Digimon 00001100 von UrrSharrador (Samsara Madness [Video-Opening online]) ================================================================================ Epilog: Abschied ---------------- Sie überbrachten als Erstes den Digimon im nahen Dorf die frohe Botschaft. Mitten in der Nacht bereiteten die Digimon einen Festschmaus vor. Sie wollten unbedingt noch einmal ihre großen Helden bekochen – und wenn das letzte Fest schon großartig gewesen war, würde das hier es noch einmal übertreffen. Die DigiRitter bekamen nicht viel von den Vorbereitungen mit. Sie erhielten Zimmer im Rathaus des Dorfes und schliefen vor Erschöpfung fast sofort ein. Der Morgen des ersten Juli brach an, ohne dass sie es bemerkten – es dauerte bis Mittag, bis sie alle wieder wach und ausgeruht waren. Kyaromon war wieder zu Candlemon digitiert und der erklärte Held der Partner-Digimon; die DigiRitter hatten wenig Zeit, sich untereinander zu beglückwünschen, da ständig andere Digimon um sie herum schwärmten, ihnen von Herzen dankten und sie mit Geschenken überhäuften. Dann wurde geschmaust, bis jedem von ihnen schlecht war, und währenddessen schickten die Dorfbewohner leichtfüßige Peckmon aus, die die frohe Kunde überall in der DigiWelt verbreiten sollten. Obwohl der Tag ein Montag war, kosteten die DigiRitter ihren Sieg voll aus. Das Fest dauerte bis in den späten Nachmittag hinein, und irgendwann kamen sogar noch neue Digimon hinzu; Piximon und Parrotmon und Aquilamon und Fanbeemon und andere geflügelte Wesen, die so schnell gekommen waren, wie ihre Schwingen sie trugen. Auch sie wollten den DigiRittern ihre Aufwartung machen, einige brachten auch Geschenke, Essen und sogar Sake und das Fest dauerte an. Eines der Piximon überbrachte schließlich eine Nachricht von Gennai. Er wollte die DigiRitter sehen und schlug ihnen ein Treffen etwas südlich des Dorfes vor. Als sie davon hörten, waren sie zunächst erfreut, dass er sich nach Asuramons Ableben wohl selbst hatte befreien können. Dann jedoch stellte Jagari die Frage, die ihnen allen schon durch den Kopf gegangen war. „Was meint ihr, wie geht es jetzt weiter?“ Renji schnappte sich eine Zitrusfrucht aus einer Schale, biss hinein und verzog das Gesicht. „Was wohl? Gennai wird uns gratulieren und uns vielleicht auch allerhand unnützes Zeug schenken.“ „Und dann?“ Renji schwieg, legte die Frucht auf den Tisch vor sich. „Die DigiRitter vor uns haben ihre Aufgabe damals auch erfüllt“, murmelte Taneo. „Und jetzt sind sie wieder in der Realen Welt. Diesmal wurden wir auserwählt. Die alten wurden nicht mehr gebraucht.“ „So pessimistisch müssen wir das nicht sehen“, meinte Kouki. „Die Asuras haben die Macht der Dunkelheit verbreitet. Es war dieselbe Macht, die auch die Generationen vor uns bekämpft haben.“ „Ich verstehe, was du meinst“, sagte Tageko. „Die Macht der Dunkelheit lässt sich immer nur aufhalten, nicht besiegen.“ „Jedenfalls sieht es so aus, nicht? Und das heißt, dass es irgendwann wieder böse Digimon gibt. Mit anderen Worten, jemand muss sie bekämpfen.“ „Und am besten dafür geeignet sind eindeutig wir“, stellte Taneo fest. „Wir haben uns schon einen Namen gemacht. Unsere Digimon können auf wirklich mächtige Stufen digitieren.“ „Aber wollt ihr ewig gegen das Böse kämpfen wie Superhelden im Fernsehen?“, fragte Tageko stirnrunzelnd. „Ich nämlich nicht.“ „Hm.“ Renji verschränkte die Arme und starrte in den Himmel hinauf. „Also von mir aus müssen wir nicht wieder von einem Ende der DigiWelt zum anderen hetzen und eine Schnitzeljagd veranstalten, bei der wir umkommen könnten. Ich meine, ja, wir haben jetzt zwar was Cooles zu erzählen, aber denkt ihr, uns glaubt jemand?“ „Ich wäre auch zufrieden mit einer ruhigen DigiWelt“, sagte Jagari. „Solange wir sie noch richtig ausnützen können, heißt das.“ „Oh ja.“ Kouki grinste. „Ich will unbedingt nochmal zu diesem Strand zurück. Wäre echt ein angenehmer Urlaubstag. Oder wir könnten ganz gemütlich mal in diesem Jahreszeiten-Wald campen, und wenn uns langweilig ist, gehen wir ein paar hundert Meter weiter und haben eine andere Klimazone.“ Die anderen lachten bei dem Gedanken. Nach und nach brachten sie Vorschläge vor, was man in einer geretteten DigiWelt unternehmen könnte – und sie hätten sich wohl nicht so darauf versteift, hätte nicht die Befürchtung an ihnen allen genagt, ihnen könnte eben dieser Spaß verwehrt werden.   Sie erreichten den Treffpunkt, als die Sonne im Begriff war, unterzugehen. Kouki und Jagari hatten schon gescherzt, wie sie wohl morgen in der Schule erklären würden, warum sie heute gefehlt hatten. Renji bot Kouki tausend Yen, wenn dieser sagte: „Tut mir leid, ich musste die Welt retten.“ Gennai wartete schon auf sie, eine einsame Kapuzengestalt inmitten einer wunderschönen Blumenwiese. Es war, als wollte selbst dieser Ort zeigen, dass sämtliche Gefahren nun ausgestanden waren, und hätte deshalb sein schönstes Kleid angelegt. Als sie näher traten, blieb Parallelmon plötzlich stehen. „Was hast du?“, fragte Fumiko, legte die Hand auf sein Bein und verstand. Es fürchtete sich davor, tatsächlich Abschied nehmen zu müssen. Es war wie eine Vorahnung, die immer greifbarer wurde, je näher sie Gennai kamen, demjenigen, der ihnen damals ihre Mission gegeben hatte. „Keine Sorge.“ Fumiko lehnte die Stirn gegen den kühlen Panzer ihres Digimons. „Hast du vergessen, dass es keine Grenzen für uns beide gibt? Wir werden immer zusammen sein. Wir haben immer noch einiges an gemeinsamer Zeit aufzuholen.“ Parallelmon stimmte schweigend zu. Dennoch rührte es sich nicht von der Stelle. Gennai verharrte immer noch erwartungsvoll. Schließlich stellten sich die DigiRitter und ihre übrigen Partner im Kreis um ihn herum auf. Sie stimmten angespannt in sein Schweigen ein. „Sie sind diesmal der echte, oder?“, platzte Jagari dann heraus. Gennai nickte. „Ich habe geahnt, dass Asuramon euch täuschen wird, doch ich konnte nichts mehr tun, um es aufzuhalten. Ich bin froh, dass ihr seine Maskerade durchschauen konntet.“ „Das wäre zu viel gesagt“, murmelte Tageko. „Wir haben es einfach besiegt, nachdem es sich uns offenbart hat.“ „Das habt ihr. Ich gratuliere euch – dank euch ist die DigiWelt wieder ein sicherer Ort.“ Gennai senkte den Kopf und schien dann auf eine Erwiderung zu warten. „Das heißt, es ist wirklich vorbei?“, fragte Jagari. „Ja. Ihr habt eure Sache sehr gut gemacht.“ Gennais kühle Augen musterten jeden von ihnen, und Fumiko meinte, Anerkennung darin zu lesen. „Die Asuras sind besiegt, und es wird nicht lange dauern, bis die Vier Souveränen ihre Kraft wiedergewonnen haben.“ Sein Blick veränderte sich kaum merklich. „Aber das heißt auch, dass ihr eure Aufgabe in der DigiWelt erfüllt habt.“ Es war also genau, wie sie befürchtet hatten. Unsicher blickten die DigiRitter einander an. Gennai machte wieder eine Pause. „So ein schleppendes Gespräch hab ich noch nie erlebt“, flüsterte Fumiko Tageko zu, die neben ihr stand. „Gennai erinnert mich irgendwie an einen Jungen, der mit seiner Freundin Schluss machen und es möglichst lange hinauszögern will.“ Beide lachten, aber im nächsten Moment dachte Fumiko an Kouki und verstummte. Das schlechte Gefühl kehrte zurück. Die anderen schwiegen immer noch. War es in Ordnung, so lange zu schweigen, bis es unerträglich wurde? „Heißt das, dass wir zurückkehren müssen?“, stellte Kouki die alles entscheidende Frage. So war er. Direkt und ohne Hintergedanken. Augen zu und durch. Gennai zögerte schon wieder, als versuchte er es ihnen schonend beizubringen. „Das heißt es. Ihr müsst in eure eigene Welt zurück.“   Jagari fühlte sich, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Sicher, sie waren während ihres Abenteuers immer wieder zurückgegangen, aber er hatte das Gefühl, dass Gennai damit nicht meinte, dass sie erst mal zur Schule gehen und morgen wieder in die DigiWelt reisen sollten. Auch über die Mienen der anderen huschten Schatten. Die Blicke der Digimon tauschte Trauer aus. „Ich weiß, es ist schwer, euch zu trennen, aber es ist notwendig“, sagte Gennai. „Aber wir sind noch nicht ganz fertig“, sprach Taneo das Thema an, das sie vorhin schon diskutiert hatten. „Die Macht der Dunkelheit gibt es immer noch. Sie haben es selbst einmal gesagt, Gennai: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Sollten wir nicht hier bleiben und die Schatten im Zaum halten?“ Gennais Blick war stoisch. Jagari wusste bereits, dass ihn nichts von seiner Meinung abbringen konnte – am besten stellte er sich also schon mal auf einen Abschied ein. Aber es war trotzdem so unfassbar traurig! „Die Macht der Dunkelheit gibt es noch“, räumte der Kapuzenmann ein, „und sie wird nie verschwinden, das stimmt. Aber sie ist zerbrochen, und ohne Anführer werden die Splitter keine Bedrohung für die DigiWelt darstellen.“ „Und wenn doch, dann sucht ihr euch neue DigiRitter, oder?“ Jagaris Worte rutschten ihm einfach so heraus. Es war einfach nicht fair! So wie es vor uns andere gegeben hat, die jetzt schon erwachsen sind. Ist das nicht die Regel? Dass kein Erwachsener die DigiWelt betreten darf?“ Etwas in der Art hatte Gennai einmal angedeutet. Es sah aus, als würde der Mann ob dieser störrischen Kinder seufzen wollen. Er sah in den Himmel, der sich langsam rot färbte – so als würde er mit jemandem kommunizieren, der von dort oben zusah. „Die Regeln der DigiWelt sind schon dabei, sich selbst umzuschreiben. Vor viereinhalb Jahren wäre schon einmal fast ein Erwachsener ein DigiRitter geworden. Ich denke, in der Zukunft wird es auch Erwachsenen möglich sein, in die DigiWelt zu reisen. Das digitale Leben wird in der realen Welt immer präsenter. Vielleicht verschmelzen die Welten irgendwann zu einer, vielleicht findet man dann an allen Ecken Tore zur DigiWelt. Vielleicht kommt einmal die Zeit, in der jeder Mensch ein Digimon hat. Hofft darauf und wartet auf diesen Tag.“ Auch das war nicht unbedingt, was Jagari oder die anderen hatten hören wollen, doch die Absolution würde nicht kommen. Als wäre das erneute Schweigen der Auslöser gewesen, schien die Luft vor Gennai plötzlich zu vibrieren, und eine Säule aus sanftem Licht wuchs in die Höhe. Obwohl Jagari so etwas noch nie gesehen hatte, war er sicher, dass es sich um ein Weltentor handelte – das letzte, das er je betreten würde. „Es wird jetzt Zeit“, sagte Gennai. Fumiko schnaubte. „Das ist ja eine sehr optimistische Prophezeiung“, sagte sie trocken. „Aber wissen Sie was? Parallelmon kann durch die Welten reisen, einfach so! Es wird mich besuchen kommen, wann immer es will.“ „Aber glaubst du, dass es in der Realen Welt auf Dauer leben kann? Ich werde es ihm nicht verbieten können, aber um euer beider Willen denke ich, dass es das nicht tun sollte.“ Immer noch blieb Gennai geduldig. Für ihn waren sie wohl wirklich nur störrische Kinder, die sich der harten Wahrheit nicht stellen wollten. Jagari sah auf Elecmon hinab, das wiederum traurig zu ihm hochblickte. Schließlich ging er in die Hocke. „Mach’s gut“, flüsterte er. Ein Knoten hatte sich in seinem Hals gebildet. „Ich werde dich nie vergessen, Elecmon.“ „Ich werde dich auch nie vergessen, Jagari.“ Die Worte waren schwer zu verstehen, so sehr zerflossen sie in seinem Schluchzen. Elecmon sprang ihm in die Arme. Jagari drückte sein Digimon fest an sich. All die Abenteuer, die sie erlebt hatten … Wie er anfangs geglaubt hatte, es wäre einfach eine Simulation, dann die ganzen Ängste, die er durchgestanden hatte, und wie wunderbar das alles doch in Wahrheit gewesen war … All das ging ihm wieder durch den Kopf, als die Tränen über seine Wangen liefen.   Nun war es also vorbei. Tageko legte Mushroomon die Hand auf die Pilzkappe. „Es sieht so aus, als wäre das ein Abschied“, sagte sie sanft. Mushroomon nickte. „Ich werde dich vermissen“, sagte es kleinlaut. „Ich werde dich auch vermissen. Ich hab dich echt lieb gewonnen.“ „Ich hab dich auch lieb!“, platzte Mushroomon heraus. Das sonst so schüchterne Digimon schien plötzlich genau zu wissen, was es sagen wollte. „Du bist ein toller Mensch, Tageko! Ich weiß es! Ich kenne noch nicht viele Menschen, aber ich weiß es einfach! Du bist fürsorglich, verantwortungsbewusst und achtest immer auf die anderen! Du bist nett und stark und ich bin stolz darauf, dein Partner gewesen zu sein!“ Verlegen senkte es den Blick. „Das … wollte ich dir nur einmal sagen, am Ende.“ „Mushroomon“, lachte Tageko leise und schmiegte sich an das Digimon.   Kouki kraulte Salamon, das noch auf seinem Kopf saß, hinter den Ohren. Er fühlte, dass er etwas sagen musste, aber ihm fiel nichts ein. So genossen die beiden einfach stumm die gegenseitige Nähe, die ihnen noch vergönnt war. „Du musst dir eine Ausrede für deine Schwestern einfallen lassen, warum ich nicht mehr da bin“, meinte es. „Stimmt. Am liebsten wäre es mir ja, wenn ich dich einfach mitnehmen könnte.“ „Mir auch. Aber du hast Gennai gehört. Das geht nicht. Die Digimon-Götter erwachen wieder … Ich weiß nicht, ob sie das erlauben würden.“ „Och, wir haben ja einiges geleistet. Da können wir uns auch einiges erlauben“, grinste Kouki, wurde dann aber sofort wieder ernst. „Du wirst mir fehlen, Salamon. Du bist echt ein toller Freund. Wenn ich daran denke, wie ich dich am Anfang behandelt habe … Ich könnte mich ohrfeigen.“ „Ist doch längst vergeben und vergessen.“ Es kletterte über seine Schulter in seine Arme.   „Wir sehen uns wieder, stimmt’s, Taneo?“, fragte Thunderboltmon mit piepsender Stimme. Als er nicht antwortete, wiederholte es: „Stimmt’s, Taneo?“ „Stimmt“, murmelte er, griff es aus der Luft und drückte es an seine Brust. Die Kugel fühlte sich hart und kühl an – und doch brachte er diesem Digimon so viel Sympathie entgegen wie sonst niemandem. „Es ist nicht gerecht“, sagte er. „Ich weiß. Aber was ist schon gerecht? Wir müssen eben Opfer bringen. Verglichen mit dem, was wir erreicht haben, ist das eine Kleinigkeit, meinst du nicht?“ „Das ist es ja, wir haben so viel erreicht – warum ist es uns nicht vergönnt, hier zu bleiben? Gemeinsam können wir beide dich bis auf das Ultra-Level digitieren lassen – sollen wir das einfach wegschmeißen? Was, wenn die DigiWelt uns wirklich wieder braucht?“ „Wenn wieder Gefahr droht, werde ich das erste Digimon sein, das dich und die anderen suchen geht“, versprach Thunderboltmon, und sein niedliches Gesicht zeugte von Entschlossenheit. „Wir holen euch wieder her und dann kämpfen wir wieder gemeinsam!“ Taneo war nicht überzeugt. Wenn wieder Gefahr drohte, wären sie am Ende wirklich zu alt, um in die DigiWelt zu kommen. Und Gennai würde einfach neue DigiRitter erwählen – und ihnen ihre Errungenschaften nach getaner Arbeit wieder entreißen. War das ihr Schicksal? „Ich bin immer bei dir“, flüsterte Thunderboltmon. „Da drin, wo dein Herz schlägt. Und in deinem Kopf. Ich habe in deinem Schulbuch gelesen, dass die Nervenzellen in deinem Gehirn elektrische Impulse durch deinen Körper schicken. Ich werde einer von diesen elektrischen Impulsen sein, und ich werde der schnellste von allen sein und immer richtig ankommen!“ Taneo lachte leise und streichelte über Thunderboltmons glattes Köpfchen. „Komiker.“ Er sah, wie sich sein Gesicht in dem goldenen Blitz seines Digimons spiegelte. Die Narbe quer über seine Nase war gut zu erkennen. Er seufzte. „Wir haben wirklich eine Menge erlebt. Danke, dass du in mein Leben gekommen bist, Thunderboltmon.“   „Tja, ich denke, das war’s dann wirklich“, meinte Renji achselzuckend und sah in die Runde. Seine Freunde waren alle mit ihren jeweiligen Partnern beschäftigt. „Bist du gar nicht traurig, Renji?“, fragte Candlemon. Renji schwieg. „Ha! Du bist traurig!“, rief sein Digimon. „Gib’s zu! Leugnen ist zwecklos!“ „Wer sagt, dass ich’s leugne?“, erwiderte er. „Alter, ich bin scheißtraurig! Komm her, du Glimmstängel!“ Er ging vor Candlemon in die Knie und umarmte es. „Aber wenn ich jetzt voller Wachs werde, kannst du was erleben!“ „Du kommst mich besuchen, oder?“, fragte es. „Wenn du auch mal zu mir kommst. Wenn ich kein Meerschweinchen mehr im Haus hab, muss ich mir sonst ein richtiges Haustier zulegen. Ich hätte dich gern Aiko vorgestellt, Mädchen fahren voll auf süße Tierchen ab.“ „Dann wirst du dieses Mal ohne süße Tierchen zurechtkommen müssen“, feixte Candlemon. „Klar. Wirst schon sehen.“ Renji schaffte es, sich einzureden, dass seine brennenden Augen davon herrührten, dass er Candlemons Flamme warm auf seinem Gesicht spürte.   Fumiko wandte sich zu Parallelmon um, das immer noch am Rand der Blumenwiese stand und wartete. Zögerlich besah sie den Abschied der anderen. Es ist nicht fair. Wir haben uns viel kürzer gehabt als sie … Nein, es war besser, sie freute sich für ihre Freunde. Dass es ihnen vergönnt gewesen war, von Anfang an mit ihren Partnern zusammen zu kämpfen. Und für sich selbst, dass sie nicht vergeblich gewartet hatte. Etwas anderes als sich zu freuen blieb ihr nicht übrig, sagte sie sich. Schließlich gab sie sich einen Ruck und stapfte durch die hellen, bunten Blumen auf ihr Digimon zu. Lächelnd legte sie ihre Hand auf Parallelmons Beinpanzer. Es war nicht nötig, dass sie etwas sagte, und das war vielleicht das größte Geschenk, das Parallelmon ihr machen konnte. Alles, was sie dachte und fühlte, das spürte Parallelmon und umgekehrt.   „Beeilt euch. Das Tor wird sich bald schließen, und ich weiß nicht, ob es sich von hier aus wieder öffnen lässt“, sagte Gennai schließlich und verkündete damit das Ende des letzten bisschens Zeit, das DigiRitter und Digimon gemeinsam verbringen konnten. Zwar könnte Parallelmon sie auch wieder in ihre Welt bringen, aber sie wussten, dass es nun wirklich an der Zeit war, zu gehen. Kouki erdrückte Salamon fast mit seiner letzten Umarmung, setzte es behutsam ab und trat auf die Lichtsäule zu. Er fasste mit dem Finger hinein, der daraufhin zuckte und flimmerte, dann stellte er sich ganz in das Licht. Noch einmal drehte er sich um und grinste seine Freunde an. Der Spruch „Wie sehen uns auf der anderen Seite“ schien ihm auf den Lippen zu liegen, aber er verkniff ihn sich. Sein Körper löste sich in bunte Fäden auf. Er war wieder in der Realen Welt. Tageko strich ein letztes Mal über Mushroomons Kappe, ehe sie ihm folgte. Die Älteste der DigiRitter wirkte erst, als wollte sie gar nicht zurücksehen, aber in dem Lichtkanal schließlich blickte auch sie über die Schulter und zwinkerte ihrem Digimon zu, das ihr hinterher winkte. Jagari, noch mit tränennassem Gesicht, ließ sich von Elecmon bis knapp vor die Säule begleiten, verabschiedete sich nochmal inbrünstig von ihm und sagte dann plötzlich: „Danke … euch allen … dass ihr meine Freunde wart.“ „Was heißt wart? So übel bist du nicht, dass wir dir jetzt die Freundschaft aufkündigen“, erklärte Renji grinsend. Jagari lächelte glücklich, was in seinem geröteten Gesicht seltsam aussah. Dann trat auch er durch das Tor. „Also dann.“ Fumiko nickte den anderen zu, dann noch einmal Parallelmon, das das Nicken mit seinem gewaltigen Kopf erwiderte. Dann straffte sie die Schultern, schüttelte ihr Haar zurecht und trat entschlossen in die Lichtsäule. „Wollen wir?“, fragte Renji. „Geh du vor“, murmelte Taneo. Sie beide waren die Letzten. Renji tat, als würde er Candlemons Flamme tätscheln und sich dabei die Hand verbrennen. Candlemon bog sich vor Lachen. Dann tauchte auch Renji in die Lichtsäule ein. Sein Körper begann sich zu zerfitzeln, als er noch eine Geste mit Daumen und kleinem Finger an seinem Ohr machte. „Ich ruf dich an, Taneo. Lass uns mal zusammen irgendwo abhängen.“ Dann hatte er sich aufgelöst und Taneo stand als Einziger der DigiRitter noch auf der Blumenwiese. Thunderboltmon schwebte schweigend neben ihm, als müsste es sich seinen Anblick noch einmal genau einprägen. Taneo selbst konnte nur auf die Blumen zu seinen Füßen starren. So hübsch waren sie, und daheim erwarteten ihn harter, poröser Asphalt und tausende Füße, die darauf herumtrampelten. Ehe er sich’s versah, dachte er an Shuichi, der mehr als einmal auf dem harten Asphalt der Realität gestolpert und hingefallen war. Und Taneo hatte ihm nicht helfen können, nicht wirklich. Auch wenn Renji nun Taneos Freund war; andere würden auf Shuichi herumhacken, und seine Schwester hatte auch ein tragisches, menschliches Schicksal ereilt. Sie war gestorben, und sie war nur eines der vielen Leben, die in der Menschenwelt zertrampelt wurden, ohne dass sich jemand darum scherte. Es war nicht so, als könnte ein Einzelner etwas bewirken, den Lauf der Dinge irgendwie beeinflussen, es sei denn, man war ein wahnsinniger Diktator eines Militärstaats. Und solche Leute hatten sicher ganz andere Ziele. In eine Welt mit solchen Machtverhältnissen, solcher Gnadenlosigkeit zurückzukehren, brauchte eine stärkere Überwindung, als er gedacht hatte. Sich wieder einzufügen in die Gesellschaft, mit den Abenteuern in der DigiWelt als schönem Traum, an den er sich erinnern konnte, der ihm den Rücken stärkte … Ja, das musste wohl genügen. Es war mehr, als die meisten anderen, unbedeutenden Seelen in der Realen Welt von sich behaupten konnten. „Komm, Taneo“, riss ihn Gennais ruhige Stimme aus seinen Gedanken. „Geh in deine Welt zurück. Du warst lang genug davon getrennt.“ Taneo schluckte. Ja, er hatte recht. Menschen gehörten nicht in die DigiWelt. Sie waren Erlöser aus einer anderen Dimension, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Er fragte sich nur, warum es so sein musste. Wer machte nur all diese Regeln? Ein Hauch von Bitterkeit blieb, als er sich in Bewegung setzte. Seine Beine fühlten sich unglaublich schwer an. Der erste Schritt brachte ihn näher an das Tor zu seiner Welt, zu seiner Heimat, dorthin, wo er hingehörte. Er musste diesen Weg gehen. Es war seine Bestimmung, und viele DigiRitter hatten vor ihm dasselbe getan. Es musste sein. Den zweiten Schritt begann er, doch dann setzte er den Fuß wieder ab. Seine Augen fingen Gennais Blick. „Warum?“ Digimon 00001100 – ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)