Die Erben von NiOniOn (Buch Eins: ANBU) ================================================================================ Kapitel 16: Uchiha Shisui I ---------------------------   Bleischwer hing der dunkel und animalisch riechende Rauch in der Luft, breitete sich mit jedem Atemzug brennend in Makanis Lungen aus und trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie kniff sie zusammen und versuchte hinter dem Nebelschleier die Gesichter der anderen Uchihas zu erkennen, die sich mit ihr in dem spärlich beleuchteten Dōjō befanden. Die meisten von ihnen knieten in zwei Reihen mit dem Rücken zu jeweils einer der beiden längeren Seiten des rechteckigen Raumes. Beinah jedes Gesicht, das die Kunoichi deutlich genug sehen konnte, schien Sorge, Wut oder zumindest starke Anspannung auszudrücken, und fast alle hatten den Blick auf eine dritte, kürzere Sitzreihe gerichtet, in der sechs weitere Männer Platz genommen hatten. Es waren die Ältesten des Clans, wobei dieser Titel ähnlich wie der des Ratsjüngsten nicht unbedingt etwas mit dem tatsächlichen Alter seiner Träger zu tun hatte. Es handelte sich um eine Art Führungsgremium, das gemeinsam mit dem Clan-Oberhaupt den Ratsvorsitz innehatte. In ihrer Mitte thronte Fugaku und ließ seinen strengen Blick über die Anwesenden wandern. Doch etwas störte die wohl durchdachte Symmetrie dieser Sitzordnung und Makani bildete sich ein, dass sich die ohnehin schon angespannte Atmosphäre dadurch noch einmal verstärkte: Eine große Lücke zu Fugakus Rechten machte auf unangenehme Weise unübersehbar, dass dort vorne eigentlich sieben und nicht sechs Personen den Vorsitz bilden sollten. Offenbar stand dieser Platz seinem designiertem Nachfolger bereits offiziell zu. Makani selbst saß zu ihrer Erleichterung weit entfernt an einem Ende der beiden langen Sitzreihen und tat bereits seit einigen Minuten das, was sie am besten konnte: so unauffällig sein wie möglich. Links neben ihr hibbelte Izumi auf ihrem Platz herum und sah besorgt zu der Lücke neben Fugaku hinüber. Auf Makanis anderer Seite starrte Shisui mit ausdrucksloser Miene die Tatamimatten auf dem Boden an. Offensichtlich waren alle beide viel zu sehr von ihren eigenen Gedanken und Sorgen vereinnahmt, als dass sie sich um den Neuzugang in ihrer Mitte hätten kümmern können. Aber Makani war das eigentlich auch ganz recht, denn sie war selbst schwer damit beschäftigt, gegen eine zunehmende Übelkeit anzukämpfen, zu der sich nun auch noch leichter Schwindel gesellte. Der viel zu intensiv riechende Rauch setzte ihr zu und sie konzentrierte sich darauf, möglichst ruhig und kontrolliert zu atmen. Zumindest schien noch niemand auf sie aufmerksam geworden zu sein, das war immerhin eine kleine Erleichterung. Aber sie wusste, dass dies leider nur einen kleinen Aufschub des Unvermeidlichen bedeuten konnte. Schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit erhob Fugaku endlich die Stimme und das angespannte Raunen unter den Anwesenden erstarb augenblicklich. „Verehrte Brüder“, begann er, „ich weiß, dass ihr aufgeregt, wenn nicht sogar wütend seid. Und ihr könnt mir glauben, ich kann es euch nur allzu gut nachempfunden! Dennoch bitte ich euch, diesem Rat die gewohnte Konzentration und den nötigen Ernst zu schenken, damit wir allen Problemen so angemessen und nüchtern wie möglich begegnen und entsprechende Lösungen finden können. Und ja, ich kann es nicht leugnen, der Vorfall, der so viele von euch erregt, ist ausgesprochen problematisch. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich wünschte, ich könnte euch beruhigen und behaupten, es würde sich um einen bedauerlichen Einzelfall handeln, aber wir alle wissen, dass dies ein gefährliches Herunterspielen der Tatsachen bedeuten würde“ „Erzähl allen, was passiert ist!“, rief jemand aufgebracht und Fugaku nickte ernst. „Ja, ihr habt Recht. Auch wenn ich davon ausgehe, dass sich die Ereignisse bereits herumgesprochen haben, wäre es falsch, sie ausgerechnet hier nicht auszusprechen. Ohnehin ist die Lage leider viel zu ernst, um sie der Gerüchteküche zu überlassen: Gestern Abend also wollten unsere Clanbrüder Yakumi und Inabi den Feierabend im Usagi-Goya bei Geppei ausklingen lassen. Seit Jahren gehen die beiden wie auch einige andere von uns regelmäßig im Usagi-Goya essen, immerhin liegt Geppeis Izakaya in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer Polizeizentrale. Der alte Mann hat schon meinen Vater gerne bewirtet und wir können auf ein langes freundschaftliches Verhältnis zurückblicken. Umso betrübter bin ich über die jüngsten Ereignisse, denn gestern wurde Yakumi und Inabi der Zugang zum Usagi-Goya ohne Angabe von Gründen verweigert. Nun, dass unser gutes Verhältnis zu Geppei besonders in den letzten Jahren nicht völlig unbelastet war, sollte sich jeder hier denken können, wenn man seine verwandtschaftliche Nähe zu den Ishis bedenkt. Bisher hat sich der friedfertige Alte jedoch nicht von diesen Zwietracht schürenden Emporkömmlingen beeinflussen lassen – bisher. Aber es ist zu vermuten, dass sie ihn aus aktuellem Anlass mehr denn je unter Druck setzten, doch ich möchte hier keine Vermutungen über die Ursachen dieses Vorfalles in den Raum stellen, bevor ihr nicht alle Einzelheiten erfahren habt. Denn zu meinem Entsetzen war der Bericht unserer Brüder damit noch nicht zu Ende – aber, Yakumi, möchtest du nicht vielleicht selbst erzählen, was euch widerfahren ist?“ Als hätte er nur auf Fugakus Aufforderung gewartet, sprang fast im selben Moment ein großer schlaksiger Mann auf. Sein linkes Auge war zugeschwollen und als er einen Schritt aus der Sitzreihe heraus trat, zog er ein Bein nach. Er wandte sich den anderen Clanmitgliedern zu und begann hastig zu berichten, wobei seine Stimme vor Wut bebte: „Geppei war sogar zu feige zu sagen, warum er uns nicht reinlassen wollte. Also sagten wir ihm, dass er ohne vernünftigen Grund kein Recht dazu habe. Wir setzten uns an unseren Stammplatz und Geppei bediente uns, als wäre alles wie immer. Doch ein paar Minuten später tauchten drei maskierte Kerle auf und drohten uns mit Gewalt, sollten wir das Usagi-Goya nicht freiwillig verlassen. Da sie in der Überzahl waren, entschieden wir ihnen zunächst zu gehorchen. Trotzdem griffen sie uns draußen auf der Straße an. Wir wehrten uns natürlich, doch es waren verflucht gute Kämpfer. Nachdem sie uns einige Minuten arg zugesetzt hatten, machten sie sich davon. Eine Polizeieinheit machte zwar sich gleich auf die Suche, aber die Kerle waren spurlos verschwunden.“ Erneut war der Dōjō mit wütendem Raunen erfüllt. Makani sah geballte Fäuste und zusammengebissene Zähne und ihre Nervosität wuchs, obwohl oder gerade weil sie Yakumis Bericht nicht recht einordnen konnte. „Wer waren die Schweine?“, rief schließlich jemand. „Das wissen wir nicht“, erwiderte Yakumi und schüttelte den Kopf. „Aber Inabi ist sich ziemlich sicher, dass einer von ihnen eine weiße Tiermaske unter der Kapuze trug...“ „ANBU“, hörte Makani jemanden in ihrer Nähe flüstern. Daraufhin schwoll das Raunen noch weiter an und die Kunoichi erschrak über das Ausmaß des Hasses in einigen Gesichtern. Doch schließlich erhob Fugaku gebieterisch die Hände und verhinderte damit vorerst, dass sich die bedrohliche Stimmung noch weiter aufschaukelte. „Ich möchte an dieser Stelle zu bedenken geben“, sagte er ruhig, „dass es sich dabei um reine Vermutungen handelt. Ein Verdacht also, dem in einer sachgemäßen Ermittlung nachgegangen und über den anschließend in einer fairen Verhandlung entschieden werden müsste … Aber genau an dieser Stelle liegt das Problem! Ich habe bereits heute den Hokage darum gebeten, in dieser Angelegenheit Ermittlungen anstellen zu dürfen. Doch ich muss euch leider mitteilen, dass der Sarutobi meinem Ersuchen nicht stattgegeben hat. Er begründet seine Ablehnung damit, dass der Fall nicht in den Kompetenzbereich der Polizei fallen würde, wenn ein Mitglied der Ansatsu-Senjutsu-Tokushu-Butai in die Angelegenheit verwickelt sein könnte. Stattdessen - “ Die nächsten Worte des Clanoberhauptes gingen unter, denn an dieser Stelle kippte die Stimmung im Dōjō endgültig. Beinah alle Uchihas machten nun lautstark ihrer Empörung Luft. Einzelne standen sogar auf und untermalten ihre wütenden Rufe mit drohenden Gesten. Einer recht nah bei Makani rief hasserfüllt: „Diese verfluchten Bastarde stellen sich einfach über unsere Gesetze und jetzt deckt diese Witzfigur von Hokage sie auch noch. Ich sage euch, der eigentliche Anführer dieses Dorfes wohnt definitiv nicht mehr im Hokageturm, aber der alte Vollidiot Hiruzen merkt das noch nicht einmal!“ Makani fragte sich erneut voller Unbehagen, ob Itachi Recht hatte und hier tatsächlich niemand außer Shusui wusste, dass sie selbst eine dieser ‚verfluchten Bastarde‘ war. Sie sah zu ihrem Teamkollegen neben ihr und traf dessen zutiefst beunruhigten Blick. „Ruhe!“ Makani zuckte zusammen und richtete ihren Blick wieder nach vorn. Fugaku hatte die Arme erneut erhoben und war dieses Mal sogar selbst aufgestanden, um die Aufmerksamkeit des Rates zurück zu gewinnen. Seine dröhnende Stimme und autoritäre Ausstrahlung verfehlten ihre Wirkung jedoch nicht. „Ich verstehe, dass ihr wütend seid! Und ihr habt allen Grund dazu. Die Dorfführung verweigert uns unser Recht. Über die Gründe können wir nur spekulieren, aber - “ „Ist doch klar!“, platzte Inabi plötzlich dazwischen, der neben Yakumi saß und noch schlimmer zugerichtet aussah als er. „Die machen doch seit Jahren Stimmung gegen uns. Die wollen uns loswerden, besonders dieser ...“ „ - aber“, wiederholte Fugaku und brachte Inabi mit einem einzigen kurzen Blick zum Schweigen. „Ich schwöre euch, dass wir das Ganze/die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen werden. Wenn Hiruzen und die Goikenban auf ihrem Standpunkt beharren und die Polizei keine Ermittlungen einleiten lassen, dann sehe ich mich gezwungen, von unserem Clanrecht Gebrauch zu machen und ein Dorfgericht einzuberufen.“ Bei diesen Worten sah Fugaku für einen Augenblick in eine ganz bestimmte Richtung und Makani lief es plötzlich kalt den Rücken herunter. Natürlich war auch der Dōjō an das Überwachungsnetz der ANBU angeschlossen und die Kamara mit integriertem Mikrofon musste sich, wenn sie sich richtig erinnerte, links neben der Eingangstür in einer präparierten Wandlaterne befinden – und genau dorthin hatte das Oberhaupt der Uchihas geschaut. Aber eigentlich sollte sie das nicht verwundern, dachte Makani gleich darauf. Schließlich hatten die Uchihas bereits zwei Agenten in die Einheit entsandt und zumindest einer von ihnen war, soweit sie wusste, immer noch aktiv. Das bedeutete also, dass sich Fugaku darüber im Klaren sein musste, dass die ANBU jedes Wort, das in diesem Raum gesprochen wurde, mithören konnte. War es möglich, dass er gerade so etwas wie eine Drohung ausgesprochen hatte? Zumindest auf die sichtbaren Zuhörer schien seine letzte Ankündigung Eindruck gemacht zu haben: das wütende Gemurmel war beinah völlig abgebt und alle sahen wieder gespannt zu ihrem Anführer. „Dennoch halte ich es noch für etwas zu früh, um einen derartig drastischen Schritt einzuleiten. Es sollte in jedem Fall das letzte Mittel der Wahl bleiben. Daher bitte ich darum, dass ihr euch noch etwas in Geduld übt. Aber ich versichere euch, ich werde in dieser Sache nicht nachlassen. Dem Uchiha-Clan schon wird viel zu lange nicht mehr der Respekt gezollt, der uns zusteht. Damit werde ich den Punkt für heute schließen. Möchte noch jemand von euch etwas Dringendes in diesem Rat besprechen? Falls nicht, möchte ich selbst einen Antrag stellen.“ Es blieb still im Dōjō. Auf einmal schien niemand mehr etwas zu der Angelegenheit sagen zu wollen. Seltsam, wenn man bedachte, wie extrem erhitzt die Gemüter noch keine Minute zuvor gewesen waren. Makani selbst hatte sich beinah von der Wut um sie herum mitreißen lassen. Die Ereignisse, von denen Yakumi berichtet hatte, klangen wirklich unerhört und ungerecht… und der Hinweis, dass die ANBU etwas damit zu tun haben könnte, wühlte sie kaum weniger auf, als ihre Clan-Genossen – wenngleich auf eine recht unterschiedliche Weise. Vielleicht hätte sie den geäußerten Verdacht als unbedachte Überreaktion abtun können, als Ergebnis des ungefilterten Zorns und der althergebrachten Abneigung gegenüber der Einheit, die sich bedauerlicher Weise/offenbar noch verstärkt zu haben schien. Aber es wollte der Kunoichi irgendwie nicht recht gelingen. Gegen ihren Willen musste sie an ein ganz bestimmtes ANBU-Mitglied denken, dem sie die eine oder andere fatale Überreaktion leider durchaus zutraute. Nichtsdestotrotz musste Fugaku etwas gesagt haben, das zumindest die übrigen Uchihas für den Moment beruhigt hatte. Die Wut in ihren Gesichtern war nun deutlich gemildert oder hatte bei einzelnen sogar so etwas wie grimmiger Genugtuung Platz gemacht. War es etwa die Ankündigung des Clan-Oberhauptes gewesen, ein Dorfgericht einzuberufen? Makani versuchte krampfhaft sich zu erinnern, worum es sich dabei handelte. „Gut“, ertönte schließlich wieder Fugakus Stimme, „dann bitte ich unsere Schwester Makani vorzutreten.“ In diesem Moment war die Kunoichi so in ihre Gedanken vertieft, dass sie erst ein paar Sekunden später realisierte, dass ihr Name gefallen war. Doch dann erwischte es sie eiskalt. Sie hatte bereits/schon heimlich gehofft, dass sie sich vielleicht ganz still und leise in den Rat integrieren könnte oder zumindest dass das Clan-Oberhaupt beschlossen hatte das Aufnahmezeremoniell angesichts der aktuellen Ereignisse zu verschieben. Obwohl Makanis Blick auf den Boden gerichtet war, spürte sie, wie zahlreiche irritierte Blicke vergeblich suchend über die Sitzreihen huschten bis sie sich schließlich erhob und einen entschlossenen Schritt in die Mitte des Raumes machte. Sie hob das Kinn, sah über die Köpfe der Ratsältesten hinweg zu dem Wandbehang mit dem Clanwappen und verbeugte sich so kerzengerade, dass sie schon befürchtete, man würde glauben, sie wolle das Ganze ins Lächerliche ziehen. „Makani, ich bin sehr glücklich, dass du heute gekommen bist.“ Kurz löste die Kunoichi ihren Blick von dem roten Fächer und sah zu Fugaku. Angesichts seiner steinernen Miene wäre sie nicht darauf gekommen, dass er glücklich war – aber das musste in dieser Familie ja nicht wirklich viel bedeuten. „Verehrte Brüder und Schwestern,“, wandte er sich wieder an alle „es ist wirklich bedauerlich, dass ich diese Versammlung mit so einem unangenehmen Punkt eröffnen musste. Umso mehr freue ich mich darüber, dass heute eine bereits verlorengeglaubte Clantochter zu uns zurück gefunden hat.“ Er ging ein paar Schritte auf Makani zu legte ihr seine schweren Hände auf die Schultern und drehte sie herum, sodass sie nun mit dem Rücken zu ihm stand und von jedem Winkel des Raumes bestmöglich zu sehen war. Als er weitersprach, ließ er die Hände dort liegen und Makani schien es, als wolle ihr Gewicht sie in die Knie zwingen. Verwirrt dachte sie, ob sie vielleicht tatsächlich niederknien sollte. Was sah das Protokoll dieser Zeremonie für sie vor? Sie wusste es nicht, aber sie blieb stehen, stoisch, mit angespannten Schultern und fast schmerzhaft durchgedrückten Beinen. „Makani ist die Ziehtochter unserer verehrten Schwester Akane und lebt heute unter der Obhut unseres verehrten Bruders Tekka. Sie ist sechzehn Jahre und sieben Monate alt und hat bereits vor über zwei Jahren den Rang einer Chunin erworben. Ihre Vorzüge und Fähigkeiten als Ninja sind außergewöhnlich und uns natürlich schon lang bekannt, auch wenn wir ihr beträchtliches Talent in den letzten Jahren kaum entsprechend gewürdigt haben. Doch wie ich jüngst erfahren habe, sind nun andere auf unsere außerordentliche Schwester aufmerksam geworden, denn sie wurde unlängst sogar für die Liste der Jonin-Anwärter vorgeschlagen.“ Makani glaubte kurz sich verhört zu haben. Davon hatte sie überhaupt nichts gewusst. „Heute will ich nun den längst überfälligen Schritt machen und Uchiha Maknai in diesen hoch verehrlichen Rat einführen. Möchte noch jemand etwas sagen, bevor wir über ihre Aufnahme abstimmen?“ Eine Stille bereitete sich im Raum aus, die Makani den Schweiß auf die Stirn trieb. Sie versuchte die Emotionen in den Gesichtern der Uchihas zu erfassen, ohne dabei jemandes Blick zu begegnen. Sie glaubte, Irritation und Skepsis daraus zu lesen… oder war es sogar Missbilligung? Was zum Oni mache ich hier? Fugakus Rede halte in ihrem Kopf wider. Ihr war zwar bewusst, dass so etwas nun einmal zum guten Ton gehörte. Nicht nur in diesem Clan lobten sich Ninja gegenseitig gerne mit pathetischen Phrasen. Doch nun, da diese ihr selbst galten, klangen die preisenden Worte nicht mehr nur leicht übertrieben, sondern beinah wie Hohn. Seltsam, dass niemand lachte… Auf einmal blieb ihr Blick bei einer älteren Kunoichi mit einem auffallend großen Haarknoten hängen. Denn die Miene der Frau – Makani glaubte sich dunkel zu erinnern, dass sie Izanami hieß – drückte eindeutig mehr als Skepsis aus. Tatsächlich sah sie ernsthaft empört aus und als sei sie kurz davor, dies allen Anwesenden kundzutun. Und tatsächlich – als Fugaku Anstalten machte, fortzufahren, platze es aus ihr heraus: „Also versteht mich bitte nicht falsch, aber es leuchtet mir nicht ganz ein, warum Akanes Mündel jetzt auf einmal in unseren Kreis aufgenommen werden will.“ Sie rümpfte die Nase. „Ich meine, ich habe das Mädchen in den letzten Jahren kaum ein halbes Dutzend mal im Viertel gesehen. Nennt mich altmodisch, aber zu meiner Zeit haben wir uns Monate auf die Aufnahme in den Rat vorbereitet. Wir haben vorher allen Mitgliedern unsere Aufwartung gemacht und uns im Clan nützlich gemacht… Ich weiß, die Zeiten mögen sich geändert haben - „ Makani bildete sich ein, dass sie bei diesen Worten kurz zu Izumi schielte. „ - aber ich finde es bedenklich, wenn wir die Mitgliedschaft im Rat des bedeutendsten Clan Konohas immer mehr der Beliebigkeit preisgeben. Und davon einmal abgesehen… zumindest von Akane kann sie wohl kaum ein angemessenes Maß an Respekt mitbekommen haben...“ Nein, keine Sorge, dachte Makani, ich fürchte, ich habe dich ganz richtig verstanden. Für einen Moment vergaß sie Nervosität und Übelkeit, denn der blanke Zorn brannte sich weißglühend in ihren Magen. Tausend Erwiderungen schossen ihr durch den Kopf, ein paar schlagfertig, die meisten wahr und allesamt in höchstem Maß undiplomatisch. „Verehrte Schwester“, setzte sie schließlich an und war sich ziemlich sicher, dass die Ironie in ihrer Stimme eine Schleimspur oder so etwas hinterlassen würde, „ich bedauere deine Bedenken und auch, dass ich mich, wie du sagst, in den letzten Jahren so selten im Clan habe blicken lassen. Leider weiß ich tatsächlich nicht, wie es zu deiner Zeit war, aber mein Arbeitsalltag als Chunin lässt mir bedauerlicherweise kaum Zeit, mich anderweitig zu engagieren: Training, Missionen, die Ausbildung an der Akademie und nun noch die Vorbereitung auf den Rang einer Jonin… Ich gebe zu, manchmal wächst mir das alles etwas über den Kopf. Aber solltest du in nächster Zeit Hilfe bei deinen Einkäufen oder im Garten benötigen, wäre ich glücklich, mich nützlich zu machen. Und noch eines möchte ich euch sagen: Meine Mutter war eine bewundernswerte Jonin und eine wunderbare Mentorin, die auf noch viel mehr Menschen außer mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Dennoch hoffe ich, dass hier heute über meine Aufnahme entschieden wird und nicht über die von Akanes Mündel.“ Es war im Zwielicht zwar schwer zu erkennen, aber Makani glaubte, dass sie die Frau mit der überdimensionierten Frisur und mit ihr die meisten anderen Uchihas schockiert anstarrten. Gut, das war‘s dann also, dachte sie. So formvollendet hat das sicherlich noch niemand versaut. Sie war hin und her gerissen zwischen Scham und Stolz über ihre eigene Rede. Für eine Spionin wäre sie natürlich einer Bankrotterklärung gleichgekommen, aber vielleicht waren sie zumindest ein gutes Investment in die Zukunft, sollte sie sich jemals so etwas wie Selbstachtung leisten wollen. „Ja, ist wohl wirklich schwierig, sich vorzustellen, wie anstrengend das Leben einer Kunoichi heutzutage sein kann, wenn man selbst quasi direkt nach der Chininprüfung aus dem aktivem Dienst ausgeschieden und seitdem kaum ein Dutzend mal aus dem Viertel rausgekommen ist.“ Makanis Blick schnellte zu Tekka, der zwar nicht in der Reihe der Ältesten, aber gleich im nächsten Rang darunter saß. Ihr Cousin funkelte Izanami, die ihrerseits recht nah am unteren Ende saß, quer durch den Raum an. Aus unterschiedlichen Richtungen vernahm Makani Geräusche, die wie leidlich unterdrücktes Kichern klangen. Tekkas und ihre Vorrednerin war nun ganz ohne Zweifel blass geworden und Makani sah es mit weit mehr Genugtuung, als sie zugeben mochte. Gleichzeitig hüpfte hier Herz vor Erstaunen. Sie hätte niemals mit einem derartigen Rückhalt vonseiten Tekkas gerechnet, geschweige denn, dass er zu solch einem beißenden Sarkasmus fähig war. „Danke für eure aufschlussreichen Beiträge“, schaltete sich schließlich wieder Fugaku ein. Makani konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er diese Worte ernst meinte. „Dann stelle ich jetzt den Antrag, Uchiha Makani in unseren hochverehrlichen Rat aufzunehmen. Wer ist dafür?“ Tekka hob die Hand. Aus den Augenwinkeln nahm Makani wahr, dass Shsui und Izumi es ihm gleichtaten und mit ihnen noch einige andere. „Wer ist dagegen?“ Als sich abermals Hände über die schwarzen Schöpfe der Uchihas erhoben, ließ Makani lautlos die angehaltene Luft entweichen … es waren weniger. Sie wusste nicht recht, ob sie erleichtert war oder sich sogar ein klein wenig freute. Immerhin war es nun überstanden – das glaubte sie zumindest in diesem Moment. Später in dieser Nacht würde sie denken, dass sie es hätte besser wissen müssen… Fugaku sagte noch ein paar weitere gewichtige hohle Worte, nahm endlich seine Hände von Makanis Schultern und überreichte ihr einen rot-weißen Seidenfächer. Dann wurde sie schließlich aus der Loge entlassen und sie ließ sich – wieder ganz Zurückhaltung – auf ihren Platz neben Shisui uns Izumi nieder. Sie fühlte sich eigenartig leer und das schummrige Gefühl im Kopf setze wieder ein, denn die Luftqualität im Dōjō hatte sich in der Zwischenzeit nicht verbessert. Doch leider schien das Clan-Oberhaupt immer noch nicht mit seiner Agenda fertig zu sein, obwohl auch das Interesse seines übrigen Publikums mittlerweile abgeflaut zu sein schien. „Nun da unser Rat ein neues jüngstes Mitglied gewonnen hat, wird es umso dringender, dass wir auch anderen nicht mehr ganz so jungen Mitgliedern die Positionen, die ihnen gemäß ihrer Verdienste zustehen, nicht länger vorenthalten.“ Etwas träge versuchte Makani Fugakus nächster Ankündigung zu folgen, mit leidlichem Erfolg. Doch sie spürte, dass die Anspannung im sie herum wieder zunahm. „Shisui, tritt vor!“ Überrascht sah sie zu ihrem Team-Kollegen hinüber, der vor Schreck erstarrt zu sein schien. Erst nach einigen Sekunden stand er auf und ging quälend langsam auf die Sitzreihe der Clanältesten zu, bis er schließlich an der selben Stelle in der Raummitte angekommen war, an der sie noch vor wenigen Minuten selbst gestanden hatte. Er war kreidebleich. Verwirrt wandte sich Makani nun Izumi zu und sah, dass die junge Kunoichi vor Entsetzen die Hände vor den Mund geschlagen hatte. Was war hier los? „Verehrter Bruder Schisui, wir Ältesten haben uns beraten und sind zu dem Schluss gelangt, dass wir es nicht länger vertreten können, einen Platz in unserer Mitte verwaist zu lassen, während ein herausragender junger Shinobi wie du immer noch unter den Novizen weilt.“ Daraufhin setzte Fugaku zu einer ähnlichen Lobrede auf ihren Kameraden an, wie er sie zuvor an Makani gerichtet gehalten hatte, wobei es dieses Mal umso grotesker wirkte, da Shisui währenddessen so aussah, als würde ihm jedes schmeichelnde Wort einen Messerstich versetzen. Makani fühlte, wie Izumi neben ihr am ganzen Körper bebte und, als das Clan-Oberhaupt schließlich geendet hatte und auf den leeren Platz neben sich wies, entfuhr ihr ein leises Wimmern. In diesem Moment fuhr Makani selbst wie in Zeitlupe der Schreck in die Glieder, als sie endlich begriff: Fugaku hatte soeben einen neuen Nachfolger gewählt und im gleichen Atemzug seinen eigenen Sohn verstoßen… Es war grabesstill im Dōjō. Alle Uchihas schienen gleichzeitig den Atem anzuhalten. Makani konnte es nicht verhindern: Ihr nervöser Blick huschte immer wieder zur Wandlaterne. Schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Shisui wie festgefroren vor dem Clanoberhaupt gestanden hatte, setzte er sich in Bewegung, um seinen neu zugewiesenen Platz einzunehmen. Doch Fugaku hielt ihn unerwartet zurück: „Warte noch einen Augenblick.“ Dann wandte er sich wieder an alle: „In einer Sache muss ich unserer Schwester Izanami recht geben. Auch ich bin der Ansicht, dass wir einige unserer Traditionen in den letzten Jahren schleifen gelassen haben. Es ist zwar ganz natürlich, dass sich Zeiten und Gepflogenheiten ändern und dem einen oder anderen Brauch muss man vielleicht wirklich nicht nachtrauern – Hier geht es allerdings um eine Sache, die den innersten Kern unserer Gemeinschaft betrifft: Shisui, da dir heute eine Position übertragen wurde, die den Fortbestand unseres Clans sichern soll, liegt es nun ebenso in deiner Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, diesen Fortbestand auch für die Generation nach dir zu sichern. Es ist durchaus noch nicht lange her, da wurden solche Dinge allein durch diesen Rat entschieden. Aber ich bin mir bewusst, wie unzeitgemäß dies heute erscheinen würde… Daher möchte ich, dass du, Shisui, und unser neues Mitglied dies zwar nicht als Anordnung, aber dennoch als ausdrückliche Empfehlung versteht.“ Der Raum um Makani begann sich zu drehen. Fugakus Worte drangen nur zeitverzögert zu ihrem Gehirn vor. Warum bin ich nur hergekommen? „Shisui und Makani, ihr sollt wissen, dass wir eine eheliche Verbindung zwischen unseren vielversprechendsten Nachwuchsninja überaus begrüßen würden. Ich weiß, dass dies sehr überraschend für euch sein muss und wir erwarten an dieser Stelle auch noch keine Antwort. Dennoch möchte ich euch schon jetzt mitteilen, dass das Haus Mokuren als euer gemeinsames Heim vorgesehen ist, solltet ihr unserer Empfehlung nachkommen. Ihr seid hiermit herzlich eingeladen, wann immer ihr möchtet, dort einzuziehen.“     * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)