Meine Gedanken zu Kai von Marron ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Kai schnaubte leise. Vor einigen Tagen war er kurz davor gewesen, Tyson die Meinung zu sagen. Sein Freund hatte sich so dermaßen in die Vorstellung reingesteigert, dass seine Freunde jetzt seine Gegner waren, dass er blind wurde. Er war so wütend gewesen. So hatte der Halbrusse ihn noch nie erlebt. Aber er ahnte, dass unter der Wut eigentlich nur Traurigkeit begraben lag. Nicht, dass man dem Japaner mit trösten hätte helfen können. Nein, so war er nicht gestrickt. Um zu diesem Dickschädel durchzudringen, konnte ein Schlag auf den Hinterkopf nicht schaden. Und so war es auch das Beste - nur hatte Tysons Großvater das schon übernommen. Lautstark hatte Kai schon von draußen gehört, was der alte Mann zu seinem Enkel sagte. Kurz musste er schmunzeln, als er daran dachte, wie deutlich Tyson auf dem Schlauch gestanden hatte. Er musste noch lernen, dass er nicht in Schubladen denken durfte. Kurz darauf verschwand sein amüsierter Ausdruck auch schon wieder. Er hatte gedacht, es hätte sich erledigt. Er hatte gedacht, Tyson hätte sich wieder gefangen. Aber dem war nicht so. Da war dieser Typ, der sich immer einmischte: Jin. Wer auch immer das war, er nervte den Halbrussen. Wieso mischte er sich ein? Wieso brachte er Ray, der noch gezweifelt hatte dazu, eine klare Entscheidung zu treffen? Das hatte er mittlerweile herausgefunden, weil er tatsächlich nachgefragt hatte. Und Ray hatte ihm erzählt, dass der Kerl ihn zum Kampf herausgefordert hatte. Dass er behauptet hatte, Ray würde sich nicht weiterentwickeln können, wenn er im Team blieb. Vielleicht stimmte es, aber wer hatte das Recht, sich in Teamangelegenheiten einzumischen?! Wer war der Kerl, der sich hinter einer Maske versteckte?! Frustriert schnaubte er. Wie sollte er etwas in Erfahrung bringen, wenn alle um ihn herum von diesem Mann beeinflusst wurden? Nur Tyson nicht. Den Japaner hatte der Kerl sorgsam ausgelassen. Warum? Kai rappelte sich auf und sah von dem Dach, auf welchem er saß, nach unten auf die Straße. Wenn Tyson sich noch anmelden wollte, um an der WM teilzunehmen, sollte er bald auftauchen. Das war einer der Gründe, warum Kai sich hier oben hingesetzt hatte. Er hatte alles im Blick und konnte sehen, wer kam. So konnte er seine Konkurrenz sehr gut einschätzen - wie sie gingen, wie ihre Mimik war. Aber er konnte auch direkt sehen, wann seine Freunde ankamen. Und die ließen sich Zeit. Sehr viel Zeit. Erneut seufzte er. Hatte Tyson mal wieder die Uhrzeit vergessen? Hatte Hilary ihn nicht daran erinnert? Sie tat es doch sonst immer. Oder hatte Tyson wieder einen seiner Momente, in denen er sich zurückzog und nicht zu erreichen war? Sorge wand sich in Kai hoch. Vielleicht hätte er doch direkt hingehen und sein Team abholen sollen. Zumindest wüsste er dann, was los ist. Wenn sie in zehn Minuten noch nicht da sind, dann gehe ich selbst hin!, beschloss er und lehnte sich wieder zurück. Exakt neun Minuten später hörte er die plärrende Stimme von Daichi, halb überlagert von Tysons angefressenen Erwiderungen. Kai lies den angehaltenen Atem aus seiner Lunge. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass seine Sorge erst jetzt verschwand. Nicht völlig - ein Blick in Tysons Gesicht reichte aus, um zu sehen, dass längst nicht alles beim Alten war - aber er war schon mal besser drauf als vorher. Der Japaner schien nicht mehr diese tiefsitzende Wut mit sich herumzutragen. Sie stand ihm auch nicht, immerhin wusste Kai sehr gut, dass Hass auf die Ungerechtigkeiten der Welt schmerzen konnte wie ein Stachel, der in einem steckte. Er erinnerte einen ständig daran, dass etwas geschehen war, was negativ belastete und machte es einem unmöglich, darüber hinweg zu kommen. Man konnte nur irgendwann diesen Stachel loslassen. Aus dem Inneren des Gebäudes kam die entnervte Stimme seines besten Freundes. Tyson regte sich darüber auf, dass Kai noch nicht da war. Der Halbrusse richtete sich auf, schmunzelte bei der Wortwahl, die er hörte - und erstarrte einen kurzen Moment. Da war ein Unterton, den er nicht einordnen konnte. Eine Art, wie Tyson Kais Namen aussprach. Dieser Ton machte Kai nervös, lies die zarten Härchen auf seinen Armen sich aufstellen. Was war los mit ihm? Er schüttelte die Irritation ab und sprang nach unten. Das Funkeln in Tysons Gesicht, als er endlich auftauchte, machte es wett, dass Kai sich vorher noch Gedanken gemacht hatte. Dennoch verzog er keine Miene, wie üblich. Er schritt an den anderen vorbei und trug sich ein, genau eine Minute vor Anmeldeschluss. Innerlich grinste er, der Auftritt war nicht geplant gewesen, fügte sich aber sehr schön. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)