Beauty and the Mermaid von CharleyQueens ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Belle wusste nicht, was genau sie dazu brachte, die junge Frau, die mitten auf dem Weg stand und verträumt in die Wolken starrte, anzusprechen. Sie war unterwegs zum Krankenhaus gewesen, hatte die Abkürzung durch den Stadtpark genommen und dort, nahe des Ententeiches, hatte sie auf einmal gestanden. Ihr rubinrotes Haar zu einem unordentlichen Dutt gesteckt, hatte sie ihren Kopf tief in den Nacken gelegt und scherte sich nicht um die vorbeigehenden Passanten, die ihr missbilligend hinterher blickten. Doch irgendetwas an ihr richtete Belles Aufmerksamkeit auf sie. Und noch ehe sie sich versehen konnte, war sie zu ihr gegangen. "Ist es nicht ein wunderschöner Tag heute?", fragte sie freundlich. Die junge Frau senkte langsam ihren Kopf und drehte sich dann um. Blaue Augen blickten ihr neugierig entgegen. Belle trat verwundert zurück. Diese Augen waren so ruhig und aus irgendeinem Grund erinnerten sie Belle an das Meer. An einen warmen Sommertag auf hoher See. Die Wellen plätscherten seelenruhig vor sich hin und nichts konnte diese idyllische Ruhe stören. Dann lächelte die fremde Frau erfreut und zog sie ohne Warnung in eine Umarmung. Starke Arme, die sich um sie klammerten und sie drückten, sodass Belle für einen Moment nicht wusste, wo oben und unten war. Denn dieses Gefühl kam ihr so vertraut vor. Sie hatte diese Wärme schon einmal gespürt. "Lass sie in Ruhe!“ Ihr Kopf brummte vor Schmerzen und sie konnte ihre Augen nur zum Teil öffnen. Verschwommen sah sie, wie sich jemand zwischen sie und das Biest stellte. Merkwürdig. Sie hatte doch alle Menschen in dieser Bibliothek nach draußen geschickt, ehe sie sich in den Westflügel begab. Wer war das also? Das Biest brüllte und dem Krach nach zu urteilen, der kurz darauf folgte, hatte es erneut ein Bücherregal umgeschmissen. "Schnell... Lauf weg!", rief sie der fremden Person zu und versuchte aufzustehen. Ihre Beine schmerzten wahnsinnig. Wahrscheinlich gebrochen. Wenn sie doch nur auf Herkules gehört hätte... Nein! Sie wollte ihm beweisen, dass sie sehr wohl dazu in der Lage war mit diesen Monstern klarzukommen. Sie brauchte seine Hilfe nicht. "Wie kannst du diese Bücher nur zerstören? Hast du eine Ahnung, wie viel Wissen du gerade vernichtest?" Die junge Frau schnappte sich ein Holzbein von einem der Tische, die das Biest zerstört hatte, und warf dieses nach dem Monster. "Adam, bitte! Hör auf damit!" Das Biest hatte also einen Namen? Es dauerte einige Sekunden, ehe sie eins und zwei zusammen zählen konnte. Das Biest dort war ein Mensch. Oder genau gesagt, ein Secundus. Und seine Gene hatten sich anscheinend jetzt weiterentwickelt. Was ein wirklich toller Zeitpunkt war, dachte sie sarkastisch und versuchte weiterhin sich an der Säule hochzuziehen. Sie musste stehen, wenn sie ihre Kräfte vollständig einsetzen wollte. Wütend drehte sich das Biest um und kam auf sie zugeeilt. Nur noch ein Stück, nur noch ein Stück... "Halt dir die Ohren so fest wie möglich zu!", rief sie der Fremden zu, als sie es endlich geschafft hatte sich einigermaßen aufzurichten. Ihre Beine schmerzten höllisch, doch sie ignorierte den Pein. "Vertrau mir einfach!" Für einige Sekunden blickte sie sie verwundert an und hob dann ihre Hände um sie gegen ihre Ohren zu pressen. Das Biest hatte sie fast erreicht. Entschlossen atmete sie tief ein und fing dann an zu singen. Sie sang in einer Tonlage, der jedes Glas im Umkreis zersplittern ließ, doch vor allem würde ihr Gesang dem Biest Kopfschmerzen bereiten und es so ausschalten. Wenn sie nur noch ein bisschen länger weiter schrie, dann würde es ohnmächtig werden. "Siren! Siren, hör auf!" "Arielle! Arielle, wo bist du?" Die Stimme riss Belle aus ihren Gedanken zurück in die Realität und sie schob die junge Frau von sich, die sie erschrocken anblickte. "Du kannst doch nicht einfach wildfremde Menschen umarmen!", erklärte Belle ihr vorwurfsvoll. Doch anstatt etwas zu sagen, zeichnete die junge Frau mit ihren Händen in der Luft. Belle blickte sie verwundert an, ehe ihr klar wurde, dass es sich dabei um Gebärdensprache handeln musste. Die junge Frau vor ihr war stumm. "Tut mir Leid, aber ich verstehe leider nicht, was du sagst", erklärte Belle entschuldigend. Die junge Frau blickte sie enttäuscht an. "Arielle!" Jemand kam auf die beiden zugerannt. Ein junger Mann, schlaksig und hochgewachsen, mit karottenrotem Haar. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht einfach weglaufen!" Arielle. Was für ein wunderschöner Name, dachte Belle erstaunt. Arielle drehte sich zu dem jungen Mann um. Von der Art, wie sie hektisch ihre Arme bewegte und ihrem finsteren Gesichtsausdruck konnte Belle verstehen, dass sie nicht gerade glücklich war... diese Person zu sehen. Ob er ihr wehtat? Er sah zwar nicht gerade so aus, als wäre er kräftig genug um einer Fliege die Flügel ausreißen, aber der erste Schein konnte manchmal trügen. "Was genau wollen Sie von ihr?" Belle trat zwischen die beiden und der junge Mann blickte sie überrascht an. "Du!", rief er erstaunt aus. "Ich?" Er seufzte und schüttelte dann seinen Kopf. "Tut mir Leid. Du hast uns an jemanden erinnert, den wir mal gekannt haben." "Oh. Das tut mir Leid", meinte Belle aufrichtig, als Arielle auf einmal nach ihrer Hand griff und diese sanft drückte. "Hat sie mich deshalb umarmt?, wollte sie wissen. Der junge Mann nickte zögernd. "Ihr Verlust ist für meine Cousine am schwersten gewesen. Sie haben sich sehr nahe gestanden." "Oh. Das tut mir Leid", meinte Belle aufrichtig und erwiderte Arielles Händedruck. "Ich hab selbst einen Menschen verloren, der mir wichtig gewesen ist." "Das... tut uns Leid", erwiderte der junge Mann. Belle zuckte mit ihren Schultern. "Ich war noch ein kleines Kind und kann mich kaum an meine Mutter erinnern", meinte Belle abwinkend. "Ich bin drüber hinweg." "Nun, jedenfalls... Ich bin froh, dass du auf meine Cousine aufgepasst hast. Wir waren spazieren und als ich mal zwei Minuten nicht aufgepasst hab, da ist sie..." Er verstummte und blickte irritiert an Belle vorbei. "Ich weiß, dass du alt genug bist und auf dich aufpassen kannst", sprach er zu Arielle und so drehte sich Belle zur Seite, um einen besseren Blick auf sie zu haben. "Aber die Stadt ist Chaos. Dir kann so schnell etwas passieren und... Ich kann nicht immer auf dich aufpassen." "Vielleicht wird es Zeit, dass sie lernt auf ihren eigenen Füßen zu stehen!", mischte Belle sich ein. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn ein Mann eine Frau beschützen wollte, weil sie ja als Frau schwach und hilflos war. "Ich..." Er seufzte und fuhr sich dann mit einer Hand durch seine Haare. "Arielle ist das erste Mal in der Stadt. Sie kommt vom Land, sie ist einfach nicht vertraut mit den Gepflogenheiten hier. Und sie ist eine Tagträumerin. Wenn sie einmal mitten auf der Straße stehen bleibt, nur um in die Wolken zu gucken, dann..." "Du solltest trotzdem etwas mehr Vertrauen in sie haben. Trotz ihres Defizits. Gib ihr Papier und Stift, dann wird sie sich auch so verständigen können. Selbst mit Menschen, die die Gebärdensprache nicht beherrschen." Dankbar blickte Arielle sie an. Ihre Augen strahlten Belle an und sie zeichnete wieder mit ihren Händen in der Luft. "Was sagt sie?", fragte Belle. "Dass du Recht hast. Und dass ich ein Idiot bin, der sie nicht wie ein kleines Kind behandeln soll",übersetzte er für sie. "Oh, und das sowas doch schon einmal vorgefallen ist und ich wissen müsste, dass ich gegen zwei Frauen keine Chance habe... Okay, ich geb mich ja schon geschlagen. Nur seit dem Unfall bin ich einfach etwas übervorsichtig." Enttäuscht und vorwurfsvoll blickte Arielle ihn an. Und auch wenn Belle die Gebärdensprache nicht beherrschte, so konnte sie sich doch denken, was Arielle ihrem Cousin nun sagte. Ihre Augen funkelten gefährlich. Und wieder einmal erinnerten sie Belle an das Meer. Wenn sie genau hinsah, dann konnte sie die Wellen sehen, die an den Felsen brachen. Pure Macht, die nur kurz demonstrierte, zu was sie fähig war. Sie schüttelte angestrengt ihren Kopf um die Gedanken zu vertreiben. Augen konnten nicht wie das Meer sein. Wahrscheinlich war es nur eine Lichtspiegelung gewesen, denn als Belle ihr nun wieder in die Augen blickte, waren diese wieder ganz normal. Die Kirchenglocken schlugen und überrascht blickte Belle auf ihre Uhr. Sie hatte die Zeit ganz vergessen. "Ich, es tut mir Leid, aber ich muss los", meinte sie zu den beiden. Arielle blickte sie niedergeschlagen an. "Sie fragt, ob sie dich wiedersehen kann", übersetzte ihr Cousin. "Ja, klar. Habt ihr ein Handy dabei?" Arielle drückte ihr ihres in die Hand und Belle tippte ihre Nummer ein, ehe sie es ihr wieder gab und Arielle sie dann kurz anklingelte, damit auch sie ihre Nummer hatte. "Wir schreiben, okay?" Sie umarmte Arielle spontan und diese erwiderte ihre Umarmung freudig. Belle konnte es sich nicht erklären, aber dieses Gefühl der Wärme, dass sie in Arielles Nähe empfand, kam ihr einfach so merkwürdig vertraut vor. "Mach's gut", verabschiedete sie sich schließlich noch von Arielles Cousin. "Mach's gut, Vollidiot!" Mit einem lauten Knall fiel die Wohnungstür wieder zu und er konnte hören, wie Arielle die Treppen hinunter eilte und dann unten ebenfalls die Haustür zuknallte. Entnervt ließ er sich in seinen Sessel fallen. Er hatte nicht vorgehabt sich mit ihr zu streiten. Aber Arielle war so temperamentvoll und so leicht zu reizen. Sie verstand einfach nicht, dass es gefährlich war, wenn sie dort draußen auf Verbrecherjagd ging. Er hatte ihrem Vater versprochen, sie zu beschützen und auf sie aufzupassen. Und darin hatte er ganz groß versagt. Es war eine leichte Aufgabe ein ganzes Gebäude am Einstürzen zu hindern, aber auf seine kleine Cousine aufzupassen? Unmöglich, wenn man Herkules fragte. Aber er musste sie finden. Er hatte keine andere Wahl, denn wenn er sich nicht beeilte, wer wusste, was dann passieren würde. Die Menschen hier waren nicht so wie die Olympianer und Atlantikaner. Sie würden Arielles Stimme nicht aushalten. Entschlossen schnappte er sich seine Wohnungsschlüssel und verließ dann seine Wohnung, nur um ein Stockwerk tiefer mit der Witwe Tremaine zusammenzustoßen. Eine alte, hochnäsige Frau, die leider auch seine Vermieterin war. "Ein ziemlicher Krach vorhin, nicht wahr?" Miss Tremaine blickte ihn ermahnend an und Herkules schluckte. Innerlich korrigierte er seine Aussage von vorhin. Auf seine Cousine aufpassen und sich mit Tremaine anzulegen, waren zwei unmögliche Dinge. "Es tut mir wirklich Leid, Ma'am. Aber sie wissen doch, wie Teenager sind", entschuldigte er sich. "Wenn ich auch nur einen winzig kleinen Schaden entdecke, dann setze ich Sie vor die Tür", drohte Tremaine ihm. Ihre Stimme war eisig und er trat aus Reflex einen Schritt zurück, ehe er sich wieder fasste. "Wenn irgendwelche Schäden entstanden sind, dann werde ich es selbstverständlich reparieren, werte Dame", versprach er ihr und machte sich in Gedanken eine Notiz, später die Türen zu untersuchen und dann gegebenenfalls bei Meister Gepetto anzurufen. Der Tischler und Secundus hatte ein Talent dafür wirklich alles reparieren zu können. Er zwängte sich durch die Tür und traf dann im Vorgarten auf Tremaines Stieftochter Cinderella, die in einen innigen Kuss mit ihrer Freundin Tiana versunken war. Er räusperte sich kurz, denn so süß die beiden auch waren, sie versperrten leider den Weg und durch das Blumenbeet, welches den Weg zu beiden Seiten schmückte, wollte er nicht laufen, denn das Betreten war strengstens untersagt. Außerdem war die Gärtnerin mit den goldblonden Haaren und der zarten Stimme so eine nette junge Frau, da wollte er ihre Arbeit nicht zunichte machen. "Oh, entschuldige bitte, Herc", meinte Cinderella, als sie ihn entdeckt hatte. "Wir wollten nicht..." "Ihr solltet vorsichtig sein", unterbrach er sie und deutete zum Hauseingang. "Tremaine könnte euch sonst noch erwischen!" "Danke dir. Wir sind das nächste Mal vorsichtiger", versicherte Tiana und drückte die Hand ihrer Freundin. Er winkte ihnen noch kurz zum Abschied und eilte dann in Richtung Innenstadt. Das dort ein Secundus Unheil anrichtete, war statistisch gesehen am wahrscheinlichsten. Und er wusste auch schon wen er um Hilfe bitten konnte. Aladdins Nachricht kam augenblicklich und nachdem er diese gelesen hatte, eilte Herkules in Richtung der Stadtbibliothek, denn dort war bei einem Menschen das Secundus ausgebrochen und hatte ihn in ein tosendes Biest verwandelt. Und mit etwas Glück war Arielle auch dort. Als er ankam, hatte sich schon eine Menschenmenge um die Bibliothek gebildet. Schaulustige, die mit ihren Handys filmten, aber auch die Polizei hatte das Gebäude umstellt. Er riss sich im Laufen sein Shirt vom Leib, während seine Körpermasse wuchs, sich Muskeln bildeten und ihm auch die restliche Kleidung zerriss. Würde er nicht sein Superheldenkostüm darunter tragen, würde er nun nackt auf dem Platz stehen. Ein Schrei ertönte und um ihn fielen die Passanten in Ohnmacht. Die Fensterscheiben zersprangen zu tausend Scherben. Herkules blickte sich um. Wenn er Arielle nicht aufhielt, dann würde sie bei den Menschen noch größeren Schaden anrichten. Er schickte ein Stoßgebet zu seinem Vater, dass dort oben niemand anderes mehr war und eilte dann ins Innere der Bibliothek. "Siren! Siren, hör auf!" Sie verstummte und blickte ihn wütend an. "Was soll das, Herakles? Ich hab dir doch gesagt, dass ich das alleine regeln kann. Ich hab den Secundus unschädlich gemacht." "Zu welchem Preis?" Er deutete auf das bewusstlose Mädchen zwischen ihnen. "Was? Aber, aber ich hab doch..." Arielle stürzte nach vorne und drehte das Mädchen um. Blut tropfte aus ihren Ohren und Nasenlöchern und erschrocken stolperte Arielle zurück. "Das... Das wollte ich nicht, das wollte ich nicht... Oh, Zeus, was hab ich... Was hab ich nur getan... das war nicht meine Absicht... ich hab doch nur... Ich wollte doch nur... Ich hab... Oh Zeus, bitte mach, dass sie nicht... sie darf nicht, sie darf nicht, sie darf nicht... Sie wollte mich retten, sie darf nicht... Sie..." "Hey, Adam. Tut mir Leid, dass ich so spät bin." Sie schloss die Tür hinter sich und trat dann an das einzelne Bett, das im Zimmer stand. Adam hatte ihr den Rücken zugewandt und blickte zum Fenster. Ein Rosenstrauß stand auf der Fensterbank. Ein Geschenk von Philip. "Ich hab jemanden kennen gelernt", erzählte sie. "Sie ist ein wirklich interessanter Mensch. Aber weißt du... Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich sie schon einmal getroffen habe..." Belle blickte nachdenklich auf den Hinterkopf ihres besten Freundes. Sie konnte es sich einfach nicht erklären. Diese Augen, die sie so sehr an das Meer erinnerten. Aber sie würde so einen Blick niemals vergessen können. Natürlich war da immer noch die Möglichkeit, dass Arielle die Person war, die Belle damals in der Bibliothek getroffen hatte. Ihre Erinnerungen an diesen Tag waren voller Lücken und sie konnte sich immer noch nicht alles erklären, was damals alles passiert war. Sie fuhr sich durch ihr Haar und blickte dann durch das Zimmer. Trotz der Tatsache, dass Adam ein Secundus war, hatte er ein Einzelzimmer bekommen. Aber da seine Familie zu den reichsten und einflussreichsten Leuten der Stadt gehörte, war es nicht zu verdenken. Sein Vater hatte nach dem Ereignis seinen ganzen Einfluss spielen lassen, damit in keinem Artikel der Name seines Sohnes erwähnt wurde. Er zahlte Geld an jeden, der die Sache gefilmt hatte und ließ gegen diejenigen, die sich weigerten eine einstweilige Verfügung ausstellen, die sie dazu zwang das Video zu löschen. Offiziell ging Adam aufs College in Europa, wo er seinen Master machen sollte. Inoffiziell lag Adam jedoch hier im Krankenhaus, wo die Ärzte sein Secundus untersuchten und nach einem Weg forschten seine menschliche Gestalt wieder herzustellen. Nur wenige Ärzte wussten, wer dieses Biest eigentlich war. Belle war einer der wenigen Menschen, die Adam hier besuchen durfte. Sie war froh darüber, dass sie ihrem Kommilitonen und bestem Freund in dieser Zeit beistehen konnte, allerdings hatte sie nicht wirklich das Gefühl, dass Adam ihre Hilfe überhaupt wollte. "Wie laufen die Untersuchungen?", fragte sie zögernd. "Irgendwelche Ergebnisse?" Keine Reaktion. "Adam, bitte... du solltest dich nicht so aufgeben. Wenn du nur etwas Vertrauen hast..." "Vertrauen, worauf?" Adam blickte sie wütend über seine Schulter an. Sein Kopf erinnerte an den eines Büffels, dem an den Schläfen Hörner wuchsen, seine Stoßzähne sahen aus wie die eines Ebers und eine wilde Löwenmähne umrahmte sein Gesicht. Er sah sie wütend und verletzt an. "Sag schon, Belle. Worin soll ich Vertrauen haben? Dass alles wieder gut wird? Dass ich wieder normal werde? Die Ärzte haben schon längst die Hoffnung aufgegeben, dass sie mich wieder hinkriegen. Sie suchen nur weiter, weil mein Vater ihnen Geld verspricht." Tränen benetzten seine Augen und besorgt streckte Belle eine Hand nach ihm aus, die er jedoch wegschlug. "Ich bin ein Monster, Belle. Mein Secundus hat mich in ein Monster verwandelt. Das ist es, was ich nun bin!" Sein Gesicht war von Schmerz erfüllt und Belle wünschte, sie konnte etwas für ihn tun. Aber Adam hatte Recht. Nicht jeder bekam mega coole Superkräfte, die einem das Leben erleichterten. Niemand wusste genau, wie sich das Secundus gebildet hatte und welche Faktoren dazu beitrugen, dass es sich bei einigen Menschen entwickelte. Die Wissenschaft hatte dieses besondere Gen erst vor einigen Jahren entdeckt. Man nannte es Secundus, also Zweites Gen, denn 'es war so versteckt gewesen, dass man es erst auf den zweiten Blick wirklich entdecken konnte', so hatte es damals in den Fachzeitschriften scherzhaft gehießen. Und in Ermangelung eines besseren Namen hatte man irgendwann angefangen diejenigen, deren Secundus-Gen sich ausgeprägt hatte, ebenfalls 'Secundi' zu nennen. "Du bist kein Monster, Adam!", entgegnete Belle wütend. "Es sind deine Entscheidungen und Taten, die dich zu einem Monster machen und nicht dein Aussehen. Mag sein, dass dein Secundus nicht so toll ist wie das von anderen, aber du bist nicht der Einzige, der damit leben muss. Und es gibt genug andere Menschen, deren Äußeres sich deswegen geändert hat und die auch nicht aufgeben. Und nur weil du wie ein Monster aussiehst, musst du nicht auch wie eines handeln." "Aber die Menschen werden denken, dass ich eines bin, Belle. Sie werden mir misstrauen, ihre Kinder vor mir verstecken und mich mit Mistgabeln und Feuer attackieren, so wie sie es immer tun, wenn sie sich vor etwas fürchten", entgegnete er mit lauter und erzürnter Stimme. "Du bist... Du bist so ein Idiot!", schimpfte Belle verärgert. "Nicht jeder Mensch würde dich als Monster sehen. Aber du willst das ja nicht wahr haben." "Wer, Belle? Wer würde mich so schon lieben wollen? Wer könnte ein Biest lieben?" Sie schüttelte den Kopf und deutete dann zur Fensterbank hin. "Ich bin fast jeden Tag hier und rede mit dir, auch wenn du mich nur ignorierst. Und außerdem, was ist mit den Rosen, die dir Philip jede Woche schenkt, obwohl du ihm gesagt hast, dass du ihn nie wieder sehen willst? Er ruft mich jeden Tag an, weil er wissen will, wie es dir geht und ob du nach ihm gefragt hast. Ihm ist es egal, wie du aussiehst. Er liebt dich trotzdem, Adam." Wütend blickte sie den fassungslosen Adam an, dann hob sie ihre Tasche auf. "Es ist wahrscheinlich das Beste, wenn ich gehe." Nachdenklich blickte Arielle auf das Smartphone im ihren Händen. Sie hatte den Kontakt Belle aufgerufen und starrte nun auf die Nummer, die Belle dort eingetragen hatte. "Arielle?" Aus dem Augenwinkel beobachtete sie wie ihr Cousin einen Stuhl neben sie stellte und sich dann neben sie setzte. "Ich weiß du fragst dich, ob du ihr schreiben sollst, Arielle", meinte er nach einer Weile. Sie nickte zögernd und blickte Herkules dann besorgt an. "Arielle, nachdem was vorgefallen ist, denkst du, es wäre eine gute Idee mit ihr Kontakt aufzunehmen? Was, wenn sie sich eines Tages wieder erinnert?" Sie wusste, dass Herkules nur das Beste für sie wollte. Doch andererseits war es vielleicht Schicksal, dass sie Belle heute wieder gesehen hatte. Ausgerechnet sie hatte sie im Park angesprochen. Auch wenn sie sich nicht an damals erinnern konnte. Was, wenn sie sich eines Tages wieder erinnert? Bestimmt würde sie Arielle dann hassen. Und allein der Gedanke daran schmerzte unerträglich. Arielles Finger schwebte über der Nachrichten-Taste. Vielleicht sollte sie sie anschreiben und sie zum Tee einladen. Ob Belle Tee trank? Vielleicht war sie auch eher der Kaffee-Typ, auch wenn Arielle nie verstehen würde, was Menschen an diesem bitteren Getränk so lecker fanden. Sie selbst konnte es nur mit einer dreifachen Menge an Milch und Zucker runterkriegen. Es gab so vieles, was sie über Belle wissen wollte. "Eine Sache solltest du dich fragen, Arielle", erwähnte Herkules und sie blickte ihn irritiert an, denn seinem Tonfall zu urteilen würde das, was er nun sagte, ihr nicht wirklich gefallen. "Was willst du von ihr? Wenn es dir nur darum geht, dass du dich besser fühlst, dann solltest du ihr nicht schreiben." Nein! Sie wollte Belle kennen lernen, weil sie sie interessant fand. Arielle fand es bewundernswert, dass sich Belle damals so mutig diesem Biest gestellt hatte. Es war ihr egal, dass Belle sie hassen könnte, wenn sie die Wahrheit herausfand. "Nein. Das wäre dir nicht egal!", widersprach Herkules ihr. Arielle wusste, dass er Recht hatte. Sie wollte nicht, dass Belle sie hasste. Aber es war ihre Schuld gewesen. Sie hatte Belle verletzt, nur weil sie nicht daran gedacht hatte, dass ein normaler Mensch ihre Fähigkeiten nicht aushalten würde. Es war ein Wunder, dass Belle überhaupt noch am Leben war. "Willst du wissen, was ich an den Menschen so faszinierend finde?" Herkules' Stimme klang verträumt und beinahe melancholisch. "Sie unterscheiden sich alle voneinander. Kein Mensch gleicht dem anderen. Als ich hier ankam, hatte ich auch meine Probleme. Und ich war damals in der Highschool. So etwas ist wirklich niemandem zuzumuten, kann ich dir sagen... Der Grund, weshalb ich zu diesem Superhelden namens Wonderboy wurde, war die Faszination an den Menschen. Trotz all der schlimmen Dinge, die einige erlebt hatten, sie gaben die Hoffnung nicht auf. Und aus diesem Grund bin nicht nur ich ein Superheld geworden. Auch Ice Queen, oder das Superheldenpaar Bravely Arrow und Ocean's Heart und all die anderen Helden und Heldinnen da draußen haben ihre Inspiration gefunden gegen das Böse zu kämpfen. Sie haben nicht aufgegeben, denn irgendwie war da immer jemand, der ihnen zeigte, dass es Menschen gibt, die noch Hoffnung haben. Die Vertrauen haben. Und das schenkt uns Hoffnung, Arielle. Und wenn es nur das kleine Kind ist, dessen Katze wir vom Baum holen oder der alte Herr, dem wir die Einkäufe nach Hause tragen und wir als Dank nur ein Lächeln bekommen. All diese Menschen sind Beweis genug, dass man einfach Vertrauen haben muss. Manche Menschen werden dich verletzen, das mag sein, aber an diesen Menschen wirst du wachsen. Und für all die anderen Menschen lohnt es sich zu kämpfen, Arielle." Schluchzend fiel Arielle ihrem Cousin um den Hals. Sie war auf die Erde gekommen, weil sie so gerne etwas über die Menschen lernen wollte. Ihr Vater, König Triton von Atlantica hatte ihr verboten zu gehen, doch nachdem sie ihn überzeugt hatte, dass Herkules schon auf sie aufpassen würde, hatte er schließlich nachgegeben. Sie hatte versprochen, ihre Kräfte nicht zu benutzen, doch dann hatte sie mitbekommen, dass ihr Cousin der Superheld Wonderboy war. Ein Superheld so wie in den Comics, die sie so gerne las. Also wollte sie ihm nacheifern und ignorierte seine Ermahnungen, dass die Menschen nicht zurecht kämen mit ihren Kräften. Schließlich war ja nicht nur er ein Superheld. Ganz normale Menschen mit besonderen Fähigkeiten konnten maskiert die Welt retten. Sie war dumm und naiv und sie wollte doch nur Gutes tun. Aus diesem Grund hatte sie sich dieses Kostüm gekauft, das eigentlich nur aus einem violetten Sport-BH mit Muschelmuster und einer grünen Fischschuppenmuster-Leggings bestand. Ja, sie hatte sich sogar diesen lächerlichen Namen Scarlet Siren gegeben. Und dann war ihr erster Tag als Superheld vollkommen in die Hose gegangen. Erneut blickte sie auf das Smartphone in ihrer Hand. Sie wollte Belle besser kennen lernen. Doch dafür musste sie ihr die Wahrheit sagen. Sie musste sich ihren Dämonen stellen. Belles Kopf schmerzte, als würden tausende von Nadeln auf sie einstechen. Sie versuchte, ihre Augen zu öffnen, doch grelles Licht blendete sie und sie hob ihre Hand um ihre Augen zu schützen. Sie hörte die Stimmen von Menschen, die durcheinander redeten und versuchte zu verstehen, was genau sie sagten. Doch ihr Gehirn fühlte sich wie ein vollgesaugter Schwamm und sie war unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Angestrengt versuchte Belle sich zu erinnern an das was vorgefallen war. Sie war mit Adam und Philip in der Bibliothek verabredet gewesen... War sie dort gewesen? Sie konnte sich nur noch daran erinnern, wie sie am Morgen das Haus verlassen hatte. Belle versuchte zähneknirschend ihre Erinnerungen wachzurufen. Sie spürte einfach, dass es da noch etwas gab, was sie nicht vergessen wollte. Sie spürte warme Hände an ihrem Gesicht und öffnete langsam die Augen. Es war, als würde sie mitten auf dem Meer treiben. Nur ein Holzstück an dem sie sich festklammern konnte, doch irgendetwas packte sie an den Beinen und zog sie tiefer ins dunkle Meer. Ihr Kopf schrie, sie solle dem Zug zu widerstehen, doch ihr Körper reagierte nicht und so ließ sie sich tiefer ziehen und versank in der Dunkelheit... 'Zur Seehexe' hieß das Restaurant am Hafen, in welches Arielle sie eingeladen hatte. Wie so üblich war Belle viel zu früh, aber als sie sich umblickte, konnte sie Arielles Rotschopf an einem der Tische entdecken. Nervös warf sie einen Blick auf ihr Spiegelbild. Ob sie nicht etwas zu overdressed war? Ihr gelbes Kleid ließ sie elegant und erwachsen aussehen, aber eigentlich war es etwas, was man zu einem Date trug. Und Belle wusste nicht einmal, was das hier nun eigentlich war. Sie wickelte eine ihrer braunen Locken um den kleinen Finger und seufzte leise. Vielleicht war das ja nur ein rein freundschaftliches Treffen und Belle machte sich zum Affen, wenn sie nun so angezogen dort auftauchte. Sie blickte zu dem Tisch, an dem Arielle saß und versunken in die Speisekarte blickte. Das Restaurant wirkte edel und nicht gerade nach etwas, was man für ein einfaches Treffen aussuchen würde. Aber jetzt war sie doch schon hier, also konnte sie auch zum Tisch gehen, entschied Belle entschlossen. Denn immerhin freute sie sich auf diesen Abend und darauf, Arielle wiederzusehen. Dem Kellner am Eingang erklärte sie, dass sie verabredet war und deutete dann in Arielles Richtung. Er nickte und führte sie dann zu dem Tisch. "Hallo, Arielle!" Sie lächelte nervös und setzte sich dann ihr gegenüber. Erfreut stellte Belle fest, dass auch Arielle sich herausgeputzt hatte. Obwohl das pinke Kleid sich mit ihren Haaren biss, sah sie wirklich fantastisch aus. "Du siehst toll aus." Arielle erwiderte das Lächeln und griff dann nach dem Schreibblock, der neben ihr auf dem Tisch gelegen hatte. Anscheinend hatte sie Belles Vorschlag in die Tat umgesetzt. Danke. Du siehst wunderschön aus Belle errötete leicht und war froh, als der Kellner wieder an ihren Tisch trat und ihre Bestellung aufnahm. Tut mir Leid, dass ich mich die ganze Woche nicht gemeldet habe Es freut mich, dass du hier bist. Wie geht es dir? war das nächste, was Arielle auf ihren Block schrieb. "Schon okay", erklärte Belle, während der Kellner die zwei Gläser Wasser neben sie stellte. "Es geht mir ganz... gut. Was ist mit dir?" Hektisch schrieb Arielle etwas auf ihren Block und reichte diesen dann an Belle weiter. "Nein, es ist nichts. Schon okay. Ich will dich nicht mit meinen Problemen belästigen, Arielle", meinte sie abwinkend. Du belästigst mich nicht mit deinen Problemen, Belle. Wir sind doch Freundinnen!!! Belle lächelte, als sie den Text las. Vielleicht würde es ganz gut tun, mit jemandem über ihren Streit mit Adam zu retten. Seitdem hatte sie ihn nicht mehr besucht. Und so erzählte sie Arielle von Adam und wie lächerlich sie es fand, dass er sich so abkapselte und der Ansicht war, dass niemand ihn mehr lieben würde, denn Liebe war so viel tiefer als das Äußere. Arielle hörte ihr aufmerksam zu und schrieb dann auf, dass sie ihm einfach etwas Zeit geben sollte. Irgendwann würde er sich daran gewöhnen. Sie redeten den ganzen Abend. Wobei es eigentlich nur Belle war, die redete und Arielle hörte ihr aufmerksam zu. Erstaunt stellte Belle fest, dass Arielle so vieles nicht kannte. Von Harry Potter hatte sie noch nie etwas gehört und auch solche Klassiker wie Jane Austen waren ihr vollkommen fremd. Und so erzählte Belle ihr von all den fantastischen Romanen, die Arielle unbedingt lesen musste. Der Abend verstrich wie im Flug und schließlich verließen die beiden jungen Frauen das Restaurant wieder. Weil es noch früh war, entschieden sie am Hafen entlang spazieren zu gehen. Nach einer Weile deutete Arielle auf eine Parkbank, die Richtung des Ozeans stand und schrieb dann etwas auf ihren Block. Wir müssen reden, Belle Belle sah sie verwundert an. Normalerweise bedeuteten diese drei Worte nichts Gutes und sie fragte sich, was Arielle so wichtiges mit ihr zu bereden hatte. Vielleicht würde sie ihr jetzt sagen, dass sie nicht an Frauen interessiert war und ihre Komplimente, ihre Berührungen und ihr Lächeln rein freundschaftlich gemeint war. Nun,wenigstens konnte sie sich dann gleich ertränken. Doch dann fiel ein dunkler Schatten auf sie und die beiden Frauen blickten überrascht auf. Eine Frau in den Vierzigern, die im Rollstuhl saß und deren Beine von einer dunklen Decke bedeckte waren, war vor ihnen aufgetaucht. "Arielle? Du bist es tatsächlich! Ich wusste doch, dass ich dieses rote Haar kenne!" Sie blickte sie lächelnd an, doch etwas an ihrem Blick löste eine Gänsehaut bei Belle aus. Und dem erschrockenen Blick von Arielle nach zu urteilen war auch sie nicht erfreut diese Frau zu sehen. "Würden Sie uns bitte nicht belästigen?", fragte Belle nun freundlich aber bestimmt. Doch die Fremde beachtete sie nicht, sondern blickte zu Arielle. "Es hat dich also hierher verschlagen? In diese dumme Menschenstadt?“ Besorgt warf Arielle Belle einen flehenden Blick zu, der laut Hilf mir schrie. "Hören Sie auf uns zu belästigen", ermahnte Belle sie erneut. "Oder ich rufe um Hilfe!" "Dummes Menschenmädchen!“ Die Frau drehte sich nun zu Belle um und blickte sie arrogant an. "Niemand hat dir die Erlaubnis gegeben zu reden. Ich unterhalte mich gerade, also sei still." "Arielle kann Ihnen nicht antworten", erklärte Belle ihr. "Sie ist stumm." "Bitte was?" Die Frau warf lachend ihren Kopf in den Nacken. "Und ich bin eine dumme Krabbe namens Sebastian." "Bitte, gehen Sie! Sehen Sie denn nicht, dass Arielle nicht mit ihnen reden will?" "Willst du etwa nicht hören?" Sie blickte Belle finster ins Gesicht und schnappte sich dann ihren Arm. "Nun, vielleicht kann etwas Schmerz dir ja Manieren beibringen!" Belle wollte schreien, doch da wickelte sich etwas Glitschiges um ihren Körper und die fremde Frau zerrte sie in Richtung des Meeres. Als Belle an der Frau herunter blickte, erkannte sie, weshalb diese im Rollstuhl saß. Denn statt zwei Beinen hatte sie ab der Hüfte Tentakel, mit denen sie sich nun in Richtung des Ozeans fortbewegte. Belle wollte schreien, doch da hatte sich die Frau schon in die Wellen gestürzt und zog sie in die Tiefen. Arielle sah geschockt mit an, wie Ursula ihre Freundin in die Tiefe zog. Verdammt, wieso hatte sie nicht besser aufgepasst? Sie wusste doch, wozu diese Hexe fähig war. Entschlossen sprang sie ihnen hinterher und tauchte unter. Es war dunkel, doch ihren Augen machte die Finsternis nichts aus und schon bald hatte Arielle die beiden entdeckt. Sie machte einen kräftigen Schwimmzug und brachte sich näher an die Atlantikanerin heran. Diese drehte sich schließlich um und blickte abwartend zu ihr. Belle trieb bewusstlos in ihren Armen. "Dieser Mensch ist dir wohl wichtig, nicht wahr?", fragte Ursula schmunzelnd. "Es wäre ein Leichtes sie einfach zu zerquetschen. Menschen sind so... zerbrechlich. Sie können uns nicht das Wasser reichen!“ Um ihre Aussage zu bestätigen, wickelte sie einen ihrer Tentakel um die junge Frau und drückte dann zu. Erschrocken stürzte Arielle nach vorne, doch Ursula schlug sie mit einem Tentakel beiseite. "Willst du diese dumme Scharade etwa weiterhin aufrechterhalten?“ Ursula schlug erzürnt mit ihren Tentakeln auf. "Sag etwas, oder deine kleine Freundin wird ertrinken!“ Arielle schwamm wieder auf sie zu und blickte Ursula flehend an. Sie konnte nicht. Sie schaffte es einfach nicht. Das letzte Mal, als sie ihre Stimme benutzt hatte, war beinahe jemand gestorben. "Du willst es wohl wirklich darauf ankommen lassen? Wie lange kann ein Mensch wohl unter Wasser überleben? Für Belle wird es bestimmt gleich zu spät sein..." "Bitte, Ursula... Lass sie gehen!“ Es war ein merkwürdiges Gefühl nach all dieser Zeit ihre Stimme wieder zu benutzen. Merkwürdig, aber auch befreiend. Und sie fasste neuen Mut. "Na, geht doch!“ Gelangweilt applaudierte Ursula mit ihren Tentakeln. "Lass sie gehen!“ Arielle blickte ihre Gegnerin drohend an, doch diese lachte nur. "Sie ist doch sowieso schon tot, dumme Göre. Du kommst zu spät!“ "Nein!!!" Arielle stürzte nach vorne. Blitzschnell wich sie den Tentakeln aus, mit denen Ursula nach ihr schlug und als sie sie schließlich erreicht hatte, rammte sie ihr den Stift ins Auge, den sie die ganze Zeit in ihrer Jackentasche mit sich geführt hatte. Ursula schrie auf vor Schmerz und ließ Belle los. Arielle nutzte die Gelegenheit und schnappte Sie sich. Ohne nach hinten zu blicken schwamm sie so schnell wie möglich zurück an die Oberfläche. Sie hievte Belle aus dem Wasser. Im Fernsehen hatte sie gesehen, wie bei einem geretteten Ertrunkenen die Brust gedrückt und er beatmet wurde, um das Wasser aus seinen Lungen zu bekommen. Eine merkwürdige Sendung mit Frauen in roten Badeanzügen, die in Zeitlupe am Strand entlang liefen. Aber vielleicht würde es ja helfen. Und so drückte Arielle so fest sie konnte auf Belles Brust. Sie flehte, dass Belle es schaffen würde. Sie wollte sie nicht verlieren. Nicht noch einmal... Belle hustete schließlich und spuckte das Meerwasser aus, doch ansonsten zeigte sie keine andere Reaktion. "Belle, bitte... wach auf!" Schluchzend beugte sich Arielle über sie. Es war so wie damals. Ihretwegen war Belle verletzt. Vielleicht war es das Beste, wenn sie einfach aus ihrem Leben verschwand. Wenn sie zurück ging nach Atlantika würde sie Belle nicht mehr verletzen können. Es war das Beste für sie alle. Und doch... "Hier, wo du lebst, will ich bei dir sein Hier, wo du lebst, will ich bei dir bleiben Hier will ich sein, du bist mein, du bist mein Glück Wann, sag' mir, wann wird es passier'n Daß wir dann in der Sonne spazier'n? Werd' ich wie sie? Zeigst du mir, wie? In deiner Welt Ich weiß nicht, wie, ich weiß nicht, wann Doch fängt mein Leben dann endlich an Dann werd' ich dein, dann wirst du mein, in deiner Welt..." Ein Lied drang an Belles Ohren und sie öffnete langsam ihre Augen. Arielle beugte sich über sie und verdammt, sie war wunderschön. Und ihre Stimme war... Erinnerungen stürzten auf sie ein und ihr wurde wieder klar, weshalb sie so sehr das Gefühl hatte, Arielle zu kennen. Sie war die Heldin gewesen, die Adam damals ausgeschaltet hatte, damit er nicht noch mehr Schaden anrichten konnte. Wie hatte sie sie nur vergessen können? Diese wunderbare Stimme, die ihre Schmerzen heilte. Doch da schwang auch eine Spur von Schmerz und Schuld mit sich. Ob Arielle sich die Schuld gab an dem was vorgefallen war? Dabei konnte sie doch wirklich nichts dafür... Belle versuchte aufzustehen, doch sie war immer noch zu schwach. Gerade einmal ihre Arme konnte sie heben und so schlang sie diese um Arielle, die nun verstummte und zog die junge Frau an sich. "Danke", flüsterte sie leise und drückte dann ihre Lippen auf die von Arielle. Sie schmeckten nach Salzwasser und Belle seufzte wohlfühlen​d in den Kuss hinein, den Arielle vorsichtig erwiderte. Es war ein wunderbares Gefühl. Und Belle wusste, dass nun etwas entstanden war, was vorher nicht so gewesen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)