Zum Inhalt der Seite

Digimon 00001100 <Twelve>

Samsara Madness [Video-Opening online]
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Forming, Storming … Performing!

Kouki und Fumiko standen auf, als sie die Küche betraten und nasse Fußspuren hinterließen. „Wie sieht’s aus?“, fragte er.

„Der Samen ist sauber“, sagte Taneo.

„Macht drei von fünf“, ergänzte Jagari zufrieden.

„Und wir haben jetzt ein neues Ultra-Digimon“, fügte Tageko noch hinzu.

„Ja, weil du dir das Licht einfach unter den Nagel gerissen hast“, knurrte Renji.

„Wir hatten vorher ausgemacht, wer es bekommt, schon vergessen?“

„Deine Argumente waren aber nicht stichhaltig“, brummte er beleidigt.

„Und, zu was wird dein Woodmon, Tageko?“, unterbrach Fumiko die beiden.

„Es sieht schwach aus“, meinte Renji sofort. „Schwächer als vorher. Nur größer. Eine Blume mit Gesicht.“

„Blossomon würde Meramon sicher locker in die Tasche stecken, gäbe es auch nur den leisesten Grund, warum sie gegeneinander kämpfen sollten“, meinte Tageko und tätschelte Budmon, das auf ihrer Schulter saß. Das kleine Digimon war sichtlich stolz. Offenbar hatte sein Selbstbewusstsein einen ordentlichen Schub erlebt.

„Da fällt mir was auf, Taneo, Kouki“, sagte Jagari plötzlich, der Motimon im Arm hielt, und deutete auf das Kokuwamon auf Taneos Schulter, dann auf das schlafende Salamon. „Warum sind eure Digimon nicht auch zurückdigitiert? Die sind bei dem Kampf noch dazu am meisten digitiert; das muss doch anstrengend gewesen sein?“

Kouki zuckte mit den Schultern. „Salamon ist schon immer Salamon in dieser Welt geblieben. Wahrscheinlich, weil Wisemon seine Digitationen gestört hat. Vielleicht ist das ein Nebeneffekt.“

„Hm. Und Kokuwamon?“

Taneo lächelte und streichelte dem Käferdigimon über den Kopf. „Wir haben trainiert.“

„Trainiert?“

„Erzähl’s ihnen.“

Kokuwamon flatterte in die Höhe und sagte: „Ich bin ein paar Mal in dieser Welt zu Thunderboltmon digitiert und hab versucht, das Level so lange wie möglich zu halten. Es klappt immer besser.“ Es landete wieder in Taneos Armen.

„Ich schätze, das hat seiner Ausdauer gutgetan“, schloss dieser.

Renji hatte dafür nur ein abfälliges Schnauben übrig. „Lass es hier nur nicht zu Cyberdramon werden, sonst glauben die Leute, Godzilla ist zurückgekehrt.“

Fumiko unterdrückte ein Gähnen, und Tageko nahm das als Zeichen, dass sie für heute fertig waren. „Wir haben unser Ziel also doch noch erreicht. Ab jetzt wird es noch schwieriger, die Asuras zu bekämpfen, aber immerhin haben wir jetzt zwei Ultra-Digimon. Lasst uns für heute Schluss machen und morgen in der Schule über alles Weitere nachdenken.“

Die anderen nickten. Taneo sah dabei aber irgendwie nachdenklich aus, fand Kouki.

 

„Cerberusmon ist tot“, sagte ihr Anführer, als sie sich das nächste Mal über LordMyotismons Spiegel unterhielten.

„Na so was“, kommentierte Persiamon.

„Offenbar haben die DigiRitter auch seinen Chaossamen geheilt“, sagte LordMyotismon. „Sie haben eines von uns isoliert angegriffen, nachdem sie Persiamon und SkullScorpiomon auf eine falsche Spur gelockt haben.“

„Das sind ja wirklich ganz gerissene Kerlchen“, meinte Persiamon und wandte sich an das Vampirdigimon. „Ihr seht jetzt wohl hoffentlich ein, dass wir uns nicht zurückhalten dürfen. Gebt endlich die Kraft der Digitation an uns frei, LordMyotismon! Wenn wir auf das Mega-Level digitieren, können wir sie mit Leichtigkeit besiegen.“

„Wofür du dich mit Freuden zur Verfügung stellen würdest, nicht wahr?“, fragte Orochimon säuerlich.

„Natürlich“, sagte Persiamon frei heraus. „Irgendjemand muss es ja tun.“

LordMyotismon nippte an seinem Weinglas, ehe es antwortete. Zu dumm, dass man in seinem Gesicht nicht lesen konnte. Mit der Maske und seinen pupillenlosen Augen war das ein hoffnungsloses Unterfangen. „Wir werden keines von uns dem Risiko aussetzen, dass etwas fehlschlägt. Nicht so einfach jedenfalls. Erst werden wir prüfen, wie die Digitation vom Champion- auf das Ultra-Level für ein Asura funktioniert.“

„Ihr habt doch nur Angst, dass ich stärker werden könnte als Ihr“, murrte Persiamon beleidigt. Was musste denn noch geschehen, damit dieses sture Digimon endlich einlenkte?

„Mir Angst zu unterstellen, ist lächerlich“, sagte LordMyotismon ungerührt. „Ich bin lediglich vorsichtig.“

„Welch wunderbare Eigenschaft“, sagte Persiamon zuckersüß. „Da fällt mir ein, ich habe eine interessante Information für Euch. Zufällig habe ich herausgefunden, wie die DigiRitter die DigiWelt betreten. Eigentlich hätten wir selbst darauf kommen können. Es sind diese Fernseher, die überall in der DigiWelt herumstehen.“

 

„Also, Vorschläge?“, eröffnete Tageko das Treffen der DigiRitter. Draußen regnete es, darum hatten sie sich heute in der Bibliothek versammelt – hier waren sie auch ziemlich ungestört. Tageko machte sich zwar Sorgen, dass jemand lauschte, noch dazu weil es hier so still war, aber diejenigen würden wohl einfach denken, hier spräche eine Gruppe Schüler den Plot eines Theaterstücks oder einen Plan in einem Computerspiel oder sonst was durch.

„Wir gehen in die DigiWelt und holen uns den nächsten Samen“, sagte Renji entschlossen.

„Das nächste Licht meinst du. Damit Meramon auch digitieren kann“, erkannte Kouki grinsend.

„Gute Idee. Ich stimme deinem Vorschlag zu – das nächste Licht gehört mir!“

„Das war kein Vorschlag“, lachte Kouki.

„Fall mir nicht in den Rücken“, zischte Renji ihm scherzhaft zu.

„Ich finde, wir sollten warten“, sagte Taneo.

„Natürlich!“, rief Renji aus. „Hätte ich mir denken können! Taneo ist einfach ein unverbesserlicher Querulant.“

Tageko rollte die Augen. „Hier ist niemand ein Querulant. Jeder begründet seine Meinung. Dein Grund ist, dass du eines der Lichter haben willst. Taneo?“

Renji schürzte die Lippen, während der Jüngere sagte: „Nach der Sache mit Cerberusmon werden sie noch vorsichtiger sein. Die Samen sind jetzt sicher noch besser bewacht. Wenn uns mehr als zwei Asuras gleichzeitig angreifen, könnte es schon brenzlig werden. Aber wenn einige Tage nichts passiert, wird ihre Wachsamkeit sicher wieder nachlassen. Wenn nicht, reibt sie das sicher emotional auf und schwächt sie damit. Sagen wir, eine Woche. Bis dahin haben sich die Wogen wieder geglättet. Dann, unerwartet, schlagen wir zu.“

„Finde ich gut“, meinte Jagari.

„Einwände, Renji?“, fragte Tageko  vorsichtshalber, doch Renji überraschte sie.

„Nein“, brummte er. „Dann hab ich wenigstens eine Woche Ruhe vor euch.“

„Er meint es nicht so“, versuchte Kouki die anderen zu beschwichtigen.

„Ich weiß“, sagte Taneo ungerührt. „Er meint nur mich.“

Tageko seufzte. „Jungs. Ihr stellt echt jedes alte Ehepaar in den Schatten.“

„Ich finde auch, dass es langsam reicht. Wir sind ein Team, wir sollten zusammenhalten!“, sagte Kouki.

„Wir sind eben kein Team“, brummte Renji. „Wir sitzen nur im selben Boot.“

„Forming, storming, norming, performing“, sagte Tageko plötzlich.

„Hä?“ Die anderen sahen sie verwirrt an.

„Das hab ich letztens in einer Zeitschrift gelesen. Die vier Phasen der Teambildung. Erst findet man sich notgedrungen zusammen, dann stößt man auf Differenzen, und damit die Zusammenarbeit klappt, muss man die überwinden und gemeinsame Normen erstellen.“

„Fein. Mein Vorschlag für eine gemeinsame Norm ist, Taneo rauszuschmeißen“, sagte Renji.

„Oyara-kun“, sagte Fumiko kalt. „Kann es sein, dass du gar nicht beleidigt bist, weil er dir widersprochen hat, sondern dass du nur aus Prinzip gegen ihn sein willst?“

Renji schwieg verkniffen, doch Tageko kam das nur zu plausibel vor. „Du glaubst wahrscheinlich, dass du immer mit ihm anecken musst, weil ihr schon so begonnen habt, oder?“, fragte Tageko.

„Ach, hört endlich auf mit diesem dämlichen Psychologisieren“, maulte Renji und stand auf. „Das ist lächerlich. Ich gehe.“

„Fumiko wird nie wieder ein Wort mit dir reden, wenn du jetzt einfach gehst“, sagte Kouki schnell.

Renji sah erst ihn, dann Fumiko abfällig an. „Mir doch egal. Sie mag mich ja sowieso nicht.“

Das saß. Tageko nickte Fumiko zu und versuchte, so flehentlich wie möglich auszusehen. Das Mädchen verstand – und ihre Offenheit tat Renji sicher gut.

„Ich habe nie gesagt, dass ich dich nicht mag, Renji“, sagte sie. „Ich sagte, dass du nicht mein Typ bist. Als Mitglied unseres Teams schätze ich dich sehr.“

Er war schon auf halbem Weg zur Tür und drehte sich wieder um. „Meinst du das ernst?“ Ein schwacher Hoffnungsschimmer tauchte in seinen Augen auf.

„Klar“, sagte sie.

Renji seufzte. „Also schön, ich geb mir Mühe. Ich tu einfach so, als würde ich Taneo noch nicht kennen. Dann können wir neu anfangen. Wie klingt das?“

„Das ging ja schnell“, meinte Tageko spöttisch. Renji wirkte wie ein kleines Kind auf sie, das seine Streicheleinheiten brauchte und sich dann doch mit Freuden nach dem Wind richtete.

„Einverstanden, Taneo?“, fragte sie. Bitte, sag einfach ja.

„Nein“, sagte er. Tageko stöhnte auf. Taneo fixierte Renji mit einem finsteren Blick. „Ich kann nicht so tun, als wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen, solange er Jungen wie Shuichi mobbt.“

„Ich mobbe ihn doch gar nicht!“, stieß er aus. „Ich pumpe ihn halt ab und zu ein wenig an, na und? Außerdem ist das letzte Mal schon Ewigkeiten her.“

„Du und deine Freunde spielt euch als die großen Helden der Schule auf und macht euch über andere Schüler lustig, demütigt sie und erpresst sie“, sagte Taneo kalt. „Und ihr wollt ernsthaft, dass ich mit jemandem wie ihm gemeinsame Normen bilde?“

Nun war er es, der aufstand und zur Tür ging.

„Dass manche Leute auf anderen herumhacken, ist doch ganz normal!“, rief Renji ihm nach. Tageko hob die Augenbrauen. Was sollte das für eine Rechtfertigung sein? Auf der anderen Seite fand sie Taneos Anschuldigungen auch ziemlich hart.

„Vielleicht. Aber es muss nicht sein“, beharrte Taneo. Kurz bevor er die Tür hinter sich schloss, sagte er noch leise: „Sei froh, dass du kein Asura bist, Renji.“

Nachdem er gegangen war, senkte sich bleierne Stille über die anderen DigiRitter. Speziell Renji war kreidebleich geworden. Das war wohl so ziemlich das Heftigste gewesen, das Taneo ihm an den Kopf schleudern konnte.

„Was ist mit ihm?“, murmelte er, aber es klang so, als würde er mit sich selbst sprechen. „Ich hab doch nur ein wenig Spaß gemacht. Der soll sich nicht so aufspielen. Sowas hab ich nicht nötig.“ Schließlich stand auch er mit einem Ruck auf und stapfte ohne ein weiteres Wort auf der anderen Seite aus der Bibliothek.

 

Taneo kochte innerlich. Was dachten sich die anderen eigentlich? Hatten sie keine Augen im Kopf? Oder interessierte es sie einfach nicht, was ihre Kameraden so trieben, wenn sie nicht gerade mit ihnen in der DigiWelt waren? Oder war er vielleicht selbst der Idiot? Sah er das alles viel zu eng? Er konnte es nun mal nicht ausstehen, wenn irgendjemand einem anderen das Leben zur Hölle machte – oder es auch nur ein bisschen verdüsterte. Typen wie Renji waren eine dunkle Regenwolke im Leben derer, die von ihnen unterdrückt wurden. Selbst sein Grund, in die DigiWelt zu gehen, troff nur so vor Selbstsucht. Kouki mochte hundertmal mit ihm befreundet sein, aber Taneo musste die Freunde seiner Freunde nicht mögen.

Mit finsterem Gemüt ging er in die Klasse zurück. Es war Mittagspause; nur wenig war los. Sollte er mit Shuichi über die Sache sprechen? Dass er neuerdings gezwungenermaßen mit Renji abhing? Dann kam ihm der rettende Einfall. Er würde die beiden einfach miteinander konfrontieren. Shuichi sollte vor allen sagen, was Renji ihm schon alles angetan hatte. Dann sollte sich der entschuldigen, und danach würde Taneo darüber nachdenken, ob sie mit einer blanken Tafel beginnen konnten.

Kurz entschlossen suchte er Shuichis Klasse auf, doch er war nicht da – und von seinen Mitschülern hatte ihn heute offenbar noch niemand gesehen. Also war er krank? Auch gut, bis nächste Woche würde er ihn schon irgendwie erwischen.

 

Was bildete der Knilch sich eigentlich ein? War er Renjis Mutter? Ihn mit einem Asura zu vergleichen, das war … Renji fand keine Worte dafür. Er trat im unteren Stock des Stiegenhauses unter den Treppenstufen gegen die Wand, wieder und wieder, um seinem Ärger Luft zu machen. Was sollte das? In Wahrheit hatte er gedacht, Taneo würde ihn nicht mehr so stören wie zu Beginn ihres gemeinsamen Abenteuers. Nun musste er diese Meinung gründlich überdenken! War er so ein schlechter Mensch? Glaubte Taneo, jeden, der nicht ganz seinen Vorstellungen von einem mustergültigen Moralapostel entsprach, als Bösewicht abstempeln zu müssen?

Wütend warf sich Renji nun mit dem Rücken selbst gegen die Wand und verschränkte grübelnd die Arme. Waren seine Spielchen denn so schlimm? Das bisschen Geld, das er von Shuichi ergattert hatte, war doch wohl kaum der Rede wert. Außerdem hatte er den Jungen nie bedroht oder geschlagen, er hatte ihm die paar läppischen Yen immer freiwillig übergeben, das konnte jeder von Renjis Freunden bezeugen! Taneo hatte kein Recht, sich zum Richter aufzuschwingen. Wer war er schon? Nur ein kleiner Junge, der sich plötzlich als Held fühlte. Dabei hatte er nichts getan, was Renji je beeindruckt hatte, nicht mal eine Freundin hatte der Schlaumeier! Gut, er hatte anscheinend im Alleingang ein Asura umgeblasen, aber das konnte er genau genommen nicht mal beweisen.

Immer noch wütend, ging Renji in Richtung Klassenzimmer. Er traf seine Kumpels auf dem Weg dorthin. „Auch schon wieder da?“, fragte Hiro. „Wo hast du gesteckt?“

„Hab meine Zeit mit einem Idioten verschwendet“, brummte Renji nur.

„Und? Hast du’s ihm gezeigt?“

„Was gezeigt?“

„Was wohl? Er wird sich doch nicht wieder mit dir anlegen, oder?“

„Verdammt nochmal, hör auf so zu reden, als sei ich ein verfluchter Schlägertyp!“, fuhr Renji ihn an.

Hiro hob abwehrend die Hände. „Was hast du denn, Mann? Davon spricht ja gar keiner.“

„Das will ich hoffen.“ Renji ging an ihnen vorbei in die Klasse, schmiss sich auf seinen Stuhl und brütete finster weiter.

„Alter, was ist los mit dir?“, fragte ihn nun Norihiko. „Mit dem falschen Fuß aufgestanden?“

Renji wollte nicht mit ihnen reden. „Hab glänzende Laune, merkt man das nicht?“

„Klar“, schnaubte Norihiko. „Hiro und ich haben übrigens grad unsere Pläne für nach der Schule abgecheckt. Kommst du mit? Oder hängst du lieber wieder mit deinen neuen Kumpels ab?“

„Das sind nicht meine Kumpels!“, blaffte Renji. Offenbar war er schon viel zu oft mit Taneo und den anderen gesehen worden. Na toll.

„Wie auch immer.“ Norihiko zuckte die Achseln. „Wir wollen ‘nen Sprung in diese neue Karaoke-Bar machen. Chiemi-chan aus der Parallelklasse und ihre Freundinnen gehen dorthin, mit ein wenig Glück können wir uns bei denen dranhängen.“

„Keine Lust.“

„Mann, komm schon. Deine, wie hieß sie, Fumiko hast du doch schon abgeschrieben, oder? Die hängt ja lieber mit diesem Nagara aus der 3A ab.“

„Was?“ Renji hob fragend die Augenbrauen.

„Koharu hat sie mal außerhalb der Schule mit ihm abhängen sehen“, erklärte Hiro wichtig. Koharu war die Klassentratsche. Es geschah nicht viel, von dem sie keinen Wind bekam. „Vielleicht ist’s auch falscher Alarm“, winkte Hiro ab. „Ich glaub auch nicht, dass deine Fumiko sich mit so ‘ner Flasche abgibt.“

„Halt den Rand“, knurrte Renji. „Kouki ist ein guter Kumpel von mir.“

„Jetzt auf einmal wieder?“ Norihiko ließ eine Augenbraue hochwandern. „Gerade hast du was anderes gesagt.“

„Ach, lass mich in Ruhe.“ Renji drehte sich demonstrativ zur Seite und sah aus dem Fenster. Es regnete immer noch.

„Naja, ist ja wohl deine Sache“, meinte Norihiko nach einer schweigenden Weile. „Musst ja nicht mitkommen. Was meinst du, Hiro, holen wir uns bei diesem Shuichi noch ein wenig Kohle für heute Nachmittag?“, meinte er dann feixend.

„Und den lasst ihr auch in Ruhe!“, fuhr Renji auf. „Pumpt doch eure Eltern an, wenn ihr euch euer Taschengeld nicht ordentlich einteilen könnt.“ Ehe er es gemerkt hatte, war er aufgesprungen. Die beiden starrten ihn entsetzt an, aber er würde seine Worte nicht zurücknehmen. Das fehlte ihm gerade noch, dass Taneo einen neuen Angriffspunkt gewinnen würde.

 

Es war Samstagnachmittag, und es war proppenvoll in der grauen Veranstaltungshalle am Rand von Odaiba. Kouki sah sich um und stellte fest, dass die Mehrheit der Anwesenden Mädchen in seinem Alter waren, immer wieder durchwachsen von älteren. In der vordersten Reihe drängte sich eine kleine, bunte Schar, die sogar ein Plakat hochhielt, auf dem irgendwelche Lobeshymnen für ein Bandmitglied geschrieben waren.

„Das wird super“, behauptete Renji. „Ich hoffe, sie fangen bald an.“

Kouki musste ihm zustimmen. Der Auftritt der Band war längst überfällig. Über der Bühne hing ein breites Banner mit ihrem Namen, düster verziert und doch geschmackvoll, und ein edles, schwarz glänzendes Schlagzeug stand bereit, aber noch war keine Spur von den Musikern zu sehen. Es gab keine Vorband oder Ähnliches, und sie standen sich seit geraumer Zeit die Beine in den Bauch.

„Fumiko verpasst echt was“, war sich Renji sicher. „Wahrscheinlich sitzt sie nur zuhause rum und hat ein langweiliges Wochenende.“

Kouki konnte ihm unmöglich erzählen, dass er und Fumiko sich gestern Nachmittag in dem Sushi-Lokal verabredet hatten und danach noch in einer Karaoke-Bar waren. Also schwieg er.

Endlich verfinsterten sich die Deckenlampen, von vorne nach hinten. Es sah tatsächlich so aus, als würde eine Wolke aus Finsternis durch die Halle kriechen. Aufgeregtes Gekreische wurde laut, andere hielten den Atem an. Kouki war schon gespannt.

Auf die Bühne sickerte düsteres, violettes Licht und betonte die Rauchschwaden, die sich dort kringelten. Vor dem Schlagzeug schien etwas Rotes zu blubbern, das wie eine träge, warme Lavalampe aussah.

Dann setzte aus den Lautsprechern, immer noch bei völliger Abwesenheit der Band, die leicht melancholische Melodie einer Violine ein. Renji stieß Kouki aufgeregt an. „Das Lied kenn ich! Das wird World Burning!“ Kouki nickte abwesend. Er würde wohl keinen einzigen Song kennen, aber er nahm sich vor, sich gut in Renjis Musikgeschmack einzuhören.

Der Lärm aus dem Publikum wurde lauter, je länger das Intro dauerte – und erreichte einen ersten Höhepunkt, als wie aus dem Nichts der Gitarrist auf der Bühne auftauchte. Er trat einfach aus den schwirrenden Schatten, schwarz gekleidet, mit dunklen, fetzig zur Seite gegelten Harren, und griff die Melodie mit seiner E-Gitarre auf. Nach einigen Takten erschien, auf ähnlich gespenstische Weise, der Bassist, der ihn unterstützte. Das tiefe Zupfen des Basses wurde fast von den flotteren Gitarrensaiten übertönt, fand Kouki – und von dem schrillen Gekreische des eines Mädchens direkt neben seinem Ohr, das zu springen begann, als es den gutaussehenden Musiker in seinem offenen Ledergilet, das seine Brust entblößte, erblickte.

Dann, plötzlich, wich die Düsternis im hinteren Bereich der Bühne zurück, als das rote Leuchten stärker wurde. Der Drummer saß bereits an seinem Schlagzeug und stimmte in die Melodie ein, die immer kraftvoller und lebendiger wirkte, bis keine Spur mehr von der Violinenmelancholie übrig war.

Und als die Akkorde ein weiteres Mal von vorn begannen, sprang der Sänger von der Seite auf die Bühne, das Mikrofon in Händen, und begrüßte die Menge mit einem lauten: „Get ready!

Das Gekreische der weiblichen Fans war diesmal nicht mehr zu überbieten, aber auch die männlichen jubelten ordentlich mit, als ihre Helden endlich auf der Bühne versammelt waren. Kouki erkannte, dass dieser Song gut für den Einstieg gewählt war. Nach seinem ersten Ruf hatte der Sänger erst mal ein paar Takte Pause, in denen das Publikum laute Jubelschreie auf ihn hageln lassen konnte. Er sah aber auch wirklich unverschämt gut aus, mit fülligem, in stylische Form gebrachtem blondem Haar, das einen starken Kontrast zu seiner schwarzen Kleidung bildete, und einem leichten, rätselhaften Lächeln auf den Lippen. Schließlich ließ er das Mikrofon durch die Luft wirbeln, fing es gekonnt wieder auf und begann zu singen.

 

Follow me

The fireworks are blazing

See

The beasts are now arising

Come, feel

The ashes raining down on

Us

 

Die Fangemeinde war nach den ersten Zeilen schon am Ausflippen, schrie den Text mit oder etwas anderes, das Kouki nicht verstand. Er konnte es schwer beurteilen, aber er nahm an, dass der Sänger eine gute Stimme hatte und die anderen Bandmitglieder an ihren Instrumenten auch nicht übel waren. Vor allem der schwarzhaarige Gitarrist malträtierte die Saiten, als hinge sein Leben davon ab.

 

The fortune wheel is turning, turning

Turning like a Ferris wheel

The landscape’s burning

Now, who will stop our fall?

 

Der Drummer vollführte ein paar Extra-Schläge, das Tempo änderte sich kurz und Gitarrist  und Bassist bewegten stumm die Lippen mit, als der – so vermutete Kouki – Refrain begann.

 

Let us save the world

From burning

Let us rumble with our lives

Just stand still and watch the countdown

When the time is over and the heat is rising, we will thrive

Pour the rain, pour it out

To quench the fires without doubt

 

Kouki verstand nicht ganz, worum es in dem Lied ging, aber er fand den Text eigentlich ziemlich cool, und er wurde kraftvoll und überzeugend vorgetragen. Er ertappte sich dabei, wie er mit der Schuhspitze den Takt mitklopfte. Renji wiegte sich ebenfalls zur Musik und hatte sein übliches Grinsen aufgesetzt.

 

Stand

Don’t dare to kneel before it

Now’s

The time and we will change it

Fight

Don’t let me down, we will not

Fail

 

The fortune wheel is turning, turning

Turning like a Ferris wheel

The landscape’s burning

Now, who will stop our fall?

 

Der Refrain wiederholte sich, dann legte der Gitarrist ein kurzes, aber beeindruckendes Solo hin, dass einige von den Fans weiter hinten aufjohlen ließ. Die Melodie änderte sich, der Schlagzeuger hämmerte nicht mehr ganz so schnell, als sie auf die Bridge zusteuerten.

 

Our mission

Is not yet fulfilled

Too much evil

Is fighting all of our

Dreams

The fire, the heat, burning the wheel of time

But the wheel will never stop its turning now!

 

All our hearts won’t ever be yours

Although our life’s end is so close

No, you will never take our souls

We link our hearts together and shout it out loud!

 

Mehrere Kehlen schrien das letzte Wort mit, der Refrain wurde noch einmal wiederholt, dann endete der Song mit einem letzten, einsamen Powerchord. Und dann brandete stimmbänderzerfetzender Jubel auf. Renji und Kouki applaudierten. „Gefällt’s dir?“, rief Renji.

„Kann man sagen. Sie sind nicht übel.“

„Nicht wahr? Fumiko verpasst echt was.“

Der Sänger fuhr sich durch das Haar. Ein erschöpftes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, das jetzt schon vor Schweiß glänzte. „Danke!“, rief er in sein Mikrofon. „Es ist großartig, euch heute hier zu haben! Unglaublich, dass wir so ein volles Haus haben!“ Kouki blinzelte. Wo hatte der Typ plötzlich die Gitarre her? Schwarz und glänzend hing sie vor ihm. Er musste sie vom Bühnenrand geholt haben, als seine Kollegen das letzte Lied hatten ausklingen lassen. Der Sänger montierte sein Mikrofon auf dem Ständer vor ihm, um die Hände zum Spielen frei zu haben. „Der nächste Song ist für euch, für unsere treuen Fans, die uns noch nie enttäuscht haben!“

Ein Trommelwirbel, und ein deutlich langsamerer, andächtigerer Song begann.

 

Sometimes I feel like I’m down

Sometimes I really feel not right

Sometimes the walls are breaking down on me

 

Sometimes I need a little smile

Sometimes the coldness reaches my heart

Sometimes I feel that I could need a little warmth of you

 

Der Refrain wurde noch einmal schwerfälliger, getragener.

 

And you

Never ever

Disappointed me

You were there to catch me and

Now I will never fall

 

A time will come

When my strings are cut

One by one

But you

Will weave the net anew

 

„Kouki!”, brüllte Renji plötzlich in sein Ohr, dass ein schmerzender Stich es durchfuhr. Auf seine ärgerlich gerunzelte Stirn hin deutete sein Freund nach schräg vorne. „Sieh mal. Diese Bohnenstange da, ist das nicht …“

Er wurde von der Stimme des Sängers übertönt, die wieder aus den Lautsprechern schallte und die zweite Strophe begann, aber Kouki hatte sie auch erkannt.

 

Sometimes my kisses feel not sound

Sometimes the fever’s burning my lips

Sometimes my screams have gotten loud and sore

 

Sometimes I do not know what’s right

Sometimes forgetting all my love

Sometimes my feelings will not reach my heart no more

 

Tageko überragte die Mädchentraube, die sie umgab, ein wenig, weswegen man sie gut sehen konnte. Das orangerote Haar trug sie heute offen, dazu passende Ohrringe und ein helles Top. Kouki sah von hier nicht einmal ihr Profil ganz, aber er hätte trotzdem nicht gedacht, dass sie sich so schick machen konnte.

Ehe Renji ihn davon abhalten konnte, drängte er sich durch die Menge auf Tageko zu. Seinem Freund blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, während die Band nach dem zweiten Refrain das Solo und die Bridge anspielten. Je weiter sie nach vorne kamen, desto stärker wummerten die tiefen Töne.

 

Sometimes I feel the loneliness craving in my soul

Sometimes the heat in my blood starts to freeze out slow

Someday my body will be old and meek and weak

But still I dare, forever going on

 

Der letzte Kehrvers hatte begonnen, als sie bei Tageko ankamen und Kouki ihr grinsend zuwinkte. Sie hob die Augenbrauen. „Was macht ihr denn hier?“, fragte sie, als der Song endete und die Fans jubelten und pfiffen.

„Wir arbeiten hier als Security“, sagte Renji trocken. „Wonach sieht‘s denn aus?“

„Ich wusste gar nicht, dass du solche Musik hörst“, sagte Kouki wahrheitsgemäß.

„Über Geschmack lässt sich schließlich nicht streiten“, meinte sie.

„Hätte nicht gedacht, dass wir irgend sowas wie eine Gemeinsamkeit hätten“, feixte Renji.

„Kennst du sie?“, mischte sich eines der umstehenden Mädchen ein. Kouki glaubte, es schon einmal gesehen zu haben. Also war Tageko mit einigen Freundinnen hier.

„Ähm, ja. Ein …“

„Wenn du jetzt sagst, ein wenig, bin ich beleidigt“, fiel ihr Kouki zwinkernd ins Wort.

Der Sänger erhob wieder die Stimme, und Tageko nickte nach vorn. „Seid einfach still und hört lieber der Musik zu“, rief sie gegen den Lärm an.

„Gefällt euch das?“, fragte der Sänger erwartungsvoll und streckte dem Publikum das Mikrofon entgegen.

Ein langgezogenes, verschwommenes „Jaaaa!“ erklang aus hunderten Hälsen.

„Dann wird euch der nächste Song vielleicht auch gefallen! Er ist aus unserem neuen Album Night Prevailing. Hier kommt Nightinhale!“, verkündete der junge Mann.

„Was soll denn das bitte für ein Wortspiel sein?“, fragte Tageko während dem einleitenden Trommelwirbel.

„Hör einfach zu, das ist gut“, behauptete Renji.

 

As the break of dawn is conquering the world

I see the creatures that befall our wonderful land

 

Es klang sehr entrückt, vor allem, da er die Textzeilen fast flüsterte, aber die Fans jubelten trotzdem. Vermutlich würden sie über alles jubeln, was ihnen hier geboten würde – andernfalls wären sie nicht hergekommen. Kouki versuchte es zu genießen, aber ganz so leicht wie Renji fiel es ihm doch nicht. Außerdem war er immer noch überrascht, ausgerechnet Tageko hier anzutreffen.

 

We band together, sworn to fight

And we will never give in now

With you together we can stop it all before it’s too late

No fear and no regret tonight

The black thunder we resist

All you need is just a heart of love and never-dying pride

 

Für das düstere Image der Band war das eindeutig ein positiver Song – soweit Kouki den Text verstand. Er wertete das als positiv.

 

Come, inhale the night

Make it right

Eat and swallow the darkness away from me

Inhale the night

Daybreak’s close

And never will I forget all the pain that you once cried

 

Renji stieß Kouki grinsend an und deutete auf Tageko, die wie in Gedanken verloren begonnen hatte, im Takt auf den Zehenspitzen zu wippen. Eines der Mädchen neben ihr war sogar ziemlich blass geworden und hatte zu allem Überfluss noch Tränen in den Augen – Kouki würde das sprichwörtliche Groupieleben nie verstehen.

 

As the darkness marches on

Midnight still so far away

It’s the hour of the countless ones, the fallen and depraved

I won’t ever let you down

Come, race forward with all might

Our power is the bond of all our hearts and our souls

 

Der Refrain begann wieder, und der Sänger, der bisher fleißig mitgespielt hatte, überließ dem anderen Gitarristen wieder die Arbeit und hielt dem Publikum stattdessen sein Mikro hin. Lauthals sangen alle den Text, Renji am falschesten von allen.

Schließlich wartete die Band noch mit einer dritten Strophe auf, um dann mit einem veränderten Chorus abzuschließen.

 

Now the time of ghosts is here

All the nightmares bare to see

Look behind, see what it is that sends the shivers down your spine

All the shadows have no depth

They are flat and dark and plain

Can just see them if they’re attaching themselves onto you

 

Come, inhale the night

Breathe the night away

Swallow the darkness

Come, inhale

 

Und wieder einmal gab es tosenden Applaus. Irgendein Ruf schallte durch die Halle, und mehrere Fans griffen ihn auf: „CDF! CDF!

Renji entblödete sich nicht, mitzumachen – auch wenn er stattdessen „Ausziehen! Ausziehen!“ rief. Tageko rollte mit den Augen.

Beware!“, flüsterte der Sänger gleich auf Englisch weiter. „Twilight is calling.

Wieder ein paar einleitende Trommelschläge, Gitarrengeschrumme, und ein sanfteres Lied setzte ein, dessen Text Kouki dieses Mal gut verstand.

 

Once, in a time of darkness, never-ending pain

Hope was lost and evil pounded, blinding our eyes

Blackened skies and thunderstorms sent down the burning

A whole world sent straight into demise

 

This was our time

Thus, we unite

Defeating all the evil monsters lurking in the night

 

Will you stay by my side

Will you stay

Forever I am fighting the night

Forever defeating my demons with pride

Will you stay by my side?

 

Es ging also um den Kampf des Guten gegen das Böse oder etwas Ähnliches. Renji schrie Kouki wieder etwas ins Ohr, doch er verstand ihn nicht.

 

Still, we must carry on, the price we had to pay

We gave for free and fought the darkness, peace to be restored

Growing power, growing feelings, we will save the day

Hope for all innocent, stop the evil horde

 

We will not fail

We will prevail

We fight to teach the darkness to fear the brilliant light

 

„Was?“, schrie Kouki zurück und beugte sich zu ihm, aber Renji winkte ab und vertröstete ihn auf später, während der Sänger im Refrain wieder darum bat, dass jemand an seiner Seite bleiben möge. Nach dem diesmal längeren, erfrischend fröhlichen Solo kam wieder mal eine Bridge, die zum letzten Refrain überleitete.

 

And in the end

Sun rose again

The evil ones were sent to sleep, the morning shone so bright

 

Will you stay by my side

Will you stay

Forever I am fighting the night

Forever defeating my demons with pride

Will you stay by my side?

 

Die letzten Beckenschläge des Drummers verklangen. Kouki hörte Renji nur wie durch Watte, so laut war es hier drin.

„Hey, was meint ihr? Passt doch irgendwie total zu uns, oder?“, fragte er.

„Was meinst du?“

„Naja, zu uns. Uns dreien, und den anderen.“

Da hatte er eigentlich recht. Der Text war vage genug, um alles Mögliche zu meinen, aber Kouki hatte das Lied gefallen, und irgendwie war es cool, sich darin eingearbeitet zu fühlen. „Wir sollten das als Schachthymne oder so nehmen“, schlug Renji vor.

„Gute Idee. Gleich nachdem du uns ein Banner gestickt hast“, spottete Tageko.

„Sticken ist immer noch Frauensache.“

„Ihr scheint euch gut zu verstehen“, sagte das Mädchen von vorhin.

Tageko winkte lässig ab. „Nein, wir sind es nur längst gewohnt, aufeinander rumzuhacken.“

Renji verzog das Gesicht, mies gelaunt, weil sie nicht auf seine Provokation einging.

Der Sänger atmete mittlerweile schwer, aber er tat es mit einem Lächeln. Der Bassist klopfte ihm auf die Schulter, und der junge Mann durchkämmte einmal mehr mit den Fingern das sicher schon feuchte, blonde Haar. „Nachdem wir schon so einiges aus unserem Repertoire zum Besten gegeben haben, ist es wohl an der Zeit, dass ich unseren neuesten Fans sage, wer hier die Instrumente so quält. Also“, er deutete auf den Jungen links neben sich. „Hibiko am Bass.“ Hibiko spielte ein paar dumpfe Töne, seine Fans jubelten, aber immerhin kreischte Kouki niemand mehr ins Ohr. „Der Trommelwirbler mit den zittrigen Händen hinter mir: Geki!“ Das Publikum lachte heiter, Gekis Drumsticks verschwammen förmlich, als er damit auf sein Set hämmerte. „Und da drüben, unser erster Gitarrist.“ Der Frontmann deutete nach rechts auf den grinsenden Schwarzhaarigen. „Jemand, der immerhin zittrige Finger hat: Ren.“

Auch er spielte ein paar schnelle Takte und fing sich sein obligatorisches Jauchzen ein. Dann, als der Sänger keine Anstalten machte, weiterzusprechen, begann das Publikum zu rufen: „Yami! Yami!

Er grinste. „Und mich vorzustellen, lohnt sich nicht, weil ihr wahrscheinlich viel lieber das nächste Lied hören wollt.“

Mit zwei Schritten war der erste Gitarrist bei ihm, riss ihm gespielt das Mikrofon aus der Hand und rief hinein: „Ladies and Gentlemen: der Mann, der sich nicht gern mit Selbstlob überhäuft und das deshalb immer jemand anderen tun lässt. Zweiter Gitarrist und Sänger, Yami!“

Er erntete definitiv den meisten Jubel. Ein älteres Mädchen in der vordersten Reihe warf irgendetwas auf die Bühne, das lange Banner, das Kouki vorher gesehen hatte, wackelte, als seine Stützpfeilerinnen auf und ab hüpften.

„Siehst du, so schnell geht das“, sagte Ren und gab dem grinsenden Yami das Mikrofon zurück. Wieder hörte man Lacher aus dem Publikum.

Laut verkündete der Sänger dann: „Wir sind Creators of Darkness’ Fear und wir spielen jetzt für euch: The Rise Of The Noble Ones!“

Es kamen noch weitere Songs, und Kouki erinnerte sich hinterher gar nicht mehr an alle. Das Konzert neigte sich dem Ende zu, aber selbst nach der Zugabe verlangten die Fans noch nach mehr.

„Ihr wart wirklich ein Klasse Publikum!“, rief Yami dazwischen. „Wir hoffen, es hat euch so gut gefallen wie uns!“

Wieder ertönte ein kollektives „Jaaaa!“, und gleich danach brandeten die Zugabe-Rufe erneut auf.

Yami lachte. „Leute, irgendwann müssen wir unsere Finger auch mal wieder ausruhen. Ich habe dafür eine Neuigkeit für euch, und ihr werdet verstehen, dass wir deswegen jede Pause nehmen müssen, die wir kriegen. Also – für jene, die es noch nicht wissen, unser neues Album ist ab Mitte Mai überall in Japan erhältlich. Und danach gehen Creators of Darkness‘ Fear auf ihre erste Welttournee!“

Wieder Wirbel und Hochstimmung. Kouki fragte sich, wie man so lange so laut schreien konnte, wie es diese Halle tat.

„Und der erste Stop wird in Osaka sein, am zwanzigsten Juni, also wer von euch es bis dorthin schafft – wir sehen uns!“

Wieder wurden sie bejubelt, und danach spielten die vier noch ein winzig kurzes Stück. Als sie von der Bühne verschwanden – in grellem Licht diesmal, während sie in Finsternis gekommen waren –, schwappte das Publikum in Richtung der Saaltüren. Es dauerte ewig, bis Kouki, Renji, Tageko und ihre drei Freundinnen wieder an der frischen Luft waren. Mittlerweile war es dunkel geworden. War es wirklich schon nach sechs Uhr? Kouki hatte jedes Zeitgefühl verloren.

„Woah, das war geil“, entschied Renji und streckte sich.

„Geil ist nicht das Wort, das ich nehmen würde, aber es war ganz okay“, sagte Tageko.

„Gib’s zu, du stehst doch sicher auch auf einen von denen, oder?“ Renji grinste frech. „Auf den Sänger oder auf den Bassisten. Es ist immer der Sänger oder der Bassist.“

„Bei Tageko kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen“, warf Kouki ein, als er ihren abfälligen Blick sah. Dann überlegte er kurz. „Bei Fumiko übrigens auch nicht.“

„Fumiko würde niemals auf so einen oberflächlichen Typen hereinfallen!“, rief Renji, als hätte er irgendetwas in diese Richtung behauptet.

„Damit implizierst du erstens, dass sie oberflächlich sind, und zweitens, dass es ihr Ziel wäre, irgendwelche Mädchen um den Finger zu wickeln“, meinte Tageko trocken.

„Klar sind sie das“, behauptete Renji, und was immer er damit zum Ausdruck bringen wollte, verlor seine Wirkung, als er hinzufügte: „Ah, ich wünschte, ich wäre auch so wie die.“

Sie verabschiedeten sich von Tageko und den anderen und gingen zu zweit zur nächsten U-Bahn-Station. Kouki fand, dass es ein gelungener Nachmittag gewesen war – auch wenn er sich nach wie vor fühlte, als hätte ihm jemand Wolle in die Ohren gestopft. „Danke fürs Mitnehmen, übrigens.“

„Kein Ding. Freut mich, wenn’s dir gefallen hat.“ Sie stiegen in die nächste U-Bahn. „Ich wette, ich hab eins ihrer Lieder im Kopf, wenn wir das nächste Mal in der DigiWelt gegen dunkle Gestalten kämpfen“, sinnierte Renji.

Bei der nächsten Station musste er umsteigen; Kouki fuhr weiter. Als er allein war, beschloss er, Fumiko eine SMS zu schreiben und ihr zu sagen, dass das Konzert ganz nett gewesen war.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wie ihr lesen konntet, wollte ich unbedingt mal ein Konzert beschreiben und mir Lyrics ausdenken. Ich hoffe, es war auszuhalten^^ Was gibt es noch zu sagen ... Ich mag Cameos, das Kapitel heißt so, weil mir "Auszeit" zu langweilig war, und "Stützpfeilerinnen" ist mein neues Lieblingswort :D Im nächsten Kapitel hab ich mich mal mit einem MMORPG-Battle ausgetobt, und auch sonst gibt's wieder Action :) Bis dann! Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Fuchspinsel
2017-04-15T19:21:01+00:00 15.04.2017 21:21
wieder ein sehr cooles Kapitel ^^ Endlich mal die Aufklärung für Salamon als Salamon in der realen Welt :)
Das mit Kokuwamon find ich auch sehr spannend... dachte eigl, dass das an dem Licht der Ultra-Digitation liegt (weil das in Digimon 02 mit Azulongmons Licht ja so ähnlich war xD)
Das mit dem Konzert und va die Lyrics haben mir auch sehr gut gefallen ^^ dachte erst Matt/Yamato steht da auf der Bühne xDD
Ich hoffe wir sehen Blossomon auch bald im Aktion ;)
Antwort von:  UrrSharrador
20.04.2017 16:10
Danke für deinen Kommi! Ja, und wie gesagt, unspektakulär^^
Für Kokuwamon hab ich mir Gatomon aus Staffel 1 als Beispiel genommen. Das hat ja auch mal gesagt, dass es hart trainiert hat und deswegen das Champion-Level halten kann^^
Wer weiß, vielleicht war er es ja auch? ;)
Von:  EL-CK
2017-04-12T17:40:38+00:00 12.04.2017 19:40
Gaaaaaanz ehrlich. .. ich mag deine Cameos - bzw Anspielungen auf Shards - aber so richtig ;)
Und der Titel passt wie A#$/* auf Eimer. .. also meiner Meinung nach ;)
Antwort von:  UrrSharrador
20.04.2017 16:08
Danke auch hier ;)


Zurück