Schmetterlingsprinz von ChocolateChip ================================================================================ Kapitel 9: Der uralte Baum -------------------------- Kapitel 9: Der uralte Baum   Yuri fühlte sich wohlig war und geborgen. Seine Gedanken waren sehr langsam und er spürte wie ihm jemand sanft durch die Haare streichelte und leise ein Lied summte. Seine Augen waren geschlossen und er wollte weiterschlafen. Er wollte nicht aufwachen aus Angst, dass er nicht warm und behütet war, und dass er nur davon träumte wie ihm jemand eine Strähne aus dem Gesicht strich. Er kannte die Stimme. Viktor hatte ihm oft vorgesungen als er klein war und es ihm nicht gut ging. Wieso sollte es ihm nicht gutgehen? Er fühlte sich ruhig und Schmerzen hatte er auch keine. Bis die Erinnerungen zurückkamen. Banditen. Käfig. Ein armes Dorf. JJ. Otabek. Blutpakt.   Otabek!   Yuri öffnete abrupt die Augen und setzte sich ruckartig auf. Schwindel überkam ihn und er legte sich wieder hin und Schloss stöhnend die Augen. Viktor hatte aufgehört ihm die Haare aus dem Gesicht zu streicheln und summen tat er auch nicht mehr. Yuri spürte wie er auf eine weitere Reaktion wartete doch das Einzige das Yuri tun konnte, war zu weinen. Er weinte stumme Tränen und Viktor streichelte ihm wieder über den Kopf um ihn zu beruhigen. Eine ganze Weile bleiben sie so bis Yuri die Tränen ausgingen und er nur noch in die Leere starrte.   „Yuri“, fing Viktor sanft an, doch die junge Fee hatte nicht die Kraft sich zu rühren. Aber Viktor wusste, dass er zuhörte und er sprach weiter.   „Es tut mir leid. Alles hätte vermieden werden können, wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte besser darauf aufgepasst, was ich gesagt hätte. Ich war wütend, aber ich habe kein einziges Wort ernst gemeint. Ja, Vater wollte, dass ich mich um dich kümmerte, aber ich habe dich so sehr in mein Herz geschlossen. Du bist mein über alles geliebter Bruder und es tut mir leid wie ich dich die letzten Monate behandelt habe. Bitte… Verzeih mir“, endete er und nun war es an ihm zu weinen. Doch Yuri rührte sich nicht. Und Viktor wusste nicht was er sagen sollte.   „Wenn es dein Wunsch ist, trenne ich mich von Yuuri. Dann habe ich wieder Zeit für dich. Wir können wieder alles wie früher machen, ohne dass jemand zwischen uns steht“, sagte Viktor dann, doch seine Stimme brach bei den Worten und Yuri wusste, dass nicht nur die brach.   „Nein. Schon gut. Ich verzeihe dir. Trenn dich nicht von Yuuri“, murmelte der junge Prinz dann. Er wusste gerade nur zu gut, wie sehr es schmerzte jemanden zu verlieren, den man liebte. Otabek. Er kannte ihn nicht lange, aber der Ritter hatte sein Herz mitgenommen.   „Yuri…“ Viktor beugte sich vor und küsste den Blonden auf die Stirn. Er konnte sich nicht vorstellen wie sich der Junge gerade fühlte und er hoffte, dass er nie in die gleiche Situation kam.   „Wo ist Otabek?“, fragte Yuri und setzte sich dann langsam auf. Erst jetzt sah er wo er sich befand. Grün umschloss ihn. Er befand sich im Laubwerk des Uralten Baues, der riesig in der Mitte des Schlossgartens stand.   „Wir haben seinen Leib mitgenommen und ihn beim Uralten Baum gebart. Ich dachte, du würdest dich vielleicht noch einmal von ihm verabschieden wollen. Vater hat zugestimmt ihn bei deiner Mutter zu beerdigen, wenn du soweit bist.“   „Das ist schön.“ Yuri atmete einmal tief ein und aus und blinzelte die neu aufkommenden Tränen weg. Es tat weh. Es tat verdammt nochmal weh an Otabek zu denken und zu wissen, dass er nie wieder mit ihm reden konnte. Ihn nie wieder küssen konnte.   „Was ist mit Mila und Georgi?“, fragte er dann und hoffte, dass er gute Nachrichten bekam, die ihn von seiner Trauer ablenkten.   „Ihnen geht es gut. Wir kamen noch rechtzeitig um sie zu retten“, erklärte Viktor und Yuri fiel ein Stein vom Herzen.   „Sehr gut. Und JJ? Der Menschenprinz, dem wir helfen wollten?“, fragte er weiter.   „Ihm geht es auch gut. Vater hat eine Armee losgeschickt, die dunklen Magier zu beseitigen und wir warten noch auf Antwort. Zuletzt war er aber noch am Leben.“   Yuri nickte nur und starrte geradeheraus ohne etwas genau anzusehen.   „Wie lange war ich bewusstlos?“, wollte er dann wissen, da er keine Schmerzen mehr hatte. Auch sein Rücken, wo die Überreste seiner Flügel waren, taten nicht mehr weh.   „Fast zwei Wochen. Der Uralte Baum hat sich in der Zwischenzeit um dich gekümmert und dich geheilt. Deine Magie war bis aufs letzte aufgebraucht und musste sich wieder neu regenerieren. Und stell dir vor. Der Baum meint, dass deine Flügel wiederhergestellt werden können, wenn du noch länger in seiner Obhut bleibst“, erzählte Viktor mit einem Lächeln.   Yuri rang sich ebenfalls ein Lächeln ab, aber es wirkte mehr gequält als es sollte, aber Viktor sagte nichts dazu. Yuri hätte seine Flügel tausendmal geopfert, wenn Otabek dafür im Gegenzug noch leben würde und Viktor wusste das.   „Ich geh dir etwas zu Essen holen. Ruh du dich noch weiter aus“, sagte Viktor dann.   Yuri war ihm dankbar dafür. Hunger hatte er zwar keinen, aber er wollte einfach alleine sein mit sich und seinen Gedanken. Er legte sich wieder hin und die Blätter des Uralten Baumes fingen ihn auf und deckten ihn behutsam zu.   „Danke“, murmelte er dem Baum zu und er wusste, dass der Geist, der ihm Baum lebte ihn hören konnte. Der Uralte Baum war das magischste und stärkste Wesen in den Eiskalten Wäldern und die Feen vergötterten ihn.   „Schon gut, mein Sohn. Ruh dich aus. Ich kümmere mich um dich und deinen Freund“, sagte der Baum und Yuri kuschelte sich an ihn.   „Ich danke dir, dass du dich um den Körper Otabeks kümmerst. Er bedeutet mir sehr viel“, gestand Yuri und der Baum streichelte seine Wange tröstend entlang.   „Ich weiß, mein Sohn. Ich konnte es in seinem Herzen sehen. Er war ein guter Mensch.“   „Das war er“, lächelte Yuri und er musste daran denken wie sanft Otabek ihn behandelt hatte, als er noch sein Gefangener gewesen war.   „Yuri Plisetsky. Ich habe ein Geschenk für dich. Willst du es annehmen?“, fragte der Baum dann und Yuri hob neugierig seinen Kopf.   „Ein Geschenk? Was denn?“, wollte er wissen und es dauerte nicht lange, bis der Baum ihm eine leuchtende Kugel in der Größe eines Babykopfes gab. „Was ist das?“   „Ein Teil meiner Magie. Es schmerzt mich zu sehen, wie sehr du leidest. Ich habe mich dazu entschlossen, dir und deinem Freund zu helfen. Aber dafür musst du auch etwas opfern.“   „Otabek helfen? Aber…“, Yuri riss die Augen auf als er verstand, was der Baum ihm sagen wollte. „Was muss ich tun?“   „Erstens, wirst du deine Schmetterlingsflügel für immer aufgeben. Ich werde dir nur ein Geschenk machen. Und Zweitens, wenn du deinem Freund meine Magie gibst, wirst du einen Teil deiner eigenen Lebensenergie opfern müssen, was dein eigenes Leben verkürzen wirst. Du kennst den Menschen nicht lange. Entscheide selbst was du mit meiner Magie tun wirst. Deine Flügel wiederherstellen und ein normales Leben als Fee haben, oder dem Menschen helfen. Du hast die Wahl.“   Und Yuri braucht nicht lange zu überlegen. Er stand so schnell auf wie er nur konnte ohne hinzufallen und suchte sich mit der Kugel in der Hand einen Weg nach unten, auf der Suche nach Otabeks Körper.   „Danke, danke, danke“, wiederholte Yuri und er konnte spüren, wie der Baum sich über seinen ehrlichen Dank freute.   Der Baum gab nicht jedem eine zweite Chancen und schon gar nicht Menschen. Er liebte seine Feen, aber er konnte sehr launisch sein und traf Entscheidungen wie er wollte. Jedenfalls dachte Yuri, das aber Viktor behauptete immer, dass der Baum einen Plan hatte, den sie nicht verstehen konnten. Und die Entscheidungen des Baumes wurden auch immer respektiert und befolgt. Und das Geschenk das Yuri erhalten hatte, war etwas ganz Besonderes. Noch nie hatte der Baum seine Magie in der reinsten Form gegeben, um jemanden aus dem Totenreich zu holen, geschweige denn einen Menschen.   Yuri brauchte nicht lange um Otabek zu finden. Man hatte ihn am Fuße des Baumes auf gebart und niedrige Äste des Baumes berührten den leblosen Körper und sorgten dafür, dass er nicht zerfiel. Ob der Baum von Anfang an geplant hatte ihn wiederzubeleben? Yuri stockte kurz als er Otabek reglos daliegen sah. Er wirkte als würde er nur schlafen, aber der fehlende Arm und das Fehlen einer Atmung verrieten, dass dem nicht so war. Entschlossen ging Yuri auf den toten Ritter zu und gab ihm ohne zu zögern die Magiekugel. Er spürte wie ein Teil seiner Lebensenergie durch seine Finger hindurch mit der Kugel im Körper Otabeks versank. Yuri hielt den Atem an, als er dabei zusah wie die Kugel verschwand und Otabeks blasse Haut wieder Farbe bekam. Atmen setzte langsam wieder ein und Yuri glaubte einen Herzschlag zu hören. Es dauerte nicht lange bis sich braune Augen öffneten und verwirrt umherblickten ehe sie bei Yuri stehen blieben.   „Yura?“   „Beka!“, schrie Yuri und fiel dem Ritter um den Hals.   „Was ist passiert? Ich dachte ich…“, fragte Otabek verwirrt und umschlang Yuri mit seinem noch übrig gebliebenen Arm.   „Eine lange Geschichte…“, murmelte Yuri und Otabek nahm es hin. Er würde noch früh genug erfahren, wieso er noch lebte, nun war Yuri wichtiger. Sie beide lebten noch und Otabek hatte eine zweite Chance bekommen. Er konnte nun endlich sein Leben mit Yuri verbringen.   „Ich wünsche euch alles Gute, meine Kinder.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)