Die Rose von Ferelden von Akemi-Homura (Die Geschichte der Heldin von Thedas) ================================================================================ Kapitel 33: Ein Schlag aus den Schatten --------------------------------------- Zwei Wochen sind seit der Schlacht bei Adamant vergangen. Glücklicherweise gab es nur wenig Verluste, dafür aber auch viele Verletzte, um die sich unsere Heiler nun kümmern müssen. Wir befinden uns mit dem Hauptheer mitten im Frostgipfelgebirge, kurz vor der Himmelsfeste. Die Sonne hat ihren Zenit schon lange überschritten, der Tag neigt sich seinem Ende entgegen. Eine gewisse Erleichterung durchflutet mich, als ich die Himmelsfeste zwischen den Gipfeln thronen sehe. Endlich sind wir wieder zu Hause. Die Anflüge eines Lächeln erscheinen auf meinen Lippen. Wir haben eine Reihe guter Männer verloren. Aber wir konnten auch Corypheus einen gewaltigen Schlag versetzen. Er hat sein Dämonenheer verloren. Eine Bedrohung konnten wir somit abwenden. Doch die nächste folgt der vorherigen auf den Fuß. Hoffentlich konnte Josephine in unserer Abwesenheit etwas bezüglich des anstehenden Balls im Winterpalast von Halamshiral erreichen. Andernfalls sieht es übel für uns aus. Am frühen Abend erreichen wir unser Ziel. Die Arbeiter freuen sich über die Rückkehr des Heeres und begrüßen uns mit offenkundiger Freude. Einer der Stallburschen kommt auf mich zu, um mir meinen Hengst abzunehmen. Ich reiche ihm die Zügel, dann marschiere ich zielstrebig die Treppen hinauf zur Haupthalle. Es gibt einige Dinge, die in die Wege geleitet werden müssen. Auf halbem Weg durch die Halle zu Josephines Büro begegne ich Leliana: „Mylady, wie ich hörte, seit Ihr wohlbehalten aus der Schlacht zurückkehrt.“ Beinahe wäre ich an ihr vorbeigegangen, wenn sie mich nicht angesprochen hätte. Aber das liegt wohl daran, dass ich mit meinen Gedanken noch ganz wo anders bin. „Leliana“, überrascht sehe ich die Rothaarige an. „Ah, ich sehe schon, ganz in Gedanken“, amüsiert zucken ihre Mundwinkel verdächtig nach oben. „Darf ich fragen, was Euch so beschäftigt? Vielleicht kann ich ja Abhilfe verschaffen“, bietet sie mir an, während sie sich mir kurzerhand anschließt. „Das glaube ich kaum, dennoch weiß ich das Angebot sehr zu schätzen. Habt Dank“, antworte ich ihr abwesend. Sorge schimmert in ihren Augen auf. „Sag, wenn ich dir irgendwie helfen kann“, ihre Worte sind nicht mehr als ein leises Flüstern. Ich nicke ihr kurz zu, dann verschwinde ich im Büro der Botschafterin. „Oh, Mylady Theirin. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Euer erster Weg mir gelten würde“, begrüßt mich Josephine. Seufzend lasse ich mich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch nieder: „Wenn die Angelegenheiten weniger dringlich wären, wäre dem auch nicht so.“ Mit einem Nicken stimmt mir diese zu: „Nun, dann, ich will nicht zu viel Eurer Zeit in Anspruch nehmen.“ Und so beginnt sie, mir die wichtigsten und dringlichsten Angelegenheiten vorzulegen, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen. Die Stundenkerze ist bereits um ein Drittel heruntergebrannt, als Josephine das letzte Dokument zur Seite legt. „Das müsste es dann gewesen für's erste sein“, ich bin im Begriff, aufzustehen und mich zurückzuziehen. „Eine Sache noch, Mylady. Es geht um Halamshiral“, hält mich meine Botschafterin zurück. „Natürlich“, ich lehne mich in meinem Stuhl zurück. „Ich zweifle Eure Fertigkeiten im Spiel nicht an, bereits bei dem Empfang von Madame Vivienne habt Ihr unter Beweis gestellt, dass Ihr wisst, wie das Spiel funktioniert, aber...“, sie unterbricht sich. „Fahrt bitte fort“, fordere ich sie auf. „Wir wissen nicht, wer alles auf diesem Ball anwesend sein wird. Kaiserin Celene arbeitet seit Jahren an einer Verbesserung der Beziehungen mit Ferelden. Ich befürchte, dass vielleicht Euer Bruder oder einer seiner Berater anwesend sein könnten“, erläutert sie mir ihre Bedenken. „Dann werden wir beweisen, dass die Inquisition das Spiel besser spielt als der fereldische Adel“, entgegne ich. „Seit Ihr nicht besorgt, was die Anwesenheit Eures Bruders auf dem Ball für Auswirkungen haben könnte?“, fragt Josephine fassungslos. „Alistair hat schon mehr als einmal grandios unter Beweis gestellt, dass er ein Meister darin ist, sich selbst zum Narren zu machen. Um Eure Frage daher zu beantworten: Nein, ich mache mir keine Sorgen darüber“, mit diesen Worten erhebe ich mich und wende mich zum gehen. „Josephine, Fereldens König stellt für uns keine Gefahr mehr dar. Eher wir für ihn, und das weiß er“, dann verlasse ich ihr Büro. Nach einer viel zu kurzen Nacht werde ich in aller Frühe durch ein lautes, anhaltendes Klopfen an meiner Türe geweckt. Verschlafen setze ich mich in meinem Himmelbett auf. Im Namen der Heiligen Andraste, was ist denn jetzt schon wieder los? Ich schwinge die Beine aus dem Bett und begebe mich zur Tür. Dabei greife ich mir meinen Morgenmantel, werfe mir diesen über. Ein Gähnen unterdrückend öffne ich die massive Holztüre: „Ja?“ Einer von Cullens Rekruten steht vor mir: „Euer Gnaden, Ser Anders schickt mich. Es geht um Kommandant Cullen...“ Augenblicklich bin ich hellwach. „Was?!“, fahre ich dem Rekruten dazwischen. Aus dem Konzept gebracht sieht er mich an. „Was ist passiert?“, präzisiere ich meine Frage. „Ich weiß es nicht genau, Euer Gnaden. Ser Anders...“, weiter höre ich ihm nicht mehr zu. Ich dränge mich an dem Rekruten vorbei, laufe die Holztreppen herunter. Dann renne ich durch die große Eingangshalle, die verwirrten Blicke der Diener und der vereinzelten, sich bereits hier befindlichen Adligen ignorierend, vorbei an Varric um die Abkürzung durch Solas Zimmer zu nehmen. Der Elf ist wie der Rest, der mir heute morgen schon begegnet ist, ziemlich überrascht von meinem Verhalten, doch als er zum Reden ansetzen will, bin ich bereits durch die Tür zu dem Verbindungsgang zu Cullens Turm verschwunden. Leise schließe ich die Türe zu Cullens Büro hinter mir und blicke mich aufmerksam in diesem um. Über mir höre ich gedämpfte Schritte. Zielstrebig schreite ich auf die Leiter zu und klettere diese zu dem sich darüber befindlichen Schlafgemach hinauf. Oben treffe ich Anders an, der gerade den im Bett liegenden Cullen untersucht. Ich trete auf ihm zu und lege meine Hand auf seine Schulter: „Anders?“ Der Magier schreckt zusammen und wirbelt zu mir herum. „Leyla, beim Atem des Erbauers, erschreck mich doch nicht bitte so. Was machst du hier?“, fragt er, als er mich erkennt. „Einer der Rekruten hat mich aus dem Schlaf gerissen und meinte, du hättest ihn geschickt, weil etwas mit dem Kommandanten wäre“, besorgt gleitet mein Blick von meinem Ritter rüber zu meinem Liebsten. „Ich habe ihn heute morgen gemeinsam mit dem Rekruten bewusstlos und fiebernd unten in seinem Sessel vorgefunden. Daher schickte ich diesen zu dir, um dich zu informieren“, erklärt Anders mir. „Und was fehlt ihm?“, frage ich weiter. „Ich glaube, dass er vergiftet wurde. An seiner rechten Seite befindet sich eine violett verfärbte Schnittwunde. Leider konnte ich noch nicht herausfinden, um welches Gift es sich handelt“, gibt er zögerlich preis. Erschrocken sehe ich ihn an: „Vergiftet? Aber wer? Nein, das ist im Moment egal. Ist das Gift tödlich?“ „Das kann ich nicht genau sagen. Gifte sind nicht meine Spezialität“, entschuldigend senkt er den Kopf. „Hast du schon Blutproben genommen?“, ich versuche ruhig zu bleiben. Anders deutet wortlos auf die Waschkommode, wo er alles dafür aufgebaut hat. Ich gehe auf die Kommode zu und sehe mir an, was er bereits herausgefunden hat. Nach einigen Minuten drehe ich mich wieder um: „Es ist nicht tödlich, aber gefährlich. Sagt dir „Schwarzblut“ etwas?“ „Schwarzblut? Nein, davon habe ich noch nie gehört. Ist das ein Gift?“, fragt mich der Magier nachdenklich. „Ein schwer herzustellendes Gift, das dazu dient, Gegner für eine längere Zeit auszuschalten, ohne sie dabei zu töten. Es besitzt keine direkten tödlichen Wirkungen, verursacht dafür aber hohes Fieber, Schwächeanfälle, und Ohnmachten. Auf Dauer jedoch kann dies zum Tod des Vergifteten führen. Zevran weiß, wie man das Gegenmittel zubereitet. Sprich dich mit ihm ab und stellt schnellstens das Gegengift her. Ich bleibe hier.“, ordne ich an. Wortlos verlässt er den Raum. Einen Augenblick lang sehe ich ihm nach, wende mich dann jedoch von der eingelassenen Öffnung im Boden ab und setze mich stattdessen auf den Stuhl direkt neben Cullens Bett. Auf dem Beistelltisch erblicke ich eine Schale mit klarem, kalten Wasser sowie einem kleinen Lappen. Wortlos tauche ich den Lappen in das kühle Nass, um ihn anschließend nach einem kurzen Auswringen auf Cullens Stirn zu legen. Danach ergreife ich mit meinen Händen seine linke Hand und halte sie. Wer auch immer es gewagt hat, ihn anzugreifen, wird das bitter bereuen, sollte er mir je unter die Augen treten. In den darauffolgenden Stunden versuche ich alles, um sein Fieber zu senken und ihn ruhig zu halten, damit sich das Gift nicht noch schneller ausbreiten kann. Dies erweist sich als schwieriger als Anfangs angenommen, da Cullen sehr schlecht zu träumen scheint und sich in Folge dessen unruhig im Fieberwahn bewegt. Ich entsende stumme Gebete zum Erbauer und seiner Prophetin Andraste, dass sich Zevran und Anders beeilen mögen. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel, als ich das leise Knarzen der hölzernen Leiter wahrnehme. „Mia Bella?“, erklingt Zevrans Stimme vorsichtig. Besorgt wende ich mich ihm zu. In seiner Hand hält er ein kleines Glasfläschen. Besagtes reicht er mir: „Hier, es ist nicht viel, sollte aber ausreichen.“ Erleichtert nehme ich das Fläschen entgegen, entferne den Korken und führe es an Cullens Lippen. Mit Bedacht flöße ich ihm das Gegengift ein, darauf achtend, dass er sich nicht daran verschluckt. Aufmerksam beobachte ich die Umrandungen der Schnittverletzung. Es dauert einige Augenblicke, doch dann sieht man, wie der violette Farbton verblasst. Erleichtert wirble ich zu Zevran herum und falle ihm dankbar um den Hals. „Danke, vielen, vielen Dank, Zev“, schluchze ich leise vor Erleichterung. Etwas überfordert von meiner Reaktion drückt er mich sanft an meinen Schultern von sich und umfasst mein Kinn: „Hey, Belladonna, du weißt, dass ich immer alles in meiner Macht stehende für dich tuen würde. Dafür sind Freunde da. Und jetzt hör auf zu weinen, ich hasse es, Frauen weinen zu sehen. Außerdem haben wir ganz offensichtlich ein schwerwiegendes Problem.“ Ich trete einen Schritt zurück und wische mir die Tränen von den Wangen. Für einen Moment schließe ich die Augen, atme tief durch. „Da hast du recht“, erwidere ich daraufhin entschlossen. „Ah... das ist die Leyla die ich kenne. So gefällst du mir doch gleich schon viel besser. Also, was machen wir nun?“, er schenkt mir ein kurzes Lächeln, dann setzt er sich auf den freien Stuhl und sieht mich erwartungsvoll an. Ich hingegen setze mich auf die Bettkante, ehe ich seinem Blick begegne: „Eine gute Frage. Ganz offensichtlich haben wir einen Verräter oder aber Attentäter unter uns. Ich hatte gehofft, dass die Sache mit Lysaria und Jakob ein Einzelfall wäre.“ „Wo wir bei den beiden sind, du hast sie bislang noch nicht verurteilt“, merkt Zev an. „Ich weiß. Im Ganzen Trubel kam ich nicht dazu“, antworte ich ihm. „Sollte dein Schätzchen heute noch aufwachen, sollten wir zusehen, dass wir ihn an einen anderen Ort bekommen“, entscheidet er dann. Verblüfft mustere ich ihn: „Warum?“ „Ganz einfach: Dieser Angriff richtete sich nicht nur gegen ihn, sondern vermutlich indirekt auch gegen dich. Irgendjemand will dir gezielt schaden, Leyla“, antwortet der Elf, „deshalb ist es wichtig, dass wir dich ab jetzt noch stärker beschützen. Vermutlich wären Kell und Julien dabei auch von Nutzen. Du solltest darüber nachdenken, den Beiden ihren alten Stand wieder zuzusprechen.“ „Aber was hat Cullen mit alldem zu tun?“, diese Frage richte ich mehr an mich selbst, als an meinen Gesprächspartner. „Er ist dein Schwachpunkt“, sagt mir der Assassine auf den Kopf zu. „Was?“, Verwunderung steht in meinen Augen, als ich meinen Blick wieder ihm zu wende. „Wenn ich ein Attentäter wäre, der den Auftrag hätte, dich so gut wie es eben nur geht zu schädigen, dann würde ich zu erst die Leute angreifen, die dir am nächsten stehen. Neben uns Rittern stehen dir Cullen, Dorian und Leliana hier in der Himmelsfeste am nächsten. Das macht sie zu Angriffszielen. Besonders Cullen ist davon betroffen. Es hat auf der Feste bereits die Runde gemacht, dass ihr beiden etwas miteinander habt. Wer weiß, wer sonst noch alles davon Kenntnis hat?“, erklärt er seine Aussage. „Wir hatten schon immer Feinde, warum sollte es jetzt anders sein als früher?“, halte ich verzweifelt dagegen. „Weil du nicht mehr nur Rose bist. Du hast dich verändert Leyla. Du bist von dir aus Bindungen mit anderen eingegangen, freundschaftlich und darüber hinaus. Als du nach außen hin nur Rose warst, nur eine Bardin im Spiel, nur eine Prinzessin am fereldischen Hofe, war es einfach dich zu beschützen. Du hattest keine Schwachstellen, wo man dich hätte treffen können. Das ist jetzt aber anders. Deine Feinde haben sich verändert und du hast dich ebenfalls verändert. Von der strategischen Taktikerin, die damals alles getan hat, was getan werden musste, die dafür bereit war alles zu opfern, von der Frau, die mir während der Verderbnis das Leben gerettet hat, ist nicht mehr viel übrig. Diesen Umstand bedauere ich nicht. Mir gefällt die Person, die du jetzt bist. Die offene, herzensgute junge Frau, welche entschlossen, schön und stark voranschreitet. Du lässt endlich andere an dich heran. Aber genau das macht dich auch angreifbar“, Zevran ist aufgestanden und sieht mich ernst an. Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen. Er hat recht. Früher hätte ich ohne zu zögern alles getan, alles geopfert was nötig gewesen wäre, um das drohende Unheil abzuwenden. Nein, ich habe genau das getan. Ich tat was man von mir verlangte, um das Ziel zu erreichen, ohne Rücksicht auf Verluste. Als Tahri zu mir sagte, ich solle einen Plan entwickeln, wie wir das in der Dunklen Brut in die Hände gefallene Denerim zurückerobern können, tat ich genau das. Ich wusste, sie würde sterben. Sie wollte sich opfern, anstelle meines Bruders, weil Ferelden ihn als König brauchte. Und ich tat nichts, um ihren Tod zu verhindern. Ich arbeitete eine Strategie aus, bei der ich wusste, dass ich ihr die Gelegenheit zum alles vernichtenden Schlag bot. Sorgte ich doch selbst dafür, dass sie das Schwert meines Vaters König Maric erhielt, um den letzten Schlag durchzuführen. Sie verlangte von mir einen Plan, der sie als Opfer beinhaltete, und genau den lieferte ich ihr. Ich opferte sie, eine gute Freundin, für das Wohl der Welt. Für das Ende der Verderbnis. Statt nach einem Ausweg, einer Lösung für ihr Überleben zu suchen. „Siehst du, genau das meine ich. Du bist nicht mehr dieselbe Frau von der fünften Verderbnis. Dein Amt als Prinzessin, deine Reise nach Tevinter, dein Aufenthalt in Kirkwall, die Inquisition, das alles hat dich verändert. Es hat dich zu einer starken Person werden lassen. Zu jemanden, der sich für seine Freunde einsetzt. Sie wollte es damals so, aber ich weiß, dass du heute alles dafür tuen würdest, um sowas zu verhindern. Und dafür bewundere ich dich, Leyla. Für deine Stärke, für deinen Willen, für deine Entschlossenheit und für deine Kraft, deine Freunde um jeden Preis zu beschützen“, Zevran kniet sich vor mich, „ich habe dir damals die Treue geschworen und ich würde es jederzeit wieder tuen. Lass uns nach einer Möglichkeit suchen, wie wir einen erneuten Anschlag verhindern können!“ Zu keiner Aussage fähig nicke ich einfach nur. In den darauffolgenden Stunden besprechen Zevran und ich, wie wir weitere Anschläge verhindern können. Während dessen bessert sich stetig Cullens Gesundheitszustand. Mittlerweile sind auch Anders und Fenris zu uns gestoßen und gemeinsam beratschlagen wir unser weiteres Vorgehen. Aus Platzgründen sitzen wir inzwischen alle auf dem Boden, zwischen uns eine Karte mit dem Aufbau der Himmelsfeste. „Wir schaffen es nie, jede Nacht vier Türen zu bewachen, egal wie oft wir das jetzt noch drehen und wenden“, brummt Fenris. „Dann sollten wir uns vielleicht auf zwei Türen beschränken?“, schlägt Zevran vor. „Warum beschränken wir uns nicht auf eine Türe, nämlich die zum Gemach von Leyla?“, hält dieser dagegen. „Jungs, beruhigt euch. Wenn wir Leliana informieren, wird sie selbst für ihre Sicherheit sorgen. Sie verlässt sich da ungern auf andere“, versuche ich die beiden Elfen aus ihrem Zwist zu führen. „Bleiben drei Türen, immer noch unmöglich“, murrt Fenris. „Der Kommandant könnte doch in das Gemach des Inquisitors ziehen, dann wären es nur noch zwei“, schlägt Anders vor, „und Dorian als Magier müsste auch einige Abwehrzauber kennen. Dann wäre es nur noch eine Tür.“ Still danke ich Anders für diesen Vorschlag. Gerade als ich zu einer Erwiderung ansetzen will, lässt mich ein Husten in meinem Rücken herum fahren. „Verrät mir wohl einer, warum ihr eine Versammlung in meinem Schlafzimmer abhaltet?“, fragt Cullen mit rauer Stimme. „Du bist wach“, augenblicklich springe ich auf und beuge mich über ihn. Erleichtert lehne ich meine Stirn an seine. Verwirrt legt er eine Hand an meine Wange: „Was ist denn passiert?“ „Du wurdest in den frühen Morgenstunden von jemanden angegriffen. Die Klinge war vergiftet. Anders fand dich mit einem deiner Rekruten und informierte mich. Das Gift konnten wir dank Zevrans Kenntnisse glücklicherweise neutralisieren“, fasse ich kurz die Geschehnisse des Tages zusammen. „Also wirklich Amigo, Ihr dürft Mylady doch nicht solche Schrecken einjagen“, tadelt Zevran Cullen. Doch dieser ignoriert meinen ersten Ritter einfach: „Ein Angreifer? Ja, ich kann mich erinnern, aber die Erinnerungen sind verschwommen. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, wie er aussah.“ „Leyla, wenn du gestattest, helfen Fenris und ich Cullen in dein Gemach. Die Auswirkungen des Giftes werden erst in zwei bis drei Tagen vollständig abgeklungen sein und bis dahin, Kommandant, werdet Ihr Euch keinen großen Anstrengungen aussetzen und Euch ausruhen“, mahnend blickt Zevran diesen an. „Warum? Was?“, Unverständnis liegt in seinem Blick, als mein Liebster den meinen sucht. „Ich erkläre dir alles später“, erwidere ich sanft, bevor ich mich an die beiden Elfen wende: „Dann werden Anders und ich in der Zwischenzeit Dorian und Leliana informieren.“ Diese stimmen mir mit einem Nicken zu, weswegen Anders und ich schon einmal das Zimmer verlassen, um mit den beiden zu sprechen. Sowohl Dorian als auch Leliana sind gewissermaßen entsetzt über die Tatsache, dass wir nach wie vor mindestens einen Attentäter unter uns haben, versprechen mir aber auch, ab sofort besonders vorsichtig zu sein. Ein Seufzen verlässt meine Lippen, als wir uns auf dem Rückweg zu meinem Gemach befinden. Noch heute Abend werde ich Kell und Julien wieder in den Ritterstand erheben. Nicholas hingegen wird weiterhin nur ein Rekrut der Inquisition sein. Er ist als Ritter für mich nicht länger tragbar. Auch wenn ich diesen Umstand bedauere. Früher haben er und ich uns so gut verstanden. Er konnte mich immer zum lachen bringen, wusste genau, wie er mich ablenken konnte, wenn ich Trübsal blies. Doch von diesem Jungen, der vor so vielen Jahren an meiner Seite kämpfte scheint mir heute nicht mehr viel übrig zu sein. Er hat sich verändert, genau wie ich. Nach dem Verlust meiner ersten Garde wurde ich berechnender, strategischer. Ich schwor mir damals, meinen Fehler kein zweites Mal zu wiederholen. Erst meine Freunde, die ich im Zuge der Ereignisse der letzten fünf Jahre alle kennenlernte, führten mich wieder zurück zu meinem eigentlichen Ich. Und dafür bin ich ihnen allen sehr dankbar. „Alles gut?“, fragt mich Anders, kurz bevor wir den Aufgang zu meinem Gemach erreichen. „Natürlich“, antworte ich ihm abwesend. „Wirst du es schaffen?“, hakt er weiter nach. Fragend hebe ich eine Augenbraue. „Ihnen wieder zu vertrauen?“, erklärt er seine Frage. „Ich... weiß es nicht genau. Aber... sie haben nichts getan, was mich nicht glauben lässt, dass sie es ernst meinten. Sie nicht, nur Nic“, murmle ich. „Er stand dir früher nahe, nicht wahr?“, mitfühlend mustert mich der Magier. Langsam nicke ich. „Vielleicht wird er eines Tages verstehen, was er falsch gemacht hat“, versucht er mich aufzumuntern, „aber, so ganz nebenbei. Du solltest dir vielleicht etwas anders anziehen, bevor du die beiden gleich zu Rittern schlägst. Im Schlafgewand mit Morgenmantel wirkst du nicht sehr autoritär.“ Mein Blick gleitet an meinem Körper herunter und ich stelle fest, dass ich mich seit heute Morgen nicht mehr umgezogen habe. In Anbetracht der Tatsache, dass wir frühen Abend haben, habe ich mich heute vor allen Leute zum Narren gemacht. Phänomenal. Ein resigniertes Stöhnen verlässt meine Lippen. „Keine Sorge, du könntest nackt durchs Heerlager laufen, deine Soldaten würden dich trotzdem respektieren und Adlige sind derzeitig keine bis wenige hier“, schmunzelt er. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das einem gewissen Kommandanten nicht gefallen würde“, erwidere ich mit etwas besserer Laune und einem kleinen Lächeln. „Na also, dass ist die Leyla, die ich kenne“, er lächelt mir zu, dann öffnet er die Tür zu meinem Gemach und hält sie mir galant auf. Eilends laufe ich die Treppe hinauf. Anders folgt mir gemächlich. Oben treffe ich Fenris und Cullen, letzteren ohne Rüstung in meinem Bett liegend an. Zevran holt vermutlich gerade Kell und Julien. Zügig verschwinde ich in dem angrenzenden Badezimmer, wo sich – dem Erbauer sei Dank – Kleider zum wechseln befinden. So schnell wie es mir möglich ist, streife ich meine Kleidung ab und ziehe mir stattdessen das schlichte, dunkelgrüne Hemd mit der dazu passenden schwarzen Hose und einem schwarzen Mieder aus Leder an. Ferner mache ich mich etwas frisch und richte meine Haare. Gerade als ich das Badezimmer verlasse, kommen Zev, Kell, Julien und natürlich Hafter, der seinem Herrchen immer und überall hin folgt, die Steintreppe herauf. „Gestattet Ihr uns die Frage, Mylady, warum Ihr uns habt herkommen lassen?“, erhob Kell die Stimme. Den beiden ist deutlich anzusehen, dass sie nicht wissen, warum sie gerade ausgerechnet hier sind. „Selbstverständlich. Nach reiflichen Überlegungen bin ich zu dem Entschluss gekommen, euch beide wieder in den Ritterstand zu erheben, sofern ihr dies beide noch möchtet“, erkläre ich ihnen. Die Überraschung über meine Entscheidung ist den beiden deutlich anzusehen. „Nun... das... also, das... kommt wirklich unerwartet“, kommt es verblüfft von Kell. Die beiden wechseln einen Blick. Dann erkenne ich die Entschlossenheit in ihren Augen. „Mylady, es wäre uns eine Ehre, wieder in Eure Dienste treten zu dürfen“, beide neigen ihren Kopf vor mir. Zevran reicht mir das zeremonielle Drachenschwert, dass ich bei meinem Amtsantritt als Inquisitor erhalten habe. „Kell, tritt vor“, fordere ich den Bogenschützen auf. Dieser folgte meiner Aufforderung und beugt vor mir ein Knie. Zevran tritt neben mich. Als erster Ritter ist es seine Aufgabe, bei der Schwurabnahme dabei zu sein. „Kell, schwört Ihr, Lady Leyla Theirin, Eure bedingungslose Treue und Loyalität?“, beginnt er. „Ich schwöre Euch, Lady Leyla Theirin, meine bedingungslose Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr mich meines Schwures entbindet oder ich sterben sollte, je nachdem welcher Tag früher eintritt“, antwortet Kell. Ich erhebe das Schwert, berühre mit der flachen Seite der Klinge seine Schultern: „Erhebt Euch, Ser Kell, Ritter im Dienste der Prinzessin.“ Kell erhebt sich, neigt respektvoll den Kopf und stellt sich dann zu Anders und Fenris. „Julien, tritt vor“, fordere ich nun den Schwertkämpfer auf. Ebenso wie Kell eben, folgt nun auch Julien meiner Aufforderung und beugt vor mir ein Knie. „Julien, schwört Ihr, Lady Leyla Theirin, Eure bedingungslose Treue und Loyalität?“, wiederholt Zevran seine Worte. „Ich schwöre Euch, Lady Leyla Theirin, meine bedingungslose Treue und Loyalität bis zu jenem Tag, an welchem Ihr mich meines Schwures entbindet oder ich sterben sollte, je nachdem welcher Tag früher eintritt“, schwört nun auch Julien. Erneut erhebe ich das Schwert und berühre mit der flachen Seite der Klinge seine Schultern: „Erhebt Euch, Ser Julien, Ritter im Dienste der Prinzessin.“ Julien erhebt sich nicht sofort, sondern ergreift vorsichtig meine Hand und haucht einen Kuss auf meinen Handrücken: „Ich danke Euch, Mylady.“ Erst danach erhebt er sich und stellt sich neben Kell. Ich stecke das Schwert zurück in seine Scheide und sehe erwartungsvoll zu Zevran herüber. „Ich übernehme dann die Einweisung der Beiden. Heute Nacht übernimmt Fenris die Wache“, mit diesen Worten verneigt sich der Assassine ungewohnter weise vor mir und verlässt zusammen mit Kell und Julien den Raum. Anders schließt sich ihnen an, während Fenris zwar ebenfalls den Raum verlässt, aber vor der Tür Stellung bezieht. Nachdenklich blicke ich ihnen nach. Ruhr kehrt in meinem Gemach ein. Bis Cullen diese nach einigen Minuten bricht: „Leyla, was soll das alles?“ Mit einem leisen Seufzen reiße ich mich von der Tür los, begebe mich zu meinem Schrank. Aus diesem nehme ich mir ein neues Nachthemd und ziehe mich rasch im angrenzenden Bad um. Danach gehe ich auf mein Bett zu und lege mich neben Cullen. Dabei angle ich nach der Bettdecke und ziehe diese über uns beide. Erst dann beginne ich ruhig damit, ihm alles zu erklären. Schweigend hört er sich meine Ausführungen an. Sorge tritt in seine Augen, als ich geendet habe: „Das ist nicht gut. Ich hatte nicht erwartet, dass sich nach den beiden noch einmal so schnell ein Attentäter bei uns einschleichen.“ „Ich auch nicht. Wobei es sein könnte, dass er vielleicht schon die ganze Zeit über hier war“, entgegne ich. „Du hast eine Vermutung?“, damit hat er nicht gerechnet. „Mehr als eine Vermutung ist es wahrlich nicht. Natürlich könnte es sein, dass der Attentäter sich unter die Truppen geschlichen hat, aber das glaube ich nicht. Eine Änderung im Wachwechsel oder sonstige Veränderungen unter unseren Leuten wären entweder dem Bullen, Leliana, Zev oder aber mir aufgefallen. Aber was, wenn diese Person, die ganze Zeit über vielleicht nie von uns in Betracht gezogen worden wäre? Was, wenn sie mir nahe genug stand, damit ich sie nicht auf den ersten Blick verdächtigen würde?“, mutmaße ich. „Das würde bedeuten, der Täter wäre ein Mitglied des inneren Kreises“, geschockt sieht mich mein Liebster aus seinen goldenen Augen an. „Nicht zwangsläufig. Eine Person, die mir nahe genug steht, dass ich ihr in sofern vertraue, dass sie dafür nicht in Frage kommt, muss nicht unbedingt ein Mitglied des inneren Kreises sein. Und ich kann dir auch sagen warum. Der Täter hat einen Fehler begangen. Das von ihm verwendete Gift „Schwarzblut“ ist ausgesprochen selten und nur sehr schwer herzustellen, ebenso wie das dazugehörige Gegenmittel. Unser Täter jedoch, war entweder dazu in der Lage es selbst herzustellen – was fast unmöglich ist – oder aber in der Lage, es sich zu beschaffen. Und ich kenne nur eine Person, die sich auf der Himmelsfeste befindet und es herstellen könnte. Einen Meister der Gifte, an den ich bislang noch gar nicht gedacht hatte und den ich unter anderen Umständen nicht verdächtigen würde“, führe ich meine Erklärung fort. „Wer? Du wirst doch nicht Zevran meinen?“, hakt Cullen nach. „Nein, Zevran ist mir gegenüber loyal. Er würde mich nie hintergehen. Zumal er sich zwar mit Gegengiften und einfacheren Giften auskennt, er aber kein Meister auf diesem Gebiet ist. Es war viel mehr Zufall, dass er wusste, wie man das Gegengift dazu herstellt. Ich bin selbst einmal mit diesem extrem seltenen Gift in Berührung gekommen und schon damals kannte er die Gegenformel, da er sich diese einst teuer erkauft hatte, um das Leben einer für ihn wichtigen Person zu retten. Ich spreche von Nicholas“, eröffne ich ihm meinen Verdacht. „Nicholas? Warum ausgerechnet er?“, er kann mir nicht mehr folgen. „Man sieht es ihm nicht an, aber ich bin bislang keiner Person begegnet, die so geschickt in der Herstellung oder aber dem Umgang mit Giften ist wie er. Nicholas ist ein Naturtalent für Pflanzen. Wenn jemand dieses Gift herstellen kann, und das können die wenigsten, dann er. Und er hätte die entsprechenden Motive, um dich anzugreifen“, erwidere ich. „Dann müssen wir ihn unter die Lupe nehmen“, ich sehe Cullen genau an, dass er am liebsten aufgesprungen wäre und sich Nicholas persönlich vorgeknöpft hätte. „Das überlassen wir Zevran. Jetzt ist höchste Diskretion geboten. Ich habe ihm bereits von meinem Verdacht in einer ruhigen Minute in Kenntnis gesetzt. Er wird ihn für mich prüfen und bei der kleinsten Begründung für diesen in Gewahrsam nehmen. Du hingegen erholst dich jetzt erstmal von den Folgen der Vergiftung. Noch wissen wir nicht, ob er alleine ist oder Komplizen hat, oder aber ob er es überhaupt ist. Und bis wir dahingehend Gewissheit haben, heißt es abwarten“, mit einem Gähnen endet meine Ausführung. Cullen stimmt mir mit einem Nicken zu und schließt mich sanft in seine Arme. Nur Wimpernschläge später bin ich eingeschlafen. 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