Digimon 00001100 von UrrSharrador (Samsara Madness [Video-Opening online]) ================================================================================ Kapitel 20: Ein Tag am Strand ----------------------------- Kouki seufzte tief auf. Er beschattete die Augen mit der Hand und blinzelte gegen die Sonne an, die noch nicht sehr hoch stand und dennoch so kräftig in ihre Richtung stach, dass er froh war, Sonnencreme eingepackt zu haben. Der Himmel war strahlend blau mit nur wenigen weißen Schäfchenwolken. Die Luft roch nach Hitze und Salz. Und das Ende März. Das tiefblaue Meer glitzerte so hell, dass es in den Augen wehtat, sanft schaukelnde Wellen trieben die Lichtflecken hin und her, ehe sie mit einem sachten Rauschen schäumende Wogen über den Strand spülten. Sie hatten Glück gehabt; zwar war der Küstenlandstrich, der etwa zwei Kilometer lang war, von hohen, schroffen Felsen begrenzt, der Strand selbst aber bestand aus Sand, der warm und hell zwischen den Zehen quoll. Erst weiter draußen im Ozean ragten wieder Felsen auf. Der Fernseher, durch den sie gekommen waren, hatte sie direkt hier ausgespuckt, mit prächtigem Ausblick auf den Horizont. Und es war heiß, wunderbar heiß. Genau das Richtige gegen die winterliche Kälte, die in ihren Knochen steckte. Kouki konnte sich nicht vorstellen, dass es irgendwo in der DigiWelt schöner war. Hätte jemand geahnt, was in den vielen Taschen der fünf Jugendlichen gewesen war, die am Samstagmorgen wieder mal ins Hause Morino spaziert waren, hätte er darüber nur den Kopf schütteln können. Allerlei Strandzeug wurde nun ausgepackt, Luftmatratzen, Decken, Schwimmbälle, Tauchermasken, Getränkekühlboxen. Tageko hatte sogar eine zusammenklappbare Strandliege mitgebracht. „Jetzt müssen wir nur noch einen Platz zum Umziehen finden“, meinte Kouki und ließ den Blick schweifen. „Dort hinten, die Felsen werden’s tun.“ „Wir müssen gar nicht in die Felsen gehen, sieh mal!“ Jagari deutete auf eine kleine, hölzerne Strandkabine weiter hinten auf dem blendenden Feld aus Sand. „Irre“, lachte Kouki. „Wie kommt die denn hierher?“ „Erster!“ Jagari lief sofort los. Elecmon wollte ihm hinterher, stolperte aber in dem für es recht tiefen Sand über seine eigenen Füße und landete mit dem Kopf voraus in einem Meer aus winzigen Körnern. Kouki schüttelte den Kopf. „Kindskopf“, murmelte ausgerechnet Renji. „Lass ihn doch. Du siehst doch, wie er sich freut“, sagte Kouki. „Wie sieht’s aus? Von mir aus dürfen die Mädchen als Nächstes.“ „Wie charmant von dir“, spottete Tageko. „Ich hab meinen Bikini schon an.“ „Dann geh ich als Nächste“, sagte Fumiko, die eben ihre Stranddecke richtete. „Ihr Jungs zieht besser Streichhölzer“, merkte Tageko mit blitzenden Augen an. „Und wehe, ich muss euch trennen, weil ihr zu streiten anfangt.“ Kouki, Renji und Taneo warfen sich einen verwunderten Blick zu. Hatte Tageko gerade einen Scherz gemacht?   Letztlich befolgten sie ihren Rat. Kouki durfte sich als Letzter umziehen, nach Renji. Geduldig wartete er vor der Strandkabine, die aus hellem Bambus oder etwas Ähnlichem bestand und auf der Rückseite nur eine Art Vorhang aus ähnlichem Material besaß. „Warum müsst ihr euch eigentlich dort drin umziehen?“, fragte Salamon, das neben ihm im Sand lag, ebenfalls dankbar über die Wärme. „Naja, es gehört sich nicht, wenn man sich vor aller Augen umzieht“, erklärte Kouki. „Wieso nicht?“ „Wieso bist du plötzlich so neugierig?“ Kouki kniete sich hin und kitzelte Salamon zwischen den Ohren. Mit einer Mischung aus Jauchzen und Kreischen sprang es davon. „So, du bist dran.“ Renji kam aus der Kabine, seine Klamotten unterm Arm. Er trug eine knielange Badehose mit Khaki-Muster. Als Kouki an ihm vorbeigehen wollte, hielt er ihn zurück. „Ich weiß jetzt, wie ich Fumiko rumkriegen kann“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Ach ja?“ „Mir ist es eben klar geworden. Immer, wenn wir uns gesehen haben, hatten wir Winterkleidung an – oder Herbstklamotten, oder etwas, mit dem man gut wandern und bergsteigen kann. Oder unsere Schuluniformen, in der Schule.“ „Ich weiß nicht ganz, worauf du hinauswillst.“ Kouki zog die Stirn kraus. Renji packte ihn an den Schultern und drehte hin herum, sodass er zum Strand zurückblickte. „Sieh dir Fumiko an!  Sieht sie nicht umwerfend aus?“ Fumiko lag auf ihrer Decke neben Tagekos Strandliege, eine Sonnenbrille vor dem Gesicht, und badete in der Sonne. Ihr Haar hatte sie einstweilen wieder zu einem Pferdeschwanz gebunden. „Sie sieht aus wie immer“, sagte er. „Sie trägt einen Bikini!“, erklärte Renji, als würde Kouki es sonst nicht sehen. „Hat sie nicht eine tolle Figur?“ Kouki sah noch einmal zu den Mädchen. Tageko war eindeutig athletischer, aber dass Fumiko attraktiv war, wusste er, auch ohne sie im Bikini erleben zu müssen. „Mir ist immer noch nicht ganz klar, worauf du hinauswillst.“ „Ist doch ganz einfach!“ Renji schlug sich gegen die Brust. „Wer einen tollen Körper hat, muss ihn zeigen! Und ich bin groß, schlank, sportlich, habe breite Schultern, einen knackigen Hintern und zumindest andeutungsweise einen Waschbrettbauch.“ Vor allem hast du ein ungeheuerliches Selbstbewusstsein, dachte Kouki, verbiss sich aber jeden Kommentar. „Fumiko-chan hat mich noch nie mit nacktem Oberkörper gesehen“, fuhr Renji fort. „Wenn ich so, wie ich jetzt bin, ein paar unauffällige Posen mache, muss das irgendeine Reaktion bei ihr hervorrufen.“ „Na, wenn du meinst“, sagte Kouki wenig überzeugt. Er klopfte Renji auf die Schulter. „Ich wünsch dir jedenfalls viel Glück.“ Als Kouki umgezogen mit Salamon zurückkam, warf er seine Klamotten auf eine der Decken und atmete noch einmal tief die salzige Luft ein. Mushroomon und Candlemon spielten im Sand und versuchten etwas wie eine Burg zu bauen, wobei sie Candlemons Wachs als Mörtel verwendeten. Jagari und Elecmon konnte er nirgends entdecken. Taneo war dabei, eine Luftmatratze aufzublasen, aber das würde wohl noch eine ganze Weile dauern. „Soll ich dir nicht helfen?“, bot sich Kokuwamon an. „Du würdest mit deinen Zangen höchstens ein Loch hineinstechen. Außerdem bräuchtest du einen … elastischeren Mund.“ „Aber ich darf doch dann auch mal damit fahren, oder?“ „Das ist eine Luftmatratze, damit fährt man nicht, man lässt sich einfach von den Wellen treiben.“ „Ist das nicht langweilig?“ Während Taneo Kokuwamon zu erklären versuchte, was der Zweck einer Luftmatratze war, breitete Kouki seine Strandmatte neben den Mädchen aus, die die Sonne und den Ausblick auf das Meer genossen. Renji spazierte auffällig beiläufig an ihm vorbei. „Toller Tag, oder?“ Er hatte eine teure Sonnenbrille auf, die einen Satz machte, wann immer er die Augenbrauen hob. Vor Fumiko blieb er stehen, wandte ihr den Rücken zu und betrachtete das Meer. Mit einem genießerischen Seufzer streckte er sich, als wollte er sich fürs Schwimmen aufwärmen, und wie zufällig betonte er dabei seine Muskeln. Fumiko hob ihre Sonnenbrille hoch. „Renji?“ „Ja, Fumiko-chan?“, flötete Renji und drehte sich mit einem strahlenden Lächeln um. „Du stehst mir in der Sonne.“ Während Renji wie ein geprügelter Hund davontrottete, konnte sich Kouki ein Grinsen nicht verkneifen. Da hatte er jetzt seine Reaktion. „Hey, Leute!“ Jagari kam durch den Sand angelaufen, Elecmon auf seinen Fersen. „Ihr erratet nie, was ich gefunden habe!“ In der einen Hand hielt er einen Dango-Spieß, in der anderen ein Eis am Stiel. „Da hinten gibt’s sogar eine Strandbude!“ Die DigiRitter sahen ihn überrascht an. „Wirklich?“, fragte Taneo. „Klar! Was glaubst du, wo ich das her habe?“ Elecmon machte einen Satz und schnappte sich den Dango-Spieß im Flug. Jagari schien nichts dagegen zu haben. „Und womit hast du bezahlt?“, fragte Kouki skeptisch. „Mit Dollar?“ „Mit Muscheln.“ „Muscheln?“, riefen die anderen unisono.   Der Besitzer der Strandbar war eine kleine, violette Krabbe, die auf dem Tresen saß. „Oh, noch mehr Kundschaft, wie wunderbar“, sagte sie und verhakte die Scherenarme ineinander, als würde sie sich die Hände reiben. „Ihr seid die Ersten, die mich diese Woche besuchen kommen. Ich werde euch gute Preise machen.“ „Es ist ein Crabmon auf dem Rookie-Level“, flüsterte Jagari den anderen zu. Er trug heute die Brille, die sie von Gennai bekommen hatten. „Nimmst du wirklich Muscheln als Bezahlung?“, fragte Tageko, während die anderen inspizierten, was es alles zu kaufen gab. Das Angebot reichte von Snacks über Eis bis hin zu Schmuckstücken, wie man sie von Strandpromenaden her kennt: geschnitzte Anhänger, falsche Perlenketten, billige Ringe und Halsketten, sogar kleine Figuren, die mit etwas Fantasie Digimon darstellten, die sie schon einmal gesehen hatten. „Klar“, sagte Crabmon. „Ich liebe Muscheln.“ „Willst du nicht echtes Geld?“, hakte Tageko nach. Es wollte ihr nicht in den Kopf, dass jemand an einem Strand Muscheln als Bezahlung nahm. „Pah, was soll ich denn mit diesem Papierkram!“, begehrte Crabmon auf. „Muscheln sind schöner! Sie klappern schön, und es gibt viele verschiedene! Und ich habe ja keine Zeit, alle Muscheln hier am Strand zu sammeln, seit ich das Geschäft übernommen habe. Aber wenn ich diesen Kram hier gegen Muscheln tausche, bekomme ich mehr zusammen, als wenn ich selbst welche suchen würde.“ Es schien sehr überzeugt von seinem Geschäftsmodell. Die DigiRitter sahen sich etwas ratlos an.   „Das ist doch lächerlich“, klagte Fumiko, als sie alle den Strand entlanggingen, immer in der Nähe der schäumenden Wellen, und nach Muscheln suchten. „Warum nimmt es nicht einfach das Geld? Soll es damit doch Muschelsucher bezahlen.“ „Digimon können wohl sehr merkwürdig sein“, sagte Tageko. Fumiko seufzte. Sie wollte lieber in der Sonne liegen, anstatt für einen kleinen Snack auf Muscheljagd zu gehen. Genervt hob sie einen Stein auf, der aus dem Sand ragte, und holte aus, um ihn ins Meer zu schleudern. „Nein!“ Renji und Kouki stürmten wie der Blitz zu ihr und fielen ihr in den Arm. „Was ist?“, fragte sie, während sie ihr den Stein aus der Hand nahmen. „Da sind Muscheln drauf, siehst du nicht?“ Renji hielt ihr die Unterseite des Steins hin und Kouki deutete darauf. „Die sind ja winzig“, meinte Fumiko stirnrunzelnd. „Dafür kriegt ihr nicht mal einen Eisstiel.“ Crabmon schien da anderer Meinung zu sein. „Oh, so kleine, toll! Die sind am wertvollsten von allen!“ Es hüpfte überglücklich auf seinem Verkaufstresen auf und ab. Fumiko fühlte sich wie im falschen Film. „Die kleinen sieht man viel schwerer als die großen, darum ist es nicht so leicht, sie zu finden. Was wollt ihr dafür haben?“   Letzten Endes reichte ihre Ausbeute aus, um alle mit schmackhaftem Eis zu versorgen. Renji bestand darauf, dass Fumiko sich noch einen Anhänger oder irgendein Schmuckstück dazu kaufte. „Es würde toll an dir aussehen!“ „Ich habe aber keine Muscheln mehr.“ „Aber du hast noch ein Souvenir gut, hat Crabmon gesagt. Für die letzte kleine Muschel.“ „Die kleinen Muscheln habt ihr gefunden, also gehören sie dir und Kouki.“ „Aber du hast den Stein aufgehoben.“ „Und ich hätte ihn weggeworfen.“ Während die beiden einander das Recht zuschoben, über die letzte Muschel zu verfügen, sah Taneo, wie Kouki an Renji herantrat und ihm etwas ins Ohr flüsterte, und plötzlich erschein ein breites Grinsen auf Renjis Gesicht. Zwei Minuten später hatte Fumiko einen Anhänger mit einem geschnitzten Fischdigimon daran umgehängt, den Renji von der letzten Muschel gekauft und ihr dann geschenkt hatte. „Du bist unverbesserlich“, sagte sie. Renji grinste immer noch.   Die Zeit bis zum Mittag verbrachten sie jeder für sich. Jagari versuchte, seinen MP3-Player zum Laufen zu bekommen, aber auch der funktionierte in der DigiWelt nicht. Missmutig betrachtete er den tiefblauen Himmel und zählte die spärlichen Wolken. Taneo trieb mit seiner Luftmatratze draußen im Meer, und Tageko hoffte, dass ihn nicht plötzlich ein Digimon aus der Tiefe angreifen würde. Kokuwamon hockte bei ihm und sah in die sanft schaukelnden Wellen, was sie etwas beruhigte. Kouki und Renji redeten über Fußball, die Digimon hatten ihre Sandburg fertiggebaut und tollten jetzt am Strand herum. Fumiko döste neben ihr vor sich hin, und Tageko streckte sich genüsslich auf ihrer Liege. Es war in der Tat eine gute Idee gewesen, herzukommen. Abends würde Gennais Kontaktdigimon sie gar nicht weit von hier abholen, und dann würde es wahrscheinlich wieder gefährlich werden, aber als Urlaubsresort für zwischendurch hatte die DigiWelt schon was für sich. Nach einer Weile beschlossen Kouki und Renji, ins Wasser zu gehen. Kouki schlug ein Wettschwimmen bis zu Taneos Luftmatratze vor. Renji gewann, und er ließ es sich in seinem lachenden Siegestaumel nicht nehmen, sie umzukippen und Taneo ins Wasser zu schmeißen, der sich prustend und fluchend wieder in die Höhe arbeitete. Dafür bekam Renji Schelte von Tageko, und Kokuwamon drohte, ihn unter Strom zu setzen, aber am ehesten zusammengestaucht wirkte er, als Fumikos vernichtender Blick ihn traf. Entschuldigen wollte er sich wohl aus Prinzip nicht. Zu Mittag öffneten sie die Lunchboxen, die sie mitgebracht hatten, und setzten sich auf die größte Decke. Es fiel ihnen sogar leicht, ein Gespräch in Gang zu bringen, auch wenn Kouki und Renji am meisten schwatzten. Aber selbst die Digimon, die sich bei den Gesprächen ihrer Partner meist zurückhielten, plauderten munter drauf los. Sie erzählten viel von der DigiWelt, und Tageko wunderte sich, warum sie darüber so gut Bescheid wussten, wenn sie erst kurz vor ihrer Ankunft aus ihren Eiern geschlüpft waren. Entweder hatte ihnen jemand in ihrer Zeit im Wald viel erzählt, oder es war eine Art Instinkt, der ihnen in die Wiege gelegt worden war. „Gehst du eigentlich auch schwimmen?“, fragte Elecmon Candlemon. Jagaris Digimon hatte bereits eine Runde im Wasser gedreht. „Ha! Wenn ich ins Wasser gehe, verdampft doch der Ozean!“, gab Candlemon zurück. „Renji, dein Verhalten färbt auf dein Digimon ab“, sagte Tageko trocken und alle lachten, während er sich empörte, dass er nie so schamlos prahlen würde. Nach dem Essen spielten sie Schwarzer Peter. Kouki verlor zweimal und bekam mit einem wasserfesten Stift zwei schwarze Punkte auf die Stirn gemalt. „Du müsstest dir ein Pokerface zulegen“, riet Taneo. „Dein Gesichtsausdruck verrät dich immer.“ „Was, echt?“ Kouki konnte es kaum glauben. Es stimmte, dass er bei solchen Spielen oft Pech hatte. Er setzte sich seine Sonnenbrille wieder auf und verlor trotzdem auch ein drittes Mal. Als ihnen zu heiß wurde, beschlossen auch die Mädchen, ins Wasser zu gehen. Die Wellen waren jetzt höher, und das Meer war noch empfindlich kalt. Renji wollte wieder einmal Eindruck schinden und warf sich mitten in die nächste Woge. Der Kälteschock ließ ihn aufjaulen. „Hey, Renji! Du machst Salamon Konkurrenz!“, rief Kouki vom Strand aus. „Schnauze!“ Fumiko brauchte kaum länger als Renji, um sich an das Wasser zu gewöhnen, aber sie tat es ohne einen Laut. Nur Tageko watete eher zögerlich hinein und schwamm dann mit kräftigen Zügen in Richtung offenes Meer. Nach einer Weile wurde Renji übermütig und begann Fumiko nasszuspritzen. Empört schützte sie ihr Gesicht mit den Händen und versuchte sich zu revanchieren. Kouki schwamm zu ihr. „Komm, dem zeigen wir’s!“ „Hey, zwei gegen einen ist nicht fair!“, rief Renji, als er sich zwei Salzwassermaschinengewehren gegenübersah, die ihm kaum erlaubten zu sprechen. Er wandte ihnen den Rücken zu und sah sich hilfesuchend um. Tageko war zu weit draußen, und mit Taneo würde er nicht zusammenarbeiten. Also winkte er Jagari zu, der noch am Strand saß. „Jagari! Du musst mir helfen!“ Der Jüngste von ihnen kam mit verdutztem Gesicht angeschwommen, als könnte er nicht fassen, dass Renji ihn um Hilfe bat. Kouki und Fumiko erwartete ihn bereits mit fiesem Grinsen, und die Wasserschlacht begann erneut.   Als Tageko zurückkehrte, hatten sie die Kampflinien geändert und waren dazu übergegangen, Belagerungstürme zu bauen. Fumiko saß auf Koukis Schultern, Jagari auf Renjis, der seinem Gesichtsausdruck nach viel darum gegeben hätte, selbst Auge in Auge mit seinem Schwarm zu sein, aber er wäre für Jagari viel zu schwer gewesen. Unter anfeuernden Rufen ihrer Turmfundamente verkrallten Jagari und Fumiko die Hände ineinander, bereit, mit dem Rangeln zu beginnen. Plötzlich wurde Jagaris Miene ängstlich. „Aber keine Judo-Griffe, ja?“ Fumiko antwortete nur mit einem gespielt bösen Lächeln, dann ging der Kampf los. Tageko schwamm, bis sie wieder Sand unter den Füßen spürte. In dem Moment, in dem sie sich aufrichtete, landeten gerade beide Kontrahenten platschend im Wasser und tauchten prustend wieder auf. „Warum hast du Fumiko nicht besser festgehalten?“, motzte Renji Kouki an. „Sag mal, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“ Jagari wischte sich das Salzwasser aus den brennenden Augen, und kurz darauf fingen alle beide zu lachen an.   Später am Nachmittag trauten sich einige Wolken vor die Sonne, und Kouki schlug vor, Volleyball zu spielen. Er hatte ein Netz mitgebracht, das er mit Renjis Hilfe im Sand aufstellte – zwar nicht ganz gerade, aber es würde gehen. Dann zogen die beiden mit den Füßen Furchen durch den Sand, um das Feld zu markieren. „Es ist immer noch zu heiß für sowas“, sagte Tageko. „Sei kein Frosch“, erwiderte Renji. „Da sind doch genug Wolken, und so wie das Netz steht, muss nicht mal jemand gegen die Sonne spielen.“ „Der Sand glüht ja noch förmlich.“ „Dann musst du die Füße eben ein wenig eingraben. Tiefer im Sand ist es kühler, weißt du?“ Renjis Augen funkelten. „Wenn du damit zufrieden bist, immer am selben Platz zu stehen, heißt das.“ „Komm schon, Tageko“, bat sie Kouki mit einem treuherzigen Blick, den er trotzdem lieber Salamon hätte überlassen sollen. „Du bist doch eine Sportlerin, oder?“ „Es ist noch nicht mal vier Uhr. Es ist viel zu heiß, am Ende kollabiert einer von euch.“ „Ich doch nicht“, rief Renji sofort aus. „Wie sieht’s bei dir aus, Kouki, würdest du kollabieren?“ „Nie im Leben“, grinste er. „Siehst du!“ Als Tageko nur den Kopf schüttelte, fügte Renji hinzu: „Außerdem haben wir Winter.“ „Solche schlauen Sprüche helfen euch auch nicht weiter.“ Tageko verschränkte bestimmt die Arme. „Dann wirst du aber als Einzige zusehen. Jagari ist auch dabei, oder?“ Renji sah seinen Wasserschlachtkameraden gewinnend an, der sich nervös das Haar aus dem Gesicht strich. „Ich, also … Ich weiß nicht …“ „Was ist mit Taneo?“, fragte Kouki. „Nie im Leben“, sagte dieser bestimmt. Renji stöhnte auf. „Mensch, seid nicht solche Spielverderber! Wir sind sechs Leute, sechs! Das ist die perfekte Anzahl! Jetzt, wo wir das Netz schon aufgebaut haben …“ „Spielt doch mit den Digimon, wenn ihr unbedingt wollt“, schlug Tageko genervt vor. Kouki betrachtete ihre Partner misstrauisch. „Oh ja, dürfen wir?“, fragte Salamon mit leuchtenden Augen. „Ich weiß nicht … können Digimon überhaupt Volleyball spielen?“ Es sah nicht so aus, als könnten sie den Ball mit den Händen übers Netz befördern – außer vielleicht Mushroomon, aber ob das mit seinen Stummelbeinen auch einen Ball erwischen würde … „Kommt ihr jetzt endlich?“ Fumiko stand bereits im Feld, den Ball in der Hand. „Siehst du? Fumiko spielt auch mit“, sagte Renji zu Tageko. „Bitte, Tageko“, fügte Kouki hinzu. „Wir sechs, und die Digimon als Verstärkung, ja? Wär doch gut, um unser Teamwork zu schulen.“ Als sie genervt seufzte, wussten die beiden, dass sie gewonnen hatten. Gutes Zureden von Koukis und Fumikos – und Kokuwamons – Seite überzeugte auch Taneo, und Jagari schloss sich ihnen an. Der Ball musste erst einige Male hin und her fliegen, ehe sie eine faire Teamkonstellation fanden. Die Digimon hielten sich erstaunlich gut. Sie waren flink, und ihre Partner erlaubten ihnen, den Ball auch mit dem Kopf anzustoßen. Jagari, der eher unsportlich war, hatte seine Schwierigkeiten, und Taneo schien mit dem Spiel überhaupt nicht zurechtzukommen. Nach einem verlorenen Satz erbat er sich eine Auszeit und schmollte am Feldrand, aber nach einer Weile schien ihn der Ehrgeiz zu packen und er spielte wieder mit.   Als sie alle schwitzten und Renji bereits knallrot war – natürlich hatte er darauf verzichtet, sich einzucremen –, gingen sie sich wieder abkühlen. Tageko überredete Fumiko, mit ihr ein wenig zu den Felsen weiter draußen zu schwimmen, da das Meer wieder ruhiger war. Hinter ihnen blieben die Jungen am Stand und hatten die nächste, ausgelassene Wasserschlacht begonnen – alle gegen Renji, da sie ihn davon abhalten wollten, ständig auf Taneo loszugehen. Die Digimon tollten wieder am Strand herum – Salamon und Mushroomon waren wasserscheu, Candlemon sowieso, und Kokuwamon flog lieber herum. „Sie sind so kindisch“, murmelte Tageko zwischen zwei kräftigen Schwimmzügen, als die Schreie an ihre Ohren wehten. „Kindisch oder nicht“, erwiderte Fumiko, „sie wirken, als hätten sie großen Spaß. Ist doch die Hauptsache an einem Urlaubstag, oder?“ Tageko seufzte. „Gewonnen“, sagte sie. „Sie sollten sich nur noch etwas Energie für später aufheben, wenn wir wieder kämpfen müssen.“ „Du machst dir zu viele Sorgen.“ Sie erreichten einen der Felsen. Er war von Algen glitschig, aber schroff genug, um auf ihn zu klettern. Nebeneinander legten sie sich auf den warmen Stein und ruhten sich in der Sonne aus.   Als der Abend kam, sahen sie alle wehmütig zu, wie die Sonne im Westen versank und der Himmel rötlich wurde. Er sah immer noch prächtig aus – aber eben abendlich. Sie trockneten sich ab und zogen sich um. Taneo fühlte bereits die Erschöpfung vom Schwimmen und Spielen und hoffte, dass sie sie nicht zu sehr beeinträchtigen würde bei dem, was jetzt kam. Es hatte wohl einen Grund, warum man Vergnügen nicht über die Arbeit stellen sollte. Durch den Fernseher machten sie einen Abstecher zurück ins Hause Morino. Jagari hatte seine Zimmertür abgeschlossen, damit sie ungestört in der Menschenwelt landen konnten. Sie luden nur die Badesachen ab, dann betraten sie wieder die DigiWelt. Der Strandabschnitt, den Gennai ihnen gezeigt hatte, lag etwas nördlich von ihrem Badestrand. Sie mussten über scharfkantige Steine klettern, was viel mehr Zeit in Anspruch nahm, als sie gedacht hatten. Taneo hoffte, dass sie nicht zu spät kamen. Die Bucht war tatsächlich von hohen Felsen geschützt. Der Strand hier war eine Ansammlung von Geröll und Felsen. Sie setzten sich auf einen guten Aussichtspunkt und warteten. Das Digimon kam, als der letzte Sonnenstrahl verschwand und es merklich kühler geworden war. Es tauchte direkt in der Bucht auf. Eine Wasserfontäne schoss gen Himmel und die DigiRitter stießen erstaunte Rufe aus. Taneo wusste nicht, was er erwartete hatte, vermutlich eine Art Unterseebot oder eine Schildkröte mit einem Panzer aus Luftblasen, aber sicher keinen Wal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)