Zum Inhalt der Seite

Contest Trouble

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Auf dem Schiff

Es war das Licht, das Maike am nächsten Morgen weckte. Durch das Bullauge in der Schlafkabine drang zwar nur wenig Tageslicht, dennoch reichte es aus, um ihre innere Uhr in Gang zu bringen.

Die Koordinatorin seufzte, zutiefst zufrieden mit sich und der Welt. Sie fühlte sich wahnsinnig erholt und war sich ziemlich sicher, dass sie seit Ewigkeiten nicht mehr so gut geschlafen hatte. Es war beinahe schon zu schön, um wahr zu sein, und noch weigerte sie sich, ihre Augen zu öffnen. Stattdessen wollte sie sich strecken, um ihre müden Gliedmaßen in Schwung zu bringen.

Mitten in der Bewegung hielt sie inne, als ihr wieder einfiel, wo sie sich befand. Nicht in ihrer eigenen Schlafkabine und nicht in ihrem eigenen Bett. Und sie lag auch nicht auf ihrem eigenen Kopfkissen - geschweige denn überhaupt auf einem Kissen.

Schlagartig war sie mehr als bereit, ihre Augen zu öffnen. Ganz langsam, fast wie in Zeitlupe, richtete sie sich auf und wandte den Kopf so weit, bis sie ihren Rivalen ansah.

Drew schien noch zu schlafen, und so wie er dort saß war es für ihn eine überaus unbequeme Nacht gewesen.

Plötzlich öffnete er ein Auge einen Spalt breit und erwiderte ihren Blick.

„Guten Morgen“, sagte er und Maike war endgültig hellwach.

Hastig setzte sie sich gerade und brachte mit hochrotem Kopf ebenfalls ein „Guten Morgen“ zustande.

„Hast du gut geschlafen?“, wollte der Grünhaarige, der sie nun mit beiden Augen betrachtete, wissen.

Maike nickte. „Ja, wie ein Stein. Aber deine Nacht war bestimmt weniger angenehm. Tut mir Leid.“

Drew schüttelte den Kopf und streckte sich.

„Nein nein, war alles bestens.“

Wieder einmal konnte Maike bloß bewundern, wie entspannt er mit Situationen umging, welche ihr selbst sofort einen knallroten Kopf bescherten.

„Ich bin froh, dass du heute Nacht schlafen konntest“, fügte er noch beiläufig hinzu und stand auf. Mit den Händen fuhr er kurz durch sein zerzaustes Haar und richtete es dadurch halbwegs.

Voller Bewunderung beobachtete Maike ihn und kam nicht umhin, ihn ein wenig darum zu beneiden. Bei ihren Haaren wäre das nicht so leicht.

„Oh Gott“, entfuhr es ihr leise, als sie erschrocken feststellte, dass sie aktuell mit Sicherheit große Ähnlichkeit mit einem aufgeplatzten Sofakissen hatte.

Hastig zupfte sie an ihren Haaren umher und stand auf, um schnellstmöglich in ihre eigene Kabine zu gehen.

„Hey, immer sachte!“

Drew hob in beschwichtigender Geste die Hände, doch sein amüsierter Gesichtsausdruck sprach für sich. In ihrer Eile hatte seine Rivalin ihn ganz schön angerempelt - nur um dann festzustellen, dass sie so nicht an ihm vorbei kam.

„Was ist denn los?“

„Mann, Drew, lass mich einfach durch“, schimpfte Maike und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „So muss mich eigentlich niemand zu Gesicht bekommen.“

Drew musste sich ein Grinsen verkneifen. Er hatte irgendwie mehr Selbstbewusstsein von ihr erwartet - und er für seinen Teil fand sie auch mit zerzausten Haaren hinreißend. Natürlich würde er ihr das aber niemals so sagen.

Er beschloss, ihre Geduld noch ein bisschen auf die Probe zu stellen, und machte sich noch ein wenig breiter. Neugierig beugte er sich etwas herab, bis er mit ihrem Gesicht auf einer Höhe war, und sah ihr dann in die Augen.

Mit grimmiger Miene und geröteten Wangen wandte sie den Blick ab. Ihr war natürlich mehr als bewusst, dass er das mit Absicht tat, und das trieb sie zur Weißglut.

Sein Blick schien auf einen Punkt über ihren Augen zu fallen.

„Oh mein Gott“, stieß er aus, „was ist denn das?!“

Maike schnappte nach Luft und versuchte, mit ihren Händen ihr Gesicht zu verdecken. Was hatte sie da? Hatte sie etwa über Nacht einen riesigen Pickel bekommen? Der Horror!

Mit vollem Körpereinsatz schaffte sie es, sich an ihm vorbei zu drängen.

Drew lachte. „Das war nur ein Witz! Tut mir Leid!“

Ohne weiter darüber nachzudenken legte er seine Arme um sie und hielt sie so davon ab, zur Tür zu gelangen.

„Da ist gar nichts. Keine Ahnung worum du dir Sorgen machst, du siehst genau so gut aus wie sonst auch.“

Doch Maike hörte davon schon nichts mehr und nun wurde auch Drew schlagartig bewusst, dass sie komplett in ihrer Bewegung eingefroren war.

Er stieß einen leisen Fluch aus und ließ sie sofort los.

Einen Sekundenbruchteil dauerte es noch, dann hatte Maike sich wieder gefangen und stürmte aus der Kabine.

Verzweifelt raufte Drew sich die Haare. Er hätte vorher darüber nachdenken müssen! Wie konnte er bloß so ein riesiger Idiot sein?

Dabei war alles so wunderbar gelaufen. Selbst als er sie geärgert hatte war alles noch im Rahmen gewesen. Und dann musste er sie ja unbedingt festhalten.

Er erinnerte sich daran, wie sie ihm von ihrer Hilflosigkeit erzählt hatte. Von ihrer Angst, als sie sich nicht hatte wehren können.

„Ich bin so, so, so ein Vollidiot!“, murmelte er an sich selbst gerichtet.

Das musste er dringend wieder gerade biegen.
 

Maike hatte die Tür hinter sich abgeschlossen, sich mit den Rücken daran gelehnt und sank nun erschöpft daran herab. Die Erholung, die sie vor ein paar Minuten noch verspürt hatte, war damit wohl hinfällig.

Noch immer schlug das Herz ihr bis zum Hals.

Gleichzeitig fing sie aber auch schon an, sich fürchterliche Vorwürfe zu machen.

„Ich hab total überreagiert“, stellte sie tonlos fest.

Es war doch nur Drew gewesen.

Nur Drew!

Immerhin gehörte er zu den Personen, denen sie am meisten vertraute.

Außerdem war es ihm sofort aufgefallen und er hatte sie los gelassen. Sie konnte doch nicht von ihm erwarten, dass er permanent auf der Hut war in ihrer Gegenwart nichts „Falsches“ zu machen.

Davon mal ganz ab... wünschte sie sich doch Nähe zu ihm.

Sie seufzte und rappelte sich auf. Vor ihrem kleinen Spiegel betrachtete sie aufmerksam ihre Stirn. Alles in Ordnung.

„Was für ein schlechter Witz, Drew“, murmelte sie und ließ sich auf ihr Bett fallen.

Luxio sprang zu ihr aufs Bett und sah seine Trainerin fragend an.

Mit einem verzweifelten Lächeln streichelte Maike ihm über den Kopf.

„Alles gut. Ich habe nur Mist gebaut. Aber das wird schon wieder.“

Ob es sie nun verstand oder nicht, es machte auf alle Fälle einen beruhigten Eindruck und schmiegte sich an sie.

Gedanklich ging Maike die Situation noch einmal durch und kam zu dem Schluss, dass es einfach eine unglückliche Verkettung von Umständen gewesen war. Zum Einen hatte sie eh schon „fliehen“ wollen, ein Bedürfnis, welches sie in Drews Nähe sonst ganz und gar nicht empfand. Zum Anderen hatte sie überhaupt nicht damit gerechnet, dass er sie plötzlich festhalten würde, und war davon vollkommen überrumpelt gewesen. Und ohne dass sie es hätte kontrollieren können war sie in Gedanken wieder bei den Bewahrern gewesen.

Was sie nicht wissen konnte war, dass er sich gerade genau so den Kopf darüber zerbrach wie er auf sie zugehen sollte wie sie es andersherum tat.

„Mist“, fluchte sie und stand auf, Luxio auf dem Arm. Es nützte nichts.

Nachdem sie das Elektropokemon abgesetzt hatte, schlüpfte sie in ihre Klamotten und machte sich fertig. Danach ging sie zum Frühstück. Wie erwartet war Drew schon da und als er sie bemerkte, warf er ihr einen verunsicherten Blick zu.

Maike war überrascht, wie sehr dieser Blick sie traf. Der Drew, den sie kannte, war selten verunsichert. Er strotzte nur vor Selbstbewusstsein und wusste auch mit den schwierigsten und unangenehmsten Situationen souverän umzugehen.

Der Drew jetzt war dagegen ein Anderer.

Aber wie konnte sie ihm das schon verübeln?

Sie schluckte ihre eigene Unsicherheit herunter und setzte sich mit ihrem Frühstück zu ihm an den Tisch.

Noch ein paar Sekunden herrschte unangenehmes Schweigen, dann gab Drew sich einen Ruck.

„Es tut mir Leid“, sagte er frei heraus und sah sie direkt an. In seinem Blick lag zwar immer noch Unsicherheit, doch gleichzeitig auch Entschlossenheit.

Maike schüttelte hastig den Kopf.

„Nein, mir tut es Leid! Du hast nichts falsch gemacht.“

Drew lachte kurz auf. Es klang beinahe verbittert.

„Natürlich habe ich das“, widersprach er. „Aber es wird nicht noch mal passieren.“

Maikes Blick sank auf ihr Essen. Was würde nicht noch einmal passieren? Dass er sie fest hielt?

Bei Arceus, dabei wollte sie doch nichts mehr, als bei ihm sein, von ihm berührt werden, und ja, auch von ihm fest gehalten werden!

Sie spürte, wie sie bei diesen Gedanken leicht errötete und sah wieder zu ihm auf.

„Ich will nicht, dass du dich deshalb von mir entfernst“, erwiderte sie und war selbst überrascht, wie fest und sicher ihre Stimme klang.

Drews Anspannung schien sich zu lösen und ein warmes Lächeln ersetzte den ernsten Ausdruck von vorher.

„Das werde ich nicht“, beruhigte er sie. „Ich werde bloß etwas vorsichtiger sein.“

Sie setzte dazu an zu widersprechen, doch er ließ es nicht zu.

„Nein, sag jetzt nicht, dass ich das nicht muss. Bitte. Wenn es hilft, wenn ich nur ein bisschen vorsichtiger bin, dann ist das wichtig für mich.“

Sie seufzte und lächelte ihn schließlich dankbar an. Ihr war klar, dass seine Rücksichtnahme keine Selbstverständlichkeit war und dass sie wahrscheinlich aktuell mehr anstrengend war als alles andere.

„Na gut“, gab sie klein bei, „aber nur, wenn wir das Thema jetzt abhaken. Und wenn du dir deine schlechten Witze am Morgen sparst.“

„Abgemacht. Aber heißt das, dass ich dich die kommenden Tage immer direkt nach dem Aufwachen sehen darf?“

Er grinste sie verschmitzt an und sofort errötete sie wieder.

„Also, wenn... wenn es dir keine gar zu großen Umstände macht...“

„Definitiv nicht“, antwortete er ein kleines bisschen zu schnell und sie lächelte verlegen.

„Okay. Danke.“

Drew räusperte sich und wechselte das Thema.

„Also, wie vertreiben wir uns heute die Zeit?“, fragte er sie und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

Nachdenklich biss sie in ihr Brot. Es gab wirklich nicht viel zu tun auf diesem Schiff, aber drei Tage würden sie noch unterwegs sein.

„Machen wir heute nicht einen Zwischenstopp auf dieser einen Insel?“, überlegte sie. „Wie hieß sie noch?“

„Caldena“, antwortete Drew auf ihre Frage und nickte. „Stimmt, das hätte ich beinahe vergessen.“

„Dann lass uns dort die Insel anschauen. Drei Stunden haben wir, oder?“

Drew nickte erneut. „Richtig, wir warten dort auf Passagiere eines anderen Schiffes. Gut, das klingt nicht verkehrt.“

Er hatte gelesen, dass Caldena zwar nur ein paar hundert Einwohner hatte, dafür waren die Flora und Fauna einzigartig. Die Pokémon dort unterschieden sich von ihren Verwandten auf dem Festland zwar nicht auf so extreme Weise wie beispielsweise die Alola-Formen, doch wiesen sie oft ganz einzigartige Farben auf, waren deutlich größer oder kleiner, oder hatten sonst bestimmte besondere Eigenschaften wie spezielle Attacken oder Fähigkeiten. Dafür war die Zahl der Arten natürlich auch begrenzt.

Auch die Landschaft konnte sich sehen lassen.

Von zerklüfteten Steilküsten auf einer Seite der Insel, über dichte Wälder und verzweigte Höhlensysteme bis hin zu weiten Stränden auf der anderen Seite.

Nicht zuletzt waren da die Mythen und Geschichten der Einwohner. Derartige Dinge weckten stets Drews Interesse.

Drei Stunden waren bei Weitem zu wenig, aber ein paar interessante Orte würden sie bestimmt abklappern können.

Nach dem Frühstück dauerte es nicht mehr lange, bis das Schiff im kleinen Hafen von Caldena anlegte.

Es gab nur zwei weitere große Anlegestellen, dafür eine unzählige Menge an kleinen Fischerbooten. Man musste sich nicht erst belesen um zu erkennen, womit sich die Einwohner hier überwiegend ihren Lebensunterhalt verdienten.

Die Menschen am Hafen waren alle überaus freundlich und fröhlich. Wahrscheinlich trug der aufblühende Tourismus den größten Teil dazu bei, dass die Stadt auf der Insel wuchs und die Einwohnerzahl stetig zunahm.

Nichts desto trotz war es eine kleine, beinahe schon niedliche Stadt. Es gab lediglich eine Handvoll Cafés und Restaurants und zwei Souvenir-Läden.

Mit vor Begeisterung funkelnden Augen lief Maike durch die kleinen verwinkelten Gassen und bewunderte die bunten Gebäude und Menschen.

Drew seinerseits konnte es nicht verhindern, dass sein Blick immer wieder auf sie fiel.

Sie wirkte so sorglos und glücklich hier. Als wäre sie nicht erst vor kurzem völlig aufgelöst aus seiner Schlafkabine geflüchtet.

„Wow!“, stieß sie voller Bewunderung aus, als sie am höchsten Punkt der Stadt angekommen waren. Von hier aus hatte man einen großartigen Blick über einen weiten Teil der Landschaft.

„Sieh dir den riesigen, dichten Urwald an, Drew! Und dort hinten, was ist das?“

Sie deutete auf eine Felswand, an der man aus der Ferne undeutlich ein paar Formen und einen Eingang zu einer Höhle entdecken konnte.

„Ich denke, das ist die Höhle, um die sich hier auf der Insel viele Mythen ranken. Nach dem, was ich gelesen habe, wurde dort früher das Pokémon Bronzong verehrt.“

„Bronzong?“, fragte Maike verblüfft. „Warum wurde es denn verehrt?“

„Laut Legenden war diese Insel anfangs ein trister, karger Ort, an dem kaum etwas wuchs. Als die Ureinwohner dieser Insel schließlich Bronzong begegneten, sorgte es für Regen und reiche Ernten und durch sein Wirken entstand erst der Urwald, den wir hier sehen.“

„Wahnsinn, woher weißt du das alles?“

Drew zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich halt belesen, als ich gehört habe, dass wir hier einen Zwischenstopp machen. Könnte dir manchmal auch nicht schaden.“

Maike schnaubte genervt.

Plötzlich zuckten beide Koordinatoren mitsamt ihrer Pokémon erschrocken zusammen, als hinter ihnen eine Stimme erklang.

„Auch heute noch wird Bronzong hier verehrt“, sprach eine alte, buckelige Frau mit unzähligen Falten in ihrem wettergegerbten aber freundlichen Gesicht.

„Die Höhle ist frei zugänglich und wird von Reisenden gern besucht. Sie ist nur eine halbe Stunde entfernt, wenn ihr den direkten Weg durch den Wald nehmt.“

Dann trat ein Glitzern in die Augen der Alten und sie öffnete eine kleine Kiste mit vielen verschiedenen Schmuckstücken und Anhängern aus Steinen.

„Und wenn das junge Paar möchte, dann kann es für eine kleine Spende einen Glücksbringer erwerben. Hergestellt aus Steinen, die aus dieser Höhle selbst kommen! Ich habe die Glücksbringer in Form von Anhängern, Armbändern, Ketten und Ohrringen im Angebot. Nur 7 Pokedollar für die Ohrringe, je 10 Pokedollar für den Rest!“

Sie hielt den Beiden ihre Kiste förmlich unter die Nase und sah sie erwartungsvoll an.

„Wir sind kein...“, begann Maike überrumpelt, wurde aber sogleich von Drew unterbrochen.

„Einen Anhänger, bitte.“

Die Alte lächelte zufrieden und zeigte Drew ein paar, aus denen er sich einen aussuchte.

„Gute Wahl“, meinte sie grinsend. „Das macht 10 Pokedollar, bitte.“

Der Koordinator bezahlte und nahm den Anhänger entgegen.

„Dann wünsche ich euch viel Spaß“, sprach die Alte. „Und haltet euch an die gekennzeichneten Wege, wenn ihr die Höhle betretet. Sonst könnte es gefährlich werden.“

Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging mit kleinen schnellen Schritten davon.

Maike sah Drew mit hochgezogener Augenbraue an. „Du lässt dir aber auch alles aufschwatzen, oder?“

Er lächelte und reichte ihr den Anhänger.

„Der ist übrigens für dich, du undankbares Ding.“

Etwas überrumpelt sah sie ihn an und griff danach.

„Was? Aber warum?“

„Ich dachte, dass etwas Glück wohl nicht schaden kann“, meinte er. „Außerdem passt er zu deinen Augen.“

Sie errötete und betrachtete den Anhänger. Er war aus einem funkelnden, blauen Stein und hatte in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Augenfarbe.

„Danke, Drew!“

Das Lächeln, das sie ihm schenkte, ließ sein Herz für einen Moment schneller schlagen.

„Nicht der Rede wert. Also, was meinst du? Wollen wir uns die Höhle ansehen?“

Maike nickte begeistert und auch ihr Luxio schien ganz aufgeregt.

„Unbedingt! Wenn es nur eine halbe Stunde dauert haben wir noch mehr als genug Zeit!“

Also machten sich die beiden Koordinatoren auf den Weg, der eigentlich mehr eine Art Trampelpfad durch den dichten Urwald darstellte.

Dann und wann sahen sie verschiedene Pokémon durch den Wald huschen, ansonsten passierte jedoch nichts weiter Spannendes, sodass sie einfach die Eindrücke ihrer Umgebung genießen konnten. Das Rauschen der Blätter im Wind, der Gesang von Plaudagei und das stetige vor sich hin Plätschern eines kleinen Baches. Auch Luxio und Roserade, die ihre Trainer außerhalb ihrer Pokebälle begleiteten, genossen in einvernehmlicher Stille den Spaziergang.

Schließlich erreichten sie die Felswand und den Eingang zur Höhle. Nun war es unschwer zu erkennen, was die Gebilde im Stein darstellen sollten. Vor vielen vielen Jahren hatte dort jemand die Form von Bronzong eingemeißelt.

Ehrfürchtig sah Maike daran hinauf und fragte sich, wie die Menschen damals es wohl geschafft hatten, etwas so formgenau und riesig in eine Felswand zu hauen.

„Wahnsinn“, murmelte sie, doch als sie realisierte dass Drew schon auf dem Weg in die Höhle war folgte sie ihm mit schnellen Schritten.

„Absol“, sprach Drew und rief das Unlicht-Pokémon aus seinem Ball. „Setz Blitz ein!“

Die Höhle wurde zwar spärlich durch Fackeln beleuchtet, doch nachdem Absol Blitz eingesetzt hatte konnte man viel besser sehen.

„Hast du das Schild am Eingang gesehen?“, fragte Maike ihren Rivalen. „Da stand, dass man sich wirklich an die gekennzeichneten beleuchteten Wege halten soll, weil man sonst Gefahr läuft sich zu verlaufen oder zu verletzen.“

Drew nickte. „Ja, habe ich gelesen. Ich hatte vor mich daran zu halten.“ Dann warf er ihr einen skeptischen Blick zu. „Du etwa nicht?“

„Was? Natürlich!“ Sie lachte. „Ich bin jetzt nicht so versessen darauf, mich hier zu verlaufen.“

Sie folgten dem Weg und konnten verschiedenste alte Malereien an den Höhlenwänden bewundern. Zusätzlich war die Höhle übersät mit blauen Kristallen und Steinen, die im Licht wunderschön funkelten.

Maike griff nach ihrem neuen Anhänger. Er musste aus einem dieser Steine gemacht worden sein.

„Sieh mal“, sagte Drew und sie ging neugierig zu ihm herüber. Er deutete auf ein Bild an der Wand.

„Ah, das sieht so aus, als würde Bronzong dort für den Regen sorgen“, sagte Maike und betrachtete es genauer. Die stilisiert abgebildeten Menschen schienen sich vor dem Pokémon zu verbeugen und es zu verehren, ganz so, wie Drew und die alte Frau es erzählt hatten. Das Bronzong selbst wirkte dabei übertrieben groß.

„Warum ist es so riesig?“, fragte sie, doch Drew zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht. Vielleicht eine Form von Inselgigantismus.“

Eigentlich hätte Maike ihn gerne gefragt was genau das war, doch sie wollte nicht allzu unwissend wirken. Deshalb nickte sie bedächtig und beschloss, stattdessen später das Internet danach zu befragen.

Plötzlich merkte sie, wie etwas an ihrer Gürteltasche zerrte. Noch bevor sie wirklich darauf reagieren konnte, wurde die Tasche mit einem starken Ruck, der den Gürtelverschluss öffnete, von ihr weggezogen.

„Hey!“, rief sie und wirbelte herum. Sie konnte gerade noch so erkennen, wie der Schatten eines Pokémon mitsamt der Tasche davon huschte.

Sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken - in der Tasche waren ihre Pokebälle!

Also rannte sie dem Pokémon nach und achtete nicht auf die Rufe von Drew und Luxio hinter ihr.

Der kleine Dieb war schnell und Maike hatte Schwierigkeiten, ihn nicht aus den Augen zu verlieren.

Zu allem Überfluss hatte sie sich bereits so weit von Drews Absol entfernt, dass sein Blitz hier nichts mehr erhellte, und auch keine Fackeln hingen hier mehr an den Wänden. Als sie um die nächste Ecke bog, schlug ihr absolute Dunkelheit entgegen. Es war, als wäre sie plötzlich im vollkommenen Nichts gelandet.

Erschrocken stolperte sie vorwärts und suchte mit ihren Händen nach irgendetwas, woran sie sich festhalten konnte. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse - von irgendwo her musste noch ansatzweise Licht kommen, sonst hätte sie die eigene Hand vor Augen nicht mehr sehen können.

Ihr wurde klar, dass sie zurück musste. So würde sie niemals an ihre Gürteltasche kommen - stattdessen würde sie sich höchstens verlaufen.

Sobald sie zurück bei Drew war, musste sie sich etwas überlegen.

Sie war gerade dabei sich umzudrehen, als sie spürte, wie der Boden unter ihren Füßen begann nachzugeben.

Noch ehe sie die Chance hatte auch nur zu versuchen, sich in Sicherheit zu bringen, stürzte sie schon hinab.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yurippe
2019-06-11T11:20:53+00:00 11.06.2019 13:20
Oh je, Maike hat aber auch ein Talent dafür, sich in dumme Situationen zu bringen. Ich dachte, die Geschichte würde sich langsam dem Ende nähern, aber so scheint es ja doch nicht zu sein. Finde ich schön!
Antwort von:  Auraya
17.08.2019 20:23
Sooo viel ist es gar nicht mehr - aber ich bin sehr froh, dass du mir noch immer zur Seite stehst <3
Maike ist ein absoluter Tollpatsch, ja. ^^


Zurück