Valentinstag - Ein Geschenk mit Hindernissen von Daemion (... eine Charlie Weasley Geschichte) ================================================================================ Kapitel 3: 14. Februar 1992 --------------------------- Am nächsten Morgen wurde Charlie von Nackenschmerzen geweckt. Stöhnend rieb er sich die steife Stelle an seinem Genick und blinzelte in das träge Licht, das durch die Fenster in den Fuchsbau schien. Erschrocken sprang er auf. Er hatte verschlafen! Ein Blick auf die Standuhr sagte ihm, dass es jetzt für sämtliche nächtliche Vorhaben zu spät war. Ginny, Mr. und Mrs. Weasley saßen gemeinsam in der Küche und frühstückten. Seine Eltern wirkten auffallend glücklich miteinander, beinahe frisch verliebt. Charlie konnte nur spekulieren, was heute während der allgemeinen Schlafenszeit geschehen war. Nachdem Mr. Weasley erkannte, dass sein Sohn munter war, winkte er ihn an den Frühstückstisch. Gemeinsam aßen sie, danach musste Mr. Weasley zur Arbeit. Er verabschiedete sich, stellte sich in den Kamin, benutzte das Flohpulver und ließ Mutter, Tochter und Sohn schweren Herzens Zuhause zurück. Weil Charlie sich frustriert fühlte und nicht wusste, was er anderes tun sollte, half er seiner Mutter beim Abwaschen und im Haushalt, so konnte Ginny ein wenig Zeit für sich allein gewinnen. Im Laufe des Tages schaute Percy vorbei und überreichte Mrs. Weasley ein kleines Valentinstagspresent, das er aus einem Koffer holte, den er bei sich trug. Während sie den teuren Kugelschreiber samt der Box, in der er lag, fortbrachte, nickte Percy seinem älteren Bruder großmütig zu. „Du siehst blass um die Nase aus. Fehlt dir womöglich ein Geschenk für unsere liebe Mutter?“ Charlie blieb Percy eine Antwort schuldig, denn in diesem Augenblick kehrte Mrs. Weasely zu ihren Söhnen zurück. Sie umarmte ihren jüngeren Sohn, währenddessen schenkte jener Charlie, über die Schultern der Mutter hinweg, ein triumphierendes Grinsen, bevor er im Anschluss zurück nach Hogsmeade apparierte. Fred, George und Ron schickten ihrer Mutter eine selbstgestaltete Zauberer-Karte zum Valentinstag, die kleine Herzen aus Feuerwerk abschoss, sobald man sie öffnete. Mrs. Weasley räumte vorsichtshalber die Pralinen weg, die der Karte beilagen. Um all dem Chaos die Krone aufzusetzen, brachte sogar Ginny ein Geschenk für Molly - sie überreichte ihr einen selbstgeflochtenen Blumenkranz, der viel zu groß war, um ihn sich auf den Kopf zu setzen. Seine Mutter war sichtlich gerührt und hängte ihn an eine Wand, die ausreichend Platz für ein solch pompöses Geschenk bot. Am Nachmittag tauchte Bill auf, übergab seiner Mum nach einer Umarmung eine hübsche, perlmuttfarbene Muschel-Halskette, über die sie sich sehr freute und futterte sich anschließend am selbstgebackenen Kuchen der Weasley-Frauen satt. In Charlie schwoll das unbehagliche Gefühl an, seine Mutter erwarte auch von ihm ein Geschenk - schließlich hatten alle seine Geschwister es rechtzeitig geschafft. Wie es ausschaute, stellte er die einzige Ausnahme dar. Bill triezte den zweitältesten Weasley-Jungen, indem er sich, ähnlich wie zuvor Percy, erkundigte, was dieser denn ihrer Mum geschenkt hätte, woraufhin Molly eingriff und ihren ältesten Sohn mit den Worten ermahnte, es gäbe Wichtigeres als Geschenke. Diesen Augenblick nahm Charlie zum Anlass, sich zu erheben. „Mum. Es wird jetzt Zeit, für mein Geschenk!“ Diese Worte gab er mit einer Selbstsicherheit von sich, die ihn selbst überraschte. „Lass sehen.“, schmunzelte Bill, halb in der Erwartung, sein jüngerer Bruder bluffte. Charlie blickte seine Mutter fest an. „Begleitest du mich?“ Molly Weasley stimmte zu - zu seinem Leidwesen, Bill ebenfalls. Während Charlie seiner Mutter eine Augenbinde anlegte, kam Ginny zufällig die Treppe hinunter. Sie wollte ungern als Einzige im Fuchsbau zurück bleiben. Zu Viert apparierten sie, um in einer Gasse in der Muggelwelt, wie aus dem Nichts zu erscheinen. Charlie hoffte inständig, mit seiner Vermutung richtig zu liegen - sonst würde Bill bis zum Rest seines Lebens von diesem unglückseligen Tag und Charlies Missgeschick berichten. Und wie es sich für einen Weasley gehörte, würde der älteste Sohn diesen Umstand bis zum letzten peinlichen Moment auskosten. „Wohin gehen wir?“, wollte Bill skeptisch wissen, die Augenbrauen erhoben, die Hände lässig in die Hosentaschen getaucht. „Gleich sind wir da.“, entgegnete Charlie, der voran ging, sachlich. Nach kurzem Zögern erwiderte Bill, dabei rückte er näher an den Neunzehnjährigen heran, “Gib’s zu: Du hast keine Ahnung, wohin du gehen willst.“ Mrs. Weasley schaffte es zielsicher, selbst mit buchstäblich verbundenen Augen, einen Klapps auf Bills Bauch zu landen. „Ich bin schon ganz gespannt, Charlie.“, flötete sie munter, Bill ignorierend, der sich keuchend über den Bauch strich. Selbst Ginny zeigte, nachdem der erste Schrecken vorüber war, eine amüsierte Miene. Ein Glöckchen klingelte hell, als Charlie, seine Mutter am Arm, in ein Café führte. Seine Geschwister traten nach ihm ein. Im Inneren nahm er Molly die Augenbinde ab. Der Raum vor ihnen war mit Herzgirlanden und künstlichen Rosenblättern geschmückt. Eine kleine, dunkelhaarige Italienerin kam auf die rothaarige Gruppe zu. “Da sind Sie ja.“, wurde Charlie von der Dame mit Pferdeschwanz begrüßt, „Sie waren so schnell verschwunden.“ Nochmals öffnete sie den Mund, erkannte jedoch, dass Charlie nicht alleine gekommen war und führte die Gruppe ohne weitere Erklärungen zu erwarten, an einen freien Tisch. Auf jedem der runden, weißschwarz gesprenkelten Marmortische im Café brannte eine weiße Kerze. „Bitte nehmen Sie Platz, ich komme sofort.“ Abgesehen vom Schein der Kerzen waren die restlichen Lichter stark gedimmt. Von der Theke hingen Blumen herab, die miteinander verflochten waren. Durch die Luft schwebte ein leichter Hauch von Vanille. Ginny entwich ein verzücktes Jauchzen. So rasch wie die Bedienung aufgetaucht war, verschwand sie wieder in den hinteren Bereich der Küche. Bill sah sich um. Obwohl es, wie an einem Valentinstag erwartet, recht voll war, unterhielten sich die Gäste leise miteinander. Durch die Raumaufteilung hatte jede Sitzgruppe genügend Platz, so dass es nicht zu eng wurde, sofern man an den Tischen vorbei wollte. „Nettes Café. Wie hast du das denn gefunden?“ Charlie antwortete ihm nicht. „Mum, ich kann dir einen Kuchen empfehlen.“ Nervös leckte sich der Neunzehnjährige über die Lippen. Es sah schöner aus, als er zu hoffen gewagt hätte – die junge Italienerin hatte zweifelsfrei ganze Arbeit geleistet, um das Café stimmungsvoll und zum Event passend umzudekorieren. Seine Mum schaute ihn erwartungsvoll an. „Den Italian Cream Cake. Soll ich ihn dir bestellen?“ Molly Weasley schlug erfreut die Augen nieder. „Aber bitte!“ An seinen Bruder gewandt fragte Charlie, was dieser bestellen wollte, doch Bill wies ihn schulterzuckend an, dasselbe Gericht zu beauftragen, das ihre Mum erhalten sollte. Ginny gab an, sich über einen Zitronentee und ein kleines Eis zu freuen. Auf halben Weg zur Theke begegnete er der Italienerin, die soeben die Bestellkarten an ihren Tisch bringen wollte. „Die sind nicht nötig.“, sanft drückte er die Karten in ihrer Hand hinab. „Bitte bringen Sie uns dreimal den Italien Cream Cake, ein kleines Eis San Valentino, einen Espresso, einen Zitronentee und zwei Moccachinos.“ Die Dame nickte „Sì. Il vostro ordine è uguale finito.“ „Grazie“, nickte Charlie, in Gedanken längst zurück bei seiner Familie. Er wandte sich um und ging an seinen Tisch, so kam die Signora nicht dazu, nochmals das Wort an ihn zu richten. Schließlich folgte die Bestellung und die vier Weasleys ließen es sich schmecken. „Das ist echt lecker!“, gab Bill zu. Im Gegensatz zu ihm war Ginny zu sehr mit Genießen beschäftigt, um sich zu äußern. Selbst Molly schleckte sich nach fast jedem Bissen die Finger. Charlie selbst hatte mehr Freude am Moccachino, als an dem Küchlein, das ihm für seinen Geschmack ein wenig zu süß erschien. Molly Weasley stand auf, nachdem sie das Küchlein verschlungen hatte und gab Charlie einen klebrigen Kuss auf die Schläfe. „Danke, Charlie. Eine süße Idee. Ich glaube, das Küchlein würde ich irgendwann gerne selbst nachbacken.“ Diesmal konnte selbst Bill nichts beklagenswertes hinzufügen. Über Charlies Züge huschte ein trauriges Lächeln. Viel lieber hätte er die Küchlein, nach Muggelart, selbst gebacken. Wenigstens dieses Café war ihm in letzter Minute eingefallen, so konnte er den Valentinstag noch retten. Mrs. Weasley bemerkte das bekümmerte Gesicht ihres Sohnes. Behutsam legte sie eine Hand auf seine. „Was bedrückt dich? Du siehst unzufrieden aus.“ Charlie konnte ihr unmöglich berichten, was er in den vorangegangenen Tagen erleben musste, nur, weil er ihr hatte ein Geschenk selber machen wollen. Stattdessen sagte er: „Ich wüsste gerne, warum Percy heute persönlich erscheinen konnte. Er hätte in Hogwarts sein müssen.“ Molly konnte sich nicht vorstellen, dass diese Frage Charlie so sehr beschäftigte, wie dieser vorgab, doch sie wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen und lachte. „Percy wurde von Professor Dumbledore in die Stadt geschickt, um ein paar Muggel-Zutaten zum Backen zu kaufen. Bei der Gelegenheit hat er gleich Zuhause vorbei geschaut, natürlich mit ordnungsgemäßer Vorankündigung beim Schuldirektor!, um mir mein Geschenk vorbei zu bringen.“ Überrascht blinzelte Charlie. Er hätte niemals erwartet, durch seine Mutter von Percys Gründen für seinen Auftrag in der Muggelwelt zu erfahren. In diesem Moment spürte er, wie ihm etwas schmerzhaft gegen die Seite drückte. Ein Blick an sich herab, verriet ihm, dass es etwas Spitzes in seinem Rucksack sein musste. Augenblicklich erinnerte er sich an das Rezept-Buch. Im selben Moment verkündete Ginny leise, die Toilette aufsuchen zu wollen. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden holte er sein Buch hervor und überreichte es Molly. „Frohen Valentinstag.“ Mrs. Weasley strahlte über das ganze Gesicht und nahm es entgegen. „Wie wunderbar! Kannst du in die Zukunft sehen? Das wird deinem Vater ganz sicher auch gefallen!“ Sie schlug es auf, blätterte darin und hielt inne. Sie blätterte zurück und fixierte die erste Seite. Bill warf ihr einen neugierigen Blick über die Schulter und gluckste amüsiert. „Oh, Charlie. Was hast du nur angestellt?“ Alarmiert beugte sich der Angesprochene über den Tisch hinweg, um zu erfahren, was auf der Seite Schreckliches stehen konnte. Seine Mutter war so freundlich, ihm entgegen zu kommen und drehte ihm das Buch entgegen. Auf der ersten Seite stand in einer zackigen Mädchenunterschrift ‚Wehe, ich erwische dich noch einmal beim Klauen, Charlie Weasley, dann setzt es was! Gez. Gwenog Jones’. Bill stieß einen leisen Pfiff aus. Molly hob mahnend, jedoch mit einem belustigten Funkeln in den Augen, eine Braue. „Was hat das zu bedeuten?“ Charlie fehlten die Worte. Er lief puterrot an … In der Zwischenzeit steuerte Ginny, nach ihrem Toilettenbesuch, direkt die Bestelltheke an, um die Besitzerin, die, wie sich herausstellte, Ema hieß, nach dem Rezept zu fragen. Sie holte sofort einen Block mit orange-gelbem Rand und durchsichtigen Blumen hinter der Theke hervor und notierte Ginny bereitwillig, in einer schrägen, kleinen Schrift die Zutaten. Schließlich riss sie das oberste Blatt ab und reichte es ihr. Italian Cream Cake • 6 Eiweiß, steif schlagen • 6 Eigelb • 2 Tassen Kristallzucker • 450g Puderzucker • 2 Tassen Mehl plus eine kleine Tüte Backpulver • 2 Esslöffel bzw. 10 ml Vanilla • 1/2 Tasse Pflanzenmargarine • 450g Kokosraspeln • 1 1/2 Tassen Pecannuss • 3/4 Tasse Butter • 225g Frischkäse • 1 Tasse Milch Ginny bedankte sich herzlich, im Anschluss eilte sie zu ihrer Familie zurück, die gerade dabei war, sich die Jacken anzuziehen. Charlie bat Bill, seine Mutter und Ginny, schon einmal voraus zu gehen. Widerstandslos kamen sie seiner Bitte nach. Beim Hinausgehen klopfte Bill seinem jüngeren Bruder lächelnd auf die Schulter, dann folgte er Molly und Ginny. Soeben holte Charlie sein Portemonnaie hervor, als er Ema neben sich bemerkte. Überrascht schaute er sie an. „Vielen Dank, dass wir uns setzen durften. Ich habe genau gesehen, wie Sie das Reserviert-Kärtchen versteckt hatten, bevor Sie uns hatten Platz nehmen lassen.“ Die Italienerin lächelte. „Sei un asino, mio signore. Sie waren das letzte Mal aufgesprungen, così improvvisamente. Ich konnte Ihnen gar nicht anbieten, unsere Küche zu benutzen.“ Wie vom Donner getroffen hielt Charlie inne. „Sie hätten mir Ihre Küche vermietet?“ “Sì, lo farei. Ich hatte mit meinem Kollegen SMS getauscht. Doch Sie hatten es eilig.“ Gleichgültig zuckte sie die Schultern. Der Neunzehnjährige schluckte schwer und bedankte sich kleinlaut. Hätte er das bloß vorher gewusst … was ihm alles erspart geblieben wäre! Er gab der Italienerin ein Trinkgeld und verließ das Café. Draußen wartete seine Familie auf ihn. Gemeinsam kehrten sie zum Fuchsbau zurück. Für Bill war es allmählich Zeit zu gehen und er verabschiedete sich mit ausgiebigen Umarmungen. Charlie wäre gerne ein paar Tage bei seinen Verwandten geblieben, doch er musste zurück zu seinen Drachen nach Rumänien. Molly verabschiedete sich schweren Herzens von ihren Jungs, indem sie diese mit Küsschen übersäte. Sie trennte sich ungern von ihrer Familie, konnte jedoch verstehen, dass jedes ihrer Kinder seinen Aufgaben nachkommen wollte. Bevor Charlie die Rückreise antrat, nahm sie ihn mit einem sachten Schmunzeln zur Seite. “Das nächste Mal“, begann sie, „lädst du mich gleich in das Café ein und versuchst nicht, meine Küche zu benutzen, um zu backen. Verstanden?“ Charlie Weasley lächelte matt. „Versprochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)