Senbonzakura's Song von yezz ================================================================================ Kapitel 39: Of Spies and Poisoners ---------------------------------- Als Renji endlich Daisuke gefunden hatte, dachte er schon, er sei zu spät. Eishirō hatte sie hastig zu einem Raum im hinteren Bereich des Anwesens geführt. Es war ein luxuriöser, wenn auch unbenutzter Raum, in dem eine große Anzahl von 'überzähligen' Dienern auf Dutzenden ausgebreiteten Futons schliefen. Daisuke lag fest zusammengerollt dort, mit dem Gesicht zur Wand. Er schien nicht zu atmen, er war so still. Eishirō und Renji tauschten nervöse Blicke aus. Renji hockte sich neben ihn. Eine zitternde Hand streckte sich nach der Schulter aus. „Daisuke?“ Als Daisuke sich herumrollte, um unglücklich zu Renji hinaufzuschielen, wäre dieser beinahe vor Erleichterung auf den Boden kollabiert. Renji zog seine Hand mit einem „Oh, Gott sei Dank“, zurück. „Wie spät ist es?“ Finger kämmten durch das Gewirr von blonden Locken und Daisuke gähnte. Er befeuchtete seine Lippen, blickte sich umher und sah die ganzen anderen Männer in verschiedenen Bekleidungsstufen. Sein Blick schien auf dem extravaganten Fusuma-Schirm am anderen Ende des Raumes zu fallen. „Wo bin ich?“ „Das Kuchiki-Anwesen“, antwortete Eishirō. Er schien mit seinen Händen zu ringen, doch als er sah, wie sich Daisuke bewegte, steckte er sie in die Ärmel seines Kimonos im Kuchiki-Blau. „Wir haben dich gestern hierher gebracht, nachdem du in der 4. Division untersucht worden warst.“ „Kuchiki?“, Daisuke kratzte sich das Kinn, als versuche er den Namen irgendwo einzuordnen, doch dann fixierte sich sein Blick schlussendlich auf die Tattoos auf Renjis Stirn und er schien sich zu erinnern. „Oh, ja. Der Teehaus-Boss.“ Er nickte Renji zu. „Dein Liebhaber.“ „Hast du dir den Kopf irgendwo angeschlagen oder so?“, fragte Renji. Natürlich hatte Daisuke immer noch den gelblichen Fleck auf der Wange, eine schwindende Erinnerung an die Misshandlung, als er in den Händen der Elften war. Vermutlich war er ziemlich oft herumgeschubst worden. Es sollte keine große Überraschung sein, wenn sich dann ein paar Schrauben gelöst haben sollten. Dennoch war er meist klarer, nicht war? Eloquenter? Daisuke schien zumindest soweit da zu sein, dass er das Wesentliche aus Renjis Frage heraushörte. „Schau, ich bin von Natur aus kein Morgenmensch, aber ich war irgendwie krank letzte Nacht. Ich fühl mich immer noch nicht gut.“ Einer der Männer, der auf einem der nahen Futons saß und gerade seine Tabi anzog, nickte. „Wir mussten ihm einen Nachttopf holen. Er hat sich übergeben, bis er nur noch trocken würgen konnte.“ Renji tauschte einen weiteren Blick mit Eishirō aus. Sie dachten beide das Gleiche: Gift. „Ich hole etwas Ingwer-Tee“, sagte Eishirō. Renji nickte. Es schien nicht Kyōrakus Stil, jemanden zu vergiften, aber genauso wenig war es sein Stil, betrunken vor dem Tor zu marodieren. Könnten noch andere Leute hinter den Geheimnissen her sein, die der Junge hütete? „Wie viele Feinde hast du eigentlich?“ Daisuke rieb sich gerade das Gesicht. Er hielt inne, um durch seine Finger Renji anzuschauen. „Seitdem ihr involviert seid, noch mehr“, sagte er und ließ die Hände in seinen Schoß fallen. Er trug die einfache Kleidung, die die Vierte ihm ausgehändigt hatte. Das Oberteil hing offen und entblößte eine gepflegte, schlanke Brust und Taille. Eine Decke lag in seinem Schoß. „Wäre ich in der Achten, hätte ich einen weniger.“ Renji schnaubte. „Wärst du in der Achten, hättest du keine mehr. Soweit ich weiß, erzählen Tote keine Geschichten.“ „Wahr. Ich sollte euch dankbar sein.“ Daisuke seufzte und blickte sich wieder im Raum um. Erneut schien er die kunstvollen Bemalungen zu bewundern, bevor sein Blick zu Renji zurückkehrte. „Hat dein Herr entschieden, was er mit mir tun möchte?“ Renji war ziemlich sicher, dass der einzige Gedanke, den Byakuya zu dieser Angelegenheit hatte war, dass Kyōraku nicht das bekommen sollte, was er wollte. Aber damit das passierte, mussten sich etwas mit Daisuke tun – selbst wenn sie ihn dafür verkleiden und wegschicken mussten. Vielleicht konnten sie aus dem Chaos um den Geburtstag einen Vorteil ziehen und Daisuke mit einem der Kuchikis nach Hause schicken. „Ich denke, das hängt davon ab, ob du irgendwelche Fähigkeiten als Diener hast.“ Daisukes Augenbrauen schossen nach oben und dann lachte er ein wenig. „Ich habe sehr viel Erfahrung darin, es Herren komfortabel zu machen, aber bittet mich nicht, einen Kimono zu falten.“ „Heh, verstehe“, Renji grinste ihn breit an. „Aber du scheint clever zu sein. Ich wette, du kannst es lernen – falls du es willst.“ „Wenn es bedeutet, dass ich lebe, bin ich auch gewillt, Mist in einem Stall zu schaufeln.“ „Vorsicht mit dem, was du dir wünschst. Mein Bruder sagte dasselbe und er hat nicht lange in dem Job ausgehalten.“ Renji stand auf. Er richtete Zabimaru und warnte Daisuke noch einmal: „Bleib wachsam. Die Diener sind nun alarmiert, aber ich würde keine Süßigkeiten von Fremden annehmen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Daisuke nickte. Renji dachte, dass Daisuke seine geistigen Fähigkeiten wieder zurück hatte, aber als er sich umwandte, um noch einmal nach ihm zu schauen, bevor er aus der Tür glitt, war Daisuke wieder auf seinem Futon kollabiert, als hätte er sich in den paar Minuten, in denen er sich zusammengerissen hatte, verausgabt. Es war besorgniserregend, Daisuke so zu sehen, doch was Renji noch mehr störte, als er den Flur zurück in Richtung Küche ging, war, dass Vergiften viel mehr nach einer Sache klang, die Soi Fon tun würde. Oder Mayuri Kurotsuchi. Der letzte Gedanke bereitete Renji Gänsehaut. Doch wenn Kurotsuchi nicht asexuell oder Wissenschafts-sexuell war, dann musste er irgendwoher kriegen, was er brauchte, oder? Niemand in den Hofgarden, der bei klarem Verstand war, würde das mitmachen, also bezahlte er dafür? Seltsamerweise konnte sich das Renji vorstellen... Denn er konnte sich vorstellen, dass der Kommandant auf irgendeine Art von perversen 'Experimenten' stand. Aber selbst wenn das so wäre, keine Chance, das ein Typ wie Kurotsuchi sich bei so etwas wie Bettgeflüster beteiligte. Einfach nein. Und er war viel zu paranoid, um jemals seine Geheimnisse einer bezahlten Begleitung anzuvertrauen. Außerdem, falls Kurotsuchi dorthin ginge, wäre das mit seiner Klon-Tochter. Immerhin hatte Renji in Hueco Mundo Dinge gesehen, die er lieber vergessen würde. Mit einem erneuten Schauder verbannte Renji die Gedanken. Soi Fon machte mehr Sinn. Obwohl sich Renji ziemlich sicher war, dass sie lesbisch war, würde er ihr unterstellen, dass sie alles tun würde, um die Geheimnisse herauszufinden oder Daisuke in der Weise benutzen, wie Byakuya und Kyōraku es schon getan hatten. Und wieder, Gift schien eine Sache des Adels zu sein. Tricksten Höflinge und so sich nicht mit diesen Geheimfach-Ringen und so weiter aus? Vielleicht waren Daisukes Feinde nicht aus den Hofgarden, sondern er fehdete ein Adelshaus? Vielleicht hatte Byakuya irgendwelche Ideen. Renji war in der Nähe der Küche, als er bemerkte, dass die Leute ihn zwei Mal anschauten, oder wie in einem Fall, tatsächlich quietschend zur Seite sprangen. Was zum Teufel? Dann bemerkte er, dass die Blicke der Leute zu seiner Stirn gezogen wurden. Oh, richtig. Er hatte sein Bandana vergessen. Das war der Grund, warum er immer eins trug. Renji dachte, dass seine Augenbrauen-Tattoos verdammt cool waren, doch er hatte auch ohne Ende Ärger deswegen gehabt. Sie ließen Dienerinnen aufschreien, sie verängstigten kleine Kinder, sie faszinierten Untergebene so sehr, dass sie abgelenkt waren. Zum Glück fand Renji schnell, wonach er gesucht hatte. Eishirō stand im Flur vor der Küche und dirigierte Diener und Teejungen hin und her. Als er Renji sah, fragte er: „Ich habe Aio anvertraut, den Tee zu bringen. War das in Ordnung? Ich musste mich noch um Dinge kümmern, wie du sehen kannst.“ „Ja“, Renji nickte. „Nur noch zwei Tage bis zum großen Geburtstag.“ „Ugh, erinnere mich nicht daran“, sagte Eishirō, während er geschickt einen der jüngeren Burschen, der mit einem Tablett beladen war, in die richtige Richtung drehte. „Ich vermute, ihr beide habt abendliche Pläne?“ „Mit etwas Glück“, sagte Renji. „Wenn wir schon davon sprechen, weißt du, wo er ist?“ „Seine Cousine, Lady Hirako, ist in tiefen Verhandlungen mit ihrem Vater.“ Eishirō zeigte weiterhin mit Gesten den Dienern die Richtungen. „Seine Herrschaft hat den Fortschritt bereits seit den frühen Morgenstunden beigewohnt.“ „Klingt ernst“, sagte Renji. „Denkst du, er wird zum Mittagessen frei sein? Ich sollte ihm vermutlich die neusten Entwicklungen mitteilen, weißt du?“ „Ich vermute, seine Herrschaft würde den Vorwand willkommen heißen, um den Machtkampf vorläufig zu beenden“, sagte Eishirō. „Ich könnte auch falsch liegen, doch sollen wir es herausfinden?“ Renji war sich nicht so sicher, doch er folgte Eishirō durch die Menge der beschäftigten Diener. „Machst du dir keine Sorgen, in Schwierigkeiten zu geraten?“ Eishirō lachte leicht. „Vizekommandant, wenn du so lange wie ich Hausverwalter wärst, würdest du wissen, wie man die richtigen Fragen in der richtigen Weise stellt. Seine Herrschaft wird wissen, was ich anbiete und ich werde es wissen, wenn er sich genötigt fühlt, zu bleiben und die Sache durchzustehen.“ Renji nickte. In vielerlei Hinsicht war ihre Arbeit ähnlich. Ein Adjutant musste wissen, welche Treffen er unterbrechen konnte, welche der Kommandant mit einer Ausrede verlassen wollte und welche durchzustehen waren, egal was. Irgendwie schien es einfacher, wenn Soldaten involviert waren. Direkter. Außerdem brachte dir ein Fehler meistens nur ein Anschiss ein. Mit einer adligen Familie... Nun ja, mit ihnen schien es immer so, als würde schon der falsche Platz beim Abendessen reichen, um eine Blutfehde anzuzetteln. Renji beneidete Eishirō nicht um seinen Posten. Nicht ein klitzekleines Bisschen. Eine Minute später knieten sie zusammen vor einer Reispapiertür. Eishirō verbeugte sich bis zum Boden. Renji zögerte eine Sekunde, tat es ihm aber dann gleich. Eishirō schien auf einen Abbruch der Diskussion zu warten, bevor er klopfte. Renji strengte sich an, um die Worte zu verstehen. Ein Typ, dessen Stimme Renji nicht kannte, sprach mit großer Vehemenz. Es klang nicht wirklich verärgert, aber er schien verdammt entschlossen, seinen Standpunkt zu vertreten. Eine weibliche Stimme versuchte immer wieder, zu unterbrechen, nur um von dem Typen übergangen zu werden. Byakuya war, soweit es Renji mitbekam, noch nicht eingeschritten. Renji hatte keine Ahnung, was es ausgelöst hatte, doch Eishirō blickte bei etwas kurz auf und klopfte dann mit den Knöcheln laut gegen die Tür. Nun konnte Renji ziemlich klar Byakuya sprechen hören: „Mein Hausverwalter mit Geschäftlichem“, erklärte er. „Ich habe dieser Diskussion lange genug beigewohnt. Ich werde mir den Rest des Nachmittags Zeit nehmen, abzuwägen und werde meine Entscheidung zu dieser Angelegenheit heute Abend verkünden.“ Da waren zwei gemurmelte, verärgerte „Ja, Byakuya-sama.“ Nun verkündete Eishirō: „Vizekommandant der 6. Division, Renji Abarai, ist hier, um sie zu sehen, mein Herr.“ Voller Name und Titel? Renji schaute ein wenig neugierig, doch er vermutete, Eishirō wusste, was er tat. Renji verstand es, als Byakuya sagte: „Schicke ihn herein.“ Oh, er würde also reingehen und die Kuchikis würden drin bleiben. Renji würde einen formalen Bericht ablegen müssen. Würde er stehen? Knien? Er sollte vermutlich aufstehen, ein paar Schritte hineingehen und dann zumindest wieder auf ein Knie hinunter gehen. Sein Kopf gebeugt halten... und es schnell und professionell machen. Doch das waren komplizierte Dinge! Wie sollte er Daisuke ansprechen? Vermutlich war es das Beste, vage zu bleiben. Als Eishirō die Tür aufschob, wisperte Renji: „Du hättest mich vorwarnen können.“ Eishirō zuckte hilflos mit den Achseln, bevor er wieder in die unterwürfige Position ging. Renji atmete tief durch, stellte sich auf die Beine und schritt selbstbewusst in den Raum, als wäre es etwas, was er ständig machte. Byakuya saß im Seiza auf einem leicht erhobenen Dai, in Uniform, komplettiert von dem geerbten Schal und Kenseikan. Der Mann saß genauso, in Blickrichtung zu Byakuya, in einem höflichen Abstand von dem Dai. Er trug eine Art von Kimono, den Renji auf dem Hanami an Männern gesehen hat: dunkelblauer Hakama, eine etwas farbenfrohere Shitagi und dann eine Art, an den Schultern ausgestellter, ärmelloser Haori darüber. Seine Haare waren kurz, aber sie waren ebenfalls dunkel und glatt, mit nur einem Hauch von Grau. Seine Gesichtszüge waren sehr majestätisch und typisch Kuchiki, wenn auch ein bisschen gröber und robust-aussehender, als die von Byakuya. Die Überraschung war die junge Dame. Sie saß im Seiza neben dem älteren Herrn und trug die Uniform der Akademie. Sie war so wunderschön und zart wie jede Kuchiki, mit langen, glatten, schwarzen Haaren, die schlicht ihren Schultern hinunter hingen und hatte blitzende, intelligente, graue Augen. Als sich ihre Blicke trafen, nickte ihr Renji kurz zu, wie er es bei jedem Untergebenen in Uniform getan hätte. Dann fiel er auf seine Knie und beugte den Kopf. „Kommandant?“ Byakuya stand auf und sorgte so dafür, dass die anderen Beiden auch auf die Beine kamen. „Ihr müsst mich entschuldigen. Der Vizekommandant und ich haben Angelegenheiten der Division zu klären.“ Sie verbeugten sich und dann wandte sich Byakuya ab und schwebte fast aus dem Raum. In dem Moment, als Byakuya vorbeikam, stand Renji auf und verbeugte sich vor den beiden. „Mein Herr“, sagte er, als er aus einer tiefen Verbeugung hoch kam. Zu der Dame gewandt, verbeugte er sich nur leicht und sagte: „Kadett.“ Bevor er sich umdrehte, um Byakuya zu folgen, bemerkte er, dass seine Anrede ihr ein breites Grinsen auf das Gesicht gezaubert hatte, bevor sie sich ebenfalls verbeugte und „Vizekommandant“, sagte. Der ältere Herr streckte blitzschnell seine Hand aus, als wolle er sie davon abhalten, sich zu verbeugen und schoss Renji einen Blick zu, der hätte töten können. Was zum Teufel? Als sie sich einige Schritte entfernt hatten, drehte Byakuya seinen Kopf ein klein wenig und sagte leise: „Ich liebe dich, Renji Abarai.“ „Was hab ich getan, um das zu verdienen?“ Byakuya erklärte, während sie weitergingen. „Hirako, die junge Kadettin, genießt das Leben eines Soldaten. Du hast sie unglaublich erfreut, als du ihren Rang anerkannt hast. Ihr Vater, der jüngste Bruder meines Großvaters, glaubt jedoch, dass der Soldatentum eine unpassende Berufung für eine junge Dame ist – besonders für eine, die den Namen der Kuchiki trägt und, aus eben jenen Grund, höchst ehefähig ist.“ Renji versuchte herauszufinden, wo das Problem lag, aber konnte es nicht. „Kann sie nicht einfach nach ihrem Abschluss heiraten? Das hast du auch getan.“ Byakuya drehte sich und führte sich einen langen Gang im überdachten Außenbereich hinunter. Obwohl das Anwesen überfüllt war, war dieser Flur irgendwie leer. „Das könnte sie durchaus“, stimmte Byakuya nachdenklich zu. „Falls sie einen Mann finden könnte, der der Ehemann eines Soldaten sein möchte.“ Renji wollte sagen, dass es nicht so schwer sein könnte, einen Typen zu finden, der eine Frau haben wollte, die auch zupacken konnte, denn: Hallo, heiß! Doch dann kam es ihm in den Sinn, dass sie vermutlich nicht irgendjemanden heiraten konnte – Sie musste jemanden heiraten, der einen Titel hatte. Und die hatten vermutlich andere Erwartungen in Ehefrauen. Trotzdem. Sicherlich war nicht jeder Adlige in der gesamten Soul Society konservativer Traditionalist, oder? Byakuya hielt vor einem Shoji-Schirm an. Renji ging an ihm vorbei, um die Tür für ihn zu öffnen und sie gingen in einen der vielen Hofgärten. Die Sonne war hell, aber die Luft knackig kalt. Die meisten Blumenbeete waren wegen dem Winter mit Mulch bedeckt, doch die Zierquitten-Bäume trugen geöffnete, fuchsiafarbene Blüten. Pinke Kamelien blühten, neben Büschen von Seidelbast, an den Wänden entlang. Die Luft im Garten roch nach schmelzendem Frost, modernden Blättern und Heu. Byakuya deutete an, dass sie auf der Bank unter dem Baum Platz nehmen sollten. Als sie sich niedergelassen hatten, entschied sich Renji, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und zu sagen, was ihn zum Anwesen gebracht hatte. „Ja, also Kommandant Kyōraku war heute Morgen seltsam. Ich denke, dass seine große Show am Tor gespielt war, um die Tatsache zu decken, dass einer seiner Leute versucht hat, Daisuke die Nacht zu vergiften. Natürlich war er vage genug, dass ich mir nicht sicher sein kann, aber einige Leute, mit denen Daisuke letzte Nacht den Raum geteilt hat, sagten, dass der krank war. Byakuya hörte mit geschlossenen Augen zu und sein Kopf war leicht zurückgelegt, als würde er versuchen, dass bisschen Wärme der Sonne aufzusaugen. „Du verdächtigst jemanden innerhalb meines Haushaltes?“ Renji zuckte mit den Schultern. Sie saßen nah genug beieinander, dass die Bewegung der Schulter sich ein wenig gegen Byakuya schob. „Könnte sein, aber das bezweifle ich. Ich meine, Eishirō scheint alles unter Kontrolle zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Fremder an ihm vorbei kommt. Außerdem waren da noch jede Menge andere Möglichkeiten, je nachdem, wie schnell das Gift wirkt. Da war die ganze Zeit, in der Daisuke in der Vierten war und jeder hätte auf seinem Weg zu uns in ihn hineinstolpern können. Es hat nicht geschafft, ihn umzubringen. Zumindest noch nicht bisher. So könnte es ein Fehlversuch gewesen sein.“ Renji klemmte seine Hände zwischen seinen Knien ein. Er lehnte sich ein wenig vor und starrte auf den Kiesweg zu ihren Füßen. „Scheiße, mit Kyōraku, bei allem was wir wissen, könnte er ihm etwas langsam Wirkendes schon vor Jahren untergejubelt haben. Kyōraku scheint mir von der langfristigen Sorte.“ „Das ist er durchaus“, sagte Byakuya. „Ich habe Eishirō gesagt, dass er allen seine Leuten noch einmal prüfen soll. Ich hab schon auf meiner Liste, der Kommandantin deiner Personenschützer noch einmal zu sagen, dass sie auf Alarmbereitschaft bleiben sollen.“ „Ja, sehr gut. Es scheint, du hast alles vortrefflich in der Hand.“ Vermutlich war es nicht Byakuyas Absicht gewesen, doch bei dem 'in der Hand'-Kompliment kamen bei Renji die Erinnerungen an letzte Nacht zurück. „Heh.“ Auch wenn seine Augen geschlossen blieben, ließ Byakuya zu, dass ein kleines Lächeln seine Lippen umspielten. „Nichts davon jetzt. Ich bin offensichtlich zu müde, um erfolgreich Doppeldeutigkeiten zu vermeiden.“ „Ja, das hat dich früh aus dem Bett geholt, oder?“ „Ja. Viel zu früh“, sagte er wehmütig. „Aber Hirakos Vater verlangt hartnäckig, dass ich die Erlaubnis, dass Hirako die Akademie besuchen darf, zurückziehe. Wie ich immer und immer wieder über dem Frühstück wiederholt habe, ist es einfach unmöglich. Sie hat bereits Shikai erlangt.“ Renji pfiff leise. „Wie zum Teufel hat sie das ohne Asauchi angestellt?“ „Das ist ein Rätsel“, sagte Byakuya. Er öffnete die Augen ein wenig, um Renjis neugierigem Blick zu begegnen, bevor er sie wieder schloss. „Die Zanpakutō-Seele scheint aus einem Kaiken entsprungen zu sein, welches Hirako die ganze Zeit verborgen bei sich trug. Das Kaiken war ein Geburtstagsgeschenk von einem Mitglied der Kasumioji-Familie.“ „Ist das wichtig?“, fragte Renji, setzte sich aufrecht hin und lehnte sein Rücken gegen die Bank. „Vielleicht. Die Kasumioji sind die zweite Macht der ersten wahren Familien. Eine verschlossene Familie mit weiblicher Erbfolge, die ihre Distanz zur Öffentlichkeit und dem Central 46 wahrt.“ Byakuya seufzte leise. „Ich bin selbst nicht sehr bekannt mit ihnen, da ich so selten den höfischen Funktionen nachkomme, aber sie sind bekannt für ihre Schmieden. Ihre Ländereien beinhalten reiche Mineralvorkommen. Tatsächlich wird eine Waffe der Kasumioji als den anderen überlegen angesehen. Andererseits ist man sicherlich... schlecht beraten, wenn man irgendwie die Kräfte eines Asauchis repliziert.“ Renji nickte. Er erinnerte sich an das, was Kenpachi darüber gesagt hatte, wie schwer es für ihn war, seine Rekruten zu bewaffnen. Abgesehen davon, dass offensichtlich jemand mit Macht eine strenge Kontrolle über den Zugang zu Zanpakutō haben wollte, würde Central einen Tobsuchtanfall bekommen, wenn sie herausfinden würden, dass eine mächtige Adelsfamilie aus Versehen Zivilisten mit lebenden Waffen ausrüstete. Byakuya legte den Kopf soweit zurück, dass Renji hören konnte, wie die Ketten des Kenseikan gegen die Rückenlehne klirrten. „Hast du jemals Tage, an denen du dir vor allem eine Möglichkeit wünschst, irgendetwas immer wieder zu schlagen?“ Renji lachte. „Scheiße, ja. An den meisten Tagen.“ Byakuya hob den Kopf und öffnete seine Augen. „Vielleicht, wenn ich es schaffe mich von meiner Familie zu befreien, könnten wir einen Trainingskampf machen?“ „Darauf kannst du wetten“, grinste Renji. Byakuyas Hand umgriff kurz Renjis Oberschenkel. Dann sagte er: „Gut, Dann lass uns zum Mittagessen treffen und dann gehen wir an einen privaten Ort.“ Renji grinste. „Heh, hast du Angst, dass jemand sehen könnte, wie du dein Oberteil an mich verlierst?“ Mit einem Schniefen stand Byakuya auf. „Es ist mehr, dass ich mir wünsche, dir die Peinlichkeit einer schnellen Niederlage durch meine Hände zu ersparen.“ Nun ja, da war etwas Wahres dran. Renji grunzte bestätigend, dass die Möglichkeit bestand. „Ja, ok. Ich kenne den perfekten Ort.“ „Exzellent“, sagte Byakuya, doch er schien nicht in Eile zu sein, zu gehen. Feingliedrige Finger streckten sich aus, um sanft die Linien auf Renjis Stirn nachzufahren. Renji blickte zu Byakuya auf. Die Perspektive war sexuell sehr aufreizend, besonders, als sich ihre Augen trafen. Byakuyas Finger fuhren weiter Renjis Augenbrauen die Linie seiner Wangen nach und glitten zu seinen Koteletten, um dann den Rändern seiner Lippen zu folgen. Renji öffnete willig seinen Mund und knabberte an den Fingern. Als Renji sie einsog, schien Byakuyas Atem zu stocken. Wäre es möglich gewesen, wäre Renji an Ort und Stelle auf die Knie gesunken. Doch es war viel zu gefährlich mit der ganzen Familie im Haus, also musste sich Renji damit zufrieden geben, enthusiastisches Interesse an Byakuyas Fingern zu zeigen, Seife und Haut zu schmecken. Seine Zunge kräuselte sich auf der Unterseite der Fingerspitze, ließ Byakuya erschaudern. Byakuyas andere Hand berührte Renjis Scheitel, strich liebevoll darüber, als er sagte: „Stopp. Du weißt, wir können nicht.“ Renji ließ Byakuyas Finger aus seinem Mund gleiten und stand dann auf, um seine Lippen zu erobern. Er war zum Trost gemeint, ein Abschiedskuss, doch Byakuyas Hand glitt hinunter, um sich fest in Renjis Nacken zu legen und seine Zunge plünderte Renjis Mund. Blindlinks schlangen sich Renjis Arme um Byauyas Schultern, doch seine Hände streiften aus Versehen die glatte, kalte, knochrige Oberfläche des Kenseikans und irgendwie verfingen sich seine Finger in den Ketten. Byakuya brach ihren Kuss mit einem: „Dieses verdammte Ding.“ Geschickt löste er Renjis Finger und richtete den Haarschmuck. „Ich bin froh, wenn ich es los bin.“ Renji war sich nicht sicher, was er dazu sagen sollte. Er liebte es, wie Byakuya ohne aussah, doch es stellte auch ebenfalls ein Teil von dem dar, was er war. Stattdessen küsste er vorsichtig Byakuyas Stirn. „Tut mir leid, dass ich den Kuss versaut habe. Er war schön.“ „Es ist gut, dass du es getan hast“, sagte Byakuya, strich seinen Haori glatt und richtete Senbonzakura. Mit abgewandten Augen sagte er: „Sei zum Mittagessen in meinem Büro. Danach trainieren wir.“ „Ja, Kommandant“, sagte Renji, denn es war klar, dass die Stimmung verfolgen war. Tatsächlich verbeugte er sich schnell, als sich Byakuya abwandte. Als die Tür sich schloss, richtete sich Renji von der Verbeugung wieder auf und seufzte mit einem heftigen, enttäuschten Schmerz zwischen seinen Beinen. Er ließ seine Beine einknicken und setzte sich zurück auf die Bank und hörte den einsamen Rufen eines überwinternden Vogels zu. Er wünschte sich dabei einen Liebhaber eher wie ihn, mit weniger verschissenen Selbstkontrolle, so dass er nun auf dem Rücken liegen würde. Er saß für ein paar Minuten da und versuchte wirklich angestrengt, sich nicht vorzustellen, was hätte passieren können. Schlussendlich entschied er, er sollte besser aufstehen und sich an die Arbeit machen, bevor er sich selbst einen Ständer bescherte. Gerade als er dabei war, sich von der Bank aufzurichten, bemerkte Renji eine Bewegung im Augenwinkel – braune Locken, so sehr wie die von Kyōraku, dass seine Hand zu Zabimarus Griff ging. Aber, nein, das war nur der Erbe, Shinobu. Shinobu trat hinter den Büschen hervor und ging zur Tür. Dann blickte er über die Schulter zu Renji und sah entsetzt aus, als er sah, dass Renji dort noch saß. Renji hob eine Hand von der Bank und winkte, doch der junge Erbe duckte sich durch die Tür hindurch. Renji gluckste. Das Kind muss wohl die ganze Zeit damit verbringen, im Anwesen herumzuschnüffeln… Warte eine Minute, niemand beobachtete den Erben – nicht die Personenschützer, nicht die Diener. Er hatte zu jedem Zugang, zu jedem Ort. Oh, keine Chance, dass er der Giftmörder war, er war nur ein Kind… ein Kind dessen Verwandter niemand geringeres als Shunsui Kyōraku war… Renji war in einem Herzschlag auf den Füßen und lief Shinobu nach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)