Die Rose von Ferelden von Akemi-Homura (Die Geschichte der Heldin von Thedas) ================================================================================ Kapitel 22: Stille Wasser - Ein Riss im Stausee ----------------------------------------------- Es sind nun schon drei Wochen vergangen, seit Garett mir von Stroud berichtet hat. Mittlerweile ist das Gebiet, wo er sich aufhalten soll, von Späherin Harding und ihren Leuten ausreichend geprüft worden und so wollen wir nun aufbrechen, um uns mit dem Wächter zu treffen. Blackwall, Cassandra, Varric und Dorian werden mich dorthin begleiten. Kammwald – diese Gegend sagt mir leider nichts. Unser Aufbruch ist jedoch erst für den nächsten Morgen geplant, weswegen ich den heutigen Abend noch mit Cullen verbringen möchte, bevor ich ihn für einige Tage nicht sehen werde. Leise schleiche ich mich quer durch die Feste zu seiner Arbeitsstube. Bislang weiß noch keiner von uns und wenn es nach ihm geht, bleibt das auch vorerst noch so. Wobei, so wie ich Leliana kenne, ist sie schon längst darüber informiert. Aber irgendwie gehört das zu ihren Aufgaben als Meisterspionin ja auch dazu. Lautlos schlüpfe ich durch die Türe in Cullens Arbeitsstube. Er sitzt über einige Berichte gebeugt an seinem Schreibtisch. Mich bemerkt er überhaupt nicht. Vermutlich liegt das aber auch an mir selbst. Als Schurkin, vor allem als ausgebildete Bardin und Assassine, ist es für mich normal, mich leise zu bewegen und meine Anwesenheit zu verbergen. Vielleicht könnte man das auch als schlechte Angewohnheit bezeichnen, aber über all die Jahre habe ich mir das so antrainiert, dass es für mich so alltäglich ist wie das Atmen. Wobei, ich könnte mir jetzt einen kleinen Scherz erlauben. Warum nicht? Auf leisen Sohlen stelle ich mich hinter ihn. Noch immer liest er konzentriert seine Berichte. Ich beuge mich etwas vor und streiche mit meinen Händen über seine Arme. Erschrocken zuckt er zusammen, lässt den Bericht in seinen Händen auf den Tisch fallen und dreht sich zu mir um. Cullen entspannt sich sichtlich, als er mich sieht: „Leyla, mach dich doch bitte bemerkbar, wenn du reinkommst.“ „Deine Türen quietschen lauter als der Bulle schnarcht. Ich kann doch nichts dafür, wenn du das nicht hörst. Vielleicht solltest du sie mal ölen lassen“, entgegne ich amüsiert. Mein Liebster schüttelt den Kopf. Dann legt er seine Hände auf meine Hüfte und zieht mich auf seinen Schoß. Meine Beine baumeln über die rechte Armstütze. „Gibt es einen Grund, warum du hier bist“, er haucht mir einen Kuss auf den Scheitel. „Sag mir nicht, dass du es vergessen hast“, erwidere ich kopfschüttelnd. „Vergessen? Was?“, fragt er irritiert. „Blackwall, Cassandra, Varric, Dorian und ich brechen morgen früh nach Kammwald auf. Hawke ist schon vor zwei Tagen aufgebrochen, um den Unterschlupf seines Freundes ausfindig zu machen“, antworte ich. „Das ist morgen schon? Ich fürchte, bei der ganzen Arbeit habe ich es verdrängt“, erklärt er, „Schwebt dir etwas bestimmtes für heute Abend vor?“ Sachte schüttle ich den Kopf, schmiege mich enger an ihn: „Nein, ich möchte nur bei dir sein.“ Ein sanftes Lächeln ruht auf seinen Lippen, ehe er mich enger an sich zieht: „Was soll ich sagen? Dein Wunsch ist mir Befehl.“ Ich lächle ebenfalls. Am späten Abend bringt mich Cullen noch zu meinen Gemächern, ehe wir uns mit einem Kuss von einander verabschieden. Der Morgen kommt rasch. Heute brechen wir auf. Wenn unsere Kalkulationen stimmen, werden wir gut eine Woche bis Kammwald brauchen. Zielstrebig begebe ich mich zu den Ställen. Mit einem Nicken begrüßen mich die anderen. Zügig sitzen wir auf und reiten los. Eine Woche später erreichen wir im strömenden Regen Kammwald. Hier in der Nähe soll sich ein Dorf befinden, wo wir einen Zwischenhalt einlegen wollten. Daher folgen wir dem Verlauf des Sees. „Seht ihr das? Dieses grüne Leuchten? Könnte das ein Riss sein?“, Cassandra lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den See. Konzentriert schließe ich die Augen. Dann nicke ich: „Es fühlt sich so an.“ „Ein Riss im See? Ertrinken die Dämonen dann nicht?“, kommt es ungläubig von Varric. „Ich glaube nicht, dass Dämonen atmen. Dann können sie auch nicht ertrinken. Aber es könnte Probleme geben, diesen Riss zu schließen. Denn Unterwasser atmen können wir nicht“, wirft Dorian ein. „Wie soll der Riss dann geschlossen werden?“, denkt Blackwall nach. „Vielleicht kann man uns im Dorf weiterhelfen“, beende ich die Diskussion. Vor diesem stoßen wir auf einige wandelnde Leichen. Zwei Mitglieder der Grauen Wächter beschützen eine Frau, vermutlich stammt sie aus dem Dorf Kammwald. Sofort greifen wir ein und helfen den Wächtern bei der Vertreibung der Leichen. Die Frau bedankt sich und macht sich auf den Weg zurück ins Dorf. „Es ist wirklich ein Segen, dass die Inquisition hier ist“, wendet sich einer der Wächter an uns. „Warum seit ihr hier?“, frage ich sie. „Wir suchen nach einem abtrünnigem Mitglied unseres Ordens. Gerüchten zufolge soll er hier durchgekommen sein, aber er ist wohl schon nicht mehr hier, sondern weitergezogen“, antwortet er. „Gibt es einen Grund warum das Mitglied desertiert ist?“, hake ich vorsichtig nach. „Er hat sich gegen Kommandantin Clarel gestellt. Nun sollen wir ihn finden und zum Verhör zurückbringen“, antwortet er mir überraschend offen. „Dann werdet ihr nicht bleiben, um dem Dorf zu helfen?“, folgere ich. „Nein, wir müssen weiter in Richtung Süden ziehen, vielleicht finden wir ihn dort. Es ist wirklich eine Schande, dass Stroud desertiert ist. Er war ein guter Mann. Aber, wenn die Inquisition den Leuten hier helfen könnte, wäre das viel wert. Wir können es leider nicht“, der Wächter nickt mir zu, ehe er sich mit seinem Kameraden auf den Weg macht. Scheinbar hat sich Stroud besser versteckt als erwartet. Vermutlich ist das aber auch besser so. Im Dorf angekommen finden wir nur erdrückende Stille vor. Alle scheinen sich in ihre Häuser zurückgezogen haben. Ängstlich wirft man uns hinter den Fensterläden zögerliche Blicke zu. „Suchen wir nach dem Bürgermeister. Er sollte wissen, was hier los ist“, schlägt Cassandra vor. Das Haus des Bürgermeisters ist schnell gefunden. Sogar ein Schild weißt es extra als dieses aus. Wenn man sonst nichts zu tun hat, kann man so was durchaus machen. Blackwall klopft an. Kurze Zeit später wird uns die Türe geöffnet. Vor uns steht ein Mann mittleren Alters, welcher uns einen verwirrten Blick zu wirft: „Wer... wer seit ihr?“ Varric seufzt theatralisch: „Guter Mann, wir sind Mitglieder der Inquisition. Vor Euch steht die ehrenwerte Lady Inquisitor...“ Ich bin mir sehr sicher, dass der Zwerg noch so manchen Schwachsinn von sich gegeben hätte, weshalb ich eingreife: „Wir würden uns gerne mit Euch unterhalten, Ser.“ „Gregory Dedrick, Mylady Inquisitor. Bitte, kommt doch herein“, der Bürgermeister tritt zur Seite und lässt uns ein. „Nun, wie kann ich der Inquisition behilflich sein?“ „Was genau ist hier vorgefallenen? Auf unserem Weg hierher stießen wir auf einige Untote“, entgegne ich. „Wir haben seit einigen Wochen ein paar Probleme mit ein paar Untoten, seit dieses Leuchten im Stausee erschienen ist. Ihr müsst wissen, dass dort unten Alt-Kammwald liegt. Bei der letzten Verderbnis vor fünf Jahren hat die Dunkle Brut die Steuerung zerstört und das Dorf geflutet. Daher habt Ihr auch auf der Straße niemanden angetroffen. Alle verstecken sich in ihren Häusern, aufgrund der Bedrohung durchaus verständlich“, erklärt er höflich. Nachdenklich nicke ich: „Können wir den See irgendwie trockenlegen?“ „Was? Warum denn das?“, erschrocken mustert mich der Bürgermeister. „Hinter diesem Leuchten und den Vorfällen mit den Untoten steckt vermutlich ein Riss ins Nichts, der sich unter dem See befinden muss. Nur so können wir ihn nicht erreichen, um ihn zu verschließen“, erklärt Cassandra ruhig. Nicht wirklich überzeugt blickt Gregory unruhig hin und her. „Hört mal, ist Euch das Leben der Bewohner von Kammwald egal? Der Inquisitor ist nunmal die einzige Person, die die Riss verschließen kann. Kein Riss gleich keine Untoten“, setzt Varric an. „Ich... vermutlich habt Ihr recht“, stimmt er widerwillig zu, „dies hier ist der Schlüssel zur Dammsteuerung. Diese befindet sich hinter der Festung Caer Bronach. Aber ich muss euch warnen: Seit dem ersten Angriff der Untoten wird diese von einer Horde Banditen besetzt. Wenn sie nicht wären, hätten wir uns dorthin flüchten können.“ Der Bürgermeister reicht mir den Schlüssel. „Vielen Dank für Eure Hilfe“, ich nehme ihn entgegen und verstaue ihn in einer Tasche. Dann nicke ich meinen Gefährten zu und wir ziehen los. Garett wird sich wohl gedulden müssen, das hier hat Vorrang. Die Banditen in Caer Bronach stellten überraschenderweise keine wirklich große Herausforderung dar. Sie waren weder sonderlich stark, noch gut ausgerüstet. Eine Gruppe Wegelagerer, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, wehrlose Reisende und Wanderer anzugreifen. Wie ich so etwas hasse. Keine Stunde nach unserer Ankunft bei der Festung ist diese auch schon geräumt. „Was meint ihr? Wir könnten hier doch das Banner der Inquisition hissen. Die Dorfbewohner werden es uns danken, dann stehen sie schließlich unter unserem Schutz“, schlägt Dorian vor. Sein Vorschlag trifft prompt auf Zustimmung. Also hissen wir das Banner. Da unsere Aufgaben jedoch von höchster Dringlichkeit sind, warten wir die Ankunft unserer Soldaten nicht ab, sondern machen uns sofort auf den Weg zu der Dammsteuerung. Hinter der Festung entdecken wir eine Brücke, welche zu einer alten, heruntergekommen Schenke führt. Dort muss sich die Dammsteuerung befinden. „Wer baut denn hier eine Schenke? Einen unpassenderen Ort gibt es wohl kaum“, Varric schüttelt den Kopf. Kaum haben wir diese betreten, wehen uns Stimmen entgegen. Irritiert blicken wir uns an, ehe wir in den Schankraum gehen. Im Kamin brennt ein kleines Feuer, welches den Raum in warmes, goldenes Licht taucht. Davor sitzen auf einem ausgebreitetem Fell ein Junge und ein Mädchen, welche nun geschockt aufspringen. „Was in...?“, fragt das Mädchen erschrocken. „Beachtet uns gar nicht, wir sind auch sofort wieder weg“, kommt es munter von Dorian. „Der Inquisitor? Wir wussten nicht, dass Ihr herkommen würdet. Bitte erzählt niemandem, dass wir hier sind, Mylady“, der Junge wendet sich uns zu. Der Anflug eines Lächelns ruht auf meinen Lippen: „Wie ich sehe, konntet ihr dem Reiz einer heruntergekommen Taverne einfach nicht widerstehen.“ Dorian lacht im Hintergrund leise auf. „Wir können nirgendwo anders hin, Mylady. Bei all den vielen Leuten gibt es im Dorf kein einziges ruhiges Plätzchen mehr“, rechtfertigt sich das Mädchen. „Und Londies Eltern wären außer sich, wenn sie uns zusammen sähen“, fügt der Junge hinzu, „wir müssen noch eine Stunde warten, bevor wir zurück können. Dein Vater ist bestimmt noch wach.“ Londie nickt: „Ich wusste, dass hier ist ein Fehler.“ Wir schenken der jungen Liebe nicht weiter Beachtung, sondern gehen weiter in den Hinterraum der Schenke. Dort stoßen wir auf die Dammsteuerung. „Ich übernehme das hier gerne für Euch“, bietet sich Blackwall an. „Danke“, ich schenke ihm ein leichtes Lächeln. Der Wächter begibt sich hinter einen der Holzstreben und öffnet den Damm. „Das dürfte es dann wohl gewesen sein!“ Es vergeht gut eine Stunde, bis wir einen Zugang in die Höhlen unterhalb des Sees gefunden haben. Ungläubig betrachten wir das Chaos, was uns in dem unterirdischen Gang befindet. Schon im zerstörten Alt-Kammwald lagen überall Leichen herum, hier unten jedoch ist es noch wesentlich schlimmer. Mit Fackeln ausgestattet stapfen wir durch die nassen Höhlen. An einer Nebengasse bleibe ich irritiert stehen und beleuchte den Gang. Kurzerhand gehe ich ihn entlang, die anderen folgen mir. Am Ende des kurzen Ganges treffen wir auf einige Leichen. Doch diese hier wirken anders, als die auf dem Gang. Es sieht so aus, als hätten hier unten Menschen gelebt, als das Dorf geflutet wurde. „Ich will ja keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber die Steuerung in der Schenke war vollständig in Takt. Auch hier unten deutet nichts auf einen Überfall durch die Dunkle Brut hin. Mir erscheint das ziemlich merkwürdig“, merke ich an, als wir die Gasse hinter uns lassen. „Ja, das habe ich mir auch schon gedacht“, stimmt mir Cassandra zu. „Dann vermuten die Damen eine Intrige“, fragt Dorian interessiert. „Zu mindestens glaube ich dem Bürgermeister seine Geschichte über das geflutete Alt-Kammwald nicht. Da steckt mehr dahinter. Wenn wir hier fertig sind, stellen wir ihn zur Rede!“, antworte ich. Die anderen nicken zustimmend. Der Riss stellte für uns keine ernstzunehmende Bedrohung dar. Als wir Kammwald wieder betreten, schlagen uns die aufgeregten Stimmen der Dorfbewohner entgegen. Bei mir schrillen sämtliche Alarmglocken, als einer meinte, dass der Bürgermeister verschwunden sei. Zügig begeben wir uns zu seinem Haus. Das Schloss ist schnell geknackt – als Meisterschurkin eine meiner leichtesten Übungen – und wir befinden uns im Inneren. Dort finden wir lediglich einen Brief vor, welcher an mich adressiert wurde: „Inquisitor, nicht die Dunkle Brut hat vor zehn Jahren den Damm geöffnet und Alt-Kammwald überflutet. Ich war es, insgeheim, in der Nacht ihres Angriffs. Die Untoten, die Ihr bekämpft, sind Leute, die ich mit eigenen Händen getötet habe. Wir hatten die Flüchtlinge der Verderbnis aufgenommen. Viele waren krank. Wir verlegten die Kranken in den unteren Bereich von Kammwald und die Flüchtlinge in die Höhlen, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Es hat nicht funktioniert. Einer gestand, er habe die Verderbnis-Krankheit schon früher gesehen, und sie verlaufe immer tödlich. Als die Dunkle Brut angriff, wurde mir klar, dass das Dorf nur überleben konnte, wenn die Erkrankten zusammen mit den Monstern ertranken. Ich ertrage den Anblick von Alt-Kammwald nicht, jetzt, wo das Wasser weg ist. Ich kann nicht bleiben. Es tut mir leid. - Bürgermeister Gregory Dedrick“ Wütend drehe ich mich zu meinen Gefährten um: „Sobald wir wieder in der Feste sind, werden wir eine Fahndung nach diesem Mistkerl starten! Ungeschoren kommt der mir nicht davon!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)