Krone der Finsternis von Perro (das Erwachen der dunklen Horden (Es ist soweit! Großes FINALE mit Kapitel 33 und Epilog!!!)) ================================================================================ Prolog: Krone der Finsternis ---------------------------- Prolog - Krone der Finsternis Versteckt in einer Nische, unbemerkt von den anderen Persönlichkeiten im Saal, lauschte die dunkle Gestalt der Sitzung des Weltenrates von Lutansiar. Nachdem Fidal, der Elfenherrscher der Weißen Ebenen, ermordet worden war und die Länder ohne einen möglichen Thronfolger hinterließ, wurde um die Aufteilung dieses Reiches gestritten. Die Menschen baten um dieses Land, um ihr geschwächtes Reich auszudehnen und endlich wieder eine vernünftige Wirtschaft aufbauen zu können. Die Zwerge forderten die Weißen Ebenen, da sie an ihren Grenzen lagen und sich dort wertvolle Rohstoffe befanden. Die Elfen schließlich verlangten das Land, da nur ein Elf den Thron eines Elfen übernehmen sollte. Die dunkle Gestalt grinste boshaft. Die Völker stritten sich immer heftiger, genau wie er es geplant hatte. Der Mord an Fidal war einfach, aber effektiv gewesen und erfüllte seinen Zweck vollkommen. "Ich weiß gar nicht warum wir überhaupt darüber diskutieren! Die Weißen Ebenen waren immer ein Teil des Elfenreiches und sollten das auch bleiben!", grämte einer der Elfenlords. Mehrere seiner Artgenossen murmelten zustimmend, doch aus den Reihen der Zwerge kam wildes Protestgerufe. "Von wegen! Vor über fünfhundert Jahren hatten Zwerge die Herrschaft über die Weißen Ebenen! Nur der Sippenkrieg damals zwang uns das Reich an die Elfen abzugeben!" Der Zwerg schlug mit der Faust auf den Tisch. Die dunkle Gestalt lächelte eisig. Der Dreierbund zwischen Zwergen, Elfen und Menschen ging immer mehr in die Brüche. Und die weniger mächtigen Völker wie Gnome oder Aviore hatten nicht genug Land und Reichtum um wirklich wichtig zu sein. "Ruhe bitte. Wir wollen nicht schon wieder auf das Thema des rechtmäßigen Anspruches für die Weißen Ebenen zurückkommen. Stattdessen schlage ich vor, dass wir uns auf eine Art Kompromiss einigen." Die Augen des versteckten Unbekannten blitzten zornig auf. Gerade eben hatte Tozen, einer der Menschenkönige, gesprochen. Tozen war ihm schon lange ein Dorn im Auge, denn der gewandte Herrscher schaffte immer eine gewisse Ruhe in den Weltenrat. Damit würde es bald vorbei sein... Der dunkle Unbekannte trat mit einem schaurigen Grinsen aus seiner schützenden Nische. Er trug eine pechschwarze Magierrobe, dessen Saum bis zum Boden reichte. Die dunkle Kapuze spannte sich über seinen Kopf und warf einen tiefen Schatten, der den Großteil seines Gesichtes verbarg. "Ich grüße euch, meine Herren..." Seine Stimme war tief und zischend. Sie ließ den Mitgliedern des Weltenrates einen kalten Schauer den Rücken herab laufen. "Wer seid ihr?", fragte Tozen ernst, als er sich von seinem Platz erhob. "Kein Außenstehender darf während des Weltenrates anwesend sein." Der schwarze Magier antwortete mit einem kalten Lachen, grausam und boshaft. "Wer seid ihr?", wiederholte Tozen. Das Lachen des Unbekannten verstummte langsam, sein schreckliches Grinsen blieb. "Ich bin nur ein unbedeutender Zauberer, der beauftragt wurde euch zu töten, Tozen!" Er hatte die Worte kaum zu Ende gesprochen, da sprangen die zwei Leibwachen des Menschenkönigs auf und stellten sich schützend vor ihn. Der Magier lachte amüsiert und machte eine elegante Handbewegung. Schwarzes Feuer züngelte aus seiner Handfläche hervor und sprang auf die Leibwachen über. Binnen weniger Sekunden waren ihre Rüstungen geschmolzen und sie vergingen qualvoll schreiend in den Flammen. Der Geruch brennenden Fleisches und das grauenvolle Zischen der schmelzenden Brustpanzer erfüllten den Saal. Tozen zog mit einer panischen Bewegung das Schwert, doch der Magier ließ eine Kugel blauer Blitze aus der Luft entstehen und schleuderte die magische Kugel mit spielender Leichtigkeit dem Menschenkönig entgegen. Tozen wurde von den Füßen gerissen und gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert, die elektrischen Schläge des Zaubers ließen seinen Körper unkontrolliert zucken. Tozen war tot, schon bevor er mit dem Rücken die Wand herab gerutscht war... Der Magier lachte grausam, wehrte mehrere Waffen mit einem unsichtbaren Schild ab und verbeugte sich verächtlich vor den Elfenlords. "Meine Herren...mein Auftrag ist erfüllt, wie ihr es befohlen habt." Es war eine Lüge und er wusste es, doch die Elfen würden die Menschen kaum davon überzeugen können. Zumal sie bei der Kapuze des Magiers eindeutig die spitzen Elfenohren hervorlugen sahen. Sie wussten ja nicht, dass sich unter der schwarzen Kutte ein Dunkelelf verbarg. Der Magier lachte noch ein weiteres Mal, bevor er direkt vor den Augen der aufgelösten Mitglieder des Weltenrates verschwand... Der Warpzauber des Dunkelelfen ließ ihn wieder in den modrigen Kellern eines Untergrundverlieses auftauchen. Direkt vor ihm thronte ein Podest aus schwarzem Marmor, blauer Samt war darüber gespannt. Darauf lag eine schwarze, eiserne Krone, die über und über mit blutroten Steinen bestückt war. Der Magier bebte vor unterdrückter Begeisterung. Es war endlich soweit... Mit den Morden an Fidal und Tozen war die Allianz der guten Völker Lutansiar's endgültig zerbrochen. Endlich konnte er sich die Krone der Finsternis aufs Haupt setzen und seine Pläne in die Tat umsetzen. So lange hatte er warten müssen... "BALD GEHÖRT GANZ LUTANSIAR MIR!!!", schrie der dunkle Magier triumphierend, sein irres Lachen erfüllte die unterirdischen Gewölbe Unheil verkündend... Kapitel 1: Es gibt keine Helden mehr... --------------------------------------- Nach dem Ende meiner langen Geschichte Drachenbrut, wage ich mich nun an eine neue Fantasy-Story. Die Charaktere sind frei erfunden, Ähnlichkeiten sind unabsichtlich und ich kann sie kämpfen, sterben oder schlafen lassen wie ich gerade Lust habe, da sie auf meinen Mist gewachsen sind! Kapitel I - Es gibt keine Helden mehr... Drei Jahre waren seit dem Mord an Tozen, dem Menschenkönig, vergangen. Der unbekannte Schwarzmagier hatte mit Erfolg dafür gesorgt, dass das Verhältnis zwischen Elfen und Menschen völlig zusammenbrach. Beide Rassen ignorierten sich inzwischen so weit es ging, vereinzelte Gruppen von Gleichgesinnten schürten regelrechten Hass auf das andere Volk... "Bitte, hört auf! Lasst mich gehen!" Der verzweifelte Ruf einer weiblichen Stimme hallte durch eine kleine Menschensiedlung mitten in der Grassteppe. Hölzerne Bauten reihten sich dicht aneinander und wurden von einzelnen unbefestigten Straßen durchzogen. Bäume wuchsen grün und kräftig, Vögel zwitscherten, alles hätte so friedlich sein können. Wären in dem Dorf nicht der Hilfeschrei und die dicken Rauchschwaden, die sich über dem Marktplatz kräuselten. "Was habe ich euch getan? Lasst mich gehen!" Die Hilfesuchende, eine junge Frau, war an einem dicken Holzpflock festgebunden und umgeben von einem Haufen aus Holz und Reisig. Eine große Menschentraube hatte sich um sie gebildet, der Verwalter des Dorfes hielt eine brennende Fackel in die Luft. Vor wenigen Augenblicken hatte er damit den Scheiterhaufen entzündet. "Bitte! Lasst mich gehen! Ich habe euch nichts getan!", schrie die Frau ein weiteres Mal. "Du bist eine Halbelfe!", kam es aus dem Mob. "Genau! Du bist eine Schande für uns! Du bist teilweise ein Elf!" "Aber dafür kann ich doch nichts!", jammerte die Halbelfe verzweifelt. Tränen liefen ihre Wangen herab, der beißende Qualm nahm ihr die Luft zum Atmen. Ihre Lungen brannten wie das Feuer, das sie umgab. "Du bist das Produkt einer unnatürlichen Beziehung zwischen Mensch und Elf! Du bist Abschaum!" Die Halbelfe wollte etwas rufen, doch brachte nur ein gequältes Husten zustande. Die Flammen schlugen immer höher, Hitze legte sich schmerzhaft über ihre Haut. Ihr Kopf dröhnte und sie schnappte keuchend nach Luft. "Lasst mich gehen...", stöhnte sie schwach. Ihre Kraft entwich aus dem Körper, schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, während die Menschen in einen grauenvollen Singsang einstimmten. "Brenn! Brenn! BRENN!" Dabei erhoben sie schüttelnd ihre Fäuste. Dafem, zwischen den begeisterten Massen verborgen, konnte es nicht länger mit ansehen. Grob bahnte er sich den Weg durch die Menschenmenge, schob die Leute mit seinen starken Armen aus dem Weg und schlug sich bis zum Stadtverwalter durch. Der Halbelfe war der Kopf auf die Brust gesackt. Dafem erregte in seiner Aufmachung sofort die Aufmerksamkeit vieler Schaulustiger. Er trug eine schlichte schwarze Hose und ein weißes Hemd. Darüber schmiegte sich ein Lederwams, bestehend aus separaten Arm- und Beinriemen, sowie einem dicken Oberkörperteil aus Leder. An einem braunen Gürtel um seiner Hüfte baumelte ein Langschwert. Man sah in diesem kleinen Dorf selten so gut ausgerüstete Kämpfer. Mit einer schnellen Bewegung stürmte Dafem, der Schwertkämpfer, auf den brennenden Scheiterhaufen zu, sprang wagemutig durch die Flammen, durchschnitt die Fesseln der Halbelfe mit seinem Schwert und fing sie in der gleichen Bewegung auf. Ehe der Pöbel überhaupt bemerkte was geschah, stand Dafem sicher auf der anderen Seite des tödlichen Feuers, die Halbelfe behutsam um die Taille festhaltend. Sie hatte das Bewusstsein verloren. "Er hat sie befreit!", kreischte einer der Versammelten wütend. "Wer ist das? Warum hat er das getan?" Dafem drehte sich zu den verwirrten Leuten um, seine blauen Augen blitzten gefährlich. "Ihr verübt Selbstjustiz an einer unschuldigen Halbelfe. Bis vor drei Jahren lebten wir im Einklang mit den Elfen und jetzt wollt ihr sie hier töten, nur weil dieses Bündnis in die Brüche gegangen ist? Das kann ich nicht tolerieren!" Der Stadtverwalter schnaubte erzürnt. "Die Elfen töteten Tozen!" Dafem schüttelte schwach den Kopf. "Das wurde nie bewiesen. Warum sollte der Auftragsmörder damals so einfältig gewesen sein, dass er mitten im Weltenrat zu seinen Auftraggebern gesprochen hat? Ihr sucht nur jemanden, dem ihr Schuld geben könnt. Wie zum Beispiel sie hier." Er deutete auf die Halbelfe an seiner Seite, die im gleichen Moment schwach die Augen öffnete. "Wo... wie...", murmelte sie benommen. Dafem schenkte ihr ein einfühlsames Lächeln. "Keine Angst, dir passiert hier nichts. Ich bringe uns erstmal hier raus." Er wandte sich wieder den Dorfbewohnern zu und richtete sein Schwert drohend auf sie. "Lasst uns gehen und folgt mir nicht. Glaubt mir, ich weiß wie ich meine Klinge gebrauchen kann." Die Leute wichen unsicher ein paar Schritte zurück. Sie hatten Angst vor einem bewaffneten Kämpfer und würden es nicht wagen sich ihm in den Weg zu stellen... "Kannst du laufen?", fragte Dafem die Halbelfe. Sie nickte, also lockerte er den Griff um ihre Taille. "Wie heißt du?" Die Halbelfe setzte zur Antwort an, doch hustete erstmal nur gequält. Erst beim zweiten Anlauf gelang es ihr vernünftig zu sprechen. "Mein Name ist Melana." "Ich bin Dafem. Freut mich." Er reichte ihr die Hand und sie nahm sie nach kurzem Zögern an. "Wir sollten erstmal von hier verschwinden.", meinte Dafem nach einem kurzen Blick auf die zornigen Gesichter der Dörfler. Melana die Halbelfe nickte. Ohne auf die üblen Flüche der Leute zu hören, stützte Dafem die Halbelfe beim Gehen und verließ mit ihr das Dorf... "Meister. Die Halbelfe wurde von einem Fremden gerettet. Sie haben das Dorf bereits verlassen." In den modrigen Tiefen eines dunklen Verlieses kauerte ein Hobgoblin ängstlich vor einem schwarzen Thron. Sein fetter Körper und die aschgraue, eingefallene Haut wurde von dem Schein einiger flimmernder Kerzen beleuchtet. Die blutroten Augen des Hobgoblins, die normalerweise bedrohlich glühten, spiegelten in diesem Augenblick pure Angst wieder. Auf dem Thron vor ihm saß eine vermummte Gestalt, auf dem Kopf eine schwarze Krone mit roten Edelsteinen. "Wieso hast du sie nicht aufgehalten?" Das Wesen, halb Mensch halb Goblin, zitterte jetzt panisch und fing an zu stottern. "I-ich dachte... es wäre w-wichtiger Bericht zu erstatten! A-außerdem verachten die Menschen u-uns Hobgoblins. Wenn ich mich gezeigt hätte, anstatt mich hierher zu warpen, hätten sie sich sicher auf mich gestürzt..." Der Hobgoblin kniff entsetzt die Augen zusammen, immer darauf gefasst erschlagen zu werden. Doch der Träger der Krone der Finsternis rührte sich nicht. "Was macht der Aufbau meiner Truppen?", fragte er plötzlich. "A-alles läuft nach Plan. Jeden Tag zieht es die dunklen Kreaturen aus ganz Lutansiar hierher, nur um euch zu dienen, Meister. Eure Krone der Finsternis zeigt Wirkung. Es sind inzwischen mehrere Tausend geworden, die Außenposten nicht mitgezählt." "Sehr gut...", zischte der Dunkelelf nachdenklich. Er spielte gedankenverloren mit einer Strähne grauen Haares und scheuchte den Hobgoblin mit der anderen Hand davon. Die Kreatur schien erleichtert von ihrem Herrn loszukommen. "Ach, noch eins..." Der Hobgoblin drehte sich noch einmal zurück und starrte geradewegs in die ausgestreckte Hand des dunklen Magiers. Bevor er auch nur einen Laut von sich geben konnte, schossen schwarze Flammen daraus hervor und verbrannten ihn zu einem Haufen Asche... Dafem und Melana liefen solange, bis das Dorf am Horizont verschwand. Auch die Sonne ging langsam in einem roten Feuerball unter und die Nacht brach herein. Wortlos kramte Dafem aus seinem großen Rucksack Feuerholz, zwei Decken und eine Wasserflasche. Schon nach kurzer Zeit saßen die beiden schweigend an einem prasselnden Lagerfeuer. "Wieso hilfst du mir?", fragte Melana, als Dafem ihr den Wasserschlauch reichte. "Es ist nicht richtig dich zu verurteilen, nur weil du eine Halbelfe bist." Er musterte sie eingehend. Melana war schlank und zierlich und hatte leicht spitz zulaufende Ohren, wie es bei Elfen oder Halbelfen typisch war. Ihre grünen Augen strahlten eine gewisse Ruhe aus und die kurzen roten Haare schimmerten im Schein des Feuers. Sie trug eine blaurote Magierrobe und einen abgetragenen Umhang. Ein goldener Stirnreif mit einem roten Rubin in der Mitte verlief um ihre Stirn. "Bist du eine Magierin?" Melana lächelte scheu und nickte. "Ja, aber scheinbar keine besonders gute. Die Menschen konnten mich ohne große Probleme fangen." Ihr Blick wurde traurig und sie starrte wieder stumm ins Feuer. "Mach dir nichts draus. Ich bringe dich wieder zu dir nach Hause, wenn du willst. Wo lebst du?" Melana biss sich unbehaglich auf die Unterlippe. "Ich habe kein Zuhause. Seit drei Jahren nicht. Weder Elfen noch Menschen akzeptieren mich unter sich." Dafem blieb stumm, seine Augen ruhten nachdenklich auf der Halbelfe. "Tja, was mach ich dann mit dir? Bei mir bleiben kannst du auf keinen Fall, das wäre zu gefährlich..." Melana horchte auf. "Wieso?", fragte sie neugierig. Ein Schatten huschte über Dafems Gesicht und ließ ihn für kurze Zeit ernst und kalt erscheinen. "Ich bin Abenteurer, manchmal auch Söldner wenn es sein muss. Seit dem Mord an Tozen ist es auf Lutansiar nicht mehr sicher. Gerüchte machen die Runde. Orks streifen durch das Land. Goblins besetzen Dörfer. An manchen Orten wird sogar erzählt, dass die Toten aus ihren Gräbern steigen." Das Lagerfeuer flackerte auf. Eine Gänsehaut legte sich über Melanas nackte Arme und sie schauderte. "Ich weiß nicht ob alle Gerüchte wahr sind, doch man kann nicht leugnen, dass irgendetwas im Gange ist. Während sich Elfen, Menschen und Zwerge untereinander streiten, zieht ein dunkler Schatten über Lutansiar. Die bösen Rassen verbreiten sich schnell und unbemerkt." Dafem seufzte traurig, sein Blick wanderte verloren zu den Flammen des Lagerfeuers. "Vor einem Jahr beschlossen meine Weggefährten und ich uns zu trennen, um nach den Ursachen dieser dunklen Entwicklungen zu suchen. Doch bis jetzt habe ich nichts herausgefunden...rein gar nichts..." Dafem verstummte und zog seine Decke enger um die Schultern. Auch Melana sagte nichts, sie konnte sich kaum vorstellen, dass wirklich so eine Gefahr bestand. Dafem schien ihre Zweifel zu spüren. "Wir sollten ruhen. Ich nehme dich ein Stück mit, bis zu einem Dorf wo sie dich nicht gleich verbrennen wollen." Melana nickte und hüllte sich in ihre Decke. Ihren Kopf betete sie auf eine dritte Decke aus Dafems Rucksack und ehe sich die Halbelfe versah, war sie bereits eingeschlafen. Dafem blieb noch lange wach, das Schwert griffbereit an seine Seite gelegt. Er beobachtete wie Melana friedlich dalag und schlief. Ein einfühlsames Lächeln erschien auf seinen Lippen, bevor er selbst ins Reich der Träume entschwand. Als Dafem erwachte war es bereits morgen. Die Sonne schien hell auf das grüne Gras und die erloschenen Überreste ihres Lagerfeuers, das schwache Gezwitscher von Vögeln drang an sein Ohr und eine kühle Brise wehte ihm erfrischend durch die blonden Haare. "Schon wach?" Von der Stimme erschrocken wirbelte Dafem herum, bereit sein Schwert zu ziehen. Doch dann erinnerte er sich wieder, dass er jetzt nicht mehr alleine unterwegs war. Tatsächlich war es nur Melana, die ihm begrüßend zulächelte. Sie hatte ihre Decken bereits wieder zusammengerollt und in Dafems Rucksack gestopft. "Du bist früh wach.", stellte die Halbelfe überrascht fest. "Es ist erst kurz nach acht." Dafem streckte müde die Arme aus und rückte sein Lederwams zurecht. "Ich bin ein Frühaufsteher", meinte der Abenteurer. "Du wohl auch." "Halbelfen brauchen weniger Schlaf als Menschen.", erklärte Melana. Dafem nickte verstehend, während er seine Decke in den Rucksack stopfte und ihn sich locker über die Schultern warf. "Wir müssten bald ein anderes Dorf erreichen, ich weiß nicht mehr wie es heißt, aber irgendwann war ich schon mal in dieser Gegend..." Melana hob fragend eine Augenbraue. "Wie alt bist du?" "Neunzehn. Und du?" Melana war ein wenig verwirrt. Dafem war erst neunzehn. Wie lange war er denn schon Abenteurer? "Achtzehn." "Ziemlich jung für eine Halbelfe." Melana kicherte schüchtern. "Also... Lass uns gehen." Es war ein warmer Sommertag und die beiden Reisenden kamen gut voran. Die Luft war frisch, der Himmel klar. Dafem, der das ständige Wandern durch seine Abenteuer gewöhnt war, zügelte sein Tempo ein wenig, damit auf Melana ohne Probleme mithalten konnte. Sie merkte es und lächelte darüber. Heutzutage war es selten so nette Leute kennen zu lernen, vor allem wenn man eine Halbelfe war. Und dann war er auch noch Abenteurer. Viele Leute streiften durch die Länder und suchten nach großen Abenteuern, die ihnen Ruhm und Ehre brachten. Doch Melana hatte sich solche Personen immer als verbitterte Riesen mit einem narbigen Gesicht vorgestellt. Dafem schien ganz anders. Wie Dafem es gesagt hatte, erreichten sie bereits gegen Mittag ein Dorf. Es ähnelte dem Nachbardorf, hölzerne Blockhütten mit Strohdächern und unbefestigte Straßen. Vereinzelte Häuser bestanden auch aus Steinen, doch in diesen wohnten nur die wohlhabenden Bewohner des Dorfes, meist Kaufleute oder erfolgreiche Händler. Dafem und Melana schritten ein wenig nervös über die steinigen Wege, der Kies knirschte unnatürlich laut unter ihren Füßen. Sonst war es merkwürdig still, geradezu totenstill. Kein Mensch befand sich auf den Straßen, keine Bewegung war innerhalb der Häuser zu erkennen, nicht einmal der Wind schien zu wehen. "Was ist hier los?", wisperte Melana eingeschüchtert. Dafem zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht... Vielleicht ist hier-" Ein schriller Schrei, weder von Melana noch von Dafem, zerriss die Luft. Die beiden sahen sich vielsagend an. "Das kam vom Marktplatz!", stieß Dafem aus und stürmte mit weit ausgreifenden Schritten davon. Melana rannte hinterher, doch der Abenteurer zeigte jetzt sein wahres Tempo und verschwand schnell aus ihrem Blickfeld. Verwirrt irrte die Halbelfe in den Gassen herum, bis sie eine große freie Fläche erkannte, die scheinbar den Marktplatz darstellte. Sie war fast von der engen Gasse hinaus auf den Platz getreten, als zwei kräftige Hände sie packten und in eine dunkle Seitenstraße zerrten. Melana schlug tödlichst erschrocken mit den Armen um sich und wollte schreien, doch eine der Hände bedeckte ihren Mund. "Beruhige dich! Beruhige dich! Ich bin es...", flüsterte Dafem in ihr Ohr. Melana entspannte sich merkwürdigerweise sofort und wurde ruhig. Sie hatte keinerlei Angst, obwohl sie ein eigentlich Fremder in eine Seitengasse gezogen hatte. Als Dafem merkte, dass sich die Halbelfe beruhigte, löste er seinen Griff von ihr. Sie sah ihm fragend in die ernsten blauen Augen. "Was ist los?", wisperte sie, als sie bemerkte, dass Dafem sich vor irgendetwas verborgen hielt. Anstatt zu antworten deutete der Abenteurer mit einem Kopfrucken um die Ecke. Melana streckte vorsichtig ihren Kopf aus der Seitengasse, schaute auf den Marktplatz und erstarrte. Alle Bewohner des Dorfes schienen auf dem Marktplatz versammelt. Sie schienen Geld abzugeben, an Goblins! In einer langen Schlange warteten sie darauf ihre Geldbörsen und Goldmünzen an sechs dieser grauenvollen Kreaturen abzutreten. Goblins waren widerwärtige Wesen, grausam und feige. Sie wurden selten größer als einen Meter und fünfzig, was daran lag, dass sie in einer gebückten Haltung liefen. Sie hatten faltige gelbgrüne Haut, meist vermoderte Reißzähne und knochige Finger, die mit ihren krallenartigen Fingernägeln schon als Klauen bezeichnet werden konnten. Um ihre Körper hüllten sich schmuddelige Bären- oder Wolfsfelle. Der Gestank der Goblins war ekelerregend und gefürchtet. "Was tun sie da?", flüsterte Melana, als sie wieder in die Seitengasse kroch. Dafems Blick war düster. "Die Dörfler zahlen Schutzgeld. Goblins tun das bei vielen Dörfern, die wenig oder gar keine Verteidigung besitzen. Es sind feige Kreaturen." Wieder zerriss ein Schrei die Luft. Melana und Dafem lugten mit böser Vorahnung um die Ecke. Einer der Dörfler, ein grauhaariger Mann, krümmte sich auf dem Boden, sein Blut sickerte langsam aus einer Bauchwunde. Einer der sechs Goblins stand über ihm, ein rostiges gekrümmtes Kurzschwert in der Hand. Genussvoll leckte der Goblin das Blut des alten Mannes von seiner Klinge. Der Alte stöhnte vor Schmerz, während eine junge Frau aus der Schlange trat und sich vor ihm in die Knie fallen ließ. "Vater!", weinte sie ängstlich. Tränen liefen ihr Gesicht herab. Der Goblin spuckte verächtlich auf den Boden. "Der Alte hat nicht genug Geld! Kein Geld, kein Leben!" Die Frau bettete den Kopf ihres Vaters in ihrem Schoß und blickte mit wässrigen Augen hinauf zu der grausamen Kreatur. "Bitte! Wir sind arm! Wir haben nicht genug Gold! Bitte lasst ihn am Leben!" Der Goblin grinste und zeigte dabei seine gelben Zähne. "Träum weiter, Mädchen!" Das boshafte Wesen schien den Augenblick zu genießen und hob das rostige Schwert über seinen Kopf. Die Frau blickte sich gehetzt um, starrte flehend auf die Schlange der verängstigten Dörfler. "Bitte helft uns! Irgendjemand! Bitte!" Dafem schien genug zu haben, er zog sein Schwert mit einem sirrenden Geräusch aus der Scheide und trat aus der dunklen Seitengasse heraus. "Du bleibst hier, egal was passiert. Halte dich versteckt und bleibe ruhig." Melana wollte widersprechen, doch Dafem hatte einen ernsten, geradezu versteinerten Blick aufgesetzt, der sie sofort verstummen ließ. Das war wohl sein wirklicher Abenteurerblick. So konnte er also auch sein... Während sich Dafem unbemerkt näherte, flehte die Frau weiterhin um Hilfe, bis das schaurige Lachen des Goblins ihre Stimme übertönte. "Niemand wird dir helfen! Du lebst in einer Traumwelt! Du denkst wohl, dass ist jetzt die Zeit, wo der Retter in letzter Not auftaucht?! Wach auf, Lutansiar geht langsam zu Grunde. Niemand kann es aufhalten! Es gibt keine Helden mehr in dieser Welt!" Genau in diesem Augenblick verrieten schwere Fußtritte Dafems Anwesenheit. "Ihr stinkenden Bestien, verlasst dieses Dorf wenn euch euer Leben lieb ist!" Kapitel 2: Kampf gegen Goblins ------------------------------ Nach einigem Warten schicke ich jetzt das zweite Kapitel ins Rennen. Hoffe es gefällt euch, habe nämlich ganz schön daran gesessen. Ich widme es Kaora und allen anderen, die meine Geschichte lesen und noch lesen werden! Kapitel II - Kampf gegen Goblins "...Es gibt keine Helden mehr in dieser Welt!" Genau in diesem Augenblick verrieten schwere Fußtritte Dafems Anwesenheit. "Ihr stinkenden Bestien, verlasst dieses Dorf wenn euch euer Leben lieb ist!" Der Goblin blinzelte verwirrt und ließ sein Schwert ein Stück sinken. Ein Fehler, den er mit dem Leben bezahlen sollte. Dafem sprang blitzschnell auf ihn zu und stieß seine Klinge in den Körper des Goblins. Die Kreatur brüllte vor Schmerz, zähes dunkles Blut troff ihm aus dem Maul. "Verdammter... Mist...kerl...", stöhnte er bevor er wie ein nasser Sack zu Boden ging. Die Frau und die Dorfbewohner hielten vor Erstaunen die Luft an, während die fünf anderen Goblins wild durcheinander schnatternd aufsprangen und mit geweiteten Augen auf ihren toten Artgenossen starrten. Dafem ging in Verteidigungsstellung, mit seiner freien Hand lockte er sie provozierend heran. Zwei der Kreaturen stürmten sofort auf den Abenteurer zu. Er duckte sich unter dem Schwerthieb des ersten hindurch und schlug dem zweiten mit der flachen Seite des Schwertes gegen die Schläfe. Noch in der gleichen Bewegung wirbelte Dafem herum und streckte auch den ersten Goblin nieder, der Kopf der Kreatur rollte vom Körper getrennt über den Boden... Die Dörfler waren still. Doch plötzlich schrie die junge Frau entsetzt auf und deutete wild gestikulierend auf etwas. Dafem wirbelte herum, gerade rechtzeitig um gelbe Zähne und das Aufblitzen eines rostigen Dolches wahrzunehmen. Einer der Goblins hatte sich in seinen Rücken geschlichen und rammte seinen Dolch mit aller Kraft in Dafems rechte Schulter. Die Wucht des Angriffes wurde glücklicherweise ein wenig durch den Lederwams gedämpft, doch der Dolch hinterließ dennoch eine tiefe Wunde in der Schulter. Ein Riemen von Dafems Rucksack war durchtrennt, so dass die Tasche von seinem Rücken fiel. Der Abenteurer schrie vor Zorn, wechselte sein Schwert von der rechten in die linke Hand und stieß die Klinge auch diesem Goblin in den Körper. Er spürte das warme Blut, das von seiner Schulter den Arm herab lief und zog sein Schwert mit einem Ruck aus dem Goblin. Dieser war augenblicklich tot, doch sein Leichnam kippte vorne über, riss Dafem zu Boden und begrub ihn unter sich. Der fürchterliche Gestank der Kreatur schien sogar in den Augen des Abenteurers zu brennen, ihm wurde übel. "Stinkende Bestie...", fluchte Dafem wütend, während er den Goblin von sich herunter schob. Doch bevor er den Kadaver von seiner Brust gedrückt hatte, wurde die Last plötzlich unerträglich schwer und seine Arme versagten. Er starrte nach oben und sah in die feurig glühenden Augen eines weiteren Goblins, der seinen nackten Klumpfuß auf seinen toten Artgenossen gestellt hatte und damit Dafem festnagelte. "Wer bist du?", zischte der Goblin wütend. Er verhärtete den Druck auf seinem Fuß noch etwas, so dass Dafem qualvoll aufstöhnte. Er lachte vor Vergnügen, als er sah wie der Mensch unter seinen Füßen litt und krampfhaft nach Luft schnappte, während das Gewicht auf seiner Brust immer schwerer wurde. "Wie auch immer, du wirst jetzt sterben. Immerhin hast du drei meiner Kameraden erledigt." Der Goblin hob gleichgültig die Schultern. "Natürlich bedeutet mir der Tod der drei nichts, doch prinzipiell darf ich dich nicht leben lassen." Wieder verlagerte er noch etwas mehr seines Körpergewichtes auf den Fuß, so dass Dafem krampfhaft stöhnte. Der Goblin zog langsam und genussvoll sein veraltetes Schwert aus der Scheide an seiner Hüfte. Er richtete die Spitze genau auf Dafems Kehle. Doch gerade als er zustoßen wollte, schoss ein Flammenstrahl von der anderen Seite des Marktplatzes heran und riss den Goblin von den Füßen. Die Kreatur schrie vor Schmerzen, das Feuer verbrannte Fellkleidung und Fleisch mit einem abartigen Zischen. Als er auf dem Boden aufschlug waren nur noch verkohlte Überreste übrig. Die zwei übrig gebliebenen Goblins kreischten überrascht, als ein weiterer Feuerstrahl auch sie erfasste und in Flammen aufgehen ließ. "Was?", keuchte Dafem fassungslos. Seine Schulter brannte schmerzvoll, doch er biss die Zähne zusammen und schob den Kadaver endlich von seiner Brust. Sein Blick schweifte zu der Richtung, aus der die Feuerstöße gekommen waren. Da stand Melana. Und sie hielt einen langen, rot glänzenden Stab in der Hand. Woher hatte sie diesen Magierstab? Während sich Dafem gequält in eine sitzende Lage brachte, kam die Halbelfe zu ihm herüber gerannt. "Bist du in Ordnung?", fragte sie bangend. Dafem nickte und rappelte sich auf, der heftige Schmerz in seiner Schulter ließ ihn scharf die Luft einatmen. "Bleib lieber liegen!", riet Malena, als sie sah wie sehr der Lederwams mit Blut getränkt war. Der Abenteurer schüttelte nur kraftlos den Kopf und hob den am Boden liegenden Rucksack auf. Er kramte darin und zog schließlich eine bauchige Flasche mit einer bläulich schimmernden Flüssigkeit hervor. Benommen stolperte Dafem mit dem Gefäß zu der jungen Frau und dem verletzten Alten. Der Vater atmete stockend und um ihn herum hatte sich eine wahre Blutpfütze gebildet. Er lag im Sterben... "Vater! Vater!", wimmerte die Frau schwach. Dafem schob sie sanft beiseite und hockte sich unter Schmerzen neben den Mann. Er zog den Korken von der Flasche in seiner Hand und goss dem Alten vorsichtig etwas von der blauen Flüssigkeit in den Mund. Der Alte hustete, verspritzte dabei einige Tropfen des Trankes, und atmete mit einem Mal wieder ruhig. "Was ist passiert?", fragte Melana erstaunt. Dafem lächelte schwach. "Ich habe ihm einen magischen Heiltrank gegeben. Er müsste eigentlich wieder völlig in Ordnung sein." Die Tochter hörte schlagartig auf zu schluchzen, Melana sah ihn nur fassungslos an und der Alte fasste sich verwirrt an den Bauch. Die Wunde war verschwunden... "Unglaublich!", hauchte die Halbelfe fasziniert. "Es ist für mich inzwischen unvorstellbar geworden ohne diese Tränke loszuziehen. Sie haben schon mehrmals mein Leben gerettet. Ein Abenteurer muss eben auf alles gefasst sein." Dafem kramte wieder in seinem Rucksack. "Mist, scheinbar war das die letzte Flasche... Dann muss ich mich damit zufrieden geben." Er zog eine weiße Verbandsrolle hervor, entledigte sich seiner Lederrüstung und dem Oberteil und begann gelassen seine Schulter zu verbinden, während alle Dorfbewohner ihn ungläubig beobachteten. Schnell und fachmännisch war seine Wunde versorgt. "Du musst das wohl öfter ertragen, oder?", fragte Melana betrübt. Dafem versuchte zu lächeln, doch es schien ihm diesmal nicht so richtig gelingen zu wollen. "Tja, man kann nicht sagen, dass das Abenteurerleben leicht ist." Mit einem missmutigen Gesichtsaudruck begutachtete er das große Loch an der Schulter seines Lederwamses, bevor er die Rüstung in seinen Rucksack stopfte. "Jetzt muss ich die schon wieder flicken..." Er verschloss den Rucksack und knotete den durchtrennten Schulterriemen zusammen, damit er die Tasche wieder auf dem Rücken tragen konnte. Als er sich den Rucksack über die linke Schulter warf um seine verletzte rechte Schulter nicht zu belasten, fiel sein Blick auf Melana und den roten Magierstab, den sie immer noch mit einer Hand festhielt. "Wo hast du den auf einmal her?", fragte er mit einem etwas nervösen Unterton. Melana schien im ersten Augenblick verdutzt, doch dann lächelte sie. "Ich hatte den Stab immer dabei. Er war mit einem Zauber belegt, der ihn für jeden außer mich unsichtbar macht. Als die Leute aus dem Dorf mich einfingen, warf ich schnell den Spruch über den Stab, damit sie ihn nicht für sich nehmen und möglicherweise verkaufen konnten." Sie ließ den Stab in ihrer Hand wirbeln, das Sonnenlicht reflektierte von dem roten, leicht durchsichtigen Material aus dem er gemacht war. An der Spitze war ein großer Edelstein eingelassen, in einem dunkleren rot als der Rest des Stabes. "Er ist sehr wertvoll für mich, weil meine Mutter ihn mir hinterlassen hat. Aber auch viele andere würden ihn gerne besitzen, er wurde aus Rubin gefertigt. Man nennt ihn Rubinstecken." Dafem hörte interessiert zu, während sein Blick nervös an den Dorfbewohnern haftete. "Ein Rubinstecken also... Man hört viel von wertvollen Gegenständen, vor allem in solch dunklen Zeiten, die heraufziehen." Melana nickte zustimmend, während sie aufhörte den Stab zu wirbeln und sich ein wenig enttäuscht in dem Dorf umsah. "Ich vermute du willst, dass ich jetzt hier bleibe. Du hast nichts anderes versprochen, also erwarte ich auch nichts anderes." Die Dorfbewohner traten unsicher ein paar Schritte zurück. Sie blickte ihn an, geradezu darauf hoffend, dass Dafem ihr widersprechen würde. Und tatsächlich schüttelte er den Kopf. "Du kannst hier nicht bleiben." Er beobachtete die Dörfler aus den Augenwinkeln heraus und sprach gedämpft, so dass nur Melana ihn verstehen konnte. "Auch wenn die Leute dir zu Dank verpflichtet sind, sie werden einer Halbelfe nicht vertrauen. Und irgendwann wird der Hass auf die Elfen wieder die Überhand nehmen, vielleicht werden sie auch von den Nachbardörfern angestachelt. Auf jeden Fall wird es früher oder später soweit kommen, dass sie dich erneut fortjagen... oder sogar töten wollen." Melana zuckte zusammen. Die Erinnerungen an das Nachbardorf waren ihr noch gut bekannt. "Aber wo bringst du mich dann hin?" Sie sprach ein wenig lauter, da sich Dafem ein Stück entfernte hatte und die Goblinkadaver begutachtete. "Etwa drei Tagesmärsche entfernt liegt Sagandor, eine große Menschenstadt. An der Stadtgrenze gibt es ein Haus, das mir gehört. Dort kannst du dich niederlassen." Melana blinzelte verwirrt. "Dir gehört ein Haus?" Der Abenteurer nickte, während er sein Langschwert aus dem Goblinkörper zog, unter dem er noch vor kurzem begraben war. "Ich habe mehrere kleine Hütten, meist in irgendwelchen Städten, an denen ich oft vorbeikomme. Das Abenteurerleben wirft genug Geld ab, um solche Kleinbauten zu kaufen und es ist billiger als jedes Mal ein Hotel zu mieten." Dafem steckte das Schwert zurück in die Scheide an seiner Hüfte, durchwühlte die Fellkleidung des Goblins und zog triumphierend einen ledernen Beutel heraus. Goldmünzen klimperten fröhlich darin herum. "Siehst du? Solche Kreaturen haben immer irgendwelche Wertsachen dabei." Melana sah ein wenig angewidert auf die blutbefleckte Lederbörse und wandte ihren Blick zum Himmel. Die Sonne stand sehr hoch, es war erst kurz nach Mittag. "Was machen wir jetzt?" Dafem entledigte noch einen weiteren Goblin von seinen Ersparnissen bevor er antwortete. "Wir brechen am besten gleich auf. Je schneller wir in Sagandor sind, desto besser." Der Abenteurer wandte sich den Dörflern zu, die wie versteinert dastanden und nicht einen Ton herausbrachten. "Der Goblin dort..." Er deutete auf den einzigen, der noch seine Ersparnisse bei sich hatte und nicht von den Flammenstrählen Melanas verbrannt wurde. "...er hat das Geld, das ihr ihnen gezahlt habt. Nehmt es. Doch ihr solltet euch überlegen ob es in Zukunft nicht besser wäre, sich zu verteidigen. Ein Schatten verdunkelt Lutansiar, vielleicht treffen hier bald Kreaturen ein, die schlimmer sind als Goblins." Ohne ein weiteres Wort des Abschiedes kehrte Dafem den Dorfbewohnern den Rücken zu und verließ langsam den Marktplatz. Melana warf noch einen kurzen Blick zurück zu dem geheilten Alten und seiner Tochter, die beiden lächelten dankbar. Die Halbelfe winkte ihnen zum Abschied, bevor sie zu Dafem aufschloss und mit ihm zusammen das Dorf verließ. "So sieht es bald überall aus.", begann Dafem, nachdem sie eine lange Zeit stillschweigend nebeneinander hergelaufen waren. "Böse Kreaturen streifen durch das Land, besetzen Dörfer und bereiten einen Krieg gegen die Völker Lutansiars vor. Keine Ahnung was dahinter steckt, doch Goblins, Hobgoblins oder Orks sind zu dumm um so was zu planen. Außerdem geht mir nicht aus dem Kopf, dass die Bedrohung genau dann auftaucht, wenn der Dreierbund von Menschen, Elfen und Zwergen zerbrochen ist. Tozens Ermordung vor drei Jahren muss etwas damit zu tun haben. Das alles ist kein Zufall..." Melana hörte stillschweigend zu, der Zwischenfall mit den Goblins war für sie Beweis genug, dass irgendetwas im Busch war. Diese Kreaturen wagten sich sonst nie soweit in das Reich der Menschen. Wieder trat ein unangenehmes Schweigen ein, dass bis auf kurze Ausnahmen den ganzen Tag lang anhielt. Die beiden Reisenden rasteten bei Erkennen der ersten Sterne am Himmel. Die Nacht war kühl und beruhigend. Melana hatte sich wieder in eine der Decken aus Dafems Rucksack gehüllt, denn ihre kurzärmlige Magierrobe bot kaum Schutz vor Kälte. Die Magierin entzündete lächelnd das gesammelte Holz mit einem Flammenzauber zu einem Lagerfeuer. "Feuermagie ist das einzige, das ich halbwegs gut kann.", gestand sie. Dafem nickte fröhlich. "Das habe ich gesehen. Die Goblins hatten nicht viel zu lachen... Wie konnten dich die Dorfbewohner eigentlich trotz solcher Zauber fangen?" "Ich war zu gutmütig, um meine Magie gegen sie einzusetzen." Der Blick ihrer grünen Augen wurde traurig und sie dachte wieder an das Feuer und den Rauch, der sie fast getötet hätte. Dafem kramte wieder in seinem Rucksack und zog etwas großes, in Blättern eingewickeltes hervor. "Was ist das?", fragte Melana neugierig. "Unser Abendessen." Als der Abenteurer die Blätter langsam abwickelte, kam ein großes Stück Fleisch zum Vorschein... ein ziemlich blutiges Stück Fleisch. Die Halbelfe drehte den Kopf schnell zur Seite. Dafem störte sich nicht daran. Er hatte in wenigen Augenblicken bereits einen runden Messingtopf samt Gestell, ein Messer und jede Menge Fläschchen und Kräuter ausgepackt. "Gibt es auch etwas, das du nicht in deinem Rucksack hast?", fragte Melana erstaunt. Dafem lächelte stolz. "Ein Abenteurer muss auf alles vorbereitet sein." Dafem zerschnitt das Fleisch mit dem Messer in kleine Stückchen und warf alles in den Topf, zusammen mit einigen Kräutern und Flüssigkeiten aus den Flaschen. Über dem Lagerfeuer köchelte das Ganze bald zu einem duftenden Eintopf. "Ich habe leider nur eine Schüssel", stellte der Abenteurer fest, als er seinen Rucksack weiter durchstöberte. "Iss du zu erst." Er goss etwas von dem Eintopf in eine grobe Holzschüssel und reichte sie Melana zusammen mit einem selbst geschnitzten Löffel. Die Halbelfe kostete ein wenig misstrauisch von dem Essen. "Sehr lecker", stellte sie begeistert fest. "Was ist das für Fleisch gewesen?" Dafem lächelte geheimnisvoll, während er anfing seine zerstörte Lederrüstung zu flicken. "Glaub mir, das willst du gar nicht wissen..." Es war unheimlich und still in den Katakomben. In einer der großen Hallen, auf dem dunklen Thron saß noch immer der Dunkelelf, eingehüllt in eine schwarze Robe, die Krone der Finsternis auf dem Haupt. Gedankenverloren spielte er mit einer Strähne seines langen grauen Haares. "Dimitav!", wisperte er scharf. Aus dem Schatten einer Ecke schritt eine große Gestalt hervor. "Ihr habt gerufen, Meister Valnitar?" Der Dunkelelf Valnitar nickte kaum merklich. "Was ist mit der Halbelfe und ihrem Retter?" Dimitav verbeugte sich förmlich vor dem Thron des Schwarzmagiers, bevor er mit sicherer Stimme antwortete. "Die beiden haben eine der Goblingruppen aus einem Menschendorf vertrieben. Jetzt sind sie wieder unterwegs, scheinbar nach Sagandor." Valnitar der Dunkelelf schnaubte verächtlich, seine eisblauen Augen zeigten keinerlei Emotionen. "Wie sieht es mit meinen Truppen aus?" "Sehr zufrieden stellend...", antwortete Dimitav. "...es sind bereits mehr als genügend Männer gesammelt. Die Tochter des Königs verweilt in einem der Verliese des Außenpostens. In acht Tagen können wir den Angriff auf Sagandor starten." "Sehr gut", zischte der Dunkelelf und Schwarzmagier. Sein Gesicht verzog sich zu einer boshaften Fratze. "Sorge dafür, dass die Halbelfe und der Mensch nicht in Sagandor ankommen werden!" Dimitav nickte und wandte dem Thron den Rücken zu, sein schwarzer Umhang flatterte dabei Unheil verkündend. "Ach, und Dimitav!", rief Valnitar noch hinterher. "Denke daran mir die Halbelfe lebend zu bringen! TÖTE DEN ANDEREN!!!" Kapitel 3: Xab, seines Zeichens Gnom, Händler und Alchemist ----------------------------------------------------------- Endlich ist Kapitel drei fertig. Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora und Hunde für ihre lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel III - Xab, seines Zeichens Gnom, Händler und Alchemist "Denke daran mir die Halbelfe lebend zu bringen! TÖTE DEN ANDEREN!!!" Melana erwachte zitternd und schweißgebadet. Sie hatte einen fürchterlichen Albtraum gehabt. Die Erinnerungen daran verblassten sofort, die Halbelfe erinnerte sich nur noch daran, dass es beängstigend gewesen war. Es herrschte noch tiefe Nacht, Dunkelheit umgab sie wie ein beruhigender Schleier, das Lagerfeuer prasselte noch immer kräftig vor sich hin. Dafem saß hellwach auf einem dicken Baumstumpf. Der Abenteurer legte gerade einen frischen Verband um seine Schulterwunde und sog dabei scharf die Luft ein, als hätte er starke Schmerzen. "Dafem?", flüsterte Melana unsicher. Der Abenteurer schien nicht im Mindesten überrascht. Ohne merkliche Reaktion warf er den alten Verband auf den Boden, er war voller Blut. Melana schauderte geschockt. "Ist deine Wunde sehr schlimm?" "Es geht, aber ich musste sie nähen." Die Halbelfe schluckte schwer, als sie seinen gelassenen Tonfall dabei hörte. "Nähen? Du selbst?" Dafem zuckte mit den Schultern. "Klar. Zuntaskraut betäubt die Wunde gut genug, dann ist es kein Problem... aber was ist mit dir? Dein Schlaf war ziemlich unruhig." Melana fand es mit einem Mal lächerlich sich vor einen Albtraum zu fürchten, während Dafem seine Wunde unter Schmerzen zusammennähte. "Nichts..." Dafems Gesichtsausdruck sagte ihr, dass er es nicht glaubte, doch er beließ es dabei. "Dann solltest du wieder schlafen..." Das zweite Mal erwachte Melana als die Sonne gerade am Horizont auftauchte. Sie fühlte sich frisch und ausgeschlafen, schließlich brauchte eine Halbelfe wenig Schlaf, doch ein merkwürdiges Geräusch verriet ihr, dass sie nicht grundlos aufgewacht war. An Dafems Rucksack fingerte eine kleine Gestalt herum und es war sicher nicht der Abenteurer... Melana tastete nach dem Rubinstecken, der zu ihren Füßen lag, und sprang auf, den Magierstab auf das Wesen gerichtet. Auch Dafem schien aufgewacht zu sein, denn er war ebenfalls auf den Füßen, das Langschwert vorbereitet gezogen. Die entdeckte Gestalt fiepte überrascht und ließ von dem Rucksack ab, um die beiden anzustarren. "Wer bist du?", fragte Dafem ernst. Vor ihnen stand ein Gnom, die wohl nervigste Rasse in Lutansiar. Er war kleinwüchsig, höchstens einen Meter und zwanzig groß. Sein Gesicht war schon leicht von Falten durchzogen und eingefallen, doch seine braunen Augen glitzerten voll Begeisterung und Lebenslust. Der Gnom hatte kurzes graues Haar, das ihm verfilzt bis zu den Schultern herab fiel. Seine Nase war dick und knollig, sein Bauch wohl gerundet und gut genährt. Er trug merkwürdige Kleidung in schrillen Farben, die nicht zueinander passten und einen Rucksack, der fast so groß war wie er selbst. Flaschen, Beutel und allerhand merkwürdige Gegenstände baumelten an dünnen Seilen davon herab. "Mein Name ist Xab, meines Zeichens Gnom, Alchemist und Händler. Geboren wurde ich in einem kleinen Dörfchen am Rand der Gnomenprovinzen. Meine Vater war ein gut verdienender Handwerker, meine Mutter eine liebenswürdige Hausfrau." Der Redeschwall der Gnome war berühmt und verspottet, denn diese Rasse erzählte jede Menge sinnloser Details vor sich hin. Dafem brachte Xab den Gnom mit einer Handbewegung zum Schweigen und deutete mit der Spitze seines Schwertes drohend auf ihn. "Genug. Was wolltest du an meinem Rucksack?" "Ich habe nur untersucht, ob ihr genug Gold für meine hochwertigen Waren habt", antwortete der Gnom mit seiner piepsigen Stimme, die überhaupt nicht zu seinem Aussehen passte. "Verkauf uns nicht für dumm.", mischte sich Melana ein. Die Halbelfe beobachtete den Gnom fasziniert. "Ohhh...gut...es könnte sein, dass ich den Inhalt deines Rucksackes interessant fand, doch ich hätte natürlich nie gewagt mir etwas zu nehmen oder dergleichen." Xab lächelte unschuldig. "Besonders dieses Zuntaskraut hat meine Aufmerksamkeit erlangt, man kann daraus vorzügliche Schlaftränke herstellen. Würdest du es mir verkaufen?" Dafem schüttelte entschieden den Kopf. "Ich brauche es selber." Der Abenteurer schien kurz nachzudenken, dann blickte er aufmerksam auf den Gnom herab. "Du bist Alchemist, verkaufst du hergestellte Tränke?" Xabs Augen leuchteten auf vor Begeisterung. "Ohhh! Ein Interessent! Natürlich verkaufe ich Tränke! Suchst du etwas Bestimmtes oder möchtest du dir erst einmal mein Warenangebot ansehen?" Nachdem Dafem überzeugt davon war, dass von Xab keine Gefahr ausging, steckte er sein Schwert wieder weg. "Heiltränke..." Der Gnom nahm seinen Rucksack unter Anstrengung vom Rücken und begann darin rumzuwühlen, wobei er fast bis zu den Füßen in der Tasche verschwand. "Etwas Spezielles? Gegengifte? Wachmacher? Wundenschließer?" "Blaue Allheiltränke..." Xab begann enthusiastisch in seinem Rucksack herumzuzappeln, dass Geschepper von Flaschen wurde hörbar. "Ohhh! Ich sehe schon, du bist ein wahrer Kenner!" Der Gnom kämpfte sich wieder aus seinem Rucksack, in seiner Hand drei bauchige Flaschen gefüllt mit einer blauen Flüssigkeit. Sie glichen dem Trank, den Dafem dem Alten im Dorf gegeben hatte. "Das macht 50 Goldstücke." "50 Goldstücke?", wiederholte der Abenteurer ungläubig. Xab grinste fröhlich und zuckte mit den Schultern. "Der Trank ist derzeit sehr gefragt und die Zutaten sind sehr selten und schwer zu beschaffen. 50 Goldstücke sind ein guter Preis... Du kannst natürlich auch ohne sie losziehen, doch so schnell wirst du keinen Alchemisten mehr treffen. Außerdem ist Lutansiar seit neuestem ziemlich gefährlich geworden, überall lungern Hobgoblins und anderes Gesindel." Die Tatsache das böse Kreaturen das Land heimsuchten schien Xabs gute Laune nicht im Geringsten zu trüben. Dafem murrte missmutig, doch zog widerwillig seine Geldbörse hervor. "Und schon ist das Gold von den Goblins wieder weg", meinte er, während er die Goldmünzen abzählte und in die kleine Hand des Gnomen legte. "Vielen Dank!", flötete Xab glücklich. Jetzt da sein Geschäft abgeschlossen war, wanderte seine Aufmerksamkeit zu Melana. "Ohhh... ihr seid ein hübsches Mädchen. Eine Halbelfe, nicht wahr? Ja, man erkennt es ganz eindeutig an den spitzen Ohren. Ich persönlich habe natürlich noch nie eine Halbelfe gesehen, da war nur einmal ein Halboger, den ich in der Wildnis getroffen hatte. Natürlich ist das nicht das Selbe, Oger sind riesig und stinken sehr merkwürdig, doch..." "Ich bin Melana", unterbrach die Halbelfe, damit Xab aufhörte zu reden. Sie reichte ihm freundlich die Hand und er nahm sie begeistert an. Seine kleine Hand wurde fast völlig von Melanas zierlicher Hand umschlossen. "Ohhh... Ihr habt wirklich sanfte Haut. Das erinnert mich an meine Mutter. Nehmt ihr zufällig einen Schönheitstrank? Meine Mutter benutzte ihn monatlich, jeder sagte sie hätte glatte Haut wie ein junges Kind. Aber ihr habt das vermutlich nicht nötig, oder? Elfen und Halbelfen sollen von Natur aus sehr schön sein." Melana errötete sichtlich und ließ die Hand des Gnomen wieder los. Xab entdeckte jetzt den Rubinstecken in ihrer anderen Hand und quietschte begeistert. "Ihr seid eine Magierin? Hübsch und kräftig, wirklich beeindruckend. Die einzige Zauberei, die ich je erlebt habe, war der Kartoffeleintopf meiner Mutter. Sie kochte so schnell, ich behaupte immer noch, dass das Hexerei gewesen sein muss." Dafem lachte ausgelassen, während Melana vor Verlegenheit noch röter wurde. "Du gefällst mir, Gnom. Wohin führt dich dein Weg?" Xab grinste breit und deutete nach Westen. "Ich wandere nach Sagandor. Die Menschen dort sind ein wenig unfreundlich zu Gnomen und meine Tränke verkaufen sich nicht sonderlich gut, doch die Stadt ist immer wieder toll anzusehen. Tolle architektonische Bauten und jede Menge Trubel auf den Straßen. Sie gehört zu meinen Lieblingsorten. Gleich nach meiner Heimatstadt." "Das trifft sich gut...", meinte Dafem lächelnd. "...denn auch wir wollen dorthin. Vielleicht können wir eine Zeit gemeinsam reisen." Xab hüpfte erfreut von einem Fuß auf den anderen. "Das ist eine grandiose Idee. Ich hatte lange keine Gesellschaft mehr, vielleicht abgesehen von diesem Halboger. Wahrscheinlich kann man das nicht wirklich als Gesellschaft bezeichnen, er sah mich eher als eine Art Mittagessen. Mein Feuertrank hat ihm aber nicht geschmeckt." Xab kicherte bei der Erinnerung wie ein kleines Kind. Dafem zuckte nur mit den Schultern, für ihn war die Flucht vor einem Halboger wohl nichts Besonderes. "Tja, ich denke dann können wir aufbrechen." "Da muss ich euch leider widersprechen...", zischte eine kalte Stimme. Aus dem Schatten einiger Bäume trat eine dunkle Gestalt. Sie trug eine goldblaue Stahlrüstung und einen schwarzen Umhang, die Kapuze hing ihm über dem Kopf. Ein unnatürlicher Schatten verbarg die Sicht auf sein Gesicht, nur zwei rot glühende Augen blitzten aus der Dunkelheit hervor. Dafem zog reflexartig sein Schwert. "Wer bist du?" "Ihr Sterblichen nennt mich meist Dimitav..." Melana erstarrte. Der Traum. Er war darin vorgekommen. Dimitav schien sie mit ihren Augen durchbohren zu wollen, es sah so aus als könnte er ins Tiefste ihrer Seele blicken. Dann lachte er. Und es war ein so eiskaltes Lachen, dass selbst Dafem vor Angst einen Schritt zurückwich. Eine blinde Panik breitete sich in Melana aus, vernebelte ihren Kopf und ließ keinen klaren Gedanken zu. Sie konnte sich nicht einmal bewegen. Xab hingegen war immer noch lustig und ruhig. "Dimitav? Ein merkwürdiger Name, nicht wahr? Ich meine natürlich habe ich nichts gegen diesen Namen, doch er klingt für meinen Geschmack trotzdem etwas zu exotisch." "Schweig, sterblicher Gnom..." Die Augen des Mannes schienen aufzuflackern und er streckte einen Arm fordernd aus. "Gebt mir die Halbelfe..." Melana wich in purer Angst zurück, sie war immer noch unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Person schürte ihre Panik ins Unermessliche, allein durch ihre Anwesenheit. Was wollte dieser Dimitav von ihr? "Warum?", fragte Dafem düster. Der Abenteurer hob sein Schwert unter sichtbarer Anstrengung. Dimitrav ließ seine Hand gelangweilt wirbeln. "Ihr Sterblichen versteht das nicht. Eure Meinungen interessieren mich auch nicht. Gebt mir die Halbelfe..." "Nur über meine Leiche!", rief Dafem wütend. "Wie ihr wünscht...", flüsterte Dimitav eisig. Er schnippte einmal mit den Fingern und weitere Gestalten traten aus den Schatten der Bäume. Dafem erkannte den ekelhaften Gestank, schon bevor er die Gestalten sah. Fette, grauhäutige Hobgoblins und gebückt laufende Goblins. "Fast zwei Dutzend...", zählte Dafem düster. Xab verlor selbst in dieser Situation nicht sein heiteres Gemüt. "Ohhh... Ist das jetzt Zufall oder trefft ihr des Öfteren auf Goblins, Hobgoblins und Wesen, die das Wort ,Sterbliche' benutzen? Ich jedenfalls treffe sonst nie auf solches Gefolge." "Halt jetzt bitte den Mund, Gnom.", flüsterte Dafem nervös. Dimitav schien sich über die plötzliche Hilflosigkeit der drei zu amüsieren. "Es scheint, du bist doch nicht so mutig wie man sich erzählt, Abenteurer Dafem." Xab machte große Augen. "Du bist Dafem? DER Dafem? Das ist toll, ich hörte erst neulich..." "Nicht jetzt!", zischte der Abenteurer gereizt. "Nun ja, ich habe jedenfalls noch andere Dinge zu tun", gähnte Dimitav gelangweilt. Mit einem weiteren Fingerschnippen löste er sich spurlos in Luft auf. Seine Stimme hallte jedoch noch kurz in der Luft. "Denkt daran mir die Halbelfe lebend zu bringen. Macht mit den anderen beiden was ihr wollt..." Die Goblins und Hobgoblins schnatterten wild durcheinander oder bleckten ihre verfaulten Zähne. Dafem wich wieder einen Schritt zurück. "Melana? Wie viele schaffst du mit deinen Zaubern?" Die Halbelfe zuckte mit den Schultern. "Vier, vielleicht fünf...", flüsterte sie unsicher zurück. "Und du, Gnom? Kannst du kämpfen?" Xab gab sich keine Mühe seine Stimme leise zu halten. "Natürlich kann ich kämpfen!", piepste er gutgelaunt. "Normalerweise benutze ich eine Schleuder, doch für solche Fälle habe ich immer etwas Spezielles dabei..." Der Gnom setzte seinen Rucksack ab und stöberte wieder darin herum. Geschepper und Gepolter drang aus der Tasche, während die Goblins und Hobgoblins ihn verwirrt beobachteten. Schließlich tauchte Xab aus seinem Rucksack auf. In seiner Hand hielt er eine längliche Flasche, die ein rotes, pulsierendes Licht aussendete. "Tadaa!", frohlockte der Gnom, während er das Gefäß triumphierend über den Kopf hob. Dafem starrte entsetzt auf die Flasche. "Ist das dein Ernst?" Obwohl die betäubende Angst nach Dimitavs Verschwinden nachgelassen hatte, war seine Stimme leicht nervös. "Klar! Wieso nicht!", quiekte Xab unschuldig. Die Menge böser Kreaturen beobachte die drei mit wachsender Ungeduld. "Schlitzen wir sie auf!", kreischte einer der Goblins wütend, wobei er keifend Speichel versprühte. Seine Artgenossen schnatterten zustimmend und erhoben ihre verrosteten Schwerter. Ohne weitere Worte schleuderte Xab ihnen seine Flasche entgegen. Dafem zog scharf die Luft ein und stürmte zu Melana. "Geh in Deckung!" Die Flasche des Gnomen tanzte wirbelnd in der Luft und fiel direkt vor die Füße der Goblins und Hobgoblins, wobei sie in hunderte Scherben zersprang. Einen Moment lang passierte gar nichts. Dann war plötzlich die Hölle los... Der Inhalt der Flasche explodierte, Scherben flogen herum und helle Flammen sprangen auf Goblins und Hobgoblins über. Die bösartigen Kreaturen schrieen in Qual, das Feuer verbrannte sie grausam. Die Druckwelle der Explosion riss Melana zu Boden, während Dafem die Hände schützend vor das Gesicht hielt. Xab pfiff schrill und hemmungslos. "Bei dem Halboger hat der Feuertrank nicht so gut gewirkt!", meinte der Gnom lachend. "DAS BEREUT IHR NOCH!!!", schrie einer der Goblins aus den lodernden Flammen. "ICH KRIEGE EUCH!!! UND DANN SCHNEID ICH EUCH DIE KEHLEN DURCH, IHR KLEINEN RATTEN!!!" Der Goblin stolperte blind vor Wut aus dem Inferno, sein Gesicht war verbrannt und dampfte. Er taumelte noch ein paar Schritte, bevor er gurgelnd zu Boden fiel. "Scheinbar noch keine Zeit für Siegesfeiern...", murmelte Dafem ernst. Er packte den jubelnden Xab am Kragen und winkte Melana zu sich. Die Halbelfe lief zu ihm herüber, den Rubinstecken fest umklammert. Sie und Dafem rannten so schnell ihre Beine sie trugen über die Grassteppe nach Westen, Xab wurde von Dafem immer noch am Kragen hinterher geschliffen, während der Gnom genug damit zu tun hatte, seinen Rucksack festzuhalten. "WIR KRIEGEN EUCH!!!" Zwei Hobgoblins hatten sich irgendwie unverletzt aus den Flammen gerettet und verfolgten die drei voller Zorn. Ihre fetten Bäuche hüpften auf und ab, die roten Augen glühten hasserfüllt. Xab zog seine Steinschleuder aus dem Gürtel. Eigentlich war es nicht vielmehr als ein langer Lederriemen und ein kleiner Beutel in der Mitte. Der Gnom legte einen walnussgroßen Stein in den Beutel, packte beide Enden des Riemens mit einer Hand und ließ die Schleuder über dem Kopf kreisen. Als die Schleuder schnell genug herumwirbelte, ließ Xab ein Ende des Lederriemens los. Der Stein wurde aus dem Beutel katapultiert und flog im hohen Bogen davon. Zielsicher traf das Geschoss den Kopf eines Hobgoblins, die Kreatur ging kreischend zu Boden. Auch der zweite stürzte durch einen weiteren Stein. "Ohhh! Treffer! Wie ihr seht bin ich gut im Umgang mit der Schleuder. Schon viele Leute haben es bereut über einen Gnom und seine Schleuder zu lachen. Doch ich sage immer, dass ein guter Schleuderschütze besser als jeder Schwertkämpfer ist. Übrigens habe ich diese Schleuder von meinem Vater. Er schenkte sie mir, als..." Xab verstummte als er merkte, dass Melana und Dafem bereits eine ordentliche Strecke vorgelaufen waren. "Ohhh! Hey, wartet doch! Ich habe nicht so lange Beine wie ihr. Vater sagte immer, dass ein Gnom deswegen nicht irgendwie besonders behandelt werden sollte, doch es wäre trotzdem nett wenn ihr auf mich warten könntet... Das erinnert mich wieder an diesen Halboger. Ihr werdet nicht glauben wie langsam so ein riesiger Kerl sein kann. Er hatte Beine wie Baumstämme und eine dicke Keule, mit der er immer nach mir schlug. Und sein ständiges Gegröle war..." "Komm jetzt oder lass es bleiben, Gnom!", rief Dafem genervt zurück. Der Abenteurer verlangsamte sein Tempo ein wenig, so dass Xab zu ihnen aufschließen konnte. Der Gnom strahlte über das ganze Gesicht. "Vielen Dank! Es ist wirklich lange her, dass ich so nette Leute kennen gelernt habe. Und dass wir jetzt auch noch ein Stückchen gemeinsam reisen können ist großartig. Ich hatte nie viel Gesellschaft... Um noch einmal auf den Halboger zurückzukommen, er war wirklich..." Melana lächelte amüsiert über die muntere Begleitung, während Dafem entnervt mit den Augen rollte. "Vielleicht hätten wir dich doch zurücklassen sollen...", murmelte der Abenteurer leise. Kapitel 4: Ereignisse in Sagandor --------------------------------- Nach langem Warten melde ich mich aus meinem zweiwöchigen Italienurlaub zurück und schicke auch gleich das nächste Kapitel ins Rennen. Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde und zeroLX für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel IV - Ereignisse in Sagandor "Dort drüben! Dort ist Sagandor!", rief Xab begeistert, während er auf die Spitzen der ersten Gebäude deutete, die sich am Horizont abzeichneten. Der Gnom, Melana und Dafem hatten drei Kräfte zehrende Tagesmärsche hinter sich, bei denen sie immer die Angst vor weiteren Begegnungen mit Feinden hatten. Doch die Menschenstadt, die sich vor ihnen ausbreitete, ließ sie das schnell vergessen. "Gut, es ist nicht mehr weit.", stellte Dafem erleichtert fest. Er warf einen Seitenblick auf Melana. "Du solltest dir ab jetzt besser die Kapuze deines Umhanges über den Kopf ziehen." "Wieso?" "Damit man nicht deine spitzen Ohren sieht und du nicht als Halbelfe identifiziert werden kannst. Wenn du glaubst die Dörfler waren schlimm, dann erlebe mal menschliche Stadtbewohner." Melana nickte und verbarg ihre teilweise Elfenabstammung. Xab war besser gelaunt denn je. "Seht ihr wie die Sonne auf die Dächer scheint. Man könnte meinen das Licht wird regelrecht reflektiert. Diese Stadt ist einfach großartig. Als ich neulich meine Tränke hier verkaufen wollte... HEY! Wartet!" Dafem und Melana waren wieder vorgegangen ohne auf den Gnom zu achten... Die drei erreichten das Stadttor Sagandors kaum eine Stunde später. Auf den gepflasterten Straßen herrschte reges Treiben. Mager aussehende Menschen in abgewetzten Kleidungen schritten hastig durch die Gassen. Den Dreien wurden nur flüchtige Blicke zugeworfen, meist düster und abweisend. Fremde Abenteurer und Gnome hatte man in Sagandor schon lange nicht mehr gesehen. Die Stadt war auf einem großen Hügel errichtet. Am Fuße des Hügels schlängelte sich eine hölzerne Palisade mit einzelnen Türmen entlang. Vier Stadttore führten in alle Himmelsrichtungen davon. Auf dem höchsten Punkt des Berges thronte ein großes Gebäude aus weißem Marmor, der Sitz des Menschenkönigs Fibathen. Kleinere Wohnhäuser und Läden reihten sich Tür an Tür auf den Abhängen. Sagandor war nicht sonderlich groß, doch zählte sie durch ihre fachmännischen Handwerker und den qualitativen Waren zu den wichtigsten Menschenstädten Lutansiars. "Was tun wir jetzt?", fragte Melana, als sie ein wenig verloren auf der Straße standen. "Die Stadt ansehen! Die Stadt ansehen! Immer wenn man hierher kommt, gibt es neue Sachen zu entdecken. Zum Beispiel dieser Laden da hinten... ist das Zuntaskraut?! Die verkaufen Zuntaskraut!", piepste Xab aufgeregt. "Nachher, Gnom.", mahnte Dafem mit einem amüsierten Unterton. "Zuerst will ich einen alten Freund treffen. Er ist der Besitzer eines Wirtshauses. Außerdem möchte ich, dass du heute auf Melana Acht gibst. Morgen kannst du machen was du willst." Der Abenteurer deutete auf ein hölzernes Schild, das an der Außenwand eines Hauses prangte und den Gasthof ,Zum wilden Bären' verkündete. Dafem und Melana steuerten den Pub an, während ihnen ein zutiefst enttäuschter Gnom hinterher schlurfte. Dafem öffnete die grob gezimmerte Tür und ein beißender Geruch von Qualm und Alkohol schlug ihnen entgegen. Melana wankte ein wenig, als ihr leicht übel wurde. Xab hingegen sog die Luft geradezu genießerisch ein. "Ohhh! Pfeifenkraut! In meiner Heimat am Rande der Gnomenprovinzen nahm ich gerne ein wenig davon. Das Kraut benutzt man auch häufig zusammen mit Zuntaskraut, um Schlaftränke herzustellen. Was mich zu dem Laden von vorhin zurückführt..." "Es sah hier schon mal freundlicher aus...", stellte Dafem fest ohne auf das Gerede Xabs zu achten. Obwohl draußen noch heller Tag herrschte, war es in dem Gasthaus sehr düster. Die Fenster waren verdunkelt und der Dunst der Rauchpfeifen bildete einen dichten Nebel im Raum. An runden Holztischen saßen einige finster dreinblickende Gestalten. Ein alter Mann schlug seine Stirn immer wieder gegen die Tischplatte, die vier leeren Bierkrüge vor ihm klapperten monoton. Ein anderer lag völlig weggetreten auf dem schmuddeligen Parkettboden. In der Ecke flüsterte ein dritter seiner ziemlich abgefüllten Begleiterin etwas ins Ohr, worauf diese unkontrolliert kicherte und mit ihm auf ein Zimmer in der oberen Etage verschwand. Dafem trat zielstrebig an die zerkratzte Theke, hinter der ein dicklicher Ausschenker gedankenverloren ein einzelnes Glas putzte, und räusperte sich übertrieben. "Deine Kneipe wirkte schon einmal freundlicher, Bodono." Der Wirt wandte seine Aufmerksamkeit Dafem zu. Im ersten Augenblick schien er das Gesicht des Abenteurers vergeblich einzuordnen, doch schließlich weiteten sich seine Augen erstaunt. "Dafem? Bist du es?" Der Abenteurer lächelte als Antwort, während Bodono schnell das Glas abstellte und erfreut lachte. "Was für eine Überraschung dich wieder zu sehen. Das muss jetzt mindestens ein Jahr her gewesen sein!" Die Augen des Wirtes wanderten zu Xab, der sich neben Dafem gestellt hatte und kaum über die Theke gucken konnte. "Ein Gnom? Scheinbar hat sich dein Gespür für merkwürdige Weggefährten nicht geändert. Schon damals bei Melissa und Rigo war es so... Übrigens ist Rigo..." Er verstummte als Melana nun ebenfalls an die Bar trat. "Wow! Dafem, seit wann angelst du dir so schöne junge Damen?!" Die Halbelfe errötete, während Dafem hektisch abwinkte. "Ich habe sie nur vor kurzem vor einem wahnsinnigen Pöbel gerettet. Ich werde sie in meiner kleinen Hütte unterbringen." "Was hat sie denn angestellt? Oder wollten die Dörfler ihr an die Wäsche? Würde mich bei ihr nicht wundern..." Melana errötete vor Verlegenheit noch etwas mehr. Dafem beugte sich über die Theke und senkte seine Stimme, damit nur Bodono ihn hören konnte. "Sie ist eine Halbelfe..." Der Wirt keuchte entsetzt. "Bist du wahnsinnig mit ihr zu reisen? Seit König Tozens Ermordung ist jeder Mensch hinter Halbelfen und ihren Helfern her!", zischte er schockiert. Dafem zuckte mit den Schultern, so dass Bodono entgeistert aufstöhnte. "...Wie gesagt, du suchst dir ungewöhnliche Weggefährten..." Der dicke Wirt nahm wieder Glas und Putzlappen in die Hand um es nachdenklich zu säubern. "Wo wir von deinen alten Abenteurerkollegen reden... Es wird dich interessieren zu hören, dass Rigo hier seit einer Woche ein Zimmer belegt." Dafem stand völlig vor den Kopf gestoßen da und blinzelte verwirrt. "Rigo? Hier?", flüsterte er ungläubig. Bodono nickte. "Viele Abenteurer hat es hierher gezogen, seit die Tochter des Königs Fibathen verschwunden ist. Jeder erhofft sich die Belohnung, wenn man sie findet und zurückbringt. Rigo ist seitdem ständig in der Nähe der Stadt unterwegs. Zurzeit müsste er einen seiner Rundflüge abhalten." "Rundflüge?", mischte sich Xab neugierig ein. "Er ist ein Avior, ein Vogelmensch aus dem Norden", erklärte Dafem ruhig. Der Gnom machte große Augen. "Ohhh! Ein Avior?! Ich habe schon viel von diesen Geschöpfen gehört, auch wenn ich nie einen gesehen habe. Sie sollen richtig fliegen können und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben. Mein Vater sagte immer, sie seien die gerechtesten Wesen der Welt. Obwohl er auch sagte, dass Halboger wirklich toll duften. Und ich kann euch versichern, als ich vor kurzem diesen Halboger traf, da roch er eigentlich nicht sonderlich gut..." Dafem hatte sich bereits jetzt schon angewöhnt, nicht auf das Geplapper Xabs zu achten. Der Abenteurer schien nachzudenken. "Die Prinzessin ist also verschwunden? Gibt es Hinweise?" Bodono schüttelte betrübt mit dem Kopf. "König Fibathen redet kaum mit anderen darüber." Dafem nickte verstehend. "Du hast versagt?!", brüllte Valnitar, der Dunkelelf, wütend. Dimitav hatte sich vor seinen Thron gekniet, seinen Kopf demütig gesenkt. "Es tut mir Leid, Meister Valnitar. Die drei sind fähiger als ich dachte..." Valnitar schlug mit der Faust auf die Lehne seines Thrones. "Das ist keine Entschuldigung...", zischte der Dunkelelf bedrohlich. Dimitav nickte verzeihend. "Ich weiß, doch ich habe bereits einen Plan. Schon bald befindet sich die Halbelfe in meiner Gewalt..." Nach einem langen Gespräch verließen Dafem, Melana und Xab das Wirtshaus ,Zum wilden Bären' wieder. "Was nun?", erkundigte sich Melana. "Ich bring dich zu meiner Hütte", entschied Dafem kurzerhand, während er Xab schon wieder am Kragen gepackt hatte, damit dieser nicht zu dem nächstbesten Laden stürmte. Die drei folgten der belebten Straße, bis sie den Hügel, auf dem Sagandor errichtet war, fast vollständig hinauf gelaufen waren. Um den Sitz des Königs auf der Spitze reihten sich einige verlassen aussehende Holzhütten. Dafem deutete auf eine von ihnen und öffnete das Schloss der Tür mit einem groben Eisenschlüssel aus seinem Rucksack. Die Tür schwang knarrend auf, während feiner Staub vom Boden aufgewirbelt wurde. "Ich war schon lange nicht mehr hier, ein Jahr muss das her sein." Das Innere der Hütte war sehr spartanisch eingerichtet, Stuhl, Tisch, Schrank und Bett in zwei Räumen verteilt. Es sah mehr aus wie ein kleines Gasthauszimmer. "Es ist wenig, doch es muss erstmal reichen." Dafems Blick wanderte sorgsam zu Melana. "Du kannst hier solange bleiben wie du willst. Sorge dafür, dass du unauffällig bleibst. Bei irgendwelchen Anliegen kannst du dich an Bodono wenden. Verlass die Hütte so selten wie möglich. Wenn irgendjemand rausbekommt, dass du eine Halbelfe bist..." Er beendete den Satz nicht, doch Melana verstand sehr gut. "Ich muss noch einmal weg, doch vor Einbruch der Nacht komme ich wieder vorbei... Was ist mit dir, Gnom?" "Ich bleibe noch etwas hier...", piepste Xab fröhlich. "...und erzähle Melana ein paar tolle Geschichten. Die Stadt schaue ich mir morgen an." Dafem nickte, ein Lächeln huschte über sein Gesicht, ehe er sich wieder zur Tür begab. "Wo gehst du hin?", fragte Melana ein wenig enttäuscht. Der Abenteurer hielt kurz inne, sein Blick wurde wieder sehr ernst. "Dem König einen Besuch abstatten!" Als sich die Tür schloss, hinterließ er eine verwirrte Halbelfe und einen freudig aufgebrachten Gnom. "Dem König einen Besuch abstatten?", wiederholte Melana verwirrt. Xab nickte heftig. "Ich wusste es doch. Er ist DER Dafem! Dafem der Abenteurer! Dafem der Orkvernichter! Dafem der Elfenretter!" "Wovon redest du?" Xabs Augen glitzerten vor Begeisterung, während Melana weiterhin verwirrt war. "Hast du nie von ihm gehört?", fiepte Xab enthusiastisch. "Er ist überall bekannt. Er und seine zwei Gefährten haben schon in vielen Ländern unglaubliche Taten vollbracht. Egal wo man hinkommt, in jeder Schenke, jeder Stadt und jedem Haus ist er bekannt." Melana war sprachlos. Das hatte sie nicht gewusst. "Aber...er ist doch erst neunzehn Jahre alt.", murmelte sie mehr zu sich selbst als zu Xab. "Gerade deswegen ist er ja so bekannt. Schon im Alter von vierzehn war er stärker als viele erfahrene Krieger. Sicher hat er auch hier in Sagandor schon irgendwas vollbracht, was ihn zu einem Bekannten des Königs macht. Vielleicht hat er eine randalierende Gruppe Orks aufgehalten. Oder Hobgoblins. Oder Halboger... Hab ich dir eigentlich schon einmal von meinem Treffen mit einem Halboger erzählt...?" In den prunkvollen Hallen und Gemächern des Königsitzes von Sagandor war es bedrückend still. König Fibathen saß nachdenklich an einem Schreibtisch seiner Schlafkammer und brütete über verschiedenen Pergamentrollen. Gerade als er seinen Federkiel zum Schreiben ansetzte, klopfte es an seiner Tür und einer der Wächter trat ein. "Herr, ein junger Abenteurer verlangt sie zu sprechen." "Schickt ihn weg", murmelte Fibathen unwirsch und tunkte seinen Federkiel in ein Tintenglas. "Aber er sagte, dass ihr ihn kennen würdet. Seine Name ist Dafem und..." Er verstummte, als Fibathen vor Überraschung das Tintenglas umwarf. Ein tiefblauer Fleck breitete sich langsam auf den Pergamenten aus, doch den König schien das nicht zu kümmern. "Bring mich zu ihm", befahl er hastig. Die Wache verneigte sich ergeben und führte den König durch die verworrenen Gänge des Palastes, bis sie bei dem großen Thronsaal anhielten und eintraten. Fibathen stockte der Atem. Da stand tatsächlich Dafem. Der Abenteurer deutete eine kurze Verneigung an. "König Fibathen..." "Dafem, alter Freund..." Der König umarmte den jungen Kämpfer freundschaftlich, bevor er ihm abschätzend ins Gesicht sah. "Du siehst gut aus." "Ihr auch, Fibathen." Der König lachte ein wenig betrübt. "Das ist gelogen und ihr wisst es." Dafem musste ihm im Stillen Recht geben. Das einst anmutige Gesicht des Königs war durchzogen von leichten Sorgenfalten, dunkle Ringe umrahmten seine braunen Augen. Die kurzen schwarzen Haare gingen jetzt an vielen Stellen ins Graue über. Die Zeit nagte langsam und heimlich an Fibathen. "Was treibt dich hierher, Dafem? Das muss jetzt... wie lange her sein? Ein Jahr... damals hast du diesen Giftmischer überführt und ganz Sagandor aufatmen lassen." Der Abenteurer bemerkte sofort, wie verstellt sich der König gab, um den Verlust seiner Tochter nicht anmerken zu lassen. "Was ist mit Aurora?", fragte er ohne Umschweife. Fibathen schloss gequält die Augen und seufzte das müde Seufzen eines alten Mannes. "Du hast es also schon gehört..." Dafem nickte. Er kannte die Prinzessin Aurora. Vor einem Jahr hatte er sie kurz am Königshof gesehen, nachdem er für die Überführung des gefürchteten Giftmischers geehrt wurde. "Sie...wurde...entführt..." Es kostete dem König viel Anstrengung um diese Worte auszusprechen. Dafems Gesicht wurde düster. Irgendwie verwunderte ihn das nicht wirklich. "Von wem?" Statt einer Antwort erhielt Dafem einen Brief, den Fibathen wortlos aus seiner Tasche zog und ihm überreichte. Der Abenteurer entfaltete das Pergament und erkannte die verschnörkelte Schrift der Elfen. Dafem hatte Probleme sie zu lesen, da er dieser Sprache nicht völlig mächtig war. Doch nach einiger Anstrengung entzifferte er die Nachricht: König Fibathen, wie ihnen vielleicht aufgefallen ist, kehrte eure Tochter, Prinzessin Aurora, die letzten Tage nicht in euren Palast zurück. Das hat einen bestimmten Grund: MICH!!! Sie lesen richtig, meine Gefolgsleute haben ihre Tochter in Gewahrsam. Falls sie sie jemals lebend wieder sehen wollen, so leiten sie keine Gegenmaßnahmen gegen meine Machtübernahme in genau fünf Tagen ein. Meine Truppen werden bei Einbruch der Nacht in Sagandor eintreffen und es wenn nötig mit Gewalt einnehmen. Hochachtungsvoll, Valnitar der Dunkelelf Dafem starrte sprachlos auf diesen Brief, las ihn noch zwei weitere Male durch, um sicherzugehen alles richtig verstanden zu haben und reichte ihn schließlich wieder an Fibathen zurück. "Das ist einfach schrecklich...", murmelte der Abenteurer bestürzt. Fibathen nickte langsam, sein Gesicht war wie versteinert. "Was gedenkt ihr zu tun?", fragte Dafem. Der König machte ein paar Schritte durch die Halle, starrte erschöpft aus dem Fenster und seufzte wieder. "Ich habe keine Wahl. Meine Männer werden nichts unternehmen..." "Ihr wollt Sagandor diesem Dunkelelf überlassen?!", schrie Dafem schockiert. Fibathen ließ seinen Blick immer noch aus dem Fenster schweifen, bevor er langsam nickte. "Aurora ist der einzige Mensch, den ich noch habe..." "Und euer VOLK?!", rief Dafem wütend. "Wollt ihr das Leben eurer Tochter gegen euer ganzes Volk eintauschen?!" "Wenn wir keine Gegenwehr leisten, wird keinem etwas passieren..." "Das glaubt ihr ernsthaft? Bemerkt ihr nicht was in diesem Land passiert? Erst kürzlich musste ich eine Halbelfe vor dem Verbrennen retten und ein Dorf von tyrannischen Goblins befreien. Auch wenn die Übernahme vielleicht ohne Opfer abläuft, die Menschen werden behandelt wie Dreck!!!" Fibathen sah Dafem nicht einen Augenblick an. "Woher willst du das wissen?", meinte der König müde. Der Abenteurer schlug zornig mit der Faust gegen die Marmorwand. "Merkt ihr nicht was hier geschieht, Fibathen? Irgendjemand versucht Lutansiar zu Grunde zu richten. Der Tod Tozens, die Zerstörung der Völkerbünde, das Erscheinen dunkler Kreaturen, die Entführung eurer Tochter und dieser Brief sind doch kein Zufall! Der, der dahinter steckt, fängt doch gerade erst an!" "Dann sagt mir, was soll ich denn tun?", fragte Fibathen beinahe flehend. "Kämpfen! Für euer Volk und für eure Tochter!" Der König schüttelte langsam den Kopf, seine Augen wurden leer und glasig, als wäre er in Trance. "Ich...kann das nicht... Sie mich an... Ich bin ein alter Mann geworden..." "Dann werde ich es tun!", schrie Dafem entschlossen, seine Stimme erfüllte den ganzen Raum. Aufgebracht wirbelte der Abenteurer herum und verließ den Saal mit großen Schritten, wobei er die Tür so hart aufstieß, dass sie gegen die Seitenwände krachte. "Ich hole euch eure Tochter zurück!!!" Nachdem Dafem den Palast hinter sich gelassen hatte und vor seiner Hütte stand, war der Zorn immer noch nicht verflogen. König Fibathen würde Sagandor dem unbekannten Feind überlassen und er hatte keine Ahnung wie oder wo er Prinzessin Aurora finden könnte. Irgendjemand intrigierte in Lutansiar und das ziemlich erfolgreich. Vielleicht dieser unheimliche Dimitav? Oder der Schreiber des Briefes, Valnitar? Oder beide? Oder jemand ganz anderes? Mit verwirrten Gedanken öffnete Dafem die Tür zu seiner Hütte. Knarrend schwang sie auf und wirbelte ein wenig Staub auf. Im Zimmer war es dunkel und still. "Melana?" Keine Antwort. "Xab?" Stille. Unbehagen breitete sich in Dafem aus und er zog gewarnt sein Schwert. Mit klopfendem Herzen öffnete er die Tür zum zweiten Zimmer. Und dort lagen Xab und Melana, beide geknebelt und gefesselt. "Was zum..." Die Halbelfe gestikulierte hektisch mit ihren zusammengebundenen Händen und brachte durch die Mundbinde kein verständliches Wort zustande. Dafem trat sofort einen Schritt auf sie zu, doch ein raschelndes Geräusch hinter ihm ließ ihn herumwirbeln. Er sah nur noch zwei stechende rote Augen, bevor er niedergeschlagen wurde. "Haben wir euch also...", zischte Dimitavs eiskalte Stimme, die jedem das Blut in den Adern gefrieren konnte. Dafem stürzte mit einem schrecklichen Schmerz am Kopf zu Boden, er hörte Melana erschrocken durch ihren Knebel rufen und verlor sich schließlich in der betäubenden Dunkelheit der Bewusstlosigkeit... Kapitel 5: Gefangen im Kerker ----------------------------- Mir fällt gerade auf, dass ich nicht immer angegeben habe, dass alle auftauchenden Figuren und Orte meiner eigenen Fantasie entspringen, obwohl das doch ein tolles Gefühl ist sowas sagen zu können! Hier kommt also Kapitel V. Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX und simmi für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel V - Gefangen im Kerker Dafem erwachte mit einem gequälten Stöhnen. In seinem Hinterkopf hämmerte ein pochender Schmerz. Der Abenteurer hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, seit Dimitav ihn niedergeschlagen hatte, geschweige denn wo er sich befand. Um ihn herum herrschte tiefe Dunkelheit, so intensiv, dass er sich im ersten Moment fragte, ob er die Augen überhaupt geöffnet hatte. Er spürte nur den kalten Steinboden, auf dem er lag, und eine warme Hand, die sich sanft an seinem Arm festhielt. Dafem versuchte sich aufzurichten, doch der Schmerz an seinem Kopf ließ ihn schnell zurücksinken. Eine Weile lang lag der Abenteurer einfach nur da, bis die Augen sich ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten und er sich an die schmerzende Stelle fasste. Als er sich seine Finger besah, klebte frisch getrocknetes Blut daran. So lange konnte er also noch nicht hier sein... Mit einiger Anstrengung brachte sich Dafem doch noch in eine sitzende Haltung und erkannte jetzt die Umrisse von Melanas zierlichem Körper neben sich. Sie lag reglos auf dem Boden, ihre Hand klammerte sich an seinen Arm und verbreitete dort ein wenig Wärme. "Sie hat sich große Sorgen gemacht..." Dafem wirbelte erschrocken herum und spähte in der Finsternis nach dem Sprecher. Zwei goldene Augen mit leicht geschlitzten Pupillen starrten ihm entgegen. Raubvogelaugen... "Rigo?", murmelte Dafem unsicher. Er erkannte eine Bewegung, die man mit gutem Willen als Kopfnicken deuten konnte. "Was machst du hier?" Rigo der Avior, ehemaliger Kampfgefährte von Dafem, lachte witzlos. "Das wüsste ich ehrlich gesagt auch gerne. Da entdecke ich einen unterirdischen Kerker, hoffe auf einen Hinweis über den Verbleib von Prinzessin Aurora und dann werde ich hinterhältig von hinten niedergeschlagen. Als ich aufwache bin ich hier..." Die goldenen Augen des Vogelmenschen blitzten kurz auf. "Aber was machst du hier? Es war ganz schön überraschend, als diese Goblins dich, den Gnom und das Mädchen hier rein brachten..." Er warf einen amüsierten Seitenblick auf Melana. "Und seit wann verkehrst du mit so hübschen, jungen Halbelfen?" Dafem wunderte sich nicht, dass Rigo scheinbar keine Probleme hatte etwas zu erkennen. Aviore hatten übernatürlich gute Augen und konnten selbst im Dunklen problemlos sehen. "Ich habe sie nur ein wenig begleitet, um eine Unterkunft für sie zu finden. Aber scheinbar hat jemand ziemlich viel Interesse an ihr." Dafem fasste sich wieder gedankenverloren an die Wunde am Hinterkopf und dachte zurück an den unheimlichen Dimitav, der Melana aus unerfindlichen Gründen lebend fangen wollte. "Wie meinst du das?", fragte Rigo interessiert. Dafem berichtete von Melana, ihrer Rettung und dem Zusammentreffen mit Dimitav. Als der Abenteurer seine Geschichte beendet hatte, schwieg Rigo nachdenklich. "Beunruhigend, äußerst beunruhigend. Das Böse macht sich beunruhigend schnell breit." "Du hast es auch gemerkt?" Rigo schnaubte abfällig. "Natürlich, man muss blind sein um das nicht zu bemerken. König Fibathen hat sogar einen offiziellen Brief bekommen, der die Übernahme Sagandors ankündigt." "Ich weiß", entgegnete Dafem. "Ich habe den alten Fibathen auch schon besucht. Und dann das mit seiner Tochter..." Langsam hatten sich die Augen des Abenteurers an die Dunkelheit des Raumes gewöhnt. Er blickte Rigo abschätzend an. Zu seiner Erleichterung hatte sich der Avior ganz und gar nicht verändert. Er wirkte immer noch wie ein zu groß geratener Falke, mit zwei Beinen und Armen, die in Vogelklauen endeten. Sein Körper war bedeckt mit weißbraunen Federn, an seinem Rücken setzten zwei gewaltige Flügel an. Den letzten Schliff gaben der gekrümmte Schnabel und die goldenen Raubvogelaugen. Er trug, wie schon damals immer, einen gelben Kleidungsstoff, der an der Hüfte mit einem Gürtel zusammengehalten wurde. Dafem lächelte leicht über den alten Abenteurerkollegen und sah sich im Raum um. Zu seiner Rechten lag Melana, ihre Hand immer noch an seinen Arm geklammert, und neben ihr Xab, der mit dem Hinterkopf an der Wand lehnte und leise schnarchte. Erst jetzt bemerkte Dafem, dass sie alle durch Ketten an Hand- und Fußgelenken an der Wand fest gekettet waren. Sie befanden sich in einem kreisrunden Raum ohne Fenster und mit nur einer Tür, die Wände waren aus grauen Steinblöcken gebaut. Feuchtes Moos wuchs in einigen Ritzen. Dafem stutzte, als er noch eine Gestalt erkannte, die an der Wand gegenüber angekettet war. Es war eine junge Frau, nicht älter als er oder Melana. "Prinzessin Aurora...", murmelte Dafem verwundert. "Du hast sie also auch schon bemerkt. Sie ist eindeutig wach, reagiert aber nicht wenn man versucht mit ihr zu reden.", erläuterte Rigo abwesend. Prinzessin Aurora, Tochter von König Fibathen, sah nicht besonders gut aus. Sie kauerte mit dem Rücken an der Wand, die Arme um die angewinkelten Knie geschlungen. Ihr Gesicht war beschmiert mit Blut und Dreck und die langen Haare fielen verfilzt herab. Es war unmöglich festzustellen, welche Haarfarbe sie hatte. Ihre Kleidung bestand aus einem bauchfreien Oberteil und einem zerfetzten Rock, der einst bis über die Knie gereicht haben musste, doch jetzt nur noch das Nötigste bedeckte. "Scheinbar können wir hier nicht auf viel Gastfreundschaft hoffen...", meinte Dafem düster. Rigo lachte wieder sein humorloses Lachen. "Goblins sind wohl nie gastfreundlich!" Die beiden schwiegen daraufhin eine lange Zeit, bis Dafem enttäuscht seufzte. "Gefangen wie die Ratten, ohne Gepäck und dann nicht mal wissen warum...", murmelte er erschöpft. "...wahrscheinlich ist das der Kerker, den du entdeckt hast, und du wurdest gefangen genommen, damit du die Prinzessin hier nicht finden konntest. Aber warum sind sie hinter Melana her?" Er schwieg wieder eine Weile. "Hast du irgendetwas über die Bedrohung Lutansiars herausgefunden? Vor einem Jahr haben du, Melissa und ich uns getrennt um etwas herauszufinden, doch bis jetzt verstehe ich eher noch weniger als zuvor..." Der Name Melissa ließ Rigo kurz zusammenzucken, doch Dafem bemerkte es nicht. Der Avior nickte traurig. "Ich habe genauso wenig in Erfahrung bringen können." "Meister Valnitar, die Halbelfe sowie ihr Begleiter befinden sich jetzt im unterirdischen Kerker der alten Ruinen.", berichtete Dimitav, während er wie immer untertänig vor dem Thron des Dunkelelfen kniete. Valnitar trommelte unruhig mit den Fingerspitzen auf einer Armlehne herum. "Wieso hast du den Menschen leben lassen? Hatte ich nicht befohlen ihn zu töten?" Dimitav nickte und neigte seinen Kopf noch näher zum Boden hin. "Ich weiß, doch trotzdem bitte ich darum, ihn mir zu überlassen. Bei dem Menschen handelt es sich um Dafem den Abenteurer." Valnitar lächelte boshaft amüsiert. "Dafem also... dann wundert es mich nicht..." Der Dunkelelf beobachtete mit Genuss, wie die roten Augen Dimitavs hasserfüllt glühten. "Du sollst ihn haben...", flüsterte Valnitar und bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu gehen. Als Dimitav verschwunden war, lachte der Dunkelelf kalt. "Das könnte noch interessant werden!" Melana erwachte schlagartig. Sie atmete schwer und war in Schweiß gebadet, doch trotz aller Bemühungen verblassten die Erinnerungen an den Traum sofort wieder. Nur dieser Dimitav und eine weitere Gestalt tauchten in ihrem Gedächtnis auf. "Melana?" Die Halbelfe schaute sich um, durch ihre Elfenaugen hatte sie keine Probleme etwas im Dunkeln zu erkennen. Dafem sah sie abwartend an und war zu ihr rübergerutscht, so weit es seine Fesseln zuließen. "Bist du in Ordnung? Dein Schlaf war wieder sehr unruhig." Melana nickte, doch auch jetzt, wo der Traum vergangen war, konnte sie nicht aufhören zu zittern. Dieser Kerker war einfach zu dunkel und kalt. Die Elfe in ihr sehnte sich nach Sonnenlicht, grüner Natur und lebendigen Wesen. In diesem Loch herrschte der Tod. "Aber was ist mit dir, Dafem? Du bist den ganzen Weg über bewusstlos gewesen, an deinem Hinterkopf hast du geblutet. Ich habe mir Sorgen gemacht." Der Abenteurer setzte zur Antwort an, doch Rigos kräftige Stimme unterbrach ihn. "Du weißt wo wir sind?" "Ja. Hobgoblins haben uns her gebracht. Es ist ein unterirdisches Gewölbe, nicht weit von Sagandor." Sie hatte sich schon mit dem Avior unterhalten, während Dafem bewusstlos gewesen war. Er schien kämpferisch, aber nett. "Dann sind wir wirklich in dem Keller, den ich entdeckt hatte bevor man mich niederschlug." "Also mit euch wird es nie langweilig!", piepste Xabs Stimme aus der Dunkelheit. "Ohhh, man glaubt gar nicht was in wenigen Tagen passieren kann. Ich treffe euch, dann kommt der Typ mit dem ulkigen Namen der immer ,Sterbliche' sagte, dann diese tolle Rangelei und jetzt eine nervenaufreibende Gefangenschaft." In diesem Moment wünschte sich Dafem, dass der Gnom noch ein wenig länger geschlafen hätte... Die folgende Zeit im Kerker wurde für alle zu einer Qual. Die Dunkelheit umgab sie wie ein schwerer Schleier, nicht ein einziger Lichtstrahl führte herein. Dafem verlor völlig das Zeitgefühl. Jede Sekunde zog sich schrecklich lange hin, er hatte bald keine Ahnung mehr ob es Tag oder Nacht war und wie viele Tage vergingen. Vielleicht war der Angriff auf Sagandor schon geschehen? Vielleicht würden sie für immer hier vergammeln? Doch diese Möglichkeit war wohl unwahrscheinlich, da sie seit ihrer Gefangennahme nichts gegessen hatten. Wasser wurde einmal täglich durch eine Klappe in der Tür herein geschoben, so dass Rigo es sich nehmen und an die anderen verteilen konnte. Doch das Wasser reichte gerade so um ihre trockenen, spröden Lippen zu befeuchten. "Ich halt das nicht mehr aus", murmelte Dafem gedankenverloren, als der Avior ihm das kleine Fläschchen mit Wasser gab. "Wir verenden hier langsam..." Der Abenteurer wandte sich Melana zu, die zitternd und zusammengekauert an der Wand saß. Ihr ging es von allen wohl am schlechtesten, die Elfe in ihr ertrug die kalte Dunkelheit des Kerkers nicht mehr. Ohne etwas von dem Wasser zu nehmen, reichte Dafem die Flasche an die Halbelfe weiter. "Trink ein wenig...", meinte Dafem lächelnd. Melana nickte und zwang sich ein paar Tropfen die trockene Kehle hinunter. Dann gab sie das Wasser an Xab weiter. "Ohhh! Vielen Dank!!!", flötete der Gnom fröhlich. Selbst jetzt war ihm die gute Laune nicht vergangen. Auch er trank ein wenig und schwang die Flasche prüfend in seiner Hand. "Wirklich schlechte Qualität, dieses Gefäß. Darin sollte man keine Tränke abfüllen. Einmal habe ich den Fehler gemacht eine angeknackste Flasche mit einem Feuertrank zu füllen. Der Rucksack ging in Flammen auf... Es war schon ein wenig traurig, doch andererseits empfand ich dieses Feuer als äußerst beeindruckend." Der Gnom grinste bei dieser Erinnerung, während er die Flasche auf den Boden legte und zur gegenüber liegenden Wand rollte. Sie stoppte als sie gegen den Fuß von Aurora traf. Die Prinzessin hatte während all der Zeit kein Wort gesagt, man könnte meinen ihr Geist wäre ganz wo anders, an einem fernen Ort wo nicht Dunkelheit herrschte. Aurora nahm die Flasche schweigend und trank teilnahmslos den Rest des Wassers aus. Sie sah kurz auf, ihre smaragdgrünen Augen schienen zum ersten Mal lebendig. "Danke...", flüsterte sie schwach. Die anderen vier sahen überrascht auf. "Wer... seid ihr überhaupt...?" Die helle Stimme der Prinzessin wirkte gequält und kraftlos. Dafem war einen Augenblick sprachlos über diesen plötzlichen Gesprächsanfang, doch dann lächelte er einladend und deutete auf Xab. "Das ist Xab der Gnom... die Magierin Melana... Avior Rigo..." Er deutete der Reihe nach auf die Gefangenen, bevor er bei sich angelangt war. "Und mich nennt man Dafem." Auroras grünen Augen leuchteten erinnernd. "Ich... kenne dich... Ich... habe dich gesehen... damals am Hof meines Vaters... du hattest diesen Giftmischer entlarvt..." Der Abenteurer nickte erfreut, während Rigo ein wenig beleidigt schnaubte. "Das ist ja nett. Zu deiner Erinnerung: Ich habe dir dabei geholfen!" "Und Melissa auch." Rigo zuckte zusammen, als Dafem den Namen seiner alten Gefährtin aussprach. Plötzlich hörten die fünf Eingesperrten schwere Schritte von außerhalb. Ein Schlüssel wurde in das Schloss gesteckt und herum gedreht. Als sich die Tür quietschend öffnete, ließ das grelle Licht von draußen die Fünf fast erblinden. Dafem kniff die Augen fest zusammen, doch die Lichtstrahlen schienen selbst durch die Lieder hindurch zu brennen. Erst nach mehreren Versuchen konnte der Abenteurer die Augen blinzelnd öffnen. In der Tür stand ein besonders hässlicher Goblin mit grüngelber Haut. Er grinste teuflisch und zeigte seine vergilbten Zähne, bevor er gebückt in den Kerker schlurfte. "Ich hoffe ihr genießt euren Aufenthalt hier...", zischte die Kreatur mit triefendem Hohn. "...denn heute Abend werden wir Sagandor übernehmen und der König wird uns sogar mit geöffneten Toren empfangen, weil er hofft, so seine Tochter zurück zu bekommen." Bei seinen Worten schritt der Goblin immer näher auf Aurora zu und beugte seinen Schädel zu ihr herab. "Dann brauchen wir das Prinzesschen nicht mehr..." Er hob eine seiner knochigen Hände und strich ihr spielerisch über die Wange. "Schade eigentlich, es ist glatte Verschwendung. Vielleicht sollten wir uns vorher etwas... amüsieren..." Aurora zuckte unter der Berührung kurz zusammen, doch zeigte ansonsten keinerlei Reaktion, selbst als der Goblin seine andere Hand langsam von ihrem Oberschenkel unter den zerfetzten Rock wandern ließ. "Hör auf, du Scheusal!" Dafem und Rigo waren gleichzeitig aufgesprungen und zogen mit aller Kraft an den Ketten, die sie davonabhielten den Goblin anzugreifen. Dieser lachte boshaft. "Seit ruhig und stört uns nicht..." Bei seinen Worten brachte er sein Gesicht so nahe an Auroras, dass sie seinen fauligen Atem riechen konnte. Wimmernd versuchte sie ein Stück davon zu rutschen, doch durch die Ketten und die Wand im Rücken gab es kein Entkommen. "Zier dich nicht so, Kleine... Es wird kaum wehtun..." "Hör sofort auf!", schrie Dafem ein weiteres Mal. "Sonst wirst du es bereuen!" Die Augen des Goblins verengten sich zu schmalen Schlitzen. "Warte kurz...", flüsterte er Aurora gehässig ins Ohr, bevor er sich aufrichtete und gemächlich auf Dafem zuschlürfte. Der Goblin packte den Abenteurer am Kragen. "Du bist dieser Abenteurer, den Meister Dimitav für sich haben will..." Dafem war für einen Moment verdutzt, doch dann schlich sich ein siegreiches Lächeln auf sein Gesicht. "Goblins sind einfach nur dumm...", murmelte er nachdenklich. Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er die Kreatur zu Fall gebracht und schlug ihr gegen die Schläfe. Betäubt fiel der Goblin zu Boden. "Wenn er sich nicht verteidigen kann, sollte er nicht so nahe herankommen, dass ich ihn auch gefesselt niederschlagen kann...", meinte Dafem achselzuckend. Rigo lachte witzlos. "Du bist noch ganz der Alte." Dafem wühlte eine Weile in der Fellkleidung des bewusstlosen Goblins, bis er einen großen Schlüsselbund hervorzog und sich damit seiner Kettenfesseln entledigte. Nacheinander befreite er so auch Rigo, Melana und Xab. Der Gnom piepste begeistert und hüpfte ungeduldig auf und ab. "Ohhh! Wie spannend! Fliehen wir jetzt?" "Ganz Recht, Gnom", bestätigte Dafem lächelnd. "Rigo, hilfst du Melana?" Der Avior nickte, half der zitternden Halbelfe beim Aufstehen und stützte sie, da ihre entkräfteten Beine drohten nachzugeben. Dafem machte sich derweil auch an den Ketten von Aurora zu schaffen. Die Prinzessin beobachtete ihn dabei verwirrt, bis Dafem ihr seine Hand entgegen reichte. "Ihr... helft mir? ...Vielen Dank...", wisperte sie schwach. Sie zitterte vor Erschöpfung und wegen des schrecklichen Goblins, doch nachdem Dafem ihr auf die Beine geholfen hatte, konnte sie alleine stehen. Dafem staunte über diese Kraft, bevor er noch einmal zu dem Goblin schritt und ihm sein rostiges Schwert abnahm. Dann legten sie die betäubte Kreatur in Ketten, damit sie keinen Alarm schlagen konnte, wenn sie erwachte. "Und jetzt lasst uns verschwinden..." Dafem ging vorsichtshalber mit dem Schwert voran, dicht gefolgt von Aurora, Xab und Rigo, der Melana beim Gehen abstützte. Sie traten aus dem Kerker heraus und fanden sich in einem schwach beleuchteten Gang wieder. Das wenige Licht, das sie vorhin noch geblendet hatte, war nicht viel mehr als der Schein mehrerer Fackeln, die in Halterungen an der Wand hingen. Ansonsten bestand der Gang aus den gleichen feuchten Steinwänden wie der Kerker, in gleichmäßigen Abständen erfüllte das Geräusch herabtropfenden Wassers den Weg. "Welche Richtung sollen wir nehmen?", fragte Dafem ahnungslos. Xab hüpfte fröhlich an seine Seite und deutete nach Rechts. "Dort!", piepste er. Der Gnom rannte leichfüßig los und deutete den anderen, dass sie ihm folgen sollten. "Wenn ich mich nicht irre, haben sie hier auch irgendwo unser Gepäck hingepackt!" "Warte, Gnom!", zischte Dafem kopfschüttelnd. "Er wird noch auf uns aufmerksam machen..." Der Abenteurer sprintete Xab so leise wie möglich hinterher. Als er um eine Ecke gebogen war, sah er sich auf einmal in einem kleinen Raum, voll gestopft mit Regalen und Schränken. Xab stand ebenfalls in dem Raum, genau wie ein rotäugiger, ziemlich verdutzter Hobgoblin. Eine Zeit lang starrten sich die drei nur verwirrt an, dann schrie der Hobgoblin los. "Alarm! Flüchtlinge! Ausbruchsversuch! Alarm!" Die Kreatur verstummte erst, als Dafem ihn gekonnt niederschlug, so dass sie krachend gegen einen der Schränke flog und zu Boden ging. "Echt toll, Gnom! Jeder wird es gehört haben, wer weiß wie viele von ihnen hier lauern!" Rigo, Melana und Aurora kamen nun ebenfalls ziemlich erschrocken in den Raum gerannt. "Was ist los?", fragte der Avior. Dafem deutete genervt auf Xab. "Okay, leises Abhauen ist fehlgeschlagen. In diesem Zimmer scheinen sie beschlagnahmtes Zeug zu lagern, also sucht unsere Ausrüstung! Wir müssen uns vielleicht durchkämpfen!" Xab fing sofort an enthusiastisch die Sachen zu durchstöbern und fand auch schnell seinen Rucksack, sowie Dafems Gepäck und Melanas Rubinstecken. "Mein Schwert ist hier!", informierte Rigo erleichtert. Aurora ließ ihren Blick über die Regale wandern und deutete auf ein großes verpacktes Bündel. "Das gehört mir..." Dafem reichte ihr die Sachen, bevor er die Lederrüstung überstreifte, sein Schwert am Gürtel befestigte und den Rucksack schulterte. Die Klinge des Goblins warf er achtlos zur Seite. "Also dann, lasst uns von hier verschwinden!" Kapitel 6: Wenn Sagandor in Flammen steht... -------------------------------------------- Auftauchende Orte, Personen und Geschehen entspringen meinem kleinen, ein wenig verdrehten Hirn... Kapitel VI geht an den Start!!! Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin und simmi für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel VI - Wenn Sagandor in Flammen steht... Dafem reichte ihr die Sachen, bevor er die Lederrüstung überstreifte, sein Schwert am Gürtel befestigte und den Rucksack schulterte. Die Klinge des Goblins warf er achtlos zur Seite. "Also dann, lasst uns von hier verschwinden!" Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ein übler Gestank zu ihnen herüber zog und die Präsenz von Goblins verriet. "Niemand geht irgendwo hin...", knurrte einer von ihnen Unheil verkündend. Dafem zog sein Schwert mit einem sirrenden Geräusch aus der Scheide, während Rigo entschlossen neben ihn trat. Der Avior hatte seine goldenen Raubvogelaugen auf die acht Goblins gerichtet und hob herausfordernd seine Waffe, einen riesigen Zweihänder. "Wie in alten Zeiten, nicht wahr Dafem? Erledigen wir sie gemeinsam oder bist du in dem einen Jahr eingerostet?" "Mitnichten...", gab der Abenteurer lächelnd zurück. Auch Rigo lächelte, zumindest soweit es sein gekrümmter Schnabel zuließ. "Dann los!!!" Die beiden Kampfgefährten stürzten sich gleichzeitig auf die schrecklichen Kreaturen und schwangen geübt ihre Schwerter. Zwei der Goblins wurden sofort erschlagen, die anderen sechs wichen verunsichert ein paar Schritte zurück. Doch schon schoss ein walnussgroßer Stein hinter Dafem hervor und traf einen der Goblins hart am Kopf. Xabs piepsige Stimme erschallte im Raum. "Ohhh! Treffer! Ich habe doch gesagt, mit der Schleuder kenne ich mich aus! Juhuu! Kommt nur, kommt nur! Ich habe jede Menge Steine für alle!" Dafem nutzte die Verblüffung, die sich über die Goblins gelegt hatte, und trieb sein Schwert einem in die Brust. Blitzschnell duckte er sich unter dem Hieb eines anderen hindurch, drehte seine Hüfte zur Seite um den Stich eines dritten zu entgehen und traf diesen im Rücken. Rigo hatte mit seinem gewaltigen Zweihänder bereits drei weitere Kreaturen besiegt. "Vier neue Kerben für mein Schwert", meinte Rigo stolz. Sein Blick schweifte über die gefallenen Goblins. "Du hast nur drei erwischt, Dafem? Scheinbar bist du doch ein wenig eingerostet. Sogar der Gnom hat einen erlegt." Dafem murmelte etwas Unverständliches, seine Miene blieb ernst. "Wir haben jetzt keine Zeit für solche Wettkämpfe, Rigo. Melana und die Prinzessin müssen hier schnell raus. Außerdem hat dieser Bastard vorhin gesagt, dass heute Abend Sagandor übernommen wird." Der Abenteurer blickte einfühlsam herüber zu Aurora, die versuchte ihren zerfetzten Rock über die Knie zu ziehen, doch es gelang ihr nicht. Als sie Dafems Blick auf sich spürte, wandte sie sich beschämt ab und werkelte an dem Bündel mit ihren persönlichen Sachen herum. Zum Vorschein kamen ein wertvoll aussehender goldener Brustpanzer, der mit grünen Edelsteinen besetzt war und zwei leicht gekrümmte Schwerter mit dünner Klinge. Die Prinzessin befestigte die Waffen an dem roten Tuch, das um ihre Hüfte gebunden war und legte die Rüstung so an, dass immer noch ein kleines Stück des Bauches unbedeckt blieb. Rigo ritzte derweil mit einem kurzen Dolch vier kleine Kerben in die Klinge seines Schwertes. Insgesamt befanden sich dort schon mindestens hundert solcher winziger Einkerbungen. "Du bist doch bloß sauer, dass ich dich bald eingeholt habe.", murrte er beleidigt. Ein weiterer Goblin kam plötzlich aus der Richtung, aus der sie gekommen waren angestürmt. Xab brachte ihn mit einem Schleudergeschoss zu Fall und pfiff erfreut. "Ohhh! Ich mag es in eurer Begleitung! Nie langweilig!" "Okay, genug jetzt. Lasst uns endlich verschwinden!" Die Stadt Sagandor wurde in das rote Licht der untergehenden Sonne getaucht. Die königlichen Truppen am offenen Tor standen aneinandergereiht links und rechts an der Straße, wie ein dichter Zaun, der den Weg von der restlichen Stadt abtrennte. Die Soldaten warteten mit einem mulmigen Gefühl im Magen auf die Ankunft der angekündigten Besetzer, wie König Fibathen es befohlen hatte. Und tatsächlich tauchte am Horizont ein kleines Heer auf, gerade als die Sonne untergegangen war. Die Soldaten erkannten bald die verabscheuten Kreaturen Lutansiars. Dunkelelfen, Goblins, Hobgoblins und Orks. Die skurrile Parade dieser bösartigen Kreaturen schritt durch das Stadttor Sagandors und hielt direkt vor dem König, und seinen Leibwächtern, die sich mitten auf die Straße gestellt hatten. Einer der Dunkelelfen stellte sich dem Herrscher gegenüber und sah sich herablassend um. "Gut... wie ich sehe beugt ihr euch unseren Forderungen..." "Wo ist meine Tochter?", unterbrach Fibathen unwirsch. "Wo ist sie? Ich will sie augenblicklich sehen!" Der Dunkelelf machte eine zornige Handbewegung. "SCHWEIG, Mensch! Ihr habt kein Recht etwas zu fordern! Wir sind in der Stadt, das ist alles was wir wollten!" Wie auf Kommando streckten einige aus der dunklen Armee riesige Flaggen in die Luft. Eine schwarze Krone mit blutroten Edelsteinen war darauf abgebildet. "Was zum...?", keuchte Fibathen entsetzt. Der Dunkelelf lachte kalt und irre, seine Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen. "Habt ihr wirklich geglaubt wir bringen euch eure Tochter zurück? Narr! Im Jenseits werdet ihr sie wieder sehen! Gleich nachdem sich meine Männer an ihr vergnügt haben!" "NEIN!", brüllte der König erschüttert, doch der Dunkelelf überging es einfach. "Jetzt wo wir in der Stadt sind, gehört Sagandor uns! Ich, Jodean, übernehme die Stadt im Namen Valnitars, dem Meister der Krone der Finsternis!!!" Die Augen des Königs weiteten sich entsetzt, als Orks ihre schwarzen Bögen spannten und tödliche Pfeile mit den Geräuschen der sirrenden Sehnen abfeuerten. "Hahaha! Endlich draußen! Wisst ihr, diese Flucht war wirklich amüsant. Was kommt als nächstes? Hey, es ist ja Nacht!" Xab hüpfte aufgeregt von einem Fuß auf den anderen und beobachtete seine Gefährten, wie sie ebenfalls nacheinander durch den unterirdischen Gang ins Freie traten. Besonders Melana schien bei dem Anblick von dem silbernen Mond und der grünen Umgebung aufzublühen wie eine Blume beim ersten Morgenlicht. Ihre grünen Augen sprühten voller Leben und ein glückliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Die Halbelfe stützte sich zwar immer noch ein wenig erschöpft auf ihren rötlichen durchschimmernden Rubinstecken, aber sie brauchte nicht mehr die Hilfe von Rigo. Der Avior hatte seinen Blick in die Ferne fixiert, während Dafem gerade der zerschundenen Aurora aus dem Gang half. "Dafem...", meinte Rigo mit blitzenden Goldaugen. "...es steigt Rauch am Horizont auf..." Sofort wandten sich alle erstaunt um und starrten nun ihrerseits auf die dicken Rauchschwaden und die rot flackernden Lichter, die sich gut sichtbar am Horizont abzeichneten. Dafems Gesicht wurde düster, als Aurora entsetzt einen erstickten Laut ausstieß. "Du hast Recht, Rigo. Wir müssen uns beeilen...", murmelte der Abenteurer, "...Sagandor brennt..." Jodean schloss genüsslich die Augen und hörte mit sardistischer Befriedigung, wie die Soldaten des Königs vor Schmerz und Verzweiflung aufschrieen. Die halbe Stadt brannte inzwischen, angezündet durch die Magie der Dunkelelfen, die diese Fähigkeiten von Natur aus beherrschten. König Fibathen hatte sich feige aus dem Staub gemacht, doch das kümmerte Jodean in diesem Augenblick wenig. Sagandor gehörte ihnen und die Soldaten der Stadt waren ohne die Anweisungen des Königs kaum mehr als kleine Kinder. "Verbrennt die Häuser! Tötet die Bewohner! Lasst niemanden am Leben!", schrie der Dunkelelf grausig. Dafem und die anderen standen voller Entsetzen vor den Toren Sagandors, das rote Licht der Feuer tanzte unheimlich in der Umgebung. Aurora schüttelte voller Grauen den Kopf. "Wie konnte Vater es so weit kommen lassen?", wisperte sie schwach. Die Stadt war ein Schlachtfeld. Die Häuser brannten lichterloh, der Weg war gespickt mit königlichen Soldaten und einigen Goblins, die in ihrem eigenen Blut lagen, und überall erklangen die verzweifelten Schreie der Bewohner, sowie das Klirren von Stahl auf Stahl. Dafem und Rigo zogen sofort ihre Schwerter, als ihnen aus einer Seitengasse ein schwarzhaariger Soldat entgegentaumelte. Er machte ein paar unsichere Schritte, wobei er die linke Hand auf eine stark blutende Wunde an der Hüfte gepresst, und fiel vor ihren Füßen zu Boden. Aurora schob Dafem und Rigo hastig zur Seite, ging vor dem Krieger in die Hocke und umfasste vorsichtig eine seiner Schultern. "Wo ist mein Vater, Soldat? Wo ist der König?" Der Verwundete starrte verwirrt auf das verdreckte und zerschundene Gesicht Auroras und schien es erfolglos einzuordnen versuchen, bis sich seine Augen endlich vor Verständnis weiteten. "P-prinzessin... Göttin Ampara sei... Dank..." Der Soldat versuchte sich aufzurappeln und spuckte Blut. "Was ist passiert?", fragte Aurora so ruhig wie möglich. "Der König ließ... die Feinde in die Stadt... einer der Dunkelelfen... Jodean... sagte alle müssen sterben... Die Leute flohen... zum... Palast..." Die Stimme des Soldaten wurde immer schwächer und abgehackter und sein Atem ging stoßweise. Gerade als Xab einen der magischen Heiltränke aus seinem Rucksack holen wollte, spie der Krieger weiteres Blut und brach vollends zusammen. "Er ist tot...", murmelte Dafem erschüttert. Melana wandte sich entsetzt ab. Für einen Moment sah es so aus, als ob sich die Halbelfe übergeben würde. "Mögen die Götter seine Seele sicher zu sich nehmen.", flüsterte Aurora traurig. Dann wandte sich die Prinzessin gequält den anderen zu, wobei sie in der gleichen Bewegung ihre Schwerter zog, eins in jeder Hand. "Ich muss zum Palast und meinen Vater finden. Ihr habt mich aus dem Kerker befreit und dafür bin ich euch zu Dank verpflichtet. Deshalb erwarte ich auch nicht von euch, dass ihr mit mir kommt." Aurora drehte ihnen den Rücken zu und wollte Richtung Palast losstürzen, doch Dafem legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Ich folge euch.", verkündete der Abenteurer. Rigo stellte sich neben ihn. "Ich ebenso. Fibathen ist ein alter Freund und wir tragen seinen Freundschaftsring." "Ich komme auch mit!", jubelte Xab begeistert und wirbelte seine Schleuder. Dafems Blick wanderte zu Melana, die nervös an ihrer blauroten Magierobe zupfte, und lächelte leicht. "Du musst uns nicht folgen. Versteck dich irgendwo. Es ist keine Schande Angst zu haben." "I-ich habe keine Angst!", stotterte die Halbelfe entrüstet. Doch die gebrochene Stimme und ihr Zittern erzählten eine andere Geschichte. "Gut. Aber wenn es zum Kampf kommt, bleib zurück..." "Los, los, los! Lasst uns endlich gehen! Das wird spaßig!", rief Xab voller Freude und flitzte mit seinen kurzen Beinen los. Die anderen folgten rasch. Sie waren kaum von der Straße in eine andere Gasse gebogen, als ihnen auch schon zwei Soldaten im Kampf mit drei Orks gegenüber standen. Die Soldaten schwangen ihre Schwerter hektisch und unkoordiniert, so dass sie kaum eine Chance hatten. Rigo rannte auf sie zu, stieß einen spitzen Ruf aus, der dem eines Raubvogels glich und die Orks erschreckt aufblicken ließ, und streckte alle drei Monster mit einem gewaltigen Schwertstreich nieder. Aviore haben Kräfte, die die der Menschen bei weitem übersteigen, und Rigo zeigte das glanzvoll. "Soldaten, wo ist mein Vater?", fragte Aurora hektisch. Sie verloren wertvolle Zeit, wer weiß was am Palast passierte. Die Gesichter der beiden Männer verdüsterten sich. "Prinzessin... Der König ist zum Palast geflohen. Als diese Kreaturen hier einfielen, hat sich sein Verstand vernebelt. Er kämpft nicht und gibt keine Befehle. Unsere Truppen sind unorganisiert in der Stadt verteilt. So haben wir keine Chance Sagandor zu halten!" Ohne weitere Worte rannte die Truppe weiter, ohne den verdutzten Soldaten eines Blickes zu würdigen. "Wie konnte mein Vater es soweit kommen lassen?", wiederholte Aurora. Als die Gefährten den Weg weiter entlang rannten, stießen sie zunehmend auf Widerstand. Hinter jeder Biegung lauerten Orks, Hobgoblins und Goblins, die jedoch von Dafem und Rigo davon gefegt wurden wie Blätter im Wind. Auch Aurora kämpfte tapfer mit ihren Schwertern, wobei sie für eine Prinzessin ungewöhnlich kampferprobt erschien. Nachdem mindestens zehn bösartige Kreaturen ihren Weg pflasterten und sie völlig außer Atem waren, erreichte die Truppe den Palast des Königs. Eine Gruppe von Soldaten sicherte das Tor mit großer Mühe vor den dunklen Kreaturen, die sich gewaltsam Eintritt verschaffen wollten. Aurora, Dafem und Rigo stürmten ohne zu zögern los, Xab und Melana folgten keuchend. Da die Goblins und Orks am Tor sich so auf die Soldaten fixierten, bemerkten sie die fünf Kämpfer nicht, die sich in ihre Rücken geschlichen hatten. Zwei Goblins fielen unter dem gewaltigen Zweihänder Rigos, ein dritter wurde von Dafem zerfetzt. Xab traf einen Ork mit einem gezielten Schleuderschuss tödlich am Kopf, während Melana einen Feuerstrahlzauber auf zwei Orks warf. Die Kreaturen wichen überrascht zur Seite, so dass die fünf durch die entstandene Schneise zum Tor huschen konnten. Die Soldaten wollten ihnen erst den Weg versperren, doch bei Auroras Anblick ließen sie sie eilig in den Palast, um das Tor dann wieder zu versperren und weiterzukämpfen. Die Prinzessin und ihre Befreier standen in der Eingangshalle des Königspalastes. An den Wänden und auf dem Boden saßen überall Stadtbewohner und Soldaten mit verzweifelten Gesichtern und zerlumpter Kleidung. Sie warfen den Ankömmlingen, die nach und nach ihre Waffen wegsteckten, aus dunklen Augen flüchtige Blicke zu. Melana, der die Worte Dafems wieder in den Ohren klangen, zog rasch ihre Kapuze über den Kopf um ihre elfische Abstammung zu verbergen. Gerade recht, denn Aurora hatte am anderen Ende der Halle ihren Vater entdeckt und rief nach ihm, worauf sich sofort die Aufmerksamkeit des ganzen Saales ihnen zuwandte. Es wurde still in der Halle. König Fibathen starrte mit trüben Augen zu der merkwürdigen Truppe herüber, sah dass sie alle ziemlich abgewetzt aussahen, erkannte einen Gnom, einen Avior sowie eine Gestalt, die in typische Magierroben gekleidet war. Zu seinem Erstaunen war auch Dafem unter ihnen. Und die fünfte war... "Aurora!", hauchte der König fassungslos. Mit großen Schritten durchquerte Fibathen den Saal, bis er vor ihr zum Stehen kam und sie an sich drückte. "Kind, du bist es... Du bist hier...Wie ist das möglich?" Er ließ von ihr ab und strich ihr behutsam durch das Haar. "Was haben sie nur mit dir gemacht? Dein Haar ist ja völlig..." Der Blick des Königs untersuchte seine Tochter sorgsam und blieb unweigerlich an ihrem zerfetzten Rock hängen. Seine Augen füllten sich mit Tränen und er schaute Aurora wieder in die grünen Augen. "Kind... haben sie dir... haben sie dich..." Die Prinzessin schüttelte beruhigend den Kopf. "Nein, Vater. Dafem und seine Freunde konnten es verhindern." Fibathen stieß erleichtert die Luft aus und lächelte den Abenteurer dankbar an. "Du hast es tatsächlich wahr gemacht. Du hast sie zurück gebracht. Vielen Dank, mein Freund." "Jederzeit, Hoheit." "WIR KÖNNEN DAS TOR NICHT HALTEN!!!", ertönte plötzlich die Stimme eines Soldaten. Augenblicklich waren alle im Saal auf den Füßen, ihre Gesichter zu Grimassen der Angst verzogen. "Scheinbar haben wir jetzt keine Zeit für Wiedersehensfreude. Tut etwas, Hoheit. Ihr habt so viele Truppen. Mehr als eure Angreifer. Warum versteckt ihr euch dann hier?", drängte Dafem mit eindringlicher Stimme. Fibathen seufzte schwer und wirkte auf einmal sehr, sehr alt. "Ich habe als König versagt. Die halbe Stadt ist vernichtet, nur weil ich so einfältig und blind war. Kann ich weitere Entscheidungen für all diese Menschen treffen, wenn ich so blind bin? Sag, kann ich das? Kann ich das wirklich?" "Natürlich könnt ihr das. Seid nicht zu streng zu euch." Dafem machte einen Schritt auf den König zu, doch dieser schüttelte erschöpft den Kopf. "Zu streng? Ich habe mein Volk im Stich gelassen. Der Feind verwüstet die Stadt, weil ich den selbstsüchtigen Wunsch hatte, meine Tochter zurück zu bekommen. Du hattest Recht, ich hätte sie nicht über mein ganzes Volk stellen dürfen. Außerdem wäre sie ohne dich trotz allem nicht bei mir." Die Tatsache, dass Aurora direkt neben ihm stand, schien der König in diesem Augenblick gar nicht wahrzunehmen. "Es liegt nicht mehr in meiner Macht dieses Volk zu leiten... Ich bin müde..." Mit diesen Worten drehte ihnen der König langsam den Rücken zu und schritt durch die Halle. Jeder, besonders Aurora, starrte ihn an, als würden sie ihn jetzt zum ersten Mal sehen. Es schien als wäre Fibathen, das letzte Fünkchen Hoffnung, nun unerreichbar geworden. "Vater! VATER! Bitte! Du musst doch kämpfen!", rief Aurora verzweifelt, ihre Hände flehend ineinander verschränkt. Doch der König schüttelte wieder mit dem Kopf und verschwand in einer kleinen Seitentür, wobei er eine Halle voller aufgelöster Menschen hinter sich ließ. "SIE STÜRMEN DAS TOR!!!", ertönte wieder die Stimme des hysterischen Soldaten. Dafem zog blitzschnell sein Schwert und wirbelte herum. Das Tor war bereits halb geöffnet, während einige Krieger aussichtslos versuchten die Feinde vom Eindringen abzuhalten. "Was tun wir jetzt?", flüsterte Aurora verzweifelt. "Mit unseren in der Stadt zerstreuten Truppen können wir nicht gewinnen. Jemand muss ihnen klare Befehle erteilen." Dafem warf einen viel sagenden Blick zu seinem Gefährten Rigo herüber. Der Avior nickte verstehend. "Ihr könntet es tun, Prinzessin.", meinte der Vogelmensch, seine goldenen Augen bohrten sich geradezu in die grünen Auroras. "Das ist unmöglich. Ich kann so etwas nicht.", meinte die Prinzessin abwehrend, ohne sich von Rigos Augen lösen zu können. Der Avior lächelte, zumindest wenn das bei seinem gekrümmten Schnabel überhaupt ging. "In den Avior-Reichen im Norden war ich ein hochrangiger Kommandant. Ich kenn mich mit so etwas aus. Ihr müsst nur meinen Anweisungen folgen." "Wieso ich?" "Die Menschen hier kennen und vertrauen euch. Es ist besser wenn ihr sie führt, kein fremder Avior." Aurora schien verwirrt und blieb stumm. Ihr Blick wanderte durch die Halle, sie sah die entsetzten Gesichter der Soldaten, die Verletzten, die nur dürftig versorgt werden konnten. In einer Ecke kreischte ein kleines Baby und die Mütter drückte es an ihre Brust, während sie selbst unter den eingesetzten Schlägen gegen das Tor zusammenzuckte und weinte. Als sie sich wieder Rigo zuwandte, strahlten ihre grünen Augen in einem inneren Feuer der Entschlossenheit. "Gut. Sag mir was ich zu tun habe..." Dimitav schritt langsam durch die zerstörten Straßen, die goldblaue Rüstung leuchtete im Feuerschein, der schwarze Umhang wehte im Wind. Wie immer hing die Kapuze über seinen Kopf und zeigte nur die stechend roten Augen. Wenn ihn irgendjemand beobachtet hätte, wäre ihm aufgefallen, dass Dimitav durch die höllischen Flammen Sagandors ging, ohne ihnen auszuweichen. Doch das Feuer schadete weder ihm noch seiner Kleidung, er schien es nicht einmal zu spüren. "Du könntest wenigstens so tun als wärest du sterblich.", höhnte eine Stimme aus dem Schatten. Dimitav wandte sich gelassen zu dem Sprecher, einem Dunkelelfen mit schneeweißen Haaren. "Was willst du Jodean?", erkundigte sich Dimitav mit gespielter Freundlichkeit. Das Grinsen des Dunkelelfen erstarb je und seine Lippen wurden zu einer dünnen Linie. "Wenn du schon so fragst, es wäre nett wenn du mir ein wenig helfen könntest. Gerade ist die Prinzessin, die DEINE Leute eigentlich im Kerker gefangen hielten, eingetroffen und befehligt jetzt strategisch die Stadttruppen. Wir sind nicht auf organisierten Widerstand vorbereitet. Also dachte ich du könntest ein paar von ihnen umbringen. Du weißt schon, ein wenig Magie, ein paar deiner speziellen Fähigkeiten..." Jodean versuchte seine Stimme beiläufig klingen zu lassen, doch Dimitav erkannte sofort die Sorge darin. Die roten Augen schienen in dem Schatten seiner Kapuze aufzuflackern. "Meister Valnitar hat dir diese Aufgabe aufgetragen. Und zwar nur dir... Zu deinem eigenen Wohl solltest du Sagandor lieber einnehmen." Ein eisiges Lachen entwich seiner Kehle, als er die Furcht aus dem Gesicht des Dunkelelfen lesen konnte. "Hör zu, Jodean. Es gibt eine Sache die ich für dich tun werde. Dafem und seine Gefährten, darunter auch die Prinzessin, sie werden dir nicht in die Quere kommen." Der Dunkelelf hob eine seiner weißen Augenbrauen. "Dafem also? Ist dein Hass auf ihn von damals noch nicht versiegt?" "Wie könnte er?", brüllte Dimitav wutentbrannt. "Ich werde dafür sorgen, dass Dafem der Abenteurer leidet wie noch nie zuvor in seinem Leben! Ich werde ihn töten und jeden der ihm etwas bedeutet hat! Mit meiner Magie locke ich ihn und seine Gefährten weg von den anderen und dann werde ich mich persönlich darum kümmern! Niemand von ihnen wird überleben!!!" Kapitel 7: Dimitav, das Gesicht des Todes ----------------------------------------- Tja, wie immer: Auftauchende Orte, Personen und Geschehen entspringen meinem kleinen, ein wenig verdrehten Hirn... Kapitel VII kommt!!! Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin und SylverMortal/simmi (mein alleiniger, für die Geschichte kämpfender Fan) für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel VII - Dimitav, das Gesicht des Todes "Ich werde dafür sorgen, dass Dafem der Abenteurer leidet wie noch nie zuvor in seinem Leben! Ich werde ihn töten und jeden der ihm etwas bedeutet hat! Mit meiner Magie locke ich ihn und seine Gefährten weg von den anderen und dann werde ich mich persönlich darum kümmern! Niemand von ihnen wird überleben!!!" Die fürchterliche Wut in Dimitavs Stimme ließ Jodean zurückweichen. Nie zuvor hatte der Dunkelelf erlebt, dass Dimitav derart die Beherrschung verlor. Normalerweise war er kalt, berechnend und unheimlich gelassen. Jodean starrte mit wachsender Unruhe in die zwei roten Augen, die im Schatten der schwarzen Kapuze wie glühende Kohlen brannten. "Sag mir wo Dafem und seine Kameraden sind...", knurrte Dimitav eisig. Jodean trat einen weiteren Schritt zurück und deutete mit zitternder Hand nach Osten. "D-dort! Die Soldaten haben sich alle in Gruppen aufgeteilt, die jetzt systematisch meine Truppen aufreiben..." Der Gedanke an Meister Valnitars Strafe für sein mögliches Versagen ließ den Dunkelelfen zusammenzucken. "J-jedenfalls kämpft Dafem der Abenteurer zusammen mit einem Gnom, einem Avior, einer Halbelfe, der Prinzessin und drei weiteren Soldaten der Stadt..." Dimitavs rote Augen wanderten in die Richtung, in die Jodean deutete. Ohne weitere Worte zu verlieren ging er gemächlich in die angegebene Richtung, wobei er wieder seelenruhig mitten durch die Flammen der brennenden Stadt schritt, ohne dabei Schaden zu erleiden. Hinter der nächsten Biegung war die Alptraumgestalt mit der goldblauen Rüstung verschwunden. Jodean atmete erleichtert auf. "Nimm das, Kreatur des Bösen!" Kraftvoll führte Rigo seinen Zweihänder gegen den letzten verbliebenen Goblin in der Gasse und wandte sich mit grimmigem Stolz Dafem zu. "Ein weiterer Goblin, eine weitere Kerbe in meinem Schwert. Bald habe ich mehr als du." Die goldenen Augen des Aviors glänzten zufrieden, sein riesiges Schwert und die gelbe Kleidung waren mit dunklem Blut bespritzt. Dafem winkte ungeduldig ab und besah sich die drei Stadtwächter, die jetzt zu ihrer Gruppe gestoßen waren. Sie schienen beim Anblick von Rigos gigantischen Kräften noch ganz gelähmt. Melana hielt sich unsicher im Hintergrund, Xab hingegen applaudierte begeistert und stieß einen bewundernden Pfiff aus. "Ohhh! Wirklich toll! Wahnsinn! Wie du das gemacht hast, fünf Goblins auf einmal! Ich konnte deinen Bewegungen kaum folgen! Kannst du mir das beibringen? Bitte! Bitte, bitte, bitte!!!" Die drei Stadtsoldaten rissen ihren Blick von dem Avior los und besahen sich skeptisch den Gnom. "Wir müssen schnell weiter", murmelte Aurora, als sie sich den Schweiß von der Stirn und das Blut von ihren Schwertern wischte. "Wenn wir so weitermachen, können wir diese Monster ohne Probleme vertreiben. Das einzige Problem werden die Dunkelelfen, die hier irgendwo sind. Sie beherrschen von Natur aus mächtige Magie. So weit ich es richtig verstanden waren es auch die Dunkelelfen, die das Feuer gelegt-" Die Prinzessin verstummte mitten im Satz. Ihr Kopf schoss herum, so dass ihre langen Haare ihr ins Gesicht flogen. Fast wie in Trance steuerte sie zielstrebig eine andere Seitenstraße an. "Prinzessin Aurora? Was habt ihr?", fragte Dafem misstrauisch. Doch falls die Prinzessin es gehört hatte, reagierte sie nicht, sondern betrat die Straße. Der Rest der Gruppe rannte eilig hinterher. "Merkwürdig...", murmelte Melana verwirrt. Nachdem die Gruppe Aurora eine Weile lang gefolgt war, befanden sie sich plötzlich auf dem großen Platz der Stadt, ein kreisrunder Ort, der wie eine Terrasse an den abfallenden Hügel der Stadt gebaut war. Eine Wand aus teils verkohlten Häusern umringte den Platz, die von den Dunkelelfen ausgelösten Feuer waren jedoch größtenteils von den Stadtsoldaten gelöscht worden, so wie Aurora es ihnen im Palast befohlen hatte. Die Prinzessin lief immer noch geistesabwesend in die Mitte des kreisrunden Platzes, wo eine dunkle Gestalt mit roten Augen auf sie wartete. "Der Typ, der immer,Sterbliche' sagt!", analysierte Xab scharfsinnig. "Was hast du mit der Prinzessin gemacht?", schrie Dafem wütend. Der Abenteurer spürte wieder diese eiskalte Furcht, die sich über ihn legte wie ein bedrückender Schleier, der jegliche klare Gedanken abschaltete. Auch Melana, Rigo und die drei Stadtsoldaten wichen zitternd einen Schritt zurück. Dimitav lachte kalt und packte Aurora hart am Kinn. "Wie schwach der Mensch doch ist... ein kleiner Kontrollzauber und schon führt sie euch alle ins Verderben." Dafem und die anderen quälten sich näher an ihren Feind heran, bis sie kaum noch zwei Armlängen von ihm entfernt waren. "Kontrollzauber?", keuchte Melana entkräftet. Dimitavs rote Augen glühten abscheulich. "Das geht wohl über dein schwächliches magisches Wissen hinaus? Es ist nicht schwer den Verstand eines Menschen an sich zu reißen..." "Was willst du?", unterbrach Dafem unwirsch. "Rache für das, was du mir angetan hast, Dafem Abenteurer!" Dimitavs Wut brach ein weiteres Mal aus. "Außerdem will Meister Valnitar die Halbelfe! Doch ich will vor allem dich! Ich will sehen wie du leidest, wenn ich jeden töte der dir etwas bedeutet!" Dafem konnte den Hass, der von Dimitav ausging, fast körperlich spüren und wich zurück. "Wieso? Ich kenne dich nicht einmal!" Valnitars Untergebener lachte über diese Äußerung. "DU kennst mich! Vielleicht erkennst du mich nur nicht!!! Soll ich dir mein Gesicht zeigen? Soll ich es dir zeigen?" Mit einer schnellen Bewegung streckte Dimitav seinen Arm aus, die Handfläche offen auf die drei Stadtsoldaten gerichtet. Schwarzes Feuer schoss aus der Hand hervor, die Soldaten schrieen als die Flammen auf sie übergingen und sie verschlangen. Ehe die restlichen Gefährten irgendwie reagieren konnten, war von den Kriegern nur noch Asche übrig... Melana stieß einen spitzen Schrei aus und taumelte zurück, Xab starrte mit großen Augen auf die Überreste der Soldaten, während Rigo und Dafem gleichzeitig ihre Schwerter zogen. Auroras grüne Augen blieben tot. "Warum hast du das getan?", schrie Dafem in Dimitavs nicht erkennbares Gesicht. "Ich zeige dir mein Gesicht. Doch kein unwürdiger Sterblicher darf es je sehen..." "Deswegen hast du sie getötet?!" Dimitav zuckte mit den Schultern. "Menschen sind es nicht wert. Sie sind schwach und vergänglich. Das Leben bringt nichts, wenn es für Sterbliche doch nur im Tod endet." Rigo, der bisher tatenlos dagestanden hatte, schlug plötzlich mit seinem Schwert zu, wobei er auf Dimitavs Kopf zielte. Doch die Klinge schien auf keinen Widerstand zu stoßen. Sie schnitt ein Loch in die Kapuze, doch die roten Augen glühten unverändert im Schatten. "Armselige Kreaturen... ihr könnt mich nicht töten... niemand kann das..." Langsam streifte sich Dimitav die Kapuze seines schwarzen Umhanges vom Kopf. Zum Vorschein kam ein Gesicht. Ein Gesicht mit verzerrten Konturen, durch das man sehen konnte wie durch flüchtigen Nebel. Und tatsächlich konnte Dafem durch den Kopf hindurch die Häuser am anderen Ende des Platzes sehen. Nur die roten glühenden Augen schienen wirklich lebendig. "Was...bist du?", keuchte der Abenteurer entsetzt. Die durchscheinenden Lippen Dimitavs kräuselten sich zu einem verzerrten Grinsen. "Ein Toter... ein Toter der auf Lutansiar wandelt und nicht sterben kann, weil er es schon einmal getan hat. Ich bin ein Schatten! Ein Geist! Ein Alptraum in realer Gestalt!!!" "Wie ist das möglich?", wisperte Melana schockiert. Die unbenennbare Furcht in ihr wurde jetzt, da sie Dimitavs Gesicht sah, nur noch größer. Der Geist wirbelte gelangweilt mit einer behandschuhten Hand. "Es gibt einige Menschen, die sich nicht mit dem Tod abfinden können. Ein Gedanke hat sich so tief in ihr Hirn gebrannt, dass er selbst Opelaryn, den Gott der Dunkelheit, beeindruckt. Er schenkt diesen Besessenen ein neues untotes Leben. So ein Wesen, jemanden wie mich, nennt man Schattenalp. Wir starben in Dunkelheit. Wir wurden neu geboren in Dunkelheit und leben auch jetzt in ewiger Dunkelheit, nur an einem einzigen Gedanken interessiert: Rache!" Dafem schluckte über diese schreckliche Geschichte. Er nahm all seinen Mut zusammen und trat wieder einen Schritt auf Dimitav zu. "Aber was hat das Ganze mit mir zu tun?" Der Schattenalp spuckte verächtlich vor die Füße des Abenteurers ("Wie kann ein Geist spucken?", fragte Xab interessiert). "Weil sich meine Rache nur auf dich fixiert! Nachdem mir Opelaryn, Gott der Dunkelheit, diese Gestalt gegeben hat, erkennst du mich wahrscheinlich nicht mehr, aber sicherlich erinnerst du dich an meinen alten Namen als Sterblicher. ,Mitavdi'!" Beim Klang dieses Namens wichen Rigo und Dafem wieder einen Schritt zurück. "Der Giftmischer aus Sagandor...", murmelte der Abenteurer. Dimitav, oder auch Mitavdi, nickte mit seinem schemenhaften Kopf, ein boshaftes Grinsen auf den Lippen. Die roten Augen glühten voller Belustigung. "Genau. Einst war ich ein bedeutender Magier und habe voller Vergnügen zugesehen, wie die Stadtbewohner an meinen Giften vergangen sind... Bis DU mich überführt hast und ich zum Tode verurteilt wurde! Niemals werde ich die Demütigung vergessen, die Schmach von einem Pöbel ausgebuht zu werden, bis der Scheiterhaufen dir unter unvorstellbaren Schmerzen das Lebenslicht auspustet!!!" Dimitav ballte seine behandschuhten Hände zu Fäusten. "Niemand kann sich vorstellen was für Qualen ich gelitten habe! Doch heute, heute wirst du, Dafem, dafür bezahlen! Ich töte alle die dir etwas bedeuten... außer der Halbelfe...sie brauche ich noch." Der Schattenalp hatte die verzauberte Aurora immer noch mit einer Hand am Kinn gepackt, die andere zielte, wieder mit offener Handfläche, auf ihre Brust. "Stirb...", wisperte Dimitav zuckersüß, ohne die Augen von Dafem zu nehmen. Ein Strahl puren schwarzen Lichtes schoss aus der Hand des Schattenalps hervor, und schlug mit ungeheurer Kraft auf Auroras goldenen Brustpanzer auf. Die Prinzessin schrie überrascht auf, der Kontrollzauber war im gleichen Augenblick wo der schwarze Magiestrahl ihre Brust traf von ihr gewichen, und wurde von den Füßen gerissen. Sie flog mehrere Meter nach hinten, überschlug sich dabei mehrfach, klatschte mit einem lauten Krachen auf den harten Stein des Platzes auf und blieb mit dem Gesicht nach unten bewegungslos liegen. "Prinzessin!", rief Dafem entsetzt, sein Schwert zitterte unter dem starken Griff seiner Hand. Die blauen Augen des Abenteurers blitzten wütend auf und er sprang mit erhobener Waffe auf Dimitav zu. Doch noch bevor er ihn erreichte, hatte der Schattenalp bereits erneut seine Handfläche ausgerichtet, diesmal auf Dafems überraschtes Gesicht. "Stirb...", flüsterte Dimitav wieder. Auch Dafem wurde davon geschleudert. Dabei krachte er mit voller Wucht gegen die Wand eines Holzhauses und rutschte unter einem Regen aus Holzsplittern mit dem Rücken daran herab. Melana stieß einen spitzen Schrei aus. Die Magierin starrte entsetzt auf Dafem, bevor sie ängstlich ihren Rubinstecken hob und mit dem blutroten Edelstein, der an der Spitze angebracht war, auf Dimitav zielte. Panisch und sich mehrmals verhaspelnd murmelte die Halbelfe Worte der Magie. Ein Strahl aus orangerotem Feuer schoss aus ihrem Magierstab hervor und auf den Schattenalp zu. Das Feuer schloss Dimitav völlig ein, doch als der Flammenzauber sich auflöste, stand er immer noch ohne jeglichen Schaden da. "Ich habe es dir gesagt, niemand kann mich töten... vor allem nicht mit so schwacher Magie..." Melana stiegen Tränen des Zorns und der Angst in die Augen und sie fiel entkräftet auf die Knie. "Schon erschöpft? Von so einem kleinen Zauber?", fragte Dimitav hämisch. "Dann bleib einfach hier liegen und warte bis ich die anderen aus dem Weg geräumt habe." "Wozu das noch? Du hast Dafem doch schon umgebracht!", schluchzte Melana. Der Schattenalp grinste wieder. "Wer sagt, dass ich ihn getötet habe? Er liegt dort nur, unfähig sich zu bewegen und ohne Bewusstsein." "In was haben wir uns da nur reingeritten...", wisperte Rigo, der der Szene bis jetzt nur entsetzt zugesehen hatte. Xab stand wie eine Steinsäule mit tellergroßen Augen da. Dimitav beachtete den Avior und den Gnom gar nicht, sondern streckte einen Arm fordernd nach Melana aus. "Und jetzt gib mir deinen Stab!", befahl er mit falscher Gelassenheit. Die Halbelfe krabbelte ein Stück von ihm Weg und umklammerte ihren Rubinstecken. "Warum? Warum willst du meinen Stab und warum sollte ich ihn dir geben?" Das durchsichtige Gesicht des Schattenalps verzog sich zu einer Grimasse. "Gib mir den Stab, Halbelfe! Dann lassen wir dich auf alle Zeit in Ruhe! Wenn nicht nehmen wir dich mit und foltern dich solange, bis du darum betteln wirst uns den Stab zu überlassen!" Mit zitterndem Körper rappelte sich Melana, auf den Stab gestützt, auf und funkelte trotzig mit ihren grünen Augen. "Niemals! Er ist von meiner Mutter! Hol ihn dir doch!!!" Dimitav drohte schüttelnd mit der Faust. "Provoziere mich nicht, Halbelfe! Gib mir den Stab und zwar freiwillig. Du weißt, dass sonst die Magie nicht funktioniert, die wir brauchen!" "Wovon redest du?" Für einen Augenblick erschien auf Dimitavs Gesicht ehrliche Verblüffung. "Du weißt nicht, was für einen Stab du dort trägst? Deine Mutter hat es dir nie erzählt?" "Wovon redest du?", fragte Melana erneut, aber als Antwort bekam sie nur ein eiskaltes Lachen, das sich jedoch schnell wieder legte. "Gib mir jetzt den Stab!" "Nein!" "Dann wirst du das gleiche Schicksal erleiden wie Dafem. Deine Freunde werden sterben. Ich werde sie jagen und töten bis du mir den Stab freiwillig auf einem Silbertablett geben wirst!" Melana zuckte unter dieser gewaltigen Bosheit zurück. Wie konnte ein Mensch... oder jemand, der einmal ein Mensch gewesen war, nur so grausam sein? "DAS REICHT!", kreischte Rigo. "Ich habe mich genug zurückgehalten. Gehe zurück in die Hölle, dort wo du eigentlich hingehörst!" Der Avior entfaltete seine mächtigen Flügel, so dass ein Wirbel aus Federn ihn umgab, und stürmte auf Dimitav zu. Doch dieser hatte bereits wieder seine Hand erhoben und flüsterte ein einziges Wort. "Stirb..." Der Strahl schwarzen Lichtes schoss schnell und unbarmherzig auf den Vogelmenschen zu. Rigo riss die Hände schützend vor das Gesicht, während sich Melana entsetzt abwandte. "Nicht auch noch er...", wisperte sie schwach. Dann vernahm sie eine laute, kraftvolle Stimme vom anderen Ende des Platzes. "Heilige Ampara, Göttin des Lichtes, gib mir Kraft den Feind zu besiegen! Vernichte ihn!" Zu dem dunklen Glimmen des schwarzen Strahles gesellte sich plötzlich ein gleißendes Leuchten puren weißen Lichtes, dass aus der gleichen Richtung wie die Stimme kam und mit Dimitavs Zauber zusammenprallte. Beide Lichtstrahlen entluden sich in einer gewaltigen Explosion, deren Druckwelle Melana und Xab von den Füßen riss. Rigo stand noch immer da wie ein Fels in der Brandung, genau wie Dimitav, der die Wucht scheinbar nicht einmal spürte. "Was war das? Wer wagt es mich zu stören?", zischte der Schattenalp wutentbrannt. Seine rot glühenden Augen wanderten in die Richtung, aus der Stimme und Lichtstrahl kamen. Dort stand ein älterer Mann, gekleidet in die langen weißen Roben eines Priesters. Die Kleidung hatte an Ärmel- und Saumende einen gelben Streifen und in der Hand hielt er einen langen halbdurchsichtigen Kristallstab, ähnlich dem von Melana. Sein graues Haar flatterte im Wind, ein genauso grauer, kleiner Bart umrahmte seinen Mund. "Ich wage es.", rief er entschlossen. "Ich bin Estilor, Berater und Priester König Fibathens. Und du, untotes Geschöpf, solltest von hier verschwinden." "Du hast mir nichts zu sagen!", keifte Dimitav hasserfüllt. Estilor schüttelte nur seufzend den Kopf. "Sturheit verhilft niemals zum Erfolg..." Mit einer schnellen Bewegung hatte der Priester seinen kristallenen Stab auf den Schattenalp gerichtet. "Heilige Ampara, Göttin des Lichtes, euer getreuer Diener bittet um die Kraft diese Kreatur des Schattens zu vertreiben. Gib mir die Kraft und vernichte ihn!" Ein heller Lichtstrahl, noch viel mächtiger als der erste, schoss auf Dimitav zu. Der Untote kreuzte abwehrend die Arme vor dem Gesicht, eine Sekunde bevor die Magie des Priesters ihn auch schon traf und seine Füße durch die Wucht ein Stück über den Boden rutschten. "Du...verdammter...", keuchte der Schattenalp angestrengt. "Du...besiegst...mich...niemals..." Während seiner Worte rutschte Dimitav immer weiter zurück, sein blasses Gesicht war von dem weißen Licht erhellt und vor Anstrengung verzerrt. Schließlich riss der magische Strahl ihn um und umschloss ihn vollkommen. "NEIN!!!" Als das Licht langsam wieder verschwand, lagen nur noch die blaugoldene Rüstung und der Rest von Dimitavs Kleidung auf dem Pflaster des Platzes. "Oh heilige Ampara, deine Gnade sei bedankt.", murmelte der Priester Estilor und senkte demütig den Kopf. Melana starrte den Alten bewundernd und ein wenig neugierig an. "Ihr habt ihn getötet...", meinte sie anerkennend. Estilor wandte sich ihr zu, wobei er sich nachdenklich an seinem Bart kratzte und den Kopf schüttelte. "Nein, junge Dame, ein Wesen wie ihn kann man nicht töten. Doch es war mir zumindest möglich ihm zu schaden, so dass er fliehen musste." "Ein Priester!", jubelte Xab, als hätte er Estilor eben erst bemerkt. "Hey, wo kommst du her? Und wo ist der, der immer ,Sterbliche' sagt? Und warum liegen Aurora und Dafem auf dem Boden? Sagt es mir! Sagt schon, sagt schon, sagt schon! Was schaut ihr mich so an?" Der Gnom schaute sich verwirrt blinzelnd um und kratzte sich am Hinterkopf. "Wie es scheint, hatte der Schattenalp dich erstarren lassen, kleiner Mann. Ich erzähle dir alles, doch erst müssen wir deine Freunde behandeln. Falls du es nicht mitbekommen hast, man nennt mich Estilor, Königspriester von Herr Fibathen." "Ich bin Xab, meines Zeichens Gnom, Händler und Alchemist. Sehr erfreut dich kennen zu lernen." Während der Gnom die Hand des Priesters voller Enthusiasmus schüttelte, untersuchte Rigo nacheinander Aurora und Dafem bis er zufrieden schien und warf sich die beiden über jeweils eine Schulter. "Sie leben beide noch!", informierte er erleichtert. "Sie hatten beide viel Glück. Ein Schattenalp kann mit einem einzigen Zauber töten.", erklärte Estilor, wobei er seine Hand aus der des Gnomen befreite. "Dafem hat nur überlebt, weil Dimitav ihn mit dem Zauber nicht töten wollte. Und Auroras Brustpanzer ist magisch, so dass die Macht des Zaubers gedämpft wurde." Melana hörte dem Priester nur halbherzig zu. In ihren Gedanken war sie bei ihrem Stab, dem Rubinstecken, und fragte sich warum der Feind ihn haben wollte. War er etwas Besonderes? Wollte Dimitav gar nicht sie, sondern nur ihren Stab? "Woher wusstest du eigentlich was hier abging?", fragte Xab neugierig, sein übliches Grinsen im Gesicht. Estilor lächelte wissend und deutete mit einer Kopfbewegung auf die übrig gebliebene Kleidung Dimitavs. "Ich bin ein Priester Amparas, der Göttin des Lichtes, und spüre daher die Präsenz der Dunkelheit. Das Böse, das von diesem Schattenalp ausging, war ungeheuer stark, also bin ich hierher geeilt." Xabs Neugier hatte sich bereits verloren, als Estilor auf Dimitavs Überreste gedeutet hatte, und es blieb deshalb an Rigo zuzuhören. Der Avior nickte verstehend. "Was ist mit den restlichen Feinden?" "Wir haben sie größtenteils vertrieben, es treiben sich hier höchstens noch ein paar Goblins herum, die nicht schlau genug sind um den Ausgang zu finden. Prinzessin Auroras Befehle kamen gerade rechtzeitig." Estilors graue Augen ruhten nachdenklich auf Rigo. "Ich sollte wohl besser sagen, dass deine Befehle gerade rechtzeitig kamen." "Woher...?" "Es ist leicht zu durchschauen. Ich bin ein enger Vertrauter von Herr Fibathen und seiner Tochter. Die Prinzessin wäre, so gut sie auch kämpfen kann, nicht in der Lage Befehle zu geben. Du, lieber Rigo, bist genau wie Dafem äußerst bekannt. Wir haben uns damals, vor einem Jahr, nicht gesehen, aber ich hörte von deiner Vergangenheit als Avior-Kommandant." Estilor blickte fürsorglich zu Dafem und Aurora, die über Rigos Schultern hingen und deutete mit einer Handbewegung an, dass sie jetzt gehen sollten. "Sie sind sehr schwach. Unsere Heiler werden sich darum kümmern.", meinte der Priester. Rigo nickte. "Okay. Melana! Gnom! Kommt, wir gehen!" Als Xab, der in Dimitavs Sachen herumstöberte hatte, und die Halbelfe zu ihnen aufschlossen und die jetzt vollzählige Gruppe schweigend Estilor in Richtung des Stadtlazarettes folgte, schwirrten Rigos Gedanken um die Vergangenheit. Damals war es einfacher, dachte der Avior grübelnd. Damals mussten wir nur uns selbst versorgen. Wir halfen, wenn wir es für richtig hielten und kämpften, wenn es uns als das Richtige erschien. Jetzt aber werden wir auf einmal in Geschehnisse gezogen, die nicht nur diese Stadt, sondern ganz Lutansiar betreffen. Der zerstörte Bund der drei Großmächte, Orks, Goblins, Hobgoblins, Dunkelelfen, ein Schattenalp, eine entführte Prinzessin und der Angriff auf Sagandor... In was haben wir uns da reingeritten?... Tz, Melissa hätte über solche Gedanken gelacht... Die Erinnerung an Melissa, der ehemaligen Gefährtin und Freundin von ihm und Dafem, versetzte Rigo einen harten Stich im Herzen. Ich hätte es Dafem erzählen müssen... Ihm erzählen, dass Melissa nicht mehr zurückkommt... nie mehr... Kapitel 8: Die Legende der göttlichen Artefakte ----------------------------------------------- Orte und Person, sowie diese ganze Story kommen von mir, MIR ALLEIN *irre-lach* Kapitel VIII kommt!!! Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin, SylverMortal/simmi, Ginny und Desertflower für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Kapitel VIII - Die Legende der göttlichen Artefakte Schon seit mehr als zwei Stunden saß Melana jetzt in einem Zimmer des Krankenlazarettes und beobachtete Aurora und Dafem, die ruhig in ihren Betten schliefen. Die beiden würden bald wieder fit sein, die Heiler hatten gute Arbeit geleistet und die Wirkungen von Dimitavs Zauber weites gehend neutralisiert. Auf einem zweiten Stuhl neben Melana saß Rigo. Der Avior schlief ebenfalls, wobei er seine großen Flügel wie eine Decke um seinen Körper geschlungen hatte. Wenn Halbelfen nicht so wenig Schlaf bräuchten, würde sich Melana sicherlich auch aufs Ohr hauen, immerhin war es inzwischen weit nach Mitternacht... Wo sich Xab schon wieder rumtrieb, wusste sie nicht. Nachdem die Nachricht von der Flucht der letzten Angreifer verkündet worden war, war der Gnom sofort aus der Tür gehuscht um einen kleinen Stadtrundgang zu machen. Dabei war kaum noch etwas von Sagandor übrig. Der Blick der Halbelfe wanderte aus dem kleinen Fenster des Zimmers, das den klaren Sternenhimmel und die verbrannten Trümmer der Häuser einrahmte, und ruhte dann wieder besorgt auf Aurora und Dafem. Merkwürdig, das selbst die Prinzessin in einem gewöhnlichen Krankenzimmer liegen musste, weil fast keine Betten mehr vorhanden waren. Dafem drehte sich im Schlaf auf die andere Seite. Melanas Augen fingen das Aufblitzen eines goldenen Amulettes auf. Das Schmückstück war unter Dafems weißem Hemd und der Lederweste, die durch Dimitavs Angriff völlig zerfetzt worden war, hervorgerutscht. Die Halbelfe war überrascht, dass ihr dieses Amulett vorher nicht an Dafem aufgefallen war. Es musste einst ein kreisrunder Anhänger mit dem Wappen der Sonne, das Zeichen des Gottes des Schicksals, gewesen sein, doch es war in der Mitte durchgebrochen und soweit Melana das sehen konnte besaß Dafem nur eine Hälfte. Wieder drehte sich der Abenteurer auf die andere Seite und verbarg so das Amulett vor ihrem Blick. Sein Schlaf war ziemlich unruhig. Was er wohl träumte? Dafem stand mitten in einer grünen Wiese. Der Himmel über ihm war blau und die Grashalme raschelten leise, als der Wind sie sanft umstreichelte. In der Ferne stand ein kleines Haus. Ohne sein Zutun beförderten ihn seine Beine dorthin... Die Hütte war klein und aus Holz. Weiße Rauchschwaden kräuselten sich aus einem winzigen Schornstein. Dafem erkannte das Haus sofort wieder, genau wie er die drei Kinder im Hof sofort wieder erkannte, obwohl er sie schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Ein blonder Junge mit blauen Augen, etwa 14 Jahre alt. Neben ihm ein Mädchen, etwa im gleichen Alter wie der Junge. Sie hatte ebenfalls blondes, langes Haar, spitze Ohren und eine ungewöhnliche dunkle Hautfärbung. Das dritte Kind war ein schwarzhaariges Mädchen, kleiner und jünger als die beiden anderen. "Dafem! Melissa! Utosi! Tut eurer Mutter einen Gefallen und kommt herein, das Essen ist fertig!", rief eine weibliche Stimme aus dem Haus. Die drei Kinder liefen sofort in die Hütte und um den älteren Dafem herum wurde alles dunkel... Dafem richtete sich schlagartig im Bett auf und wischte sich die schweißnassen Haare von der Stirn. Lange hatte er schon nicht mehr geträumt und schon gar nicht von seiner Kindheit. Er wollte das doch einfach nur vergessen... "Wie es Melissa wohl geht?", murmelte der Abenteurer leise. Plötzlich fielen ihm wieder die Geschehnisse mit Dimitav am Marktplatz ein. Hastig sah sich Dafem um, nur um festzustellen, dass alle bis auf den Gnom im gleichen Zimmer wie er waren und schliefen. Erleichtert stieß er die Luft aus. Um den Gnomen machte er sich keine Sorgen und die anderen schienen soweit okay. Nachdenklich berührte der Abenteurer das Amulett um seinen Hals mit den Fingerspitzen, das kalte Metall beruhigte immer irgendwie und erinnerte ihn an Melissa, die die andere Hälfte des Anhängers trug. Ein sanftes Rascheln von Federn ließ Dafem aufblicken. Rigo faltete gerade seine Flügel auf dem Rücken zusammen, seine goldenen Augen blitzten auf, als würden sie etwas verbergen. "Endlich wach?", gähnte der Avior müde. "Das Gleiche könnte ich dich fragen.", meinte Dafem, während er die Bettdecke ein Stück zurückschob und erleichtert feststellt, dass seine Sachen vollständig auf einem Schränkchen aufgestapelt waren. "Ich habe nicht geschlafen.", erwiderte Rigo. "Ich musste nur sichergehen, dass die Halbelfe einschläft, damit ich ungestört mit dir reden kann..." "Warum?" Das Gesicht des Vogelmenschen wurden so düster, wie selbst Dafem es nur selten bei ihm erlebt hatte. "Ich weiß, ich hätte es längst sagen müssen...aber..." "Was sagen?" "Du...du weißt, als wir uns vor einem Jahr trennten, um nach den Ursachen des Bösen in Lutansiar zu suchen... habe ich Melissa mit mir genommen. Ich versprach dir, dass ihr nichts geschehen würde... Erinnerst du dich daran?" "Natürlich.", antwortete Dafem. Eine grausame Vorahnung beschlich ihn, so dass es seine Nackenhaare zu berge stehen ließ. Rigos Gesicht verzog sich zu einer emotionslosen Maske und seine goldenen Augen verloren jeglichen Glanz. "Ich...habe das Versprechen nicht gehalten..." Dafem wurde heiß und kalt gleichzeitig. Sein Kopf dröhnte, drohte zu zerspringen und ihm wurde übel. Rigo meinte doch nicht das, was er glaubte? Das konnte nicht sein! "Es waren kaum drei Wochen nach unserer Trennung vergangen. Melissa und ich sahen uns gerade nach einem Platz zum Schlafen um, denn es war dunkel und regnete fürchterlich. Und... na ja du weißt wie Melissa ist... sie rannte ein Stückchen vor und aus meiner Sichtweite. Ich dachte mir nicht viel... bis ich ihren Schrei hörte. Natürlich bin ich sofort losgestürmt, flog sogar ein Stückchen um schneller zu sein, doch als ich ankam... als ich ankam..." Es schien Rigo ungeheuer viel Mühe zu kosten weiterzureden. Doch der Avior wusste, dass jetzt alles raus musste. Er hätte es Dafem sofort sagen müssen, denn schließlich war Melissa Dafems Halbschwester. "Als ich ankam...war sie schon tot... von Werwölfen zerrissen... ich habe sie kaum mehr erkannt..." Die Stimme des Aviors wurde immer abgehackter und leise, bis sie völlig erstarb. Gequält wandte er den Blick seiner goldenen Augen von dem entsetzten Dafem ab. Dem Abenteurer wurde fürchterlich übel, so übel wie schon lange nicht mehr, als hätte eine eiskalte Hand nach seinem Herzen gegriffen um es ihm mit einem Ruck aus der Brust zu reißen. "Das...ist nicht wahr... Das kann nicht...sein... Melissa würde sich nicht so einfach... von ein paar Werwölfen..." Doch Dafem schien nicht einmal wirklich an seine eigenen Worte zu glauben und als Rigo unter seinem gelben Hemd die Kette mit der anderen Hälfte des Amulettes der Sonne hervorzog, waren jegliche Zweifel weggewischt. "Melissa...Schwester..." Erschöpft und voller Entsetzen zog Dafem seine Knie an die Brust, umschlang sie mit den Armen und vergrub sein Gesicht in dem Stoff seiner schwarzen Hose... Der nächste Morgen war angenehm und sonnig, doch Dafem kam das Licht einfach nur viel zu unnatürlich und grell vor. Die anderen, selbst Aurora, waren ebenfalls wach. Sie spürten sofort, dass der Abenteurer heute anders war, doch keiner wagte zu fragen, zumal sich auch Rigo seltsam verhielt. Der Einzige, der wie immer vollkommen glücklich und fröhlich schien, war Xab. Der Gnom war erst am frühen Morgen von seiner Stadterkundung zurückgekommen und bei ihnen aufgetaucht und erzählte aufgeregt herumhüpfend, dass sie gleich eine Audienz beim König hatten, dass er etwas Interessantes bei Dimitavs Sachen gefunden hatte, dass einige Soldaten merkwürdigerweise ein wenig genervt auf ihn reagierten und dass ihn schon einmal ein Halboger gejagt hatte. Bis auf die erste Neuigkeit schenkten sie ihm kaum Beachtung, was Xab jedoch nicht im Geringsten störte... Nachdem sich die Kameraden also alle in ihre Klamotten geworfen hatten, verließen sie mit Erlaubnis der Heiler das Krankenlazarett und folgten einer der Straßen den Hügel hinauf zum Palast. Melana und Aurora überblickten entsetzt die Schäden und Trümmer, die die Angreifer hinterlassen hatten, Xab plapperte mit seiner piepsigen Stimme fröhlich weiter, während Rigo und Dafem in Gedanken versunken hinterher trotteten. Zu fünft erreichten sie den Palast, wo sie von zwei mit Speeren bewaffneten Soldaten erwartet und in den Thronsaal geführt wurden. Auf dem goldenen Thron des Königs von Sagandor saß Fibathen, müde und kraftlos, doch wenigstens wieder mit einem Funken Leben in den braunen Augen. An seiner Seite stand Estilor, in seine weißen Priesterroben gehüllt, den kristallenen Stab anmutig in der rechten Hand. Aurora lief erfreut durch den Saal und schmiss sich dem alten König kurzerhand um den Hals. "Vater! Ich bin froh, dass du wohl auf bist!" Fibathen erwiderte die Umarmung schwach und lächelte. "Es geht mir besser, als hätte sich ein Schleier vor meinen Augen geöffnet. Estilor hat mir verständlich gemacht, dass ich als König kämpfen muss, egal wie alt oder töricht ich bin. Vor allem wenn seine Vermutung zutrifft. Dann müssen wir in Zukunft wohl härter kämpfen, als wir es uns je vorzustellen wagten." Der Gesichtsausdruck des Königs verwandelte sich in ein gequältes Grinsen. Aurora sah überrascht auf, ihre grünen Augen forschten fragend in den braunen ihres Vaters. "Was für eine Vermutung?" Die Prinzessin wandte sich zu Estilor, doch auch die grauen Augen des Königspriesters zeigten keinerlei Antwort. "Alles zu seiner Zeit.", meinte der Alte geheimnisvoll, während er sich an seinem eisengrauen Stoppelbart kratzte. "Zuerst wünsche ich, dass ihr, Prinzessin, mit mir und eurem Vater in ein Zimmer kommt, wo man sich vertrauter unterhalten kann. Auch Dafem, Rigo und seine Gefährten bitte ich mich anzuhören. Ihr habt tapfer für diese Stadt gekämpft und Dinge gesehen, die euch tief in die schattigen Ereignisse auf Lutansiar gezogen haben." Xab zitterte vor unterdrückter Begeisterung über dieses unglaublich spaßige Abenteuer, während Rigo etwas murmelte, dass klang wie: "Das haben wir auch schon bemerkt." Melana blieb stumm, sie hatte das Gefühl als würden sie gleich etwas hören, was sie nicht sonderlich freuen wird. Estilor deutete mit dem Kopf auf eine kleine Seitentür und trat zusammen mit Aurora, Dafem, Rigo, Melana, Xab und König Fibathen in das dahinter liegende Zimmer ein. Es war ein kleiner Raum, das einzige Möbelstück im Raum war ein großer, runder Tisch aus glatt poliertem Holz, umgeben von einem Dutzend gemütlicher Stühle des gleichen Materials. Jeder setzte sich auf einen Stuhl und wartete darauf, dass einer von ihnen das Gespräch eröffnete. Schließlich räusperte sich Estilor, der Königspriester, und legte seinen halbdurchsichtigen Stab auf den Tisch. Melana hatte ihren Rubinstecken an den Stuhl gelehnt. In dem Augenblick, indem Aurora im Lazarett aufgewacht war, hatte die Halbelfe wieder die Kapuze ihres Umhanges über den Ohren. "Nun, zu allererst...", sprach Estilor lächelnd. "Denke ich, dass ihr, junge Dame, ruhig euren Kopf entblößen könnt. Man sollte seine wirkliche Abstammung nie verleugnen müssen." Völlig überrascht wandte sich Melana Hilfe suchend zu Dafem und als der Abenteurer nickte, zog sie die Kapuze weg. "Ich habe mir erlaubt den König bereits über eure Abstammung zu informieren. Und Aurora wird, nachdem ihr euch ja schon ein wenig kennt, sicher nicht auf das Gerücht hereinfallen, dass Elfen die Totfeinde der Menschen sind." Die Prinzessin starrte mit aufgerissenen Augen auf die spitzen Ohren der Magierin. "Eine Halbelfe?" Melana rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her, bis Aurora zu ihrer Erleichterung lächelte. "So ist das also..." Estilor schaute sich noch einmal lächelnd in der Runde um, bevor seine Züge sehr ernst wurden. "Nachdem wir nun alle miteinander vertraut sind, wird es Zeit über die wichtigen und entscheidenden Dinge zu sprechen." Der Priester fuhr sich mit der Hand durch das strähnige Grauhaar und seufzte. "Den Flaggen unserer Angreifer und dem Gerede eines Dunkelelfen nach, hat jemand die Krone der Finsternis gefunden." Ein kurzes verwirrtes Schweigen breitete sich im Beratungszimmer aus. "Was ist die Krone der Finsternis?" Es war natürlich die piepsige Stimme von Xab, die zuerst danach fragte. Estilor lächelte den kleinen Mann an. "Es ist eines der fünf göttlichen Artefakte..." Wieder Schweigen, diesmal blieb selbst Xab still und wartete auf weitere Erklärungen. "Nun, ich denke die Geschichte über die göttlichen Artefakte ist euch nicht bekannt, also werde ich sie euch erzählen..." Der Priester räusperte sich kurz, bevor er mit einer merkwürdig tiefen Stimme sprach, die bis unter die Haut ging und das Tiefste ihrer Seele zu berühren schien. "Es war vor langer Zeit, als die fünf Götter unserer Welt beschlossen etwas auf Lutansiar zu hinterlassen, das für immer an sie erinnern sollte um die Völker der Welt auf den richtigen Pfad zu leiten. Ampara, Göttin des Lichtes... Lili, Göttin der Liebe... Gurdot, Gott des Kampfes... Ilerdt, Gott des Schicksals... und Opelaryn, der Gott der Dunkelheit... diese fünf Götter entschlossen sich dazu, heilige Artefakte für Lutansiar zu erschaffen. Ampara, die mehr als jeder andere an das Gute in jedem Wesen glaubte, schuf die Kugel des Wissens. Wer diese Kugel sein eigen nennt, soll das Wissen der Welt in sich tragen und somit die Wahrheit erkennen, dass Kämpfe und Gewalt zu nichts führen. Lili erstellte aus den Kräften der Elemente einen magischen Stab. Wegen ihrer Liebe allen Wesen gegenüber gab sie diesem Stab, dem Stab des Lebens, die Macht alle Krankheiten und Wunden zu heilen und Tote wieder lebendig zu machen, da sie niemanden leiden sehen wollte. Gurdot schmiedete die Rüstung der Macht, die dem Träger übermenschliche Widerstandskraft, Stärke und strategische Fähigkeiten verleiht, damit dieser ein Kriegsherr wird, der Lutansiar unter seinen sicheren Schutz stellt. Ilerdt erstellte das Amulett des Mutes, das dem Träger Mut und Kraft verleiht sich seinem Schicksal zu stellen. Und schließlich war es der letzte von ihnen, Opelaryn, Gott der Dunkelheit, der die Krone der Finsternis aus der Essenz des Bösen erschuf. Mit dieser Krone hat man die Macht, alle bösen Kreaturen und Wesen unter seine Herrschaft zu stellen... Nachdem die fünf göttlichen Artefakte erschaffen und nach Lutansiar gebracht worden waren, schien das Leben der Bewohner der Welt besser zu werden. Doch der Frieden war nur von kurzer Dauer... Denn es liegt nur in der Natur jedes Wesens, dass sich Gier und Eifersucht breit machten, besonders bei so wertvollen Gegenständen wie den Götterartefakten. Schon bald stritten sich die Völker, besonders Zwerge und Menschen, um diese Artefakte. Es kam zum Krieg... Die folgende Zeit ist in den Geschichtsbüchern unter vielen Namen bekannt. Die Zwerge nannten es die Sippenkriege. Elfen sprachen davon als Weltendämmerung. Die Menschen jedoch, sie nannten diese Zeit den Krieg aller Kriege. Jedes Volk kämpfte gegeneinander. Falsche Bündnisse, Verrat, Ermordung und Schlachten standen an der Tagesordnung. Es verging kein Tag ohne Blutvergießen. Und während die Welt langsam dem Untergang entgegensteuerte, starrten die Götter voller Entsetzen und Zorn auf die Missgunst, die ihren Artefakten, ihren Geschenken entgegengebracht wurde. Mit dem Aufwand fast all ihrer Kräfte versiegelten die Götter ihre fünf Artefakte an den entlegensten Orten der Welt, auf dass sie für immer verborgen blieben. Doch auch ohne die Götterartefakte ging der Kampf weiter. Durch den Krieg aller Kriege war der Hass auf einander so tief in die Seelen der Völker gebrannt, dass sie nicht aufhören konnten zu kämpfen. 200 Jahre... 300 Jahre... 400 Jahre! Sinnlos schlachteten sich Elfen, Menschen und Zwerge ab, getrieben von der Wut und dem Zorn, der in ihren Adern floss. Die Götter sahen zu, wie sich die Völker gegenseitig dezimierten und die Welt einem gigantischen Schlachtfeld glich. Schließlich sahen sie ein, dass etwas getan werden musste. Mit ihrer verbliebenen Kraft lösten sie wieder das Siegel, das auf ihren Artefakten ruhte und Ilerdt, der Gott des Schicksals, wählte einen Elfen, damit dieser die Rüstung der Macht und das Amulett des Mutes tragen und als Messias der Welt wieder den Frieden bringen wird. Der erwählte Elf, Udeasin Kinta, führte schon bald ein mächtiges Heer, dass Anhänger aller Völker beinhaltete und die Konflikte und Schlachten schlichtete. Doch leider gab es auch den Dunkelelfen Rizzur, der durch Zufall das Versteck der Krone der Finsternis entdeckte. Da das Siegel von den Göttern gelöst worden war, konnte der Dunkelelf das finstere Artefakt an sich bringen. Schon bald hatte er durch die Fähigkeit der Krone ebenfalls eine gewaltige Streitmacht aus bösen Kreaturen um sich geschart. Wieder begann ein Krieg. Schließlich kam es zur entscheidenden Schlacht auf den Weißen Ebenen, wo sich Udeasin Kinta und Rizzur mit ihren Heeren gegenüberstanden. Als der Kampf zugunsten Udeasins endete, lagen der Elf und Rizzur tot im vom Blut gefärbten Winterschnee. Die Rüstung der Macht und das Amulett des Mutes waren beide zersplittert, die Krone der Finsternis verschollen. Der Krieg aller Kriege ging zu Ende, im gleichen Augenblick, indem Udeasin sein Leben aushauchte..." Nachdem Estilor verstummte, herrschte im Zimmer eine bedrückende Stille, selbst Xab schwieg bedächtig. "Und dieses Götterartefakt, diese Krone, hat wieder einen neuen Besitzer?", fragte Dafem endlich. Estilor strich nachdenklich über seinen Stab auf dem Tisch und nickte. "So scheint es." Der Priester blickte herüber zu seinem König, dem er die Geschichte schon vorher erzählt hatte, dann schweiften seine grauen Augen abschätzend über die anderen im Zimmer. "Aber wenn die Krone verschwand und ein Siegel die Artefakte schützte..." Auroras Stimme erstarb, als Estilor sie mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte. "Die Artefakte sind nicht mehr versiegelt. Die Götter haben all ihre Kraft verbraucht, als sie damals das Siegel entfernten, damit Udeasin Kinta die Rüstung der Macht und das Amulett des Mutes erhalten konnte. Seitdem sind die Artefakte verborgen, doch ungeschützt, denn seither konnten die Götter kein neues Siegel erschaffen." "Der neue Träger der Krone der Finsternis ist ein Dunkelelf. Sein Name ist Valnitar.", warf Fibathen ruhig ein. "Das hat zumindest ein anderer Dunkelelf namens Jodean behauptet. Von Valnitar kam auch der Brief, der Auroras Entführung verkündet hatte." Rigo legte nachdenklich den Kopf in den Nacken und starrte mit den goldenen Raubvogelaugen an die Decke. "Dann ergibt alles langsam ein wenig Sinn.", murmelte der Avior. "Die ganzen dunklen Kreaturen, die in Lutansiar umherstreifen, stehen unter dem Befehl dieses Valnitars. Er muss für die Ermordung Tozens und dem Streit der drei Großmächte verantwortlich sein. Er plant einen Krieg." Rigo grinste so gut es mit seinem Schnabel eben ging. "Wir sind da wohl in ein ziemlich großes Ding reingerutscht..." Danach sagte niemand mehr etwas. Lange herrschte Schweigen, bis sich der Avior von seinem Stuhl erhob, sein riesiges Zweihänderschwert, das er an den Tisch gelehnt hatte, wieder auf den Rücken schnallte und still den Raum verließ. Nach und nach folgten auch die anderen, bis nur noch Estilor, König Fibathen und Aurora zurückblieben. "Uns steht eine harte Zeit bevor...", prophezeite der Priester, während er seinen Stab vom Tisch nahm. Kapitel 9: Die Reise beginnt ---------------------------- Orte und Person kommen von mir. Bitte nicht klauen *zwinker* Kapitel IX kommt!!! Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin, SylverMortal/simmi, Ginny, Desertflower, jyla und Nami22 für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! @SylverMortal: Ach, ich freue mich wirklich riesig über jedes deiner Kommentare. Danke, dass du mir bei diesem Projekt soviel Mut machst. Übrigens habe ich keinen Schreibwahn, aber zur Zeit habe ich glücklicherweise ein wenig mehr Freizeit neben Schule und Tennis. @Nami22: Hey, ich halte deine Geschichten auch für klasse Werke. Habe nämlich schon deine One-Piece-FFs gelesen, weshalb ich bei deinem Kommi total erfreut war. Viel Spaß, jetzt! Kapitel IX - Die Reise beginnt Die Tage in Sagandor vergingen für Dafem wie flüchtige Augenblicke, trist und ohne Bedeutung. Häufig ertappte er sich dabei, wie er über Melissa, seine Halbschwester, nachdachte und sich erinnerte wie sie zusammen als Kinder ihr Heimatdorf unsicher gemacht hatten und später zusammen mit Rigo als Abenteurer durch die Welt gezogen waren. Dabei spielte er mit einer Hand geistesabwesend an dem halbkreisförmigen Anhänger seiner Kette. "Verdammt, ich werde noch verrückt!" Schon mehr als eine Woche waren sie jetzt in Sagandor und das Einzige, was man hier unternehmen konnte, war bei den Aufbauarbeiten zu helfen. Als Dafem am achten Morgen aus seinem improvisierten Quartier trat, stand sein Entschluss fest: Noch heute würde er wieder weiterreisen. Mit Rigo durch die Gegend ziehen, ein paar Goblins erschlagen und hier und dort eine gute Tat vollbringen, das würde sicherlich helfen um von den düsteren Gedanken an seine tote Halbschwester loszukommen. Er fragte sich sowieso schon, warum er in der Stadt verweilte. Was kümmerten ihn die Probleme der Herrscher? Auch wenn er mit Fibathen einst die Freundschaftsringe getauscht hatte, so konnte man nicht erwarten, dass er sich ständig um alles und jeden kümmerte. Zumal er Fibathen, Aurora und Estilor seit der Besprechung sowieso nicht mehr gesehen hatte. "Hey Dafem! Wir sollen sofort zum Palast kommen! Der König will uns sprechen!", piepste Xab, der gerade um die Ecke gerannt kam und ein fröhliches Liedchen pfiff. Dafem schnaubte amüsiert. Was für ein perfektes Timing. Kaum dachte er daran wegzugehen, da meldete sich König Fibathen plötzlich wieder. Der Abenteurer folgte dem Gnom widerwillig den Hügel hinauf bis zum marmornen Palastgebäude, wo sie bereits wieder von zwei Speerträgern erwartet und in den Versammlungsraum, in dem Estilor ihnen die Geschichte der Götterartefakte erzählt hatte, geleitet wurden. Die Stühle um den runden Holztisch waren größtenteils nicht besetzt, nur König Fibathen, Estilor, Aurora, Melana und Rigo beanspruchten jeweils eine der Sitzgelegenheiten für sich. "Schön, dass ihr so schnell kommen konntet.", lächelte Fibathen dankbar, während er gleichzeitig auf zwei leere Stühle zu seiner rechten deutete. "Setzt euch, setzt euch..." Estilor wollte gerade zum Sprechen ansetzen, doch Dafem unterbrach den Priester sofort, um seinen Beschluss vom Morgen gleich den anderen mitzuteilen. "Bevor du weitersprichst, muss ich leider sagen, dass ich mich entschlossen habe Sagandor zu verlassen... und zwar noch heute." Xab, der gerade eben noch fröhlich auf Melana eingeplappert hatte, bekam einen bestürzten Gesichtsausdruck und verstummte. Auch die anderen im Saal starrten den Abenteurer erstaunt an. "Du...gehst?", erkundigte sich Fibathen. "Wohin?" Dafem deutete nur ein kurzes Achselzucken an. "Dort, wo meine Füße mich hintragen. Wahrscheinlich werde ich mich nordöstlich halten, in Richtung des Quaneas-Waldes." Estilor legte seine Stirn in tiefe Denkfalten und nickte dabei leicht, als würde er sich Dafem's Route im Geiste vorstellen. Schließlich kratzte er sich wieder an seinem stoppeligen Bart und lächelte. "Dort in der Nähe liegt die Stadt Zestarin. Kennst du sie?", fragte der Priester scheinbar belanglos. Dafem nickte, worauf Estilors Lächeln noch breiter wurde. "Nun, Ilerdt, der Gott des Schicksals, scheint wohl zu wollen, dass wir einen gemeinsamen Weg beschreiten. Denn der Grund, weswegen wir dich herriefen, war die Bitte Prinzessin Aurora nach Zestarin zu geleiten." Dafem hob überrascht eine Augenbraue. "Wieso wollt ihr, dass die Prinzessin nach Zestarin geht?" Fibathen beugte sich weit über den Tisch und starrte in die blauen Augen des Abenteurers, der sich immer noch nicht auf einen der Stühle gesetzt hatte. "Ich denke, die Ereignisse neulich sprechen für sich. Wir wollen die umliegenden Menschenreiche so schnell wie möglich davon überzeugen, dass die Elfen weder unsere Feinde sind, noch an Tozens Ermordung beteiligt waren. Wir müssen sie überzeugen, dass eine große Gefahr heranrückt." "Aber wieso schickt ihr eure Tochter?", meinte Dafem verwirrt. Xab hatte inzwischen das Interesse an dem Gespräch verloren, geschäftliche Dinge waren dem Gnom zu langweilig, also spielte er gedankenverloren mit seinen Fingern. Auch Rigo blickte nachdenklich an die Wand, er war eher ein Mann der Tat und nicht des Redens. Melana hingegen klebte geradezu an Fibathens Lippen, als dieser zu einer Antwort ansetzte. "Der Herrscher über die Ländereien von Zestarin ist sehr misstrauisch und bedacht, was die Nachrichten und Taten anderer angeht. Er würde einem gewöhnlichen Boten keinen Glauben schenken. Also muss Aurora mit ihm reden. Wenn die Prinzessin persönlich zu ihm spricht, kann er das nicht einfach abtun." "Und ich soll sie also begleiten, um ihr Schutz zu gewähren?" Der König nickte. "Und Rigo natürlich. Ich werde nicht noch einmal riskieren, dass meiner Tochter in den unsicher gewordenen Ländereien etwas zustoßen könnte. Natürlich würde ich euch angemessen belohnen." Dafem winkte entrüstet ab. "Wenn ihr glaubt, dass ich Geld von euch nehmen würde, enttäuscht ihr mich, mein alter Freund. Ich werde eure Tochter bis nach Zestarin begleiten. Von dort werde ich wieder meiner eigenen Wege gehen. Ich werde eine vertrauenswürdige Person finden, die der Prinzessin auf dem Rückweg Geleitschutz bietet." "Hey hey hey! Vergesst mich nicht!", piepste Xab aufgeregt. "Natürlich komme ich auch mit! In eurer Gesellschaft hatte ich mehr Spaß als in meinem ganzen bisherigen Leben!" Rigo stupste dem Gnom mit seiner Klauenhand leicht gegen die Brust. "Das wird kein Spaß, Xab!" "Natürlich wird das ein Spaß!", protestierte der kleine Alchimist begeistert. "Nun ich denke, damit wäre das Problem geklärt. Wenn ihr wollt könnt ihr noch heute aufbrechen. Doch da ihr kein Geld von mir wollt, verlange ich doch wenigstens, dass ihr euch in dem Palast auf meine Kosten ausrüstet. Sagt bescheid, wenn ihr etwas braucht, egal ob aus der Küche oder den Waffenkammern." Rigo wurde bei dem Wort ,Waffenkammer' hellhörig und erhob sich aus seinem Stuhl. "Das klingt äußerst verlockend. Dafem, du brauchst doch sicher auch neue Ausrüstung. Deine Lederrüstung ist so zerfetzt, dass sie nicht einmal den rostigen Dolch eines Waldkoboldes abhalten könnte." "Was sind denn Waldkobolde?", fragte Xab quietsch vergnügt, während er von seinem Stuhl hopste und den zwei Abenteurern folgte, die langsam den Versammlungsraum verließen. Auf Fibathens Wink hin lief auch Aurora ihnen hinterher. Das Schlusslicht bildete eine ziemlich erschöpft aussehende Melana. Nachdem sich die Stimmen der Gruppe entfernt hatten, schloss Estilor wieder die Zimmertür und drehte sich mit fragendem Blick Fibathen zu. Der König zog eine Schriftrolle aus der Tasche und reichte sie dem Priester förmlich. "Du wirst meine Tochter nicht begleiten müssen. Ich denke Dafem und seine Begleiter werden gut für sie sorgen. Für dich, mein lieber Estilor, habe ich eine andere Aufgabe..." Die Waffenkammer im Palast war wohl der Traum eines jeden Abenteurers. Jeder, der diesem gefährlichen Lebensunterhalt nachging, war auf der Suche nach möglichst guten Waffen, denn nur mit guten Waffen überlebt man in dieser Branche. "Tja, dafür, dass Menschen angeblich solche wirtschaftlichen Probleme haben, besitzen sie aber ziemlich qualitative Waffen", staunte Rigo anerkennend. Kurzschwerter, Langschwerter, Breitschwerter, Zweihänder, Krummsäbel, Speere, Keulen, Äxte, Streitkolben, Morgensterne, Bögen und Armbrüste waren mit kleinen Eisenhaken an die Wände gehängt worden. In hölzernen Regalen stapelten sich Rüstungen aus Leder oder Metall, mehr- oder einteilig. Während Xab ein fröhliches Gnomenlied pfiff, probierte Rigo mehrere Zweihandschwerter aus, bis er eines davon zufrieden betrachtete. "Es ist ein gutes Schwert, geschmiedet in den glühenden Öfen der Zwergenprovinzen.", informierte Aurora, die sich offensichtlich nach keiner neuen Ausrüstung umschaute. Auch Dafem schien inzwischen etwas Passendes gefunden zu haben. Er hielt eine Lederrüstung in seiner Größe in den Händen. Sie bestand aus grünen und braunen Lederteilen, die ineinander übergingen und zu einer dichten Lederpanzerung zusammengenäht waren. "Ein Elfenwerk...", murmelte der Abenteurer verwundert. Aurora schaute ihm neugierig über die Schulter und lächelte. "Du hast ein gutes Händchen. Es ist tatsächlich von Elfen geschaffen. Die Rüstung ist magisch verstärkt. Sie ist härter als viele Kriegsharnische und dabei immer noch so leicht und anschmiegsam wie eine Lederweste." "Ich finde hier nichts...", murrte Xab betrübt und schaute zu Dafem auf, der gerade seine neue Lederrüstung anprobierte. "Das Einzige was ich brauche ist meine Schleuder, ein paar Steine und Zutaten für meine Tränke. Gibt es hier solche Zutaten?" Aurora schüttelte den Kopf. "Ich kenne mich mit der Braukunst von magischen Tränken zwar nicht aus, doch das meiste ist sicherlich verbrannt." Xab seufzte betrübt und blies sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht. "Naja, dann werde ich mir die Sachen eben unterwegs zusammensuchen." Mit dieser Erkenntnis war die gute Laune des Gnomen sofort wieder hergestellt. "Gut, da alle ihre Ausrüstung gefunden haben, solltet ihr in eure Quartiere gehen und euer restliches Gepäck holen. Mein Vater hat uns eine große Menge Proviant zur Verfügung gestellt", erläuterte Aurora. Dann folgte die Prinzessin den Abenteurern, die bereits nickten und aus der Waffenkammer trudelten. Als Dafem im Türrahmen stand, drehte er sich noch einmal um und bemerkte, wie Melana verloren mitten im Raum stand. "Was hast du?", fragte der Blonde sanft. Die Halbelfe hob ihren Kopf. "Das heißt wohl... Lebewohl sagen... Ich war noch nie gut in Abschieden..." Dafem lächelte verstehend. "Ich habe dich wie versprochen hergebracht. Es ist besser, wenn du hier bleibst, unter der Aufsicht von Bodono, denn das Abenteurerleben ist einsam und traurig. Nachdem der König die Feindschaft zu den Elfen widerlegt hat, solltest du keine Probleme haben hier zu leben." Dafems Lächeln wirkte plötzlich gequält und er ließ sich die blonden Haare ins Gesicht fallen, um seine Augen zu verbergen. "Glaub mir, nichts geht über ein friedliches Heim. Wenn ich eine Wahl gehabt hätte, wäre ich niemals Abenteurer geworden..." Nachdem die restlichen Besorgungen erledigt waren und alles zusammen mit dem Proviant in den Rucksäcken der Gefährten lag, fanden sich Aurora, Dafem, Rigo, Xab und Fibathen am Nordtor von Sagandor ein. "Wo ist Estilor?", fragte die Prinzessin verwundert. Sie hatte gehofft, dass sich der Priester zumindest von ihnen verabschieden würde. Die Miene des Königs blieb ausdruckslos. "Estilor ist bereits vorhin aufgebrochen, um einen anderen Auftrag auf meinen Wunsch hin auszuführen." Dafem beobachtete, wie Aurora sich nachdenklich mit der Hand durch ihr Haar fuhr. Ohne die Kruste aus Schmutz und Dreck hatte das Haar eine goldblonde Färbung. Es schien sie zu einer völlig anderen Person zu machen, einer schönen und fröhlichen jungen Dame, nicht wie das verzweifelte Mädchen, dass er in den Kerkern der Feinde gesehen hatte. "Hör auf zu starren...", flüsterte Rigo amüsiert, während er seinem Freund den Ellenbogen in die Seite knuffte. "Ich starre nicht!", verteidigte sich Dafem verstimmt. Der Abenteurer drehte seinen Kopf weg von Aurora und Rigo und schaute angestrengt in eine andere Richtung. Er sah ein Kind, das vergnügt herumtollte, und noch eine andere Gestalt, die die Kapuze ihrer Magierrobe leicht über den Kopf gezogen hatte. Dafem blieb der Mund offen stehen, als er erkannte, dass es niemand anderes als Melana war, die ihnen entgegen kam. Doch zu seiner größten Überraschung trug sie nicht nur ihren Magierstab, sondern auch einen Reiserucksack. Die rothaarige Halbelfe schritt seelenruhig auf sie zu, schlug ihre Kapuze zurück und lächelte verlegen. Dafem war verwirrt und stumm. "Du starrst schon wieder...", murmelte Rigo belustigt. Diesmal stieß Dafem seinen Ellenbogen in die Seite seines Freundes und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Melana zu. Die Magierin umklammerte unruhig ihren Stab. "Was machst du hier?", fragte Dafem mit forschender Stimme. "Ich habe mich entschieden mitzukommen." "Wieso?", stieß der Abenteurer halb wütend hervor. Melana wich überrascht ein Stück zurück. "I-ich habe Angst alleine hier zu bleiben. Lieber reise ich mit euch." "Was wir vorhaben wird kein Spaziergang! Ich habe dir gesagt, dass Abenteurerleben ist grausam! Ständig ist man in Gefahr, man kann getötet werden... oder... erfahren, dass einer deiner Liebsten gestorben ist..." Der Abenteurer warf einen kurzen Blick zu Rigo. Der Avior wandte sich ab. "A-aber...", stotterte Melana verunsichert. "Glaubst du, dass ich hier nicht in Gefahr bin? Nach allem was Dimitav gesagt hat? Er sagte, er würde alle meine Freunde töten und mich jagen, bis ich ihm meinen Stab gebe. Ich will niemanden unnötig in Gefahr bringen... und da du auch von ihm verfolgt wirst, dachte ich, dass wir uns am besten zusammentun." Dafem kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Letztendlich atmete er tief aus und nickte langsam. "Gut. Du kannst mitkommen." Melana lächelte dankbar. "Hast du Proviant?" "Ja." "Dein Magiebuch und alles was du sonst noch brauchst?" "Ja." "Dann können wir ja endlich los. Wir werden zu Fuß gehen müssen. Pferde sind ein Luxus, den sich heute nicht einmal mehr Könige leisten können..." "Na dann. Ich finde es beruhigend eine Magierin dabei zu haben.", gestand Rigo. "Erwarte nicht zuviel von mir. Ich beherrsche fast ausschließlich Feuermagie und ein wenig von den Standartsprüchen. Du weißt schon, Schutzzauber, Bannsprüche und so was." "Das ist doch schon was...", lobte Rigo. Er warf sich seinen Rucksack über eine Schulter und pfiff zu Xab herüber, der inzwischen mit dem kleinen Kind herumtollte. "Komm Gnom! Es geht los!", rief Dafem. Der kleine Mann drehte sich mit einem freudigen Grinsen um, verabschiedete sich von dem Kind und spurtete mit seinen kurzen Beinen zu ihnen herüber. "Ohhh! Endlich! Huch, Melana? Du kommst auch mit? Das ist ja toll!!!" Der Gnom plapperte voller Freude los, während er sich umständlich seinen Rucksack aufsetzte, der so groß war, dass er über den Kopf des Gnomen ragte und bis zu dessen Kniekehlen herab hing. "Also wisst ihr, Freunde, der Kleine dort hinten war ein wirklich spannender Zeitgenosse. Er erzählte mir von seinem Lieblingszeitvertreib, man nennt es ,Würfeln'. Ein tolles Spiel! Wir müssen das unbedingt mal ausprobieren, wenn wir Zeit haben!" Xabs Grinsen wurde so breit, dass man meinen könnte er würde sich gleich in die Ohrläppchen beißen. "Uuund ich habe ein tolles Souvenir gefunden, ein Buch! Ich mag Bücher normalerweise nicht so, sie haben zu viele Buchstaben, doch dieses besitzt auch einige Bilder und es erinnerte mich an die Geschichte des Priesters. Es heißt Die Chroniken Lutansiars, Band 3 - der Krieg aller Kriege." Dafem wirbelte überrascht herum. Hatte der Gnom gerade etwas Sinnvolles zustande gebracht? "Das ist gut, Gnom. Ich denke wir werden uns deine Errungenschaft bald mal anschauen. Doch jetzt sollten wir wirklich aufbrechen. Wenn alles gut läuft können wir den Rand des Quaneas-Waldes in zwei Tagesmärschen erreichen." Der Abenteurer betrachtete jeden der Gefährten abschätzend, stellte fest, dass sie wirklich alles hatten, und schritt durch das Stadttor. Die anderen folgten hastig. "Möge Ampara euch schützen!", rief Fibathen ihnen hinterher. Der König war die ganze Zeit stumm geblieben, denn auch wenn seine Tochter nur einige Zeit wegbleiben würde, fiel ihm der Abschied von ihr offensichtlich schwer. "Lebt wohl, König Fibathen." "Machs gut, Vater!" "Wir sehen uns, Alter!" Alle starrten Xab entrüstet über diese respektlose Verabschiedung an, doch der Gnom lachte einfach nur fröhlich und begann wieder eins seiner Gnomenlieder zu pfeifen. Die Truppe kam an diesem Tag gut voran. Sie liefen zügig, aber ohne Hast. Und auch wenn ihre Reise unter einem dunklen Schatten stand, waren sie guter Dinge, was wohl nicht zuletzt an Xabs ansteckender Freudenstimmung lag. Der kleine Kerl sang fröhliche Wanderlieder, lachte über seine eigenen Witzchen und erzählte amüsante Geschichten über Gnome und Halboger. Selbst Dafem vergaß für einige Zeit seine Trauer über Melissa und die Furcht vor den Problemen, mit denen sie in Zukunft wohl noch zu rechnen hatten. Der Abenteurer bemerkte kaum wie schnell es Nacht wurde. Als jedoch schließlich der klare Sternenhimmel über ihnen schwebte, hielt die Gruppe an, um ein kleines Lager zu errichten. "Rigo, Melana, Aurora, würdet ihr vielleicht ein wenig Feuerholz suchen gehen? Ich mache uns Abendessen. Und du Gnom..." Xab schaute erwartend auf. "...du bleibst am besten einfach ruhig sitzen..." Merkwürdigerweise schien ihn dieser Befehl sogar zu freuen. Voller Enthusiasmus stöberte der kleine Alchimist in seinem Rucksack und breitete schließlich eine Reihe von Fläschchen, einen Lederbeutel mit Kräutern und eine Holzschachtel voller getrockneter Pflanzen vor sich aus. Während der Gnom an seinen magischen Tränken herumwerkelte, sah er zum ersten Mal konzentriert aus. Nach kurzer Zeit kamen Melana, Aurora und Rigo mit den Armen voller Holz zurück, so dass Dafem schnell ein Feuer entzündete konnte und darauf den Eintopf zubereitete, den er Melana schon einmal gekocht hatte. Rigo ließ sich fröhlich seine Schüssel füllen. "Hmm... mit Fleisch vom Dheonwurm..." Die Halbelfe, die sich gerade den Löffel in den Mund geschoben hatte, verzog angewidert das Gesicht. Deshalb also hatte Dafem damals nicht gesagt, was in dem Eintopf war... Aurora begutachtete ihre Portion skeptisch, bevor sie vorsichtig probierte, sich mit der Zunge nachdenklich über die Lippen fuhr und schließlich begeistert noch einen Löffel voll nahm. "Schmeckt doch gut..." Melana beobachtete die Blondhaarige verwundert. "Merkwürdige Prinzessin..." "Ich bin eben nicht wie diese anderen verwöhnten Luxusschnepfen. Ich kämpfe mit dem Schwert und gehe auf die Jagd, wie die normalen Bürgerlichen das auch tun." Xab schaufelte sich gerade den dritten Nachschlag rein, was in Anbetracht seiner mickrigen Körpergröße überaus unnatürlich schien. Als seine Schüssel leer war, rieb der Gnom sich zufrieden den Bauch und braute wieder an seinen Magietränken herum. Nach und nach beendeten auch die anderen ihr Mahl. Nachdem Aurora darauf bestanden hatte das Kochgeschirr in einem nahe liegenden Fluss abzuwaschen, versammelten sich alle um das Feuer, so dass die Schatten der Flammen behaglich über ihre Gesichter tanzten. Während sich Dafem mit dem Rücken an einen großen Felsbrocken lehnte, beobachtete er lächelnd seine Reisegefährten. Xab versuchte Aurora für das Würfeln zu begeistern, Aurora hingegen versuchte verzweifelt den wirren Erklärungen des Gnomen zu folgen. Melana saß auf einem Baumstumpf, den Stab hatte sie an ihre Seite gelegt, die Beine behaglich ausgestreckt. Die Magierin las in ihrem Zauberbuch, wobei sie sich hin und wieder eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht wischte und lautlos vor sich hin murmelte. Es war der ewige Fluch eines Magiers, dass er seine Zaubersprüche tagtäglich neu lernen musste, da diese sich bei einmaliger Benutzung entluden und aus dem Gedächtnis des Zaubernden verschwanden. Unbemerkt setzte sich Rigo neben den Abenteurer. "Du starrst schon wieder... Warum?", flüsterte der Avior. "Ich beobachte unsere neuen Begleiter. Bodono hatte wohl recht, ich suche mir merkwürdige Gefährten: Ein Gnom, eine Prinzessin und eine Halbelfenmagierin." "Den Avior nicht zu vergessen.", ergänzte Rigo. Dafem nickte. Und während er so seine neuen Kameraden beobachtete, wie Aurora langsam von Xab um den Verstand gebracht wurde, wie Melana ruhig dasaß und mit zarten Fingern ihr Zauberbuch umblätterte und wie Xab niemals sein Grinsen verlor, da beschlich ihn auf einmal ein merkwürdiges Gefühl. Es ist fast wie früher... als Rigo, Melissa und ich noch nicht bekannt waren und überall erkannt wurden... als wir zu dritt freundschaftlich unser Leben gelebt haben... fast wie früher... Dafems Hand fand die Kette mit dem Anhänger um seine Brust und drückte sie leicht. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief der blonde Abenteurer langsam ein. Kapitel 10: Leafenisty ---------------------- Orte und Person kommen von mir, mir allein! MUAHAHAHA!!! Kapitel X kommt!!! Ich widme es wieder allen die die Geschichte lesen und lesen werden. Mein Dank gilt besonders Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin, SylverMortal/simmi, Ginny, Desertflower, jyla, Nami22, SilveryRaven, Peppilus und mitsuki11 für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! @SylverMortal: Ja, ich finde die Freischaltzeit der Kapitel auch manchmal schrecklich, aber was soll man machen. Ansonsten wieder vielen Dank für dein nettes Kommi *nimmt-nettes-Kommi-dankabr-an*. @SilveryRaven: Wow, langsam kriege ich ja wirklich zuwachs an fantasybegeisterten Lesern. Viel Spaß bei dem neuen Kapitel!!! Hoffe, dass es ganz vernünftig geworden ist. @mitsuki11: Ja!!! Endlich ist mein treuer Fan aus "Drachenbrut" zurückgekehrt! Hab mich superdoll gefreut, ich habe deine Kommis schon lange vermisst! Zu deiner Frage, ob ich aus Melana und Dafem ein Paar wird... schwer zu sagen. Ehrlich gesagt habe ich da noch keine konkreten Vorstellungen. Wir werden sehen. Der Rubinstecken von Melana ist übrigens nicht das göttliche Artefakt "Stab des Lebens". @Peppilus: Ah, ich freue mich, dass auch männliche Leser diese Story gut finden. Natürlich gibt es mehrere Jungen, aber ich habe das Gefühl, dass das weibliche Geschlecht ein wenig die Oberhand besitzt. @Nanjin: Hi! Schön, dass du immer noch gefallen an meiner Story findest und hoffe, dass es auch zukünftig so bleibt. Also, weiterhin viel Spaß beim Lesen! Kapitel X - Leafenisty "Wisst ihr was, Freunde? Wir sollten langsam unsere Freundschaftsringe austauschen!" Es war am Abend des zweiten Tages seit ihrer Abreise aus Sagandor und sie saßen gerade alle behaglich am Lagerfeuer, als Xab erwartend aufsah und seinen Vorschlag unterbreitete. Freundschaftsringe tauschen. Schon seit die ersten Elfen auf Lutansiar wandelten, war es ein alter Brauch, dass jedes Wesen ein spezielles, einzigartiges Ringmodell besaß, das man Freundschaftsring nannte. Diesen Ring gab man einem Vertrauten, einem Freund oder dem Geliebten, um ihm seine ewige Freundschaft und tiefe Verbundenheit zu symbolisieren. Man konnte sich glücklich schätzen, wenn man den Freundschaftsring einer anderen Person erhielt. Dieser brauch blieb bis heute erhalten. "Ich denke dafür ist es zu früh, Gnom. Man vergibt seinen Freundschaftsring nicht leichtfertig an andere.", erklärte Dafem, während er innerlich über die Naivität Xabs lächelte. Der Gnom zog einen Schmollmund, lief eilig zu seinem Rucksack und begann eifrig darin herumzustöbern. "Ich gebe euch meine trotzdem." Die Stimme des kleinen Mannes drang durch den Rucksack nur gedämpft an ihre Ohren, doch schnell war er wieder daraus hervorgekrochen, ein klimperndes Ledersäckchen in jeder Hand. Fröhlich ließ Xab sich vor dem Feuer in den Schneidersitz fallen. Dann öffnete er die Kordel von einem der Ledersäcke und schüttete den Inhalt in seinen Schoß. Es waren etwa ein Dutzend gleich aussehender Ringe, scheinbar sein Freundschaftsringmodell, besetzt mit verschiedenen Edelsteinen in schillernden Farben. Er reichte jedem der Gefährten eines der Schmuckstücke und erfreute sich an ihren ehrfürchtigen Gesichtern. "Ein hübsches Modell", lobte Melana glücklich. Xab nickte heftig mit dem Kopf, grinste die Halbelfe dankbar an und schüttete die restlichen Ringe seines Freundschaftsringmodells zurück in den Ledersack. Dann öffnete er den zweiten Beutel und kippte dessen Inhalt wieder in seinen Schoß. Diesmal waren es verschiedene Freundschaftsringe, die er wohl von anderen Freunden und Gnomen erhalten haben musste. "Hier, seht euch das an. Ich habe viele Vertraute. Der hier zum Beispiel ist von einem alten Kumpel, er ist ebenfalls ein reisender Händler. Und der ist von meiner Mutter, sie kocht vortrefflichen Kartoffeleintopf. Dieser ist von einem Vetter zweiten Grades und dieser..." Xab verstummte, als er sah, wie Dafem eine kleine Schachtel hervorholte und öffnete. Zum Vorschein kamen sehr viele fein säuberlich eingeordnete Ringe, eingebettet in einem samtenen Stoff. Xab kroch neugierig ein Stück näher und linste in die Schachtel. Dafem lächelte. "Diese hölzernen, die mit den eingeritzten Verzierungen... sie sind von Elfen. Die aus den Edelmetallen gehörten einst Zwergen. Diese sind von Menschen und diese..." Der Abenteurer deutete auf vier Ringe, die besonders hervorgehoben waren. "...sie sind von denen, die mir am allermeisten bedeuten. Rigo... Melissa... meine zweite Schwester Utosi und meine Mutter..." Der Blick des Blondhaarigen wurde glasig. Er legte Xabs Freundschaftsring behutsam in die Schachtel, verschloss diese wieder und starrte nur noch stumm in das Feuer. Auch die anderen Gefährten hatten Xabs Freundschaftsring zu ihren anderen sortiert. Aurora trug sie auf eine dünne Goldkette gefädelt um ihren Hals. Melana bewahrte sie wie Xab in einem Säckchen auf und Rigos ruhten in einer Holzschachtel. Er öffnete diese und deutete auf den hölzernen Ring eines Elfen. "Dieser hier gehört Leafenisty. Leafenisty ist eine Elfin und lebt im Reich des Quaneas-Waldes. Ich freue mich sie endlich wieder zu sehen... Und Dafem sicher auch, oder?" Der Avior zwinkerte seinem Abenteurergefährten vielsagend zu, so dass dieser den Blick abwandte. Melana und Aurora sahen sich fragend an. Nachdem am nächsten Morgen das Feuer säuberlich gelöscht und alle Sachen in den Rucksäcken verstaut waren, zog die Gruppe erfrischt weiter. Wie Dafem es voraus gesehen hatte, standen sie bald vor dem Waldrand von Quaneas. Es war ein majestätischer Anblick, der Rigo und Dafem zum Lächeln, die anderen Gefährten zum Staunen brachte. Die grünen Augen Melanas glitzerten voller Begeisterung über diese wundervolle Natur, nach der sich die Elfe in ihr so sehr sehnte. "Das ist... atemberaubend...", wisperte Aurora ehrfürchtig. Sie blickte auf die hoch gewachsenen gesunden Bäume, das dichte Blätterdach und auf das Sonnenlicht, das sich in den Blätterkronen brach und ein beruhigendes grünes Licht in den Wald sendete. Zögernd trat sie in den kühlen Schatten unter den großen Eichen und schloss für einen Moment entspannt die Augen. Der Wald wirkte so friedlich. Ein wenig Vogelgezwitscher, hier und dort brachte der schwache Wind das Laub zum Rascheln. "Der Quaneas ist einer der größten Wälder Lutansiars. Wir werden eine Weile brauchen um ihn zu durchlaufen." Rigo stieß einen trillernden Pfiff aus, der stark an den Schrei eines Vogels erinnerte. Das Gezwitscher im Wald verstummte kurz, um dann umso stärker wieder einzusetzen. "Was hast du getan? Ich spüre, dass die Vögel in Aufruhr sind.", fragte Melana. Der Avior winkte belanglos ab. "Sei unbesorgt. Ich habe ihnen nur mitgeteilt, dass sie den Elfen unser Ankommen ankündigen sollen." "Ohhh! Du kannst mit Vögeln sprechen?", quietschte Xab interessiert, seine braunen Augen blickten zwischen Wald und Avior hin und her. "Natürlich. Avioren liegt das im Blut." Der Quaneas-Wald war so friedlich, dass Melana sich kaum vorstellen konnte, in welch gefährlichen Zeiten sie lebten. In Anbetracht dieser wunderschönen Natur schien es ihr unmöglich, dass es etwas Böses wie Dimitav geben sollte. Durch ihr teilweises Elfenblut hörte sie den Herzschlag der Erde, spürte die Präsenz jedes noch so kleinen Lebewesens und fühlte das lebendige Pulsieren des Waldes. Lächelnd wanderte Melana mit dem Rubinstecken in der Hand durch die dichten Baumreihen, als ein plötzliches Gefühl sie durchzuckte wie ein schmerzhafter Blitz. Da war etwas Fremdes...Etwas Böses... Etwas das nicht in diesen Wald gehörte. Die Halbelfe spürte das Pulsieren eines dunklen Herzens, das lauter und lauter wurde, bis es in ihren Ohren hämmerte wie der Donner eines Gewitters. Und es kam näher... "Melana? Was hast du?" Aurora legte eine Hand auf die Schulter der Magierin und schaute ihr ins Gesicht, das vor Grauen verzerrt war. "Irgendetwas kommt auf uns zu...", flüsterte sie ängstlich. Ihre beunruhigenden Worte wurden von einigen Bäumen unterstützt, die in der Ferne umknickten wie dünne Hölzchen. Eine regelrechte Schneise aus niedergestürzten Bäumen näherte sich, doch man konnte nicht erkennen was dem Wald so schadete. In plötzlicher Erkenntnis starrten sich Rigo und Dafem an. Dann wandten sie sich panisch den anderen Gefährten zu. "Lauft!", schrie der Avior aus voller Kehle. Melana musste man das nicht zweimal sagen, sie rannte sofort vor der Bahn der Zerstörung davon. Durch das Verhalten der Halbelfe erschreckt, folgte auch Aurora ihrem Beispiel. Nur Xab starrte mit großen Augen auf die Schneise, die alles in ihrem Weg vernichtete. "Was ist das denn? Hey, was ist das? Sagt schon! Sagt es!" Wütend stürmte Dafem zurück, klemmte sich Xab unter den Arm und rannte den anderen hinterher. "Verflucht sollst du sein, Gnom!" "Wieso? Was ist das?" Ein Schatten huschte über das Gesicht des Abenteurers und ließ es kalt aussehen. "Das ist ein Dheonwurm. Normalerweise hausen sie in den westlichen Bergen, sie kommen nie in die Wälder." "Fast nie.", ergänzte Xab entzückt. In halsbrecherischem Tempo schlossen Abenteurer und Gnom zu den restlichen Gefährten auf und stürmten zusammen mit ihnen durch den Wald. Keiner von ihnen achtete auf die kleinen Äste, die schmerzvoll gegen ihre Gesichter schlugen. Aurora warf einen ängstlichen, aber auch neugierigen Blick über ihre Schulter. Die Schneise der Zerstörung, die sich durch den Wald bahnte, war nur noch wenige Manneslängen von ihnen entfernt und sie erkannte eine leichte Hebung darin, wie die Spur eines Maulwurfes, der seinen Tunnel knapp unter der Erdoberfläche entlang grub. Nur viel, viel größer. Plötzlich verhedderte sich der Fuß der Prinzessin in einer herausragenden Wurzel, die aus dem Nichts aufgetaucht war. Mit einem überraschten Aufschrei fiel sie der Länge nach hin und wälzte sich unter Schmerzen auf den Rücken. Ihre Kameraden hatten ihren Fall bemerkt und wirbelten herum, wobei Rigo und Dafem ihre Schwerter zogen. "Steht auf, Prinzessin! Lauft!" Doch bevor sich Aurora aufrappeln konnte, brach aus der Erde die wohl schrecklichste Kreatur hervor, die sie je gesehen hatte. Sie sah aus wie ein überdimensionaler Wurm, mit einem gegliederten, schleimigen Körper, der auf entsetzliche Weise an eine fette Made erinnerte. Das kreisrunde Maul, das sich vor Aurora öffnete, war rundherum mit drei Reihen von messerscharfen Zähnen besetzt und hätte sie sicher in einem Stück verschlingen können. Es stank fürchterlich nach Verwesung. "Das ist ein Dheonwurm?", fiepte Xab erstaunt. Melana wurde übel, als sie daran dachte, dass sie von so einem Wesen gegessen hatten. "Prinzessin, flieht! Lauft weg!" Bevor Rigo oder Dafem sie erreicht hatten, erhob sich Aurora doch noch. Aber anstatt wegzulaufen, zog sie ihre zwei edlen Schwerter mit einem sirrenden Geräusch aus den Scheiden. "Nein! Wir können dieser Kreatur nichts anhaben! Ihre Haut ist dicker als mein ganzer Arm! Ihr müsst fliehen!" Dafems Worte zeigten ihre Wirkung. Erst wich die Prinzessin langsam und zitternd zurück, dann immer schneller, bis sie den Gefährten entgegen rannte, weg von dieser Bestie. Der Dheonwurm stieß ein widerliches Zischen aus und grüner Speichel, der bei Bodenkontakt sofort Löcher in die Erde ätzte, tropfte aus seinem Maul. Das Monster bäumte sich zu voller Größe auf, so dass es bis über die höchsten Baumkronen hinwegreichte. Der eigentlich weiße Körper leuchtete durch das Licht, das durch die Blätter schien, grünlich. "Hui! Das müssen mindestens dreißig Meter sein! Dabei ist ein Teil des Wurmes noch in der Erde!", schwärmte Xab, während er seine Augen mit der Hand abschirmte um eine bessere Sicht zu haben. "Darf ich ihn aufhalten?" "Wie willst du das anstellen, Gnom?" Xab grinste voller Freude, setzte hastig seinen Rucksack ab und zog eine Flasche daraus hervor. Sie pulsierte in rotem Licht. "Nein! Tu das nicht!" Hektisch griff Dafem nach dem Gefäß und nahm es aus der kleinen Hand des Gnomen. Der Wurm brüllte wieder und schnellte mit der Geschwindigkeit eines Pfeils auf die Erde herab. Dafem und Xab entkamen dem Angriff nur knapp. Schlamm und Laub spritzte auf, der Dheonwurm wand sich zuckend und bohrte sich mit dem Kopf voran wieder in den Erdboden. "Denk doch mal nach Gnom! Wenn du hier einen Feuertrank benutzt, brennst du den ganzen Wald nieder!" Xab nickte mit kindlicher Unschuldsmiene. "Was machen wir dann?" "Laufen, verdammt noch mal." Die beiden rannten wieder zu den Gefährten, die sich schon ein Stück entfernt hatten, doch die Beine des Gnomen waren so kurz, dass Dafem ihn kurzerhand wieder unter seinen Arm klemmte. Im nächsten Augenblick schoss der Dheonwurm wieder aus der Erde und verfehlte diesmal Rigo nur knapp. Der Avior umklammerte zähneknirschend seinen Zweihänder. "Weglaufen bringt doch nichts! Wir müssen kämpfen!", brüllte er entschlossen. "Nicht, Rigo!" Doch der Vogelmensch hatte sich bereits breitbeinig aufgestellt, die Flügel ausgestreckt, eine grimmige Entschlossenheit in den goldenen Augen. Der Dheonwurm brüllte, stürzte sich auf den Avior, öffnete speicheltriefend sein gewaltiges Maul und drohte ihn zu verschlingen. Doch plötzlich zuckte die Bestie zusammen und wankte bedrohlich. Ein halbes Dutzend Pfeile hatte sich in seine Flanke gebohrt. Melana und Aurora starrten überrascht auf die Geschosse, Xab stieß einen triumphierenden Pfiff aus und Rigo und Dafem stießen erleichtert die Luft aus. "Reicht das für dieses Ungetüm?", fragte Melana zaghaft. Als Antwort stürzte der Dheonwurm krampfhaft zuckend zu Boden. "Natürlich reicht das. Es waren Giftpfeile.", erklärte Rigo zufrieden. "Wer..." Aurora hatte die Frage noch nicht einmal ausgesprochen, als schon einige Gestalten wie schemenhafte Schatten von Ast zu Ast huschten, bis sie sich von den Bäumen schwangen und direkt vor den Gefährten stehen blieben. Es waren Elfen. Ihre Haut war beinahe weiß. Man erkannte ihre Abstammung sofort an den scharfen Gesichtszügen und den leicht mandelförmigen hochgezogenen Augen. Sie waren zierlicher und schlanker als Menschen, ihr Aussehen makellos. Jeder von ihnen trug eine grünbraune Lederweste und einen langen Bogen aus weißem Holz. Die dazugehörigen Pfeile ruhten in den Köchern auf ihren Rücken. "Wir danken euch für eure Rettung", begann Dafem förmlich und machte einen Schritt auf sie zu, doch die Elfen traten ihrerseits ein Stück zurück, legten Pfeile auf ihre Bogensehnen und deuteten mit den eisernen Spitzen auf die Gefährten. "Ohhh! Ich kenne mich mit elfischen Sitten nicht aus, aber seid ihr sicher, dass sie uns willkommen heißen?" Dafem achtete nicht auf Xabs Kommentar, sondern wandte sich mit einem kurzen Ausspruch in der Sprache der Elfen an einen der Waldbewohner. Dieser verzog keine Miene und erwiderte seinerseits etwas in seiner Muttersprache, der Pfeil zielte drohend zwischen die Augen des Abenteurers. "Was haben sie gesagt?", flüsterte Aurora nervös. Melana lauschte konzentriert dem Gespräch. "Die Elfen scheinen irgendeinen Groll gegen uns zu hegen.", murmelte die Halbelfe, ohne den Blick von Dafem abzuwenden, der immer heftiger in der Elfensprache redete. Xab starrte Melana voller Bewunderung an. "Du beherrscht die Elfensprache? Und Dafem auch? Ich meine, du bist eine Halbelfe, da ist es verständlich, doch woher kann Dafem das?" "Ich beherrsche auch ein wenig", murmelte Rigo. "aber ich kann es nicht so gut wie Dafem. Wir hatten uns einige Zeit hier im Quaneas niedergelassen, deshalb erscheint mir das Verhalten der Elfen rätselhaft." Während Dafem langsam immer lauter beim Sprechen wurde, öffneten sich die Reihen der Waldbewohner, so dass sie den Blick auf eine siebte Elfe freigaben. Sie hatte langes rabenschwarzes Haar, war gekleidet wie ihre anderen Artgenossen und schien sich mit den roten und grünen Säften einiger Früchte Zeichen auf das Gesicht gemalt zu haben. Um ihren Hals befand sich eine Kette, an der mehrere Freundschaftsringe aufgefädelt waren. "Sei gegrüßt, Dafem Abenteurer... und auch ihr, die bei ihm seid.", eröffnete die Elfe sachlich, während sie sich eine Strähne ihres schwarzen Haares hinter das Ohr strich. Im Gegensatz zu den anderen hatte sie ihren Bogen nicht erhoben. "Leafenisty? Was... was geht hier vor?", fragte Rigo verwirrt. Aurora erinnerte sich an den Namen, Rigo hatte ihn am gestrigen Abend erwähnt. Die schwarzhaarige Elfe schaute auf, eine tiefe Traurigkeit lag in ihren braunen Augen. "Es tut mir Leid, meine Freunde, doch Menschen sind in unseren Wäldern nicht mehr erwünscht." "Warum?" Dafem forschte fragend in Leafenistys Blick. "Ich denke, dass die Antwort auf der Hand liegt. Seit drei Jahren sind Menschen und Elfen Todfeinde." "Aber ihr wisst doch, dass das nur eine verdammte Intrige ist! Ihr habt Tozen doch nicht umgebracht!", erwiderte Dafem energisch. "Natürlich wissen wir, dass kein Elf den Menschenkönig getötet hat. Doch die Menschen sind zu naiv, um das zu begreifen. Und solange sie uns hassen, vertreiben und abschlachten, sind sie unsere Feinde." "Aber es ist doch ein verdammter Dunkelelf, der dahinter steckt! Ein Dunkelelf mit der Krone der Finsternis!" Ein unruhiges Raunen ging durch die Reihe der Elfen. Leafenistys Blick blieb unverändert. "Wir haben bereits etwas Derartiges geahnt. Doch die Menschen werden nicht an solch eine Legende glauben, wenn die Schuldigen ihrer Meinung nach genau vor ihrer Nase liegen." "In Sagandor glaubt man es!" Über diese Aussage schwieg Leafenisty eine Weile, während die anderen Elfen sich leise in ihrer Sprache zuflüsterten. "Fibathen ist ein guter Mann... Allerdings sind nicht alle wie er. Chemir, der Herrscher über die Ländereien von Zestarin, beispielsweise, hegt einen fürchterlichen Hass auf uns." "Deswegen müssen wir durch den Quaneas-Wald!", mischte sich Aurora ein. "Mein Vater schickt uns nach Zestarin, um Chemir von eurer Unschuld zu überzeugen." "Er wird euch nicht glauben. Und selbst wenn, ihr könnt nicht allen Menschenreichen die Wahrheit präsentieren. Das ist nicht möglich. Habt ihr es denn noch nicht bemerkt? Die Menschen werden von Hass getrieben. Aus dem Wald östlich von Zestarin sind bereits alle Elfen vertrieben worden und im Norden Lutansiars sterben unsere Vettern durch eine dunkle Macht. Langsam bahnt sich ein Krieg zwischen Elfen und Menschen an. Die Aviore ziehen sich in ihr Nordwestreich zurück. Zwerge tummeln sich an ihren Schmieden und freuen sich geradezu darauf, aus ihren Waffenherstellungen Gold zu scheffeln. Und Gnome..." Leafenisty warf einen kurzen Blick auf Xab. "...die stiften doch sowieso nur Unruhe. Siehst du es nicht? Die Freundschaften der Völker brechen auseinander! Wenn es so weitergeht, kommt es zu einer zweiten Weltendämmerung!" Gelähmt vor Entsetzen verstummten Leafenisty, die Gefährten und die Elfen. Eine bedrückende Stille breitete sich über dem Quaneas aus wie eine stickige Decke. Melana blickte abwechselnd auf Dafem und die schwarzhaarige Elfe. Stand es wirklich so schlimm? Mussten sie wirklich befürchten, dass durch den Dunkelelfen Valnitar ein neuer Krieg aller Kriege ausgelöst werden würde? "Ich denke wir werden selbst sehen, was geschieht. Lasst ihr uns jetzt durch? Bitte! Bitte, bitte, bitte!" Selbst jetzt schien Xab seine Heiterkeit nicht zu verlieren. War das bei dem Gnom überhaupt möglich? "Es tut mir Leid. Geht nach Hause. Sagt Fibathen, dass seine Bemühungen uns ehren, doch sie erfolglos sein werden. Lutansiar ist im Wandel. Die Wege von Ilerdt, dem Gott des Schicksals, sind unergründlich. Wenn es zu einer zweiten Weltendämmerung kommen sollte, dann soll es wohl so sein..." "Niemals!" Leafenisty zuckte unter Dafems heftigem Widerspruch zusammen. "Dazu lasse ich es nicht kommen! Und wenn ich jeden einzelnen Elfen, Menschen, Gnom oder Zwerg überzeugen muss! Selbst wenn ich diesen Valnitar persönlich vernichten muss!" Der Abenteurer wirbelte herum und starrte jetzt in Auroras grüne Augen. "Ich habe mich entschieden, Prinzessin! Ich werde alles tun, um dieses Land vor der Bedrohung zu retten! Wir gehen nach Zestarin und wenn uns die Elfen nicht durchlassen, gehen wir eben um den Quaneas herum! Ich werde euch unterstützen so gut ich kann! Dieser Valnitar wird niemals siegen!" Aurora nickte verhalten, Xabs Augen glitzerten begeistert und Rigo ließ die Gelenke seiner Klauenfinger knacken. Leafenisty beobachtete die Gefährten schweigend. Sie strich sich wieder eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht, bis sie schließlich kaum hörbar seufzte. "...Nun gut... ich werde euch in die Elfenstadt führen... Dort sollt ihr rasten, bevor ihr nach Zestarin weiterziehen könnt." Leafenisty gab den anderen Elfen ein Zeichen, dass sie ihre Bögen wegstecken sollten, bevor sie sich umdrehte und langsam zwischen den dichten Bäumen davon schritt. Die Gefährten folgten verwirrt und erfreut zugleich. Kapitel 11: Bei den Elfen ------------------------- Es tut mir Leid, dass ich solange zum Updaten gebraucht habe, aber es gab einige Verzögerungen mit Schule und meinem Beta-Leser. Ihm wird das Korregieren ein wenig zu viel und verstehe das vollkommen, denn meine Rechtschreibung kann unter aller Sau sein. Ab jetzt übernimmt das mein Vater, der kennt sich gut damit aus. Ansonsten möchte ich Bensen für seine bisherige Arbeit danken und widme ihn deshalb dieses Kapitel. Kapitel XI kommt!!! Mein Dank gilt natürlich auch wieder Kaora, Hunde, zeroLX, Kage, Nanjin, SylverMortal/simmi, Ginny, Desertflower, jyla, Nami22, SilveryRaven, Peppilus und mitsuki11 für ihre bisherigen lieben Kommis. Auch die anderen bitte ich um Kommis, für Kritik, Lob, Drohungen oder was auch immer ihr möchtet! Ich schwöre, dass die nächsten Kapitel nicht solange auf sich warten lassen! Versprochen! @mitsuki11: Hi, hoffe du bist mir für das lange Warten nicht böse? Das Geheimnis um den Stab wird noch eine ganze Weile geheim bleiben, doch alles klärt sich irgendwann auf. Sei gespannt! Und natürlich wieder vielen Dank für dein Kommi! @SylverMortal: Mein zweiter Stamm-Kommischreiber! Auch bei dir entschuldige ich mich und nehme dankend dein Kommi vom letzten Mal entgegen. Hoffentlich bleibst du mir gewogen!!! @SilveryRaven: Ähm... bringt meine Geschichte dich dazu wild herumzuhüpfen? Wenn ja, tut mir das Leid. Wenn das aber ein Ausdruck deiner Freude war, hoffe ich natürlich auf weitere Kommis dieser Art und bedanke mich herzlich. So, genug geschwafelt! Es geht los! Kapitel XI - Bei den Elfen Die Elfenstadt Sinthath im Herzen des Quaneas erschien wie ein wahr gewordener Traum. Überall zwischen den Bäumen blitzten Gebäude aus Quarz und Marmor auf, die so geschickt in die Natur gebaut worden waren, als wären sie selbst ein Teil des Waldes. Spiralförmige Türme und Häuser in bizarren Formen schimmerten in hellen Blau-, Weiß- oder Zartrosatönen. Das inzwischen dämmrige Licht schien schwach durch einzelne Lücken im dichten Blätterdach der Baumkronen. "Ohhh! Ich bin wirklich froh mit euch zu reisen!", hauchte Xab glücklich. Die Elfenstadt schien selbst dem Gnom Ehrfurcht einzuflössen. Die restlichen Gefährten folgten voller Bewunderung den Bewohner dieses Ortes. Die Elfen, die in Sinthath sorglos herumspazierten oder geschickt über brückenartige Pfade zwischen den Bäumen wanderten, drehten sich voller Neugier zu den Neuankömmlingen um. Dabei blieben die Blicke besonders an den zwei Menschen unter ihnen hängen. "Sie misstrauen uns", flüsterte Dafem traurig. Aurora nickte zustimmend. Die fünf Gefährten und ihre Elfeneskorte erreichten eine baumlose Fläche, die offensichtlich als Marktplatz genutzt wurde, in der Mitte ragte ein imposantes Standbild aus glänzendem Kristall empor. Es stellte einen Elfen da in einer stolzen Pose, die Hand um das Amulett des Mutes gelegt, mit der Rüstung der Macht strahlte er Erhabenheit und Kraft aus. Auf dem Podest der Kristallstatue war der Name des Elfen eingraviert: Udeasin Kinta Demütig senkte Melana den Kopf vor dem Abbild des legendären Elfenkriegers, der von den Göttern erwählt wurde, den Krieg aller Kriege zu beenden und als Held in die Geschichte einzugehen. Leafenisty winkte sie weiter, doch ehe die Gruppe weiter schreiten konnte, kamen ihnen drei Elfen entgegen. Einer von ihnen hatte markante Kleidung, die sonst so schlichten Ledersachen waren mit Goldverzierungen und Schmuckstücken besetzt. Seine langen schwarzen Haare waren mit einem silbernen Stirnreif zusammengehalten. "Leafenisty, was geht hier vor sich? Wer sind diese Leute und was haben sie in Sinthath zu suchen?" Ehe die Elfe reagieren konnte, trat Dafem vor. "Ich bin es. Ich hoffe nicht, dass du mich vergessen hast, Zioras..." Der Elf, Zioras, machte große Augen. "Natürlich nicht - Dafem Abenteurer..." Er stutzte kurz und warf einen schnellen Blick zu Leafensity, doch sie schien es nicht zu bemerken. "Es tut mir Leid, dass unsere Begrüßung etwas mager ausfällt, doch derzeitig verschlägt es keine Besucher mehr in den Quaneas." Misstrauisch beäugte Zioras Melana, Aurora und Xab. Dafem versuchte ein Lächeln zustande zu bringen. "Seid unbesorgt, diese Leute sind vertrauenswürdig. Wir sind auf dem Weg nach Zestarin." "Zestarin?" Die mandelförmigen Augen des Elfen wurden noch schmaler: "Was gedenkt ihr dort zu tun?" "Das ist eine lange Geschichte." "Chemir wird euch davon jagen", prophezeite Zioras knapp. Er, Leafenisty, Aurora, Xab, Rigo, Dafem und Melana saßen auf dem kühlen Fußboden seines Hauses und besprachen alles, was sich bis jetzt ereignet hatte. Die Gefährten erzählten, dass der Dunkelelf Valnitar die Krone der Finsternis besaß und mit der Kraft dieses Götterartefaktes einen Krieg vorbereitete, der in der Schlacht bei Sagandor seinen Anfang gefunden hatte. Sie erzählten auch, dass sie nach Zestarin reisten, um den dortigen Herrscher von der Unschuld der Elfen zu überzeugen, damit sie die Bedrohung des Dunkelelfen gemeinsam bekämpfen konnten. Zioras schüttelte den Kopf. "Chemir wird euch einfach davonjagen", wiederholte der Elf kopfschüttelnd. "Er ist der Sohn Tozens. Die Trauer und der Hass haben sich bereits viel zu tief in seine Seele gebrannt. Solange er lebt wird er die Elfen verachten." "Das werden wir sehen. Mein Vater und er sind gute Bekannte", erwiderte Aurora hoffnungsvoll. "Ich werde Chemir überzeugen." Leafenisty seufzte. "Selbst wenn, es gibt so viele Menschenreiche, die Elfen inzwischen verabscheuen. Nördlich des Flusses Nes sind bereits all unsere Vettern vernichtet worden. Außerdem gibt es immer mehr Angriffe durch Orks und anderes Gesindel. Die Dheonwürmer der westlichen Berge treiben sich in den Wäldern herum. Wenn das so weitergeht, wird es unsere Art nicht mehr lange geben." Daraufhin schwieg Aurora. Was hätte sie auch antworten können? Schließlich erhob sich Zioras schwerfällig und schritt zur Tür. "Bitte, bleibt nach Möglichkeit in meinem Haus. Einige von uns sehen Leute wie euch nicht gerne." Der Elf betrachtete dabei besonders Dafem, Aurora und Melana. "Ich muss jetzt zu meinen Schützlingen." Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht und er wandte sich an Rigo und Dafem. "Seit ihr damals verschwunden ward, ist Einiges passiert. Ich leite seit vielen Monaten eine Druidenschule, um den jungen Elfen die Magie der Natur zu lehren." Zioras hob zum Abschied die Hand und schloss die Tür hinter sich. "Es gibt Magierschulen?", piepste Xab interessiert. "Druidenschulen", berichtigte Leafenisty. "Ist das ein Unterschied?" "Natürlich. Du kennst dich wohl nicht gut mit Magie aus, oder?" "Nur von der, die man in Flaschen füllt", präsentierte der Gnom stolz. Melana rutschte ein Stück näher an Xab heran und setzte sich lächelnd in den Schneidersitz. "Das ist eigentlich ganz einfach. Es gibt drei Arten von magischen Klassen. Zum einen die klassischen Magier, Leute wie mich. Sie ziehen ihre Kraft aus der Energie, die sich bei magischen Formeln und Sprüchen bildet. Das ist wohl die am weitesten verbreitete Art der Magie. Dann gibt es die Priester, auch Kleriker genannt. Es sind Wesen, die sich den Göttern verschreiben, Leute wie Estilor. Sie beten zu ihren Göttern und erhalten dadurch ihre Macht von ihnen. Meist spezialisieren sich Priester auf einen einzelnen Gott. Estilor war, glaube ich, ein Kleriker Amparas. Und schließlich gibt es die Druiden. Sie entziehen ihre Magie aus der Erde, der Luft, dem Feuer und dem Wasser. Sie sind Magier der Elemente und der Natur." "Das ist ja großartig! Aber sind dann Druiden und Magier nicht fast das Gleiche?", erkundigte sich Xab. Leafensity und Melana schüttelten gleichzeitig den Kopf. "Es gibt einen großen Unterschied zwischen uns", erklärte die schwarzhaarige Elfe. "Die Mächte der Magier beschränken sich nicht auf die vier Elemente. Allerdings haben wir Druiden einen anderen Vorteil. Wir benötigen keine Wörter und Sprüche für unsere Künste." Leafenisty lächelte geheimnisvoll und wirbelte in kleinen Kreisen mit ihrer zarten Hand. Ein plötzlicher Wind erfüllte den ganzen Raum, brachte die Einrichtung zum Klappern und zerzauste Xabs graue Haare. Als sie mit der Bewegung ihrer Hand aufhörte, verschwand der Wind sofort wieder. Xab applaudierte begeistert, als würde er gerade eine spektakuläre Theatervorstellung genießen. "Toll! Das war umwerfend! Hey Freunde, die Elfe ist eine Druidin!" Der Rest der Versammelten rollte genervt mit den Augen. Es dauerte nicht lange, bis sich der dämmrige Himmel völlig verdunkelt hatte, und in der Elfenstadt Sinthath erloschen nach und nach die Lichter. Auch bei den Gefährten machte sich nach den zwei anstrengenden Tagesmärschen die Müdigkeit breit. "Ich werde mich dann in meine Behausung zurückziehen", verkündete Leafenisty lauter als geplant, um das ausgiebige Gähnen des Gnomen zu übertönen. Sie verabschiedete sich von jedem, öffnete die Eingangstür und war schon dabei sie wieder zu schließen, als sie noch einmal zurückblickte. "Dafem? Würdest du... mich ein wenig begleiten?" Der Abenteurer nickte ein bisschen verwirrt und folgte ihr. Als er lautlos die Tür schloss und neben Leafenisty ins Freie trat, strich ihm eine sanfte Brise ins Gesicht. Schweigend ging er neben der Elfe her. Eine friedliche Stille lag über dem Quaneas-Wald. Das Mondlicht schien durch das Blätterdach und färbte die Türme, Bauten und das Standbild von Udeasin Kinta silbern. Leafenisty nestelte nervös an ihrer Lederweste herum, während sie nachdachte, wie sie wohl ein Gespräch anfangen könnte. Aus ihren Augenwinkeln blickte sie verstohlen zur Seite. "Dieses Elfenwams steht dir gut", durchbrach sie schließlich die Stille. Dafem schreckte kurz zusammen, dann sah er verwundert an sich herunter. "Er ist aus Sagandor. Meine alte Lederrüstung, die du mir damals gegeben hast, wurde leider in der Schlacht zerstört." "Und die von Rigo?" Dafem lachte kurz. "Du kennst doch Rigo. Bei ihm hat eine Rüstung noch nie lange gehalten." "Und Melissa?" Der Abenteurer zuckte zusammen und wandte sein Gesicht ab. "Sie braucht keine Rüstung mehr... nie mehr" Leafenisty hob fragend die Augenbrauen, bis sie schließlich verstand. "Oh... das tut mir Leid..." Danach schwiegen die beiden wieder unbehaglich und folgten einem kleinen Trampelpfad bis zu Leafenistys Haus, begleitet von dem Rascheln des Laubes unter ihren Füßen. An der Tür angelangt schauten sich die beiden kurz an. Leafenisty ließ den Blick schnell sinken. Sie schien mit sich selbst zu ringen, doch schließlich sprach sie ihre Frage doch aus. "Dafem? Warum... warum seit ihr drei damals einfach gegangen? Nachdem ihr euch hier niedergelassen hattet... Ich hatte nach einiger Zeit gedacht dazuzugehören. Warum seid ihr dann gegangen? Ohne Abschied..." Dafem seufzte und hob ihr Kinn ein wenig, damit sie ihm in die Augen sehen musste. "Glaube mir, es war sehr schwer für uns... für mich..." "Wieso habt ihr es dann getan?" "Das ist das Schicksal, das Ilerdt mir auferlegt hat. Wenn ich mich niederlasse, bringe ich die Leute in meiner Umgebung in Gefahr. Es gibt so viele dunkle Wesen und böse Menschen, die sich an mir rächen wollen. Solche Kreaturen benutzen immer die, die mir nahe stehen." Wie Dimitav, fügte er im Gedanken dazu. "Wir wussten, dass wir nicht ewig in Sinthath bleiben konnten, da uns Feinde schon lange beschattet hatten. Also gingen wir." "Aber warum ohne Abschied...", wisperte Leafenisty mit feuchten Augen. Dafem lächelte matt. "Weil du genauso reagiert hättest wie jetzt... Du hättest uns nicht gehen lassen... oder wärst mitgekommen. Wir wollten nicht, dass du deine Heimat für uns aufgibst." Leafenisty wischte sich mit der weißhäutigen Hand über die Augen. "Wenn... wenn ihr morgen aufbrecht... werde ich mit euch gehen... Ich lasse euch nicht noch einmal gehen..." Dafem schüttelte schwach den Kopf, strich ihr eine schwarze Haarsträhne hinter das Ohr und küsste ihre Stirn. "Deine Heimat ist hier. Glaub mir, es ist besser, wenn du hier bleibst...Leaf..." Mit diesen Worten kehrte er ihr den Rücken zu und ging davon. Leafenisty seufzte traurig. ,Leaf'... Er hatte ihr Namenskürzel erst einmal verwendet, an dem Tag bevor er mit Melissa und Rigo still und heimlich verschwunden war. Enttäuscht trat die Elfe in ihr Haus, legte sich ohne die Kleider zu wechseln ins Bett und schlief mit Tränen in den Augen ein. Als Dafem sich wieder in Zioras Behausung befand, war dieser bereits von der Druidenschule zurückgekehrt. Xab zwang ihn, Aurora, Rigo und Melana gerade zu einer Runde Würfeln. Dafem setzte sich zu ihnen. "Und? Was wollte sie?", fragte Rigo. Der Abenteurer überging den amüsierten Tonfall seines Aviorfreundes. "Nichts Wichtiges", log er. Nach einiger Zeit, in der er still dem Würfelspiel zugesehen hatte, atmete er tief ein. "Ich weiß, was ich verlange ist nicht besonders erfreulich, doch könnten wir morgen bereits sehr früh weiterziehen? Bevor es hell wird?" "Wieso?", erkundigte sich Aurora. "Weil... weil... ich will einfach keine Probleme mit den Elfen bekommen. Es ist besser, wenn wir weg sind, bevor die meisten wach werden." Es war eine Lüge und keine gute. Rigo durchschaute sie sofort. "Leafenisty möchte mitkommen." Es war keine Frage. Dafem nickte. "Es hat ihr damals sehr wehgetan, als wir uns davon gemacht haben. Sie will sich nicht wieder von uns trennen." "Verständlich", murmelte Zioras, ohne den Blick von den Würfeln zu nehmen. "Ihr seid ihre besten Freunde. Nachdem ihr verschwunden wart, hat sie sich tagelang die Augen ausgeweint. Ich verstehe, dass sie nicht mit euch reisen kann, doch ihr werdet sie mit eurem Untertauchen wieder verletzen." "Wir haben keine Wahl... Solange Dimitav hinter uns her ist und die Elfen von Menschen gehasst werden, ist der Quaneas der sicherste Platz für sie... Es bleibt dabei. Bevor es hell wird, brechen wir auf." Das waren die letzten Worte, die gesprochen wurden, bevor sie das Würfelspiel beendeten, ihre Schlafsäcke und Decken auf dem kühlen Marmorboden ausbreiteten und sich Schlafen legten. Dafem befand sich wieder vor dem Haus. Dem Haus seiner Vergangenheit. Er sah, wie drei Kinder im Hof spielten. Zum einen er selbst als vierzehnjähriger Junge. Er trug die kleine neunjährige Utosi auf den Schultern und lachte mit ihr. Daneben stand Melissa. Sie hatte die blonden Haare ihrer Mutter, eine dunkle Hautfärbung und spitze Ohren. Dafem wusste schon immer, dass sie anders war als die anderen Kinder. Sie war eine Halbdunkelelfe. Schon immer verhielten sich die Dorfbewohner deswegen abweisend gegenüber ihrer Familie. Plötzlich schien Melissa vor seinen Augen zu wachsen bis sie so alt war wie sie jetzt sein musste. Die Umgebung wurde für einen Moment in völlige Schwärze getaucht, dann bildete sich die Umgebung schemenhaft wieder. Dafem und Melissa standen jetzt in einem dichten Wald. Es war Nacht. Das Heulen von Wölfen drang an sein Ohr, wurde immer lauter und lauter, bis ein Dutzend dieser Kreaturen aus dem Geäst brachen und sich auf Melissa stürzten. Dafem wollte schreien, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er wollte zu ihr rennen, doch seine Beine bewegten sich nicht. Der blonde Abenteurer konnte einfach nur dastehen undsah zu, wie seine Halbschwester von den Wölfen zerfetzt wurde, wie sie ihr die Haut vom Leib rissen und wie sie schrie. "Hilf mir! Hilf mir doch!" Doch Dafem war wie versteinert. Die Wölfe jaulten vor Freude über ihr Opfer- und da war Blut... überall Blut... "Warum hast du mir nicht geholfen?", flüsterte die Stimme Melissas, während ihr Körper zerfetzt und im eigenen Blut dalag. "WARUM HAST DU MIR NICHT GEHOLFEN?!" Dafem schlug mit einem Ruck die Augen auf, ein Gefühl eisiger Kälte im ganzen Körper. "Verfluchte Träume...", murmelte der Abenteurer, wobei er sich in eine sitzende Lage brachte. "Melissa... warum musstest du sterben?" Er blinzelte mehrmals, um sich an die Dunkelheit im Raum zu gewöhnen. Überraschenderweise schien noch jemand von ihnen wach zu sein. Melana stieg vorsichtig über Xab, der laut schnarchte, und setzte sich Dafem gegenüber. "Bist du in Ordnung? Du hattest einen Albtraum.", flüsterte die rothaarige Halbelfe besorgt. Der Blonde nickte und zog die Knie an die Brust, um seine Arme darauf abzulegen. "Ja, mir geht's gut. Was ist mit dir? Solltest du nicht schlafen?" "Du weißt doch, dass Halbelfen weniger Schlaf brauchen. Außerdem hatte ich auch einen Albtraum." Während sie sprach, begann sich ein schwaches Zittern über ihren Körper zu legen. "Ich sah Dimitav. Er war durch Estilors Magie sehr geschwächt. Ihm gegenüber saß eine verhüllte Gestalt mit der Krone der Finsternis auf einem Thron. Es muss Valnitar gewesen sein. Er war sehr wütend." Melana verstummte kurz und fuhr sich durch ihr schulterlanges Haar, das vom Schweiß ganz nass war. "Ich frage mich, warum ich so etwas träume. Ob es eine Vision ist?" "Hattest du so etwas schon früher?" "Nein." Dafem schwieg. Er streckte seine Beine aus, bevor er sich in den Schneidersitz setzte. "Hör zu Melana. Wenn wir in Zestarin waren und Chemir überzeugt haben, werde ich Rigo und Xab mit der Prinzessin zurückschicken. Wir beide gehen dann zum Einsamen Berg. Es gibt dort einen Zwerg, der sich mit allen erdenklichen Arten von Gegenständen und Edelsteinen auskennt. Vielleicht weiß er, warum der Feind hinter deinem Stab her ist." "Das wäre... das wäre wirklich großartig..." Danach legten sich die beiden wieder hin, doch weder Dafem noch Melana konnten nach ihren Albträumen einschlafen. Als das Licht dann langsam anfing zu dämmern, weckten sie auch die anderen und packten ihre Sachen. Selbst an diesem sehr frühen Morgen war Xab bereits schrecklich gut aufgelegt. Er rieb sich voller Vorfreude die Hände, während der Rest der Truppe müde vor sich hin gähnte. "Ihr geht jetzt also..." Zioras stand im Türrahmen seines Zimmers und blickte ihnen erwartungsvoll entgegen. "Dann wünsche ich euch viel Glück, was euch auf eurem Weg auch erwarten mag. Möge Ampara ihre Hand schützend über euch halten." Der Elfendruide löste den Silberreif aus seinem Haar und warf ihn Rigo zu. Der Avior fing das Schmuckstück verwundert auf. "Ein Geschenk. Es soll an mich erinnern.", meinte Zioras lächelnd. Xab sprang sofort auf Rigo zu und versuchte ihm den Silberreif aus der Hand zu nehmen. "Ich will ihn! Ich will ihn!", quengelte er wie ein kleines Kind. Rigo gab dem überwältigten Gnom den Reif und erfreute sich an dessen erfreutem Gesicht. Nacheinander verabschiedeten sich die Gefährten von dem Elfendruiden Zioras, bevor sie aus dem Haus traten. "Wie konnten wir je glauben, dass solch ehrenwerte Wesen unsere Feinde sind.", grübelte Aurora, während sie Sinthath hinter sich ließen und zwischen den Bäumen des Quaneas verschwanden. Sie waren vielleicht gerade zehn Minuten unterwegs, als ein Busch am Wegesrand raschelte. Die Gefährten blieben abrupt stehen, Rigo und Dafem zogen reflexartig ihre Schwerter. Wieder raschelte das Gebüsch und eine schwarzhaarige Elfe stellte sich ihnen in den Weg. "Leafenisty?", stieß Dafem überrascht hervor. "Was machst du hier?" Doch er konnte sich die Frage selbst beantworten. Die Elfe hatte Köcher und Rucksack auf den Rücken geschnallt, ihr Langbogen aus weißem Holz baumelte an ihrer Schulter. Um ihren Hals lag die Kette mit ihren Freundschaftsringen. So wie es aussah, hatte sie ihr ganzes Reisegepäck dabei. "Ich wusste, dass ihr wieder ohne Abschied gehen würdet. Egal was ihr sagt, ich werde diesmal mitkommen", erläuterte Leafenisty ruhig. "Leaf, ich habe es dir gestern doch erklärt. Als Abenteurer ist man ständig in Gefahr und wir werden von einem verdammten Schattenalp verfolgt. Nicht zu vergessen die dunklen Horden, die sich Lutansiar unterwerfen wollen." "Das ist mir egal. Ich habe keine Angst..." "Leaf...", setzte Dafem an, doch er wurde sofort von der Elfe unterbrochen. "Wenn du mich nicht mitgehen lässt, werde ich euch alleine folgen. Außerdem... wenn ihr wirklich Chemir überzeugen wollt, gibt es doch nichts Besseres als eine Elfe, die ihr Volk vertritt." Xab war natürlich sofort von der Idee angetan. "Natürlich kommt sie mit! Sie ist eine Druidin! Ich will diesen Trick mit dem Wind noch mal sehen! Dafem? Komm schon!" Dafem schwieg. "Das könnte uns wirklich dabei helfen, Chemir von der Unschuld der Elfen zu überzeugen.", meinte Aurora hoffnungsvoll. "Gut, wenn das alle wirklich wollen, kommt sie eben mit." Leafenisty lächelte glücklich und sprang an seine Seite. "Aber nur, wenn du uns nicht zur Last fällst, Leaf..." Die Elfe kicherte. "Was ist los?" "Nichts... nur... ich glaube ich mag es, wenn du mich Leaf nennst..." Kapitel 12: Der Priester Dertil ------------------------------- So, wie bereits versprochen hat dieses Kapitel nicht solange auf sich warten lassen. Ich will heute auch gar nicht viel drumherum reden. Genießt es einfach! Hier kommt Kapitel XII !!! @mitsuki11: Du magst Leafenisty nicht? Das finde ich schade, ich gebe mir immer Mühe möglichst sympatische Charaktere zu erfinden und meinen Klassenkameraden gefiel sie auch. Naja, vielleicht findest du doch noch gefallen an ihr, denn du wirst auf jeden Fall mit ihr leben müssen (Ich habe derzeitig bis Kapitel 19 geschrieben und sie ist immer noch dabei!). Trotzdem viel Spaß beim Lesen (hoffentlich *lieb-anguck*)! SylverMortal: Tja, man muss eben immer auf der Hut sein. Man weiß nie, wann ich zuschlage, um ein neues Kapitel hochzuladen! Hoffe, du wirst sie immer finden und mir weiterhin fleißig Kommis schreiben! Danke für deine aufmunternde Unterstützung. Nocturn: So viel Lob lässt mich ja vor Freude erröten! Danke, danke, danke! Ich gebe mir Mühe eine gute und spannende Fantasystory zu schreiben und wenn sie dir so gefällt, wie sie ist, bin ich wunschlos glücklich! WICHTIGE DURCHSAGE: Ich hoffe auf Kommis!!! Ich hoffe auf Kommis!!! Okay, genug gelabert, auf geht's!!! Kapitel XII - Der Priester Dertil Es verging fast eine ganze Woche nach dem kurzen Aufenthalt in Sinthath, bevor die Abstände zwischen den Bäumen des Quaneas langsam größer wurden und immer mehr Sonnenlicht durch das Blätterdach drang. Die Gefährten näherten sich langsam dem nordöstlichen Rand des Waldes. "Sag mal, Aurora...", fing Rigo plötzlich an, "...du hast gesagt, dein Vater und Chemir wären gute Bekannte. Wie hast du das gemeint?" Die Prinzessin lief ein wenig langsamer, um neben dem Avior gehen zu können. "Sie haben vor vielen Jahren, noch bevor ich geboren wurde, Seite an Seite gekämpft. Damals gab es einen mächtigen Schwarzmagier, der mit seinen Kräften dunkle Dämonen beschwor und Unruhen im Land verursachte. Die Menschenreiche von Sagandor und Zestarin haben sich verbündet und den ,Dämonenbeschwörer' vertrieben. Während dieser Zeit lernte mein Vater auch meine Mutter, Chemirs Schwester, kennen." Rigo hörte interessiert zu. Ein kleiner Vogel landete fiepend auf seiner Schulter, so dass der Avior einen seiner krallenartigen Finger hob und den Vogel sanft am Hals streichelte. "Und Chemir ist Tozens Sohn?", fragte er ohne den Blick von dem Vogel zu nehmen, der aufgeregt auf seiner Schulter herumhüpfte und trillerte. "Ja. Es ist kein Wunder, dass Chemir sich den erstbesten Schuldigen sucht, um Rache für seinen Vater zu-" Aurora verstummte, als sie bemerkte, dass Rigo ihr überhaupt nicht mehr zuhörte. Der Avior starrte gebannt auf den piepsenden Vogel und legte langsam eine Hand um den Schwertgriff. "Was hast du, Rigo?" "Runter von dem Weg! Schnell!", schrie der Vogelmensch, während er seine Klinge aus der Scheide sausen ließ. Dafem, Leafenisty, Xab und Melana, die schon ein Stück vorausgegangen waren, wirbelten erschreckt herum. Der Avior deutete panisch auf die Büsche und Bäume am Wegrand. "Versteckt euch! Die Vögel sagen, dass uns jemand verfolgt!" Wie eine Gruppe aufgeschreckter Markthühner liefen die sechs hin und her, bis sie ein geeignetes Versteck fanden und sich verbergen konnten. Rigo erhob sich mit rauschenden Flügelschlägen vom Boden und verschwand in einer Baumkrone. Von einem stämmigen Ast aus konnte er durch die Blätter linsen und den Trampelpfad unter sich beobachten. Eine Zeit lang geschah gar nichts. Doch dann hörte der Avior das leise Trommeln von Hufen, das rasch näher kam. Schließlich erkannte er drei Reiter mit dunklen Umhängen auf schwarzen Pferden. Direkt unter seinem Baum hielten sie an und sahen sich verwirrt in alle Richtungen um. "Verdammt! Sie können unmöglich so schnell sein! Wir müssen sie unterwegs verloren haben!", meckerte einer der Reiter mit düsterer Stimme. "Blödsinn! Das hätten wir doch gemerkt! Seit Sagandor sind wir ihnen auf den Versen!", erwiderte der zweite. "Wir kriegen gewaltigen Ärger, wenn wir sie nicht ausschalten!", wimmerte der dritte beängstigt. "Verdammt, wie oft denn noch? Wir sollen die Halbelfe und den Blonden lebend fangen! Nur der Rest darf getötet werden!" "Ich verstehe immer noch nicht warum die beiden am Leben bleiben müssen!" "Du Matschhirn! Die Halbelfe hat irgendetwas Wichtiges bei sich und der Blonde ist für Meister Dimitav!" Rigo hielt gespannt den Atem an, um die drei Reiter besser zu verstehen, doch sie sagten nichts mehr, sondern gaben ihren Pferden die Sporen und ritten davon. Die Gefährten warteten noch einige Zeit, bis das Geräusch der Hufe völlig verstummt war, dann traten sie nach und nach aus ihren Verstecken hervor. Schweigend starrten sie sich an. "Ich glaube... wir sollten ab jetzt wohl etwas vorsichtiger sein...", murmelte Dafem. "Ihr werdet also wirklich verfolgt...", flüsterte Leafenisty, während sie sich kleine Ästchen und Blätter aus dem Haar zupfte. Melana nickte traurig. "Und scheinbar nicht nur von Dimitav." "Also wenn ihr mich fragt, ich halte unser Abenteuer für ungemein aufregend! Es kribbelt mir richtig in den Fingern!" Das war natürlich Xab. Wer sonst? Sie rasteten an diesem Abend am Waldrand. Weil sie keine Ahnung hatten ob vielleicht noch mehr Verfolger in ihrem Nacken saßen, verzichteten sie auf ein Feuer und aßen nur etwas trockenes Brot, das bereits ziemlich weich war und ein wenig muffig schmeckte. Außerdem stellten sie Wachen auf, um ein böses Erwachen zu vermeiden. Als sie dann am nächsten Morgen weiter zogen, war die Atmosphäre unter ihnen angespannt und düster. Nur Xab versuchte sie eine Zeit lang mit Witzeleien aufzumuntern, was er jedoch schnell aufgab um sich Leafenisty zuzuwenden. "Miss Druidin?", fragte er zum Erstaunen aller in einem unterwürfigen Tonfall. Die Elfe lächelte, ihre ungewöhnlich helle Haut schimmerte in der Morgensonne. "Wir redest du denn mit mir? Es hört sich ja so an, als wäre ich eine alte Frau." "Wie alt bist du denn?", piepste er diesmal wieder mit seinem frechen Unterton. Leafenisty stutzte kurz, dann lächelte sie wieder. "Ich bin dreiundsechzig." Xab riss die Augen so weit auf, das sie drohten aus ihren Höhlen zu kullern. "Dreiundsechzig?" Die Elfe nickte und strich sich ihr schwarzes Haar hinter das Ohr. "Für eine Elfe ist das noch sehr jung, wir leben länger als die meisten anderen Wesen. Mein Alter entspräche bei einem Menschen wohl etwa neunzehn oder zwanzig." "Wahnsinn! Aber wird das nicht irgendwann langweilig, wenn man so lange lebt? Andererseits kann man natürlich sehr viele Abenteuer erleben. Hast du viele Abenteuer erlebt? Wahrscheinlich war dein Wald nicht sonderlich abenteuerlich, doch- Hey, da ist Zestarin!" Leafenisty und die anderen schreckten aus ihrer betrübten Stimmung auf, als der Gnom mitten im Satz verkündete, dass ihr Ziel in Sichtweite lag. Und tatsächlich zeichneten sich am blauen Himmel die ersten Häuser der Stadt ab. Die Gefährten liefen bei der Aussicht auf etwas Schutz und frisches Essen sofort ein wenig schneller, Xab musste mit seinen kurzen Beinchen rennen, um ihnen folgen zu können. "Hey, es wäre freundlich ein wenig auf mich zu warten! Hallo Freunde, ihr vergesst den Gnom! So wartet doch!" "Wie kann es sein, dass ich nur von jämmerlichen Versagern umgeben bin!", brüllte Valnitar, so dass die Wände des unterirdischen Verlieses zu erzittern schienen. Vor seinem Thron knieten demütigst der Dunkelelf Jodean, der zitterte wie Espenlaub, und Dimitav, die Kapuze über das schmerzverzerrte Geistergesicht gezogen. Der Schattenalp schnaubte verächtlich. "Ich hätte sie gehabt, wenn mich dieser verdammte Priester nicht überrascht hätte!" "Alles nur Ausrede! Wenn du dich nicht mit deiner persönlichen Rache für diesen Abenteurer beschäftigt hättest, wären die Halbelfe und ihr Stab in unserer Gewalt!" Voller Wut hob Valnitar eine seiner dunkelhäutigen Hände und sprach ein paar kurze Worte der Magie. Ein Feuerball aus roten und schwarzen Flammen schoss schnell wie ein Pfeil aus seiner Handfläche hervor. Der Dunkelelf schleuderte ihn mit einem befriedigten Gesichtsausdruck in Dimitavs Gesicht, doch der Schattenalp hob im Bruchteil einer Sekunde die Hand und schlug die Feuerkugel weg, so dass sie wirkungslos gegen eine Wand schmetterte. "Treibt es nicht zu weit, Meister! Ihr wisst genau, dass ich euch sofort töten könnte, wenn ihr nicht diese Krone besitzen würdet... Selbst jetzt, wo meine Kräfte durch den Priester arg in Mitleidenschaft gezogen wurden." Mit diesen Worten verließ Dimitav den Thronsaal und ließ einen aufgelösten Jodean zurück. "Jodean... kannst du mir erklären, warum Sagandor noch unter Menschenhand steht?" "Ich... Ich habe nicht damit gerechnet... damit gerechnet, dass die Menschen Widerstand leisten..." "Narr!", schrie Valnitar so laut, dass Jodean zusammenzuckte. Doch der Träger der Krone der Finsternis beruhigte sich schnell wieder und spielte mit einer Strähne seines langen weißgrauen Haares. "Aber du kennst mich Jodean, ich bin kein Monster... Im Osten von Sagandor steht ein Heer bereit, um die Stadt zu überrollen. Führe sie an und enttäusche mich nicht wieder... Wenn doch... werde ich dich meinen Foltermeistern überlassen...", flüsterte er mit eisiger Gelassenheit. Jodean nickte zitternd. Die Stadt Zestarin galt mit Mightran zu den zwei größten Städten der Menschen. Und so sah sie auch aus. Um die Stadt herum schlängelte sich ein Zinnenwall aus massivem Stein. Die Häuser bestanden aus ordentlich gezimmerten Ziegeln oder Steinen, die Straßen waren gepflastert und mit Mosaiken ausgeschmückt. An jeder Ecke fand man Gasthäuser, Herbergen, Kneipen und die Tempel der fünf Götter. Karren ratterten über die Wege, gezogen von ihren Besitzern. Eine Gruppe Kinder in bunten Kleidern spielte vor der Treppe eines Tempels der Liebesgöttin Lili. Am Straßenrand saß ein Mann in den schmuddeligen Roben eines Priesters des Ilerdt. Melana warf dem Kleriker einen besorgten Blick, sowie eine Goldmünze zu. "Nun? Wir sind hier! Wo ist denn jetzt dieser Chemir?", fragte Xab munter, bevor er sich in allen Richtungen umsah. "Im Palast natürlich. Er liegt sicher etwas weiter im Zentrum der Stadt." Während die Gefährten suchend durch Zentarin schlenderten, bemerkte Melana zunehmend die hasserfüllten Blicke der Bewohner, die ihr und Leafenisty zugeworfen wurden. Die meisten Menschen versuchten sie einfach zu ignorieren, andere knirschten mit den Zähnen, schüttelten wütend die Fäuste oder warfen bösartige Bemerkungen zu ihnen herüber. Melana war es, als würde sich der Pöbel am liebsten auf sie stürzen und als würde nur ihre Bewaffnung die Menschen davon abhalten. Tatsächlich trugen Rigo und Dafem ihre Waffen in dieser Stadt viel offensichtlicher als sonst. Nachdem sie noch eine zeitlang ziellos umher gestapft waren, fragten sie schließlich einen älteren Mann mit faltigem Gesicht und braunen Haaren. Der Alte wollte eigentlich wortlos an ihnen vorbei gehen, doch als er den hünenhaften Rigo mit seinen bedrohlichen Goldaugen sah, gab er eingeschüchtert die gewünschte Information preis. Durch die unfreiwillige Beschreibung des Alten erreichten sie schließlich den Palast. Er erinnerte stark an den Sitz König Fibathens, ein großes Gebäude aus weißem Marmor. An dem großen Eichentor standen links und rechts jeweils zwei Wachen in den Farben des Zestarinbanners, rot und grün. Als sich die Gefährten näherten, hielten ihnen die Wächter ihre langen Hellebarden in den Weg. "Haltet ein, Wanderer. Was gewünscht ihr bei unserer Hoheit, König Chemir?", sprach einer mit strohblonden Haaren und ebenso blondem Bart. "Mein Name ist Aurora, Prinzessin von Sagandor und Tochter König Fibathens. Diese Leute sind mein Geleit. Ich erwünsche eine Audienz bei eurem Herrn. Hier ist ein Erlass meines Vaters mit dem königlichen Siegel.", sprach Aurora mit gehobener Stimme, die Xab überraschte. Sie schien plötzlich ein ganz anderer Mensch, ein typisches Blaublut. "Wir grüßen euch, Herrin. Natürlich dürft ihr eintreten, obwohl euer... Geleit... ein wenig ungewöhnlich erscheint.", erwiderte der gelbbärtige Soldat vorsichtig. Aurora strich sich erhaben durch die goldblonden Haare. "Nun, ich denke, dass dies eine Angelegenheit ist, die nur mich und meine Gefährten etwas angeht." "Natürlich, Herrin..." Mit flinken Fingern schloss eine der Wachen das Tor auf und öffnete knarrend die Türflügel. "Melana, Leafenisty, würdet ihr euch bitte im Hintergrund halten?" Die beiden nickten und zogen gleichzeitig die Kapuzen ihrer Mäntel über ihre Köpfe. Sie wurden von dreien der vier Wachen durch die wirren Gänge des Palastes in den Thronsaal geführt. "Wow!", quiekte Xab bei dem Anblick, der sich ihm bot. Die Halle war groß und hoch, eine runde Kuppel aus durchsichtigem Glas befand sich an Stelle der Decke und erhellte den ganzen Raum. An den Wänden links und rechts flankierten Marmorstatuen berühmter Helden und Könige einen roten Samtteppich, der bis vor den Absatz eines goldenen Throns mit roten Polstern reichte. Auf dem Thron saß Chemir. Der Herrscher von Sagandor hatte ein Bein lässig über die Lehne gelegt, sein auf die andere Lehne gestellter Arm stützte seinen Kopf. Er starrte sie neugierig mit einem schiefen Blick an, die dunklen Augen im Einklang mit seinem pechschwarzen Haar, das von einer wertvollen Krone zusammengehalten wurde. Seine Kleidung wirkte schlicht, doch trotzdem edel, eine schwarze Hose aus feinem Samt und ein weißes Hemd, größtenteils überdeckt von einem ebenfalls schwarzen Wams mit goldenen Verzierungen. Er wirkte wie jemand, der gerade von einer Trauerfeier gekommen war. "Wen bringst du mir da mit, Oskandia?" Der blonde Bärtige deutete in seiner Verbeugung auf Aurora. "Dies, mein Herr, ist Prinzessin Aurora aus Sagandor." "Aurora?", wiederholte Chemir freudig überrascht, "Tatsächlich!" Mit einem kurzen Schwung sprang der König aus dem Thron und eilte zu Aurora, um ihr eine kurze Umarmung aufzudrücken. Dann schaute er ihr ins Gesicht und lachte kurz. "Meine kleine Nichte ist zu einer hübschen Dame geworden. Bei Ampara, als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du noch ein kleines Baby. Wie geht es meiner Schwester?" "Mutter geht es gut, zum Glück war sie beim Angriff auf Sagandor sicher im Palast." Chemirs Blick wurde nachdenklich und seine Stirn legte sich in Falten. Zum ersten Mal erkannte man das Alter, das hinter diesem außergewöhnlich jung wirkenden Gesicht steckte. "Der Angriff von Sagandor... ich erhielt bereits Nachricht davon... Gibt es schon konkrete Hinweise, wer hinter dem Angriff steckt?" "Nun ja... das ist der eigentliche Grund für mein Erscheinen...", gab Aurora zögerlich zu. Sie zog einen Brief mit dem königlichen Siegel aus der Tasche und reichte ihn ihrem Onkel. Chemir entfaltete das leicht gelbliche Pergament. Lautlos begann er den Brief zu lesen. Dafem war bei dem großen Umfang der Nachricht sofort bewusst, dass darin alles, was sie bisher erfahren hatten, stehen musste. Dass die Elfen unschuldig waren, die Geschichte der Götterartefakte und dass ein Dunkelelf die Krone der Finsternis für seine Machtübernahme missbrauchte. Als Chemir den Brief zu Ende gelesen hatte, wurde seine Miene finster und er reichte Aurora die Nachricht ohne Kommentar zurück. "Dich und deinen Vater in allen Ehren, doch diese Geschichte ist absurd. Ich glaube kaum, dass die Krone der Finsternis einfach so gefunden wurde, vor allem da sie seit fünfhundert Jahren verschollen ist." "Aber es ist die Wahrheit! Verdammt, die Elfen tragen keine Schuld! Weder an diesem bevorstehenden Krieg, noch an dem Angriff auf Sagandor und auch nicht an der Ermordung Tozens!", entfuhr es Aurora. Ihre Sprache wirkte nun nicht mehr wie die einer Edeldame. Chemir schüttelte energisch den Kopf. "Mein Vater starb durch die Hand eines Elfenmeuchelmörders, jeder auf dem Weltenrat hat es gesehen! In der Öffentlichkeit tun sie gesittet und anständig, aber dann bringen sie heimlich unseren ehrenwertesten und mächtigsten König um!" Langsam und bedächtig trat Leafenisty einen Schritt vor und schlug ihre Kapuze zurück. "Wir Elfen hatten nichts mit alledem zu tun. Wir wurden alle getäuscht, damit der Träger der Krone der Finsternis keine Probleme hat, das zerstrittene Lutansiar einzunehmen." Chemir schnappte nach Atem, als er die weiße Haut, die spitzen Ohren und die scharf geschnittenen Gesichtszüge erkannte. Seine dunklen Augen weiteten sich voller Wut und Furcht. "Eine Elfe! Verrat! Eine Elfe mitten im Palast! Wachen, ergreift sie und sperrt sie weg!", brüllte er aus voller Kehle. Der blonde Oskandia und die zwei anderen Soldaten richteten sofort ihre Hellebarden auf die Gefährten. Dafems Hand sank langsam auf den Schwertgriff und packte ihn. Doch bevor die Soldaten oder Aurora und ihre Begleiter etwas Weiteres tun konnten, flogen die Türflügel mit einem so kräftigen Ruck auf, dass sie lautstark gegen die Wände krachten. "Haltet ein!", rief eine kräftige Stimme. Durch die Tür trat ein Mann in schmuddeligen Priesterroben, die einmal weiß gewesen sein mochten. Die roten Streifen an Ärmel- und Saumende wiesen auf die Angehörigkeit Ilerdts, dem Gott des Schicksals, hin. Sein kurzes Haar war schneeweiß, obwohl er nicht älter als dreißig sein konnte. Melana erkannte ihn sofort wieder, sie hatte diesem Kleriker vorhin eine Münze zugeworfen. "Wer seid ihr?", zischte Chemir misstrauisch. Der Priester schritt seelenruhig weiter. "Ich werde des Öfteren Dertil genannt. Dertil, Priester Ilerdts." "Schmeißt ihn raus.", befahl der König, ohne die wachsamen Augen von Leafenisty zu nehmen. Der bärtige Oskandia trat einen Schritt auf Dertil zu und legte ihm bestimmt eine Hand auf die Schulter. Doch kaum hatte er die Roben des Priesters berührt, da zog er seine Hand hastig zurück, als ob er sich verbrannt hätte. Dertil blickte Chemir ununterbrochen an, den Wächter schien er gar nicht wahrzunehmen. Die Augen des Priesters waren blau, nicht blaugrau oder blaugrün, sondern ein reines Blau, wie das des wolkenlosen Sommerhimmels. "Nun, mein lieber Chemir, auch wenn eure Hallen mangelnde Freundlichkeit aufweisen, will ich diesen Zwischenfall dem berechtigten Misstrauen Fremden gegenüber zuschreiben." "Was wollt ihr?", knurrte der König wieder. Seine Wachen waren erstarrt wie die Marmorstatuen an den Wänden. "Ich bin hier, um euch von der Wahrheit zu überzeugen. Diese Leute hier sind auf dem richtigen Weg und erkennen die wirkliche Gefahr, die von Valnitar und der Krone der Finsternis ausgeht..." "Wieso sollte ich euch glauben, Priester?" "Weil ihr wisst, wer ich wirklich bin..." Kurze Zeit geschah nichts. Doch dann bauschten sich die Roben Dertils auf, als würde ein starker Wind an ihnen zerren. Die schneeweißen Haare wirbelten umher, obwohl in der Halle nicht einmal ein klitzekleines Lüftchen wehte. Als der Priester seinen rechten Arm über den Kopf streckte, erstrahlte er kurzzeitig in weißem Licht. Schon einen Augenblick später war das Licht verschwunden und die Kleidung hing dem Priester wieder normal am Körper herab. Chemir riss schockiert die Augen auf, als würde er den Fremden erst jetzt erkennen. "Das... das ist doch... unmöglich...", keuchte der König kopfschüttelnd. "Oh ja, jetzt versteht ihr. Ich komme in eure Hallen, um vor dem Krieg zu warnen, der Lutansiar verändern wird." Dann wandte sich Dertil den verwirrten Gefährten zu. "Und ihr, meine Freunde... Ihr sollt wissen, dass ihr dem richtigen Pfad folgt, um der Bedrohung Valnitars Einhalt zu gebieten." "Wer seid ihr?", fragte Dafem misstrauisch und merkwürdig fasziniert zur gleichen Zeit. Dertil zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Dertil. Einfach nur Dertil. Priester von Ilerdt." Chemir wollte zu einem empörten Widerspruch ansetzen, doch Dertil brachte ihn mit einer einfachen Handbewegung zum Schweigen. "Ihr, werter Chemir, solltet euch wichtigeren Dingen zuwenden. Folgt den klugen Vorschlägen Fibathens, die in diesem Brief vermerkt sind, und kümmert euch nicht um mich oder diese Leute hier." Überraschenderweise nickte Chemir unterwürfig, so dass sich der Priester zufrieden an Aurora und die anderen wandte. Die Prinzessin deutete mit zitternder Hand auf Dertil. "Woher... woher wisst ihr, was in dem Brief meines Vaters steht?" "Das ist eine unwichtige Nebensache, die zum Erklären noch Zeit hat." Seine Lippen verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln. "Kommt, es gibt hier in der Nähe eine gemütliche Gaststube. Folgt mir einfach." Ohne zu zögern stapften ihm Aurora, Xab, Dafem, Rigo, Melana und Leafenisty hinterher. Es war merkwürdig, doch von diesem Mann mit den unnatürlich schneeweißen Haaren ging etwas aus, eine unsichtbare Kraft, die ihnen sagte, dass von ihm keine Gefahr ausging. Zurück blieb ein sehr verwirrter König mit seinen Wachen. Chemir legte die Hand auf die Brust, genau dort wo das Herz lag. "Bei den Göttern... Wenn dieser Mann tatsächlich aus dem Dunklen tritt, muss Lutansiar in großer Gefahr schweben..." Oskandia und die zwei anderen Wachen starrten wie in Trance auf die Tür. Jeder hatte in diesem Augenblick den gleichen Gedanken: Wer war dieser Mann? Kapitel 13: Fibathens Schicksal ------------------------------- Tadaa, ich schicke das nächste Kapitel ins Rennen! Hier kommt Kapitel XIII !!! @Deathborn: Hey, du liest aber ganz schön flott. Ein großes Dankeschön an meine neue Stamm-Kommischreiberin. Deine Bilder sind super klasse und ich werde sie nach Möglichkeit auch in meine Charakterbeschreibungen einbauen. @mitsuki11: Hach, ich bin froh, dass Leafenisty dir doch noch ganz gut gefällt. Es stimmt, dass sie bei ihrem ersten Auftauchen noch etwas kalt wirkt, aber das ändert sich denk ich mal noch. Ansonsten wieder Danke! Danke! Danke! für dein Kommi. @rana: Nun, wie du weißt, habe ich schon mehr Kapitel geschrieben als hochgestellt. Ich veröffentliche sie aber nur nach und nach um eventuell noch Sachen zu ändern. Sowas kannst du mich aber eigentlich auch einfach in der Schule fragen, Herman. @Nocturn: Eigentlich geht es nicht rasend schnell, ich habe einfach nur schon bis Kapitel XXI geschrieben und lade sie in (meist) gleichmäßigen Abständen hoch. Schön, dass dir mein Schreibstil gefällt, ich gebe mir viel Mühe dabei. So, dass wars auch schon wieder, jetzt kommt die Geschichte. P.S.: Es kam die Frage auf, wie lange diese Story noch wird. Ehrlich gesagt habe ich da keine Ahnung. Bis jetzt gibt es einundzwanzig Kapitel und eine "Spezialversion" von Kapitel neunzehn. Ich werde alles nach und nach hochstellen. Meinem Plan zufolge werden es etwa 25 bis 30 Kapitel. Je nachdem wie lange meine Finger das durchhalten... Kapitel XIII - Fibathens Schicksal König Fibathen von Sagandor lag gedankenverloren in seinem prächtigen Himmelbett und starrte an die Decke. Er trug seine wertvolle Rüstung mit grünen Edelsteinen und goldenen Verzierungen, denn in der Stadt machte man sich auf einen neuerlichen Angriff gefasst. Um genau zu sein hatten seine Spione bereits vor fünf Tagen Nachricht über eine gewaltige Armee dunkler Horden im Osten gebracht. Wahrscheinlich würden sie diesen Angriff nicht überstehen... Fliehen war unmöglich, die Feinde hatten einen großen Ring um die Stadt gezogen. Fibathen konnte nur hoffen, dass Aurora und die anderen sich bereits wohlbehalten in Zestarin befanden und nicht in die Hände von Valnitars Untergebenen geraten waren. Seine Frau konnte der König mit Hilfe seiner besten Spione sicher nach Mightran schaffen, ihre erfolgreiche Ankunft hatte ihn am gestrigen Tage erreicht. Fibathen richtete sich in seinem Bett auf, sein Blick schweifte aus dem Fenster, über die zertrümmerte Stadt... sein untergegangenes Reich... sein zerstörter Traum... "Herr, es ist so weit! Die Feinde greifen an!" Einer der Soldaten war mit hektischen Bewegungen ins Zimmer gestürmt. Er trug einen wilden Blick der Hoffnungslosigkeit. "Gut." Fibathen nickte. Der König rückte sich seinen Harnisch zurecht und gürtete das Schwert. Dann verließ er zusammen mit dem Krieger das Zimmer und stürmte durch die Straßen Sagandors, bis sie auf den hölzernen Palisaden ankamen. Dort wurde Fibathen bereits mit wildem Jubel aus zahlreichen dröhnenden Kehlen empfangen. Der König brachte die Menge mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Jetzt stehen wir also hier...", begann er flüsternd. "...wir stehen hier, auf den Mauern unserer Stadt... dem Traum eines Reiches, den wir uns mit Blut, Schweiß und Tränen erbaut haben... alleine aus diesem Grund dürfen wir uns Sagandor nicht nehmen lassen..." Die Stimme Fibathens, anfänglich nur ein schwaches Flüstern im Wind, schwoll immer lauter an, bis der König fast schrie. "Wir werden um Sagandor kämpfen! Niemand wird uns nehmen, was wir uns mühsam erschaffen haben! Nicht die Goblins! Nicht der Dunkelelf Valnitar! Nicht die Krone der Finsternis und auch nicht diese dunklen Horden vor unseren Toren!!!" Als Antwort bekam er einen neuerlichen Schwall aus Geschrei, während die Krieger gleichzeitig ihre Waffen über die Köpfe rissen. Als sich die Menge wieder halbwegs beruhigt hatte, schlich sich ein schmales Lächeln auf Fibathens Lippen. "Gut, dann also los! Nehmt die Bögen, haltet euch bereit und wartet auf mein Zeichen!" Eifrig zustimmend nahm jeder kampffähige Mann auf den Mauern seinen Platz ein. Dann herrschte eine lange Zeit schweigen, bis sich am östlichen Horizont die ersten Silhouetten ihrer Feinde abzeichneten. Kampfeslustig spannten die Krieger ihre Bögen, doch schnell füllten sich ihre Augen mit blankem Entsetzen. Auch Fibathen wurde von Furcht ergriffen, als er die Anzahl seiner Feinde erkannte. "Bei Gurdot, dem Gott des Krieges... wie viele mögen das wohl sein...?" Neben sich hörte er die heisere Stimme eines anderen Soldaten. "Mit welchem grausamen Feind haben wir uns eingelassen?" Die Steppe vor ihnen war schwarz vor wimmelnden, bösartigen Kreaturen... Fibathen öffnete den Mund um einen schnellen Befehl auszusprechen, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Während er verzweifelt versuchte seine Stimme wieder zu finden, stürmten die Gegner unaufhaltsam auf die Holzpalisaden zu. Erst beim dritten Anlauf konnte der König den eigentlichen Befehl schreien. "Bogenschützen! Feuer! FEUER!!!" Ein Hagel aus Pfeilen prasselte die Mauern herab, doch viele der Geschosse trafen kein Ziel, da die zitternden Hände der Schützen die Flugbahnen veränderten. Von unten kam nur ein erschreckendes Brüllen. Die Dunkelelfen unter den Feinden stimmten einen Singsang unverständlicher Worte an. Viel zu spät erkannte Fibathen ihr Vorhaben: Magie. Gerade als er seine Männer auf die Dunkelelfen aufmerksam machen wollte, schlugen mehrere glühende Flammenbälle mit voller Wucht gegen die Palisade. Das Holz fing sofort Feuer... Die nächsten Augenblicke schienen ein wahr gewordener Albtraum zu sein. Eine Vielzahl von Soldaten schrie in Todesqual, als die Flammen an ihnen leckten und sie verzehrten. Wilde Befehle der Offiziere und Kommandanten wurden durcheinander gerufen. Das grausame Gekreische der Feinde erfüllte die Luft. In Panik stürzten die Menschen von den Mauern, manche sahen keinen Ausweg als zu springen, obwohl mit ihnen nichts anderes geschah, als von den schwarzen Speeren der dunklen Horden aufgespießt zu werden... "Kämpft, Männer! Kämpft für eure Heimat Sagandor!" In den unterirdischen Ruinen der Alten Welt erschallte ein eiskaltes Lachen. Valnitar trug ein boshaftes Grinsen auf dem dunkelhäutigen Gesicht. Sein Blick ruhte auf einer schwarzen Kristallkugel, in der sich schemenhafte Bilder abzeichneten. Bilder von Sagandor. Der Dunkelelf beobachtete mit einem hungrigen Flackern in den eisblauen Augen, wie seine Schar die Menschenstadt niedermähte. "Es scheint, Jodean wäre doch zu etwas fähig." Spielerisch strich Valnitar mit einem knochigen Finger über die Krone der Finsternis auf seinem Kopf. "Fibathen wird fallen... dann fällt Sagandor... die ganze Menschenwelt wird in Dunkelheit vergehen! Alles wird sich meiner Krone unterwerfen!" Und wieder ertönte das schaurige Lachen in den Katakomben. "Mein König, wir können den Feind nicht bezwingen!", keuchte einer der Soldaten zu seiner Rechten. Fibathen streckte einen Dunkelelfen mit seinem Schwert nieder. Dunkles Blut besprenkelte seine Rüstung. "Ich verstehe...", knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen. "Zi, wir ziehen uns zurück... RÜCKZUG!!!" Das letzte Wort schrie Fibathen aus voller Kehle. Zi, der Soldat neben ihm, und einige andere brüllten den Befehl weiter. Die Krieger Sagandors, die schon längst von den Palisaden geflohen und auf dem freien Feld waren, drehten sich verwirrt um, dann rannten sie im heillosen durcheinander in Richtung Palast davon. "Bleibt ruhig! Zieht euch langsam zu-" "Vorsicht, Herr!" Auf Zis Warnung hin wirbelte Fibathen herum. Er sah nur noch die hässliche Fratze eines Dunkelelfen und das Aufblitzen seines schwarzen Schwertes. Fibathen hatte schon viele Schlachten geschlagen, doch der Schmerz, den er plötzlich in seiner linken Schulter spürte, war so stark wie er es noch nie gespürt hatte. Wie ein Gefolterter stieß er einen langen spitzen Schrei aus. Seine Knie gaben nach, alles schien vor seinen Augen zu verschwimmen und das Blut in seinen Ohren dröhnte unnatürlich laut. Zi war sofort an seiner Seite, erschlug dabei den Dunkelelfen und stützte seinen König voller Fürsorge. "Herr!" "Zi... die Wunde... ist sie... sehr schlimm...?", keuchte Fibathen mit dem Aufwand all seiner Kräfte, während er spürte wie Blut aus seinem Mund tröpfelte. Die linke Schulter schien zerreißen zu wollen und sein Arm war taub... der König spürte ihn nicht mehr. "Herr...ich...", würgte der Soldat gequält. "Euer... Arm..." Mit einem beunruhigenden Gefühl zwang sich Fibathen zu einem Blick auf seinen Arm. Doch da war kein Arm mehr... "Ampara... steh mir bei..." Der Dunkelelf hatte ihm den ganzen linken Arm abgeschlagen, rotes Blut quoll aus der riesigen Wunde an seiner Schulter, dort wo einst der Arm angesetzt hatte... Der König übergab sich bei diesem Anblick, bevor der Schmerz ihn übermannte und in die Bewusstlosigkeit zog. "König Fibathen von Sagandor, erwachet...", flüsterte eine kräftige Stimme. Fibathen öffnete die Augen. Um ihn herum war nichts außer reinem weißen Licht. Träumte er? "Wo bin ich? ...Mein Arm! Was ist mit meinem Arm?" "Alles kommt in Ordnung, König Fibathen..." Vor ihm erschien ein Mann mit schneeweißen Haaren und tiefblauen Augen, gekleidet in die Roben eines Priesters von Ilerdt. "Wer seid ihr?" "Dertil. Einfach nur Dertil. Ihr seid in der Schlacht stark verwundet worden, doch der Gott des Schicksals meint wohl, dass eure Zeit noch nicht vorüber ist." Das Licht um ihn herum wurde immer intensiver, bis Fibathen die Augen schließen musste. Fibathen erwachte in den Hallen des Palastes. Er lag auf einem Krankenbett, ein schmutziger Verband war auf seine Wunde gepresst. Merkwürdigerweise verspürte er keinerlei Schmerz mehr. Er hatte doch seinen linken Arm verloren! Aber als der König mit grauenvollem Erwarten den Verband abnahm, sah er, dass die klaffende Wunde seiner Schulter restlos verheilt war. So lange konnte er doch nicht geschlafen haben! "War das doch mehr, als ein Traum?" Gerade als er die Worte aussprach, platzte Zi in die Halle. "Mein König?", rief er verwirrt. "Eure Verletzung...ist genesen? Aber es ist kaum eine Stunde her... ein Wunder... ein echtes Wunder!" Doch Fibathen war sich sicher, dass es kein Wunder gewesen war, denn unter den hämmernden Schlägen eines Rammbockes, der versuchte das Palasttor einzureißen, hörte er kurz wieder diese kräftige Männerstimme. Und für einen winzigen Moment lang war ihm, als sähe er durch ein Fenster die weißen Roben des Priesters... "Wo wart ihr?", fragte Melana, als der Priester Dertil in das Gasthauszimmer trat. Es war ein sehr großes Zimmer mit genug Betten für sie alle und befand sich im Gasthof ,Zum Silberstier'. Der Kleriker setzte sich ruhig auf den Boden und deutete eine flüchtige Handbewegung an. "Nichts Wichtiges..." Danach herrschte Schweigen, dass nur von Xabs Gebrabbel unterbrochen wurde. Der Gnom hatte sein Buch ,Die Chroniken Lutansiars, Band 3 - Der Krieg aller Kriege' auf die Knie gelegt und versuchte die Wörter darin zu entziffern. Schließlich gab er enttäuscht auf und pustete sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hmm... kann mir das jemand vorlesen?" Leafenisty setzte sich lächelnd neben den Gnom und nahm ihm das mit Leder gebundene Buch aus den kleinen Händen. "Kannst du nicht lesen?" "Nö, brauche ich nicht." Die Elfe hob fragend eine Augenbraue, ging jedoch nicht darauf ein. Stattdessen strich sie sich ihr schwarzes Haar hinter das Ohr, befeuchtete mit ihrer Zungenspitze die Lippen und begann zu lesen. Auszug aus dem Tagebuch Udeasin Kintas, kurz vor der Entscheidungsschlacht auf den Weißen Ebenen: Heute ist also der Entscheidungstag und dies wohlmöglich mein letzter Eintrag, bevor die göttlichen Artefakte aufeinander treffen. Die Götterartefakte... vielen sahen in ihnen Geschenke des Himmels. Doch ich bin in der Zeit des Krieges aller Kriege aufgewachsen, einer Zeit voller Trauer und Qual. Und während ich jetzt zwischen den Trümmern des einst schönen Lutansiars stehe und das Weinen der Opfer höre, betrachte ich voller Verzweiflung den Himmel, der gestern Blut geweint hat. Mein einziger Hoffnungsschimmer ist, dass die Götterartefakte einfach verschwinden, damit unsere Welt endlich wieder Frieden findet... Obwohl das bei Lutansiar wohl nie geschehen wird... Leafenisty hielt inne, ergriffen von den Worten des legendären Elfenkriegers. Xab vernichtete diese Stimmung natürlich wieder taktlos, indem er heftig applaudierte. "Ohhh... das war wirklich schön, Miss Druidin. Toll gelesen." Die Elfe lächelte wieder und reichte dem Gnom sein Buch zurück. "Bewahre es gut", meinte sie freundlich. Xab grinste. "Vielen Dank... Dafem, du hast wirklich tolle Freunde." Der Abenteurer nickte zustimmend und erhob sich. "Nun... wir haben Chemir überzeugt, wenn auch nicht so wie gedacht..." Er warf einen kurzen Blick auf Dertil. "also... was nun?" Aurora schien aus tiefen Gedanken zu erwachen. Sie zuckte mit den Schultern. "Ich gehe zurück zu meinem Vater. Du wolltest doch ab jetzt eigene Wege gehen." Dafem nickte. "Das ist richtig. Melana und ich gehen zu einem alten Freund am Einsamen Berg, um hoffentlich ein wenig mehr über ihren Stab zu erfahren." "Da komme ich auf jeden Fall mit!", piepste Xab erfreut. Rigo öffnete träge ein goldenes Auge. "Ich werde die Prinzessin zurück nach Sagandor bringen, so wie wir es Fibathen versprochen haben... und du Leafenisty?" "Ich bleibe bei Dafem..." Nachdem sie alle schweigend ihre Sachen zusammengesucht und eingepackt hatten, verließen sie das Zimmer. Aurora hinterließ als Bezahlung noch ein paar Goldmünzen auf dem Tresen, dann traten sie ins Freie. Auch Dertil der Priester gesellte sich noch kurz zu ihnen. Aurora seufzte betrübt. "Nun... vermutlich...sehen wir uns in nächster Zeit nicht wieder... vielleicht... vielleicht verschlägt es euch irgendwann mal zurück nach Sagandor... ich würde mich freuen..." Die Prinzessin wandte sich ab und wischte sich mit der Hand über die Augen. Auch wenn sie diese Leute erst kurze Zeit kannte, fiel der Abschied unheimlich schwer. Ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft, als sie Rigos Klaue auf ihrer Schulter spürte. Der Avior flüsterte ein paar tröstende Worte. Gerade als Dafem ebenfalls etwas sagen wollte, hörten sie ein tiefe gehetzte Stimme rufen: "Prinzessin! Prinzessin Aurora!" Oskandia, der blonde Soldat, den sie schon in Chemirs Palast gesehen hatten, kam herbei gerannt und hielt mit keuchendem Atem vor ihnen an. Er stützte die Hände auf die Knie und schnaufte erst einmal kräftig durch. "Prinzessin... es... ist schrecklich..." Mit böser Vorahnung traten die Gefährten ein Stück näher an den Soldaten heran. "Wie ihr vielleicht wisst... gibt es Zauberer, die... magische Kugeln besitzen, um damit jegliche Orte Lutansiars sehen zu können... Einer von ihnen hat König Chemir heute aufgesucht... es ist schrecklich..." "Wieso, was ist passiert?" Oskandia zitterte heftig und bedeckte schließlich das bärtige Gesicht mit seinen Händen. "Er sah... er sah..." "Was? Was hat er gesehen?" "Er sah, wie Sagandor vernichtet wurde!" Auroras Beine schienen nachzugeben. Ihr wurde plötzlich schwindelig und ihr Hirn war wie auf Eis gelegt, es ließ keinen klaren Gedanken mehr zu. Rigo stützte sie, als ihr eine Sekunde lang schwarz vor Augen wurde. "Nein... das ist nicht... das kann doch nicht... sag, dass das nicht wahr ist! Wir haben die Feinde doch erst vor knapp zehn Tagen zurückgeschlagen!" "Der Magier berichtete von einer Armee, die um ein Vielfaches größer war, als bei der ersten Attacke. Es gab nur wenige, die sich aus diesem Massaker retten konnten. Dem Bericht des Magiers nach fliehen sie nach Mightran." "Und...meine Eltern?", hauchte sie voller fassungslosem Entsetzen. "Die Königin soll zum Zeitpunkt des Angriffes bereits in Mightran gewesen sein. Fibathen hat überlebt, doch er ist schwer verletzt." Aurora war zumindest ein wenig erleichtert, während Xabs Kinnlade herunterklappte. "Und all das sagen euch Magier?" "Ihre Kristallkugeln, um genau zu sein." Ein übertriebenes Räuspern ließ sie zusammenfahren. Dertil hatte die ganze Zeit schweigend neben ihnen gestanden, jetzt machte er auf sich aufmerksam. "Nun, meine Kinder, ich denke damit erledigt sich eure Rückkehr nach Sagandor. Es wäre wohl das Beste, wenn ihr nach Mightran weiterreist. Zum einen, damit ihr dort hoffentlich wieder mit Fibathen zusammenstoßt. Außerdem liegt auf dem Weg der Einsame Berg, also könnt ihr trotzdem zu dem dort lebenden Zwerg." Die blauen Augen des Priesters ruhten auf Dafem, der verwirrt die Stirn runzelte. "Das klingt, als würdet ihr das für wichtig halten. Warum?" "Das hat keine Bedeutung. Es ist nur wichtig, dass ihr erfahrt, was es mit ihrem Stab auf sich hat, damit ihr endlich anfangt zu verstehen..." "Woher weißt du das alles? Es hört sich fast so an, als ob du längst verstehst, warum die Feinde ihren Stab wollen! Schon Chemir war so komisch! Wer bist du wirklich?" "Dertil. Einfach nur Dertil." Der Priester lächelte ein geheimnisvolles Lächeln, so als wüsste er tatsächlich etwas, das den anderen verborgen blieb. Dann wandte er sich ab. "Geht zum Einsamen Berg und ihr werdet verstehen..." Mit wehenden weißen Roben schritt der Priester Ilerdts davon. Lange standen sie einfach nur da. Keiner verstand wer dieser Mann war oder welche Rolle er in diesen Zeiten wohl spielte. Doch letztendlich mussten sie zugeben, dass Dertils Vorschlag offensichtlich der beste war. Also schickten sie Oskandia zu Chemir zurück und verließen, da ihre Sachen sowieso gepackt waren, Zestarin in Richtung Nordwesten. Es war ein komisches, doch nicht unangenehmes Gefühl immer noch in geschlossener Gesellschaft zu reisen. Ilerdt, Gott des Schicksals, schien das irgendwie so zu wollen. Gegen Abend rasteten sie auf der Landzunge eines kleinen Sees, in dem sie ihre Wasserflaschen auffüllen konnten. Sie entschlossen sich wieder für ein Feuer, denn auch wenn sie wahrscheinlich immer noch verfolgt wurden, mussten sie dieses Risiko aufgrund der zunehmenden Frische in kauf nehmen. Leafenisty starrte nachdenklich ins Feuer, die roten Flammen spiegelten sich flackernd auf ihrer hellen Elfenhaut wieder. "Weshalb gedenkt ihr den Zwerg am Einsamen Berg aufzusuchen?", fing sie dann plötzlich an, ohne ihren Blick von dem tanzenden Feuer zu lösen. Dafem fummelte abwesend an seiner Kette herum, weswegen Melana antwortete. "Unsere Feinde sind hinter meinem Stab her. Ich weiß nicht warum, aber einer von ihnen, der Schattenalp Dimitav, sagte etwas über eine Macht, die dem Rubinstecken innewohnt. Und dass sie diese nur nutzen können, wenn ich ihnen den Stab freiwillig gebe." "Darf ich ihn mir mal ansehen?", fragte die Druidin höflich. Melana nickte und überreichte ihr den Rubinstecken. Konzentriert fuhr die Elfe mit ihrer Hand über die glatte Struktur des leicht durchsichtigen roten Stabes. "Hmm...ich fühle eine enge Verbundenheit zum Feuer.", murmelte Leafenisty. Ihr Finger glitt immer weiter hinauf, bis sie sanft über den blutroten Edelstein am Kopfende strich. Ein heller Blitz zuckte kurz vor ihrem Auge, so dass die Elfe den Stab vor Schreck von sich stieß. Melana war sofort an ihrer Seite. Auch Dafem schreckte auf und setzte sich neben die Elfe, um ihren zitternden Körper zu beruhigen. "Was hast du gefühlt?", fragte der Abenteurer, nachdem sich die Druidin etwas erholt hatte. "Ich...ich spürte für einen kurzen Augenblick etwas Dunkles... als wäre dieser Stab einen winzigen Moment lang...böse..." "Böse?" Leafenisty nickte. Sie fing wieder an zu zittern. Fürsorglich kramte Dafem die Decke aus ihrem Rucksack und legte sie ihr um die Schultern. "Hey Leaf, sei unbesorgt. Egal was in der Zukunft kommen mag, solange wir Hoffnung haben und immer an uns glauben, werden wir das schon schaffen." Nachdem sie abermals genickt hatte, wandte sich der Abenteurer Melana zu. Die Halbelfe zitterte jetzt ebenfalls. Auch ihr legte er ihre Decke um. Sie schenkte ihm dankbar ein scheues Lächeln. "Selbst wenn ihr Halbelfen weniger Schlag braucht, solltest du jetzt ruhen. Ich übernehme die erste Wache." Daraufhin kuschelte sich Melana tief in ihre Decke und legte sich auf den Boden, ihren Rucksack als Kissen missbrauchend. Er beobachtete noch eine Weile lang das zarte Gesicht der schlafenden Magierin, dann setzte er sich wieder nah an das Feuer, wobei er sein Schwert griffbereit neben sich legte. Aurora, Rigo und Xab schliefen ebenfalls schon. Dafem merkte nicht, wie ihn ein paar kalter Augen aus den tiefen des Sees heraus beobachteten, auf den Augenblick wartend, an dem die Beute ahnungslos dahindösen würde... Kapitel 14: Acuaryu und ein ungewolltes Treffen ----------------------------------------------- Da ja jetzt Weihnachten vor der Tür steht dachte ich mir, dass ich meinen lieben Lesern eine Freude mache und gleich ein weiteres Kapitel hochlade. Genießt es, es wird bis Sylvester wohl das letzte Update sein. Hier kommt Kapitel XIV !!! @SylverMortal: Hahaha, pass auf, dass du diesmal nicht wieder gegen das Kapitel knallst. Ich finde, Fibathen soll sich nicht so haben, er lebt ja noch. Vielen Dank für dein Kommi! @mitsuki11: Alle deine Fragen werden bald beantwortet. Solange musst du noch warten und einige andere Kapitel genießen. Viel Spaß dabei. @Nocturn: Ich mag Fibathen *schmoll*. Was Rigo angeht, du wirst noch in diesem Kapitel erfahren, ob ihm etwas zustößt *fies-grins*. Kapitel XIV - Acuaryu und ein ungewolltes Treffen Die Sterne am Himmel über ihr schienen besonders hell in dieser Nacht. Ihre Reflektionen spiegelten sich auf der ruhigen Wasseroberfläche des Sees und verteilten darauf einen schönen Glanz. Ein beruhigendes Rascheln ging von dem gelbgrünen Gras der Steppe aus, als es sanft vom Wind gestreichelt wurde. Melana ertappte sich dabei, wie sie bei dieser träumerischen Umgebung gedanklich abschweifte und beinahe eingenickt wäre. Die Halbelfe gähnte einmal ausgiebig und zwang sich dann wieder zur Konzentration. Am Anfang war ihr schon mulmig gewesen alleine Wache zu halten, doch jetzt würde sie bald abgelöst werden und es war nichts Aufregendes passiert. "Die Feinde sind sicherlich mit Wichtigerem beschäftigt. Wer weiß ob mein Rubinstecken wirklich so eine große Bedeutung für sie hat." "Da bin ich mir sicher...", murmelte eine leise Stimme hinter ihr. Vor Schreck wirbelte Melana so heftig herum, dass sie auf ihrem Baumstamm den Halt verlor und zur Seite kippte. Dafem packte sie kräftig am Arm um den Fall zu verhindern. Erleichtert stieß Melana die angehaltene Luft aus und griff sich ans Herz, während sie zurück auf ihren Baumstumpf sank. "Meine Güte, hast du mich erschreckt. Warum bist du auf? Ich dachte, du hast heute bereits Wache gehalten." Der Abenteurer setzte sich neben die Halbelfe auf den Boden, so dass er zu ihr aufschauen musste. Er lächelte flüchtig. "In letzter Zeit ist mein Schlaf sehr unruhig. Ich träume von meiner Familie... meiner Vergangenheit. Vielleicht liegt es daran, dass meine Schwester Melissa tot ist. Vielleicht aber auch, weil wir uns nahe dem Ursprung meiner Wurzeln befinden." "Deine Heimat?" Dafem nickte flüchtig, in seinen Augen spiegelte sich der Schein des Feuers. Melana bemerkte, dass ihm dieses Gespräch unangenehm schien und beließ es deswegen dabei. Schnell wechselte sie das Thema. "Du sagtest, du bist dir sicher, dass unsere Feinde meinen Stab für wichtig halten. Warum?" "Es war zum einen Dimitav. Er sprach von einer Macht des Stabes, die sie brauchen. Und dann waren da die drei Reiter, die uns am Rande des Quaneas fast geschnappt hätten. Pferde sind unvorstellbar selten geworden, nur in den Ebenen der Pferdehüter leben noch ein paar. Nicht einmal Fibathen oder Aurora konnten sich auch nur eins dieser Tiere leisten. Unsere Feinde hatten sogar drei." Danach schwieg Dafem wieder und hielt seine Hände wärmend ans Feuer. Melana beobachtete nachdenklich den Rubinstecken auf ihrem Schoß. Konnte Leafenisty Recht haben? War dieser Stab vielleicht...böse? Da Dafem jetzt wach war, erlag die Halbelfe beinahe wieder der Versuchung einzuschlafen. Doch als ihre Augenlieder langsam schwerer wurden, hörte sie ein leises Geräusch. Ein schwaches Blubbern, wie das Aufsteigen von Blasen wenn man Wasser kochte. Das Geräusch wurde zunehmend lauter. "Was ist das?", flüsterte Melana ängstlich. Dafem hatte es jetzt auch gemerkt. Er sprang auf, spähte hinaus in die Dunkelheit und zog sein Schwert. Als sein Augen über den See schweiften, bemerkte er mit Verblüffung, dass im Wasser am Rand der Landzunge tatsächlich Blasen aufstiegen. "Was zum... Melana! Was siehst du dort? Dort, bei den Blasen!" Der Abenteurer wusste, dass Elfen und Halbelfen von Natur aus bessere Augen im Dunkeln hatten. Der Rotschopf starrte auf die ihr gezeigte Stelle, dann wurden ihre grünen Augen groß vor Furcht. "Da ist etwas im Wasser! Etwas Großes!" Dafems schlimmste Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Hastig ging er durch die Reihen seiner Begleiter und weckte sie grob. Nachdem Aurora, Leafenisty und Rigo halbwegs wach waren und ihr Gepäck zusammensuchten, wurden die Blasen im Wasser immer größer. Xab wachte trotz den Weckversuchen aller Anwesenden nicht auf, also packte der Avior ihn einfach grob am Kragen, um ihn zusammen mit seinem Rucksack wie ein leichtes Kind über die Schulter zu werfen. "Was ist los?", grummelte Aurora mit noch vom Schlaf trägen Gliedern. Dafem fasste sie sanft am Ellenbogen und führte sie hastig von der Landzunge. Die anderen folgten. "Irgendetwas ist dort im Wasser. Keine Ahnung was, doch ich bin nicht scharf darauf es herauszufinden." Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als etwas Riesiges aus dem See brach, so dass das umherspritzende Wasser ihre Rücken durchnässte. Rigo wirbelte herum, den Zweihänder fest in den Klauen. Seine goldenen Augen bohrten sich durch die Dunkelheit. "Ein Seedrache!" Es war kein richtiger Drache, so wie die legendären Wesen mit ihren Feueratem. Solche Feuerdrachen hatte man das letzte Mal vor sehr langer Zeit in einem Land weit entfernt von Lutansiar gesehen, wo sie von dem Drachenherr und einer kleinen Gruppe Widerstandskämpfer in die Unterwelt verbannt wurden. Der Körper eines Seedrachens glich eher einer Schlange, lang, dünn und überall mit feuchten blauen Schuppen übersät. Sein platter Kopf war ebenfalls mit Schuppen bedeckt. Aus dem Maul unter seinen kohlenschwarzen Augen zuckte immer wieder eine gespaltene Zunge hervor. An dem Schlangenkörper setzten ein paar fledermausartige Schwingen und zwei lange dürre Arme mit gewaltigen Klauen an. Der Seedrache stieß ein durchdringendes Zischen aus und bäumte sich zu einer Größe von etwa zehn Manneslängen auf. Von einer eisigen Welle der Furcht erfasst, stürmten die Gefährten in der Hoffnung, dass das Ungeheuer sie nicht auf der Steppe verfolgen konnte, davon. Doch mit ein paar kräftigen Flügelschlägen hatte sich der Seedrache in die Lüfte erhoben und flog über ihnen hinweg, um schließlich genau in ihrem Weg zu landen und somit den Fluchtweg zu versperren. "Ihr ssseid die, nach denen Meissster Valnitar verlangt...", stellte die Kreatur mit einer so schrecklichen Zischelstimme fest, dass Dafem und die anderen Schwierigkeiten hatten es zu verstehen. "Bei den Göttern, gibt es nichts was diese Krone der Finsternis nicht kontrollieren kann?! Goblins, Dunkelelfen, Schattenalps und jetzt auch noch solche... Monster!", rief Aurora zähneknirschend. "Ich bin kein Monssster. Mein Name issst Acuaryu, Ssseedrache und Diener Valnitarsss, dem Herssser der Krone der Finsssternisss." Wie auf Kommando zogen alle ihre Waffen und bildeten lauernd einen Halbkreis um das Ungeheuer. "Esss tut mir Leid. Ich hassse euch nicht, doch für Meissster Valnitar müssst ihr sssterben!", zischte Acuaryu so selbstverständlich, als rede er über eine gemütliche Teezeremonie. Plötzlich öffnete der Seedrache sein Maul und stieß blitzschnell auf Leafenisty zu, bereit zum zuschnappen. Die Elfe sah den Angriff gerade noch rechtzeitig kommen, um den rechten Arm vor sich auszustrecken, ihn dann ruckartig über den Kopf zu reißen und somit einen ihrer Druidenzauber zu beschwören. Die Erde vor ihren Füßen schien sich plötzlich aufzutürmen. Schlamm und Gestein bauten eine undurchdringliche Mauer vor Leafenisty. Die Elfe lächelte zufrieden, als der Seedrache seine Attacke nicht mehr abbrechen konnte und mit dem Kopf voran gegen den Erdwall prallte. Acuaryu kreischte vor Überraschung, Schmerz und ohnmächtigem Zorn. Zischend schüttelte er den Kopf, um die neblige Benommenheit abzuwerfen. "Verfluchtesss Elfenweib... Ssstirb..." Doch ehe der Seedrache wieder völlig zur Besinnung kam, legte Rigo Xab unwirsch auf den Boden und erhob sich mit einem Vogelkreischen in die Lüfte. Dafem hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zu. "Ich hasse es, wenn er das macht..." Der Avior zischte wie ein Pfeil durch die Luft, hielt sein riesiges Schwert mit beiden Händen vor sich ausgestreckt und stieß es Acuaryu mit aller Kraft in den schuppigen Schlangenleib. Der Seedrache brüllte vor Schmerzen, während ihm kaltes Blut am Körper herab lief. Blind vor Hass schlug Acuaryu zischend mit seinen Klauen um sich. Eine der Krallen traf Rigo hart, so dass dieser wie eine lästige Fliege davon geschmettert wurde und mit einem lauten Krachen auf dem Boden aufschlug. "RIGO!!!", schrie Melana voller Entsetzen. Xab schlief noch immer. Durch den Ruf geriet nun die Halbelfe in den Blick von Acuaryus schwarzen Augen. Der Seedrache stürzte sich kreischend auf den Rotschopf, der vor Entsetzen wie gelähmt war. Doch bevor sich die riesigen Kiefer des Schlangenwesens um Melana schließen konnten, stürmte Dafem herbei und riss sie mit sich, so dass Acuaryus Angriff ins Leere lief. "Geh, Melana. Zieh dich zurück und bleib im Hintergrund. Gegen einen Seedrachen ist dein Feuer nutzlos." Die Halbelfe nickte ein wenig enttäuscht und gedemütigt. Warum konnte sie nicht so gut kämpfen wie die anderen, so furchtlos und stark? Dafem schob sie zur Seite und rannte nun seinerseits mit erhobenen Schwert auf Acuaryu zu. Aurora tat es ihm gleich. Leafenisty nahm ihren Bogen von der Schulter, fischte einen Pfeil aus dem Köcher am Rücken und legte ihn an die Sehne. Zielgenau traf sie das linke Auge des Ungeheuers. Acuaryu zischte voller Qual, sein Blut quoll aus dem mit dem Pfeil gespickten Auge. Bevor er sich aufbäumen konnte, senkten sich die Schwerter von Dafem und Aurora in sein Fleisch. Der Seedrache kreischte in einem unnatürlich hohen Ton. Sein zerfetztes Auge verhinderte, dass er noch irgendetwas sehen konnte. Der Geruch der frischen Beute überall in seiner Nähe machte ihn wahnsinnig. Ziellos richtete der Seedrache sein Maul auf irgendeine Stelle, riss die Kiefer auf und ließ einen magischen weißen Blitz daraus hervor schießen. Mit Genugtuung roch Acuaryu den Duft verbrannten Fleisches in seinen Nüstern... "Sind alle okay?", rief Dafem hastig, während er sich umsah. Aurora und er waren unverletzt, Xab schlief seelenruhig und Leafenisty hatte sich hinter ihren Erdwall in Sicherheit gebracht. Rigo krümmte sich zwar vor Schmerzen auf dem Boden, dennoch hatte der Blitz ihn nicht getroffen. Doch... "Melana! Nein!" Dafems Schrei ließ sie alle herumwirbeln. Die Halbelfe lag reglos da, um sie herum aufgewühlte Erde und verbranntes Gras. "Nein!", wiederholte der blonde Abenteurer schockiert. Mit großen Schritten stürzte er auf Melana zu und ließ sich vor ihr auf die Knie fallen. Die Magierin rührte sich nicht, ihre Augen waren geschlossen. Der Blitz des Seedrachens hatte sie glücklicherweise nur gestreift, doch dennoch war die Stirnfläche über ihrem rechten Auge mit hässlichen Brandwunden verunstaltet. Außerdem sickerte Blut unter ihrem Haarschopf hervor. Dafem untersuchte Melana hastig und entspannte sich ein wenig, als er die Atmung der Halbelfe spürte. Doch trotzdem befand sie sich in einem kritischen Zustand. Dafem wusste, der magische Blitz eines Seedrachens brannte nicht nur wie Feuer, sondern konnte Verletzung wie bei einem scharfen Schwert verursachen. "Issst sssie tot? Sssie musss am Leben bleiben, sssonssst wird Valnitar mich hasssen.", zischte Acuaryu besorgt. In Dafem entbrannte plötzlich eine Wut, wie er sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Mit einem gellenden Schrei, der dem Rigos in nichts nachstand, stürzte er auf den Seedrachen zu und hackte wie von Sinnen auf das Monster ein. Kreischend senkte Acuaryu den Kopf um nach Dafem zu schnappen, doch der Abenteurer trieb sein Schwert bereits in seinen schuppigen Hals. Acuaryus Zischen verwandelte sich in ein ersticktes Gurgeln, als der Seedrache Blut spuckte, um dann leblos zu Boden zu fallen. Schweigen umgab die Gefährten, nur unterbrochen von Xabs Schnarchen und Rigos schmerzvollem Gestöhne. "Rigo? Bist du in Ordnung?" Der Avior nickte schwach und quälte sich auf die Beine. "Aurora, hilf ihm bitte kurz. Leaf, ich brauche dich bei Melana." Hastig liefen Dafem und Leafenisty zu der Halbelfe. Leaf zog bei ihrem Anblick scharf die Luft ein. "Das sieht schlimm aus. Wir müssen sie schnell verarzten. Hol mir kaltes Wasser. Oder warte... hatte der Gnom nicht Heiltränke?" Dafem nickte gehorsam und sprintete zurück zu Xab, der schnarchend im Gras lag. Ohne Zeit zu verlieren schüttelte er den Gnom so heftig, dass dieser endlich die Augen öffnete. "Ohhh! Guten Morgen! Hach, es scheint noch gar kein Morgen zu sein! Was ist los? Gibt es irgendwelche Abenteuer? Ihr wisst, ich mag Abenteuer!" "Wir brauchen deine Heiltränke!", bat Dafem eindringlich. Xab blinzelte für einen Moment verwirrt, bevor er ein Achselzucken andeutete. "Die habe ich alle in Zestarin verkauft." "Das ist nicht dein Ernst!" Der Gnom kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Doch, auf der Straße haben ich einen anderen Gnom getroffen. Vielleicht war er sogar mit mir verwandt, ich bin mir da nicht sicher, doch er wollte auf jeden Fall alle meine Tränke. Er bezahlte gut." Dafem ließ schockiert von ihm ab. "Verdammt, wie konntest du das tun? Wie werden von sonst wem verfolgt und du verkaufst unsere Tränke? Melana stirbt uns noch, wenn wir nichts unternehmen!" Xab machte große Augen, wurde jedoch, bevor er etwas erwidern konnte, von Leafenistys Stimme hellhörig. "Dafem! Sie ist schwer verwundet! Sie hat einen tiefen Schnitt am Haaransatz und verliert viel Blut!" "Verdammt!", fluchte der Abenteurer hilflos. "Was sollen wir nur tun?" Die Elfe hob ratlos die Schultern. "Wir müssen sie in eine Stadt bringen, zu irgendwelchen Heilern oder jemanden, der Heiltränke besitzt! Wo liegt der nächste Wohnort?" Xab grinste und zog eine schmuddelige Karte aus seiner bunten Hose. "Hier!", meinte er und deutete mit einem kleinen Finger auf einen blassen Fleck. "Das Dorf heißt Mid'tha." Dafem zuckte bei dem Namen zusammen. Rigo und Leafenisty schauten gleichzeitig zu ihm herüber. "Es scheint, Ilerdt will es so", murmelte der Abenteurer düster. Rigo humpelte ächzend zu dem Leichnam des Seedrachens und riss sein Schwert, das seit seinem Luftangriff darin steckte, mit einem kräftigen Ruck heraus. Aurora hatte dem Vogelmenschen inzwischen einen flüchtigen Verband um die zerfetzte Schulter gewickelt. "Willst du das wirklich tun, Dafem?" "Wieso? Wovon redet ihr?", fragte die Prinzessin voll Sorge. Dafem schritt wieder auf Melana und Leafenisty zu. "Es geht wohl nicht anders. Wir bringen Melana nach Mid'tha... In meine Heimat..." Der Weg nach Mid'tha, der Xabs Karte nach etwa zwei Meilen betrug, entwickelte sich für jeden der Gefährten zur Qual. Es war nicht nur die Tatsache, dass Melana und Rigo verletzt waren, sondern auch, dass es ab der Hälfte der zurückgelegten Strecke anfing zu regnen. Es goss so stark, dass der ungeschützte Boden sich innerhalb weniger Sekunden in ein Schlammfeld verwandelte. "Es dürfte nicht mehr weit sein!", rief Dafem. Er trug die bewusstlose Melana huckepack, während Leafenisty um ihn herumwuselte und die Brandwunde im Gesicht der Halbelfe mit einem nassen Lappen bedeckte. Die Schnittverletzung war mit einem vom Blut durchtränkten Verband abgebunden. "Es geht ihr immer schlechter", flüsterte Leafenisty traurig. "Was ist mit dir, Rigo?", erkundigte sie sich bei dem Avior. Rigo hob leicht die Schultern, zuckte dann jedoch sofort zusammen und griff sich an seine Wunde. "Es geht schon...", keuchte er. Kurz tanzten schwarze Punkte vor seinen Augen, die er mit einem Kopfschütteln vertrieb. Eigentlich ging es ihm ganz und gar nicht gut, doch er wollte den anderen nicht noch mehr Sorgen machen. Nachdem Dafem langsam das Gefühl hatte, als würde ihm das Gewicht von Melana in die Knie zwingen, erschienen endlich die ersten Häuser Mid'thas vor ihnen. Erleichtert legten die Gefährten noch einen letzten Endspurt hin, bis sie an der Tür einer Hütte angekommen waren. Aurora klopfte so laut es ging, damit es durch den strömenden Regen zu hören war. Nach kurzer Stille drang eine weibliche Stimme an ihre Ohren. "Was wollt ihr?", fragte die Hausbesitzerin besorgt. "Wir benötigen Hilfe für unsere Kameraden! Zwei von ihnen sind schwer verletzt! Bitte, dürfen wir eintreten?" Wieder war es hinter der Tür kurz still. "Woher weiß ich, dass ihr wirklich das seid, für was ihr euch ausgebt?" Ein ängstliches Zittern lag jetzt in der hellen Stimme. "Bitte!", flehte Aurora. "Unsere Freundin stirbt sonst!" Ein drittes Mal herrschte in der Hütte Schweigen. Dann wurde die Tür aufgeschlossen und einen Spalt breit geöffnet, so dass ein Kopf herauslugen konnte. "Bei Lili der Liebesgöttin... kommt herein!" Nachdem sich die Hausbesitzerin davon überzeugt hatte, dass wirklich nur Hilfe suchende Reisende vor ihrer Tür standen, öffnete sie diese vollends und ließ die Gefährten hastig eintreten. Als Xab als letzter hereinhüpfte, schloss die Frau die Tür schnell wieder. "Tut mir Leid, dass ich euch nicht gleich geglaubt habe, doch in letzter Zeit verschwinden immer mehr Menschen aus unserem Dorf... doch was rede ich da, zeigt mir eure Freunde." Es war nur eine kleine Hütte, die Kochecke befand sich im gleichen Raum wie das Wohnzimmer. Eine weitere Tür gegenüber dem Eingang führte wohl in das Schlafzimmer. Zielstrebig ging Dafem hinein und legte Melana auf eines der insgesamt zwei Betten. "Ihr seid Abenteurer, richtig? So eine bunte Gruppe wie euch habe ich schon lange nicht mehr gesehen", fragte die Frau freundlich, während sie aus einem hölzernen Schrank eilig zwei Fläschchen hervorholte. Sie warf Rigo einen der Heiltränke zu und ging mit dem zweiten zu Melana. "Eine Halbelfe", hauchte die Hausbesitzerin überrascht, als sie sich das blasse Gesicht der Magierin genauer ansah. Vorsichtig öffnete sie Melanas Mund ein wenig und träufelte den Heiltrank vorsichtig hinein. Nach kurzer Zeit nahm die Frau Melanas Verband von der Stirn. Der blutige Schnitt war verschwunden. Doch es zog sich immer noch eine feine dünne Narbe von der Stirnfläche über ihrem linken Auge schräg herab bis zum Ansatz ihres Ohres. "Wie kommt es, dass trotz allem noch eine Verletzung zu sehen ist?", grübelte die Frau verwundert. "Es war der magische Blitz eines Seedrachens. Auch Heiltränke sind nicht allmächtig. Doch solange es nur eine Narbe ist, haben wir noch mal Glück gehabt", meinte Dafem erleichtert. Er wandte seinen Blick von Melana ab, um ihre Retterin zum ersten Mal richtig zu betrachten. Sie hatte langes blondes Haar, das von einem schlichten lila Band zu einem Pferdeschwanz gezähmt wurde. Ihre Augen waren blau, die Haut hell. Ein kleiner Schönheitsfleck zierte ihr Kinn. Wahrscheinlich war sie etwa ein Kopf kleiner als er. Er würde sie auf etwa fünfunddreißig schätzen. Irgendwoher kenne ich sie... Auch die Frau schaute jetzt auf, so dass sich ihr Blick mit dem des Abenteurers kreuzte. Als Dafem sein Gegenüber endlich erkannte, schienen sich seine Gedärme plötzlich mit Eis zu füllen und sich zu verkrampfen. Das kann doch nicht sein... Vor Dafems Augen wurde plötzlich alles schwarz, so dass die Frau ihn hastig auffangen und auf das andere Bett legen musste. Mutter... Wieso Mutter? Wieso mussten wir uns von all den verdammten Häusern meiner Heimat ausgerechnet deins aussuchen? Mutter... Kapitel 15: Dafems Vergangenheit -------------------------------- Ich wünsche euch allen ein supertolles frohes neues Jahr!!! Ich starte 2004 sofort mit einem neuen Kapitel, auf dass ihr mir hoffentlich wie beim letzten viele schöne Kommis schreibt. Zur Feier des tages grüße ich außerdem alle, die meine Geschichte gelesen haben, lesen und noch lesen werden! Hier kommt Kapitel XV !!! @Deathborn: Wirst schon erfahren, was es mit seiner Mutter auf sich hat, wenn du dieses Kapitel ließt. Viel Spaß. @SylverMortal: Hey, das sind ja regelrechte Drohungen, die du gegen mich aussprichst! Pass bloß auf, sonst höre ich noch auf an dieser Geschichte zu schreiben. *g* Tja, Dafem war eben am Ende sehr erschöpft. Was Melana und Rigo angeht... Melana wurde ja nur mehr oder weniger von dem Magiestrahl gestreift und Aviore halten eben mehr aus, da sie Kämpfe gewöhnt sind. @mitsuki11: Wirst gleich erfahren, warum Dafem so reagiert hat. Ließ einfach schnell weiter und genieße das Kapitel. @Bensen: Jupp, danke, dass du es nochmal erwähnt hast. Also es gibt natürlich mehr Kapitel als nur 19. Zurzeit läuft es immer mehr auf die 30 zu, ich werde einfach mal sehen. @Nocturn: Hihihi, hast dich ganz schön um Rigo gesorgt, oder? Nun ja, da muss schon mehr kommen als ein Seedrache, damit er den Löffel abgibt. Was die Unlogik des Kampfes mit Acuaryu angeht...Seedrachen sind einfach nicht besonders helle. Außerdem wollte er die Helden nicht mit seinem Magieblitz verkohlen, damit er sie noch fressen kann. Ist ja aber so oder so in die Hose gegangen, also was solls. @SilveryRaven: Ahh! Noch eine Drohung! Scheinbar muss ich wirklich aufpassen, dass ich diese Geschichte immer fleißig uploade, damit ich nicht irgendwann einen Kopf kürzer aufwache. Aber ich sehe das einfach als Ausdruck deiner Ungeduld an...hoffe ich doch zumindest... *nervösumblick* Also, los gehts: Kapitel XV - Dafems Vergangenheit Rigo saß bedächtig auf dem Boden der kleinen Hütte. Seine Schulterverletzung hatte sich nach Einnahme des Heiltrankes der Frau sofort geschlossen, nur ein inzwischen vertrautes Ziehen als Nachwirkung war zu spüren. "Es ist nicht gut, wenn wir lange hier bleiben", flüsterte er Aurora, Leafenisty und dem aufgekratzten Xab zu. "Das ist Dafems Heimatstadt, doch sie bürgt für ihn keine guten Erinnerungen. Wenn er es für passend empfindet, wird er euch erzählen warum." Die drei nickten zustimmend, obwohl man vor allem dem Gnom ansehen konnte, dass er am liebsten weiter nachgehakt hätte. Gleich darauf kam die Hausbesitzerin zurück aus dem Schlafzimmer. "Eurer Freundin geht es gut. Der Junge ist jedoch zusammengebrochen. Er schien ziemlich erschöpft." Sorglos huschte die Frau herüber zu der Kochnische in der Ecke und rührte in einem dort befindlichen Messingtopf herum. "Ich habe gerade gegessen, die Suppe ist noch warm. Wie gut, dass ich immer viel zu viel koche." Sie gab ein kurzes melodisches Lachen von sich und drehte sich herum, um ihre Besucher besser betrachten zu können. Sie schritt zu ihnen herüber, zwei Schüsseln in jeder Hand balancierend. "Es tut mir Leid, dass ich euch nicht mehr anbieten kann, doch meine Tochter müsste bald kommen und auch sie will etwas für den Magen." Sie strahlte die Gefährten freudig an, dann hob sie verwundert ihre Brauen. "Mir fällt gerade auf, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Lynna." Rigo, der bereits einen Löffel Suppe in den Schnabel geschoben hatte, verschluckte sich vor Überraschung und begann heftig zu husten. Lynna schaute ihn amüsiert an. "Ich habe doch gesagt, dass es noch warm ist.", meinte sie lächelnd. Der Avior nickte, obwohl das ganz und gar nicht der Grund seines Verschluckens gewesen war. Es war ihr Name gewesen: Lynna. Rigo versuchte sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. "Nun, das ist Leafenisty." "Eine Elfe, nicht wahr? Ihr tatet gut daran, in mein Haus zu kommen, denn die anderen Bewohner hätten euch womöglich noch verjagt. Ich habe nichts gegen Elfen. Es sind nur Vorurteile, die euch zu Feinden erklärt. Ich selbst hatte einst ein Kind, das immer mit Vorurteilen zu kämpfen hatte." Leafenisty lächelte verhalten. "Ich bin Xab, meines Zeichens Gnom, Alchemist und Händler!", posaunte der Gnom voller Stolz heraus. "Und meine Name ist Aurora." "Die Prinzessin aus Sagandor... solch edler Besuch in meinem Heim...", hauchte Lynna ehrfürchtig. "Tja, und schließlich wären da ich, Rigo, und unsere Freunde Melana und Aurum im Nebenzimmer.", schloss der Avior. Xab und Aurora starrten den Vogelmenschen verständnislos an. Aurum? Wieso nannte er Dafem denn Aurum? "Wo wir von euren Freunden sprechen, ich sollte noch einmal nach ihnen schauen." Lynnas blaue Augen funkelten fröhlich, während sie im Nebenzimmer verschwand und die Tür hinter sich schloss. Sofort brabbelte Xab los. "Hey! Was ist los? Wieso hast du Dafem nicht erwähnt? Und wer ist dieser Aurum? Haben wir denn noch einen Begleiter? Das muss mir doch jemand sagen!" "Aurum ist Dafems Deckname, wenn er nicht erkannt werden will.", erklärte Leafenisty. "Und wieso habt ihr ihn so genannt?", piepste Xab neugierig. "Weil dies Dafems früheres Zuhause war. Lynna ist seine Mutter. Bevor er vor etwa fünf Jahren von hier abhaute, lebte er mit ihr, Melissa und seiner zweiten Schwester Utosi zusammen." "Wieso ist er abgehauen?" Rigo seufzte traurig. "Das muss er euch selbst erzählen, ich mische mich da nicht ein." Es verging eine Zeit lang im Schweigen, bevor ein kräftiges Klopfen an der Tür zu hören war. Lynna kam sofort aus dem Schlafzimmer gerauscht und stellte sich lauschend dicht an die Tür. Es klopfte zweimal. Nach einer kurzen Pause klopfte es wieder zweimal. Danach folgte noch ein einzelnes Klopfen. Lynna entspannte sich erleichtert und öffnete sorglos die Tür. Da es draußen immer noch regnete, kam der Besucher rasch hereingehuscht. Während Lynna die Tür weder sorgsam verschloss, schüttelte sich der Besucher, so dass sich ein paar nasse Tropfen im Raum verteilten. Es war ein junges Mädchen, etwa vierzehn oder fünfzehn Jahre alt. Sie hatte lange schwarze Haare und braune Augen. Mit einem mürrischen Gesichtsausdruck zog sie sich ihre Jacke aus, wobei sie einen Blick auf die Besucher in ihrem Heim warf. Überrascht blickte sie herüber zu Lynna. "Mama? Wer sind diese Leute?" "Nur ein paar Gäste, Utosi. Sie haben Hilfe benötigt." Rigo und Leafenisty versuchten so gut wie möglich eine Miene aufzusetzen, die nicht verriet welche Unruhe in ihren Inneren herrschte. Die beiden konnten sich durch Dafems frühere Erzählungen sicher sein, dass sie Dafems Mutter, sowie seiner kleinen Schwester gegenüberstanden. Xab glotzte Utosi voller Neugier an. "Weshalb spielt ihr solche lustigen Klopfspiele?", grinste der Gnom gutgelaunt. Lynna blinzelte kurz, dann lächelte sie. "Das war unser Klopfzeichen." "Wozu braucht ihr so etwas? Schon bei uns wart ihr so misstrauisch.", erkundigte sich Leafenisty, während sie sich nachdenklich eine Haarsträhne hinter das Ohr strich. "Seit einiger Zeit verschwinden immer mehr Menschen aus Mid'tha", berichtete Utosi, die die Gäste als ungefährlich einstufte, obwohl sie Waffen bei sich trugen und einer von ihnen wahrscheinlich alleine mit seinen Klauen und dem Schnabel töten konnte. "Bei den Gräberfelsen sollen nachts unheimliche Stimmen durch den Wind flüstern und wer sich dorthin begibt, kommt nie mehr zurück. Es gab schon viele, die diesem Spuk auf den Grund gehen wollten. Ein paar Männer unseres Dorfes, eine Abenteurergruppe aus Mightran und ein Priester aus Sagandor. Keiner ist bisher zurückgekehrt." Grimmig schlurfte Utosi zur Kochecke und wrang ihre Jacke über einem leeren Topf aus. "Wenn mein Bruder hier wäre, hätte er die Vorfälle längst geklärt. Er war der Stärkste, den ich je gekannt habe", meinte sie, während ihre Augen trübe wurden. Lynna seufzte traurig. "Er ist weg, Utosi. Vor fünf Jahren ist er mit Melissa verschwunden. Wenn du in der Vergangenheit lebst, reißt du die alten Wunder im wieder von neuem auf." Utosi schnaubte wütend und stapfte ins Schlafzimmer. Wenige Sekunden später kam sie wieder zurück. "Da sind ja noch mehr! Wie viele Leute hast du hier denn einquartiert, Mama?" "Es sind Abenteurer. Das Mädchen und der Avior hier waren sehr schwer verletzt." Rigo nickte und klopfte wie zum Beweis auf seine eigene Schulter. "Das stimmt. Doch natürlich habt ihr Recht, dass wir euch nicht unnötig mit unserer Anwesenheit belästigen wollen." Wenn Dafem nicht entlarvt werden sollte, wäre es riskant, unnötig lange hier zu bleiben. "Oh, aber...", setzte Lynna an. Aurora brachte sie mit einer Handbewegung zum Verstummen. "Ich stimme unserem Freund zu. Morgen werden wir bereits weiterziehen. Vielen Dank für eure Gastfreundschaft." Die blonde Prinzessin schritt zur Tür und wartete, bis sich Rigo Melana und Dafem aus dem Nebenraum über die Schultern geworfen haben. Aurora öffnete die Tür und ließ ihn und Leafenisty in den strömenden Regen hinaus. "Lebt wohl!" Xab nickte fröhlich. "Ja! Lebt wohl, Familie Dafems!" Rigo riss entsetzt die goldenen Augen auf, zog den Gnom am Kragen aus dem Haus und schlug hinter Aurora die Tür zu. "Bist du des Wahnsinns?", zischte der Avior wütend, während er die restlichen Gefährten dazu anspornte, dass sie so schnell wie möglich von dem Haus wegkamen. Ein paar Augenblicke später kamen Lynna und Utosi aus der Hütte gestürmt. Sie achteten nicht auf den prasselnden Regen, der erbarmungslos auf sie niederging. "Wo seid ihr?", schrie Lynna verzweifelt. "Wer seid ihr? Woher kennt ihr den Namen meines Sohnes?" Doch die Gefährten waren bereits weiter ins Innere der Stadt geflohen, so dass es ihr unmöglich war sie noch zu erkennen. Schweigend stand sie vor ihrer Haustür, die Kleidung klebte nass an ihrem Körper. Feine Tröpfchen benetzten ihre Haare oder liefen ihr am Gesicht herab. So bemerkte man nicht, dass sie Tränen vergoss, die sich schnell mit dem Regen vermischten. "Mama, ich vermisse die beiden so...", schluchzte Utosi. Lynna drückte sie nah an sich. "Ich auch, mein Schatz... ich auch..." Die Abenteurer, vielleicht der einzige Anhaltspunkt zum Fundort ihrer Kinder, waren verschwunden wie flüchtige Geister. Zurück blieben Utosi und Lynna, der Überrest einer auseinander gerissenen Familie... "Wie konntest du so gedankenlos sein?", brüllte Rigo außer entsetzt. Sie hatten sich in einer Herberge untergebracht, mit der Bitte, dass ihre Anwesenheit geheim blieb. Der Gastwirt schien darüber äußerst froh. Jetzt saßen sie zusammen in einem von ihnen gemieteten Zimmer und Rigo hielt Xab eine gewaltige Standprädigt. "Glaubst du, ich habe Dafem nur aus Spaß mit anderem Namen genannt? Was hast du dir dabei gedacht?" "Was ist denn daran so schlimm? Warum willst du Dafem und seine Familie nicht zusammenführen?", gab Xab kleinlaut zurück, während er wie ein getadeltes Kind zu Boden schaute. "Das kann ich erklären...", flüsterte eine Stimme hinter ihnen. Die Gefährten drehten sich überrascht herum, während sich Dafem ächzend von einem Bett, das an der Wand stand, erhob. "Vielleicht solltest du noch liegen bleiben...", begann Aurora, doch Dafem schüttelte sofort den Kopf. "Nein. Ich war nur erschöpft. Und als ich dann meine Mutter gesehen habe..." Er brach ab und seufzte. "Schätze, dass ihr nun wissen wollt warum ich nicht mehr bei meiner Familie lebe." Xab nickte enthusiastisch, während Aurora mit ihren Händen eine geradezu abwehrende Haltung einnahm. "Du musst nicht..." "Das ist schon in Ordnung.", versicherte Dafem. "Nun, ich denke es fängt mit der Tatsache an, dass meine Schwester Melissa eine Halbdunkelelfe war. Kurz nachdem ich geboren wurde, entfernte sich meine Mutter zum Kräutersammeln sehr weit vom Dorf. Dort wurde sie von einem Dunkelelfen überrascht, der sie mit einem Kontrollzauber untertan machte. Das Ergebnis war Melissa, die neun Monate später zur Welt kam." Dafem verfiel in kurzes Schweigen und strich nachdenklich über die Kette an seinem Hals. "Von diesem Tag an wurde unsere Familie im Dorf unterdrückt und verleugnet. Es stimmt ja auch, dass Dunkelelfen böse Wesen sind, doch Melissa und meine Mutter konnten doch nichts dafür. Wir lebten unser Leben so gut es ging, bis zu dem Zeitpunkt an dem ich etwa vierzehn und Melissa dreizehn Jahre alt war. Utosi muss zu diesem Zeitpunkt neun gewesen sein. Vater hatte treu zu uns gehalten, bis er eines Tages einfach verschwand. Man fand ihn zwei Wochen später tot und verstümmelt nahe den Gräberfelsen." Bei dieser Stelle blieb Dafem die Stimme in der Kehle stecken und er musste sich erst räuspern, bevor er weiterreden konnte. "Und dann geschah etwas, etwa zwei Monate nach dem Tod meines Vaters. Melissa war zu Besuch bei der örtlichen Hexe, um zu lernen, wie sich ihre Dunkelelfenmagie nutzen und geregelt kontrollieren ließen. Die Hexe war wohl die Einzige, die Melissa respektierte. An diesem Tag trat jemand in das Haus der Hexe und unterbrach den Unterricht der beiden. Es war mein Vater." Xab und Aurora, die die Geschichte noch nicht kannten, verzogen verwundert das Gesicht. Wie sollte das gehen, wenn er schon tot war? "Lautlos trat mein Vater ein, ein langes Messer in der Hand. Ohne irgendein Wort erstach er die Hexe, ließ das Messer fallen und verschwand wieder. Melissa hatte die Leiche der Hexe voller Entsetzen in die Arme genommen, als einige Dorfbewohner ihr verzweifeltes Geschrei hörten. Sie sahen das Messer, Melissa und ihre blutgetränkte Kleidung und dachten nur noch eins: endlich konnten sie die Halbdunkelelfe, den Schandfleck Mid'thas, des Mordes beschuldigen und somit loswerden. Niemand glaubte ihr, dass unser toter Vater wieder aufgetaucht sein sollte. Melissa sollte öffentlich verbrannt werden. Als meine Schwester auf dem Scheiterhaufen stand, wollte ich sie nur noch schützen. Ich befreite sie und floh mit ihr unter den empörten Rufen aus Mid'tha. Bis heute." Ein bedrückendes Schweigen setzte ein, nachdem Dafem seine Geschichte geendet hatte. "Die Dorfbewohner sahen sich bestätigt, dass Melissa böse war", murmelte Aurora. Dafem nickte. "Während wir flohen, schrieen sie uns hinterher, wir sollten nie wieder unter ihre Augen treten. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Mutter weinte und die kleine Utosi an ihre Seite drückte. Der Schmerz zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab. Schon ab diesem Zeitpunkt stand für mich fest, dass ich nicht wieder nach Mid'tha zurückkehren würde. Ich wollte nicht, dass ich zurückkehre, um dann erneut fortgejagt zu werden und Lynna und Utosi wieder mit dem gleichen Schmerz zurücklassen zu müssen..." Keiner sagte mehr etwas und sie legten sich wortlos schlafen... Als Melana erwachte, war ihr erster Gedanke, dass es der Helligkeit nach zu urteilen Tag war. Ihr zweiter Gedanke war, dass sie einen stechenden Schmerz über ihrem linken Auge verspürte. Mühsam schälte sich die Halbelfe aus der Decke ihres Bettes. "...ein Bett?" Sie rappelte sich vorsichtig auf und sah sich um. Sie befand sich entweder in dem wenigsteingerichteten Haus Lutansiars oder in dem Zimmer eines billigen Gasthauses. Bei genauerem Überlegen entschloss sie sich für die zweite Variante. Es gab nur einen einzelnen Holzschrank, einen Tisch, zwei Stühle und zwei Betten. In einem lag sie, in dem anderen schnarchte Xab fröhlich vor sich hin. Die restlichen Gefährten lagen auf dem Boden verstreut und schliefen ebenfalls noch. Wieder durchzuckte ein scharfer Schmerz ihre Stirnfläche über dem linken Auge. "Was ist das?", grummelte Melana, während sie eine Hand darauf legte. Behutsam strich sie mit den Fingern unbestimmt über ihre glatte Haut, bis sie eine Unebenheit spürte. "Ich erinnere mich... dort hat mich der Seedrache getroffen." Verschwommene Erinnerungen an den Kampf mit Acuaryu traten in ihr Bewusstsein. Traurig ließ sie sich wieder auf ihr Bett fallen und schloss die Augen. Sie alle kämpfen. Sie alle beschützen mich... Warum kann ich nicht sein wie sie? Warum bin gerade ich so schwach? "Wie kann es sein, dass die Halbelfe und ihre Begleiter noch immer nicht von uns gefasst wurden?", brüllte Valnitar zornig. Vor seinem schwarzen Thron knieten Jodean und Dimitav. Der Schattenalp warf seinem Herrn einen kurzen Blick zu, bevor er den Kopf wieder untertänig sinken ließ. "Verzeiht Meister, doch wir stoßen auf unerwarteten Widerstand." "Es kann doch nicht so schwer sein ein paar mickrige Abenteurer zu vernichten!", keifte Valnitar wütend zurück. Jodean blieb stumm und wünschte sich, dass diese fürchterliche Besprechung bald vorbei wäre. "Die Abenteurer sind stark, das stimmt, doch ich meine ein anderes Problem. Auf der Gruppe liegt nämlich ein Bannkreis. Das heißt, dass wir uns nicht zu ihnen teleportieren und nicht einmal ihren Weg durch eine magische Glaskugel beobachten können." "Ein Bannkreis?", wiederholte Valnitar ungläubig. Dimitav nickte. "Das ist ein Zauber, den eigentlich nur Priester beherrschen. Überaus mächtige Priester." "Wie auch immer...", murmelte der Dunkelelf und wedelte mit einer Hand ungeduldig vor seinem Gesicht herum. "Jodean, du kannst gehen. Ich war mit deiner Eroberung Sagandors sehr zufrieden, auch wenn Fibathen und eine Hand voll Krieger entkommen konnten. Doch dieser armselige Rest stellt keine Gefahr mehr da!" Valnitar entfuhr ein eisiges Lachen. "Wie ich hörte, hast du Sagandor jetzt zu deinem Stützpunkt gemacht, lieber Jodean. Du sollst dort auch noch einige Gefangene festhalten. Als Belohnung für deinen Sieg darfst du mit ihnen machen was du willst. Ich bin mir sicher, dass es darunter einige Frauen deines Geschmackes gibt, mit denen du deinen... Spaß haben kannst..." Valnitar genoss den hungrigen Ausdruck, der sich auf Jodeans Gesicht schlich. Der Untergebene fuhr sich voller Vorfreude mit der Zungenspitze über die Lippen. "Vielen Dank, Meister." Er sang ein paar schnelle Worte der Magie und sprach so einen Warpzauber, der ihn in sekundenschnelle aus den unterirdischen Gewölben verschwinden und in Sagandor wieder auftauchen ließ. So blieben nur Dimitav und Valnitar in den Katakomben zurück. Der Schattenalp starrte seinen Meister ausdruckslos an. "Nun...lieber Dimitav...kurieren deine Wunden langsam?", höhnte der Dunkelelf abfällig. Dimitav schnaubte zornig. "Gewiss. Der Priester hatte mich schwer verletzt, doch in nächster Zeit werde ich wieder völlig genesen sein." "Das möchte ich für dich hoffen." Die glühenden roten Augen des Schattenalps brannten voller Hass, als er sich mit zu Fäusten geballten Händen abwandte und den Raum verließ. Wenn er die verdammte Krone nicht hätte, würde ich ihn sofort töten... hmm... Dafems Bande ist nach Yscentos Berichten jetzt irgendwo in ihrem Gebiet... Yscento wird sie in der Luft zerreißen... Als Melana das zweite Mal erwachte, waren ihre Sachen nassgeschwitzt. Die Träume von Valnitar und den dunklen Katakomben wurden jedes Mal klarer und sie erinnerte sich an immer mehr Geschehnisse, die während des Traumes passierten. Diesmal hatte es so echt gewirkt, als würde sie direkt neben dem Dunkelelfen und seinen Handlangern stehen. Es war Torheit diese Träume als unwichtig abzutun, denn sie waren einfach zu häufig und realistisch. Es war fast etwas wie eine Vision. Die anderen Gefährten waren bereits wach und verspeisten so leise wie möglich ein spärliches Frühstück, um Melana nicht zu wecken. Die Halbelfe richtete sich im Bett auf und strich sich die verschwitzten roten Haare aus dem Gesicht. Dabei berührten ihre Finger flüchtig die unebene Stelle über ihrem linken Auge. Was auch immer da war, es verursachte ein fürchterliches Stechen. "Was ist das nur?" Als die Gefährten die Stimme ihrer Halbelfenmagierin vernahmen, wandten alle gleichzeitig ihre Köpfe in ihre Richtung. Melana errötete verlegen und murmelte etwas Unverständliches. Xab sprang sofort von seinem Platz auf und hielt ihr einen wertvoll wirkenden Spiegel mit einem verzierten Rahmen aus schwarzem Holz hin. Die Halbelfe nahm ihn verwundert an. "Das ist es, was ich damals bei Dimitavs Sachen in Sagandor gefunden habe! Toll, nicht? Ich wollte euch die ganze Zeit davon erzählen, doch bei all den Abenteuern habe ich es immer wieder vergessen." Melana hörte dem Gnom gar nicht zu. Sie starrte sprachlos ihr Spiegelbild an und beäugte erschüttert die Narbe, die sich von über dem linken Auge aus bis zum Ohr entlang zog, und fuhr sie geistesabwesend mit einem Finger nach. "Eine Narbe..." Rigo versuchte mit seinem Schnabel ein Grinsen zu erzeugen. "Ja, jetzt bist du eine richtige Abenteurerin. Wir alle tragen Narben und jede erzählt eine eigene Geschichte, die uns zu dem machen was wir sind. Wenn mein Körper nicht mit Federn bedeckt wäre, sähe ich wahrscheinlich aus, als wäre jemand mit einer Vielzahl von Rasierklingen über mich hergefallen." Melana lauschte nur halbherzig. Ihr Blick hing immer noch an dem Überbleibsel ihrer Wunde und sie berührte das ungewöhnlich warme Glas des Spiegels. "Warum hatte Dimitav einen Spiegel?" "Merkwürdig, nicht?", piepste Xab aufgeregt. "Ich meine wozu sieht sich ein Schattenalp sein durchsichtiges Gesicht an?" Melana zuckte mit den Schultern und gab dem Gnom seinen Spiegel zurück. Danach schlüpfte sie vorsichtig aus dem Bett und schritt ohne auf die anderen zu achten ans Fenster. Der blanke Steinboden war kalt an ihren Füßen, das lange helle Nachthemd umspielte ihre Knöchel. "Was ist das dort draußen?", flüsterte sie. Auf der Schotterstraße vor dem Gasthaus stolperte ein junges schwarzhaariges Mädchen entlang. Bis auf sie war es draußen wie leergefegt. "Das ist... Utosi...", murmelte Dafem, der neben sie ans Fenster getreten war. Leafenisty räusperte sich übertrieben. "Wir haben sie gestern gesehen", gab die Elfe zu. "Sie sieht verletzt aus...", meinte Melana. Ehe sie sich versah, war Dafem durch den Raum gesprintet und durch die Tür davon gestürmt. Die anderen sahen sich einen Moment lang an, dann rannten auch sie hinterher. Nur Melana blieb unsicher zurück. Sie sah an dem weißen Nachthemd herab, das schwitzig an ihr klebte und ihre Kurven ziemlich genau hervorhob. "Mist!" Hastig lockerte sie das Gewand ein wenig und warf sich letztendlich ihren Umhang um die Schultern, bevor sie den Gefährten aus der Tür folgte. Als sie unter den Blicken einiger glotzender oder hasserfüllter Menschen auf die Straße trat, hockten die Gefährten bereits besorgt neben der schwer atmenden Utosi. Das Mädchen krallte sich an Auroras Rockzipfel. Sie lag in einer Lache ihres eigenen Blutes. "Bei Ampara, Ilerdt und all den anderen Göttern, was ist bloß passiert?" Kapitel 16: Wiedersehen bei den Gräberfelsen -------------------------------------------- Hmm...so...ich weiß, dass das letzte Kapitel nicht so der Hammer war, zumindest in meinen Augen. Dieses Kapitel gefällt mir da schon eher. Also, viel Spaß damit! (Ihr könnt übrigens natürlich immer sagen, wenn euch ein Kapitel oder irgendetwas nicht gefällt, ich bitte sogar darum!) Hier kommt Kapitel XVI !!! @mitsuki11: Hach, ich kann mich immer nur wieder für deine treue Bgeleitschaft bei meinen Geschichten bedanken. Vielen Dank für all die aufbauenden Kommis, sie helfen mir wirklich immer über meine Schreibblockaden, die mich manchmal befallen. @SylverMortal: Ich hoffe, ich kann deinem Heißhunger auf neue Kaps hiermit Abhilfe schaffen *g* Zur Zeit hält die Schreibgöttin ihre Hand nur teilweise über mich. Kennt ihr das? Nurnoch etwa 3 Kapitel zu schreiben und plötzlich will es irgendwie nicht richtig... Naja, Utosi lasse ich übrigens leben (Ich bin kein Sadist, der kleine Mädchen killt *g*) @Nocturn: Sorry, werden wirklich "nur" etwa 30 Kapitel. Vielleicht auch 31 oder 32 plus ein Epilog. Mal sehen, wird schon werden. Ansonsten: Hier gehts weiter, also viel Spaß beim Lesen!!! Kapitel XVI - Wiedersehen bei den Gräberfelsen Ohne auch einen weiteren Gedanken zu verschwenden zupfte Aurora sanft aber bestimmt Utosis Hand von ihrem Rock und nahm das Mädchen auf die Arme. Mit einem Kopfnicken deutete die Prinzessin auf den Eingang des Gasthauses. Sofort liefen die Gefährten zurück in ihr gemietetes Zimmer. Melana stolperte mit einem entsetzten Gesichtsausdruck als letzte in den Raum und schloss die Tür gedankenverloren hinter sich, während Aurora Utosi vorsichtig auf das Bett legte. Ihr grüngoldener Magiebrustpanzer war mit dem Blut des Mädchens beschmiert, doch es störte sie nicht. Stattdessen beobachtete sie schweigend, wie Leafenisty analysierend den Körper der kleinen Schwester Dafems begutachtete. Die Elfe kannte sich durch ihr Leben im Wald bestens mit Kräuterkunde und Heilpraktiken aus. "Das sieht übel aus... ich glaube, diese Wunden stammen von Dolchen... oder kleinen Schwertern..." "Wer könnte so etwas getan haben?", krächzte Dafem mit trockener Kehle. Leafenisty sah ihn ratlos an und hob die Schultern. "Keine Ahnung... aber auf jeden Fall ein Sadist." Mit einem geübten Handgriff zog die Druidin ein Messer aus einer versteckten Lederscheide in ihrem Ärmel. Sie zertrennte die Kleidung Utosis mit einem einzelnen Schnitt, um sich ihre Wunden genauer ansehen zu können. Blutige Striemen zogen sich über ihren ganzen zierlichen Körper. "Schlimm, sehr schlimm... Xab, ich brauche deinen Kräutervorrat. Rigo und Aurora, sucht bitte in ganz Mid'tha, ob ihr nicht vielleicht einen Heiltrank auftreiben könnt. Dafem und Melana, ihr helft mir." Leafenisty verbrachte viel Zeit an Utosis Bett. Sie beauftragte Xab aus seinen Kräutern, die er normalerweise für seine Tränke benutzte, Pasten herzustellen, die sie dann auf Utosis Wunden auftrug. Rigo und Aurora kehrten schon bald erfolglos von ihrer Suche zurück. Sie berichteten betrübt, dass selbst in Lynnas Haus niemand aufgemacht hätte. Schließlich beendete Leafenisty ihre Behandlung und lehnte sich seufzend in ihrem Stuhl zurück. "Den Rest muss die Zeit zeigen... Jetzt wäre ein Priester genau richtig, ich kenne nur einige kleine Gebete, die nicht viel helfen werden." "Sprich sie trotzdem...", ermutigte Melana. Die Elfe schien ein wenig verlegen, doch nach einem Blick auf Dafem nickte sie. Abwesend strich sie sich eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht, dann kniete sie sich vor Utosis Bett nieder und faltete die Hände ineinander, wobei sie sich mit den Ellenbogen auf der Bettkante abstützte. "Schicksalsgott Ilerdt, verleihe ihr Mut... Lichtgöttin Ampara, mach alles wieder gut... Liebesgöttin Lili, schenke ihr deine Liebe... Kriegsgott Gurdot, gib ihr Friede... Zuletzt noch Opelaryn, der Gott der Dunkelheit... Nimm deine Schatten von ihr, es ist noch nicht ihr Zeit..." Leafenisty wiederholte das Gebt noch ein paar Mal, bis Dafem seine Hände sacht über ihre legte und lächelte. "Vielen Dank, Leaf. Vielen Dank für alles, was du für meine Schwester getan hast..." "Bitte...", meinte die Elfe verschüchtert. Ihre sonst so blassen Wangen färbten sie ein wenig rötlich. "Das macht mich verlegen." Melana, die der Szene mit einem merkwürdig flauen Gefühl im Magen gefolgt war, wollte gerade irgendetwas sagen um die beiden voneinander abzulenken, als Utosi sich in dem Bett auf die Seite wälzte und schwach stöhnte. Schon im nächsten Augenblick öffnete sie blinzelnd ihre Augen und starrte in Leafenistys erwartendes Gesicht. "Mutter... ich muss zu meiner Mutter...", flüsterte sie. "Hey, bleib lieber erst mal liegen!", meinten Rigo und Aurora gleichzeitig, während sie ebenfalls an ihr Bett traten. Der kleine Xab zwängte sich an ihnen vorbei und winkte ihr ausgelassen mit dem Händchen vor dem Gesicht herum. "Ohhh! Das liegt selbstverständlich an meinen Kräutern! Zuntaskraut, Astesk und ein Blütenblatt der blauen Regenblume. Ich hoffe doch, das hat geholfen, die blaue Regenblume ist nämlich fürchterlich selten. Ich weiß noch, als ich einmal vor einer Gruppe wilder Barbarenzwerge mit ihren Kampfratten geflohen bin, weil ich eine dieser Pflanzen aus ihrem Lager ge-" Der Gnom verstummte durch Rigos Klauenhand, die sich über seinen Mund gelegt hatte. Der Avior grinste wieder sein groteskes Schnabelgrinsen. "Er ist ein wenig lebendig...", erklärte er lachend. "Ich...kenne euch...doch... Gestern wart ihr... bei uns..." Plötzlich schien sich Utosi an etwas zu erinnern und versuchte sich aus dem Bett zu hieven, doch Leafenisty drückte sie sanft zurück in die Kissen. "Lass...mich...", wehrte sich Utosi. "Ich... muss... zu Mutter! Sonst... bringen... sie sie um..." "Wer? Was ist passiert, dass du so verletzt bist?", fragte Dafem und trat näher, ohne darauf zu achten, dass seine kleine Schwester ihn womöglich erkennen könnte. "Sie waren vermummt... brachen in unser Haus ein..." Langsam wurde die Stimme Utosis wieder kräftiger: "Sie haben mich angegriffen und Mama mitgenommen... Sie sagten, sie bräuchten Mutter um jemand anderes zu locken... Ich soll zu den Gräberfelsen kommen... Sonst töten sie Mutter!" Dafem schreckte entsetzt zurück. "Ich muss gehen! Ich muss zu Mutter!", krächzte Utosi widerspenstig. Sie hatte inzwischen genug Kraft, um es Leafenisty mehr als schwer zu machen sie im Bett zu halten. Unaufgefordert trat Rigo dazu und drückte sie mithilfe seiner übermenschlichen Kräfte spielend zu Boden. "Ich muss gehen!" "Du bist noch verletzt", versuchte die Elfe zu erklären, doch Utosi schüttelte heftig den Kopf. Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Ich muss gehen! Ich lasse Mutter nicht sterben! Seit mein Bruder und meine Schwester weg sind, habe ich doch nur noch sie! Ich lasse sie nicht im Stich! Ich verliere nicht auch noch sie!" Das schwarzhaarige Mädchen schaffte es tatsächlich, sich geschickt aus Rigos Griff herauszudrehen, aus dem Bett zu springen und zur Tür zu laufen, doch dann hielt Dafem sie fest am Handgelenk zurück. "Lass mich!", fauchte Utosi und starrte den Abenteurer an. "Wo sind die Gräberfelsen?", zischte er eindringlich. "Wieso-" "Wo sind die Gräberfelsen?", schrie Dafem ungehalten. In seinen Augen loderte ein inneres Feuer, wie es bei ihm schon lange nicht mehr gesehen wurde. "E-etwa eine Meile nach Norden. M-man sieht sie bereits von der Straße aus.", antwortete Utosi eingeschüchtert. Dafem nickte zufrieden und packte seine jüngere Schwester an den Schultern. "Hör mir jetzt genau zu, Utosi! Du bleibst hier! Ich gehe!" "Was? Nein! Dort verschwinden in letzter Zeit ständig Menschen! Ich muss zu Mutter!" "Ich bringe Mutter zurück, also bleib hier bis wir wieder zurück sind! Xab du leistet ihr Gesellschaft! Der Rest kann entscheiden wie es ihnen beliebt!" "Ich komme mit!", riefen alle gleichzeitig. Xab seufzte traurig. "Wieso kann ich nicht mit euch gehen? Das wird sicher ein großartiges Abenteuer!" "Einer muss auf Utosi aufpassen." Dafem gürtete in aller Hast sein Schwert um die Hüfte und warf sich den Rucksack über die Schultern. Ich rette dich, Mutter! Kaum bin ich hier, befindest du dich in Gefahr! Das kann kein Zufall sein, nicht wenn uns so viele Feinde auf den Fersen sind! Ich komme, Mutter! Die anderen traten eilig aus dem Zimmer, bis Dafem als letzter noch einmal im Türrahmen stehen blieb, den Rücken zu Utosi gewandt. "Wartet hier auf uns. Ich verspreche dir Utosi, ich bringe Mama zurück!" Mit diesen Worten schloss der Abenteurer die Tür hinter sich und ließ ein verwirrtes schwarzhaariges Mädchen zurück. War das etwa... er...? Die Gräberfelsen trugen ihren Namen nicht ohne Grund, denn es war wohl der unheimlichste Ort, an dem Aurora je gewesen war. Zweifelsohne hatte sie noch nicht viel von Lutansiar gesehen, meiste Zeit hatte sie sich in Sagandor oder den nahe liegenden Ländereien aufgehalten. Aber dennoch spürte sie den Tod, der um sie herum herrschte. Die Gräberfelsen waren eigentlich nur ein einzelner Berg, der so mit messerscharfen Klippen und scharfzackigen Vorsprüngen übersät war, dass man ihn glatt für ein ganzes Gebirge halten konnte. Dunkler Nebel waberte in der Umgebung der Gräberfelsen. Ein einzelnes schwarzes Loch führte tief ins Innere, wie ein klaffendes, zahnloses Maul. Der Boden unter ihren Füßen knirschte wie die knochigen Gebeine der Toten. "Ein schauriger Ort...", murmelte Melana bedrückt. Leafenisty nickte zustimmend. "Die Erde ist verdorrt. Die Luft ist stumm. Ich spüre hier nur unendliche Trauer und Kälte. Die Gräberfelsen... ein unheilverkündender Name." Auf Dafems Zügen erschien ein trübes Lächeln. "Wir aus Mid'tha begruben dort stets unsere Verstorbenen." Schließlich standen die Gefährten direkt vor dem Eingang der Höhlen, die sich tief im Herzen der Gräberfelsen befanden. "Ganz schon dunkel.", meinte Rigo. "Ich könnte darin noch sehen, doch ihr werdet so gut wie blind sein." Melana trat einen Schritt vor und lugte in die Tunnelöffnung. Dann sprach sie ein paar kurze Worte der Magie. Der blutrote Edelstein an der Spitze ihres Rubinsteckens erglühte in einem roten Licht. Zufrieden tauchte die Halbelfe in die Dunkelheit der Gräberfelsen ein, auch wenn die Elfe in ihr unterirdische Gefilde zutiefst verabscheute. Auch Leafenisty tat sich schwer einzutreten. Nur Rigo schien sich daran nicht im Mindesten zu stören, was nicht nur an seinen goldenen Raubvogelaugen zu legen schien. "Wisst ihr, das Reich von uns Avioren im Nordwesten besteht auch aus Höhlensystemen tief in einer hohen Gebirgskette." Ein plötzlicher gedämpfter Schrei aus weiter Ferne ließ die Gefährten zusammenzucken. Weit tiefer in der Höhle zuckten weiße Blitze. "Das ist sicher nicht Mutter...", grübelte Dafem. "Siehst du was, Rigo?" Der Avior schüttelte geistesabwesend den Kopf. "Wir sollten uns das mal ansehen...vorsichtig..." Aurora zog ihre zwei Schwerter mit einem hohen Sirren aus ihren Scheiden. Rigo und Dafem taten es ihr gleich. "Haltet euch bereit", flüsterte Rigo. "Wir wissen nicht, wer Lynna entführt hat, noch wie stark sie sind. Vielleicht sind es nur dahergelaufene Diebe. Aber es könnten auch unsere Feinde sein." Bedächtig näherten sich die Gefährten. Der sandige Boden unter ihren Füßen knirschte. Sonst war es völlig still. Zu still. Als in der Ferne wieder Stimmen und weiße Blitze zu hören waren, knallte es plötzlich hinter ihnen. Sie wirbelten herum. Aurora lief sofort ein paar Schritte zurück, bis sie abrupt stehen blieb und mitten in der Luft nach etwas zu greifen schien. "Das ist merkwürdig. Hier ist nichts, keine Wand. Und doch befindet sich da ein Widerstand. Wir kommen nicht zurück." "Eine Magiesperre", erläuterte Melana sofort, während sie nachdenklich an der unsichtbaren Wand herumtastete. Die Halbelfe sprach verschiedene Zauberformeln aus, Bannsprüche, Entzauberungen oder Gegenflüche, doch nichts half. "Ich schaffe es nicht. Ich kann die Magiesperre nicht entfernen...", jammerte Melana verzweifelt. "Mist! Wozu bin ich eine Magierin, wenn ich nicht mal einen einfachen Schutzzauber entfernen kann?!" "Das ist schon in Ordnung...", begann Rigo, doch Melana ließ ihn nicht ausreden. "Nichts ist in Ordnung! Ihr alle beschützt mich und kämpft für Lutansiar! Und was habe ich bisher getan? Eine handvoll Goblins besiegt, so etwas kann jeder!" "Hey...beruhige dich...", meinte Dafem aufmunternd, während er eine Hand auf ihre Schulter legte. Melana rang sich ein Lächeln ab und strich mit ihrer Hand über die seine. "Tut mir Leid... I-ich wollte nicht..." "Schon gut." "Ich will nicht unterbrechen...", mischte sich Leafenisty grob ein. "...aber wie es aussieht, sitzen wir in der Falle. Wir können nur vorwärts gehen." Gesagt, getan. Der dunkle Tunnel durch die Gräberfelsen wurde immer höher und breiter, bis er letztendlich in einer gewaltigen Höhle endete, deren Decke über und über mit spitzen Stalagmiten bedeckt war. Gegenüber führte ein weiterer Tunnel noch tiefer in das Herz der Gräberfelsen. Von diesem Ort mussten die Kampfgeräusche und die weißen Blitze stammen. Als die Gefährten hinter Melanas weisendem Stablicht in die riesige Höhle traten, stockte ihnen der Atem. An dieser Stelle wurden Mid'thas Tote der Erde beigeführt, doch wo eigentlich die Leichen vergraben sein sollten, befanden sich nur klaffende Löcher und Berge voller aufgeschütteter Erde. Fast als hätte jemand die Toten ausgegraben. Aurora durchfuhr ein Schauer, als sie an diese Möglichkeit dachte. "Bei der Lichtgöttin Ampara, welch grausige Blasphemie ging hier vor sich?", murmelte Leafenisty. Sie fasste sich mit Zeige- und Mittelfinger an die Stirn, ein elfisches Zeichen um Böses abzuwehren. Die Druidin spürte eine unheimliche Kälte, die nach ihrem Herz griff und sich in blinde Furcht verwandelte. Auch die anderen Gefährten fühlten dies und erinnerten sich dabei voller Grauen an den Schattenalp Dimitav, der während seiner Anwesenheit das gleiche Gefühl verbreitete... Rigo erkannte mit seinen scharfen Augen als Erster das Paar glühendroter Augen, das aus einem der aufgerissenen Erdlöcher herausstarrte. Dann stieg eine Knochenhand aus den düsteren Tiefen, begleitet von einer zweiten. Aus dem Grab erhob sich ein Skelett aus vergilbten Knochen, den Schädelmund in eine leere Geste des Schreiens verzerrt. Es durchbohrte die Gefährten mit seinen feurigen Lichtern, die in den dunklen Augenhöhlen lagen. Auch in den anderen Gräbern stiegen jetzt immer mehr Gerippe auf. Schon bald waren die Kameraden von einer beachtlichen Anzahl aus Skeletten eingekreist. "Das ist eine Falle...Wir hätten niemals herkommen dürfen...", flüsterte Dafem. Wütend schlug der Abenteurer einem der Untoten die knochigen Beine ab. Die Überreste des Skelettes zuckten kurze Zeit unkontrollierbar, dann fügten sie sich wieder perfekt zusammen. Das Skelett stand erneut vor ihnen, als wäre nichts geschehen. "Ihr könnt uns nicht töten...", zischte der Untote mit krächzender alter Stimme. "...denn wir sind bereits tot... Meister Yscento hat aufgetragen euch zu töten... hier... und jetzt..." Wie auf ein Zeichen hin stürmten die Dutzend Skelette gleichzeitig auf sie zu. Dafem, Aurora und Rigo streckten mehrere mit ihren Schwertern nieder, Leafenisty beschwor mit einer Handbewegung einen magischen Druidenwind, der ein paar gegen die Wände schmetterte und Melana zertrümmerte splitternd einen Knochenschädel mit ihrem Rubinstecken. Doch wie schon zufuhr fügten sich die Skelette ohne Probleme wieder zusammen. "So könnt ihr sie nicht besiegen!", rief eine kräftige Stimme aus dem zweiten Tunnel. "Ampara, Göttin des Lichtes, euer getreuer Diener bittet um die Macht, diesen geplagten Seelen Frieden zu geben!" Weißes Licht entflammte in einem hellen Strahl, der jedes der Skelette erfasste und zu Staub zerfallen ließ. Aurora hatte die Stimme sofort erkannt, obwohl sie sie schon lange nicht mehr gehört hatte. "Estilor!", rief sie glücklich. Tatsächlich trat Estilor, Priester Amparas und Vertrauter König Fibathens von Sagandor, aus den Schatten des Tunnels in die Höhle. Seine weißgelben Priesterroben waren abgewetzt, das graue Haar hing ihm strähnig ins Gesicht. Der Königspriester kratzte sich nachdenklich an seinem eisengrauen Stoppelbart, während die andere Hand den langen Stab aus weißem halbdurchsichtigem Edelstein umklammert hielt. "Estilor! Was tust du hier? Wie kommst du hier her? Was für Kreaturen bekämpften wir?", sprudelte es aus Aurora heraus. Der Priester beschwichtigte sie lächelnd mit einer kurzen Handbewegung. "Schon seit einiger Zeit verschwinden hier stetig Menschen. Herr Fibathen sandte mich aus, um der Sache auf den Grund zu gehen. Scheinbar steckt eine Nekromantenmagierin dahinter, die Tote beschwört und über sie herrscht." Die grauen Augen Estilors wanderten neugierig über die Gefährten. Scheinbar war jetzt noch eine Elfe bei ihnen. Der Gnom war dafür verschwunden. "Aber wieso seid ihr hier, Prinzessin? Ich dachte, ihr würdet nur nach Zestarin reisen, mit Chemir reden und wieder nach Sagandor zurückkehren." Aurora sah den alten Priester mit großen Augen an. Er wusste es noch nicht! Woher auch? "Estilor, Sagandor ist vor zwei Tagen gefallen! Nur Vater und eine handvoll Leute konnten fliehen. Das sagten uns zumindest die Magier in Zestarin, die mit ihren Kristallkugeln alles beobachtet haben wollen." "Schlimme Kunde, die ihr da bringt", murmelte Estilor ohne eine sichtbare Miene zu verziehen, den Schmerz verbarg er tief in sich, ohne es den anderen zu zeigen. Dafem nickte zustimmend. "Wir wollen nach Mightran, um dort Fibathen zu treffen. Vorher gehen wir noch zum Einsamen Berg, damit wir mehr über Melanas Rubinstecken erfahren können. Zumindest, wenn wir das hier überleben..." Der Abenteurer stocherte vorsichtig mit der Schwertspitze in der Asche der Skelette, als befürchte er, dass sich diese wieder zusammensetzen würde. "Sei unbesorgt. Ich habe sie zurück ins Totenreich gebannt", erklärte Estilor gelassen. Leafenisty beobachtete den Alten interessiert. "Ich habe schon gehört, dass Priester mächtige Magie um Tod und Leben beherrschen." "Hast du Dimitav dann damals doch getötet?", fragte Melana verwirrt. Estilor schüttelte kaum merklich den Kopf. "Dieser Schattenalp war zu mächtig, um ihn einfach zu vernichten. Die Skelette hier wurden nur durch die Magie eines Nekromanten wieder belebt. Ich befürchte, dass der Nekromant hier irgendwo auf der Lauer liegt. Wahrscheinlich ist er ein Untergebener Valnitars, der das umliegende Gebiet kontrollieren soll." Dafem seufzte traurig. "Dann wurde meine Mutter wirklich nur entführt, um uns hierher zu locken... Es scheint mein Schicksal, dass die Menschen, die mir nahe stehen, immer in Gefahr geraten. Wieso muss mir Ilerdt solch eine Bürde auferlegen?" "Da würde ich mir keine Sorgen machen... denn dein Leben endet hier...", zischte eine Stimme, eiskalt, schrill und grausam. Eine weitere Gestalt trat aus dem Schatten. Sie trug eine pechschwarze Robe, die sie mit der Dunkelheit verschmelzen ließ, übersät mit magischen Runen, gemalt aus roter Farbe. Doch es war keine Farbe... es war Blut... "Es ist ein Ehre, den berühmten Dafem und seine kleine Gruppe aus Widerstandskämpfern kennenzulernen. Man nennt mich Yscento. Ich bin eine Nekromantin." Die Totenbeschwörerin verbeugte sich abfällig und grinste die Gefährten hämisch an. "Ich wurde beauftragt euch alle zu töten, bis auf die Halbelfe... also nehmt Abschied von dieser Welt..." Kapitel 17: Yscento, Herrin der Untoten --------------------------------------- Hajaa, ich schicke ein neues Kapitel an den Start. Die kurze Storyline von Dafems Heimat ist übrigens stark an Kenshin gelehnt. Ich schäme mich, dass ich das getan habe, aber der Manga ist so geil und ich fand des so stark, dass ich da "ein wenig" imitiert habe. Habt trotzdem Spaß damit *inEckeverkrich* Hier kommt Kapitel XVII !!! @Bensen: Hi, ich fühle mich geehrt, auch von dir ein dickes Lob zu bekommen. Für alle, die es nicht mitbekommen haben: Das ist Bensen, mein Freund und Klassenkamerad, der mir immer Unterstützung gibt und ein wenig Beta liest. Vielen Dank!!! @mitsuki11: Fragen über Fragen, die alle noch in diesem Kapitel beantwortet werden. Lies einfach und seh selbst! Außerdem wie immer danke für dein Kommi! @SylverMortal: Hmm...ich fürchte, zu "Zickenterror" wird es eher nicht kommen. Es gibt bald ein Ereignis was ziemlich...hmm...naja, ich will nichts vorwegnehmen, aber es passiert bald etwas...was das Verhältnis der drei recht...verändern...wird. Aber nicht so, wie die meisten das jetzt vielleicht denken ^^ @Nocturn: Ich finde es traurig, dass ihr Estilor so misstraut. Immerhin hat er die Gefährten damals vor Dimitav gerettet. Ihr glaubt, er ist nicht ganz geheuer? Wir werden sehen *fg* So, los gehts: Kapitel XVII - Yscento, Herrin der Untoten "Ich wurde beauftragt euch alle zu töten, bis auf die Halbelfe... also nehmt Abschied von dieser Welt..." Melana zitterte am ganzen Körper. Ihre grünen Augen fixierten die verkrusteten Zeichen auf der schwarzen Robe der Nekromantin Yscento. Die Schwarzmagierin spürte den Blick der Halbelfe sofort. "Ah ja, du hast bereits meinen ganzen Stolz entdeckt. Die Runen, geschrieben mit Blut von Magiern, verstärken meine Kräfte um ein Vielfaches! Besonders das Blut der Dorfhexe vor fünf Jahren gefällt mir. Es klebt so gut an meiner Kleidung wie am ersten Tag!" "Dorfhexe vor fünf Jahren?", wiederholte Dafem ungläubig. Yscento nickte mit einem boshaften Grinsen im Gesicht. "Oh ja, ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen. Du weißt es sicher auch noch. Wie diese Halbdunkelelfe Melissa für ihren Tod verantwortlich gemacht wurde? Dabei war ich es! Ich beschwor euren Vater aus dem Totenreich und ließ ihn die Dorfhexe töten. Natürlich glaubte niemand Melissa, war es nicht so? Seit ihr nicht dadurch Abenteurer geworden?" Dafem knirschte mit den Zähnen. Er umklammerte sein Schwert so stark, dass die Adern an seinem Arm hervortraten. "Du warst das?", schrie der Blondhaarige ungehalten. Yscento nickte feixend mit dem Kopf. "Und nicht nur das.", grinste sie, "Nachdem du und deine Halbschwester aus dem Dorf geflohen seid, wart ihr meinem Meister Valnitar und mir immer ein Dorn im Auge. Ihr zerschlugt Banden von Goblins, Hobgoblins, Orks und Ogern. Für euch waren das nur simple böse Kreaturen, doch eigentlich bereiteten wir schon damals den Krieg gegen Lutansiar vor. Ihr habt mehrere unserer Truppen vernichtet und damit unsere Pläne arg verlangsamt." Yscento begann gelangweilt mit der Hand zu kreisen. "Deswegen haben wir euch stets Gegner auf den Hals gehetzt. Ich weiß warum du dich nie niedergelassen hast. Erinnerst du dich daran, als du es einmal versucht hast, als du einmal eine Zeit lang in einem kleinen Dorf gelebt hast? Es wurde vollkommen zerstört! Von Goblins! Unseren Goblins!" Dafem wich schockiert ein paar Schritte zurück. Die Gefährten starrten ihn mitleidig an. Das hatte keiner von ihnen gewusst, nicht einmal Rigo. Das musste passiert sein, noch bevor dieser zu Melissa und Dafem gestoßen war. "Also ist alles eure Schuld! Du, Valnitar, Jodean, Dimitav und wie sie alle heißen! Ihr seid schuld, dass ich und meine Schwester nie ein normales Leben hatten! Ihr seid schuld, dass die, die uns nahe standen und stehen immer in Gefahr geraten!" "Wo wir gerade davon reden", bemerkte Yscento beiläufig. Sie schnippte kurz mit dem Finger. Aus den Tiefen des Tunnels traten zwei Skelette hervor. In ihren Armen trugen sie... Lynna! "Mutter!", rief Dafem entsetzt. Sie rührte sich nicht. Lebte sie überhaupt noch? Der Abenteurer wollte auf Lynna zurennen, doch Estilor hielt ihn zurück. "Gefühle trüben den Geist beim Kampf. Du darfst nicht blindlings in die Arme der Feinde laufen", murmelte der Priester sanft. "Keine Angst, Dafem. Sie lebt noch! Ich spüre das!", versicherte Melana. Yscento warf den Gefährten einen beeindruckten Blick zu. "Du hast eine erstaunliche Truppe um dich gescharrt. Obwohl mir Melissa besser gefiel. Außer natürlich, als ihr Körper von den Wölfen zerrissen worden war." Die Nekromantin lachte schrill. "Was?", stieß Rigo aus. Yscento beäugte den Avior belustigt, dann lachte sie wieder. "Meine Güte, wie naiv ihr doch seid. Habt ihr es immer noch nicht verstanden? Wir wollten Dafem und Melissa schon immer töten! Und schließlich haben wir es geschafft, zumindest bei ihr! Diese Wölfe damals waren meine Untergebenen. Sie waren ebenfalls Untote. Untote Höllenhunde!" während Yscento sprach, traten immer mehr Skelette mit rot glühenden Augen aus dem Schatten. Dafem musste sich zusammenreißen um nicht wieder vor Zorn zu schreien. Er biss sich auf die Unterlippe, so hart, dass ein dünner Blutfaden an seinem Kinn herab lief. "Ihr habt Melissa getötet... ihr habt sie umgebracht...?", flüsterte er mit unterdrückten Hass. Dann schüttelte er ohne Vorwarnung Estilors Hand von seiner Schulter und stürzte auf Yscento zu. Sofort versperrten vier Skelette den Weg, die bleichen Schwerter drohend erhoben. "Bringt ihn um", befahl die Nekromantin ihren Untergebenen beiläufig. Mit einem wilden Zischen fuhren die Klingen auf Dafem herab. Der Abenteurer blockte die Hiebe mit großer Not und schlug dann seinerseits zu. Die Untoten brachen in sich zusammen und bildeten einen Haufen lebloser Knochen. "Figjek no tre posnuij", murmelte Yscento in einem zuckersüßen Tonfall. Sofort zuckten die am Boden liegenden Gebeine unkontrolliert herum und setzten sich wieder zu neuen grausamen Skeletten zusammen. "Dafem, das ist zwecklos! Wir müssen die Magierin vernichten, das ist der einzige Weg! Denk an diese Frau dort!", rief Estilor, während er mit seinem Stab auf die bewusstlose Lynna deutete. Dafem nickte. "Dann aber schnell!" Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da sang Melana auch schon ein paar Worte der Magie, so dass sich ein glühender Feuerball an der Spitze ihres Rubinsteckens bildete. Auch Leafenisty beschwor solch eine Flamme durch eine einfache Handbewegung in der Luft. Die zwei weiblichen Gefährten schossen ihre Magiekugeln gleichzeitig auf Yscento ab. Die Nekromantin gab einen gelangweilten Seufzer von sich, bevor sie die beiden Feuerbälle mit der bloßen Hand zur Seite schlug. Sie trafen nacheinander auf die Höhlenwand und verpufften wirkungslos. "Kinderkram... das Blut der Magier macht mich mächtiger als ihr alle zusammen!", lachte Yscento mit schriller Stimme, "Los, meine Sklaven! Macht sie nieder!" Mit einer Geschwindigkeit, die diesen untoten Wesen unmöglich zuzutrauen war, stürzten die Skelette auf die Gefährten zu. Inzwischen war ihre Zahl so groß, dass auf einen der Gefährten etwa drei Skelette kamen. Sofort erfüllten helle Magieblitze das Innere der Höhle. Melana verbrannte ihre Feinde mit Feuer, Estilors Feinde wurden durch das helle Licht, das durch seine Gebete an Ampara entstand, zu Staub und Leafenisty bearbeitete die Skelette durch die Kraft der Elemente. Die Elfendruidin duckte sich unter dem Schwert eines Angreifers, machte eine Bewegung, als wolle sie eine Fliege verscheuchen, und beschwor somit ihren magischen Wind, der ein weiteres Skelett an der Wand zerschellen ließ. Während die Magiebegabten sich um die Untoten kümmerten, stürzten sich Dafem, Rigo und Aurora auf Yscento. Der Avior stieß ein ohrenbetäubendes Vogelkreischen aus, bevor er seinen Zweihänder mit aller Kraft umher schwang. Yscento wich ein Stück zurück und schrie immer wieder: "Figjek no tre posnuij". Alle Skelette, bis auf die von Estilor gebannten, regenerierten sich daraufhin sofort wieder. Die Zeit schien sich unerträglich in die Länge zu ziehen. Immer neue Gegner schienen aus der aufgewühlten Erde zu steigen, während Estilor zunehmend langsamer wurde. Auch Priester durften mit ihrer Magie nicht leichtfertig umgehen, um den Körper nicht zu gefährden. Nicht nur bei den Magiern schien die Situation aussichtslos zu werden. Während sie immer verzweifelter den Skeletten entgegentraten, wich Yscento den Schwertkämpfern der Truppe leichtfüßig aus. Dafems vertikalem Hieb entging sie durch eine leichte Drehung zur Seite. Rigo stand bereits hinter ihr, doch sie duckte sich unter seinem heransausenden Schwert und sprang ein Stück nach hinten, als Aurora versuchte sie zu durchbohren. Egal wie schnell die drei waren, sie war immer noch ein Stück schneller. "Langsam ödet ihr mich an", stellte Yscento fest, während sie einem weiteren Schwertstreich Auroras entging und ihr durch eine Drehung in den Rücken fiel. Blitzschnell streckte die Schwarzmagierin ihre Hand aus und spreizte die Finger, während sie geradezu lässig eine Zauberformel murmelte: "Asti'lla espina neg!" Eine Wolke aus schwarzen messerscharfen Splittern hing kurz in der Luft, bevor sie auf Aurora zuschnellte und sich in Rüstung und Haut bohrte. Die Prinzessin schrie in Qual, ließ die Schwerter vor Überraschung aus den Händen gleiten und stürzte hart mit dem Gesicht voran zu Boden. "Prinzessin!", rief Estilor mit fester Stimme, bevor er sich hastig durch die Menge aus Skeletten wühlte, ohne auf sie zu achten. Prompt spürte er einen scharfen Schmerz an seiner Hüfte. Als er an sich herabschaute, sah er nur noch wie ein Schwert aus seiner Hüfte gezogen wurde. Die Roben des Priesters färbten sich an seiner Verletzung sofort blutrot. "Prinzessin...", keuchte er. Ein weiterer magischer Hagel aus schwarzen Splittern erfasste jetzt auch den alten Estilor und riss ihn von den Füßen. Yscento lachte befriedigt. "Estilor! Aurora!", schrie Dafem voller Zorn. Er riss seinen Kopf herum, um der Nekromantin direkt ins Gesicht sehen zu können. "Ich lasse nicht zu, dass du weiterhin die verletzt, die mir alles bedeuten! Wir entscheiden den Kampf zwischen uns beiden! Nur wir zwei, hier und jetzt!" "Kein Bedarf. Davon habe ich doch nichts.", meinte Yscento kopfschüttelnd. Sie setzte bereits zu einem neuen magischen Gesang an, brach ihn aber nach einem Blick in Dafems entschlossene blaue Augen ab. "Du gefällst mir", bemerkte die Schwarzmagierin plötzlich mit einem geheimnisvollen Lächeln. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und strich mit einem Finger über seine Wange. Dafem zuckte unter der Berührung zusammen, bewegte sich sonst aber nicht. "Nun gut, ein Kampf zwischen uns beiden. Unter der Bedingung, dass ich dich bekomme, wenn ich gewinne. Ich mache dich zu einem von uns. Glaub mir, es gibt Wege dich zu unterwerfen, auch wenn sie lang und schmerzvoll sind..." "Ich tue alles, solange nur wir beide und nicht meine Freunde kämpfen", antwortete Dafem. Yscentos Lächeln wurde noch etwas breiter, während sie langsam um den blonden Abenteurer herum schritt und seinen Körper immer wieder flüchtig mit ihren sanften Händen berührte. "Gut...", säuselte sie ihm ins Ohr: "Dann rufe deine Kameraden jetzt zurück." Dafem nickte widerwillig und steckte sein Schwert weg. "Ziehe erst deine Skelette zurück." "Wie du willst..." Yscento rief ein paar schrille magische Befehle, woraufhin die Skelette an Ort und Stelle zu Knochenhaufen zusammenbrachen. Die Gefährten sahen sich verwirrt um, bis sie Yscento und Dafem entdeckten. Sie machten sich bereits zum Angriff bereit, als Dafem abwehrend die Hand hob, ohne den Blick von der Nekromantin zu nehmen. "Was auch immer passiert, haltet euch raus! Das ist eine Sache zwischen ihr und mir!" "Bist du verrückt? Was tust du?", krächzte Rigo. Dafem wank ab. "Vertraut mir!" Mit einem Sirren zog er sein Schwert wieder aus der Scheide. "Kümmert ihr euch um Mutter, Aurora und Estilor!" Zögernd traten Melana, Rigo und Leafenisty zu je einem Verletzten und sorgten sich so gut es ging. "Jetzt, wo das geklärt ist, lass uns anfang-" Dafem ließ Yscento gar nicht aussprechen, sondern setzte sofort zu einer Serie von Schlägen an. Doch wie bereits zuvor wich die Schwarzmagierin den Hieben geradezu spielend aus. "Welch ein Heißsporn!", kicherte sie. Dafem brüllte bei jedem Schwertstreich wütend herum. Er verfiel in einen Kampfrausch, der alles um ihn herum vergessen ließ und nur das pulsierende Blut in seinen Ohren hörbar machte. So bemerkte er nicht, wie sich Lynna langsam rekelte und schließlich sogar stöhnend die Augen öffnete. "Wo... bin ich?", flüsterte sie heiser. Die blonde Frau entdeckte nach kurzer Zeit der Verwirrung die Abenteurer, die gestern Abend in ihrem Haus gewesen waren. Rigo, in dessen Schoß sie lag, merkte nichts von ihrem Erwachen. Die Blicke des Aviors waren auf seinen Abenteurergefährten gerichtet, der aussichtslos auf Yscento einschlug. Ohne ihr Grinsen zu verlieren, sprang sie ein Stück davon, hob ihre Hand und flüsterte magische Worte: "Cuchillo y espada." Mehrere glühende Messer bildeten sich in der Luft. Auf eine Handbewegung hin schossen die Waffen auf Dafem zu, rissen ihn mit sich und nagelten den Abenteurer mit seiner Kleidung an der Wand fest. Der Blondhaarige versuchte sich verzweifelt loszureißen, doch die Messer hatten sich durch den Stoff seiner Ärmel und in die Höhlenwand gebohrt. Yscento schritt seelenruhig auf ihn zu und hob sein Kinn mit einer Hand, damit er ihr ins Gesicht schauen musste. "Und schon habe ich gewonnen", verkündete sie stolz. "Warte kurz, mein Kleiner. Ich beseitige nur die Störenfriede dort." Boshaft raffte sie ihre blutbeschmierten Roben ein wenig und stolzierte auf Rigo und Lynna zu. Rigo griff nach seinem Zweihänder, doch ein Zauber ließ ihn mitten in der Bewegung erstarren. Seelenruhig postierte sich Yscento direkt vor Lynna und richtete ihre Handfläche auf ihr Gesicht. Dafem schrie aus Leibeskräften und zerrte verzweifelt an seinen ,Fesseln'. Lynna sah mit ihren klaren blauen Augen erstaunt zu der Nekromantin auf. "Lass sie in Ruhe! Wage es nicht sie anzurühren!", brüllte Dafem hasserfüllt. Yscentos Gesicht verzog sich zu einer boshaften Grimasse. "Du bist nicht in der Position mir zu drohen, Dafem Abenteurer." "Dafem?", flüsterte Lynna überrascht. "Lass Mutter in Ruhe! Lass sie in Ruhe! Nie wieder wird einer meiner Liebsten sterben!" Dafem riss mit aller Kraft an seinen Armen und endlich zerriss der Stoff an seinen Ärmeln, so dass er sich loseisen konnte. Schnell wie ein Blitz stürmte er auf die Nekromantin zu und holte zu einem Schwerthieb aus, der diesmal sicher sein Ziel treffen würde. Doch plötzlich spürte Dafem eine eisige Kälte, die sich in ihm ausbreitete. Ehe er reagieren konnte, hob ein plötzlich entstehendes Skelett hinter ihm das bleiche Schwert hoch über den Kopf und ließ es auf Dafems Rücken niedersausen. Mit einem überkeiterregenden Geräusch schnitt die Klinge durch seine lederne Elfenweste und in sein Fleisch, zwischen den Schulterblättern bis zum Ansatz seiner Hose herab. Der Abenteurer spürte ein Brennen quer über den ganzen Rücken, spürte wie das Blut dort herab lief. Mit einem Keuchen fiel er auf die Knie und sah zu Yscento auf. Diese lächelte grimmig. "Was hast du erwartet? Wir Bösen sind niemals fair. Denkst du wirklich, ich würde nur alleine kämpfen?" Dafem sank gedemütigt vorne über. Sein Blick verschwamm immer wieder zu wirren Farben. Yscento richtete bereits wieder ihre Handfläche auf Lynna, als sie plötzlich mitten in der Bewegung verharrte. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen und Blut brach zwischen ihren Lippen hervor. "Was......" Wie ein gefällter Baum stürzte sie zu Boden. Ein Pfeil steckte in ihrem Rücken, abgefeuert durch Leafenistys Bogen. Die Elfe atmete erleichtert aus. "Wir sind fair, aber nicht dumm. Wenn uns jemand betrügt, tun wir das auch." Dafem konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, doch nur für einen Augenblick, denn der Schmerz an seinem Rücken war doch ziemlich stark. Verbissen krallte er die Finger in die Erde und zwang sich nach mehrmaligem tiefem Durchatmen zum Aufstehen. Noch etwas schwach auf den Beinen sah er auf Yscento herab. "Leaf? Ist sie tot?" Die Elfe nickte und hing sich ihren Bogen lose über die Schulter. "Ich hasse es, ein Lebenslicht auszulöschen, doch diese Nekromantin war einfach zu böse. Der Pfeil war mit all meiner Druidenmagie versehen, um ihr Schutzmächte zu überwinden. Er hat von hinten ihr Herz durchbohrt." "Gut gezielt", meinte Rigo staunend. Es war berüchtigt, dass Elfen perfekte Bogenschützen sind. Allerdings war es doch etwas anders, dieses Volk in Aktion zu erleben. Dafem sah sich kurz unschlüssig in der Höhle um. "Ich glaube, wir sollten schnellstens zu Xab und Utosi zurückkehren. Nach dem Tod dieser Schwarzmagierin sollte es in Zukunft eigentlich keine Probleme mehr hier geben. Die Magiesperre müsste auch entfernt sein. Wir bringen Aurora, Estilor und meine Mutter am besten zu einem Arzt." Während Dafem sprach, beugte er sich ein Stück herab und näherte sich mit einer Hand seiner Mutter. Es dauerte eine Weile, bis er bemerkte, dass Lynna längst wach war und ihn mit ihren blauen Augen abwartend musterte. "Also doch...", sprach sie endlich, "Du bist es... Dafem..." Der Abenteurer erstarrte mitten in der Bewegung. Jeder der Gefährten rechnete jetzt mit allem. Sie rechneten damit, dass Lynna sich Dafem um den Hals warf oder in Tränen ausbrach oder Rigo anschrie, weil dieser gestern nicht den richtigen Namen des Abenteurers genannt hatte. Doch nichts davon geschah. Sie brachte sich einfach nur in eine sitzende Lage und betrachtete ruhig das Gesicht ihres Sohnes. "Wie erwachsen du geworden bist...", bemerkte sie lächelnd, während ihre Hand sanft über seine Wange strich. "Dafem! Aurora und Estilor werden zusehends schwächer! Wir müssen uns beeilen!", rief Melana ängstlich zu ihnen herüber. Dafem sah kurz zu den zwei Verletzten, nickte und half Lynna beim Aufstehen. "Mutter, ich..." "Später, Junge. Erst sollten deine Freunde behandelt werden." Der Blonde nickt wieder und lief Rigo entgegen, der Estilor und Aurora über je eine Schulter trug. "Die magischen Splitter haben sich nach dem Tod der Nekromantin aufgelöst, doch die beiden haben immer noch schlimme Wunden. Ich werde sie tragen." "Gut, dass wir dich bei uns haben.", meinte Dafem lächelnd. Xab sah, von seinem Platz am Fenster aus, die zerschundenen Gefährten schon von Weiten. Freudig erregt überzeugte er sich davon, dass Utosi friedlich in ihrem Bett schlummerte, bevor er mit ach und krach durch das ganze Gasthaus ins freie stürmte. Bei dem erbärmlichen Anblick, den die Gefährten boten, verzog sich das heitere Gesicht des Gnomen enttäuscht. "Wie es aussieht, hattet ihr jede Menge Spaß", grummelte er beleidigt. Rigo, Aurora und Dafem stöhnten genervt auf. Leafenisty musste unwillkürlich ein wenig kichern. "Ohhh? Der Priester?! Wahnsinn! Der Priester ist bei euch? Scheinbar habt ihr wirklich jede Menge spaßiger Abenteuer erlebt...", sprudelte Xab hervor. Dann ergänzte er noch: "...ohne mich." Plötzlich kam dem Gnom noch etwas in den Sinn. Hastig setzte er seinen aufgeschulterten Rucksack ab und kramte darin herum. "Ihr wart solange weg, da hatte ich genug Zeit um das hier herzustellen!" Mit vor Stolz geschwellter Brust präsentierte er zwei Fläschchen, gefüllt mit blauer Flüssigkeit. "Heiltränke! Aber nur zwei...", bemerkte Melana. Dafem trat einen Schritt näher und nahm die zwei Flaschen aus der kleinen Hand des Gnomen. "Ich verzichte gerne auf den Trank. Das Schwert, mit dem mich das Skelett erwischt hat, war stumpf, so dass meine Verletzung glücklicherweise nicht so schwer ist. Estilor und Aurora haben es nötiger." Gesagt, getan. Schnell hatten sich alle im Gasthofzimmer eingefunden und die beiden waren dank der Heiltränke in sekundenschnelle wieder auf den Beinen. Utosi schlief immer noch ruhig atmend in dem Bett, auch sie hatte bereits ein wenig des von Xab hergestellten Heiltrankes eingenommen, noch bevor die Gefährten eingetroffen waren. Dafem beobachtete seine kleine Schwester schweigend. Ein Glück, dass ihre Verletzungen kuriert sind. Sie war schwer verletzt, genau wie Mutter. Es ist merkwürdig... warum geraten meine Liebsten immer in Gefahr? Mutter nimmt die Situation mit Fassung, dafür, dass sie verschleppt worden ist und ihren Sohn nach fünf Jahren wieder sieht. Doch sie tut nur so stark... ich sehe es in ihren Augen... Und jetzt muss ich auch schon wieder gehen und es wird sie verletzen... Doch ich kann es nicht mehr länger herauszögern. "Es wird Zeit", verkündete Dafem schließlich schweren Herzens. "Wir müssen wieder aufbrechen. Zuviel Zeit haben wir bereits verloren." Ohne Lynna irgendeines Blickes zu würdigen, verließ der Abenteurer das Zimmer. Die Gefährten folgten zögernd und mit fragenden Blicken. Als sie auf die Straße traten, lief ihnen Lynna sofort hinterher. "Dafem!" Der Abenteurer blieb stehen und drehte sich seiner Mutter zu. Die anderen waren bereits ein Stück vorgelaufen und Estilor versuchte Xab gerade zu erklären, dass er sie begleitete, da es keinen Sinn hatte nach Sagandor zurückzukehren, wenn die Stadt zerstört ist. Fibathen und die Überlebenden waren auf dem Weg nach Mightran, genau wie er und die Gefährten. Also würden sie zusammen reisen. Xab schweifte allerdings immer wieder vom Thema ab, so dass der Priester es schwer hatte, es dem Gnom begreiflich zu machen. "Du gehst wieder?", fragte Lynna schließlich. Dafem nickte. "Es scheint, mein Schicksal ist damit verbunden, dass ich nicht an einem Ort verweilen kann. Leute die mir lieb sind, solche wie du, geraten durch mich immer wieder in Gefahr. Du hast es selbst erlebt. Außerdem greift das Böse nach Lutansiar. Wir werden alles unternehmen um das zu verhindern." Lynna lächelte. "...Aber... solch ein Leben ist hart." "Solange Freunde bei mir sind, die mit mir kämpfen, geht das. Solange Rigo, Melana, Leaf, Aurora, Xab und Estilor bei mir sind, kann ich dieses Leben leben. Sie sind meine Familie und sie sind immer bei mir, so wie du in meinem Herzen bei mir warst, bist und immer sein wirst." In Lynnas blauen Augen sammelten sich langsam Tränen, doch ihr Lächeln blieb. "Du bist wirklich erwachsen geworden." Auch Dafem versuchte zu lächeln, doch es wirkte trotz allem ein wenig traurig. "Sag Utosi nichts von allem was passiert ist. Sie würde nicht akzeptieren können, dass ich hier war und wieder gegangen bin. Sie würde nicht verstehen." Lynna nickte und wischte sich die Tränen aus den Augen. "Eine Sache plagt mich noch... Deine Schwester... meine Tochter... Melissa..." Dafem seufzte. Er hatte sich schon gefragt, wann dieser Augenblick kommen würde. Nervös fummelte er an der Kette mit dem halbierten Anhänger herum. Melissa war tot, daran würde sich nichts ändern. Dann sah der Abenteurer in die hoffnungsvollen Augen seiner Mutter. Er setzte ein gezwungenes Lächeln auf. Ich kann ihr nicht noch mehr wehtun! "Es...es geht ihr gut... Sie ist an einem sicheren Ort... solange bis ich meine Aufgabe beendet habe und zu ihr zurückkehre...", log Dafem zögernd. Lynna schien erleichtert, neue Tränen liefen ihre Wangen herab. "Dann... leb wohl, mein Sohn... leb wohl..." "...Leb wohl." Eine vermummte Gestalt schritt durch die nächtliche Finsternis. Vor ihm türmten sich die Gräberfelsen auf. Am Eingang in die Höhlen stand ein einsames hölzernes Kreuz mit dem eingeritzten Namen ,Melissa' und frischen Blumen, die vor dem Kreuz auf dem Boden lagen. Die Leute aus Mid'tha trauten sich schon lange nicht mehr in die Nähe der Gräberfelsen und würden es wahrscheinlich auch in Zukunft meiden hierher zu gehen. Also muss er es gewesen sein... Die vermummte Gestalt schnaubte abfällig. "Dimitav hat versagt... Acuaryu hat versagt... und jetzt hat auch Yscento versagt...", flüsterte sie mit zarter Stimme. "Es scheint mir, Dafem Abenteurer hat eine fähige Truppe um sich geschart... Nun, wir werden bald aufeinander treffen... mein Bruder..." Mit einem eiskalten Lachen zertrat die verschleierte Halbdunkelelfe die am Boden liegenden Blumen. "Denn der Tod konnte mich nicht halten!!!" Kapitel 18: Der Berg ruft ------------------------- Sorry, dass ich mich ne Weile nicht mehr gemeldet habe, aber hier kommt endlich ein neues Kapitel. Stecke immer noch irgendwie in einer ziemlichen Schreibkrise und hab inzwischen nur mit Mühe und Not ein 27. Kapitel hervorgebracht. Irgendwie nehmen mich Schule und Tennis schon ganz schön ein... Wie auch immer, ich hoffe natürlich auf eure tatkräftige Unterstützung...zum Beispiel als Kommis? *ganz-lieb-guck* Hier kommt Kapitel XVIII !!! @Nocturn: Vielen Dank für deine aufbauende Meinung. Ich finds gut, dass du die Sache mit dem "Klauen" so siehst. Liest du eigentlich Kenshin? Dein Kommi klang irgendwie so. Naja wie auch immer...Was Melissa (?) angeht, wir werden sehen... @SylverMortal: Wow ein wirklich cooler Spruch in einem coolen Kommi. Bei soviel Lob weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Hoffentlich werden dich auch die folgenden Kapitel so mitreißen können, wie das letzte. @mitsuki11: Ja ja, herbe Schicksalsschläge für den armen Dafem^^. Und jetzt auch noch möglicherwiese Melissa (?) ? Wir werden sehen, was geschieht. Lies einfach und genieße. Wie immer ein herzliches Dankeschön für dein Kommi. Kapitel XVIII - Der Berg ruft Es war tiefe Nacht. Das Gras der Steppen Lutansiars raschelte leise vor sich hin und die Sterne am Himmel funkelten hell wie Diamant. Fibathen und die Überlebenden aus dem Kampf um Sagandor trotteten müde, hungrig und von dem langen Marsch erschöpft durch die Landschaft. Schließlich sah Fibathen ein, dass es heute sinnlos war weiterzugehen, und gab den Befehl zum Aufschlagen des Lagers. Nach kurzer Zeit saßen sie alle um ein kleines Lagerfeuer. Fibathen zählte etwa zwei Dutzend seiner Leute. Das war der letzte Überrest seines Volkes... Gedankenverloren rieb sich der König die Stelle, an der einst sein linker Arm angesetzt hatte. Anfänglich hatte er Probleme beim Gehen gehabt. Es war ein merkwürdiges Gefühl kein Gleichgewicht zu haben, da an der linken Seite kein Gegengewicht mehr war. Zwei Tage waren sie schon auf der Flucht, doch er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, seinen Arm verloren zu haben. "Herr? Geht es euch gut?", erkundigte sich der Soldat Zi, der bei Sagandor an Fibathens Seite gekämpft hatte. Der König nickte geistesabwesend, bevor er sich in seine Decke einrollte. Für Zelte war keine Zeit. "Zi, wir brechen morgen früh auf.", informierte Fibathen mit leiser Stimme. "Wir müssen so schnell es geht nach Mightran. Ich weiß, ich verlange viel, doch wir dürfen keine einzige Sekunde verschwenden." Es wäre soviel einfacher nach Zestarin, Sintath oder Mid'tha zu reisen, doch wir können keine Umwege gehen. Wir müssen Mightran davon in Kenntnis setzen, was wir bei der Schlacht erfahren haben. Sonst wird das Menschenreich in kürzester Zeit fallen... "Und damit überreiche ich dir feierlich meinen Freundschaftsring!", verkündete Xab voller Stolz, während er Estilor das Schmuckstück unter die Nase hielt. Der grauhaarige Priester lächelte sanft, nahm ihm den Ring aus der kleinen Hand und steckte ihn in eine versteckte Innentasche seiner weißen Roben. "Ich fühle mich geehrt, kleiner Mann." Xab grinste von Ohr zu Ohr. Die Gefährten hatten sich im Kreis um einen Haufen Feuerholz niedergelassen, den Leafenisty mit einer flüchtigen Handbewegung zum Brennen gebracht hatte. Die Elfe saß inzwischen im kühlen Gras, Xabs Buch ,Die Chroniken Lutansiars, Band 3 - Der Krieg aller Kriege' über ihre Beine gelegt. Melana blätterte in ihrem Zauberbuch, Aurora erzählte Estilor von ihren bisherigen Erlebnissen und Dafem und Rigo polierten ihre Schwerter. Xab grummelte, da er begriff, dass wohl keiner Lust auf eine Partie Würfeln hatte, und hockte sich deshalb neugierig neben Leafenisty. "Miss Druidin? Könnt ihr nicht noch etwas vorlesen?", schlug der Gnom mit großen Kinderaugen vor. Erwartend stützte er das Kinn auf die Hände. Die Elfe lächelte bei seinem Anblick und nickte. Gleich nachdem sie sich ihr langes schwarzes Haar hinter das Ohr gestrichen und das Buch ins Licht des Feuers gehalten hatte, fing sie an zu lesen: Auszug aus dem Tagebuch Udeasin Kintas, kurz vor der Entscheidungsschlacht auf den Weißen Ebenen: Heute ist also der Entscheidungstag und dies wohlmöglich mein letzter Eintrag, bevor die göttlichen Artefakte aufeinander treffen. Die Götterartefakte... vielen sahen in ihnen Geschenke des Himmels. Doch ich bin in der Zeit des Krieges aller Kriege aufgewachsen, einer Zeit voller Trauer und Qual. Und während ich jetzt zwischen den Trümmern des einst schönen Lutansiars stehe und das Weinen der Opfer höre, betrachte ich voller Verzweiflung den Himmel, der gestern Blut geweint hat. Mein einziger Hoffnungsschimmer ist, dass die Götterartefakte einfach verschwinden, damit unsere Welt endlich wieder Frieden findet... Obwohl das bei Lutansiar wohl nie geschehen wird... Wie Udeasin Kinta prophezeite, sollte dies sein letzter Eintrag gewesen sein. Noch am gleichen Tag standen sich die Armeen von Rizzur, dem Dunkelelfen mit der Krone der Finsternis, und die des mutigen Elfenkriegers, dem Träger vom Amulett des Mutes und der Rüstung der Macht, gegenüber. Augenzeugen berichteten von einer gewaltigen Schlacht auf den Weißen Ebenen. Der Schnee war getränkt von Blut... Man sagt, Rizzur und Kinta wären gleich zu Beginn der Schlacht aufeinander zu gestürmt. Allein dieser Zweikampf soll eine Schlacht epischen Ausmaßes gewesen sein, bei der die Kräfte der Götterartefakte mit aller Macht gegeneinander kämpften. Sie beide trugen mächtige Magieschwerter, die so stark waren, dass sie selbst den Götterartefakten die Stirn bieten konnten. Rizzur trug ,Schwarzdonner', Kinta trug ,Silberklaue'. Als diese heiligen Waffen aufeinander trafen, entluden sie mit einem Schlag die gesamte Energie, die ihnen innewohnte. Ein Wirbel aus schwarzem und weißem Licht soll das Schlachtfeld überflutet haben. Nachdem es verschwand, lagen Rizzur und Udeasin Kinta im Schnee. Sie waren tödlich verletzt. Kintas Artefakte und die zwei Schwerter waren zersplittert, die Krone der Finsternis verschollen. Udeasin Kintas Geliebte soll den ganzen Tag bei seinem Leichnam gewesen sein. Man behauptete oft, dass sie ein Stück des Stabs des Lebens besaß, doch selbst wenn, Kinta blieb verstorben und ging als Held in die Geschichte ein... "Wie traurig...", murmelte Melana berührt. Sie und die anderen hatten sich neugierig um Leafenisty gesammelt, während sie vorgelesen hatte. Jetzt schwiegen sie bedächtig, bis auf Xab, der applaudierte und pfiff. "Toll! Wirklich schön! Hach, vielleicht sollte ich doch anfangen lesen zu lernen", quietschte er fröhlich. "Ein wahrer Held", meinte Estilor in seiner ruhigen Art. Xab drückte seine Zustimmung mit einem heftigen Kopfnicken aus. Der feurige Glanz der Begeisterung glänzte wieder mal in den braunen Augen des Gnomen. "Vielleicht werden auch wir irgendwann mal als Helden gefeiert. Ich sehe es schon direkt vor mir: ,Xab der Tollkühne, furchtlos im Kampf, beliebt bei Jung und alt, ein Ass mit der Schleuder!'" "Man sollte das Wort ,Held' niemals leichtfertig gebrauchen", bemerkte Dafem. Er hatte seitdem sie Mid'tha hinter sich gelassen hatten, nicht mehr viel gesagt. "Wieso?", fiepte Xab ahnungslos. "Was haben wir denn bis jetzt getan? Udeasin Kinta kämpfte bis zum Tod, um Lutansiar vor dem Untergang zu bewahren. Es sind solche wie er, die den Titel Held verdienen. Solche, die bis zum Ende für ihre Liebsten, ihre Welt und ihre Überzeugungen kämpfen, bis sie ihr Ziel durch großartige Taten erreichen. Man kann uns keinesfalls mit ihnen vergleichen." "Ich denke, du bist ein wenig zu hart mit euch. Ohne euch würde Chemir immer noch die Elfen bekriegen und keine Ahnung von der Bedrohung Valnitars haben." "Das war der Priester Dertil. Er hat Chemir überzeugt", brummte Dafem. Estilor nickte wissend. "Die Prinzessin hat mir bereits von ihm erzählt, auch wenn ich nie von einem Priester mit diesem Namen gehört habe... Doch was ist mit Sagandor? Ohne Rigos Befehle wäre es damals gefallen." "Es ist doch gefallen!", schrie Dafem und sprang auf. "Was nützt es, dass wir es gerettet haben, wenn es ein paar Tage später doch vernichtet wird?! Ich habe geschworen alles gegen Valnitar und seine Krone der Finsternis zu tun, doch inzwischen habe ich langsam das Gefühl, dass das alles keinen Sinn mehr macht! All unsere Unternehmen laufen ins Leere! Wir werden verfolgt und wissen nicht einmal genau warum!" "Aber", begann Estilor, doch Dafem war richtig in Rage. "Wo sind denn deine Götter, Estilor? Was tun sie um uns zu helfen? Sagandor ist zerstört, Dörfer und Städte werden niedergemäht, nördlich des Flusses Nes wurden alle Elfen ausgerottet! Warum schauen die Götter nur zu? Warum tun sie nichts? Warum lassen sie zu, dass all das passiert?! Schließlich haben SIE diese verdammten Artefakte erschaffen!!!" Voller Zorn wirbelte Dafem herum und sprintete davon. "Dafem!", riefen Rigo und Melana gleichzeitig. Beide sprangen auf, doch Estilor hielt sie mit einem Kopfschütteln zurück. "Er ist nur verwirrt. Auch wenn er stark tut, in seinem Inneren ist er auch nicht mehr als ein junger Mann, der einfach nur ein normales Leben in Frieden und ohne Kämpfe will. Der Abschied von seiner Familie ist ihm schwer gefallen. Er muss sein Gemüt nur etwas beruhigen." Der Priester lächelte und sah dem Abenteurer hinterher, der sich bereits ein ganzes Stück entfernt hatte und von der Dunkelheit der Nacht verschluckt wurde. "Dafem! Du musst den Göttern vertrauen! Auch wenn ihre Wege unergründlich sind, du musst ihnen vertrauen! Solange sie eine schützende Hand über uns halten, haben selbst wir die Macht die Zeiten zu ändern!" Ein weiteres Mal kniete Jodean unruhig vor dem schwarzen Thron tief in den Katakomben unter den Ruinen der Alten Welt. Der Dunkelelf musste jedes Mal Todesängste durchstehen. Er wusste, Valnitar könnte ihn mit einem einzigen Zauber Schmerzen bereiten, die schrecklicher waren als jeder Tod. "Meister? Ihr verlangtet nach mir?" Valnitar nickte bedächtig. Die blutroten Edelsteine der Krone der Finsternis schimmerten im Schein der wenigen Fackeln an der Wand wie die unheimlich glühenden Augen Dimitavs. "Jawohl Jodean. Nachdem du Sagandor erfolgreich eingenommen hast, habe ich eine neue Aufgabe für dich: Zestarin. Chemir und sein Gefolge wendet sich zu meinem Bedauern nicht mehr gegen die Elfen, also ist sein Zweck erfüllt. Nimm deine Männer und vernichte ihn!" "Wie ihr wünscht", bestätigte Jodean erleichtert und löste sich nach einigen Worten der Magie in Luft auf. Im gleichen Augenblick trat Dimitav ein. "Meister, meine Wunden sind vollständig genesen", verkündete der Schattenalp prompt. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Valnitars blassen Lippen. "Gut. Teleportier dich sofort zu dem Abenteurerpack, bringe mir die Halbelfe mit ihrem Stab und töte die anderen!" "Das geht nicht. Es liegt immer noch ein Bannkreis über der Gruppe. Ich kann mich weder zu ihnen teleportieren, noch kann ich sie durch meine magische Glaskugel beobachten", erläuterte Dimitav und ballte die behandschuhte Hand zu einer Faust. "Doch sobald der Bannkreis erlischt, vernichte ich sie!" Und dich am besten gleich mit! Ich lasse nicht zu, dass ein verhasster Dunkelelf den Schlüssel zur völligen Herrschaft über Lutansiar erhält!!! Mir würde die Krone der Finsternis sicher auch gut stehen... Melana erwachte schweißgebadet und zitternd. Wie sooft hatte sie die schrecklichen Träume von Valnitars dunklem Thronsaal. Diesmal war sie sich sicher, dass das keine einfachen Träume waren, sondern Visionen. Sie spürte das. "Seid ihr in Ordnung, mein Kind?" Sie zuckte zusammen. Mit einer hastigen Bewegung wandte sie sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Zu ihrer Erleichterung war es nur Estilor, der am Feuer saß und Wache hielt, den langen kristallenen Stab auf den Knien gebettet. "Geht es euch gut?", fragte der Priester. Der Blick seiner grauen Augen ruhte nachdenklich auf der Halbelfe. "Euer Schlaf war sehr unruhig. Ihr habt etwas Unverständliches gemurmelt." Melana errötete verlegen, doch schnell machte sich wieder die Angst in ihr breit. "Estilor... ich habe ihn gesehen... Dimitav... er ist wieder bei Kräften... er will uns alle töten..." "Es stand von Anfang an fest, dass der untote Schattenalp zurückkehrt. Kein Sterblicher kann solche Wesen vernichten. Sie können sich nur gegenseitig besiegen. Doch sag, woher wisst ihr das?" "Ich habe seit einiger Zeit... Träume. Jedenfalls glaube ich, dass es Träume sind. Doch irgendwie sind sie so real als wäre ich wirklich dabei... und ich sehe... Valnitar... und seine Untergebenen...", stotterte Melana zusammen. Estilor nickte mit ernstem Gesicht. "Ich spürte bereits, dass das Böse an euch haftet." "Was?", stieß die rothaarige Halbelfe hervor, bevor sie die Hände vor den Mund schlug, um den Ruf zu ersticken. Xab, Aurora, Rigo und Leafenisty schliefen jedoch ungestört weiter. Estilor lächelte auf eine merkwürdig beruhigende Weise. "Verzeih, dass ich mich unklar ausgedrückt habe. Das Böse scheint viel mehr von eurem Stab auszugehen." Melana schauderte. Das hatte Leafenisty auch festgestellt. "Der Einsame Berg ist etwa noch zwei Tagesmärsche entfernt", redete Estilor weiter. "Vielleicht erhalten wir dort ein paar Antworten. Jetzt solltest du schlafen." Melana nickte zustimmend, machte jedoch keine Anstalten sich zurück in ihre Decke einzuwickeln. Sie zitterte. Es machte ihr Angst befürchten zu müssen, dass sie wieder diese merkwürdigen Träume hatte. Estilor schien ihr Unbehagen zu erahnen, denn er erhob sich von seinem Platz und kniete sich neben sie. "Wenn ihr möchtet kann ich euch in einen traumlosen Schlaf versetzen", erklärte der Priester ruhig. Melana nickte langsam, ein schmales Lächeln auf den Lippen. Als sie merkte, wie Estilor langsam eine Hand auf ihren Kopf legte, schloss sie die Augen und wartete ab. "Gepriesene Ampara, Göttin des Lichts und Mutter der Sonne, gewähre dieser zarten Seele einen erholsamen Schlaf ohne Gedanken an Kampf, Trauer oder Tod. Bewache und schütze sie in dieser Nacht." Ein sanftes weißes Glühen strahlte unter Estilors Handfläche hervor. Melana hatte gerade noch genug Zeit ein ,Danke' zu murmeln, bevor sich auch schon ihre Augenlieder schlossen und sie einschlief. Behutsam wie bei einem Kind fing der Priester Amparas ihren zierlichen Körper auf und legte sie sanft auf ihren Schlafplatz. Mit einem Lächeln deckte er sie zu und strich ihr das rote Haar aus dem Gesicht. "Schlaf in Frieden, mein Kind.", murmelte er. Dann schaute er in den Himmel. "Herrin Ampara, eure Güte sei bedankt..." Irgendwann in der Nacht, als Aurora gerade ihre Wacheschicht abhielt, tauchte auch Dafem wieder auf. Mit einem kurzen Lächeln und einem Handwink begrüßte er die Prinzessin und setzte sich unaufgefordert neben sie. "Ich hoffe, ich habe euch keine Sorge bereitet." Aurora schüttelte langsam den Kopf. "Nein, nein. Wir konnten dich verstehen. Es muss schwer sein, nicht bei seiner Familie sein zu können und ein Abenteurerleben zu führen." "Ich wollte die Götter nicht beleidigen. Ich hoffe Estilor nimmt es mir nicht übel", sagte Dafem reuig. Abermals schüttelte Aurora den Kopf. "Aber nein. Er ist ein weiser und verständnisvoller Mensch. Du kannst ihm blind vertrauen. Er versteht, wie du dich fühlst. Wahrscheinlich sogar von uns allen am besten. Er weiß dass nur die letzten Ereignisse dich so haben reagieren lassen." Dafem seufzte erleichtert. Nachdem die beiden einige Zeit lang nur stumm ins Feuer gestarrt hatten, entledigte sich Dafem seiner ledernen Elfenweste und kramte in seinem Rucksack nach Flick- und Nähzeug. Summend begann er an seiner Rüstung herumzuwerkeln. Aurora beobachtete ihn überrascht. "Du kannst nähen?", fragte sie schließlich ein wenig ungläubig. "Ja. Ich könnte es mir gar nicht leisten, nach jedem Treffer eine neue Rüstung zu kaufen. Außerdem ist dieser Lederwams wirklich hervorragend. Meine Rückenverletzung verheilt schon wieder. Die Weste hat die meiste Wucht des Schlages abgedämpft." Aus den Augenwinkeln bemerkte der Abenteurer, dass Aurora jede seiner Bewegung aufmerksam begutachtete. "Könnt ihr nicht flicken oder nähen?" "Nein...", gab die Prinzessin zu. Ihre Wangen färbten sie vor Verlegenheit ein wenig rötlich. "Ich bin wirklich eine merkwürdige Prinzessin. Ich kann kämpfen und jagen, aber beherrsche keine Frauenarbeit." "Frauenarbeit?", wiederholte Dafem erstaunt. Seine Augenbrauen hoben sich fragend. "Ich denke nicht, dass man so etwas unterscheiden kann. Außerdem seid ihr gut so wie ihr seid. Wahrscheinlich seid ihr in diesen Zeiten mehr wert als zehn andere Prinzessinnen zusammen." "Vielen Dank." Nachdenklich beobachtete Aurora jede einzelne Bewegung von Dafems geschickten Händen, bis er fertig war und sie sich danach müde auf ihrem Schlafplatz zusammenrollte. "Gute Nacht", meinte Dafem noch. "Nacht", gab sie gähnend zurück. In den zwei darauf folgenden Tagen veränderte sich die Landschaft um sie herum kaum. Sie reisten durch endlose Grassteppen, hier und dort zeigte sich abseits ihres Weges ein Wald oder See. Schon lange waren ihre Vorräte verbraucht, so dass sie in den Wäldern auf Jagd nach Wild gingen. Besonders Auroras Talent mit Leafenistys Bogen zahlte sich aus. Ihre Wasserflaschen füllten sie regelmäßig in kleinen Gewässern. Schließlich war es soweit. Am zweiten Tag hatte sich Nebel über das Land gelegt und sie kamen nur langsam voran, bis der Fuß des Einsamen Berges plötzlich direkt vor ihnen aus dem trüben Schleier aufzutauchen schien. "Hey! Wir haben es geschafft!", verkündete Xab überflüssigerweise. Doch Rigo schüttelte den Kopf. "Unser alter Freund, der Historiker und Zwerg Stomp Steinfaust lebt in einem Haus etwas weiter höher. Wir müssen den Berg ein Stück erklimmen." "Ohhh! Worauf waren wir denn dann noch? Auf einen Halboger, der uns dort hochjagt?" "Nein, nein", unterbrach Rigo, bevor der Gnom mal wieder mit seiner Standartgeschichte anfangen konnte. "Aber schaffst du das, Gnom?" "Meine Beine mögen kurz sein, doch ich bin damit mehrmals schnell vorangekommen. Bei meiner Flucht vor dem Halboger beispielsweise. Wisst ihr, ich bin nämlich mal vor einem davongerannt und habe ihm einen Feuertrank entgegen geworfen und..." "Schon gut...", brummte Rigo genervt. "Was ist mit euch, Estilor?", erkundigte sich Dafem. Der Priester lachte gelassen. "Ich mag ein wenig älter sein als ihr, doch einen kleinen Bergaufstieg werde ich schon noch schaffen. Wozu habe ich meinen Stab, wenn nicht als Wanderstock?" "Wie alt seid ihr?", fragte Xab ohne Umschweife. Wieder lachte Estilor kurz. "Dieses Jahr zähle ich meinen siebenundsechzigsten Winter." Dafem schaute den Priester überrascht an. Auf wenn dieser graues Haar und graue Augen hatte, er hätte ihn niemals so alt geschätzt. Der Weg, der sich angenehm flach den Hang hinauf schlängelte, war bedeckt mit Sand, Asche und kleineren Steinen. Ihre Schritte knirschten unnatürlich laut. Der Nebel wurde immer dichter und setzte sich in feinen Wassertropfen auf ihrer Kleidung ab, so dass sie schon bald durchnässt und frierend weitermarschierten. Am schwersten hatte es Rigo, dessen weißbraunes Federkleid fürchterlich an ihm klebte. "So ein Mist, jedes Mal das Gleiche", grummelte der Avior verstimmt. "Warum kann Stomp nicht wie jeder normale Zwerg in einer Höhle leben? Warum hat gerade er das Bedürfnis, sein Haus auf einem Berg und nicht unter einem zu bauen?" "Du weißt doch, dass er ein komischer Kauz ist", versuchte Dafem ihn zu beschwichtigen. Rigo brummte nur etwas Unverständliches, bevor er ein Stückchen vorlief. Er rief noch: "Ich würde lieber ein paar Goblinschädel spalten!", dann war er im Nebel zu einer unbestimmten Schemengestalt zusammengeschmolzen. "Sag mal Melana", begann Dafem irgendwann, ohne den Blick vom Rücken des Aviors zu nehmen. "Was ist eigentlich mit deinen Eltern?" Die Halbelfe sah ihn einen Moment verdutzt an, ihre grünen Augen leuchteten durch den Nebel wie zwei helle Smaragde. "Wieso fragst du?" "Einfach so", meinte der Abenteurer und deutete dabei ein Achselzucken an. "Mir ist nur aufgefallen, dass bereits ein ganzer Monat vergangen ist seit wir uns kennen, und ich fast gar nichts von dir weiß." "Ein Monat?", wiederholte Melana ungläubig. "Es ist so viel geschehen, da hat man gar nicht bemerkt wie die Zeit verflog." "Was ist nun mit deinen Eltern?", fragte Dafem nach einiger Zeit des Schweigens. Melana setzte ein schwaches Lächeln auf und wiegte den Rubinstecken gedankenverloren in ihrer Hand. Das rote Kristall schimmerte durch den milchigen Nebel. "Nun, ursprünglich stamme ich aus dem Tisowald, weit im Südwesten Lutansiars. Meine Mutter war eine angesehene Elfe. Sie lebte im Einklang mit der Natur und liebte es, im Wald und den umliegenden Steppen, den Weißen Ebenen, spazieren zu gehen. Eines Tages traf sie schließlich meinen Vater, ein Ritter, der an den Feldzügen gegen den ,Dämonenbeschwörer' unter Fibathens und Chemirs Führung teilnahm." "Das sind die Feldzüge, von denen ich euch damals erzählt habe", unterbreitete Aurora, die sich interessiert zu ihnen gesellt hatte. Melana nickte. "Mein Vater und meine Mutter verliebten sich sofort ineinander. Nachdem Vater nach der Vertreibung des Dämonenbeschwörers in den Tisowald zurückkehrte, lebte er von da an mit meiner Mutter zusammen. Bald darauf heirateten sie und ich wurde geboren." "Es ist selten, dass eine Beziehung zwischen Elf und Mensch anhält und anerkannt wird. Dafür leben Elfen zu lange. Du hattest scheinbar sehr gute Eltern", bemerkte Dafem erstaunt. Melana lächelte und nickte. "Ihre Ehe verlief harmonisch, bis..." Ihr schönes Gesicht wurde düster. "...Tozen getötet wurde und der Hass zwischen Elfen und Menschen entfacht wurde. Mutter und Vater liebten sich natürlich immer noch, doch die anderen Elfen des Tisowaldes vertrieben meinen Vater. Wenig später auch mich. Mutter vertraute mir ihren Rubinstecken an und sagte mir, ich solle mir vertrauenswürdige Freunde suchen." "Da vorn ist das Haus! Hey! Seht ihr das? Da ist das Haus! Das Haus!", rief Xab begeistert. Eifrig hüpfte der Gnom auf und ab und winkte ihnen, da er vorgerannt war, zu, dass sie sich beeilen sollten. Die restlichen Gefährten trudelten nach und nach vor der Eingangstür des kleinen Blockhauses, aus dessen Schornstein grauer Rauch kräuselte, ein. "Es ist soweit, Melana. Jetzt werden wir hoffentlich endlich das Geheimnis deines Stabes erfahren", meinte Dafem mit einem schmalen Lächeln. Die Halbelfe nickte und wandte sich ihren Freunden zu. "Vielen Dank für alles, was ihr schon für mich getan habt. Ohne euch wäre ich sicher nicht soweit gekommen." "Das war doch selbstverständlich", meinte Leafenisty freundlich. "Mögen die Götter dich segnen, mein Kind", sinnte Estilor der Priester. Xab grinste bis über beide Ohren, Aurora streckte ihr den Daumen entgegen und Rigo zeigte sein groteskes Schnabelgrinsen. "Jetzt klopf schon an", lächelte Dafem. Melana nickte und schlug mit der zierlichen Faust leicht gegen die Tür. Ich habe Mutters Ratschlag befolgt. Wahrscheinlich gibt es keine vertrauenswürdigeren und besseren Freunde, die ich mir hätte aussuchen können. Kapitel 19: Die Wahrheit des Rubinsteckens ------------------------------------------ Jaa, wieder schicke ich ein neues Kapitel ins Rennen. Meine Schreibkrise lässt immer noch nicht nach, hänge bei Kapitel 28 einfach fest, dabei ist die Geschichte dort bereits am Wendepunkt zum Ende :'-(. Naja, werde mir in nächster Zeit Mühe geben mal wieder ein bisschen intensiver weiterzuschreiben. Wie immer bitte ich um viele Kommis und weise ausnahmsweise mal darauf hin, dass diese Geschichte nur meinem geistigen Hirnbrei enspringt (is mir nämlich erst vor kurzem aufgefallen, dass ich das bis jetzt immer versäumt habe zu sagen...) Hier kommt Kapitel XIX !!! @Nocturn: Es ist jetzt soweit, in diesem Kapitel wird das Geheimnis des Rubinsteckens enthüllt. Kenshin war schon ein geiles Manga, echt schade, dass es zu Ende ist. Traurig, traurig... @mitsuki11: Du musst nicht lange warten, in diesem Kapitel lüftet sich das wohl größte Geheimnis meiner Geschichte: der Rubinstecken!!! Aber auch andere Überraschungen erwarten dich (<--- Werbung) Lese und du wirst sehen. @SylverMortal: Auch dir kann ich sagen: Es wird geklärt, was es mit dem Rubinstecken auf sich hat. Ich hab euch lange warten lassen, aber jetzt ist es soweit. In der Anfangsgallerie sollen noch nen paar andere Pics reinkommen, wie du vielleicht bemerkt hast, malt Deathborn schon fleißig^^. Aber ich bin ziemlich schlampig und helfe ihr nicht so, wie ich es wohl vielleicht könnte... :'-( Sorry... @Deathborn: Schön dich auch wieder begrüßen zu können. Ich bin froh, dass auch du noch immer gefallen an meiner Geschichte findest und ich danke dir tausendmal, dass du extra hierfür zeichnest. Tut mir übrigens leid, dass ich dir nicht immer so tatkräftig zur Seite stehe, werde mir in Zukunft mühe geben. (Wegen Leafenistys Kleidung überlege ich noch, hab bitte ein wenig Geduld mit einem faulen Tropf wie mir...) Kapitel XIX - Die Wahrheit des Rubinsteckens Die Tür der kleinen Holzhütte, durch den ständigen feuchten Nebel schon halb verwittert, schwang kraftvoll auf, kaum einen Augenblick nachdem Melana geklopft hatte. Zuerst sah die Halbelfe niemanden, der die Tür geöffnet haben könnte. Erst ein Räuspern ließ sie nach unten schauen. Vor ihr stand der kleinwüchsige Zwerg Stomp Steinfaust. Er reichte ihr gerade mal bis zur Hüfte und war somit sogar noch ein Stück kleiner als Xab. Er hatte dichtes braunes Haar, das mit einem roten Band nach hinten gebunden war und bis zu den Schulterblättern reichte. Auch sein Bart war braun, lang und zu zwei Zöpfen gebunden. Sein Gesicht hatte eine leichte Graufärbung und die Augen waren pechschwarz. Stompf trug eine schlichte braune Latzhose und ein rotes Hemd. Seine dicken muskulösen Arme quollen über vor klimpernden Armbändern. "Tretet ein. Stomp hat schon auf euch gewartet.", brummte der Zwerg mit einer tiefen Bassstimme. "Er redet von sich in der dritten Person", flüsterte Rigo erklärend. Stomp trat ein Stück zur Seite, so dass die Gefährten verwirrt und mit geducktem Kopf eintreten konnten. Bis auf Xab hatten sie Probleme, da in dem Haus alles auf Zwergengröße eingerichtet war. Die Hütte bestand nur aus einem quadratischen Raum. In einer Ecke war eine kleine Kochnische, in der zweiten stand ein Kleiderschrank, in der dritten ein Regal für Alltagsgegenstände, eine andere wurde von einem großen Schreibtisch aus braunem Holz eingenommen. Aufgeschlagene Bücher, Pergamentrollen, Zeichenutensilien und eine faustgroße Kristallkugel waren unordentlich darauf verstreut. Ansonsten waren die Wände so mit Bücherregalen zugeräumt, dass man nicht einmal mehr die Tapete richtig erkennen konnte. Der Raum sah fast aus wie eine Bibliothek. "Woher wusstest du, dass wir kommen?", fragte Rigo erstaunt. Stomp deutete mit seiner schwieligen Hand in die Mitte des Raumes, wo ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen stand. Auf dem Tisch befand sich ein Schachbrett. Erst jetzt erkannten die Gefährten, dass noch jemand in Stomps Behausung war. Er saß auf einem der Stühle und begutachtete nachdenklich das Schachspiel. Er trug weißrote Roben, hatte schneeweiße Haare und strahlendblaue Augen. "Dertil?", murmelte Leafenisty verwundert. Der Priester Ilerdts nickte ohne den Blick vom Spielbrett abzuwenden, als würde er intensiv darüber nachdenken. Tatsächlich hellte sich seine Miene plötzlich auf und er führte eine der Figuren mehrere Felder weit. Stomp entblößte mit einem Grinsen seine gelben Zähne. Einer der Eckzähne fehlte. "Er kam bereits vor zwei Tagen bei Stomp an und informierte Stomp über euer baldiges Erscheinen.", erklärte der Zwerg. Die Gefährten starrten Dertil sprachlos an. Dafem erhob das Wort: "Das... das ist unmöglich. Wie kannst du innerhalb eines einzigen Tages von Zestarin bis hierher kommen?" "Eine unwichtige Nebensächlichkeit. Viel wichtiger erscheint mir, dass ihr nun endlich den Grund erfahrt, weswegen ihr verfolgt werdet." "Nun, Stomp denkt, das ist der Augenblick, an dem er übernimmt", brummte Stomp. "Setzt euch. Wollt ihr Tee? Oder ein kräftiges Bier?" "Tee! Oder doch Bier! Ach, ich nehme einfach beides!", bestellte Xab fröhlich. Bis auf Rigo einigten sich die restlichen Gefährten auf Tee, so dass der Gastgeber ein Tablett mit den Getränken aus der Kochnische holte und es auf den Tisch stellte. Danach setzte er sich auf den freien Stuhl und nahm erstmal einen kräftigen Zug aus seinem Bierkrug, während die Gefährten um ihn herum auf dem harten Holzboden Platz nahmen. "Nun, Priester Dertil hat Stomp bereits größtenteils erzählt, was auf Lutansiar vor sich geht. Stomp weiß, dass die Krone der Finsternis von einem Dunkelelfen gefunden wurde und dass seine Untergebenen euch wegen dem Stab der Halbelfe verfolgen. Er hat in seinen Büchern geforscht..." Er machte eine weit ausschweifende Geste auf die Regale. "...und kann euch erklären warum. Der Rubinstecken, den ihr bei euch habt, kann in den Händen des Dunkelelfen dazu führen, dass ihn niemand mehr aufhalten kann." Er nahm einen weiteren tiefen Zug aus seinem Humpen und wischte sich den Mund ab. "Stomp denkt ihr kennt die Geschichte der Götterartefakte. Die fünf Götter erschufen ihre Relikte und verteilten sie auf Lutansiar. Die Völker des Landes führten Krieg um diese Gegenstände, also versiegelten die Götter sie wieder. Doch der Krieg der Kriege ging weiter, so dass die Götter gezwungen waren etwas zu unternehmen. Sie lösten das Siegel von ihren Artefakten und der legendäre von Ilerdt erwähnte Elf Udeasin Kinta bekam die Rüstung der Macht, sowie das Amulett des Mutes. Letzten Endes kämpfte er gegen Rizzur, der durch Zufall die Krone der Finsternis fand, und gewann." Stomp fing plötzlich an zu lachen und schlug sich mit der flachen Hand auf den Oberschenkel. "So zumindest steht es in den Geschichtsbüchern." "Was soll das heißen? Und was hat das mit meinem Stab zu tun?", fragte Melana verwirrt. Der Zwerg setzte wieder eine ernste Miene auf und setzte seinen Bierkrug an die Lippen, entschied sich dann jedoch dagegen und stellte ihn wieder auf den Tisch ohne davon getrunken zu haben. "Die Wahrheit ist, dass Opelaryn, der Gott der Dunkelheit, eigentlich nicht wollte, dass seine Krone nach dem Beginn des Krieges aller Kriege versiegelt wurde. Er war nicht bereit sein Artefakt aufzugeben und wollte es irgendjemanden auf Lutansiar geben, während die anderen vier Artefakte verschwanden und niemand mehr die Herrschaft der Krone streitig machen konnte. Entsetzt von diesem Vorhaben verbannte Lili, Göttin der Liebe, das dunkle Relikt in die tiefsten Eingeweide der Erde. Außerdem entfernte sie einen der blutroten Edelsteine aus der Krone." "Wozu soll das gut sein?", quatschte Xab dazwischen. Stomp blickte ihn ein wenig verstimmt über die Unterbrechung an. Prompt hielt Rigo dem Gnom eine Klauenhand über den Mund und deutete mit der anderen, dass Stomp fortfahren sollte. Der Zwerg nickte. "Lili versiegelte ihr Artefakt, den Stab des Lebens, auf ganz besondere Weise. Da ihr Stab aus den sechs Elementen Feuer, Wasser, Luft, Erde, Licht und Schatten bestand, spaltete sie ihn in sechs magische Stecken, für jedes Element einen. Den Smaragdstecken für Wind, den Saphirstecken für Wasser, den Tigeraugenstecken für Erde, den Onyxstecken für Schatten, den Diamantstecken für Licht und... den Rubinstecken für Feuer." "Der Rubinstecken des Feuers? Mein Rubinstecken?", murmelte Melana. "Ja. Und diesem Stecken fügte sie den vorher entfernten Edelstein der Krone der Finsternis bei.", erklärte Stomp. Dafem fuhr sich durch das blonde Haar und seufzte. "Aber wozu das Ganze?" "Lili Liebesgöttin hatte Angst", brummte der Zwerg. "Denn die Krone der Finsternis hatte ursprünglich nicht nur die Fähigkeit jegliche böse Kreaturen zu kontrollieren, sondern auch, dass niemand außer der Besitzer der Krone selbst diese abnehmen könnte. Durch das Fehlen eines Edelsteines ist das Artefakt unvollständig und somit jederzeit vom Träger entfernbar." "Darum also verfolgt Valnitar Melana! Er befürchtet, wenn er mit der unvollständigen Krone in den Krieg zieht, könnte sie ihm irgendjemand vom Kopf reißen und sie für sich beanspruchen oder verstecken.", sinnte Aurora verstehend. "Richtig. Lili gab den Rubinstecken mit dem Edelstein an Udeasin Kintas Geliebte weiter. Sie war schwanger als der legendäre Elf in der Schlacht verstarb. Seither wird der Rubinstecken in der Blutlinie Udeasin Kintas von Generation zu Generation weitervererbt, um den Stab zu schützen. Denn der Edelstein des Rubinsteckens kann der Krone der Finsternis nur beigefügt werden, wenn der Wächter des Stabes es so will. Nur dann wird die Krone vollständig. Wenn das geschieht, ist niemand mehr in der Lage den Träger dieses Artefaktes aufzuhalten. Nicht einmal bei Rizzur damals war die Krone komplett." "W-willst du... damit andeuten, dass... ich eine Wächterin des Rubinsteckens bin? Das würde bedeuten... ich wäre... ich wäre ein Nachfahre Udeasin Kintas?", stotterte Melana aufgelöst. Dertil nickte. "So ist es, mein Kind." "Das heißt also, wir werden verfolgt, da Valnitar Melana dazu bringen will ihm den Stab beziehungsweise den fehlenden Edelstein der Krone auszuhändigen, denn dadurch würde er nahezu unbesiegbar werden.", fasste Leafenisty zusammen. Rigo schüttelte fassungslos den Kopf, so dass einzelne Federn zu Boden schwebten. "Das heißt, jedes böse Wesen auf Lutansiar ist hinter uns her. Wir haben den Schlüssel zu Valnitars unaufhaltsamer Herrschaft." "Das erklärt, warum ich damals etwas Böses gespürt habe, als ich den Stab untersuchte", meinte Leafenisty. Estilor nickte und sah die Halbelfe forschend an. "Außerdem ergeben dann diese Traumvisionen einen Sinn. Dadurch, dass du den Edelstein bei dir hast, musst du eine Art Verbindung zu der Krone der Finsternis haben." "Ich brauche frische Luft", verkündete Dafem plötzlich. Ohne eine Reaktion der anderen abzuwarten, erhob er sich und verließ Stomps Berghütte. Draußen hatte sich der Nebel gelegt und die Nacht war inzwischen hereingebrochen. Mit einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend kletterte der Abenteurer über eine an der Wand festgemachten Leiter auf das Dach des Hauses. Verwirrt und unentschlossen starrte er hoch in den mit Sternen übersäten Himmel. Fast Vollmond... in ein paar Tagen kommt die Zeit der Werwölfe... Unbewusst fand seine Hand wieder zu dem halben Anhänger an seiner Halskette. Melissa... mein ganzes Leben scheint durcheinander gewirbelt zu werden. Wieso muss Melana eine Erbin Udeasin Kintas sein? Wieso muss gerade sie diesen verdammten Rubinstecken schützen? Warum müssen wir etwas bei uns haben, das ganz Lutansiar in die Dunkelheit stürzen kann? Lange lag Dafem einfach nur auf dem Dach und dachte nach. Es musste mindestens eine Stunde vergangen sein und der Abenteurer war kurz davor einzuschlafen, als er hörte, wie die Tür zu Stomps Hütte mit einem leisen Knarren aufschwang. Erstaunt rollte er sich auf den Bauch. Schon einen Augenblick später lugte ein roter Haarschopf über die Dachkante. "Hier bist du", stellte Melana lächelnd fest. Beherzt stieg sie noch ein paar weitere Leitersprossen empor, um dann vollends auf das Dach steigen zu können. Dafem bemerkte sofort, dass ihr Gang merkwürdig unsicher war. Schnell sprang er auf die Füße, gerade rechtzeitig, um die stolpernde Halbelfe aufzufangen. "Bist du in Ordnung?", fragte er vorsichtig. Ein Wunder, dass sie die Treppe hochgekommen ist... Melana nickte übertrieben heftig. Ihre Wangen trugen eine rötliche Färbung und ein merkwürdiger Geruch gesellte sich zu ihrem angenehmen Eigenduft. Dafem hob die Augenbrauen und sah forschend in ihre hellen grünen Augen. "Du hast doch nicht etwa was von dem Bier getrunken?" Melana lächelte wieder und drückte ihren Körper nah an seinen. "Nur das, das Xab übrig gelassen hat... und noch eins... und noch ein drittes..." Bei Dafems entsetztem Gesichtsausdruck fing sie an zu kichern. "Du bist betrunken!", stellte der Blondhaarige überflüssigerweise fest. "Sag Dafem...", säuselte sie ohne auf sein Kommentar einzugehen. "...findest du mich hübsch?" "Wie kommst du auf so etwas?", ächzte er. Langsam wurde ihm die Situation unangenehm. Er versuchte sich von ihr zu lösen, doch Melana legte sofort die Arme um seinen Nacken. Ihre warmen Hände an seinem kalten Hals ließen ihn erschaudern. "Wegen der Narbe. Als Halbelfe musste ich mir nie Gedanken um mein Aussehen machen, aber jetzt... Bitte sei ehrlich. Macht die Narbe mich hässlich?" Sie lächelte oder kicherte nicht mehr. Ihre grünen Augen sahen ihn ernst an. Dafem erwiderte den Blick, während er leicht den Kopf schüttelte. "Aber nicht doch. Sie ist ein Teil von dir und zeigt deine Stärke. Außerdem hebt es deine Schönheit nur noch mehr hervor." Schon im gleichen Augenblick hätte er sich ohrfeigen können. Was hatte ihn dazu bewogen so etwas zu sagen? Melana lächelte wieder und zog sich ganz nah an ihn heran, so dass er durch seinen dünnen Hemdstoff deutlich ihre Brüste spüren konnte. Ihr Gesicht kam seinem bedrohlich nahe. "Küss mich", hauchte sie. Der Abenteurer wandte sich halbherzig in ihrem Griff "Was?", murmelte er. Ihr Duft von Wald und Gräsern, verbunden mit dem leichten Alkoholgeruch stieg Dafem in die Nase und vernebelte seine Sinne. "Du sollst mich küssen, Dummerchen", kicherte sie fröhlich und brachte ihr Gesicht noch ein Stück näher an seins. "Das willst du doch eigentlich gar nicht", erwiderte er schwach. Ihr Geruch, ihre Wärme und Nähe machten ihn ganz verrückt. "Man meint nur die Wahrheit, wenn man betrunken ist." Nach diesen Worten überbrückte sie den letzten Abstand zwischen ihnen und küsste ihn. Dafem war für einen Augenblick wie gelähmt. Sein Bewusstsein schien sich auszuschalten. Er spürte nur noch ihre warmen weichen Lippen, sie schmeckten nach einem Hauch Minze. Mit dem Gefühl das Richtige zu tun erwiderte er den Kuss sogar, bis ihm klar wurde was er da eigentlich tat. Verdammt. Ich stehe hier mitten auf dem Dach von Stomps Hütte und küsse Melana, während sie betrunken ist! In aller Hast nahm er ihre Hände von seinem Nacken und drückte die Halbelfe von sich weg. Sie starrte ihn verwirrt und enttäuscht an, während sie mit einer Hand ihre Lippen berührte. "Ich kann das nicht machen, Melana. Du weißt nicht was du tust." In den Augen des Rotschopfes sammelten sich Tränen. "Also war es nur eine Lüge. In Wirklichkeit findest du mich gar nicht hübsch. Und ich bin nichts weiter als ein hilfloser Klotz am Bein, der beschützt werden muss." Sie ließ sich auf die Knie sinken. Mit ihren Händen stützte sie sich auf den Holzdielen ab und blickte starr zu Boden, so dass das rote Haar ihr weinendes Gesicht verbarg. Besorgt ging Dafem vor ihr in die Hocke. "Das ist doch nicht wahr." "Dann sag mir was ich bis jetzt geleistet habe! Estilor beschützte uns damals vor Dimitav! Leafenisty besiegte Yscento! Xab rettete uns vor einer Horde Hobgoblins! Aurora schützte Sagandor! Rigo hat wahrscheinlich mehr Feinde besiegt als wir alle zusammen! Du kümmerst dich um jeden von uns und begleitest mich, obwohl es nur Gefahr bedeutet! Ihr alle leistet Großartiges! Sag, was habe ich bis jetzt getan?" "Du hast mein Leben gerettet. In diesem Dorf, kurz nachdem wir uns das erste Mal getroffen hatten. Ein Goblin hatte mich in der Mangel. Du hast ihn besiegt. Erinnerst du dich?", erwiderte Dafem ruhig. Falls Melana ihn gehört hatte, reagierte sie nicht darauf. Eine Weile lang schluchzte sie nur vor sich hin und ließ ihre Tränen auf das Holzdach tropfen. "Dafem?", wisperte sie schließlich sehr leise, "Bitte... halt mich... halt mich fest..." Stürmisch schlang sie ihre Arme um ihn, so dass er von seiner hockenden Lage umgerissen wurde und auf dem Hinterteil landete. Sie lag jetzt halb auf seinen Beinen, die Arme um seine Taille. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust. Unsicher was zu tun sei, streichelte Dafem ihr beruhigend über den Rücken und strich ihr das rote Haar hinter die Ohren. Er spürte, wie Melanas Tränen sein Hemd durchtränkten. "Sag schon, was ist los mit dir?", flüsterte er mit möglichst einfühlsamer Stimme. "Ich... ich bin verwirrt. Ich bin wahrscheinlich eine Urenkelin Udeasin Kintas, dem größten Elfenkrieger aller Zeiten. Warum kann ich dann nicht richtig kämpfen? Und wieso muss ausgerechnet ich etwas beschützen, das ganz Lutansiar in Dunkelheit stürzen kann? Was sollen wir jetzt nur tun?" Ihre Stimme wurde immer leiser und sie nuschelte ein wenig. Dafem sah wieder in den Himmel hinauf, den angenehmen Duft von Gräsern und Wäldern, der Melana umgab, in der Nase. Als er nach einiger Zeit wieder zu ihr herab sah, schlummerte sie bereits friedlich in seinen Armen. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Nachdem er sie noch eine Weile beobachtet hatte, hob er sie vorsichtig auf die Arme und stieg vom Dach herab. Umständlich öffnete er die Tür zu Stomps Hütte und trat ein. Es bot sich ihm ein merkwürdiger Anblick, wie ein gewöhnlicher Abend von gewöhnlichen Leuten, die nicht das Schicksal Lutansiars auf ihren Schultern trugen. Xab lag alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden und schnarchte lautstark. Leafenisty und Estilor beugten sich konzentriert über das Schachbrett auf dem Tisch. Aurora und Dertil lehnten Seite an Seite an einem Bücherregal, der Kopf der Prinzessin auf der Schulter des Priesters. Mit eingezogenem Kopf trat Dafem in die niedrige Behausung. "Da seid ihr ja endlich", bemerkte Rigo. Der Avior nippte nachdenklich an einem Krug Zwergenbier. "Was habt ihr denn so lange getrieben?" Dafem errötete ein wenig und versuchte es zu überspielen, doch Rigos goldene Augen weiteten sich bereits vor Überraschung. Sein Blick wanderte von Dafems rötlichen Wangen zu Melana, die in seinen Armen schlummerte und wieder zurück zu seinen rötlichen Wangen. "Dafem... In all den vieren Jahren, seit denen wir uns kennen, habe ich dich noch nie erröten sehen... und dabei gab es etliche Situationen in denen du Grund dazu gehabt hättest. Was habt ihr denn da draußen angestellt... so allein?" "Wie konntet ihr zulassen, dass sie Zwergenbier trinkt?", gab der blonde Abenteurer ein wenig aufgebracht zurück. Rigo zuckte die Achseln. "Sie sah nach Stomps Erzählung so aus, als müsste sie sich ein wenig Frust wegspülen. Wieso, was ist denn passiert?" "Nichts! Aber sie war betrunken! Sie ist kein hünenhafter Zweimeteravior, der dieses Zeug saufen kann wie Wasser!", erwiderte Dafem heftig, während er Melana sanft auf den Boden legte, wo Stomp in seiner Abwesenheit viele Kissen verteilt hatte. "Sieht mir eher aus, als hätte sich die Liebesgöttin Lili ein wenig eingemischt", grummelte er, bevor er sich nach einem weiteren scharfen Blick Dafems stumm seinem Bier zuwandte. Als der Abenteurer sich noch einmal in der Hütte umsah, bemerkte er Stomp, der an seinem Schreibtisch saß und nachdenklich in die Glaskugel darauf starrte. Der Zwerg schien zu merken, dass ihn jemand beobachtete, denn er dreht sich auf seinem Stuhl herum und grinste Dafem an. "Ah, Dafem Abenteurer und Melanaria Kinta sind zurückgekehrt. Stomp hat euch gar nicht bemerkt. Komm näher Dafem, Stomp will dir etwas zeigen." Dafem nickte und trat neben den Zwerg an den Schreibtisch. Stomp sprang prompt auf. Über eine Leiter, die geschickt mit Rollen an einem Bücherregal befestigt wurde, um überall daran hochklettern zu können, zog er ein dickes Buch in grünem Ledereinband hervor. Mit einem großen Satz hüpfte der Zwerg wieder von der Leiter und setzte sich zurück an seinen Schreibtisch. Dafem beobachtete aufmerksam, wie Stomp das Buch unter dem Klimpern seiner Armbänder an einer markierten Stelle aufschlug. "Stomp ist ein angesehener Archivar, musst du wissen", erklärte der Zwerg stolz, "Man vertraut ihm einige Stammbäume und Aufzeichnungen von hochrangigen Familien an. Hier ist der Beweis, dass Melanaria eine Erbin Udeasin Kintas ist." "Melanaria?", murmelte Dafem irritiert und schaute auf den Abschnitt, über dem Stomps dicker Finger ruhte. Der Name ,Udeasin Kinta' fiel gleich auf, da er besonders hervorgehoben wurde. Und einige Zeilen darunter standen sie tatsächlich: Sion'ki Kinta & Meluzo Esperanza - eine Tochter: Melanaria Esperanza Kinta Unbewusst hatte Dafem laut vorgelesen. Aurora schreckte auf und starrte den Abenteurer an. "Meluzo? Steht dort sicher Meluzo?", erkundigte sich die Prinzessin. Nachdem Dafem genickt hatte, stieß sie einen anerkennenden Pfiff aus. "Melana... oder Melanaria... oder wie auch immer... hat wirklich berühmte Vorfahren." "Wieso? Kennst du ihren Vater?" "Ja, aus den Erzählungen meines Vaters. Melana hat gesagt, er wäre ein Ritter gewesen, der am Kampf gegen den ,Dämonenbeschwörer' beteiligt gewesen war. Tatsächlich kämpfte er damals Seite an Seite mit Chemir und meinem Vater. Um genau zu sein war es Meluzo, der den ,Dämonenbeschwörer' damals schwer verwundete, so dass dieser fliehen musste." "Ich erinnere mich an Meluzo", warf Estilor ein, "Ein herzensguter Mensch und begnadeter Krieger." Dafem hörte den Erzählungen von Aurora und Estilor gar nicht richtig zu. Seine blauen Augen waren starr auf Melana gerichtet, die auf ihrer Seite lag und schlief, wobei sie gleichmäßig atmete. Grundlos schlich sich ein leichtes Lächeln auf Dafems Gesicht. Der Abenteurer fuhr sich nachdenklich mit dem Zeigefinger über die Lippen. Der Minzgeschmack scheint gar nicht mehr weggehen zu wollen... Kapitel 20: Böses Erwachen -------------------------- So, hat zwar gedauert, aber hier kommt das nächste Kapitel. War im Zillertal Ski fahren, deswegen hats gedauert. Bin aber mit ein paar blauen Flecken davon gekommen, also keine Angst, ich schreib weiter^^ Schnallt euch an, in diesem Kapitel habt ihr einiges zu verdauen. Eben ein "böses Erwachen" ^^ Also hier kommt Kapitel XX !!! @SylverMortal: Oller Romantiker?^^ Hey das find ich übertrieben, aber meiner Meinung nach gehört zu jeder Fantasygeschichte ein kleiner Schuss Romantik^^ Der Sprachtick von Stomp kommt aber nicht von Yoda...ehrlich gesagt kommt er aus dem Buch "Der Thron der Libelle" Irgendwie wollte ich ihn eben ein wenig verrückt machen, schließlich wohnt er ÜBER der Erde. @Nocturn: Yeah, meine Schreibblockade is größtenteils überwunden. Und es geht endlich wieder ein wenig vorwärts, sei gespannt auf weitere Kapitel!!! @mitsuki11: Ja, diesmal is meine Geschichte doch nicht so durchsichtig wie "Drachenbrut", oder? Hab mir auch viel Mühe gegeben. Melana(ria) muss noch einiges überstehen, das stimmt. Wir werden sehen wie es weitergeht^^ @Deathborn: Du willst Leaf+Dafem??? Hmm...ich gebe zu, überlegt hatte ich das ganze, aber naja...ich fürchte ich muss dich da enttäuschen... Xab hat übrigens keinen Bart, obwohl er so alt ist... (er legt da viel Wert drauf) ^^ @white_shark: Wow, bei soviel Lob wird mir ganz schwindlig. Ich geb mir wirklich viel Mühe gute Geschichten zu schreiben, die den Lesern (und auch mir) gefallen. Vor allem bemühe ich mich stetig weiterzuentwickeln und immer weiterzumachen. Ich denke man kann die Verbesserung von dieser Story im Vergleich zu "Drachenbrut" schon erkennen. Also super vielen Dank und auf gute Mitleserschaft!!! jetzt aber los: Kapitel XX - böses Erwachen Kälte. Das war alles, was Dafem fühlte, während er durch die triste Landschaft schritt. Der Regen prasselte erbarmungslos auf ihn nieder, durchnässte seine Kleidung und lief an Gesicht und Haaren herab. Er hielt inne. Vor ihm lag Melissa, von Wölfen bis zur Unkenntlichkeit zerrissen. "WARUM HAST DU MIR NICHT GEHOLFEN?", kreischte die Stimme seiner Halbdunkelelfenschwester durch die Düsternis. Das Bild wurde plötzlich schwarz. Verschwommene Bilder von Bekannten zogen an seinem geistigen Auge vorbei. Utosi, in einer Lache ihres eigenen Blutes... Aurora, abgemagert und entkräftet in den Ketten eines Verlieses hängend... Irgendwo in der Ferne murmelte jemand unverständliche Wörter: "Protegaf di nstiv... Protegaf di nstiv..." Er sah Estilor, die magischen schwarzen Splitter Yscentos tief im Fleisch... "Protegaf di nstiv..." Er sah Rigo, die aufgerissene Schulter halb mit zerfetzten Federn bedeckt... "Protegaf di nstiv..." Und er sah Melana, ihre grünen Augen, ihre weiche Haut, ihr Lächeln und die warmen Lippen, die sich vor einiger Zeit noch auf seinen befunden hatten. Schon im nächsten Moment zerriss der helle Magieblitz des Seedrachen Acuaryu die Dunkelheit und verschlang sie in einem Schwall aus Licht. Melana schrie vor Schmerz und fiel zu Boden. Ihr hübsches Gesicht war teilweise verbrannt, rotes Blut sickerte unter ihrem Haarschopf hervor. "Protegaf di nstiv..." "Nein!", keuchte Dafem entsetzt. Er öffnete die Augen und richtete sich auf. Es war noch dunkel in Stomps Hütte. Der Zwerg, in einer Hängematte oben an der Decke schlafend, schnarchte mit Xab lautstark um die Wette. Der Rest der Gefährten lag dicht zusammengedrängt auf dem Boden und schlummerte ebenfalls friedlich. "Verdammte Träume", fluchte Dafem leise und fuhr sich mit den Händen durch die schwitzigen blonden Haare. Er hatte noch nie viel geträumt, doch seit er mit seinen neuen Kameraden durch Lutansiar zog, häuften sich seine Albträume geradezu. Immer wieder sah er sie sterben oder wie sie verletzt wurden. Jedes mal durchlebte er alle schrecklichen Momente ihrer Reise von neuem. Und was hatten diese Worte der Magie zu bedeuten? "Protegaf di nstiv...? Ein merkwürdiger Traum..." Verwirrt legte Dafem sich wieder zurück auf seinen improvisierten Schlafplatz aus seinen Decken und Stomps Kissen. Der Abenteurer merkte nicht, wie Dertil, der an einem Bücherregal lehnte, die blauen Augen geöffnet und auf ihn gerichtet hatte. Der Priester Ilerdts seufzte erleichtert, als er spürte, dass Dafem wieder eingeschlafen war. "Ein Glück, er hat nichts gemerkt... Ich muss meinen Bannkreis schnell erneuern... sonst werden wir bald ungebetene Gäste hier haben..." Konzentriert schloss Dertil die Augen. "Protegaf di nstiv... Protegaf di nstiv..." "Es ist soweit, Meister Valnitar!", verkündete Dimitav triumphierend, "Meine Kräfte sind vollständig hergestellt und der Bannkreis, der die Truppe der Halbelfe umgibt, wird schwächer. Gebt mir einen dunklen Priester, der mir hilft den Bannkreis aufzulösen." Aus dem finsteren Schatten des schwarzen Thrones trat unaufgefordert eine Gestalt. Sie trug die dunklen Roben eines Priesters des Opelaryn. Aus der Schwärze der hochgezogenen Kapuze blitzten blaue Augen hervor. Langes, weißblondes Haar fiel über den weichen Stoff, der sich straff über die runden Brüste spannte. "Es wird mir ein Vergnügen sein", wisperte die Halbdunkelelfe mit einer Stimme, die der Dimitavs in Bosheit und Kälte in nichts nachstand. "Oh, Opelaryn, Gott der Dunkelheit, Herr der Schatten, Vater des Bösen, erhöre mein Flehen und vernichte den schützenden Bannkreis, der unsere Feinde umgibt! Nur dann können wir die auslöschen, die der Herrschaft deines Götterartefaktes im Wege stehen!" Die Priesterin lächelte siegessicher, ihre Augen funkelten erwartend. "Welcher Priester auch immer diesen Bannkreis aufgestellt hat, er ist schwach! Der Bannkreis ist aufgelöst! Wir können gehen..." "Gut gemacht", lobte Valnitar, der bis jetzt nur stumm und neugierig zugesehen hatte. "Dimitav. Geh mit ihr, besorge mir die Halbelfe und ihren Stab und töte die anderen!" "Zu Befehl", knurrte der Schattenalp widerwillig. Er und die Halbdunkelelfe sprachen einige Worte der Magie und verschwanden vor den Augen ihres zufriedenen Meisters... Immer noch ein wenig benommen versuchte Aurora mit ihrem Hirn aufzunehmen, was Dertil ihnen hektisch beibrachte. Der Priester Ilerdts hatte sie alle äußerst unsanft geweckt und stand nun ruhig, aber besorgt vor ihnen. "Ich konnte es nicht verhindern. Jemand hat meinen Bannkreis zerstört. Jetzt können uns die Feinde jederzeit orten und sich zu uns teleportieren. Wahrscheinlich werden sie in wenige Minuten hier eintreffen." "Dein Bannkreis?", wiederholte Estilor, "Nur erstklassige Priester können so etwas bewerkstelligen. Warum habe ich dann noch nie von dir gehört? Was verheimlichst du uns?" "Keine Zeit!", blockte Dertil ab. Schnell riss er die Tür zu Stomps Hütte auf und stieß einen langen lauten Pfiff aus, der die ganze Umgebung für einen Augenblick erfüllte. "Ihr müsst mir jetzt vertrauen. Die Feinde werden kommen. Ich pfeife meine Pferde herbei." "Pferde?", fragte Rigo ungläubig. "Pferde sind zu selten, als dass ein Priester eines besitzen könnte. Du kannst kein normaler Priester sein!" "Pferde!", rief Xab glücklich. "Ich habe noch nie eines gesehen! Sie sollen schnell und stark und anmutig sein! Wie herrlich, dass ich es wirklich erleben darf, eines zu sehen!" Hastig räumten die Gefährten ihr Gepäck zusammen. Auch wenn Dertils Geschichte unglaubwürdig schien, so hatte der Priester ihnen bis jetzt immer geholfen. Außerdem ging etwas von diesem Mann aus, das ihn einfach auf eine merkwürdige Weise vertrauenswürdig machte. Stomp scheuchte sie ein wenig und war gerade dabei die Tür zu öffnen, als er mitten in der Bewegung erstarrte und in die entgegen gesetzte Richtung stierte... sein bärtiges Gesicht verzog sich ungläubig... Da standen sie... Dimitav, die Arme lässig verschränkt, und eine Halbdunkelelfe in den schwarzen Roben eines dunklen Priesters. Die eisige Furcht, die während der Anwesenheit des Schattenalps entstand, schnürte ihnen den Atem ab und verwehrte jegliches klares Denken. Stomp knurrte wütend und griff mit einem lauten Gebrüll nach der Axt, die mit Nägeln über der Tür angebracht war. Doch bevor der Zwerg die Waffe auch nur mit den Fingerspitzen berührt hatte, hob Dimitav geradezu spielend eine Hand und deutete damit auf Stomp. "Stirb...", säuselte der Untote mit einem Grinsen auf dem durchscheinenden Geistergesicht. Ein Strahl aus schwarzem Licht schoss aus seiner Hand hervor, erfasste den Zwerg und schleuderte ihn mit unmenschlicher Kraft gegen die Wand. Stomp schlug hart mit dem Hinterkopf gegen die Wand auf und rutschte am Rücken daran herab. Dabei zog er eine Spur aus schmierigem Blut hinter sich her... "Stomp!", kreischte Rigo voll Grauen. Der Avior zog seinen gewaltigen Zweihänder und wollte auf Dimitav einschlagen. Die Halbdunkelelfe flüsterte einen kurzen Zauberspruch, bevor Rigos Schwert auch schon anfing rotorange zu glühen, wie als hätte man es in einen Schmiedeofen gesteckt. Der Avior schrie vor Schmerz, als die Waffe zischend die Haut seiner Klauenhand verbrannte. Mit weit aufgerissenen Goldaugen ließ er das Schwert klirrend zu Boden fallen, wo es sofort einen schwarzen Fleck in den Holzboden brannte. Dimitav lachte eisig. "Verbrüht an deinem Spielzeug?! Niemand kann euch diesmal retten!" Seine feuerroten Augen fixierten abwartend Estilor. Der Priester schickte sofort ein Gebet an Ampara, der Göttin des Lichts. Sein kristallener Stab entflammte in weißem Licht. Gleichzeitig mit Dertil ließ er einen magischen Blitzstrahl auf Dimitav zuschnellen. "Diesmal nicht!" Flink hob der Schattenalp wieder seine Hand. Die Lichter der Priester zerbarsten an seiner Handfläche, wie ein Wasserstrahl an dem dicken Metall eines undurchdringlichen Schildes. Die Gefährten wurden von Panik erfasst. Nicht einmal die Priester konnten ihren Gegnern etwas anhaben. Wortlos ließ die dunkle Priesterin eine tanzende Flamme in der Luft erscheinen. Sie schmetterte das Geschoss gegen die Bücherregale. Sofort fing Papier und Holz Feuer. Leafenisty versuchte die magischen Flammen der Halbdunkelelfe mit einem Wasserzauber zu löschen, doch bereits in wenigen Sekunden brannte die ganze Hütte. Qualm ließ ihre Augen tränen. Ihre Kehlen zogen sich schmerzhaft zu. Überall war plötzlich nur noch Feuer. Feuer und das grausame Lachen Dimitavs. "Wir müssen hier raus!", schrie Dafem. Sein Befehl verwandelte sich schnell in ein gequältes Husten. Orientierungslos stolperten die Gefährten der Reihe nach zur Tür. Dertil riss sie auf und sog für einen Moment die wundervolle frische Luft ein, bevor er herausstürmte und wieder seinen hohen Pfiff ausstieß. Ihm folgten Rigo, Aurora, Estilor und ein aufgeregter Xab. Dafem befand sich noch im Inneren, sein Blick schweifte wild umher. Neben dem reglosen Stomp kniete Melana. Er stürzte zu ihr, griff nach ihrem Ellenbogen und zog sie auf die Füße. "Wir müssen verschwinden!", rief er, um das Knistern der hungrigen Flammen zu übertönen. Die Hitze versengte ihm die nackte Haut an den Armen. "Aber... aber wir können ihn hier nicht zurücklassen!", erwiderte sie und deutete auf Stomp. "Er ist tot, Melana...", flüsterte Dafem traurig, "Wir müssen hier raus!" "Aber..." Ein weiterer Strahl schwarzen Lichtes zerschnitt die Flammen vor ihnen. Dafem riss Melana mit sich zu Boden, so dass der Angriff um Haaresbreite über ihnen hinweg flog und dabei die ganze Wand zerriss. Zerfetzte Bücher, Holzsplitter und brennende Trümmer regneten auf die beiden nieder. "Geh jetzt!", bat Dafem, als er wieder auf die Füße gesprungen war und Melana beim Aufstehen half, "Ich muss noch Leaf raus bringen." Widerwillig nickte Melana und stürmte aus dem Haus. Dafem torkelte noch eine Weile ziellos durch den Rauch, bevor er die schwarzen Haare der Elfe wahrnahm. "Leaf!" Die Druidin wirbelte herum und seufzte erleichtert. Einen Augenblick später schlug ein weiterer Feuerball der dunklen Priesterin neben ihr in die Wand ein. Die ganze Hütte schien zu beben. Überall Feuer, überall Rauch und Qualm. Das Dach ächzte knirschend unter der Unstabilität, die die zerrissene Wand verursachte. Dafem packte Leafenisty bei ihrer weißen Hand und zog sie zur Tür. Das irre Lachen Dimitavs klang in ihren Ohren. Wieder knarrte das Dach, lauter als das Lachen oder die Flammen. Mit einem berstenden Geräusch zerbrach einer der hölzernen Dachbalken und stürzte herab. Leafenisty schrie auf vor Überraschung, als das schwere Holz ihr linkes Bein unter sich begrub und mit einem schmatzenden Geräusch zerquetschte. Ihr Schrei verwandelte sich in ein heiseres Keuchen. Mit einem dumpfen Aufschlag viel sie zu Boden. "Leaf!" Die Elfe versuchte ihr Bein zu befreien, doch der Balken war viel zu schwer. Dafem stürzte an ihre Seite. "Leaf, alles in Ordnung?" Mit aller Kraft zog der Abenteurer an dem gewaltigen Trümmerstück. Seine Arme spannten sich bis aufs Äußerste, doch es half nichts. "Es hat keinen Sinn, Dafem", flüsterte Leafenisty. In ihren Augen sammelten sich Tränen, "Ich komme hier nicht lebend raus. Es geht zu Ende..." "Rede nicht so einen Blödsinn! Ich lasse dich nicht hier!", schrie Dafem wütend. Er gab alles, er zog, er rüttelte, stemmte und hob, doch das Bein der Elfe blieb eingeklemmt. Verzweifelt kratzte der Abenteurer an der rauen Oberfläche des Holzes, bis seine Finger blutig waren. "Ich lasse dich nicht hier! ICH LASSE DICH NICHT HIER!" "Bitte, Dafem, du musst gehen. Ich schaffe es nicht, doch ihr müsst überleben. Ihr müsst dafür sorgen, dass Melana in Sicherheit bleibt." Leafenisty verstummte kurz und sah in Dafems verzweifeltes Gesicht. Sie lächelte, während gleichzeitig Tränen an ihren blassen Wangen herab liefen. "Es ist nicht deine Schuld, Dafem. Ich entschied mich dazu, mit euch zu reisen und ich bereue nichts. Ich bereue nicht, mit euch zusammen gewesen zu sein." Wieder erschallte Dimitavs Lachen. "Du musst jetzt gehen", flüsterte Leafenisty. Dafem schüttelte heftig den Kopf. Die Druidin seufzte. "Ich kann nicht zulassen, dass du jetzt auch noch stirbst! Ich komme hier nicht raus, aber du wirst überleben!" Die Elfe wirbelte kraftlos mit ihrer Hand. Ein heftiger Sturm kam auf und brachte das Feuer kurzzeitig zum Flackern. Schon im nächsten Augenblick wurde Dafem von den Füßen gehoben und durch die offene Tür aus dem Haus geschleudert. "Leaf! LEAF!!!" Hart schlug der Abenteurer mit dem Rücken auf dem Bergpfad auf. Das ganze Haus stand in Flammen, es ächzte und knarrte. Ich habe dich geliebt, Dafem. Auch wenn du ein Mensch bist, auch wenn ich es nie richtig zeigte und auch wenn ich sofort gesehen habe, dass ich gegen Melana keine Chance hatte... Leb wohl... Und ihr auch, meine Freunde... Lebt wohl... Dann stürzte Stomps Hütte vor den Augen aller zusammen... "Nein! Leaf! Leaf! LEAF!!!" Von Trauer überwältigt blieb Dafem zusammengekauert liegen. Seine Gefährten standen ein wenig abseits, ihre Augen starr vor Schreck auf das brennende Haus gerichtet, das ihre zwei Freunde Stomp und Leafenisty unter sich begrub und ihre Seelen ins Reich der Götter sandte. Dafem zuckte zusammen, als ein grausiges Lachen ertönte. Sein Körper zitterte unkontrolliert. Er spürte eine fürchterliche Wut in sich brodeln, ein Hass, der sich nicht mehr unterdrücken ließ. Zwei Manneslängen vor ihm standen Dimitav und die dunkle Priesterin, beide unversehrt und guter Dinge. Sie mussten sich rechtzeitig aus der Hütte teleportiert haben. "Damit wären es schon zwei weniger. Wie fühlt es sich an, Dafem Abenteurer? Wie fühlt es sich an, wenn deine Freunde der Reihe nach sterben? Wie fühlt es sich an, wenn der blinde Hass durch jede Ader deines Körpers fließt und sich jegliches Denken auf Rache fixiert?", hauchte Dimitav eisig. "Langsam fängst du an mich zu verstehen...Kiaja..." Mit einem Satz war Dafem auf den Füßen und sein Schwert zischte aus der Scheide. "Ich bring dich um!", brüllte der Abenteurer so laut er konnte. Mit einem Schrei stürmte er auf den Schattenalp zu. Aus den Augenwinkeln erkannte er, wie die dunkle Priesterin ihre schwarze Kapuze zurückschlug. Nein! Dafem erstarrte und ließ die Klinge sinken. Nein! Er taumelte zurück. Das Schwert glitt aus seiner Hand und fiel schwer auf die sandige Erde. Das ist nicht möglich! Das muss ein Traum sein! Unter der Kapuze der Priesterin war der Kopf einer Halbdunkelelfe zum Vorschein gekommen. Dafem sah spitze Ohren, schwarze Haut, blaue Augen und langes, weißblondes Haar, in das mehrere blaue und rote Bänder eingeflochten waren. Sie ist es... Wie kann das sein? Melissa... Melissa lächelte und starrte ihren menschlichen Bruder durchdringend an. "Es ist lange her, Dafem...", flüsterte sie zart. Spielerisch strich sie sich durch ihr Haar. "Um genau zu sein. Wir haben uns nicht mehr gesehen seit ich... gestorben... war." Ein merkwürdig amüsierter Ton lag in ihrer Stimme. "Wie... wie kann das sein? Wieso bist du hier? Wieso lebst du? Und wieso bist du zusammen mit diesem... diesem toten Wahnsinnigen zusammen?", fragte Dafem bebend. Das plötzliche Widersehen mit seiner Schwester lähmte ihn geradezu. Melissa kicherte unter vorgehaltener Hand. "Ich lebe, das stimmt... und doch war ich tot. Yscento, die Totenbeschwörerin, hauchte mir neues Leben ein, kurz nachdem Rigo mich hatte sterben lassen. Und noch während ich meine Auferstehung genoss, spürte ich das Rufen der Krone der Finsternis. Es ging nicht anders. Die Dunkelelfe in mir, meine böse Seite, konnte sich dem Ruf nicht entziehen. Ich folgte ihm und gelangte zu Valnitar. Er und seine Untergebenen sind jetzt meine Familie." Sie hob die Hand und schickte ein Gebet zu Opelaryn, dem Gott der Dunkelheit. "Und um meine Familie glücklich zu machen, müsst ihr sterben!" Ein Strahl aus schwarzem Licht schoss auf die Gefährten zu. Auch Dimitav setzte seine gewaltigen magischen Kräfte ein. Doch bevor die beiden Angriffe jemanden erreichten, durchbrach Dertils kräftige Stimme die ausweglose Situation, wie ein Licht in der Finsternis. "Oh Ilerdt, gib mir Kraft, beschütze die vom Schicksal erwählten und halte ihre Feinde auf!" Die schwarzen Energien Melissas und Dimitavs lösten sich mit einem Schlag einfach auf. Ruhig trat Dertil vorbei an den Gefährten und Dafem, bis er den zwei Gegnern genau gegenüber stand. Sein schneeweißes Haar wirbelte im Wind. "Es reicht!", sprach er gelassen, "Ihr habt bereits genug Schaden angerichtet. Ich kann nicht zulassen, dass diese Leute sterben, bevor ihr Schicksal erfüllt ist." Dimitavs rote Augen glühten unheimlich. "Was mischt du dich in die Angelegenheiten der Sterblichen ein?", zischte der Schattenalp zornig. "Angelegenheiten der Sterblichen?", wiederholte Melana verwirrt. "Ich gebe zu, ich habe euch nie die Wahrheit gesagt", begann Dertil ohne sie anzusehen, "Ich bin kein gewöhnlicher Priester. Ich wurde gesandt von Ilerdt Schicksalsgott, um euch zu schützen und euch den richtigen Weg zu zeigen. Meine Pferde treffen gleich ein. Ich halte die beiden auf, während ihr flieht. Wer von euch kann reiten?" "Mein Vater hat es mir gezeigt", erklärte Aurora. "Ich und Dafem können es auch", meldete sich Rigo. "Das ist gut. Nehmt drei meiner Pferde!" Dertil hatte die Worte kaum ausgesprochen, da stürmten auch schon vier Pferde, schneeweiß wie sein Haar, den Hang hinauf. Ihre Hufe wirbelten Staub und Erde auf. Wiehernd kamen sie vor den Gefährten zum Halten. "Ihr glaubt nicht wirklich, dass ich euch gehen lassen werde!", brüllte Dimitav hasserfüllt. Er richtete seine Hand auf Estilor, der seiner Prinzessin gerade beim schnellen Aufsteigen behilflich war. "Stirb...", murmelte der Schattenalp befriedigt. Doch als Dertil sich einfach in den Weg stellte und den Strahl schwarzen Lichtes mit einer Hand abwehrte, verwandelte sich sein Grinsen schnell in eine wütende Grimasse. "ICH kämpfe gegen euch!", rief Dertil. Er beschwor mit einem Gebet an Ilerdt einen weißen Lichtblitz, der Dimitav und Melissa dazu zwang, dass sie auseinander stoben. Die Halbdunkelelfe beobachtete die Gefährten emotionslos, machte jedoch keine Anstalten sie aufzuhalten. Dimitav jedoch spuckte Gift und Galle. "Fahr zur Hölle, verdammter Priester! Du kannst mich nicht aufhalten! Ich bring dich um! Ich bring euch alle um! Und du verfluchte Halbdunkelelfenschlampe, tu etwas!" Melissa wandte sich dem Schattenalp ausdruckslos zu. Sie sang ein paar magische Worte. Dann löste sie sich in Luft auf und tauchte wieder etwas entfernt, genau vor Rigo, auf. Sie machte eine kurze Handbewegung. Unter Rigos gelber Kleidung schwebte eine Kette hervor. Es war die mit dem halben Anhänger, der anderen Hälfte von Dafems Amulett. Melissa riss sie Rigo vom Hals und steckte sie in eine verborgene Innentasche ihrer schwarzen Priesterroben. "Es sollte mich und meinen Bruder immer verbinden. Ich behalte es als Andenken." Nach diesen Worten benutzte die Halbdunkelelfe wieder den Teleportationszauber und verschwand vollends. Dimitav brüllte und fluchte vor Wut. Inzwischen waren Estilor und Aurora auf eines der Pferde gestiegen. Auch Rigo saß bereits im Sattel und hob Xab mit einer Klauenhand vor sich. Während sich Dertil und Dimitav immer mehr in einen erbitterten Kampf verstrickten, starrte Dafem mit glasigen Augen auf die Ruinen von Stomps brennender Hütte. Leaf... Stomp... Wieso musstet ihr sterben? Unsere Aufgabe fordert so viele Opfer, dass ich mich frage, ob es überhaupt einen Sinn hat. Gibt es noch Hoffnung? Ich glaube fast, es gibt sie nicht. Ich habe Angst um meine Freunde. Warum müssen wir all das ertragen? Langsam stieg Dafem in den Steigbügel des dritten Pferdes und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Als er sicher saß, half er Melana dabei, sich hinter ihn zu setzen. Unaufgefordert schlang die Halbelfe ihre Arme um seine Taille und legte ihren Kopf an seinen Rücken. Dafem konnte hören, wie sie weinte. Er wollte sie trösten, doch schon im nächsten Augenblick wurde ihm klar, dass er das nicht konnte. Er selbst war ohnmächtig von dem sinnlosen Tod zwei seiner besten Freunde. Dafem stieß seinem Pferd in die Flanken. Es schnaubte und sprintete fast von alleine davon. Die anderen zwei Tiere mit den übrig gebliebenen Gefährten folgten. Dafem schüttelte verzweifelt den Kopf. Alles schien so unwirklich. Wie durch Watte hörte er Xab, der Dertil viel Glück zurief. Er hörte das schnelle Trommeln der Hufe und die Kampfgeräusche. Er hörte das Knistern von Flammen. Stomp ist tot... Leaf ist tot... Melissa lebt und gehört zu den Feinden... Dertil kämpft gegen einen unbesiegbaren Feind... Soll man da noch Hoffnung haben? Kann man selbst jetzt noch glauben, dass die Götter uns helfen werden? Ich halte es nicht für möglich. Die düsteren Gedanken trübten Dafems Bewusstsein. Er ritt mit seinen Gefährten den Pfad des Einsamen Berges entlang. Nur die Wärme Melanas spendete ihm in diesem Augenblick ein wenig Trost... Kapitel 21: Duell der Magier ---------------------------- So, hier kommt wieder mein wöchentliches Update. Inzwischen habe ich meine Schreibblockade überwunden und bis Kapitel 30 geschrieben. Eine Ende ist zwar in Sicht, aber es werden insgesamt wohl etwa 35 Kapitel, bevor die "Krone der Finsternis" abgeschlossen wird. Freut euch also noch auf jede Menge Lesespaß^^!!! Für dieses Kapitel empfehle ich euch erstmal das ganze Kapitel zu lesen, bevor bei einigen Ereignissen voreilige Schlüsse gezogen werden. Ansonsten kann man vielleicht schon an der Überschrift erahnen: Dies ist Melanas großer Auftritt!!! Seid gespannt. Hier kommt Kapitel XXI !!! @SylverMortal: Du fandest es genial, als Leafs Bein zerquetscht wurde? Sardist^^ Tja und Melissa...sie ist wirklich ein Charakter, bei dem ich mir die Zähne ausgebissen habe, bzw noch werde. Aber ich will ja noch nicht zuviel verraten, sieh einfach selbst und hab noch ein wenig Geduld^^ @Deathborn: :'-( Bist du nicht traurig über Leafs Tod? *heul* Ich jedenfalls musste beim Schreiben des letzten Kapitels fast immer meine Tränen zurückhalten^^ Naja, aber andererseits isses gut, dass du ihr Sterben nicht so ernst nimmst. Ansonsten noch SUPER VIELEN DANK für das Aurora Bild!!! Ahh ich mag das so, besonders die Augen und den Blick (Obwohl du gerade das bemängelt hattest?!) @Nocturn: Wow, da hat aber jemand gut aufgepasst^^ Dass Melissa noch lebt, liegt zum Teil daran, dass Yscento einen anderen Zauber zu ihrer Wiederbelebung benutzt hat und Valnitar persönlich ihr dabei zur hand ging. Ich kann leider noch nicht alles erklären, weil das später noch mal in meiner Story auftauchen wird. Sorry... du musst dich noch ein bisschen gedulden... @white_shark: Ähm...Dimitav is dir sympatisch? Tja...irgendwie schaffe ich es nie, abgrundtief bösartige abstoßende Fieslinge zu erschaffen, aber was solls... Und was meinst du mit "trostlos"? Ich hab versucht das ganze ein wenig verzweifelt und hoffnungslos drzustellen, meinst du das so? *confuse* @mitsuki11: Ja, ich stimme dir zu, endlich jemand, der den armen Stomp bedauert^^ Tja, er war wohl zu kurz dabei, um den Leuten ans Herz zu wachsen, aber naja, er war auch nur ne kurze Nebenfigur. Trotzdem fällt es mir immer schwer meine Charaktere sterben zu lassen *heul* Ich muss mich immer genau an meinen Plan halten, um der Versuchung zu wiederstehen, sie einfach leben zu lassen^^ So, jetzt gehts aber wirklich los: Kapitel XXI - Duell der Magier Es war einer dieser Augenblicke, in denen sich Fibathen wünschte, dass er einfach ganz normal in Sagandor sein könnte, mit seiner Frau und seiner Tochter Aurora. Stattdessen scharrten sich zwei Dutzend erschöpfter Flüchtlinge um ihn und kämpften sich seit fünf Tagen durch Lutansiar. Nicht nur Hunger und Durst machten ihnen zu schaffen. Mehrmals hatten sie bereits mit kleineren Goblinbanden kämpfen müssen. So auch jetzt. Abwartend stand Fibathen an der Spitze seines übrig gebliebenen Volkes. Ihm Gegenüber bauten sich sechzehn Goblins auf, ihre gelben Zähne blitzten unheilverkündend. Der größte von ihnen, ein besonders hässliches Exemplar mit giftgrüner Hautfärbung, grinste schamlos und deutete mit seinem rostigen Schwert auf den König Sagandors. "Ihr bereitet unserem Meister Valnitar Unbehagen! Es ist nicht gut, wenn ihr nach Mightran zieht! Ergebt euch freiwillig und wir werden euch am Leben lassen!", grölte er feierlich, während seine schwarzen, hungrigen Knopfaugen die Frauen der Gruppe musterten. "Alles, was aus euren Mündern kommt, ist abstoßende Sinnlosigkeit! Wir werden nach Mightran gehen und alle warnen! Wir kämpfen!", rief Fibathen. Die Männer seines Volkes, darunter der Soldat Zi, traten an seine Seite und zogen entschlossen ihre Schwerter. Das sirrende Geräusch hallte durch die Grassteppen. "So sei es, Krüppelkönig!", höhnte der Goblinchef. Fibathen lächelte bitter. Die Feinde hatten, seit er nur noch einen Arm besaß, diesen Spitznamen häufig benutzt. Die Goblins kreischten und schnatterten und leckten sich erwartend über die spröden Lippen. Fibathen riss sein Schwert in die Höhe und gab das Zeichen zum Angriff. Schreiend stürzten die Kämpfer des Königs los. Aus den Augenwinkeln sah er Bodono, den ehemaligen Schankwirt des Gasthauses ,Zum wilden Bären'. Er hatte sich eine Art Kriegsbemalung auf die Glatze geschmiert. Sein dicklicher Körper quoll unter den einzelnen Teilen seiner Rüstung hervor und die Riemen schnitten in sein Fleisch. Dennoch kämpfte der Wirt mutig und tapfer. Fibathen sah auch Zi. Der Soldat hatte sich zu seinem Vertrauten und Freund entwickelt. "Für Sagandor!", schrie der König und stürzte sich auf die Feinde, "Für das Reich der Menschen! Für den Niedergang der Krone der Finsternis!!!" Die beiden Parteien prallten hart aufeinander. Bereits nach dem ersten Kontakt lagen drei Goblins auf dem Boden, niedergestreckt von den Waffen Fibathens, Zis und Bodonos. Der Wirt lachte kampfeslustig. "Ergebt euch, stinkende Bestien! Beim Glanze meiner Glatze, wir werden euch eins überbraten, bis ihr winselnd zu euren Müttern rennt!" Erschöpft vor Trauer und Müdigkeit ritten Melana, Dafem, Estilor, Aurora, Xab und Rigo durch die Landschaft. Die Hufe der Pferde wirbelten das Gras unter ihnen auf. Der Himmel war grau, die Wolken schwarz, genauso wie die Gefährten sich fühlten. Wahrscheinlich würde es bald regnen, aber was machte das noch? Alles schien so egal. Alles schien so sinnlos. "Seht mal! Dort hinten! Dort hinten ist ein Turm! Oh, ist der aber groß!" Bei dem Geräusch von Xabs piepsiger Stimme verkrallte Dafem seinen Griff um die Zügel. Er konnte den Gnom derzeitig nicht ertragen. Wie konnte man so gut drauf sein, nachdem Leaf und Stomp gestorben waren? "Wir sollten dort nach Möglichkeit verweilen. Es scheint bald zu regnen", schlug Estilor vor. Aurora nickte und lenkte ihr Pferd zu dem Bauwerk. Die anderen folgten bei der Aussicht auf einen Platz, an dem sie sich ausruhen konnte, ohne zu zögern. Vor dem Turm angekommen stiegen sie schweigend von ihren Reittieren und reckten ihre Hälse, um die Spitze des Gebäudes zu sehen. Es war ein merkwürdiger Turm, vollkommen aus schwarzem Stein gebaut. Er ähnelte einer überdimensionalen Säule. Keine Fenster oder Balkone waren zu erkennen. "Nicht sehr einladend", murmelte Rigo leise. Der Avior trat an die gewaltige Doppeltür aus Ebenholz und schlug mit einem der Türklopfer dagegen. Fast im gleichen Augenblick schwangen die Türflügel knarrend auf. Mit einem etwas mulmigen Gefühl traten die sechs Gefährten ein und sahen sich um. Sie befanden sich in einer gewaltigen Halle. Der Boden war mit einem karierten Muster aus weißen und schwarzen Kacheln überzogen. Die Wände waren glatt geschliffen und ebenfalls schwarz. Einige Fackeln hingen an den Wänden und beleuchteten den Raum. An der gegenüberliegenden Seite führte eine Treppe zu einer Art Podest, von dort führte eine weitere Tür wahrscheinlich in den Wohnbereich des Turmes. "Hallo?", rief Rigo so vertrauenserweckend wie möglich. Die Stimme des Aviors hallte mehrmals wieder, bevor sie sich gänzlich verlor. Er zuckte mit den Achseln. "Was machen wir jetzt? Gehen wir einfach hinein?", erkundigte sich Melana zaghaft. Xab nickte sofort voller Enthusiasmus und rieb sich dabei freudig die Hände. Der Gnom hüpfte sorglos durch den Raum, als die Tür bei dem Podest aufging. Gleichzeitig schloss sich das Tor hinter ihnen mit einem lauten Knall. Aus der Tür trat jemand. Er stieg geschmeidig die Treppe herab und stellte sich den Gefährten gegenüber. Er trug dunkelgrüne Magierroben, sein Gesicht war scharfkantig. Weißgraues Haar fiel ihm bis zu der Hüfte herab. Auf seiner Stirn war ein Pentagramm tätowiert. Doch das auffälligste an dem Magier waren seine Augen. Die Iris war schwarz, während die Pupille eine weiße Färbung trug. Es brachte die Gefährten zum zittern. "Ich habe bereits auf euch gewartet." Seine Stimme war merkwürdig hohl und verzerrt. Sie war alt und zugleich jung, sie war... unwirklich. "Ihr seid Melanaria Esperanza Kinta, nicht wahr?", meinte er und fixierte seinen Blick auf die Halbelfe. Sie nickte unsicher. "Gut, gut. Meister Valnitar wartet darauf, dass ihr endlich zu ihm gebracht werdet..." Entsetzt wichen die Gefährten ein Stück zurück und zogen hastig ihre Waffen. Der Magier ließ ein abfälliges Schnauben vernehmen. "Dormir! säuselte er und deutete auf Xab. Der Gnom schlief augenblicklich ein und sackte in sich zusammen. "Wer bist du?", zischte Dafem. Der Magier lächelte. "Man nennt mich den ,Dämonenbeschwörer'. Vor vielen Jahren verbreitete ich Angst und Terror auf Lutansiar, bis mich jemand zur Flucht in diesen Turm zwang und einen Zauber darüber legte, der mich davon abhält ihn wieder zu verlassen." Das Lächeln des Dämonenbeschwörers verwandelte sich in ein hässliches Grinsen. "Welch Ironie, dass ich den Turm gar nicht verlassen muss, da die Beute freiwillig zu mir stößt. Melanaria, dein Schicksal ist besiegelt. Wie sagt man so schön: Vom Regen in die Traufe..." "Niemals!", schrie Dafem und stürzte sich auf den Magier. Der Dämonenbeschwörer seufzte gelangweilt. "Cuchillo y espada", sprach er in der Zunge der Magie. Leuchtende Messer schwebten plötzlich in der Luft. Wie bereits einmal zuvor im Kampf gegen Yscento zischten die Klingen auf Dafem zu, bohrten sich in seine Kleidung und nagelten ihn an die Wand. Ein Messer durchbohrte sein Bein blutig. Wütend versuchte sich der Abenteurer loszureißen, doch der Zauber hielt ihn fest. "Wieso glaubt ihr, man könnte meine Magie aufhalten?", wisperte der Dämonenbeschwörer, als wäre es eine Lächerlichkeit. "Vor langer Zeit hielt ich ganz Lutansiar auf Trab, alleine mit meinen Fähigkeiten! Nachdem ich von diesem Ritter, diesem VERFLUCHTEN MELUZO ESPERANZA in diesen Turm verbannt wurde, hatte ich achtzehn Jahre, um meine Magie zu perfektionieren! Ich bin so mächtig, dass nur Valnitar selbst mir das Wasser reichen kann!" Der Zauberer streckte den Arm aus und deutete mit Zeige- und Mittelfinger auf Melana. "Niemals werde ich dem Klan der Esperanzas vergeben! Und du, Melanaria, bist die Tochter Meluzos!" "Aber du darfst sie nicht töten!", schrie Dafem von der Seite. Er rüttelte wie besessen an den Messern, doch diesmal war der Zauber so stark, dass nicht einmal seine Kleidung zerreißen konnte. "Ich weiß selbst, dass Meister Valnitar die Halbelfe Melanaria lebend braucht. Doch er hat niemals behauptet, dass sie unversehrt sein muss... Doloroso!!!" Mit einem Schlag ging Melana in die Knie und schrie wie am Spieß. Sie litt Schmerzen, als stünde ihre Haut in Flammen, als bohrten sich tausende Messer, Nadeln und Schwerter in ihren Körper. Jeder ihrer Muskeln spannte sich bis auf das Äußerste, so dass es wehtat. Es war schrecklicher als jede Verletzung, schrecklicher als jede Folter. Niemals zuvor hatte sie solche Schmerzen erlebt. Als der schreckliche Zauber des Dämonenbeschwörers endlich seine Wirkung verlor, sank Melana keuchend auf dem kalten Boden zusammen und weinte. Ihr Körper zitterte. "Melana! MELANA!", brüllte Dafem und zerrte in blinder Wut an seinen Fesseln, "Rigo, mach mich los! Ich bringe diesen Magier um! Ich bring ihn um!" Auf den Ruf seines Freundes hin rannte Rigo in seine Richtung, doch sofort richtete der Dämonenbeschwörer seine Handfläche auf ihn und spreizte die Finger. Das Pentagramm auf der Stirn des Schwarzmagiers glühte in rotem Licht. "Asti'lla espina neg!" Eine Wolke aus schwarzen scharfen Splittern erschien vor der Hand des Zauberers. Auf eine Handbewegung hin schnellten die Splitter los und bohrten sich überall in Rigos Körper. Der Avior hatte gerade noch genug Zeit, um die Arme vor das Gesicht zu reißen. Die Wucht der einschlagenden Scherben riss ihn um, so dass er mit dem Rücken gegen die Wand knallte und dann bewusstlos vornüber kippte. Melana rappelte sich zitternd auf die Knie. "R...Rigo... Dafem..." An mehreren Stellen war ihre Haut durch den teuflischen Zauber aufgerissen, so dass Blut über ihr Gesicht und in ihre Augen lief. Halb blind und zitternd tastete sie nach ihrem Rubinstecken, der neben ihr lag. Das kühle Rubin beruhigte sie ein wenig. "Hast du noch nicht genug, Melanaria?", fragte der Dämonenbeschwörer und richtete den Blick seiner merkwürdigen Augen auf sie. Als er wieder seine Hand auf sie richtete, kniff sie entsetzt die Augen zusammen und wartete auf den unerträglichen Schmerz. Nachdem er eine Zeit lang nicht kam, öffnete sie ihre Augen wieder. Aurora und Estilor standen schützend vor ihr. Die Prinzessin zog ihre zwei Schwerter und deutete damit auf den Dämonenbeschwörer. "Wir lassen nicht zu, dass du unserer Freundin noch irgendetwas antust! Wir schützen sie mit unserem Leben!", rief Aurora herausfordernd. Zusammen mit Estilor stürmten sie auf ihn zu. Der Stab des Priesters entflammte in weißem Licht. "Oh, Ampara, Göttin des Lichtes, beschütze unsere Freundin, indem du dem Feind seine gerechte Strafe zuteil werden lässt!", betete Estilor. Ein weißer Blitz schoss aus seinem Stab auf den Dämonenbeschwörer zu. "Ihr lernt es wohl nicht... Ihr könnt mich mit euren jämmerlichen Fähigkeiten nicht aufhalten... In'versiòn!!!" Der Lichtstrahl des Priesters machte nach den Worten des Zauberers augenblicklich kehrt und zischte stattdessen zurück auf den Absender. Estilor wurde von seinem Angriff selbst erfasst und durch die Luft geschleudert. Er rutschte mit dem Rücken über den glatten Boden und blieb bewegungsunfähig liegen. Noch in der gleichen Bewegung deutete der Dämonenbeschwörer auf Melana und sprach: "Doloroso!" Die Halbelfe war starr vor Schreck, als der Schwarzmagier den schrecklichen Schmerzenszauber sprach. Doch plötzlich stellte sich Aurora mit ausgebreiteten Armen zwischen die beiden. Sie brach sofort in die Knie und schrie. Ihre Haut spannte sich so schmerzhaft, dass sie an mehreren Stellen aufriss. Doch die Prinzessin stemmte sich auf die Füße, noch während der Zauber wirkte und sich ihre Kleidung mit Blut voll sog. "Ich...ich bin die Tochter...Fibathens. Er kämpfte gegen dich... er siegte gegen dich... Und so...werden auch wir...gegen dich...siegen...denn ich...beschütze...meine Freunde..." Eines von Auroras Schwertern glitt aus ihrer zitternden Hand. Sie stolperte weiter und hob ihre zweite Klinge über den Kopf. "Du...wirst...Melana...nichts...tun!" Mit aller Kraft ließ sie das Schwert auf den Dämonenbeschwörer niedersausen. Dann ging alles sehr schnell. Der Schwarzmagier griff nach Auroras Schwert und brachte es mit der bloßen Hand zum Halten. Ein wenig Blut lief die Klinge herab, doch er schien sich nicht an seiner Verletzung zu stören. Gleichzeitig ließ er ihr zweites Schwert, das unbeachtet auf dem Boden lag, mit einem Zauber in seine andere Hand schweben. Dann stieß er zu und trieb das Schwert bis zum Heft in Auroras Brustpanzer und das darunter liegende Fleisch. "NEIN! AURORA!!!" Die Augen der Prinzessin weiteten sich vor Schreck. Blut brach zwischen ihren Lippen hervor, als die Spitze der Klinge wieder aus ihrem Rücken hervortrat. Aurora keuchte kraftlos und klammerte sich an den dunkelgrünen Roben ihres Feindes fest. Der Dämonenbeschwörer beobachtete emotionslos, wie ihr Blut auf seine Kleidung spritzte. "Törichtes Gör... man kann mich nicht besiegen..." Kaltblütig riss er das Schwert mit einem widerwärtigen Geräusch aus ihrem Körper und stieß sie zu Boden. Aurora blieb regungslos liegen. Ihre Augen waren offen und erstarrt. "Aurora...", schluchzte Melana entsetzt, "Wieso muss all das passieren? Erst Leaf und Stomp und jetzt... egal wohin wir gehen...unsere Feinde erwarten uns schon..." "Sei ruhig, Melanaria... meine Folter ist noch nicht beendet...", mahnte der Dämonenbeschwörer boshaft und schlenderte genießerisch auf Dafem zu, der wegen dem hohen Blutverlust seiner Beinwunde inzwischen das Bewusstsein verloren hatte. Der Schwarzmagier wirbelte dabei das Schwert in seiner Hand. "Nein!", schrie Melana abermals und schleuderte mit Hilfe ihres Rubinsteckens einen Feuerball auf ihn. Der Dämonenbeschwörer schlug ihn mit der bloßen Hand achtlos beiseite. "Prote'ga el!", sang die Halbelfe panisch. Ihr Schutzzauber legte sich in Form einer Lichtkuppel um Dafem. Ein abfälliges Schnauben des Dämonenbeschwörers war die Antwort. Ohne dass er seine Schritte auch nur verlangsamte, sprach er kurz in der Zunge der Magie. "Ba Excomulga!" Der Bannspruch löste den Schutzzauber sofort auf. Neue Tränen von Ohnmacht und Zorn liefen Melanas Wangen herab. Sie alle sind immer für mich da gewesen. Sie alle haben mich beschützt. Sie alle würden ihr Leben für mich geben. Jeder von ihnen hat bereits Großartiges geleistet. Warum kann ich es nicht? Warum kann ich nicht kämpfen? Warum kann ich immer nur zusehen, wie die Leute in meiner Nähe verletzt werden oder sterben? Ich bin nichts weiter als ein nutzloses Mädchen, das immer verteidigt werden muss. Wieso kann ich nicht kämpfen? Dabei... dabei... Dabei will ich doch nur die beschützen können, die mir alles bedeuten! Als die erste Träne der Halbelfe ihr zartes Kinn herab lief, abperlte und schließlich zu Boden tropfte, schien in ihr etwas zu erwachen. Der Rubinstecken strahlte plötzlich eine Wärme aus, die durch jede Faser ihres Körpers floss. Melana hörte das Schlagen der Herzen ihrer Freunde, schwach von ihren Verletzungen und Wunden. Sie spürte das Knistern der magischen Spannung in der Luft. Sie fühlte, wie der Tod bereits nach Aurora griff und sie ins Jenseits zerrte, obwohl diese sich verbissen wehrte. Und sie spürte das schwarze Herz des Dämonenbeschwörers, das dunkel pulsierte und ihre Abscheu erweckte. Melana stand ruhig auf, ihre grünen Augen funkelten heller als jemals zuvor, ihre Magierroben raschelten leise. "Du kannst dich noch bewegen?", zischte der Dämonenbeschwörer misstrauisch. Seine gruseligen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. "Was ist mit dir? Du bist so anders..." "Meine Freunde haben mir etwas gezeigt. Sie schützten mich seit Anfang an mit ihrem Leben, während ich hinter ihnen zurückblieb. Doch ich bin Melanaria Esperanza Kinta, Erbin des legendären Elfenkriegers, Wächterin des Rubinsteckens und Feuermagierin der fünften Generation! Ich habe keinen Grund mich von ihnen verteidigen zu lassen! Ich sollte sie verteidigen! Meine Angst um sie erweckte meine wahren Kräfte als Wächterin und die des Rubinsteckens des Feuers, einem Teil des Stab des Lebens!" Melana schritt ruhig auf den Dämonenbeschwörer zu und richtete die Spitze ihres Stabes auf ihn. "Ich werde nicht zulassen, dass du meinen Freunden weiteren Schaden zufügst! Inec goh firamendi trofaf! Flammeninferno!" Die Halbelfe hatte ihren Zauberspruch kaum ausgesprochen, da schoss auch schon eine gewaltige Feuersäule aus dem Edelstein des Rubinsteckens hervor und zischte flackernd auf den Dämonenbeschwörer zu. Der Schwarzmagier riss beide Arme ausgestreckt vor sich. "Prote'ga y-" Der Schutzzauber wurde ihm von den Lippen gerissen, als Melanas Magie ihn erfasste und umherschleuderte. Während sich die Flammen auflösten, klatschte der Dämonenbeschwörer auf den Boden und rollte ein paar Meter weiter, bevor er wütend aufsprang. "Verfluchte Göre! Asti'lla espina neg!" Schwarze Splitter fegten auf Melana zu, doch die Halbelfe führte ein kurze Bewegung mit ihrem Rubinstecken aus und flüsterte: "In'version!" Augenblicklich kehrten die in der Luft fliegenden Scherben ihre Richtung und zischten auf den Dämonenbeschwörer zu. Sie zerrissen und zerschlitzten seine dunkelgrünen Magierroben. Keuchend sank er in die Knie. "Wieso... bist...du...plötzlich so...stark?", krächzte er. "Du bist ein erbärmliches Wesen, alter Mann. Du studierst und perfektionierst deine Fähigkeiten, nur um Schlechtes zu tun. Ich ziehe meine Kraft aus meinem Rubinstecken, einem Teil des legendären Stabs des Lebens. Dieses Artefakt wurde von Lili, der Göttin der Liebe, erschaffen. Sie liebte und schützte die sterblichen Wesen mehr als jeder andere. Darum erwachen die Kräfte des Rubinsteckens, wenn ich meine Liebsten schützen will, auch wenn er nur ein Sechstel des eigentlichen Stab des Lebens ist." "Beeindruckend...", höhnte der Dämonenbeschwörer flüsternd. Die schwarzen Splitter hatten seine Kleidung an mehreren Stellen zerfetzt und blutige Schnittwunden in seine Haut geritzt. Sein ganzer rechter Arm war von Melanas Flammen versengt. Der Schwarzmagier rappelte sich zitternd auf. Sein Pentagramm auf der Stirn brannte in rotem Licht. "Ich bring dich um! Egal, was Meister Valnitar will, ich bring dich um! Doloros-" Der Dämonenbeschwörer hielt inne, als der Boden unter seinen Füßen anfing zu beben. Putz rieselte von der Decke herab. Verwirrt starrte er auf Melana, die die Augen geschlossen und den Rubinstecken hoch in die Luft gerissen hatte. Sie sprach ihre Zauberformeln schneller, als der Dämonenbeschwörer es je bei einer Magierin gesehen hatte. "drago di skyntran zesparo gehiinj! Die ultimative Macht des Feuers!" Der Rubinstecken entbrannte in so einem hellen Licht, dass der ganze Turm darin getaucht wurde. Der Boden erzitterte. Dann traf eine gigantische Feuerwalze mit unmenschlicher Kraft gegen die Brust des Dämonenbeschwörers und drückte ihn erbarmungslos an die Wand. Er schrie und schrie, als die Flammen an seinen Roben leckten und sie verzehrten, schrie als sich die Flammen über ihn hermachten und sich dabei gelbgrün färbten. In wenigen Sekunden war alles vorbei und von dem Dämonenbeschwörer war nichts mehr übrig, außer einem Haufen Asche. Sofort lösten sich die Messer, die Dafem festhielten, und die schwarzen Splitter in Rigos Haut auf. "Geschafft!", jubelte Melana ungläubig. Doch sofort fiel ihr Blick auf Aurora. Die Prinzessin war kreidebleich im Gesicht. Die Halbelfe ließ sich neben ihr auf die Knie sinken und legte ihren Kopf auf den magischen, goldgrünen Harnisch. Das Herz schlug nicht mehr in ihrer Brust. Frische Tränen tropften auf die Rüstung. Melana sank in sich zusammen, der kurze Gedanke an den Sieg gegen einen übermächtigen Magier war schon wieder völlig verschwunden. Wieso muss das alles geschehen? Ich...schaff das nicht... Ich will nicht mehr... Ich will nur noch nach Hause... nach Hause zu meinen Eltern... und ich will den Tisowald wieder sehen... So viele Leute sind schon getötet worden... meine Freunde sterben... Lutansiar versinkt in der Finsternis des dunklen Götterartefaktes... Die Götter... Das Wort hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Was hatten die Götter bis jetzt getan? Die ALLMÄCHTIGEN Götter sahen doch einfach nur zu. Benommen taumelte Melana wieder auf die Füße und legte den Kopf in den Nacken, um nach oben sehen zu können. "Ihr Götter! Wenn es euch wirklich geben sollte", schrie sie so laut, wie sie mit ihrer verbliebenen Kraft noch konnte, "dann gebt mir ein Zeichen! Gebt mir ein Zeichen, irgendetwas, das mich an euch glauben lassen kann! Bitte! Meine Freunde kämpfen so tapfer. Sie kämpfen gegen EUER Artefakt! Bitte gebt mir doch ein Zeichen!" Ein sanftes Vibrieren erfasste den Rubinstecken in ihrer Hand. Melana hörte etwas, wie eine sanfte Stimme, die in ihr Herz eindrang und es mit Friede erfüllte. Fünf Lichtsäulen entsprangen dem Stab. Der erste erfasste Dafem, der bewusstlos und blutend auf dem Boden lag. Der zweite berührte Rigo. Der Avior war mit Schnittwunden übersät. Der dritte Strahl steuerte auf den schlafenden Xab zu. Der vierte umschloss Estilor, der von seinem eigenen Angriff niedergestreckt wurde. Der letzte ging auf Aurora über. Eine Lache aus Blut hatte sich um die Prinzessin gebildet. Ihre Augen waren erstarrt, aufgerissen und leblos. Der Rubinstecken bebte noch heftiger. Melana spürte, wie eine unglaubliche magische Energie durch ihren Körper strömte. Mit einem Schrei entfesselte sie diese Kräfte und ließ sie los. Die fünf Lichter wurden immer heller und heller, bis die Halbelfe geblendet die Augen schließen musste. Melana keuchte vor Anstrengung. Sie wusste von den Gefahren zu vielen Magiegebrauchs, doch wenn diese Kräfte von den Göttern als Zeichen gesandt wurden, musste sie sie jetzt nutzen. Das Licht im Turm des Dämonenbeschwörers wurde unerträglich, bis es mit einem Schlag verschwand und Melana zu Boden stürzte. Der Rubinstecken rollte aus ihrer Hand. Fast im selben Augenblick erwachten die anderen Gefährten, selbst Aurora, zu neuem Leben, erfrischt und unverletzt... Kapitel 22: Auf nach Mightran! ------------------------------ Ohne viele große Worte diesmal: ich stelle Kapitel 22 hoch. Viel Spaß damit, auch wenn es die Story nich so besonders voran bringt^^ Hier kommt Kapitel XXII !!! @stoffl: Hey, ein neuer Kommentarschreiberling^^ Vielen Dank für dein Lob. Es freut mich auch mal wieder ein neues Gesicht in den Reihen meiner "Fans" zu sehen. ^^ Also viel Spaß mit Kapitel 22. @Nocturn: Tja, nicht ganz richtig. Die meisten Zaubersprüche sind aus dem Spanischen abgewandelt, andere wiederrum sind einfach frei auf die Tasten geklöppelt^^ Aber scheinbar hab ich in dir ja wirklich einen sehr aufmerksamen Leser gefunden, es freut mich wenn man sich so für meine Story interessiert^^ @white_shark: Yeah, ichg werd sicher alle Kapitel hochladen und meine Schreibblockade is auch überwunden, also heißt es: frisch ans Werk^^ Ich mag in meinen Geschichten irgendwie alle Charaktere, deswegen fällt es mir immer schwer sie zu killen, ob gut oder böse :'-( @mitsuki11: Tja, Leaf und Stomp sind definitiv TOT^^ Sorry das zu sagen, aber es is so. Es gibt später noch ne kleine Erklärung dafür, alles hat seinen Zweck (diesmal is meine Geschichte richtig durchdacht... höhöhö) @SylverMortal: Eine Vorahnung mit Xab??? *confuse* Da bin ich ja gespannt. Ansonsten sind die Fantasyregeln eben so gestrickt, dass ein mächtiger Magier nen Kämpfer fertig macht. Außerdem is Dafem ja kein Superheld (auch wenn ich das leider manchmal so darstelle :'-( ) Meine Story wird aber auch weiterhin voll mit Schicksalschlägen sein...*irre-lach* So, dann los Kapitel XXII - Auf nach Mightran! Dafem stöhnte. Als er seine Augen blinzelnd öffnete, war seine Sicht verschwommen und unscharf. Erst langsam kam der Abenteurer zu sich und konnte sich aufrichten. Seine Kleidung, die lederne Elfenweste, Hose und Hemd, waren mit getrocknetem Blut überzogen. Auch auf dem Boden befanden sich einige Tropfen der roten Flüssigkeit, die auf dem karierten Marmor fast schwarz wirkten. "Was...ist geschehen?", murmelte Dafem verwundert. Benommen fasste er sich an den Kopf und blinzelte mehrmals, bis seine Sehschärfe wieder normal eingestellt war. Dann erinnerte er sich wieder an das magische Messer des Dämonenbeschwörers, das sich tief in sein Bein gebohrt hatte. Verwirrt begutachtete er das Loch in seiner Hose, doch seine Haut darunter war völlig unversehrt. Nach dieser merkwürdigen Feststellung sah sich Dafem auch im restlichen Turm um. Ihm fiel sofort eine gewaltige Spur aus Brandflecken und Ruß auf, die sich in einer geraden Linie über den Boden bis zur Wand zog. Am Ende dieser Spur türmte sich ein Haufen Asche auf, in dem vereinzelte verkohlte Knochen herausragten. Besorgt schaute sich Dafem weiter um. Zu seiner Erleichterung lagen seine Freunde verstreut auf dem Boden und erwachten allmählich. "Was ist geschehen?", grübelte jetzt auch Estilor. Der alte Priester musste von Aurora gestützt werden, damit er sich aufrichten konnte. "Die böse Aura des Magiers. Sie ist fort... Und ihr, Prinzessin, geht es euch gut? Eure Kleidung ist voller Blut." "Ich weiß nicht genau, was passiert ist, Estilor. Der Dämonenbeschwörer stach mich nieder", meinte Aurora und deutete auf das Loch in ihrer Rüstung, "und ich spürte, wie meine Seele aus meinem Körper gedrängt wurde, hinein in die Dunkelheit des Todes. Doch plötzlich hielten mich kräftige Hände und ich wurde zurückgezogen. Mir war, als hörte ich Melanas Stimme. Und da war rotes Licht..." "Wo ist Melana?", mischte sich Rigo ein. Der Avior stand über ihnen und seine goldenen Raubvogelaugen huschten durch den Raum. Schließlich machte er die Halbelfe aus, sie lag regungslos auf dem Rücken. Ihr Gesicht war weiß wie Schnee. "Was ist geschehen?", rief Xab aufgeregt. Mit einem Ruck riss er die Augen auf und sprang auf die Füße. Mit ausgestreckten Armen hüpfte er zu dem Rotschopf und grinste, bis sich das Grinsen in einen Ausdruck der Verwirrung verwandelte und der Gnom neugierig auf ihr Gesicht deutete. "Seht ihr das?", fragte er verblüfft. Dafem trat an Xabs Seite und besah sich ihr Gesicht, blutverschmiert und bleich. Sein Blick folgte dem kleinen Arm des Gnomen. Der Abenteurer sah Blut, frisches Blut. Es lief Melana aus den Ohren. "Melana!", stieß Dafem entsetzt aus und ließ sich auf die Knie fallen. Seine Hände bewegten sich zu ihrem Hals, um sie auf die Arme zu nehmen, doch Estilors harte Stimme ließ ihn innehalten. "Berühre sie nicht, Dafem! Vielleicht ist ihre Wirbelsäule verletzt oder das Genick gebrochen." "Furchtbar...", murmelte Aurora schockiert. Sie half dem Amparapriester beim Aufstehen und stützte ihn, als er zu Melana herüberstolperte. "Danke, Prinzessin. Meine alten Knochen sind erschöpft und müde." Estilor wandte sich aus dem Griff der Blondhaarigen und ließ sich vor der bewusstlosen Magierin auf die Knie sinken. Grübelnd kratzte er sich an seinem eisengrauen Stoppelbart. "Sie ist fast ausgebrannt. Scheinbar benutzte sie Magie, die ihren Körper und ihre Fähigkeiten überstieg. Wenn wir sie nicht heilen können, wird sie sich nie mehr davon erholen." Xab nickte betrübt. "Aber ich kann keine neuen Heiltränke brauen. Mir sind die Blüten der blauen Regenblume damals in Mid'tha ausgegangen." "Auch Heiltränke hätten ihr nicht geholfen, denn es sind keine gewöhnlichen körperlichen Verletzungen, die Melana davongetragen hat. Wir brauchen professionelle Hilfe von Heilmagiern oder einem Tempel. Wir müssen uns beeilen, damit sie nicht völlig ausbrennt.", erklärte Estilor. Xab nickte, sein Gesicht wurde wieder fröhlicher. "Was heißt bitteschön ausgebrannt? Ihre Feuermagie frisst sie doch nicht auf, oder?" "Nein, nein. Bei jedem Magier strömt die Kraft der Magie gleichmäßig durch den Körper. Wenn man allerdings zu viele oder sehr mächtige Zaubersprüche benutzt, wird der Körper von dieser Magie überfordert. Er stößt die Magie zur Entlastung ab, was jedoch dazu führt, dass er ohne den Fluss der magischen Kräfte auskommen muss. Ein Magier kann ohne diese Magieströmung im Körper nicht überleben." "Hä?", meinte Xab, während er sich verwirrt den Hinterkopf kratzte. Estilor seufzte resignierend. "Melana hat zu mächtige Zauber genutzt. Die Magie strömt jetzt nach und nach aus ihrem Körper. Sobald nichts mehr übrig ist, geht ihr Körper zu Grunde. Sie benötigt Hilfe von Spezialisten." "Dann sollten wir keine Zeit verschwenden!", rief Dafem. Schnell nahm er Melana auf seine Arme und lief zum Eingang. "Rigo! Öffne bitte die Tür!" Der Avior nickte, trat an das Eingangstor und drückte mit seinen Klauenhänden dagegen. Seine stämmigen Arme spannten sich, als die schweren Flügel leise knarrend aufschwangen. Aurora, Estilor, Xab, Rigo, Dafem und Melana traten wieder ins Freie und genossen das Gefühl des erfrischenden Regens, der inzwischen eingesetzt hatte und auf sie niederprasselte. Auch wenn das Wetter schlecht war, wollten sie für nichts auf der Welt länger in dem grausigen Turm verweilen. Außerdem schwand die Chance auf Melanas Genesung jede Sekunde ein bisschen mehr. Ihre Pferde standen gehorsam und wartend an genau der Stelle, wo sie sie zurückgelassen hatten. Die Tiere wedelten mit ihren Schweifen und wieherten erfreut, als ihre Herren sich zu ihnen stellten und liebevoll über ihre strammen Hälse tätschelten. "Wo sollen wir hin, Estilor? Wo kann man Melana helfen?", fragte Dafem ungeduldig. Die Halbelfe in seinen Armen war im Gesicht blasser, als selbst Leafenisty es je war. Es war schaurig, wie leblos Melana aussah, weiß, regungslos und schlaff. Ihre sonstige Wärme hatte einer Kälte platz gemacht, die Dafem selbst durch seine Kleidung hindurch berührte und erschauern ließ. "Ich denke in Mightran gibt es mehrere Tempel, die diesem Problem gewachsen sind. Zu Pferd brauchen wir noch etwa einen Tag", erläuterte Estilor. Dafem nickte und begab sich zu seinem Pferd, doch Rigo stellte sich ihm plötzlich in den Weg. Die goldenen Augen schienen ihn durchbohren zu wollen. "Du kannst das nicht tun", sprach der Avior ruhig. "Ich kann was nicht tun?", fragte Dafem ehrlich verwundert. "Du kannst sie nicht nach Mightran schaffen. Melana ist dort nicht sicher. Du hast es doch gesehen, die Feinde sind ihr immer auf den Fersen. Ohne Dertils Bannkreis müssen wir jederzeit mit einem Angriff von Jodean, Dimitav...oder...Melissa... rechnen." Der letzte Name schien Rigo sehr schwer zu fallen. "Und sie werden uns angreifen. Ein Tag ist lang. In diesem Zustand ist Melana schutzlos ausgeliefert. Die Feinde könnten sie mühelos gefangen nehmen. Außerdem musst du damit rechnen, dass Melana keinen ganzen Tag mehr durchhält! Nicht wahr, Estilor?" Der Priester nickte bedrückt. "Ich fürchte, das entspricht der Wahrheit." Dafem sah entsetzt von Rigo zu Estilor und wieder zurück. "Aber...aber was sollen wir denn dann machen?", stotterte der Abenteurer hilflos. Sein Griff verkrampfte sich in Melanas blauroten Magierroben. "Ich kenne einen Ort, wo ihr geholfen werden kann und wo sie, zumindest eine Zeit lang, sicher wäre", unterbreitete Rigo, "Sie muss zur Wolkennadel, dem höchsten Berg der Gebirge im Aviorreich. Es ist der bestgeschützte Ort Lutansiars. Man kann ihn bereits von ihr aus sehen, da hinten im Westen. Noch vor Einbruch der Nacht könnte ich mit Melana dort sein." "Im Aviorreich? Aber wir können dort niemals hingelangen!", erwiderte Dafem zornig. "Ich weiß selbst am besten, dass niemand in das Reich meines Volkes kann oder darf, der nicht vom Blute der Aviore ist. Doch ich muss es versuchen. Ich werde es auch mit ihr schaffen, ein wenig zu fliegen, um die Wolkennadel zu erreichen. Und was die Gesetzte anbelangt, so werde ich mir etwas überlegen." Dafem wollte zu heftigem Protest ansetzen, doch dann sah er in Rigos entschlossene, goldene Augen und seufzte kapitulierend. "Dir kann man doch sowieso nie etwas ausreden, also versuche ich es gar nicht erst", meinte der Abenteurer mit einem schmalen Lächeln. Rigo nickte und schwang sich auf ein Pferd. Das Tier wieherte protestierend gegen die plötzliche Last. Erwartend streckte er Dafem seine Klauen entgegen. "Gib mir Melana." "Ohhh! Willst du etwa alleine mit ihr gehen! Ich will mitkommen! Das Aviorreich soll toll sein! Es liegt im Westen, richtig? Das darf ich nicht verpassen!", quietschte Xab aufgeregt. Der Gnom hüpfte auf und ab und versuchte dabei auf ein Pferd zu klettern, was ihm jedoch auf Grund seiner Körpergröße nicht gelingen wollte. Rigo schüttelte den Kopf. "Ich muss alleine mit ihr gehen. Meine Artgenossen werden einen Fremden vielleicht dulden, doch mehrere auf keinen Fall." Der Avior wandte sich wieder Dafem zu. "Gib mir Melana. Wir müssen uns beeilen, denn in jeder Sekunde sickert mehr magische Energie aus ihrem Körper." Zögernd reichte ihr Dafem die Halbelfe. Der Abenteurer blickte traurig in ihr bleiches Gesicht und schien in Gedanken versunken. Ohne es zu bemerken fasste er sich kurz an die Lippen. "Pass gut auf sie auf", flüsterte er schwach. Rigo nickte. Sein Schnabel verzog sich zu einem grotesken Grinsen. "Keine Sorge, verlass dich auf mich. Wenn sie dich dazu gebracht hat rot zu werden, kann ich mir schon denken, was du fühlst." Ohne eine Antwort abzuwarten setzte der Avior die bewusstlose Melana vor sich, griff um sie herum nach den Zügeln und ritt los. Unter aufgewirbeltem Gras und Hufgetrampel verschwanden Rigo und Melana mit dem Pferd schon bald aus ihrer Sicht. Eine Weile noch starrten Xab, Aurora, Estilor und Dafem in die Ferne, dann stiegen auch sie auf ihre Reittiere. Zu Dafems Bedauern musste er sich sein Pferd mit Xab teilen, der sofort anfing wild loszuplappern und von Halbogern, Trankzutaten oder aberwitzigen Geschichten zu erzählen. Dafems Gedanken hingen immer noch bei Melana. Hoffentlich schafft Rigo es. Hoffentlich wird sie gesund... "Wir ziehen weiter nach Mightran!", rief Estilor kräftig, "Hoffentlich schafft es auch Herr Fibathen dorthin, damit wir ihn treffen." Aurora nickte zustimmend. Schnell und schweigend preschten auch diese vier Gefährten davon, Richtung Norden. "Auf nach Mightran!" Der Kampf gegen die kleine Goblinbande war vorüber und König Fibathen stand mit seinem Gefolge siegreich auf dem Schlachtfeld. Sie hatten glücklicherweise keine Verluste verzeichnen müssen, was in erster Linie wohl der Dummheit und Ungeschicklichkeit der Goblins zuzuordnen war. Fibathen untersuchte gerade mit angeekeltem Gesichtsausdruck den letzten Kadaver eines Feindes und fischte eine qualitätsarme, aber brauchbare Wasserflasche aus dessen stinkender Fellkleidung. Nachdenklich fuhr er sich durch das braune Haar mit den ergrauten Strähnen. "Ist niemand ernsthaft verletzt? Habt ihr euch erholt?" Allgemeines Kopfnicken und Zustimmung war die Antwort. Lächelnd warf Fibathen die Wasserflasche dem Soldaten Zi zu und beobachtete danach Bodono. Der ehemalige Wirt strich sich über die schweißnasse Glatze und gab daraufhin kuriose Flüche von sich, weil er damit seine Kriegsbemalung auf dem Kopf verwischt hatte. Nachdem sich Bodono wieder beruhigt hatte, grinste er breit und schnallte sich seine Axt auf den Rücken. Der dickliche Schankwirt benutzte diese Axt geschickt als tödliche Waffe, obwohl er sie früher sicherlich nur zum Holzhacken genutzt hatte. Fibathen musste wieder lächeln. Sie alle waren mutig und kämpften tapfer, obwohl ihre alte Heimat vor kurzem zusammen mit Verwandten und Freunden vernichtet worden war. "Wenn alle bereit sind, ziehen wir weiter. Unser Ziel ist nah. Auf nach Mightran!" Ein Pferd, hell und anmutig, preschte schnell wie der Blitz durch die Grassteppen Lutansiars. Dertil saß auf dem Tier, den Kopf tief hinter dessen kräftigen Hals gebeugt. Seine weißen Roben waren zerfetzt, der ganze linke Ärmel fehlte. Von einer großen Wunde an der Schulter lief Blut den Arm herab und tröpfelte auf das weiße Fell des Pferdes. Der Priester Ilerdts blickte starr geradeaus, seine blauen Augen funkelten, sein Mund formte lautlose Wörter. Ich habe nicht mehr viel Zeit. Auch wenn ich Dimitav vertreiben konnte, sind Melana und ihre Freunde in großer Gefahr. Außerdem braucht Fibathen länger als gedacht, um in Mightran Alarm zu schlagen. Wenn ich nur die Räte warnen könnte, dass die Stadt bald angegriffen werden soll... Doch ich darf mich nicht einmischen. Ich habe bereits zu viele Schicksale verändert. Fibathen lebte nur durch mich weiter. Dabei haben mir die Götter verboten, das zu tun... Wie auch immer, ich muss nach Mightran. Ich muss Melana und die anderen schützen und ich muss bereit sein, wenn Fibathen eintrifft. Auch wenn das heißt, dass ich bestimmte Gesetze stark überstrapazieren muss... Dertil ließ sein Pferd noch schneller über die Ebenen fegen. Sein weißes Haar wehte im Wind, seine Priesterroben peitschten durch die Luft. "Auf nach Mightran!" Es war dunkel in den unterirdischen Katakomben der Ruinen der Alten Welt. Valnitar trommelte mit den Fingerspitzen auf einer Armlehne herum und starrte seine zwei Untergeben Dimitav und Melissa abschätzend an. Er war still, wie die gefürchtete Ruhe vor dem Sturm. "Wie kann es sein, dass meine fähigste dunkle Priesterin und ein unsterblicher Schattenalp nicht in der Lage sind einen... auch nur einen einzigen Priester aus dem Weg zu räumen?", zischte der Dunkelelf mit purem Zorn in der Stimme. "Es war kein gewöhnlicher Priester", erklärte Dimitav sauer, "Er selbst sagte, dass die Götter ihn gesandt hätten." "Er ist kein gewöhnlicher Priester!", äffte Valnitar abfällig nach. Wütend spuckte er auf den Boden. "Das reicht. Ich habe genug von deinen Ausreden! Deine stümperhafte Inkompetenz ist schuld daran, dass die Krone der Finsternis noch immer nicht vollkommen ist!" Ein paar kurze Worte der Magie, eine schnelle Handbewegung und schon flog eine Feuerkugel aus schwarzen Flammen auf Dimitav zu. Der Schattenalp schlug das Geschoss hasserfüllt zur Seite. Für ihn war das Maß voll, er konnte den Wunsch nach der Krone der Finsternis nicht mehr unterdrücken. Er sprang auf und stürzte sich auf Valnitar. "Ich sollte diese Krone tragen! Sie gebührt mir!", brüllte Dimitav. Der überraschte Dunkelelf wehrte seinen Angriff mit Mühe ab. Beide rangelten auf dem schwarzen Thron in einem Gewirr aus Armen und Beinen, bis die Krone der Finsternis von Valnitars Kopf fiel. Das Götterartefakt schlug mit einem dumpfen Geräusch auf dem Steinboden auf. Für einen entsetzlichen Moment lang starrten Valnitar und Dimitav die Krone einfach nur an. Dann stürzten sich beide gleichzeitig auf sie. Valnitar ergriff das Relikt als erster, doch Dimitav stürzte sich sofort auf ihn und schlug ihn zu Boden. Schließlich konnte man Melissas helle Stimme vernehmen. "Oh Opelaryn, Gott der Dunkelheit, halte dein Geschöpf der Finsternis auf und lasse den Schatten erstarren!" Prompt rührte sich Dimitav nicht mehr und stand da wie eine Steinskulptur. Valnitar hob die Krone schweratmend auf und setzte sie sich wieder auf das Haupt. Der Dunkelelf schnaubte. "Lege dich niemals wieder mit mir an, Schattenalp. Ich beherrsche Zauber, die selbst untoten Wesen wie dir Schmerzen bereiten können. Geisterfolter!" Schreiend sank Dimitav in die Knie. Er verspürte unvorstellbare Schmerzen, die gleichen Schmerzen wie damals, als er lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Valnitar grinste boshaft. "Ich hoffe, du lernst daraus. Melissa liebes, du darfst gehen. Beschäftige dich irgendwie, bis ich dich wieder brauche. Bald erfolgt unser Angriff auf Mightran." Valnitars Lachen erfüllte die dunklen Hallen. "Auf nach Mightran!" Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Die Sonne sank tiefer zum Horizont und verwandelte sich in einen roten Feuerball, der das Land durch seine orange Lichtstrahlen zu einem glitzernden Zusammenspiel aus Farben verschwimmen ließ. Rigo war mit sich zufrieden. Er war schneller geritten als erwartet, so dass das Gebirge des Aviorreiches schon sehr nah war. Melana schwankte durch die kraftvollen Bewegungen des Pferdes ein wenig in seinen Armen. "Wir haben es bald geschafft. Halte noch ein wenig durch", flüsterte er sanft. Wahrscheinlich wollte er sich mehr ermutigen als sie. Schließlich hatte Rigo den Fuß des Gebirges erreicht. Die Felswand stieg beinahe in einem neunziggrad Winkel in die Höhe und verschwand irgendwo zwischen den Wolken. "Das Aviorreich, meine Heimat. Ich hätte nicht gedacht, noch einmal hierher zurückzukehren.", murmelte der Avior. Umständlich stieg er vom Rücken des Pferdes, Melanas schlaffen Körper auf den Armen. "Ich weiß nicht ob du mich verstehst, Pferd. Normalerweise kann ich nur mit Vögeln reden. Doch wenn du mich verstehst, dann bleibe bitte solange hier, bis ich zurückkehre." Das Tier wieherte und vollführte mit viel Einbildungskraft ein Kopfnicken. "Halte durch, Melana!" Mit einem kräftigen Satz stieß sich Rigo vom Erdboden ab und breitete seine Flügel zu voller Größe aus. Der Avior gewann heftig flügelschlagend an Höhe, wobei er sich nahe an der Felswand hielt und einen krächzenden Vogelschrei ausstieß. Er hatte schon lange nicht mehr das Gefühl genossen, wenn der Wind durch seine Federn weht und in seinen Ohren pfeift. Es brachte sein Aviorblut in Wallung. Schnell war das Pferd unter ihnen nicht mehr als ein klitzekleiner Punkt. Das Rauschen seiner Schwingen erfüllte die Umgebung, einige weißbraune Federn schwebten seine Flugbahn herab. Die Luft wurde schon bald merklich dünner. Melana atmete in seinen Armen unregelmäßiger und heftiger. "Halte durch, Melana", flüsterte Rigo wieder eindringlich. Schließlich tauchten sie in die dicke Wolkendecke ein und sahen für einen Moment nichts weiter als flauschig weißer Watte, wie der Nebel am Einsamen Berg, der sie umgab und ihre Sicht verschleierte. Doch gleich darauf brach Rigo wieder aus den Wolken und sah sich nun einem Anblick gegenüber, der selbst ihn immer wieder in Erstaunen versetzte und den er schon so lange nicht mehr erblickt hatte: Das Aviorreich. Die Spitzen der Gebirge ragten aus der Wolkendecke, wie kleine Inseln aus einem riesigen weißen Meer. Unzählige Höhlen und Tunnelsysteme waren als Wohnplätze in die Felsen geschlagen worden. Mehrere Aviore flogen geschäftig kreuz und quer zwischen einzelnen Gebirgsspitzen her, wuselten aus ihren Löchern oder verschwanden darin. Rigo erkannte eine flache Gebirgshochebene als alten Kampfplatz wieder, der für den natürlichen Kampfdrang der Aviore zur Verfügung stand. "Meine Heimat... nicht nur Dafem meidet sein Zuhause nach Möglichkeit..." Mit ungewöhnlich trüben Gedanken segelte Rigo auf die Wolkennadel zu, der höchste der Aviorreichberge, der aus den Wolken stach wie eine schlanke spitze Nadel. Flügelschlagend landete er in dem Eingangstunnel, der tief ins Innere des Berges führte. Es war still. Rigo erinnerte sich daran, dass die Wolkennadel von unzähligen Bannkreisen und Schutzzaubern umgeben war, die jegliches Eindringen von Feinden völlig unmöglich machte. Der Avior faltete die Flügel auf den Rücken und folgte dem Tunnel durch die Dunkelheit. Man benötigte im Reich der Aviore keine Fackeln oder Licht, denn die Vogelmenschen hatten mit ihren Augen keine Probleme auch im Dunkeln problemlos zu sehen. Rigo ging immer weiter, bis der Tunnel zu ende war und in eine gewaltige Höhle führte. Sie war übersäht mit Stalagmiten und Stalaktiten, das leise Geräusch von tropfendem Wasser erfüllte sie. Ein kleiner See hatte sich in der Mitte der Höhle gebildet. Das Innere der Wolkennadel wurde von den Avioren als Zufluchtsort bei Kriegen und Belagerungen genutzt. Nur wenige Gegner der Vogelmenschen vermochten es in ihr Reich einzudringen. In die Wolkennadel schaffte es niemand. So war es schon immer. Die Aviore konnten in Kriegszeiten unangreifbar kleinere Angriffe auf ihre Feinde ausüben, ohne dabei die versteckten Frauen und Kinder in Gefahr zu bringen. Rigo seufzte und legte Melana auf den kalten Steinboden. Aus ihrem Rucksack, dem sie ihr vor der Abreise umgelegt hatten, holte er ihre Decke hervor. Er wickelte die Halbelfe darin ein und bettete ihren Kopf auf dem Rucksack. Als er ihr die Haare hinter das Ohr strich, klebte frisches Blut an seinen Klauen. "Melana, ich hole Hilfe. Mach dir keine Sorgen." Mit diesen Worten stürmte Rigo wieder aus der Höhle. Kapitel 23: Das Volk der Aviore ------------------------------- So, ein klein wenig verspätet folgt nun Kapitel 23 ohne große Worte. Nur eins: Danke für all die Kommis! Und ich wünsche mir auch weiterhin solch aufmunternde Worte, aber auch Kritik! Haut sie raus, wenn es euch danach steht!!!^^ Hier kommt Kapitel XXIII !!! @stoffl: Tja, vielen Dank würde ich sagen. Ich versuche die Uploadzeiten immer regelmäßig und in nicht zu großen Abständen zu machen, weil ich ja aus eigener Erfahrung weiß, wie nervig es sein kann, wenn einfach kein nächster Teil zu einer Story kommt, die ich supergerne lese! @Nocturn: Yeah, Rigos großer Auftritt kommt! Ich empfinde deine Fragerei ganz und gar nich als pingelig, sondern eher als lobenswert, dass jemand auch mal ein wenig kritisch an die Sache geht^^ Deine neue Frage is echt gut...Also Rigo hat als Avior keine Probleme durch die Bannkreise. Und Melana ist seine Schutzbefohlene, somit also kein Feind. (schlechte Erklärung aber ich hab ehrlich gesagt nich richtig darüber nachgedacht :-P ) @mitsuki11: Natürlich lasse ich Melana sterben! MUAHAHAHA!!! Nein nein, ich werd erstmal sehen. Aber sie einfach selbst, wie es Rigo und Melana ergehen wird^^ @SylverMortal: Melissa wird noch weiterhin ihre Rolle spielen. Ich find es einfach interessanter, wenn sich auch das Böse bekämpft, denn jeder hat seine eigenen Ideale. Wesen die durch und durch Böse sind und einfach nur alles platt machen wollen, gibt es meiner Meinung nach nicht. @white_shark: Tja, Melana is wieder von anderen abhängig, das stimmt. Es wäre unrealistisch, wenn sich ihr Wesen auf ein Schlag vollkommen ändert und sie ist nunmal keine richtige Kämpferin, sondern ein verschüchtertes Mädchen, das Sicherheit braucht. Kapitel XXIII - Das Volk der Aviore Als Melana erwachte, verspürte sie sofort fürchterliche Kopfschmerzen. Sie war zu schwach um auch nur die Augen zu öffnen. Ihre Kehle fühlte sie trocken an, ihre Lippen spröde. Die Halbelfe konnte schwache Stimmen vernehmen, die sich unweit von ihr gedämpft unterhielten. "Sie war bereits fast vollkommen ausgebrannt. Ich musste hierher kommen." Melana erkannte den Sprecher sofort als Rigo. Eine andere, für sie unbekannte Stimme antwortete scharf: "Wie konntest du eine Halbelfe in das Reich der Aviore führen?" "Das habe ich doch eben erklärt! Verdammt, sie wäre gestorben!" "Du kannst nicht einfach nach vier Jahren wieder auftauchen, nur um zu erwarten, dass wir dich mit offenen Armen empfangen, deine Freundin heilen und euch wieder glücklich ziehen lassen!", erwiderte der Unbekannte zornig. Melana legte fest, dass er aufgrund seiner krächzenden Stimme auch ein Avior sein musste. Aber wieso befand sie sich im Reich der Aviore? "Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Signa. Es war damals meine Entscheidung, mein Leben an das Dafems zu binden, und ich habe es niemals bereut", erklärte Rigo ruhig. Signa seufzte gequält. "Mir bist du vielleicht keine Rechenschaft schuldig, doch Tigrun allemal...", sprach er betrübt, bevor die leiser werdenden Schritte sein Gehen verrieten. Es verging noch ein bisschen mehr Zeit, bevor Melana die nötige Kraft aufbringen konnte, um ihre Augen zu öffnen. "R...Rigo?", flüsterte sie schwach. Der Avior war sofort an ihrer Seite. Melana wollte noch etwas sagen, doch ihr blieb die Stimme in der trockenen Kehle stecken. Rigo verstand, zog einen Wasserschlauch unter seinem gelben Hemd hervor und träufelte der Halbelfe geduldig Schluck um Schluck in den Mund. "D...danke...", meinte sie mit einem leichten Lächeln. Rigo nickte und verbarg den Schlauch wieder unter seiner Kleidung. "Keine Ursache. Ich habe Dafem versprochen, auf dich aufzupassen." "Dafem?" "Er ist mit den anderen nach Mightran weiter gezogen. Wir befinden uns auf der Wolkennadel im Aviorreich. Keine Ahnung warum, aber du warst beinahe ausgebrannt, also musste ich dich hierher schaffen", erklärte Rigo ruhig. Melana richtete sich auf und fuhr sich nachdenklich über die Narbe an ihrer Stirn. "Ich wollte stark sein, um euch zu beschützen... und dann sind die Kräfte des Stabes... und meine Kräfte erwacht. Ich vernichtete den Dämonenbeschwörer..." Rigo hörte aufmerksam zu, bevor er aufstand und Melana auf die Füße zog. Seine goldenen Augen huschten unruhig hin und her. "Ich weiß, ich verlange jetzt viel von dir, Melana. Wir müssen verschwinden. Die Aviore haben dich geheilt, doch damit ist ihre Gastfreundschaft erschöpft. Eigentlich darf kein anderes Wesen als die Aviore dieses Reich betreten. Deswegen müssen wir gehen, solange es noch möglich ist." Melana schluckte schwer, nickte dabei aber. Sie war noch etwas schwächlich auf den Beinen, so dass Rigo sie beim Gehen stützte. Zu zweit folgten sie dem Tunnel, durch den sie gekommen waren. Doch als sie den Ausgang erreicht hatten, standen ihnen vier Aviore im Weg. Rigo blieb stehen, als sich die vier Vogelmenschen zu voller Größe aufbauten und ihre Klauenhände drohend knacken ließen. "Was hat das zu bedeuten, Signa?", murmelte Rigo nicht wirklich überrascht. Einer der Aviore, offensichtlich Signa, trat ein Stück vor. Seine Federn waren schneeweiß mit roten Spitzen. Auch die Iris seiner Augen, die die geschlitzten Pupillen umgaben, war rot. "Du weißt genauso gut wie ich, dass unsere Regeln es verbieten, solche Wesen wie deine Halbelfenfreundin gehen zu lassen, sollten sie jemals in unser Reich eindringen." Auf Signas Handzeichen hin stellten sich die drei anderen Aviore schützend vor ihn. "Nun gut, du hast die Halbelfe hierher gebracht, also darf sie das Reich der Aviore nicht mehr verlassen! Nie mehr!" Rigo schien mit dieser Antwort gerechnet zu haben. Augenblicklich ließ er von Melana ab und stürzte sich auf seine Artgenossen. Mit einem schmetternden Hieb brachte er den ersten zu Fall. Noch in der gleichen Bewegung wirbelte Rigo herum und trat dem zweiten heftig ins Gesicht, so dass dieser gegen die Höhlenwand knallte und ohnmächtig in sich zusammensackte. Erst jetzt viel Melana auf, dass sie ihren Rubinstecken nicht dabei hatte. Sie konnte nur mit offenem Mund zugucken, wie sich Rigo gerade auf den dritten Avior stürzte. Doch plötzlich schnellte Signas Klaue aus dem Nichts hervor und traf Rigo hart im Nacken. Dieser keuchte schwer, seine goldenen Augen wurden trübe. Kraftlos versank Rigo in der Schwärze der Bewusstlosigkeit. Signa seufzte betrübt und klopfte sich den Staub von seiner schlichten blauen Aviorkleidung. Grimmig sah er auf Rigo herab. "Es tut mir Leid, alter Freund, aber ich muss mich an unsere Gesetze halten. Ihr werdet diesen Ort niemals wieder verlassen dürfen..." Es war Nacht, als Dafem, Estilor, Aurora und Xab ihren Ritt unterbrachen und mitten in der Grassteppe Lutansiars rasteten. Aurora schürte für sie ein schnelles Feuer und sie setzten sich schweigend um die warmen Flammen, während sie lustlos an etwas altem Brot kauten. "Ich hoffe, es geht Rigo und Melana gut...", murmelte Dafem, nachdem er eine Zeit lang still die Sterne beobachtet hatte. Xab starrte den Abenteurer aus großen Augen an und mampfte fröhlich vor sich hin. "Sag, was ist das eigentlich für ein Ort? Woll...Wolg...Wof..." "Wolkennadel", half Dafem. Xab nickte heftig mit dem Kopf und grinste, bevor er das Kinn auf die Hände stützte. "Also? Was ist die Wolkennadel?", hakte der Gnom nach. "Das hat Rigo doch erzählt. Es ist der höchste Berg im Aviorreich. Er ist so umgeben von Bannkreisen und Schutzzaubern, dass er als sicherster Ort Lutansiars gilt. Deswegen hat Rigo doch Melana dorthin geschafft...hoffentlich geht es ihr wirklich gut...", seufzte Dafem. Aurora sah lächelnd von ihrem Brot auf und strich sich das lange Goldhaar aus dem Gesicht. "Du magst sie wirklich sehr, oder?" "Wen?" "Melana natürlich." Dafem spürte, wie er rot wurde und verfluchte sich innerlich dafür. Normalerweise hatte er nie Probleme mit Frauen oder Gefährtinnen gehabt, doch wenn es in letzter Zeit um die Halbelfe ging, wurde er ganz aufgewühlt. "Wie kommst du darauf?", versuchte er so beiläufig wie möglich zu sagen. Aurora lächelte nur noch breiter. "Man sieht es einfach. Ich habe bemerkt, dass du ihr nachts während deiner Wachschichten oft beim Schlafen zusiehst." Estilor starrte gedankenverloren ins Feuer. "Selbst in diesen Zeiten des Krieges keimen Hoffnung, Freundschaft und Liebe, vielleicht sogar stärker als sonst. Die Götter stellen uns vor Prüfungen, die wir nur damit bestehen können." Dafems Gesicht wurde heiß. Murrend rollte er sich in seine Decke und legte sich beschämt schlafen, ohne auf das einsetzende Gebrabbel von Xab zu achten. Am nächsten Morgen ritten sie früh weiter. Die Luft war erfrischend und pfiff ihnen ins Gesicht, während unter ihnen die Pferde das Gras mit den Hufen aufwirbelten. Die Landschaft veränderte sich kaum, bis irgendwann am Nachmittag erste Häuser am Horizont zu erkennen waren. Rasch kamen sie näher und schließlich waren sie da. Vor ihnen erstreckte sich soweit das Auge reichte Mightran, die größte und mächtigste Stadt der Menschen. Mightran benötigte keine Mauern. Die Stadt war mit Schutzzaubern und Bannkreisen umgeben, die rund um die Uhr von fähigen Priestern gewoben wurden und somit das Eindringen jeglicher feindlich gesinnter Kreaturen verhinderten. Die Häuser bestanden aus glattem Stein in weiß, zartgelb, himmelblau oder rosa, der so hell glitzerte, dass es selbst den Gebäuden in Sinthath Konkurrenz machen konnte. Die Häuser waren kreuz und quer gebaut, sie gingen ineinander über oder reihten sich geometrisch nebeneinander, waren lang oder mehrstöckig. Schnurgerade Straßen durchzogen die Gebäudereihen gleichmäßig. Farbenprächtige Mosaike befanden sich darauf und erzählten von alten Geschichten von Helden und Göttern, die man sich auch in den Tempel, die überall auftauchten, erzählen lassen konnte. Priester, Magier, Bauern, Soldaten und Handwerker liefen geschäftig durch die Stadt. Staunend betraten Dafem, Estilor, Xab und Aurora Mightran. "Es ist noch toller als ich gedacht habe!", schwärmte der Gnom träumerisch. "All die Leute! Und diese exotischen Marktstände!!! Ach, ich liebe eure Gesellschaft. Xab der Abenteurer und Weltenentdecker, das wollte ich schon immer von mir sagen können!" "Wir sollten zum Königspalast von Jenstak, dem regierenden Herren Mightrans. Ich glaube nicht, dass mein Vater bereits hier eingetroffen ist, doch dennoch sollten wir uns erkundigen... und wir sollten König Jenstak vor der Bedrohung Valnitars warnen", meinte Aurora. Zielstrebig visierten die vier Gefährten den Königpalast an, der aus der Stadt herausragte, wie eine gewaltige weiße Schildkröte aus einem glitzernden Meer. Es war ein quadratisches Gebäude mit vier kreisrunden Türmen, einem an jeder Ecke. Zwei Wachen, gekleidet in die mightranische rotgelbe Soldatentracht, erspähten die Gefährten und kamen sofort auf sie zu. Ein wenig verwirrt erhob Aurora die Hand zum Gruß. "Ich grüße euch, Aurora, Tochter König Fibathens. Wir erwarteten euch und euer Geleit bereits", erklärte einer der Soldaten mit scheinbar erleichterter Stimme. Estilor stützte sich schwer auf seinen kristallenen Stab und kratzte seinen eisengrauen Bart. "Wie kommt es, dass ihr von uns wisst?", erkundigte sich der Priester misstrauisch. "Vor etwa zwei Stunden erreichte uns ein Priester Ilerdts mit Namen Dertil. Er hatte eine Audienz bei König Jenstak und berichtete von eurer Ankunft. Es schien, dass der Priester unserem König bekannt war." "Dertil?", wiederholt Dafem verwundert. "Seit ihr sicher? Blaue Augen? Schneeweißes Haar?" Der Soldat nickte. Ein weiteres Mal hatte Dertil Unmögliches möglich gemacht. Dafem fragte sich ernsthaft, wie der Priester den Kampf mit Dimitav überleben und trotz allem schneller als sie in Mightran sein konnte. "Wir wünschen eine Audienz bei König Jenstak. Er muss vor der drohenden Gefahr von dem Dunkelelfen Valnitar gewarnt werden", sprach Aurora weiter. Der Soldat schüttelte lächelnd den Kopf. "Das ist nicht nötig. Der Herr weiß von der Krone der Finsternis. Er weiß vom Fall Sagandors und von der Unschuld der Elfen in diesen schrecklichen Zeiten. Unsere Magier und ihre Seherkugeln verrieten uns bereits alles." "Aber...", begann Aurora. Der Soldat unterbrach sie sofort. "Kein Aber, werte Prinzessin. Nichts kann uns bei unseren Schutzzaubern geschehen. Vor einiger Zeit wurde bereits der Weltenrat einberufen, der in sieben Tagen stattfindet. Das Böse wird aufgehalten. Ihr müsst einfach nur abwarten, vier Zimmer wurden euch bereits bereitgestellt. Ruht und erholt euch." Aurora nickte dankbar, dann wurde ihr Blick plötzlich nachdenklich. "Wisst ihr etwas von meinem Vater?", fragte sie hoffnungsvoll. Der Soldat nickte lächelnd. "Er und andere Überlebende haben sich seit Sagandors Fall tapfer geschlagen. Sie treffen in etwa vier Tagen ein." Auroras Gesicht hellte sich schlagartig auf. Der Soldat deutete mit einladender Geste auf das Eingangstor des Königspalastes. "Wenn ihr erlaubt, führe ich euch jetzt auf eure Zimmer. Außerdem wartet eure Mutter ungeduldig auf ihre Tochter." Der Soldat hatte die Worte kaum ausgesprochen, da stürmte Aurora auch schon in den Palast. Dafem hatte sie, seit er sie damals in diesem dunklen Kerker nahe Sagandors gefunden hatte, nie glücklicher gesehen. Der blonde Abenteurer folgte seufzend. "Melana...Rigo...Dertil...Fibathen...und alle Herrscher Lutansiars...die Schicksale aller laufen hier in Mightran zusammen. Jetzt heißt es wohl tatsächlich warten..." Und so vergingen die Tage... Es war tiefe Nacht. In der Höhle der Wolkennadel lag Melana und schlief ruhig dahin. Rigo hingegen lehnte mit dem Rücken an einer Wand, gefesselt durch mehrere Ketten, die mit Metallösen an der Wand festgemacht waren. Der Avior hatte die goldenen Augen geschlossen und lauschte dem gleichmäßigen Atmen der Halbelfe. Drei Tage saßen sie hier jetzt schon fest und wenn es nach Signa ging würden sie bis an ihr Lebensende hier bleiben, solange, bis sich Rigos Muskeln von dem ewigen Sitzen zurückentwickeln und verkrüppeln würden. Seufzend presste Rigo seinen Hinterkopf gegen die kalte Höhenwand. Die goldenen Augen des Aviors flogen auf, als leises Getrappel vom Gang aus zu hören war. Er wollte aufstehen, doch die Ketten rasselten nur und verhinderten jegliches Erheben. Schließlich trat jemand aus dem Gang. "Tigrun...", hauchte er fassungslos. Tigrun war eine Aviorin mit silbern schimmernden Federn. Ihr Schnabel war golden, die Augen wie pures Silber. Sie ging vor ihm in die Hocke und strich mit einer Klauenhand über seine weiche Wange. "Ich wollte es nicht glauben", meinte Tigrun mit Tränen in den Augen. Ihre Hand zitterte. "Ich wollte nicht glauben, dass du tatsächlich wieder da bist, mein geliebter Rigo." Rigo wich ihrem Blick aus und drückte ihre Hand bestimmt beiseite. Tigruns Silberaugen blitzten fragend auf. "Was ist passiert, geliebter Rigo? Wo warst du die ganzen letzten vier Jahre?", flüsterte sie schwach. Rigo schloss gequält die Augen. "Ich verließ das Aviorreich vor vier Jahren, um im Auftrag Signas Handelsware zu verkaufen. Doch auf dem Weg dorthin wurde ich von Goblins überrascht und fast tot geprügelt. Ein Mensch namens Dafem und seine Schwester Melissa retteten mich. Sie hatten ihr Zuhause verloren und ich tat das einzig Richtige, um mich zu bedanken. Ich leistete den Treueschwur, die beiden auf ewig zu beschützen, denn so sagen es die alten, fast vergessenen Regeln der Aviore." Rigo seufzte schwer und kraftlos. "Doch das ist jetzt egal. Ich bin von meinem Volk ausgestoßen und für das Herbringen der Halbelfe verurteilt. Melissa ist in meiner Obhut gestorben. Und jetzt kann ich Melana, die Person, die Dafem am meisten bedeutet, nicht zu ihm zurückbringen." Rigo öffnete die Augen. Bei dem schrecklich traurigen Ausdruck darin, zuckte Tigrun zurück. "Einst gingen wir den Bund der Ehe ein, doch jetzt bin ich ein Verstoßener, der dir nicht würdig ist. Vielleicht werde ich sogar für den Bruch unserer Gesetze hingerichtet. Ich habe mehrmals in meinem Leben versagt, möglicherweise ist das die gerechte Strafe dafür." "Was ist los mit dir? Das ist nicht der Rigo, den ich kenne. Seit wann gibst du so leicht auf? Ist es, weil du gefesselt bist? Es sind nicht die Ketten, die dich halten." Tigrun griff nach den schweren Ketten, doch Rigo hielt ihre Hand zurück. "Geh. Ich höre jemanden kommen", flüsterte er angespannt. Tigrun sah ihn einen Moment zornig an, bevor sie davoneilte und in einem der vielen Gänge der Wolkennadel verschwand. Kaum einen Augenblick später traten Signa und zwei schwarz gefiederte Aviore ein. "Was ist los?", murrte Rigo. "Wollt ihr gerne zusehen, wie ich mich quäle? Ihr wisst, dass ein Avior nicht lange in Gefangenschaft aushält." "Das also ist die Antwort auf all die schrecklichen Ereignisse in letzter Zeit", sprach Signa, als hätte er ihn gar nicht gehört. "Die Antwort auf die erwachten dunklen Horden, den Krieg im Menschenreich und die Feinde, die sich versuchen bei uns einzuschleichen." Seine roten Augen hatten einen fiebrigen, irren Glanz. "Die Halbelfe, die du bei dir hast, ist die Hüterin des Rubinsteckens. Diejenige, die über den fehlenden Stein der Krone der Finsternis wacht und über das Schicksal Lutansiars entscheidet!" Rigos Blick zeigte vollkommene Verwirrung. "Woher wisst ihr davon?", rief er lauter als geplant. Der Avior zwang sich auf die Füße, obwohl es in Anbetracht seiner Fesseln kaum möglich war. Signa faltete die Hände ineinander. "Vor etwa einem Jahr erschien aus dem Nichts ein Priester mit schneeweißen Haaren, genau in dieser Höhle. Er sagte, wir sollen nach einer Halbelfe mit dem Rubinstecken Ausschau halten, denn sie würde über Lutansiars Schicksal entscheiden. Er sagte, Böses würde sich schon bald rühren, im Norden unter den Ruinen der Alten Welt tief in der Trauerwüste." "Dertil erschien hier vor einem Jahr?", rief Rigo ungläubig. "Warum habt ihr dann nichts getan? Ihr hättet alle warnen müssen, dann hätten wir die Gefahr vielleicht schon frühzeitig bannen können!" Signa schnaubte abfällig. "Wir schenkten ihm keinen Glauben. Und selbst wenn, Aviore haben sich nie in die Angelegenheiten der Menschen eingemischt!" "Hier geht es nicht nur um die Menschen, sondern um ganz Lutansiar! Und ihr gehört dazu!", kreischte Rigo wütend. Melana rekelte sich schläfrig auf dem Boden. Sie war zu erschöpft, um aufzuwachen. Signa warf der Halbelfe einen kurzen Blick zu, seine roten Augen blitzten auf. "Beruhige dich, Rigo. Denn du selbst hast uns eine Möglichkeit gegeben, damit wir diesen Fehler wieder gutmachen können", wisperte er ruhig. "Wovon sprichst du?", fragte Rigo. Langsam wurde ihm Signas Blick unheimlich. Der weißrote Avior formte seine Hand zu einer Klaue, scharf und spitz. Er beugte sich über Melana und richtete sie auf ihr Herz. "Wenn wir die Wächterin töten, gibt es niemanden mehr, der den Stab freiwillig abgeben kann. Es wird unmöglich sein, die Krone der Finsternis zu vervollkommnen!" "Das ist nicht dein Ernst? Seit wann denken Aviore solch einen Wahnsinn?", rief Rigo entsetzt und zerrte klirrend an seinen Ketten. Er spannte all seine Muskeln bis aufs Äußerste und rüttelte, zerrte und zog wie besessen. Signa lächelte milde. "Selbst ein Avior kann diese Ketten nicht sprengen." Er hob die Klaue und war gerade dabei sie mit aller Kraft in Melanas Körper zu rammen und sie somit zu töten, als Rigo aus vollem Halse brüllte und an seinen Ketten zog. Schließlich riss er die Ketten kreischend aus der Wand, so dass Steinsplitter durch die Höhle flogen und Melana schlagartig aufwachte. "Dann bin ich kein Avior mehr! Von jetzt an bin ich nur noch Rigo der Abenteurer!!!" Mit seinem krächzenden Kampfschrei stürzte sich Rigo auf den überraschten Signa und schlug ihn zu Boden. Sofort wirbelte er die Kette an seinem rechten Arm in einem großen Bogen umher, so dass einer der schwarzen Aviore im Gesicht getroffen wurde und in sich zusammensackte. Der dritte wurde mit einem Schlag in die Magengrube ausgeknockt. Ehe sich Melana zurechtfinden konnte, packte Rigo sie und warf sie über seine Schulter. "Wir müssen jetzt fliehen, Melana. Auch wenn die Aviore Gutes beabsichtigen, tun sie aus Angst Falsches. Wir Aviore mussten uns früher nie fürchten, doch Signa beginnt zu verstehen, dass selbst unser Reich uns diesmal nicht schützen kann." So schnell es ging stürmte Rigo aus der Höhle in einen der Gänge und folgte ihm eilig. Bereits in kurzer Zeit hatten sie den Ausgang erreicht, doch jemand versperrte den Weg. "Tigrun! Was tust du hier noch?", zischte er erzürnt. Wortlos warf ihm die Aviorin zwei Rucksäcke, den Rubinstecken und sein Schwert vor die Füße. "Ich habe eure Sachen aus dem Lager gestohlen und frisches Proviant in die Rucksäcke getan. Es war nicht mit anzusehen, wie du dich quälst, also wollte ich dich befreien. Doch wie es aussieht...", seufzte sie mit einem Blick auf die Ketten, die Rigo an den Gliedern hingen. "...ist das nicht mehr nötig." Rigos Gesichtszüge wurden weicher. "Hab dank, Tigrun. Ich bringe Melana zu meinem Freund. Dann werden wir Valnitar und seine dunklen Horden ein für alle mal vernichten! Und wenn all das vorbei ist...wenn Dafem es schafft sich ein friedliches Leben ohne Kampf aufzubauen und ich somit meinen Treueschwur erfüllt habe...wenn die Aviore mein Handeln einsehen und es vergeben...dann kehre ich vielleicht eines Tages hierher zurück zu dir." Rigo schulterte den Rucksack, gürtete sein Schwert und wartete ab, bis auch Melana ihre Sachen zusammengesammelt hatte. "Wirst du auf mich warten?", flüsterte der Avior leise. Tigrun versuchte ein Lächeln, scheiterte jedoch kläglich. "Das ist der Rigo, den ich kenne und liebe...und auf den ich immer warten werde, mein Leben lang." Sie umarmte ihn und drückte ihn ganz nah an sich, wollte seine Wärme noch einmal spüren. Schließlich ließ sie von ihm ab. Rigos Goldaugen strahlten vor Stolz und Entschlossenheit. "Ich komme wieder. Gleich nachdem ich mir den Kopf von Valnitar geholt und die Krone der Finsternis zertrümmert habe!!!" Mit diesen Worten packte er Melana fest in seine Arme, rannte die letzten Meter durch den Tunnel und sprang aus dem Ausgang der Wolkennadel hinein in den schwarzen Nachthimmel. Während Melana vor Überraschung und Furcht einen kurzen Schrei ausstieß, entfaltete der Avior seine mächtigen Flügel und segelte schnell wie ein Vogel durch die Luft. Tigrun beobachtete die beiden, bis sie aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren. Den Tränen, die die Aviorin die ganze Zeit zurückgehalten hatte, ließ sie nun freien Lauf... Kapitel 24: Die Wege treffen sich --------------------------------- Yeah, Kapitel 24 kommt. Diesmal ohne große Umschweife^^ Es freut mich, dass manche so von meiner Story angetan sind, dass sie gleich zweimal ihr Kommentar absenden^^ (nich persönlich nehmen :-P ) @Nocturn: Nocturndrillinge^^ Fand ich klasse^^ Jedenfalls super vielen Dank für dein(e) Kommi(s) Das Aviorreich war und ist leider nur kurz geplant und wird ahrscheinlich nicht nochmal auftauchen. Höchstens mal im Epilog oder so. Lass dich überraschen^^ @white_shark: Yeah, das Aviorreich hat irgendwie allen gefallen die das bis jetz gelesen haben, auch aus meiner Klasse^^Sorry, dass der Trip ins Reich der Vogelmenschen so kurz war, aber sonst wäre meine Story NOCH länger geworden und meine Ausdauer is nich unbegrenzt^^ @SylverMortal: Ja, genau das habe ich mr auch gedacht, als ich die Rigo Sitestory entwarf. Es macht die Charaktere einfach tiefgründiger, was bei meiner Story manchmal ja doch fehlt^^ @stoffl: Tut mir Leid wegen deinem PC, hoffe er funktioniert jetzt wieder. Jedenfalls find ich gut das alle Rigo jetz so mögen, er is meiner Meinung nach einfach ein cooler Charakter^^ Die Wege treffen sich "Da hinten! Da hinten ist Mightran! Endlich, wir haben es geschafft!" König Fibathen seufzte erleichtert, als er den Ruf von einem seiner Kameraden wahrnahm. Tatsächlich erstreckte sich vor ihnen die gewaltige Menschenstadt, die in der Sonne glitzerte wie purer Diamant. Die Überlebenden Sagandors lachten erfreut und jubelten vor Begeisterung, während sie ihre letzten Kräfte mobilisierten und auf Mightran zuliefen. Bodono und Zi blieben mit dem König ein Stück zurück. "Wir haben viel durchstehen müssen. Jetzt sind wir endlich in Sicherheit", lächelte Fibathen. Zi, die dunklen Augen vor Freude glitzernd, nickte zustimmend. Der Wind ließ seine langen schwarzen Haare durch die Luft wirbeln. "Bei Xigafxs Bierhumpen, es wurde aber auch Zeit!", stimmte Bodono mit einem breiten Grinsen zu. Die drei schritten ruhig auf Mightran zu. Nachdem sie schon sehr nahe waren, starrte Fibathen verwundert auf den Stadtrand und musste einen überraschten Aufschrei unterdrücken. Wenn ihn seine alten Augen noch nicht völlig täuschten, stand dort bereits eine Eskorte aus mightranischen Soldaten in ihren rotgelben Trachten, die grüßend Speere und Schwerter erhoben hatten. "Woher wissen sie, dass wir kommen?", grübelte Fibathen und lief nun auch ein wenig hastiger, flankiert von Zi und Bodono. Schließlich standen sie und die restlichen Überlebenden Sagandors mitten in einer neugierigen Menschenmasse. Die mightranischen Soldaten konnten den Auflauf nur mit Mühe zurückhalten. "Lasst mich durch! Da ist mein Vater!" Fibathen wirbelte beim Klang dieser Stimme so schnell herum, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte. Eine junge Frau mit langen goldblonden Haaren quetschte sich zwischen den Soldat hindurch. Dem König versagte fast die Stimme, als er sie als seine Tochter Aurora erkannte. Die Prinzessin stürmte ungehalten auf ihren Vater zu, bremste aber plötzlich kurz vor ihm ab, ihre Augen vor Entsetzen geweitet. "V...Vater...dein Arm...", stotterte sie verwirrt. Fibathen lächelte gequält, strich über den Stumpf, der sich kaum von seiner linken Schulter abhob, zog die Hand wieder weg und drückte Aurora in eine feste Umarmung. Während die einsetzenden Tränen der Prinzessin seinen Harnisch benetzten, strich er ihr mit der einzigen Hand beruhigend über den Kopf und flüsterte tröstende Worte. Als er den Kopf hob, erspähte er Dafem und Estilor, die ein wenig abseits standen und mit starren Mienen zu ihnen herüberblickten. Fibathen war im ersten Augenblick verdutzt. Wie kamen sein Königspriester, seine Tochter und der Abenteurer nach Mightran? Doch diese Frage hatte Zeit. Stumm formte der König die Worte: "Danke, dass ihr sie mir wohlbehalten wiedergebracht habt." Dafem verstand und nickte ehrfürchtig. Schon im nächsten Augenblick spürte er, wie sich zwei kräftige Arme um ihn schlangen und zu zermalmen drohten. "Dafem, alter Kumpel! Was machst du denn hier?", grölte Bodono erfreut. Der Abenteurer versuchte sich keuchend aus der Umarmung des Wirtes zu befreien. Xab sah dabei zu und entschied spontan, sich auch auf Dafem zu werfen und umklammerte ihn deshalb an der Hüfte. Estilor konnte ein schwaches Lächeln nicht unterdrücken. Die Katakomben der Ruinen der Alten Welt waren kalt, so empfand es Melissa zumindest immer, wenn sie hier war. Die Halbdunkelelfe grübelte verzweifelt über den Kampf gegen diesen Dertil vor wenigen Tagen. Dieser Priester war mächtig gewesen, so mächtig, dass er Dimitav verletzen und vertreiben konnte. Valnitar hatte Melissa für ihr Flüchten nicht bestraft. Sie war sein Liebling und wusste es, doch das machte die Schmach der Niederlage nicht besser. Sie hätte diesen Dertil vernichten können, wenn sie mit ganzer Kraft gekämpft hätte. Doch nach dem Tod der beiden alten Bekannten Leafenisty und Stomp war wieder etwas in ihr erwacht, dass sie versucht hatte zu verdrängen: ihre menschliche Seite. Deshalb war sie kampflos abgezogen. Seit sie von Yscento wieder belebt worden und dem Ruf der Krone der Finsternis gefolgt war, hatte die Dunkelelfe in ihr, ihre böse Seite, die Oberhand gewonnen und wuchs seitdem täglich. Doch jetzt war wieder dieser nagende Funke in ihr da, die Hälfte, die gut war und nichts sehnlicher wünschte, als zu Dafem und Rigo zurückzukehren. Fluchend und schreiend blieb Melissa mitten in einem dunklen Gang stehen. "Ich bin böse! Ich gehöre zu Valnitar! Er ist jetzt meine Familie!", brüllte sie, wütend über sich selbst. Trotzdem wollte der Funke nicht verschwinden. "Ich muss mich ablenken...irgendwie ablenken...", murmelte die Halbdunkelelfe nachdenklich. Wie gerufen kam in diesem Augenblick Jodean um die Ecke. Melissa fackelte nicht lange, sondern drückte den Dunkelelf sofort gegen die harte Steinwand und presste ihre Lippen hart auf seine. Jodean schien total perplex, wehrte sich aber auch nicht. Sie wusste, dass er schon vor einiger Zeit ein Auge auf sie geworfen hatte und ihr jetziges Angebot nicht ablehnen würde. Im Gegenteil, sie spürte seine Erregung bereits an ihrem Schenkel. Wahrscheinlich hatte er genug von den ganzen Menschenweibern, die in den Kerkern seines Stützpunktes auf den Trümmern Sagandors saßen und warteten und heulten. Ihr sollte es recht sein. Wenigstens für ein Weilchen würde sie beschäftigt sein, so dass sie den verdammten menschlichen Funken in ihr nicht mehr wahrnahm. Fast den ganzen Tag lang hatten Fibathen, Zi, Bodono, Aurora, Dafem, Estilor und Xab an einem Tisch in der Bibliothek des Königspalastes gesessen und von ihren Reisen, Abenteuern und Gefahren erzählt. Besonders Aurora schilderte ihrem Vater alles bis ins kleinste Detail. Sie erzählte ihm von dem Quaneas und den dort lebenden Elfen, von Leafenisty, von ihrem Treffen mit Chemir und dem mysteriösen Priester Dertil, von dem Seedrachen Acuaryu, dem Wiedersehen mit Estilor und dem Kampf gegen Yscento nahe Mid'tha, von Stomp und seiner Berghütte, dem schrecklichen Tod Stomps und Leafenistys und schließlich von der Schlacht im Turm des Dämonenbeschwörers und ihrem eigentlichen Tod. "Er rammte mir das Schwert durch die Brust, genau hier!", meinte sie und deutete auf eine Stelle ein Stück unter ihrem Hals. Ich war tot, da bin ich mir sicher, doch plötzlich erschien es mir, als würde Melanas Stimme zu mir dringen. Sie muss uns gerettet haben. Deswegen waren wir alle unverletzt, als wir erwachten, und Melana war ausgebrannt." "Eine schreckliche Bürde, die diese Halbelfe tragen muss. Ganz Lutansiar liegt in ihren Händen", sagte Fibathen betroffen. "Ich erinnere mich gut an ihren Vater. Er war einer meiner treuesten Untergebenen und ein guter Freund." Das Gespräch ging solange, bis die Sonne längst untergegangen war und die Bibliothekarin sie freundlichst bat, doch langsam auf ihre Zimmer zu gehen. Natürlich taten sie sofort wie ihnen geheißen. Während viele in ihren Räumen verschwanden und allen eine gute Nacht wünschten, ging Dafem in seinem Zimmer rastlos auf und ab. Schließlich trat er auf den Balkon seines Quartiers und lehnte sich weit über das Geländer, um nach unten zu spähen. Sie hatten ihre Räume weit oben, Dafem schätzte die Entfernung nach unten auf etwa zwanzig Meter. Nachdenklich starrte er in den Sternenhimmel und dachte an Rigo und Melana. Mit viel Wohlwollen konnte man am Horizont den unförmigen Umriss der Wolkennadel ausmachen, ein riesiger Berg der sich irgendwo zwischen den Wolken verlor. "So nah und doch so fern", flüsterte Dafem in den leichten Wind, der sanft mit seinem blonden Haar spielte. Es war länger geworden, stellte er plötzlich fest. In letzter Zeit war soviel passiert, dass er keine Zeit zum Haareschneiden gehabt hatte. "Ein schöner Abend, nicht wahr?", meinte Aurora fröhlich. Dafem drehte seinen Kopf zur Seite und sah sie auf dem Balkon direkt neben seinem. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln und strich sich das wild herumwehende Haar aus dem Gesicht. "Ist es nicht schön, dass wir endlich in Sicherheit sind? Es ist wundervoll, seine Familie wieder wohlbehalten an seiner Seite zu wissen", sagte sie glücklich. "Ja...das wäre wundervoll...", seufzte Dafem und blickte wieder in die Ferne. Seine Gedanken kreisten schmerzlich um seine Familie: Lynna, die er trauernd zurückgelassen hatte, Utosi, die ihren Bruder nicht einmal wieder erkannt hatte und Melissa, die durch die Krone der Finsternis auf die Seite der Bösen gezogen wurde. "Oh, ich wollte nicht...", begann Aurora, als sie verstand, dass er seine Familie wohl nie mehr wohlbehalten an seiner Seite wissen könnte. Dafem machte eine wegwerfende Handbewegung. "Schon in Ordnung. Ich bewahre sie für immer in meinem Herzen." Sie beide wurden still. Dafem warf einen fast sehnsüchtigen Blick auf die Wolkennadel und seufzte wieder. Aurora entging das nicht. "Melana fehlt dir sehr, nicht wahr?" Dafem nickte. Es war sinnlos etwas zu leugnen, was stimmte. Er wollte die Halbelfe wieder bei sich haben, ihr scheues Lächeln, ihre freundliche und hilfsbereite Art, ihre grünen Augen, die jedes Mal zu strahlen schienen, wenn sie lächelte oder sich freute. Er kannte sie jetzt über einen Monat. Sie war ein Teil von ihm geworden, ohne den sein Leben nicht mehr richtig und erfüllt schien. Erst seitdem er von ihr getrennt wurde schien es ihm klar geworden zu sein. Aurora hatte das schon erkannt, bevor er selbst es bemerkt hatte... Plötzlich erregte eine Bewegung am Himmel seine Aufmerksamkeit. Ein Schatten flog ruhig durch die Luft, in den stämmigen Armen eine etwas kleinere Gestalt. In der Dunkelheit blitzten goldene Augen wie zwei funkelnde Sterne. "Das...das sind sie! Das sind Rigo und Melana!", stellte Dafem erstaunt fest. Gespannt beobachtete er, wie der Avior immer kleiner werdende Spiralen flog und dabei an Höhe verlor, bis er sanft und lautlos vor dem Tor des Königspalastes aufsetzte. Er ließ Melana, die ein wenig unsicher herumtaumelte, los und lachte vergnügt über seine Gefährtin. "Sie sind es wirklich", bestätigte Aurora. Sie wandte ihren Kopf zur Seite um einen Blick auf Dafem zu erhaschen, doch dieser stand bereits nicht mehr auf seinem Balkon. "Sie ist wieder da. Sie ist wieder da." Keuchend rannte Dafem so schnell wie möglich durch die Gänge des Palastes. Er wusste nicht warum er sich so beeilte, schließlich würde er Melana auf jeden Fall wieder sehen. Trotzdem konnte er es kaum erwarten sie endlich wieder vor sich stehen zu haben. Zielstrebig bog der Abenteurer um die nächste Ecke. Das Tor war bereits geöffnet und Melana und Rigo wurden von zwei mightranischen Soldaten ins Innere des Palastes geführt. Dafem erkannte seine beiden Gefährten schon von Weiten, sprintete auf sie zu und blieb schwer atmend vor ihnen stehen. Ohne eine Reaktion der beiden abzuwarten, packte er Melana sanft an den Schultern und blickte ihr lächelnd ins Gesicht. Er wollte es sich einprägen, für immer in seinem Gedächtnis festsetzen. Nach einigen Augenblicken drückte er die verdutzte Halbelfe in eine lange Umarmung. Als Melana ihre Verwirrung halbwegs abgelegt hatte, legte auch sie ihre Arme um ihn und den Kopf auf seine Schulter. So verharrten sie eine Weile, Melana schloss entspannt die Augen. "Es ist soviel passiert. Ich hatte schon Angst, dich nie wieder zu sehen", flüsterte sie nahe seinem Ohr. Rigo beobachtete diese Szenerie, die ein Außenstehender wohl sicherlich für das Wiedersehen eines alten Liebespärchens gehalten hätte, ruhig und auf gewisse Weise amüsiert. Schließlich lösten sie sich nach einer Ewigkeit. Melanas grüne Augen strahlten in einem freudigen Glanz, als sie mit einer Hand in der Tasche ihrer Magierrobe kramte. Sie zog einen Ring hervor, bestehend aus einem Strang Holz und einem Strang Gold, die sich geschickt umeinander schlängelten. "Ich will dir meinen Freundschaftsring geben", meinte sie bestimmt. Dafem verbarg seine Überraschung nicht, als er den schlichten, aber sehr schönen Ring in ihrer Hand betrachtete. "Du weißt, was ich Xab damals sagte. Verschenke diese Ringe nicht leichtfertig", hauchte er leise. "Das tue ich nicht", erwiderte Melana entschlossen. "Aber...ich habe meine Ringschachtel nicht dabei. Sie liegt in meinem Zimmer." Melana lächelte über die Unsicherheit des Abenteurers, nahm seine Hand in ihre und steckte ihm den Ring auf den kleinen Finger. Dafem bewunderte das Schmuckstück sprachlos. "Vielen...vielen Dank." Das war das Einzige, das er herausbrachte. Jetzt macht Rigo doch langsam mit einem Räuspern auf sich aufmerksam. Die zwei Soldaten verzogen sich grinsend, während Melana und Dafem beschämt auf den Avior starrten. "Nun, es ist ja schön, dass ihr euch jetzt so gut versteht, aber ich habe Wichtiges zu erzählen. Ich weiß, dass der Feind sich in den Ruinen der Alten Welt in der Trauerwüste aufhält. Das erzählte zumindest Signa", erklärte der Vogelmensch. Dafem nickte unbeeindruckt. "Das hat uns Fibathen schon erzählt. Er hat durch den zweiten Angriff auf Sagandor wichtige Informationen mitbekommen. Beispielsweise, dass Mightran bald angegriffen wird. Aber das wird alles während des Weltenrates erzählt, der in drei Tagen stattfindet." Ein wenig verstimmt darüber, dass seine wichtige Information gar nicht wichtig war, seufzte Rigo gedemütigt. Doch plötzlich hellte sich seine Miene wieder auf. "Dafür habe ich auf dem Weg von der Wolkennadel bis hierher neun Goblins erschlagen. Das macht neun neue Kerben in meinem Schwert. Damit sind es nun 173 Kerben." "Du hast mich endlich eingeholt", gab Dafem zu. "Möchte wohl sein. Ich habe immerhin Kräfte, von denen ein Mensch nur träumen kann." Ein schwaches Lächeln deutete sich auf Dafems Zügen an. "Ich zeige euch jetzt eure Zimmer. Sie sind bereits vorbereitet, obwohl ich schon nicht mehr zu hoffen wagte, dass ihr kommt. Wurdet ihr aufgehalten?" Rigo nickte, für einen kurzen Moment lag Trauer in seinen Goldaugen. "Erzählt es mir nachher in Ruhe", meinte Dafem. Er nahm Melana bei der Hand, was bei ihr zu leicht rötlichen Wangen führte, und führte sie durch die Gänge des Palastes. "Als wären sie schon ewig zusammen", murmelte Rigo und folgte ihnen grinsend. "Willst du mich schon verlassen, meine Schöne?" Melissa war aus dem großen Bett gestiegen und nickte unwirsch. Sie verspürte keine Scham dabei ihren nackten Körper zur Schau zu stellen, der durch den noch frischen Schweiß glänzte. "Ich will heute noch ein Bad nehmen", erklärte sie langsam während sie sich in dem riesigen Spiegel, der an der Wand von Jodeans Zimmer hing, betrachtete. "Bist du dir sicher?", flüsterte der Dunkelelf, der jetzt ebenfalls aus dem Bett geklettert war. Er umarmte Melissa von hinten und knabberte sanft an ihrer Schulter, so dass sie ein leises genießerisches Stöhnen entweichen ließ. Sie schloss die Augen, während Jodean spielerisch an einem der rotblauen Bänder in ihrem weißblonden Haar zupfte. Gerade als sich Melissa dazu hinreißen lassen wollte, sich noch ein wenig ,abzulenken', wurde plötzlich die Tür zu Jodeans Zimmer aufgestoßen. Dimitav trat ohne zu zögern ein, die neue goldblaue Rüstung, die er seit Sagandor trug, schimmerte im Licht der Fackeln. Der Schattenalp begutachtete die beiden Engumschlungenen emotionslos. "Es ist soweit. Meister Valnitar ruft alle Untergebenen für den entscheidenden Angriff auf Mightran zusammen. Ihr sollt euch bei ihm einfinden", sprach er ruhig. Jodean, der vor dem Schattenalp immer eine gewisse Ehrfurcht verspürte, wich ein Stück zurück. Melissa hingegen ging auf Dimitav zu und umkreiste ihn langsam, die blauen Augen unablässig auf ihn gerichtet. "Sag, Dimitav, ist es dir eigentlich gar nicht unangenehm, dass Jodean und ich keine Kleidung tragen...und das du uns bei etwas sehr Intimen gestört hast? Und bei meinem Anblick...verspürst du dabei nichts?", hauchte sie fasziniert und strich mit ihren zarten Fingern über seinen behandschuhten Arm. Die glühendroten Augen des Schattenalps wanderten den ganzen Körper der Halbdunkelelfe auf und ab, blieben dabei jedoch kalt und gefühllos. "Nein", antwortete er schließlich. "Ich verspüre nur noch Hass, Wut und das Verlangen nach Rache. Etwas anderes, wie die Versuchung des Fleisches, kümmert mich nicht...vor allem nicht bei einer anderen als Kiaja..." Mit flatterndem schwarzem Umhang wandte sich Dimitav ab. "Seid in einer halben Stunde bei Meister Valnitar. Dann beginnt unser Marsch nach Mightran. Nachdem der Bannkreis dieses Dertils zerstört ist, konnten wir die Spur von Dafems Gefolge bis dorthin verfolgen. Sie werden alle dort sein! Ich werde endlich meine Rache bekommen!!! Dafem wird sterben!!!" Ein Teil in Melissa verkrampfte sich bei den letzten Worten schmerzhaft. Diese verdammte menschliche Seite... Dimitav hatte ihre Reaktion nicht mitbekommen. Er schritt wieder seelenruhig aus dem Zimmer und knallte die Tür mit aller Kraft hinter sich zu. Kiaja... Kiaja... Kiaja... Es war die Nacht des zweiten Tages seit der Ankunft von Rigo und Melana. Die beiden saßen zusammen mit Aurora ein wenig gelangweilt in der Bibliothek und unterhielten sich über Kleinigkeiten. Es war ein merkwürdiges Gefühl plötzlich an einem sicheren Ort zu verweilen, ohne eine Aufgabe oder ein Ziel, das es zu erreichen galt. Das Gute an ihrer Situation war jedoch, dass sie in Mightran vorerst nicht in Gefahr schwebten und sich erholen konnten. Diese Situation schien auch Dafem zu gefallen, denn Melana kam jetzt so gut mit ihm aus, wie noch nie. Sie konnten lange über Familie, Freunde und alte Erfahrungen erzählen, ohne dabei etwas anzuschneiden, was einem der beiden unangenehm wäre. Melana hatte das Gefühl, dass Dafem völliges Vertrauen zu ihr gewonnen hatte und immer offener wurde. "Meint ihr, er könnte mir seinen Freundschaftsring auch bald anvertrauen?", fragte die Halbelfe, nachdem sie sich eine Weile über sein neues Verhalten unterhalten hatten. Rigo trommelte nachdenklich mit seinen Klauen auf dem Tisch herum, was zu kleinen Kerben im Holz führte. "Ich könnte es mir gut vorstellen, obwohl er seine Gefühle eigentlich immer erst offen legt, wenn es fast zu spät ist." "Was meinst du damit?", fragte Aurora interessiert. Rigo hielt mit seiner Hand inne und überlegte wohl, wie er sich am besten ausdrücken könnte. "Nun, ich denke es ist mit mir als Beispiel am besten zu erklären. Er schenkte mir seinen Freundschaftsring nach einem Jahr. Und zwar, als wir in einem Hobgoblinlager gefangen waren, ohne Aussicht auf Rettung." Der Avior stützte seinen Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf die offene Hand. "Man könnte es so sagen: Er vergibt seinen Freundschaftsring nur, wenn er Angst hat diese geliebte Person nie wieder zu sehen", erklärte er langsam. Melana seufzte. "Also kann es noch lange dauern", meinte sie ein wenig betrübt. Rigo schüttelte bestimmt den Kopf. "Bei dir ist das etwas Besonderes." Aurora nickte zustimmend und lächelte. "Ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass er deinen Ring die letzten zwei Tage ununterbrochen am Finger trug, obwohl er ihn doch schon längst zu den anderen in die Schachtel hätte tun können?" Melana starrte die Prinzessin verwundert an und schüttelte den Kopf. "Nun, wie auch immer. Ich hoffe morgen wird auf diesem Weltenrat endlich entschieden, was wir gegen Valnitar machen. Das viele Warten macht mich ganz schlapp. Ich will lieber kämpfen", gähnte Rigo gelangweilt. Aurora nickte wieder. "Morgen wird sich entscheiden, was wir unternehmen. Mein Vater konnte durchsetzen, dass auch wir am Weltenrat teilnehmen werden. Alle Herrscher werden da sein, selbst die Aviore, denn Valnitar bedroht ganz Lutansiar." Melana war gelangweilt von diesem Thema, das in den letzten Tagen so gründlich diskutiert wurde. Natürlich war es der erste Weltenrat seit drei Jahren, seit Tozens Tod, dennoch war sich Melana ziemlich sicher, dass diese Versammlung nicht die gewünschten Erfolge erzielte. Dafür waren die verschiedenen Völker Lutansiars einfach zu unterschiedlich. Müde erhob sich Melana von ihren Stuhl, wünschte ihren beiden Kameraden eine gute Nacht und verabschiedete sich von der Bibliothekarin, die von weitem einen griesgrämigen Blick auf die Kerben im Tisch unter Rigos Krallen warf. Nachdenklich schlenderte die Halbelfe durch die Gänge des Palastes bis in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür ab, entledigte sich ihrer Magierroben, streifte das lange weiße Nachthemd über und legte sich ins Bett. Als sie die Kerze auf ihrem Nachtschränkchen löschte, dachte sie nur noch daran, dass sich morgen hoffentlich entscheiden würde, wie der Krieg gegen die Krone der Finsternis weitergehen sollte. Kapitel 25: Der Weltenrat ------------------------- AAHHH! Ich habe tatsächlich die 100er Grenze der Kommis überschritten! *in Tränen ausbrech* Niemals hätte ich gedacht, dass diese Story auf solche Begeisterung stößt! Danke an alle, die mir so treu sind^^ Vielen, vielen Dank!!! Ansonsten: Hier kommt Kapitel XXV !!! @stoffl: hihi, danke für dein Lob. Die Freundschaftsringe von Melana und Dafem sind schon mehr oder weniger wichtig, zumindest beinhalten sie eine starke symbolische Kraft^^ Aber du wirst ja noch sehen, dieses Kapitel verrät mehr^^ @SylverMortal: "Blutige Unterbrechung"? Ist meine Geschichte und mein Schreibstil tatsächlich so kampflastig? Du gönnst den armen gequälten Seelen abe auch gar keine Ruhe. Vertrau mir, sie müssen schon das ein oder andere durchstehen...aber der Weltenrat wird verhältnismäßig ruhig...obwohl...^^ @white_shark: *Gratulation annehm, Blumen begeistert auffang und dran schnupper* Hurra, ich danke dir vielmals^^ Ich bin froh, dass mein Schreibstil scheinbar konstant bleibt. Von meinen Freunden, die diese Story lesen, kam bisher auch noch keine Kritik, also denke bzw. hoffe ich doch, dass das auch in Zukunft so bleibt^^ @Nocturn: Eine Ahnung...aha...na da bin ich ja gespannt^^ Sagste mir nach dem Kapitel, was du vermutet hast und obs eingetroffen ist? Würde mich ehrlich interessieren^^ Aber lies erstmal und sie selbst was geschieht^^ @mitsuki11: Dir gefiel die Melana/Dafem Begrüßungsszene? Dann is in diesem Kapitel sicher auch das ein oder andere dabei. Ich versuch die Beziehung der beiden in diesen Kapiteln ein bisschen zu behandeln, da sie ja doch immer ziemlich vernachlässigt wurde^^ Kapitel XXV - Der Weltenrat Melana wurde durch ein Klopfen an der Tür unsanft aus ihren friedlichen Träumen gerissen. Verschlafen quälte sich die Halbelfe aus ihrem Bett, rieb sich gähnend die Augen und schlurfte zur Tür. Träge schloss sie auf und öffnete. "Was gibt es?", murmelte sie heiser. Dafem blickte ihr amüsiert entgegen und schien sich nur mühsam ein Lachen zu unterdrücken. "Nun, eigentlich wollte ich dich nur abholen, damit du noch frühstücken kannst, bevor der Weltenrat beginnt." Er hob gespielt emotionslos die Schultern. "Aber von mir aus kannst du auch gerne weiterschlafen, damit dann später während der Sitzung jeder dein Magengrummeln hören kann." Melana schoss ein wenig Röte in die Wangen, so dass sie ihr Gesicht abwandte. Dafem gab nun doch ein leichtes Lachen von sich. Verwirrt schaute die Halbelfe den Abenteurer wieder an. "Du lachst", stellte sie erstaunt fest. "Ich glaube, ich habe dich noch nie zuvor lachen sehen." Dafem blinzelte, seine Überraschung zeichnete sich deutlich sichtbar auf seinem Gesicht wieder. "In letzter Zeit gab es auch reichlich wenig, über das man lachen konnte", meinte er schließlich wieder etwas ernster. Melana antwortete nicht, sondern sah sich jetzt in dem Zimmer nach ihren Magierroben um, die sie gestern Abend einfach auf dem Boden liegen gelassen hatte. Die Halbelfe hob ihre Kleidung auf und marschierte schnurstracks ins Bad. "Du bist wirklich komisch, Dafem", rief sie durch die verschlossene Badtür. "Mir ist schon am Anfang aufgefallen, dass du irgendwie zwei Seiten hast. Als Abenteurer wirkst du unnahbar, ruhig und immer entschlossen. So wie du jetzt bist, bist du merkwürdigerweise aufgeschlossener." Der Abenteurer hörte gar nicht mehr richtig zu. Er betrachtete nachdenklich ihren Freundschaftsring, der noch immer am kleinen Finger seiner rechten Hand steckte... Nachdem sich Melana angekleidet und zurecht gemacht hatte, ließ sie sich von Dafem zu einem der kleinen privaten Esszimmer führen, die normalerweise nur hochrangigen Adligen vorbehalten waren. Fast der ganze Raum wurde von einem gewaltigen eckigen Tisch eingenommen, der vor Speisen überquoll. Etwa fünfzehn wertvolle Stühle mit gemütlichen roten Polsterüberzügen standen darum. Am Kopf des Tisches saß Fibathen. Ihn flankierten Aurora und Zi, der gestern zum königlichen Schutzherren erhoben worden war. Bodono kippte sich bereits zu dieser Uhrzeit einen kräftigen Zug aus seinem Bierkrug in die Kehle, während Estilor ruhig und sachlich daneben saß und sein Mahl bereits beendet zu haben schien. Xab war auch da, ein großer Stapel leerer Schüsseln und Teller baute sich bedrohlich schwankend vor ihm auf. Dafem und Melana nahmen ihre Sitze Rigo gegenüber ein. Der Avior zerriss gerade mit viel Begeisterung ein Stück Fleisch im Schnabel. "Da seid ihr ja endlich", schmatzte Xab mit vollem Mund. "Ich dachte schon ihr kommt gar nicht mehr." Rigo beugte sich ein Stück zu ihnen herüber. "Esst schnell. Der Gnom frisst flinker als ein Drache." Xab hatte inzwischen angefangen, von dem Mahl zu schwärmen. "Ohhh! Ihr solltet dieses Brot dort probieren! Oder diese Kartoffelsuppe. Sie schmeckt fast wie die meiner Mutter, nur das meine Mutter die Kartoffeln immer zerstampft hat, obwohl das ein weit verbreitetes Kochmittel der Halboger ist...hmm...habe ich euch je von meinem Treffen mit einem Halboger erzählt?" Schnell, in Melanas Augen sogar zu schnell, ging das fröhliche Essen zu Ende und der Ernst der Lage trat wieder in den Vordergrund. Ein mightranischer Soldat trat schließlich ein und bat, dass sie sich nun zum Weltenrat einfinden sollten. Fibathen nickte. "Zi und Estilor, ihr werdet meine Vertrauten sein. Aurora, Dafem, Rigo, Xab und Melana, ihr werdet ebenfalls als Zeugen der Geschehnisse anwesend sein dürfen." "Und was ist mit mir?", brummte Bodono überrascht. Fibathen lächelte, sowie ein gütiger Großvater seinem kleinen unwissenden Kind zulächelt. "Ich fürchte, du darfst nicht dabei sein." Bodono sprang von seinem Stuhl auf und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Teller klapperten. "Bei Xigafxs Bierhumpen, dass schlägt dem Kiotz doch glatt den Goldklumpen aus der Hand! Wieso soll ich nicht dabei sein?" Zi wollte seinem Landsmann beruhigend die Hand auf die breite Schulter legen, doch dieser wich davor aus. "Habe ich nicht auch tapfer an der Seite des Königs gekämpft und mehrere Goblinköpfe gespalten? Sifhig, der Trollwirt würde sich in seinem Grabe umdrehen!" Bodono war ein Experte auf dem Gebiet der kuriosen Flüche und würde nicht mehr damit aufhören, das wusste Dafem. Schließlich seufzte Fibathen resignierend und nickte schwach. "Gut gut, lieber Bodono. Dann sollst auch du als mein Vertrauter fungieren." "Das möchte ja wohl sein!" Der mightranische Soldat leitete sie durch eine Reihe von Gängen zu einer breiten Steintreppe, die tief unter den Königspalast führte. Unten angekommen lief die Treppe fächerförmig aus und führte in einen großen Saal, gestützt von gewaltigen Säulen und erhellt durch unzählige Fackeln an den Wänden. Der Soldat nahm sich eine aus einer Eisenhalterung und durchquerte zielstrebig die imposante Halle, bis er vor einer schlichten Holztür zum Stehen kam. "Treten sie ein. Ich darf den Weltenrat nicht betreten", sagte er schließlich. Seine Stimme hallte mehrmals wieder, bevor sie verklang. Fibathen und die anderen traten ein. Sie befanden sich nun in einem quadratischen Raum, der gänzlich von einem riesigen, kreisrunden Tisch eingenommen wurde. Mehrere Nischen waren in den Wänden eingelassen, damit die Feuer der dort hängenden Fackeln schmale Lichtstrahlen in den Raum warfen. Stumm nahmen Fibathen, Estilor, Zi, Bodono, Aurora, Xab, Rigo, Melana und Dafem an der runden Tafel platz. Sie schienen die letzten Ankömmlinge zu sein, denn jeder Sitz war nun besetzt. Dafem erkannte unter den Anwesenden mehrere Zwergenherrscher, Jenstak, den König Mightrans, Chemir, Dertil und fünf Elfenlords, darunter auch Zioras aus dem Quaneas. Der schwarzhaarige Elf blickte den Abenteurer an. Dafem nickte kaum merklich, als Zeichen der Begrüßung. Er sagte nichts, denn während des Weltenrates sind jegliche private oder persönliche Gespräche unter Bekannten verboten. Rigo dankte dieser Regel innerlich, denn auch Signa war anwesend. Jeder der Herrscher war von zwei oder drei Vertrauten, beziehungsweise Leibwachen, umgeben. Eine Zeit lang war es sehr still im Weltenrat, nur das gleichmäßige Knistern der Fackeln erfüllte den Raum. Schließlich erhob sich Jenstak mit ernstem Gesichtsausdruck. "Nun sind wir alle versammelt. Ich eröffne den Weltenrat, der hier und heute entscheiden soll, was wir gegen die Bedrohung des Dunkelelfen Valnitars unternehmen können. Es ist nicht mehr zu leugnen, dass er eine Gefahr für ganz Lutansiar darstellt, denn er ist im Besitz der Krone der Finsternis, einem Götterartefakt, das inzwischen bereits an manchen Orten als Märchen abgetan wurde." Ein leises Gemurmel und Raunen setzte ein. Jenstak ließ alle mit einer schwachen Handbewegung verstummen. "Aus diesem Grund bitte ich, jegliche Fehden zwischen den Völkern abzuwerfen, damit wir uns dieser Gefahr stellen können. Wir wurden aufs Übelste getäuscht und in eine Intrige verwickelt, die mit dem Tod Tozens seinen Höhepunkt nahm." Chemir knirschte bei dem Gedanken an die Ermordung seines Vaters mit den Zähnen und ballte die Hände zu Fäusten. Jenstak sprach weiter: "Wir dürfen dem Vergangenen nicht hinterher trauern. Wir müssen unseren Blick nach Norden richten und uns Valnitar stellen. Eine Schlacht mit ihm wird uns auf jeden Fall bevorstehen, das haben wir aus zuverlässiger Quelle erfahren. Herr Fibathen, ich bitte euch zu erzählen, was ihr mir schildertet." Der König Sagandors nickte und erhob sich von seinem Platz, während sich Jenstak nachdenklich niederließ. "Vor zehn Tagen fiel Sagandor unter den Feinden", begann Fibathen ohne Umschweife. "Der Kampf glich eher einem Gemetzel. Wir waren mit unseren Truppen um ein Vielfaches unterlegen. Die Feinde töteten jeden, dem sie begegneten, Soldaten, Frauen und Kinder gleichermaßen." Die Anwesenden schwiegen, entsetzt von der schonungslosen Schilderung Fibathens. "Nur etwa zwei Dutzend von uns entkamen diesem Massaker wie durch ein Wunder, doch auch wir haben viele Opfer bringen müssen." Unbewusst strich Fibathen wieder über den kaum erkennbaren Stumpf an seiner linken Schulter. "Doch bei unserer Flucht hörte ich mehr, als ich wohl hätte hören sollen. Wir versteckten uns in einem nahe liegendem Waldgebiet und belauschten das Gespräch zweier Dunkelelfen. Sie unterhielten sich darüber, dass sie Mightran angreifen wollen und das in wenigen Tagen. Ihr ganzes Zentralquartier wird inzwischen auf dem Weg hierher sein." Jenstak nickte auf den fragenden Blick Fibathens hin, so dass sich der König Sagandors wieder hinsetzte. Jenstak faltete die Hände ineinander und legte sie auf den Tisch. "In wenigen Tagen werden sie hier sein. Für uns stellt sich jetzt die Frage: Was sollen wir tun?" Chemir schnaubte abfällig. "Was sollen wir schon tun? Kein Feind kann durch die Schutzzauber und Bannkreise in diese Stadt gelangen. Sie rennen in unser offenes Messer", meinte er ruhig. Dertil schüttelte den Kopf und meldete sich zu Wort: "So einfach ist das nicht, Herr Chemir. Der Feind wird alles Erdenkliche versuchen, um Mightran zu überrollen. Sie haben Schwarzmagier und dunkle Priester, die fähig sind die Schutzzauber zu vernichten. Es ist schon einmal passiert, dass jemand in Mightran eindrang...sogar mitten in den Weltenrat, als euer Vater vor drei Jahren ermordet wurde." Sofort setzte wildes Gebrabbel ein. "Dann ist diese Stadt schutzlos! Sie besitzt keinerlei Befestigungswälle, obwohl wir vor vielen Jahren anboten welche zu bauen!", rief einer der Zwergenherrscher mit einem gewissen Spott. "Was wollen sie mit dem Angriff überhaupt erreichen?", brummte ein anderer. Schlagartig war es wieder still. Jenstak machte eine beschwichtigende Geste. "Valnitar erhofft sich mit der Vernichtung Mightrans, den Willen der Menschen zu brechen. Schließlich ist diese Stadt die mächtigste im Menschenreich." "LÜGE!", kreischte Signa und sprang auf. Seine roten Augen loderten in einem inneren Feuer. "Sie ist der wahre Grund", verkündete er mit einem Fingerzeig auf Melana. "Denn sie ist die Erbin Udeasin Kintas. Sie ist die Wächterin des Rubinsteckens, in dem der letzte Edelstein der Krone der Finsternis prangt. Sollte sie diesen Stab jemals an Valnitar abgeben, ist ganz Lutansiar auf ewig verloren! Und dieser Dunkelelf wird sicherlich nicht vor Folter zurückschrecken!" Im Weltenrat war auf einen Schlag die Hölle los. Alle Herrscher riefen und brüllten jetzt plötzlich durcheinander, aufgewühlt wie ein Haufen Ameisen. Jenstak versuchte Ruhe in den Saal zu bringen, scheiterte jedoch kläglich. "Wir sollten sie töten! Dann wäre das Problem gelöst!", kreischte Signa entschlossen. Viele der Anwesenden nickten zustimmend und durchbohrten Melana mit ihren Blicken. Die Halbelfe schaute ängstlich im Saal umher. Plötzlich sprang Dafem von seinem Platz auf und schlug mit der Faust so heftig auf den Tisch, dass alle vor Schreck zusammenzuckten. "Ihr redet wirres Zeug! Der Angriff auf Mightran war bereits seit der Vernichtung Sagandors geplant, lange bevor Melana sich in dieser Stadt befand oder auch nur wusste, dass sie hierher reisen würde", erklärte der Abenteurer so ruhig wie möglich. Es wurde wieder still im Saal. "Man nennt mich Dafem. Ich bin vielleicht nicht adelig, doch dennoch werden mich einige kennen. Ich bin ein weit herumgekommener Abenteurer. An manchen Orten nennt man mich Orkvernichter oder Elfenretter oder Goblintöter." Langsam schaute Dafem jeden einzelnen im Saal eindringlich an. "Schon seit über einem Monat begleite ich nun Melanaria Esperanza Kinta. Ich habe viel von den Feinden, mit denen wir zu tun haben, gesehen. Zwei...zwei meiner besten Freunde...Leafenisty, Elfe aus Sinthath und Stomp der Zwergenarchivar...starben...durch die Hand dieser Feinde..." Der junge Krieger schluckte schwer und warf einen kurzen Blick auf Zioras, der mit versteinerter Miene dasaß. Er wusste, Zioras hing sehr an Leafenisty. Würde er verzeihen, dass sie in der Obhut des Abenteurers gestorben war? "Ich war bei dem ersten Angriff auf Sagandor dabei... In letzter Zeit... habe ich viele sinnlose Tode gesehen... Daher weiß ich, dass der Dunkelelf Valnitar an der Vernichtung aller guten Völker Lutansiars interessiert ist, ob seine Krone nun vollkommen ist oder nicht! Melana umzubringen hätte keinen Sinn, es wäre nur ein weiterer sinnloser Tod von vielen. Denn die Feinde werden Mightran angreifen, so oder so." Dafem setzte sich wieder und sah dabei, wie Estilor ihm lächelnd zunickte. Dertil sprach wieder: "Dieser junge Mann hat Recht. Der Angriff auf Mightran wird erfolgen, die Schutzzauber werden versagen und alles wird in einem Gemetzel enden." "Was sollen wir dann tun?", murmelte Chemir hilflos. Dertil setzte ein aufmunterndes Lächeln auf. "Ihr könnt dem Feind offen entgegentreten, mit allem was ihr habt. Tretet ihnen entgegen und verlagert den Kampf damit aufs offene Feld, damit eure Frauen und Kinder sicher sind." Lange, sehr sehr lange war es danach still. Nach etwa zehn Minuten des Grübelns erhob sich schließlich Jenstak. "Ich werde im Morgengrauen mit allen meinen Truppen ausziehen und diesen Rat befolgen", verkündete er entschlossen. "Auch ich werde gehen!", meinte Fibathen. "Ich habe schon einmal erlebt, wie meine Heimat zerstört wurde. Ein zweites Mal wird dies nicht geschehen, nicht solange ich noch stehen und kämpfen kann!" "Auch ich, Zioras der Elf, Stadtverwalter von Sinthath, werde mit euch in die Schlacht ziehen! Meine Krieger befinden sich bereits in dieser Stadt." Zioras warf einen schnellen Blick zu Dafem und lächelte. Der Abenteurer verstand diese Geste des Vergebens. "Dann wird es wohl Zeit, dass der Dreierbund endlich wieder Seite an Seite kämpft. Auch die Zwerge werden sich anschließen, denn auch sie genießen in diesem Augenblick bereits die Gastfreundschaft der mightranischen Wirtshäuser." "Wenn der Weltenrat diese Entscheidung für richtig hält, werden auch die Aviore gehen. Ich, Signa, werde sie holen und bei Morgengrauen mit ihnen hier sein. Sie brennen darauf, endlich wieder zu kämpfen!" Jenstak erhob sich und breitete die Arme aus. In seinen Zügen konnte man seine neu gewonnene Hoffnung förmlich erkennen. "So sei es denn. Die Entscheidung des Weltenrates ist gefallen. Wenn die Sonne morgen am Horizont erscheint, werden Zwerge, Elfen, Aviore und Menschen Mightran gemeinsam verlassen und dem Heer Valnitars entgegentreten." Der König Mightrans atmete tief ein und sah sich stolz im Saal um. "Wahrscheinlich wird dies die größte Schlacht seit dem Gefecht auf den Weißen Ebenen vor fünfhundert Jahren. Doch solange wir Hoffnung haben, an die Götter glauben und gemeinsam kämpfen, werden wir diesen Krieg gewinnen und die Krone der Finsternis stürzen!" Der Tag verging in Melanas Augen wie ein Wimpernschlag. Nach dem Weltenrat waren die Herrscher sofort zu ihren Kriegern gegangen, um jedem die Nachricht über die Gegenoffensive zu verkünden und um sie auszurüsten und zu sammeln. Jenstak ließ es in der ganzen Stadt ausrufen. Dafem war die ganze Zeit von einem Bekannten zum nächsten gegangen, hatte sich mit Zioras ausgesprochen, Dertil noch eine Weile ausgefragt und war allen Herrschern so gut es ging zur Hand gegangen. Melana hingegen fühlte sich wie das fünfte Rad am Wagen. Sie war zum Warten verdonnert, da ihr verboten worden war, an dem folgenden Feldzug teilzunehmen. Natürlich war es sinnvoller, wenn sie in Mightran blieb, da sie dem Feind sonst in die offenen Arme laufen würde, doch andererseits schämte sie sich. Schließlich war sie die Schlüsselfigur in diesem Konflikt, ohne selbst etwas unternehmen zu können. Und so war der Tag zu Ende gegangen. Melana hatte sich früh zu Bett gelegt, doch der Schlaf wollte und wollte nicht kommen. Nach mindestens einer Stunde, in der sie einfach nur an die Decke gestarrt hatte, hörte sie ihre Zimmertür leise knarrend aufgehen. Sie hob ihren Kopf und machte einen Streifen Licht aus, der von dem Gang draußen in ihr Quartier drang. "Melana?", fragte eine männliche Stimme unsicher von der Tür aus. Ihr Herz machte einen kurzen Hüpfer. Was wollte Dafem denn jetzt hier? "Melana?", wiederholte der Abenteurer. "Bist du noch wach?" "Ja", flüsterte sie leise zurück. Dafem trat lautlos ein und schloss die Tür hinter sich. In der Dunkelheit schimmerten seine blauen Augen wie zwei helle Saphire. Scheinbar unschlüssig stand er mitten im Raum, bis er sich dazu entschloss, auf ihrer Bettkante platz zu nehmen. Melana richtete sich auf und verbarg ihren Körper dabei so gut es ging mit der Decke. Immerhin trug sie nur ihr weißes langes Nachthemd, das ausschließlich durch zwei dünne Träger an ihren Schultern hing. Dafem knetete nervös seine Hände. "Morgen zieht das Heer los", meinte er mit einem gezwungenen Lächeln. "Und ich...ich werde mitgehen..." Melanas Inneres schien sich zu verkrampfen. Sie hatte es befürchtet, aber die ganze Zeit doch darauf gehofft, dass er hier bei ihr bleiben würde. "Deswegen wollte ich dich jedenfalls noch einmal sehen, falls wir morgen schon weg sind, wenn du aufwachst. Außerdem...", fügte er unsicher hinzu, während er etwas aus seiner Hosentasche fischte. "...wollte ich dir meinen Freundschaftsring schenken." Melana stockte der Atem, als sie seinen Ring entgegennahm. Er war silbergold und mit eingravierten Schnörkelbuchstaben versehen. "Das ist die Schrift der Elfen", stellte sie mit Erstaunen fest. "Egal was zwischen uns liegt, das Band, das uns verbindet, hält ewig", übersetzte sie murmelnd. Sogar ihr Name war in der Innenseite eingelassen. "Ich war heute extra noch einmal in der Stadtschmiede, um ihn anfertigen zu lassen." "Er ist...wunderschön...", flüsterte Melana ergriffen. Ohne zu zögern steckte sie sich den Ring auf ihren kleinen Finger und betrachtete ihn nachdenklich. Ein mulmiges Gefühl beschlich sie schlagartig. Er vergibt seinen Freundschaftsring nur, wenn er Angst hat diese geliebte Person nie wieder zu sehen, hatte Rigo gestern gesagt. Alleine der Gedanke daran Dafem nie wieder zu sehen, brachte ihren Körper zum Zittern. Ihre grünen Augen wurden feucht. "Was hast du?", wisperte der Abenteurer besorgt. Mit einer Hand strich er ihr sanft über die Wange und blickte forschend in ihr Gesicht. Melana schloss bei seiner Berührung die Augen und genoss das Gefühl seiner Wärme. "Ich will dich nicht verlieren", schluchzte sie so leise, dass es kaum zu verstehen war. "Ich dich doch auch nicht", erwiderte er flüsternd. Als sie ihre Augen wieder öffnete, hatte sie das Gefühl, dass der Abstand zwischen ihren Gesichtern kleiner geworden war. Dafem hatte aufgehört über ihre Wange zu streichen, doch seine Hand ruhte noch immer dort. Zentimeter um Zentimeter kamen sie einander näher. Melana konnte bereits seinen warmen Atem angenehm auf ihrer Haut spüren. "Melana? Erinnerst du dich an Stomps Hütte?", hauchte er, als ihre Gesichter nur noch eine Handbreite voneinander entfernt waren. Die Halbelfe nickte kaum merklich. Auch wenn sie damals viel getrunken hatte, die Erinnerung an ihren Kuss auf dem Dach und seine Ablehnung war nicht verblasst. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es war, dich zurückzuweisen", wisperte er aufrichtig. Langsam überbrückte er den letzten Abstand zwischen ihnen und küsste sie. Es war nur eine ganz flüchtige Berührung ihrer Lippen, doch sie steckte so voller Leidenschaft, dass die Erregung Melanas ganzen Körper zu durchfluten schien. Dafem löste sich wieder und wartete auf ihre Reaktion. Sie folgte ihrer inneren Stimme, die laut nach mehr schrie, legte ihre Hände in seinen Nacken und zog ihn zu einem langen, tiefen Kuss an sich. Ihre Decke rutschte vergessen von der Bettkante auf den Boden. Während Dafems Hand von ihrer Wange zu ihrem Hinterkopf wanderte, ließ sich Melana auf ihrem Bett zurücksinken und zog ihn dabei mit sich. Der Abenteurer lag nun halb auf ihr und strich, ohne den Kuss zu unterbrechen, mit der freien Hand einen der Nachthemdträger von ihrer zarten Schulter. Er löste seine Lippen kurz von ihren und sah ihr fragend in die grünen Augen, die heller zu strahlen schienen als jemals zuvor. "Ich will es, Dafem", wisperte sie. "Bitte... bleib diese Nacht bei mir." Mit diesen Worten zog sie ihn für einen weiteren leidenschaftlichen Kuss zu sich herab... Kapitel 26: Wenn der Himmel Blut weint -------------------------------------- So, da bin ich wieder. Ihr werdet mich nicht los^^ Jede Woche schlägt der Perro einmal zu für ein neues Kapitel. Diesmal folgt die große Schlacht! *jubel* Also denn, Vorwärts!!!^^ @SylverMortal: Hmm...lemonsüchtig sagst du? Ich hatte schonmal überlegt diese Szene extra zu schreiben, aber bis jetz hab ichs noch nicht gemacht. Allerdings gibts ne Art Lemonversion (auch wenn ich das nich wirklich kann) von Kapitel 19. Also wenn jemand die will, schreibt er es einfach per Kommi oder ENS und ich schicks ihm dann, deal?^^ @stoffl: Tja, auch für dich gilt, wenn du einen Lemon möchtest, siehe @SylverMortal. Na dann bete mal schön...wer weiß was dem armen Dafem während der Schlacht geschieht *höhöhö* P.S.: Immer nur einmal auf den Kommiabsend-Knopf drücken^^ @white_shark: Hmm, der Weltenrat musste eben sein. Signa find ich auch cool^^ *Signa nach deiner Hand schnapp* Kampf wird es geben, sei gespannt^^ @Nocturn: Meine Güte, ein wahres Master Kommentar^^ Daraus kannste ja schon fast ne eigene Geschichte machen, bei der Länge. Die letzte Nacht vor der Schlacht war wirklich vorhersehbar...Aber ich arbeite eben sehr viel mit schön altbekannten Klischees. Das muss die Geschichte ja nich unbedingt schlechter machen^^ Hmm, deine Kritiken sind wie immer berechtigt. Das erste war wirklich vielleicht eine ungünstige Formulierung und das zweite hat mitsuki11 ja schon für mich erklärt^^ @mitsuki11: Unsere Romantikerin^^ Jedenfalls schön, dass dir immer alles von mir so gut gefällt, ich hab manchmal das Gefühl diese Geschichte lässt ein bissel nach. Aber scheint ja nicht der Fall^^ Und danke, du hast Nocturn schon sehr gut erklärt, was ich meinte^^ Hier kommt Kapitel XXVI !!! Kapitel XXVI - Wenn der Himmel Blut weint Ein Klopfen war zu hören, eindringlich und nervend. Dafem stöhnte leise und öffnete träge die Augen, um die Ursache des störenden Geräusches zu erfassen. Jemand klopfte gegen die Zimmertür, doch das war dem Abenteurer herzlich egal. Er sah herab auf Melana, die friedlich in seinen Armen schlief und den Kopf auf seine Brust gelegt hatte. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er ihr geistesabwesend das rote Haar aus dem Gesicht strich. Mit einem Finger fuhr er zärtlich ihre Gesichtskonturen nach, so dass sie zufrieden schnurrte wie eine Katze. Die Halbelfe rekelte sich ein wenig und öffnete nun ihrerseits die Augen. Bei einem Blick auf Dafem lächelte sie und küsste ihn sanft. Das Klopfen an der Tür hörte sich langsam ziemlich ungeduldig an. "Miss Melanaria? Miss Melanaria? Seid ihr wach?" Die Stimme war männlich und ziemlich tief. Irgendwoher kannte Dafem sie. Vorsichtig glitt Dafem aus dem Bett, suchte seine Hose, die irgendwo auf dem Boden lag, und zog sie hastig an. Während das Klopfen sich inzwischen zu einem dröhnenden Hämmern entwickelte, gab Dafem Melana noch einen schnellen Kuss und trat dann an die Tür, um sie ein Stück zu öffnen. "Was gibt's?", gähnte Dafem. Vor ihm stand Bodono, die Glatze glänzte von frischem Schweiß, und machte große Augen. "Hier bist du! Wir suchen dich schon die ganze Zeit, weil du nicht in deinem Zimmer warst und dein Bett unangetastet schien!" Der Wirt wischte sich mit dem Ärmel über den kahlen Schädel und schnaufte. "Was hast du außerdem in den Quartieren von Miss Melanaria verloren?", fragte er skeptisch. Schon einen Augenblick später weiteten sich Bodonos Augen überrascht, als er feststellte, dass der verschlafene Dafem nur eine Hose trug. "Bei Koortigs Eiern, das zieht dem Werbären doch glatt das Fell ab...hast du etwa...habt ihr etwa...miteinander geschlafen?", grölte der Wirt ungehalten. "Nicht so laut!", zischte Dafem wütend. "Es muss ja nicht gleich der ganze Palast erfahren." "Also ist es wahr...", murmelte Bodono, während er versuchte einen Blick in das Zimmer zu erhaschen, was Dafem jedoch geschickt verhinderte. "Was willst du, Bodono?", fragte der Abenteurer nun ein wenig ungeduldig. Der Wirt schien für einen Augenblick den Faden verloren zu haben, bis er sich erinnernd mit der flachen Hand an die Stirn schlug. "Es ist bald Sonnenaufgang und ich sollte dich suchen, damit du dich bereitmachen kannst. Deine Sachen liegen in deinem Zimmer. Und beeil dich, du bist bereits viel zu spät.", erklärte Bodono jetzt sachlicher. Doch sofort schlich sich wieder ein breites Grinsen auf sein Gesicht. "Ich wusste schon damals, als ihr meine Kneipe in Sagandor betratet, dass da was in der Luft lag." Mit einem lauthalsen Lachen ging der Wirt den Gang entlang. Erst jetzt erkannte Dafem, dass er bereits eine zerbeulte Rüstung trug, die viel zu klein für seinen dicklichen Körper war, und eine einfache Axt auf den Rücken geschnallt hatte. Kopfschüttelnd schloss Dafem wieder die Tür und wandte sich Melana zu. "Es ist soweit. Ich muss jetzt gehen." Die Halbelfe nickte traurig. Selten hatte Mightran eine Szene wie diese erlebt. Aus beinahe jeder Haustür traten bewaffnete Männer und verabschiedeten sich von ihren Familien, beteten zu den Göttern und schlossen sich dem gewaltigen Heer an, das sich am Nordtor sammelte. Eine Schar von Zwergen war unter ihnen, sowie ein Legion ausgebildeter Elfenkrieger. Auch ein Schwarm Aviore erschien schließlich am südwestlichen Himmel wie eine Wolke und schloss sich den übrigen an. Die Herrscher der Menschen und Elfen erhielten sogar das seltene Privileg auf einem Pferd reiten zu können. Zwerge und Aviore verzichteten freiwillig darauf. Dafem hatte sich ebenfalls eingefunden und trat zu Aurora, Xab, Rigo, Bodono, Estilor, Dertil, Zi und Fibathen. Der Abenteurer trug unter seinem gewöhnlichen Elfenwams ein schweres Kettenhemd und dazu dicke Unterarmschienen. Ein runder Schild aus Holz befand sich auf seinem Rücken, das Schwert hing in der Scheide an seinem Gürtel. "Bist du bereit, Dafem? Endlich tun wir etwas gegen diesen miesen Dunkelelfen!", krächzte Rigo, während er seine Klauen knacken ließ. Xab hüpfte neben ihm aufgeregt von einem Bein auf das andere. "Ohhh! Ich kann es kaum erwarten! Das wird so amüsant, es kribbelt mir in den Finger! Endlich wieder ein richtiges Abenteurer, was für ein Spaß!" Dafem fühlte sich im Gegensatz zu dem Gnom ganz und gar nicht glücklich. Im Krieg konnte der Tod einen jede Sekunde zu sich holen. Einen Augenblick der Unachtsamkeit und man war verloren. Doch das wollte Dafem nicht, um nichts in der wollte er sterben und Melana allein lassen. Sie hatte in ihm den Entschluss geweckt, sein Leben nie wieder von seinen Feinden beeinflussen zu lassen, sondern an der Seite seiner Liebsten zu bleiben. Abwesend blickte Dafem zurück zu dem Königspalast, der aus Mightran stach wie eine gläserne Burg. Plötzlich nahm er jemanden, der auf ihn zugeeilt kam, wahr. "Melana!", murmelte er verwirrt. Die Halbelfe rannte auf ihn zu und blieb schwer atmend vor ihm stehen. "Ich...ich habe vergessen...dir etwas zu geben...", keuchte sie erschöpft und reichte ihm einen goldenen Reif, den man am Oberarm trug. "Bitte nimm es mit dir...meine Mutter hat es mir einst geschenkt...Es soll denjenigen, der es trägt, vor jeglichem Unheil schützen..." Dafem nahm das Geschenk sprachlos an und befestigte ihn geschickt um seinen linken Oberarm. "Ich danke dir", meinte er schließlich. Plötzlich ertönte ein lautes Horn. Jenstak blies zum Aufbruch. Fibathen und Aurora, die hinter ihm auf dem Pferd saß, preschten an die Spitze des Heeres, neben Chemir, Jenstak, Zioras, Signa und dem Zwergenherrscher Firagok. Auch alle anderen setzten sich in Bewegung. Noch ein letztes Mal zog Dafem Melana in eine enge Umarmung und küsste sie, ohne auf die Reaktionen der anderen Gefährten zu achten. "Ich liebe dich", flüsterte sie zitternd in sein Ohr. "Ich liebe dich auch. Und ich verspreche dir zurückzukehren, was auch immer kommen mag." Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich endgültig umwandte und in Bewegung setzte. Melana blieb zurück. Sie stand da, ließ sich den Wind durch die Haare wehen und starrte der abziehenden Armee hinterher, solange, bis sie am Horizont verschwunden war. Auch wenn sie es sich fest vorgenommen hatte, sie konnte die Tränen nicht unterdrücken. "Oh bitte, ihr Götter, lasst nicht zu, dass ihm etwas geschieht..." Das Heer der dunklen Horden rollte unaufhaltsam durch die Grassteppe, wie eine riesige, schwarze Welle. Schwarze Banner mit dem Symbol der Krone der Finsternis wehten im Wind, dunkle Speere hoben und senkten sich in der Menge. An der Spitze ritten Melissa, Jodean und Dimitav auf schwarzen Pferden. "Sie sind cleverer, als wir dachten", schnaubte Jodean abfällig. "Sie kommen uns entgegen, um ihre Frauen und Kinder zu schützen, weil die Stadt selbst schutzlos ist." "Das macht keinen Unterschied!", zischte Dimitav hasserfüllt. Seine roten Augen brannten wie glühende Kohlen. "Wenn wir sie vernichten, ist die Stadt so oder so schutzlos! Außerdem ist Dafem sicher unter ihnen! Ich töte ihn!!!" Melissas Magen schien sich schmerzhaft zu verkrampfen. Dafem würde sterben... Sie warf einen Seitenblick auf die beiden, um sicherzugehen, dass sie ihre zwiespältigen Gefühle nicht bemerkten. Das Techtelmechtel mit Jodean hatte wirklich nur kurze Ablenkung gebracht, so dass sie sich jetzt wieder mit dieser nagenden Menschlichkeit quälen musste. "Opelaryn, Gott der Dunkelheit, wird uns die nötige Stärke verleihen!", rief sie, um äußerlich entschlossen zu wirken. Dimitav schnaubte spöttisch. "Opelaryn hat mir diese Stärke bereits gegeben, indem er mich als Schattenalp wiederauferstehen ließ, um meine Rache zu vollstrecken!" "Scheinbar bist du aber dennoch nicht mächtig genug. Du hattest bereits mehrere Versuche, um Dafem Abenteurer zu töten", erwiderte Melissa schnippisch. "Immerhin habe ich gekämpft und mich nicht feige aus dem Staub gemacht, wie du gegen diesen Priester Dertil. Also halte deine Zunge im Zaun, Halbdunkelelfenschlampe!" "Wag es nicht, so mit meiner Schönen zu reden!", schrie Jodean dazwischen. Dimitav lachte eisig. "Sag, ist sie etwa keine Schlampe, wenn sie mit dir in die Kiste springt, nur um ihre Zweifel loszuwerden?" Melissa zuckte erschrocken zusammen. "Ja, kleine Halbdunkelelfe, ich spüre die Zweifel in dir genau. Doch solange du mir gegen Dafem nicht in die Quere kommst, soll es mir egal sein..." Die unterschwellige Drohung in der Stimme des Schattenalps war unverkennbar. "Verrecke doch, Mistkerl!", erwiderte Melissa kalt. Dimitav lachte wieder. "Das kann ich leider nicht, wie du weißt..." Die Halbdunkelelfe fluchte innerlich. Wütend sperrte sie ihren guten Funken in die tiefsten Windungen ihres Bewusstseins und baute eine Wand aus Bosheit und Kälte darum auf. Plötzlich erregte etwas in weiter Ferne ihre Aufmerksamkeit. "Es ist soweit. Dort hinten ist das Heer unserer Feinde... Möge die Schlacht beginnen!" Unaufhaltsam rückten die beiden Parteien aufeinander zu, bis sie gleichzeitig anhielten. Etwa hundert Meter lagen noch zwischen ihnen. "Das Gemetzel kann beginnen", brüllte Dimitav mit einem irren Lachen. "Auf zu Tod und Verderben!!!" Melana war auf einen der Türme des Königspalastes geklettert und spähte in die Ferne. Natürlich war ihre Hoffnung, die Schlacht zu erkennen, sinnlos gewesen, da das Heer vor gut drei Stunden losgezogen war und sich inzwischen sicher bereits nördlich des Flusses Nes befand. Ein wenig enttäuscht schloss die Halbelfe die Augen und legte ihre Hände ans Herz. Der Wind auf dem Turm war stark und pfiff ihr um die Ohren. Als sie ihre Lider wieder öffnete, war ihr fast, als würde sie ganz weit im Norden eine schwarze Wolke erkennen, nur ein winziger Punkt von ihrer Position aus. Melana erinnerte sich an ein altes Lied, dass ihre Mutter ihr vermacht hatte, genau wie den Rubinstecken und den goldenen Armreif. Diese drei Dinge wurden seit der Schlacht auf den Weißen Ebenen in der Blutlinie Udeasin Kintas weitergereicht. Leise begann Melana zu singen, ihre Stimme war kaum mehr als ein zartes Flüstern im Wind: Wenn es plötzlich dunkel wird Und die Sonne rot scheint wie Glut Wenn der Wind durch die Welt fegt Dann weint der Himmel Blut... Dann weint der Himmel Blut Denn der Krieg hat die Götter geweckt Sie weinen um all die Opfer Deren Blut den Boden bald deckt... Das Blut durchtränkt unsere Erde Es fällt vom Schwarzhimmel nieder Die Tränen der Götter sind rot Und zeigen ihr Dasein uns wieder... Sie zeigen ihr Dasein uns wieder Sie stehen uns in dieser Zeit bei Neue Hoffnung können wir schöpfen Denn der Krieg geht bald vorbei... Und so sang Melana, eine kleine Gestalt auf dem Turm des Königspalastes... Lauernd und vorsichtig standen sich die beiden Armeen, die dunklen Horden und das Heer der guten Völker Lutansiars, gegenüber. Die Ruhe vor dem Sturm. Keine Szene hätte besser zu diesem Sprichwort gepasst. "Unfassbar...", hauchte Fibathen entsetzt. Ihre Feinde waren so zahlreich, wie er es nie für möglich gehalten hätte. Er hatte nicht einmal geglaubt, dass es überhaupt so viele böse Kreaturen auf ganz Lutansiar gab. Orks, Goblins, Hobgoblins, Dunkelelfen, Oger und Halbriesen. Insgesamt mussten es mindestens 30.000 Feinde sein, womit sie etwa zehn zu eins in der Überzahl waren. "Das ist reiner Selbstmord!", brüllte jemand aus den Reihen der Menschen hinter Fibathen. "Der weißhaarige Ilerdtpriester hat uns in ein Himmelfahrtskommando geschickt! Wir hätten in Mightran bleiben sollen, beschützt von unserer Magie!" Unruhe setzte ein. Angst, Panik und Verzweiflung schwappte in ihnen auf und schien sie von innen aufzufressen. "Habt Hoffnung! Die Götter sind bei euch Sterblichen!", rief Dertil aufmunternd zurück. Doch die Krieger wollten sich nicht so einfach beruhigen lassen. Es kamen Protestrufe von allen Seiten. "Wo sind denn deine Götter?" "Sie könnten uns ruhig ein Zeichen geben!" "Ich habe in letzter Zeit zuviel Schrecken gesehen, um noch an die Götter zu glauben!" Dertil, der an der Spitze des Heeres stand, schien in weißes Licht getaucht zu werden. Er hob die Hand zum Himmel und deutete nach oben. "Ihr wollt ein Zeichen? Dort ist euer Zeichen!", rief er so laut, dass jeder ihn verstehen konnte. Fast im selben Augenblick wurde der Himmel von schwarzen Wolken bedeckt, so schnell, dass es unmöglich natürlich sein konnte. Ein gewaltiger Wind kam auf, zerrte an ihrer Kleidung und wirbelte ihre Haare umher. Die Sonne brannte in rotem Licht durch die Wolkendecke. "Hexerei! Böser Spuck! Der Priester ist ein Schwarzmagier!", kreischten die Menschen in Furcht und Entsetzen. Die Elfen und Aviore standen immer noch ganz ruhig in ihren Reihen, die Zwerge schüttelten nur ihre kleinen Köpfe. Dann fielen die ersten Tropfen auf sie herab. Dafem, der mit seinen Gefährten in einer der ersten Reihen stand, spürte sie auf seine lederne Elfenweste fallen. Doch es war kein Wasser. Die Tropfen waren dunkel und rot und zäh. Als sie verstanden, was vor sich ging, legte sich Furcht über sie, wie eine stickige Decke, die ihnen die Luft zum Atmen nahm. Es regnete Blut vom Himmel... Die Tropfen brannten auf der Haut und in den Augen, angstvolle Schreie hallten in der Umgebung. Selbst Aviore, Elfen und Zwerge ließ das nicht kalt. Dertil jedoch stand unbeeindruckt vor ihnen und obwohl er im strömenden Guss des Blutes stand, war seine weiße Robe unbefleckt. "Hier habt ihr euer Zeichen! Die Götter weinen um euch, denn ihr seid ihnen keineswegs gleich! Bereits vor 500 Jahren geschah dies einst, einen Tag vor der Schlacht auf den Weißen Ebenen! Die Tränen der Götter sind aus Blut und sie fallen auf euch nieder, um euch zu helfen!" Aurora erinnerte sich plötzlich wieder an den Auszug aus Udeasin Kintas Tagebuch: Und während ich jetzt zwischen den Trümmern des einst schönen Lutansiars stehe und das Weinen der Opfer höre, betrachte ich voller Verzweiflung den Himmel, der gestern Blut geweint hat. Das war keine Metapher gewesen, wie sie es immer angenommen hatte. Doch was meinte Dertil mit helfen? Neugierig folgte sie seiner Hand, die auf die Feinde deutete. Auch in ihren Reihen herrschte Unruhe, doch nicht aus Angst... Die Prinzessin beobachtete mit einem faszinierten Ekel, wie die dunklen Horden anfingen, sich gegenseitig niederzumetzeln. Der Geruch des frischen Blutes machte Goblins, Orks und Oger wahnsinnig und blind. Das Blut klebte überall, an ihren Sachen, ihren Kameraden, überall in ihrer Umgebung. Die Bestien konnten ihren animalischen Trieb nicht mehr unterdrücken und sprangen dem Nächstmöglichen an die Kehle. Sie zerrissen sich, sie zerfetzten sich und hackten sich in Stücke. Xab lachte bei diesem Anblick laut und fröhlich auf. Er wirbelte seine Schleuder umher und jubelte. "Ohhh! Eine seltsame Art uns zu helfen, doch effektiv. Diese Götter haben einen ausgefallenen Geschmack. Ich wette, bei denen wird es nie langweilig!" Rigo gab sich keine Mühe Xab zum Schweigen zu bringen. Im Gegenteil, die ungetrübte Heiterkeit des Gnomen schien Mightrans Heer ein wenig zu beruhigen. "Rigo, ich bin froh, dass du an meiner Seite bist", murmelte Dafem, ohne ihn anzusehen. Der Avior grinste auf seine merkwürdige Art. "Auch mir war es ein Vergnügen, mit dir durch das Land zu ziehen und kämpfen zu dürfen. Es war eine tolle Zeit..." Die lauten Befehle der Herrscher schnitten sein Wort ab. Die dunklen Horden hatten sich langsam wieder geordnet, aber nicht ohne ihre Anzahl vorher um ein Vielfaches dezimiert zu haben. "...falls ich sterbe, pass gut auf die anderen auf", sprach der Avior ruhig weiter. Dafem schüttelte den Kopf "Wir werden hier nicht sterben. Ich lasse Melana nicht alleine und du wirst es auch nicht..." "MACHT EUCH BEREIT!!!", schrieen Chemir, Fibathen, Jenstak, Zioras, Signa und Firagok gleichzeitig. Schwerter sirrten aus ihren Scheiden. Äxte wurden gezogen. Bögen spannten sich. "Das mit Melana hat mich doch etwas überrascht. Euer Abschiedskuss war nicht von schlechten Eltern", meinte Rigo ruhig. Die Anspannung der Schlacht schien den Avior kalt zu lassen. Dann erschalten die Hörner, der Startschuss des Kampfes. Sofort flog eine erste Salve von Elfenpfeilen durch die Luft und riss Dunkelelfen von den Füßen. "Tötet zuerst die Dunkelelfen! Ihre Magie und die dunklen Priester sind am gefährlichsten!", brüllte Zioras. Der Elf gab seinem Pferd die Sporen und preschte mit den Herrschern und ihrem ganzen Gefolge auf die Feinde zu. Beide Parteien prallten mit der Härte eines Donnerschlages aufeinander. Stahl klirrte auf Stahl, Blut spritzte, Schreie erfüllten die Luft. Während Dafem Rigo durch die Reihen der Feinde fegen sah, erhoben sie eine Vielzahl von Avioren flügelschlagend in die Luft. Einige von ihnen wurden mit Armbrüsten vom Himmel geholt, doch die meisten fielen im Sturzflug mit ihren Waffen und Klauen über die Gegner her. Eine Zeitlang zuckten noch magische Blitze über das Schlachtfeld, aber sie verebbten schnell, da die Magier die beliebtesten Ziele waren und bald alle verwundet oder tot auf dem Boden kauerten. Orientierungslos streckte Dafem Orks und Goblins nieder. Die übrigen Gefährten hatten sich aufgeteilt, er erkannte in der Ferne nur Fibathen, der auf seinem Pferd erhöht saß. Als der Abenteurer sein Schwert gerade aus einem weiteren Goblinleib riss, schlug plötzlich ein schwarzer Magiestrahl knapp neben ihm ein und zog eine Spur der Verwüstung mit sich. Dafem wirbelte schockiert herum, erschlug in der Bewegung noch einen Hobgoblin und sah sich dann ganz unerwartet Melissa gegenüber. Die Halbdunkelelfe nahm das Kampfgeschehen um sie herum gar nicht richtig war. Ihre Augen waren fest auf den Abenteurer gerichtet, während sie mit langsamen Schritten näher kam. "Melissa...", murmelte Dafem erschüttert. Es war so schwer, sie in den schwarzen Roben eines dunklen Priesters zu sehen. Sie als einen Feind zu sehen. Melissa zeigte keine sichtbare Reaktion in ihrem dunkelhäutigen Gesicht. "Willst du mit mir kämpfen? Willst du das tatsächlich?", fragte Dafem entsetzt. Die Halbdunkelelfe nickte. "Ich muss, denn solange du lebst, wird meine Menschlichkeit keine Ruhe geben. Ich gehöre jetzt zu Valnitar, nicht mehr zu dir, deshalb musst du sterben. Ich finde sonst keinen Frieden mit mir!" Blitzschnell hatte sie ein dünnes Kurzschwert unter ihren Roben hervorgezogen und schlug damit auf ihren Bruder ein. Dafem parierte den Hieb sicher. Melissa wartete auf den Konter, den der Abenteurer bei einer solchen Situation normalerweise ansetzte, doch er kam nicht. Verwirrt schlug sie wieder auf ihn ein. Wieder parierte er, ohne einen Gegenangriff zu starten. "Was ist los mit dir?", brüllte Melissa ihm wütend ins Gesicht. In Dafems Augen spiegelte sich deutliche Trauer wieder. "Ich kämpfe nicht gegen dich. Ich erhebe mein Schwert niemals gegen meine eigene Schwester..." Die menschliche Seite in ihr schrie verzweifelt, doch durch den Zorn übernahm die Dunkelelfe die Oberhand und schlug immer wieder brüllend auf ihn ein. Warum machte es Dafem ihr so schwer? Warum konnte er nicht einfach kämpfen, so dass er oder sie sterben würden? Beides wäre besser als diese innere Zerrissenheit. In Melissas Augen sammelten sich Tränen, ohne das sie wusste warum. Immer noch rasend vor Wut hackte sie sinnlos auf ihren Bruder ein, ohne auch nur einen Treffer zu landen. "Gib es auf. Ich war im Schwertkampf immer besser als du, Melissa. Bitte hör auf, ich will nicht mit dir kämpfen.", redete Dafem ruhig auf sie ein. Melissa schüttelte heftig den Kopf, so dass ihre weißblonden Haare umherwirbelten. Die Tränen liefen ihr inzwischen frei über die Wangen, während ihre immer aussichtsloseren Angriffe sinnlos an Dafems Schwert abprallten. "Oh Opelaryn...", begann sie mit erstickter Stimme, doch bei einem Blick auf das traurige Gesicht ihres Bruders brach sie wieder ab und verfluchte sich gleichzeitig dafür. Sie musste ihn töten. Die Krone befahl es ihr, sie spürte es deutlich in ihrem Kopf. Doch warum brachte sein Gesicht sie dann so aus dem Konzept? "Warum tust du das, Melissa? Du kannst doch immer noch die Seiten wechseln. Du magst zwar eine Dunkelelfe sein, doch genauso bist du auch ein Mensch. Wir haben soviel zusammen erlebt. Wir haben immer zusammen gekämpft. Bedeutet dir das nichts?" "SCHWEIG!", kreischte die Halbdunkelelfe. Mit einer überraschenden Schnelligkeit stieß sie den Abenteurer mit ihrer freien Hand zu Boden und stürzte sich auf ihn. Sie drückte ihm das Schwert an die Kehle, während sie ihm fest in die Augen starrte, schwer atmend, verwirrt und wütend. "Du tötest mich tatsächlich?", fragte er ruhig. Seine Stimme war so entsetzlich monoton, als wäre er gar nicht richtig anwesend. "Du tötest deinen eigenen Bruder?" Melissa zögerte. Es war nur noch ein kleiner Schnitt, sie musste ihm nur noch den Hals durchschneiden, dann wäre alles vorbei. Wenn er tot wäre, würde die größte Verbindung zu ihrem alten Leben verschwinden und sie könnte gemeinsam mit Valnitar Lutansiar einnehmen. Die nagende Stimme in ihr würde verstummen. Dennoch zögerte sie. "Was ist los? TÖTE IHN!!!", erschallte plötzlich Dimitavs Stimme. Der Schattenalp war unbemerkt zu ihnen getreten und starrte nun mit glutroten Augen auf die beiden Geschwister. "Töte ihn! Ganz langsam, er soll leiden!" Melissa zögerte immer noch. Als sie sich noch ein Stück zu Dafem hinabbeugte und das Schwert fester an seinen Hals drückte, rutschte die Kette mit dem halben Anhänger unter ihren schwarzen Roben hervor. Melissa starrte mit wässrigen Augen auf das Amulett. Die Erinnerung erfüllte sie schmerzvoll. Egal was geschehen wird, egal was zwischen uns liegt, diese Anhänger werden uns immer verbinden. Einzeln sind es nur zwei Teile, erst zusammen bilden sie eine Einheit. Wir werden immer zusammen bleiben, Melissa... Die Tränen der Halbdunkelelfe liefen über ihre Wangen, perlten von ihrem Kinn ab und tropften auf Dafems Gesicht. Der Abenteurer lag völlig still da und wartete auf das, was seine Schwester tun würde. Dann, ganz langsam, wurde der Druck des Schwertes an seinem Hals schwächer. Schließlich nahm Melissa es ihm ganz von der Kehle und stand auf. "Was zur Hölle tust du da, verfluchte Schlampe!", brüllte Dimitav hasserfüllt. Die Halbdunkelelfe warf ihm einen kurzen Blick zu, ihre Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen. Wütend schleuderte sie ihm ihr Schwert entgegen. Es flog ohne auf Widerstand zu stoßen durch seinen Kopf und durchbohrte den Ork hinter ihm. "Ich kann ihn einfach nicht töten!", schrie sie zornig. Ihre Hand klammerte sich um den Anhänger an ihrem Hals, dann sprach sie schnell ein paar Worte der Magie...und verschwand mit einem Warpzauber. Dafem wollte sich träge erheben, doch sofort wurde er von Dimitav wieder zu Boden gerissen. Der Schattenalp beugte sich über ihn. Man könnte förmlich die Hitze seiner feurigen Augen spüren. "Dann...töte ich dich eben!", zischte der Untote verheißungsvoll. Kapitel 27: Fibathens Schicksal erfüllt sich -------------------------------------------- @stoffl: Na war deine wöchentliche Wegfahrt schön? Jedenfalls wirst du von mir gleich mit einem schönen neuen Kapitel begrüßt, wir wollen doch nich, dass du depri wirst^^ Den Lemon kriegste in nächster Zeit^^ @Nocturn: Alle haben Angst um Melana^^ Hehe, tja, was passiert mit ihr? Die Spannung steigt. Wird sie überfallen? Bleibt sie ruhig in Mightran? Du wirst sehen, schon bald...^^ @white_shark: Unsere liebe bluthungrige white_shark^^ Du bist doch immer wieder sehr humorvoll, selbst wenn sich die armen Leute mitten in einem Blutregen abmetzeln^^ Nette Einstellung^^ Jedenfalls ist Melissa meiner Meinung nach ein sehr interessanter Charakter und wird es hoffentlich auch bleiben. Näheres...coming soon...*düstere Hintergrundmusik* @mitsuki: Hach, ich finds toll wie mitfiebernd du immer bist^^ Ob romantisch oder eklig, du scheinst dich immer sehr in die Geschichte hineinzuversetzen^^ Ein besseres Lob für einen kleineren 14jährigen Schreiberling gibts wohl kaum^^ UND DANKE, dass du mein Lied gelobt hast *freu* Ich hab mir damit echt Mühe gegeben. Naja, irgendwie hab ichs heute mit diesen ^^-Zeichen ^^ Fangen wir mal an Hier kommt Kapitel XXVII !!! Kapitel XXVII - Fibathens Schicksal erfüllt sich Dafem fühlte die plötzliche Kälte, die in Dimitavs Anwesenheit jegliche Gedanken abschaltete und das Hirn auf Eis legte, so dass nichts weiter als blanke Angst zurückblieb. Der Schattenalp schien ihm jegliche Lebensenergie auszusaugen, so dass selbst sein Finger so schwer zu werden schien, dass er ihn nicht mehr bewegen konnte. Betäubt lag Dafem da und sah in die feurigen Augen Dimitavs. "Keiner wird dich diesmal retten! Niemand wird mich von meiner Rache abhalten!", zischte der Schattenalp genüsslich. Langsam legte er seine behandschuhte Hand um den Hals des Abenteurers und drückte zu. Dafem schnappte panisch nach Luft, doch Dimitav quetschte ihm diese kaltblütig ab. Mit einem eisigen Lächeln auf den durchsichtigen Lippen beobachtete der Rachegeist, wie sich der Abenteurer unter seinem unbarmherzigen Griff wand und röchelte: "Ich...kann...nicht...sterben... nicht...jetzt..." "Oh doch, du wirst sterben..." Dafem konnte langsam nicht mehr, die Luft wurde knapp. Verzweifelt wehrte er sich mit aller verbliebenen Kraft, doch es half nichts. Seine Sicht wurde unscharf und dunkler... er brauchte Luft... Die Geräusche um ihn herum schienen leiser zu werden, wie aus weiter Ferne... Ein weißer Lichtblitz schoss knapp über Dafem hinweg und riss Dimitav von ihm. Der Schattenalp schrie vor Überraschung und Schmerz, als er mehrere Meter durch die Luft geschleudert wurde und schließlich mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufschlug. Dafem rappelte sich auf und sog gierig die Luft ein. Seine Atmung beruhigte sich nur ganz allmählich. Nachdem er seine Sinne wieder ganz beieinander hatte, wandte er sich seinem Retter zu. Es war Estilor. Die grauen Haare wehten im Wind, der kristallene Stab war noch immer mit der Spitze voran auf Dimitav gerichtet. Der Schattenalp sprang fluchend auf und starrte den Priester mit blankem Hass in den Augen an. "DU?" "Ja, Seele aus dem Schatten. Ich bin Estilor, Priester Amparas. Ich lasse nicht zu, dass du noch weiteren Schaden anrichtest." Dimitav lachte schrill und spuckte dem Alten verächtlich vor die Füße. "Du hättest dich nicht einmischen sollen, Sterblicher! Du allein kannst mich nicht aufhalten!", brüllte er gehässig. "Wer sagt, dass ich alleine bin?", erwiderte Estilor mit dem leichten Anflug eines Lächelns. Mehrere Männer und Frauen traten an seine Seite, alle gekleidet in die weißen Roben eines Priesters. Die verschiedenen Farben der Ärmelstreifen verkündeten die Zugehörigkeit zu Ampara, Lili, Gurdot oder Ilerdt. Dimitavs Augen weiteten sich entsetzt, während er sich aufrappelte und ein Stück zurückwich, ohne den Blick von den vielen Weißkutten zu nehmen. Sein Mund verzog sich zu einem schmalen Strich. "Gut...", ächzte er zähneknirschend. "Ihr mögt in der Übermacht sein, doch glaubt ja nicht, dass es sich damit gegessen hat. Mich werdet ihr nicht so leicht los!" Ehe einer der Priester reagieren konnte, hatte der Schattenalp auch schon seine magischen Worte ausgesprochen und war verschwunden. Dafem atmete erleichtert auf, als sich der Rachegeist in Luft auflöste. Mit einer Hand strich er sich den Schweiß von der Stirn, mit der anderen hob er sein Schwert auf, das während des Gefechts mit Melissa zu Boden gefallen war. Er sah sich um. Er hatte seine Umgebung ganz vergessen gehabt, doch jetzt stürmte alles umso stärker auf ihn ein. Die Schlacht auf den Feldern tobte immer noch mit einer grauenvollen Härte. Das Sirren von Elfenpfeilen und das Vogelgekreische der Aviore erfüllten die Luft. Zwerge hackten mit Äxten auf ihre Gegner ein, Menschen kämpften hals über kopf um ihr nacktes Überleben. Doch auch auf der anderen Seite gab es Unruhe. Durch das Verschwinden von Melissa und Dimitav war nur noch Jodean als Führungsperson anwesend. Einige feige Goblins flüchteten bei dieser Tatsache, andere hatten sich noch immer nicht von dem Blutregen erholt und metzelten sich gegenseitig. Ein Großteil der dunklen Horden jedoch kämpfte mit unerbittlicher Härte weiter. Unsicher suchte Dafem nach einem der Gefährten, mit dem er möglicherweise gemeinsam kämpfen könnte, doch er erkannte kein einziges vertrautes Gesicht in der Nähe. Selbst Estilor und die anderen Priester hatten sich bereits wieder aufgeteilt und waren in dem Gewusel verschwunden. Angespannt wartete Dafem, bis das Rauschen des Blutes in seinen Ohren ein wenig verklungen war. Mehrmals zischten Pfeile an ihm vorbei und niedergestreckte Feinde fielen ihm wie gefällte Bäume vor die Füße. Dann vernahm der Abenteurer Jodeans lautes Befehlsgebrüll. Der Dunkelelf wirkte enttäuscht und wütend über Melissas und Dimitavs Verschwinden, schien jedoch keinerlei Unsicherheit dadurch zu verspüren. "Tötet die Herrscher und Reiter!", schrie er, während er seinen schwarzen Elfenbogen von dem Zaumzeug seines dunklen Rosses löste. Ganz langsam zog er einen Pfeil aus dem Köcher auf seinem Rücken, legte ihn an die Sehne und spannte den Bogen. Ohne jegliches Zittern visierte er etwas an und ließ los. Der Pfeil schoss pfeifend davon und traf Firagok mitten in die Brust, so dass der Zwergenherrscher durch die Wucht ein paar Meter davon geschleudert wurde. Während viele Zwerge schockiert zu ihrem Oberhaupt huschten, lächelte Jodean zufrieden. Er sah sich in Ruhe nach einem neuen Opfer um, denn ein Ring aus Orks schützte ihn, so dass er kaum mit einem Angriff zu rechnen hatte. Schließlich blieben die Augen des Dunkelelfen bei Dafem hängen. Er richtete den Bogen auf den Abenteurer und legte einen neuen Pfeil an die Sehne. "Du bist Schuld, dass es meiner Schönen so schlecht geht! Stirb dafür!", brüllte Jodean wütend. Dafem war vor Überraschung wie gelähmt. Warum hatten es immer alle auf in abgesehen? Das Geschoss des Dunkelelfen zischte los, doch bevor es Dafems Kehle erreichen konnte, erinnerte sich dieser seines Schildes und zog ihn blitzschnell vom Rücken. Mit einem dumpfen Klang bohrte der Pfeil sich in das Holz, wo er noch eine Weile hin und her schwingend stecken blieb. Jodean fluchte etwas Unverständliches, bevor er drei der Orks seiner Leibgarde auf ihn losließ und sich nach einem neuen, unbeschildeten Opfer umsah. Als der erste Angreifer Dafem erreichte, wurde dieser bereits mit einem Schwerthieb gebührend empfangen. Noch in der gleichen Bewegung wirbelte der Abenteurer herum und stieß seine Klinge dem zweiten in den Leib, während der dritte gleichzeitig von seinem Schild niedergeschlagen wurde. Schwer atmend flüchtete Dafem schnell aus der Sichtweite Jodeans, bevor dieser es möglicherweise wieder auf ihn absehen könnte. Von irgendwoher erschallte ein Todesschrei. Ein mightranischer Soldat fiel im Blut spuckend vor die Füße und wand sich auf der Erde. Überall zischten Pfeile umher, Aviore kreischten und hackten mit blutigen Klauen auf ihre Feinde ein, das Schlachtfeld war bedeckt von Toten. Der schreckliche Geruch von Blut hing in der Luft und der Boden war von der roten Flüssigkeit vollkommen aufgeweicht. "Wenn es wirklich Leute gibt, die glauben, Krieg sei ruhmreich", murmelte Dafem betäubt. "Dann sollten sie das hier sehen." Nur kurz hatte der Abenteurer nicht aufgepasst, doch dieser Moment der Unachtsamkeit reicht schon aus, dass ein hässlicher Hobgoblin auf ihn zusprang. Gerade rechtzeitig zog Dafem seinen Schild, bevor der Schlag des Feindes diesen auch schon in Splitter schlug und mit seiner Wucht den ganzen Arm des Abenteurers durchfuhr. Dafem taumelte benommen zurück. Ein walnussgroßer Stein zischte plötzlich knapp an seinem Kopf vorbei und traf den Hobgoblin mitten im Gesicht. Die Kreatur schlug mit einem Schmerzensschrei die Hände vor die blutende Platzwunde an der Stirn, taumelte noch ein paar Sekunden ziellos umher und fiel letztendlich krachend auf den durchweichten Grasboden. "Juhuuu!!! Wieder ein Treffer! Nehmt euch in Acht! Nichts ist gefährlicher, als ein Gnom und seine Schleuder!", quietschte eine erfreute Stimme vergnügt. Dafem drehte sich mit einem Lächeln herum und sah Xab, breitbeinig mit der Schleuder in der Hand dastehen. "Ohhhh, Hallo Dafem!", grüßte der Gnom sorglos, während er gleichzeitig einen neuen Stein als Geschütz bereitmachte. "Wie schön dich zu sehen! Ist das nicht unheimlich aufregend? Vorhin hat mich ein Ork fast gehabt, doch ich hab ihn weggestoßen und bin weggerannt! Dabei habe ich leider Aurora irgendwo im Getümmel verloren!" Xab grinste und ließ seine Schleuder abschussbereit über dem Kopf wirbeln. "Aber jetzt bist ja du da! Es macht ohne einen Freund irgendwie nur halb soviel Spaß hier! Weißt du, ich glaube das liegt daran, dass man dann nur unter Fremden ist!" Der Gnom schien noch etwas anderes sagen zu wollen, ließ es aber bleiben. Ein dunkler Schatten hatte sich über ihn und Dafem gelegt, da die riesige Gestalt, die auf einmal vor ihnen stand, ihnen die Sonne versperrte. "Hey!", piepste Xab aufgeregt. "Ich kenne dich irgendwoher!" Die riesige Gestalt, die ihnen das Licht nahm, war ein Halboger. Er war mit vier Metern fast so groß wie ein Baum und die breiten Schultern erweckten die unangenehme Erinnerung an einen gewaltigen Kleiderschrank. "Ich sein Tankop!", brüllte der Halboger, wobei er seine verfaulten Zähne entblößte. Er hatte einen kahlen Schädel, auf deren blassgelber Haut der Schweiß glänzte. Tankops muskulöser Körper war von verschiedenen, unprofessionell zusammengenähten Fellen bedeckt. Die riesige Keule in seiner Hand war von schwarzen Nägeln und dem dunklen Blut seiner bisherigen Opfer übersäht. Die grauen Augen funkelten drohend. "Ich sein Tankop!", wiederholte der Halboger stumpf. "Ich dich töten, Winzling!" "Na hör mal!", empörte sich Xab, während sich sein Kopf bei dem Versuch zu dem Riesen aufzusehen fast verrenkte. "Ich halte nicht viel davon, Leute nach ihrem Körperwuchs zu beurteilen!" Xab konnte sich nur knapp unter dem darauf folgenden Keulenhieb hinweg ducken. Tankop heulte vor Wut und schlug ein weiteres Mal nach dem Gnom. Unter der unmenschlichen Wucht seines Knüppels spritzte Schlamm und Erde auf. "Ich zermatschen dein Gesicht! Denn du entstellen mich!", brüllte der Halboger, während er mit dem Finger auf sein Gesicht deutete, das von hässlichen Brandnarben überzogen war. "Ohhh! Jetzt weiß ich wieder, wer du bist!", jubelte Xab freudestrahlend. Tankop ließ einen markerschütternden Schrei los und schlug ziellos und wild auf den Gnom ein. Auch Dafem musste aufpassen, nicht von der gewaltigen Waffe des Halbogers niedergestreckt zu werden. "Ich schlage einen Rückzug vor", meinte Xab, bevor er auch schon mit seinen kleinen Beinchen davonraste. Als Dafem ihm folgte und an seiner Seite angekommen war, setzte ihnen Tankop mit riesigen Schritten nach. "Was will der eigentlich?", fragte Dafem keuchend. Xab grinste im Rennen und schaute den Abenteurer belustigt an. "Ohhh! Ich habe dir die Geschichte sicher noch NIE erzählt! Also, ich habe mal einen Halboger getroffen, der mich zum Frühstück verputzen wollte. Als Antwort habe ich ihm einen Feuertrank ins Gesicht geworfen und bin auf und davon." "Tankop", stellte Dafem seufzend fest. Xab nickte. Der Halboger war ihnen inzwischen bedrohlich nahe gekommen. Mit seiner Keule schlug er wild um sich und zermalmte jeden, der sich ihm in den Weg stellte, ob Freund oder Feind. Mehrere Orks fielen dem rasenden Ungetüm zum Opfer und wurden mit zersplitterten Knochen durch die Luft gewirbelt. Xab, der seine Schleuder unentwegt über seinem Kopf kreisen lies, wandte sich nun um und schleuderte Tankop einen Stein entgegen. Der Halboger fixierte das heransausende Geschoss mit seinen grauen Augen und schlug es mit seiner Keule ungeduldig von sich weg. Der Stein zischte davon und traf einen Elf in einiger Entfernung schwer am behelmten Kopf. "Ähmm, tut mir Leid!", rief Xab zu dem taumelnden Spitzohr. Dann an Dafem gewandt meinte der Gnom: "Ich glaube, du musst mir ein wenig helfen." Der Abenteurer nickte entschlossen, obwohl er sich nicht sicher war, diesen Feind besiegen zu können. Unbewusste klammerte er sich mit der freien Hand um den Armreif, den Melana ihm gegeben hatte. Es soll denjenigen, der es trägt, vor jeglichem Unheil schützen... Bis jetzt hatte es scheinbar sehr gute Dienste geleistet, doch man sollte das Schicksal nie unnötig auf die Probe stellen. Dafem sah sich verzweifelt nach einer anderen Möglichkeit um, damit Tankop aufgehalten werden konnte. "Zioras!", rief der Abenteurer erleichtert, als er den Elf nur einige Meter entfernt auf seinem Pferd kämpfen sah. Dieser sah sich um, als er seinen Namen hörte und erblickte Dafem, der heftig gestikulierend auf den Halboger deutete. Zioras verstand sofort. "Elfen des Quaneas! Tötet diesen Halboger!" Gleichzeitig drehten sich alle Elfen in der Umgebung zu Tankop um und feuerten ihre Pfeile auf ihn, als hätten sie nur auf diesen Befehl gewartet. Der Halboger brüllte wütend und wehrte die Pfeile mit seiner herumsausenden Keule ab. Zioras fluchte, während die Elfen hastig neue Pfeile an die Bogensehnen legten. Xab wartete nicht auf das erneute Eingreifen der Waldbewohner, sondern schleuderte Tankop einen Stein mit seiner Schleuder entgegen. Der Halboger reagierte nicht rechtzeitig, so dass das Geschoss genau an der empfindlichen Stelle zwischen seinen Beinen einschlug. Sein entsetztes Jaulen hallte über das ganze Schlachtfeld. "Jetzt! Er ist abgelenkt! Feuer!" Die Elfenbogen sirrten. Tankop brüllte vor Schmerz, als sich mindestens zwei Dutzend Pfeile in seine Haut bohrten und zu allen Seiten in ihm steckten wie Igelstachel. Der Halboger würgte Blut, bevor er in sich zusammenbrach und als ein zuckendes Häufchen elend liegen blieb. Dafem schnaufte erleichtert durch, doch er hatte keine Zeit sich auszuruhen, denn schon sah er sich von neuen Feinden umgeben. Mit aller Kraft schwang er sein Schwert gegen sie und streckte viele nieder, unterstützt von Xabs Schleudergeschossen. Die Zeit dehnte sich unerträglich in die Länge und wollte nicht vorwärts schreiten. Das Ende der Schlacht wollte und wollte nicht näher rücken. Dafem kämpfte unermüdlich weiter, schlug und stach mit dem einzigen Ziel zu überleben weiter. Es mussten mindestens zwei Stunden vergangen sein, als sich endlich das Ende anbahnte. Die Krieger Valnitars befanden sich inzwischen in der Unterzahl, es waren kaum einhundert übrig geblieben. Auch die Kämpfer der guten Völker Lutansiars hatten schwere Verluste einstecken müssen, doch der Wille ihre Welt zu verteidigen mobilisierte in ihnen geradezu übernatürliche Kräfte. Dafem atmete schwer. Ein weiterer Goblin war unter seinem Schwert gefallen und das Blut benetzte Klinge und Kleidung. Um ihn herum waren immer noch Schreie zu hören, Pfeile zischten durch die Luft, Stahl traf auf Stahl oder Fleisch. Ob Kämpfende oder Gefallene, alles war in das Rot des Blutes getränkt, so dass Dafem sich bei diesem Anblick am liebsten übergeben hätte. In ihm schien sich alles zu drehen, die Beine wurden schwer, die Arme erlahmten. Doch er erkannte, dass der Sieg nahe war. Nicht mehr lange und er konnte nach Mightran zurückkehren, wo Melana wartete. Hoffentlich geht es den anderen gut... Der Gedanke traf ihn plötzlich und hart. Er hatte keinen seiner Freunde seit geraumer Zeit gesehen, selbst Xab war wieder irgendwann im Getümmel von ihm getrennt worden. Vielleicht waren sie längst tot. Vielleicht lagen sie längst unter den anderen Gefallenen, blutig, verloren... Unwirsch schüttelte Dafem den Kopf, um die düsteren Gedanken abzuschütteln. Sie waren alle stark und würden es schon wohlbehalten überstehen. Zuversichtlich sah sich der Abenteurer um. Die dunklen Horden wurden jetzt immer stärker bedrängt und regelrecht aufgerieben, so dass ihre Niederlage nur noch eine Frage der Zeit war. Goblins und Hobgoblins suchten verzweifelt das Weite, wurden jedoch meist von Elfenpfeilen durchbohrt, bevor sie außer Sichtweite waren. Jodean brüllte wütend Befehle und blickte dabei wie ein verschrecktes Tier unentwegt in alle Richtungen. Der Dunkelelf feuerte mit seinem Bogen so schnell, dass das Auge kaum hinterher kam. "Ich lasse nicht zu, dass wir verlieren! Für die Krone der Finsternis! Für Valnitar!" Obwohl er inzwischen nicht mehr auf dem Pferd saß, traute sich niemand an den meisterhaften Schützen heran. "Für meine Schöne!" Jodean legte einen neuen Pfeil an die Sehne, seine Augen verengten sich bedrohlich. Wütend schoss er auf sein Ziel: Fibathen. Der überraschte König wurde von seinem Pferd gerissen und landete im Gras. Der Pfeil hatte sich genau in die schmale ungeschützte Fläche zwischen Rücken- und Brustteil seines Harnisches gebohrt. "Vater!" Dafem erspähte Aurora, die zwar dreckig, aber weitesgehend unverletzt aussah und auf Fibathen zu rannte. Der König rappelte sich mühsam auf, sein einziger Arm umklammerte eisern das Schwert, während die Pfeilwunde frei blutete. Jodean lachte schaurig. "Stirb, alter Krüppelkönig! Du hättest damals zusammen mit deiner jämmerlichen Stadt fallen sollen!", zischte der Dunkelelf eisig. Fibathen spuckte blutigen Speichel aus und stapfte mit schweren Schritten auf Jodean zu. "Egal, wie alt ich bin...egal, ob ich nur noch einen Arm habe... ich werde nicht eher ruhen, bis meine Klinge dich in die Hölle schickt... denn ich habe gesehen, wie du meine Stadt vernichtet hast... ich habe gesehen, wie du Menschen leiden ließest und ihre Heimaten verbranntest... Ich lasse nicht zu, dass dies noch einmal geschieht! Nirgendwo in Lutansiar! Nicht solange ich noch stehen und KÄMPFEN KANN!!!" Mit einem kraftvollen Kampfgeschrei stürmte Fibathen auf Jodean los. Aurora sah mit Schrecken, wie ihr Vater das Schwert erhob und trotz seiner Verletzung, die frische Blutspuren auf dem Boden hinterließ, immer weiter rannte. Jodean fischte hektisch nach einem neuen Pfeil aus seinem Köcher und legte ihn an die Sehne. Als er losließ, zischte der Pfeil blitzschnell und zielsicher los. Das Geschoss durchschlug Fibathens Rüstung an der Vorderseite und bohrte sich in seine Brust, doch der alte König bis die Zähne zusammen und lief weiter. "Warum stirbst du nicht?", kreischte Jodean entsetzt. Fibathen war schon so nahe, so erschreckend nahe. Der Dunkelelf griff nach einem weiteren Pfeil. Fibathen war so nahe, viel zu nahe... Das Schwert des Menschenkönigs durchstieß Rüstung, Fleisch und Knochen, ehe Jodean reagieren konnte. Blut lief an seinem dunklen Kinn herab und perlte auf den durchtränkten Boden. Der Griff um Bogen und Pfeil erschlaffte. "Das...ist...nicht das Ende...", keuchte der Dunkelelf, als er zitternd in die Knie sackte. "Andere werden an meiner Stelle weiter...für Valnitar kämpfen...Du wirst sterben, so wie ich... doch das Blute Sagandors benetzt diese Erde und stirbt mit dir aus..." "Falsch...es lebt in meiner Tochter weiter...", stöhnte Fibathen kraftlos. Jodean lachte verächtlich, doch es verwandelte sich schnell in ein Gurgeln, als neues Blut aus seinem Mund strömte. Dann erstarrte der Dunkelelf. Seine Zeit war vorüber... Sofort nachdem Jodean, der letzte Führer der dunklen Horden dieser Schlacht, starb, legte sich Furcht über die bösen Wesen Lutansiars. Panisch floh die kleine Anzahl der überlebenden Orks und Goblins, doch nicht ein einziger entkam den schnellen Pfeilen der Elfen. Fibathen lächelte grimmig. Seine Sicht verschwamm immer wieder und schwarze Punkte tanzten vor seinem Auge. Das Leben schien zusammen mit seinem Blut aus den Wunden zu fließen. Schlapp ließ sich der König nach hinten fallen, so dass er hart auf dem Rücken landete und liegen blieb. Nur dumpf gerieten die Worte seiner Tochter, die entsetzt zu ihm rannte, an sein Ohr, als wären sie mit flauschiger, weicher Watte verstopft. "Vater! VATER!!!" Weinend fiel Aurora vor ihrem Vater auf die Knie und legte ihm eine Hand auf die Wange. "Bitte Vater, du musst durchhalten. Gleich kommen die Priester und Elfendruiden. Sie werden dir helfen können.", schluchzte sie verzweifelt. Fibathen schüttelte leicht mit dem Kopf. "Nein, mein Kind. Ich spüre, diesmal ist es der wahre Tod, der mich holt." Wie bestellt ließ sich jemand neben Aurora nieder. Fibathens Sicht war inzwischen zu verschwommen, um das Gesicht klar erkennen zu können, doch durch die weißen Haare wusste er sofort, dass es sich dabei um Dertil handelte. Mehrmals seit der Ankunft in Mightran hatte der König das Gespräch mit dem Ilerdtpriester gesucht, aber dieser hatte so getan, als wüsste er nichts von ihrer mysteriösen Begegnung in Sagandor, damals als Fibathen im Sterben lag. Jetzt jedoch, an der Schwelle des Todes, konnte der König einen Schein um Dertil sehen, eine weiße Aura, die ihm versicherte, dass er damals nicht nur einen Fiebertraum erlebt hatte. ...der Gott des Schicksals meint wohl, dass eure Zeit noch nicht vorüber ist. Das hatte der Priester damals gemeint. "Ist meine Zeit jetzt gekommen?", fragte Fibathen mit zittriger Stimme. Dertil lächelte warm und nickte. "Ja, Herr Fibathen. Ihr habt euer Schicksal auf Lutansiar erfüllt." "Schicksal?", flüsterte der König leise. Wieder nickte Dertil kaum merklich. "Ich bin von den Göttern gesandt. Gesandt, um dafür zu sorgen, dass jeder seine Rolle in diesem Krieg übernimmt. Euer Schicksal, Herr Fibathen, war es, nach Mightran zu gelangen, dort vor dem geplanten Angriff zu warnen und somit dafür zu sorgen, dass diese Schlacht sicher entfernt von Frauen und Kindern hier auf den freien Feldern stattfindet." Dertil lächelte noch einmal und strich sich sein weißes Haar von der schwitzigen Stirn. "Deswegen habe ich damals in Sagandor dafür gesorgt, dass ihr nicht vorzeitig euren Verletzungen erliegt und habe euch ein wenig mehr Zeit gegeben. Ihr habt sie weise genutzt..." Auch Fibathen lächelte nun etwas, während gleichzeitig Tränen an seinen Wangen herab liefen und Spuren auf dem verdreckten Gesicht hinterließen. Aurora konnte nur versteinert und stumm zusehen. "Ich habe ein wenig Angst vor dem Tod", meinte der König leise. "Seid unbesorgt. Ich werde eure Seele ein Stück auf dem Weg zu den Göttern begleiten, damit ihr nicht alleine seid", erwiderte Dertil ruhig. Fibathen nickte, geschüttelt von Schmerzen und dem Zittern seines Körpers. Schließlich erstarrte der Blick seiner braunen Augen langsam...er war tot. Aurora brach weinend auf seiner Brust zusammen, während Dertil ganz sanft die Stirn des Königs mit seinen Händen berührte und die Augen schloss. Eine Weile lang murmelte der Priester wie in Trance unverständliche Gebete, dann richtete er sich langsam wieder auf und schloss die Augen des alten Herrschers. "Ruht in Frieden, König Fibathen von Sagandor...ihr habt ihn euch verdient..." Irgendwo in der Ferne hörte man den Schrei eines Vogels. Es klang wie ein klagender Ruf, der um den Tod des tapferen Menschenkönigs trauerte... Kapitel 28: Licht und Schatten ------------------------------ So, ein neues Kapitel, diesmal extra long^^ Ich hab mir viel Mühe dabei gegeben und verpasse Dimitav einen weiteren großen Auftritt^^ Seid gespannt. @SylverMortal: Eine äußerst freundliche Einstellung^^ Ich fands echt traurig Fibathen sterben zu lassen, er ist mir im Laufe der Geschichte doch irgendwie sehr ans Herz gewachsen. Jedesmal muss ich mich überwinden einen "guten" Charakter sterben zu lassen :'-( @stoffl: Tja ich hoffe deine reise war schön^^ Hier hast du ja auch gleich den nächsten Teil und (freude oh freude) Melana taucht wieder auf^^ Naja...mehr oder weniger... @NoRegrets: =P Tja, schon mehrmals is das hier besprochen worden^^ Ich stelle die Teile eben nach und nach hoch, um immer ein wenig Luft zu haben, damit die Teile auch regelmäßig upgeloadet werden. Ich denke das liegt ja auch im Interesse des Lesers^^ (Nichts hasse ich mehr als eine super geile Story zu lesen, die dann plötzlich abbricht >.< ) @mitsuki11: Oho, mitsuki heute hoch philosophisch^^ Und sentimental^^ Ich find gut, dass du auch Aurora und Xab magst, obwohl sie ja wirklich mehr und mehr in den Hintergrund geraten >.< Es ist nicht leicht allen Charaktern gleichgerecht zu werden... @Nocturn: Hihi, ich hab ja schon auf ein paar Verbesserungsvorschläge gehofft^^ Hurra, ich habe Fibathens Tod gut getroffen? Ich versuche solche Szenen immer sehr gefühlsbetont, bzw emotional rüberzubringen, hoffe das gelingt halbwegs^^ Zu deiner Kritik: 1.) Wie du vielleicht erkennst, habe ich das Kapitel bereits geändert. Mir is das vorher gar nich aufgefallen, aber dein Standpunkt ist berechtigt^^ 2.)Und ja, die bösen haben wirklich nur drei Anführer...sonst sind alle zu blöd^^ Naja, die anderen Leute sind eben völlig von den Befehlen der Krone der Finsternis besessen und mehr oder weniger willenlose Sklaven. Nur Melissa und Dimitav (und ein bissel Jodean^^) denken auch für sich selbst und sind deswegen cleverer als der Rest^^ Das muss reichen =P Jedenfalls gehts wieder los: Hier kommt Kapitel XXVIII !!! Kapitel XXVIII - Licht und Schatten Mit einem grimmigen Ausdruck des Stolzes sah Jenstak, Herrscher von Mightran, dabei zu, wie Zioras und seine Elfen den letzten flüchtigen Feinden Pfeile hinterher schickten. Das Unmögliche war tatsächlich geschehen, sie hatten die Schlacht gewonnen. Jenstak wurde es bei dem Gedanken an seine Stadt warm ums Herz. Sie hatten ihre Heimat verteidigt, gegen eine unvorstellbare Übermacht an Gegnern. Andererseits hätten wir ohne den Blutregen der Götter wohl nie gewinnen können, auch wenn ich mir ihre Hilfe immer anders vorgestellt hatte. Ich dachte, es würden donnernde Blitze vom Himmel stürzen oder der Boden würde unter den Feinden aufbrechen... Erschöpft strich sich Jenstak mit der Hand kurz über die Augen. Doch was beklage ich mich eigentlich? Sobald wir wieder in Mightran sind, werde ich in einen Tempel gehen und beten. In einer triumphalen Gebärde riss der König sein Schwert hoch in die Luft, bevor er es mit der Spitze voran in den aufgeweichten Erdboden rammte. "Ich danke euch, Gurdot Kriegsgott! Ich danke euch, Ilerdt Schicksalsgott! Ich danke allen Göttern für diesen Sieg!!!", schrie Jenstak mit Freudentränen in den Augen zum Himmel empor. Nachdem der Kampf, der später als ,die Schlacht der roten Tränen' bekannt wurde, endete, versammelten sich die überlebenden Menschen, Elfen, Zwerge und Aviore. Sie standen still da und gedachten den vielen Verstorbenen, die ihr Leben gaben um Mightran zu schützen. "Wir wollen diesen Kriegern danken, indem wir nicht zulassen, dass ihr Opfer umsonst war. Kehren wir nun nach Mightran zurück und beratschlagen unseren weiteren Krieg gegen den Dunkelelf, der soviel Schmerz über Lutansiar gebracht hat", verkündete Jenstak. Aurora, die sich seit dem Ende der Schlacht nicht gerührt hatte und immer noch neben dem Leichnam ihres Vaters kniete, sah mit wässrigen Augen auf. Ihr grüner Blick begegnete dem Menschenkönig entsetzt. "Was ist mit den Verstorbenen? Lassen wir sie einfach hier?" Jenstak schüttelte schwach den Kopf. "Nein, doch im jetzigen Augenblick können wir sie unmöglich tragen. Wir sind selbst verletzt und kaum in der Lage bis nach Mightran zu gehen. Vorläufig müssen wir sie hier lassen, doch morgen soll die ganze Stadt hierher zurückkehren und dabei helfen, sie wegzubringen und würdig in ihrer Stadt zu begraben." "Dann will ich bis morgen an der Seite meines Vaters bleiben. Ich will nicht von seiner Seite weichen...", flüsterte Aurora leise. Sie strich Fibathen abwesend über die Wange. Seine Haut war grau wie Stein und ebenso kalt. "Bist du dir sicher?", fragte Chemir unsicher. "Mir gefällt es nicht, dich alleine zu lassen." Dafem und Rigo traten mit festen Schritten neben die Prinzessin. Sie waren über und über bespritzt mit Blut, von dem unnatürlich knallroten der Orks, bis zu dem dunklen, fast schwarzen, das nur von Avioren stammen konnte. Rigo seufzte, als er dies bemerkte. Mehrere seiner Artgenossen waren in seinen Armen gestorben. "Wir bleiben bei ihr", versicherte Dafem. Auch Xab kam plötzlich herangehüpft und stemmte die kleinen Hände in die Hüften. "Ohhhh, und vergesst den Gnom nicht." "Seid ihr sicher? Wollt ihr wirklich bis morgen alleine hier bleiben?", murmelte Chemir ungläubig. Alleine bei dem Gedanken noch länger auf dem Schlachtfeld zu bleiben, drehte sich ihm der Magen um, auch wenn er schon viele Kriege gefochten hatte. "Seid unbesorgt", meinte Estilor ruhig, während er sich zu seinen Freunden gesellte. "Wir sind durch so viele Gefahren gegangen, haben dem Tod mehrmals gemeinsam ins Auge gesehen und durchlebten zusammen Trauer und Verlust. Wir sind Gefährten und bleiben zusammen. Geht ruhig, Herr Chemir, die Götter werden über uns wachen, solange ihr weg seid." "WIE KONNTET IHR VERSAGEN?!", brüllte Valnitar so laut, dass die ganzen Katakomben zu erzittern schienen. Er war so wütend wie noch nie, seine gesamte Hauptstreitmacht war geschlagen worden von ein paar Unwürdigen. Der ganze Plan, den der Dunkelelf mehrere Jahre mühsam vorbereitet hatte, schien ins Wanken zu geraten. Dimitav rührte sich nicht. Die Worte prallten an ihm ab, unwichtig und sinnlos. Seine glutroten Augen fixierten Valnitar mit einem Hass, der seit der Schlacht nur stärker geworden schien. Melissa war erst gar nicht im Thronsaal erschienen. Wieso auch? Sie war Valnitars Liebling und hatte einen unentfernbaren Stein bei ihm im Brett. "Ich hab doch bereits erzählt, warum wir verloren haben", zischte Dimitav voll unterdrücktem Zorn. "Dieser Priester-" "ES IST MIR EGAL! Hättest du diesen verfluchten Ilerdtpriester damals getötet, wäre nichts-" "Dieser Priester ist nicht normal! Ich bin nicht einmal sicher, ob er überhaupt sterblich ist!" Voller Wut starrten sich Dimitav und Valnitar an. Sie durchbohrten sich mit ihren Blicken. "Ich versichere dir, Dimitav, dies ist deine letzte Chance. Noch ein Versagen dulde ich nicht!" Für einen winzigen Moment schien etwas Neues in den Augen des Schattenalps aufzuleuchten, ein Gefühl, das nicht zu diesem Wesen gehörte...Hoffnung... "Heißt das...heißt das...ihr macht meiner Existenz ein Ende?", zischte Dimitav misstrauisch, geradezu wie jemand der einen Haken an dem verlockenden Angebot suchte, das ihm gemacht wurde. Als Antwort bekam der Rachegeist ein amüsiertes Lachen. Valnitar schlug mit der flachen Hand auf die Thronlehne und grinste seinem Untergeben spöttisch entgegen. "Das könnte dir wohl so passen, mein lieber Dimitav. Ich weiß doch, dass dein endgültiger Tod dir lieber wäre als alles andere, sogar lieber als die Rache an diesem Dafem." Lässig lehnte sich der Dunkelelf zurück. "Oh nein, Dimitav, ich werde dir diesen Gefallen sicher nicht tun. Wenn du versagst, sperre ich dich auf immer ein und bereite dir Schmerzen, die du dir nicht mal annähernd vorstellen kannst..." Dimitav schlug seine Augen enttäuscht nieder, spannte sich vor Wut jedoch gleichzeitig bis aufs Äußerste an. Valnitar sprach ganz gemächlich weiter: "Doch immerhin erlaube ich dir, deine Rache zu befriedigen. Aurora blieb so gut wie alleine auf dem Schlachtfeld zurück. Dafem und seine Freunde sind bei ihr. Es liegt kein Bannkreis über ihnen... Ich will, dass du die Prinzessin auslöscht, damit das Blut der sagandorischen Herrscher ausstirbt. Töte auch die anderen, wenn sie dir im Wege stehen sollten." Dimitav nickte und erhob sich schweigend. Valnitar beugte sich noch einmal weit auf seinem Thron vor und lächelte so abfällig, das der Schattenalp ihn am liebsten an Ort und Stelle geschlagen hätte. Wenn diese verfluchte Krone nicht wäre... "Denk daran, Dimitav, dies ist deine letzte Chance. Bin ich nicht großzügig, dass ich dir gleichzeitig gestatte, deine Rachelust zu befriedigen?" Der Schattenalp antwortete nicht, sondern kehrte ihm den Rücken zu und verließ den Saal. Er hat doch keine Ahnung. Meine Rache wird erst vollendet sein, wenn nicht nur Dafem, sondern auch er unter der Erde liegt. Erst wenn die beiden tot sind und die Krone der Finsternis, der Fluch meiner Existenz, vernichtet ist... Erst dann werde ich endlich Ruhe finden... Melana erwachte zitternd und schweißgebadet. Wieder ein Traum! Der Zauber Estilors musste nachgelassen haben, so dass sie wieder dort war, in diesem dunklen Saal. Dimitav ist auf dem Weg zu meinen Freunden! Die Erkenntnis ihrer Vision traf sie hart. Die Überlebenden der Schlacht waren bereits vor einiger Zeit zurückgekehrt und Dertil hatte ihr erzählt, warum Aurora und die anderen nicht mit ihnen gekommen war. Sollte ihnen das nun zum Verhängnis werden? In Windeseile sprang Melana aus ihrem Bett. Sie trug noch immer ihre blauroten Magierroben, da sie sich nur für ein kurzes Nickerchen hingelegt hatte. Von draußen schien die Sonne schwach in ihr Zimmer. Mit einem Schlag schien etwas in Melana aufzublühen, eine Entschlossenheit, die sie selbst überraschte. Sie musste ihnen helfen! Ohne nachzudenken griff die Halbelfe nach ihrem Rubinstecken. Ohne ihn konnte sie nirgendwo hin, ein Magier war an seinen Stab gebunden. Hastig lief Melana aus ihrem Zimmer, durchquerte so unauffällig wie möglich die vielen Gänge des Königspalastes und trat schließlich ins Freie. Schon nach kurzer Zeit erreichte sie den kleinen Stall am Stadtrand Mightrans. Sie tätschelte einem der schneeweißen Pferde Dertils, das sich dort aufhielt, über den Hals. Wie gut, dass meine Mutter mir einst das Reiten lehrte... Sicher schwang sie sich auf den Rücken des Pferdes. Das Tier wieherte leise und sprengte fast wie von selbst aus dem Stall, fegte über die leeren Straßen Mightran und ließ zusammen mit seiner Reiterin schließlich die Stadt hinter sich... Melana kam schnell voran, die Hufe des Pferdes wirbelten Wolken aus grünem Gras auf. Wie ein Wirbelwind und fast von selbst schnellte es über die Steppe hinweg. Melana musste nichts tun, außer sich in der kräftigen weißen Mähne festzuhalten. Schließlich erspähte sie in der Ferne ein kleines Feuer, mitten zwischen den Gefallenen und Toten der Schlacht. Die Halbelfe schenkte dem Schlachtfeld so wenig Aufmerksamkeit wie möglich, sondern hielt ihren Blick starr auf die knisternden Flammen, wo sie nun auch nach und nach ihre Freunde ausmachen konnte: Estilor, Rigo, Xab, Aurora und Dafem. Melana stieß einen erleichterten Seufzer aus. Sie sprang mit solch einem Elan von ihrem Pferd, dass sie beinahe der Länge nach hingefallen wäre. Sie rannte ihren Kameraden, die auf das Pferd und die herannahende Gestalt aufmerksam wurden, entgegen. Ehe einer von ihnen richtig reagieren konnte, warf sich die Halbelfe dem verdutzten Dafem in die Arme und lachte erfreut. Es schien ihnen allen gut zu gehen, auch wenn sie mit ihren blutverschmierten Kleidern nicht danach aussahen. "Melana? Was tust du hier?", brachte Rigo nun endlich heraus. Melana löste sich schnell wieder von Dafem und ließ ihren Blick gehetzt durch die Umgebung schweifen. "Ich hatte wieder einen dieser Träume! Dimitav ist auf dem Weg hierher! Er will euch töten! Schnell, wir müssen zurück nach Mightran!" "Was?" "Bitte, wir dürfen keine Zeit verlieren! Flieht nach Mightran!", flehte Melana. Doch plötzlich spürte sie, wie jemand hinter ihr stand. Eine eisige, unnatürliche Kälte breitete sich in ihren Gliedern aus und lähmte sie. "Zu spät...", wisperte Dimitav genüsslich. In diesem Augenblick, in dem sie den frostigen Atemhauch des Schattenalps nahe ihrem Ohr spürte, in dem sie fühlte, wie sich seine behandschuhte Hand in ihrem Haar vergrub und ihren Kopf grob zurückriss, da schien etwas in ihr zu sterben. Es war nicht nur die Hoffnung der Halbelfe, die verging, weil sie wusste, dass niemand von ihnen Dimitav aufhalten konnte. Ich habe nicht an den Teleportationszauber gedacht! Ich habe nicht daran gedacht, dass er ihn beherrscht! Wie konnte ich das vergessen? Dimitav packte Melana hart um die Taille, um jegliche Fluchtversuche zu verhindern. "Welch ein Wink des Schicksals... Ich werde nicht nur meine Rache haben, sondern Meister Valnitar auch noch die geben, nach der er begehrt", zischte er leise. "Es ist mir inzwischen egal, dass er die verfluchte Krone vervollständigt, ich will nur noch meinen Frieden. Er wird mich nicht mehr brauchen, er wird mich endlich ins Jenseits schicken!" Verzweifelt und hilflos wand sich Melana unter dem unbarmherzigen Griff des Schattenalps, der fester und fester wurde. "Warte noch ein bisschen, bis ich die Sterblichen dort getötet habe! Schlaf!" Augenblicklich schlossen sich die Augen der Halbelfe und sie sackte bewusstlos in sich zusammen. Ungerührt löste Dimitav seinen Griff, so dass Melana auf den Boden fiel und liegen blieb. Die übrigen Gefährten konnten den Geschehnissen nur fassungslos zuschauen. Alles geschah viel zu schnell. Noch vor ein paar Minuten hatten sie sich gedämpft am Feuer unterhalten, dann war plötzlich Melana aufgetaucht, genau wie Dimitav einen Augenblick später. Der Schattenalp blickte sie bedrohlich an. Seine roten Augen glühten in der Dunkelheit nur noch heller. "Endlich! Endlich! Endlich!", schrie der Schattenalp immer lauter. Hass flackerte in den brennenden Augen auf, während der Rachegeist langsam seinen Arm hob und mit der flachen Handfläche auf Dafem deutete. "Endlich kann ich meine Rache erfüllen! Stirb!" Schwarzes Licht schoss auf den Abenteurer zu. Estilor sprang schützend vor ihn, hob seinen kristallenen Stab und schrie mit fester Stimme zum Himmel: "Göttin Ampara, Herrin des Lichts, schütze uns vor dem Feind!" Ein weißer Blitz des Priesterstabes erhellte die nächtliche Dunkelheit und traf auf Dimitavs Magie. Die Energien von Gut und Böse trafen aufeinander und entluden sich in einer der Explosion, deren Druckwelle sofort die Gefährten zu Boden riss. "Du kannst mich diesmal nicht aufhalten, elender Priester!", lachte Dimitav schrill. "Diesmal unterschätze ich dich nicht! Keiner wird euch retten!" Estilor rappelte sich mühsam auf, sein Gesicht von dem harten Sturz schmerzverzerrt. Die grauen Haarsträhnen hingen ihm wirr über den Augen, doch man konnte erkennen, wie sich die Lippen des Alten zu einem schwachen Lächeln kräuselten. "Mag sein, Racheseele." Ruhig klopfte sich der Priester den Dreck von den weißen Roben. "Doch solange ich stehen kann, kämpfe ich! Mag sein, das man dich nicht mehr töten kann, doch es gibt andere Wege uns zu schützen!" Langsam streckte Estilor die Arme zum Sternenhimmel. "Göttin Ampara, Herrin vom Licht, Seht euren Diener, erhöret mich, Nimm meine Macht, Nimm meine Kraft, Schützt uns bitte vor dem Tod!!!" Während Estilor sprach, begannen seine Hände zu glühen. Es war so intensiv, dass jeder geblendet die Augen schließen musste. "Was ist das für eine Teufelei, Sterblicher?", brüllte Dimitav, als das Licht alles im nahen Umkreis erfasste. Schließlich erstarb das Licht plötzlich wieder, genauso wie Estilors Lächeln. Verwundert ließ er die Arme sinken und sah auf seine Hände. "Was ist passiert? Der Zauber hat sich nicht vollständig entfaltet!", murmelte der Priester. Dimitav lachte ungerührt, die kurze Unsicherheit schon wieder völlig im Griff. "Es scheint, die Götter hören dich nicht, Sterblicher! Sie haben sich von dir abgewandt! STIRB!" Der Angriff durch den schwarzen Lichtstrahl traf Estilor mit voller Härte. Der Priester wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert und landete auf dem Rücken im Gras. Prompt lief ein dünner Blutfaden aus seinem Mund. Verwirrt sah er zu seinem Feind auf. "Warum...lebe ich noch? Warum...hat mich dein Todeszauber nicht umgebracht?" "Ich wollte noch nicht. Du sollst langsam und qualvoll sterben, genau wie alle anderen! Stell dich hinten an!" Lässig wandte sich Dimitav von dem verletzten Priester ab und blickte verheißungsvoll auf Dafem. Der Schattenalp trug diesmal nicht einmal mehr seine Rüstung, sondern nur ein schlichtes weißes Hemd und seinen schwarzen Kapuzenmantel, der sich um ihn aufblähte wie Fledermausflügel. "Es ist soweit, Dafem Abenteurer. Ich werde meine Rache vollenden! Stirb..." Ohne den Blick von Dafem abzuwenden, schoss der Schattenalp einen weiteren Strahl schwarzen Lichtes ab, diesmal auf Aurora. Der magische Harnisch der Prinzessin zersplitterte und seine Besitzerin sackte mit einem Aufschrei zu Boden. "Verfluchter Teufel!", kreischte Rigo wutentbrannt. In dem Bruchteil einer Sekunde hatte der Avior sein Schwert gezogen. Mit einem Kampfschrei stürzte er sich auf Dimitav und stieß ihm die Klinge so tief in den Leib, dass die Spitze wieder aus dem Rücken austrat. Der Schattenalp gähnte gelangweilt. Ein kurzes "Stirb!", eine kurze Handbewegung und schon lag auch Rigo sich wälzend im Gras. Dimitav begutachtete ausdruckslos sein Hemd, das von dem Angriff des Aviores zerrissen war. Nichts außer einem halbdurchsichtigen Nebelkörper war darunter zu erkennen. "Wieso versucht ihr es immer wieder, obwohl ihr wisst, dass es sinnlos ist sich gegen mich zu wehren?", zischte Dimitav mit flackernden Augen. "Wieso?" Ein kurzes Aufflackern schwarzen Lichts und Xab rührte sich nicht mehr. Der Gnom lag mit einer blutenden Stirnwunde da. Sein Rucksack hatte sich gelöst und geöffnet, so dass all der gesammelte Krempel am Boden verstreut war. "Wieso, Dafem Abenteurer? Kannst du mir erklären, wieso ihr euch so verbissen wehrt?" "Kannst DU mir erklären, warum du uns so verbissen quälen willst?", erwiderte Dafem zähneknirschend. Dimitavs Augen schienen noch heller zu brennen, als er mit dem Zeigefinger auf ihn deutete. "Nicht ,euch', sondern ,dich'. Das müsstest du langsam wissen. Deine Freunde sind nur Spielfiguren. Sie leiden nur wegen dir. Deshalb habe ich sie auch jetzt am Leben gelassen...vorläufig..." "Aber warum das alles? Hasst du mich so sehr? Weil ich dich auf den Scheiterhaufen gebracht habe? Du hattest es verdient, du hast mit deinen Giften wahllos Menschen getötet!!!" Bei diesen Worten verzog sich Dimitavs durchsichtiges Gesicht so voller Hass, dass Dafem entsetzt einen Schritt zurückwich. Die roten Augen schienen ihn durchbohren und verbrennen zu wollen. "WAHLLOS?! Ich wusste immer, dass du keine Ahnung von meinen wahren Absichten gehabt hattest!!!", schrie der Schattenalp. Er warf den Kopf zurück. "Wahllos? Hast du das gehört, Kiaja? Jeder Einzelne von ihnen hatte es verdient, weil sie dich in den Tod trieben!!!" Dafem wich unsicher ein Stück von Dimitav weg. Selbst die betäubende Kälte in der Nähe des Schattenalps war kurzzeitig vergessen. War er nun komplett verrückt geworden? "Wovon redest du?", brachte der Abenteurer endlich hervor. "Ich rede von dem Grund meines Hasses, dem Grund, warum ich Giftmischer wurde und dem Grund warum ich dazu verdammt bin in dieser Gestalt weiter auf der Erde zu wandeln!!!" Ohne weiter auf Dafem zu achten, schritt der Schattenalp langsam auf Xab zu, kniete sich ins Gras und wühlte in den verstreuten Habseligkeiten des Gnomen. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen Spiegel mit einem verzierten Schwarzholzrahmen in der behandschuhten Hand. Xab hatte ihn damals in Sagandor den Sachen des Schattenalps entwendet. Dimitav starrte gedankenverloren auf sein Abbild und berührte die kalte Oberfläche des Spiegels. "So viele schmerzvolle Erinnerungen...", wisperte der Rachegeist leise. "Vor mehr als einem Jahrzehnt gehörte dieser Gegenstand meiner geliebten Kiaja. Ich lebte mit ihr in Sagandor, zu einer Zeit, in der ich noch als Mitavdi bekannt war." Neugierde überdeckte für einen Augenblick den Gedanken an die tödliche Gefahr, in der Dafem schwebte. Nie hätte der Abenteurer geglaubt, dass Dimitavs Stimme mit einem anderen Gefühl als Hass getränkt sein konnte. "Doch es gab Leute, die es nicht ertragen konnte, dass Kiajas Wirtshaus, das damals große Erfolge verzeichnete, so gut lief. Also machten sie ihr das Leben zur Hölle. Irgendwann hatten sie Kiaja so ruiniert, dass sie keinen Ausweg mehr sah, als sich das Leben zu nehmen... ich fand sie mit aufgeschnittener Pulsader in einer Lache aus Blut..." Dimitav bebte vor Wut, sein Griff um den Spiegel wurde stärker. "Seid diesem Augenblick keimte in mir langsam aber sicher ein Hass, den ich mit meinem Gift verschickte und die Menschen tötete, die meiner Kiaja soviel Schreckliches angetan hatten. Wahllos? Rede nicht von Dingen, die du nicht verstehst!" Dafem war wie versteinert, unfähig auch nur einen Muskel zu bewegen. "Doch bevor ich mich an all diesen Menschen rächen konnte, kamst du mir in die Quere und sorgtest dafür, dass ich unter unvorstellbaren Schmerzen am Scheiterhaufen verbrannt wurde. Mein Hass auf dich brodelte in mir, als ich starb. Vielleicht hätte ich dir sogar vergeben können, denn schließlich konnte ich im Jenseits endlich wieder bei Kiaja sein." Dimitav wandte den Blick von seinem Spiegelbild ab und durchbohrte Dafem wieder mit seinen roten Augen. "Doch dann wurde ich plötzlich wieder ins Leben gerufen, als halbtoter Schatten. Ich erzählte dir einst, dass Opelaryn mich wieder belebte, doch das stimmt nicht wirklich. Es war sein Götterartefakt, die Krone der Finsternis, und deren Träger, die mich riefen. Und so wurde ich dazu verdammt einem Dunkelelfen zu dienen, in einer Gestalt, die es mir unmöglich machte zu sterben und zu Kiaja zurückzukehren!!!" Wütend schleuderte Dimitav den Spiegel seiner einstigen Geliebten davon. "Das Einzige, was mir blieb war mein Hass und der Wunsch nach Rache an dir. Du, der nicht zuließ, dass ich Kiajas Mörder bestrafte, du, der mich auf den Scheiterhaufen brachte, du, der Schuld ist, dass ich auch jetzt nicht bei meiner geliebten Kiaja sein kann!" Außer sich vor Zorn hob Dimitav die Hand und richtete die Innenfläche mit gespreizten Fingern auf Dafem. Der Abenteurer war unfähig sich zu rühren. Auch er ist nicht mehr als ein Opfer Valnitars. Er ist nicht nur ein mordlüsternes Ungeheuer. Ich habe es nicht wahrhaben wollen, doch es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse. Ehe Dimitav seine Schattenalpkräfte ein weiteres Mal einsetzen konnte, schoss ein weißer Lichtblitz auf ihn zu und riss ihn mehrere Meter davon. Estilor stand wieder, sein Gesicht und die Kleidung blutbeschmiert. Selbst wenn Dimitavs Magie den Priester nicht getötet hatte, so waren die Verletzungen schwer. Der Schattenalp sprang ruckartig wieder auf. Seine Augen brannten, sein Umhang flatterte im Wind, sein Gesicht war eine Grimasse der Wut. "Es reicht, verdammter Priester! STIRB!" Die ungeheure Schwarzmagie riss Estilor von den Füßen und ließ ihn wieder zu Boden stürzen. Der Alte stöhnte schwach. Der Stab rollte ihm aus der schlaffen Hand. "Estilor!" Dafem wollte auf den Priester zu rennen, doch Dimitav schlug ihm hart ins Gesicht, so dass er mit blutiger Nase zurücktaumelte. "Du kannst ihm nicht mehr helfen, Dafem Abenteurer. Er stirbt..." "NEIN!", schrie Dafem fest. "Warum tust du so viel Schreckliches?" Dimitav streckte den Arm aus und hob die Hand. "Ich will endlich meinen Frieden, zusammen mit Kiaja. Ich warte schon so lange darauf. Dafür muss ich meine Rache erfüllen, sie muss stolz auf mich sein können!" Ein fiebriger Glanz erschien in dem glühenden Blick des Schattenalps. "Also...diesmal setze ich meine vollständige Kraft ein, nichts Halbherziges, dass du überleben könntest...stirb..." Wie in Trance hob Dimitav die Hand. Die schwarze Energie, die daraufhin auf Dafem zurauschte, war so mächtig, dass sich die Armhärchen des Abenteurers wie unter Spannung aufrichteten. Estilor lag noch immer am Boden. Als er sich versuchte aufzurichten, spuckte er Blut, das in seinem grauen Stoppelbart kleben blieb. Sein Blick hing an dem Spiegel, der sich in greifbarer Nähe befand. "Es gibt eine Möglichkeit, Schattenalpe zu töten!", fiel dem Priester plötzlich ein. "Es gibt doch eine Möglichkeit!" Beherzt griff er nach dem Spiegel und schleuderte ihn mit aller Kraft davon. Er flog genau in dem Augenblick zwischen Dafem und Dimitav, indem die Schattenalpkräfte auch schon den Spiegel mitten in der Luft trafen. Dann ging alles sehr schnell... Dimitav schrie. Dafem riss schützend die Arme vor den Kopf, als der Strahl schwarzen Lichtes, der sogar dunkler als die Nacht selbst schien, von dem Spiegel reflektiert auf den Absender zurückgefeuert wurde. "Was hast du getan, verfluchter Priester???", brüllte Dimitav. Sein Angriff traf ihn selbst, das Licht umschloss ihn, zerrte an seiner Kleidung und nagte an Geisterkörper und Seele. Nachdem das Licht wieder verschwand, stand der Schattenalp unbeweglich da. Dafem wich zurück. Egal was Estilor getan hatte, es schien nicht gewirkt zu haben! Doch dann sah er es, erst ganz undeutlich, an dem Gesicht des Rachegeistes. Er löste sich auf, langsam aber sicher löste sich Dimitav auf. Eine fast vergessene Erinnerung wurde Dafem auf einen Schlag wieder bewusst, etwas, dass Estilor irgendwann einmal gesagt hatte: Diese Wesen, Schattenalpe, können sich nur gegenseitig umbringen... Dimitav stand noch immer wie versteinert da und zog langsam seine Handschuhe aus. Die Hände darunter lösten sich mit beachtlicher Geschwindigkeit auf. Verständnislos sahen die roten Augen auf den Spiegel, der zerbrochen im Gras lag. "Der Spiegel...Kiajas Spiegel...", flüsterte der Schattenalp schwach. "Wieso? Wieso hält sie mich auf und verhindert meine Rache?" "Sie ruft dich zu ihr", antwortete Estilor kraftlos, bevor er einem Hustenanfall erlag und neues Blut spie. Das Leben des Priesters floss aus seinem Körper, er spürte es ganz deutlich. "Aber meine Rache! MEINE RACHE!!!", schrie Dimitav. Der Hass kehrte in seine Augen zurück, doch er wirkte nur halbherzig. Immer schneller verschwand der Schattenalp nun, es war kaum mehr als sein Gesicht zu sehen. "Meine...Rach...e..." Und dann war er einfach verschwunden, für immer... "Mögen die Götter auch seine Seele sicher zu sich nehmen...er war ein armes Geschöpf, aufgefressen von Trauer, Zorn und Valnitars Einfluss...", murmelte Estilor und fasste sich ans Herz. Mit geschlossenen Augen blieb er liegen. Dafem stand noch immer fassungslos an der gleichen Stelle. Er versuchte alles Geschehene zu verarbeiten, den Kampf von Lichtpriester und Schattenwesen. Es fiel ihm schwer das alles zu erfassen. Erschöpft schleppte er sich in Richtung seiner verletzten Freunde. Doch irgendetwas war trotz allem nicht in Ordnung. Er spürte ein ungutes Gefühl im Magen, als sich seine Nackenhaare sträubten. Der Wind legte sich plötzlich. Alles war totenstill. Plötzlich zuckte ein gelber Blitz am Himmel und schlug knapp neben der bewusstlosen Melana ein. Er versengte das Gras in einem kleinen Umkreis zu Asche. Grauer Qualm kräuselte sich zischend in kleinen Dampfwölkchen. Dafem erstarrte. Dort wo der Blitz eingeschlagen hatte, stand eine Gestalt in schwarzer Robentracht. Im ersten Augenblick befürchtete der Abenteurer Melissa gegenüber zu stehen, doch es war nach genauerem Hinsehen ein männlicher Dunkelelf, der eine gewisse Ähnlichkeit mit ihr aufwies: langes weißblondes Haar und stechende eisblaue Augen. "Valnitar...", hauchte Dafem entsetzt. Er erkannte ihn an der schwarzen Krone mit den blutroten Edelsteinen, die seine Haare ein wenig zusammenhielt. Es musste das Götterartefakt sein, die Krone der Finsternis, die soviel Schrecken über Lutansiar gebracht hatte. Es ging eine Ausstrahlung von dieser Krone aus, so grausam und schrecklich, dass es Dafem den Atem raubte. Visionen von Blut und Tod, von Schlachten und Morden schossen ihm durch den Kopf wie stechende Nadeln. Die Lippen des Kronenträgers kräuselten sich zu einem schmalen Lächeln. "Ich grüße dich, Dafem Abenteurer...", säuselte er mit unerwartet friedfertiger Stimme. "Lange habe ich deine Schritte verfolgt und auch jetzt war ich Zeuge, wie ihr Dimitav ins Jenseits schicktet. Es schmerzt mich, er war einer meiner fähigsten Helfer." "Sklaven trifft es wohl eher", zischte Dafem giftig. Er zitterte vor unterdrückter Wut und hielt den Wunsch, ihm sein Schwert in den Leib zu rammen, nur mit Mühe zurück. Valnitar war ein gefährlicher Schwarzmagier. Eine falsche Handlung und man war tot. Der Dunkelelf wirbelte gelangweilt mit der Hand. "Wie auch immer. Ich hatte gehofft, Melanaria und ihren Stab zu bekommen, ohne selbst in Aktion zu treten. Ich denke nach dem Besuch bei Stomp dem Archivar dürftet ihr inzwischen wissen, dass ich den Verlust meiner Krone fürchtete. Ich wollte nichts dem Zufall überlassen, doch jetzt geht es wohl nicht mehr anders." Gleichgültig hob er die Schultern. "Aber der gute Stomp ruht jetzt ja friedlich in seinem Haus...oder besser was davon übrig geblieben ist!" Valnitar lachte abscheulich, so dass es Dafem eine Gänsehaut bereitete. Mit einem Fingerschnippen ließ der Dunkelelf Melana, Rigo, Xab und Aurora in der Luft schweben. "Also dann, ich verabschiede mich jetzt wieder von dir", meinte er abfällig. Erst jetzt schien sich die Starre von Dafems Herzen zu lösen. Blitzschnell zog er sein Schwert und stürmte panisch auf den Schwarzmagier zu. Valnitar schüttelte verständnislos den Kopf. "Wie einfältig... Asti'lla espina neg!" Schwarze Glassplitter zischten durch die Luft und rissen tiefe Schnitte in Dafems Haut. Der Abenteurer keuchte und fiel auf die Knie. "Wie einfach das doch ist! Ich hätte es gleich selbst machen sollen!!! Die Krone der Finsternis wird endlich vollkommen!!!", schrie Valnitar glücklich. Blitz und Donner ertönten am Himmel und ein kräftiger Sturm fegte über die Ebene. Der Wind zerrte an Haaren und Kleidung, doch Valnitar störte es nicht. Im Gegenteil: genießerisch breitete er die Arme aus und schloss die Augen. Eine Zeit lang geschah nichts, außer dass Dafem verzweifelt versuchte sich wieder aufzurappeln. Schließlich öffnete Valnitar seine eisblauen Augen wieder, zog einen versteckten Dolch aus seinem Robenärmel und schleuderte ihn auf Estilor. Die Klinge bohrte sich bebend in die Brust des Priesters. Zu schwach um noch zu schreien, stöhnte der Kleriker vor Schmerz. "Lebt wohl", lachte Valnitar eisig. Damit verschwand er durch einen Teleportationszauber ...zusammen mit Xab, Aurora, Rigo und Melana. Kapitel 29: Tränen ------------------ Huhuu, da bin ich wieder^^ Also ich hätte nicht gedacht, dass tatsächlich mal eine FF schreibe, über die Leser Bilder zeichnen^^ Ich bin echt gerührt ind bedanke mich für meine lieben "Fans", die sich hier so in die Sache reinhängen. ACHTUNG: Es steht nun fest, Krone der Finsternis wird insgesamt 33 Kapitel haben und einen Epilog!!! @Sylver Mortal: AAAAAAAAHHHHHH! Der Schattenalp heißt (hieß^^) Dimitav!!! Valnitar ist der Dunkelelf mit der Krone der Finsternis, der Oberböse^^ Naja... und was Estilor angeht...naja, sie selbst in diesem Kapitel^^ @stoffl: Nur noch Valnitar muss sterben und alle sind glücklich...hmm...klingt plausibel, doch so einfach is er nicht zu besiegen. Ich hab noch ein paar Knüller fürs Finale übrig, also sei weiterhin gespannt^^ @Deathborn: JA, ein Klischee-Fan!^^ Ich liebe Klischees genauso, deswegen auch der Spiegel. Ehrlich gesagt war das eines der wenigen Elemente, die von Anfang an schon so feststanden wie sie jetze hier auch auftauchen^^ Übrigens wieder mal ein supertolles Bild, find ich echt gelungen^^ @Nocturn: Also ich mag dein Bild, du versetzt dich wirklich sehr in die Geschichte^^ Das mag ich ja so an dir, also immer weiter so^^ Mit Rigos "Frisur" ist es wirklich schwierig...eigentlich hat er ja keine, seine Federn sind auf dem Kopf genauso wie am Rest des Körpers. Aber so wie du das gemacht hast siehts schon schick aus^^ P.S.: Hoho, drei Kommis insgesamt von dir^^ @mitsuki11: Warum er sie alle mitgenommen hat? Um Dafem leiden zu sehn (wen sonst?^^ Sardist^^) und um Druck auszuüben...oja, um Druck auszuüben...muahahahahaaa... @white_shark: Heya, ich finds toll, dass du meinst, die Atmospähre würde immer dichter werden. Manchmal habe ich nämlich Angst, dass ich jetz so am Ende zu emotional werde und sich alles ewig lange hinzieht...aber wenn du das so siehst, bin ich froh^^ So denn VORWÄRTS!!!^^ Hier kommt Kapitel XXIX !!! Kapitel XXIX - Tränen Dafem hockte in dem kühlen Gras, die Stirn gegen den Boden gepresst. Die Wunden durch Valnitars Zauber waren nicht sehr gefährlich und die Schmerzen waren nichts im Vergleich zu den Qualen, die seine Seele durchdrangen. Versagt...alles ist verloren...Melana, Rigo, Xab, Aurora...sie alle sind fort...Leaf und Stomp tot...Melissa ein Feind...ich bin allein... Ein schreckliches Gewicht schien ihn zu Boden zu drücken. Sein Herz fühlte sich leer an und gleichzeitig tat es weh, als würde es von Aasgeiern zerhackt werden. Ich bin allein... Durch einen erstickenden Nebel von Trauer hörte Dafem das schwache Stöhnen Estilors. Benommen kroch der Abenteurer zu dem alten Priester, aus dessen Brust noch immer der Schaft des Dolches herausragte, den Valnitar vor seinem Verschwinden geschleudert hatte. "Warum...warum hat er dir das angetan?", flüsterte Dafem entsetzt. Seine Stimme war nicht mehr als ein kraftloses Krächzen. Estilor schloss die Augen und atmete mehrmals tief ein und aus, bevor er antwortete. "Er befürchtete, ich könnte seine böse Aura mit meinen Kräften verfolgen...er wollte sichergehen, dass ich ihn nicht weiter belästigen kann..." Das Lachen des Klerikers wurde schnell zu einem rauen Husten, der zufolge hatte, dass er nochmals ein wenig Blut spucken musste. "Dabei wäre ich so oder so gestorben...mit nur ein bisschen weniger Schmerzen..." "Rede nicht so, Estilor." "Keine Sorge, Junge. Ich war immer darauf gefasst, schon seit ich für Fibathen diente. Jetzt nehmen die Götter meine Seele zu sich und ich habe keine Angst davor, so wie es sich für einen treuen Diener der Götter gehört. Das Leben strömt aus meinem Körper." Estilors Hand war vollkommen ruhig, als sie die Dafems umschloss. Der Abenteurer zitterte. "Die Götter...", wiederholte er bitter. "Bis jetzt haben sie nichts für uns getan..." Estilor zwang sich zu einem Lächeln. Selbst jetzt schien der Priester immer noch eine gewisse Weisheit auszustrahlen. "Ich habe dir schon einmal gesagt, du musst den Göttern vertrauen, auch... wenn ihre Wege unergründlich... zu sein scheinen." Das Sprechen schien ihm jetzt zunehmend schwerer zu fallen. Der Druck seiner Hand wurde schwächer. "Du...musst auf jeden Fall...weiterkämpfen...du darfst Melana nicht den Feinden überlassen...ihrer Folter und Grausamkeit..." "Ich weiß...", antwortete Dafem leise. "Gut...ich...habe...keine...Zeit...mehr...lebe...wo...hl..." Nach diesen letzten Worten erstarb der leuchtende Funke des Lebens in seinen grauen Augen. Die Hand des alten Priesters löste den Griff. Estilor war tot. Erschöpft sank Dafem auf seiner Brust zusammen. Jetzt bin ich doch wieder alleine... Der Wind nahm zu und jagte ihm Schauer über den Rücken. Es war kalt und dunkel und um ihn lagen die Gefallen von ,der Schlacht der roten Tränen', die ihn mit ihren erstarrten Augen zu durchbohren schienen. Aviore, Elfen, Zwerge und Menschen, alle waren sie gestorben um das Land zu retten. Doch es hatte nichts genutzt. Sie haben umsonst ihr Leben gegeben. Alles war so sinnlos...diese Schlacht...unsere Hoffnung...selbst der Glaube an die Götter...Estilor, Stomp und Leaf starben für unseren Kampf gegen Valnitar...alle litten, doch all diese Opfer haben nichts gebracht... Plötzlich spürte Dafem etwas Nasses an seiner Wange. Tränen? Überrascht richtete der Abenteurer sich auf und fuhr die feuchte Linie auf seiner Haut nach. Tränen...ich weine...als ich mit Melissa von Zuhause fliehen musste, habe ich soviel geweint, dass ich inzwischen glaubte, alle Tränen verbraucht zu haben... Dafem richtete sich unsicher auf. Mit dem Ärmel wischte er sich die Tränen weg, damit seine Augen trocken genug waren um den Priester anzusehen. Er verdiente ein Grab. Ohne zu zögern ließ sich der Abenteurer wieder auf die Knie fallen und begann eine Grube auszuschaufeln. Es dauerte nicht lange die durchweichte Erde aufzureißen. Schon bald war das Grab ausgehoben und Dafem legte den Priester behutsam hinein. Nach kurzem Überlegen steckte er ihm seinen Freundschaftsring auf den kalten, bleichen Finger, dann bedeckte er Estilors Leichnam langsam mit Erde, bis das Grab aufgefüllt war und nur noch ein leichter grasloser Hügel daran erinnerte. Als Dafem, die Kleider und Hände voller Dreck, vor dem Grab des Priesters stand und der Wind an Haaren und Kleidung zerrte, weinte er wieder. Die Tränen liefen ihm ungehindert über die Wangen, ohne das er etwas dagegen tun wollte. "Mögen die Götter deine Seele sicher zu sich nehmen..." Zitternd rammte Dafem den Kristallstab des Priesters mit aller verbliebenen Kraft in den Boden am Kopfende des Grabes. Dann brach er endgültig zusammen, übermannt von Verzweiflung, Trauer und Müdigkeit. Als Dafem wieder erwachte, war es noch immer Nacht. Für einen Moment fragte er sich, was ihn geweckt haben könnte. Dann hörte er es wieder: ruhige Fußtritte, die sich sicher auf ihn zu bewegten. Verwirrt sah er auf. Wer konnte es sein? Noch ein Feind? Leise tastete er mit der Hand nach dem Schwert, das irgendwo neben ihm liegen musste. Als er den mit Leder umwickelten Griff unter den Fingern spürte, sprang er auf und ging in Abwehrhaltung. Noch immer war er so erschöpft, dass er heftig keuchte. Schließlich erkannte er in der Dunkelheit eine Gestalt. Die schneeweißen Haare und die hellen Priesterroben schienen regelrecht zu leuchten. "Dertil...", flüsterte Dafem. Inzwischen überraschte ihn das Auftauchen des Ilerdtpriesters schon nicht mehr. Irgendetwas war an diesem von den Göttern gesandten Priester ungewöhnlich, das hatte Dafem schon immer gespürt. "Dertil", wiederholte er nun etwas lauter. Das Gesicht des Priesters war völlig ausdruckslos, nur in seinen tiefblauen Augen konnte man einen Schmerz erkennen, der dem Dafems in nichts nachstand. "Die anderen...?", murmelte Dertil, als er schließlich direkt vor dem Abenteurer stand. Der Blonde antwortete nicht, doch es bedurfte auch keiner Erklärung. Ein Blick in sein entsetztes Gesicht und auf das Grab, das dem Stab nach Estilor gehörte, reichte vollkommen aus. Dertil hatte die böse Macht gespürt, die aufgetaucht war. Er hatte gespürt, dass sich auch Melana auf eigene Faust hierher begeben hatte. Doch er selbst war zu spät gekommen, um die Halbelfe und den Rubinstecken des Feuers schützen zu können. "Es tut mir Leid. Ich habe versagt", sagte der Priester niedergeschlagen. "Das hatte ich nicht vorhergesehen. Ausgerechnet ICH habe das nicht vorhergesehen." Er stieß ein bitteres Lachen aus. Dafem hörte nur halb hin, zu tief war die Trauer um seine Freunde. Dennoch erregte Dertil jetzt wieder seine Aufmerksamkeit. "Was meinst du?" "Du musst wissen, als ich sagte, die Götter hätten mich geschickt, so war das nicht gelogen. Doch das war noch nicht alles." Er hielt kurz inne, bevor er weiter sprach, als suche er die richtigen Worte. "Weißt du, Dimitav oder Mitavdi, ist nicht der einzige, der sich mit Hilfe von Buchstabenspielereien einen neuen Namen zulegt hat. Kennst du keinen Namen, der die gleichen Buchstaben enthält wie meiner?" Dafem konnte den Priester einfach nur anstarren. "Verstehst du nicht?", erkundigte sich der Kleriker. "Ich heiße Dertil. Einfach nur Dertil. D-E-R-T-I-L." Irgendetwas klang vertraut, doch Dafem verstand nicht, obwohl sich eine Gänsehaut über seine Arme legte. Was wollte der Priester ihm sagen? "Die Wahrheit ist, dass ich nicht Ilerdt diene. Ich BIN Ilerdt..." Der Wind schien stärker zu wehen, als er diese Worte aussprach. Sonst Stille. Tausend Gedanken rasten durch Dafems Kopf und er versuchte sie vergeblich zu ordnen. Sein Kopf dröhnte. "Du...bist Ilerdt Schicksalsgott?", brachte der Abenteurer schließlich hervor. Dertil nickte. "Deswegen meinte Dimitav, du seiest kein Sterblicher. Deswegen hast du solche übernatürlichen Kräfte..." Alles ergab plötzlich einen Sinn. So vieles, das er nicht verstanden hatte, schien nun verständlich. "Damals in Chemirs Thronsaal...er war so ehrfürchtig, weil er dich erkannt hatte. Und du warst es wirklich, der Fibathen das Leben verlängerte...du...du hast den Blutregen gerufen, indem du die anderen Götter darum gebeten hast..." Die unglaubliche Erkenntnis wurde in Dafem plötzlich von Zorn überschattet. "Du bist ein Gott! Warum...warum hast du dann nicht noch mehr getan? Du hättest uns allen viel Leid erspart!" "Es ging nicht. In diesem sterblichen Körper sind meine Kräfte eingeschränkt. Sie werden stetig schwächer, bald muss ich wieder in das Götterreich zurückkehren. Außerdem gibt es bestimmte Regeln, an die ich mich halten musste...ich darf die Ereignisse Lutansiars nicht beeinflussen...kein Gott darf das in seiner irdischen Gestalt." "Aber du hast Fibathen das Leben gerettet! Er hatte einen zerfetzten Arm, er wäre gestorben! Ist das etwa keine Einmischung?", schrie Dafem ungehalten. Warum hatte Dertil Stomp und Leaf sterben lassen, wenn er solche Kräfte besaß. Der irdische Ilerdt schüttelte langsam den Kopf und hob die Hand in einer beruhigenden Geste. "Ich bin der Schicksalsgott. Es ist mir gestattet, dafür zu sorgen, dass Personen ihr vorherbestimmtes Schicksal erfüllen. Fibathens Schicksal war es, Mightran vor dem bevorstehenden Angriff zu warnen. Deine Freunde durfte ich nicht retten, da sie ihre Rolle in diesem Krieg bereits gespielt hatten. Die Elfe Leafenisty tötete Yscento, Stomp berichtete euch von der Wahrheit des Rubinsteckens und Estilor hielt Dimitav auf. Ihre Schicksale waren erfüllt.", erklärte Dertil ruhig. "Aber...aber das ist nicht fair!!!", schrie Dafem wieder. Während er erbost sein Schwert davon schleuderte, liefen frische Tränen des Zorns an seinen Wangen herab. Er warf sich auf den Boden. "Es tut mir Leid, dass du all das ertragen musst, Dafem. Ich wünschte, ich hätte mehr tun können, aber es ging einfach nicht." "Was ist mit den anderen Göttern?" Dertil sah zum Himmel hinauf, bevor er antwortete. "Sie sagten, es wäre nicht recht, sich mehr als nötig in diesen Krieg einzumischen. Unsere Götterartefakte haben uns gelehrt, dass unsere Hilfe nicht immer gut ist. Nur ich ließ mich nicht aufhalten. Das einzige, was die anderen taten, war der Blutregen. Und Lili rettete euer Leben im Turm des Dämonenbeschwörers, indem sie Melanaria kurzzeitig durch ihren Stab heilende Kraft verlieh." "Nicht mehr als nötig?", zischte Dafem wütend. "Was soll das heißen?" Zum ersten Mal sah der Abenteurer, wie sich Dertils Gesicht durch ein Gefühl, in diesem Fall Trauer, sichtbar veränderte. Der Priester seufzte betrübt. "Ja, nicht mehr als nötig. Wir hatten alles geplant, alles durchdacht. Wenn unser Plan eingehalten worden wäre, hätte Valnitar den Krieg in kürzester Zeit verloren. Doch nun..." Wieder seufzte Dertil, oder Ilerdt, und wischte sich über die müden Augen. "Doch dieses Szenario hier war nicht so geplant. Wir haben nicht bedacht, dass Melana bereits heute wieder diese visionären Träume bekommen würde, die sie hierher führten. Wir dachten, der Zauber des Amparapriesters Estilor würde noch ein wenig länger halten..." Wieder wischte sich Dertil über die Augen, diesmal länger. Benommen blickte er um sich. Die blaue Iris verfärbte sich weiß. "Ich kann nichts mehr sehen...", stellte der zu Fleisch gewordene Gott nüchtern fest. "Es scheint, mir bleibt keine Zeit mehr. Ich muss meinen irdischen Körper gleich auflösen." "Aber Ilerdt-", fing Dafem an, bevor er auch schon wieder von einer ungeduldigen Handbewegung des Priesters, die durch seine Blindheit nicht wirklich auf den Abenteurer zeigte, unterbrochen wurde. "Nein, Dafem Abenteurer. Du musst mir jetzt zu hören. Du darfst nicht aufgeben. Egal was kommt, du musst um Melanaria kämpfen!" "Aber-" "Willst du Melanaria der Folter überlassen?", fragte Dertil ernst. Dafem schüttelte sofort und heftig den Kopf. Sein Blick richtete sich auf den Ring aus Holz und Gold, den er an seinem kleinen Finger trug. Melanas Freundschaftsring. "Willst du die Opfer von Stomp, von Leafenisty und Estilor sinnlos machen?", drang Dertil weiter auf ihn ein. Wieder schüttelte Dafem den Kopf. "Dann musst du in das Versteck Valnitars gehen. So schnell und mit so vielen Verbündeten wie möglich!" "Ja!", erwiderte Dafem knapp und ballte die Hand zur Faust. Dertil lächelte. "Dann leb wohl, tapfer Mensch. Ich muss nun zurück...es tut mir Leid, dass ich nichts für deine Freunde tun konnte oder kann..." Ein lauter Knall, ein weißer Lichtblitz, dann war Dertil, der Schicksalsgott Ilerdt, verschwunden. Nur seine Stimme erhob sich noch ein letztes Mal im Wind: "Eins noch, Dafem. Denk immer daran, dass zwei besser sind als einer. Denk daran, dass zwei nur zusammen ihre wahre Stärke entfalten können..." Auch wenn Dafem diese Aussage noch nicht verstand, nahm er sich vor, sie tief in sein Gedächtnis einzubrennen, denn er wusste, dass sie noch einmal wichtig sein würde. Nie hatte Dertil ihn enttäuscht. Mit frischer Zuversicht ging der Abenteurer zu seinem Schwert herüber und hob es auf. Mit dem Ärmel wischte er den weichen lehmigen Schmutz von der Klinge. Dann stellte er sich wieder vor Estilors Grab und starrte lange Zeit stumm auf den kristallen Stab des Priesters, der aus der Erde stach wie ein schimmernder, langer Dorn. "Ich verstehe jetzt, was du mir einst gesagt hast, Estilor." Ein schwaches Lächeln stahl sich auf seine Züge. "Du sagtest, wenn die Götter ihre Hände schützend über uns halten, haben selbst wir die Macht die Zeiten zu ändern..." Während seiner Worte, schnitt sich Dafem mit der Klinge tief in die Handfläche, bis sein rotes Blut hervorquoll und auf das Grab des Priesters tropfte. "Soviel Blut ist hier bereits vergossen worden...Auch ich vergieße es auf diese Erde und schwöre dir somit einen Eid, dass ich alles, selbst mein Leben, geben werde, um Valnitar aufzuhalten!" Als der kühle Wind daraufhin seine Haare tanzen ließ und die Sonne als roter Feuerball am Horizont erschien, warf der Abenteurer den Kopf in Nacken und richtete sein Schwert gen Norden, gen Trauerwüste. "Hast du gehört, Valnitar? Ich werde nicht eher ruhen, bis du besiegt bist! Und wenn ich dich dafür eigenhändig umbringen muss!!!", schrie Dafem in den anbrechenden Tag hinein... Nur langsam erwachte Melana aus ihrem dämmrigen Schlaf. Sie brauchte einige Zeit ehe sie sich wieder an die Begegnung mit Dimitav erinnerte. Schockiert öffnete sie die Augen, schloss sie doch sofort wieder. Egal wie schwach das Licht war, es stach ihr in den Augen. "Das sind noch die Nachwirkungen von Dimitavs Zauber. Gleich kannst du wieder normal sehen", erklärte eine ihr unbekannte und doch vertraute Stimme ruhig. Entsetzen breitete sich in ihr aus, als sie die Stimme doch noch zuordnen konnte...Valnitar... Blinzelnd unternahm sie einen neuen Versuch die Augen zu öffnen. Diesmal war das Licht nicht mehr so grell und sie erkannte langsam ihre Umgebung. Erst nur als unscharfe Konturen, doch schon bald vollkommen klar. Sie befand sich in einem kleinen Raum ohne Fenster. Die Wände bestanden aus roh gebauten Steinen, die aussahen, als wären sie schon sehr, sehr alt. Zu ihrem Schrecken musste sie feststellen, dass sie an eben solch einer Wand hing, an Armen und Beinen mit schweren Eisenketten gefesselt. Es schien ihr die Blutzufuhr in den Gliedern abzuquetschen. Ihr gegenüber standen zwei Gestalten. Die eine war an der schwarzen Krone auf dem Haupt eindeutig als Valnitar zu erkennen. Der Dunkelelf spielte nachdenklich mit einer Strähne langen weißblonden Haares, während er sie eingehend musterte. Melana konnte den Blick in seine eisblauen Augen nicht lange ertragen und wandte sich ab. Die andere Gestalt war mit einem schwarzen Gesichtstuch vermummt. Sein Oberkörper war entkleidet. Auf den kräftigen Muskeln glänzte der Schweiß. Melana kam ein grausamer Verdacht. Und als sie den Tisch neben dem Vermummten sah, schienen ihre schlimmsten Befürchtungen wahr zu werden. Der Tisch war bedeckt von blutbesudelten Messern, Haken, Sicheln und anderen spitzen Instrumenten, bei deren Anblick der Magen der Halbelfe rebellierte. Folterwerkzeuge. "Ich sehe, du hast meine Freunde bereits entdeckt", dröhnte der Vermummte abartig amüsiert. Melanas grüne Augen weiteten sich ängstlich und ihr wurde übel. "Mister Valnitar sagt, ich soll mir besonders viel Zeit für dich nehmen. Aber auch mit deinen Kameraden werde ich viel Spaß haben...", höhnte der Foltermeister und deutete hinter sich. An der gegenüberliegenden Wand stand eine riesige quadratische Käfigzelle, in der Xab, Aurora und Rigo bewusstlos lagen. Melana wand sich in ihren Fesseln, konnte sich jedoch kaum bewegen. "Tue ihnen nichts!", schrie sie verzweifelt. Der Foltermeister grinste nur und zeigte dabei seine gelben Zähne. "Zuerst einmal werde ich dich behandeln. Es sei denn, du gibst uns den Rubinstecken freiwillig, dann ist alles ganz schnell vorbei..." "Niemals! Ich lasse nicht zu, dass die Krone der Finsternis vollkommen wird!", erwiderte sie bissig. Trotzig spuckte sie den beiden vor die Füße. "Oho, am Anfang sind die meisten so, doch wir werden sehen, wie lange du so wild bleibst..." Als sich der Vermummte fragend Valnitar zuwandte, nickte dieser. "Fang an", befahl der Dunkelelf tonlos. Mit einem widerlichen Grinsen griff der Foltermeister nach einer der verrosteten Sicheln... "Das ist nicht euer Ernst!", schrie Dafem voller Unverständnis. Er hatte den ganzen Abend nicht geschlafen und solange gewartet, bis ganze Mightran zum dem Ort der Schlacht der roten Tränen gekommen war, um die tapferen Gefallenen wegzuschaffen und zu begraben. Als Chemir erkannt hatte, dass nur Dafem vor Estilors Grab kniete, war er sofort zu ihm gerannt. Dann musste er erfahren, dass Valnitar persönlich die anderen gefangen genommen und den Priester getötet hatte. Der Abenteurer hatte sein Anliegen unterbreitet, so schnell wie möglich zu dem Hauptquartier, den Ruinen der Alten Welt in der Trauerwüste, aufzubrechen. Zu Dafems Entsetzen hatte Chemir nur den Kopf geschüttelt. "Das ist viel zu riskant. Wir können nicht einfach in das Lager des Feindes spazieren", erklärte der König ruhig. "Wir wissen nicht, ob die gestrige Schlacht all seine Heerscharen gefordert hat. Solange ich nicht weiß, wie viele Feinde sich noch in diesen Katakomben versteckt halten, werde ich nicht einfach losziehen." Dafem rang um Fassung, als er diese Worte vernahm. Zornig trat er einen Schritt auf den Herrscher Zestarins zu und blickte ihm fest in die dunklen Augen. "Das ist doch Irrsinn! Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, sterben nicht nur meine Freunde...ganz Lutansiar wird in Dunkelheit versinken, wenn Valnitar die Krone der Finsternis vervollkommnet!" Auch Chemir trat einen Schritt vor, packte Dafem am Kragen und brachte ihr Gesichter nah aneinander. "Glaubst du ich weiß das nicht?", zischte der König unwirsch. "Du bist nicht der Einzige, der Sorgen hat, immerhin ist meine Nichte in den Klauen dieses Dunkelelfen. Doch ich werde keinen meiner Männer ins Ungewisse schicken, wenn ich nicht weiß, ob sie eine Chance haben lebend zurückzukehren! Jeder dieser Menschen hat ein eigenes Leben, eine eigene Familie. Du kannst sie nicht ins Verderben schicken wie dumme Schafe!!!" Dafem wand beschämt die Augen ab, er war geschlagen. Chemir stieß ihn gröber als nötig von sich, so dass der Abenteurer ein paar Schritte nach hinten taumelte. "Gut, vielleicht hast du recht", murmelte der Blonde leise. Alle Augen ruhten auf dem zerschundenen, erschöpften Mann in der braunen Elfenweste. "Niemand soll gezwungen werden!", schrie Dafem plötzlich so laut, dass jeder ihn klar und deutlich verstehen konnte. "Aber ihr könnt mich nicht davon abhalten, dass ICH gehen werde! Wer folgt mir?" Die Aviore waren bereits zurück in ihr Reich geflogen, es war bei ihnen Tradition, dass jeder Krieger am Orte seines Todes blieb. Gespannt sah sich Dafem in den anwesenden Reihen von Menschen, Zwergen und Elfen um, doch das einzige das er dort sah, waren verwirrte, unentschlossene und ängstliche Gesichter. Niemand rührte sich. Chemir erhob die Stimme: "Wenn wir nach Mightran zurückkehren, werde ich sofort Truppen aus dem ganzen Land zusammenrufen. Und ich werde Späher ausschicken. In weniger als zwei Wochen werden wir Kampfbereit sein! Es ist nicht nötig, dass jemand heute überhastet losstürzt." "Aber zwei Wochen sind viel zu lange! Bis dahin kann alles zu spät sein!", schrie Dafem ohnmächtig. "Melana und meine Freunde können zwei Wochen Folter unmöglich ertragen! Will mir wirklich niemand folgen?" Als keiner antwortete, wandte sich der Abenteurer entschlossen ab und machte sich daran sich vorzubereiten. Den ganzen Tag dauerte es, um alle Gefallenen auf Tragen und Karren zu legen, damit sie in die Stadt transportiert werden konnten. Immer wieder hörte man Klagerufe, wenn jemand einen der Toten als Freund oder Ehemann, Vater oder Onkel identifizierte. Eine bedrückende Stimmung hing über dem einstigen Schlachtfeld. Als es schließlich bereits wieder Abend wurde, brach Dafem ohne ein Wort des Abschieds gen Norden auf. "Du gehst also wirklich", stellte eine tiefe Stimme hinter ihm nüchtern fest. Der Abenteurer wandte sich überrascht um und blickte dem ehemaligen Wirt Bodono ins Gesicht. Der ältere Mann war schon lange nicht mehr so korpulent wie früher, dennoch war sein Bauch immer noch wohlgerundet. Der kahle Schädel glänzte durch das Mondlicht silbern. "Bei Koortigs Eiern, glaub nicht, dass du diesen widerlichen Dunkelelf ganz alleine aufhalten kannst! Ich helfe dir natürlich!", donnerte der Wirt mit einem breiten Grinsen. Er schien bereits alles gepackt zu haben. Er trug einen Rucksack, die schartige Axt hing in zwei Schlaufen an der Rucksackunterseite. An seinem Gürtel waren ein wertvoll aussehendes goldschwarzes Horn, ein Wasserschlauch und ein weiteres Horn, ein Trinkhorn, befestigt. "Keine Widerrede", schnappte Bodono sofort, als Dafem den Mund öffnen wollte. "Bei Xigafxs Bierhumpen, wolltest du dich tatsächlich ganz alleine auf die Socken machen? Die Halbelfe muss dir mächtig den Kopf verdreht haben." Der Wirt hob gleichgültig die Schultern. "Doch mir solls Recht sein. Mit diesem Valnitar habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen. Außerdem würde ich einen alten Kumpel nie im Stich lassen!" Dafems Mundwinkel hoben sich ganz flüchtig zu einem schwachen Lächeln. Bodono war unerschütterlich und ein fürchterlicher Sturkopf, der immer mit dem Kopf durch die Wand wollte. Doch seine manchmal erschreckende Ehrlichkeit machte ihn zu etwas Besonderem. In seinem Inneren war Dafem erleichtert, dass er nicht alleine unterwegs sein würde. Bodono grinste, löste das Trinkhorn von seinem Gürtel und nahm einen tiefen Zug des kräftigen Zwergenbieres darin. Mit dem Ärmel wischte er sich den grinsenden Mund ab. "Worauf warten wir noch? Bei Sifhig, dem Trollwirt, nichts wie los!!!" Denk immer daran, dass zwei besser sind als einer. Denk daran, dass zwei nur zusammen ihre wahre Stärke entfalten können... Kopfschüttelnd folgte Dafem dem Meister der kuriosen Flüche. Kapitel 30: Hoffnung vergeht... ------------------------------- So, nächste Kapitel is in den Startlöchern. Ohne viele Umschweife geht es los...ach eins noch, eine liebe Freundin von mir, NoRegrets, hat gerade mit ner Engelstory namens "Himmelsfeuer" angefangen. Sie ist wirklich gut, besonders der Schreibstil is absolut genial!!! Jedenfalls könntet ihr ja vielleicht mal vorbeischauen, ich wollt eben ein wenig Schleichwerbung machen^^ @stoffl: Mensch, du darfst mich nicht mit soviel Lob überhäufen, dass macht mich verlegen und eingebildet^^ Ich habe mir bei dem Kapitel aber wirklich viel Mühe gegeben, wie in jedem anderen auch^^ Alles für meine Leser!!! *yeah* (man mekrt, mir fällt immer nich mehr viel ein, außer zu danken^^) @Nocturn: Okay, also erstmal zu Valnitars Versteck. Erstens hat es Fibathen erfahren, als Sagandor zum zweiten Mal angegriffen wurde (auch Könige können lauschen^^) Außerdem erfuhr es Rigo im Reich der Aviore von Signa. Zur Erinnerung: Dertil erschien vor einem Jahr dort und prophezeite von Bösen aus dem Norden in den Ruinen der Alten Welt und von Melanas Ankunft (Kapitel 23) Ja, ich habe nach KdF vor ein weiteres Projekt zu starten. "Feuerseele" ist bereits in Arbeit, allerdings spielt es in der heutigen Zeit. Dennoch kommen Fantasy und Kampf nicht zu kurz^^ Außerdem will ich eine weitere reine Fantasystory schreiben, die ein paar Parallelen zu "Feuerseele" aufweist. Also Perro werdet ihr nicht so einfach los^^ @warrior_nge: Ach du scheiße, Hilfe! Du benutzt ja keine Punkte oder Kommas oder schreibst groß!!!^^ Naja, jedenfalls Nein, das Armband ist nicht von der Rüstung der Macht, es ist einfach ein magischer Gegenstand, wie es viele auf Lutansiar gibt^^ Und Nein, das Amulett ist nicht das Götterartefakt! Ich gebe zu die Parallelen sind auffällig, doch es ist nicht so! Ansonsten vielen vielen Dank für deine ganzen Kommis. Ich schick dir den Lemon gerne^^ @Deathborn: KLISCHEEEEEEEEEES!!! Yeah! Okay, die Szene war wirklich dermaßen klassisch Fantasy, aber was solls! Klischees sind Kult! Und mein Schreibstil verbessert sich? Wow, ich geb mir immer Mühe, dass er nicht schlechter wird, aber BESSER???!!! *freu* *weiterschreib* *müde* @mitsuki11: Vielen Dank für deine Kommi! Ich weiß, unheimlich kreativ, aber mir fällt nichts ein und es is spät und ich werde müde^^ Aber bei @Nocturn kannst du entnehmen, dass sicher eine neue FF folgt^^ @SylverMortal: Ja gut, Namensverdreher passieren. Und Bodono wird bei dir nur in einer Klammer erwähnt? Ich mag ihn und er wird jetzt erst richtig aktiv^^ Ich mach schnell weiter^^ Also denn, in dem Sinne: Hier kommt Kapitel XXX !!! Kapitel XXX - Hoffnung vergeht... "Verflucht sei der Krieg aller Kriege!", fluchte Bodono, als er zusammen mit Dafem sein Lager irgendwo mitten in der Trauerwüste aufgeschlagen hatte und sich den Sand aus den schweren Lederstiefeln klopfte. "Verflucht sei dieser Krieg für diesen grässlichen Ort!" Seit zwei Tagen waren sie nun schon unterwegs. Anfänglich waren sich noch gut vorangekommen, vorbei an einzelnen Eichen mitten in den sonst so freien Grasebenen. Doch diese Bäume wurden auf ihrem Weg zunehmend verkrüppelter, bis die Steppe völlig kahl schien. Am Morgen des zweiten Tages hatte sich schließlich auch der Untergrund, auf dem sie liefen, angefangen zu verändern. Das saftige grüne Sommergras wurde trocken wie abgestorbenes Laub, so dass Bodonos und Dafems Schritte von einem stetigen Knirschen begleitet wurden. Schließlich waren sie der Trauerwüste so nahe gekommen, dass sich immer mehr feiner Sand unter ihren Füßen befand und das knisternde Gras verdrängte. Bald sah der Erdboden aus wie ein goldgelbes Meer aus feinen Körnchen, indem ab und an noch eine Insel Grün auftauchte. Doch auch dies lag bereits einen Tagesmarsch hinter ihnen. Inzwischen hatten Wirt und Abenteurer das Gefühl, das einzig Lebendige in dieser Wüste aus knöcheltiefem Sand zu sein. "Ich weiß nicht viel von dem Krieg aller Kriege", gestand Dafem, während auch er die Stiefel auszog und seine Blasen untersuchte. Der Sand drang in jede kleine Ritze und scheuerte fürchterlich an der blanken Haut, bis sie wund war. "Was hat dieser Krieg mit der Trauerwüste zu tun?" Bodono strich sich nachdenklich über den Schädel, der Blick seiner glasig gewordenen Augen schweifte in die Ferne. "Einst soll dies ein Ort voller Leben und Schönheit gewesen sein. Weite Wiesen...grüne Wälder...Flüsse und Seen, in denen Kinder morgens badeten. Die Ruinen der Alten Welt, die wir morgen erreichen werden, soll einst eine der schönsten Städte der Welt gewesen sein, Hand in Hand erbaut von Zwergen, Elfen und Menschen." "Woher weißt du das?" "Glaube mir, als Inhaber eines Gasthauses hört man mehr als du denkst, auch wenn man sich bei manchen Sachen wünscht, sie nicht gehört zu haben." Bodono zog eine Grimasse. "Bei Koortigs Eiern, ich werde ja völlig sentimental!" Er schnaufte und schlug mit der Faust in die Flache Hand. "Aber zur Hölle noch mal, diese Geschichte ist einfach grauenvoll!" "Was ist passiert?" Fröstelnd rutschte Dafem ein Stück näher ans Feuer, obwohl es nicht kalt war. Sowieso herrschte in der Trauerwüste ein merkwürdiges Klima, das nicht zu solch einer Gegend passte. Es war weder heiß noch eisigkalt. Es schien eher genau die gleiche Temperatur wie in der Steppe Lutansiars zu sein. "Es war zu der Zeit, in der die größte Gewalt des Krieges herrschte. Der Hass der Völker war so fürchterlich, dass sie sich gegenseitig töteten, egal ob ihnen Mann oder Kind vor die Klinge lief. Frauen wurden geschändet, wahrscheinlich war dies die Zeit, in der die meisten Mischrassen Lutansiars entstanden." Halbelfen... Schoss es Dafem sofort durch den Kopf. Der Gedanke an Melana versetzte seinem Herzen einen heftigen Stich. Den ganzen Tag über musste er immerzu an sie denken. Ob es ihr gut ging? "Auch die Stadt, wovon heute nur noch die Ruinen der Alten Welt übrig sind, blieb davon nicht verschont. Ein Heer Dunkelelfen fiel über die Stadt her. Durch die Konflikte, die sowieso bereits dort tobten, war es ihnen ein leichtes einzudringen und jeden Einzelnen zu misshandeln oder zu töten." Bodono sog scharf die Luft ein. "Dies war die Stunde, in der der Held Udeasin Kinta erstmals in die Geschehnisse des Kriegs aller Kriege gezogen wurde, denn es war seine Heimatstadt. Er war der einzige, der das Grauen überstand, da er sich in einem Schutzkeller versteckt hielt. Als die Dunkelelfen wieder abzogen und Kinta auf die Strasse trat, war die ganze Stadt zerstört und verbrannt. Er fand seine Eltern, die Seite an Seite tapfer in dem Kampf gestorben waren. Udeasin Kinta soll in diesem Augenblick das magische Schwert ,Silberklaue' seines Vaters genommen und mit ihm einen Bluteid geschworen haben. Die Götter erkannten in ihm den Messias, der den über 500 Jahre währenden Krieg beenden konnte. Ilerdt Schicksalsgott und Gurdot Kriegsgott sollen ihm angeblich in ihrer irdischen Form das Amulett des Mutes und die Rüstung der Macht überreicht haben. Als Udeasin Kinta diese beiden Götterartefakte anlegte, setzte er durch seine Trauer und seine Entschlossenheit die Magie der Relikte frei. Alles in einem Umkreis von mehreren Kilometern wurde mit Sand überzogen. So entstand die Shigay di Trist, die Trauerwüste... Seit diesem Tag ist hier nicht auch nur ein Grashalm gewachsen..." Nach dieser Erzählung schwiegen beide. Bodono nahm einen tiefen Zug des Zwergenbiers in seinem Trinkhorn, während Dafem gedankenverloren in den Himmel starrte. Ob Udeasin Kinta den Schicksalsgott damals auch als Dertil gesehen hat? Und diese Erzählung...es scheint, Bodono ist sensibler als ich dachte... "Bei Xigafxs Bierhumpen und der Feuerwitwe Tisa, ich habe Sand in der Hose! Verflucht das kratzt vielleicht!!!" Andererseits... Nur langsam erwachte Melana aus ihrem dämmrigen Zustand. Sofort durchzuckte sie wieder der furchtbare Schmerz. Ihre Kleidung war teilweise zerschnitten, die Haut darunter blutig und übersät mit regelmäßigen Messerritzereien. Ein schwaches Stöhnen entwich ihrer trocknen Kehle. Seit fast zwei Tagen hatte sie kein Wasser bekommen. Melana wusste, dass die Feinde ihren Willen brechen wollten, doch wenn das so weiterging, würde sie sterben, bevor sie überhaupt noch etwas konnte. Ihre Lippen jedenfalls waren bereits schmerzhaft aufgeplatzt und spröde. Am schlimmsten waren die glühenden Eisenstangen, die der Folterknecht ihr an mehrere Stellen des Körpers gehalten hatte. Sie hatte geschrieen und Rigo, Xab und Aurora hatten sie angefleht, dass sie den Rubinstecken doch endlich abgeben würde. Nichts wäre soviel wert, hatten sie gerufen, obwohl Melana wusste, dass dem nicht so war. Vielleicht erlitten ihre Freunde beim Zuschauen mehr Qualen als sie selbst. Jetzt jedoch schliefen die drei verdient. In Auroras verschmiertem Gesicht konnte man noch immer gut die Spuren sehen, die die Angsttränen um ihre Freundin auf ihre Wangen gezeichnet hatte. Und sogar Xab, so unwahrscheinlich das auch klang, war außer sich vor Entsetzen gewesen. Als sich Melana schwach bewegte, rasselten ihre fesselnden Ketten, die sie an der Wand festhielten. Die Haut an Hand- und Fußgelenken war bis zur Unerträglichkeit aufgescheuert. Plötzlich spürte die Halbelfe, dass jemand den Folterkeller betrat. Sie zuckte zusammen, Gedanken durchströmten sie wie schmerzvolle Blitzschläge: Sicheln...Messer...glühende...Eisenstangen...Schmerz...Qualen...Blut... Ängstlich kniff sie die Augen zusammen. Das Rascheln von Magier- oder Priesterroben drang an ihr Ohr. Das war nicht der Foltermeister, der gekommen war, um sein Werk fortzuführen. Doch wer war es dann? Vielleicht Valnitar? Letztendlich siegte ihre Neugier und sie öffnete die Augen wieder. Vor ihr stand eine Halbdunkelelfe in der Tracht einer dunklen Priesterin. Sie hielt eine Schale voll klaren Wassers in der Hand. "Me...li...ssa?", flüsterte Melana kraftlos, gefolgt von einem rauen Husten. Dafems Schwester legte ihr einen kühlen Finger auf die Lippen. "Sprich nicht. Du brauchst alle Kräfte, die du noch hast." Sie setzte der Halbelfe die Wasserschale an die aufgesprungenen Lippen. "Es muss für dich schrecklich sein in diesen Gefilden, vor allem als Halbelfe...Na los, trink..." Verwirrt, aber zutiefst dankbar ließ Melana das erfrischende Nass ihre Kehle herab rinnen. Auch wenn viele Tropfen durch ihre Gier nach Wasser vergeudet ihr Kinn herab liefen, war sie für kurze Zeit zufrieden. Nachdem Melana die Schale leer getrunken und Melissa sie in eine Robentasche gleiten gelassen hatte, lächelte die gefangene Magierin schwach. "Danke...aber...wie...wieso tust du das?" Das Sprechen viel ihr nach dem Wasser wieder etwas leichter. "Ich...ich weiß es auch nicht..." Das Eis in Melissas Augen schien langsam aufzutauen und einen Schwall von Gefühlen freizusetzen. Melana sah in ihren Augen Verwirrung, Trauer und einen inneren Konflikt, der sie zu zerreißen drohte. Die Halbdunkelelfe seufzte, ihr Blick unablässig auf Dafems Freundschaftsring, der unter einer Schicht Blut an dem kleinen Finger ihres Gegenübers steckte. "Du liebst ihn, nicht wahr?", fragte Melissa plötzlich. Perplex hob Melana ihren Kopf. "Wen?" "Dafem. Ich spüre seiner Aura sehr deutlich an dir haften. So deutlich, wie auch Jodeans Aura an mir klebt..." Gedankenverloren strich die dunkle Priesterin über ihren Bauch. "Scheinbar hatte mein Bruder Recht, ich bin nicht nur eine Dunkelelfe, sondern auch ein Mensch. Ich ertrage all die Qualen auf Lutansiar nicht mehr." Langsam und mit zittrigen Fingern griff Melissa nach einer der Ketten, die Melana fesselten. Als sie das Eisen jedoch berührte, zuckte sie zurück, als hätte sie sich daran verbrannt. "Doch genauso wenig kann ich für die Guten kämpfen. Ich kann mich nicht von Valnitar lossagen, der Ruf der Krone dröhnt so laut in meinem Kopf..." Immer weiter wich Dafems Schwester zurück, bis sie an der Tür stand, die aus dem Raum führte. "Es...es tut mir Leid, dass ich nicht mehr tun kann. Wahrscheinlich war das für immer meine letzte gute Tat. Ich kann nicht umkehren, zu weit bin ich den Bösen gefolgt. Ich kann nicht umkehren...ich kann nie mehr nach Hause..." Mit wehenden Roben wandte sich Melissa ab und verließ die Folterkammer. Zurück blieb eine sehr verwirrte Melana, die ihre Augen schloss und allmählich zurück in ihren dämmrigen Schlaf glitt... Als Dafem und Bodono am nächsten Morgen erwachten, lag ein feiner Nebel über der Shigay di Trist. Es war früh am Morgen. Ohne auch nur ein einziges Wort miteinander zu wechseln, brachen sie ihr Lager auf und stapften weiter durch den feinen Sand, der durch den feuchten Nebel nun noch hartnäckiger an ihren Stiefeln und Hosen klebte. Schon bald setzten sich feine Wassertropfen an ihnen ab, bis sie durchnässt waren, als hätten sie in strömendem Regen gestanden. Dafem fühlte sich auf grässliche Weise an den Aufstieg zum Einsamen Berg erinnert. Der Abenteurer verscheuchte den Gedanken mit einem Kopfschütteln und nahm einen Schluck Wasser aus seinem Trinkschlauch. So liefen sie schweigend nebeneinander her, jeder in seine eigenen Erinnerungen ihrer vergangen Erlebnisse vertieft. Sie wussten, noch heute würde ihre Reise zum Ende kommen. Entweder sie würden das Unwahrscheinliche schaffen und Valnitar ein Schnippchen schlagen, indem sie Melana und die anderen direkt unter seiner Nase wegschnappen würden...oder sie würden erwischt werden. Tod und Folter schienen den beiden nicht sehr verlockend. Der Sand knirschte. Die endlose Weite der Trauerwüste ließ Dafem fühlen, als wäre er nur eine kleine Ameise. Eine Ameise, die verzweifelt versuchte sich gegen die unaufhaltsame dunkle Flut der Feinde zu stemmen, bis sie von Valnitars Stiefelabsatz zertreten werden würde. Schaudernd sah Dafem hinab auf seine Füße und beobachtete ihre mechanischen Bewegungen. Ein Schritt. Noch ein Schritt. Wie von selbst stapfte er immer weiter. Schließlich schreckte ihn Bodonos Gegröle auf. "Da! Bei Schmiedemeister Äntras Hammer! Die Ruinen der Alten Welt!!!" Am Horizont zeichneten sich erste Gebilde ab. Je näher die beiden kamen, desto besser waren die Überreste der mächtigen Stadt, die einst hier gestanden hatte, zu erkennen. Verwitterte Türme und eingebrochene Häuser, größtenteils überdeckt mit gelbgoldenem Sand. Der Wind wehte hier ungewöhnlich stark und erzeugte ein Geräusch, als würden die Seelen der Bewohner von Udeasin Kintas Heimatstadt noch immer über die Grausamkeit, die ihnen von den Dunkelelfen angetan wurde, klagen und trauern. "Ein düsterer Ort", murmelte Dafem bedrückt. Das Leid und der Kummer waren so stark, dass er das Gefühl bekam danach greifen und es festhalten zu können. "Also suchen wir den Eingang in die unterirdischen Katakomben. Wir müssen Melana retten, dass habe ich Estilor geschworen!" "Sag es endlich!", brüllte der Foltermeister wütend. "Sag einfach nur: ,ich gebe euch den Rubinstecken' und die Qual wird sofort aufhören!" Melana jedoch ließ die Worte an ihr abprallen. Die grünen Augen der Halbelfe funkelten trotzig. "Törichtes Gör!" Zornig schlug der Vermummte ihr mit der flachen Hand hart ins Gesicht, so dass ihr Kopf zur Seite ruckte. Ihre spröden Lippen platzten dabei wohl schon zum hundertsten Male auf. Melana spuckte das Blut, dass sich in ihrem Mund sammelte aus, blieb sonst aber unnachgiebig. Plötzlich blitzten die dunklen Augen des Folterknechtes unter den Schlitzen, die in seine schwarze Tuchmaske geschnitten waren, auf. "Ich kenne auch andere Arten der Folter, als den Schmerz", zischte er. Gierig fuhr er sich mit der Zungenspitze über die Lippen und trat näher. "Sag es", flüsterte er drohend. Seine Hand wanderte unter ihre zerfetzten Magierroben. "Sag es..." Rigo, Xab und Aurora, in ihrer Eisenkäfigzelle zum tatenlosen Zusehen verdammt, rüttelten an den kreuzförmig angeordneten Gitterstäben. "Dreckiger Bastard! Lass die Finger von ihr!", kreischte Rigo mit einem tödlichen Blitzen in den Augen. Wenn er könnte, würde er diesen Folterknecht mit seinen Klauen zerreißen. Doch ihr stabiles Gefängnis war selbst den übermenschlichen Kräften des Aviors gewachsen. "Ruhe!", befahl der Vermummte. Dann wandte er sich wieder zu Melana und grinste diabolisch. "Ich muss mich hier konzentrieren..." Seine Hand berührte Regionen, die die Halbelfe erschauern ließen. Gequält von Ekel schloss sie die Augen. Doch auch jetzt war sie nicht willig, den Feinden den Rubinstecken zu überlassen. Im nächsten Augenblick wurde die Tür der Folterkammer krachend aufgestoßen. In der Tür stand Valnitar mit sechs Dunkelelfen. Der Träger der Krone der Finsternis trat ungeduldig ein, ein kurzer Blick auf Melana zeigte ihm, dass ihr Wille nicht gebrochen war. "Es reicht!", rief Valnitar schneidend. "Meine Geduld ist am Ende!" Der Dunkelelf schritt zu einem hölzernen Tisch mitten im Raum, auf dem das Objekt seiner Begierde, der Rubinstecken, lag. Er war so nah und doch so fern. Seine vor Wut zitternde Hand strich über den blutroten Edelstein an der Spitze des Stabes, der Edelstein, der seine Herrschaft über Lutansiars bedeutete. "Wie viel ist dir der Stab wert, Melanaria Esperanza Kinta?", wisperte Valnitar ohne den Blick von dem Rubinstecken abzuwenden. "Du hast bewiesen, dass er dir mehr als dein Leben wert ist...doch ist er für dich auch mehr wert als das Leben deiner Freunde?" Wie auf Kommando traten die sechs Dunkelelfen mit lautlosen Schritten an die Zelle der drei anderen Gefangenen. Einer der Diener zog einen schweren Eisenschlüssel aus seiner Robentasche und schloss den Käfig damit auf. "Lasst den Gnom drin. Es ist noch niemandem gelungen ein Wesen dieser Rasse durch Folter zum Reden zu bringen. Und ich habe keine Geduld dafür", erklärte Valnitar. Xab zog empört eine Schnute. "Ohhh! Ich denke nicht, dass es gerecht ist mich anders zu behandeln als die anderen." Er überlegte kurz und fügte mit einem stolzen Grinsen hinzu: "Aber andererseits habt ihr recht, mich bringt ihr nie zum Reden!!!" Während der kleine Gnom sprach, packten zwei Dunkelelfen Aurora an den Armen. Ihr Griff war hart wie Stein. Auch wenn sich die Prinzessin verbissen wehrte, wurde sie mit offensichtlicher Leichtigkeit aus der Zelle geführt und genau wie Melana mit Ketten an die Wand gefesselt. Anders sah es bei Rigo aus. Der Avior rangelte verbissen mit vier Dunkelelfen gleichzeitig. Die dunkelhäutigen Kreaturen klammerten sich überall an ihm fest, doch Rigo wand sich unter ihrem Griff wie ein glitschiger Aal. Kreischend wie ein Raubvogel schlug er um sich. Ein Dunkelelf wurde von seiner Klauenhand erfasst und gegen die Zellenwand geschleudert, so dass sich rotes Blut aus seinem Hinterkopf an den Gitterstäben verteilte. Valnitar rollte bei den Schwierigkeiten, die seine Untergebenen hatten, genervt mit den Augen. "Bala de relampago", sang der Götterartefaktträger in der Zunge der Magie. Eine faustgroße Kugel schwebte plötzlich über seiner Handfläche. Die Kugel leuchtete in hellem Blau und dünne, gegabelte Blitze zuckten in und um ihr. Als die drei Dunkelelfenhelfer es geschafft hatten, Rigo zumindest aus der Zelle zu zerren, schleuderte Valnitar das magische Geschoss auf den Avior. Die Blitzkugel traf den Vogelmenschen hart, so dass er augenblicklich in die Knie sank und sein Körper von unkontrollierten Zuckungen geschüttelt wurde. Die Dunkelelfen konnten den benommenen Rigo nun spielend ebenfalls neben die beiden anderen Gefangenen an die Wand ketten. Für den Avior benutzen sie extra dicke Fesseln. Melana beobachtete das Schauspiel entsetzt. Valnitar grinste nun und bedeutete dem Folterknecht mit einem Kopfnicken, dass er beginnen konnte. "Aber mach schnell. Ich will keine Zeit mehr vergeuden." "Wie ihr wünscht." Der Vermummte griff nach einem Messer, dessen schartige Klinge von Melanas Blut verkrustet war. Der Foltermeister trottete auf Rigo zu. "Gib ihnen nicht den Rubinstecken, Melana, egal was mit uns geschieht", meinte der Avior mit fester Stimme. Die Halbelfe konnte ihn einfach nur anstarren, seine Worte erreichten sie nicht. "Halt den Rand Federvieh!", brüllte der Folterknecht und rammte Rigo den Griff des Messers hart in den Magen. Der Vogelmensch stöhnte, Melana schrie auf. In ihren Augen sammelten sich Tränen. "N...nicht...bitte hört auf..." "Dann gib uns den Stab!", erwiderte der Vermummte zornig. Er verleite seinen Worten Nachdruck, indem er Rigo einen weiteren Schlag, diesmal mit der Faust, ins Gesicht verpasste. "GIB IHN UNS!!!" Als Melana nicht antwortete, schnaubte er abfällig. "Dies ist deine letzte Chance", zischte der Folterknecht. "Gib uns den Stab, oder ich steche deinem Freund das Auge aus." Er packte Rigo am Hals und richtete die Spitze des Messers auf sein goldenes Auge. Der Avior war von Valnitars Angriff zu geschwächt, um sich noch zu wehren. "Nein", hauchte Melana mit vor Grauen geweiteten Augen. "Dann gib uns den Stab!" "Ich...ich kann nicht..." Der Folterknecht führte das Messer so nah an Rigos Auge, dass es nur noch wenige Zentimeter davon entfernt war. "Die Augen eines Aviors sind so gut, dass die Sinne darin um ein Vielfaches stärker sind als bei anderen Wesen! Der Schmerz wird unvorstellbar sein!!! Willst du, dass dein Freund sein Auge verliert?" "Nein!", antwortete die Halbelfe aufgelöst. "Bitte...tut ihm nichts...ich...ich tue es...ich gebe euch den Stab..." Geschlagen ließ sie den Kopf hängen, die roten Haarsträhnen vielen ihr ins Gesicht und verbargen den verzweifelten Ausdruck ihrer Augen. Rigo wand sich plötzlich wieder in seinen Ketten, zog, rüttelte, zerrte und schrie dabei nach Leibeskräften, doch all seine gewaltigen Aviorkräfte brachten ihm nichts. "Gut so Mädchen gut so. Sag es noch einmal, schrei es in die Welt hinaus! Breche den Bann, löse die Magie! Mach die Krone der Finsternis vollkommen!!!" Valnitar schien außer sich vor Freude. Verzeih mir Lili Liebesgöttin...und auch ihr meine Vorfahren und Ahnen, verzeiht, dass ich keine würdige Hüterin des Rubinstecken des Feuers war...doch ich ertrage es einfach nicht meine Freunde leiden zu sehen... "Ich gebe dir den Rubinstecken, Valnitar", wiederholte Melana leise. In dem Augenblick, in dem sie diese Worte sprach, schien sich irgendetwas zu verändern. Die Halbelfe konnte es nicht richtig deuten, doch es schien, als wäre sie nicht mehr an dem gleichen Platz wie gerade eben. Als hätte sich die ganze Welt mit einem Mal auf eine grauenvolle Art verzerrt und verschoben. Valnitar fing an zu lachen, während er mit Genugtuung beobachten konnte, wie der Edelstein an der Spitze vom Rubinstecken anfing zu glühen. Langsam erhob sich das letzte Stück der Krone der Finsternis, als wäre es niemals mit dem Stab verbunden gewesen. Es schwebte in der Luft wie ein kleines, rotes Glühwürmchen. Dann flog es gemächlich auf die Krone der Finsternis zu. Mit einem immer helleren Leuchten setzte sich der blutrote Stein schließlich in die einzige freie Eindellung des Götterartefaktes und komplettierte somit die gleichmäßige Facette von roten Edelsteinen, die auf dem schwarzen Metall glänzte wie dutzende Schattenalpaugen. Ein schmerzendes Gefühl durchzuckte Melanas Körper, als sie ein weiteres Mal spürte, wie sich die ganze Welt zu verschieben schien. Für einen Augenblick waren jegliche Farben verzerrt und unreal, nichts war Wirklichkeit. Dann war der Moment vorbei und die Halbelfe sank in sich zusammen. Gleichzeitig wurde Valnitars irres Lachen in ihren Ohren plötzlich zu einem entsetzten Kreischen. Schreiend riss der Dunkelelf die Arme an den Kopf. "Es brennt! Mein Kopf brennt!" Mit Verwunderung in den kalten Augen wichen die Dunkelelfenhelfer von ihrem rasend gewordenen Herrn zurück. Auch der Folterknecht stolperte ein paar Schritte davon. Blind und aggressiv vor Schmerz stolperte Valnitar durch den Raum. Unkontrolliert schlug er mit dem Arm um sich und traf dabei einen Tisch, so dass er polternd umstürzte und sich die darauf befindlichen Folterinstrumente klirrend über dem Boden verteilten. Ein ekelerregendes Zischen und der Gestank verbrannten Fleisches breiteten sich in der Kammer aus. Jeder im Raum beobachtete verwirrt, wie Valnitar blinzelnd und schreiend um sich schlug. Schließlich stieß der Dunkelelf mit dem Rücken gegen einen weiteren Tisch, stolperte und fiel zu Boden. Dann war es plötzlich still. "Sagt...ist er jetzt tot?", fragte Xab unschuldig. Neugierig beugte sich der Gnom mit dem Gesicht über Valnitar, um ihm in die, leider, geschlossenen Augen sehen zu können. Der Dunkelelf rührte sich nicht mehr. "Nimm ihm die Krone ab, nimm ihm die Krone ab!", zischte Aurora. Die Untergebenen des Schwarzmagiers waren zu geschockt um etwas zu unternehmen, als Xab seine kleinen Hände um die Krone legte und daran zog. Doch das Artefakt blieb trotz aller Kraftanwendung auf dem Kopf des Dunkelelfen. "Sie ist vollkommen", seufzte Melana hoffnungslos. "Niemand außer Valnitar selbst ist nun in der Lage, ihm die Krone abzunehmen." "Dann töte ihn!", kreischte Rigo über das Klirren seiner Ketten. "Das ist die Chance. Geh sicher, dass er tot ist. Stomp hat gesagt, der Zauber der Krone verliert dann seine Wirkung. Wir können sie seinem Leichnam abnehmen und zerstören oder verstecken!!!" Hektisch nickend sah sich Xab nach einem der auf dem Boden liegenden Messer um. Doch als er ein kraftloses Stöhnen vernahm, hielt er kurz inne. Valnitar schlug mit einem Ruck die Augen auf. Eine Hand schnellte hervor und legte sich um Xabs Hals. "Wie...so...habt ihr den Gnom...nicht wie befohlen eingesperrt?", stöhnte der Schwarzmagier kalt. Wütend schleuderte er Xab davon. Der Gnom kullerte ein Stück den Boden entlang und blieb schließlich zeternd an Ort und Stelle liegen. "Dieses Gefühl..." Valnitars Stimme schien nicht mehr der gleiche wie noch vor wenigen Sekunden, als er sich mühsam aufrichtete. "...es ist so... intensiv..." Nachdenklich betrachtete sich der Dunkelelf seine Handfläche. "Ich spüre, wie die Magie der Krone durch meinen Körper strömt. Ich fühle die Essenz des Bösen, die von Opelaryn in diese Krone gebannt wurde... ICH FÜHLE DIE MACHT!!!" Valnitar warf den Kopf in den Nacken und lachte. Es war ihm egal, dass die Krone der Finsternis sich vor wenigen Augenblicken noch so tief in sein Fleisch gebrannt hatte, dass dünne Blutfäden unter dem schwarzen Metall hervortraten und seine Stirn herab liefen. Er hatte endlich was er wollte. "Die Krone der Finsternis ist vollkommen! Nimm dich in acht Lutansiar! Sollen sie doch kommen, sollen sie doch alle kommen! Niemand kann mich jetzt noch aufhalten!!!" Obwohl kein Wind herrschte, flackerten die Kerzen an den Kerkerwänden auf und erloschen... Kapitel 31: Melissa ------------------- Sorry, ein wenig verspätet, aber hier kommt der neue Teil! @Nocturn: Hm, wie das Kapitel bereits sag, wird hier Melissa nochmal einen großen Auftritt haben^^ Du wirst selbst lesen, was passiert also sag ich mal nix weiter. Zu dem Einfluss, naja, ich habe schon manchmal was im Nachhinein zm besseren Verständnis eingefügt oder so, aber größtenteils war der handlungsfaden meiner Story schon bestimmt. Nur einige Zwischenräume sind dann von mir spontan gefüllt worden. Im Epilog wird noch was geschehen, was ich aus euren Kommentaren entnommen habe, aber das wirst du ja noch sehn^^ @Deathborn: Die Folter war dir nicht heavy genug? Man oh man, so brutal bin ich dann doch wieder nicht...aber wir können uns ja darauf einigen, dass es für Aviore als Kriegervolk demütigender ist, wenn sie mit bloßen Händen geschlagen werden^^ Deal? @stoffl: Hm, Melana ist eben sehr verbunden mit ihren Freunden und hatte einfach irgendwann die Schnauze voll von den ganzen Qualen ihrer Odysee^^ Sie wollte einfach nur noch Ruhe haben. Und ich glaube in dieser Situation waren ihr die Folgen egal...hm, ehrlich gesagt macht mich das jetzt fertig, ich hätte die Szene wohl noch krasser machen solln, so wie Deathborn gesagt hat...hm...naja, was solls, zu spät^^ @warrior_nge: Ja, bist du jetzt ein neuer Stammleser?^^ Hätte nicht gedacht, dass die Story in diesem Abschnitt noch neue Gesichter anzieht^^ Hm, aber du hast ja auch meine andere geschichten kommentiert, dafür muss ich mich übrigens auch noch bedanken. Adult bekommen? @SylverMortal: Jahaa, ich werde Bodono ne größere Rolle andichten, zumindest so groß, wie man es in drei verbleibenen Kapitel noch machen kann. Ich mag ihn irgenwie, er ist anders als meine sonstigen Charaktere, die irgendwie alles so stillschweigend hinnehmen^^ Ansonsten kann ich nur sagen: Hier kommt Kapitel XXXI !!! Kapitel XXXI - Melissa "Zur Hölle noch mal, was tun wir denn jetzt?", zischte Bodono erzürnt. Dafem ballte wütend die Hand zur Faust. Sollte ihr Vorhaben jetzt schon scheitern, an solch einem kleinen Hindernis? Nachdem die beiden die ,Shigay di Trist' durchquert und die Ruinen der Alten Welt gefunden hatten, waren sie sofort auf die Suche nach einem Eingang, der in die unterirdischen Katakomben und somit in Valnitars Unterschlupf führen würde, gegangen. Tatsächlich brauchten sie nicht lange, um im Zentrum der Trümmerstadt eine Art Hügel aus glattem schwarzem Obsidian zu finden, der eindeutig nicht zu der Trauerwüste passte. Sie hatten auch ein goldumrandetes Tor entdeckt, dass in dieses Gebilde eingelassen war und über einen Tunnel offensichtlich in die tiefsten Eingeweide der Erde führte. Doch trotzdem gab es ein kleines Problem... "Warum muss dieses verfluchte Tor bewacht sein?", zischte Bodono zum wahrscheinlich tausendsten Mal. Er spähte von ihrem Versteck, eine halbwegsintakte brusthohe Mauer hinter die sie gekrochen waren, zu den zwei Dunkelelfen, die den Eingang in etwa fünfzig Metern Entfernung mit emotionslosen Gesichtern links und recht flankierten. Sie standen da wie steinerne Säulen, den Silberspeer in der Rechten, das Signalhorn bereit zum Alarmschlagen in der Linken. "Was tun wir jetzt?", flüsterte Dafem. Bodono tätschelte eine Zeit lang nachdenklich seine Axt, ehe sich sein Gesichtsausdruck voller Entschlossenheit verhärtete. "Wir stürmen den Laden..." Dafem berührte den Wirt am Arm und blickte ihm fragend in die Augen. "Bist du dir sicher? Wir wissen nicht wie viele Feinde sich in den Katakomben tummeln!" Unwirsch riss sich Bodono los. "Aber wir haben keine Zeit mehr! DU selbst bist doch alleine aufgebrochen, weil keine Zeit mehr zum Nachdenken und Planen bleibt! Wir müssen alles auf eine Karte setzen. Bei Koortigs Eiern, verstehst du das nicht?" Dafem zögerte. "Sag, Dafem, willst du deine Halbelfe noch weiterhin leiden lassen?", zischte Bodono so eindringlich, dass sich kurzzeitig eine eisige Gänsehaut über die Haut des Abenteurers legte. Schließlich seufzte er resignierend und zog als Zeichen seiner Zustimmung einen langen Dolch aus seinem Gürtel. "Bodono?", sagte Dafem mit düsterem Gesichtsausdruck. Als der Wirt ihn fragend ansah, lächelte er. "Danke..." Ein Grinsen breitete sich auf Bodonos Zügen aus. Der ältere Mann griff nach der Axt. "Auf zum letzten Kampf!" Mit einem Kampfschrei stürmte der Wirt aus ihrem Versteck hervor und sprintete mit großen Schritten auf die zwei Dunkelelfenwächter zu. Dafem folgte keuchend, der Sand unter seinen Füßen knirschte. Die zwei Dunkelelfen waren von dem plötzlichen Angriff vollkommen überrascht. Verwirrt richteten sie die Spitzen ihrer Silberspeere auf die Herannahenden, ohne von den Signalhörner Gebrauch zu machen, die jetzt an Lederschnüren lose um ihre Hälse baumelten. Dafem warf von weitem seinen Dolch und zog in einer fließenden Bewegung das Schwert. Das Wurfmesser durchschlug die Kehle des ersten Wächters, so dass dieser mit einem gurgelnden Laut zusammensackte. Bodono rannte wie von der Tarantel gestochen auf den zweiten Dunkelelf zu, schlug den Silberspeer entzwei, drehte sich einmal um die eigene Achse und schlug dem Feind seine Axt mit dem zweiten kräftigen Hieb hart in die Seite. Ein kurzes Keuchen und das Licht verschwand aus den dunklen Augen des Wächters. Der Dunkelelf ging neben seinem Artgenossen zu Boden. Der Sand saugte sich mit dem weinroten Blut voll. "Ich glaube, das ist das erste Blut, das seit über fünfhundert Jahren hier vergossen wurde", murmelte Bodono, als er seine besudelte Axt mit einem Ruck aus dem Leib des Toten zog. "Wenn es dabei hilft, die Krone der Finsternis aufzuhalten, hätte selbst Udeasin Kinta dieses Opfer gebracht." Dafem wischte die Klinge seines Dolches mit dem Hemdärmel sauber und steckte die Waffe zurück in den Gürtel. "Lass uns gehen, Bodono!" Trotz der Entschlossenheit von Dafems Stimme, erkannte der Wirt sofort die versteckte Furcht. Er sah es daran, dass der Abenteurer seine Kette mit einer Hand zitternd umklammert hielt. Dennoch nickte der Ältere nur. Zu Zweit betraten sie die Kuppel aus schwarzem Gestein. Der Weg vor ihnen fiel sofort in einem starken Winkel ab. Fackeln beleuchteten die verwitterten Bodenfließen, die von tausenden Jahren voller Fußtritte abgenutzt und bleich waren. Dafem löste eine der Fackeln aus ihrer Wandhalterung, bevor er weiterlief. Sie mussten beim Gehen sehr vorsichtig sein, denn der Weg führte immer weiter ins Erdinnere. Dafem wagte sich nicht auszumalen, womöglich auszurutschen und den kompletten Steilweg herabzurollen, bis ihn eine Wand oder ein Stein unsanft aufhalten würde. Vielleicht hatte dieser Gang aber auch gar keine Ende... Eine absurde Vorstellung, bei der der Abenteurer schaudernd den Kopf schüttelte. "Oh, Lichtgöttin Ampara, weise uns mit deinem Licht den rechten Pfad..." Der Weg schien tatsächlich kein Ende nehmen zu wollen. Sie folgten ihm sicher bereits über eine Stunde, ohne das irgendwelche Biegungen oder Abzweigungen zum Vorschein gekommen waren. Nur die regelmäßigen Nischen in den Wänden und das Licht der Fackeln zierten die Umgebung. Dafem spürte Bodonos Anspannung. Der Wirt ließ immer wieder ungeduldig seine Knöchel knacken. Dafem wusste, er würde lieber gegen das ganze Lager voller Dunkelelfen, Orks und Goblins kämpfen, als hier im Ungewissen herumzuschleichen. Und tatsächlich schien dieser Gedanke auch dem Abenteurer immer verlockender... Schließlich ist das was wir hier tun, vollkommener Wahnsinn! Zu zweit spazieren wir mitten im Lager des Feindes umher. Wahrscheinlich sind diese unterirdischen Katakomben das reinste Labyrinth! Außerdem ist es ein Wunder, dass wir bisher noch keinem Feind in die Arme gelaufen sind! Wie als Antwort hörte man plötzlich Stimmen. Sie kamen aus den Tiefen des Ganges, jedoch nicht allzu weit entfernt. Anhand der vielen Fußschritte ließ sich erahnen, dass es sich um mindestens fünf Leute handelte. "Warum müssen ausgerechnet wir schon wieder Wache schieben?" "Befehl von Valnitar. Der Eingang soll immer gesichert sein!" "Als ob jemand so irre wäre und durch die Trauerwüste marschieren würde, um HIER einzudringen..." Die fünf sprachen in der alten Zunge der Elfen, so dass es wohl Dunkelelfen waren, die sich dort unterhielten. Während Bodono vergebens versuchte die fremde Sprache zu entziffern, kroch in Dafem bereits das kalte Entsetzen hoch. Wenn die fünf Wache schieben sollten, würden sie ihnen in diesem engen Gang entgegenkommen! Hastig sah sich der Abenteurer nach einer Fluchtmöglichkeit um. Den Gang zurücklaufen war unmöglich, sie waren viel zu offensichtlich, außerdem konnten sie nur bis ganz zum Eingang zurück. Die Dunkelelfen würden sie entdecken! Geistesgegenwärtig stieß Dafem Bodono in eine der Wandnischen. Dieser verhielt sich instinktiv ganz still, während der Blonde mit zittrigen Fingern versuchte, seine Fackel in eine leere Wandhalterung zu stecken. Leider machte er dabei mehr Lärm, als ihm lieb war. "Was war das?", zischte einer der Dunkelelfen schließlich. Dafem biss sich wütend auf die Lippe, schaffte es endlich die Fackel zu verstauen und verbarg sich schnell in der Nische, in die er auch Bodono gesteckt hatte. Einen Augenblick später kamen auch schon die fünf Dunkelelfen in Sichtweite. "Ich hab eindeutig etwas gehört!" "Was liegt dort?" Einer der Dunklen hob etwas vom Boden auf. "Ein Menschenmesser!" Voller Grauen musste Dafem erkennen, dass er es offensichtlich hatte fallen gelassen, denn es steckte nicht mehr in seinem Gürtel. "Wir haben hier wohl ein paar Ratten! Ruft Verstärkung, durchsucht die Nischen und Gänge!" Ein Dunkelelf nickte, setzte sein Signalhorn an die Lippen und blies. Der tiefe durchdringende Ton schien die Erde erbeben zu lassen. Dafem war sich im Klaren, dass es überall zu hören sein musste. Tatsächlich hörte man in wenigen Augenblicken schon neuerliches Fußgetrappel und weitere Stimmen. Wir sind erledigt. Sie werden uns finden, es ist so offensichtlich! "Ich glaube wir haben Eindringlinge!", brüllte ein Dunkler. "Sucht alles ab, schaut in jede Nische! Wenn ihr sie findet, tötet sie!!!" Tja, das war's dann wohl... Ich hatte gehofft meine Freunde noch einmal sehen zu können. Alles ist schief gelaufen... Geschlagen schaute Dafem zu Bodono auf. Der Ältere trug ein grimmiges Grinsen auf den Lippen, in seinen Augen glühte ein inneres Feuer. Die Glatze glänzte im Schein der Fackeln vor Schweiß. "Hey Dafem...sorg für deine süße Halbelfe. Bring sie und die anderen hier raus, ich verlass mich darauf...", flüsterte Bodono leise. Was? Mit einem Satz war der Wirt aus seinem Versteck gesprungen. Das laute Klacken seiner schweren Stiefelabsätze auf den Fliesen lenkte jegliche Aufmerksamkeit auf ihn. Die Dunkelelfen sahen ihn einen Moment an, als hätten sie einen Geist gesehen, dann ging das Geschrei los. "Da ist er!" Was...was tust du Bodono...? Dafem war unfähig sich zu rühren. Er verharrte still in seinem Versteck, die Augen auf den glatzköpfigen Kameraden gerichtet. "Ich bin Bodono von Sagandor! Ehemaliger Wirt des Gasthauses ,Zum Wilden Bären' !!! Vertrauter König Fibathens!!!" "Was willst du, kleiner Mensch?", schrie ein Dunkler über das Gebrabbel der Masse hinweg. Bodono stand mit versteinertem Gesichtsausdruck da. Aus den Augenwinkeln schaute er Dafem noch einmal kurz an. Ihre Blicke trafen sich. Dafem spürte plötzlich eine so intensive Bindung zu dem Meister der kuriosen Flüche, als könnte er ihm in die Seele sehen. Seine Ängste, seine Wünsche und Erinnerungen, durchtränkt von dem Hass auf Valnitar und dessen Gefolge, lagen offen vor dem Abenteurer wie ein aufgeschlagenes Buch. Dann brach ihr Blickkontakt ab und mit ihm die innere Bindung. Was danach geschah, verging wie in Zeitlupe. Bodono brüllte den Dunkelelfen irgendetwas entgegen, doch Dafem sah nur wie sich seine Lippen bewegten. Das Gefühl, Bodono nie wieder zu sehen, wurde in ihm unerträglich. Würde er schon wieder jemanden verlieren, der ihm etwas bedeutete? Bodono jedenfalls machte auf dem Absatz kehrt und rannte davon. Dabei blies er in sein schwarzgoldenes Horn, so dass die Wände zitterten. Alle Dunkelelfen folgten dem fliehenden Wirt wie dumpfe Schafe. Sie hatten nur Augen für den Fliehenden, so dass sie einfach an Dafem vorbeistürmten, der sich in seiner Nische so klein und unauffällig wie möglich machte. Er drückte sich angespannt mit dem Rücken an die Nischenwand und beobachtete die Dunkelelfen, die nacheinander an seinem Versteck vorbeizogen. Schon kurze Zeit später war alles zu Ende und die Schritte der Dunklen verhallten in der Ferne... Noch eine ganze Zeit nachdem Dafem wieder von Stille umgeben war, verharrte er in der gleichen Position. Schließlich stieß sich der Abenteurer von der Wand ab und trat vorsichtig aus der Nische. Bodono hat sich geopfert, damit ich weiterkomme... noch ein Grund mehr um nicht aufzugeben... ich werde meinen Eid halten...ich werde meine Freunde befreien und Valnitar aufhalten... "Oh, Lili Liebesgöttin, bitte wache über Bodono. Lass nicht zu das ihm etwas geschieht." Entschlossen folgte Dafem wieder dem Lauf des Ganges noch tiefer in die Katakomben, weg von den vielen Dunkelelfen, die Bodonos Köder geschluckt hatten und ihm folgten. Nach weiteren zehn Minuten des Laufens fand sich Dafem erstmals in einem Raum wieder. Der Gang war abrupt in einen höhlenartigen Raum übergegangen, dessen Decke im schwachen Licht der Fackeln nicht zu erkennen war. Dafem konnte den Zweck dieses Ortes nicht einmal erahnen, denn er besaß keine erkennbare Einrichtung. Vielleicht war es einmal ein Versammlungskeller gewesen oder ein Schutzbunker, wie der, in dem sich einst Udeasin Kinta vor dem Angriff auf seine Heimatstadt verstecken konnte. "Ob er sich auch so einsam fühlte, als die ganze Welt um ihn herum zerbrach und dabei so viele tapfere Freunde verschlang?" Ohne es zu bemerken hatte Dafem die Frage laut gestellt. Seine Worte halten in einem unnatürlichen Klang an den Wänden wieder. "Ja, er war einsam..." Dafem zuckte zusammen, als tatsächlich jemand antwortete. Verwirrt sah sich der Abenteurer nach allen Seiten um. Dort, in einer schattigen Ecke am anderen Ende des Raumes, lehnte eine Gestalt, die Arme vor der Brust verschränkt. Die schwarzen Roben der dunklen Priesterin schienen schwärzer als die Schatten selbst. Zwei eisblaue Augen blitzten kurzzeitig auf. "Melissa...", hauchte Dafem atemlos. Die Halbdunkelelfe trat aus dem Schatten ins Licht der Fackeln. Ihr Gesicht war emotionslos und kalt. "Ich wusste, dass du hierher kommst. Ich wusste, du würdest nach der Schlacht sofort aufbrechen um deine Halbelfe zu befreien. Schon immer hast du voreilig gehandelt..." Ein schwaches Lächeln stahl sich auf Melissas Züge, als sie an die alten Zeiten dachte, in denen sie noch Seite an Seite mit ihrem Bruder unterwegs war. Doch es war zu spät um der Vergangenheit nachzutrauern. "Ich lasse dich hier nicht durch, Dafem... bitte kehr um oder ich werde dich töten...", flüsterte die Halbdunkelelfe leise, doch fest entschlossen. Dafem machte keine Anstalten sich zu bewegen, weder vorwärts noch rückwärts. "Wieso...wieso tust du das alles, Melissa?" Er hatte sich diese Frage so oft gestellt. In all den Nächten, all den Tagen die vergangen waren, seit er seine Schwester erstmals in den schwarzen Priesterroben gesehen hatte, fragte er sich, warum sie zu den Bösen gegangen war. "Wie oft soll ich dir das noch sagen? Es ist die Krone! Sie schreit nach mir, sie ist in meinem Kopf! Ich kann mich ihrem Ruf nicht entziehen!" "Warum hast du mich und meine Freunde dann nicht getötet, obwohl du mehrmals die Chance dazu hattest? Ich spüre doch, dass dein altes Ich immer mehr zurückkehrt! Warum wendest du dich nicht wieder vom Bösen ab?" "Es geht nicht!", schrie Melissa ungezügelt. "Du kannst es nicht verstehen! Ich bin diesem Pfad bereits viel zu weit gefolgt! Ich kann nicht mehr umkehren und so tun, als wäre nichts geschehen!" Dafem machte ein paar Schritte auf seine Schwester zu, doch diese wich zurück wie ein verschrecktes Tier. "Wieso kannst du nicht umkehren?" Melissa wich immer weiter zurück, bis sie mit ihrem Rücken gegen die Wand stieß. Sie drückte ihren Hinterkopf an den kühlen Stein. Zu Dafems Verwirrung sammelten sich Tränen in Melissas Augen. "Ich werde ein Kind bekommen..." Dieser eine Satz war für Dafem wie ein Schlag ins Gesicht. Er erstarrte mitten in der Bewegung und stand nur noch da, wie eine Statue. Melissa lachte bitter, während sie sich durch das weißblonde Haar strich. "Als Priesterin spürte ich sofort das Leben, das sich in mir sammelte. Ich werde einen Jungen gebären..." Niedergeschlagen schlug sie die Augen nieder. "Aber ich bin ja selber Schuld. Um meinen inneren Konflikt zu übergehen, habe ich Jodean verführt." Dafem schluckte schwer. Seine kleine Schwester und dieser widerliche Dunkelelf, der die Angriffe auf Sagandor und Mightran geführt hatte? Der Jodean, der Fibathen getötet hatte? Der Abenteurer schob all seinen Zorn beiseite und fragte so ruhig wie möglich: "Doch was hat das damit zu tun, dass du nicht mehr von den Bösen wegkommst?" Melissa seufzte und stieß sich leicht von der Wand ab. "Du willst die Wahrheit hören?" Sie richtete ihren Blick fest in seine Augen. "Erinnerst du dich an den Dunkelelfen, der Mutter damals bezauberte? Es war Valnitar...er ist mein Vater... Ich habe dir gesagt, dass er meine Familie ist. Und nicht nur das. Er ist auch ein Nachfahre von Rizzur, Udeasin Kintas Erzfeind. Das heißt auch ich bin eine Bluterbin Rizzurs. Ich bin eine von den Bösen...und ich werde einen weiteren Nachfahren Rizzurs zur Welt bringen...verstehst du nun, warum ich nicht mehr umkehren kann?" Stille. Dafem stand da, unfähig sich zu rühren oder auch nur ein Wort von sich zu geben. Die Erkenntnis, die er gewonnen hatte, war einfach unbegreiflich. Melissa lächelte gequält. "Und nun geh!" Sie stellte sich schützend vor den Gang, der nicht zurück zum Eingang, sondern noch tiefer in die Katakomben führte. "Das kann ich nicht und du weißt das", antwortete Dafem tonlos. Melissa zog ihr dünnes Kurzschwert unter den Roben hervor und hielt es drohend vor sich. "Aber ich werde auch nicht weichen." Immer noch flossen die Tränen ihre Wangen herab, ohne dass sie etwas dagegen machen konnte. "Es scheint, dies ist endgültig unser letztes Aufeinandertreffen. Wirst du diesmal kämpfen, Dafem? Du wirst nicht kampflos vorbeikommen, wenn du deine Freunde wieder sehen willst. Du kommst nur durch den Gang hinter mir zu ihnen." Sie hob das Kurzschwert höher, so dass die Spitze zwischen Dafems Augen zeigte. "Was ist dir wichtiger, deine Freunde und deine Halbelfe...oder ich?" Der Abenteurer zog sein Schwert. Er sah traurig aus, als er dies tat. "So viele sind schon dafür gestorben, dass die Krone der Finsternis nicht vollkommen wird! Stomp, Leafenisty, Estilor und Fibathen. Ich musste ansehen wie auch meine anderen Freunde litten. Bodono opferte sich sogar, um mir den Weg zu ebnen! Niemals werde ich umkehren!!!" Melissa sah diese Worte als Zeichen zum Angriff. Halb blind von Tränen stürmte sie auf ihren Bruder zu und schlug auf ihn ein, so hart sie konnte. Dafem parierte den Schwerthieb knapp und taumelte zurück. Es war anders als vor wenigen Tagen bei der Schlacht der roten Tränen. Diesmal kämpfte Melissa aus voller Überzeugung und mit aller Kraft. Es würde schwer werden zu gewinnen ohne sie zu töten, wie Dafem es sich vorgenommen hatte. Wieder schlug seine Schwester hart auf ihn ein, doch Dafem sah den Angriff voraus und duckte sich unter der Klinge hindurch. Melissa fauchte wütend, drehte sich einmal um sich selbst und griff sofort wieder an. Dafem wehrte ab. Ihre Klingen kreuzten sich, so dass sich ihre Gesichter so nahe kamen, dass Dafem genau in die Augen seiner Schwester blickte. "Bitte lass mich gehen, Melissa. Du kannst unmöglich wollen, dass die Krone komplett wird!" "Das ist sie bereits...", erwiderte die Halbdunkelelfe knapp. Dafems Augen weiteten sich vor Entsetzen. Er schlug Melissas Klinge zur Seite und taumelte zurück, bis er hinter sich gegen die Wand stieß. "Sie...sie ist es bereits? ...und...Melana...ist sie in Ordnung...?" "Deine Halbelfe? Sie lebt, falls du das meinst. Doch ihr Körper ist sehr schwer verletzt. Wenn sie weiter hier bleibt, wird sie sterben..." In Dafems Augen flackerte es auf. Ohne noch einmal daran zu denken, dass der Gegner seine Schwester war, rannte er auf sie zu und vollführte einen starken Schwerthieb. Als Melissa mühsam parierte, bemerkte Dafem sofort, das etwas nicht stimmte. Auch wenn sie im Schwertkampf niemals so gut wie er war, wirkte diese Abwehr halbherzig. Mit einem Hagel aus Schlägen zwang Dafem seine Schwester immer weiter in den Rückzug. Schließlich gelang es ihm ihr das Kurzschwert aus der Hand zu schlagen, so dass es klappernd über den Steinboden rutschte, und seine Klinge bedrohlich nahe an ihren Hals zu bringen. Melissa konnte nicht weichen, denn Dafem hatte sie wieder an die Wand gedrängt. "Bitte Melissa...komm mit mir...bitte stehe nicht länger auf Valnitars Seite..." "Töte mich" war ihre knappe Antwort. Dafem schüttelte heftig den Kopf und nahm sein Schwert wieder ein Stück weg von ihrer Kehle. Jetzt verstand er, warum sie nur halbherzig geblockt hatte. Auch wenn sie so tat als würde sie mit aller Kraft kämpfen, in Wahrheit wollte sie ihn nur provozieren und getötet werden! Sie hasste sich dafür, ein Nachfahre Rizzurs zu sein, sie hasste sich dafür ein Kind des schrecklichen Jodeans in sich zu tragen! "Das kann ich nicht, Melissa. Du hast mich diesmal gezwungen gegen dich zu kämpfen, aber ich könnte dich niemals töten", murmelte er betroffen. Was war nur aus seiner lebensfrohen Schwester geworden? Was hatte die Krone der Finsternis ihr angetan? Langsam ließ Dafem das Schwert sinken. Melissa vergoss Tränen der Verzweiflung, sie rollten ihr unablässig über die Wangen und tropften von ihrem Kinn. "Bitte...töte mich, Dafem. Ich werde sonst niemals Ruhe geben. Dadurch dass die Krone der Finsternis vollkommen ist, wird ihre Macht nur noch größer. Ich weiß nicht wie lange es dauert, bis die Dunkelelfe in mir wieder Oberhand gewinnt." "Ich kann dich nicht töten..." "Du musst!", schrie Melissa mit Nachdruck. "Mein Kind darf niemals geboren werden! Du kannst doch nicht zulassen, dass ein weiterer Rizzur-Nachfahre geboren wird! Du kannst keinen weiteren Messias der Krone der Finsternis auf Lutansiar loslassen!" "Messias der Krone der Finsternis?" Nun war Dafem ernsthaft verwirrt. Nicht nur, dass Melissas ständige Stimmungsschwankungen es fast unmöglich machten, ihre wahren Absichten zu verstehen, jetzt redete sie auch noch von Dingen, die Dafem nicht verstand. Melissa seufzte. Während sie mit einer Hand über den Bauch strich, sah sie hoch an die Decke. "Dir hat wohl niemand von den Messiassen erzählt...Du musst wissen, dass jeder Gott bei der Erschaffung seines Artefaktes eine Blutlinie als Messias gewählt hat. Ein Messias kann die Kräfte seines Götterartefaktes um ein Vielfaches besser einsetzen als jeder andere. Außerdem besitzen sie ein instinktives Verlangen nach ihrem Relikt, sowie angeborenes Wissen darüber. Opelaryn, Gott der Dunkelheit, wählte als Messias der Krone der Finsternis die Familie des Rizzurs. Das heißt solange ein Rizzur-Erbe existiert, existiert auch jemand, der über die Krone bescheid weiß und sie für sich will. Deswegen darf ich niemals einen Sohn gebären. Und auch ich darf nicht weiterleben. Du musst mich töten..." Nach der langen Erzählung schien Melissa erschöpft. Ihre Tränen versiegten langsam, doch ihre Spuren waren noch immer auf den dunkelhäutigen Wangen zu erkennen. "Ich kann das nicht...", hauchte Dafem, immer noch betäubt von den vielen aufgeworfenen Fragen und Antworten, die das Treffen mit seiner Schwester gebracht hatten. Er wollte einen Schritt zurücktreten, doch Melissas Hand legte sich plötzlich in eisernem Griff um sein Handgelenk. "Du musst mich töten...", zischte sie aufgebracht. Ihre eisblauen Augen funkelten bedrohlich. Dafem spürte, das die Wut Melissas Dunkelelfenseite wieder erstärken ließ. "Die Krone schreit so laut...ich kann mich nicht mehr lange wehren...töte mich, bevor ich vollends böse werde...ich will mein geliebtes Lutansiar nicht vernichten...ich will nicht gegen meine vielen alten Freunde kämpfen, die wir damals auf unseren Reisen kennen lernten..." "Ich kann nicht..." Melissa fauchte auf diese Reaktion hin so bedrohlich, dass es Dafem einen kalten Schauer den Rücken herab laufen ließ. Er wand sich ohne Erfolg in ihrer Umklammerung. Für einen Augenblick wurde Melissas Augenfarbe rot, dann wechselte sie wieder zum ursprünglichen eisblau. Keine Zeit...keine Zeit...sie wird schon von der Krone beeinflusst...sie wird wirklich böse...aber ich kann sie unmöglich töten...ICH KANN SIE DOCH NICHT TÖTEN... Während Dafems Gedanken rasten, bildete sich auf Melissas Zügen ein schmales Lächeln voller Qual und Trauer. Sie konnte die Gefühle ihres Bruders auf seinem Gesicht so deutlich lesen wie ein offenes Buch. "Ich liebe Lutansiar, Dafem...und ich liebe dich, mein Bruder...für euch würde ich sterben..." Ehe der blonde Abenteurer reagieren konnte, hatte Melissa plötzlich seine Hand am Schwertgriff gepackt... Mit aller Kraft, rammte sie sich die Klinge seines Schwertes tief in die Brust... Kapitel 32: Messias des Schicksals ---------------------------------- AHHH, sorry, ich hab am Wochenende keine Zeit gehabt zum uploaden! Aber hier kommt der Teil, tut mir Leid! @stoffl: Hmm, ich habe eben in den letzten Kapiteln einen ordentlichen Verschleiß an Charakteren. Aber das ist noch nichts zu "Drachenbeinthron", ich habe die Bücherreihe gelesen und da starben sie am Ende reihenweise weg, fand ich total traurig. Is aber gutes Fantasy, nur zu empfehlen...^^ @Deathborn: Hmm, mir tat Melissa leid, es war wirklich schade um sie. Aber ihr Charakter und ihre gesinnung wurden mir ehrlich gesagt ziemlich schwierig, von daher bin ich auch erleichtert, dass sie ihr Ende gefunden hat... @SylverMortal: AAHHHHh, tatsächlich, irgendwie Star Wars! Ich bin ein großer Fan, aber es war so lange her, dass ich den gesehen habe. Und ich schwöre, dass das nicht irgendwie abgekupfert ist! So wahr ich Lukas T. Mende heiße!!! @Nocturn: Das mit dem Stab geht nich, sorry. Der Stab an sich besitzt ja keine heilenden Kräfte, sondern sie wurden Melana nur kurzzeitig durch Liebesgöttin Lili übermittelt, indem sie das Stück ihres Götterartefaktes als Gefäß nutzte. Von daher keine Chance auf Rettung, tut mir Leid...>.< Genug der Rede, let's go! Hier kommt Kapitel XXXII !!! Kapitel XXXII - Messias des Schicksals "Ich liebe Lutansiar, Dafem...und ich liebe dich, mein Bruder...für euch würde ich sterben..." Ehe der blonde Abenteurer reagieren konnte, hatte Melissa plötzlich seine Hand am Schwertgriff gepackt... Mit aller Kraft, rammte sie sich die Klinge seines Schwertes tief in die Brust... Alles, was in diesem Augenblick um Dafem herum geschah, schien in einer entsetzlichen Langsamkeit abzulaufen, damit das furchtbare Bild auch wirklich genug Zeit hatte, um sich tief in sein Bewusstsein einzubrennen. Melissa gab keinen Laut von sich. Nur das brutale Geräusch des kalten Stahls, der sich in ihren Leib bohrte, durchschnitt die Stille. Ein Schwall warmen Blutes spritzte auf Dafems Kleidung. Wie betäubt sah er mit an, dass Melissa ein fast befreit wirkendes Lächeln auf den Lippen hatte, als sie mit dem Rücken schwer an der Wand herabrutschte. Ein einzelner Tropfen roten Blutes bedeckte die blasse Wange des Abenteurers. "Wieso...?", flüsterte er heiser. Fassungslos starrte er auf sein Schwert, das aus Melissas Bauch ragte, und fiel vor ihr auf die Knie. Sie wehrte sich nicht, als er sie schluchzend in die Arme nahm. "Wieso?", wiederholte er leise. Melissa hustete. Ihre Stimme wirkte kraftlos, als sie sprach. "Ich...lasse nicht zu, dass...dass das Geschlecht des Rizzur weiterlebt...Ich sterbe in der Hoffnung...dass das von der Krone der Finsternis ausgelöste Leid...irgendwann ein Ende finden kann..." "Warum gab es keine andere Möglichkeit? Warum muss all das Geschehen?" Seine Worte waren von so vielen Emotionen durchtränkt: Trauer, Schmerz und ein Zorn, der schon solange in ihm schwellte und mit dem Tod jedes Gefährten stärker wurde. Melissa löste sich ein wenig von ihrem Bruder und sah ihm in die Augen. "Es ist das Schicksal...Ein jeder spielt seine Rolle, zum Guten oder zum Bösen. Die Fäden der Lebensschicksale laufen zusammen. Schon bald entscheidet sich die Zukunft Lutansiars. Die Krone der Finsternis ist vollkommen...", röchelte sie, bevor Blut aus ihrem Mund tröpfelte. "Aber wieso geschieht das alles uns? Ich habe diesen Schmerz so leid...Götter, Artefakte und Schlachten...ich bin doch nur ein gewöhnlicher Abenteurer..." Melissa lachte kurz und trocken. Immer mehr neues Blut floss ihre Mundwinkel herab. Die Halbdunkelelfe stöhnte, ihr schwarzes Gewand war schon völlig durchtränkt. "Auch das weißt du also nicht..." Sie packte ihn plötzlich so stark am Arm, dass es wehtat. "Hör zu, Dafem...jeder von uns ist hier aus einem bestimmten Grund, jeder erfüllt seinen Zweck..." Ihre Stimme wurde leise und brüchig. "Es ist kein Zufall, dass du hier bist..." Etwas Ähnliches hatte Ilerdt gesagt. Er sorgte dafür, dass jeder seine Rolle in diesem Krieg übernimmt. Hatte es vielleicht einen tieferen Sinn, dass er mich ermutigte hierher zu gehen? Und war es nicht auch Dertil, der uns einst überredete, nach Mightran zu gehen? Dafem war verwirrt. Sollte er tatsächlich hier sein? Sollte all das, was bis jetzt geschehen war, nicht sinnlos gewesen sein? Für einen Moment gab ihm dieser Gedanken Hoffnung, doch dann sah er wieder seine Schwester an, die sterbend in seinen Armen lag. Wie kann all dieses Leid nicht sinnlos sein? Während Dafem seine Halbdunkelelfenschwester so betrachtete, zog sie etwas unter ihrer Robe hervor. Es war die Kette mit dem halben Anhänger. Sie zerriss das Band um ihren Hals mit einem kräftigen Ruck und legte das Schmuckstück in Dafems geöffnete Handfläche. Er schüttelte sofort den Kopf und wollte es ihr zurückgeben, doch Melissa wehrte ab. "Einst, als wir uns diese Anhänger gaben, meinten wir, dass nichts uns trennen kann, solange wir sie tragen. Doch dort wo ich hingehe, brauche ich sie nicht mehr. Ich hoffe die Götter werden mich trotz allem zu sich nehmen. Von ihnen aus kann ich immer über dich wachen..." Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, doch der Schmerz ihrer Schwertwunde ließ es schnell wieder verblassen. "Sterben tut ganz schön weh..." Dafem lächelte witzlos. Zärtlich strich er ihr das von Schweiß und Blut verklebte Haar von der Stirn. Melissa schmiegte sich zitternd in seine Arme. "Weißt du noch...als wir klein waren...ich war oft traurig, weil mich niemand im Dorf mochte...du hast mich immer getröstet und im Arm gehalten, bis ich einschlief..." Melissa schluchzte. Auch ohne es zu sehen wusste Dafem, dass sie weinte. Ihre Stimme klang dumpf. "Bleibst du...bleibst du auch diesmal bei mir?" "Ja", hauchte der Abenteurer. Er stützte sein Kinn behutsam auf ihren Kopf und strich mit seiner Hand beruhigend über ihren Rücken. Das Zittern ihres Körpers ließ allmählich nach. Als es ganz erstarb, drückte Dafem seine Schwester ein Stück von sich weg. Sie hatte die Augen geschlossen. Es sah fast aus, als würde sie tatsächlich schlafen. Doch Dafem wusste, dass sie von diesem Schlaf nie wieder erwachen würde... "Mögen die Götter dich sicher zu sich nehmen..." Behutsam lehnte er seine Schwester an die Wand und küsste ihre Stirn. Dann legte er ihr das Kurzschwert, das noch auf dem Boden lag, auf die Brust. Als letztes tippte er mit Zeige- und Mittelfinger auf ihre Stirn. Von Leafenisty hatte er einst gelernt, dass dies das Zeichen war, um Böses abzuwehren. Das muss ein Ende haben... Taumelnd kam Dafem auf die Füße. Die Tränen, die über seine Wangen strömten, schienen in den letzten Tagen zur Gewohnheit geworden zu sein. Soviel Blut war vergossen worden. So viele mussten bereits sterben. Es wurde Zeit, dem ein Ende zu machen. Nur eine Person hatte es noch verdient, an diesem Ort zu sterben... VALNITAR!!! Entschlossen trat Dafem mit einem letzten Blick auf seine Schwester in den Gang, den sie vor kurzem noch verteidigt hatte. Melissa hatte gesagt, dass dies der Weg zu seinen Freunden war... Dafem wusste im Nachhinein nicht mehr, wie lange er durch den von Fackeln erleuchteten Gang gestolpert war. Er hatte Durst und Hunger, doch diese unbefriedigten Bedürfnisse waren nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der sein Herz durchstach. Wie in Trance marschierte er durch die Katakomben, begleitet von dem wahnsinnig machenden Tropfen von Wasser, das irgendwo in der Nähe schien und dennoch niemals auftauchte. Nach Stunden, so schien es, stand er schließlich ganz unverhofft vor einer schweren Eisentür. Ohne darauf zu achten wer dahinter lauern könnte, öffnete er sie mit einem lauten Quietschen. Wenn Feinde hier irgendwo lauerten, hätte der Abenteurer eh kaum noch Kraft, um sich zu wehren. Außerdem sparte er sich dieses Bisschen für jemanden ganz Besonderen... Schweigend betrat Dafem den Raum. Beinahe wäre er in der herrschenden Dunkelheit auf eine blutverkrustete Sichel getreten. Bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass Folterutensilien über den ganzen Boden verstreut waren. Scheinbar waren sie von einem der Tische, der umgekippt und teilweise zersplittert war, heruntergefallen. Das schwache Rasseln von Ketten ließ ihn schlagartig aufhorchen. "W...wer..." Dafems Herz machte beim Klang der leisen Stimme einen Hüpfer. Rigo... Am anderen Ende des Raumes blitzten zwei goldenen Raubvogelaugen auf. Allmählich gewöhnte sich Dafem an die Dunkelheit und war nun zunehmend in der Lage, seine Umgebung klar zu erkennen. Rigo hing von Ketten gefesselt an der Wand. Blut klebte an vielen Stellen seines zerfetzten Federkleides. Neben ihm hingen Aurora und Melana, die nicht weniger mitgenommen aussahen. Xab schnarchte lautstark in einer Art Gefängniszelle. "Dafem...", stöhnte Rigo kraftlos. "Was tust du hier?" "Ich hole euch hier raus", antwortete der Abenteurer knapp, während er mit ein paar schnellen Schritten den Raum durchquerte und die Fesseln des Aviors zu öffnen versuchte. "Du hättest nicht kommen sollen...es wimmelt hier trotz der Schlacht immer noch von Dunkelelfen..." Dafem sah sich um und griff nach einem Schlüssel, der etwas abseits an der Wand hing. In Windeseile hatte er Rigos Ketten geöffnet und ihn behutsam auf den Boden gesetzt. "Keine Sorge, Bodono hat sie weggelockt..." "Bodono?", wiederholte der Avior ungläubig. Dafem nickte nur und befreite erst Aurora, die bewusstlos schien, und dann Melana, die in dem Augenblick erwachte, in dem ihre Ketten sie freigaben und sie in Dafems Arme fiel. Im ersten Moment schien die Halbelfe wie gelähmt. Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie sich fest an ihn drückte. "Dafem...wie ist das möglich?", schluchzte sie zitternd. "Shh...alles ist gut." Dafem strich ihr beruhigend über den Kopf. Er wusste, dass seine Worte kein Trost waren, denn Melana schien sich nur noch mehr zu verkrampfen. "Nichts ist in Ordnung...Die Krone der Finsternis ist vollkommen...sie ist vollkommen, Dafem! Ich habe als Hüterin des Rubinsteckens versagt..." "Das ist egal...Du hast alles gegeben, niemand konnte mehr von dir verlangen. Niemand hätte soviel Leid und Schmerz ertragen, wie du auch dich nehmen musstest... Dass du noch lebst ist alles was zählt. Ihr müsst verschwinden..." Melana wand sich aus seiner Umarmung. "Wir dürfen Melissa nicht zurücklassen...Dafem, sie ist nicht böse. Sie gab mir Wasser, als ich dem Tode nahe war. Wir müssen sie von Valnitars Einfluss fernhalten, dann kann sie wieder auf den rechten Pfad geführt werden." "Melissa ist tot", unterbrach Dafem knapp. Er musste hart schlucken, als die Gefühle auf ihn einschlugen wie eine gewaltige Flut. "Sie starb in meinen Armen..." Ehe Melana etwas erwidern konnte, bat der Abenteurer sie schon mit einer Handbewegung zum Schweigen. Sie verstand und blieb stumm. "Rigo...kannst du gehen?" Der Avior nickte mit trübem Blick und quälte sich auf die Füße. An seinem taumelnden Gang erkannte Dafem sofort, dass Valnitars Häscher ihm übel mitgespielt haben mussten. Doch wie immer beklagte sich Rigo nicht. Stattdessen legte er sich sogar noch die bewusstlose Aurora über die halbwegs unverletzte Schulter. Normalerweise hätte der Vogelmensch diese Last spielend ertragen, doch diesmal keuchte er und verzog dabei das Gesicht. "Melana? Kannst du alleine gehen?", erkundigte sich Dafem nun bei seiner geliebten Halbelfe. Sie nickte ein wenig unsicher und lief zur Probe ein paar wackelige Schritte durch den Raum. Dafem schien damit zufrieden. Seine Aufmerksamkeit galt daraufhin dem Tisch, auf dem die Waffen seiner gefangenen Freunde lagen. Doch es war nicht der Rubinstecken mit der leeren Einbuchtung, in der früher der blutrote Edelstein eingebettet lag, der Dafems Blicke auf sich zog. Es war der riesige Zweihänder mit der breiten Silberklinge, Rigos Schwert. "Rigo... bitte erlaube mir Sturmklinge zu tragen." Der Avior sah ihn mit seinem goldenen Blick unergründlich an. Dafem war sich sicher, dass er bereits sein Vorhaben erahnte. "Ich vertraue es dir an", meinte der Vogelmensch schwach. Er schleppte sich mit Aurora zur Tür und stieß sie auf. Dafem griff nach Sturmklinge. Es war schwer, lag jedoch gut in der Hand. Nachdem auch Melana aus der Folterkammer gehumpelt war, folgte er ihr. Die schwere Eisentür fiel mit lautem Krachen hinter den vier Gefährten zu. "Wir haben nicht viel Zeit. In dieser Richtung kommt ihr zum Ausgang. Wenn ihr Glück habt, werdet ihr keinem Feind begegnen. Sammelt wenn ihr könnt Bodono auf." Dafem fasste sich nachdenklich ans Herz. "Er riskierte alles, um mir den Eintritt zu euch zu ermöglichen." "Gut...pass auf dich auf...", antwortete Rigo ernst. Verständnislos blickte Melana zwischen den beiden Abenteurern hin und her. Sie nahmen...Abschied...voneinander. Was hatte das zu bedeuten? Was sollte das? Dafem sah den verwirrten Blick der Halbelfe und seufzte traurig. "So nah werden wir Valnitar nie wieder sein, Melana. Ich muss diese Chance nutzen. Ich muss mich ihm stellen und ihn aufhalten." "Da-das kann unmöglich dein Ernst sein!" Hilfe suchend wandte sich Melana an Rigo, doch der Avior schien ein stilles Einverständnis mit seinem Kameraden geschlossen zu haben. "Er hat mir soviel genommen. Ich muss es tun. Ich habe es Estilor geschworen, mit meinem Blut!!! Und ich werde nicht zulassen, dass irgendjemand weiterhin Qualen wegen Valnitar leiden muss! Dertil sagte mir, ein jeder von uns hat sein Schicksal zu erfüllen! Es ist mein Schicksal, gegen ihn zu kämpfen!" "Wie kannst du das behaupten? Er ist ein Schwarzmagier! Er besitzt die vollkommene Krone der Finsternis! Wieso glaubst du zu wissen, dass du ihn besiegen kannst?!" Dafem drehte sich von ihr Weg. Mit der freien Hand berührte er nacheinander Melanas Armreif, seine Kette mit dem halben Anhänger und die andere Hälfte des Anhängers von Melissa, den er in seinem Ärmel versteckt hatte. "Ich weiß es nicht...", gab der Abenteurer als schlichte Antwort. Als ob er sich plötzlich um entschieden hätte, wirbelte er noch einmal herum und drückte Melana fest an sich. Wie ein Abschied... Dafem vergrub sein Gesicht in ihrer Schulter, sog ihren lieblichen Duft ein und genoss ihre Wärme. Er konnte nicht gehen ohne es zu tun, obwohl er es sich vorgenommen hatte, um seine Entscheidung nicht anzweifeln zu müssen. Natürlich wollte er bei ihr bleiben, sie bis in alle Ewigkeit in den Armen zu halten. Doch er musste kämpfen, auch wenn es ihm in ihrer Gegenwart so viel schöner schien, einfach mit ihr zu gehen. Er spürte, dass sich Melana an ihn kuschelte und den Griff verstärkte. Sie wollte ihn nicht gehen lassen. Ist es tatsächlich ein Abschied? Sehe ich ihn vielleicht nicht wieder? Er ist so anders, so kalt... Also ob etwas in ihm mit seiner Schwester gestorben wäre... Bestimmt löste sich Dafem aus ihrer Umarmung und sah der Halbelfe tief in die grünen Augen. "Ich liebe dich...", flüsterte er schwach. Während er mit einer Hand ihre Wange streichelte, beugte er sich ein Stück zu ihr herab und küsste sie sanft auf die Lippen. Dann wandte er sich mit einem traurigen Lächeln ab und verschwand ohne Abschied in der Dunkelheit des Ganges. Melana wollte ihm sofort nachsetzen, doch Rigo hielt sie zurück. "Es ist seine Aufgabe...er muss es tun und zwar allein. Wenn er es nicht tun würde, würde er sich für den Rest seines Lebens Vorwürfe machen, nichts gegen den Mörder seiner Freunde unternommen zu haben. Außerdem würden wir ihn in unserem jetzigen Zustand nur behindern. Wir sollten gehen...wir sollten gehen und ihm einfach vertrauen." Melana starrte Dafem noch lange hinterher, selbst als er außer Sichtweite war. Alles geschah so plötzlich. Vor wenigen Minuten erst hatte sie ihn wieder gesehen. Jetzt musste sie bereits erneut um ihn bangen. Und so merkwürdig es auch schien, sie hatte das Gefühl, dass der Kampf gegen Valnitar für ihn härter und gefährlicher werden würde als alles Vorherige. Sogar gefährlicher als der Überlebenskampf bei der Schlacht der roten Tränen... "Endlich..." Dafem stand vor einer großen doppelflügeligen Tür. Die bösartige Aura, die sich dahinter verbarg und eine beängstigende Anzahl von negativen Gefühlen verströmte, war so intensiv, dass selbst Dafem sie spüren konnte, obwohl er diese Fähigkeit nie wie ein Priester beherrscht hatte. Wahrscheinlich hätte der geschulte Sinn eines Klerikers bereits in den Fernen der Shigay di Trist etwas wahrgenommen. "Hier also versteckst du dich, Valnitar", flüsterte er düster. Als er nach dem bronzenen Türknauf in Form eines Löwenkopfes griff, musste er die Zähne zusammenbeißen. Die grausige Aura des Götterartefaktträgers durchfuhr in mit einem eiskalten Schmerz von Kopf bis Fuß. Sein Körper begann unkontrolliert zu zittern. In ihm brodelte ein fürchterliches Gefühl. Er wollte irgendetwas schlagen, irgendjemandem wehtun, so schlimm wie möglich. Entsetzt taumelte Dafem zurück, als er bemerkte, dass für einen Augenblick pure Mordlust in ihm gebrodelt hatte. "So entsetzlich ist also die Macht der Krone der Finsternis..." Der Abenteurer zwang sich mehrmals tief durchzuatmen. Danach startete er einen zweiten Versuch die Tür zu öffnen. Tatsächlich gelang es ihm diesmal dabei ruhig zu bleiben. Lautlos schwang das schwarz gefärbte Eichenholz nach innen. Der Raum dahinter schien ein Thronsaal zu sein. Fackeln hingen an den Wänden und erzeugten Schatten, die die hoch liegende Decke verbargen. Der Boden, früher offensichtlich ein Traum aus Marmorfließen, war an vielen Stellen zersplittert und von Rissen durchzogen. Auf den imposanten Rundsäulen an den Seiten des Raumes wuchs grünes Moos, das in einem merkwürdig trüben Licht zu schimmern schien. Das Einzige, das vom Verfall der Zeit unberührt schien, war ein schmaler Streifen roten Teppichs. Er war gerade groß genug damit ein Mann darauf gehen konnte und führte zu einem Podest an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Auf dem Podest stand ein Thron. Er bestand aus einem schwarzen Gestein, das dunkler war als die Nacht. Für einen Augenblick dachte Dafem, dass der Thron leer war. Zu seiner Überraschung atmete er bei dieser Vorstellung erleichtert aus. Doch dann erkannte der Abenteurer, dass sich dort etwas bewegte. Unzählige Edelsteine blitzten im Schein der Fackeln glühend und rot wie Dimitavs Schattenalpaugen. Valnitar saß auf dem Thron, doch seine tiefschwarzen Magierroben ließen ihn so mit seiner Umgebung verschmelzen, dass Dafem ihn für einen Augenblick nicht bemerkt hatte. Der Dunkelelf schlug die Kapuze zurück, damit er erkennen konnte, wer sich in seinem Saal befand. Die Krone der Finsternis glänzte in all ihrer Pracht. Dann begegneten die eisblauen Augen Valnitars den saphirblauen Dafems. Ein Lachen. Dafem fing wieder an zu zittern, doch diesmal nicht aus Furcht, sondern aus Zorn. Seine Hand umklammerte den Griff von Rigos Schwert Sturmklinge so stark, dass die Knöchel weiß hervortraten und sich alle Muskeln in seinem Arm spannten. Wieso lachte Valnitar nur? Und wieso war dieses Lachen so kalt, dass es ihm einen eisigen Schauer den Rücken herab laufen ließ? "Ich hätte nie gedacht, dass du tatsächlich so dumm bist dich mir entgegenzustellen, Dafem Abenteurer...", zischte der Dunkelelf bösartig. "Hättest du doch deine kleinen Freunde genommen und wärest mit ihnen verschwunden, um dich an den letzten Tagen deines jämmerlichen Daseins zu erfreuen, bis meine Krieger Lutansiar wie eine gewaltige Flut überschwemmt hätten... wärest du doch nur mit ihnen verschwunden..." Mit Genugtuung erkannte Valnitar die Verwunderung in Dafems Gesicht. "Bist du überrascht, dass ich von deinem Aufenthalt hier weiß? Nichts vermag sich meinem Blick zu entziehen. Ich hätte dich ziehen lassen, dich und deine Freunde, denn sie sind für mich wertlos geworden. Doch stattdessen stolzierst du einfach in meinen Thronsaal..." "Ich hätte mir niemals verziehen, wenn ich geflohen wäre, ohne gegen dich zu kämpfen! Ich wäre lieber gestorben, als dich ungestraft ziehen zu lassen!!!" Valnitar hob argwöhnisch eine Augenbraue. Mit den Fingern der linken Hand begann er spielerisch auf der Thronlehne herum zu trommeln. "ungestraft?", wiederholte der Schwarzmagier tonlos. "Du willst mich strafen? ...Wofür?" "Mach dich nicht lustig über mich! Du weißt genau wovon ich rede! Du hast Verderben über dieses Land gebracht! Du hast Stomp, Leaf, Estilor und Fibathen auf dem Gewissen! Du hast meine Freunde gefoltert! Du hast Melissa in den Tod getrieben!!!" Beim Klang des letzten Namens wurde Valnitars Miene hart wie Stein. "Sprich nicht von Dingen, die du nicht verstehst! Und glaube nicht, dass du der einzige bist, der den Tod deiner Schwester betrauert! Sie ist die Frucht meiner Lenden und ich habe sie geliebt, wie ein Vater seiner Tochter lieben kann!" Zur Unterstützung seiner Worte schlug er mit der Faust hart auf die Lehne. "Nicht ich tötete sie, sondern ihr Blut! Hätte ich gewusst welcher Familie deine Mutter entstammt, hätte ich sie nie dazu auserkoren meinen Nachfahren, einen weiteren Messias der Krone der Finsternis, auszutragen!" Kraftvoll stieß er sich vom seinem Platz ab und stand auf. "Verflucht sei deine Familie, Dafem Titanier!!!" Dafem wollte sein Schwert kampfbereit heben, doch er hatte Probleme es mit einer Hand richtig zu heben. Die Spitze der Klinge ruhte auf dem Boden. Er kennt meinen wahren Familiennamen... "Was hat das Ganze mit meiner Abstammung zu tun?", fragte Dafem wütend. Für einen Augenblick war wieder Stille im Saal. Dann fing Valnitar plötzlich erneut an zu lachen. "Du weißt es nicht? Deswegen gibst du dich so leichtfertig in Gefahr, du weißt gar nicht wer du bist!!!" "Wer bin ich denn?" "Du bist ein Titanier! Du bist ein Messias des Schicksals! Hat dir niemand etwas erzählt? Nicht einmal dein Freund Dertil? Familie des Rizzur, Messias der Dunkelheit. Familie des Kinta, Messias der Liebe. Geschlecht des Fibathen, Messias des Krieges. Erzmagier Gab, Herr des Lichts und Titanier, Messias des Schicksals. Diese Familien wurden von den Göttern als heilige Hüter der Götterartefakte gewählt." Während Dafem wie gelähmt von dieser Nachricht dastand, wickelte sich Valnitar gemächlich eine weißblonde Haarsträhne um den Finger. "Melissa starb, weil sie ihren inneren Konflikt nicht ertragen konnte, denn sie trug sowohl das Blute Rizzurs, als auch das von Titanier in sich. Diese Hälften hätten sich auf ewig bekämpft..." Er zuckte teilnahmslos mit den Schultern. "Doch was soll das ganze Gerede, Dafem Abenteurer? Du kannst mich sowieso nicht aufhalten. Das Amulett des Mutes zerbrach vor 500 Jahren, genau wie die Rüstung der Macht, die die Fibathens nutzen könnten. Die Kugel des Wissens ist niemals gefunden worden und der Stab des Lebens ist in Form von sechs Stecken über der ganzen Welt verstreut! Nur die Krone der Finsternis ist vollkommen und wird von ihrem Messias getragen! Nichts kann mich aufhalten!" Valnitar breitete die Arme aus. Gleichzeitig legte Dafem auch seine linke Hand um den langen Griff von Rigos Zweihänder. Stimmte es wirklich, dass Valnitar unbesiegbar war? Doch wieso hatte Dertil ihn dann hierher geschickt? Dafem war felsenfest davon überzeugt hier zu sein, um den schrecklichen Dunkelelfen endlich zur Strecke zu bringen. "Ich kann dich auch ohne ein Götterartefakt besiegen! Selbst ohne Magie! Ich brauche nur mein Schwert, meine Kraft und meinen Mut! Dann werde ich siegen!!!" Valnitar flüsterte als Antwort ein paar leise Worte der Magie. Eine Kugel aus blauen Blitzen bildete sich in jeder seiner Handflächen. Das gleißende blaue Licht erhellte die ganze Halle. Ein nicht zu spürender Wind bauschte seine schwarzen Roben auf und ließ seine langen Haare durcheinander tanzen. "Ich muss wiederholen, du bist dümmer als ich dachte, wenn du glaubst mich aufhalten zu können! Niemand vermag das, denn ich bin ein Rizzur-Erbe, ein Schwarzmagier, der die Krone der Finsternis trägt! In kurzer Zeit werde ich über ganz Lutansiar herrschen! Ich werde so mächtig sein wie ein Gott!!!" Dafem hob sein Schwert. Mit beiden Händen hielt er es vor sich gestreckt, so dass die Spitze direkt auf den größenwahnsinnigen Dunkelelfen deutete. "Es ist unmöglich, dass du ein Gott wirst! Die Krone der Finsternis, die dir deine Macht verleit, ist nichts weiter als ein Geschenk, dass die Götter uns aus Gnade machten! Willst du dich wegen diesem Gegenstand mit ihnen vergleichen?" "SCHWEIG!!!" "Dies ist der Kampf, der alles entscheiden wird. Ich werde dich besiegen, denn das bin ich allen schuldig, die mit mir kämpften... allen, die sich für unsere Sache opferten." Er hob das Schwert vors Gesicht. Die Silberklinge war ein dünner Strich, der sein Gesicht in der Mitte zu teilen schien. "KOMM UND LASS UNS KÄMPFEN!!!" Kapitel 33: Träume ------------------ Es tut mir Leid, dass es solange gedauert hat, doch jetzt endlich erscheint das letzte Kapitel von Krone der Finsternis (mein PC war im Eimer >.<) Genießt es, Leute! Kapitel XXXIII - Träume Dafem hob das Schwert vors Gesicht. Die Silberklinge war ein dünner Strich, der sein Gesicht in der Mitte zu teilen schien. "KOMM UND LASS UNS KÄMPFEN!!!" Valnitars eisblaue Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt. "Töricht", meinte er ausdruckslos. Mit einem Kopfschütteln hob er seinen rechten Arm. Als der Dunkelelf eine der blau leuchtenden Blitzkugel auf Dafem schleuderte, erkannte dieser die Gefahr beinahe zu spät. Mit einem Hechtsprung konnte der Abenteurer sich gerade rechtzeitig aus der Schussbahn werfen, nur einen Augenblick bevor das magische Geschoss an ihm vorbeizischte und mit unmenschlicher Kraft in der Wand einschlug. Schützend warf Dafem die Hände über den Kopf, denn die Wand zerbarst unter der gewaltigen Kraft, so dass ein Regen aus Steinsplittern auf ihn niederging. Der Staub vergangener Jahrhunderte wurde aufgewirbelt und erzeugte eine undurchdringliche Wolke. Valnitar fing wieder an zu lachen. "Was ist aus deinen großen Worten? Du kannst mich nicht besiegen, wenn du nur im Dreck liegst..." Dafem knirschte mit den Zähnen und erhob sich schwerfällig. Ein Felsbrocken hatte ihn hart an der Schulter getroffen und dort ein taubes Gefühl hinterlassen. Blut tröpfelte aus einem tiefen Schnitt an seiner Augenbraue. "Ich habe auch nicht vor hier nur herumzuliegen!!!" Mit einem entschlossenen Kampfschrei stürmte der Abenteurer mit erhobenem Zweihänder los. Valnitar blickte ihn ohne jegliches Gefühl in den Augen an. "Mutig bist du, das muss ich gestehen...doch Mut und Dummheit liegen oft nahe beieinander..." Mit einer kurzen Handbewegung hatte der Schwarzmagier nun auch seine zweite Blitzkugel von sich geschleudert. Dafem blieb ruckartig stehen, als das gleißende blaue Licht auf seine Netzhaut traf und ihn kurzzeitig erblinden ließ. Orientierungslos schlug er mit dem Schwert um sich, verlor dabei fast den Halt und fluchte mit zusammengepressten Liedern. Plötzlich traf etwas seine Magengrube. Ein unvorstellbarer heißer Schmerz, schlimmer als alles was er je in seinen fünf Jahren des Abenteurerdaseins erlebt hatte, durchflutete seinen Körper. Es war als würde flüssiges Feuer durch jede Muskelfaser und jede Ader strömen. Sein Kopf schien zu bersten, seine Haut zu verbrennen. Ehe er aufschreien konnte, presste die Wucht des einschlagenden Geschosses jegliche Luft aus seiner Lunge. Dafem wurde davon geschleudert, überschlug sich im Flug mehrmals und prallte zuckend mit dem Rücken auf den Boden, der noch immer mit Steinsplittern übersät war. Ein kurzes Stöhnen entwich noch seinen Lippen, dann war es still. "Tzz...er hätte sich eben nicht mit mir anlegen sollen. Schade eigentlich, er war ein sehr interessanter Mann. Aber die Menschheit ist so stur und dumm..." Erschöpft betastete Valnitar seinen Kopf. Das schwarze Eisen der Krone der Finsternis glühte. "Kopfschmerzen...", murmelte der Dunkelelf kaum hörbar. Er kehrte Dafem den Rücken und schritt durch den Saal. Seine Stiefelabsätze erzeugten ein Geräusch, dass durch die ganze Halle hallte. Plötzlich blieb der Erbe Rizzurs wieder stehen. Trotz allem spürte er noch immer die Lebenspräsenz des Schicksalsmessias... "Das ist nicht möglich, ER IST DOCH TOT!!!" Wütend wirbelte Valnitar herum, seine eisblauen Augen weiteten sich vor Überraschung, zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit. Dafem stand wieder aufrecht, das Schwert in seiner Hand blitzte auf. Ob die anderen wohl bereits geflohen sind...ob sie es geschafft haben? Dafem hob den Kopf und starrte seinen Feind bedrohlich an. Selbst Valnitar spürte bei diesem stechenden Blick, der schon viele zur panischen Flucht bewegt hatte, einen Moment lang Unbehagen. Doch noch unheimlicher war die Tatsache, dass Dafem immer noch auf den Beinen stand. Eine Hälfte seines Gesichtes war fast vollständig mit Blut beschmiert. Auch an seinem linken Arm lief die rote Flüssigkeit, die von einer heftigen Schulterverletzung stammte, frei herab. An der Vorderseite waren Lederweste, Kettenhemd und Wolloberteil vollkommen von der magischen Blitzkugel versengt. Ob Bodono entkommen konnte? Lebt er überhaupt noch? "Mein Angriff könnte einen Menschen zehnmal töten! Wieso bei Opelaryn lebst du noch?" Als Antwort riss Dafem seinen sowieso schon halb zerfetzten linken Ärmel ab. Darunter kam ein goldener Oberarmreif zum Vorschein. "Der magische Schützer der Kintas!", fauchte Valnitar zornig. "Dieses verfluchte Zauberschutzrelikt dieser verfluchten Familie!!! Doch selbst der Schutz des Armreifs kann dich nicht retten!!! Bala de Relampago!" Wieder beschwor Valnitar mit einem Zauber blau leuchtende Blitzkugeln. Diesmal ließ der Dunkelelf es nicht mehr gemächlich angehen. Wutentbrannt riss er seine Arme nach vorne, so dass die Geschosse davon sausten und Schweife aus Rauch und Funken hinter sich her zogen. Dafem rollte schützend hinter eine Säule. Die Blitzkugeln explodierten förmlich, als sie zwei neue gewaltige Löcher in die Wand rissen. Der Abenteurer nutzte die Chance, um durch den aufsteigenden Staub unbemerkt an Valnitar heranzutreten. Doch der Dunkelelf sah den Schwerthieb des Abenteurers rechtzeitig kommen um auszuweichen. Den Schwung der schweren Sturmklinge konnte Dafem nur mit einem weiten Ausfallschritt wieder ausgleichen. "Gib doch endlich auf, Dafem Abenteurer!" Wortlos startete er einen weiteren Angriff. Wieder und wieder schlug er auf Valnitar ein, doch egal wie stark oder schnell, Valnitar wich jedem einzelnen Hieb spielend aus. Als Dafem seine Attackenserie einen Moment abbrach, lächelte der Schwarzmagier nur. Anstatt die Chance zu nutzen, wartete der Dunkelelf schweigend ab. Dafems Augen blitzten vor Zorn. Mit einem Satz sprang er erneut auf seinen Feind zu und legte alle Kraft in einen gewaltigen Verzweiflungsschlag. Valnitar hob die Hand. "Prote'ga yo!" Eine kugelförmige Kuppel aus blauem Licht bildete sich um Valnitar wie ein schützender Panzer. Dafems Schwerthieb prallte daran ab, als hätte er gegen einen Eisenschild geschlagen. Ein Schutzzauber... "Siehst du es jetzt endlich ein? Verstehst du, dass ein Sieg ausgeschlossen ist? Ich muss nicht einmal ausweichen! Ein gewöhnlicher Kämpfer wie du hat keine Chance gegen einen fähigen Schwarzmagier, egal wie oft er wieder aufsteht!!!" Mit einem Lachen beschwor Valnitar eine Wolke aus schwarzen Splittern in der Luft. Obwohl Dafem wusste, was das zu bedeuten hatte, konnte er dem Angriff nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Die Scherben zerrissen Kleidung, Haut und Fleisch. Der Abenteurer widerstand der Versuchung sich einfach auf den Boden fallen zu lassen. Seine Beine wollten unter ihm zusammenbrechen wie ein paar dünne Streichhölzer. Blut bahnte sich den Weg zwischen seinen Lippen hervor... Nicht aufgeben... Doch was sollte er tun? Er wollte seine Freunde rächen, doch es gelang ihm nicht. Er war ohnmächtig vor Wut und Zorn, doch es war ihm nicht möglich den Grund seiner Gefühle zu vernichten. Er konnte nichts tun... Valnitar hatte Recht, er war vollständig machtlos... "Wenn du deine toten Freunde so sehr mochtest", zischte Valnitar, der gesehen hatte, dass der Widerstand des Gegners gebrochen war, eindringlich. "Dann schicke ich dich gerne zu ihnen!!! Schwarzbann-Klinge!!!" Ein Schwert materialisierte sich aus dem Nichts. Die Klinge strahlte in einem düsteren Blau, das Stichblatt hatte die Form eines Halbmondes. Ehe Dafem sich von seiner Überraschung erholen konnte, stieß Valnitar ihm die Waffe bereits tief in den sowieso schon gepeinigten Körper... "Du hättest wissen müssen, dass es nur so enden konnte...Ich bin ein GOTT!!!" Und damit war es plötzlich still im Saal. In Sekundenschnelle hatten sich die Fetzen, die noch von Dafems Hemd übrig geblieben waren, voll mit Blut gesogen. Ohne einen Schmerzensschrei sank er in die Knie. Kalt riss Valnitar ihm das Schwert aus dem Leib und stieß ihn mit dem Fuß von sich. Um Atem ringend lag der Abenteurer in einer sich schnell ausbreitenden Blutlache. Er fror plötzlich... Ich habe versagt... Was habe ich falsch gemacht? Es war doch mein Schicksal, oder? Habe ich Dertils Verhalten falsch gedeutet? War es vielleicht doch nur meine Aufgabe, die anderen zu befreien? Was...was habe ich übersehen...? Alles um ihn herum schien seine Konturen zu verlieren. Farben verblassten oder gingen ineinander über, verschwommen und wurden von tanzenden schwarzen Punkten überdeckt. Dafem war schwindlig und schlecht, die Schmerzen waren stärker, als sein Körper noch ertragen konnte. Dann traf ihn die Erkenntnis plötzlich wie ein Schlag. Seine Gedanken und Erinnerungen liefen auf einmal zusammen und verbanden sich wie die Teile eines Puzzles... Eins noch, Dafem. Denk immer daran, dass zwei besser sind als einer. Denk daran, dass zwei nur zusammen ihre wahre Stärke entfalten können... Das hatte Dertil gesagt, kurz nach Estilors Tod... Egal was geschehen wird, egal was zwischen uns liegt, diese Anhänger werden uns immer verbinden. Einzeln sind es nur zwei Teile, erst zusammen bilden sie eine Einheit. Wir werden immer zusammen bleiben, Melissa... Dieses Versprechen hatte er nicht halten können. Es war schmerzvoll an all die Qual zu denken, die seine Schwester hatte durchleben müssen. Doch wenigstens am Ende hatte sie ihren Frieden gefunden. Womöglich hätte Dafem erneut Tränen vergossen, doch die Erinnerung verblasste bereits wieder und entfernte sich. "Ist das die Antwort?", flüsterte Dafem zu sich selbst. Er zwang sich Valnitar anzusehen, der emotionslos auf ihn herabblickte. Der Abenteurer wühlte in seiner Hosentasche herum und zog Melissas Kette mit dem halben Anhänger hervor. Die saubere goldfarbene Oberfläche wirkte in den mit Dreck und Blut verkrusteten Händen beinahe fehl am Platz. Ächzend quälte sich Dafem auf die Füße, während er sich gleichzeitig seine Kette vom Hals riss. Beide Teile waren nun beisammen. Zwei Teile, die nur zusammen eine Einheit bildeten. Der Abenteurer musste lächeln. Seit er denken konnte, besaß er diese beiden Anhängerhälften und ausgerechnet jetzt stellte er fest, dass sie die Antwort auf alle Fragen waren. Das Amulett des Mutes zerbrach also vor fünfhundert Jahren tatsächlich... "Du müsstest doch längst tot sein!!! Wieso kannst du noch stehen?", brüllte Valnitar. Der Dunkelelf musste sich eingestehen, dass er nervös wurde. Es war eigentlich völlig unmöglich, dass Dafem die blauen Blitzkugeln und die schwarzen Splitterscherben überlebte. Es war unmöglich, dass er nach einem derartigen Treffer mit der Schwarzbann-Klinge, einem uralten mächtigen Schwert, das Valnitar auf seinen langen Suchen nach der Krone der Finsternis gefunden hatte, noch immer aufrecht stehen konnte. "Ich werde solange stehen bleiben, bis du besiegt bist. Denn ich kämpfe für meine Träume! Und damit sie in Erfüllung gehen, musst du vernichtet werden!!!", erwiderte Dafem energisch. "Was sind denn deine Träume?" Abfällig verschränkte Valnitar die Arme vor der Brust. "Mein Traum...mein Traum ist ein friedliches Leben in einer friedlichen Welt. Ich habe das viele Kämpfen satt...ich will nur noch meine Ruhe, doch dafür darfst du Lutansiar NIEMALS erobern!!!" Ich bin ein Titanier! Es ist meine Bestimmung! Mit ausgestreckten Armen hielt Dafem die Anhängerhälften vor sich, eines in jeder Hand. Sturmklinge lag vergessen irgendwo auf dem Boden. Er starrte Valnitar fest in die eisblauen Augen, während er sie langsam zueinander führte. Der Dunkelelf erkannte zu spät, dass das eintrat, wovor er sich schon immer gefürchtet hatte... Es wird Zeit, dass das Amulett des Mutes nach fünfhundert Jahren erneut in Erscheinung tritt... Es wird Zeit, dass ich, der Messias des Schicksals, erwache... Als sich die beiden Hälften berührten und zusammenfügten, durchflutete grelles weißes Licht den ganzen Saal mit einer unvorstellbaren Intensität. Eine nie gekannte, fast beängstigende Kraft durchflutete Dafems Körper... Dann wurde alles schwarz... Er sah nur noch Schwärze. Um ihn herum war es so dunkel, dass er nicht einmal mehr die Hand vor Augen sehen konnte. Hatte er die Augen überhaupt geöffnet? Tropf... Plötzlich schien sich die Finsternis wie eine Nebelwolke zu verziehen und gab somit die Sicht auf einen glasklaren See frei. Auf der sich kräuselnden Oberfläche stand Ilerdt in seiner menschlichen Gestalt mit den schneeweißen Haaren. Seine Erscheinung wirkte auf Dafem wie ein Geist. "Du hast also das Rätsel gelöst...", lächelte der Schicksalsgott, "du bist ein Titanier, ein Angehöriger der Familie, die ich erwählte, um das Amulett des Mutes zu tragen..." Ilerdt kniete sich nieder und schöpfte ein wenig Kristallwasser in seinen Händen. "Es tut mir Leid, dass ich dir dies nicht offenbaren konnte. Es war wichtig, dass du dein Schicksal erkennst. Niemand durfte dir dies abnehmen..." Ilerdt erhob sich wieder. Das Wasser in seiner Hand plätscherte in einem dünnen Strahl lautlos zurück in den See. "Wo sind wir hier?", fragte Dafem als er nach einer Weile seine Stimme wieder fand. Ilerdt machte eine weit umschweifende Geste, obwohl um den See herum weiterhin nichts Außergewöhnliches außer Dunkelheit herrschte. "Wir befinden uns am See der Ewigkeit. Er befindet sich in einer Ebene, die zwischen Lutansiar und dem Götterreich liegt. Die Zeit ist hier ohne Bedeutung, in deiner Welt vergeht womöglich nicht einmal eine Sekunde. Dadurch dass du jetzt das Amulett des Mutes trägst ist deine Verbindung zu mir stark genug, um noch einmal in Kontakt zu treten..." Dafem wartete ab, bis Ilerdt von sich aus weiterredete. "Denn eine Sache musst du unbedingt noch wissen...durch den Besitz meines Götterartefaktes wird deine ohnehin schon beschädigter Körper noch weiter in Mitleidenschaft gezogen. Du kannst unmöglich einen Kampf mit Valnitar durchstehen. Du musst ihn mit einem einzigen Schlag vernichten", erklärte der Schicksalsgott eindringlich. "Ein einziger Schlag?", wiederholte Dafem skeptisch. "Wie soll das möglich sein? Er ist unglaublich stark und schützt sich mit Schutzzaubern..." "Du musst es aber schaffen. In jedem Augenblick, der während eures Kampfes vergeht, verlierst du mehr Blut. Valnitars Schwarzbann-Klinge besteht aus Todeseisen. Es zerstört die heilenden Organismen in deinem Blut, so dass die Wunde sich nicht schließen wird." Dafem betastete seinen Magen. Er war überzogen mit Brandwunden und Blut, doch kein Schmerz war zu spüren. Die Zeit schien an diesem Ort tatsächlich eingefroren zu sein. "Ein einziger Schlag, Dafem. Du musst alles in diesen Schlag legen, deine Stärke, deinen Mut, Zorn und Freude. Alle Empfindungen, die du in dir trägst...und nicht nur das." Dafems Haut fing an elektrisierend zu kribbeln. Ilerdt stand unbeweglich auf der Oberfläche des Sees der Ewigkeit. "Lege die Erinnerungen an die Vergangenheit in deinen Schlag..." Vor Dafems Augen zogen in einer irren Geschwindigkeit Bilder vorbei. Augenblicke seiner Kindheit, der Tag an dem er mit Melissa aus Mid'tha floh, sein erstes Treffen mit Rigo, die vielen Kämpfe mit all den Feinden, die er bis jetzt gefochten hatte. Er sah Estilor den letzten Atemzug seines Lebens tun, sah Stomps brennendes Haus über Leaf und dem Zwerg einstürzen... "Lege die Geschehnisse der Gegenwart in deinen Schlag..." Weitere Bilder drangen auf ihn ein. Chemir stand auf einem Podest mitten in Mightran und sprach zu den Bewohnern. Ein Heer, zusammengestellt aus allen Teilen des Landes umgab ihn wie eine wogende Flut. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte das Bild eines glatzköpfigen Mannes auf, doch es verschwand, ehe Dafem etwas Genaues erkennen konnte. Stattdessen sah er Rigo, der sich torkelnd durch einen düsteren Gang schleppte, Aurora über der Schulter, Xab unter den Arm geklemmt. Er schleifte Melana, die sich offenbar verbissen wehrte, hinter sich her. Sie sagten irgendwas, doch Dafem erkannte nur, wie sich ihre Lippen bewegten. Er wollte seinen Freunden länger zuschauen, doch das Bild verblasste bereits wieder... "Und lege die Träume und Wünsche der Zukunft in deinen Schlag..." Noch einmal sah er Mightran und das große Podest mit einer Menschenmenge darum. Auf dem Sockel stand Aurora mit dem langen goldblonden Haar. Sie trug wertvolle Kleidung, angefertigt mit der Geschicklichkeit der besten Menschen- und Elfenschneider. Auf dem Kopf trug sie die Krone der Königin. Plötzlich verwandelte sich Mightran in einen Wald. Aus einer kleinen Blockhütte aus Holz trat eine Halbelfe. Ihr Haar war lang und rot und glänzte in der frühen Morgensonne. In den Armen hielt sie voller Zärtlichkeit ein kleines Bündel. Die Visionen verschwanden so schnell wie sie gekommen waren. Ilerdt lächelte auf eine merkwürdige Weise. "Bist du nun bereit, Dafem Titanier, Abenteurer aus Lutansiar?" "Ja..." Ilerdt verschwand. Der See verschwand. All die Dunkelheit verschwand. Mit einem Mal stand Dafem wieder mitten in dem dunklen Saal tief unter der Shigay di Trist. Alles bebte unter der unvorstellbaren pulsierenden Macht des Amulettes des Mutes, dass in der Hand des Abenteurers vibrierte und grelles weißes Licht versprühte. Während Valnitar seine Augen fluchend dagegen abschirmte, hob Dafem Sturmklinge vom Boden auf. Er drückte das Amulett entschlossen gegen den Ansatz der Klinge. Der Abenteurer wusste mit unerklärbarer Sicherheit, was nun zu tun war. Es schien einem Messias tatsächlich im Blut zu liegen, dass man wusste wie man mit seinem Götterartefakt umging. Das weiße Licht, die Energie und die Macht des Amuletts flossen frei in die Stelle der Waffe. Valnitar spürte, dass etwas vor sich ging. Wütend riss er die Augen weit auf. Die Krone der Finsternis verhinderte mit ihrer Magie, dass er geblendet wurde. "Ich lasse nicht zu, dass das geschieht! Ich bin ein Gott! Lutansiar gehört mir!" Ungerührt zog Dafem das Amulett des Mutes in einer fließenden Bewegung über die Klinge seines Schwerts bis zur Spitze hinauf. Die Waffe zitterte in Dafems Hand, so dass er Schwierigkeiten hatte es festzuhalten. Alle Kraft war nun in Sturmklinge konzentriert. Nur ein Schlag...ich muss treffen... Doch Valnitar war aufmerksam wie ein Luchs. Die Erfahrungen des bisherigen Kampfes hatten gezeigt, dass es schwierig werden würde, den Dunkelelf zu treffen. "Bala de Relampago!" Wie sooft flogen blaue Blitzkugeln durch die Luft. Die erste zerschmetterte eine der vielen großen Rundsäulen, der anderen konnte Dafem so ausweichen, dass sie gefahrlos gegen die Wand krachte. "Bei Opelaryn, stirb doch endlich!" Dafem wollte losstürzen, doch es flogen bereits neue magische Geschosse auf ihn zu. Als er sich unter diesen hinweg duckte, gaben seine Beine plötzlich nach. Er fiel hart zu Boden. Kraftlos versuchte er sich aufzurappeln, doch er fühlte sich mit einem Schlag wie ausgesaugt. Das Leben schien zusammen mit seinem Blut aus dem Körper zu fließen. Und scheinbar schien davon bereits viel zu viel geflossen zu sein. "Das wurde auch Zeit...scheinbar hilft dir dein tolles Relikt doch nicht soviel", höhnte Valnitar, während er langsam auf Dafem zuschritt und sich vor ihm aufbaute. In seiner Hand hielt er wieder die Schwarzbann-Klinge. "Dennoch darf ich kein Risiko eingehen!" Der Dunkelelf lachte und hob das Schwert, so dass sich Fackelleicht schillernd auf der blauen Klinge reflektierte. Er konnte nicht verlieren, er durfte nicht verlieren. Sein Schwur. Sein Ziel. Sein Schicksal. Er durfte wegen all diesen Gründen nicht aufgeben. Verzweifelt versuchte er sich erneut aufzurappeln, doch diesmal schien das Glück ihn endgültig verlassen zu haben. Gerade als Schwarzbann auf ihn niederging und alles zu spät schien, ließ der Ruf eines Horns die ganze Halle erzittern. Aus den Augenwinkeln sah Dafem einen Schatten an ihm vorbei stürmen. Bodono... Der glatzköpfige Wirt warf sich mit einem markerschütternden Schrei auf Valnitar und schwang dabei so kraftvoll wie möglich die Axt. Sie prallte unter dem Aufblitzen blauen Lichts auf den Schutzzauber des Dunkelelfen. Beide wurden von der Wucht der freigesetzten Kräfte zu Boden geschleudert. Doch Valnitar sprang sofort wieder auf die Füße, das Gesicht eine Grimasse des Zorns. Die eisblauen Augen glühten, als er voller Wut Schwarzbann hob und alles außer Bodono völlig vergas. Der Dunkelelf stürzte los. Jetzt... In diesem Augenblick schien die ganze Welt stillzustehen. Dafems Armmuskeln spannten sich bis zur Unerträglichkeit, als er sein Schwert mit der letzten verbliebenen Kraft packte und immer noch liegend zustieß. Sturmklinge traf auf den Schutzzauber Valnitars. Die magischen Kräfte entluden sich in einer gewaltigen Explosion, die Bodono erneut zu Boden riss. Dann bohrte sich Rigos Schwert tief in die Bauchdecke des Dunkelelfen. "Dein Schutzzauber hat versagt", lachte Dafem gurgelnd. Valnitar sah voller Entsetzen auf die silberne Klinge, die in seinem Körper steckte. Blut quoll aus der riesigen Wunde und durchweichte die schwarze Robe des Magiers. "Das...das ist nicht möglich...", keuchte der Dunkelelf. "Ich...ich kann nicht sterben...ich bin am Ziel...ich BIN EIN GOTT!!!" Kraftlos ging er in die Knie. "Ich sagte dir bereits, du bist kein Gott. Du bist ein armseliges Geschöpf, das die Realität aus den Augen verloren hat. Du hast jeden getötet, der dir im Wege stand. Und jetzt sieh dich an, ist das dein Traum gewesen? Jämmerlich verblutend, tief in diesen dunklen Gefilden?" "SCH...WEIG!!!", röchelte Valnitar als Antwort. Verzweifelt robbte er vorwärts, seine Augen waren voller Hass. Als die dunkelhäutige Hand des Magiers Dafem am Fußgelenk berührte, zuckte sein Körper unkontrolliert und erlahmte schließlich. Die Krone der Finsternis rollte vom Kopf des Dunkelelfen. Valnitar, der Schrecken Lutansiars, hatte sein Leben ausgehaucht... Dafem kniff angestrengt die Augen zusammen. Erleichtert ließ er Sturmklinge los und versuchte ruhig einzuatmen. Irgendein Angriff musste seine Lunge beschädigt haben, denn er hatte Schwierigkeiten dabei. Außerdem war inzwischen soviel Blut aus seinem Mund gesickert, dass das ganze Kinn rot verschmiert war. Der Schmerz war unerträglich, seine Kraftreserven verbraucht. Nicht einmal den Arm konnte er noch heben. "Bei Koortigs Eiern!", stöhnte Bodono grimmig. Der Wirt rappelte sich fluchend auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und ging herüber zu seinem Kamerad. Bei Dafems Anblick sog er scharf die Luft ein und schüttelte den Kopf. "Feuerwitwe Tifa, du siehst gar nicht gut aus!" Dafem lachte schwach, brach jedoch schnell wieder ab. "Vielen Dank, Bodono. Ohne dich...hätte ich es nicht geschafft. Jetzt verstehe ich was Dertil damit meinte als er sagte, dass zwei besser sind als einer. Vielen Dank." Bodono errötete sichtbar vor Verlegenheit und grinste breit von Ohr zu Ohr. Als er jedoch in die Hocke gehen wollte, fing der Boden an zu beben. Dafem lächelte gequält. "Die Katakomben der Ruinen der Alten Welt wurden nur von Valnitars Magie aufrechterhalten. Mit seinem Tod zerbrechen auch die Gefilde." Zur Bestätigung seiner Worte brach ein großer Steinbrocken aus der Decke und zerschmetterte den Boden, auf dem er auftraf. Staub und Putz rieselte von oben herab, eine Säule stürzte krachend um. "Koortigs Eier, es hat schon begonnen! Schnell Dafem, ich nehme dich Huckepack und dann verschwinden wir." Der Wirt wollte den Abenteurer auf die Arme nehmen, doch dieser schüttelte kraftlos den Kopf. "Das hat keinen Sinn, Bodono. Meine Verletzungen sind zu schwer, ich werde sterben, ob nun hier oder in einem dieser Gänge oder draußen. Du bist alleine schneller." Er versuchte nach Sturmklinge zu greifen, doch noch immer war sein Körper wie gelähmt vor Schwäche. "Nimm Rigos Schwert mit. Ich habe es mir nur geliehen und er soll es zurückbekommen, denn das Schwert das Valnitar vernichtete soll nicht verloren gehen. Meine Freunde sind irgendwo draußen, wenn sie es geschafft haben." Eine weitere Säule krachte um und zerschellte auf dem Boden. Risse zogen sich splitternd durch Wand und Decke. "Geh jetzt!" Bodono zögerte. Unschlüssig hockte er da und wusste nicht, was er tun sollte. "GEH!!!" Scheinbar unzufrieden mit sich selbst griff Bodono nach Sturmklinge und richtete sich auf. "Du bist ein toller Kerl, Dafem. Ich bin froh dir begegnet zu sein!" Mit diesen Worten wandte sich der Wirt widerwillig ab und rannte davon. In seinen Augen glitzerten Tränen. Rasselnd atmete Dafem ein und aus. Er lächelte schwach. Sein Schicksal war erfüllt, er musste sich nicht schämen zu sterben. Seine Gedanken hingen traurig an seinen Freunden und Melana, doch eines Tages würde er auch sie wieder sehen. Wenigstens würde er im Jenseits bei Estilor, Leaf, Stomp und Melissa sein können. Das Einzige was er sich wünschen würde wäre jemand, der ihn auf dem Weg ins Jenseits führen würde, so wie Dertil Fibathen ein Stück auf diesen Pfad geführt hatte, damit der König nicht alleine war. Wie gerufen beugte sich plötzlich jemand über ihn. Dafems Augen glänzten bereits fiebrig und starrten halb ins Leere, als er die schillernd weiße Gestalt seiner Schwester über sich sah. Freundlich lächelnd streckte sie ihm die Hand entgegen. "Bist du...bist du gekommen um mich abzuholen?" Die geisterhafte Melissa nickte wortlos, aber immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen. Dafem tat es ihr gleich. Inzwischen hatte er genug Kraft, um zitternd den Arm zu heben. Als er die Hand seiner Schwester berührte, erlosch in seinen Augen der Funke und es wurde dunkel... "Die Ruinen stürzen ein", stellte Rigo nüchtern fest. Er saß im Sand der Shigay di Trist, unweit des Einganges in die Katakomben. Sein Federkleid wurde von einem leichten Wind durcheinander gewirbelt, einzelne weißbraune Flausen flogen davon wie kleine Blätter. Melana war neben ihm vor Erschöpfung eingeschlafen. Sie hatte geweint und getobt, war vor Angst um Dafem beinahe verzweifelt. Außerdem hatten sich die schweren Strapazen der Folter bemerkbar gemacht. Gleich neben ihr kuschelte sich Xab in ihre weiten Magierroben, Aurora hatte das Bewusstsein wiedererlangt und saß deswegen an Rigos Seite. "Meinst du er schafft es?", fragte sie leise, während sie an einer Wasserflasche nippte, die sie bei der Leiche eines Dunkelelfenwächters gefunden hatten. Rigo zuckte die Achseln. Ehrlich gesagt glaubte er nicht daran, doch andererseits konnte Dafem ein Gegner sein, der zäher und unheimlicher war als jeder andere Mensch, den der Avior je gesehen hatte. "Da kommt jemand", flüsterte Aurora. Rigo griff geistesgegenwärtig nach dem Silberspeer, den sie ebenfalls dem toten Wächter entwendet hatten. Doch er ließ die Waffe wieder sinken, als er sah wer da aus dem Gang kam. "Bodono..." Für einen Augenblick war der Avior ehrlich überrascht, doch dann erinnerte er sich wieder, dass Dafem gesagt hatte, er wäre mit ihm zusammen unterwegs gewesen. Der Wirt brauchte gar nichts zu sagen. Rigo erkannte bereits an seinem Gesichtsausdruck und an Sturmklinge in seinen Händen, dass Dafem es geschafft hatte, sich dabei aber selbst geopfert hatte. Schwerfällig erhob sich der Vogelmensch und breitete die Arme aus. Die Flügel auf seinem Rücken spannten sich zu voller Größe. "MÖGEN DIE GÖTTER DICH SICHER ZU SICH NEHMEN, DAFEM!!! GANZ LUTANSIAR DANKT DIR!!!", schrie er in den Himmel. Triumphal riss er die Klaue in die Luft und stieß dabei sein durchdringendes Vogelgeschrei aus. "FREUNDE FÜR IMMER!!!" Rigo lachte und weinte gleichzeitig. Aurora sah verwirrt zu ihm auf, sie war zu jung und zu unerfahren im Kampf um zu verstehen, weswegen Rigo so reagierte. Der pfeifende Wind der Shigay di Trist erzeugte ein Geräusch, als würden tausende Seelen klagen. Aurora sah genau wie der Avior hinauf in den Himmel. Die Sonne schien hell und freundlich, als wäre Valnitar, seine dunklen Horden und all die Kämpfe nur ein böser Traum gewesen. Die Prinzessin Sagandors stimmte ein Klagelied an für ihren Gefährten und Freund Dafem, einem Abenteurer, der sich seinem Schicksal stellte... und ein Held wurde... Epilog: Die Zeit fließt dahin... -------------------------------- Epilog - Die Zeit fließt dahin... In Lutansiar sagt man manchmal, dass man den Wert eines Lebewesens daran erkennen kann, wie viele Tränen um ihn vergossen werden. Zu Dafem Titaniers Trauerfeier in Mightran kamen Elfen, Zwerge, Menschen und unzählige andere Angehörige der unterschiedlichsten Völker. Sie alle weinten. Auch wenn der Körper des Abenteurers zusammen mit der Krone der Finsternis und ihrem Besitzer unter den einbrechenden Trümmern der Ruinen der Alten Welt verschüttert wurde, war Dafems Beifügung auf die heilige Steintafel Lutansiars Helden ein Ereignis, wie es in seinen Ausmaßen die letzten hundert Jahre nicht gesehen wurde. Zu Ehren seiner letzten Ruhe zogen Priester aller fünf Götter aus allen Teilen des Landes zur Shigay di Trist, um die Katakomben mit ihren vereinten Kräften auf ewig zu versiegeln. Das Heer, das von Chemir und Jenstak aufgestellt wurde, griff nur wenige Tage später die von Feinden eroberten Gebiete an. Die dort hausenden Kreaturen hatten ohne die Befehle ihres Herren Valnitar keine Chance. In alle Winde zersprengt und aufgerieben flohen die wenigen überlebenden Goblins, Dunkelelfen oder Oger so schnell wie möglich aus zentralen Orten wie Sagandor. Schon bald waren sie gänzlich aus bewohnten Gebieten Lutansiars verschwunden. Und so floss die Zeit unaufhaltsam dahin, während sich Lutansiar allmählich von den Wunden des dunklen Hordenkrieges erholte. Städte wurden neu aufgebaut, verwüstete Landstriche frisch angepflanzt. Und auch das Leben der Bewohner Lutansiars ging weiter... Ungewöhnlich hibbelig und aufgeregt putzte Bodono wohl zum zehnten Mal das glänzende Glas in seinen Händen mit einem weichen Lappen. In dem Wirtshaus ,Zum wilden Bären', das erst kürzlich wieder in Neu-Sagandor eröffnet wurde, war heute ungewöhnlich wenig los. Doch selbst die paar Besucher, die sich an den wunderschönen, frisch polierten Rundtischen gedämpft unterhielten, bemerkten sofort, dass irgendetwas anders war als sonst. Bodonos Blick schoss jedes Mal wenn sich die Tür öffnete herum, als lauerte er regelrecht auf etwas. Normalerweise ließ es sich der dicke Glatzkopf auch nie nehmen mit seiner neuen Kneipe zu prahlen, doch diesmal warteten die Stammkunden darauf vergeblich. Sie hatten sich bereits mit seinem Verhalten abgefunden, als die Tür ein weiteres Mal aufging. Herein trat Aurora. Ihr blondes Haar wurde von einem breiten goldenen Stirnreif, der Krone der Königin, zusammengehalten. Allgemeines Geraune ging durch das Pub, besonders als Bodono grinsend und zielstrebig auf sie zuging, um sie zu umarmen. Hinter der Königin betrat auch Zi, Fibathens früherer Vertrauter, den Wilden Bären. Er ging seiner Aufgabe als Leibwächter mit aller Aufmerksamkeit nach. Er wirkte fast wie Auroras Schatten. "Sei mir gegrüßt, Bodono", meinte sie lächelnd. Auch ohne die Kleidung der Königin, die sie um alter Zeiten willen heute abgelegt hatte, wirkte sie ganz und gar erhaben, wie es der Herrscherin Sagandors entsprach. "Seid auch ihr mir willkommen, Hoheit." "Bitte Bodono, belasse es bei Aurora. Schließlich sind wir Freunde." Der Wirt nickte hastig und geleitete sie zu einem freien Tisch. Gerade als sie sich dankend hinsetzte, stapfte noch ein alter Bekannter zur Tür herein: Rigo. Der Avior hatte außerdem Xab, der hüpfend und tänzelnd um ihn herum tollte, im Schlepptau. Die beiden erkannten ihre Freunde sofort, so dass sie zielstrebig auf sie zusteuerten. Während sich Vogelmensch und Gnom an den Tisch setzten, nachdem sie freundliche Begrüßungen ausgesprochen hatten, huschte Bodono zu seiner Theke und füllte rasch einige Getränke in frische Gläser. "Es ist lange her, dass wir zusammen saßen", stellte Rigo fest, nachdem seine goldenen Augen sich neugierig umgeblickt hatten. Aurora nickte, ohne den Blick von ihrem Leibwächter zu nehmen, der sich aktionsbereit neben die Tür postiert hatte. "Um genau zu sein auf den heutigen Tag ein Jahr...seit Dafems Tod..." Rigo trommelte gedankenverloren mit seinen Krallen auf der Tischplatte herum, hinterließ jedoch bei dem wertvollen eingewachsten Holz keine Kerben. Als wäre ihm etwas eingefallen, zog er eine Pergamentrolle unter seinem Hemd hervor und reichte es unter Xabs interessierten Augen Aurora. "Signa hat den Bündnisvertrag unterzeichnet. Ich hoffe unsere Völker können nun noch enger zusammenarbeiten..." Der Avior schwieg kurz, ehe er weiter sprach. "Ein komisches Gefühl, dieses häusliche Leben. Es ist schwer sich an einen Ort zu gewöhnen, wenn man nie etwas anderes gelernt hat, als durchs Land zu ziehen und Böses zu bekämpfen." Bodono brachte ein Tablett mit Getränken an den Tisch. Aurora nahm sich dankbar ein Glas Wasser und nippte kurz daran. "Wie geht es deiner Frau?", fragte sie schließlich. Rigos Gesicht schien sich schlagartig aufzuhellen. "Tigrun erwartet in den nächsten Wochen ein Kind. Eigentlich sollte ich bei ihr sein, doch sie weiß, wie wichtig mir dieses Treffen ist." Aurora freute sich für ihren Freund, auch wenn sie erst vor kurzem erfahren hatte, dass Aviore lebend gebären. Neben ihr griff Xab begeistert nach einem Bierhumpen und nahm einen tiefen Zug. Gleich darauf spuckte er es wieder aus. "Ohhhhhhh! Merkwürdig! Irgendwie schmeckt das sonderbar...wie Spülwasser..." Bodonos Gesicht wurde bei den Worten des Gnomen puterrot. Zornig packte er den Gnom am Kragen. "Das wagst du tatsächlich zu sagen? Obwohl ich dir immer kostenlos zu essen gebe, wagst du es noch zu meckern? Eigentlich bin ich viel zu gutmütig, denn du frisst wie ein Loch. Wahrscheinlich werde ich wegen dir pleite machen!" Xab lachte heiter, als der Wirt ihn am Kragen hochhob. "Ach komm, Bodono, dafür produziere ich gratis Tränke für dich. Was möchtest du denn? Feuertränke? Heiltränke? Oder einen Schönheitstrank...ich glaube du könntest einen gut gebrauchen..." Bodono schnaubte wie ein Stier kurz vor dem Angriff. Plötzlich öffnete sich die Tür ein weiteres Mal. Alle Augen wanderten gleichzeitig zu der zierlichen Halbelfe, die eintrat. Melana sah sich unsicher um, bis sie ihre Freunde erspähte. Ihr rotes Haar war länger als vor einem Jahr und ging ihr inzwischen bis zu den Schulterblättern, wurde jedoch von einem Band so zusammengehalten, dass nur ein paar Strähnen ihr Gesicht umrahmten. In ihren Armen hielt sie ein kleines Bündel. "Ohhhh! Hier, Melana! Hier drüben!", rief Xab mit winkenden Bewegungen. Die Halbelfe musste lächeln und trat zu ihren alten Gefährten. Als sie sich auf einen Stuhl niederließ, galt die Aufmerksamkeit aller dem Bündel in ihren Armen. Es war ein kleines Baby, eingewickelt in ein blaues Umschlagtuch. "Ist es das was ich denke, Melana?", wisperte Aurora mit einem erregten Glanz in den grünen Augen. "Ja...das ist meine Tochter...meine Tochter und die Dafems..." Jeder außer Bodono machte große Augen. "Sie ist von Dafem?", wiederholte Aurora fassungslos, während sie der Kleinen über die zarte Wange streichelte. Die Königin musste zugeben, dass man gewisse Ähnlichkeiten sehen konnte. Das Kind hatte bereits einen blonden Flaum auf dem Köpfchen und grünblaue Augen. Es beobachtete ihr Umfeld voller Neugier. "Wie ist ihr Name?", fragte Rigo, als er auch einen Blick auf sie erhascht hatte. Melana strich ihr liebevoll über den Kopf, die Lippen bewegten sich lautlos, als spreche sie einen Zauber. "Melynna", flüsterte sie schließlich. "Sie ist benannt nach ihrer Großmutter." Man kann die Zeit nicht anhalten. Sie fließt dahin, unaufhaltsam wie ein reißender Strom. Es ist merkwürdig, dass schmerzhafte Zeiten unerträglich lang erscheinen, während glückliche Augenblicke schnell vorbeiziehen wie ein davonfliegendes Blatt. So erschien es auch Rigo, Melana, Aurora, Xab und Bodono. Ihr Treffen zur Erinnerung an alte Zeiten war einer dieser Momente, der schneller vorbei schien als ein Wimpernschlag. Die Sonne war bereits am Horizont verschwunden um dem Sternenhimmel platz zu machen, als die fünf alten Gefährten den Wilden Bären verließen und ins Stadtinnere gingen. Langsam und in gedämpften Gesprächen vertieft schlenderten sich durch die neu angelegten Straßen, bis sie vor dem Eingang des Friedhofs ankamen. Als Xab freudig losstolzieren wollte, hielt Rigo ihn sanft aber bestimmt zurück. Der Gnom sah ihn merkwürdig an, schien aber überraschenderweise zu verstehen, als der Avior mit einer Kopfbewegung zu Melana deutete. Die Halbelfe sollte etwas Zeit für sich alleine haben. Während sie mit Melynna auf den Armen an Dafems Gedenkgrabmal trat, blieben die übrigen Gefährten am Eingang stehen und warteten. Melana blickte gedankenverloren auf das Denkmal. Es stand in Neu-Sagandor als Erinnerung an den Beginn einer Reise, die durch Sinthath und Zestarin führte, vorbei an Mid'tha, dem Einsamen Berg und dem Turm des Dämonenbeschwörers bis nach Mightran. Eine Reise voller Gefahren und Abenteuer, die in der Shigay di Trist mit Valnitars Tod ihr Ende nahm. Hier in Sagandor hatte es begonnen. "Die Zeit lässt sich nicht anhalten, das musste ich nach deinem Tod lernen", flüsterte Melana leise. "Und ich glaube ich habe verstanden, dass ich nach vorne sehen muss, egal wie sehr ich die Zeit mit dir vermisse, denn du bist trotzdem immer bei mir... Ein Teil von dir lebt in unserer Tochter weiter..." Ohne es zu bemerken strich sie Melynna über die Wange. Plötzlich musste sie lächeln, wenn auch mit ein wenig Traurigkeit. "Ich erinnere mich an den Tag kurz bevor wir Stomp trafen. Du hast getobt und meintest zu Xab, dass man das Wort Held nie leichtfertig benutzen sollte, dass man uns keinesfalls mit jemandem wie Udeasin Kinta vergleichen könnte." Udeasin Kinta kämpfte bis zum Tod, um Lutansiar vor dem Untergang zu bewahren. Es sind solche wie er, die den Titel Held verdienen. Solche, die bis zum Ende für ihre Liebsten, ihre Welt und ihre Überzeugungen kämpfen, bis sie ihr Ziel durch großartige Taten erreichen. "Dies waren deine damaligen Worte. Sag...ist deine Beschreibung Kintas nicht genau das, was du vor einem Jahr getan hast? Hast du nicht bis zum Tod für Lutansiar und deine Liebsten gekämpft? Für mich und für alle anderen Bewohner des Landes bist du ein Held..." Der Wind schien stärker zu wehen, als sie diese Worte sprach. Melynna war in ihren Armen eingeschlummert und atmete ganz friedlich. Als Melana sich vor Dafems Grabmal niederkniete, fielen ihr eine Reihe von Dingen auf, die bei ihrem letzten Besuch noch nicht da gewesen waren: Eine Strähne rabenschwarzen Haars, ein niedergelegter Elfenbogen aus weißem Holz und eine Reihe von Armbändern... In die Erde waren zwei Freundschaftsringe gedrückt, der einer Elfe und der eines Zwerges... -------------------- So, Krone der Finsternis findet mit diesem Kapitel (einem Epilog, der noch mal alles an Klischees herausholte^^) sein Ende. Es hat ungeheuren Spaß gemacht diese Geschichte zu schreiben, auch wenn ich manchmal der Verzweiflung nahe war. Vieles ist nicht so passiert wie ich es ursprünglich machen wollte, Charaktere schlugen eine andere Richtung ein und einige Ideen verschwanden einfach, ohne dass ich sie einbauen konnte. Trotzdem ist diese Story dennoch in meinen Augen recht gelungen. Ich habe einiges dazugelernt und versucht meinen Schreibstil zu erweitern. Außerdem werde ich mir Mühe geben die Charaktere in Zukunft noch persönlicher zu gestalten. Es ist schade, dass jemand wie Xab oder Aurora im Getümmel der Storyline oft bedeutungslos wurde und zu einem 0815-Statisten mutierte, obwohl ich mir vorgenommen hatte genau das zu verhindern. Was soll's, ich bin erst 15 und habe noch viel Zeit mich zu verbessern. Ich danke jedenfalls allen Lesern und Kommi-Schreibern, die taff genug waren diese Geschichte bis zum Ende durchzuhalten^^ Wenn ihr wollt, könnt ihr natürlich noch ein letztes Kommi abgeben. Sagt was euch besonders gefallen hat oder was noch verbesserungswürdig ist, damit meine zukünftigen Storys besser werden. Ihr könnt sicher sein, dass Perro mit dem Ende von Krone der Finsternis nicht von der Bildfläche verschwindet, ich werde auf jeden Fall weiter schreiben und eine neue Fantasygeschichte anfangen. Auf bald, Euer Perro P.S.: Vergebt mir die ersten zwei Sätze des Epilogs, die so dreist von Kenshin abgeschaut sind, doch ich fand sie so passend^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)