein eigenes Dorf zu bilden schien. Mittlerweile mehr unter den Name Itis bekannt. Wir kannten den Kopf unserer Feinde nicht, dennoch nahm das Königshaus von Iliora die Drohungen sehr ernst. Der König hatte seinerseits immer noch nicht geantwortet, stumm musterte er mich, legte sogar seinen Kopf etwas schief. Die Intensivität in seinem Blick schien mich unterdrücken zu wollen und tatsächlich fühlte ich mich wieder wie ein kleines Kind, welches unter den strengen Augen eines Erwachsenen die Fehler gestand. „Lasst mich euch eine Gegenfrage stellen: Was habt ihr Menschen mein Volk zu geben? Euer Vater bietet mir eine Allianz an, obwohl er weiß, dass ich nur einen Wimpernschlag benötigen würde um Hunderte von euch zu töten. Selbst euer Leben könnte ich genau in diesen Moment ein Ende setzten, indem ich euer kleines Genick breche.“ Seine Antwort, gepaart mit dieser unendlichen Sanftheit in seiner Stimme sorgte dafür, dass ich erschrocken die Augen weitete. Ich wollte mich losreißen und so viel Abstand zwischen uns bringen wie Möglich, der Fluchtinstinkt packte mich und forderte mich auf dieses Schloss und dieses Land hinter mir zu lassen, doch der feste griff mit dem der Vampir mich noch näher an sich zog verhinderte dies. Langsam beugte er seinen Kopf und kam mir so nur noch Näher. „Dennoch...“, flüsterte er mir ins Ohr. „Werde ich zumindest über das Angebot nachdenken. Doch solltet ihr hoffen, dass euer Vater sich bewusst ist, zu welchen Mitteln er da greifen möchte.“ Mit einer letzten Drehung kamen wir zum stehen, doch ehe ich mich versah schaute ich direkt in das nun blutrote Auge des Königs. Eine unbeschreibliche Welle von Angst packte mich, zeigte mir Bilder vom Schrecken und Tod. Alles in mir schrie nach Flucht und endlich gelang es mir mich aus seinen Fängen zu befreien. „Ihr seid ein Monster!“, zischte ich und stolperte einige Schritte nach hinten. Amüsiert über meinen Wortlaut lachte er leise auf, bevor er sich leicht von mich abwandte. Langsam öffnete er die Lippen und sprach Worte, die ich nicht mehr verstehen konnte, da mich plötzlich zwei beschützenden Händen ergriffen und von dieser Kreatur weggezogen. „Sakura! Geht es euch gut? Hat er euch verletzt?“ Panisch suchten Helias Augen meinen Körper ab, schienen sich erst auf mein Gesicht zu fixieren als er sich über meine Unversehrtheit im Klaren war. Wütend zog er die Stirn in Falten und setzte einen Schritt in die Richtung des Königs, stoppte jedoch als er meine Zitternden Finger auf seiner Haut bemerkte. Ängstlich hatte ich sein Handgelenk umschlossen und sah ihn durch einen verschwommenen Schleier an. „Helia, ich möchte nach Hause“, wimmerte ich und setzte mich in Bewegung, zog ihn mit mir in die entgegengesetzte Richtung. Ich wartete nicht auf seine Antwort, sah nicht mehr zurück und Achtete nicht darauf, was um mich geschah. Diese Augen, die so voller Hass gewesen waren und die unendliche Angst die ich auf einmal verspürte als ich das tiefe rot erblickte ließen mich nicht los. Selbst als wir den Ballsaal hinter uns gelassen hatten spürte ich die undurchdringlichen Blicke in meinem Rücken. Diese Vampire, diese Wesen der Nacht, machten mir Angst. Sie waren Kreaturen, die so voller Dunkelheit waren, das sie selbst das helle leuchten eines reinen Lichts verschlingen konnten. Ein einzelner Stern hatte keine Chance gegen diese unendliche Finsternis. Ich war als Licht zur Welt gekommen, rein und unschuldig, naiv und voller Neugier. Doch selbst der hellste Schein verblasste, wenn er in die Tiefe des dunklen Ozeans gezogen und von dieser unzähmbaren Naturgewalt gefangen genommen wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)