Unter den Schwingen des Horusfalken von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 13: Ermittlungen ------------------------ So fand sich Meruka in den umfangreichen, wenngleich düsteren, Archiven des tjati-Büros wieder. Als Schreiber des Königs hatte er natürlich Zugang und musste sich keine Geschichte ausdenken oder eine Zutrittserlaubnis beschaffen. Akribisch war hier auch festgehalten, welche Beamten wann und wo im Außendienst waren. Er musste zwar suchen, aber endlich fand er die Liste mit den für ihn wichtigen Namen. Einige, um nicht zu sagen, die Meisten davon kannte er, jedenfalls fiel ihm kein Name als ungewöhnlich auf. Während er sie abschrieb, bedachte er, dass es sich, sollten seine Vermutungen zutreffen, wahrlich um jemanden aus der engsten Umgebung des Obersten Beamten handeln musste. Ein sehr guter Grund überaus behutsam zu agieren. Zehn Namen, acht davon aus dem Büro selbst, dann noch der Vorsteher des Hauses, das bedeutete der Verwalter des Privatvermögens, dieser Thothhotep, und dessen Schreiber. Nur zu logisch, schließlich war Sobeknacht auf dieser Reise zu seinen Domänen gefahren um die neue Feldeinteilung zu prüfen, nebenbei und ganz sicher in der Hauptsache auch um ein wachsames Auge auf die Bewässerungssysteme in ganz Unterägypten. Auf der Suche, wie lange die jeweiligen Schreiber schon für Sobeknacht arbeiteten, stieß er auf viele Jahre. Manche hatten bereits unter Horus Chaba gearbeitet, andere waren Söhne hoher Beamter, die mit den Königskindern in der Palastschule ausgebildet worden waren, oft genug in den Jahrgängen um Sobeknacht, der seine ehemaligen Mitschüler als Vertraute bevorzugte. Nun gut, so viele Schreiber gab es auch nicht in ganz kemet. Schon aus diesem Grund war die neue Schule in Iunu am Tempel des Sonnengottes gegründet worden. Meruka seufzte, als er nach stundenlangem Lesen feststellen musste, dass er so einfach hier nicht weiterkam. Hoffentlich hatten die anderen Vier etwas herausgefunden. Aber, das war ihm nur zu bewusst, Geduld war einer der wichtigsten Grundlagen bei einer erfolgreichen Ermittlung.   Rahotep konnte das Gefühl nur zu gut nachvollziehen. Stunde um Stunde hatte er geduldig die Verzeichnisse des Hauses des Lebens durchgestöbert – Alraune war nicht dabei gewesen. Aber, was für ein anderes Schlafmittel konnte so gut wirken, dass das Opfer, in diesem Fall vor allem Menmire, sich nicht einmal gegen eine Frau zur Wehr setzen konnte oder wollte? Oder lag eben darin der Fehler? Baketbes hatte gesagt, dass die Opfer Wein oder Bier bekommen hatten. Hm. Damit verstärkten sich auch gewöhnlichere Mittel. Bilsenkraut wurde als leichtes Schlafmittel verordnet, da es durchaus betäubend wirkte, vor allem, wenn der Patient unter starken Schmerzen litt, oder vor Operationen. Er sollte dort einmal nachsehen, wer so etwas in den zwei Wochen vor Sennefers Tod erhalten hatte. Wie zu erwarten war die Liste lang. Bilsenkraut wuchs am Fluss und jeder Bauer benutzte es mehr oder weniger richtig, wenngleich in niedrigen Dosen oder in anderen Kombinationen. Aber, das war das Interessanteste, was er fand: es waren Beutelchen an das Privathaus des tjati gegangen. Zufall oder hatte das etwas mit ihren Morden zu tun? Er müsste mit Nefer reden, dass die mal dezent nachfragte. Allerdings, und das war der kleine Schönheitsfehler seiner Entdeckung: diese Lieferung war schon Monate vorher erfolgt, als Sobeknacht nach Norden fuhr zu seinen Domänen, und auch, um die Schule in Iunu zu überprüfen. Zufall? Möglich. Aber beide Male war Sennefer irgendwie beteiligt. Was nur hatte dieser Junge herausgefunden?   Ptahnacht war an diesem Abend gewiss ein beliebter Mann unter den königlichen Wachen. Nicht, dass sie seine Kampffähigkeiten nicht geschätzt hätten, aber, dass er Wein aus Syrien aus den königlichen Schatzkammern erhielt und brüderlich mit ihnen teilte, hob sein Ansehen – und die Laune der Kameraden. Der Ermittler nippte stets nur vorsichtig an seinem ersten und einzigen Becher, während sich seine Kollegen das süße Getränk aus Granatäpfeln munden ließen. Schließlich wusste jeder, dass so etwas nur die königliche Familie erhielt – oder besonders geehrte Beamte. Dass der Lebende Horus so freundlich gewesen war, einige Amphoren an einen Getreuen auszugeben hob das Ansehen der gesamten Gruppe. So war die Stimmung recht locker und Ptahnacht bemühte sich unauffällig in Richtung „spezielle Aufträge“ zu fragen. Aber da gab es nichts, wie er schon vermutet hatte. Falls wirklich zwei Männer solch einen Auftrag erhalten hätten, von dem sie annahmen, er komme vom tjati oder gar vom Herrn der beiden Länder selbst, würden sie eisern schweigen. Die Leibwachen waren stolz auf ihren Ruf bedingungsloser Treue. Andererseits waren die Zeitpläne der Wachen bekannt und strikt. Kaum jemand würde mal eben einfach so in die Stadt gehen können und einen Toten verschwinden lassen. Sicher, der Fluss war nahe, aber eine Stunde würde das doch bestimmt in Anspruch nehmen. Aber – wer dann? Moment. Was sagte Nebhotep da gerade? Dieser Mann war dreißig, aus bester Familie, und neben dem Vorsteher der Wachen sicher der einflussreichste aller Getreuen. Das lag nicht nur an seiner entfernten Verwandtschaft mit der königlichen Familie, sondern auch an der Tatsache, dass er den Hofrang eines „Wedelträgers des Königs“ trug. Kurz, er stand neben dem Herrn der beiden Länder und gab ihm Schatten, fächelte ihm Kühlung zu. Näher kam kein Bewaffneter dem lebenden Gott. Nebhotep hob seinen Becher: „Auf unseren edlen Spender. Und, was ich gerade erzählen wollte – nicht nur wir erledigen Aufträge für unsren guten Gott. Sogar die Wüstenwache.“ „Unsinn“ tadelte der Vorsteher prompt. „Sie ziehen durch die Wüste mit ihren Hunden, passen auf, dass die Sandleute kein Dorf belästigen, und fressen Staub. Wie kannst du sie mit uns vergleichen!“ „Würde ich nie. Aber, ich traf an einem freien Abend zwei Männer der Patrouillen der Wüste. Ohne Hunde, übrigens. Und sie waren eindeutig zu erkennen. Ist auch unser gewöhnlicher Schurz weißes Leinen, so tragen sie Leder. Sie erzählten mir voller Stolz, dass sie einen Sonderauftrag erledigt hätten, im Auftrag des Großen Hauses.“ Also, des Palastes, sei es der König selbst oder der tjati. „Natürlich war das Unsinn. Wenn, dann erhalten wir solche Aufträge und nicht die Sandläufer!“ Ptahnacht war hellhörig geworden. „Nun ja,“ meinte er aus doch jahrelanger Erfahrung. „Sie glaubten es wohl. Vermutlich hat sie der Sieger des Königs mit Weintransport beauftragt. Vielleicht den, den wir hier gerade trinken! - Genaueres erzählten sie ja wohl kaum.“ ergänzte er, als das Gelächter abgeklungen war. Die Wüstenpatrouillen waren wichtig, gewiss, jedoch auch anstrengend und gefährlich, jeder würde lieber bei der Palastwache sein. Dennoch war er alarmiert. Männer dieser Art waren selten in Ibenu-hedj. Und warum sollten genau diese einen Sonderauftrag erhalten? Hatte da jemand ganz schlau gedacht? Nun, das sollte Meruka überlegen, aber er musste hier und jetzt nachhaken. Nebhotep musste sein Gelächter unterdrücken. „Du bringst mich auf eine Idee. Stimmt. Nein, sie sagten nichts von Amphoren, aber von einem Korb, den sie aus der Stadt liefern sollten. Ja, Nahrungsmittel oder Wein, das könnte sein - und sie nahmen es so wichtig!“ Ein Korb! Ptahnacht musste an sich halten nicht weiter nachzufragen. Das war ein Hinweis in die richtige Richtung und er sollte weder Nebhotep noch seinen Vorgesetzten auf seine eigentliche Aufgabe aufmerksam machen. Meruka würde es gewiss gelingen alle Leute der Wüstenwachen befragen zu lassen – zumal, wenn diese in der Hauptstadt gewesen waren. Kein Wunder, dass Baketbes das helle Leder des Schurzes der Wüstenwachen in der Düsternis ihrer Herberge, zumal bei Nacht, mit dem weißen Schurz der Getreuen verwechselt hatte. Nur, wer war der Mann, der Zugriff auf die Wüstenläufer hatte? Sicher in ganz hoher Beamter. Kein Wunder, dass Meruka so vorsichtig ein wollte. Jetzt sollte er allerdings nur mehr zuhören, mitlachen und sich auf seine Wache am folgenden Morgen vorbereiten. Mehr war heute hier kaum zu hören.   Nefer hatte sich getreu ihres Auftrages mit Frauen aus dem Süden unterhalten, mit denen sie sich angefreundet hatte. Die gemeinsame Herkunft und Sprache schufen doch ein Band der Zusammengehörigkeit, zumal zwei der Frauen auch Witwen waren und von Sobeknacht hier angestellt worden waren, um sich ihren Lebensunterhalt selbstständig verdienen zu können. Nefer spielte eben diese Rolle. Dass sie sich neugierig nach der im gesamten Haus bekannten Tragödie erkundigte, fiel bei der Neuen nicht auf, zumal alle Diener, die das miterlebt hatten, noch immer gern davon erzählten. So erfuhr die Ermittlerin von dem tragischen Tod der kleinen Neferhenut durch ein Krokodil bei einem Bootsausflug mit ihren Eltern, von dem anschließenden Drama, dass die hochschwangere Herrin durch den Schock tagelang in den Wehen gelitten hatte und schlussendlich samt dem neugeborenen Sohn verstorben war. „Der Herr war so mitgenommen, wir dachten schon, er sterbe auch noch,“ erklärte Mutnofret, als sei es eben passiert. „Er stand nur schweigend da, als die Hebamme zu ihm kam, dann ging er in sein Zimmer. Sein Diener hörte ihn schluchzen, aber als er nach Stunden wieder kam, war er gefasst. Aber schrecklich bleich und viele sagen, ich auch, er sei danach nie wieder derselbe Mann gewesen. Du musst dir nur vorstellen, obwohl er nur noch den einen Sohn hatte, eben den jungen Herrn, ach, den hast du ja noch nie gesehen, Akenptah, hat er nicht wieder geheiratet und will auch seine gesamte Familie in seinem eigenen Grab beisetzen lassen, das ihm der Herr der beiden Länder, er lebe, sei heil und gesund, zur Verfügung gestellt hat! Das ist sehr ungewöhnlich.“ „Das ist es. Aber es ehrt ihn ja. Nun, er ist auch zu uns sehr freundlich gewesen,“ erklärte Nefer wichtigtuerisch. „Obwohl er doch tjati ist.“ „Oh, er war schon zuvor immer freundlich für solch einen hohen Herrn, aber viele meinen ja, das Ganze habe ihn doch gebrochen, er sei nicht mehr … Nein, das sagt man nicht, und er arbeitet ja auch als Beamter sehr hart. Er nimmt sich zusammen, wie es sich ziemt, ja, doch.“ „Dann hat der junge Herr auch bestimmt getrauert.“ „Getrauert ist gar kein Ausdruck! Er war ja auch erst vierzehn und musste, wie seine Eltern, zusehen, wie das kleine so hübsche, Mädchen von … von Sobeks Diener entführt wurde.“ Mutnofret machte eilig mit der Hand ein Schutzzeichen, das gegen eben jene Reptilien behüten sollte. „Als dann auch noch seine Mutter so starb … er lag fast ein halbes Jahr mit Dämonen auf seinem Lager, unfähig etwas zu tun. Magier, Ärzte, alles kam vom Hof, und überall wurde geräuchert, gebetet, und er bekam Tränke. Aber erst nach Monaten konnte er wieder aufstehen. Der arme Herr machte sich natürlich zusätzlich noch Sorgen um ihn. Ich denke, die Mengen an Bilsenkraut, die diese Zwei in den Monaten nach der Tragödie bekamen, trinkt unsereins in seinem ganzen Leben nicht.“ Nefer war erstaunt und zeigte es auch offen. „Ja, aber hast du nicht gesagt, der junge Herr sei im Augenblick in Abu? Dann hat er sich doch erholt und braucht jetzt keine Kräuter mehr.“ „Ja, natürlich. Es dauerte nur Monate. Dann, als es ihm soweit besser ging, nahm der Herr ihn mit auf eine Reise nach Norden, nach Iunu und in die Domänen oben im Delta, die ihm gehören. Schon um ihn abzulenken, aber wohl auch um zu sehen, ob der junge Herr wieder gesund ist. Er war es wohl, denn wir sahen ihn danach nicht mehr, sondern er blieb gleich in Iunu. Er soll wohl auch Bauleiter werden, oder wie man das nennt. Jedenfalls ist er mit dem Königssohn und dem Bauleiter jetzt in Abu. Unser Zuhause ist nicht weit, nicht wahr?“ Der instinktive Appell an die Nachbarin. „Ja, von mir aus kann man auf die Insel blicken. Ich lebe ja oben an den Granitminen am Rande der Wüste.“ „Oh. Ja, ich weiß. Man kann sie vom Tal aus sehen. Sehr staubig, nicht wahr? Wie kommt eigentlich das Wasser dorthin?“ „Esel bringen es. In langen Karawanen, dann bringen es Träger weiter.“ Nefer stammte ja tatsächlich aus diesem Dorf und sie wusste nur zu gut, warum Meruka solche Rollen immer nahe am eigenen Leben vorgab. Man wusste alles und brauchte nicht zu lügen, was leicht zum Auffliegen führen konnte. Während sie also der Wahrheit gemäß berichtete und Anekdoten aus dem Leben an den Granitminen erzählte, versuchte sie das Gehörte zu verarbeiten. Also war Akenptah nach dämonischer, langer Krankheit gerade gesund geworden, als er auf der Reise nach Norden Sennefer traf. Niemand außer dem tjati hatte ihn mitnehmen können oder auch nur lange zuvor wissen können, dass er mitfuhr. Auch hatte kaum jemand wissen können, welche Schüler der Oberste Beamte auswählen würde, oder? Das Treffen von Sennefer und Akenptah war folglich Zufall gewesen, aber das musste Meruka entscheiden. In dem halben Jahr Krankheit hatte der junge Herr sicher kaum Ansprache von Gleichaltrigen gehabt. War er deswegen so auf den Schreiber aus Iunu mit guten Aussichten eingegangen? Und hatte Sennefer das für zukünftigen Aufstieg als Garantie genommen? Alles nur ein Zufall? Aber Sennefer war tot. Warum nur? Was sagte Mutnofret da gerade über Sat-Sachmet, die Vorsteherin der weiblichen Dienstboten hier im Haus? „Wieso litt sie auch unter der Tragödie?“ fragte Nefer prompt zurück. „Sie erscheint mir eher wie jemand, der den Namen der Löwengöttin zu recht trägt.“ „Ja, sie lässt sich nichts gefallen und faucht gerne,“ gab Mutnofret zu. „Aber, sie ist gerecht zu uns, das wirst du schon noch sehen. Allerdings, sie war damals ja noch mit Thothhotep verheiratet, den wirst du nicht … ach doch, er macht ja die Einstellungen.“ „Er ist der Vermögensverwalter des Herrn, so wurde mir gesagt..“ „Ja. Und, das gebe ich gern zu, als der junge Herr so krank war, war er die gesamte Zeit um ihn, natürlich vernachlässigte er nicht seine Pflichten, aber seine Ehefrau. Sat-Sachmet nahm ihre Sachen.“ Eine Scheidung war, ebenso wie eine Hochzeit, eine rein private Sache. Allerdings … „Oh, sie nahm also mit, was sie in die Ehe eingebracht hatte?“ Die Frauensachen, wie man es nannte. „Nicht nur. Ihr stand ja auch das zu, was ihr Thothhotep nach der Hochzeitsnacht überschrieben hatte und zusätzlich ein Drittel seines Vermögens. Das machte ihn schon deutlich ärmer. Bisher hat er sein Grab nicht fertig bauen können. Allerdings ließ er als erstes ihren Namen ausmeisseln.“ „Warum ging er denn das Risiko ein sie so zu vernachlässigen?“ Und damit doch den erheblichen, finanziellen, Verlust bei einer Scheidung für den Ehemann, zumeist an Land und Kupfer. „Nun, wegen des jungen Herrn, natürlich. Ach so, ja, das weißt du nicht. Da der Herr als tjati doch viel auf Reisen ist und auch war, ließ er seine Söhne, dann natürlich nur noch Akenptah, von seinem Vermögensverwalter betreuen. Praktisch wie ein Lehrer, oder sogar Vaterersatz. Auch, wenn der junge Herr in die Palastschule ging, so war doch Thothhotep immer um ihn. Er nahm es sich sehr zu Herzen, dass es seinem Schützling so schlecht ging. Seine Pflicht gegenüber dem Herrn stand höher als die zu seiner Ehefrau.“ „Das hat Sat-Sachmet ihm übel genommen.“ „Nun, wer nicht? Man bindet sich ja eigentlich doch auch für die Ewigkeit.“ Nefer fragte verblüfft: „Aber Thothhotep ist hier und nicht in Abu.“ „Ja, natürlich. Jetzt lernt der junge Herr ja bei dem Bauleiter. Immerhin ist der auch ein Enkel eines Gottes, wie er.“ Der Enkel eines Horus, ja. Hatte Meruka Recht mit seiner Befürchtung es gehe gegen die potentiellen Thronfolger? Und jetzt waren gleich drei davon auf dem Schiff Richtung Norden? Nein, Merit hatte doch gemeint, der Bauleiter sei kein Erbe mehr, da sein Vater bereits tot sei. Hm. Nun, das war für sie als einfache Arbeitertochter zu schwer zum Entscheiden. Das sollte der Schreiber des Königs machen. Meruka besaß, das wusste sie aus den letzten fünf Jahren, die Gabe sich sehr selten zu irren. Und er lebte sein gesamtes Leben im Umkreis des lebenden Gottes. Vielleicht kam das daher.   Am folgenden Tag fand Nefer unter dem Vorwand, sie benötige einen Vorschuss an Nahrung, um am Tempel des Ptah eine Spende für das Ka, die Seele, ihres verstorbenen Mannes hinterlegen zu lassen, Gelegenheit mit Sat-Sachmet zu sprechen. Schließlich konnte sie es nicht an dem vermeintlichen Grab im Süden tun, aber die Götter würden schon dafür sorgen, dass er es erhielt. „Na schon“, sagte die Haushälterin. „Etwas Rizinusöl, sicher. - Aber du darfst erst nach dem Abendessen zum großen Tempel gehen. Am Tor wird sicher ein Priester stehen um diese Zeit, dem kannst du das geben. Sie werden es Ptah oder Sachmet opfern, wie du sagst, also, für das Ka deines Mannes.“ „Ja, natürlich, danke.“ Nefer nahm das tönerne Fläschchen. „Er war wohl ein guter Mann?“ „Ja. Und er ist jetzt ein Jahr tot. Viele der Arbeiter sterben jung, es gibt in den Minen immer wieder Unfälle, die selbst die Ärzte nicht heilen können.“ „Ärzte können eben auch nicht alles. Ich brauche da nur daran zu denken, wie lange sie gebraucht haben um den jungen Herrn wieder auf die Beine zu bekommen. Aber, davon hast du sicher schon gehört.“ „Ärzte? Sie sagten, das waren Priester.“ Nefer tat ahnungslos. Wenn Ärzte keine andere Ursache für eine Erkrankung finden konnten, ließen sie von einer nutzlosen Behandlung ab und ließen die Priester der Sachmet rufen, die dann mit Beschwörungen und Weihrauch, aber auch mit intensiven Gesprächen mit dem Kranken, versuchten eine Heilung herbeizuführen, indem sie zunächst den Fehler suchten, den der Betroffene gegenüber den Göttern begangen hatte. „Priester der Sachmet sind auch Ärzte, nur andere,“ versuchte die Hausvorsteherin der einfachen Bäuerin zu erklären. „Nur heilen sie anders. Und es dauert anscheinend länger.“ „Aber der junge Herr wurde doch gesund? Ich habe ihn ja noch nie gesehen?“ „Ja, er kommt in wenigen Tagen. Ich bin neugierig, wie er aussieht. Als er nach Norden fuhr, war er noch recht schwach und müde. Nun ja, Dämonen zehren auch an Menschen.“ Schwach und müde, lange krank gewesen und wohl allein mit den Ärzten, dachte Nefer. Hatte ihm darum Sennefer so gefallen? Oder hatte er nur dem Schützling seines Vaters höflich begegnen wollen und Sennefer hatte das missverstanden? Jedenfalls sollte sie heute Abend den erlaubten Ausflug auch dazu nutzen mit Meruka zu sprechen. Und in einigen Tagen würde sie den ominösen jungen Herrn ja dann zu Gesicht bekommen – wenn ihr Vorgesetzter sie nicht vorher abzog. Aber das würde er nur tun, wenn er sicher wüsste, dass Akenptah nicht in Gefahr war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)