Verborgen in Stille von Strichi ================================================================================ Kapitel 20: Weißt du den gar nicht, wie schön du bist? ------------------------------------------------------ Wir lagen nebeneinander. Unsere Atmung beruhigte sich und Jack strich mir beruhigend über die Schulter. Obwohl ich gerade die Führung hatte, war ich froh, dass Jack mich in den Arm genommen hatte und ich ihn an meinem Rücken spürte. Seine Finger zeichneten die Konturen meiner Schulter nach und zufrieden seufzte ich auf. Ich genoss das Gefühl hier zu liegen mit Jack. Ich kuschelte mich an seine Brust und ließ meine Finger zwischen seine gleiten. Jack streichelte meine Brust und meinen Bauch und schien zufrieden. Nachdem ich einige Minuten genossen hatte, drehte ich mich in seinen Armen um und blickte ihm ins Gesicht. Ich lächelte leicht und strich ihm einzelne Strähnen seines braunen Haares von der Stirn. Er sah mir direkt in mein Gesicht, sah nicht weg. In seinem Blick war eine angenehme Wärme auszumachen. Mit den Fingern fuhr ich vorsichtig die Narbe an seiner Schläfe nach. Sanft, fast schon behutsam streichelte ich über seine Wange. Jack schloss die Augen und sein Kopf lehnte sich leicht in meine Hand. Ich hätte nicht gedacht, dass er so positiv darauf regiert. Ich streichelte ihn weiter und meine Finger fuhren liebevoll die Konturen seiner Lippen nach, welche sich leicht hoben. Ich spürte, wie er sanft meine Fingerspitzen küsste und gemächlich das Auge aufschlug. Unsere Blicke begegneten sich und mein Herz fing an schneller zu schlagen. Langsam arbeitete ich mich vor zu seinen Hals und blickte Jack friedlich lächelnd an. Langsam schloss ich meine Augen, beugte mich zu ihm und legte sanft meine Lippen auf die seinen. Jack erwiderte den Kuss. So gefühlvoll hatten wir uns noch nie geküsst. Als ich mich nach einem kurzen Moment von ihm löste, war der Blick, mit dem er mich bedachte ein anderer. Ich versuchte hinter seine Fassade zu schauen und glaubte zu erkennen, dass er mich mit tiefer Zuneigung betrachtete. „Irgendwie…ist das wirklich schön…hier mit dir.“ Jack schloss erneut die Augen als ich wieder über seine Wange streichelte. „Ach ja“, fragte er sanft, fast liebevoll, etwas was ich noch nie in seiner Stimme wahrgenommen hatte. Er legte die Arme um meinen Körper und streichelte mir über den Rücken. „Ja, ich fühl mich hier bei dir…einfach wohl“, meinte ich ruhig und küsste seine Brust. Ich betrachtete seinen Oberkörper eingehender und stellte fest, dass auch hier einige Narben waren, welche ich vorher nicht registriert hatte. War ich wirklich so in Ekstase gewesen? Einige waren auffälliger, andere schon fast verblasst. An der rechten Schulter hatte er eine sehr große Narbe. Sie schien noch nicht alt zu sein. Man sah deutlich, dass sie mit groben Stichen genäht wurde. Etwas weiter darunter eine weitere. Auch diese Narbe war nicht alt. Sie verlief in die gleiche Richtung und war tief rot. Ich studierte seinen Körper weiter. Dann fuhr ich den Streifschuss nach, welchen er von den Kindersoldaten hatte, während Jack leise, fast schon unsicher auf meine Aussage von gerade eben einging: „Das...ähm…freut mich.“ Ich schmunzelte, als ich seine Unsicherheit hörte und küsste weiterhin sanft seine Brust, auf welcher nur wenige Haare wuchsen. Dass ihn offensichtliche Zuneigung verunsicherte, fand ich irgendwie süß. Er schien so etwas nur selten gehört zu haben. Ich erinnerte mich daran, dass er mir anvertraut hatte, dass er nie eine Beziehung hatte. Ich stützte mich etwas ab und betrachtete den Mann, der unter mir lag und zu mir aufblickte. Das sonst so eisige blau seines Auges wirkte in diesem Moment warm und voller Zuneigung. Mein Blick glitt von seinem Gesicht zu seiner Brust. Erneut strich ich über den Streifschuss an seiner Seite. Daneben waren andere, zum Teil schon verblasste Narben. Ich strich über sie und hörte Jacks leise Stimme erklärend sprechen: „Ein Messer. Während meiner Ausbildung…“ Ich schaute kurz hoch in sein Gesicht und nickte zum Zeichen, dass ich zuhörte, während mein Blick weiter an seinem Körper hinab wanderte. Sein Ausbilder hatte ihn tatsächlich mit einem Messer verletzt? Ich suchte seinen Körper weiter ab. Er drehte den Körper dabei auf die Seite und so konnte ich mir auch seinen Rücken genauer angucken. Eine kreisrunde Narbe zeigte, dass er an der rechten Schulter von einer Kugel getroffen wurde. Seine Beine sahen kaum besser aus. Am linken Oberschenkel wieder eine fast runde Narbe. Ich tippte vorsichtig mit dem Finger darauf. „Noch eine Kugel“, fragte ich ihn. Jack schüttelte leicht den Kopf. „So ein Irrer mit ner Armbrust.“ Er grinste, während er sprach. Viele andere verblasste Narben schienen vermutlich von Schrammen oder anderen weniger schlimmen Situationen herzurühren. Ja, er war nicht perfekt, doch auch mit all seinen Narben fand ich, war er ein schöner und attraktiver Mann. „Belastet dich das nicht“, fragte ich vorsichtig nach. Jack schüttelte langsam den Kopf. Nach kurzem Zögern antwortete er mir: „ Ich bin mit der Army groß geworden. Man hat mir mein Leben lang beigebracht, dass es das Beste im Leben ist Soldat zu werden.“ Es schwang ein Hauch Verbitterung in seiner Stimme mit. „ Ich hätte für die Army jedes Körperteil geopfert ohne es zu bereuen. …aber das ist vorbei.“ Ich war nicht sicher, ob ich nach dem warum fragen sollte. Doch mein Mund war schneller als mein Kopf. In Gedanken ohrfeigte ich mich selbst dafür. Ich wollte nicht wieder schlechte Stimmung verbreiten. Zu meiner Überraschung bekam ich eine ehrliche Antwort von Jack: „Man hat mich verarscht. Der letzte Auftrag war ein reines Schauspiel und dafür habe ich zu viel verloren.“ Ich sah zu seiner Augenklappe und verstand. Vielmehr glaubte ich zu verstehen was er sagen wollte. „Weißt du eigentlich, dass ich dich ziemlich hübsch finde“, sagte ich nach einem Moment Stille zu ihm. Ich lächelte freundlich, doch diese Mal wich Jack meinem Blick aus, wenn auch nur für Millisekunden. Als er meinen Blick suchte, grinste er. Es wirkte aufgesetzt, als versuche er sich über meine Worte lustig zu machen: „Ich bin nicht hübsch. Hübsch sind Frauen…wenn bin ich attraktiv…“ Skeptisch betrachtete ich Jack. Wie er unter mir lag und tatsächlich wieder meinem Blick auswich. Dieses Mal legte ich meine Hand unter sein Kinn und zwang ihn mit sanfter Gewalt mir in die Augen zu sehen. Eisiges blau traf auf warmes braun „Du bist ein schöner Mann, Jack. Trotz der Narben. Auch die Augenklappe entstellt dich nicht. Dafür gehst du damit viel zu selbstsicher um“, meinte ich ehrlich zu ihm. Seinem sonst so strengen Mund entwich ein sanftes Seufzten. Seine kräftige, raue Hand legte sich auf meine Wange und leise hauchte er: „Ach Kleiner…“ Er zog mich hinab zu sich und küsste mich sanft auf den Mund. Ich erwiderte den Kuss und seine Arme legten sich um meinen Körper. Er zog mich neben sich und als er den Kuss löste, strich er mir einige Strähnen aus dem Gesicht. Dieses Mal war es sein Blick, welcher mich liebevoll musterte. Die Zuneigung, die ich ihm gegenüber spürte, verwirrte mich fast schon. Ich kannte diesen Mann nur wenige Wochen und trotzdem hatte ich das Gefühl, ihm vertrauen zu können, fast mehr wie anderen Menschen. Ich konnte nur ahnen, dass es ihm genauso erging. Ich hoffte es. Die Sekunden verstrichen und wir lagen stumm nebeneinander. Ich fragte mich, ob für ihn gerade die Welt auch stehen geblieben ist. Nach einigen Augenblicken legte Jack die Decke um unsere nackten Körper und bedeckte diese. Ich hatte das Gefühl ewig hier liegen bleiben zu können. So leidenschaftlich wir gerade miteinander geschlafen hatten, so sanft gingen wir nun miteinander um. Ich sah noch einmal zu den ganzen Narben hinunter und Jacks Geschichten schlichen sich in mein Gedächtnis. Ich wollte es nicht, doch konnte ich es nicht verhindern. Wie häufig er wohl dem Tod schon knapp von der Schippe gesprungen ist, fragte ich mich. „Jack“, begann ich leise zu sprechen, „ich bin so froh, dass du noch lebst, dass ich dich kennen lernen durfte.“ Er sah mir stumm in die Augen und ein schmerzlicher Ausdruck flackerte in ihnen auf. Etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Er sagte nichts und so mutmaßte ich, als ich flüsternd meinte: „Du bist darüber nicht froh, oder? Also, dass du noch lebst…habe ich Recht?“ Ich sah, wie er mit sich rang, wie versuchte, seine Maske wieder aufrecht zu erhalten, doch er schaffte es nicht als ich ihm ins Gesicht sah. Zärtlich strich ich über seine Wange. Ich zog ihn zu mir und legte meinen Arm um ihn. Nur wenige Male hat er mir einen ehrlichen Einblick in sein Innerstes gewährt. Er brauchte nicht zu sprechen, sich zu erklären. „Ich habe etwas anderes verdient“, meinte er dennoch leise und tiefe Reue lag in seiner Stimme. Noch bevor ich fragen konnte, redete er flüsternd weiter: „Ich habe einige Sachen gemacht, auf die ich nicht stolz bin.“ Ich fragte mich was er meinte, doch als ich ihn fragen wollte, erkannte ich in seinem Ausdruck, dass er darüber nicht würde sprechen können. Nicht, weil er nicht wollte, sondern weil er litt. Weil die Erinnerung daran ihm die Kehle zuschnürte. In seinen Augen war ein Schmerz eingebrannt, von dem ich wünschte ich könnte ihn davon erlösen. Betroffen sah ich ihn an und er erwiderte meinen Blick verletzlich. Nein, es war einfach noch nicht an der Zeit ihn danach zu fragen. So sahen ihn sicher nur die wenigsten. „Jack ich…ich möchte dir wirklich gerne helfen…du hast mir auch so sehr geholfen, als es mir nicht gut ging…“ Wenn ich an mein Coming-Out und die letzten Tage dachte, konnte ich mit ehrlicher Gewissheit sagen, dass Jack mir eine große Stützte geworden war. Dasselbe wollte ich für ihn sein. Er winkte leicht ab, löste seinen Blick von mir. „Es reicht, wenn ich damit leben muss, dass musst du nicht auch noch abbekommen.“ Ich blickte ihm ins Gesicht und sah, dass die Maske ihren Weg in sein Gesicht zurückgefunden hatte. Ich wusste, dass es jetzt keinen Sinn machte weiter auf ihn einzureden. Doch ich schwor mir in diesem Moment, dass ich Jack helfen werde. Dass ich ihn nicht alleine lassen werde. Aber für den Moment murmelte ich leise: „Okay…“ Das Schweigen, was darauf folgte, wirkte nicht wie sonst angenehm. Es war drückend, etwas was ich nicht gewollt hatte. Missmutig ließ ich mich neben ihn rollen und seufzte schwer. Ich schaute hinauf zur Decke, schielte zu ihm herüber. „Jazz“, hörte ich Jacks leise, fast schon vorsichtige Stimme und ich wandte den Kopf gänzlich zu ihm. „Ich mag dich wirklich und…ich vertraue dir. Ich kann nur….ich bin nicht gut im Reden.“ Ich verstand und nickte leicht. Freudlos blickte ich ihm ins Gesicht, als ich meinte: „Irgendwie tue ich dir, wenn wir reden, immer weh. Dabei will ich dir gar nicht wehtun.“ Wieder erschien ein erstaunlich sanfter Ausdruck in Jacks Gesicht. Er legte den Arm unter meinem Kopf und drückte mich wieder an sich heran. „Jazz, du hast mich nie verletzt.“ Er fing an, an meinem Hals zu knabbern und wohlig seufzte ich auf. Ich wusste, dass er wieder ablenkte, doch ich ließ ihn. Er würde nicht reden, wenn er noch nicht bereit ist. „Ich bin froh, dass du da bist“, hörte ich Jacks rauchige, leise Stimme an meinem Ohr, in welches er sanft hinein biss. Ein Lächeln schlich sich wieder auf meine Züge. Als ich den Kopf zu ihm wandte, klaute mir Jack einen leichten Kuss. Langsam verstand ich, weswegen Jack mich so nah an sich heran ließ. Vermutlich sehnte er sich mehr als er je zugeben würde nach Zuneigung, Wärme, vielleicht auch Liebe. Wir kuschelten noch einige Zeit miteinander und dieses Mal war die Stille wieder angenehm. „Was wünscht du dir eigentlich für dein Leben?“ überrascht von der Frage weiteten sich kurz meine Augen. Sie verblüffte mich so sehr, dass ich im ersten Moment gar nichts darauf sagen konnte. Was wünschte ich mir für mein Leben? „Hm… Sicherheit, begann ich zögernd. Und ich...na ja… ich würde es wirklich gerne schaffen Baseballprofi zu werden“, stammelte ich etwas unbeholfen. Aufmerksam und mit sanftem Blick betrachtete mich Jack und erneut verblüffte er mich, ging er doch nicht auf die Unsicherheit ein, als er antwortete: „Und du glaubst wirklich, dass du glücklich als Baseballprofi wirst?“ Ich nickte zögernd, verstand ich den Sinn der Frage nicht. Wer würde nicht gerne sein Hobby zum Beruf machen? Jack sagte nichts, nickte nur, doch war ich mir sicher, dass er seine Meinung erneut zurückhielt. Auffordernd sagte ich zu ihm: „Komm, sag mir warum du zweifelst… Du weiß doch wie sehr ich Baseball liebe. Und ich bin gut!“ Er nickte, streichelte mir weiterhin sanft über den Rücken und erst nach einem Augenblick begann er zu erklären: „Ich weiß nicht, ob du glücklich wirst. Profispieler sind nicht schwul. Das „dürfen“ sie nicht.“ Über diese Tatsache hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Irgendwie hatte er Recht, doch gerade fühlte ich mich so gut, dass ich das Gefühl hatte, auch diese Hürde überspringen zu können. „Dann bin ich eben der Erste“, meinte ich fast schon euphorisch klingend. Jack grinste leicht, doch erneut sagte er nichts. Er drückte mich an sich und nuschelte: „Hauptsache du bist glücklich.“ Ich kuschelte mich an seine Brust, als mir noch eine Antwort zu seiner Frage einfiel: „Und was ich gerne behalten möchte, sind meine besten Freunde… Und eigentlich würde ich dich auch gerne als Freund behalten.“ Ein sanfter, verstehender Ausdruck schlich auf Jacks Züge und er streichelte mir durch die braunen Haare. „Oh und ich möchte gerne reisen“, meinte ich gähnend. „Ich würde gerne die Welt sehen…So wie du…nur ohne den ganzen Krieg.“ Ich drehte mich wieder um und kuschelte mich an seinen Rücken. Schläfrig murmelte ich leise: „Und dann nehme ich dich mit… Damit du endlich mal schöne Sachen siehst…nicht nur Krieg und so… Lass uns auf Hawaii anfangen, dann lernen wir surfen.“ Ich schloss die Augen und stellte es mir vor, wie es wäre mit Jack die Welt zu erkunden. Ich spürte seine rauen Lippen an meinem Hals und wie er sanft den Druck verstärkte. Als ich langsam einschlief spürte ich Jack an meinem Rücken und sein Duft benebelte meinen Verstand. Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich ausgeruht und entspannt. Ich blickte neben mich und tatsächlich lag Jack auf der Seite und schlief. Etwas, was mich überraschte. Fast schon friedlich wirkte er und seine Brust hob und senkte sich entspannt. Müde wischte ich mir den Schlaf aus den Augen und blinzelte einige Male gegen die Helligkeit. Die Strahlen der Sonne, die in das Fenster hinein drangen, ließen nicht erkennen wie spät es tatsächlich war. Sanft streichelte ich über Jacks Schulter und betrachtete diesen schlafenden Mann neben mir. Ich rutschte zu ihm und atmete seinen Duft ein. Genießerisch seufzte ich leise aus. Ich strich ihm sanft die Haare aus dem Nacken und streichelte liebevoll seinen Hals. Meine Hände wanderten über seine Arme. Ich konnte mich nicht mehr belügen. Ich hatte mich wirklich in diesen Mann neben mir verliebt. Ich lächelte sanft, als ich ihn weiter streichelte. Spürte die harten, aber entspannten Muskeln seiner Arme. Langsam ließ ich meine Hände ruhen, wenn er mal aus schlief wollte ich ihn nicht wecken. Einen kurzen Augenblick, nachdem ich aufgehört hatte ihn zu streicheln, hörte ich Jack müde und verschlafen murmeln: „Oh…bitte hör nicht auf…So wurde ich noch nie geweckt…“ Wie lange war er schon wach? Mein Herz zog sich bei diesen Worten zusammen und ohne zu sprechen kam ich seiner Bitte nach. Weiter streichelnd lehnte ich mich an Jacks Rücken und meine Arme legten sich um seinen breiten Torso. Sanft streichelte ich seinen Bauch und seine Brust. Ich spürte wie Jack zufrieden die Luft ausstieß. Ich musste über diese Reaktion lächeln. Sein Auge war noch geschlossen und er räkelte sich in meinen Armen. Lehnte sich etwas gegen meine Brust und schien sich wirklich noch mal in das Laken zu kuscheln. Diesen sonst so starken und taffen Mann fast schnurrend wie ein Kätzchen neben mir zu wissen, ließ mich breit grinsen. Doch Jack schien sich nur wenige Augenblicke dieser Ruhe zu gönnen. Er wandte sich zu mir um. Verschlafen sah er zu mir hinauf und fragte verwirrt klingend: „Wieso bist du denn schon wach?“ Ich zuckte mit den Schultern und erklärte, dass die Sonne mich geweckt habe. Jacks Augen wanderten zu seinem Fenster und ich bemerkte, wie er überrascht auf das helle Licht sah, was sich den Weg durch das Fenster bahnte. „Muss schon später sein“, meinte er und streckte sich, „Komisch, dass der Hund noch nicht da ist und meckert.“ Ich kramte nach meinem Handy und schaute hinauf und stellte fest, dass es bereits nach neun Uhr war. Erneut runzelte Jack die Stirn und schwang sich aus dem Bett. Er zog sich seine Hose an und als ich gerade meine Hose über die Hüfte zog, hörten wir Geräusche aus der Wohnstube. Geräusche, die eindeutig von einem Menschen kamen. Ich sah wie Jack sich versteifte. Er fixierte die Tür. Schnell blickte er zu mir und schaute mir ernst ins Gesicht. Ich verstand, dass ich den Mund halten sollte. So wie Jack da stand, war er nicht mehr mein Nachbar, mein Liebhaber oder mein Freund. Das war Jack, der Soldat! So hatte ich ihn noch nie gesehen. Mein Puls beschleunigte sich und ich bekam Angst, als ich Jacks ernstes Gesicht sah. Ernst und tödlich. Was ist mit Didi passiert, fragte ich mich besorgt. Jack griff unter das Bett, holte eine Pistole hervor und reichte sie mir stillschweigend. „Willst du nicht“, hauchte ich ihm leise zu doch er schüttelte den Kopf. Angst erfasste mich, er wollte, dass ich mich schützen könnte. „Bleib hier und wenn was ist, klettere aus dem Fenster“, antwortete Jack leise. Er schlich hinüber an die Wand und stellte sich seitlich neben die Tür. Er deutete an, ihm zu folgen. Unsicher entsicherte ich die Waffe in meiner Hand, während ich mich neben ihn stellte. Vorsichtig öffnete er die Tür zur Wohnstube und schielte um die Ecke. Sollte jemand vor der Tür gewartet haben um den ersten der hinaus kam zu erschießen, würde sein Schuss ins Leere gehen. Doch nichts dergleichen geschah. Als Jack niemanden erspähen konnte, ging er hinaus. Gebückt, bereit zuzuschlagen. Ich blieb regungslos an der Wand stehen und Panik erfüllte mich. Wenn jemand hier war um Jack zu erschießen? Wenn er dann auch mich fand und keine Zeugen hinterlassen wollte? Mein Puls raste, rauschte in meinen Ohren. Ich atmete nur noch stoßweise. Doch dann schossen mir Worte durch den Kopf, die mir Vater in Momenten der Angst immer wieder gesagt hatte. „Lass sie zu, aber lass sie dich nicht kontrollieren. Einen Augenblick und dann Jasper, entscheide. Kämpfen oder Fliehen.“ Ich ließ mich von ihr überrollen, zitterte, bebte am ganzen Körper. Mein Puls rauschte in meinen Ohren, doch dann schluckte ich es runter. Ich entschied mich nicht zu fliehen. Ebenfalls wagte ich einen Blick um die Ecke. Ich konnte Jack an der Wand sehen. Er schien sich umzuschauen. Ging gebückt, konzentriert. Vermutlich suchte er den Grund der Geräusche, doch er konnte niemanden sehen, aber ich. Plötzlich bemerkte ich eine Gestalt im Schatten. Ein großer schlanker Mann mit kurzen Haaren hatte sich hinter Jack geschlichen. Zu spät erkannte ich, dass diese Gestalt eine Pistole gezogen hatte. Er stand hinter Jack und drückte sie ihm gegen den Rücken in dem Moment, wo ich warnend: „Achtung!“ rief. Reflexartig hob Jack die Arme und ich konnte sehen, wie angespannt er war. Ich sollte vermutlich schießen. Ich hob die Pistole und zielte auf die unbekannte Person. Bevor Jack etwas passierte, musste ich abdrücken. Doch ich konnte nicht. Es war, als ob meine Finger gelähmt seien. Immer noch zitterte ich am ganzen Körper. Ich wollte ihm wirklich helfen, doch es ging nicht. Die Person begann mit Jack zu sprechen. Ich verstand kein Wort. Würde er ihn jetzt erschießen? Sollte ich fliehen? Ich konnte es nicht! Ich wollte nicht, dass der Mann starb. Ich liebte ihn schließlich. Ich hielt die Waffe vor mir ausgestreckt. Direkt auf den Fremden und rief: „Lass die Waffe sinken!“ Der Mann blickte erstaunt zu mir und ich sah, dass er ein schmales Gesicht hatte. Eine recht große Nase für sein langes Gesicht und ich hatte nie jemanden mit so hellblonden Haaren gesehen. Seine Hände steckten in roten ledernen Handschuhen und er trug ein helles Hemd. Er sprach in einer Sprache, die ich nicht verstand. Was er sagte klang schnell gesprochen, aber unbeeindruckt. Vielleicht polnisch, russisch, rumänisch oder so. Jack ließ die Arme sinken und ich erkannte, dass er sich entspannte, als der Fremde zu sprechen begann. Er drehte sich um und ich sah, dass er fröhlich den Mann ansah, der ihn noch vor wenigen Augenblicken bedroht hatte. Jack antwortete in der gleichen Sprache, die der Fremde gesprochen hatte und sie umarmten einander kurz, aber herzlich. Verwirrt ließ ich die Pistole sinken und betrachtete das Schauspiel, was sich vor mir bot. Sie kannten sich? „Wer ist das“, fragte ich Jack verwirrt. Jack blickte zu mir herüber als er den Mann los ließ und erklärte: „Das ist ein Freund. Alles in Ordnung“ Nach seiner Erklärung sprachen sie wieder auf der anderen Sprache miteinander. Jack schien ihm zu erklären wer ich bin, denn nach einem kurzen Gespräch sahen beide zu mir herüber. Der Fremde kam auf mich zu und ließ seine Pistole kreisen. „Ich Adamska…sag Adam“, stellte er sich mit gebrochenem Englisch vor, reichte mir eine Hand und grinste mich fröhlich, gut gelaunt an. Als sei es das normalste der Welt in eine fremde Wohnung einzusteigen und die Bewohner zu bedrohen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)