Schmiedeglut von Nhaundar ================================================================================ Kapitel 1: Erster Hammerschlag ------------------------------ Ich war neu in der Stadt angekommen. Sie war belebt, die Straßen voller Menschen und auch deren Unrat. Sie stank, wie jede andere große Metropole auch. Aber nichts desto trotz hatte sie auch ihren Charme. Die Marktschreier die ihre Ware feil boten, die schnatternden Weiber am Waschbrunnen, das Hämmern auf Metall, dass aus weiterer Ferne an mein Ohr drang. Es war voll, interessant und bunt. Etwas dass ich mir seit Jahren so vorgestellt hatte....und je weiter man vordrang und die ärmeren Viertel hinter sich ließ, desto besser wurde auch die Luft. Zumindest redete ich mir ein, dass ich den Odem der menschlichen Abfälle weniger wahr nahm, je weiter ich mich meinem Ziel näherte. Aber das war eben der Preis, wenn man in die Stadt ziehen wollte. Man musste Kompromisse eingehen und da war der Gestank noch der Geringste. Ich schob mich an den Menschen vorbei, folgte dem gedrängten Strom weiter in die Stadtmitte, sah dabei zu wie sich die Leute verteilten und der Strom langsam aber sicher immer schwächer wurde, bis ich mich schließlich recht einsam auf einem großen Platz einfand und staunend stehen blieb. Vor mir erhob sich mein Ziel, die Stadtbibliothek von Bervénas. Mächtig und ehrfurchtgebietend und uralt. Gebannt musterte ich das riesige Gebäude vor mir. Sie war aus Sandstein gebaut, hatte wohl einst gleißend Hell gewirkt. Der Tempel des Wissens hatte sich über die Jahrhunderte dunkel verfärbt, was aber nichts von der Pracht nahm. Unzählige Stockwerke ragte das Bauwerk in die Höhe, hatte hohe Bogenfenster und Türme die sich hoch in den Himmel reckten. Dagegen kam ich mir winzig vor. Ich schulterte meine Tasche neu, um das Gewicht der Bücher darin besser zu verteilen. Alles was mir mein bescheidenes Leben an Habseligkeiten beschert hatte, hatte ich bei mir. Meine Bücher, meine ganzen Ersparnisse, meine Wechselkleidung und etwas Proviant, der von der recht langen Reise übrig geblieben war. Mit vor Aufregung flatterndem Herzen näherte ich mich dem Gebäude. Ich sollte mich vorstellen sobald ich angekommen war. Es hatte Jahre gedauert, bis ich endlich genügend Geld beisammen hatte um mir einen Start in der Stadt zu leisten und zum Glück war ich gut darin Leute zu beschwatzen. So hatte ich es fertig gebracht, dass mein Onkel, der in der Bibliothek arbeitete ein gutes Wort für mich einlegte. Was mir die Chance gab mich als Helferlein für die vielen Bibliothekare zu beweisen. Ich war eingestellt, bewies ich mich in der Probezeit und hatte dann die Hoffnung selbst irgendwann Bibliothekar zu werden. Bücher waren meine Welt. Meine Welten, in denen ich mich flüchtete schon solange ich lesen konnte. Und Bervénas Bibliothek war die Größte der bekannten Welt, stellte sogar die der Elfen in Selvoras in den Schatten, was allen voran an den letzten großen Kriegen lag, die viel der Kultur der Elfen vernichtet hatten.... Aber darüber machte ich mir keine Gedanken, schlechte Laune sollte ich mir jetzt nicht erlauben. Ich setzte meinen Weg fort und erklomm die ausgetretene Treppe, die von beeindruckenden Statuen gesäumt wurde, die mich zu beobachten schienen. Als sich das große dunkle Portal vor mir erhob, bewacht von zwei Statuen und je einem Wächter in schimmernder Rüstung der Stadtwache, schluckte ich schwer. Allein der doppelte, prüfende Blick der Statuen, die den Wissensgott Waras in unterschiedlichen Posen darstellten, ließen mich zögern. Ich sammelte meinen Mut zusammen und betrat schließlich das Gebäude unter den wachsamen Blicken der Wächter und des Gottes. Es war Erleichterung pur, als ich endlich wieder durch die Straßen ging und meinem Onkel folgte, der mich zu dem Haus einer seiner Bekannten führte. Das Gespräch mit dem Bibliotheksdirektor Hadvar war wirklich recht angenehm verlaufen. Er hatte mich begutachtet, mich einige Dinge gefragt, dann lediglich genickt und gesagt ich könne am nächsten Tag anfangen. Es war ein tolles Gefühl endlich mit Büchern arbeiten zu können. Meine Gedanken glitten kurz in die Vergangenheit, an die Dinge und die Opfer die ich hatte erbringen müssen, um endlich hier sein zu können. Meine Familie lebte einige hundert Kilometer westlich von Bervénas, betrieben einen Hof. Stumpfe, körperliche Arbeit hatte mir noch nie wirklich gelegen, aber dennoch habe ich jede Arbeit angenommen, um genug zu verdienen. Endlich hatte es geklappt! Meine Familie lebte weit weg, ich würde sie nur sehr selten sehen... aber ich mochte den Gedanken endlich tun zu können was ich wollte, ohne mir ständig das Gejammer meiner Eltern anhören zu müssen: 'Ich solle ein nettes Mädchen heiraten, einen Hof aufbauen und eine Familie gründen.' - nein, das wollte ich nicht und allein jetzt hier zu sein und alle Möglichkeiten der Welt offen vor mir liegen zu haben beflügelte mich. Ich lief beinahe in meinem Onkel Kal hinein, als er stehen blieb und sich zu mir umsah. Noch rechtzeitig blieb ich stehen und schalt mich einen Dummkopf mich so in Gedanken zu verlieren. „Hier wohnt Hilde mit ihrem Mann Arndt und den Kindern. Du kannst das Dachzimmer haben, solange du regelmäßig Miete zahlst.“, meinte er und deutete auf eines der Gebäude, was sich unauffällig zwischen zwei andere schmiegte. Es sah etwas heruntergekommen aus im Vergleich. Aber nicht baufällig. Es zählte vier Stockwerke und das oberste war von nun an wohl meines. Einen Moment ließ ich die Umgebung auf mich wirken. Die Leute die an uns vorbei drängten ignorierte ich. Es war eine ruhigere Gasse, zumindest was die Anzahl der Menschen betraf. Die Straße war mit ausgetretenen Steinen bedeckt und es roch ein wenig nach Abfall und nach Feuer, Rauch und Pferd. Was wohl an der Schmiede lag die sich direkt gegenüber dem Haus befand in dem ich wohnen würde. Die Straße erweiterte sich zu einem kleinen Platz, damit die Schmiede genügend Raum hatte. Die angrenzenden Häuser ließen Luft für ein paar Gassen und standen nicht ganz so gedrängt wie sonst. Ich konnte einen Stall ausmachen und einen kurzen Blick auf das offene Untergeschoss der Schmiede erhaschen in dem man es regelmäßig hämmern hörte. Mit wirklicher Ruhe war also nicht zu rechnen. Mein Blick blieb kurz an dem Schweren Schild hängen dass verkündete, dass es sich um Reykdals Schmiede handelte. Dann wurde ich von meinem Onkel weiter geschoben. Ich sollte mich Arndt und Hilde vorstellen. Kal hatte gerade an die Tür geklopft, als das Hämmern, dass aus der Schmiede drang von einem lauten Fluchen abgelöst wurde. „Verdammt Scheiße nochmal. Junge! Mach dich nicht selbst unglücklich mit deiner verfluchten Träumerei! Jetzt konzentrier dich oder ich such mir einen anderen Zuschläger! Schau nicht jedem Rock hinterher! Versaust du mir das Schwert, zieh ichs dir vom Lohn ab!“, donnerte die tiefe Stimme des Schmiedes, wie ich annahm und mein Blick wanderte zu der Szene. Das Feuer in der Esse brannte niedrig, aber sicher fürchterlich heiß, davor stand ein riesiger Amboss an dem ein ebenso riesiger Mann gerade seinen etwas kleineren Zuschläger zur Schnecke machte. Er sah wütend aus, den schweren Hammer auf dem Amboss abgestützt, den Arm noch angespannt vom Schlagen, traten seine mächtigen Muskeln deutlich hervor. Er hatte Dreck an den Armen, der bis zu dem Ellenbogen reichte, seine Schultern lagen zum Teil frei und er trug ein an den Armen hochgekrempeltes, abgewetztes Hemd, eine ebenso zugerichtete Hose und eine schwere Schmiedeschürze. Mein Blick blieb an den dichten, dunkelroten, zu einem Zopf gebundenen Haaren hängen und dem markanten Gesicht, dass von einer Schmutzschicht überzogen einen grimmigen Ausdruck zur Schau stellte. Dieser galt ganz seinem etwas schlacksig wirkendem Zuschläger der den Hammer abgesetzt hatte und entschuldigend die Hände hob. „Tut mir leid Reykdal. Ich brauch ne kurze Pause.“ Der Schmied spuckte nur etwas abfällig aus, während er das Eisen, was sie bis eben bearbeitet hatten an den Rand der Schmiedestelle legte und den Hammer auf dem Amboss abstellte. Reykdal hatte etwas an sich, dass mich Starren ließ. Er hatte eine ehrfurchtgebietende Ausstrahlung, die durch seinen etwas ungehaltenen Ausdruck nur verstärkt wurde. Er war meiner Meinung nach paar Jahre älter als ich und einer dieser Kerle, der immer beeindruckend wirkte, egal was er tat. Groß, muskulös, ansprechende Gesichtszüge. Alles was ich nicht war und nie sein würde. Reykdal war so jemand dem die Frauen schmachtend nachblickten. Er könnte ebenso ein heroischer Krieger sein. Mich durchfuhr ein Schauer, als sein Blick auf einmal auf mir landete. Offenbar hatte er bemerkt, dass ich starrte. Seine Augen schienen mich beinahe zu durchbohren und mir fuhr ein Schauer den ganzen Rücken hinab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)