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Das sechste Jahr

Wie weit würdest du gehen, um deine Liebe zu beschützen?
von

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Zwiespalt

„Ich kann nicht glauben, dass du schon wieder einfach so verschwunden bist, ohne irgendjemanden Bescheid zu geben. Was, wenn dir etwas passiert wäre?“

 

Harry war erschöpft. Der Vormittag war so anstrengend gewesen, dass seine Kraftreserven aufgebraucht waren und er keine Nerven mehr besaß, sich mit Miss Ich-Weiß-Immer-Alles-Am-Besten Granger auseinanderzusetzen.

 

Er hatte gehofft, noch ein paar Reste vom Frühstück abzubekommen, aber Granger hielt ihn genau vor dem Eingang zur Großen Halle fest und hielt ihm mal wieder eine Standpauke. Alle, die vorbeiliefen, konnten es hören.

 

„Hermine!“, entgegnete er genervt. „Was glaubst du, wird hier passieren? In Hogwarts! Dass Voldemort plötzlich wie aus dem Nichts auftaucht und mich entführt?“

 

Normalerweise fand er es lustig, wenn alle um ihn herum bei der Erwähnung des Namens zusammenzuckten, aber heute fand er es einfach nur irritierend. Als ob Voldemort plötzlich hinter einer Rüstung hervorspringt, wenn man dreimal hintereinander laut seinen Namen sagt. Er hatte mit Sicherheit Besseres zu tun, als verängstigte Schüler zu erschrecken.

 

Er verdrehte die Augen und versuchte erneut, sich an Granger und seinen schaulustigen Mitschülern vorbeizuschlängeln, aber die Nervensäge hielt ihn fest.

 

„Harry! Ich finde, dein Verhalten absolut egoistisch. Du bist so leichtsinnig und du hast ein Talent dafür, dich in Schwierigkeiten zu bringen…“

 

„Ist das etwa meine Schuld?“, rief er wütend. Er hatte sich diesen ganzen Auserwählten-Mist nicht ausgesucht.

 

„… und ohne Ron und mich kriegst du ohnehin nichts auf die Reihe.“

 

Als hätte jemand einen Silencio auf sie alle gezaubert, war es schlagartig still. Granger hatte ihre Augen weit aufgerissen, als könnte sie selbst nicht glauben, was sie eben gesagt hatte.

 

„Ich… Ich…“ Sie schluckte hart. „Harry, es tu…“

 

Harry wollte diese halbherzige Entschuldigung nicht hören. Sie glaubte also, dass er ohne sie nicht zurechtkommen würde? Glaubte dieses elende Miststück wirklich, sie wäre besser als er? Er war nicht mehr der hilflose Junge, der er früher war. Er hatte gelernt und er wusste, wozu er fähig war. Dieses kleine Schlammblut könnte ihm niemals das Wasser reichen. Und brauchen tat er sie schon gar nicht. Genauso wenig wie diesen Weichling Weasley. Von ihm sollte er auch abhängig sein? Was hatte dieser Jammerlappen den jemals getan, außer ihm im Stich zu lassen, weil er neidisch auf Harry war?

 

„Was ist hier los?“, donnerte eine nur allzu vertraute Stimme. Severus bahnte sich den Weg durch die erstarrten Schüler, die bei der bedrohlichen Stimme ihres angsteinflößenden Lehrers schnell aus dem Weg sprangen und eilig weitergingen.

 

Froh über die Störung, entspannte sich Harry etwas. Sein Nervenkostüm war dünn. Einen Ausbruch vor so vielen Zeugen konnte er sich nicht leisten.

 

„Natürlich, das hätte ich mir auch denken können.“ Severus‘ Stimme war genauso abfällig wie sein Blick als er auf Harry fiel. „Mr. Potter! Haben Sie wieder ihren Fanclub um sich geschart? Gibt es einen besonderen Grund, dass sie den ganzen Verkehr aufhalten müssen?“

 

Wieder fühlte Harry sich zurückversetzt. Er hasste es, wenn Severus so mit ihm sprach. Langsam. Von oben herab. Jedes Wort betont. Nach jedem Satz eine bedeutungsschwangere Pause, als ob er zu dumm wäre, dem Gesagten zu folgen.

 

Harry erwiderte nichts. Er wollte Granger nicht noch mehr Angriffspunkte geben, wenn ihrem Haus seinetwegen noch Punkte abgezogen würden.

 

„10 Punkte Abzug von Gryffindor.“

 

Soviel dazu. Harry ließ den Kopf hängen. Das wurde ihm gerade etwas zu viel.

 

„Und Nachsitzen!“

 

Harrys Kopf schnellte wieder nach oben. Seine Gedanken rasten. War etwas passiert? Er suchte in den schwarzen Augen nach einer Antwort, aber sie schaute nur abschätzig auf ihn herab.

 

„Da das Frühstück vorbei ist, wird es Ihnen ja nichts ausmachen, mich gleich zu begleiten.“

 

Sein Magen protestierte lautstark, genau im richtigen Moment. Das war nicht sein Tag.

 

Granger mischte sich ein. „Aber Professor, Harry hat gar nich…“

 

Ach! Jetzt war sie plötzlich auf seiner Seite? Wollte ihn plötzlich verteidigen?

 

„Genug Miss Granger oder soll ich Gryffindor noch weitere Punkte abziehen?“

 

Ihre ganze Gestalt wurde unter dem kalten Blick kleiner. Die Drohung, Punkte zu verlieren, half bei ihr immer.

 

„Nun, Mr. Potter? Oder braucht unser großer Auserwählte eine Extraeinladung?“

 

„Nein, Professor. Ich komme.“ Mit einem letzten wütenden Funkeln zu Granger schlurfte er Severus hinterher.

 

Schweigend gingen sie nebeneinander her. Harry wollte fragen, was los sei, aber es waren zu viele andere Schüler unterwegs. Es waren hauptsächlich Slytherins, die nach dem Frühstück wieder in ihren Gemeinschaftsraum wollten, aber auch Hufflepuffs. Sie alle hielten großen Abstand, trotzdem wollte Harry lieber kein Risiko eingehen.

 

Vereinzelte Schüler kamen ihnen entgegen. Sie wichen Severus‘ eindrucksvoller Statur aus, grüßten ihn mit kaum wahrnehmbaren Worten und bedachten Harry mit einem mitleidigen Blick.

 

Plötzlich hörte Harry ein hohes Fauchen aus einem Gang kommen. Erschrocken drehte er sich um. Auch Severus blieb stehen. Es folgte ein lautes Poltern und ein angsterfüllter Schrei, der nur von einem Schüler stammen konnte.

 

Severus wollte Harry gerade zur Seite schieben, als ein kleiner Junge, ein Hufflepuff aus dem zweiten oder dritten Jahr, aus dem Gang herausgestolpert kam. Seine Augen waren schreckgeweitet. Er wäre fast mit der Wand zusammengestoßen, aber Severus schaffte es noch rechtzeitig einen Polsterungszauber zu sprechen und bewahrte den Jungen vor ernsthaften Verletzungen.

 

Nicht weit hinter ihm kam eine kleine Gestalt hinterhergeflitzt. Harry dachte erst, es wäre eine Ratte, aber als es direkt vor ihnen stehen blieb, erkannte er, was es wirklich war.

 

Eine Katze. Eine nackte Katze.

 

„Iih!“, kreischten die Mädchen und Harry schaffte es noch, einen Schutzschild um die Katze zu legen, bevor zwei Stupor, ein Aguamenti – was hatte sich die Hexe dabei gedacht? – und ein Rucksack geflogen kamen. Muggelgeborenen fehlte der Instinkt nach ihrem Zauberstab zu greifen und reagierten bei Bedrohung eher physisch.

 

Die Katze schaute sich gehetzt um und bahnte sich dann einen Weg durch die Schüler, die aufgeschreckt zur Seite sprangen.

 

„Was ist hier los?“ Severus hatte den kleinen Hufflepuff am Kragen gepackt und hochgezogen. Wenn Severus normal schon bedrohlich wirkte, wirkte er mit dem kalten Blick in seinen Augen mörderisch.

 

„I… I… Ich weiß nich… Plötzlich war da… da war… dieser Hauself… und… und… dann war da… Da war plötzlich die Katze und dann… dann… das Fell…“

 

Harry hielt das Gestottere nicht mehr aus, Severus glücklicherweise auch nicht.

 

„Für diesen Unsinn habe ich jetzt keine Zeit. Mr. Whitby, melden Sie sich bei Professor Sprout und erklären Sie den Vorfall, ich werde in Kürze folgen.“ Er ließ den Jungen – Whitby – los und rauschte wieder an Harry vorbei. Whitby wäre fast wieder zusammengesunken.

 

Harry beeilte sich, hinter Severus herzukommen.

 
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

„Draco! Könntest du bitte aufhören und dich einfach hinsetzen?“

 

Genervt schaute Draco zu seinem Vater. Sie warteten jetzt schon eine viertel Stunde. So lang konnte das doch nicht dauern. Harry hatte in die Große Halle gewollt, um noch etwas zu Essen. Er hatte Severus dorthin geschickt. Sie sollten längst hier sein.

 

Seinen Vater interessierte sein innerer Tumult nicht. Er schaute ihn nur mit einer noch oben gezogenen Augenbraue an und deutete mit einem leichten Nicken auf den Sessel neben sich.

 

Der Kamin brannte noch und Draco ließ sich widerwillig in den Sessel fallen. Er gab es ungern zu, aber das Feuer tat gut. Die Nässe und die Kälte in den Kerkern konnten einen aufs Gemüt schlagen, nicht zu vergessen das fehlende Sonnenlicht.

 

Draco spürte den starren Blick seines Vaters, aber er ignorierte ihn.

 

Seufzend lehnte sich sein Vater etwas nach vorn. Sie waren allein und so konnten sie beide ein bisschen entspannen. „Warum bist du so nervös?“

 

„Ich bin nicht nervös.“, schnappte Draco zurück.

 

„Draco… Wenn es Probleme gibt… Wenn du mehr Zeit brauchst oder Hilfe…“

 

„Nein!“ Draco erschrak selbst ein wenig, wie aggressiv er geklungen hatte. „Nein.“, wiederholte er noch einmal in einem ruhigeren Ton. „Ich habe gute Fortschritte gemacht. Wenn er seine Meinung bezüglich des Zeitplans nicht geändert hat, wird auch alles planmäßig verlaufen.“

 

Es war nicht gelogen. Seit er Harry nicht mehr hinterher spionieren musste, hatte er viel mehr Zeit, um sich auf seine anderen Aufgaben zu konzentrieren. Bei ihren Ausflügen in die verbotene Abteilung hatte Draco einen sehr interessanten Zauberspruch gefunden, der ihn einen großen Schritt nach vorn gebracht hatte.

 

Das Zauberkabinett war wieder fast vollständig intakt. Sie hatten es geschafft, ein lebendes Kaninchen hindurchzuschicken. Es wirkte ein bisschen verstört, aber ansonsten unversehrt. Es würde nicht mehr lange dauern und die Todesser konnte in Hogwarts eindringen. Danach müsste Draco nur noch einen Weg finden, Dumbledore zu töten.

 

Das bereitete ihm noch ein wenig Sorgen. Jede indirekte Möglichkeit war fehlgeschlagen. Am Schluss würde ihm nichts weiter übrigbleiben als der Todesfluch.

 

Draco hatte sich damit abgefunden, dass er ihn töten musste, wollte sogar seinen Tod – nach diesem Morgen mehr als zuvor – aber war sein Wunsch wirklich stark genug, damit ihm dieser Unverzeihliche Fluch gelang? Er war sich nicht sicher. Sicher war, dass Dumbledore bis zum Ende des Schuljahres tot sein würde. Im schlimmsten Fall würde ein anderer Todesser diese Aufgabe übernehmen.

 

Das wäre nicht die beste Lösung und der Dunkle Lord wäre damit sicherlich nicht zufrieden. Scheitern kam also nicht infrage.

 

„Was beschäftigt dich dann?“, unterbrach Dracos Vater seinen Gedankengang.

 

Es hatte keinen Sinn. Sein Vater würde keine Ruhe geben, bis die Harry und Severus hier waren. Noch konnte er keinen von beiden wahrnehmen. Er meinte es gut. Wie viel konnte er von seinem Inneren preisgeben ohne sich zu verraten?

 

„Es ist nur ungewohnt. Potter musste noch nie mit zu unserem Familientreffen.“

 

Sein Vater lachte leise. „Und wie viele Familientreffen gab es, seit Potter sich uns angeschlossen hat?“

 

Das war erst das dritte. „Bei Salazar, es kommt mir schon wie eine Ewigkeit vor.“ Draco ließ sich tiefer in den Sessel sinken. Nicht sehr elegant, aber wer sollte ihn verurteilen? Seine Mutter war nicht hier.

 

Ach ja! „Wie geht es Mutter?“

 

Der eisige Blick reichte aus, um ihm zu sagen, dass diese Frage nicht die geeignetste gewesen war, um das Thema zu wechseln.

 

„Ich bekomme sie kaum zu Gesicht. Sie treibt sich auf irgendwelchen Veranstaltungen rum, um unseren guten Ruf wiederherzustellen, wie sie es nennt. Ich kann nicht behaupten, dass ich sie vermisse.“

 

„Vielleicht solltest du auch häufiger ausgehen. Das Haus muss dir doch erdrückend vorkommen mit keiner weiteren Gesellschaft als einem Hauself.“

 

„Tut es nicht. Ich bin ohnehin selten in unserem Anwesen. Es gibt momentan viel zu tun. Mit Mr. Potter an unserer Seite gibt es einige Veränderungen, die zu bedenken sind.“

 

Das war ein sehr kurzer Themenwechsel gewesen. Sie beide wollten nicht über das jeweils andere Thema reden. Wann war es so schwer geworden, sich mit seinem Vater zu unterhalten? ‚Seit ich etwas vor ihm zu verbergen habe.‘

 

„Ich freue mich zu sehen, dass ihr euch so gut versteht.“ Ein lauernder Blick hatte sich auf die Züge seines Vaters gelegt.

 

Das kam unerwartet. Draco zog skeptisch fragend eine Augenbraue nach oben. Es war glaubhafter als würde er fragen, wie sein Vater darauf gekommen war oder als würde er versuchen, die Behauptung abzustreiten.

 

Es funktionierte. „Schon gut.“ Sein Vater lachte. Es war nur leicht, aber unbeschwert. So hatte er ihn schon lange nicht mehr lachen hören. Die Veränderungen schienen allen gut zu tun. „Immerhin verflucht ihr euch beide nicht regelmäßig.“

 

„Machst du dir keine Sorgen?“ Auch wenn Draco froh war, dass es seinem Vater derzeit so gut ging, sollte die Zukunft nicht außer Acht gelassen werden.

 

„Worüber?“ Erwartungsvoll schaute er Draco an. Er hatte wirklich keine Ahnung, wovon Draco sprach.

 

„Potter.“

 

Draco bekam keine Antwort. Das machte ihn nervös. Er wollte keine Unruhe stiften und einen Keil zwischen die beiden Zauberer treiben, die ihm am wichtigsten waren, aber er musste seinen Vater zwingen darüber nachzudenken. Harry würde niemals absichtlich, ihm seinen Platz wegnehmen, in dem Punkt vertraute er Harry vollkommen, aber wenn er Dunkle Lord anders entschied, hätte keiner von ihnen irgendein Mitspracherecht.

 

„Der Dunkle Lord hat eindeutig gesagt, dass er an seiner Seite stehen wird.“ Es war bei ihrem Treffen in Hogsmeade gewesen. Es war etwas überraschend gekommen und dann… auch wieder nicht. Wer sonst, wenn nicht Harry Potter?

 

Harrys Magieausbruch am Morgen war unbeschreiblich gewesen. Draco hatte noch nie etwas so Schönes und Schauriges zugleich erlebt. Er hatte große Mühe gehabt, diesen Ansturm entgegenzukommen. Länger hätte er nicht mehr durchgehalten. Draco hatte es vor Harry etwas heruntergespielt, damit er sich nicht noch weitere Sorgen machte, aber es war unglaublich gewesen. Wenn jemand dem dunkelsten Zauberer aller Zeiten ebenbürtig war, dann war er es. Der Auserwählte nach wie vor.

 

„Du befürchtest, dass er mir meinen Posten wegnimmt?“ Das klang etwas zu unbesorgt für Dracos Geschmack.

 

„Ja, du nicht?“

 

„Nein. Mr. Potter ist ohne Zweifel ein mächtiger Verbündeter. Wenn der Krieg beginnt und er sich offen zu uns bekennt, werden Dumbledores Anhänger sehr schnell ihren Glauben verlieren. Ihr Maskottchen ist übergelaufen. Ein Tiefschlag für die Moral und das Vertrauen in ihren Anführer – auch wenn Dumbledore sich selbst nicht als solchen bezeichnet. Wäre er es nicht, hätten wir keinen Widerstand.“

 

Ein Grund mehr, vorsichtig zu sein.

 

„Allerdings kommt Mr. Potter dann frisch aus der Schule. Er ist ein Halbblut, aber bei Muggeln aufgewachsen. Er hat keine Ahnung von der Maschinerie im Zaubereiministerium, hat keinen Einblick in unsere Politik und Justiz, nicht so wie er es müsste, um in diesem Bereich ein wertvoller Verbündeter zu sein. Es ist schwer zu erlernen, wenn man nicht damit aufgewachsen ist. Es ist nicht einmal sicher, ob er überhaupt Interesse daran hätte. Natürlich hat er verlangt, an der Seite den Dunklen Lords zu stehen und unser Lord hat dem zugestimmt, aber ich bin mir sicher, dass das nur dem Zweck diente, kein willenloser Anhänger zu werden. Er kennt seinen Wert.“

 

Da war was Wahres dran. Harry gewann Geschmack an Machtspielchen, aber Politik war ihm weitestgehend egal. Es gab andere Möglichkeiten, um Macht zu demonstrieren und auszuüben. Harry war gut darin. Fast so gut wie der Dunkle Lord selbst, wenn er den Geschichten seines Großvaters glauben schenken konnte. Nein, Harry würde sich niemals mit politischen Dingen auseinandersetzen, wenn er sich anders austoben konnte.

 

„Nein, ich mache mir keine Sorgen. Mr. Potter wird zweifellos Aufgaben bekommen, die seinen Fähigkeiten entsprechen und ich werde unserem Lord weiterhin mit meinen Fertigkeiten von Nutzen sein.“

 

Also hatte er sich doch schon Gedanken dazu gemacht, sie vielleicht sogar schon mit dem Dunklen Lord diskutiert. Dracos Sorgen waren unbegründet. Erleichterung breitete sich in ihm aus. Es würde kein böses Blut zwischen seinem Vater und Harry geben.

 

Nur wenige Augenblicke später öffnete sich sie Tür. Severus und Harry waren endlich da.

 
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

Harry schaute sich mit großen Augen um. Es war das erste Mal, dass er auf dem Anwesen der Malfoys war. Er war gleich hinter Malfoy aus dem Kamin gestolpert und Draco musste ihn auffangen, damit er nicht umfiel. Wenigstens war ihm nicht schwindlig. Er war nur ein wenig desorientiert.

 

Der hohe Empfangsaal wurde von Sonnenlicht durchflutet. Der Raum war von riesigen Fenstern gesäumt, aber Harry konnte keine Kerzen oder Kandelaber entdecken. Es gab mehrere kleine Sitzgruppen, alle in grün und schwarz gehalten. Das Wappen der Familie Malfoy hing rechts und links vom Kamin und auch an dem einzigen Ausgang des Saals zu beiden Seiten. Es war ebenfalls in schwarz, grün und silbern gehalten. Es hatte Ähnlichkeit mit dem von Salazar Slytherin, aber außer Schlangen waren noch Drachen darauf zu erkennen.

 

Sanctimonia Vincet Semper war in einer elegant verschnörkelten Schrift über den Kamin geschrieben. Auch hier waren zwischen den Worten Drachen und Schlangen zu erkennen.

 

„Reinheit wird immer siegen.“, flüsterte Draco ihm ins Ohr.

 

„Was?“ Harry trat ein Schritt von Draco weg. Es war schwer, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn Dracos Nähe beeinflusste.

 

„Das bedeutet das.“ Draco deutete auf die lateinische Inschrift. „Es ist das Familiencredo der Malfoys.“

 

„Etwas überholt, wenn du mich fragst.“, entgegnete Harry trocken.

 

Draco ließ für einen Moment seine Maske fallen und lächelte Harry vielsagend an. So viele Versprechungen lagen in diesem Blick, dass Harrys Knie erneut den Dienst verweigern wollten.

 

„Ich werde Bescheid geben, dass ihr da seid. Ich würde Draco bitten, Ihnen das Haus zu zeigen, Mr. Potter, aber ich weiß nicht, wie lange es dauert und wir sollten den Dunklen Lord nicht noch länger warten lassen.“

 

„Natürlich.“ Beide nickten, ihren Masken waren wieder an Ort und Stelle.

 

Lucius Malfoy verschwand durch den Eingangsbereich.

 

„Ist Voldemort hier?“, fragte Harry verwirrt.

 

Draco lachte. „Nein. Aber wir benutzen ausschließlich den Kamin in Vaters Arbeitszimmer, um zu ihm zu gelangen. Alte Angewohnheiten.“ Schulterzuckend ging er zu der Sitzgruppe, die dem Durchgang am nächsten war.

 

Harry folgte ihm. Ihre Schritte wurden von schweren Teppichen geschluckt. Auch sie waren grün. Silberfäden waren mit hineingewebt, die einem immer dann ins Auge fielen, wenn man nicht hinsah.

 

Die Sessel waren sehr gemütlich. Wäre die Situation eine andere, würde es ihn nicht stören, falls er länger warten müsste. Aber Harry wusste immer noch nicht, warum er überhaupt hier war. Malfoy hatte ihm auch nichts erzählen können. Er hatte nur gemeint, dass Voldemort ihn aufgehalten hatte, als er gerade loswollte und er den Auftrag bekommen hatte, Harry mitzubringen. Keine Erklärung. Nachgefragt hatte er selbstverständlich nicht. Nur ein Narr würde die Befehle des Dunklen Lord hinterfragen – nur Harry.

 

„Dipsy!“, rief Draco und sofort stand eine kleine Hauselfe vor ihnen, die sich tief vor Draco verbeugte.

 

„Meister hat Dispy gerufen? Was kann Dipsy für Meister tun?“ Sie hüpfte aufgeregt auf und ab, aber nicht aus Angst, sondern als ob sie sich wirklich freute, einen Auftrag zu bekommen. Sie war noch jung und freute sich, einer Familie dienen zu können.

 

Wenn Harry daran dachte, was Dobby ihm früher erzählt hatte, hätte man wirklich davon ausgehen können, dass die Malfoys ihre Hauselfen wie Dreck behandelten. Vielleicht hatte es einfach nicht gepasst. Jetzt kamen zumindest Draco und Dobby gut miteinander aus.

 

„Bring uns eine Flasche Elfenwein. Einen guten.“ Draco sagte nicht bitte, aber sein Ton war freundlich.

 

Die Augen der kleinen Elfe begannen zu leuchten. „Jawohl, Meister. Dipsy ist sofort wieder da.“

 

„Wein? Um diese Uhrzeit?“, fragte Harry skeptisch. Er hatte noch nichts gegessen und sich von seinem Magieausbruch noch nicht ganz erholt.

 

„Wir wollen uns ja nicht betrinken. Und ich hatte dir Elfenwein versprochen, wenn du mich besuchen kommst.“ Dracos Stimme und Gesicht waren ausdruckslos, aber es fiel Harry leicht, sich den herausfordernden, leicht lasziven Blick vorzustellen. Er wusste, dass Harry nicht nein sagen würde und sei es nur, um seine Nerven etwas zu beruhigen. Ein Glas würde nicht schaden.

 

Die kleine Hauselfe tauchte wieder auf, mit ihr eine hellblaue Flasche und zwei Weingläser auf einem Tablett, das sie lautlos auf den Tisch abstellte.

 

„Kann Dispy sonst noch was für Meister tun?“ Sie wackelte mit dem Kopf hin und her, ließ ihre großen Ohren hoch und runter schlackern.

 

„Nein, ich rufe dich, wenn ich noch etwas benötige.“

 

Sie verbeugte sich noch einmal tief und war dann mit einem leisen Plopp wieder verschwunden.

 

Draco schenkte ihnen ein. Harry nahm das Glas entgegen und betrachtete skeptisch die blaue Flüssigkeit. Über den Rand hinweg konnte er erkennen, wie Draco einen Schluck nahm und genüsslich die Augen schloss.

 

‚Bastard!‘ Das hatte er mit Absicht gemacht! Harry würde viel lieber den Wein von Dracos Lippen kosten, mit seiner Zunge die weichen Lippen nachzeichnen, dabei die letzten Tropfen einfangen und wenn er alles aufgeleckt hatte, in den heißen Mund eintauchen, um gierig die Mischung aus gutem Elfenwein und Draco zu kosten.

 

„Er ist nicht vergiftet.“ Draco hatte sein Glas bereits zur Hälfte gelehrt. „Und wirklich gut.“

 

Vorsichtig nahm Harry einen Schluck. Er behielt ihn einen Moment lang im Mund, bevor er ihn hinunterschluckte. Die Süße von reifen Beeren breitete sich in seinem ganzen Mund aus, begleitet von einem leicht rauchigen Aroma. Wie weicher Samt glitt er seine Kehle hinab. Das war völlig anders, als der kratzige Feuerwhisky.

 

„Ich wusste, dass er dir schmecken würde.“ Draco lächelte ihn an.

 

„Ja, er ist wirklich sehr gut. Daran könnte ich mich gewöhnen.“ Wie perfekt würde er schmecken, wenn er ihn von Dracos Körper lecken könnte.

 

Als ob Draco seine Gedanken gelesen hätte, begann er anzüglich zu grinsen. „Dann wirst du öfter herkommen müssen. Wir haben noch ganz viele andere Sorten – bessere – die du unbedingt probieren musst.“

 

„Diese Einladung nehme ich nur allzu gern an.“ Harry nahm einen weiteren Schluck. Er schmeckte wirklich gut.

 

Es war leicht, sich vorzustellen, dass sie ein ganz normales Paar waren, das nach einem anstrengenden Tag den Abend gemeinsam vorm Kamin verbrachte und bei einer guten Flasche Elfenwein die Erlebnisse des Tages austauschten. Das war etwas, von dem Harry immer geträumt, aber nicht geglaubt hatte, dass es ihm wirklich passieren könnte.

 

Aber das tat es ja auch nicht. Nicht wirklich. Vielleicht in weiter Zukunft, aber nicht jetzt. Sie waren aus einem anderen Grund hier und der Wein hatte einzig den Zweck, ihn ein bisschen von seinen Gedanken und Sorgen abzulenken. Draco kannte ihn gut.

 

„Machst du dir keine Sorgen?“, hörte er sich fragen.

 

„Nein.“ Ein Schmunzeln legte sich auf Dracos Züge, das Harry sich nicht erklären konnte. „Ich habe große Fortschritte gemacht und wenn alles Weitere wie geplant läuft, wird alles rechtzeitig erledigt sein.“

 

Harry war überrascht. Er hatte nicht wieder nach Dracos Aufgaben gefragt, weil er ihm eindeutig zu verstehen gegeben hatte, dass er Harrys Hilfe nicht wollte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Draco schon so weit war. Andererseits war es nun mal Draco, sein ungekrönter Slytherin-Prinz. Es sollte ihn nicht überraschen.

 

„Malfoy! Der Meister ist bereit, dich zu empfangen.“ Diese schleimige Stimme ließ Harry das Blut in den Adern gefrieren.

 

Wurmschwanz schaute arrogant auf Draco hinab. In seiner Haltung war nichts von der unterwürfigen, vor Angst schlotternden Ratte zu sehen, die er vor Voldemort war. Kein Respekt, keine Furcht. Er fühlte sich überlegen vor minderjährigen Zauberern und kostete das kleine bisschen Überlegenheit aus, soweit es möglich war. Harry würde es ihn bereuen lassen, sobald er seinen Zauberstab frei benutzen konnte.

 

Falls Draco sich von Wurmschwanz‘ Art angegriffen oder beleidigt fühlte, ließ er es sich nicht anmerken. Elegant stand er auf, stellte sein Glas lautlos auf dem Tisch und begab sich zum Ausgang, ohne die Ratte weiter zu beachten. Im Durchgang blieb er kurz stehen und drehte sich zu Harry um.

 

„Schenk dir ruhig noch mal nach, aber pass auf, dass du nichts verschüttest. Wir wollen ja keine Nagetiere anlocken.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo an alle,

eigentlich sollte in diesem Kapitel wieder ein Treffen zwischen Harry und Voldemort stattfinden, aber ich bin mal wieder zu ausschweifend geworden, so dass Voldemort erst im nächsten Kapitel dran kommt. Sorry! *unschuldigguck*

An der Stelle möchte ich mich vielmals bei Yamis-Lady bedanken für die tolle Idee mit der rasierten Katze. Es wird in einem späteren Kapitel noch mal aufgegriffen und erklärt. ^_^

Ich hoffe sehr, dass es euch allen gut geht und ihr und eure Lieben diese schwierige Zeit gut übersteht. Passt auf euch auf!

LG Lamia ^-^~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sunny2801
2020-04-28T20:10:08+00:00 28.04.2020 22:10
Ich habe Deine FF tatsächlich am Wochenende erst gefunden und ich bin süchtig danach! 😍 Dieses Pairing ist einfach nur toll! Schon. Vor 16 Jahren war ich von Harry&Draco total angetan. Ich freue mich aufs nächste Kapitel und hoffe dass für die beiden alles gut wird. Das hätten sie so verdient 😍
Antwort von:  CruelLamia
29.04.2020 20:15
🥰 Vielen lieben Dank für deinen Kommentar.

Erst am Wochenende gefunden? Dann hast du ja ohne Pause durchgelesen. 😅 Freue mich wahnsinnig, dass dir meine FF so gut gefällt.

Das nächste Kapitel ist fast fertig. Ich hänge gerade am Ende etwas fest. 😥 Aber ich bin optimistisch, dass ich es diese Woche noch schaffe. Setze mich sofort wieder ran.

Vielen Dank nochmal für deinen Kommentar, das motiviert mich sehr. Hoffe, dass sie dir weiterhin so gut gefallen wird.

LG Lamia 🐱
Antwort von:  Sunny2801
01.05.2020 13:07
Ja wenn ich mal etwas gefunden habe das mir gefällt bin ich wie ein Schwamm 🙈 zumal man leider nicht mehr so viele gute FFs zu diesem Pairing findet - leider.

Ich bin mir sicher, dass ich diese FF bis zum Ende begleiten werde (von mir aus braucht diese FF aber kein Ende, schreib einfach immer weiter 😘) und freu mich schon aufs nächste Kapi 😍

Mich freut es dass ich dich motivieren konnte!

Grüße
Sunny
Antwort von:  CruelLamia
02.05.2020 18:18
😅 Das ist ganz lieb von dir. Leider bewegen wir uns schon auf das Ende der FF zu. 😔
Es wird aber noch eine Fortsetzung geben. Bevor ich aber dazu komme, möchte ich gerne noch andere kleinere FFs (u.a. auch zu Harry/Draco und Harry/Tom|Voldemort 🥰) schreiben. Mir kribbelt es da schon so lange in den Fingern. Aber diese FF hatte Vorrang und mein Herz hängt auch sehr daran.

Auch wenn ich es traurig finde, dass es bals vorbei ist, freue ich mich schon wahnsinnig auf den Schluss und wie er ankommt. 😲

Das nächste Kapitel ist übrigens schon da. 😉

LG Lamia 🐱
Von:  Yamis-Lady
2020-04-11T19:49:42+00:00 11.04.2020 21:49
ahahahaa, die nackige katze 🤣👍
zu herrlich!

und ich liebe es, wie du harry und draco miteinander zeit verbringen lässt. man wünscht sich für die beiden, dass sie es einfach schaffen müssen!

ich liebe deine FF!
mach immer weiter so! =)
Antwort von:  CruelLamia
12.04.2020 10:28
Vielen lieben Dank. ☺

Die nackige Katze war ja deine Idee. 😉 Vielen Dank noch mal dafür. Kommt später auch noch mehr dazu.

Harry und Draco sind so süß zusammen. Ich würde sie so gerne vor einem Kamin kuscheln lassen. Draco liest ein Buch dabei und Harry spielt mit einem Schnatz, bis Draco genug hat, sein Buch laut zuklappt, es bei Seite legt, Harry den Schnatz wegnimmt und ihn dann küsst, bis beide keine Luft mehr bekommen. 😍
Leider kann das noch seeeeeeehr lange dauern, bis sie so zur Ruhe kommen. 😔 Aber wir arbeiten dran. 😉

🥰 LG Lamia 🐱
Von:  Sandy
2020-03-27T10:04:52+00:00 27.03.2020 11:04
Huhu hier bin ich wieder Sandy..

Das war wieder ein großartiges Kapitel sehr schön geschrieben und beschrieben...sehr schön und spannend und aufregend und interessant aber emozional war es auch wieder ..

Toll Harry und Draco sind in Malfoy manore und treffen voldemort...warum wurde noch nicht gesagt...und das Ereignis in der großen Halle war auch interessant wo Severus snape da war um Punkte abgezogen wurde..

Auf jeden Fall war es wieder Hammergeiles Kapitel und hermine hatte es rcht übertrieben das Harry ohne Sie und Ronald nichts wäre.. das ging unter die Gürtellinie...und dann die nackte Katze war es die von Mister filch? War mächtig witzig und schön..

Auf jeden Fall tolle Gespräche zwischen Draco und seinem Vater und toll Harry trinkt Elfenwein zum ersten Mal und die passende Gespräche zwischen Harry und Draco großartig..

Weiter so

Alles zusammen hammerklasse Kapitel ehrlich grandios gewesen

bin mächtig gespannt wie es weitergehen wird und was noch alles passieren wird in dieser Geschichte und was voldemort sagen wird zu Harry und Draco und Severus und lucius da sie sich gerade bei Malfoy manore aufhalten..

Weiter so

Bis zum nächsten Mal wieder zum nächsten Kapitel wieder hoffentlich

LG Sandy...
Antwort von:  CruelLamia
27.03.2020 11:23
Hallo Sandy,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar.

Ja, Hermines Aussage war echt unter aller Sau. So zeigt sich der wahre Charakter.

Nein, die Katze war nicht die von Mr. Filch. An die hatte ich gar nicht gedacht. 😅 Ich glaube Mr. Filch würde ausrasten, wenn seine Katze rasiert werden würde.

Ich dachte, es wäre mal schön, Harry und Draco einen kurzen Moment Ruhe zu gönnen. So als wären sie ein ganz normales Paar.

Ich gebe mir Mühe und schreibe schnell weiter. ☺

Noch mal vielen Dank. 💕

LG Lamia 🐱


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