未来 - Future von yuki19 ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Geweckt wurde ich am nächsten Morgen von zwei kleinen Kindern, die sich einfach in mein Bett schmissen, und mich solange durchknuddelten bis ich müde und etwas grummelnd meine Augen öffnete. Erst als ich merkte, wer mich hier so unsanft geweckt hatte, hellte sich meine Mine auf. „Guten Morgen, ihr beide.“, begrüßte ich sie, „Was macht ihr denn schon hier?“ „Papa hat uns geschickt, dass wir dich zum Frühstück holen.“ Papa, wie das schon klang. Ich konnte mir Seto Kaiba einfach nicht in der Vaterrolle vorstellen. „Wenn ich mitkommen soll, dann müsst ihr beide aber von mir runtergehen.“, lachte ich. Brav krabbelten die beiden von meinem Bett und warteten artig bis ich mich kurz in Badezimmer frisch gemacht hatte. Dann schnappten sie mich rechts und links an der Hand und zogen mich mit sich. Die Treppen runter und in die Küche, wo Kaiba und Mokuba schon mit einer Zeitung und Kaffee trinkend am Tisch saßen und warteten. Der Brünette sah verdammt müde aus und ich fragte mich, wo er wohl geschlafen hatte, dass er so aussah, beziehungsweise ob er überhaupt geschlafen hatte. Nur um mich dann gleich zu fragen, warum mich das überhaupt interessierte. Konnte mir doch egal sein, wo der Großkotz heut Nacht gepennt hatte. Pfft. „Guck, Papa. Wir haben Mama geholt.“, präsentierte mich Yuki stolz. Kaiba sah von seiner Zeitung auf und ob dem Lächeln, das er seinem kleinen Sohn zuwarf, machte mein Herz einen kleinen Hüpfer. Ich hatte keine Ahnung, dass der gefühlskalte Seto Kaiba so warm und herzlich lächeln konnte. So sah er gleich noch viel besser aus. Was dachte ich da eigentlich für einen Schrott? Ich war nicht schwul und Kaiba sah verdammt noch mal nicht gut aus. Ich schüttelte schnell den Kopf, um diese aufkommenden Gedanken schnell zu vertreiben. „Gut gemacht!“, lobte er den Kleinen, der sofort auf einen Stuhl neben dem Größeren kletterte. Ich hob die kleine Mia in den für sie bereitgestellten Hochsitz und nahm auf dem einzigen noch gedeckten Platz auf der anderen Seite des Firmenchefs Platz. „Guten Morgen!“, begrüßte mich eben dieser und wandte sich dann wieder seiner Zeitung zu. „Morgen“, brachte ich gerade so heraus und begann dann dem Beispiel „unserer“ Kinder folgend mit dem Frühstück. So vergingen einige Tage. Kaiba verhielt sich äußerst rücksichtsvoll und zuvorkommend mir gegenüber. Es war seltsam. Er ließ mich allein in dem großen Zimmer schlafen – ich hatte noch immer nicht ganz durchschaut wo er eigentlich schlief – kümmerte sich liebevoll um die beiden Kleinen und arbeitete mit Mokuba in der Firma. Auch wenn mir mittlerweile aufgefallen war, dass er größtenteils von zuhause aus arbeitete, während Mokuba ihm die Arbeit in der Firma abnahm. Ich merkte sehr wohl, dass er versuchte mir den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu gestalten, aber es half einfach nicht. Ich fühlte mich nach wie vor fehl am Platz. Ich wusste auch, dass ich mich äußerst unfair dem Größeren gegenüber verhielt. Vor den Kindern beherrschte ich mich, aber kaum waren wir alleine, hielt ich ihn auf Abstand und giftete ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit an. Ich konnte den Hass, den ich auf den Brünetten in den letzten Jahren angestaut hatte, einfach nicht vergessen. Ich konnte einfach nicht aus meiner Haut. Zumindest hatte ich im Bezug auf die beiden Kinder eine gewisse Routine entwickelt. Ich kochte für die beiden und brachte sie auch am Abend ins Bett. Genauso wie auch heute. Ich hatte Mia eben schlafen gelegt und war gerade dabei Yuki zuzudecken, als mir der Kleine eine Frage stellte, die mich aufhorchen und zum ersten Mal über den anderen nachdenken ließ. „Warum bist du böse auf Papa?“ „Was? Ich bin doch nicht böse auf ihn?“ Verständnislos sah ich den Kleinen an. „Aber warum schlaft dann Papa nicht bei dir? Hast du ihn nicht mehr lieb?“ Bei den traurigen Kinderaugen, die mich in diesem Moment durchbohrten, schnürte es mir die Kehle zu und ich musste einmal hart schlucken ehe ich antworten konnte. „Papa – dieses Wort hörte sich falsch an aus meinem Mund – muss zur Zeit viel arbeiten. Natürlich hab ich ihn noch lieb.“, versuchte ich den Kleinen zu beruhigen. Es gefiel mir zwar nicht diesen anzulügen, aber ich hatte immerhin versprochen die beiden nicht spüren zu lassen, dass etwas hier so ganz und gar nicht stimmte. Also deckte ich den Kleinen schnell zu, wünschte ihm noch eine Gute Nacht und ging dann aus seinem Zimmer. Ich hörte zwar noch die geflüsterten Worte, die er noch sagte, ehe er einschlief, aber ich reagierte nicht mehr darauf. „Ich hoffe ihr vertragt euch bald wieder.“ Diese Worte hinterließen ein seltsames Gefühl in meinem Bauch, das sich nur noch verstärkte, als ich an Kaibas Arbeitszimmer vorbei in mein – oder sollte ich besser sagen Kaibas – Schlafzimmer ging. Die Tür war nicht ganz ins Schloss gefallen und so stand sie einen kleinen Spalt breit offen. Ich konnte zwar nicht wirklich ins Innere blicken, aber ich hörte die beiden Brüder darin, wie sie miteinander redeten. „Seto, das ist nicht gesund. Du kannst nicht Tag und Nacht arbeiten und dich nur ab und zu auf die kleine Couch hier legen. Du musst dich einmal ordentlich ausschlafen. Du klappst sonst noch zusammen.“, versuchte es der kleine Kaiba, und nach der Dringlichkeit in seiner Stimme, bestimmt nicht zum ersten Mal, seinen Bruder zu überzeugen. Und nun hatte ich wohl auch die Antwort auf meine Frage, wo denn der Größere schlief oder besser gesagt, wo er nicht schlief. Ich hatte schon bemerkt, dass dieser nicht wirklich viel Schlaf bekam, aber dass es so schlimm war, hatte ich nicht gewusst. „Es tut mir Leid, Moki. Ich weiß du machst dir Sorgen. Aber ich kann nun einmal nicht wirklich schlafen in letzter Zeit. Ich muss mich irgendwie ablenken, ansonsten denk ich zu viel nach und das macht mich verrückt.“ Kaibas Stimme war kraftlos. Die ganze Situation schien nicht wirklich spurlos an diesem vorrüberzugehen, und ich fragte mich gerade, wie ich das übersehen hatte können. War ich wirklich so sehr in meinem alten Hassgefühlen gefangen gewesen, dass ich nicht gemerkt hatte, wie schlecht es den anderen tatsächlich ging? Es schnürte mir die Kehle zu und mein Magen verkrampfte sich. „Ich kann mir vorstellen wie hart es für dich sein muss, aber es hilft keinem, wenn du dich hier zugrunde richtest. Du brauchst Schlaf, eine Pause. Denk doch an deine Kinder. Denkst du die beiden merken das nicht?“, versuchte es Mokuba erneut, aber Kaiba wehrte fast sofort ab. „Was soll ich denn tun? Da wartet man Wochenlang darauf, dass die Liebe seines Lebens endlich aus dem Koma erwacht, nachdem man Jahre gebraucht hat sie für sich zu gewinnen, und dann ist es soweit, und man fühlt sich mit einem Mal verlorener und einsamer als jemals zuvor.“ Mir wurde schlecht. Ich hatte den Brünetten noch nie so erlebt. So verletzbar, so schwach, so verloren. Er musste mich wirklich lieben und alles, was ich ihm entgegenbrachte, war der kindische Hass aus Schulzeiten. Auch wenn ich mich an die letzten Jahre nicht erinnern konnte, er konnte es. Und ich verletzte ihn nur. Im Moment war wohl ich der egoistische, gefühlskalte Großkotz. Ich musste etwas ändern. Zumindest versuchen konnte ich es. Das war ich ihm und mir schuldig. Vielleicht würden meine Erinnerungen dadurch wieder zum Vorschein kommen. „Denkst du, er wird sich irgendwann wieder erinnern?“, fragte nun der Größere der Kaibabrüder. „Ich hoffe es.“, war die Antwort. Das Gespräch schien hiermit wohl beendet zu sein, denn ich hörte Schritte, die sich verdächtig der Tür näherten, hinter welcher ich noch immer kauerte, und so schlich ich mich schnellstmöglich in das Schlafzimmer nebenan, um mich dort in das große Bett zu kuscheln. Mit dem Gedanken an Kaiba schlief ich dann schließlich ein. Ab morgen würde ich etwas ändern. Der neue Tag kam und wider Erwarten wurde ich heute nur von einem Kind geweckt. Das andere lag mit einer heftigen Erkältung und Fieber im Bett. So musste mein Entschluss mich bei Kaiba zu entschuldigen noch ein wenig warten, immerhin hatte ich hier eine kranke Dreijährige zu pflegen. Und so verging der Tag. Yuki verhielt sich wie der vorbildlichste große Bruder und pflegte seine Schwester so gut es dem Kleinen möglich war. Er erinnerte mich ungemein an Seto. So musste er sich auch um Moki gekümmert haben, wenn dieser mal krank gewesen war. Moment! Seto? Seit wann dachte ich von ihm als Seto? Hm? Komisch. „Hast du dich mit Papa wieder vertragen?“ „Was?“ Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie sich Yuki in die Küche geschlichen hatte. Es war Mittag und so hatte ich beschlossen der kranken Mia einen Vanillepudding zu machen, und eben bei diesem Unterfangen hatte mich der Kleine unterbrochen. „Was meinst du?“, fragte ich diesen verwirrt. Ich hatte keine Ahnung worauf dieses Kind hinauswollte, aber der Kleine wäre kein echter Kaiba, hätte er mich nicht freundlicherweise aufgeklärt. „Na, du machst Papas Lieblingspudding. Den mag sonst keiner. Den machst du immer, wenn Papa mal böse ist.“ „Ist das so?“, fragte ich den Kleinen, der eifrig zur Bestätigung nickte, und ich blickte auf den Herd. Meine Augen weiteten sich. Wie zum Teufel war das denn passiert? Ich war mir fast sicher, dass ich einen Topf mit Vanillepudding gekocht hatte, aber ich war anscheinend so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie ich einen zweiten sehr viel kleineren Topf mit Pudding dazugestellt hatte. Er hatte sich einfach so dazugeschlichen. Wie hatte ich das nicht merken können? Probeweise kostete ich den Inhalt des zweiten Topfes und verzog angewidert den Mund. Wer isst den bitteschön Pudding mit Kaffeegeschmack? Kein Wunder, dass den sonst keiner mochte. Schnell füllte ich den Pudding in verschiedene Schüsseln. Ich hatte für uns alle mitgekocht. Selbst für Moki stellte ich eine Schüssel mit Pudding in den Kühlschrank. Der würde sich sicher freuen. Yuki setzte ich seine Schüssel vor die Nase auf den Tisch, wo er auch eifrig zu essen begann. Meine und Mias Portion ließ ich derweil noch auf der Anrichte stehen. Ich würde dann später zu ihr gehen, wenn sie wach war. Jetzt wollte ich mich erst einmal mit dem Hausherrn unterhalten. Dieser war wieder einmal in seinem Arbeitszimmer geblieben. Ich hatte ihn heute noch gar nicht zu Gesicht bekommen, da ich den Vormittag in Mias Zimmer verbracht hatte. Wie von selbst öffnete ich einen der Schränke und holte das Kakaopulver daraus hervor. Erst als ich einen Löffel davon über Setos Schüssel hielt, hielt ich kurzzeitig inne. Was wollte ich da gerade tun? Ich konnte gar nicht so schnell schauen, als mir der kleine Wirbelwind schon den Löffel aus der Hand genommen hatte, und den Inhalt über Setos Puddingschale verteilt hatte. „Fertig, Mama! So mag er ihn am liebsten!“, verkündete er stolz und setzte sich wieder an seinen eigenen Pudding. „Das hast du toll gemacht!“, sagte ich lobend, aber innerlich fragte ich mich gerade, woher in drei Teufels Namen ich das gewusst hatte? Woher hatte ich gewusst, dass der Brünette seinen Pudding mit Kaffeegeschmack mochte und mit ein wenig Kakao? Was war in den letzten Jahren nur geschehen? So langsam wollte ich es wirklich wissen. Ich wollte mein Leben wieder haben und es gab nur eine Person, die ich danach fragen konnte. Also dann, auf in die Höhle des Löwen. „Yuki, ich bring das kurz nach oben. Sei brav.“ Damit wandte ich mich um und verließ den Kleinen. Mit der Puddingschale bewaffnet, klopfte ich an die Tür des Arbeitszimmers und trat vorsichtig ein. Mir fiel erst jetzt auf, dass ich in den ganzen Wochen, in denen ich nun schon hier wohnte, noch kein einziges Mal hier herinnen gewesen war. Ich sah mich kurz um. Sehr spektakulär sah es nicht aus. Nur ein Schreibtisch, Regale und eine kleine Couch standen in dem großen, und spärlich eingerichteten Raum. Und der Hausdrachen? Der schlief friedlich, nun es sah nicht sonderlich bequem aus, wie er da auf der viel zu kleinen Couch schlief, aber zumindest schlief er. Mein Entschluss wurde nur noch fester, als ich diesen da so liegen sah. Ich musste definitiv etwas ändern. Ich stellte also die Schale auf dem kleinen Couchtisch neben dem Schlafenden ab und beugte mich etwas zu diesem hinunter. „Hey, Seto!“ Sanft strich ich ihm mit dem Finger über die Wange. Sie war warm. Ob meiner Berührung rührte sich der Brünette sofort. Er schien nicht besonders fest geschlafen zu haben, aber wer konnte ihm das in dieser Position auch verdenken? Verwirrte blaue Augen blickten in meine, als der gerade Aufgewachte erkannte, wer ihn hier geweckt hatte. „Joey? Was machst du hier?“, fragte dieser verwirrt. Wortlos richtete ich mich leicht auf und hielt Kaiba die Puddingschale entgegen. Diese Geste verwirrte den anderen nur noch mehr, dennoch richtete er sich auf und setzte sich normal auf die Couch, was mir erlaubte mich nun ebenfalls zu setzen. Da die Sitzgelegenheit eher klein war, saßen wir sehr dicht beieinander und ich konnte seine Körperwärme spüren und seinen Geruch einatmen, und ja er roch verdammt gut. Zu gut für meinen Geschmack. Der Brünette hielt zwar die Schüssel in der Hand, aber er aß nichts. Er starrte nur total perplex auf den Inhalt, und stammelte etwas, das sich anhörte wie: „Woher…?“ Ich musste leicht grinsen. „Keine Ahnung!“, zuckte ich mit den Achseln, „Ich war so in Gedanken und irgendwie geschah das von selbst.“ Der Brünette sah nun doch auf und direkt in meine Augen. Ich versuchte mich an einem Lächeln, was auch etwas unsicher erwidert wurde. „Und nein, ich kann mich noch immer an nichts erinnern.“, sagte ich schnell, ehe die Frage noch aufkommen konnte, „Ich wollte mich entschuldigen. Für mein Verhalten, für alles eben. Würdest du mir dabei helfen, mich wieder an alles zu erinnern?“ Gegen Ende hin wurde ich immer leiser, aber dennoch hatte mich der andere sehr gut verstanden. Seine Augen weiteten sich und dann sah ich eines der schönsten Lächeln, die ich jemals gesehen hatte. „Ja“ Damit begann er zu essen. Und ich war zufrieden. Schritt eins wäre somit erledigt. Jetzt musste ich nur noch hoffen, dass mein Verstand bald wieder zu arbeiten anfing. „So, ich sollte nach Yuki sehen. Hoffe die Küche steht noch.“ Grinsend erhob ich mich und ging auf die Tür zu, aber noch ehe ich durch diese gehen konnte, hörte ich noch ein „Danke, Joey!“ Ich drehte mich nochmal um und lächelte ihn einfach nur an. „Hast du mich vorhin wirklich Seto genannt?“ Meine Gesichtsfarbe änderte sich schlagartig. Mist! Wie peinlich! Das hatte er also doch noch gehört. „Das musst du geträumt haben!“, sagte ich schnell und war auch schon aus der Tür. Ich hörte ihn noch leise lachen hinter mir, und ich wusste, dass er mir nicht glaubte, aber zumindest war er wieder glücklich und aus irgendeinem Grund stimmte mich das ebenfalls froh. Ja, das war definitiv die richtige Entscheidung gewesen. Tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)