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Sklave der Wüste

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wichtig!!!!!!

Leider ist es wohl nötig, das hier reinzuschreiben.
Ich werde jede Geschichte melden, die offensichtlich bei mir abgeschrieben oder OHNE Erlaubnis kopiert worden ist!

Geschichten ohne Erlaubnis zu kopieren und dazu noch schlecht ist unterste Schublade und ich finde es eine absolute Frechheit, wenn man das macht! Kopiert ist auch, wenn man, um es zu verschleiern, einzelne Namen ändert!!!! Oder/Und eine Zusammenfassung bringt!!!!!

Wenn ich solche Texte entdecke, dann kann die Person mit Post von meinem Anwalt rechnen!

Wenn ihr wissen wollt, warum ich das hier schreibe, schaut in meinem Weblog nach, da seht ihr den Grund.
Eure mrs_ianto Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nun noch eine unschöne, aber wichtige Sache!

Leider ist es wohl nötig, das hier reinzuschreiben.
Ich werde jede Geschichte melden, die offensichtlich bei mir abgeschrieben oder kopiert worden ist!
Geschichten ohne Erlaubnis zu kopieren und dazu noch schlecht ist unterste Schublade und ich finde es eine absolute Frechheit, wenn man das macht! Kopiert ist auch, wenn man, um es zu verschleiern, einzelne Namen ändert!!!! Oder/Und eine Zusammenfassung bringt!!!!!


Wenn ich solche Texte finde, dann kann diese Person mit Post von meinem Anwalt rechnen! Komplett anzeigen

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2011

Hallo,

was soll ich sagen. Ich wollte eigentlich keine neue FF beginnen, solange Wege des Schicksals noch nicht fertig ist. Allerdings hat mich die Idee einfach nicht mehr losgelassen, weshalb ich euch jetzt einfach mal den Prolog zum lesen gebe und gespannt bin, was ihr dazu zu sagen habt.

 

Keine Angst, Wege des Schicksals wird nicht darunter leiden.

 

Ich hoffe ihr reisst mir nicht gleich den Kopf ab. ;-)
 

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Prolog: 2011

 

 

Wir schreiben das Jahr 2011. In einer Welt in der die Pharaonen über ganz Afrika und das Morgenland regieren, das römische Reich sich über ganz Europa ausgebreitet hat, das japanische Kaiserreich über die Weltmeere herrscht und China immer noch von einem Kaiser regiert wird, hat die industrielle Revolution für das einfache Volk nie stattgefunden.

Noch immer sind sie auf Pferdefuhrwerke angewiesen, während ihre Herrscher mit den edelsten Automobilen unterwegs sind. Technologie wird, falls sie vom Volk bemerkt wird als Magie und Zauberei angesehen. Was von der herrschenden Klasse schamlos ausgenutzt wird.
 

Wer etwas auf sich hält, besitzt mindestens einen Sklaven für die schweren Arbeiten und für sein Vergnügen. Ohne Rechte sind die Sklaven ihren Besitzern vollkommen ausgeliefert und sie können von Glück reden, wenn sie Kleidung und etwas zu essen erhalten.

So ist es kein Wunder, dass der Handel mit Sklaven floriert und eine grosse Nachfrage nach diesen billigen Arbeitskräften besteht, da kaum ein Sklave älter als 30 Jahre alt wird.
 

In dieser Welt lebt Yugi Muto als freier Bürger in Domino. In der kleinen japanischen Stadt betreibt er einen Laden für allerlei Tuchwaren und Stoffe. In seinem Besitz befinden sich neben dem Häuschen mit dem Laden, zwei kräftige Pferde und eine Transportkutsche.

Er führt ein einfaches Leben. Sein Geschäft läuft gut und er kann gut davon seinen Lebensunterhalt bestreiten. Immer wieder reist er in fremde Städte und Länder, um neue Stoffe und Tücher zu erwerben. Während er unterwegs ist, führt sein Grossvater Sugoroku den kleinen Laden.
 

Zur gleichen Zeit herrscht im ägyptischen Reich der junge Pharao Atemu Nesut-anch-Ra. Seit einem Jahr liegen die Geschicke des riesigen Reiches in seinen Händen. Seine Politik ist geprägt von Verhandlungen und den Versuchen, dem einfachen Volk die Wunder der Technik zugänglich zu machen. Was vielen Familien der herrschenden Klasse nicht wirklich gefällt.

So kommt es, wie es kommen musste.
 

Der junge Pharao ist mit seinen Beratern auf dem Rückweg nach Theben, nachdem er mit dem römischen Kaiser Hadrian in Rom über neue Wirtschaftsabkommen verhandelt hat.

Sein Flugzeug hat gerade das ägyptische Festland erreicht, als eine Explosion die Maschine erschüttert. „Mahado, was ist passiert?“ Erschrocken, aber äusserlich gefasst, sieht Atemu zu seinem engsten Berater, der durch die Erschütterung auf den Boden gestürzt ist und sich jetzt mit einem schmerzverzerrten Gesicht wieder aufrichtet. „Ich weiss es nicht, mein Pharao. Ich werde gleich mal beim Piloten nachfragen.“ Weit kommt Mahado nicht, denn wieder lässt eine Explosion die Maschine erzittern. Diesmal gelingt es dem Piloten aber nicht, dass Flugzeug wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Immer stärker bockt die Maschine in der Luft, ehe sie beginnt auf den Wüstenboden zuzurasen und schliesslich in der weiten ägyptischen Wüste abstürzt.
 

„Priester Akunadin. Es ist etwas Schreckliches passiert.“ Einer der Kommunikationsoffiziere stürmt in das Büro von Atemus Onkel, der offensichtlich verärgert über die Störung von seinem Computer aufsieht. „Was soll die Störung? Ich hoffe für dich, dass es etwas Wichtiges ist.“ Verschüchtert bleibt der junge Mann vor dem Schreibtisch des Priesters stehen und verbeugt sich. „Wir haben den Kontakt zum Flugzeug des Pharaos verloren. Es befand sich gerade über der grossen Wüste, als es vom Radar verschwunden ist. Auf Funksprüche reagieren sie auch nicht.“ Auch während er redet, hält er seinen Kopf ehrfurchtsvoll gesenkt.

„Was? Schickt einen Suchtrupp in die Wüste! Los! Worauf wartet ihr noch!?“ Die laute Stimme Akunadins dröhnt durch das Büro. Lässt den jungen Mann zusammenzucken, ehe er mit einer letzten Verbeugung aus dem Raum stürmt. „Wird sofort erledigt.“

Erst als Akunadin wieder allein ist, stiehlt sich ein triumphierendes Grinsen auf sein Gesicht. „Der Pharao ist tot, lang lebe der Pharao.“ Schon bald werden diese Worte durch den Palast gerufen werden.
 

Nach drei langen Tagen findet einer der Suchtrupps das Wrack des Flugzeugs. Neue Hoffnung wird geschöpft. Als sie dann jedoch die ausgebrannten Überreste erreichen, können sie nur noch die verbrannten Leichen bergen.

Nur Stunden später verbreitet sich die schockierende Nachricht im ganzen Reich. Der geliebte Pharao Atemu ist beim Rückweg von Rom bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

Noch am gleichen Tag werden die anderen Herrscherhäuser über den Machtwechsel im ägyptischen Reich informiert. Der neue Pharao heisst nun Akunadin Nesut-anch-Horus.
 

 
 

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Also ähm... ich weiss jetzt nicht, was ich sagen soll.

 

Ausser, bitte lasst mich am Leben.

 

Eure mrs_ianto

5 Jahre später

Hallo zusammen,

 

es geht auch hier ein bisschen weiter.

Ich muss gestehen, dass ich vollkommen geplättet bin, wie gut der kleine Prolog angekommen ist und weiss gar nicht, wie ich euch für die Kommis unf Favo-Einträge danken soll.

 

So, jetzt lasst uns mal einen kleinen Einblick in Yugis Alltag werfen.

 

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Kapitel 1: 5 Jahre später

 

 

Es ist Anfang Frühling in Domino. Yugi ist gerade dabei, einer Kundin einen Ballen roten Seidenstoffes einzuwickeln, als sein alter Freund Jonouchi in den kleinen Laden kommt. „Hallo Jono. Ich bin gleich für dich da.“ Winkt ihm Yugi kurz zu, was mit einem erhobenen Daumen bestätigt wird. „So meine Dame, das wären dann 30 Silberstücke.“ Freundlich lächelnd sieht er die ältere Dame vor sich an. Wieder eine dieser reichen Frauen, die nicht weiss, dass eine so rote Seide eher für die jüngere Generation geeignet ist. „Wie immer sind ihre Preise sehr stolz.“ Seufzt die Kundin theatralisch auf. Nimmt aber trotzdem ihren Geldbeutel hervor und zählt die gewünschte Menge an Münzen ab. „Hier bitte, junger Mann.“ Die Münzen unauffällig abzählend, legt Yugi die Silberstücke in seine Kasse. „Es war mir wie immer eine Freude.“ Mit einem professionellen Lächeln übergibt er der Sklavin der Kundin den schweren Stoffballen. Woher er weiss, dass die junge Frau eine Sklavin ist? Sie trägt wie alle Sklaven ein ledernes Halsband, in dem das Wappen ihrer Besitzer eingebrannt ist. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag Madam Hino.“ Wie immer begleitet er die Kundin bis zur Tür, wo er ihr mit einer leichten Verbeugung die Tür öffnet. „Auf Wiedersehen Madam Hino.“
 

Mit einem erleichterten Seufzen lehnt er sich an die geschlossene Tür. Madame Hino ist eine seiner anstrengendsten, aber leider auch besten Kundinnen.

„Na du Armer, hat dich die alte Schachtel mal wieder sämtliche Nerven gekostet?“ Grinsend lehnt sich Jonouchi an den Verkaufstresen. „Dafür müsste ich noch Nerven haben.“ Müde fährt sich Yugi durch seine bunten Haare. Dann nimmt er sich eine Flasche Wasser. „Was führt dich denn zu mir? Brauchst du mal wieder Lederreste für deine Schmiede?“ Fragend sieht er seinen alten Freund an, während er einen grossen Schluck Wasser aus der Glasflasche nimmt.

„Nein. Mein Gehilfe ist abgehauen, darum brauch ich jetzt deine Hilfe.“ Bittend sieht Jonouchi seinen kleineren Freund an.

Erstaunt lässt Yugi die Flasche sinken. „Und wie soll ich dir dabei helfen? Von Hufeisen und dem ganzen Zeug, das du da sonst noch machst, verstehe ich rein gar nichts.“

„Darum bitte ich dich auch nicht. Ich dachte, dass ich mir für die Arbeit in der Schmiede einen Sklaven zulege.“

Wenn Yugi noch Wasser im Mund gehabt hätte, hätte Jonouchi jetzt eine Dusche bekommen. „Du willst was?“ Ungläubig sieht er seinen alten Freund an.

„Du hast mich schon richtig verstanden und wer weiss, vielleicht steigt mein Ansehen ja, wenn ich mir einen Sklaven zulege.“ Bei dem trockenen Kommentar müssen beide lachen. Auch wenn es eine traurige Tatsache ist. „Als ob dir das wichtig wäre.“ Schafft es Yugi schliesslich nach Luft schnappend zu antworten. Dann wird er aber wieder ernst. „Und wobei brauchst du jetzt meine Hilfe?“ Fragend aber auch leicht misstrauisch sieht er seinen Freund mit schiefgelegtem Kopf an.

„Naja.“ Verlegen kratzt sich Jonouchi am Kopf. „Du bist doch so gut im Handeln und ich dachte, dass du mich eventuell am Samstag auf den Sklavenmarkt begleiten könntest.“

Da er weiss, dass Yugi nicht allzu viel von solchen Märkten hält, macht er sich schon auf einen kleineren Wutausbruch gefasst und vermeidet es sogar in die Richtung von seinem Freund zu sehen.

Der schüttelt allerdings nur seufzend mit dem Kopf. „Ach Jono. Ich habe doch von Sklaven genauso viel Ahnung wie du.“

Überrascht schaut Jonouchi zu Yugi hinüber. Den Tonfall kennt er nur zu gut. Er bedeutet nämlich, dass er ihm helfen wird. „Ich kann den Laden am Samstag ab Mittag meinem Grossvater überlassen. Ich komme dann zum Markt.“

Dankbar sieht Jonouchi seinen ältesten und besten Freund an und ehe sich Yugi versieht, wird er in eine schraubstockartige Umarmung gezogen. „Du bist der beste Freund, den ich mir nur wünschen kann.“ Grinsend entlässt er den Kleineren wieder aus seinen Armen. „Also ich muss wieder los. Das Teufelsross vom Banker wartet noch auf seine neuen Schuhe. Wir sehen uns am Samstag und Grüsse deinen Grossvater von mir.“ Winkend geht er zur Tür und reisst diese fast der nächsten Kundin aus der Hand. „Ja, mache ich und wir sehen uns Jono.“ Amüsiert muss Yugi über seinen kindsköpfigen Freund grinsen, ehe er wieder sein professionelles Lächeln aufsetzt und sich seiner neuen Kundin zuwendet, die sich mit ihrer Sklavin in dem kleinen Laden umsieht. „Mademoiselle, womit kann ich Ihnen eine Freude bereiten?“ Auch wenn Yugi nur ein paar Worte Französisch beherrscht, benutzt er diese Sprache, da sich besonders seine Kundinnen dann wie etwas Besseres fühlen und so auch gern bereit sind, mehr zu kaufen. „Ich weiss nicht, ich suche einen Stoff, der zu mir passt. Was würden Sie mir denn empfehlen?“

Nachdenklich mustert Yugi die junge Dame vor sich. „Es kommt natürlich darauf an, was Sie ausgeben möchten und zu welchem Anlass Sie ein Kleid brauchen.“ Geduldig wartet er auf die Antwort der Kundin. „Ich suche einen Stoff für meinen Geburtstag zur Volljährigkeit. Bezahlen kann ich maximal 15 Silberstücke.“ Arrogant reckt sie ihr Kinn noch ein Stück weiter nach oben, was Yugi innerlich die Augen verdrehen lässt. Anmerken lässt er sich aber nichts. „Dann kann ich Ihnen diesen wunderschön bestickten Baumwollstoff empfehlen. Er ist aus so dünnem Garn gewebt, dass ihn das ungeübte Auge auf den ersten Blick für Seide halten könnte. Allerdings müssen Sie ihn in die Hände einer erfahrenen Schneiderin geben, die das Muster perfekt für Ihr Kleid nutzen kann.“ Er zeigt ihr den Ballen himmelblauen Stoffes, der mit einem hauchzarten weissen Muster bestickt ist. „Das blau von diesem Stoff, würde zudem Ihre Augen noch mehr zum Strahlen bringen.“ Preist er den Ballen weiter an.

Kritisch beäugt und betastet die junge Dame den Stoff. „Und wie viel soll der Ballen kosten?“

Jetzt hat er sie. Sobald die Damen nach dem Preis fragen, ist der Stoff so gut wie verkauft. „Normalerweise würde ich für den Ballen 15 Silberstücke verlangen, aber da Sie so eine reizende junge Dame sind und Sie ein ganz besonderes Kleid aus diesem Stoff zaubern werden. Gebe ich ihn für 13 Silberstücke her.“ Lächelnd sieht er die Kundin an. Innerlich seufzt er aber genervt auf, da sie sich endlich entscheiden soll. „Na gut. Ich will mal nicht so sein. Ich nehme den Stoff für die 13 Silberstücke. Sie dürfen ihn mir einpacken und meiner Sklavin übergeben.“

„Sie haben eine gute Wahl getroffen, Mademoiselle.“ Mit geschickten Bewegungen rollt er den Ballen in Leinen ein, das ihm von der Weberei immer günstig verkauft wird, da es sich nur für einfache Arbeitskleidung oder eben zum einwickeln edler Stoffe eignet.

Professionell Lächelnd nimmt er die abgezählten Silbermünzen entgegen, und legt sie einzeln in die Kasse. Dann gibt er der Sklavin den Stoffballen. „Es war mir eine Freude. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag Mademoiselle.“ Galant hält er ihr die Tür auf, atmet jedoch erleichtert auf, als er die Tür hinter sich schliesst. Ihm sind die Kundinnen aus der Mittelschicht oder sogar aus der Unterschicht viel lieber, auch wenn er an sie nur einfache Leinen und Baumwollstoffe verkaufen kann, da diese nicht das Gefühl haben, etwas Besseres zu sein.
 

Die Sonne geht schon unter, als Yugi endlich die Tür hinter der letzten Kundin zuschliessen kann. Müde reibt er sich seinen Nacken, während er zu dem Verkaufstresen geht, wo er die Tageseinnahmen und das Wechselgeld in der abschliessbaren Kasse verwahrt. Der heutige Tag ist gut verlaufen, so dass es ihn mit Stolz erfüllt als er die Kasse öffnet um die Einnahmen herauszuzählen. Er ist gerade dabei, die Münzen in einen roten Stoffbeutel zu verstauen, als sein Grossvater durch die Hintertür hereinkommt.

„Hast du wieder die Pferde versorgt? Grossvater ich habe dir doch gesagt, dass ich das mache. Du hast den Arzt doch gehört, du musst dich mit deinem Rücken schonen.“ Missbilligend sieht er zu dem alten Mann rüber, der ihn aber nur frech angrinst. „Ach Papperlapapp, der alte Quacksalber hat doch keine Ahnung. Ausserdem habe ich die beiden nur gefüttert und ein wenig gestriegelt. Das Ausmisten überlasse ich gern dir. Du weisst ja, mein Rücken.“

Die Augen gespielt genervt verdrehend, wendet sich Yugi wieder den Einnahmen zu. Das ist wieder mal typisch für seinen Grossvater. Einerseits macht er was er will und ignoriert die Anweisungen vom Arzt, andererseits verweist er immer auf seinen Rücken, wenn es um die ungeliebten Arbeiten geht.

Als er den Beutel gut verschlossen hat, dreht er sich um und nimmt das Gemälde mit ägyptischen Pyramiden darauf von der Wand, welches direkt hinter dem Tresen hängt. Dahinter kommt ein Safe zum Vorschein, den sein Grossvater einst eigenhändig in der Wand verbaut hat.

Mit der Hilfe eines kleinen Schlüssels, den er aus einem kleinen Geheimfach herausnimmt, öffnet er die stabile Tür. Dahinter kommen mehrere rote Stoffsäckchen zum Vorschein und ein, in schwarzes Leder gebundenes Buch. Das Buch nimmt er heraus, ehe er den roten Beutel zu den anderen in den Safe legt.

In das rote Buch trägt er die heutigen Einnahmen und Ausgaben ein, die er sich den ganzen Tag über auf einer Tafel mit Kreide notiert hatte.

Zufrieden, dass sie für Mittwoch einen guten Gewinn machen konnten, legt er das Buch zurück in den Safe, ehe er diesen wieder verschliesst und das Bild davor platziert.

„So, dann werde ich mal in den Stall gehen und die Boxen ausmisten. Wir wollen ja nicht, dass Blacky und Rocky in ihrem eigenen Dreck schlafen müssen.“

Sein Grossvater, der in der Zwischenzeit die Stoffballen durchgesehen hat, dreht sich bei seinen Worten zu ihm um. „Ist gut, ich werde dann in der Zwischenzeit, unser Abendessen kochen.“ Müde lächelt Yugi den alten Mann an. „Das ist eine super Idee. Ich bin langsam am Verhungern.“ Im Vorbeigehen drückt er kurz dessen Schulter, ehe er durch die Hintertür in den kleinen Hof verschwindet, in dem sich unter anderem ein Unterstand für die Transportkutsche und der Stall für die Pferde befindet.

Wenn er sich beeilt, kann er die Boxen fertig ausgemistet haben, bis der Mistsammler bei ihnen vorbeikommt. Wenn er es nicht schafft, muss er den Mist bis morgen früh abdecken, um ihn dann deutlich teurer wegschaffen zu lassen.

Zügig, aber dennoch konzentriert, schwingt er die Mistgabel in den Boxen. Die beiden dunkelbraunen Wallache kennen das Prozedere schon, so dass sie ganz ruhig stehen bleiben und sich trotzdem ohne Probleme wegschicken lassen, während ihr Besitzer um sie herum das verbrauchte Stroh gegen neues austauscht.

Yugi kann schon die knarrenden Räder des Karrens und den Hufschlag des alten Pferdes hören, als er die letzte Ladung Mist in den Handkarren wirft.

Eilig, aber trotzdem vorsichtig, schiebt er diesen zu dem Tor, das vom Hof aus auf die Strasse führt. Mehr als einmal musste er früher den ganzen Dreck zusammenräumen, weil der Karren umgekippt war.

„Ah, Yugi Muto. Wie immer auf den letzten Drücker.“ Wird er fast im gleichen Moment, in dem er durch das Tor kommt, von dem alten Monk begrüsst, der heute zusammen mit seinem Sohn Noah, durch die Strassen fährt und den Mist einsammelt.

„Du weisst doch, ich bin immer schwer beschäftigt. Wieder ein Kupferstück für die Fuhre?“ Zur Begrüssung hebt Yugi lediglich seine Hand. Niemand gibt dem Mistsammler während seiner Runden die Hand. Schliesslich weiss man ja nie, was der Gute schon alles angefasst hat. „Natürlich, natürlich. Ein Kupferstück wie immer.“ Mit einem zahnlosen Grinsen hält er die Hand auf, so dass sein Kunde die Münze nur hineinfallen lassen muss. In der Zwischenzeit, beginnt Noah damit, den Mist auf ihren grossen Karren zu verladen. „Wenn du so beschäftigt bist, dann kauf dir doch einen Sklaven für die niederen Arbeiten und deinen Spass. Ich würde das sofort tun, wenn ich das Geld dazu hätte.“ Vielsagend grinst ihn der alte Mann an.

Auch wenn es verpönt ist, wenn sich zwei Männer zusammentun, ist es doch von der Gesellschaft mehr als akzeptiert, wenn man sich mit seinem Sklaven vergnügt.

„Ach Monk, was soll ich mit einem Sklaven. Die einfachen Arbeiten sind so schnell erledigt und dann sitzt der nur faul rum. Da mach ich das bisschen lieber alleine.“ „Wie du meinst.“ Winkt der alte Mann ab. Sieht dann zu seinem Sohn, der die leere Handkarre wieder zu ihnen schiebt. „Jetzt haben wir so lange geredet, dass mein armer Junge alles selbst machen musste.“ Den gemurmelten Kommentar von Noah, dass er das ja sowieso immer muss, ignorierend, geht der Alte zu dem, wohl ebenso alten, Pferd. „Bis morgen Abend.“ Winkt er Yugi noch kurz zu, ehe er den Zügel packt und das Tier zu der nächsten Station führt. „Bis Morgen Yugi.“ Verabschiedet sich auch Noah mit einem herzlichen Grinsen von ihm. Da sie beide mit ihren 25 Jahren gleich alt sind und Yugi einer der wenigen ist, der die Mistsammler freundlich behandelt, verstehen sie sich relativ gut. Mehr als einmal hat er von der Freundlichkeit der beiden profitiert, wenn er zu spät dran war und sie dann ein paar Minuten vor seinem Tor gewartet haben.
 

Den Handkarren wieder zurückstellend, schaut Yugi noch einmal im Stall vorbei, ehe er die drei Stufen zur Hintertür hochgeht.

Direkt hinter der Tür hat er einen Krug mit Wasser und eine Schüssel mit einer Seife drin platziert, damit er sich gleich die Hände waschen kann, um den Dreck, der nach dem Ausmisten immer an seinen Händen klebt, nicht im Haus zu verteilen und so eventuell die wertvollen Stoffe und Tücher zu verschmutzen.

Da es aus der Küche schon verführerisch duftet, geht Yugi nach dem Händewaschen gleich zu seinem Grossvater, der an dem alten Herd steht. Auf dem köchelt eine dicke Suppe vor sich hin. „Das riecht lecker.“ Mit knurrendem Magen beginnt Yugi den Tisch zu decken und ihnen ein paar Scheiben von dem Brot abzuschneiden.

„Na dann hoffe ich doch, dass sie auch so gut schmeckt. Wir müssen übrigens wieder unsere Vorräte aufstocken.“ Sugoroku stellt, zufrieden über das Lob seines Enkels, den Topf auf den Tisch und verteilt den Inhalt auf die beiden Teller.“

„Erledigst du das, Grossvater?“ Fragend sieht Yugi den alten Mann an, während sie die Suppe und das Brot essen. „Ja, das kann ich machen. Dann geh ich morgen gleich auf den Markt. Wenn du die Pferde nicht brauchst, nehme ich Blacky mit. Dann muss ich die Einkäufe nicht selbst tragen.“

Kurz überlegt Yugi. „Nein, ich brauche die Pferde morgen nicht. Nimm du ruhig deinen Blacky mit.“ Grinsend sieht er seinen Grossvater an. Es ist ein offenes Geheimnis zwischen ihnen und vermutlich auch in der ganzen Stadt, dass der grosse Wallach und sein Opa eine spezielle Bindung zueinander haben. Wo der alte Mann hingeht, geht auch Blacky hin und das ohne Zaum und Zügel. „Nimmst du dir das Geld selbst aus dem Safe?“

„Ja, ich kann ja die Tür auf der anderen Seite der Wand benutzen, dann fällt es nicht auf, falls du schon Kunden hast und ich schreibe auch auf, wie viel ich herausgenommen habe.“

„Ist gut. Nimm aber den Beutel mit dem gelben Band.“

„Verstanden Boss.“ Grinsend sehen sich die beiden Mutos an. Seit Yugi das Geschäft von seinem Grossvater übernommen hat, benutzt er einen einfachen Farbcode. Die gelben Bänder bedeuten Haushaltsgeld, schwarze Bänder kennzeichnen die Beutel, die für die Steuern gedacht sind, während die blauen Bänder für Ausgaben, wie das Kaufen von Stoffen und ihre Rücklagen stehen. Einfach, aber effektiv.
 

Als sie zusammen den Tisch abräumen, fällt Yugi noch ein, dass er seinem Grossvater noch von Jonouchis Besuch erzählen muss. „Ich habe dir noch gar nicht erzählt, dass Jono heute da war. Ich soll dich von ihm Grüssen.“ Während er redet, trocknet er die Teller ab und legt sie auch gleich an ihren Platz. „Danke. Was wollte er denn?“ Da Sugoroku gerade dabei ist den Suppentopf zu schrubben, sieht er Yugi nicht an, trotzdem weiss dieser, dass es seinen Grossvater wirklich interessiert. „Ach, er wollte nur meine Hilfe, weil ihm mal wieder ein Gehilfe abgehauen ist.“ Da er im Moment nichts zum Abtrocknen hat, schnappt sich Yugi einen der Lappen und beginnt den Tisch zu abzureiben. ‘Sollst du ihm in der Schmiede helfen.“ Amüsiert sieht Sugoroku kurz von dem störrischen Topf hoch.

„Nein, ich soll ihn am Samstag auf den Sklavenmarkt begleiten.“ Überrascht sieht Sugoroku seinen Enkel an. „Was? Will er jetzt einen Sklaven kaufen? Und warum sollst du ihn begleiten?“

Den Lappen auswaschend steht Yugi neben seinem Grossvater an der Spüle. „Ja, das will er. Er meint, dass ihm ein Sklave wenigstens nicht davonlaufen kann, wenn er ihn fertig ausgebildet hat. Ich soll ihn begleiten, weil er doch sonst nur über den Tisch gezogen wird.“

Endlich ist der blöde Topf sauber. Erleichtert übergibt ihn Sugoroku seinem Enkel, damit er ihn auch noch abtrocknen kann. „Also sollst du für ihn den besten Preis aushandeln und aufpassen, dass ihm kein Nichtsnutz angedreht wird.“ Ergänzt Sugoroku Yugis Erklärung. „So in etwa.“ Seufzend stellt Yugi den Topf wieder auf seinen Platz neben dem Herd.

„Dann nimm auch gleich etwas Geld mit. Wer weiss, vielleicht fällt dir ja etwas Nützliches ins Auge, wenn du schon unterwegs bist.“ Grinsend lehnt sich Sugoroku an die Spüle, als er das schlecht versteckte Augenrollen von seinem Enkel sieht. „Grossvater. Was soll ich denn auf einem Sklavenmarkt finden.“

„Wer weiss... aber wann hast du dich denn mit Jono verabredet?“

„Ich werde ihn zur Mittagszeit treffen. Du wirst also am Nachmittag allein im Laden sein.“ Yugi redet in Richtung Herd, da er gerade dabei ist, die Ascheschublade herauszuziehen. Vorsichtig kippt er die Asche in den Eisenkübel neben dem Herd und verschliesst diesen auch gleich mit einem Deckel, für den Fall, dass noch Glut in der Asche ist.

„Ach wie schön, dann kann ich mal wieder schalten und walten wie ich will.“ Neckt ihn sein Grossvater ein wenig. „Na, solange der Laden noch steht, wenn ich wieder komme.“ Geht Yugi auf den scherzenden Tonfall ein. „Natürlich, um den Laden abzureissen müsstest du mir schon ein paar Wochen mehr Zeit geben.“ „Ich werde daran denken, wenn ich das nächste Mal auf Reisen gehe.“ Grinsend sehen sich die beiden Mutos an, ehe sie sich nicht mehr zurückhalten können und in lautes Gelächter ausbrechen.
 

 

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Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen, auch wenn nicht sehr viel passiert ist.

 

Eure mrs_ianto

Der Sklavenmarkt

Hallo,

 

heute geht es auf den Sklavenmarkt, wie ihr schon im Titel lesen könnt.

 

Ich freue mich, dass diese Geschichte auch gelesen wird und danke euch für die Favoriteneinträge und DonnaHayley für ihr liebes Kommi beim letzten Kapitel.

 

Dann laber ich mal nicht weiter rum sondern lasse euch das Kapitel lesen.

Nur noch eine kleine Warnung, die Sklaven werden nicht gerade mit Samthandschuhen angepackt.

 

 

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Kapitel 2: Der Sklavenmarkt

 

 

 

Am Samstag zieht sich Yugi nach dem Mittagessen, seine braune Jacke an. Da es draussen immer noch relativ frisch ist. Immerhin ist es erst Frühling.

Gerade als er den Laden verlassen will, wird er aber von seinem Grossvater aufgehalten. „Yugi, warte einen Moment.“ Der alte Mann läuft zum Tresen, wo er die Kasse öffnet und etwa 40 Silbermünzen herausnimmt. Diese verstaut er in einem braunen Lederbeutel, ehe er zu seinem Enkel geht. „Hier. Nimm die Münzen für alle Fälle mit.“ Auffordernd hält er den Beutel seinem Enkel hin. Der jedoch keine Anstalten macht, diesen auch zu nehmen. „Grossvater. Ich gehe mit Jono auf den Sklavenmarkt, weil er mich um Hilfe gebeten hat. Ich habe nicht vor, dort irgendwas zu kaufen.“

„Trotzdem. Du musst ja nichts kaufen, aber bitte tu mir den Gefallen und sei nicht so stur.“ Da Yugi immer noch keine Anstalten macht, den Beutel zu nehmen, greift sich Sugoroku dessen Hand und drückt ihm den Beutel zwischen die Finger. Den Yugi schliesslich genervt in der Innentasche seiner Jacke verstaut. „Nur damit du Ruhe gibst. Bis später.“

Zufrieden über seinen kleinen Sieg, sieht ihn sein Grossvater an. „Du musst ja nichts kaufen. Bis später.“ Er bleibt noch eine Weile im Türrahmen stehen und sieht seinem Enkel nach, bis dieser um die nächste Ecke verschwindet. Erst dann geht er wieder in den Laden zurück.
 

Yugi muss eine gute halbe Stunde durch die Stadt gehen, bis er die grosse Halle erreicht, in der jeden Samstag der Sklavenmarkt stattfindet. Vor den offenen Toren sieht er schon Jonouchi stehen. „Hallo Jono.“ Rufend und winkend macht er den grossen blonden Mann auf sich aufmerksam. Der sich mit einem erleichterten Grinsen im Gesicht zu ihm umdreht. „Hallo Yugi. Da bist du ja endlich.“

„Ich wurde im Laden aufgehalten.“ Entschuldigend sieht er seinen Kumpel an. „Jetzt bist du ja da.“ Winkt Jonouchi ab. „Also los, ab ins Getümmel.“ Voller Tatendrang reibt er sich die Hände, was Yugi amüsiert schmunzeln lässt. „Ja, dann schauen wir mal, ob wir einen Sklaven für dich finden.“ Gemeinsam gehen sie durch das Tor in die Halle. Drinnen sind lauter Podeste aufgebaut worden, auf denen die angebotenen Sklaven entweder knien oder stehen, je nachdem, was der Verkäufer von ihnen verlangt.

„Wie viel willst du eigentlich maximal ausgeben?“ Neugierig blickt sich Yugi in der Halle um, während er seinem Kumpel folgt.

„Ich kann nicht mehr als 25 Silberstücke bezahlen.“ Zerknirscht sieht Jonouchi ihn an. Wenn er so hört, was die Händler hier so für Preise ausrufen, ist das nicht viel.

Aufmunternd blickt ihn Yugi an. „Ach, mit etwas Handeln wird das schon werden und du willst ja auch keinen Luxussklaven, sondern einen der anpacken kann.“

Gemeinsam gehen sie weiter durch die Gänge und es wird immer deutlicher, dass vorne am Tor die Preise deutlich höher sind, als weiter hinten in der Halle.

Überall um sie herum werden die Sklaven von möglichen Käufern untersucht und begutachtet, was diese mit undurchdringlichen Mienen über sich ergehen lassen.
 

Schliesslich bleibt Yugi an einem der Stände stehen. „Jono was meinst du? Der hier sieht nicht schlecht aus.“ Er deutet auf einen grossen Mann, der lediglich mit einer einfachen Tunika und Ledersandalen bekleidet auf dem Podest steht.

Kritisch sieht sich Jonouchi den leicht gebräunten Mann mit der Glatze an. „Ich weiss nicht, der sieht so grimmig aus.“

Die Antwort, lässt Yugi innerlich den Kopf schütteln. „Die sehen hier alle so aus. Lass ihn uns mal ansehen, immerhin scheint er kräftig zu sein.“ Nicht so wirklich überzeugt, gibt Jonouchi schliesslich doch nach und inzwischen sind sie ja auch vom Händler entdeckt worden. „Ah, meine Herren. Sie interessieren sich für dieses Prachtexemplar?“

Hilfesuchend sieht Jonouchi seinen kleineren Kumpel an. „Ähm ja.“ Antwortet er schliesslich, immerhin ist er es, der die Idee hatte, hierher zu kommen.

„Dann haben Sie ein gutes Auge, der Sklave ist kräftig und mit einer starken Hand können sie ihn nach Ihren Wünschen abrichten.“ Preist der Kerl, seine Ware an, als würde es sich um ein Tier handeln.

„Yugi bitte hilf mir.“ Flüstert Jonouchi Yugi zu, worauf ihm dieser die Hand auf den Arm legt. „Lass mich nur machen. Ich glaube nämlich wirklich, dass dieser Mann der richtige für deine Schmiede ist.“

Seinen professionellsten Gesichtsausdruck aufsetzend, wendet sich Yugi an den Händler. „Sie können uns viel erzählen. Ich möchte mir aber selbst ein Bild vom Zustand dieses Mannes machen. Wenn Sie nichts dagegen haben.“ Starr blickt er in die Augen des Händlers. Was diesen tatsächlich in seinem Redeschwall, innehalten lässt. „Natürlich. Tun Sie sich keinen Zwang an.“ Er deutet eine leichte Verbeugung an, während er ein paar Schritte zurückweicht, um Yugi Platz zu machen.
 

Mit undurchdringlicher Miene stellt sich Yugi vor den Sklaven, der mit Ketten an den Handgelenken auf dem Podest festgehalten wird. Er geht einmal um ihn herum, sieht die Narben auf dem Teil des Rückens, der nicht von der Tunika verdeckt wird, sieht das Muskelzucken, als er ihn mit der Hand berührt. Schliesslich stellt er sich wieder direkt vor ihm hin. „Verstehst und sprichst du unsere Sprache?“

„Ja, der Sklave...“ Meldet sich der Händler, wird jedoch von Yugi mit einem Blick zum Schweigen gebracht. „Ich habe den Sklaven gefragt, nicht Sie.“ Er wendet sich wieder dem grossen Mann zu. „Also?“ Er registriert das überraschte Blinzeln, ehe dieser mit tiefer Stimme antwortet. „Ja, ich verstehe und spreche eure Sprache.“ Deutlich ist ein Akzent herauszuhören, den Yugi aber nicht zuordnen kann. „Gut. Wie lautet dein Name? Und kennst du dich mit der Arbeit in einer Schmiede aus?“

Einen Moment lang zögert der Mann, ehe er antwortet. „ Ich heisse Rishido und nein, ich kenne mich mit der Arbeit nicht aus.“ Was ihm einen bösen Blick vom Händler einbringt. Was Yugi zwar registriert, aber nicht kommentiert. „Okay, kannst du mit Pferden umgehen?“

Diesmal kommt die Antwort sofort. „Ich habe in einem Stall gearbeitet. Also ja.“

Nun wendet sich Yugi von dem Sklaven ab und geht zu Jonouchi, der das ganze beobachtet hat und zieht ihn ein wenig zur Seite. Als er sicher ist, dass der Händler sie nicht mehr verstehen kann, beginnt er zu sprechen. „Ich würde sagen, dass der Sklave für die Schmiede geeignet ist. Er hat ehrlich geantwortet, obwohl ihm das vermutlich Schläge einbringen wird, wenn wir weg sind und die Antworten hast du ja gehört.“

Er sieht seinen Kumpel genau an, der ihm aufmerksam zuhört, ehe er fortfährt. „Allerdings ist mir aufgefallen, dass er zusammengezuckt ist, als ich ihn am Gesäss berührt habe.“

Jetzt wirkt Jonouchi verwirrt. „Und was hat das zu bedeuten?“ Seufzend sieht Yugi zur Seite. Natürlich weiss sein Kumpel das nicht. Er selbst weiss es auch nur von den Gesprächen mit seinen Kunden. „Das bedeutet, dass er nicht so gebrochen ist, dass er sich alles gefallen lässt.“ Vielsagend blickt er Jonouchi an, der einen Moment braucht, bis er realisiert, was Yugi ihm sagen will. „Verdammt Yugi, dafür will ich ihn auch nicht.“ Empört verschränkt er die Arme vor der Brust.

„Das habe ich auch nicht vermutet. Ich wollte es dir nur sagen und es könnte ein gutes Argument bei der Preisverhandlung sein. Also, was meinst du? Soll ich versuchen mit dem Händler ins Geschäft zu kommen?“ Beruhigend legt er Jonouchi die Hand auf die verschränkten Arme und wartet auf dessen Entscheidung.“

Prüfend sieht der Blonde zu dem grossen Sklaven hinüber. „Ich glaube du hast Recht und wenn er sich nicht alles gefallen lässt, kann das bei schwierigen Kunden nur von Vorteil sein.“

„Gut, dann werde ich sehen, was ich machen kann.“ Zuversichtlich schaut Yugi Jonouchi an, ehe er mit seinem Kumpel in Schlepptau wieder zu dem Händler geht, der sie keinen Moment lang aus den Augen gelassen hatte. „Haben Sie sich entschieden?“

Yugi tut so, als wäre er unsicher. „Ich weiss nicht, das hängt vom Preis ab.“ Spielt er den Ball wieder dem Händler zu. Die Verhandlungen sind eröffnet. „Natürlich. Der Sklave kostet 30 Silbermünzen.“

Der Preis ist gut, das muss Yugi zugeben, trotzdem schüttelt er verneinend mit dem Kopf. „Das ist viel zu viel. Ich biete Ihnen 15 Silbermünzen.“ Mit einem Pokerface sieht er dem Händler fest in die Augen. Dieser erwidert den Blick kurz, ehe er mit dem Kopf schüttelt. „Das ist ein inakzeptables Angebot. Wie wäre es mit 27 Silbermünzen? Der Sklave ist in einem einwandfreien Zustand, das haben Sie selbst gesehen.“

Nun ist es wieder an Yugi mit Kopf zu schütteln. „Das werden wir nicht bezahlen. Der Sklave muss noch erzogen werden und ist offensichtlich ungehorsam. Keiner wird diesen Preis bezahlen. Also, was ist Ihr nächstes Angebot?“ Er sieht, wie der Händler die Augen zusammenkneift. „Na gut, ich gehe runter auf 24 Silbermünzen.“

Yugi hört, wie Jonouchi hinter ihm die Luft anhält. Das ist ein Preis, den sein Kumpel bezahlen kann, aber er will den Händler noch weiter runterhandeln. „Das ist immer noch zu viel. Ich biete18 Silbermünzen. Immerhin muss der Sklave offensichtlich so hart angefasst werden, dass Spuren zurück bleiben.“ Er wartet ab, wie der Händler nun reagiert. Dieser scheint zu überlegen. „Gut, ich gehe runter auf 20 Silbermünzen, das ist aber mein letztes Angebot.“

Sich zu Jonouchi umdrehend, tut Yugi so, als müsste er immer noch überlegen. „Was meinst du? Ist dir der Sklave 20 Silbermünzen wert?“

Der kratzt sich am Kopf. Tut so, als würde auch er überlegen. „Ich denke mit dem Preis kann ich leben.“ Die Antwort lässt den Händler zufrieden grinsen. „Dann haben Sie jetzt einen Sklaven gekauft. Ich bräuchte dann noch Ihren Wappenstempel und natürlich die Silbermünzen.“

„Natürlich.“ Umständlich kramt Jonouchi den eisernen Stempel hervor und gibt ihn dem Händler. Dieser hält ihn über ein Feuer, bis er sich erhitzt hat, ehe er ihn auf ein breites Lederhalsband drückt. Danach hält er ihn in einen Eimer mit Wasser, ehe er ihn zurück gibt und das Geld entgegen nimmt.

Danach geht er zu dem Sklaven und tauscht das alte gegen das neue Halsband aus und fesselt ihm die Hände mit einem Strick, ehe er die Ketten um dessen Handgelenke löst. Mit dem grossen Mann im Schlepptau kommt er zu den beiden zurück. „Bitte sehr meine Herren. Ich gratuliere Ihnen zum Kauf ihres Sklaven.“ Mit einem Nicken nimmt Jonouchi den Strick entgegen.

Nun zu dritt, verlassen sie den Stand. Sie gehen ein paar Meter ehe sich Jonouchi an seinen Kumpel wendet. „Das war Klasse. Ich hätte nie gedacht, dass du es schaffst, den Preis so weit runterzuhandeln.“ Breit grinsend schlägt er Yugi so fest auf die Schulter, dass dieser einen Schritt nach vorn machen muss. „Und zum Dank schlägst du mich?“ Gespielt empört reibt er seine Schulter. „Sorry, ich bin nur so happy.“ Entschuldigend sieht er seinen kleineren Kumpel an. „Schon gut. Ich bin selbst überrascht, dass er so weit runterging.“ Yugi will noch mehr sagen, als er wütende Beschimpfungen hört.

„Du verdammter Nichtsnutz, wer hat dir erlaubt dich hinzuknien! Steh sofort wieder auf, oder du wirst es bereuen!“ Yugi blickt in die Richtung, aus der das Geschrei kommt und sieht, wie einer der Händler, mit einem Stock auf einen jungen Sklaven einprügelt, der auf dem Boden kniet und seinen Kopf mit den gefesselten Händen zu schützen versucht. Es tut ihm in der Seele weh, wenn er so etwas mit ansehen muss, trotzdem will er sich abwenden, hält aber inne als er das gequälte Stöhnen hört und sieht, wie der Sklave versucht, wieder auf die Beine zu kommen, was ihm aber nicht gelingt.

Er weiss nicht wieso, aber er geht zu dem Stand. „Was ist denn hier los?“ Fragend sieht er zu dem Händler, der in der Bewegung innehält, ehe der Stock wieder auf den Sklaven trifft. „Das geht Sie nichts an. Es sei denn, Sie wollen dieses Nichts hier kaufen.“ Mit einem boshaften Blick in den Augen, fixiert der Mann Yugi. „Dafür müsste ich ihn mir erst mal ansehen. Das geht aber schlecht, wenn Sie gleichzeitig auf ihn einprügeln.“ Die festen Worte, lassen den Händler etwas zurücktreten. „Tun Sie sich keinen Zwang an.“ Abschätzend blickt er auf den jungen Mann, der auf dem Boden kniet.
 

Den Händler ignorierend, fasst Yugi unter das Kinn des Sklaven um dessen Kopf anzuheben. Dabei registriert er, dass die Haut viel zu heiss ist. Als er dann in das Gesicht des Mannes sehen kann, stockt ihm der Atem. Obwohl dieser offensichtlich Fieber und Schmerzen hat, blickt er ihn mit rubinroten Augen an, in denen sich deutlich ein starker Wille widerspiegelt. Über dem rechten Auge hat er eine Narbe, die allerdings schon älter zu sein scheint.

„Kannst du aufstehen?“ Fragend blickt er den Mann vor sich an, der etwa in seinem Alter ist. „Ich kann es versuchen.“ Die Stimme ist rau und heiser, als wäre sie schon lange nicht mehr benutzt worden. Kurz schliesst der Sklave seine Augen ehe er sich im Zeitlupentempo aufrichtet, bis er auf wackligen Beinen vor Yugi steht. Fest blickt er jetzt in seine Augen, die Haltung wirkt schon fast königlich und hat nichts von der Unterwürfigkeit, die für einen Sklaven angebracht wäre.

Kritisch mustert Yugi den Mann, der gut einen Kopf grösser ist, als er selbst. Sein Blick gleitet über den schlanken Körper, der nur von einer kurzen grauen Tunika bedeckt wird, die schon deutlich bessere Tage gesehen hat. Immerhin hat auch er die üblichen Ledersandalen an.

Als er um den Sklaven herumgeht, fallen ihm relativ frische Blutspuren auf, die sich auf seinen Beinen befinden. Mit gerunzelter Stirn folgt er den Spuren bis sie unter dem grauen Stoff verschwinden. Sagen tut er aber nichts. Da er weiter einen kritischen Eindruck hinterlassen möchte, berührt er auch ihn an seinem Gesäss, was ohne eine sichtbare Reaktion ertragen wird. Er hört nur, wie der Sklave ruckartig einatmet.
 

Sich wieder vor ihm hinstellend, verschränkt Yugi die Arme. „Also, dann sag mir mal, was du kannst.“ Die rubinroten Augen mustern ihn ganz genau, ehe er eine Antwort erhält. „Was soll ich denn auf die Frage antworten? Wenn ich Ihnen sage, dass ich mehrere Sprachen beherrsche, dass ich lesen und schreiben kann. Ist das dann die richtige Antwort? Oder wollen Sie wissen, was ich mit meinen Händen machen kann? Gebe ich die falsche Antwort, wird mich der Händler bestrafen.“ Resigniert blickt der Sklave nun zu Boden. Weshalb er nicht sieht, wie Yugi ein kleines Notizbuch aus seiner Jackentasche zieht. „Du sagst, dass du lesen und schreiben kannst. Dann lies mir vor, was hier steht.
 

Auffordernd hält er das Buch dem Sklaven hin, bis dieser es mit einem unsicheren Flackern in den Augen nimmt.

Einen Moment lang mustert er den Einband, ehe er es aufschlägt. „Montag: Lieferung der Seidenstoffe aus China nach Sonnenaufgang am Hafen abholen. Dienstag: Anzu Masaki in der Weberei aufsuchen um neues Leinen zu bestellen. Mittwoch: Rocky und Blacky zu Jono bringen.“ Fragend sieht der Sklave den Mann vor sich an. „Soll ich noch weiterlesen?“ „Nein, das reicht.“ Yugi ist positiv überrascht, doch das lässt er sich nicht anmerken. „Hast du einen Namen?“ Besorgt mustert er den Mann mit der leicht gebräunten Haut. Es ist wirklich deutlich zu sehen, dass der Sklave Fieber hat. Kein Wunder also, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte.

„Mein Name lautet seit fünf Jahren Yami.“ Überrascht zieht Yugi seine Augenbrauen hoch. „Und wie war dein Name vorher?“ „Ich weiss es nicht. Ich kann mich an mein früheres Leben nicht erinnern.“ Deutlich kann Yugi in den Augen von Yami sehen, dass er die Wahrheit sagt. Dann wendet er sich von ihm ab und fixiert den Händler. „Ich biete dir 9 Silbermünzen für den Sklaven.“ Mit verschränkten Armen steht er da und wartet dessen Reaktion ab. Die nicht lange auf sich warten lässt. „Was? Das ist viel zu wenig. Der Sklave ist deutlich mehr wert.“ Empört über das Angebot, sieht er auf den kleineren Mann hinunter. „Ach ja? Der Sklave ist vorhin zusammengebrochen und auch jetzt kann er sich kaum auf den Beinen halten. Ausserdem hat er Fieber und offensichtlich frische Wunden. Wer weiss, wie lange es dauern wird, bis ich ihn voll einsetzen kann.“

Beide fixieren die Augen des anderen, bis schliesslich der Händler den Blick abwendet. „Gut, ich gebe ihn Ihnen für 11 Silbermünzen.“

„Einverstanden. Ich nehme ihn für die 11 Silbermünzen.“ Er zieht seinen Wappenstempel aus der Innentasche seiner Jacke und reicht ihn dem Händler, der das Wappen in ein schwarzes Lederhalsband brennt, dass er Yami grob um den Hals legt, was dieser, ohne mit der Wimper zu zucken, über sich ergehen lässt. Auch diesem Sklaven werden die Hände mit einer groben Schnur zusammengebunden.

In der Zwischenzeit hat Yugi die Münzen aus dem braunen Beutel herausgezählt. „Hier ist das Geld.“ Er zahlt dem Händler den verlangten Preis und bekommt im Gegenzug das Seilende von Yamis Fesseln in die Hand gedrückt.
 

Mit Müh und Not schafft es Yami seinem neuen Besitzer von dem Podest zu folgen. Seine Beine drohen dabei immer wieder einzuknicken. Irgendwie kann er es kaum glauben, dass er tatsächlich gekauft worden ist.

„Hey Alter, ich dachte du willst keinen Sklaven kaufen.“ Grinsend steht Jonouchi vor Yugi. „Das wollte ich auch nicht, aber ich konnte irgendwie nicht anders.“ Schulterzuckend sieht er seinen Kumpel an.

„So kann’s gehen. Jetzt haben wir beide einen Sklaven, aber jetzt gehen wir besser. Ich muss noch zwei Pferde beschlagen.“ Die Hand auf die Schulter von seinem Kumpel legend, deutet Jonouchi mit dem Kopf in Richtung Tor. „Gute Idee. Grossvater wird sich schon fragen, wo ich so lange bleibe.“ Da es inzwischen ziemlich voll ist, müssen sie sich richtiggehend durch die Menschenmenge schlängeln, wobei Yugi immer wieder zu Yami rüber schielt, der trotz seiner leicht gebräunten Haut blass wirkt. „Geht’s?“ Er bereut es jetzt, dass er nicht mit einem der Pferde gekommen ist. „Es geht schon. Es muss.“ Yami versucht seinen neuen Besitzer anzulächeln. Erleichtert holt er tief Luft, als sie schliesslich vor der stickigen Halle stehen.

Langsam gehen sie die Strasse entlang. Plötzlich bleibt Yugi stehen und dreht sich zu seinem neuen Sklaven um. „Also Yami. Ich heisse Yugi und ich will auch, dass du mich so nennst. Verstanden?“ Überrascht nickt Yami bloss.

„Gut. Kann ich darauf vertrauen, dass du nicht abhaust, wenn ich dir jetzt dieses blöde Seil abnehme?“ Wieder kann Yami bloss nicken. Viel zu sehr ist er von diesem Verhalten verwirrt. Im ersten Moment merkt er gar nicht, wie sich Yugi an seinen Handgelenken zu schaffen macht. Als dann jedoch die Klinge eines kleinen Dolches in der Sonne aufblitzt zuckt er zusammen.

„Hier Yugi. Die machen diese doofen Knoten so fest, dass du das Seil durchschneiden musst. Musste ich bei Rishido auch so machen.“ Dankend nimmt Yugi den kleinen Dolch entgegen und nur Sekunden später sind Yamis Hände frei. Unbewusst reibt dieser sich daraufhin die Handgelenke.

„Also Yami, ich habe vorhin nicht übertrieben, dass du krank bist. Wir haben noch ein ganzes Stück zu laufen. Schaffst du das?“ Fragend sieht Yugi sein Gegenüber an. „Ich schaff das schon. Ich wäre nur froh, wenn wir langsam gehen könnten.“ Dass er das Gefühl hat, langsam zu verdursten, sagt er seinem neuen Besitzer nicht. Wer weiss, vielleicht ist es dann mit der Freundlichkeit vorbei? „Das sollte kein Problem sein. Jono kann mit Rishido ja vorgehen, wenn wir ihm zu langsam sind.“

In gemächlichem Tempo gehen sie weiter durch die Strassen, bis sie an einem Marktstand vorbeikommen, wo man Wasser kaufen kann. Sehnsüchtig blickt Yami auf die Flaschen.
 

„Hey Yugi, ich hab ja noch etwas Geld übrig. Ich spendiere dir dafür eine Flasche Wasser.“ Noch bevor Yugi etwas sagen kann, hält er eine Wasserflasche in der Hand und nicht nur er. Jonouchi hat auch an die beiden Sklaven gedacht und ihnen auch je eine Flasche gekauft.

Jede Vorsicht vergessend, beginnt Yami durstig zu trinken. Bis ihm siedend heiss einfällt, dass er das ohne die Erlaubnis von Yugi gar nicht darf.

Auf Schläge gefasst senkt er die Flasche wieder, doch zu seinem Erstaunen sagt niemand etwas zu seinem Verhalten. Im Gegenteil, es wird ihm ein nachsichtiges Lächeln zugeworfen. „Wenn du willst, kannst du meine Flasche auch noch haben.“ Auffordernd hält ihm Yugi sein Wasser hin und nimmt ihm die leere Flasche ab. „Danke.“ Endlich kann er seinen Durst richtig stillen.

Als alle leergetrunken haben, geben sie die Flaschen wieder beim Händler ab und gehen weiter. An einer Kreuzung trennen sich dann ihre Wege. Während Jonouchi und Rishido nach links müssen, schlagen Yugi und Yami den rechten Weg ein.
 

Da sie wirklich langsam laufen und kleine Pausen einlegen, haben sie für die Strecke vom Sklavenmerkt bis zu dem kleinen Laden beinahe eine Stunde gebraucht. Schliesslich stehen sie vor einer grünen Tür, die über drei Treppenstufen zu erreichen ist. „Also da wären wir.“ War Yugi vorher relativ ruhig, ist er jetzt doch nervös. Immerhin weiss sein Grossvater ja noch nicht, dass sie jetzt zu dritt sind.

Zusammen mit Yami betritt er seinen Laden, was das Glöckchen über der Tür zum Bimmeln bringt. „Grossvater! Ich bin wieder da!“ Suchend schaut er sich im Laden um. „Ah Yugi, da bist du ja wieder.“ Grinsend kommt Sugoroku hinter einem der Regale hervor. „Wen hast du denn da mitgebracht?“ Neugierig mustert er den fremden jungen Mann, der hinter seinem Enkel steht. „Ähm, das ist Yami. Yami das ist mein Grossvater Sugoroku.“ Stellt Yugi die beiden Männer einander vor.

Freundlich lächelnd hält Sugoroku dem jungen Mann seine Hand hin. Die nach einem kurzen Zögern ergriffen wird. „Wenn ich das richtig sehe, ist das unser Familiensymbol. Darum heisse ich dich einfach mal in unserer Familie willkommen.“ Mit festem Griff schüttelt er Yamis Hand. „Ähm, danke Sir.“ Erwidert Yami unsicher den Händedruck. „Ach, nenn mich Sugoroku. Mein Junge.“ Erst jetzt löst Sugoroku den Händedruck.
 

„Also Yugi, der Nachmittag war ruhig, du kannst dich also in Ruhe um unseren Familienzuwachs kümmern. Wenn was ist, rufe ich dich.“ Resolut schiebt er seinen Enkel aus dem Laden und da Yami nicht so recht weiss, was er jetzt machen soll, folgt er den beiden einfach mal in den hinteren Teil des Hauses. „So, ich bin dann wieder im Laden.“ Schon ist Sugoroku wieder verschwunden und lässt die beiden jungen Männer allein im Flur zurück.

„Also, dann würde ich sagen, dass wir dich erst in ein heisses Bad und dann ins Bett stecken. Komm mit Yami.“ Zusammen gehen sie durch eine Tür auf der rechten Seite des Flurs. Dahinter verbirgt sich ein schlichtes Badezimmer. Die eiserne Wanne ist gerade gross genug für eine Person und verfügt über zwei Wasserhähne. „Unser Kaiser hat vor ein paar Jahren seine Magier dafür Sorgen lassen, dass alle Bewohner der Städte in der Küche und im Bad fliessendes Wasser in heiss und kalt haben.“ Stolz beginnt Yugi das heisse Wasser in die Wanne laufen zu lassen, bis diese zur Hälfte gefüllt ist. Dann dreht er sich wieder zu Yami um. „Ich schau mal, ob ich noch irgendwo Sachen habe, die dir passen könnten und du machst es dir solange in der Wanne gemütlich.“ In der Tür dreht sich Yugi noch mal um. „Du kannst das Halsband übrigens ausziehen, solange du das Haus nicht verlässt.“ Mit diesen Worten verlässt Yugi das Badezimmer und lässt einen verwirrten Yami zurück.

Nach kurzem Zögern löst er dann das Leder um seinen Hals, wofür er den Spiegel über dem Waschbecken als Orientierungshilfe benutzt. Dann zieht er sich die verschlissene Tunika über den Kopf und lässt sich in das angenehm heisse Wasser gleiten.
 

Unterdessen geht Yugi auf den Dachboden, wo sie in einer Kiste die Kleidung von seinem Vater aufbewahren. Da Yami etwa gleich gross ist, wie sein Vater es war, könnten ihm die Sachen so halbwegs passen. Ausserdem ist alles besser, als diese verschlissene Tunika.

Bepackt mit zwei Hosen und zwei Hemden geht Yugi wieder nach unten ins Badezimmer. Ohne anzuklopfen betritt er den Raum, was Yami im Wasser erschrocken hochfahren lässt. „Keine Sorge, ich bin es nur. Ich hab dir hier Sachen rausgesucht. Vermutlich sind sie dir etwas zu gross, aber sie werden ihren Zweck erfüllen, bis wir dir neue Sachen besorgt haben.“ Yugi versucht möglichst ruhig zu sprechen, da er merkt, wie ihn Yami misstrauisch beobachtet und legt die Sachen auf den kleinen Hocker, der neben der Toilette an der Wand steht.

Mit ruhigen Schritten geht er zu dem Schrank neben der Tür und nimmt eines der grossen Handtücher heraus und legt es neben der Wanne auf den Boden. „Komm bitte ins Wohnzimmer, wenn du fertig bist. Das ist die Treppe hoch, der Raum auf der rechten Seite. Ich zeige dir dann dein Zimmer.“
 

Erst als Yugi wieder weg ist, kann sich Yami wieder entspannen. Trotzdem beeilt er sich in der Wanne. Will er doch die Geduld seines neuen Herrn nicht zu sehr belasten. Bedauernd steigt er aus dem warmen Wasser und nimmt sich das bereitgelegte Handtuch. Schnell trocknet er sich ab und schlüpft in eine der braunen Hosen. Sie ist wirklich ein wenig zu gross, rutscht ihm aber wenigstens nicht runter. Dann greift er zu einem der beigen Hemden. Auch das ist etwas zu gross, aber wenn er die Ärmel hochkrempelt, geht es. Kurz überlegt er, ob er das Halsband wieder anziehen soll, lässt es dann aber darauf ankommen und legt es zu den restlichen Sachen, die er auf den Arm nimmt. Barfuss verlässt er das Badezimmer und geht, wie befohlen, die Treppe nach oben und dann in den Raum auf der rechten Seite.

Dort wird er schon von Yugi erwartet. „Das ging aber schnell und die restlichen Sachen hast du auch dabei. Super. Dann kann ich dir ja gleich dein Zimmer zeigen.“ Er deutet Yami an, dass er ihm folgen soll und geht aus dem Wohnzimmer. „Das Badezimmer kennst du ja schon. Wenn du es benutzt, drehe einfach das kleine Schild an der Tür um. Das ist unser Zeichen, dass es besetzt ist. Die Küche ist genau unter dem Wohnzimmer und neben dem Badezimmer der einzige andere private Raum im Erdgeschoss. Den Laden kennst du ja schon und dann gibt es noch das Lager, aber ich werde dir alles zeigen, wenn du dich ausgeruht hast. Hier oben sind das Wohnzimmer und die Schlafzimmer von Grossvater und mir. Das da ist seines und das hier ist meins.“ Yugi führt Yami durch die Tür zu seinem Zimmer.

Es ist relativ geräumig und bietet genug Platz für ein grosses Bett auf der rechten Seite und einen Schrank auf der linken Seite. Unter dem Fenster steht ein Tisch mit einem Stuhl davor. Neben dem Schrank sieht Yami noch eine Tür, auf die Yugi jetzt zusteuert.

Mit einem auffordernden Blick zu Yami öffnet er die Tür und geht mit ihm hindurch.

„Das hier ist mein früheres Kinderzimmer.“ Er deutet auf das schmale Bett und den kleinen Schrank. „Ich will dich nicht im Stall schlafen lassen und dachte daher, dass du das Zimmer haben kannst. Leider gibt es nur diese eine Tür, die in mein Zimmer führt. Vermutlich haben sie das damals so gemacht, damit wir Kinder nachts nicht abhauen konnten.“ Entschuldigend sieht Yugi Yami an. „Ich hoffe, das stört dich nicht.“
 

Sich genau umschauend geht Yami durch den kleinen Raum und legt sein Kleiderbündel auf den Tisch, der auch hier, zusammen mit einem Stuhl, unter dem Fenster steht, dann dreht er sich zu Yugi um. „Es ist toll. Ich hoffe nur, dass ich dich nicht störe, wenn...“ Plötzlich wird ihm schwindlig. Er glaubt schon zu stürzen, als sich zwei Arme um seinen Oberkörper schlingen und ihn die paar Schritte zum Bett stützen, wo er sich mit etwas Hilfe hinsetzt. „Komm leg dich hin.“ Ganz langsam kommt Yami der Aufforderung nach und ist auch schon fast eingeschlafen, als er von Yugi zugedeckt wird. Er spürt nicht mal mehr, wie ihm eine Hand auf die Stirn gelegt wird.
 

Besorgt mustert Yugi den Schlafenden. Natürlich ist das Fieber in den letzten Stunden nicht gesunken. Er überlegt, ob er Yami noch einmal aufwecken soll, entscheidet sich dann aber dagegen. Wie sagte seine Mutter immer, die beste Medizin ist Schlaf und bestimmt weiss sein Grossvater was zu tun ist. Leise verlässt er das Zimmer und zieht die Tür hinter sich zu. Dann geht er runter in den Laden.
 

Sugoroku ist gerade am Halstücher sortieren, als Yugi reinkommt. Überrascht sieht ihn der alte Mann an. „Nanu, wo hast du denn Yami gelassen?“ Die Tücher zur Seite legend, wendet er sich zu seinem Enkel um, der sich neben ihn auf den Tresen setzt.

„Er schläft und ich wäre froh, wenn du später mal nach ihm sehen könntest. Mir ist nämlich schon auf dem Markt aufgefallen, dass er Fieber hat. Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.“ Besorgt sieht er seinen Grossvater an, der ihn nachdenklich mustert. „Ist dir an ihm sonst noch etwas aufgefallen?“

„Naja, er ist auf dem Markt wohl zusammengebrochen, darum habe ich ihn überhaupt erst bemerkt und dann habe ich an seinen Beinen relativ frische Blutspuren gesehen und er scheint länger nichts getrunken zu haben. Zumindest hat er auf dem Heimweg fast zwei Flaschen Wasser getrunken.“ Yugi überlegt, ob ihm noch etwas einfällt, doch das war alles.

„Hat er denn auch Wunden an den Beinen?“

„Ähm, nein. Zumindest habe ich keine gesehen.“

„Dann kannst du dir ja denken, was das bedeutet. Nehme ich mal an.“

„Ja, leider, aber was hat das mit seinem jetzigen Zustand zu tun?“ Fragend sieht Yugi seinen Grossvater an, während er mit einem der Halstücher rumspielt. „Ich würde mal sagen, dass er mindestens in den letzten Tagen mehr durchgemacht hat, als sein Körper verkraften konnte. Darum glaube ich nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen. Sorge einfach dafür, dass er genug zu trinken hat und heute Abend stellen wir ihm eine gute Suppe hin, die er auch noch kalt essen kann, wenn er bis dahin nicht aufgewacht ist.“ Um zu verhindern, dass Yugi das Halstuch noch komplett zerknittert, nimmt Sugoroku ihm das Tuch aus den Händen und legt es zu den anderen Tüchern in den grossen Weidenkorb. „Er braucht jetzt vermutlich einfach nur Ruhe und wenn er sich wieder erholt hat, besorgen wir ihm richtige Schuhe und anständige Kleidung.“

Während Sugoroku redet, nimmt er den Korb und stellt ihn zurück an seinen Platz.
 

Durch die Worte von seinem Grossvater beruhigt, springt Yugi vom Tresen runter. „Gut, dann stelle ich ihm ein paar Flaschen mit Wasser neben sein Bett und dann gehe ich in den Stall.“

„Ja, mach das mein Junge.“ Grinsend sieht Sugoroku seinem Enkel nach und hofft, dass seine Theorie wirklich stimmt.
 

  

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*Hinter dem Sofa hervorschielt* Ich hoffe ihr seid mir nicht all zu böse, dass es Yami nicht wirklich gut geht, aber jetzt kann er sich ja erholen.

 

Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Meinung oder Gedanken mitteilt. Natürlich ist das kein muss.

 

LG eure mrs_ianto

Ein erster Schritt

Hallo zusammen,

 

ich habe noch eine kleine Fortsetzung vom nächsten Kapitel für euch, darum ist es relativ kurz.

Leute, ihr macht mich sprachlos. Eure Kommis sind so toll und dann auch noch die vielen Favoriteneinträge. Ich danke euch und wünsche viel Spass mit dem Kapitelchen.

 

 

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Kapitel 3: Ein erster Schritt

 

 

 

Nach dem Abendessen geht Yugi bewaffnet mit einer Öllampe und einer Schüssel Suppe für Yami die Treppe hoch und steuert die Tür zu seinem Schlafzimmer an. Es ist eigentlich schon unpraktisch, dass er durch sein eigenes Zimmer gehen muss, um in das von Yami zu kommen. Vielleicht können sie ja später für ihn eine eigene Tür, die direkt in den Flur führt, einbauen, aber eins nach dem anderen. Jetzt muss er sich erst mal erholen.
 

Vorsichtig, um die Suppe nicht aus Versehen zu verschütten, öffnet Yugi erst seine, dann Yamis Zimmertür. Leise, um den Schlafenden nicht zu wecken, geht er zum Tisch und stellt die Suppenschüssel und die Lampe darauf ab und legt den Löffel daneben.

Als er zu dem Bett sieht, erkennt er, dass der andere wohl mal wach gewesen sein muss, da eine der beiden Flaschen Wasser, die er am Nachmittag hochgebracht hatte, beinahe komplett leergetrunken ist.

Trotzdem macht er sich immer noch Sorgen, weshalb er sich auf die Bettkante setzt und seine Hand prüfend auf die Stirn des Schlafenden legt. Er kann jetzt nicht sagen, ob das Fieber etwas zurückgegangen ist, aber immerhin scheint es nicht weiter gestiegen zu sein.

Gerade als er die Hand zurückziehen will, bemerkt er, wie sich Yami zu regen beginnt und langsam aufwacht. Es dauert einen Moment, doch dann fixieren ihn die rubinroten Augen. Yugi ist sich nicht bewusst, dass er immer noch seine Hand auf Yamis Stirn liegen hat, bis er den misstrauischen Ausdruck in dessen Blick und die angespannten Muskeln bemerkt. Sofort nimmt er seine Hand weg, um Yami nicht noch mehr zu beunruhigen.

„Hey, wie geht es dir?“ Fragend sieht er den Liegenden an und wartet geduldig auf eine Antwort.

Yami überlegt erst genau, was er antworten soll. „Es geht so.“ Mehr sagt er nicht, da er nicht wirklich weiss, wie er seinen neuen Besitzer einordnen soll. Zwar wirkt er bis jetzt freundlich, aber auf den ersten Eindruck ist nicht immer verlass.
 

Die Antwort ist so vorsichtig ausgesprochen, dass Yugi sich nicht zurückhalten kann und seine Hand auf Yamis Schulter legt. Dabei merkt er deutlich, wie sich die Muskeln unter seinen Fingern noch weiter anspannen, trotzdem lässt er die Hand wo sie ist. „Grossvater hat Suppe gekocht. Magst du was essen, oder willst du lieber noch warten? Dann ist aber vermutlich die Suppe kalt.“

Es dauert einen Moment, doch dann richtet sich Yami langsam auf, was Yugis Hand von dessen Schulter auf den Arm rutschen lässt, weshalb er sie schliesslich ganz zurückzieht.

„Ich habe schon etwas Hunger.“ Zwar traut er der Situation noch nicht so ganz, aber es scheint so, dass sein neuer Besitzer im Moment wirklich nichts von ihm will und auch das Lächeln, mit dem er jetzt angesehen wird, wirkt ehrlich.

„Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen. Kannst du aufstehen oder soll ich dir die Suppe herbringen?“ Um Yami nicht weiter zu bedrängen, steht Yugi auf und wartet neben dem Bett stehend, auf eine Reaktion.
 

Abschätzend sieht Yami zum Tisch. Er fühlt sich zwar schwach, aber die paar Schritte sollte er schon schaffen. Ausserdem hat er seit dem gestrigen Morgen nichts mehr gegessen und wirklich grossen Hunger. Entschlossen schlägt er die Decke zurück und setzt sich auf die Bettkante.

Inzwischen bemerkt er die Spuren der Stockschläge ziemlich deutlich, was vermutlich daran liegt, dass sein Adrenalinspiegel in den letzten Stunden wieder gesunken ist. Er weiss zwar nicht, woher er das Wissen hat, aber darüber macht er sich schon lange keine Gedanken mehr.

Als er glaubt, dass seine Beine ihn tragen werden, steht er langsam auf.
 

Da Yami leicht schwankt, greift Yugi nach dessen Arm und lässt ihn auch nicht los, als er den erschrockenen Blick sieht. „Ich helfe dir.“ Gemeinsam gehen sie die vier, fünf Schritte zu dem kleinen Tisch, wo sich Yami vorsichtig hinsetzt. Da dieser nun zögert, schiebt ihm Yugi die Schüssel mit der Suppe hin. „Hier, iss so viel du magst.“ Auffordernd blickt er Yami an, der ihn seinerseits prüfend ansieht, ehe er nach dem Löffel greift.

Am Anfang isst er noch zögerlich, als würde er auf irgendetwas warten, doch dann scheint ihm bewusst zu werden, dass die Suppe wirklich für ihn ist, und beginnt mit offensichtlichem Appetit zu essen.
 

Um ihm etwas mehr Raum zu geben, setzt sich Yugi auf das Bett, was die einzige andere Sitzmöglichkeit im Zimmer ist. Unauffällig beobachtet er seinen neuen Mitbewohner.

Offensichtlich ist Yami extrem erschöpft und scheint seine Maske der Gleichgültigkeit, die er auf dem Sklavenmarkt noch getragen hatte, nicht mehr aufrecht halten zu wollen oder zu können. Je länger Yugi ihn ansieht, desto mehr wird ihm bewusst, dass es Zeit und Geduld brauchen wird, bis der andere ihm wirklich vertraut.
 

Es dauert eine Weile bis Yami den Löffel wieder zu Seite legt. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er das Gefühl wirklich satt zu sein, was sich gut und irgendwie entfernt vertraut anfühlt.

In den letzten Minuten hat er seinen Besitzer komplett ausgeblendet gehabt, wird sich jetzt jedoch wieder bewusst, dass er nicht allein im Zimmer ist. Im Augenwinkel sieht er Yugi von dem Bett aufstehen, blickt aber nicht von der leeren Suppenschüssel hoch.
 

„Du hast ja alles geschafft.“ Überrascht schaut Yugi zu Yami. „Hattest du genug oder soll ich dir noch eine Portion hochbringen?“ Fragend sieht er den Sitzenden an, der den Blick jedoch nicht erwidert und auch sonst keine Regung von sich gibt.

Vorsichtig greift er unter Yamis Kinn und zwingt ihn so, zu ihm aufzusehen. „Hey, ich beisse nicht.“ Seufzend lässt er ihn wieder los. „Schau, ich weiss nicht wirklich, was dir alles passiert ist und ich weiss, dass du mich nicht kennst und auch nicht freiwillig hier bist, aber ich habe trotzdem eine Bitte an dich. Versuche mir einfach zu vertrauen. Nur ein wenig. Mehr verlange ich gar nicht.“

Es dauert einen Moment, in dem ihm Yami einfach nur schweigend in die Augen sieht, als würde er versuchen in ihnen zu lesen. Gelassen erwidert Yugi den Blick, auch wenn er sich zusammenreissen muss, dass nun er die Augen nicht abwendet. Hat er doch das Gefühl, als würde Yami nun durch seine Maske dringen und ihn durchschauen, dann nickt Yami zögerlich. „Okay.“ Mehr sagt er nicht, aber in diesem einen Wort ist ein ganzer Schwall an Sätzen verborgen und das ist sich Yugi mehr als bewusst. „Gut. Also, willst du noch mehr essen?“

Wieder blickt Yami auf die leere Suppenschüssel, ehe er wieder zu Yugi sieht. „Nein danke. Ich bin satt. Allerdings müsste ich mal ins Bad.“ Gespannt wartet er auf die Reaktion und wird positiv überrascht. „Dann geh ruhig. Denk einfach daran, das kleine Schild umzudrehen. Rot bedeutet besetzt, grün frei.“ Yugi nimmt das benutzte Geschirr vom Tisch, die Lampe lässt er stehen, immerhin brennen im Flur je eine Lampe oben und unten bei der Treppe und folgt Yami aus dem Zimmer. „Ach ja, ich weiss nicht, ob ich es schon gesagt habe, aber du kannst dich im Haus und auch im Hinterhof ruhig frei bewegen. Wenn du ganz raus willst, gib einfach kurz Bescheid und denke dann an das Lederband.“ Während er geredet hat, haben sie die Treppe erreicht.

Wieder sieht ihn Yami mit diesem Blick an, als würde er in ihm zu lesen versuchen. „Okay.“

Bevor sie sich am Fuss der Treppe trennen, dreht sich Yami zu ihm um, sieht ihn aber nicht an, stattdessen fixiert er die Öllampe an der Wand. „Danke für das Essen und für... alles.“ Er wirkt immer noch vorsichtig, scheint aber für sich einen Entschluss gefasst zu haben.

Während Yugi nur überrascht nickt, wendet er sich zu der Badezimmertür um. Kurz mustert er das grüne Schild, ehe er es umdreht, so dass nun die rote Seite sichtbar ist. Erst dann betritt er das Badezimmer und schliesst sogar die Tür hinter sich.
 

Glücklich geht Yugi in die Küche, Yami hat geredet, ohne dass er ihn vorher etwas gefragt oder ihn dazu aufgefordert hat.

„Ah Yugi, mein Junge. Hat ihm die Suppe geschmeckt?“ Sugoroku sitzt am Tisch und liest im Licht einer Öllampe in einem ihrer alten Bücher. Da die Küche der wärmste Raum ist, sitzen sie gern hier zusammen, wenn es draussen noch relativ kühl ist.

„Ja, sogar so gut, dass er die ganze Schüssel geleert hat, nachdem ich ihn überzeugt habe, dass sie wirklich für ihn ist.“ Während er redet, spült er die benutzten Sachen und trocknet sie ab.

Erst als er alles aufgeräumt hat, setzt er sich zu seinem Grossvater an den Tisch.

„Wie geht es ihm eigentlich?“ Sugoroku legt ein Stück Stoff als Lesezeichen zwischen die Seiten, ehe er das Buch schliesst und seinen Enkel aufmerksam ansieht.

Seufzend reibt sich Yugi übers Gesicht. „Schwer zu sagen. Das Fieber ist jedenfalls nicht gestiegen und nach dem Essen schien es ihm deutlich besser zu gehen.“ Bedrückt fixiert Yugi einen Kratzer in der hölzernen Tischplatte. „Das hört sich nach einem Aber an.“

Traurig lächelt Yugi daraufhin. „Ich glaube, ich habe ihn vorhin ohne Maske gesehen und er hat wohl ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht. Jedenfalls scheint er immer zu befürchten, dass ich ihm eine Falle stelle. Was soll ich nur machen, damit er merkt, dass er mir vertrauen kann?“ Auf Antwort hoffend sitzt er auf seinem Stuhl und sieht seinen Grossvater an.

Sugoroku überlegt ziemlich lange, ehe er antwortet. „Ich würde sagen, gib ihm Zeit und sei du selbst. Sklaven können sehr gut in Menschen lesen, vermutlich weil das ihr einziger Schutz ist. Ausserdem hängt vieles davon ab, wie lange er schon ein Sklave ist.“

Verwirrt sieht Yugi ihn an. „Wie meinst du das? Wie lange er schon ein Sklave ist?“
 

Mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht lehnt sich Sugoroku zurück. „Wie ich das meine? Naja, er scheint mir nicht als Sklave geboren worden zu sein. Kein geborener Sklave hat so eine Haltung und so einen Ausdruck in den Augen, wie er. Also nehme ich an, dass er irgendwann versklavt worden ist. Weisst du vielleicht etwas über seine Vergangenheit?“
 

Eine Weile lang ist es still in der Küche, während Yugi über die Worte von seinem Grossvater nachdenkt. „Mal überlegen. Er sagte, dass er sich nur an die letzten fünf Jahre erinnern kann. Er weiss noch nicht einmal, wie sein richtiger Name lautet. Ach ja und er sagte, dass er mehre Sprachen beherrscht. Ausserdem kann er lesen und wohl auch schreiben...“ Yugi stockt ein paar Sekunden, ehe er weiter redet. „Und er hat auf meine Frage, was er kann nicht so geantwortet, wie man es von einem Sklaven erwarten würde. Im Gegenteil, er hat gefragt, was er denn antworten soll, denn wenn er die falsche Antwort geben würde, würde er bestraft werden.“
 

„Hmmm...“ Nachdenklich reibt sich Sugoroku das Kinn. „Also leidet er an Gedächtnisverlust. Ich sage dir jetzt mal was ich denke. Yami hat meiner Meinung nach eine umfassende Schulbildung genossen, bevor er versklavt worden ist und ich glaube, das ist erst passiert, als er schon erwachsen war. Ich kann mich aber natürlich auch täuschen.“

Mit grossen Augen sieht Yugi zu seinem Grossvater. „Du glaubst also, dass er früher ein freier Mensch war? Aber was hat das mit seinem jetzigen Verhalten zu tun? Und was soll ich denn jetzt machen?“

„Ja, das glaube ich. Und was das mit seinem jetzigen Verhalten zu tun hat? Ich versuche es dir zu erklären. Solange er sich erinnern kann, hat er wohl schlechte Erfahrungen gemacht und du weisst, welche ich unter anderem meine. Er hat gelernt als Sklave zu leben, weil er nichts anderes kennt, aber da steckt irgendwo immer noch der freie Mann in ihm, selbst wenn er sich nicht an ihn erinnern kann. Darum hat er vermutlich auch schwerer mit dem Erlebten zu kämpfen als ein geborener Sklave. Ausserdem scheint im Moment durch das Fieber und die Erschöpfung nun der Schild, den er um sein Inneres aufgebaut hat zu bröckeln. Das macht ihn verletzlicher denn je. Was du jetzt machen sollst? Wie schon gesagt, sei du selbst. Sei für ihn da, wenn er dich braucht und zeige ihm, dass er hier in diesem Haus kein Sklave ist und ich bin mir sicher mit der Zeit werden wir den wahren Yami kennenlernen. Denn er ist immer noch da drin, das habe ich in seinen Augen gesehen.“ Während seiner Erklärung hat sich Sugoroku vorgebeugt und die Hand auf Yugis Arm gelegt.

Jetzt sieht er ihn ernst an und wartet darauf, dass sein Enkel das Gesagte verarbeitet hat. Das dauert eine ganze Weile, in der sie einfach nur schweigend dasitzen. doch dann lächelt ihn Yugi an. „Ich werde es versuchen. Und wer weiss, vielleicht hast du ja sogar recht, was Yamis Vergangenheit angeht.“ Erleichtert, dass er nun eine mögliche Erklärung für dessen Verhalten hat, steht Yugi auf. „Ich gehe jetzt ins Bett. Der Tag war schon verdammt anstrengend. Gute Nacht Grossvater und danke, du hast mir wirklich sehr geholfen.“ Er gibt dem alten Mann noch einen kleinen Kuss auf die Wange, ehe er aus der Küche geht.
 

Lächelnd sieht Sugoroku seinem Enkel nach. Ist es doch schon ewig her, dass er ihm ein Küsschen gegeben hat. Ausserdem ist er unglaublich stolz darauf, wie sich der Junge Yami gegenüber verhält.
 

Als Yugi in sein Zimmer kommt, blickt er unwillkürlich zu der Tür, die zu Yamis Zimmer führt. Sie ist geschlossen. Kurz zögert er, doch dann geht zu ihr und klopft leise an. Da er nichts hört, verzichtet er darauf, sie zu öffnen. „Gute Nacht Yami.“ Er weiss nicht, ob ihn der andere gehört hat.

Obwohl es im Zimmer relativ dunkel ist, verzichtet er darauf die Öllampe auf seinem Nachttisch anzuzünden. Das Licht er grossen Öllampe, die draussen die Strasse erhellt reicht ihm aus, um alles zu finden.

Nachdem er sich sein Schlafshirt angezogen hat, kriecht er fröstelnd unter die Decke und kuschelt sich ein. Während er seine Gedanken schweifen lässt, schläft er ein.
 

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Ja es ist nur ein kurzes Kapitel. Nur knapp über 2000 Wörter lang und ich bin nicht wirklich zufrieden damit, aber ich finde es trotzdem wichtig. Da ich finde, dass hier klar wird, dass auch Yami nicht alles einfach so wegstecken kann.

Ich weiss, dass Yami hier wohl ziemlich Out of Charakter ist, aber denkt bitte daran, dass er krank ist und eine sehr anstrengende Zeit hinter sich hat. Ich glaube, da darf jeder mal schwach und unsicher sein.

 

So, ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen (auch wenn gefallen wohl etwas falsch formuliert ist).

 

Eure mrs_ianto

 

Wüstenfisch

Hallo zusammen,

 

ich weiss, der Kapiteltitel ist seltsam, aber ihr werdet ihn verstehen, wenn ihr es lest. ;-)

 

Viel zu sagen habe ich eigentlich nicht, darum viel Spass mit dem Kapitel.

 

 

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Kapitel 4: Wüstenfisch

 

 

 

Als Yami am nächsten Morgen aufwacht, steht auf dem Tisch unter dem Fenster ein Teller mit einem Brötchen und einem Apfel. Sowie zwei neue Flaschen Wasser. Trotzdem bleibt er noch einen Moment auf der Seite liegen und geniesst es, allein in einem richtigen Bett sein zu können.

Als sich dann aber sein Magen mit einem lauten Knurren zu Wort meldet, schlägt er die Decke zurück und steht vorsichtig auf. Nicht, dass ihm wieder schwindlig wird, aber der Schwindel bleibt aus, also geht er die paar Schritte zu dem Tisch und setzt sich auf den alten Holzstuhl.

Erstaunt blickt er auf den gut gefüllten Teller, der da so einladend dasteht. Vom Bett aus, hatte er nämlich nicht gesehen, dass auch etwas Fleisch auf dem Teller liegt. Ungläubig blickt er zur Tür, erwartet schon beinahe, dass jemand reinkommt und ihm verbietet sich etwas davon zu nehmen, doch dann greift er sich das Brötchen, bricht es in der Mitte auseinander und legt das Fleisch zwischen die beiden Hälften. Hungrig beginnt er zu essen, geniesst dabei jeden einzelnen Bissen.

Nach einem Schluck Wasser greift er auch nach noch nach dem Apfel. Mit beiden Händen umfasst er ihn, fühlt die glatte Haut, die Festigkeit. Erst dann beisst er beherzt zu und wird von der süsse des Obstes überrascht. Den Geschmack auskostend isst er auch noch den Apfel, obwohl er nicht mehr hungrig ist.

Nachdem er fertig ist, steht er auf und zieht sich eine frische Hose und das andere Hemd an, ehe er den leeren Teller und die Apfelreste nimmt. An seiner Tür zögert er aber kurz. Darf er überhaupt einfach so rausgehen? Dann fällt ihm wieder ein, was Yugi zu ihm gesagt hat. Trotzdem zittert seine Hand leicht, als er die Türklinke runterdrückt und die Tür öffnet.

Langsam geht er durch das fremde Schlafzimmer auf die zweite Tür zu, die auch geschlossen ist. Innerlich macht er sich schon darauf gefasst, dass diese abgeschlossen ist, doch sie öffnet sich unter seiner Hand. Immer noch unsicher tritt er in den Flur, der nun durch das Tageslicht aus dem Wohnzimmer leicht erhellt wird. Darum kann er alles relativ gut erkennen, weshalb er nach einem tiefen Atemzug auf die Treppe zugeht.
 

Im Erdgeschoss angekommen, muss er sich kurz orientieren. Links ist das Badezimmer und rechts sollte es doch zur Küche gehen, wenn er sich richtig erinnert. Tatsächlich ist der nächste Raum, der den Flur hier unten etwas erhellt, die Küche.

Als er in den warmen Raum tritt, sieht er Sugoroku, der an einem grossen Holztisch sitzt und Kartoffeln schält. Er will sich schon entschuldigen, da wird er von ihm bemerkt.
 

Überrascht den jungen Mann zu sehen, lässt Sugoroku sein Messer sinken. „Hallo Yami. Geht’s dir etwas besser? Komm doch rein.“ Besorgt blickt er Yami an, der trotz seiner leicht gebräunten Haut immer noch blass wirkt und unschlüssig im Raum steht, den leeren Teller in den Rest des Apfels in den Händen.

„Hallo, ich wollte nur den Teller runterbringen.“ Unsicher, was er jetzt tun soll, blickt sich Yami in der Küche um. Bemerkt dadurch nicht, dass Sugoroku aufgestanden ist, bis ihm dieser die Sachen aus den Händen nimmt. Leicht erschrocken, zuckt er beinahe unmerklich zusammen. So ein Fehler darf ihm nicht noch einmal passieren.
 

Natürlich bemerkt Sugoroku, dass Yami zusammenzuckt, sagt aber nichts dazu. „Danke, das wäre nicht nötig gewesen, aber da du schon mal da bist, setz dich doch etwas zu mir.“ Freundlich lächelnd deutet er auf einen der Stühle, ehe er zu der Spüle geht, um den Teller abzuwaschen, die Apfelreste legt er in eine kleine Schüssel, die daneben steht und schon die Überreste eines anderen Apfels enthält. Die bekommen dann später die Pferde.

Aus dem Augenwinkel, sieht er, wie Yami kurz sehnsüchtig zur Tür schielt. „Du musst nicht hierbleiben, wenn du nicht willst.“

Ertappt sieht Yami zu dem alten Mann, der mit dem Rücken zu ihm an der Spüle steht. „Das ist es nicht, ich wollte nur eigentlich...“ „Na los geh schon.“ Unterbricht ihn Sugoroku mit einem auffordernden Blick, was sich Yami nicht zweimal sagen lässt. Schnell geht er aus der Küche zum Badezimmer. Mit einer Hand dreht er das Schild um, ehe er durch die Tür den kleinen Raum betritt und sie hinter sich schliesst. Durch das Verhalten von Sugoroku etwas sicherer, steuert er die Badewanne an und zieht sich aus. Irgendwie hat er das dringende Bedürfnis sich gründlich zu waschen.

Geniessend lässt er das warme Wasser über seinen Körper laufen, bis ihm einfällt, dass er nicht nachgeschaut hat, wo die Seife ist. Doch zum Glück liegt sie gut erreichbar auf einer kleinen Ablage.
 

Nach der Dusche stellt er sich an das kleine Waschbecken. Wo er sich einen Moment lang ratlos umblickt, bis er einen kleinen Zettel entdeckt, der an der Wand lehnt.
 

‚Hallo Yami. Im Schrank über dem Waschbecken findest du, was du brauchst.’
 

Neugierig öffnet er den besagten Schrank. Darin befinden sich vier Ablagebretter, drei sind mit ihren Namen angeschrieben. Das vierte scheint für alle zu sein.

In dem Fach mit seinem Namen, findet er einen Tonbecher, in dem eine Zahnbürste steht. Daneben liegt ein Kamm aus Holz und ein kleines Gefäss, das Zahnpasta enthält. Ungläubig blickt er auf die Sachen, die offensichtlich nur für ihn gedacht sind.
 

Sich so sauber wie schon lange nicht mehr fühlend, verlässt Yami das Badezimmer und dreht das Schild wieder um. Einen Moment lang überlegt er, ob er wieder in sein Zimmer gehen soll, doch dann geht er zur Küche, aus der er leise Stimmen hört.
 

„Es ist unglaublich, aber Blacky hat es schon wieder geschafft, sich eine Schramme über dem Auge einzufangen.“ Hört er eine Stimme sagen, welche er als die von Yugi erkennt.

„Du weisst doch, wie er ist. Hast du sie denn schon versorgt? Hey Yami, setz dich ruhig zu uns.“ Da Sugoroku immer noch in Richtung Tür sitzt, sieht er den jungen Mann vor Yugi, der an der Anrichte lehnt und einen Becher in der Hand hält, sich aber jetzt auch zu ihm umwendet.

Fragend blickt Yami zu Yugi, der ihm freundlich lächelnd zunickt. Weshalb er sich auf einen der Stühle setzt. Allerdings erstarrt er kurz darauf, als ihm Sugoroku ohne Vorwarnung die Hand erst auf die Stirn, dann an seinen Hals legt. „Gut, du scheinst kein Fieber mehr zu haben. Wirkst aber noch ein wenig blass. Wie fühlst du dich denn?“ Aufmerksam wird er von dem alten Mann gemustert, so als würde der sofort merken, wenn er nicht die Wahrheit sagt. „Ich... noch etwas müde, aber sonst gut.“
 

„Dann solltest du dich heute noch schonen.“ Meldet sich Yugi nun das erste Mal zu Wort, während er ihm einen Becher Wasser hinstellt. „Lass es ruhig angehen. Morgen kommt eine Lieferung und wir wären froh, wenn du uns dann helfen könntest.“ Da Yugi spürt, dass es Yami beunruhigt, wenn er ihn zu lange ansieht, wendet er sich wieder seinem Grossvater zu. „Ja, ich habe die Schramme schon mit Heilsalbe behandelt und die Haut um die Wunde ist auch nicht heiss.“ Zufrieden nickt Sugoroku bei der Antwort, während er die geschälten Kartoffeln in Scheiben schneidet. „Dann sollte die Wunde ja bald wieder verheilt sein. Wann musst du denn Morgen am Hafen sein?“

Seufzend blickt Yugi zu dem Topf auf dem Herd, wo eine Art Gulasch vor sich hin kocht und rührt kurz darin. „Ich muss gleich nach Sonnenaufgang los. Du wirst also den Laden aufmachen müssen. Ich hoffe nur, dass es nicht wieder den ganzen Morgen dauert, bis ich wieder hier bin.“
 

Schweigend sitzt Yami da und hört dem Gespräch der beiden Männer zu. Die sich so verhalten, als wäre er gar nicht da.

Gerade sieht er, wie Sugoroku die geschnittenen Kartoffeln in die Bratpfanne fallen lässt, die er dann an Yugi weiter reicht.
 

„Naja, die Lieferung kommt doch aus China. Dann könnte es wirklich länger dauern. Denn bestimmt sprechen die wieder nur ein paar Bruchstücke Japanisch.“ Grinsend sieht er seinen Enkel an, der die Pfanne auf eine der heissen Herdplatten stellt. „Vielleicht solltest du mal etwas mehr Chinesisch lernen. Dann würde es bestimmt schneller gehen.“

Seufzend blickt Yugi daraufhin an die Decke. „Ja oder ich suche mir einen Dolmetscher, der keinen Wucherpreis verlangt und die sind ja bekanntlich so häufig wie ein Fisch in der Wüste.“
 

„Ich spreche Chinesisch.“ Meldet sich Yami spontan, aber leise zu Wort. Senkt dann aber gleich den Blick, als er plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Hoffentlich hat er jetzt keinen Fehler gemacht.
 

Überrascht blicken ihn Yugi und Sugoroku an. „Du sprichst Chinesisch? Also so richtig und nicht nur ein paar Brocken?“ Fragt Yugi nach und setzt sich Yami gegenüber an den Tisch. „Ja, so richtig. Ich kann auch die Schrift lesen.“ Unsicher hebt Yami wieder den Kopf und sieht in ein erfreutes Gesicht. „Dann würde ich sagen, dass du heute früh schlafen gehst. Damit du morgen auch fit bist und mitkommen kannst.“
 

Lachend legt Sugoroku die Hand auf Yamis Schulter, nimmt sie aber schnell wieder weg. „Du hast Yugi gerade eine riesen Freude gemacht mein Junge.“ Immer noch grinsend steht er auf und räumt die Sachen vom Tisch, die jetzt nicht mehr gebraucht werden.
 

Ratlos blickt Yami zwischen den beiden Mutos hin und her. Bis ihm Yugi erklärt, was los ist. „Die Chinesen sind der Meinung, dass wir alle ihre Sprache können müssen. Deshalb ist ihr Japanisch, wenn überhaupt, nur in Bruchstücken vorhanden und auch ich kann leider nur ein paar Brocken Chinesisch. Was die Preisverhandlungen immer extrem in die Länge zieht. Darum bin ich jetzt so froh, dass du Chinesisch kannst.“
 

„Tja, dann hast du wohl deinen Wüstenfisch gefunden.“ Scherzt Sugoroku, als er mit drei Tellern und Besteck wieder an den Tisch kommt, was ihm von zwei Seiten einen verwirrten Blick einhandelt. „Du hast doch gesagt, ein Dolmetscher der keinen Wucherpreis verlangt, ist so häufig wie ein Fisch in der Wüste.“ Nun fällt der Groschen bei den beiden. Allerdings grinst nur Yugi breit, während Yami weiterhin ernst bleibt und versucht, das was hier geschieht einzuordnen.
 

Er ist so in seinen Überlegungen vertieft, dass er gar nicht bemerkt, wie die Kartoffeln und das Gulasch auf den Tisch gestellt werden.

„Yami, willst du nichts essen?“ Reisst ihn Yugi aus seinen Gedanken. Verwirrt blickt er auf den gedeckten Tisch, sieht die dampfenden Schüsseln und ist einfach nur überfordert. Wieso darf er hier sitzen? Warum sind diese beiden Leute so nett zu ihm? Ist das alles etwa nur ein Traum und wenn er aufwacht liegt er wieder auf dem alten Strohsack in der kalten Kammer?
 

Als Yugi bemerkt, dass Yami einfach nur das Essen ansieht, ohne sich jedoch etwas zu nehmen, steht er kurzerhand auf. Sich den Stuhl von der kurzen Seite des Tisches nehmend setzt er sich mit seinem eigenen, gefüllten Teller neben Yami. „Magst du Kartoffeln und Gulasch? Oder willst du nur eins von beidem?“ Fragend sieht er den Grösseren an, der ihn jedoch nur mit grossen Augen ansieht. „Weisst du was? Ich gebe dir einfach mal von beidem und du isst was du magst.“ Kurzerhand nimmt Yugi den leeren Teller und füllt ihn mit dem Gulasch und den Kartoffeln, dann stellt er ihn wieder vor Yami hin. „Hier, iss so viel du magst und wenn du noch mehr willst, dann nimm es dir einfach.“
 

Unsicher sieht Yami erst auf den gut gefüllten Teller, dann zu Yugi. „Warum? Warum seid ihr so nett zu mir? Ich bin doch nur ein Sklave, ein Nichts!“ Bricht es urplötzlich aus ihm heraus. Von sich selbst erschrocken springt er auf und rennt aus der Küche hinaus hoch in sein Zimmer. Was ist nur in ihn gefahren? Was ist nur mit ihm los?
 

Überrascht über den Ausbruch sitzen die beiden Mutos am Tisch und sehen zur Tür, durch die Yami gerade verschwunden ist. Erst nach einer ganzen Weile regt sich Yugi und sieht fragend seinen Grossvater an. „Was habe ich denn falsch gemacht?“

„Ich glaube nicht, dass du etwas falsch gemacht hast.“ Nachdenklich spiesst Sugoroku eine der Kartoffelscheiben auf. „Vermutlich ist Yami mit der Situation einfach nur überfordert. Lass ihm etwas Zeit und nach dem Essen kannst du ihm ja dann seinen Teller hochbringen, aber bedränge ihn nicht.“ Den Teller von Yami nehmend, steht Sugoroku auf und stellt ihn auf eine der warmen Herdplatten, um das Essen darauf warmzuhalten.
 

Schweigend essen die beiden weiter und irgendwie hofft Yugi, dass Yami zurückkommt. Was aber nicht passiert.

Nach dem Essen wird Yugi mit einem Tablett, auf dem Yamis Mittagessen steht, aus der Küche geschickt.

Als er die Treppe hochgeht, sieht er, dass aus seinem Zimmer das Tageslicht in den Flur fällt. Allerdings hat Yami die Tür zu seinem eigenen Zimmer geschlossen, weshalb Yugi das Tablett auf einer Hand balanciert und anklopft. „Yami, darf ich reinkommen?“ Obwohl er keine Antwort bekommt, drückt er die Klinke nach unten. Vorsichtig betritt er den Raum und geht zu dem Tisch, wo er das Tablett hinstellt. Erst dann blickt er zu dem schmalen Bett, auf dem Yami mit angezogenen Beinen sitzt, die er mit seinen Armen umschlungen hat. Es wirkt beinahe so, als würde er sich selbst umarmen wollen. Besonders da er auch noch seinen Kopf auf den Knien abgelegt hat. In diesem Moment wirkt er so verloren, dass Yugi am liebsten zu ihm gehen und seine Arme um ihn legen würde. Allerdings denkt er an die Worte von seinem Grossvater und unterdrückt den Impuls. Stattdessen bleibt er beim Tisch stehen. „Hier ist noch dein Mittagessen. Grossvater hat es auf dem Herd warmgehalten, darum pass etwas mit dem Teller auf, der ist ziemlich heiss geworden.“ Da Yami nicht reagiert, dreht er sich seufzend um und geht zu der Tür. Dort bleibt er noch einmal stehen und sieht wieder zu der zusammengekauerten Gestalt. „Du bist kein Nichts Yami. Es stimmt, du bist ein Sklave, aber in erster Linie bist du ein Mensch.“ Kurz zögert er, hadert mit sich, ob er weitersprechen soll. „Ich habe dich mit hierher genommen, weil ich auf dem Sklavenmarkt in deinen Augen etwas gesehen habe. Du glaubst vielleicht, dass du dich selbst verloren hast, aber ich weiss, dass irgendwo tief in dir drin noch die Person steckt, die du einst warst und du hast einen starken Willen, das weiss ich.“ Während er redet, fixiert Yugi einen Punkt auf dem Türrahmen, sieht jetzt jedoch wieder zu Yami rüber. „Du gehörst jetzt zur Familie und wenn du willst, kannst du jederzeit zu mir oder auch zu Grossvater kommen.“ Mit diesen Worten verlässt Yugi das Zimmer und gibt Yami den Raum den er jetzt zu brauchen scheint.
 

Immer wieder hallen die Worte durch Yamis Kopf. „Du bist kein Nichts. Du bist ein Mensch. Ein Mensch. Ein Mensch.“ Irgendwo tief in seinem Inneren regt sich etwas. Ein Gefühl, nur ganz klein, trotzdem verunsichert es ihn. Denn wenn er diesem Gefühl nachgibt, bricht auch noch der letzte Rest des Schildes, den er einst mühsam aufgebaut hat, zusammen. Warum ist er jetzt nur so schwach?

Irgendwann, hebt er dann seinen Kopf und sieht zu dem Tablett hinüber. Wann hat er das letzte Mal mehr als eine Mahlzeit am Tag bekommen? Er weiss es nicht, aber trotzdem ist da ein Hauch eines vertrauten Gefühls. Obwohl er nicht wirklich hungrig ist, steht er auf und setzt sich an den Tisch. Das Essen ist nur noch lauwarm, aber es ist ihm egal.

Satt legt er die Gabel auf den leeren Teller und blickt aus dem Fenster. Draussen scheint die Sonne. Plötzlich fühlt er sich in dem kleinen Zimmer eingesperrt, weshalb er sich seine Sandalen anzieht und das Tablett nimmt.

Im Flur hört er die Stimmen von Yugi und Sugoroku, die im Wohnzimmer zu sitzen scheinen und sich über irgendwas unterhalten, aber er ignoriert sie und bringt das Tablett in die Küche, wo er schnell das Geschirr abspült, ehe er durch den Flur zur Hintertür geht.

Tief Luft holend tritt er ins Freie. Nach ein paar Schritten bleibt er dann stehen und hebt sein Gesicht mit geschlossenen Augen der Sonne entgegen, die seine Haut angenehm wärmt.
 

Yugi, der das Knarren der Treppenstufen gehört hat, steht in der Hintertür und sieht Yami an, der mitten im Hinterhof steht und so entspannt wirkt. Mit einem leisen Lächeln zieht er sich zurück und lässt den anderen allein.

Er geht wieder hoch ins Wohnzimmer, wo sein Grossvater vor einem begonnenen Schachspiel auf ihn wartet. Da er mit seinen schwarzen Figuren dran ist, nimmt er seinen Läufer und bewegt ihn drei Felder vorwärts. „Yami steht im Hinterhof und geniesst die Sonne.“ Mit der weissen Dame schlägt Sugoroku einen von Yugis Springern. „Das ist doch gut.“ Nun zieht Yugi einen seiner Türme nach vorn, um den Läufer zu schützen. „Das sehe ich auch so.“ Mit dem Springer wird ein schwarzer Bauer vom Feld befördert. „Willst du ihn morgen wirklich mit zum Hafen nehmen?“ Die schwarze Dame kommt dem weissen Springer gefährlich nahe. „Er wäre eine grosse Hilfe, aber wenn er sich bis morgen nicht erholt hat, gehe ich ohne ihn. Obwohl, vielleicht tut es ihm ja gut, wenn er zeigen kann, was in ihm steckt.“ Sugoroku bringt den Springer in Sicherheit. „Damit könntest du Recht haben.“

Grinsend zieht Yugi seinen Läufer weiter nach vorn. „Schach.“ Nun ist es an Sugoroku zu grinsen. „Du hast einen Fehler gemacht. Schachmatt.“ Mit seiner Dame schlägt Yugis Grossvater den König. Geschlagen hebt Yugi die Hände, ehe er aufsteht. „Du bist einfach zu gut. So, ich muss jetzt aber das Geld für Morgen vorbereiten und schauen, welche Seidenstoffe ich dann gleich wieder bestelle.“ „Ist gut. Ich räume das Schachbrett auf und schaue dann, ob ich eine Jacke für Yami finde, die ihm nicht hoffnungslos zu gross ist. Wann willst du dich eigentlich um seine Garderobe kümmern?“

Nachdenklich bleibt Yugi in der Tür stehen. „Ich dachte, wenn es sich ergibt, schauen wir morgen mal nach anständigen Schuhen und oder dann am Dienstag, mittwochs wollte ich mit ihm zu May Kujaku, während Blacky und Rocky bei Jono sind, damit sie mal seine Masse nehmen kann.“ Kaum ist er zur Tür raus, streckt er seinen Kopf nochmal ins Wohnzimmer. „Ich bin dann im Lager.“ Schon ist er wieder weg.
 

Schnell hat Sugoroku das Schachbrett aufgeräumt und geht dann in den kleinen Raum neben seinem Zimmer, den sie als Abstellkammer benutzen. Dort sind in zwei Truhen die Sachen von Yugis verstorbenen Eltern verstaut. Die Truhe seiner Tochter bedacht er mit einem traurigen Lächeln. „Weisst du, wenn du Yugi jetzt sehen könntest, wärst du unglaublich stolz auf ihn. Er ist so ein guter Junge.“ Mit einem letzten Blick auf die Truhe wendet er sich der zweiten zu, die einst Yugis Vater gehört hat. Die Scharniere quietschen leise, als er den Deckel anhebt und den Blick auf sauber gestapelte Kleidung freigibt.

Nach kurzem Suchen, findet Sugoroku eine alte graue Jacke, die Yugis Vater einst getragen hat, als er zu ihnen gekommen war. Der Stoff ist zwar alt, aber noch gut in Schuss und für den Moment wird sie ausreichen. Zusätzlich zu der Jacke nimmt Sugoroku noch ein paar andere Kleidungsstücke aus der Truhe. Da er die Treppe nicht wieder knarren gehört hat, geht er direkt in Yamis Zimmer und legt die Sachen auf dessen Bett. Die Jacke hängt er jedoch über die Stuhllehne. Dann geht er runter in die Küche, um sich langsam um das Abendessen zu kümmern.

In der Hoffnung, dass sie diesmal zu dritt am Tisch sitzen werden, legt er drei Teller bereit.
 

Inzwischen hat Yugi alles für morgen vorbereitet. Auf dem Weg in den Stall schaut er kurz in der Küche vorbei, um seinem Grossvater Bescheid zu geben. Als er dann durch die Hintertür tritt, sieht er Yami auf der Treppe sitzen. „Hey, hilfst du mir bei den Pferden?“ Fragend sieht er zu dem Sitzenden runter.
 

Da Yami die Tür gehört hat, bleibt er äusserlich ruhig und erwidert den fragenden Blick. „Ja.“ Gerade als er aufstehen will, hält ihm Yugi seine Hand hin. Zögernd nimmt er die angebotene Hilfe an und lässt sich von den Stufen hochziehen.
 

Yami bestätigend zunickend, lässt Yugi seine Hand sofort wieder los. Nebeneinander gehen sie zum Stall, wo sie schon ungeduldig von den beiden Wallachen erwartet werden. „Füll du bitte die Heunetze auf.“ Yugi deutet auf die leeren Netze, die in den Boxen hängen. „Das Heu findest du hinter der Tür da drüben. Du musst immer darauf achten, dass sie und die Boxen immer gut verschlossen sind. Denn Rocky kann Türen aufmachen und es wäre nicht das erste Mal, dass er sich über Nacht im Heulager bedient.“

Aufmerksam hört Yami der Erklärung zu, während er die Netze aus den Boxen holt. In der Zeit, wo er das frische Heu auffüllt, gibt Yugi den beiden Pferden je eine Handvoll Hafer und beginnt dann die Boxen auszumisten.

Als Yami mit den gefüllten Netzen zurückkommt, ist Yugi gerade mit der ersten Box fertig und mit der zweiten beschäftigt. „Super, häng die Netze gleich wieder auf. Ich bin hier auch gleich soweit, dann kannst du mir mit dem frischen Stroh helfen.“

Zusammen verteilen sie die neue Einstreu in der Box, während die beiden Pferde genüsslich die ersten Halme aus den Netzen zupfen.
 

Mit vereinten Kräften schieben sie den vollen Mistkarren zum Tor, wo ihn Yugi gut sichtbar hinstellt und eine Kupfermünze aus seiner Tasche holt, die er in eine Ausbuchtung in der Wand legt. „Die Kupfermünzen findest du drinnen neben der Hintertür. Der Mistsammler kommt hier immer etwa um Sonnenuntergang vorbei. Er nimmt sich dann die Münze, leert den Mistkarren und stellt ihn wieder hier hin. Wir müssen ihn dann nur wieder reinholen. Solltest du mal so spät dran sein, dass du ihm die Münze persönlich geben kannst, dann lasse sie einfach in seine Hand fallen. Niemand fasst ihn auf seiner Runde an. Hast du das verstanden?“

Bestätigend nickt Yami. „Ja, ist das versorgen der Pferde denn in Zukunft meine Aufgabe?“ Zusammen gehen sie zurück zum Stall. Wo Yugi ihm das Fass mit dem Hafer zeigt. „Ich wäre froh, wenn du das machen könntest. Am Sonntag geht es, aber wenn der Laden offen ist, bin ich besonders mit dem Ausmisten immer sehr spät dran und Grossvater sollte nicht mehr so hart arbeiten.“ Sie bleiben vor den Boxen stehen und beobachten die beiden Pferde. „Das da ist Rocky und das ist Blacky. Sie probieren gern aus, wie weit sie gehen können, wenn du ihnen aber von Anfang an klarmachst, wer der Boss ist, hören sie gut.“ Schweigend stehen sie da. Nur das Kauen der Tiere ist zu hören. Dann spricht Yugi weiter. „Ich werde dir am Anfang natürlich helfen und wenn du Zeit hast, ist Grossvater sicher auch nicht böse, wenn du ihm mit dem Haushalt helfen würdest. Besonders wenn wir Waschtag haben, ist es immer sehr stressig, aber er will sich von mir kaum helfen lassen.“ Von der Seite schielt Yugi zu Yami rüber. Hat er doch bemerkt, dass der andere deutlich ruhiger bleibt, wenn er ihn nicht zu einem Blickkontakt zwingt.
 

Den Blick die ganze Zeit auf die Pferde gerichtet, hat Yami zugehört. „Ist gut.“ Der Anblick der grossen Tiere beruhigt ihn irgendwie und auch, dass er jetzt weiss, was er zu tun hat.

Plötzlich hören sie das Knarren von altersschwachen Rädern und den Hufschlag von einem einzelnen Pferd. „Das ist der Mistsammler. Ich stelle ihn dir kurz vor. Komm mit.“ Auffordernd winkt ihm Yugi zu, dass er ihm folgen soll. Zusammen gehen sie wieder zu dem Tor, wo gerade der volle Mistkarren weggeschoben wird.

„Hallo Yugi. Na wie geht’s? Wen hast du denn da?“ Hören sie schon den Mistsammler rufen, ehe sie am Tor sind.

„Hallo Monk. Hallo Noah. Mir geht’s gut. Das ist Yami. Er hilft mir ab heute bei den Pferden. Wie geht’s euch so?“ Freundlich winkt Yugi den beiden Männern zu, während sich Yami im Hintergrund hält.

„Uns geht’s gut. Du weisst ja, Unkraut vergeht nicht.“ Breit grinst Monk die beiden jungen Männer an. „Hast du dir etwa endlich doch einen Sklaven zugelegt? Oder ist er ein Freier?“ Natürlich fällt dem alten Mann auf, dass Yami kein Halsband trägt, was er nach Yugis Meinung ja auch nicht muss, solange er auf dem Grundstück bleibt. „Er ist mein Sklave.“ Wie er doch das Wort hasst.

Nun wird Yami offen neugierig gemustert. „Also ich muss sagen, du hast Geschmack. Leihst du ihn mir mal?“

Innerlich muss Yugi bei den Worten bis zehn zählen. Dabei kann Monk ja gar nichts dafür. Er hat nun mal einfach die gleiche Einstellung wie die meisten Leute. Natürlich lässt er sich nichts anmerken. „Nein. Du weisst doch, ich teile nicht gern was mir gehört.“
 

Bei Yugis Worten muss Yami leer schlucken. Hat er sich vielleicht doch in seinem Besitzer geirrt? Mit einem immer grösseren Unbehagen hört er dem Gespräch zu.
 

„Schade, ich hätte ihn gern ausprobiert, aber sag mal, warum trägt er denn kein Halsband?“ Monk klingt wirklich enttäuscht, während sein Sohn die inzwischen leere Karre neben Yami hinstellt und nun offen neugierig zuhört. „Ach, ich will nicht andauernd ein neues Halsband kaufen müssen, weil das alte im Stall kaputtgegangen ist. Darum habe ich ihm befohlen, das Halsband bei der Stallarbeit auszuziehen.“ Die Begründung ist glaubwürdig genug, vor allem weil viele Sklavenbesitzer es so handhaben, wenn ihre Sklaven in den Ställen arbeiten müssen.

Das scheint auch Monk so zu sehen, denn er nickt zustimmend. „Ja, die Dinger sind ja nicht gerade billig, wenn sie nachgekauft werden müssen. So, wir müssen weiter. Wir sehen uns.“

„Ja, wir sehen uns.“ Winkend verabschieden sich die Männer voneinander. Erst als Monk und Noah um die nächste Ecke verschwunden sind, dreht sich Yugi zu Yami um. „Entschuldige. Monk ist etwas speziell und seine Meinung über Sklaven leider typisch. Am besten hältst du dich von ihm fern.“ Um Verzeihung bittend lächelt er den Grösseren an, der ihn mit einem misstrauischen Blick ansieht, was Yugi einen leichten Stich versetzt. „Bitte glaub mir einfach, dass ich nichts von dir will. Was ich in der Anwesenheit von anderen sage, darfst du nicht wörtlich nehmen. Ich muss so reden um nicht aufzufallen.“
 

Da die Worte aufrichtig klingen und Yugi ihn mit einem so offenen Blick ansieht, nickt Yami zögernd. „Okay.“ Wieder stecken ganze Sätze in diesem einen Wort. Ruckartig wendet er sich ab, schnappt sich den leeren Mistkarren und schiebt ihn zurück auf seinen Platz.
 

Seufzend folgt Yugi ihm in den Hinterhof. Wie konnte er nur vergessen, was Monk für eine Einstellung hat? Hoffentlich hat er sich das bisschen Vertrauen, dass Yami ihm inzwischen entgegenzubringen schien, nicht schon wieder verspielt.
 

Nachdem alles verstaut ist, gehen sie wieder ins Haus, wo Yugi Yami auf die Waschschale aufmerksam macht. „Bitte wasch dir immer gleich hier die Hände, wenn du aus dem Stall kommst. Die Stoffe sind sehr teuer und sollen nicht aus Versehen dreckig werden.“ Dann fällt sein Blick auf eine kleine Holzschatulle. „Ach ja. Hier findest du die Kupfermünzen. Wenn nur noch etwa fünf Stück drin sind, gib bitte Bescheid.“ Schnell wäscht er sich seine Hände, ehe er zur Seite geht, um Yami Platz zu machen. Nach dem Händewaschen schüttet er das Wasser einfach durch die noch offene Tür in den Hinterhof und geht im Badezimmer kurz den Krug neu füllen. Als er zurückkommt, sieht er den aufmerksamen Blick von Yami. „So ist das Risiko, dass aus Versehen Schmutz ins Haus kommt am kleinsten.“
 

Da es inzwischen Zeit für’s Abendessen ist, geht Yugi, gefolgt von Yami, in die Küche, wo Sugoroku gerade das geschnittene Brot auf den Tisch stellt. „Ah, da seid ihr ja. Los, setzt euch.“ Vorsichtig setzt sich Yami auf den gleichen Stuhl wie schon am Mittag und sieht sich die Lebensmittel auf dem Tisch an. Neben den Brotscheiben, gibt es gekochte Eier, eingelegte Gurken und etwas geräuchertes Fleisch.

„Nimm dir einfach was du magst.“ Fordert Sugoroku den jungen Mann auf, während er sich selbst schon mal ein Ei schält.

„Sag mal Yugi, soll ich dich morgen wecken, wenn du nicht rechtzeitig wach wirst?“ Wendet sich Sugoroku seinem Enkel zu, nachdem er aus dem Augenwinkel gesehen hat, wie Yami nach einer Scheibe Brot greift und sie nun hungrig isst. Immerhin etwas. Auch wenn er lieber gesehen hätte, wie sich Yami auch von den anderen Sachen was nimmt.

„Ja, das wäre super Grossvater.“ Yugi muss sich ein Grinsen verkneifen, als Yami nach einer eingelegten Gurke greift und sie erst kritisch mustert, ehe er sie isst. Es scheint ihm zu schmecken, denn er nimmt sich gleich eine zweite.

Absichtlich ignorieren die beiden Yami und reden über dies und das, der hat inzwischen auch ein Ei und eine zweite Scheibe Brot gegessen. Sich etwas von dem Fleisch zu nehmen, wagt er jedoch nicht.

Erst als sie mit dem Essen fertig sind, wendet sich Sugoroku wieder zu Yami um. „Ich habe dir noch ein paar Sachen in dein Zimmer gelegt. Ich habe sogar eine Jacke gefunden, die du morgen früh sicher gut gebrauchen kannst, wenn ihr zum Hafen fahrt.“
 

Überrascht sieht Yami den alten Mann an. „Danke. Das wäre doch nicht nötig gewesen.“

Was Sugoroku entschieden abwinkt. „Ach was. Papperlapapp. Natürlich war das nötig. Morgens ist es immer noch sehr kalt und du hast dich gerade erst wieder etwas erholt.“ Ergeben senkt Yami daraufhin den Blick. Was den beiden Mutos zwar nicht gefällt, aber sie sagen nichts dazu.

Schliesslich steht Yugi auf und beginnt den Tisch abzuräumen, was Yami dazu bringt ebenfalls aufzustehen. Er geht zu der Spüle und beginnt, das Geschirr zu spülen. Als er den ersten Teller dann aber zur Seite legen will, wird ihm dieser einfach abgenommen. Ein Blick zur Seite verrät ihm, dass Yugi mit einem Tuch neben ihm steht und den Teller abtrocknet. Unterdessen bringt Sugoroku die Reste zurück in die Vorratskammer, die durch eine Tür neben der Spüle betreten werden kann.

Nachdem alles aufgeräumt ist, kann sich Yami ein Gähnen nicht mehr verkneifen. „Ich würde vorschlagen, dass du ins Bett gehst.“ Grinsend lehnt sich Yugi an die Arbeitsplatte neben der Spüle und sieht Yami diesmal direkt an. „Du musst nämlich morgen genauso früh aufstehen wie ich.“
 

Während sich Yami mit beiden Händen abstützt lehnt er sich ein Stück nach vorn, um seinen inzwischen schmerzenden Rücken etwas zu entlasten, der vermutlich durch die Schläge inzwischen grün und blau ist. Zumindest fühlt es sich so an. „Ja, das werde ich.“ Mit einer Entschlossenheit, die ihn selbst überrascht, löst er sich von dem kalten Stein und dreht sich um. „Gute Nacht.“ Mit schnellen Schritten geht er aus der Küche und kurz darauf hören die beiden Mutos, wie das Schild an der Badezimmertür umgedreht wird.
 

„Er ist ein Kämpfer. Das ist gut.“ Stellt Sugoroku nach einer Weile fest. „Ja, das ist er.“ Wieder Schweigen sie, bis sie hören wie die Stufen der Treppe leise knarren. „So, dann werde ich mich auch mal Bettfertig machen. Ich wünsche dir eine gute Nacht Grossvater und lese nicht wieder so lange.“ Zwar ist Yugi noch nicht so müde, aber da er nicht übertrieben hat, dass sie am Morgen früh raus müssen, geht auch er lieber jetzt schon zu Bett.

„Danke. Schlaf gut mein Junge.“
 

Als Yugi in sein Zimmer kommt, ist die Tür zum angrenzenden Raum schon geschlossen. Allerdings bemerkt er, dass ein leichter Lichtschimmer den Boden erhellt. Vermutlich sieht sich Yami noch die rausgesuchten Sachen an. Da er ihn jedoch nicht stören will, widersteht er seiner Neugierde. Stattdessen geht er ins Bett und versucht möglichst schnell einzuschlafen.
 

 

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Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ich würde mich wie immer freuen, wenn ihr mir eure Meinung mitteilen würdet.

Natürlich sind auch Verbesserungsvorschläge gern gesehen.

Denn für diese Story gilt das gleiche, wie für die andere. Ich habe leider keinen Betaleser. Was vielleicht für euch sogar gut ist, denn so könnt ihr schneller weiterlesen. ;-)

 

Eure mrs_ianto

Chinesisch am Hafen

Hallo zusammen,

 

das neue Kapitel ist fertig. Da ich gestern leider plötzlich nicht mehr auf die Seite gekommen bin, stelle ich es erst heute online und hoffe, dass ich es in Zukunft wieder spätestens bis Mittwoch schaffe.

 

Da in diesem Kapitel zwei erfundene Ausdrücke vorkommen, schnell eine kleine Erklärung.

 

Magus (Einzahl) oder Magi (Mehrzahl) werden die Magier genannt, die für die Herrscherschicht arbeiten und/oder moderne Sachen benutzen oder herstellen können.

 

Die Technomagi (Technomagus) sind Techniker, Informatiker und so weiter.

 

Die Medimagi (Medimagus) sind Ärzte und so weiter, die moderne Medizin praktizieren.

 

Nur damit ihr auch versteht von wem später im Kapitel geredet wird.

 

So dann nur noch eine Kleinigkeit. Ich widem dieses Kapitel den fleissigen Kommischreibern, die mich mit mit ihren Kommentaren unterstützen motivieren, die Kapitel möglichst schnell hochzuladen.

 

Und jetzt genug gelabert, ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

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Kapitel 5: Chinesisch am Hafen

 

 

Gähnend betritt Yugi kurz vor Sonnenaufgang die, durch den Herd, schon angenehm warme Küche. Wie er es doch hasst, so früh am Morgen aufstehen zu müssen, aber leider muss es ja sein.
 

„Guten Morgen mein Junge.“ Leicht grinsend sieht Sugoroku seinem Enkel zu, wie dieser immer noch halb schlafend zum Tisch geht und sich hinsetzt. „Guten Morgen.“ Kommt die Erwiderung mehr als genuschelt. Da der alte Mann weiss, dass sein Enkel ein hoffnungsloser Morgenmuffel ist, nimmt er ihm sein Verhalten nicht übel, sondern giesst auch ihm eine Tasse Schwarztee ein, die er dann mit an den Tisch bringt, wo auch er sich hinsetzt.

Schweigend trinken die beiden ihren Tee. Während Sugoroku die Stille geniesst, wird Yugi langsam wacher und munterer. Plötzlich wird die Ruhe durch das Knarren der Hintertür durchbrochen, was ihn erstaunt zu seinem Grossvater sehen lässt. „Sag bloss, Yami ist schon wach?“ Seine Frage wird durch das Eintreten von eben genannten beantwortet. Die Wangen durch die kühle Morgenluft gerötet, steht Yami in der Tür und blickt zu den beiden Männern am Tisch. Einen Moment lang hadert er mit sich, doch dann betritt er den angenehm warmen Raum. „Guten Morgen.“ Unsicher blickt er auf den Boden, nicht wissend, wie er sich jetzt verhalten soll.
 

„Guten Morgen Junge. Nimm dir doch auch einen Tee und setz dich zu uns. Du musst ja ganz durchgefroren sein, wenn du ohne Jacke draussen gewesen bist.“ Lächelnd deutet Sugoroku auf den Teekrug, der auf dem Herd steht. Wo die Tassen sind, muss er Yami nicht zeigen, da sie an den Haken über der Arbeitsplatte hängen.
 

Dankbar nickend nimmt sich Yami wirklich einen Tee und setzt sich zu den beiden an den Tisch. Zwar ist er immer noch nicht sicher, was er von der ganzen Sache halten soll, aber irgendetwas in ihm sehnt sich nach dieser Freundlichkeit und will Vertrauen. Die Wärme in seinen Händen geniessend blickt er auf die dunkle Flüssigkeit in der Tasse, ehe er vorsichtig einen Schluck nimmt. Er ist sich sicher, dass er noch nie so einen Tee getrunken hat. Trotzdem kommt ihm der Geschmack entfernt bekannt vor und berührt tief in ihm etwas, worüber er jetzt aber nicht nachdenken will. Vielmehr geniesst er jetzt die Hitze die sich allmählich in ihm ausbreitet.

„Hast du etwa schon die Pferde versorgt?“ Fragend sieht ihn Yugi über den Tisch hinweg an. „Ähm, ja. Ich dachte, dann können die beiden noch in Ruhe ihr Heu fressen und geputzt sind sie auch schon, soweit es Sinn macht. War das etwa falsch?“ Unbewusst spannt sich Yami an und macht sich auf das Schlimmste gefasst. Hätte er etwa doch nicht rausgehen dürfen? Doch dann sieht er Yugi freundlich lächelnd den Kopf schütteln. „Nein, du hast alles genau richtiggemacht. Ich bin nur überrascht, das ist alles.“ Mit einem letzten Schluck leert Yugi seine Tasse und steht auf. „Da ihr beide ja schon so fleissig wart, werde ich jetzt mal den Tisch decken.“ Gerade als Yugi an Yami vorbeigeht, will auch dieser aufstehen, um ihm zu helfen. Doch er wird durch eine Hand auf seiner Schulter daran gehindert. „Bleib ruhig sitzen Yami. Das ist jetzt meine Aufgabe.“ Die angespannte Haltung des anderen ignorierend, drückt er kurz zu, ehe er weitergeht, um alles für ein einfaches Frühstück zusammenzusuchen.
 

Verwirrt bleibt Yami sitzen und sieht zu, wie frische Brötchen und Butter, sowie Marmelade und Käse auf den Tisch gestellt werden. Zuletzt kommen die Teller und Messer dazu, ehe sich Yugi wieder zu ihnen an den Tisch setzt.

„So, dann wünsche ich euch einen guten Appetit.“ Yugi greift schon nach den Brötchen, als sein Blick auf Yami fällt, der einfach nur dasitzt. „Nimm dir einfach was du magst Yami.“ Fordert er ihn in einem freundlichen Tonfall auf. Dabei fragt er sich, was für Vorbesitzer der andere gehabt haben muss. Waren die besonders schlimm oder werden etwa alle Sklaven so behandelt, dass sie nichts mehr zu machen wagen, ohne dass sie vorher die Erlaubnis dazu erhalten?
 

Durch die Aufforderung von Yugi ermutigt, greift sich Yami ein Brötchen, das er geschickt aufschneidet. Kurz scheint er zu überlegen, doch dann streicht er sich Butter und Marmelade auf die eine Hälfte, auf die andere legt er sich eine Scheibe Käse. Nun muss er sich nur noch entscheiden, welche Leckerei er zuerst probieren soll. Schliesslich greift er nach dem Marmeladenbrötchen.
 

Zufrieden, dass Yami nun auch isst und offensichtlich jeden Bissen geniesst, widmet sich Yugi seinem eigenen Frühstück.

Sugoroku hat die ganze Zeit nichts gesagt und sich auch nichts anmerken lassen, aber er hat die ganze Zeit die beiden jungen Männer beobachtet und macht sich so seine Gedanken.
 

Als sie satt sind und der Sonnenaufgang beginnt, den Himmel in ein Farbenspiel zu tauchen, steht Yugi auf. „Kommst du Yami?“ Natürlich steht Yami sofort auf und stellt wie Yugi sein Geschirr in die Spüle. Eigentlich will er es auch gleich abwaschen, doch er wird von Sugoroku aufgehalten. „Lass es stehen, ich mache das. Hilf Yugi lieber bei den Pferden, aber hol erst deine Jacke. Nicht, dass du dich noch erkältest.“
 

Ergeben nickt Yami und geht aus der Küche. Wenn es der Ältere so will, wird er natürlich gehorchen. Schnell geht er nach oben, um die Jacke und sein Halsband zu holen. Als er aber in sein Zimmer kommt, sieht er ein Paar Socken auf dem Stuhl liegen, über dessen Lehne immer noch die Jacke hängt. Überrascht über die kleine Geste hält er kurz inne, ehe er sie anzieht. Da er nur die Sandalen besitzt, ist er über den wärmenden Stoff froh.

Mit gemischten Gefühlen greift er dann nach dem Lederband, das unschuldig auf dem Tisch liegt und legt es sich mit geschickten Fingern um den Hals.

Sich die Jacke überziehend, geht er wieder nach unten und raus in den Hinterhof, wo Yugi schon dabei ist, Blacky das Geschirr anzulegen. „Da bist du ja, schnapp dir bitte Rocky und mache ihn fertig.“ Yugi muss nicht aufsehen, um zu wissen, dass Yami seiner Aufforderung nachkommt.
 

Mit vereinten Kräften schaffen sie es in Rekordzeit die Pferde vor die Kutsche zu spannen. Darauf vertrauend, dass Yami gut auf das Gespann aufpasst, geht Yugi nochmal ins Haus, um die Beutel mit den Silbermünzen zu holen. Heute wird er viel Geld ausgeben müssen.

Bevor er das Haus wieder verlassen kann, wird er von seinem Grossvater aufgehalten, der ihm einen Korb mit Äpfeln und zwei Flaschen Wasser in die Hand drückt. „Fahr vorsichtig mein Junge.“ Besorgt blickt er in die amethystfarbenen Augen. „Du kennst mich doch Grossvater. Bis später und danke für den Proviant.“ Beruhigend grinst er den alten Mann an. Dann dreht er sich um und geht mit schnellen Schritten wieder nach draussen, wo Yami neben den Pferden steht und auf ihn wartet.
 

Entschuldigend sieht er den Grösseren an. „Sorry, aber Grossvater hat uns noch Proviant eingepackt.“ Als er sicher auf der breiten Bank sitzt und die Zügel aufgenommen hat, fordert er Yami auf, sich neben ihn zu setzen, was der andere mit einem verdutzten Ausdruck macht. Normalerweise müssen Sklaven neben den Wagen hergehen oder hinten auf der Ladefläche sitzen.
 

Geschickt lenkt Yugi die Pferde durch das Tor auf die schmale Gasse, die schon bald in die Hauptstrasse mündet. Bis zum Hafen werden sie sicher eine Stunde unterwegs sein.
 

Um zum Hafen zu gelangen, müssen sie durch die halbe Stadt fahren, was besonders von Yugi sehr viel Konzentration erfordert, weshalb sie die erste halbe Stunde schweigend nebeneinandersitzen. Die Zeit nutzt Yami, um sich neugierig umzusehen und ihm fällt auf, dass immer mehr pferdelose Kutschen auf den Strassen zu sehen sind. Irgendwo in seinem Kopf taucht das Wort Auto auf. Ja genau, sie heissen Autos! Doch warum gibt es hier so viele?
 

Obwohl Yugi sich auf die Pferde und die Strasse konzentrieren muss, sieht er immer wieder zu Yami rüber, der zu seiner Freude die Umgebung neugierig beobachtet. Irgendwie kommt er ihm gerade wie ein Kind vor, das zum ersten Mal draussen ist. Eigentlich will er ja nichts sagen, doch als ihm auffällt, dass Yami mit gerunzelter Stirn die pferdelosen Kutschen betrachtet, wird nun auch er neugierig. „Was hast du denn Yami? Du siehst aus, als würde dich etwas beschäftigen.“ Da sie nun in den äusseren Bezirken von Domino sind, herrscht nicht mehr so viel Verkehr auf der Strasse, so dass er sich etwas zu Yami umwenden kann.
 

Nachdenklich blickt Yami gerade einem leuchtend roten Auto hinterher, das einen riesen Lärm macht. Die Frage von Yugi hat er zwar nicht wirklich mitbekommen, trotzdem gibt er unbewusst eine Antwort. „Warum hat er hier so viele Autos?“ Er murmelt die Worte mehr vor sich hin, aber er wird dennoch von seinem Nachbarn gehört.
 

Mit grossen Augen sieht Yugi zu dem Mann neben sich. Woher kennt er das Wort Auto? Nur in den Herrscherschichten oder bei den Magi werden die pferdelosen Kutschen so genannt und nur die wenigsten hier kennen den Ausdruck überhaupt. Kann es etwa sein, dass Yami mal mit den Magi zu tun hatte? Zu gerne würde er ihn fragen, doch stattdessen beantwortet er die gestellte Frage. „Die Magi haben dort drüben eine ihrer Städte. Sie fahren mit ihren pferdelosen Kutschen gern quer durch Domino und machen die Pferde scheu.“ Absichtlich benutzt Yugi den geläufigeren Ausdruck für die Autos, da er nicht weiss, ob Yami sich bewusst ist, was er gesagt hat und er ihn nicht wieder verunsichern will.
 

„Ach so.“ Immer noch in Gedanken versunken antwortet Yami abwesend, bis ihm bewusst wird, wie er sich gerade verhalten hat. Erschrocken sieht er zu Yugi rüber, doch der ist mit den Pferden beschäftigt. Was ihn wieder ruhiger werden lässt. Nicht wissend, dass Yugi ihn bis vorhin aus den Augenwinkeln angesehen und so die Veränderung in seiner Haltung bemerkt hatte und nun darum so beschäftigt mit den Pferden tut.
 

Wieder herrscht Stille zwischen ihnen, die Yugi auch nicht beenden will, da Yami relativ entspannt neben ihm sitzt und die Umgebung beobachtet. Doch dann will er es doch wissen. „Sag mal, hattest du eventuell mal einen Technomagus oder Medimagus als Besitzer?“
 

Durch die Frage aus seinen Beobachtungen gerissen, blickt Yami erst verwirrt zu Yugi, ehe er wieder nach vorne sieht. „Nein. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich nie einem der Magi gehört. Wieso?“
 

Da Blacky gerade etwas scheut und Rocky dadurch auch nervös wird, muss Yugi erst die Pferde wieder beruhigen, bevor er sich wieder seinem Begleiter widmen kann. „Naja, du bist deutlich gebildeter als die meisten Sklaven und daher dachte ich, dass du eventuell mal einem Magus oder einem aus der Herrscherschicht gehört haben könntest.“ Da die Pferde nun ruhig vor dem Wagen traben, lehnt sich Yugi wieder entspannter zurück, er bleibt aber weiter wachsam.

„Ich weiss nicht, ob ich vor meinem Gedächtnisverlust einem Magus oder jemandem aus der Herrscherschicht gehört habe. In den letzten fünf Jahren hatte ich nur Besitzer aus dem Volk.“ Während Yami redet, lässt er seinen Blick in die Ferne schweifen. Irgendwie fühlt er sich im Moment so sicher, wie noch nie und er möchte das Gefühl festhalten, für den Fall, dass das alles doch nur ein schöner Traum ist.
 

Bald darauf erreichen sie die ersten Docks des Hafens, an denen Yugi aber nur vorbeifährt. Immer mehr nähern sie sich einem grossen, aus roten Backsteinen erbauten, Gebäude, vor dem schon diverse Transport- und auch Personenkutschen stehen. Geschickt steuert er einen der freien Stellplätze an und lässt die Pferde dort anhalten. Sofort eilt ein Junge von etwa zwölf Jahren herbei. „Soll ich auf die Pferde aufpassen? Kostet nur zwei Kupfermünzen.“
 

Nachdem Yugi die Zügel am Kutschbock festgebunden hat, steigt er, gefolgt von Yami, runter. „Dann pass aber gut auf.“ Kurz klopft er dem Sklavenjungen auf die Schulter, ehe er auf die grosse Holztür zusteuert, aber schnell bemerkt, dass ihm Yami nicht folgt. „Kommst du Yami?“ Auffordernd sieht er seinen Sklaven an, ab jetzt muss er sich leider wie jeder andere Sklavenbesitzer verhalten, um nicht weiter aufzufallen.
 

Den Blick sofort verstehend, schaut Yami zu Boden und geht zu seinem Herrn. „Entschuldigung.“ Den Kopf weiter gesenkt sieht Yami ihn nur aus den Augenwinkeln an. Trotzdem registriert er den warmen Ausdruck in den amethystfarbenen Augen und obwohl dessen Körpersprache nun hart scheint, glaubt er zu wissen, dass sein Herr nur eine Rolle spielt.
 

Yugi kann nur hoffen, dass Yami versteht. Hier sind einfach zu viele Leute und auch einige seiner Kunden. Er darf nicht auffallen. Also belässt er es bei dem einen Blick, ehe er mit seinem Sklaven das Gebäude betritt. Gemeinsam gehen sie durch den gekachelten Flur, bis sie schliesslich an einer offenen Tür ankommen, welche die Aufschrift ‚Handelskammer China’ trägt. Mit einem letzten Blick über die Schulter betritt Yugi, gefolgt von Yami den Raum, in dem sich hunderte Stoffballen und Porzellan befinden. Sie sind noch nicht einmal bei dem grossen Tisch, der mit ein paar Stühlen in der Mitte steht, angekommen, als sie schon von einem Chinesen angesprochen werden. Natürlich auf Chinesisch, wie kann es anders sein.

Fragend und auffordernd sieht Yugi kurz zu Yami, der die wortlose Aufforderung versteht. „Er heisst uns willkommen. Sein Name ist Lang und er fragt nach deinem Namen und Begehr.“ Übersetzt er ohne Probleme, obwohl er die Sprache schon lange nicht mehr gehört oder gesprochen hat.
 

Freundlich lächelnd sieht Yugi den Chinesen an. „Dann sag ihm, dass ich ihn auch begrüsse. Mein Name ist Muto und ich bin hier um meine Bestellung vom letzten Mal abzuholen und zu bezahlen. Eventuell werde ich auch gleich eine weitere Bestellung aufgeben.“ Obwohl er ja irgendwie mit Yami spricht, ignoriert er ihn, da er sich sicher ist, dass dem anderen Mann das Sklavenhalsband nicht entgangen ist.
 

Kurz überlegt Yami, ehe er die Worte sorgfältig übersetzt. „Mein Herr Grüsst Sie freundlichst. Sein Name ist Muto und er ist hier, um die beim letzten Mal bestellte Ware abzuholen und zu bezahlen. Eventuell wird er bei Ihnen auch gleich eine weitere Bestellung aufgeben.“

Überrascht blinzelt der Chinese, während er den jungen Sklaven hinter Muto ansieht. Dann blickt er wieder zu seinem Kunden und spricht weiter.

Diesmal jedoch deutlich schneller. Trotzdem glaubt Yugi das Wort für Bestellzettel herauszuhören, was er auch gleich von Yami bestätigt bekommt.

Aus einer Innentasche seiner blauen Jacke holt er das gewünschte Dokument hervor und gibt es erst seinem Sklaven. „Kontrolliere bitte, ob die chinesischen Zeichen das Gleiche wie die unseren bedeuten.“ Konzentriert liest Yami das Geschriebene, dann gibt er den Zettel wieder seinem Besitzer. „Ja, da steht in beiden Sprachen das Gleiche.“ Die Tonlage seiner Stimme ist unterwürfig und ruhig, auch vermeidet er es die beiden Männer direkt anzusehen, wenn er nicht übersetzt.

Mit einem entschuldigenden Lächeln reicht Yugi den Bestellzettel dem Chinesen. „Ich entschuldige mein Vorgehen, aber ich wollte nur sichergehen, dass es beim letzten Mal keine Missverständnisse gab. Um diese auch heute zu vermeiden habe ich meinen neuen Sklaven mitgebracht, der unsere beiden Sprachen beherrscht.“
 

Kurz zögert Yami, da er erst überlegen muss, wie er übersetzen soll, da er nicht von sich selbst als Person reden darf. „Mein Herr entschuldigt sein Vorgehen, aber er wollte nur sichergehen, dass es beim letzten Mal keine Missverständnisse gab. Um diese auch heute zu vermeiden, hat er seinen neuen Sklaven mitgebracht, der sowohl Ihre, als auch seine Sprache beherrscht.“ Hoffend, dass er mit genügend Respekt übersetzt hat, wartet Yami auf die Reaktion des Chinesen, der sie beide mit einem langen Blick ernst mustert. Doch dann beginnt er breit zu grinsen.
 

„Er sagt, dass es ihm eine Ehre sei, dass Ihr euch so bemüht habt, die Sprachbarriere zu überwinden. Ihr könnt euch gern an den Tisch setzen, während er die Stoffballen holt.“ Da sich Yami nicht hundertprozentig sicher ist, dass der Chinese kein Wort versteht, spricht er so respektvoll wie möglich mit seinem Herrn.
 

Dankend nickt Yugi und wartet darauf, dass Lang in den Regalreihen verschwindet, ehe er an den Tisch geht. Seufzend lässt er sich auf einen der Stühle fallen, während Yami hinter ihm stehen bleibt. „Puh, jetzt weiss ich wenigstens, was immer so langatmig geredet wird, bis ich endlich den Bestellzettel abgeben kann. Du bist wirklich gut.“ Grinsend sieht er zu seinem Sklaven hoch, wird dann jedoch schnell wieder ernst. „Das schwierigste kommt aber noch. Kann ich dir irgendwie das Übersetzen erleichtern?“

Die Frage lässt Yami kurz nachdenken. „Es wäre gut, wenn du mich nicht mit einbeziehen würdest. Chinesen sehen Sklaven noch weniger als Personen an, als die meisten anderen Völker. Das macht es schwierig einen richtigen Satz zu formulieren, der nicht zu sehr von dem was du gesagt hast, abweicht.“
 

Yugi kann nur noch nicken, denn schon kommt Lang mit einem vollbepackten Wagen zu ihnen. Mit einem ernsten Blick steht Yugi wieder auf und beginnt die fünfzehn bunten Seidenstoffballen zu kontrollieren. Erst als er zufrieden ist, wendet er sich dem Chinesen zu, der geduldig neben dem Wagen steht. „Das sieht gut aus, jetzt hängt alles vom Preis ab, ob ich die Ballen wirklich nehme.“

Ohne Probleme übersetzt Yami, die einfachen Worte. Nur das ‚Ich’ ersetzt er durch ‚mein Herr’.

Eine Weile überlegt der Händler dann sagt er seinen Preis. „Er verlangt 300 Silbermünzen für die Stoffe.“ Entschieden verneint Yugi. „300 ist zu viel. Ich biete 200 Silbermünzen.“

„300 Silbermünzen sind zu viel. Mein Herr bietet Ihnen 200 Silbermünzen.“ Die Worte lassen den Chinesen entrüstet mit dem Kopf schütteln und eine Flut von Wörtern und Sätzen sagen.

„200 ist zu wenig. Das sind edelste Stoffe, in einer hervorragenden Qualität. Er ist aber bereit, auf 270 Silbermünzen runterzugehen.“ Fasst Yami den Redeschwall zusammen.
 

Bei dem Preis zieht Yugi nur eine Augenbraue hoch. Verzieht aber sonst keine Miene. „Die Stoffe sind vielleicht von guter Qualität, aber es gibt besseres. Ich bin bereit auf 230 Silbermünzen zu erhöhen.“

Als Yami jetzt übersetzt, wird er zum ersten Mal offen angesehen. Abschätzend mustert ihn der Händler. Was Lang dann sagt, lässt ihn kurz stocken. Zögernd übersetzt er dann die Worte. „Er bietet Ihnen 250 Silbermünzen an. Mehr kann er nicht runtergehen, aber er würde die Stoffballen auch gern gegen... den Sklaven zu tauschen, da er sehr nützlich für ihn wäre.“
 

Yugi braucht einen Moment, bis er die Worte wirklich verstanden hat. Dieser Lang bietet ihm tatsächlich die ganze Ladung im Tausch gegen seinen Sklaven an. Augenscheinlich überlegend sieht er von den Stoffen zu Yami, dann zu dem Chinesen. „Das Angebot ist sehr verlockend, aber Sie müssen verstehen, dass ich den Sklaven noch brauche. Darum bin ich mit den 250 Silbermünzen einverstanden und werde auch gleich für die nächste Lieferung eine Bestellung aufgeben.“
 

Nur mit Mühe kann Yami seine Erleichterung unterdrücken, als er die Sätze übersetzt. Was der Händler mit einem Schulterzucken quittiert, bevor dieser in geschäftsmässigen Ton wieder das Wort ergreift.

„Er bedauert Ihre Entscheidung, aber er versteht sie auch. Dann hätte er jetzt gern erst die Münzen, bevor er die neue Bestellung annimmt.“

Zustimmend nickt Yugi und geht zu dem Tisch. Dort nimmt er die beiden Geldbeutel, die er dabei hat hervor. Er weiss, dass in einem Beutel 200 Silbermünzen sind, trotzdem zählt er sie gewissenhaft vor den Augen Langs ab, ehe er den zweiten Beutel Nimmt und weitere 50 Münzen abzählt. Daraufhin wird ihm ein Kaufvertrag zugeschoben, der komplett auf Chinesisch geschrieben ist. Auffordernd sieht er zu seinem Sklaven. „Lies vor was da steht.“
 

Kurz überfliegt Yami die Schriftzeichen, ehe er relativ flüssig übersetzt was da geschrieben steht. Geschriebenes mündlich zu übersetzen ist deutlich schwieriger, als gesprochene Worte.

Zufrieden nickt Yugi, als ihm das Papier wieder zurückgegeben wird und unterschreibt auf der vorgesehenen Linie. Dann gibt er den Vertrag Lang, der ebenfalls unterschreibt.
 

Für einen Moment verschwindet Lang wieder zwischen den Regalreihen, nur um dann mit zwei neuen Dokumenten zurückzukommen. Die diesmal mit chinesischen und japanischen Schriftzeichen versehen sind.
 

Zusammen setzen sich die beiden Händler an den Tisch, während Yami wieder hinter seinem Besitzer stehen bleibt. Geschäftsmässig nimmt der Chinese einen Stift zur Hand, um die neue Bestellung aufzuschreiben.
 

Es dauert nicht lange, bis alles geklärt ist und die beiden Männer ihre Unterschriften unter die Bestellzettel setzen. Ein Exemplar ist für Yugi und eines den Händler. Für die Verabschiedung brauchen sie keinen Übersetzer, weshalb Yami stumm hinter Yugi steht und abwartet, was er als nächstes tun soll.

„Yami, nimm den Wagen und lade die Stoffballen auf die Kutsche. Denk aber daran, die Stoffe anschliessend mit dem Öltuch gut abzudecken und den Wagen zurückzubringen.“ Nickend, dass er verstanden hat, geht Yami zu dem Karren und schiebt ihn durch die breite Tür nach draussen. Da Yugi ihm nicht helfen kann, verlässt er den Händlerraum etwas langsamer. Da er hier überraschend schnell fertig geworden ist, hat er nun genug Zeit, um mit Yami auf dem Heimweg noch kurz zum Schuhmacher zu gehen.
 

Als er durch die grosse Holztür tritt, sieht er, dass die Stoffe schon fast komplett auf der Ladefläche liegen, aber er sieht auch, dass ein paar junge Männer neugierig in der Nähe rumstehen und Yami beobachten. Darum beschleunigt er seine Schritte, um schneller bei der Kutsche sein zu können.

„Bist du fertig?“ Natürlich ist die Frage überflüssig, da gerade der letzte Stoffballen auf der Ladfläche verstaut wird. Trotzdem kriegt er eine Antwort. „Gleich. Ich muss nur noch das Öltuch ausbreiten und den Karren zurückbringen.“ Natürlich hat Yami die Typen bemerkt und ist froh, dass Yugi so deutlich macht, dass er ihm gehört. „Dann beeil dich. Wir müssen noch weiter.“

Betont ungeduldig sieht er seinem Sklaven nach, ehe er kontrolliert, ob die Stoffe auch sicher zugedeckt sind. Er ist gerade fertig, als Yami zurückkommt und sich auf sein Zeichen hin, auf den Kutschbock setzt.
 

Schnell gibt er dem Jungen die zwei versprochenen Kupfermünzen, ehe auch er aufsteigt und die Zügel in die Hand nimmt. Geschickt lenkt er die Pferde an den nebenstehenden Kutschen vorbei. Durch sein Können und die Routine der Pferde, geht das ohne Probleme, so dass sie schon nach ein paar Minuten wieder auf dem Weg in Richtung Stadt sind.
 

Als sie wieder unter sich sind, fängt Yugi breit an zu grinsen. „Verdammt Yami, du warst klasse! Ich sage dir eins, der Typ war tief beeindruckt von dir und ich auch. Die Preisverhandlungen waren noch nie so einfach und schnell vorüber.“ Am liebsten würde er den Grösseren umarmen, doch erstens weiss er nicht, wie Yami darauf reagieren würde und zweitens muss er die Pferde lenken.
 

Durch Yugis Worte irgendwie beschämt, blickt Yami verlegen zur Seite. „Das war ja nicht besonders schwer. Du hast es mir ja auch leicht gemacht.“ Irgendwie fühlt er bei den Worten ein warmes Gefühl in sich, das er nicht einordnen kann, aber es ist schön.
 

„Ach Yami, jetzt mach dich nicht kleiner, als du bist. Beinahe jeder Händler hier in Domino verzweifelt beinahe an den Chinesen, weil die prinzipiell kein Japanisch sprechen und ihre Kaufverträge nur auf Chinesisch verfassen und glaub nicht, dass ich nicht bemerkt habe, dass dieser Lang in normalen Sprechtempo geredet hat und das ist extrem schnell. Du kannst also ruhig stolz auf dich sein.“ Immer noch grinsend schielt Yugi zu Yami rüber, der nun doch tatsächlich mit roten Wangen neben ihm sitzt. Darum konzentriert er sich wieder komplett auf die Strasse, um dem anderen etwas Zeit für sich zu geben.
 

„Sag mal Yami, hast du auch Lust auf einen Apfel und Durst?“ Fragend sieht Yugi seinen Sitznachbarn an.

„Wenn ich ehrlich bin, habe ich wirklich etwas Durst und Hunger.“ Gibt Yami vorsichtig zu. „Na dann, schnapp dir den Korb unter der Bank.“ Auffordernd sieht Yugi ihn an, während er schon die Zügel in die eine Hand nimmt. Als der Korb zwischen ihnen auf dem Kutschbock steht und auch das schützende Tuch zur Seite geschlagen ist, nimmt er sich gleich einen der beiden Äpfel raus und beisst genüsslich rein. Yami hingegen trinkt erst mal ein paar Schlucke Wasser und reicht die Flasche an Yugi weiter, ehe auch er nach dem letzten Apfel greift und langsam und genüsslich beginnt zu essen.
 

Den Durst gestillt, legt Yugi die leere Flasche wieder in den Korb zurück. Der dann von Yami wieder unter der Sitzbank verstaut wird. Nicht, dass er noch runterfällt.
 

Zu Yamis Überraschung fahren sie nicht direkt nach Hause, sondern halten vor einem Schuhmachergeschäft an. Da es hier keinen Jungen gibt, der die Pferde festhält, bindet Yugi nicht nur die Zügel fest, sondern zieht auch noch die Handbremse an, damit Rocky und Blacky nicht so einfach davonlaufen können.

„Komm Yami. Du brauchst dringend ein Paar richtige Schuhe.“ Geduldig wartet er an der Ladentür, um dann zusammen mit seinem Sklaven das Geschäft zu betreten. Dort werden sie schon von einem Verkäufer erwartungsvoll angesehen.
 

„Guten Tag.“ Ergreift Yugi als erster das Wort. „Ich suche ein Paar feste Schuhe und Hausschuhe für meinen Sklaven.“ Mit einer undurchdringlichen Miene wartet er darauf, dass sich der junge Mann vor ihm von seinem Erstaunen erholt. Offensichtlich ist es ungewöhnlich, dass jemand Schuhe für seinen Sklaven kaufen will.

Schliesslich scheint dem Verkäufer einzufallen, dass er hier ist um Schuhe zu verkaufen. „Ähm, natürlich. Hier drüben sind günstige Schuhe, die jedoch viel aushalten, so dass sie nicht gleich wieder neue kaufen müssen.“ Nun mit einem geschäftsmässigen Ausdruck im Gesicht, deutet der Mann auf ein Regal an der rechten Seite und geht auch gleich selbst hin. „Sind die Schuhe für diesen Sklaven?“ Fragend sieht er zu Yugi der bestätigend nickt. „Gut, dann soll er mal dieses Paar anziehen, das könnte ihm passen.“ Er gibt seinem Kunden ein paar einfache braune Lederschuhe, die Yugi gleich an Yami weitergibt. „Hier, probiere mal ob sie die richtige Grösse haben und wehe du sagst nicht, wenn sie nicht passen.“ Mit strengem Blick sieht er seinen Sklaven an, der sich sogleich hinsetzt und die Schuhe anprobiert.
 

Nach ein paar Schritten dreht sich Yami zu ihm um. „Sie passen, Meister.“ Schnell zieht er sich die Schuhe wieder aus und probiert die einfachen Hausschuhe an, die natürlich auch die richtige Grösse haben. Der Verkäufer scheint ein gutes Auge zu haben. Zufrieden, dass sie hier auch so schnell fertig geworden sind, bezahlt Yugi den verlangten Preis von drei Silbermünzen und verlässt zusammen mit Yami das kleine Geschäft.
 

„So und nun ab nach Hause. Wir haben noch viel zu tun.“ Zufrieden über den erfolgreichen Morgen lenkt Yugi die Pferde nun endgültig auf den Weg zu seinem kleinen Laden. So früh war er schon lange nicht mehr auf dem Rückweg vom Hafen.
 

Nach kurzer Zeit biegen sie von der Hauptstrasse in die kleine Gasse ein und nur Minuten später lässt er die Pferde im Hinterhof anhalten. „Kümmere du dich bitte erst um die Pferde, ich beginne schon mal mit dem Abladen.“ Nun wieder in seinem normalen Tonfall sprechend, wendet sich Yugi erst zu seinem Sitznachbarn um, bevor er von dem Kutschbock klettert und nach hinten geht.
 

Geduldig schirrt Yami daraufhin die beiden Pferde aus, kontrolliert die Hufe und putzt das leicht verschwitzte Fell, bevor er sie in ihre Boxen stellt und für frisches Wasser sorgt. Während die Pferde durstig saufen, stopft er die Heunetze neu und hängt sie in die Boxen. Nun muss er nur noch das Lederzeug wegräumen und seine Hände waschen, damit er beim Abladen der Stoffe helfen kann. Viel gibt es allerdings nicht mehr zu tun, so dass er nur noch zwei Stoffballen ins Lager tragen muss, bevor er die Kutsche zusammen mit Yugi unter das schützende Dach schiebt.
 

Sich den Schweiss von der Stirn wischend, zuckt er erschrocken zusammen, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Entschuldigend sieht Yugi Yami an und zieht seine Hand zurück. „Ich wollte dir nur sagen, dass du das Halsband ruhig wieder ausziehen kannst, wenn du willst. Ich geh dann jetzt duschen und bin dann im Laden. Ach ja, bevor ich es vergesse. Der Laden ist öffentliches Gebiet, also gelten in der Anwesenheit von Kunden die üblichen Regeln und bitte denk daran, das blöde Halsband zu tragen, wenn du in den Laden kommst.“ Bedrückt lächelt er Yami noch einmal an, dann geht er ins Haus.
 

Zurückbleibend, zieht sich Yami als erstes das Lederhalsband aus und schiebt es in die Gesässtasche seiner Hose. Wenn er es im Ladenbereich tragen muss, macht es vermutlich am meisten Sinn, wenn er es in der Hosentasche dabeihat. Da er im Moment wohl nichts zu tun hat, stellt er sich in die Sonne und zieht sich die Jacke aus, da sie nun doch etwas zu warm ist.
 

 

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So ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Da ich nicht weiss, was ich noch sagen soll, sage ich einfach mal bis zum nächsten Kapitel oder wenn ihr einen Kommi schreibt, bis zum nächsten Kommi. ;-)

 

Eure mrs_ianto

Shoppingtour am Mittwoch

Hallo zusammen,

 

zu später Stunde, aber immer noch am Mittwoch ;-) kommt nun das neue Monsterkapitel.

 

Da ich euch wie immer nicht vollquatschen will, bedanke ich mich nur noch ganz herzlich bei den Kommischreibern und wünsche euch allen viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 6: Shoppingtour am Mittwoch

 

 

Die Sonne ist gerade dabei aufzugehen, als Yami aufwacht. Einen Moment lang bleibt er liegen und schaut zu, wie sich das Stückchen Himmel, das er vom Bett aus sehen kann, rot verfärbt.

Schliesslich schlägt er die angenehm warme Bettdecke zurück und steht auf. Mit frischen Sachen auf dem Arm, geht er nur mit seiner Schlafhose bekleidet zur Zimmertür und öffnet sie leise.
 

Doch es ist unnötig, denn Yugi ist schon wach und zieht sich gerade sein Hemd über die feuchten Haare. „Oh, entschuldige. Ich wollte nicht...“, beginnt Yami. Wird dann aber von Yugi unterbrochen. „Du musst dich nicht entschuldigen. Verlange aber nicht von mir, dass ich jetzt schon ganz wach bin.“ Kurz zögert Yami noch, doch dann geht er durch das Zimmer und beachtet den anderen nicht weiter.
 

Im Badezimmer angekommen, zieht er sich seine Hose aus und steigt in die Badewanne, um zu duschen. Mit geschlossenen Augen geniesst er das warme Wasser, das über seinen Körper fliesst und auch die restliche Müdigkeit wegspült. Stundenlang könnte er so in der Wanne knien, aber dennoch greift er nach ein paar Minuten nach der Seife.
 

Nun endgültig wach, steigt Yami aus der Wanne und greift sich das Handtuch, mit dem er sich abtrocknet, bevor er es um seine Hüften bindet. Noch ist seine Haut zu feucht, um sich anzuziehen. Trotzdem möchte er nicht länger als nötig nackt im Badezimmer stehen.
 

Ein Blick in den Spiegel über dem Waschbecken zeigt ihm, dass er sich wieder rasieren muss, doch zuerst dreht er sich um. Deutlich sind auf seinem Rücken die blauen Flecken zu sehen, die von den Schlägen mit dem Rohrstock herrühren. Was ihm aber noch deutlicher ins Auge sticht, ist das Brandmal, das auf seinem rechten Schulterblatt sitzt und zeigt, dass er im ägyptischen Reich versklavt worden ist. Sein Blick bleibt auf dem eingebrannten Ankh hängen, bis er sich wieder umdreht und die verspiegelten Türen des Schrankes öffnet.

Seit gestern liegt ein Rasiermesser in seinem Fach, nach dem er jetzt greift.
 

Als Yami seine Schlafhose wieder nach oben in sein Zimmer bringt, sind die oberen Räume verlassen. Schnell zieht er sich seine neuen Schuhe an und geht dann zu den Pferden, um ihnen neue Heunetze in die Boxen zu hängen. Bevor er wieder reingeht, kontrolliert er, ob alles in Ordnung ist und holt ihnen frisches Wasser, das er mit Hilfe der Handpumpe aus den Tiefen unter dem Boden hervorholt.
 

Einen letzten Blick auf die zufrieden kauenden Pferde werfend, verlässt Yami wieder den Stall und geht zurück ins Haus. Wo aus der Küche schon die Stimmen von Yugi und Sugoroku zu hören sind, die anscheinend den heutigen Tag besprechen.
 

„Heute Nachmittag muss ich die Pferde zu Jono bringen und nehme Yami auch gleich mit.“ Am gedeckten Tisch sitzend, trinken Yugi und sein Grossvater ihren Tee. „Ah, willst du dann gleich mit ihm zu May gehen? Dann vergiss die Stoffe nicht, die ich gestern für seine Kleidung rausgesucht habe.“ Einen Schluck von dem Tee nehmend, sieht der alte Mann seinen Enkel an. „Ja. Sonst sitze ich die Stunde nur wieder rum und langweile mich, während Jono Blacky und Rocky beschlägt.“ Zustimmend nickt Sugoroku, weiss er doch, dass auf den jungen Schmied verlass ist. Er will gerade noch etwas fragen, da fällt sein Blick auf Yami, der in die Küche kommt. „Guten Morgen Yami.“ Seine Worte bringen Yugi dazu, sich auch zur Tür umzuwenden. Freundlich lächelt er den Eintretenden an. „Guten Morgen. Komm setz dich, dein Tee wird sonst noch kalt.“ Da er auf der Herdseite des Tisches sitzt, muss Yugi seinen Arm nur nach hinten strecken, um die Teekanne zu erreichen. Während Yami zu dem freien Stuhl geht, vor dem das dritte Frühstücksgeschirr auf dem Tisch steht, füllt Yugi die bislang noch leere Tasse. Immer noch etwas nervös, aber schon deutlicher sicherer, als in den letzten Tagen, setzt sich Yami zu den beiden Mutos an den Tisch. „Guten Morgen und danke.“ Scheu sieht er kurz auf, bevor sich sein Blick wieder auf den gedeckten Tisch senkt.

Plötzlich klopft Sugoroku in die Hände. „So, da wir nun vollzählig sind, können wir ja mit dem Frühstück beginnen. Lasst es euch schmecken Jungs.“ Grinsend sieht er erst seinen Enkel an, der gespielt genervt die Augen verdreht, dann sieht er zu Yami, dessen Gesichtsausdruck, zwar überrascht, aber nicht verschreckt wirkt.
 

Erst als Yugi und sein Grossvater sich ihre Brötchen genommen haben, greift auch Yami zu. Zwar ist die ganze Situation immer noch sehr ungewohnt, aber so langsam glaubt er die Regeln in diesem Haus zu verstehen.
 

„Du Yami“, durchbricht Yugi plötzlich die Stille am Tisch. „Ich muss mich noch bei dir Entschuldigen. Meine Reaktion heute Morgen war dir gegenüber nicht fair.“ Mit einem schuldbewussten Gesichtsausdruck sieht er Yami an, der ihn nur mit grossen Augen ansieht und schliesslich nur sprachlos nickt. „Weisst du, irgendwie bin ich vor meinem ersten Tee nicht wirklich ansprechbar. Ich weiss, es ist keine Entschuldigung, sondern eher eine Ausrede.“ Nun senkt Yugi verlegen den Blick, da ihn Yami immer noch auf so eine Art ansieht, die in ihm ein Kribbeln verursacht, das er jetzt nicht gebrauchen kann.
 

Wortlos beobachtet Sugoroku unterdessen die beiden jungen Männer. Sieht, wie Yugi plötzlich besonders viel Interesse an seinem Brötchen hat und stellt sich die Frage, ob sein Enkel eventuell dabei ist, für Yami Gefühle zu entwickeln. Doch dann wird er aus seinen Überlegungen gerissen.
 

„Ist schon in Ordnung. Ich werde in Zukunft am Morgen einfach schweigend an dir vorbeilaufen.“ Äusserlich ruhig greift Yami nach einer Scheibe Käse und beginnt wieder zu essen.
 

Unauffällig sieht Sugoroku den jungen Mann an. Mit dieser Reaktion hätte er nun als letztes gerechnet. Blitzt da etwa gerade ein bisschen etwas vom wahren Yami auf? Das verspricht noch eine spannende Zeit zu werden.
 

Nach dem Frühstück wird Yugi von seinem Grossvater gleich in den Laden gescheucht. Er und Yami können den Tisch ja schliesslich auch allein abräumen.

Resolut drückt Sugoroku dem Jüngeren das Geschirrtuch in die Hand und beginnt mit dem Abwasch. „Bist du im Stall schon fertig?“ Fragend sieht er ihn an, während er ihm den ersten Teller in die Hand drückt. „Für den Moment ja. Ich muss die beiden später nochmal füttern und putzen. Ausmisten kann ich sowieso erst am Abend.“ Der nächste Teller wird ihm gereicht.

„Super, dann kannst du mir ja nachher bei der Wäsche helfen, bevor du nach dem Mittagessen mit Yugi die Pferde zu Jono bringst.“

Da er nun auch den dritten Teller abgetrocknet hat, räumt sie Yami in den Schrank, der ein paar Schritte entfernt ist. „Ist gut.“ Sich nicht anmerken lassend, dass die Information, dass er heute wieder mit Yugi unterwegs sein wird, neu für ihn ist, nimmt er die erste Tasse entgegen.

„Du wirkst nicht wirklich überrascht.“ Aufmerksam sieht Sugoroku den jungen Mann neben sich an, der gerade die zweite Tasse sorgfältig abtrocknet. „Naja, ich musste auf dem Sklavenmarkt ein paar seiner Termine vorlesen. Es ist mir nur neu, dass ich mitgehen soll.“ Innerlich zittert Yami, dass er sich gerade falsch verhalten könnte, aber äusserlich bleibt er ruhig.

Verstehend beginnt Sugoroku zu nicken. „Ach. So hat er getestet, ob du wirklich lesen kannst. Ja, du sollst mitgehen, da er mit dir dann gleich zu May Kujaku gehen kann. Sie ist Schneiderin.“ Bei dem verständnislosen Blick von Yami muss der alte Mann leicht schmunzeln. „Du brauchst passende Sachen und sie wird dafür zuständig sein. Die passenden Stoffe habe ich gestern schon rausgesucht. Also keine Widerrede.“ Gespielt streng sieht er Yami an, der gerade den Mund öffnet, um etwas zu sagen, ihn dann jedoch ohne ein Wort zu sagen wieder schliesst.

Da sie mit dem Abwasch fertig sind, lässt Sugoroku das Wasser ablaufen und reibt die Spüle mit dem Lappen aus.
 

„So, dann lass uns mal die Dreckwäsche holen.“ Voller Tatendrang, geht der alte Mann mit Yami aus der Küche und die Treppe nach oben. „Hol du schon mal deine und Yugis Wäsche, die findest du in dem Korb neben seinem Kleiderschrank, während ich meine Sachen hole.“

Es dauert nicht lange, da stehen sie beide wieder mit den Wäschekörben im Flur. Seine eigenen Sachen hat Yami einfach mal zu Yugis in den Korb getan. Da er nicht weiss, wo es hingeht, folgt er dem alten Mann die Treppe runter und in den Hinterhof, wo Sugoroku eine Tür ansteuert, die er bis jetzt noch nicht geöffnet hat. Dahinter verbirgt sich ein kleiner Raum in dem eine Art Fass seitlich auf Rollen liegt, die wiederum in eine Art Gestell eingebaut sind. An der Seite hat es einen Griff und oben ist eine Art Luke, die Sugoroku nun öffnet. „So Yami, ich sortiere mal die Sachen aus und mache Feuer. Hol du bitte in der Zwischenzeit Wasser.“ Er deutet auf die beiden eisernen Eimer, die neben der Feuerstelle stehen. Natürlich hat er den neugierigen Blick von Yami bemerkt, doch der wird schon noch früh genug merken, was es mit dem Fass auf sich hat.

Summend schichtet er das Holz auf und schon bald züngeln die ersten Flammen an dem trockenen Holz.

Als Yami zurückkommt, sortiert er gerade die Wäsche in relativ sauber und ziemlich schmutzig. Zum Glück gibt es nur selten gröbere Flecken, so dass meistens die ganze Wäsche durch die nun offene Luke im Fass verschwindet, so auch heute. „Häng gleich einen der Eimer übers Feuer und dann zeige ich dir, was wir hier für eine Wundermaschine haben.“
 

Neugierig, tritt Yami an die seltsame Konstruktion und sieht Sugoroku zu, wie er nun ein Stück Seife nimmt davon ein paar dünne Streifen abschneidet und sie zu der Wäsche in das Fass gibt. Irgendwie erinnert ihn dieses Ding an etwas, aber er kann im Moment nicht sagen, an was.
 

„Weisst du, Yugis Vater war ein Technomagus, bevor er sich in meine Tochter verliebt hat und darum hierher umgezogen ist. Leider konnten sie wegen des Standesunterschieds nie heiraten. Er hat diese Maschine hier gebaut, damit wir es beim Wäsche waschen einfacher haben. Du darfst es aber niemandem erzählen, dass wir hier so was stehen haben.“ Beschwörend sieht Sugoroku Yami an. „Ich werde niemandem was sagen. Versprochen.“ Zufrieden mit der Antwort nickt der Alte. „Gut, ich sehe, das Wasser ist schon heiss, hol bitte den Eimer her und giesse das Wasser in das Fass.“ Froh, dass er das nicht mehr selber machen muss, sieht er Yami zu.

Na gut, Yugi könnte ihm helfen, aber der hat mit dem Laden genug zu tun, darum will er das nicht. Der Junge arbeitet eh schon zu viel.

„Gut und nun machen wir das Leder über die Öffnung und schliessen die Luke und fixieren sie mit diesen Holzstücken, die wir durch diese Ösen führen.“ Geduldig erklärt er Yami alles, für den Fall, dass es der Jüngere mal allein machen muss. „Und nun kannst du anfangen das Fass an dem Griff zu drehen. Ich setze mich dabei immer auf den Schemel.“ Gehorsam setzt sich Yami hin und beginnt das Fass zu drehen. Am Anfang ist es etwas schwer, doch schon bald wird es leichter, da der Schwung ihn unterstützt. „Wie lange muss das Fass gedreht werden?“

„Schwer zu sagen, ich zähle immer langsam bis hundert und dann wechsle ich die Drehrichtung. Das mache ich normalerweise vier Mal und dann schaue ich nach, wie die Wäsche aussieht. Da wir aber jetzt mehr Wäsche drin haben, würde ich vorschlagen, dass du zwei Durchgänge mehr machst. Wenn wir dann mit den Kleidern fertig sind, machen wir uns an die Bettwäsche. Da reichen in der Regel zwei Durchgänge, da die ja normalerweise nicht schmutzig ist. Richtig dreckige Sachen bearbeite ich immer erst mit dem guten alten Waschbrett, bevor ich sie auch in das Fass gebe.“ Während Sugoroku redet, hört Yami aufmerksam zu und zählt in Gedanken bis hundert. Dann bremst er das Fass langsam ab und nimmt dann den anderen Arm um es in die andere Richtung zu drehen. Er versteht, warum er das machen muss. Auch wenn es relativ leicht geht, wird mit der Zeit der Arm doch ziemlich schwer. Um sich etwas abzulenken, stellt er die Frage, die ihn schon eine Weile beschäftigt. „Wo sind Yugis Eltern eigentlich?“
 

Überrascht, dass Yami mal von sich aus eine Frage stellt, dreht sich Sugoroku um, da er gerade neues Holz auf die Feuerstelle gelegt hat. „Sie sind tot. Yugis Vater starb, als er etwa fünf Jahre alt war. Meine Tochter folgte ihm sieben Jahre später, als die grosse Seuche herrschte. Seit dem Tag müssen wir uns alle einmal im Jahr untersuchen lassen. Dafür schicken die Herrscher extra die Medimagi in die Häuser. Wir sind übrigens auch bald wieder dran. Ich schätze mal, in ein bis zwei Wochen. Stell dich also schon mal darauf ein, dass du auch untersucht werden wirst. Wenn wir Glück haben, können wir dich dann auch gleich registrieren lassen, dann muss Yugi mit dir nicht extra zum Amtsgebäude gehen.“

Bei der Vorstellung, dass er sich einer Untersuchung unterziehen muss, verspannt sich Yami unwillkürlich. Was ist nur mit ihm los? Noch vor ein paar Tagen war es ihm doch egal, wer ihn wie und wo anfasst. Warum nur wehrt sich jetzt alles in ihm dagegen?
 

Natürlich bemerkt Sugoroku, dass mit Yami etwas nicht stimmt, aber er will ihn nicht bedrängen, darum sagt er nichts dazu. Der Junge soll von sich aus reden, wenn er will und sich nicht bedrängt fühlen.
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die sechs Durchgänge fertig und Yami lässt erleichtert den Griff los, was das Fass langsam ausrollen lässt. Zusammen mit Sugoroku öffnet er die Luke und sieht zu, wie der alte Mann die Kleidungsstücke einzeln herausnimmt und sie kurz kritisch betrachtet, ob sie auch sauber sind. Dies scheint der Fall zu sein, denn er tut die Wäsche in einen der Körbe, dann dreht er das Fass um, so dass das schmutzige Seifenwasser einfach auf den Boden läuft. „So, die Wäsche muss noch ausgespült werden. Machst du das bitte? Ich hole in der Zwischenzeit die Bettwäsche.“ Als Sugoroku den etwas ratlosen Blick von Yami sieht, grinst er leicht. „Nimm die beiden Körbe und geh mit den Sachen ins Badezimmer. Dort kannst du sie nacheinander in der Badewanne mit kaltem Wasser ausspülen, danach kommst du mit der Wäsche wieder her und hängst sie über die Wäscheleinen. Alles klar?“

„Ja, ich habe verstanden.“ Zufrieden nickt Sugoroku und lässt Yami allein in der inzwischen ziemlich warmen Waschküche zurück, um die Bettwäsche zu holen. Der packt sich die beiden Körbe und trägt sie hinter dem alten Mann ins Haus und geht dann mit seiner Last ins Badezimmer um dort die ihm aufgetragene Arbeit zu erledigen.
 

Nachdem auch die Bettwäsche gewaschen und zum Trocknen aufgehängt ist, geht Yami über den Hof zu den Pferden, die schon ungeduldig auf ihre neue Portion Heu warten. Um sie etwas für die Wartezeit zu entschädigen, hat er für jeden der beiden einen Apfel dabei. Während Blacky und Rocky wieder zufriedener ihre Leckerei geniessen, tauscht er die leeren Heunetze gegen die aus, die er schon am Morgen vor dem Frühstück gefüllt hat und gibt ihnen frisches Wasser. Erst dann geht er zurück ins Haus.
 

Mit einem knurrenden Magen betritt Yami die Küche, wo Sugoroku schon dabei ist ein einfaches Mittagessen zuzubereiten. „Könntest du Yugi bitte Bescheid geben, dass das Mittagessen fertig ist? Er hat bestimmt wieder die Zeit vergessen.“

„Natürlich.“ Schnell geht er wieder in den Flur und in Richtung Laden. Da die Tür offensteht, hört er, wie sich Yugi mit einer Kundin unterhält, weshalb er das Halsband aus der Gesässtasche nimmt und es sich anzieht. Inzwischen braucht er dafür keinen Spiegel mehr, da er gestern auch schon ein paar Mal in den Laden musste, während Kunden da waren.

Mit gesenktem Blick betritt Yami den Verkaufsraum und wartet darauf, dass er bemerkt wird.
 

Yugi steht mit dem Rücken zur Tür und verhandelt mit der Kundin, die der Meinung ist, dass sie den grünen Seidenstoff zu einem Spottpreis haben kann. Deshalb ist er im ersten Moment etwas verwirrt, als die Kundin plötzlich einen Punkt hinter ihm fixiert. „Ich wusste ja gar nicht, dass Sie jetzt auch einen Sklaven besitzen.“ Bei ihren Worten dreht sich Yugi um und sieht Yami mit hochgezogener Augenbraue an. „Ja, ich habe ihn letzten Samstag auf dem Sklavenmarkt erstanden.“ Sein Ton ist kühl und beherrscht während er seinen Sklaven ansieht. „Was willst du? Du siehst doch, dass ich Kundschaft habe.“
 

Bei diesem Tonfall muss Yami kurz leer schlucken, auch wenn er inzwischen zu wissen glaubt, dass Yugi nur so redet, weil jemand im Laden ist, verunsichert es ihn. „Entschuldige, aber dein Grossvater schickt mich. Ich soll dir ausrichten, dass das Mittagessen fertig ist.“ Während er redet, ist sein Blick gesenkt und auf einen Punkt, irgendwo vor Yugis Füssen gerichtet.
 

„Gut, du kannst ihm sagen, dass ich gleich komme.“ Am liebsten würde Yugi Yami anlächeln, doch stattdessen sieht er ihn mit ernster Miene an und wartet angeblich ungeduldig darauf, dass der andere nickt und wieder aus dem Laden geht.

„Verzeihen Sie die Unterbrechung Madam.“ Mit einem falschen Lächeln wendet er sich wieder der nervigen Kundin zu.

„Ach, das macht doch nichts. Sie sollten ihren Sklaven aber etwas mehr Respekt und Demut lehren. Sein Verhalten war viel zu Selbstsicher. Sie sollten ihm nachher eine ordentliche Tracht Prügel verpassen, das wirkt wahre Wunder.“ Mit einem arroganten Lächeln sieht sie ihn an und wartet darauf, dass ihr der junge Mann zustimmt.
 

Bei den Worten muss sich Yugi sehr beherrschen, dass er ihr nicht die Meinung sagt. Ganz sicher wird er das nicht tun. Sondern Yami nur noch mehr dazu bringen, noch respektloser zu werden. Aussprechen tut er seine Gedanken allerdings nicht. „Keine Sorge. Ich werde mich nachher um ihn kümmern.“ Seine wahren Gefühle verbergend wendet er sich wieder dem Stoffballen zu, den die Kundin kaufen möchte. „Ich würde vorschlagen, dass wir uns wieder dieser wunderschönen Seide zuwenden. Ich kann Ihnen leider nicht mehr viel entgegenkommen, aber ich kann den Preis von 32 auf 30 Silbermünzen senken. Wenn Ihnen das immer noch zu teuer ist, würde ich zu einem anderen Stoff raten, der eher Ihrem Budget entspricht.“ Das Aufblitzen in ihren Augen verrät ihm, dass er sie endlich da hat, wo er sie haben wollte. „Gut, ich nehme die Seide.“ Innerlich grinst er. Die Andeutung, dass sie sich die Seide nicht leisten könnte, funktioniert doch jedes Mal. „Sehr gern. Ich werde die Seide sofort einpacken.“ Geschickt schlägt er den Ballen in das bereitliegende Leinentuch ein und übergibt es der jungen Frau, die neben der Kundin steht und nimmt die 30 Silbermünzen entgegen.

Mit einem falschen Lächeln begleitet er die Frauen noch zur Tür. „Es war mir wie immer eine Freude, Madam. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Natürlich erwidert sie die freundlichen Worte nicht. Das hätte ihn auch verwundert.

Mit einem erleichterten Seufzen schliesst Yugi die Tür ab und dreht das Schild, das an dem Glasteil der Tür hängt um. Nun ist der Laden offiziell geschlossen.
 

Als er in die Küche kommt, sitzen sein Grossvater und Yami schon am Tisch und warten auf ihn. Da es regelmässig vorkommt, dass er noch Kunden hat, gibt es unter der Woche immer nur ein kaltes Mittagessen. Heute steht ein Kartoffelsalat und Brot auf dem Speiseplan.

„Entschuldigt, dass ihr warten musstet, aber die Kundin war einfach unmöglich.“ Mit einem genervten Augenrollen setzt sich Yugi hin.

Wie üblich nimmt sich erst Sugoroku eine Portion, ehe Yugi seinen Teller füllt und dann die Schüssel an Yami weiterreicht.

Anders als noch vor zwei Tagen, fragt Yami nicht mehr stumm nach Erlaubnis, ob er denn überhaupt etwas essen darf.
 

„Also Yami. Wir müssen nachher die Pferde zu Jono bringen. Ich vermute jetzt einfach, dass dir das Grossvater schon gesagt hat.“ Auf Antwort wartend, sieht er Yami über den Tisch hinweg an.

„Ja, er hat es mir gesagt.“

„Gut. Kann du reiten?“ Beinahe bereut er seine Frage, als er sieht, wie Yami erst nachdenklich scheint und dann mit den Schultern zuckt. „Ich weiss es nicht. Tut mir leid.“ Die Worte lassen Yugi beinahe zusammenzucken, doch er kann sich gerade noch beherrschen. „Dann werden wir es nachher herausfinden.“ Betont fröhlich steht er auf und beginnt den Tisch abzuräumen.

Gemeinsam räumen die drei Männer die Küche auf, ehe sich diesmal Sugoroku auf den Weg in den Laden macht, während Yami schon mal in den Stall geht und Yugi im Lager verschwindet, wo sich hinter einem Vorhang die hintere Tür vom Safe befindet.
 

Als er dann mit dem Stoffbündel für Yamis Kleider bewaffnet in den Hinterhof kommt, putzt Yami gerade die Pferde, die geduldig vor ihren Boxen angebunden stehen. Um ihm zu helfen, holt Yugi die Decken, die er geschickt auf den Pferderücken mit einem Gurt fixiert. Das Stoffbündel legt er einfach quer über Blackys Rücken und bindet es an dem Gurt fest. Da er nur selten reitet, besitzt er keine Sättel, die sind ausserdem kaum bezahlbar.

Nach dem Aufzäumen führen sie die beiden Pferde zu einem kleinen Mauervorsprung, von dem aus sie leicht aufsteigen können. „So Yami. Wir lassen es einfach ruhig angehen und keine Angst, Rocky ist immer die Ruhe selbst.“ Aufmunternd lächelt Yugi den anderen an, bevor er Blacky antreibt.
 

Im ersten Moment fühlt sich Yami auf dem Pferderücken nicht wirklich wohl, doch schon nach ein paar Metern beginnt er automatisch mit den Bewegungen von Rocky mitzugehen. Unbewusst gibt er die richtigen Kommandos und fühlt sich nach einer Weile pudelwohl.
 

Von Yami unbemerkt beobachtet Yugi, wie dessen Haltung immer aufrechter wird und sich so zeigt, dass er ein ausgezeichneter Reiter zu sein scheint. Glücklich, dass er ihm mit seiner Idee zu Jonouchi zu reiten anscheinend eine Freude machen konnte, sieht er immer wieder zu Yami, während sie im Schritt durch die Strassen reiten.
 

Schon bald erreichen sie die Schmiede, aus der die lauten Hammerschläge deutlich zu hören sind. Geschickt lassen sie sich von den Pferderücken gleiten. Doch noch bevor Yugi nach seinem Jono rufen kann, werden sie von ihm entdeckt. „Yugi! Yami! Hallo ihr beiden. Bringt ihr mir etwa meine beiden Lieblingspferde?“ Da seine Hände ziemlich schwarz sind, verzichtet Jonouchi darauf, seinem Freund die Hand zu schütteln. „Hallo Jono. Na klar. Die beiden brauchen doch ihre neuen Schuhe.“ Grinsend geht er zu seinem Freund, Blacky lässt er einfach so stehen, weiss er doch, dass dieser sich nicht von der Stelle rührt, solange ihn niemand dazu auffordert. „Wie geht’s dir denn so? Hast du viel zu tun?“ Neugierig schielt er an Jonouchi vorbei und sieht, wie Rishido gerade mit einem Arm voller Holz um die Ecke kommt.

Natürlich hat Jono den Blick bemerkt und schaut Yugi breit grinsend an. „Mir geht’s bestens. Wir haben zwar viel zu tun, aber Rishido ist ein Naturtalent, was den Umgang mit den Pferden und dem Feuer angeht. Wie geht’s dir denn so?“ Zusammen mit Yugi geht Jonouchi zu Yami und den Pferden, um sich schon mal die Hufe anzusehen.

„Mir geht’s auch super. Stell dir vor, Yami spricht fliessend Chinesisch. Du hättest dabei sein sollen, als wir am Montag mit den Chinesen verhandelt haben. Das war einfach genial und mit den Pferden kommt er auch super klar.“ Aus dem Augenwinkel bemerkt Yugi, wie sich Yami verlegen abwendet, aber er tut so, als hätte er nichts bemerkt.
 

Während Yugi sich weiter mit Jono unterhält, konzentriert sich Yami auf Rocky und krault ihn unter der Mähne. Seit gestern weiss er, dass der grosse Wallach das besonders liebt. Er ist so auf sein Tun konzentriert, dass er erst bemerkt, dass Yugi etwas von ihm will, als er dessen Hand auf seiner Schulter spürt.

„Kommst du? Während Jono sich um die beiden Schlitzohren kümmert, können wir die Zeit sinnvoll nutzen und zu May gehen, damit du endlich passende Kleider bekommst.“ Glücklich, dass Yami sich nicht verspannt hat oder zusammengezuckt ist, drückt Yugi ihm das Stoffbündel in die Hand, das er von Blackys Rücken genommen hat.
 

Stumm folgt Yami Yugi durch die Strassen und sieht sich unauffällig um. Auch wenn er schon über vier Jahre in diesem Land lebt, hat er bis jetzt noch nicht viel davon gesehen. Weshalb er sehr neugierig auf seine Umgebung ist. „Bei May muss ich mich nicht verstellen“, reisst ihn Yugis Stimme aus seinen Beobachtungen. „Sie denkt ähnlich über Sklaven wie Jono und ich und wenn wir Glück haben, hat sie gerade keine Kunden im Laden, so dass auch du ganz du selbst sein kannst.“ Da es nicht üblich ist, dass ein Sklavenbesitzer sein Eigentum beachtet, wenn er nicht gerade was von ihm will, sieht Yugi Yami nicht an, während er mit ihm redet, da ziemlich viele Leute ihren Weg kreuzen.
 

Nach etwa fünfzehn Minuten erreichen sie die Schneiderei von May Kujaku und betreten den gemütlich eingerichteten Laden. Sie haben Glück, sie sind tatsächlich die einzigen Kunden, nachdem eine ältere Dame den Laden verlassen hat.
 

Mit einem strahlenden Lächeln kommt May auf sie zu. „Yugi. Was für eine Freude, dich mal wieder zu sehen. Wie geht es dir und deinem Grossvater und wer ist denn der junge Mann, den du dabeihast.“ Schwungvoll zieht sie Yugi in eine Umarmung und da sie deutlich grösser ist als er, verschwindet er fast komplett in ihren Armen. Erst als sie ihn wieder loslässt, kommt er dazu ihr zu antworten. „Hallo May. Ich freue mich auch dich zu sehen. Grossvater und mir geht es ausgezeichnet.“ Lächelnd dreht er sich dann zu Yami um, der etwas hinter ihm steht. „Das ist Yami.“ „Ach, du bist also der junge Mann, den Yugi auf dem Sklavenmarkt entdeckt hat?“ Mit einem prüfenden Blick mustert sie den jungen Sklaven. Auch wenn seine Kleider etwas zu gross sind, ist für sie deutlich zu erkennen, dass sich darunter ein guter Körperbau verbirgt. Dann sieht sie wieder zu Yugi. „Ich muss gestehen, dass ich überrascht war, dass du dir einen Sklaven gekauft hast. Du bist ja nicht unbedingt ein Fan von Sklavenhaltung, aber wenn ich mir deinen Yami so ansehe, kann ich verstehen, warum du schwach geworden bist. Allerdings solltest du ihm unbedingt passende Sachen besorgen.“
 

Bei diesen Worten wird Yugi etwas nervös. Hoffentlich versteht Yami die Andeutung nicht. Noch will er ihm nämlich nicht sagen, dass er das männliche Geschlecht bevorzugt. Mit einem falschen Grinsen sieht er darum May an. „Genau darum sind wir ja hier. Du sollst ihm neue Kleider machen. Die Stoffe dafür haben wir sogar schon dabei.“ Schnell nimmt er Yami das Stoffbündel ab und reicht es May, die es gleich zu dem Tisch im hinteren Teil des Ladens bringt und aufmacht. Genau prüft sie die grauen und braunen Stoffe und das einzelne Leinenbündel. „Wie nicht anders zu erwarten, sind die Stoffe von hervorragender Qualität. Ich nehme mal an, dass ich davon eine komplette Ausstattung machen soll?“ Fragend sieht sie Yugi an, der zustimmend nickt. „Genau. Yami hatte nur so eine typische Sklaventunika an und das geht gar nicht.“ Auch wenn sie hier im Laden allein sind und Yugi lieber Yami reden lassen würde, akzeptiert er es, dass sich dieser lieber im Hintergrund hält. „Verstehe, aber warum hast du noch ein Leinenbündel mit eingepackt?“ Geschäftig nimmt sich May schon mal ein Massband und ihre Schreibutensilien, damit sie dann gleich die Masse von dem schüchternen jungen Mann nehmen kann.
 

Etwas verlegen sieht Yugi zur Seite, auch wenn es eigentlich keinen Grund dafür gibt. „Naja, Grossvater und ich dachten, dass du davon ein paar Pyjamas für Yami machen könntest. In der Nacht ist es ja doch noch sehr frisch.“ Mit Unbehagen sieht er ihren erstaunten Blick, doch zum Glück sagt sie nichts weiter dazu. Stattdessen tritt sie mit ihrem Massband auf sie zu.

„Gut. Also Yami, könntest du dann bitte das Hemd ausziehen? Ich muss deine Masse nehmen und das geht am besten ohne den störenden Stoff dazwischen. Die Hose kannst du aber anlassen.“ Mit ernster Miene, aber trotzdem freundlich sieht sie den jungen Mann an, der jedoch keine Anstalten macht, das Hemd auszuziehen. „Na los. Ich beisse nicht und Yugi auch nicht.“ Schelmisch zwinkert sie Yami an, der sieht jedoch hilfesuchend zu seinem Besitzer. „Muss ich wirklich?“ Mit einem verständnisvollen Blick sieht Yugi ihn an. „Ja. Keine Sorge, ich musste auch schon oben ohne hier rumstehen und mich vermessen lassen. May weiss, was sie tut.“ Aufmunternd lächelt Yugi ihn an und hofft, dass sich Yami überwinden kann und das Hemd auszieht.
 

Noch einmal wird May mit einem kritischen Blick angesehen, den sie geduldig erwidert. Da keiner der beiden weiter Druck auf ihn ausübt, zieht sich Yami schliesslich das Hemd über den Kopf. Nervös behält er es aber in der Hand und krallt sich schon fast in dem Stoff fest, während er einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand fixiert.
 

Natürlich bemerken May und Yugi seine verkrampfte Haltung. Mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue sieht sie ihren alten Freund an. „Frag lieber nicht. Ich kenne die Antwort nämlich auch nicht.“ Vielsagend blickt er sie an und hofft, dass sie die wortlose Bitte, nicht doch zu fragen versteht.

„Na gut. Also Yami, dann streck mal deine Arme zur Seite aus, damit ich dich besser vermessen kann.“ Mit ihren Armen zeigt sie ihm, was er machen soll und wortlos kopiert er ihre Haltung. Darauf bedacht, die Haut von ihm nicht unnötig zu berühren beginnt sie mit dem Massband seinen Körper zu vermessen. Deutlich ist Yami anzusehen, dass er sich nicht wohl dabei fühlt, weshalb sie sich besonders beeilt. Zum Schluss stellt sie sich hinter ihn, damit sie auch noch seinen Rücken vermessen kann und sieht das Brandzeichen. „Oh, du bist also aus dem ägyptischen Grossreich? Oder deute ich das Ankhsymbol falsch?“ Mit ruhigen Bewegungen nimmt sie die letzten Masse an seinem Oberkörper, während sie auf eine Antwort wartet. Bei ihren Worten ist Yugi auch etwas seitlich hinter Yami getreten und sieht jetzt zum ersten Mal das Zeichen, das Yami für immer als Sklaven kennzeichnen wird, selbst wenn er irgendwann freigelassen werden sollte. Es dauert eine ganze Weile, bis sie eine Antwort erhalten. „Ja, ich wurde in Ägypten versklavt.“ Die Worte sind so leise gesprochen, dass sie sie kaum verstehen können. Am liebsten würde Yugi fragen, ob er sich daran erinnern kann, doch als er den traurigen Ausdruck in seinen Augen sieht, verzichtet er darauf.
 

„So, du kannst die Arme jetzt wieder runternehmen. Ich werde jetzt noch deine Beine vermessen und dann hast du es fast geschafft. Lass das Hemd aber noch ausgezogen. Ich will dir ein paar Oberteile zum Anprobieren geben, damit du sagen kannst, was dir gefällt.“ Natürlich bemerkt May, dass sich Yami immer unwohler fühlt, aber sie muss die Masse einfach nehmen und wenn er nicht extrem zunimmt, wird das auch für lange Zeit das letzte Mal sein.
 

Sofort verschränkt Yami seine Arme schützend vor seiner Brust. Deutlich spürt er die Hände auf dem Stoff an seinem Hintern und Beinen. Am liebsten wäre er zurückgewichen. Doch er beisst die Zähne zusammen und versucht sich auf etwas Anderes zu konzentrieren. Bis ihm May wieder eine Anweisung gibt. „Nimm bitte die Füsse etwas weiter auseinander, ich muss noch die Innenbeinlänge messen und dann habe ich alle Masse. Versprochen.“

Tief Luft holend kommt er der Aufforderung nach und hätte am liebsten die Flucht ergriffen, als er die Finger an seiner Oberschenkelinnenseite spürt. Verdammt, warum kann er die Berührungen nicht einfach ertragen, so wie er es früher geschafft hat?

Endlich entfernen sich die Hände wieder von seinem Körper und mit einem erleichterten aufseufzen sieht er, wie May das Massband und das Buch, in dem sie alles aufgeschrieben hat, weglegt und im hinteren Teil des Ladens verschwindet. Nach ein paar Minuten, kommt sie mit ein paar Sachen zurück, die sie zu den Stoffballen auf den Tisch legt.

„Los ihr beiden, kommt mal her und sagt mir, was euch gefällt. Natürlich zählt deine Meinung besonders, Yami.“ Auffordernd winkt sie Yugi und Yami zu sich an den Tisch. „So, hier haben wir ein einfaches Shirt mit langen Ärmeln. Es ist dir zwar sicher zu gross, aber zieh es trotzdem an und sag mir, was du meinst. Da drüben ist ein Spiegel.“ Mit beiden Händen hält sie Yami das Shirt hin.

Unsicher nimmt er es ihr ab und zieht es sich über den Kopf. Als er sich dann im Spiegel betrachtet, muss er zugeben, dass es ihm gefällt. So geht es weiter, er muss noch mehr Shirts mit langen und kurzen Ärmeln anprobieren sogar auch ein paar Jacken. Jedes Mal wird er nach seiner Meinung gefragt und als er sagt, dass ihm die Shirts mit den drei Knöpfen am Kragen besser gefallen, wird es gleich aufgeschrieben. Bei den Jacken gefällt ihm die mit dem leichten Kragen am besten und am Schluss ist nur noch eine ärmellose Weste übrig. Als er die Angezogen hat, pfeift May spontan. „Also, egal was du sagst. Ich mache dir so eine Weste. Die steht dir ausgezeichnet und du kannst sie mit einem der Shirts tragen oder auch einfach so wie jetzt, wenn es im Sommer heiss ist und du nicht ganz oben ohne rumlaufen möchtest.“
 

Von der Reaktion überrascht, schaut Yami in den Spiegel. Im ersten Moment glaubt er einen Fremden zu sehen, der ihn mit einem stolzen Blick ansieht, doch dann verschwindet der Eindruck und er sieht wieder sich selbst. Kritisch beäugt er sich in dem Spiegel, ehe er sich zu Yugi umdreht, der die ganze Zeit schweigend zugesehen hat. „Was meinst du?“

Ganz in den Anblick vertieft, braucht Yugi ein paar Sekunden um zu realisieren, dass ihn Yami etwas gefragt hat. „May hat Recht. Die Weste steht dir ausgezeichnet und praktisch ist sie auch.“ Am liebsten hätte er aber gesagt, dass Yami sexy und zum Anbeissen aussieht. Verdammt, hoffentlich beginnt sich nichts in seiner Hose zu regen. Doch er hat Glück.

Schnell wird auch das aufgeschrieben. „Gut. Also Yami, du kannst wieder dein Hemd anziehen. Nächste Woche bringe ich dann die Sachen vorbei, wenn ich sowieso vorbeikomme, um neue Stoffe zu holen. Soll ich einfach so viel machen, wie die Stoffe hergeben?“
 

Nun ist es wieder an Yugi zu reden. „Ja, das wäre toll. Kannst du mir noch sagen, wie viel es ungefähr kosten wird? Und soll ich dir schon eine Anzahlung geben?“

Von ihren Notizen aufsehend, sieht May ihn mit einem strengen Blick an. „Du musst mir ganz sicher keine Anzahlung geben und ich schätze, dass es dich ungefähr 40 Silbermünzen kosten wird.“ Da Yugi weiss, dass das ein absoluter Freundschaftspreis ist, nickt er zustimmend, ohne dass er versucht zu handeln. Immerhin weiss er, dass die Stoffe etwa vier bis fünf Shirts und vermutlich drei Hosen hergeben werden. Dazu noch die Jacke und die Weste und vermutlich zwei Pyjamas. „Gut, dann werden wir dich mal wieder allein lassen. Wir sehen uns, May und danke.“ Noch einmal umarmen sich die beiden. „Nichts zu danken. Dank dir habe ich viele Kundinnen und Kunden. Kommt gut nach Hause und wir sehen uns nächste Woche vermutlich am Mittwoch oder Donnerstag.“

Bei Yami verzichtet May auf eine Umarmung, dafür sieht sie ihn mit einem warmen Blick an. „Und du pass mir gut auf Yugi auf. Nicht, dass er noch etwas anstellt.“ Mit einem breiten Grinsen zwinkert sie ihm zu. „Ähm, ja. Das werde ich.“ Froh, endlich aus dem Laden zu entkommen, folgt Yami Yugi durch die Tür.
 

Die frische Luft geniessend gehen die beiden zurück zu Jonos Schmiede, wo sie schon von den fertig beschlagenen Pferden erwartet werden. Wie sie an dem lauten Wiehern hören können, als Blacky und Rocky sie entdecken.
 

Während sich Yami um die beiden Pferde kümmert, geht Yugi in die Schmiede um Jono für seine sicher ausgezeichnete Arbeit zu bezahlen. Dann machen sie sich auf den Rückweg. Diesmal führen sie die Tiere, da diese noch ziemlich vorsichtig mit ihren neuen Hufeisen auftreten.
 

Zu Hause macht sich Yami gleich an die Stallarbeit und kümmert sich liebevoll um die Pferde, während Yugi zu seinem Grossvater geht.

„Grossvater, wir sind wieder da“, ruft er in den Flur, als er die Tür hinter sich schliesst. Bestimmt findet er ihn im Laden und er hat Recht. „Hallo Yugi. Na wie war’s?“ Lächelnd sieht Sugoroku seinen Enkel an, der auf den Verkaufstresen setzt. „Ach eigentlich ganz gut. May hat Yami wohl gleich ins Herz geschlossen und hat ihn wie einen normalen Kunden behandelt. Du kennst sie ja.“ Grinsend sehen sich die beiden Mutos an. Ja, sie kennen die blonde Schneiderin nur zu gut und heimlich haben sie schon lange eine Wette laufen, wann Jono sie endlich um eine Verabredung bitten wird. „Das ist doch super und wie hat sich Yami so geschlagen?“ Neugierig sieht Sugoroku zu seinem Enkel, während er ein blaues Schultertuch zusammenfaltet. Da er die Handgriffe blind beherrscht, fällt ihm natürlich auf, dass Yugi nun etwas bedrückt dreinschaut. „Das Massnehmen ist ihm sichtlich schwergefallen. Er wollte schon nicht sein Hemd ausziehen und jedes Mal, wenn May ihn berührte, hat er sich noch mehr verspannt. Ich verstehe das nicht. Auf dem Sklavenmarkt habe ich ihn doch auch angefasst und er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt. Was ist denn jetzt anders?“ Hoffend, dass ihm sein Grossvater eine Antwort geben kann, sieht Yugi den alten Mann an, der nachdenklich mit seinem Tun innehält.

Schliesslich holt er tief Luft. „Yami ist sich am Verändern und das schneller, als ich es erwartet hätte. Auf dem Markt hast du einen Mann getroffen, der sein wahres Wesen tief in sich verborgen hat, um sich zu schützen. Man könnte schon fast sagen, dass er jetzt immer mehr er selbst wird. Darum ist er im Moment verletzlicher als je zuvor. Gib ihm Zeit, das was er erlebt hat zu verarbeiten und vielleicht wird er ja irgendwann mit uns darüber reden wollen.“
 

Nachdenklich sieht Yugi das Bild mit den Pyramiden an, während er sich die Worte von seinem Grossvater durch den Kopf gehen lässt. „Dann werde ich für ihn da sein, wenn er mich braucht. Ach ja, er trägt als Brandzeichen ein Ankh auf dem rechten Schulterblatt und er sagt selbst, dass er in Ägypten versklavt worden ist. Meinst du, das könnte bedeuten, dass das erst nach seinem Gedächtnisverlust passiert ist?“
 

„Also das müsstest du Yami schon selbst fragen. Ich kann schliesslich nicht in seinen Kopf sehen.“ Neckend stupst Sugoroku Yugis Nase mit einem Finger an, was diesen empört zurückweichen lässt. „Ich räume noch kurz die Tücher hier weg und schliesse dann den Laden ab. Kümmerst du dich ums Abendessen?“ Die Schultertücher schon auf dem Arm, sieht er seinen Enkel an. „Ja, kann ich machen. Dann gibt’s heute mal wieder was Einfaches.“ Schwungvoll springt Yugi auf den Boden und eilt aus dem Laden.
 

Grinsend geht Sugoroku zu dem Regal und beginnt seine Last in den Fächern zu verstauen. Als er sich wieder umdreht sieht er nachdenklich das Bild hinter dem Tresen an. Soso Yami, du bist also aus Ägypten und wurdest vermutlich vor fünf Jahren versklavt. Was ist nur deine Geschichte?
 

Nach dem Abendessen sitzen die drei Männer noch zusammen, als Sugoroku etwas einfällt. „Ach ja, bevor ich es vergesse. Heute war einer der Stadtbeamten hier. Wir kriegen nächste Woche am Samstagnachmittag Besuch von einem Medimagus und wir können Yami dann auch gleich registrieren lassen, da der Stadtbeamte wie immer auch dabei sein und das passende Formular dabeihaben wird.“

Genervt verdreht Yugi bei der Neuigkeit die Augen. „Muss das sein? Jedes Jahr der gleiche Mist. Naja, immerhin können wir so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Hat der Typ wenigstens auch gleich gesagt, wie viel die Untersuchung und die Registrierung von Yami kosten wird?“
 

Während die beiden Mutos miteinander reden, wird es Yami immer unwohler. Besonders bei der Frage nach dem Preis muss er leer schlucken.
 

„Die Untersuchung von uns kostet wie immer je eine Silbermünze und die von Yami auch. Für die Registrierung müssen wir fünf Silbermünzen bezahlen. Wobei...“, jetzt stockt Sugoroku und blickt zu Yami rüber, der mit gesenktem Kopf dasitzt.

„Was meinst du mit wobei?“ Neugierig sieht Yugi seinen Grossvater an und lehnt sich etwas weiter nach vorn.

Wissend, dass Yami die Antwort nicht gefallen wird, wendet sich Sugoroku zu seinem Enkel um. „Wir könnten auch Yami für seine Registrierung und Untersuchung zahlen lassen und zwar mit seinem Körper. Das Angebot wird anscheinend von vielen Besitzern gern in Anspruch genommen.“

Geschockt reisst Yugi bei den Worten die Augen auf. Im ersten Moment ist er sprachlos, doch dann bricht sich die Wut bahn und er springt auf. „Was sind denn das für Schweine! Wenn sie sich nicht mal die sechs Silbermünzen leisten können oder wollen, sollen sie sich keine Sklaven halten dürfen! Natürlich werden wir das Angebot nicht annehmen! Hoffentlich hast du das dem Typen auch so gesagt.“ Sich auf den Tisch abstützend sieht er seinen Grossvater an. „Natürlich habe ich gesagt, dass wir für Yami die sechs Silbermünzen bezahlen werden. Jetzt beruhige dich wieder und setz dich hin.“
 

Ungläubig sieht Yami zu, wie sich Yugi nach seinem Ausbruch wieder auf den Stuhl fallen lässt und schnaubend die Arme verschränkt. „Heisst das etwa... dass ich nicht...“, nicht wissend, wie er weiterreden soll, bricht Yami ab und sieht unsicher zwischen den beiden Mutos hin und her.
 

Durch die leisen Worte von Yami kommt Yugi endgültig von seinem Wutanfall runter. Wie hatte er den anderen nur vergessen können? Sofort bekommt er ein schlechtes Gewissen. „Nein, du musst deinen Körper nicht verkaufen. Nie wieder, wirst du das tun müssen. Niemals werde ich das von dir verlangen. Das verspreche ich dir. Bitte glaube mir das.“ Beschwörend sieht er Yami an, er streckt sogar seine Hand nach ihm aus, hält dann jedoch inne und zieht sie wieder zurück, ohne ihn berührt zu haben.
 

Von der Situation überfordert nickt Yami nur stumm und steht dann auf. „Ich geh schlafen. Gute Nacht.“ Er flüchtet schon beinahe aus der Küche und geht in sein Zimmer, wo er sich auf das Bett fallen lässt und sein Gesicht im Kopfkissen vergräbt.
 

 

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Was soll ich sagen, es gibt also noch jemanden der die Einstellung von Yugi und Jono teilt und noch eine Info, Yugi ist offensichtlich schwul. Jetzt stellt sich nur die Frage, wann Yami das bemerken und wie er dann mit dem Wissen umgehen wird.

 

Wie immer hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Albtraum oder Erinnerung?

Hallo zusammen,

 

ich muss euch gestehen, ich bin total geplättet. Wie soll ich euch bloss für die vielen lieben Kommis und die ganzen Favoriteneinträge danken? Ich weiss es wirklich nicht.

 

Was soll ich zum neuen Kapitel sagen? Ich bin nicht wirklich zufrieden damit, aber ich weiss auch nicht, wie ich es anders schreiben sollte.

 

Darum wünsche ich euch viel Spass damit.

 

 

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Kapitel 7: Albtraum oder Erinnerung?

 

 

Nach Luft ringend und mit Schmerzen am ganzen Körper schlägt Yami die Augen auf. Um ihn herum herrscht die Dunkelheit der Nacht. Verwirrt versucht er sich aufzurichten, muss aber mit Schrecken feststellen, dass er zwischen Metallteilen eingeklemmt ist. Mit Müh und Not schafft er es, seinen Kopf soweit zu drehen, dass er die Umgebung schemenhaft erkennen kann. Wo ist er? Was ist passiert?

Nicht weit entfernt hört er eine Stimme, die ihn zu rufen scheint, doch er kann sie nicht verstehen. Gerade als er es geschafft hat, den Blick in die Richtung des Rufenden zu drehen, sieht er, wie mit einem riesigen Feuerball der vordere Teil des Flugzeugs explodiert.
 

Mit einem Schrei schreckt Yami aus seinem Albtraum hoch. Im Bett sitzend starrt er in das dunkle Zimmer. Immer wieder sieht er vor seinem geistigen Auge den Feuerball. Er glaubt sogar den Knall der Explosion immer noch zu hören.
 

Durch Yamis Schrei aufgeschreckt, zündet Yugi die Öllampe auf seinem Nachttisch an und eilt ohne anzuklopfen in das angrenzende Zimmer. Dort findet er Yami zitternd im Bett sitzend vor.

Vorsichtig, um den anderen nicht zu erschrecken, stellt er die Lampe auf dem Tisch ab und geht mit langsamen Bewegungen zum Bett. Dort setzt er sich auf die Kante der Matratze, so dass er vor Yami sitzt. „Yami. Was ist denn los?“ Besorgt mustert Yugi sein Gegenüber, der einfach durch ihn hindurchsieht. „Yami. So sag doch was.“ Immer noch keine Reaktion. Nicht wissend, was er tun soll, streckt Yugi seine Hand aus und legt sie auf die nackte Schulter, da der andere im Moment nur mit einer Hose bekleidet schläft.

Er rechnet schon damit, dass Yami zurückweichen wird, doch stattdessen richtet sich nur ein vollkommen verzweifelter Blick auf ihn.
 

„Sie ist einfach explodiert. Sie sind alle tot.“ Immer wieder sagt Yami diese beiden Sätze. Er scheint irgendwie unter Schock zu stehen. Auf seinen Instinkt vertrauend, zieht Yugi ihn in seine Arme. Überrascht spürt er, wie die Umarmung plötzlich erwidert wird. Doch genauso schnell reisst sich Yami von ihm los und flüchtet schon beinahe an die Wand.
 

„Was ist passiert? Was willst du?“ Schwer atmend lehnt er sich schützend an die kalte Mauer in seinem Rücken und zieht die Decke zu sich. Nicht wissend, was er jetzt tun soll, fixiert er seinen Besitzer mit einem ängstlichen Ausdruck in den Augen.

Beruhigend versucht Yugi zu Lächeln und lässt absichtlich seine Hände deutlich sichtbar auf seinen Beinen liegen. Den Schmerz, der durch Yamis Reaktion sein Herz durchbohrt, versucht er zu ignorieren. „Du hast geschrien. Erinnerst du dich denn nicht?“

Zaghaft schüttelt Yami den Kopf. Den Blick dabei immer auf Yugi gerichtet. „Nein. Habe ich denn was gesagt?“ Langsam beruhigt er sich wieder, dass sein Gegenüber einfach nur ruhig dasitzt und nichts tut, gibt ihm zusätzliche Sicherheit.

„Du hast gesagt. Sie ist einfach explodiert. Sie sind alle tot. Du schienst unglaublich weit weg zu sein und ich wusste nicht, was ich tun soll. Darum habe ich dich umarmt. Entschuldige, wenn ich dich erschreckt habe. Ich wollte dir nur helfen.“ Nicht wissend, wie er sich jetzt verhalten soll, senkt Yugi den Blick auf seine Hände.
 

Lange Zeit ist es im Zimmer still und Yugi will schon aufstehen und gehen, als Yami leise zu sprechen anfängt. „Ich war eingeklemmt und konnte mich nicht bewegen“, kurz stockt er. „Dann habe ich eine Stimme gehört, aber ich habe sie nicht verstanden und dann ist es einfach... explodiert.“ Nur schwer kann Yugi die geflüsterten Worte verstehen. Vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken lehnt er sich etwas weiter zu ihm rüber. „Was ist explodiert?“
 

Wie unter Schmerzen, schliesst Yami die Augen und schlingt seine Arme um sich. „Ich weiss es nicht genau. Es sah aus wie ein Teil von einem Flugzeug.“

Nur mit Mühe kann sich Yugi zurückhalten, schreit doch alles in ihm danach, den anderen wieder in seine Arme zu schliessen. Stattdessen verkrallt er seine Finger ineinander. „Es war bestimmt nur ein Albtraum. Du hast in den letzten Jahren viel durchgemacht und das Massnehmen heute hat dich stark belastet, dazu dann auch noch die Info, dass nächste Woche der Medimagus kommt. Vermutlich versucht dein Unterbewusstsein das irgendwie zu verarbeiten.“ Beruhigend lächelt er Yami an, der zögernd nickt. „Soll ich die Lampe hierlassen?“ Erst jetzt scheint sein Gegenüber zu bemerken, dass eine brennende Lampe auf dem Tisch steht. Zumindest sieht er sie so an. Eine ganze Weile blickt er in das warme Licht. „Wenn... es dir nichts ausmacht.“ Mit langsamen Bewegungen steht Yugi auf. „Es macht mir nichts aus. Wenn was ist, du kannst jederzeit zu mir kommen.“

Widerstrebend geht Yugi zur Tür. Obwohl er weiss, dass er Yami nicht bedrängen darf, möchte er am liebsten bei ihm bleiben und ihn wieder in den Armen halten. „Versuch noch ein wenig zu schlafen.“ Mit diesen Worten verlässt er das Zimmer und schliesst die Tür hinter sich. Mit einem Seufzen legt er sich wieder ins Bett.

Auch wenn er vorhin gesagt hat, dass er das Ganze für einen Albtraum hält, glaubt er doch eher, dass sich Yami unbewusst an ein traumatisches Ereignis aus seiner Vergangenheit erinnert. Warum sollte er denn sonst das Wort Flugzeug für die eisernen Vögel so selbstverständlich verwenden? Wird es doch vom Volk kaum verwendet.

Yugi weiss nicht, wie lange er grübelnd im Bett liegt, doch irgendwann schläft er wieder ein.
 

Während Yugi in seinem Bett liegt, sitzt Yami an die Wand gelehnt da. War es wirklich nur ein Albtraum? Oder war das eine verloren geglaubte Erinnerung? Was ist nur mit ihm los? Immer mehr Fragen kreisen durch seine Gedanken, ohne dass er eine einzige beantworten kann.

Frustriert steht er schliesslich auf und geht zu dem Tisch. Entschlossen löscht er die Lampe und geht wieder ins Bett. Noch lange liegt er wach, doch dann übermannt ihn wieder die Müdigkeit. Zum Glück ist diesmal sein Schlaf traumlos.
 

Als Yugi am nächsten Morgen aufwacht, ist es schon ziemlich spät. Weshalb er schnell ins Badezimmer geht. Nach einer hastigen Dusche steht er, mit einem Handtuch, das er um die Hüften geschlungen hat, vor dem Waschbecken und sieht sich prüfend im Spiegel an, bevor er sich für den Tag fertig macht. Zumindest soweit das geht, da er schon wieder seine Sachen im Schlafzimmer vergessen hat. Weshalb er mit seinem Schlafshirt unter dem Arm und lediglich dem Handtuch um die Hüften wieder nach oben geht, um sich anzuziehen.
 

Ein paar Minuten später betritt Yugi die Küche, wo schon sein Grossvater dabei ist, das Frühstück vorzubereiten. „Guten Morgen mein Junge.“ Wie immer gut gelaunt, sieht Sugoroku zu seinem Enkel, der sich mürrisch wie immer einen Tee nimmt. Geduldig wartet er ab, bis Yugi die Tasse geleert hat. Schliesslich hat jeder so seine Macken.

„Hast du gut geschlafen?“ Die Brötchen auf den Tisch stellend setzt er sich auch hin.
 

Nachdenklich mustert Yugi das einfache Muster auf der Tasse. „Es geht so. Yami hatte einen Albtraum und ist schreiend aufgewacht.“ Seufzend lehnt er sich auf dem Stuhl etwas zurück. „Natürlich habe ich gleich nach ihm gesehen. Doch er hat mich nicht wahrgenommen, weshalb ich ihn einfach in den Arm genommen habe.“ Mit einem traurigen Lächeln sieht er nun zu seinem Grossvater. „Er hat die Umarmung vielleicht zwei oder drei Sekunden lang zugelassen und sie sogar erwidert, aber dann hat er mich von sich gestossen und ist bis an die Wand zurückgewichen. Warum mache ich nur immer alles falsch?“ Schon beinahe verzweifelt vergräbt Yugi die Hände in seinen Haaren.
 

Um seinen Enkel zu trösten, steht Sugoroku auf und nimmt ihn in den Arm. „Du hast nichts falsch gemacht. Im Gegenteil. Du warst für Yami da und hast ihm so gezeigt, dass er dir vertrauen kann.“ Lächelnd sieht er in das traurige Gesicht. „Hey, er hat doch die Umarmung sogar einen Moment lang erwidert. Das ist ein gutes Zeichen. Gib ihm einfach Zeit, damit er dich besser kennenlernen kann.“ Aufmunternd drückt er noch einmal Yugis Schulter, ehe er sich wieder auf seinen Stuhl setzt.
 

Von den tröstenden Worten wieder etwas aufgemuntert, nimmt sich Yugi noch einen Tee. Ja, er wird Yami die Zeit geben, die er braucht und wer weiss, vielleicht können sie ja eines Tages sogar Freunde werden.
 

Kurz darauf kommt Yami in die Küche. „Guten Morgen.“ Aufmerksam sieht er die beiden Männer an. Irgendwie hat er das Gefühl, dass etwas anders ist als sonst.

„Guten Morgen Yami. Los, nimm dir deinen Tee und setz dich hin. Du musst ja schon halb verhungert sein.“ Wie immer spricht Sugoroku mit ihm in einem besonders ruhigen Ton. Schliesslich will er den jungen Mann nicht verunsichern.
 

Während sich Yami seine Tasse füllt, sieht ihn Yugi nur aufmerksam an, um einschätzen zu können, wie es ihm geht. Doch wie am Anfang ist in seinem Gesicht nicht wirklich viel abzulesen. Erst als sich Yami zu ihnen an den Tisch setzt, erwidert er den Gruss. „Ich wünsche dir auch einen guten Morgen. Hast du noch etwas schlafen können?“
 

Mit beiden Händen umschliesst Yami seine Tasse. Er will gerade einen Schluck trinken, hält aber auf halbem Wege inne und blickt über den Tisch zu Yugi. „Ja. Allerdings nicht mehr allzu viel.“ Schweigend sehen sie sich an, bis Sugoroku nach einem Brötchen greift. „Ich weiss ja nicht, wie es bei euch aussieht, aber ich habe langsam Hunger.“ Wie aus einer Trance gerissen blinzelt Yami ein paar Mal, doch dann nimmt auch er sich ein Brötchen und Marmelade.

Unauffällig tauschen Yugi und Sugoroku daraufhin einen Blick. Das ist das erste Mal, dass sich Yami als Zweiter bedient hat. Ob es ihm wohl aufgefallen ist? Schweigend kommen sie zu der Übereinkunft, dass sie nichts dazu sagen werden.
 

Nachdem sie die Küche wieder aufgeräumt haben, geht Yugi in den Laden. Heute muss er mal nicht irgendwohin gehen, weshalb er sich vornimmt die Regale aufzuräumen und wieder mit neuen Stoffen zu bestücken. Schliesslich wird es nun langsam aber sicher wärmer, weshalb bestimmt bald nur noch die leichteren Stoffe gefragt sein werden.
 

Während Yugi im Laden ist, geht Yami wieder in den Stall. Besser gesagt in die kleine Kammer neben den Boxen, wo die Zäume und Zügel aufbewahrt werden. In einem kleinen Schrank hatte er vor zwei Tagen eine Dose Lederfett gefunden. Nun nimmt er diese und einen Lappen aus dem Schrank und legt sie neben einen alten Schemel, der neben den Boxen steht, auf den Boden. Zuerst greift er nach den langen Lederriemen, die sie am Montag benutzt hatten, um die Pferde vor die Kutsche zu spannen.

Als er auf dem Schemel sitzt legt er sich das Leder auf die Beine und greift nach der Dose und dem Lappen.

Sorgfältig bearbeitet er jeden Zentimeter von den Riemen, bis sie wieder wie neu glänzen und sich geschmeidig anfühlen.

Er ist so in seine Arbeit vertieft, dass er nicht bemerkt, wie jemand den Stall betritt.
 

Erst als ihn ein Schatten erreicht, blickt er erschrocken hoch. Beruhigt sich jedoch schnell wieder, als er sieht, dass es nur sein Besitzer ist. Trotzdem beobachtet Yami genau, wie Yugi zur Box von Rocky geht und den dunkelbraunen Wallach am Hals krault. Lange sagt keiner von ihnen beiden ein Wort. Nur das Rascheln des Strohs ist zu hören, wenn sich die Pferde bewegen.

Schliesslich setzt sich Yugi mit angezogenen Knien neben Yami auf den Boden. „Ich war im Laden und habe die Regale neu eingeräumt. Dabei kann ich auch immer gut nachdenken und dann ist mir etwas klargeworden.“ Um seine Hände zu beschäftigen greift Yugi nach einem der Lederriemen und lässt ihn immer wieder durch seine Finger gleiten. „Weisst du, ich wollte nie einen Sklaven kaufen oder gar besitzen. Ich war nur wegen Jono da, weil er mich darum gebeten hatte. Ich wollte noch nicht einmal Geld mitnehmen, aber Grossvater hatte es mir im wahrsten Sinne des Wortes aufgedrängt. Doch dann habe ich dich gesehen und ich wollte dich nicht bei dem Scheisskerl lassen. Verdammt, ich hätte auch einen deutlich höheren Preis bezahlt.“

Schweigend sieht Yami auf das Leder in seinen Händen und wartet darauf, dass Yugi weiterspricht.

„Letzte Nacht, als du so misstrauisch an der Wand gesessen bist. Das hat mir irgendwie wehgetan und mir ist klargeworden, dass ich eigentlich schon von Anfang an in dir keinen Sklaven gesehen habe.“ Noch immer spielt Yugi mit dem Riemen in seinen Fingern, doch er hat seinen Blick auf einen Punkt irgendwo vor sich gerichtet. „Was ich sagen möchte. Ich würde gern versuchen für dich ein Freund zu sein, aber wenn du lieber irgendwo anders leben möchtest...“, nun stockt Yugi, da ihm das, was er nun sagen möchte, unglaublich schwerfällt. „... dann sag es mir bitte. Ich bin sicher, dass May oder auch Jono dich aufnehmen würden, bis die zwei Jahre, die du mir gehören musst, damit ich dich freilassen kann, vorbei sind.“ Noch einmal holt Yugi tief Luft, ehe er das erste Mal offen zu Yami sieht. „Ich weiss, du bist noch keine Woche hier und dass Grossvater und ich dich vollkommen anders behandeln, als du es gewohnt bist. Vermutlich bin ich einfach nur viel zu ungeduldig, ich weiss ja noch nicht einmal, wann du versklavt worden bist oder was du durchgemacht hast...“, da Yugi nicht weiss, wie er weitersprechen soll, verstummt er und lässt seinen Blick wieder auf seine Hände sinken.

Warum sagt Yami nichts? Hätte er doch nicht auf seinen Grossvater hören und im Laden bleiben sollen?
 

„Fünf Jahre, zwei Monate und zehn Tage.“ Die leise Stimme durchbricht Yugis Gedanken. Im ersten Moment, weiss er nicht, was gemeint ist, doch dann wird ihm klar, dass Yami gerade eine seiner indirekten Fragen beantwortet hat und das auf den Tag genau. Mit grossen Augen sieht er ihn an. „Du hast doch gesagt, dass du dich nur an die letzten fünf Jahre erinnern kannst. Willst du damit etwa sagen, dass das etwas vom Ersten ist, woran du dich erinnerst?“ Geschockt sieht er, wie Yami mit gesenktem Kopf nickt. „Ich wurde, kurz nachdem ich mit schmerzenden Rippen und Kopfschmerzen aufgewacht bin, zu einem Mann gebracht. Der hat mich gefragt, ob ich weiss wo ich bin und als ich ihm sagte, dass ich nicht mal weiss, wer ich bin, hat er nur gelacht und gesagt, dass das für ihn gut sei und er mit mir sicher einen guten Preis erzielen würde.“ Die Augen schliessend stockt Yami in seiner Erzählung. Als er sie wieder öffnet, sieht er direkt in Yugis Gesicht. „Ich wusste und weiss zwar nicht wer ich bin, aber eins weiss ich. Ich war bis zu dem Tag ein freier Mensch. Denn noch am gleichen Abend haben sie mich gebrandmarkt und das obwohl ich laut ihrem Heiler vier gebrochene Rippen hatte.“ Traurig lacht Yami kurz auf, ehe er mit einem kalten Ausdruck im Gesicht weiterspricht. „Immerhin haben sie danach eine Woche gewartet, bis sie mich in meine zukünftige Aufgabe als Lustsklave eingewiesen haben und ich kann dir sagen, sie waren sehr gründlich.“

Das Zaumzeug und den Lappen zur Seite legend, steht Yami auf und geht zur Tür. Allerdings geht er nicht raus, sondern bleibt mit dem Rücken zu Yugi im Türrahmen stehen. „Ich habe noch nie darüber gesprochen und ich werde es auch nicht wieder tun“, ganz kurz stockt er. „Ich muss jetzt die Pferde füttern.“
 

Wie erstarrt bleibt Yugi auf dem Boden sitzen. Erst jetzt wird ihm wirklich bewusst, was Yami in den letzten Jahren durchgemacht hat und dass er einen unglaublich starken Überlebenswillen haben muss. Wie hätte er sonst all das überstehen können?

Gleichzeitig fühlt er neben dem Schock auch ein warmes Gefühl in sich. Hat ihm Yami doch gerade gezeigt, dass er ihm zu vertrauen beginnt. Denn sonst hätte er ihm doch sicher nichts von seiner Vergangenheit erzählt.
 

Noch immer sitzt er am Boden, als Yami mit den gefüllten Heunetzen zurückkommt und zu Blacky in die Box geht um eines der Netze aufzuhängen, aber er nimmt es nicht so wirklich wahr.

Plötzlich wird ihm eine leicht zitternde Hand entgegengestreckt. Kurz ist er darüber verwirrt, doch dann wird ihm bewusst, dass er direkt vor Rockys Boxentür sitzt und diese so blockiert.

Mit einem Lächelnd greift er nach der Hand und lässt sich bereitwillig hochziehen. Überrascht, wie viel Kraft Yami doch hat, hält er seine Hand einen Moment länger als nötig fest. Vermutlich hätte er sie noch viel länger festgehalten, wenn Rocky nicht ungeduldig geschnaubt hätte.
 

Interessiert sieht er zu, wie Rocky bestimmt zur Seite geschoben wird und sogar brav wartet, bis er an das Heu darf.

Erst als Yami wieder aus der Box tritt und die Tür sorgfältig schliesst, findet Yugi seine Stimme wieder. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ Absichtlich stellt er die Frage so unverbindlich. Wenn er ihn jetzt anders verstehen will, als es gemeint ist, soll es ihm recht sein.

Einen Moment lang sieht Yami ihn prüfend an. „Ich... brauche einfach noch etwas Zeit.“ Auf Yugis Reaktion wartend steht er einfach nur da und fixiert dabei einen Punkt an der Wand die sich hinter Yugi befindet. Er will dem Mann ja vertrauen und vielleicht tut das ein Teil von ihm schon, sonst hätte er ihm doch nie von seiner Versklavung erzählt. Warum er das getan hat, weiss er nämlich selbst nicht.
 

Glücklich sieht Yugi ihn an. „Du hast so viel Zeit wie du brauchst und wenn ich dir zu nahetreten oder etwas tun sollte, das dir unangenehm ist, dann sag es einfach.“ Am liebsten würde er ihn jetzt in die Arme schliessen, aber er unterdrückt den Impuls. Schliesslich will er Yami nicht überfordern. So stehen sie einfach nur da bis sie hören, wie Sugoroku nach ihnen ruft, da es Zeit für das Mittagessen ist.
 

Während Yugi schon ins Haus geht, räumt Yami noch schnell die geputzten Lederriemen weg. Den Rest lässt er auf dem Schemel liegen, da er nach dem Essen weitermachen möchte.
 

In der Küche warten Yugi und Sugoroku schon auf ihn. Da Sugoroku die letzten zwei Stunden im Laden war, gibt es nur einen einfachen Salat und mit Fleisch belegte Brote. Als sie schliesslich alle am Tisch sitzen, wünschen sie sich nur noch einen guten Appetit, bevor sie schweigend mit dem Essen beginnen.

Danach geht Yami wieder in den Stall, schliesslich will er heute noch mit dem Lederputzen fertig werden.
 

Erst als Sugoroku mit Yugi allein ist, stellt er die Frage, die ihn schon beschäftigt, seit er seinen Enkel aus dem Laden gescheucht und in den Stall geschickt hatte. „Also Yugi, konntest du mit Yami reden?“ Mit einem neugierigen Blick reicht Sugoroku den ersten abgewaschenen Teller zum Abtrocknen weiter.

„Ja.“ Mit einem glücklichen Ausdruck im Gesicht sieht er seinen Grossvater an, während er die Teller abtrocknet. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mich freuen würde, wenn wir Freunde werden könnten und ich glaube, er ist bereit es zu versuchen. Zumindest deute ich seine Reaktion so. Er hat einfach darum gebeten, dass ich ihm Zeit geben soll.“

Schon beinahe beschwingt, räumt Yugi das saubere Geschirr weg, was Sugoroku mit einem Grinsen beobachtet. Dann hat es sich ja gelohnt, dass er sich ein bisschen eingemischt hat.
 

Erst als die Küche wieder fertig aufgeräumt ist, geht Yugi wieder in den Laden und öffnet ihn für das Nachmittagsgeschäft.
 

Yami sieht er erst wieder, als es schon Abend ist.

Da Sugoroku mit dem Kochen beschäftigt ist, decken sie beide gemeinsam den Tisch. „Bist du mit dem Lederputzen fertig geworden?“ Versucht Yugi ein Gespräch zu beginnen, während er die Messer verteilt.

Von der Frage überrascht, hält Yami darin inne, die Becher auf den Tisch zu stellen und sieht ihn mit einem fragenden Blick an. „Ähm, ja. Es ist alles fertig. Warum fragst du?“ Nun plötzlich wieder unsicher, stellt er den letzten Becher neben seinen Teller.

„Einfach so.“ Von seinem Grossvater nimmt er die gekochten Karotten entgegen und platziert die Schüssel zwischen den Tellern. Nicht wissend, wie er sich verhalten soll, sieht er Yami mit gesenktem Kopf an, dabei spielt er mit seinen Fingern.
 

Yugi genau musternd überlegt Yami wie er sich verhalten soll. So eine Situation ist für ihn fremd, auch wenn sie ihm doch irgendwie bekannt vorkommt. Was ihn verwirrt. Wie kann etwas fremd und doch vertraut sein?

Schliesslich nimmt Yami seinen ganzen Mut zusammen. „Hattest... du noch viel zu tun?“ Innerlich zitternd wartet er auf eine Reaktion.
 

Über die Frage so erfreut, weiss Yugi im ersten Moment gar nicht, was er sagen soll. Doch dann reisst er sich zusammen. „Es ging. Es kamen nur vier Kunden und die brauchten nicht wirklich viel Beratung. Dafür konnte ich die neuen, leichteren Stoffe in die Regale räumen und die richtig warmen ins Lager bringen.“

Zum Glück stellt Sugoroku jetzt den Topf mit den Nudeln und der Tomatensauce auf den Tisch. Denn Yami weiss nicht, was er jetzt sagen soll.

„Jungs, was steht ihr denn so rum wie bestellt und nicht abgeholt. Los setzt euch schon hin, sonst wird das Essen kalt.“ Natürlich hat der alte Mann bemerkt, dass Yami etwas hilflos wirkt. Trotzdem freut er sich, dass der junge Mann langsam etwas offener wird.
 

 

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Ich weiss, das Ende ist doof, aber es fühlt sich trotzdem richtig an.

 

Ich habe das Gefühl, dass Yami sich bei Yugi relativ wohl zu fühlen scheint oder was meint ihr? Immerhin erzählt er mal etwas von sich.

 

Eine kleine Meldung habe ich noch zu machen. Nächste Woche habe ich abends ziemlich viel zu tun, darum weiss ich nicht, ob ich das nächste Kapitel schon Mittwoch/Donnerstag online stellen kann.

 

Ich hoffe wie immer, dass euch das Kapitel gefallen hat und ihr die Entwicklung von Yami nachvollziehen könnt.

 

Eure mrs_ianto

Die Anprobe

Hallo zusammen,

 

ich weiss, ihr wollt alle wissen, wie sich Yami bei der Untersuchung schlagen wird, aber erst muss er doch seine neuen Kleider anprobieren. ;-)

 

Wisst ihr eigentlich wie geplättet ich bin? So viele Kommentare und über 40 Favoriteneinträge und das nach nur sieben Kapiteln. Ich bin einfach sprachlos und glücklich, dass euch die Geschichte so gut zu gefallen scheint.

 

Darum widme ich dieses Kapitel euch Lesern.

 

Ich wünsche euch viel Spass, mit eurem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 8: Die Anprobe

 

 

Für seine Verhältnisse relativ gut gelaunt dreht Yami das Fass mit der Wäsche. Wie auch am letzten Mittwoch hilft er Sugoroku beim Waschen, der jedoch schon vor einer Weile wieder im Haus verschwunden ist um die Bettwäsche zu holen. Doch es stört ihn nicht, dass ihn der alte Mann allein gelassen hat, im Gegenteil. So kann er in Ruhe seinen Gedanken nachhängen, die sich um die Geschehnisse, der letzten Tage drehen. Besser gesagt um das Leben, das er jetzt führt.

Wenn ihm vor ein paar Wochen jemand gesagt hätte, dass er mal einen Besitzer haben würde, der ihn nicht täglich zwingt ihm und seinen Freunden mit seinem Körper zu Diensten zu sein oder dass er mal längere Zeit keine Schmerzen haben würde, hätte er ihn für verrückt erklärt. Auch wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, dass er mal beinahe glücklich sein könnte oder dass ihm sein Besitzer die Freundschaft anbieten würde. Zwar weiss er immer noch nicht, wie ernst Yugi es meinte, als er dies gesagt hat, aber trotzdem fühlt es sich irgendwie gut an, obwohl er sich nicht zu viele Hoffnungen machen will.

Gerade ist er zum fünften Mal bei hundert angekommen und ändert die Drehrichtung des Fasses, als Sugoroku beladen mit der Bettwäsche zurückkommt. „So, wenn wir die gemacht haben, sind wir hier fertig, bis alles getrocknet ist. Was ja erst morgen der Fall sein wird.“ Mit einem leisen Ächzen streckt Sugoroku seinen Rücken durch. „Wie viele Durchgänge musst du noch machen?“, fragend sieht er Yami an, während er die Laken sortiert. Die bestimmt zwei Fässer füllen werden, wenn nicht sogar drei.

„Ich habe gerade das letzte Mal die Seite gewechselt. Soll ich dann hier weitermachen oder die Wäsche ausspülen gehen?“ Aufmerksam mustert Yami die beiden Stapel Bettwäsche und dann den alten Mann, der sich wieder seine Hände ins Kreuz drückt.
 

Wie es Sugoroku doch hasst, dass sein Rücken sich immer wieder melden muss, wenn er es am wenigsten gebrauchen kann, aber zum Glück hat er ja jetzt einen fleissigen Helfer. „Wenn du mir nachher noch die Eimer wieder auffüllst und beim Befüllen des Fasses hilfst, mache ich hier weiter, während du die Wäsche ausspülst.“ Mit einem erleichterten Seufzen lässt sich Sugoroku auf eine Bank an der Wand fallen und sieht Yami zu, wie er geschickt die Maschine bedient, die Yugis Vater einst gebaut hat.

Als Yami schliesslich das Fass stoppt, will er wieder aufstehen, wird aber von dem jungen Mann zurückgehalten, der ihn mit einem Blick ansieht, den er von ihm nicht erwartet hätte. „Bleib sitzen Sugoroku, ich mache das schon.“ Es ist Yami nicht bewusst, dass er einen leichten Befehlston angeschlagen hat, den sich ein Sklave nie erlauben dürfte.

Allerdings fällt es dem alten Mann auf, der innerlich grinsend sitzen bleibt. „Gut, dann warte ich, bis du fertig mit füllen bist, aber dann werde ich das Fass drehen.“ Zufrieden sieht er zu, wie Yami die gewaschenen Sachen in einen der beiden Körbe legt, dann die erste Ladung Bettwäsche mit einem Stück Seife ins Fass gibt und das heisse Wasser darüber giesst. Man könnte beinahe meinen, dass der Junge das schon tausendmal gemacht hat.

Erst als der Deckel fest verschlossen ist, steht Sugoroku auf und setzt sich auf den Schemel, während Yami mit den beiden Körben bepackt ins Haus geht. Er ist wirklich stolz auf ihn. Nur schon wie er sich in der letzten Woche entwickelt hat, grenzt schon an ein Wunder. Wenn man bedenkt, wie er zu Anfang war.

Zwar verbringt er immer noch die meiste Zeit bei den Pferden, auch wenn es im Stall nichts mehr zu tun gibt, aber das wird sich sicher auch noch ändern.
 

Während Sugoroku in der Waschküche sitzt, kniet Yami vor der Badewanne und befreit die Wäsche von dem Seifenwasser und kontrolliert auch gleich, ob alles sauber geworden ist. Er ist gerade dabei eins von Sugorokus Hemden auszuwringen, als die Tür aufgeht. Erschrocken blickt er zur Tür, wo Yugi steht.

„Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken, aber ich müsste mal...“, verlegen bricht Yugi ab und deutet mit seiner Hand auf die Toilette während er reinkommt.

Es dauert einen Moment, doch dann wird Yami klar, was gemeint ist und steht auf. „Kein Problem. Ich geh mal die schon fertige Wäsche aufhängen.“ Er greift sich den halb gefüllten Korb und geht mit schnellen Schritten aus dem Badezimmer.
 

Mit einem sehnsüchtigen Blick sieht Yugi ihm nach. Zu gern würde er mehr Zeit mit Yami verbringen. Ihn auch mal umarmen, so wie in der Nacht, wo er den Albtraum hatte, doch er weiss, dass er das jetzt noch nicht darf. Wenn es Yami überhaupt jemals zulässt.
 

Es ist schon Abend und Yugi möchte gerade den Laden schliessen, als die kleine Glocke über der Tür bimmelt und so einen späten Kunden ankündigt. Er will schon sagen, dass schon geschlossen ist, als er May erkennt, die mit einem grossen Paket auf ihn zukommt. „Hallo May. Mit dir habe ich heute gar nicht mehr gerechnet.“ Herzlich umarmt er seine alte Freundin, nachdem er ihr das Paket abgenommen und auf den Tresen gelegt hat.
 

Mit einem Lächeln drückt sie ihn fest an sich, ehe sie ihn loslässt. „Ich wollte eigentlich schon früher kommen, aber eine Kundin konnte sich einfach nicht entscheiden, wie ihr Kleid aus roter Seide geschnitten sein soll. Das nächste Mal redest du der alten Schachtel aber gut zu, dass so ein leuchtendes Rot nicht mehr zu ihr passt. Denn die Seide ist hundertprozentig von dir“, beschwert sich May mit einem theatralischen Augenrollen. „Und bevor du etwas sagst. Ja, ich hätte auch erst morgen kommen können, aber ich wollte unbedingt die Sachen für deinen Yami bringen und sehen, ob sie ihm passen und natürlich auch gefallen. Ausserdem brauche ich dringend neue Stoffe für die Unterröcke und andere Unterwäsche. Die Damen und Herren denken nämlich nie daran, dass auch diese Kleidungsstücke Stoff benötigen.“ Verständnislos, wie man so was vergessen kann, schüttelt sie den Kopf.
 

Während May sich beschwert, grinst Yugi in sich hinein. Jedes Mal, wenn sie vorbeikommt, erzählt sie die gleiche Geschichte und die ‚alte Schachtel’ ist bei ihnen beiden als Beratungsresistent bekannt.

„Also brauchst du feine weisse Baumwolle, helles Leinen und Spitzenstoffe.“ Übersetzt er die Beschwerde über die fehlenden Unterwäschestoffe. Den Begriff haben sie beide erfunden.

Yugi geht schon zu einem etwas abseitsstehenden Regal und nimmt die von ihm genannten Ballen heraus, dann legt sie auf den Tresen während May noch bestätigend nickt. „Und natürlich brauche ich noch deinen Yami. Schliesslich muss er seine Sachen noch anprobieren.“

In dem Moment betritt der junge Mann den Laden. „Ah, da ist er ja. Hallo.“ Vor Freude lächelnd geht sie auf ihn zu und legt ihre Hand auf Yamis Schulter. Was ihn zusammenzucken lässt, aber sonst zeigt er keine Reaktion. Allerdings entfernt er sich möglichst schnell von May. „Hallo.“ Unbewusst bewegt er sich auf Yugi zu und bleibt erst stehen, als er direkt neben ihm steht. „Sugoroku schickt mich. Er hat gehört, dass May gekommen ist und wollte fragen, ob sie zum Essen bleibt.“ Erst jetzt wird ihm bewusst, wie nah er bei Yugi steht und dass er sein Halsband vergessen hat. Unwillkürlich greift er an seinen Hals und blickt zu Boden.
 

Beruhigend lächelt Yugi Yami an. „Es macht nichts, dass du das Lederband nicht trägst. May und auch Jono haben ja die gleiche Meinung zu Sklaven wie ich.“ Um zu verhindern, dass er nach Yami greift, steckt er seine Hände in die Hosentaschen und sieht May an. „Was meinst du? Willst du hier essen? Danach kann Yami ja in Ruhe seine neuen Kleider anprobieren.“

Der Vorschlag scheint May zu gefallen, denn ihre Augen beginnen voller Vorfreude zu leuchten. „Natürlich esse ich hier, wenn Sugoroku schon fragt und die Anprobe machen wir dann in deinem Zimmer. Immerhin hast du in deinem Schrank einen grossen Spiegel versteckt.“ Kurzerhand greift sie nach dem Paket und drückt es Yami in die Hände. „Hier, das sind deine Sachen. Nachher musst du sie anprobieren, damit ich sehen kann, ob noch was geändert werden muss.“
 

Überrumpelt sieht Yami auf das Paket in seinen Händen und weiss nicht, was er jetzt tun soll. Hilfesuchend schaut er zu Yugi, der den Blick zum Glück richtig deutet. „Am besten bringst du es in dein Zimmer, wenn du Grossvater Bescheid gesagt hast, dass May mit uns isst.“

Erleichtert über die Aufforderung verlässt Yami den Laden und geht in die Küche wo Sugoroku schon extra Würstchen in die Kartoffelsuppe gibt, damit sie für vier Personen reicht. „Ich nehme mal an, dass May mit uns isst?“, fragend sieht er den jungen Mann an, der zustimmend nickt. „Ja, sie freut sich darauf und danach muss ich die neuen Kleider anprobieren. Ich bringe das hier schnell nach oben.“ Schnell geht er aus der Küche, bevor Sugoroku noch etwas sagen kann und steigt die Treppe nach oben.
 

In seinem Zimmer angekommen legt er das Paket auf den Tisch und stützt sich auf der Tischplatte ab. Die Augen geschlossen versucht er seine wirren Gedanken zu sortieren und sich mental auf das Essen und die Anprobe danach vorzubereiten. Vor allem fragt er sich, ob er sich wie in den letzten Tagen verhalten soll.

Er weiss nicht, wie lange er so dagestanden ist, als er Yugis Stimme hört. „Yami, kommst du mit runter oder willst du lieber hier oben essen?“ Überrascht dreht er sich um und sieht den anderen im Türrahmen stehen. Unsicher was er sagen soll, schweigt er und blickt zur Seite. Eigentlich will er nicht allein essen, was ihn erstaunt. Trotzdem ist da eine Seite in ihm, die sich zurückziehen möchte.
 

Geduldig wartet Yugi auf eine Antwort, während er Yami aufmerksam beobachtet. Deshalb bemerkt er auch, dass der andere mit sich zu kämpfen scheint. „Weisst du was? Komm doch einfach mit runter und wenn du doch lieber allein essen willst, kannst du ja dann immer noch gehen und dein Essen mitnehmen.“ Erleichtert sieht er, wie Yami erst über den Vorschlag nachzudenken scheint und dann nickt.
 

Gemeinsam gehen sie nach unten wo Sugoroku und May schon am Tisch sitzen und auf sie warten.

Zögernd setzt sich Yami auf seinen Stuhl der gegenüber von Yugis Platz steht. Um ihn nicht noch mehr unter Druck zu setzen, lassen ihn die beiden Mutos in Ruhe und auch May scheint zu spüren, dass er keine Aufmerksamkeit möchte.

Erst als die anderen sich von der Suppe und dem Brot genommen haben, wagt auch er es, sich seinen Teller zu füllen. Allerdings achtet er darauf, dass er nicht zu viel von den Würstchenstücken erwischt.

Schweigend hört er dann zu, wie sich die Drei unterhalten und ist froh, dass er sich nicht an den Gesprächen beteiligen muss.

Für seinen Geschmack viel zu schnell ist alles aufgegessen und der Tisch abgeräumt. Um noch etwas Zeit zu schinden hilft er Sugoroku noch in der Küche, während sich Yugi und May schon mal nach oben begeben.
 

„Du wirkst nachdenklich. Was ist los?“, fragend sieht Sugoroku den jungen Mann an, der abwesend den schon längst trockenen Teller mit dem Geschirrtuch bearbeitet. „Yugi und May, sind sie ein Paar? Sie wirken so vertraut.“ Yami weiss nicht, warum ihn das so beschäftigt, aber er möchte es wirklich gern wissen. Erst jetzt bemerkt er, dass der Teller schon lange trocken ist und legt ihn schnell an seinen Platz ehe er Sugoroku ansieht.

Der schüttelt verneinend den Kopf. „Nein, die beiden sind nur Freunde.“ Nachdenklich sieht er Yami an und fragt sich, ob er ihm mehr sagen kann. „Weisst du, Yugi kann mit Frauen nicht wirklich viel anfangen...“, bewusst spricht Sugoroku nicht weiter, sondern konzentriert sich wieder auf den Topf, den er noch abwaschen muss.
 

Auch wenn der alte Mann nicht weitergesprochen hat, weiss Yami was er ihm sagen wollte. Eigentlich hat er es ja schon irgendwie geahnt, hat er doch die Blicke, die Yugi ihm immer zuwirft bemerkt. Nur weiss er jetzt nicht, was er mit der Gewissheit anfangen soll, dass sein Besitzer wohl auf Männer steht.

Ein Teil von ihm möchte weglaufen, sich wieder wie früher in sein Innerstes zurückziehen. Doch da ist auch eine leise Stimme, die in letzter Zeit immer wieder auftaucht. Sie sagt ihm, dass er Yugi vertrauen kann und dass dieser es ernst meint, wenn er behauptet, dass er sein Freund sein will und nichts tun würde, was er nicht will.
 

Besorgt sieht Sugoroku Yami an, der einen Punkt auf der Arbeitsplatte zu fixieren scheint. Hoffentlich hat er jetzt keinen Fehler gemacht. Vorsichtig will er ihm das Geschirrtuch aus den Händen nehmen, aber in dem Moment scheint Yami aus seiner Starre zu erwachen und greift nach dem Topf um ihn abzutrocknen.
 

Als es schliesslich in der Küche nichts mehr zu tun gibt und er auch nochmal nach den Pferden gesehen hat, kann es Yami nicht mehr länger aufschieben und geht langsam nach oben, wo er Stimmen aus dem Wohnzimmer hört. Ohne ein Geräusch zu machen, stellt er sich in den Türrahmen und schaut Yugi und May an, die lachend auf dem Sofa sitzen. Was so lustig ist, weiss er nicht. Weshalb er einfach abwartet, bis er bemerkt wird.
 

Yugi sieht ihn zuerst. Mit einem warmen Ausdruck in den Augen blickt er ihn an und geniesst einen Moment lang das Gefühl, das sich in ihm ausbreitet und wünscht sich, dass Yami vielleicht irgendwann das gleiche für ihn fühlen kann.

Da Yugi nicht mehr lacht, wendet sich May schliesslich auch um und schaut zur Tür. „Bist du bereit für die Anprobe?“ Ursprünglich war sie ja ein wenig beleidigt gewesen, dass Yami nicht sofort mir ihnen hochgekommen ist, aber Yugi hatte ihr grob erklärt was los ist und dass der andere darum noch etwas Zeit braucht, bis er zur Anprobe bereit ist.
 

Widerstrebend nickt Yami. „Ich habe ja wohl keine andere Wahl“, einen Moment lang zögert er. „Ich geh mich mal umziehen.“ Schon fast fluchtartig geht er in sein Zimmer und schliesst die Tür hinter sich.

Dann geht er zum Tisch und öffnet das Paket. Zum Vorschein kommen sorgfältig zusammengelegt die Sachen, die May für ihn genäht hat. Sorgfältig breitet er die Kleidungsstücke auf seinem Bett aus.

Erstaunt darüber wie viel Mühe sie sich gegeben hat, lässt er seine Hand über den grauen Stoff eines Shirts gleiten. Dieser ist so weich, dass er es kaum glauben kann, dass diese Sachen für ihn sind.
 

Durch die geschlossene Tür hört er, wie May und Yugi in dessen Zimmer kommen, weshalb sich Yami seine Kleider auszieht und nach dem grauen Shirt und einer braunen Hose greift.

Zwar kann er nicht sehen, wie er jetzt aussieht, aber er spürt, dass die Kleider wie angegossen passen. Am liebsten würde er hier in seinem Zimmer bleiben, aber da er weiss, dass May sich noch ansehen will, ob sie noch was ändern muss geht er zur Tür und öffnet sie zögernd.
 

Wie er es sich gedacht hat, wird er schon erwartet. „Ah Yami, komm her. Hier ist ein Spiegel, dann kannst du dich ansehen, während ich kontrolliere ob alles so sitzt wie es soll.“ Lächelnd winkt May ihn zu sich und Yugi, der auf dem Tisch am Fenster sitzt und ihn neugierig ansieht.

Mit klopfendem Herzen geht Yami zu den beiden rüber und an der offenen Schranktür vorbei. Direkt vor May bleibt er stehen und sieht sie mit undurchdringlicher Miene an und macht sich innerlich darauf gefasst, dass sie ihn anfassen wird.
 

Kritisch mustert sie ihn mit verschränkten Armen und nickt dann zufrieden. „Dreh dich mal um, dann kannst du dich im Spiegel ansehen während ich kontrolliere, wie der Stoff am Rücken aussieht.“
 

Langsam dreht sich Yami daraufhin um und sieht erstaunt sein Spiegelbild in der geöffneten Schranktür an. Ihm steht ein junger Mann von vielleicht 25 Jahren gegenüber, dem nicht anzusehen ist, dass er ein Sklave ist. Im Gegenteil. Ohne sein Halsband und mit den passenden Sachen sieht er aus wie ein normaler Mann aus dem Volk.

Im Spiegel sieht er auch Yugi der ihn anlächelt. „Du siehst gut aus.“ Einen Moment lang treffen sich ihre Blicke in der spiegelnden Oberfläche, bis sich May zu Wort meldet. „Gut? Er sieht zum Anbeissen aus. Wenn er jetzt noch lächeln würde, würde er vermutlich sämtlichen Damen die Herzen brechen.“ Zufrieden mit ihrer Arbeit, stellt sie sich schräg vor Yami hin und sieht ihn breit grinsend an. „Wie ich sehe, gefällt es dir auch. Zieh jetzt bitte eins der Shirts mit den langen Ärmeln an und nimm auch gleich die Weste und die Jacke mit.“ Kurz klopft sie ihm auf die Schulter, bevor sie wieder zu Yugi geht.
 

Wie von ihr verlangt geht Yami wieder in sein Zimmer und zieht sich das Shirt aus. Sorgfältig legt er es auf sein Bett, bevor er nach einem der langärmligen Shirts greift und es sich anzieht. Auch dieses ist aus dem grauen Stoff gearbeitet.

Beladen mit der Jacke und der Weste geht er zurück ins angrenzende Zimmer. Wo er sich wieder vor den Spiegel stellen muss, damit ihn May von allen Seiten begutachten kann.

Die Weste und die Jacke drückt sie einfach Yugi in die Hände. „So, jetzt hebe mal deine Arme an, als würdest du etwas anheben.“ Kritisch beobachtet sie, wie Yami die befohlene Bewegung ausführt. „Das sieht gut aus. Wenn du dich auch wohl darin fühlst kannst du jetzt die Jacke darüber anziehen.“
 

Da Yami nicht weiss, was er sagen soll, nickt er nur kurz und sieht zu Yugi der ihm die Jacke hinhält. „May ist immer so, wenn sie ihre Arbeiten am lebenden Modell sieht.“ Grinsend zwinkert er Yami zu, der mit geschmeidigen Bewegungen in die Jacke schlüpft. Überrascht bemerkt dieser beim Blick in den Spiegel, dass die Jacke dunkelblaue Ziernähte besitzt, die unauffällig seine schlanke Figur betonen. „Das sieht gut aus.“ Sagt er nun zum ersten Mal seine Meinung und dreht sich leicht vor dem Spiegel hin und her.
 

Vor Freude über das Lob klatscht May spontan in die Hände und fällt Yugi beinahe um den Hals. „Hast du gehört? Es gefällt ihm.“ Spontan drückt sie den überrumpelten Yugi an sich, da sie einfach einen der beiden umarmen muss und da Yami das nicht möchte, muss ihr Freund herhalten. „So, dann probiere jetzt mal die Weste an und dann hast du es auch schon geschafft.“ Stolz hält sie ihm die braune Weste hin, die sie mit beigen Akzenten versehen hat.
 

Ergeben zieht sich Yami die Jacke wieder aus und gibt sie an Yugi weiter ehe er die Weste von ihr entgegennimmt. Obwohl er weiss, dass sie es am liebsten sehen würde, wenn er sie ohne das Shirt anprobieren würde, zieht er sie gleich über dem Shirt an. Ein Blick in den Spiegel verrät ihm, dass es auch so gut aussieht und dass auch die Weste seine Figur geschickt unterstreicht.
 

Seufzend sieht May den jungen Mann an. Schade, dass er die Weste so anprobiert, aber sie respektiert seine Entscheidung und besieht sich ihre Arbeit. „Sieht gut aus. So wie es aussieht muss ich nichts mehr ändern, ausser du nimmst plötzlich extrem an Muskelmasse zu. Was ich aber nicht glaube, da du mir nicht der Typ dafür zu sein scheinst.“ Mit einem ernsten Gesichtsausdruck greift sie nach den beiden Hälften der Weste und zeigt ihm ein kleines Detail. „Ich habe hier auf jeder Seite drei Lederbänder versteckt. Wenn du die Weste ohne ein Shirt drunter tragen möchtest, kannst du sie so schliessen und sie wie ein ärmelloses Oberteil tragen.“

Aufmerksam mustert Yami dieses kleine Feature. Wenn sie es ihm nicht gesagt hätte, wäre ihm nicht aufgefallen, was vermutlich von ihr auch beabsichtigt war.
 

Da sie Yami nicht weiter bedrängen möchte, wendet sich May zu Yugi um, der mit einem sehnsüchtigen Blick den anderen Mann ansieht. Mit einem wissenden Gesichtsausdruck legt sie ihm die Hand auf die Schulter. „Das wird schon werden. Keine Sorge.“
 

Beiden fällt nicht auf, dass Yami die Worte gehört hat.

Äusserlich ruhig, aber innerlich mit sich kämpfend sieht er Yugi an. Soll er sich ihm weiter öffnen oder sich wieder zurückziehen? Immer mehr hat er das Gefühl, als würden in ihm zwei Seiten seiner Persönlichkeit um die Vorherrschaft kämpfen.

Da er nicht will, dass sie bemerken, dass er sie belauscht hat, sieht Yami wieder zur Seite. Sein Blick fällt daraufhin auf sein Spiegelbild. Doch was er sieht ist nicht er, sondern ein Mann mit einer königlichen Haltung und einem wissenden Ausdruck in den Augen. Instinktiv hebt er seine Hand und streckt sie nach dem Mann aus, doch dann verschwindet das Bild und er sieht nur noch sich selbst, wie er mit ausgestrecktem Arm dasteht.

Was war das?

Schnell lässt er seinen Arm wieder sinken und schielt zu Yugi und May rüber, doch die beiden reden immer noch leise miteinander und scheinen nichts davon mitbekommen zu haben.

Wieder sieht er in den Spiegel, doch der Fremde, der aussah wie er, taucht nicht mehr auf. Wer war er?

„Na, gefällt dir was du siehst?“, wird Yami von Yugi aus seinen Überlegungen gerissen. Verlegen senkt er etwas den Blick und sieht den anderen, der jetzt neben ihm steht, aus dem Augenwinkel heraus an. „Ja, ich hatte in den letzten fünf Jahren keine so schönen Sachen. Muss ich eigentlich auch noch einen der Schlafanzüge anprobieren?“ Fragend sieht er nun zu May, die lächelnd den Kopf schüttelt. „Nein, die habe ich relativ weit geschneidert, damit du es auch sicher bequem hast und den Hosenbund kannst du mit einer eingenähten Kordel enger machen, wenn er zu weit sein sollte.“

Ihre Worte lassen eine Welle der Erleichterung durch seinen Körper strömen. War ihm die ganze Anprobiererei und das stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit doch extrem unangenehm. „Also kann ich jetzt gehen?“, fragend sieht er erst zu May und dann zu Yugi, der nickt. „Ja, du hast es geschafft.“

Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen sieht Yugi Yami nach, als dieser in sein Zimmer geht und die Tür hinter sich schliesst. Dann schaut er zu May. „Also, was hältst du davon, wenn wir einen Tausch machen? Die Kleider gegen die Stoffballen, die du heute kaufen wolltest? Es macht ja keinen Sinn, wenn du mir das Geld für die Ballen gibst und ich es dir dann gleich zurückgebe, um Yamis Sachen zu bezahlen.“

Abwartend steckt er seine Hände in die Hosentaschen und grinst May an, während sie den Vorschlag zu überdenken scheint. Schliesslich scheint sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben. „Ich bin einverstanden, aber nur, wenn du mich nach Hause begleitest“, zwinkernd sieht sie ihn an.

Gespielt genervt verdreht Yugi die Augen. „Wenn es denn unbedingt sein muss? Dann lass uns jetzt aber gehen, damit ich noch zu einer halbwegs normalen Zeit ins Bett komme“, sie sehen sich grinsend an. Er hätte sie nämlich auch so nach Hause begleitet und das wissen sie beide.
 

In seinem Zimmer ist Yami gerade dabei, die neuen Sachen in den alten Schrank zu räumen, in dem er schon die Kleider von Yugis Vater und seine Bettwäsche aufbewahrt, als er das eine Bodenbrett in Yugis Zimmer knarren hört, das sich direkt vor der Tür in den Flur befindet. Offensichtlich verlassen die beiden gerade das Zimmer.

Nachdem Yami zufrieden ist, wie er alles verstaut hat, schliesst er die Schranktür und setzt sich auf sein Bett.

Erschöpft schliesst er einen Moment die Augen, bevor er aus dem Fenster sieht, durch das das gelbliche Licht der Strassenlaterne hereinfällt. Weshalb er seine Öllampe auf dem Tisch nicht anzündet. Obwohl es draussen inzwischen ziemlich dunkel geworden ist.

Seine Gedanken kreisen immer wieder um die Erkenntnis, dass sein Besitzer schwul ist. Wenn er ehrlich zu sich selbst ist, macht ihm die Vorstellung, dass Yugi mehr von ihm wollen könnte zwar Angst. Nur ist da auch wieder diese leise Stimme in ihm, die fragt, ob es denn wirklich so schlimm wäre.

Mit einem Seufzen lässt sich Yami nach hinten auf die Matratze fallen. Seit er hier ist, wird diese Stimme in ihm immer lauter und stärker.
 

Da ihm bewusst wird, dass er wohl nur darauf warten kann, was die Zukunft bringen wird, steht er schliesslich auf und greift sich einen seiner neuen Schlafanzüge und zieht ihn an. Das weiche Leinen fühlt sich unglaublich gut auf seiner Haut an.

Noch einmal geht er ins Badezimmer um sich für die Nacht fertig zu machen bevor er sich ins Bett legt und unter der Decke einkuschelt. Obwohl seine Gedanken immer noch um die Erkenntnisse des heutigen Tages kreisen, schläft Yami relativ schnell erschöpft ein.
 

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Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Yami musste heute ja mit sehr vielen Erkenntnissen klar kommen, hoffen wir mal, dass er sich richtig entscheiden kann.

Irgendwie tut mir Yugi auch ein wenig leid. Hat er doch Gefühle für seinen Yami und weiss nicht, ob er ihn überhaupt mal umarmen darf.

 

Also dann, bis zum nächsten Mal.

 

Eure mrs_ianto

Der Besuch des Medimagus

Hallo zusammen,

 

lange erwartet ist es nun da. Das Kapitel in dem die Untersuchung stattfindet.

Was soll ich nur sagen, ihr seid so motivierende Leser. Eure Kommis pushen mich immer wieder auf's neue mein Bestes zu geben und das Kapitel möglichst pünktlich hochzuladen.

 

Obwohl ich zugeben muss, dass es mir diesmal sehr schwer gefallen ist, da mich auch das nächste Kapitel von WdS immer wieder gedanklich beschäftigt hat.

 

So, genug gelabert. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 9: Der Besuch des Medimagus
 

Schon früh am Samstagmorgen erwacht Yami aus seinem unruhigen Schlaf. Eine Weile liegt er noch mit geschlossenen Augen da und geniesst die Ruhe, die so nur am frühen Morgen vorherrschen kann.

Doch dann fällt ihm ein, dass es Samstag ist. Heute wird der Medimagus kommen und er muss sich wie jedes Jahr der Untersuchung stellen. Mit einem ekelerregenden Gefühl erinnert er sich an die letzten Termine und zum ersten Mal seit Tagen wünscht er sich die Gefühllosigkeit zurück, welche ihn die letzten Jahre über geschützt hat.

Unwillkürlich fragt er sich, ob Yugi wirklich sein Versprechen halten wird oder ob er am Ende doch dem Medimagus zu Diensten sein muss.

Diesen Gedanken entschlossen zur Seite schiebend, steht Yami auf und geht zum Stuhl über dessen Lehne er abends immer seine Sachen hängt. Er wird Yugi und Sugoroku einfach vertrauen müssen.

Mit den Kleidern über dem Arm geht er leise durch Yugis Zimmer, damit er den Schlafenden nicht aufweckt. Obwohl es im Flur noch sehr dunkel ist, findet er ohne Probleme seinen Weg die Treppe hinunter und ins Badezimmer. Erst dort zündet er eine der Öllampen an, die den Raum nun in ein angenehm warmes Licht taucht.
 

Während Yami das warme Wasser aus der Brause über seinen Körper laufen lässt und das Gefühl geniesst, denkt er an die vergangenen Tage zurück. Jetzt, wo er weiss, dass Yugi sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt, sollte er sich doch in seiner Nähe unwohl fühlen. Doch zu seiner eigenen Überraschung hat sich für ihn nicht wirklich was geändert, was vermutlich an dem Verhalten des anderen liegt.
 

Nachdem er sein inzwischen morgendliches Ritual beendet und sich angezogen hat, greift er nach dem Schlafanzug und verlässt das Badezimmer. Da er nicht riskieren will, Yugi doch noch aufzuwecken, bringt ihn Yami nicht wieder in sein Zimmer, sondern legt den sorgfältig zusammengelegten Pyjama im Wohnzimmer auf das Sofa. Nach dem Frühstück wird er ihn dann in sein Zimmer bringen.
 

Während Yami in den Stall geht um die beiden Pferde zu versorgen, wachen auch langsam die beiden Mutos auf. Da Yugi jedoch immer relativ lange braucht, bis er wach genug ist um aufzustehen, ist Sugoroku der erste im Bad und hat schon auch schon wie jeden Morgen das Teewasser schon aufgesetzt, als Yugi gähnend in die Küche kommt.

Auf den ersten Blick sieht der alte Mann, dass sein Enkel wohl nicht gerade gut geschlafen hat, weshalb er nur schweigend zusieht, wie Yugi sich eine Tasse Schwarztee nimmt.

Schweigend bereitet er weiter das Frühstück vor und denkt auch daran, den Honig auf den Tisch zu stellen. Hat er doch gestern bemerkt, dass Yami seinen Tee gern etwas süsser trinkt.
 

Kaum ist er mit den Vorbereitungen fertig, kommt Yami mit, von der morgendlichen Frische, geröteten Wangen in die Küche. „Guten Morgen.“ Inzwischen hat er sich daran gewöhnt, dass er sich wie ein normaler Mensch verhalten darf, weshalb er beinahe ohne zu zögern zum Herd geht und sich eine Tasse Tee nimmt. Während Sugoroku seinen Gruss erwidert, nickt Yugi nur da er immer noch nicht ganz wach ist.
 

Aus dem Augenwinkel sieht Yami, wie der andere einen Schluck trinken will, dann aber verwirrt in die Tasse blinzelt, da diese anscheinend leer ist. Spontan geht er mit dem Teekrug an den Tisch. Dann nimmt er Yugi die Tasse aus der Hand und füllt sie wieder auf ehe er sie ihm wieder hinstellt. Da auch Sugoroku nichts mehr hat und er merkt, dass der Krug fast leer ist, schenkt er auch gleich ihm frischen Tee ein. Erst dann schnappt er sich seine eigene Tasse und setzt sich auch an den Tisch.

Da er Yugi wie immer gegenübersitzt, sieht Yami das leichte Lächeln von ihm. „Danke und guten Morgen.“ Kurz sehen sie sich an, bis sich Sugoroku räuspert. „Ja genau, danke und nun lasst uns essen.“ Unauffällig schiebt der er den Honigtopf etwas mehr in die Richtung des jungen Mannes.

Innerlich grinsend sieht er dann zu, wie sich Yami wirklich einen Löffel Honig in seinen Tee tut und sorgfältig umrührt ehe er einen Schluck trinkt und geniessend die Augen schliesst. So schmeckt das heisse Getränk noch viel besser und er glaubt zu wissen, dass er das schon früher gemacht hat. Auch wenn es mehr ein Gefühl, als Gewissheit ist.
 

Aufmerksam beobachtet Yugi wie Yami den Honig nicht nur in den Tee gibt, sondern auch auf seinem Brot verstreicht. Da scheint jemand Süsses zu mögen. Es freut ihn, dass sein Gegenüber immer mehr aus sich herauskommt und er selbst zu werden scheint. Gleichzeitig macht ihm der Besuch des Medimagus am Nachmittag sorgen. Hoffentlich geht alles gut, wenn er an die Probleme denkt, die Yami hat, wenn man ihn anfasst.
 

Da der Laden am Nachmittag, gemäss den Vorschriften, geschlossen werden muss, beeilt sich Yugi mit dem Frühstück. Vielleicht kann er den Verlust ja ein wenig ausgleichen, wenn er heute etwas früher öffnet. So kommt es, dass er als erster aufsteht und sein gebrauchtes Geschirr in die Spüle stellt.

Bevor er es jedoch abwaschen kann, wird er von seinem Grossvater zurückgehalten. „Lass es stehen. Yami und ich werden das dann erledigen. Hast du eigentlich schon das Geld für den Beamten und den Medimagus herausgelegt?“ Sein Marmeladenbrot in der Hand haltend, sieht Sugoroku seinen Enkel an, der sich bei seiner Frage zu ihm umgedreht hat. „Ja, ich habe das noch gestern Abend gemacht und den Beutel in der Kasse verstaut. Ausserdem habe ich ihn mit einem grünen Band markiert, falls du die beiden Herren bezahlen musst“, schnell geht er aus der Küche. „Ich bin dann im Laden, wenn etwas ist“, ruft Yugi noch, als er schon im Flur verschwunden ist und deutlich hören die beiden zurückgebliebenen dann das Quietschen der Scharniere, als die Tür zum Laden geöffnet wird.
 

Mit einem Seufzen wendet sich Sugoroku wieder seinem Frühstück zu. „Der Junge ist jedes Jahr unglaublich nervös, wenn der Medimagus kommt“, erklärt er Yami. Der verwundert in Richtung Flur blickt. „Frag mich aber bitte nicht warum, ich weiss es nämlich nicht.“

Woraufhin dieser verstehend nickt. „Verstehe, solche Untersuchungen sind ja auch nie angenehm.“ Da er trotz seiner eigenen Nervosität immer noch hungrig ist, nimmt sich Yami noch ein Stück Brot und bestreicht es diesmal mit Marmelade.

Die Ruhe geniessend, die nur durch das Knacken des Holzes im Herd ab und zu unterbrochen wird, sitzen die beiden Männer auch nach dem sie fertig gegessen haben, am Tisch, bis sich schliesslich auch Yami erhebt und beginnt die Reste wegzuräumen.

Während Yami beschäftigt ist, beginnt Sugoroku mit dem Abwasch, so dass das meiste schon zum Abtrocknen bereitsteht, als sich Yami neben ihn stellt und nach dem Geschirrtuch greift um dem alten Mann zu helfen.
 

Erst als die Küche fertig aufgeräumt ist und Sugoroku seine Hilfe nicht mehr braucht, geht er nach oben um seinen Schlafanzug in sein Zimmer zu bringen. Danach geht er wieder in den Stall. Zwar gibt es dort nicht mehr wirklich viel zu tun, aber die beiden Pferde sind gerade dabei ihr Winterfell zu verlieren, weshalb sie es immer geniessen, wenn er sie ausgiebig bürstet. Es ist schon unglaublich, wie viele Haare er so schon aus dem Pelz bekommen hat. Ausserdem müssen die Heunetze auch wieder neu gefüllt werden, damit es dann später schneller geht, wenn auch noch die Boxen ausgemistet werden müssen.

So findet er den ganzen Morgen über immer wieder etwas zu tun, was ihn erfolgreich von seinen Erinnerungen an die letzten fünf Jahre ablenkt, die ihn in letzter Zeit immer wieder heimsuchen.
 

Für seinen Geschmack ist es viel zu früh Zeit für’s Mittagessen, das heute nur aus einem einfachen Salat und Brot besteht. Da trotz seiner äusseren Ruhe auch Sugoroku nervös ist. Weshalb ihm das eigentliche Essen vorher anbrannte. Doch weder Yugi noch Yami beschweren sich. Yugi nicht, weil er sowieso keinen Hunger hat und Yami geniesst sowieso alles, was er zu essen bekommt. Viel zu Lange musste er sich mit altem Brot oder kaltem Haferbrei begnügen.
 

Da Yugi nach dem Essen den Laden nicht mehr öffnen darf, räumt er diesmal mit zusammen mit Yami die Küche auf, während sich Sugoroku ins Wohnzimmer zurückzieht um während der Wartezeit ein wenig zu lesen.
 

In Gedanken versunken putzt Yugi immer wieder die schon längst saubere Tischplatte, was Yami mit einem amüsierten Ausdruck in den Augen beobachtet. Schon lange hat er nicht mehr gelächelt oder sogar gelacht, ist das doch für einen Sklaven viel zu gefährlich.

„Wenn du so weitermachst, ist die Tischplatte bald auf Hochglanz poliert“, rutscht es ihm dann doch noch raus. Was ihn erschrocken die Hand vor den Mund schlagen lässt, aber Yugi sieht ihn erst nur verwirrt an, bis er auf den Lappen in seinen Händen runterschaut. „Oh.“ Vor Verlegenheit überziehen sich seine Wangen mit einer heissen Röte. „Das habe ich gar nicht bemerkt.“ Den Blick von Yami abgewandt, geht er den Lappen auswaschen.

„Das macht doch nichts“, versucht ihn Yami ein wenig zu beruhigen. „Ich bin auch nervös.“ Das Geständnis ist ihm nicht leichtgefallen, aber anscheinend hat er das richtige gesagt, denn Yugi sieht ihn mit einem dankbaren Blick an. „Dann bin ich wenigstens nicht der einzige. Obwohl, wenn ich an das angebrannte Essen denke, ist Grossvater wohl auch nervös.“ Schief grinst er den Grösseren an. „Gehst du wieder zu den Pferden oder leistest du Grossvater und mir im Wohnzimmer Gesellschaft?“ Yugi lässt sich nicht anmerken, was ihm am liebsten wäre. Schliesslich will er ihn nicht unter Druck setzen.
 

Nachdenklich sieht Yami sein Gegenüber an. „Ich gehe lieber wieder zu den Pferden.“ Einen Moment lang glaubt er einen enttäuschten Ausdruck über Yugis Gesicht huschen zu sehen. Allerdings ist er sich nicht sicher.
 

Mit einem Lächeln überspielt Yugi seine Enttäuschung. „Dann werde ich dich dann rufen, wenn der Medimagus da ist und vergiss bitte nicht, das blöde Halsband anzuziehen. Ich bin dann oben bei Grossvater.“ Mit gespielter Fröhlichkeit geht Yugi aus der Küche und die Treppe nach oben. Erst als er im Wohnzimmer ist und sich auf das Sofa fallen lässt, wird er wieder ernst.

Was natürlich seinem Grossvater auffällt, der ihn über den Rand des Buches hinweg ansieht. „Was hast du denn?“ Um Yugi zu verdeutlichen, dass er seine volle Aufmerksamkeit hat, schliesst er sogar das Buch und legt es zur Seite.

Mit einem Seufzen greift Yugi nach einem der Kissen und beginnt unbewusst damit zu spielen. „Yami ist lieber im Stall als hier bei uns. Was soll ich denn noch machen, damit er mir endlich vertraut?“, traurig lässt er den Kopf hängen. Wie gern hätte er den Grösseren jetzt an seiner Seite.

Die Worte von seinem Enkel erstaunen Sugoroku. Ist ihm denn gar nicht aufgefallen, wie sehr sich Yami in den letzten Tagen verändert hat? „Ach Yugi. Das hat doch nichts mit mangelndem Vertrauen zu tun.“ Aufmunternd legt er ihm die Hand auf die Schulter. „Ich glaube nämlich, dass Yami dir sogar sehr vertraut. Allerdings muss er erst mit sich selbst ins Reine kommen. Also sei nicht traurig, wenn er im Moment lieber die Gesellschaft von Blacky und Rocky sucht. Gib ihm Zeit und ich bin überzeugt, wenn es wieder etwas ruhiger wird, dann wird er auf dich zukommen.“

Aufmerksam hört ihm Yugi zu und denkt über die Worte nach. Es stimmt schon, in den letzten beiden Wochen war ungewöhnlich viel los. Ausserdem musste sich Yami an ein komplett anderes Leben gewöhnen und wenn er ehrlich ist, hat er sich wirklich schon sehr verändert. Aus dem stoischen Sklaven, der seine Gefühle nicht zeigte, ist überraschend schnell ein Mann geworden, der schon mal seine Meinung sagt und ihn ab und zu sogar etwas aufzieht. So wie vorhin in der Küche. Bei dem Gedanken durchströmt ihn ein angenehm warmes Gefühl, das ihn sogar leicht Lächeln lässt. „Du hast bestimmt Recht. Ich bin wohl mal wieder viel zu ungeduldig.“ Sich schon viel besser fühlend, legt Yugi das Kissen wieder zur Seite und sieht seinen Grossvater an. „Was hältst du von einer Partie Schach?“ „Das ist eine gute Idee.“ Froh, dass sein Enkel wieder besser gelaunt ist, steht Sugoroku auf und geht zu dem kleinen Tisch am Fenster, auf dem das Schachbrett seinen festen Platz hat.
 

Schon bald sind die beiden Mutos in ihr Schachspiel vertieft, so dass sie schon beinahe erschrecken, als es unten an der Tür klopft. Da der Tisch so nah am Fenster steht, kann Yugi das weisse Gewand des Medimagus auf dem Gehweg erkennen.

Mit schnell klopfendem Herzen steht Yugi auf. „Holst du Yami, während ich den Magus und den Beamten reinlasse?“, fragend sieht er seinen Grossvater an, der zustimmend nickt und nun ebenfalls aufsteht. Zusammen verlassen sie das Wohnzimmer und gehen die Treppe runter. Erst an deren Fuss trennen sich ihre Wege, da Yugi nach vorne zur Ladentür muss um den Besuch einzulassen.
 

In dem Moment, wo der Beamte wohl noch einmal klopfen will, öffnet Yugi die Ladentür. Zumindest sieht der Mann danach aus. „Guten Tag. Entschuldigen Sie bitte, dass Sie warten mussten, aber wir sassen im Wohnzimmer und das ist eine Etage höher.“ Freundlich lächelt er die beiden Männer an und geht zur Seite, so dass sie eintreten können.

„Das habe ich mir schon gedacht. Mein Name ist Mirko Finnegan.“ Der Tonfall des Beamten, der an seiner blauen Kleidung gut erkennbar ist, ist deutlich herablassend. Was ihn Yugi sofort unsympathisch macht. Wie kann ein Mensch nur so eingebildet sein, nur weil er für die Magi arbeitet und vermutlich in deren Stadt lebt. „Das ist Medimagus Owen Ramius. Er ist dieses Jahr für dieses Viertel zuständig und wird die Untersuchungen durchführen, während ich die Daten von ihrem neuen Sklaven erfassen werde.“ Aufmerksam mustert Yugi den Medimagus, der auf ihn einen eiskalten Eindruck macht. Obwohl er mit seinen braunen Haaren und den braunen Augen sympathisch wirken könnte. Ein Schaudern unterdrückend führt er die beiden Männer durch den kleinen Laden in den Flur. „Ich brauche einen hellen Raum mit einem grossen Tisch und fliessendem Wasser.“ Die Stimme des fast 2 Meter grossen Mannes ist genauso kalt, wie sie sich Yugi vorgestellt hat.

Natürlich weiss er von den letzten Jahren, was die Medimagi brauchen, aber er verkneift sich einen Kommentar und führt die beiden Männer in die Küche, wo schon sein Grossvater und Yami warten. Als er das schwarze Sklavenhalsband sieht, das Yami trägt, würde er ihm am liebsten sagen, dass er das Ding ausziehen soll, aber er unterdrückt den Drang. Was ihn allerdings am meisten in der Seele schmerzt ist der neutrale, schon beinahe gefühllose, Gesichtsausdruck des anderen. Hat er sich doch schon daran gewöhnt, dass Yami sich nicht mehr verstellt.
 

Mit ausgreifenden Schritten drängt sich der Medimagus an Yugi vorbei und stellt seinen silbernen Koffer auf den Tisch. „Ja, das wird gehen. Ich bevorzuge es, die Untersuchungen mit den betreffenden Personen unter vier Augen durchzuführen.“ Mit kalten Augen sieht er sich in dem Raum um und mustert die anderen beiden Männer, die er heute auch durchchecken muss. Der Alte ist uninteressant, aber der junge Sklave weckt sein Interesse.

Irgendwas hat der Sklave an sich, das ihn reizt. Vielleicht ist es ja die sehr gerade Körperhaltung, die für einen seiner Klasse untypisch ist. Eine Schande, dass in den Unterlagen steht, dass sie die Untersuchung für ihn bezahlen werden. Obwohl...

Sich nichts von seinen Gedanken anmerken lassend, öffnet Ramius den Koffer und nimmt zwei Akten heraus, von denen er gleich eine zur Hand nimmt. „Herr Sugoroku Muto? Ich werde mit Ihnen beginnen. Sie, Yugi Muto, werden am besten mit Ihrem Sklaven im Wohnzimmer warten und dort die benötigten Unterlagen ausfüllen, bis Sie drankommen. Am Schluss werde ich Ihren Sklaven untersuchen.“ Mit verschränkten Armen wartet Ramius darauf, dass seiner Aufforderung nachgekommen wird und schliesst dann höchstpersönlich die Tür.
 

Während der Medimagus hinter verschlossener Tür mit der Untersuchung beginnt, führt Yugi den Beamten Finnegan ins Wohnzimmer und versucht dabei nicht auf Yami zu achten, der ihnen mit gesenktem Blick stumm folgt.

Erst als der Beamte auf der Couch sitzt und Yugi sich in den Sessel schräg daneben platziert hat , richtet Finnegan wieder das Wort an ihn. „Laut meinen Unterlagen ist das Ihr erster Sklave. Ich werde Sie darum kurz über den Ablauf aufklären.“ Mit routinierten Bewegungen holt er einen Stapel Akten hervor und dazu ein buchförmiges Gerät, das einen leisen Piepston von sich gibt und dessen Oberseite aufleuchtet, als ein kleiner Knopf gedrückt wird.

„Ihr Grossvater hat mir gesagt, dass der Sklave Yami genannt wird. Da es im japanischen Reich mehrere Sklaven gibt, die auf diese Bezeichnung hören und zum Verkauf stehen, werde ich die Fingerabdrücke von ihm nehmen. Erst dann kann ich sicher sein, dass wir die richtige Besitzurkunde ausstellen. Wenn das geschehen ist, gehört der Sklave offiziell Ihnen und Sie können mit ihm machen, was sie wollen. Nach zwei Jahren könnten Sie ihn sogar freilassen, allerdings wird diese Option nur sehr selten genutzt.“

Nur mit Mühe kann Yugi seine wahren Gefühle verstecken, ist ihm diese ganze Situation doch so was von zuwider. Nur durch seine Verkaufserfahrung, ist es ihm möglich professionell zu reagieren. „Ich habe verstanden.“

Zufrieden nickt Finnegan, während er auf der leuchtenden Oberfläche herumdrückt. „Gut, dann brauche ich jetzt die Fingerabdrücke von Ihrem Sklaven.“ Auffordernd sieht er Yugi an und wartet offensichtlich darauf, dass er seinem Sklaven befiehlt zu ihnen zu kommen. Doch das ist gar nicht nötig.

Denn Yami hat das Gespräch aufmerksam verfolgt und da er den Ablauf von früher kennt, tritt er nun neben den Sessel und kniet sich auf den Boden. Den Blick weiterhin gesenkt haltend, wartet er darauf, dass ihm das Gerät hingehalten wird. Dann hebt er seine rechte Hand und legt den Daumen auf das leuchtende Feld, bis ein Piepston anzeigt, dass er erkannt worden ist.

Es verwundert Yami irgendwie, dass er so leicht wieder in sein altes Verhalten schlüpfen kann. Was sagt das nur über ihn aus? Was ihn aber noch mehr verwundert ist die Tatsache, dass er sich in der Nähe von Yugi deutlich besser fühlt, als vorhin wo er an der Wand gestanden hat. Unauffällig lehnt er sich etwas mehr gegen den Sessel, bis er die Armlehne an seiner Schulter spüren kann.
 

Natürlich bemerkt Yugi die leichte Bewegung von dem Knienden, aber er lässt sich nichts anmerken, sondern sieht mit ausdrucksloser Miene dabei zu wie der Beamte auf der leuchtenden Oberfläche herumdrückt und immer wieder etwas in eine Akte schreibt, die er vorhin aufgeschlagen auf dem Couchtisch gelegt hat.
 

Gerade als er Fragen will, was Finnegan denn da macht, sieht ihn der Beamte wieder an. „So, das war’s. Dann bräuchte ich nur noch Ihre Unterschrift und dann ist der bürokratische Teil abgeschlossen.“ Um Yugi zu verdeutlichen, wo er unterschreiben muss, deutet er mit dem Finger auf die entsprechenden Linien, so als könnte Yugi das Wort Unterschrift nicht selbst lesen. Kaum hat Yugi den Füller zur Seite gelegt, kommt Sugoroku ins Wohnzimmer. „Yugi, wenn du fertig bist. Medimagus Ramius wartet auf dich.“ Mit nur einem Blick erfasst der alte Mann die Situation und dass sich Yami leicht an den Sessel lehnt, in dem sein Enkel sitzt.
 

Seufzend erhebt sich Yugi und geht zu seinem Grossvater. „Setz dich bitte zu Yami.“ Er spricht so leise, dass der Beamte die Bitte unmöglich hören kann und ist unheimlich erleichtert, als Sugoroku kurz nickt. Mit einem letzten Blick zurück verlässt Yugi das Wohnzimmer und geht in die Küche.
 

Währenddessen setzt sich Sugoroku in den nun freien Sessel und versucht Finnegan in ein freundliches Gespräch zu verwickeln. Der ist jedoch nicht wirklich an Smalltalk interessiert, sondern räumt alles bis auf eine Akte wieder in seinen Koffer. „Die Akte muss der Sklave nachher dem Medimagus Ramius abgeben.“ Statt die Papiere gleich Yami zu geben, reicht er sie Sugoroku, der sie aufmerksam mustert ehe er sie dem jungen Mann gibt, der sie mit weiterhin gesenktem Blick, entgegennimmt.
 

Auch wenn ihn die Nähe von Sugoroku nicht so sehr beruhigt wie die von Yugi ist Yami froh, dass der alte Mann sich in den Sessel gesetzt hat. Darf er doch erst aufstehen, wenn er den Befehl dazu erhält und obwohl ihn langsam seine Knie schmerzen, würde er jetzt nicht aufstehen wollen, weshalb er schon beinahe dankbar ist, dass er den Befehl dazu noch nicht erhalten hat.

Für seinen Geschmack viel zu schnell kommt Yugi von seiner Untersuchung zurück. Bedeutet das doch, dass er gleich runtergehen muss. „Yami, du bist dran.“ Mit einem unguten Gefühl sieht Yugi zu, wie Yami aufsteht und aus dem Wohnzimmer geht. Leise hört er die eine Treppenstufe knarren und schliesslich wie sich die Tür zur Küche schliesst. Falsch lächelnd setzt er sich zu seinem Grossvater auf die Armlehne.
 

Währenddessen steht Yami vor Ramius der ihn mit einem interessierten Blick mustert. „Gib mir die Akte und dann zieh das Oberteil aus.“ Befiehlt er mit einem harten Tonfall, der deutlich zeigt, was er von ihm hält. Als ihm die Akte hingehalten wird reisst er sie dem Sklaven schon beinahe aus der Hand und überfliegt kurz das Geschriebene.
 

Obwohl Yami weiss, dass er dem Befehl nachkommen muss, kann er sich nur mit grösster Mühe dazu überwinden das Shirt auszuziehen. Anscheinend ist er dem Medimagus nicht schnell genug, denn der sieht ihn mit einem missbilligenden Blick an. „Mach schon Sklave! Ich will heute noch mit dir fertig werden!“ Die harten Worte lassen Yami unwillkürlich zusammenzucken, doch er schafft es das Shirt über den Kopf zu ziehen und es auf den Tisch zu legen.
 

Genervt, dass sich der Sklave nicht mehr beeilt, greift Ramius nach dessen Arm und hält ihn unerbittlich fest, während er ihm das Gummiband um den Oberarm bindet, damit er ihm besser Blut abnehmen kann.

Nur mit äusserster Willenskraft kann sich Yami dazu zwingen, den Arm ruhig zu halten, als ihm die Nadel in die Vene gebohrt und so das Blut abgenommen wird. Nach einer gefühlten Ewigkeit lässt ihn der Medimagus wieder los, aber es ist noch nicht überstanden.

„Dreh dich um. Na wird’s bald!“ Schon wieder zögert Yami für Ramius’ Geschmack zu lange, weshalb er ihn packt auf die Tischplatte drückt.
 

Yugi ist gerade dabei dem Beamten das Geld für den heutigen Besuch zu geben, als er einen erstickten Schrei und Lärm aus der Küche hört. Finnegan ignorierend springt er auf und rennt aus dem Wohnzimmer. Das Schlimmste vermutend rennt er die Treppe runter. Vor der geschlossenen Küchentür bleibt er jedoch stehen um sie dann äusserlich ruhig zu öffnen. Ein Hoch auf seine Schauspielkunst.
 

„Was ist denn hier los?“ Mit starrer Miene blickt er auf die beiden Männer. Yami kniet mit aufgeplatzter Lippe vor dem Medimagus auf dem Boden, der ihn mit einem brutalen Griff am Arm festhält. Neben ihnen liegt einer der Stühle am Boden, was den Lärm von vorhin erklärt.
 

Wütend, dass der junge Muto gerade jetzt in die Küche platzen muss, ringt Ramius sich ein falsches Grinsen ab. „Nichts ist los. Ihr Sklave hat sich nur geweigert mir zu gehorchen. Ausserdem hat er versucht mich zu verletzen.“ Überheblich blickt er zu dem blassen Mann in der Tür.
 

Yugi glaubt dem Medimagus nicht. Nicht nur, dass er Yami nicht so einschätzt, der offene Hosenknopf von Ramius deutet auch darauf hin, dass der Medimagus lügt. Allerdings darf er nicht offen an dessen Worten zweifeln. Weshalb er ihn weiterhin mit versteinerter Miene ansieht. „Sind Sie denn mit der Untersuchung fertig?“ Innerlich brodelnd wartet er auf eine Antwort.
 

Innerlich grinst Ramius. Muto glaubt ihm offensichtlich und das bedeutet, dass der Sklave für seine Gegenwehr bestraft werden wird, auch wenn der Mann nicht weiss, was wirklich passiert ist. „Ja, ich habe alles was ich brauche. Was ein Glück ist, denn der Sklave gehört für sein Verhalten hart bestraft.“

Angeblich zustimmend nickt Yugi. „Das wird er. Lassen Sie das nur meine Sorge sein.“ Mit einem kalten Blick sieht er nun Yami an. „Geh auf dein Zimmer und warte dort auf mich.“ Innerlich schreit er allerdings laut auf, wegen der Ungerechtigkeit die hier gerade passiert. Wird der Medimagus doch ungeschoren davonkommen.
 

Mit einem triumphierenden Blick fixiert Ramius den Mann zu seinen Füssen und lässt ihn los.
 

Mit einem erstickten Keuchen sackt Yami etwas zusammen, bevor er sich fangen kann und mit zitternden Beinen aufsteht. Deutlich hat er den kalten Ton in Yugis Stimme gehört, weshalb er nicht einmal nach seinem Shirt greift. Mit gesenktem Kopf geht er aus der Küche. Im Flur kommen ihm Sugoroku und der Beamte entgegen, aber er ignoriert sie und geht in sein Zimmer wo er sich mit angezogenen Knien auf’s Bett setzt.
 

Innerlich brodelnd, aber äusserlich ruhig sieht Yugi den Medimagus an. Nur mit Mühe kann er die nächsten Worte über seine Lippen zwingen. „Ich entschuldige mich für Ihre Unannehmlichkeiten. Der Sklave wird für sein Verhalten bestraft werden.“ Nervös wartet Yugi auf eine Reaktion von Ramius. „Bestrafen Sie den Sklaven und bringen Sie ihm benehmen bei. Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen werden Sie in den nächsten beiden Wochen erhalten. Ich rate Ihnen bis dahin darauf zu verzichten den Körper Ihres Sklaven zu benutzen. Beschränken Sie sich auf Oralverkehr.“

Die Worte sind so kalt und geschäftsmässig gesprochen, dass es Yugi beinahe schlecht wird, aber er kann sich mit Mühe beherrschen. „Verstanden, ich werde daran denken.“ Ungeduldig sieht er zu, wie der Medimagus seine Sachen zusammenpackt und den Koffer sorgfältig verschliesst.

Äusserlich ruhig begleitet er die beiden Männer noch bis zur Tür und schafft es sogar sich freundlich von ihnen zu verabschieden. Erst als sie weg sind und er wieder in die Küche geht, wo Sugoroku gerade aufräumt und Milch auf dem Herd erhitzt, bricht es aus ihm heraus. „Diese Arschlöcher. Sprechen von Yami als wäre er irgendein Gegenstand ohne Gefühle.“ Vor Wut zitternd stützt er sich auf dem Küchentisch ab. „Ich hätte Yami nicht allein mit diesem Arschloch lassen dürfen. Wer weiss, was der ihm angetan hat, bevor ich hereingeplatzt bin.“

Beruhigend legt ihm sein Grossvater die Hand auf die Schulter. „Jetzt mach dir keine Vorwürfe. Du konntest nicht wissen, was Ramius vorhat. Ausserdem hast du noch rechtzeitig eingegriffen.“ Da die Milch inzwischen heiss ist, muss Sugoroku wieder zum Herd. Schnell füllt er eine der Tassen und gibt einen Löffel Honig dazu. Die drückt er zusammen mit dem Shirt, in Yugi in die Hände. „Geh zu Yami und sei für ihn da. Ich kümmere mich heute Abend um die Pferde und mache uns danach eine leichte Suppe.“
 

Zögernd nickt Yugi ehe er sich auf den Weg zu Yami macht. Vor dessen geöffneter Zimmertür hält er dann aber inne. Um den anderen nicht zu erschrecken klopft er trotz der offenen Tür an, bevor er reingeht.
 

Geschockt sieht er, wie Yami zusammengekauert auf dem Bett sitzt. Da Yugi nicht weiss, was er jetzt machen soll, hängt er zuerst das Shirt über die Stuhllehne. Erst dann geht er mit der Tasse zu Yami.

Mit langsamen Bewegungen setzt er sich vor ihm auf die Matratze. „Hey, Grossvater hat dir heisse Milch mit Honig gemacht.“ Auffordernd hält er Yami das Getränk hin, der es schliesslich mit zitternden Fingern annimmt.

Mit schmerzendem Herzen sieht Yugi zu, wie die Honigmilch langsam getrunken wird. Im Moment fühlt er sich vollkommen überfordert. Was soll er nur tun? „Ramius hat gelogen. Das weiss ich ganz genau... und ich bin überzeugt, dass du dich nicht falsch verhalten hast. Es tut mir leid, dass ich dich mit ihm allein gelassen habe und dass ich dir vorhin nicht wirklich helfen konnte.“ Nur leise kommen die Worte über seine Lippen, fühlt er sich doch unendlich schuldig.

Da Yami nicht weiter zu reagieren scheint, seufzt er schliesslich betrübt. „Ich lasse dich wohl am besten wieder allein. Er will gerade aufstehen, als seine Hand ergriffen wird.
 

Er weiss nicht warum, aber Yami will nicht, dass Yugi jetzt geht. Zwar schreit alles in ihm danach sich zu verkriechen, aber da ist auch ein Bedürfnis nach Nähe, das er so nicht kennt. Unfähig etwas zu sagen hält er dessen Hand fest. Unsicher schaut er Yugi an. Hofft, dass er auch ohne Worte verstanden wird.
 

Überrascht sieht Yugi erst auf ihre Hände, dann hebt er seinen Blick um Yami ins Gesicht zu sehen. Deutlich erkennt er dort die widerstreitenden Gefühle. „Soll ich noch bleiben?“ Nur weil er genau hinsieht, kann er das leichte Nicken erkennen. Kurz zögert er, soll er oder soll er nicht? Doch dann fällt er eine Entscheidung. Ganz langsam richtet er sich etwas auf und setzt sich so neben Yami, dass auch er mit dem Rücken an die Wand lehnen kann.

Schweigend sitzen sie nah nebeneinander. Immer noch hält Yami seine Hand fest und trotz allem geniesst Yugi diese ungewohnte Nähe. Plötzlich spürt er ein Gewicht auf seiner Schulter. Überrascht bemerkt er, dass Yami den Kopf auf seine Schulter gelegt hat und mit geschlossenen Augen dasitzt. „Er war brutal... und dann wollte er, dass.… ich... ich...“, eine einsame Träne läuft über Yamis Wange, während er wieder verstummt.

Instinktiv will Yugi seinen Arm um ihn legen. „Nicht. Ich weiss nicht, ob ich das schon aushalten kann.“ Die Worte von Yami tun ihm weh. Trotzdem lässt Yugi seine Hand wieder sinken.
 

Diese ungewohnte Nähe geniessend, lehnt sich Yami an Yugis Schulter. Er ist froh, dass der andere nichts sagt oder nicht versucht ihn festzuhalten, sondern einfach nur bei ihm ist.
 

Irgendwann kommt Sugoroku mit einem Tablett ins Zimmer, auf dem sich zwei kleine Suppenschüsseln befinden. „Es ist nur eine einfache Gemüsesuppe.“ Leicht lächelt er die beiden jungen Männer an, ehe er wieder rausgeht. Wer hätte gedacht, dass er heute noch so ein Bild sehen wird.
 

Die ganze Zeit über hat sich Yami nicht bewegt. Weshalb Yugi nicht weiss, ob der Grössere überhaupt noch wach ist, aber wenn er ehrlich ist, ist es ihm auch egal. Zu sehr geniesst auch er diese Nähe.

Irgendwann durchbricht ein lautes Magenknurren die Stille. Dieses Geräusch bringt Yami dazu den Kopf wieder anzuheben. „Wir sollten die Suppe essen, bevor sie noch ganz kalt wird.“
 

Bedauernd lässt es Yugi zu, dass sich Yami ganz von ihm löst und aufsteht um die längst leere Tasse auf den Tisch zu stellen und die Suppen zu holen. Dankend nimmt er die eine Schüssel entgegen. Erst als Yami wieder neben ihm sitzt probiert er vorsichtig einen Schluck. Da sie so lange gewartet haben, ist die Suppe nur noch lauwarm, weshalb er sie wie Yami einfach trinkt.
 

Nicht wissend was er sagen soll, spielt Yami dann mit dem leeren Gefäss. „Danke“, rutscht es ihm irgendwann raus. Was Yugi wieder leicht lächeln lässt. „Es gibt nichts, wofür du dich bedanken musst.“ Plötzlich fällt ihm auf, dass das Zimmer nur noch durch die Strassenlaterne erhellt wird. Sind sie etwa so lange hier gesessen? „Es ist schon spät. Ich bringe schnell das Geschirr runter.“ Als er den schockierten Blick von Yami sieht, der auf das Fenster gerichtet ist, fällt ihm noch etwas ein. „Keine Sorge. Grossvater hat sich um die Pferde gekümmert. Du kannst dich also beruhigt ausruhen.“ Erleichtert bemerkt er, wie sich Yami wieder etwas entspannt.
 

Im Halbdunkel räumt Yugi das Geschirr auf das Tablett und geht zur Tür. „Wenn du nicht allein sein willst, kannst du jederzeit zu mir kommen.“ Noch einmal blickt er zum Bett ehe er mit seiner Last rausgeht.

Nun wieder allein steht Yami auf und geht ins Badezimmer um sich für die Nacht fertig zu machen.

Erschöpft zieht er sich dann seinen neuen Schlafanzug an und kuschelt sich unter der Decke ein. Auch wenn er nicht gleich einschlafen kann, geniesst er das Gefühl im Bett liegen zu können. Irgendwann werden dann seine Augen doch schwer und er fällt in einen unruhigen Schlaf.

 

 

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Ich muss gestehen, dass ich diese Szene, wo die beiden auf dem Bett sitzen schon lange im Kopf hatte. Deutlicher hätte Yami nicht zeigen können, dass er Yugi vertraut, auch wenn er immer noch mit sich selbst zu kämpfen hat.

 

So, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Der Markttag

Hallo zusammen,

 

nach dem heftigen Kapitel letzte Woche gibt es jetzt wieder ein etwas ruhigeres.

 

Was soll ich dazu noch sagen, ausser dass ihr unglaublich seid. Eure Kommentare und die inzwischen 45 Favoriteneinträge machen mich einfach nur sprachlos. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ihr mich damit motiviert.

 

So, nun aber genug gelabert. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 10: Der Markttag

 

 

Inzwischen ist es für Yami schon fast normal, dass er mit den beiden Mutos am Tisch sitzen und das gleiche essen darf wie seine Besitzer. Er greift gerade nach einem weiteren Stück Brot, als Sugoroku das Schweigen bricht, das seit einigen Minuten geherrscht hatte. „Ich gehe heute auf den Markt einkaufen. Brauchst du die Pferde oder kann ich sie beide mitnehmen?“, fragend sieht er seinen Enkel an, der ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansieht. „Nein, ich brauche die Pferde nicht. Darf ich wissen, warum du beide mitnehmen willst?“ Normalerweise nimmt sein Grossvater doch immer nur Blacky mit, da der ihm beinahe wie ein Hund gehorcht.

Über den erstaunten Gesichtsausdruck von Yugi leicht schmunzelnd streicht sich Sugoroku ein weiteres Marmeladenbrot. „Ach weisst du, ich habe dank Yami viel weniger zu tun und dachte, dass ich darum meine alte Leidenschaft wieder belebe sollte. Kurz gesagt, ich will unser Brot wieder selber backen und dafür wollte ich heute neben den üblichen Einkäufen auch extra Mehl kaufen gehen und das will ich nicht alles Blacky auf den Rücken packen.“

„Ach so“, verstehend nickt Yugi. „Dein Brot hat auch immer viel besser geschmeckt als das vom Bäcker.“
 

Interessiert hört Yami der Unterhaltung zu. Irgendwie freut es ihn, dass er dem alten Mann eine so grosse Hilfe ist. Plötzlich bemerkt er, wie Sugoroku zu ihm rüber schaut. „Sag mal Yami, hättest du nicht Lust mich auf den Markt zu begleiten?“ Aufmerksam beobachtet der alte Mann die Reaktion des anderen. Erst als er keine Ablehnung, sondern nur Überraschung in dessen Gesicht erkennen kann, spricht er weiter. „Ich wäre ehrlich gesagt sogar froh. Dann muss ich mich nicht allein mit den beiden Rabauken rumschlagen und du könntest mir dabei helfen, die Einkäufe auf ihren Rücken zu verstauen.“

Nachdenklich senkt Yami seinen Blick erst auf die Tischplatte ehe er wieder zu Sugoroku hinübersieht. „Ich komme gern mit. Nur warum spannen wir die Pferde nicht einfach vor den Wagen? Wenn du doch so viel einkaufen willst.“ Wagt er es sogar zu fragen. Hat er doch inzwischen gemerkt, dass die beiden Männer nichts dagegen haben, wenn er Fragen stellt.

Tatsächlich scheint sich der alte Mann sogar zu freuen, denn er grinst in zufrieden an. „Die Marktstrassen sind chronisch verstopft und mit dem Wagen kommen wir auch nicht direkt an die Stände ran. Zu Fuss sind wir also viel schneller und wendiger. Du musst nur aufpassen, dass sich die beiden nicht an den Auslagen bedienen. Das sehen die Händler nämlich nicht besonders gern.“
 

Nun mischt sich auch Yugi lachend in die Unterhaltung ein. „Oh ja, das kann ich nur bestätigen. Rocky hat sich mal in einem unbeobachteten Moment bei den Äpfeln von Frau Kaioh bedient. Mann, war die sauer und dann hat ihr Grossvater auch noch gesagt, dass sie selbst schuld sei, wenn sie nicht besser aufpasst.“ Nun muss auch Sugoroku lachen. „Die Alte hat auch wirklich nicht aufgepasst. Andauernd haben ihr die Kinder Äpfel stibitzt und dann regt sie sich so auf, nur weil Rocky sich auch bedient.“
 

Die beiden lachenden Männer amüsiert ansehend, bemerkt Yami erstaunt, wie auch seine Mundwinkel leicht anfangen zu zucken. Beinahe so, als wäre das Lachen auch für ihn ansteckend. „Na dann, werde ich besonders gut aufpassen, wo sie ihre Köpfe hinstecken.“ Über seine eigenen Worte überrascht hält Yami unwillkürlich inne. Hat er das wirklich gerade gesagt? Doch ein Blick in Yugis Gesicht, der ihn mit einem warmen Ausdruck in den Augen an schmunzelt, bestätigt es ihm.
 

Schliesslich steht Sugoroku, der immer noch breit grinst, auf. „Wenn ihr beiden fertig seid, mache ich mit dir schon mal den Abwasch, während Yami die beiden Rabauken vorbereitet. Je früher wir auf dem Markt sind, desto mehr Auswahl haben wir und es sind weniger Leute dort.“ Der Aufforderung nachkommend stehen auch sie auf und während Yami kurz nach oben geht um schon mal seine Sachen für den Ausflug zu holen und sich auch gleich sein Halsband anzieht, hilft Yugi seinem Grossvater die Küche aufzuräumen.

„Yami scheint den Zwischenfall mit dem Medimagus vor drei Tagen gut überstanden zu haben. Ich habe sogar das Gefühl, dass er nun sogar etwas offener geworden ist.“

Da Yugi gerade dabei ist den Tisch abzuwischen, dreht er seinem Grossvater den Rücken zu. So kann Sugoroku nicht sehen, wie er glücklich lächelt. Dann hat er sich also wirklich nicht getäuscht. „Ja, es grenzt schon fast an ein Wunder, dass er sich nicht wieder zurückgezogen hat.“ Da der Tisch jetzt sauber ist, wendet sich Yugi wieder um und geht zur Spüle um den Lappen auszuwaschen.

Unterdessen ist Sugoroku in die Vorratskammer gegangen um zu kontrollieren, was er alles einkaufen muss. „Er ist stärker als du glaubst. Wir haben ihn in seiner schwächsten Stunde kennengelernt, aber wenn er schwach wäre, hätte er seine Versklavung sicher nicht überlebt.“ Yugi hört die Stimme nur gedämpft, trotzdem versteht er jedes Wort und ihm wird bewusst, dass sein Grossvater sogar Recht hat. Yami ist stark, vermutlich stärker als er selbst es ist.

Da er nicht will, dass Sugoroku seine Gedanken errät, ruft er ihm schnell zu, dass er jetzt in den Laden geht, bevor dieser wieder aus der Vorratskammer kommt.
 

In der Vorratskammer schüttelt der alte Mann derweil nur den Kopf. Glaubt sein Enkel denn wirklich, dass er ihn täuschen kann? Natürlich weiss er, dass sich der Junge nach einer Schulter zum Anlehnen sehnt und insgeheim hofft, dass er diese bei Yami finden wird. Schliesslich hat er die Blicke schon lange bemerkt, die Yugi dem anderen zuwirft, wenn er glaubt, dass es niemand bemerkt.
 

Als Sugoroku in den Hinterhof kommt, stehen Blacky und Rocky schon beinahe komplett fertig da. Gerade ist Yami dabei die letzten Handgriffe an den Trageriemen von Rocky zu machen, als der alte Mann auf ihn zutritt. Was natürlich Blacky sofort bemerkt und ihn laut wiehernd begrüsst. „Hallo mein Junge. Nun wissen wir alle, dass ich da bin und sind zudem auch noch taub.“ Grinsend beginnt er den grossen Wallach unter der Mähne zu kraulen, was ein lautes Brummeln zu Folge hat.
 

Zum Glück hatte Yami Sugoroku schon bemerkt, so dass er von der lautstarken Begrüssung nicht vollkommen unvorbereitet getroffen worden ist. Hat er doch schnell bemerkt, dass Blacky den alten Mann besonders mag.

In aller Ruhe kontrolliert er nochmal die Gurte, an welchen links und rechts grosse Körbe befestigt sind. Wobei er sich deutlich bewusst ist, dass er beobachtet wird. „Du machst das schon wie ein Profi“, bemerkt Sugoroku zufrieden. Immerhin hat Yami das erst letzte Woche gelernt, als er ihm geholfen hat Blacky für den Markttag fertig zu machen. „Können wir los?“

Er wartet die Antwort gar nicht erst ab, sondern greift gleich nach dem einen Strick, während Yami sich Rocky schnappt und ihm mit etwas Abstand folgt. Allerdings bleibt Sugoroku schon nach ein paar Metern wieder stehen. „Na komm schon, lauf doch neben mir. Es ist genug Platz.“ Geduldig wartet er ab, bis der andere zu ihm aufgeschlossen hat ehe er weitergeht.

Natürlich ist ihm bewusst, dass die Situation für Yami ungewohnt ist, weshalb er ihn nun in Ruhe lässt, auch wenn er gern noch etwas mit dem jungen Mann geredet hätte. Doch Sugoroku spürt instinktiv, dass der andere damit nun endgültig überfordert wäre. So laufen sie schweigend durch die Strassen, bis sie auf dem Markt ankommen.
 

Mit grossen Augen sieht sich Yami die vielen bunten Stände an, die trotz der Jahreszeit, immerhin ist es erst Frühling mit unglaublich vielen Waren gefüllt sind. Er bemerkt gar nicht, dass Sugoroku geduldig neben ihm steht und ihn belustigt beobachtet. Erinnert ihn dessen Reaktion doch an Yugi, als er das erste Mal mit ihm hier war. Nur war Yugi damals vier Jahre alt. „Kommst du?“
 

Von der Frage aus seinen Beobachtungen gerissen, sieht Yami erschrocken den alten Mann an. Er entspannt sich dann jedoch relativ schnell wieder, als er dessen freundliches Lächeln sieht. „Ja. Entschuldige, ich habe nur noch nie so einen Markt gesehen.“ Es ist Yami wirklich unangenehm. Weshalb er trotz des nachsichtigen Kopfschüttelns von Sugoroku den Blick senkt.
 

„Ach Yami, das muss dir doch nicht peinlich sein. Der Markt von Domino ist wirklich beeindruckend. Hier findest du beinahe alles, auch exotisches, das von Übersee eingeschifft wird. Am besten nimmst du jetzt beide Pferde und folgst mir einfach.“ Obwohl das eigentlich nicht nötig ist, da Blacky ihm wie ein Hund folgen würde, drückt er Yami den Strick in die freie Hand und steuert zielstrebig den ersten Stand an.
 

Nun kann Yami deutlich sehen, von wem Yugi sein Verhandlungsgeschick geerbt hat. Feilscht doch der alte Mann wie ein Profi und gibt sich erst zufrieden, als er die Kartoffeln und das Mehl beinahe zum halben Preis bekommt. „Yami, räume die beiden Säcke in Blackys Körbe. Aber achte darauf, dass du da Gewicht gleichmässig verteilst.“ Wie auch Yugi spricht Sugoroku nun mit einem eher befehlenden Ton in der Stimme mit ihm.

Während Sugoroku bezahlt, verstaut Yami die beiden schweren Säcke in den beiden Körben. Dann gehen sie weiter über den Markt und halten an den verschiedensten Ständen an. Immer mehr füllen sich die Körbe mit Gemüse, Früchten und haltbaren Fleisch. Sogar zwei Gläser Honig, den Yami so gern mag, wird von Sugoroku entdeckt und gekauft.
 

Die ganze Zeit über sieht er sich neugierig um, bis sein Blick an einem Stand hängen bleibt, der Stofftiere und anderes Spielzeug verkauft. Plötzlich verschwinden die Menschen um ihn herum und Yami fühlt sich wieder wie ein kleiner Junge, als er den roten Stoffdrachen sieht und wie magisch von dem Plüschtier angezogen wird.

Er bemerkt gar nicht, dass er zu dem Stand geht und den Stoffdrachen mit grossen Augen betrachtet. Noch ist er sich bewusst, dass Sugoroku neben ihn tritt, nachdem dieser gemerkt hat, dass er ihm nicht mehr folgt. „Osis“, nur ganz leise sagt er das eine Wort und will schon nach dem Stofftier greifen, als ihn die laute Stimme der Händlerin in die Gegenwart zurückholt.

„Lass die Finger davon, du Sklave! Hast du denn gar kein Benehmen!“ Empört will sie schon nach Yami schlagen, als Sugoroku dazwischen geht. „Entschuldigen Sie bitte sein Benehmen meine Dame, aber der Junge ist noch in seiner Ausbildung zum Sklaven und muss noch einiges lernen.“ Lügt Sugoroku die alte Frau entschuldigend lächelnd an, die sich bei den Worten wieder etwas zu beruhigen scheint. „Na gut, aber achten Sie besser auf ihn. Nicht, dass er noch Ärger bekommt.“ Nun sieht sie sogar mit einem nachsichtigen Blick auf Yami, der mit gesenktem Blick dasteht. „Das wäre ja schade um den hübschen Jungen, wenn er an die falschen Leute geraten würde, die keine Rücksicht darauf nehmen, dass er erst noch lernen muss, wie man sich richtig verhält.“
 

Beschämt über seinen Fehler fixiert Yami den Boden während er Sugoroku und der Händlerin zuhört. Wie hatte ihm nur so ein Fehler passieren können. Schliesslich war das die erste Lektion die er gelernt hat, nachdem ihm eingetrichtert worden ist, dass ihm nicht mal sein eigener Körper gehört, nämlich dass er ohne Erlaubnis nichts nehmen darf.

Die einzige Erklärung die er finden kann, ist die, dass ihn der Anblick des roten Drachen alles hat vergessen lassen. Nur am Rande bekommt er mit, wie er von Sugoroku zu dem Brunnen geschickt wird, damit die Pferde trinken können und er dort auf ihn warten soll.

Wie ferngesteuert geht er zu dem Brunnen, wo Blacky und Rocky sofort ihre Köpfe zum Wasser runterbeugen und mit grossen Schlucken zu trinken beginnen. So langsam klären sich seine Gedanken wieder und ihm wird bewusst, dass er sich an etwas aus seiner Kindheit erinnert hat. Osis, sein roter Stoffdrache und bester Freund, der immer an seiner Seite war. Von den Gefühlen überwältigt lehnt er sich zwischen den Pferden an den Brunnenrand. Eine Erinnerung! Bedeutet das etwa, dass er nicht komplett verloren ist? Yami will sich nicht zu viele Hoffnungen machen, aber trotzdem erfüllt ihn zum ersten Mal seit er versklavt worden ist, ein Gefühl der Hoffnung.
 

Es dauert eine Weile, bis Sugoroku auch zu dem Brunnen kommt und den jungen Mann aufmerksam ansieht, der zwischen den Pferden steht und sie gleichzeitig am Hals krault. Eigentlich sollte er ja wütend sein, aber glaubt zu wissen, was mit ihm los war. Heimlich legt er ein braunes Stoffbündel in den Korb auf Blackys linker Seite ehe er um den Wallach herumgeht und sich vor Yami stellt. „Willst du mir erklären, was da gerade mit dir los war?“, gespielt streng sieht er in das Gesicht vor sich. Zwar wird sein Blick schuldbewusst erwidert, aber er hat das Gefühl in den rubinroten Augen etwas zu erkennen, das vorher nicht da war.
 

Yami ringt mit sich, zwar vertraut er dem alten Mann, aber er will trotzdem nicht darüber reden. Nur, hat Sugoroku nicht eine Antwort verdient? Schliesslich gibt er sich einen Ruck. „Ich glaube, ich habe mich an etwas aus meiner Kindheit erinnert.“ Unsicher wartet er auf eine Reaktion und ist dabei auf das Schlimmste gefasst. Doch Sugoroku sieht ihn nur erfreut an. „Das ist doch gut, dann hat sich der kleine Zwischenfall ja gelohnt“, grinsend nimmt Sugoroku Yami Blackys Strick aus der Hand. „Komm, ich habe alles was wir brauchen. Gehen wir nach Hause.“

Diesmal sagt Sugoroku nichts, als Yami auch hinter ihm bleibt, nachdem sie den Markt verlassen haben. Kann er sich doch gut vorstellen, was jetzt in dem jungen Mann vorgeht.
 

Kurz vor der Mittagszeit kommen sie wieder zu Hause an und binden die beiden Pferde neben der Hintertür an. Jetzt beginnt der mühsamste Teil des Ganzen Einkaufs. Die ganzen Sachen ins Haus tragen und wegräumen.

Die erste Ladung tragen sie noch gemeinsam rein, doch dann bleibt Sugoroku gleich in der Küche wo er die Lebensmittel in der Vorratskammer verstaut. Allein geht Yami wieder nach draussen, wo er sich den nächsten Korb vornimmt.

Mit vollen Armen geht er wieder ins Haus und den Flur durch die Küche. Froh, dass er unterwegs nichts verloren hat, legt er das Gemüse auf den Tisch. „Soll ich die Sachen einfach mal auf dem Tisch lassen?“, fragend sieht er den alten Mann an, der gerade wieder aus der Vorratskammer kommt. „Ja, das ist gut, dann kann ich alles in Ruhe sortieren. Nur die Kartoffeln und das Mehl stellst du dann bitte gleich in der Vorratskammer neben der Tür an die Wand.“ Da er sich schon auf die Lebensmittel konzentriert, die er als nächstes wegräumen will, bemerkt Sugoroku gar nicht, wie Yami kurz nickt und wieder aus der Küche geht.

Durch ihre Aufgabenteilung trägt Yami schon bald die schweren Säcke mit dem Mehl und den Kartoffeln als letztes rein und stellt sie wie angewiesen in die Vorratskammer. Mit einem lautlosen Seufzen drückt er kurz seinen Rücken durch. Ihm ist gar nicht bewusst gewesen, wie viel sie eingekauft haben.

„Ich gehe jetzt die Pferde versorgen“, teilt er Sugoroku nur noch schnell mit ehe er wieder in den Hinterhof geht wo schon die beiden Rabauken darauf warten, dass er sie von den Körben befreit und ihnen ihr wohlverdientes Futter gibt.

Während sie zufrieden das Heu aus den Netzen zupfen, putzt Yami ihr glänzendes Fell und holt so wieder gefühlte Kilos an Winterfell raus.

Erst als ihm sein Zeitgefühl sagt, dass es nun bald Mittagessen geben wird, räumt Yami die Putzkiste endgültig weg und geht wieder ins Haus wo er sich als erstes die Hände wäscht.

Anscheinend ist er von Sugoroku gehört worden, denn noch bevor er in die Küche kommt, hört er dessen laute Stimme. „Könntest du bitte Yugi aus dem Laden holen? Das Essen ist gleich fertig.“ „Ja, mach ich.“ Schnell geht er an der Küche vorbei in den kleinen Laden.

Dort sieht er Yugi hinter dem Tresen mit ernster Miene einen Brief lesen. „Yugi? Es gibt gleich Mittagessen.“ Unsicher bleibt Yami im Türrahmen stehen.
 

Mit einem Seufzen lässt Yugi den Brief sinken und legt ihn dann in die Schublade neben die Einnahmen. Erst dann dreht er sich zu Yami um. „Ist gut, ich schliesse nur noch schnell die Tür ab.“

Eigentlich erwartet er, dass Yami wieder aus dem Laden geht, so wie immer, aber als er sich von der abgeschlossenen Tür abwendet, sieht er dass der andere nicht nur auf ihn gewartet hat, sondern auch weiter in den Laden gekommen ist.

Mit schräggelegtem Kopf sieht Yami Yugi an, der ihn erstaunt mustert. „Was ist los Yugi? Du wirkst“, einen Moment sucht er nach dem richtigen Wort. „Bedrückt.“

Von der Frage überrascht kann Yugi im ersten Moment gar nichts sagen. Doch dann fängt er sich wieder. „Es ist nichts. Ich habe nur einen Brief von den Eltern meines Vaters bekommen, in dem sie mich zur alljährlichen Familienfeier, die nächsten Monat stattfindet, einladen oder besser gesagt zitieren.“ Obwohl er diese Einladungen hasst, erfüllt ihn die Frage Yamis mit einem angenehm warmen Gefühl, das ihn wieder etwas beruhigt. „Komm, Grossvater wartet bestimmt schon auf uns.“ Plötzlich fällt ihm auf, dass Yami immer noch das Halsband trägt und da sich dieser schon am umwenden ist, greift er spontan nach dessen Hand.

Sofort hält Yami in der Bewegung inne und sieht fragend zu dem kleineren Mann, der seine Hand jetzt loslässt. Allerdings hebt Yugi nun die Hände zu seinem Hals und öffnet mit langsamen Bewegungen die Schnalle von dem Sklavenhalsband. Währenddessen bewegt sich Yami keinen Millimeter, sondern wartet einfach nur ab, was als nächstes passieren wird.
 

Das Leder in der Hand haltend tritt Yugi wieder einen Schritt zurück. „Wenn der Laden geschlossen ist, brauchst du das nicht zu tragen.“ Mit einem schiefen Lächeln sieht er Yami an. „Entschuldige, ich hätte es dir auch einfach sagen können, aber ich konnte das blöde Ding einfach nicht mehr an deinem Hals sehen.“ Reglos stehen sie voreinander, nicht wissend was sie jetzt tun sollen.

In dem Moment streckt Sugoroku seinen Kopf durch die Tür. „Wo bleibt ihr denn? Der Pie vom Markt wird kalt und noch einmal kann ich den nicht in den Ofen schieben.“ Von dem alten Mann aus ihrer Starre gerissen drehen sie sich zu ihm um und folgen ihm schnell aus dem Laden.
 

In der Küche duftet es schon verlockend nach dem Pie, der auf dem Tisch steht. Doch das ist es nicht, was Yamis Aufmerksamkeit auf sich zieht. Neben seinem Teller steht ein braunes Stoffbündel. „Was ist das?“, fragend sieht er den alten Mann an, der ihn schmunzelnd mustert.

„Ach, das ist nur ein kleines Geschenk für dich. Ich dachte, du freust dich darüber.“ Mit einer geheimnisvollen Miene deutet Sugoroku auf Geschenk. „Ich würde sagen, erst essen wir und dann machst du es auf.“ Er weiss, es ist ein wenig gemein, dem Jungen das Päckchen so vor die Nase zu setzen, aber das Gesicht des anderen ist es ihm wert.
 

Das braune Bündel nicht einen Moment aus den Augen lassend nickt Yami abwesend. Allerdings ist er so in diesen Anblick vertieft, dass er sich nicht von der Stelle bewegt. Weshalb Yugi ihn sanft aber bestimmt zu seinem Platz schiebt wo er dann doch noch aus seinem tranceartigen Zustand erwacht und sich hinsetzt.

Schweigend sieht er zu, wie Sugoroku den Pie aufschneidet und dadurch die Füllung aus Schweinefleisch sichtbar wird.

Dankend nimmt er ein Stück entgegen, wartet dann aber darauf, bis auch Yugi und Sugoroku ein Stück auf ihren Tellern haben. Sie wünschen sich noch schnell einen guten Appetit und dann probiert Yami das erste Mal Pie.

Geniessend schliesst er einen Moment die Augen. Ist das gut...
 

Amüsiert beobachtet Yugi wie der andere sein Mittagessen geniesst, wird dann aber schnell wieder ernst, als er an den Brief denkt. „Die Takeshis haben wieder ihren alljährlichen Brief geschickt. Sie zitieren mich am ersten Samstag im Mai mal wieder zu ihrer Familienfeier.“ Mürrisch sieht er auf seinen Teller, während er sich ein Stück von seinem Pie abschneidet. „Natürlich werde ich wieder von einem ihrer Fahrer mit der Limousine abgeholt. Es geht ja schliesslich nicht an, dass ich in die Magistadt reite oder noch schlimmer laufe oder mit dem Pferdewagen fahre.“ Wütend stochert Yugi auf seinem Teller rum.

„Ach Yugi, rege dich nicht auf. Du weisst ja wie sie sind und sonst lassen sie dich ja in Ruhe und wenigstens hast du ja jetzt noch zwei Wochen Zeit um dich vorzubereiten.“ Versucht Sugoroku Yugi etwas zu beruhigen. Weiss er doch, wie es in seinem Enkel brodelt. Schliesslich spielen die Takeshis dieses Spiel jedes Jahr, seit sich Yugi im Alter von 13 Jahren endgültig dazu entschieden hat hier zu leben und nicht in der Magistadt. Doch es scheint nicht viel zu bringen. Wie eigentlich immer.
 

Aufmerksam hört Yami dem Gespräch der beiden Männer zu und bemerkt natürlich, dass die Beruhigungsversuche von Sugoroku nicht viel bringen. Einer Eingebung folgend, streckt er seinen Arm aus und legt seine Hand auf Yugis. Gelassen erwidert er den erstaunten Blick, aber sagen tut er nichts. Erst als er merkt, dass Yugi sich wieder etwas beruhigt hat, lässt er dessen Hand wieder los.
 

Deutlich kann Yugi immer noch das Kribbeln auf seiner Haut spüren, wo ihn Yami berührt hat und zu seinem eigenen Erstaunen hat diese einfache Geste ihn so weit beruhigt, dass er sich wieder seinem Essen widmen und es auch geniessen kann.
 

Nach dem Essen räumen sie noch gemeinsam den Tisch ab und bringen die Küche wieder in Ordnung.

Dann kann Yami seine Neugier aber nicht mehr länger zügeln. Ehrfürchtig nimmt er das braune Bündel zur Hand und mustert es nun nicht nur mit seinen Augen, sondern fühlt auch die Festigkeit des Inhalts, der ziemlich weich zu sein scheint.

Grinsend schauen die beiden Mutos zu, wie Yami am Tisch sitzt und das Geschenk genau begutachtet. „Na los, du kannst es ruhig aufmachen“, ermuntert Sugoroku den jungen Mann.

Mehr als diese Aufforderung braucht Yami nicht. Mit geschickten Fingern löst er den Knoten der Schnur, die um den Stoff gewickelt ist und legt sie zur Seite. Langsam schlägt er dann die einzelnen Ecken des Tuches auseinander, bis er den roten Stoffdrachen erblickt.

Mit feuchten Augen und zitternden Fingern greift er sich das Stofftier. „Osis.“ Nur ganz leise kommt das eine Wort aus seinem Mund. Dann drückt er den Drachen an seine Brust.
 

Glücklich, dass er Yami eine solche Freude machen konnte steht Sugoroku an die Arbeitsplatte gelehnt da. Als er dann aber dessen bebende Schultern bemerkt, dreht er sich zu Yugi um. „Lass uns rausgehen. Ich erkläre es dir im Laden.“

Leise gehen die beiden Mutos aus der Küche und weiter durch den Flur, bis sie die Ladentür hinter sich schliessen können. Dort lehnt sich Sugoroku an den Tresen und beginnt Yugi zu erklären, was es mit dem Stofftier auf sich hat.
 

In der Küche sitzt Yami derweil immer noch auf dem Stuhl und drückt das Stofftier an seine Brust. Dass er alleine ist und ihm die Tränen über seine Wangen laufen bemerkt er dabei gar nicht.

Erst nach einer ganzen Weile hat er sich wieder so weit unter Kontrolle, dass er seine Umgebung wieder wahrnimmt und erstaunt bemerkt, dass er allein in der Küche ist. Den Drachen in der Hand behaltend, legt er das Tuch sorgfältig zusammen und die Schnur obendrauf. Schliesslich kann man diese Sachen noch einmal verwenden. Nur wo er sie hin räumen soll, weiss er nicht. Weshalb er sie auf dem Tisch liegen lässt. Dann geht er in sein Zimmer wo er den roten Drachen neben seinem Kopfkissen auf das Bett setzt. Zum ersten Mal seit er sich erinnern kann, schleicht sich ein echtes Lächeln auf seine Lippen.

 

 

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Ganz ehrlich, ich habe auch so einen roten Drachen neben meinem Kopfkissen sitzen und da doch fast jedes Kind ein Lieblingskuscheltier hat, das uns doch teilweise sogar noch begleitet, wenn wir erwachsen sind, dachte ich, das wäre doch ein netter Auslöser für eine schöne Erinnerung.

 

Yami und Yugi scheinen sich ja langsam näher zu kommen, was sogar ganz leicht zu schreiben ist. Was mich als Autorin natürlich besonders freut.

 

Also, dann hoffe ich jetzt einfach noch, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Späte Grüsse

 

Eure mrs_ianto

Ein ganz normaler Sonntag?

Hallo zusammen,

 

wieder ist es so weit und ein neues Kapitel ist fertig geworden. Es ist zwar etwas kürzer geraten, aber ich finde es zeigt einen ganz guten Einblick in einen langweiligen Sonntag.

 

Ich warne euch schon mal vor, wenn Wege des Schicksals fertig ist, werde ich hier die Kapitel immer erst am Wochenende online stellen.

 

So, dann wünsche ich euch noch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 11: Ein ganz normaler Sonntag?

 

 

Schweissgebadet wacht Yami mit einem erstickten Schluchzen auf. Noch immer glaubt er in dem dunklen Raum eingesperrt zu sein und die Hände überall auf seinem Körper zu spüren. Seit der Untersuchung verfolgt ihn dieser Albtraum wieder jede Nacht.

Warum nur, kann er die letzten Jahre nicht einfach hinter sich lassen und die Gegenwart geniessen? Tagsüber kann er die Erinnerungen immer besser verdrängen und Yugi und seinem Grossvater gegenüber immer mehr er selbst sein, aber nachts verfolgen sie ihn mehr denn je und rauben ihm so den Schlaf.
 

Da er durstig ist, schlägt er die Bettdecke zurück, damit er aufstehen und zum Tisch gehen kann, wo er am Abend zuvor eine Flasche Wasser hingestellt hatte. Nachdem er getrunken hat, steht Yami nur da und sieht aus dem Fenster. Noch ist es mitten in der Nacht. Doch wie soll er nur wieder einschlafen können?

Mit einem Seufzen stellt er die Flasche wieder auf den Tisch und geht wieder zum Bett wo er sich auf die Matratze setzt, als sein Blick auf den Drachen fällt. Spontan greift er nach dem Kuscheltier und drückt es an seine Brust. Auch wenn es vielleicht kindisch ist, fühlt er sich dadurch ein wenig getröstet, weshalb er sich wieder hinlegt und wie durch ein Wunder noch einmal einschläft.
 

Als er wieder aufwacht ist die Sonne gerade dabei den Himmel in ein sanftes Morgenrot zu tauchen. Noch immer hält Yami das Stofftier im Arm, das ihn wenigstens für die zweite Hälfte der Nacht einen ruhigen Schlaf ermöglicht hat. Den Drachen wieder neben das Kopfkissen setzend, steht er auf und macht sich mit seinen Kleidern in den Armen auf den Weg ins Badezimmer.

Ganz leise geht Yami durch Yugis Zimmer, obwohl er langsam glaubt, dass das gar nicht nötig ist, so tief wie dieser besonders um diese Zeit zu schlafen scheint.
 

Im Badezimmer sieht sich Yami erst lange im Spiegel an und versucht zu verstehen, warum ihn der Übergriff des Medimagus so sehr zu schaffen macht. Schliesslich ist dank Yugi nicht wirklich viel passiert und früher hätte er es schliesslich auch akzeptiert und danach einfach weitergemacht.

Da ihm sein Spiegelbild keine Antwort geben kann, wendet sich Yami nach einer Weile der Dusche zu.
 

Murrend dreht sich Yugi auf die andere Seite und zieht sich die Decke über den Kopf, als ihn schon wieder die Sonne mit ihren Strahlen nervt. Verdammt es ist Sonntag und somit der einzige Tag in der Woche wo er mal ausschlafen kann und dann weckt ihn diese verdammte Sonne. Was besonders nervig ist, da er dank Yami ja nicht mal mehr in den Stall muss um die Pferde zu füttern.

Bei dem Gedanken an den Grösseren, erfasst ihn ein angenehm warmes Gefühl. Das sich in den letzten Tagen immer häufiger bemerkbar macht, wenn er in Yamis Nähe ist oder so wie jetzt an ihn denkt.

Nur leider werden seine Gefühle vom anderen wohl nie erwidert werden. Besonders nicht nach all den schlimmen Erlebnissen in den letzten Jahren und ausserdem ist die Chance sowieso gleich null, dass Yami überhaupt Interesse an ihm oder überhaupt an Männern haben könnte.
 

Schliesslich hält es Yugi doch nicht mehr im Bett aus. Sich wie eine Katze streckend steht er auf und geht dann die Treppe runter ins Badezimmer. Auf dem Flur begegnet er dann Yami, der gerade von draussen zu kommen scheint, wenn er die geröteten Wangen richtig deutet. „Guten Morgen.“ Da er vorhin so lange im Bett gelegen hat, ist Yugi ausnahmsweise auch ohne seinen Morgentee richtig wach und relativ gut gelaunt.

Überrascht erwidert Yami den Gruss, geht dann aber zielstrebig zur Küche, aus der schon der Geruch von frisch gebackenen Brötchen kommt.

Da er ihm den Rücken zudreht, geniesst Yugi unauffällig den Anblick der sich ihm bietet. Sieht er doch in diesen braunen Hosen und dem grauen Shirt einfach zu gut aus. Doch bevor ihn Yami beim Mustern erwischen könnte geht Yugi schnell ins Badezimmer, um noch vor dem Frühstück unter die Dusche zu steigen.
 

Als er dann in die Küche kommt, sind Yami und Sugoroku gerade mit den Frühstücksvorbereitungen fertig geworden. „Guten Morgen Grossvater. Das riecht ja lecker.“ Yugi will sich gerade seinen Tee holen, als ihm von Yami eine gefüllte Tasse in die Hand gedrückt wird. Überrascht sieht er sein Gegenüber an. „Danke, das wäre aber nicht nötig gewesen.“ Verlegen sieht er den Grösseren an.

Doch dieser zuckt daraufhin nur mit den Schultern. „Kein Problem. Ich hab mir gerade selbst Tee eingeschenkt, da ist es ja kein Aufwand noch eine zweite Tasse zu füllen.“ Mit seiner eigenen Tasse geht Yami um den Tisch herum und setzt sich an seinen gewohnten Platz.
 

Grinsend sieht Sugoroku dem kleinen Intermezzo zu. Ist es doch zu selten, dass sein Enkel so ein überraschtes und zugleich verlegenes Gesicht macht. „Guten Morgen mein Junge.“ Da er vorhin gehört hat, dass die beiden Jungs sich vorhin schon im Gang begegnet sind, sagt er nichts dazu, dass Yugi nur ihn gegrüsst hat. „Hast du gut geschlafen?“ Seit Yugi ihm erzählt hat, dass Yami in der Nacht wohl immer wieder Albträume zu haben scheint, ist diese Frage schon beinahe ein Code zwischen ihnen, der eigentlich bedeutet, hat Yami gut geschlafen? Denn dieser reagiert auf diese Frage immer mit einem ausweichenden gut.
 

Erst als auch sie beide am Tisch sitzen und sich bei den Brötchen bedient haben, beantwortet Yugi die Frage. „Naja, es geht so, aber immerhin konnte ich später doch relativ ruhig schlafen.“ Kurz huscht sein Blick zu Yami, doch dieser scheint mit seinem Brötchen beschäftigt zu sein und nicht auf sie beide zu achten.
 

Nachdenklich nickt Sugoroku daraufhin. Denn auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, macht er sich doch Sorgen um den jungen Mann, der sich zwar immer mehr zu erholen scheint, dabei aber offensichtlich vergisst, dass man Erlebtes nicht einfach verdrängen darf.
 

Wie immer am Sonntagmorgen lassen sie sich viel Zeit mit dem Frühstück, bis schliesslich Yami als erster wieder aufsteht. „Ich geh dann mal wieder in den Stall oder braucht ihr hier noch meine Hilfe?“, fragend sieht er erst Sugoroku an der mit einem Lächeln verneint und da auch Yugi den Kopf schüttelt, räumt er sein Geschirr nur noch schnell in die Spüle ehe er die angenehm warme Küche verlässt.
 

Kaum ist Yami aus dem Raum verschwunden, sieht Sugoroku seinen Enkel an. „Ich wollte dich schon seit Dienstag fragen, ob du Yami nächste Woche zu den Takeshis mitnehmen wirst. Schliesslich steht in der Einladung ja, dass du deinen eigenen Sklaven mitnehmen kannst.“ Natürlich hat Sugoroku den Brief gelesen und wie jedes Jahr hat auch diesmal wieder dieser Satz dringestanden, dass er einen eigenen Sklaven für seine persönlichen Dienste mitnehmen kann.

Der ihnen beiden immer nur ein Kopfschütteln abgerungen hat. Schliesslich hatte Yugi bis vor kurzem gar keinen eigenen Sklaven und konnte daher auch nie einen mitnehmen.
 

Verneinend schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, das will ich ihm nicht antun. Die würden ihn nur die ganze Zeit anstarren und betatschen, wenn ich mal nicht hinsehe.“ Verächtlich verzieht Yugi das Gesicht. Jedes Jahr muss er sich dieses Verhalten ansehen und lächelnd alle Beleidigungen überhören, die ihm seine lieben Verwandten an den Kopf werfen.

Nur weiss sein Grossvater davon nichts, weil er es ihm nie erzählt hat und das würde er auch jetzt nicht tun. Schliesslich will er nicht, dass sich der alte Mann Sorgen um ihn macht.

Um weitere Fragen zu verhindern, steht Yugi dann auch auf und beginnt den Tisch abzuräumen, da sie ja schon lange mit dem Frühstück fertig sind.
 

Den traurig-wissenden Blick von seinem Grossvater bemerkt er dabei nicht. Denn anders als Yugi glaubt, weiss Sugoroku ganz genau, was sein Enkel jedes Jahr auf dieser Party durchmacht. Weshalb er eigentlich gehofft hatte, dass ihm diesmal wenigstens Yami zur Seite stehen würde.
 

Gemeinsam räumen die beiden Mutos die Küche auf und bereiten dann den Eintopf für das Mittagessen vor, der ein paar Stunden auf dem Herd vor sich hin köcheln muss.
 

Nun hat Yugi endlich Zeit für die Buchhaltung, die er jeden Sonntag sorgfältig erledigt. Schliesslich müssen sie ihre Einnahmen und Ausgaben im Auge behalten, nicht dass es ihnen so geht, wie anderen Geschäften, die wegen zu hoher Ausgaben schliessen mussten.

Zufrieden sieht Yugi dann nach ein paar Stunden, dass sie finanziell gut dastehen und sich auch die Tatsache, dass sie jetzt zu dritt sind nicht allzu stark auf ihr Budget auswirkt. Beruhigt verteilt er daraufhin die Silbermünzen in die verschiedenen Beutel, immerhin sind bald die Steuern fällig und dann kommt Anfang August noch die Reise nach Edo auf ihn zu, wo er auf dem grossen Markt nach guten Stoffen und Tüchern suchen will. Eine teure Reise, die zwar kurzfristig ihre Finanzen stark belastet, sich aber auf lange Sicht immer gelohnt hat.

Mit einem leisen Stöhnen drückt er seine Schultern, die durch das lange Schreiben und ruhig sitzen ziemlich verspannt sind. Wie er diesen Teil seiner Arbeit doch hasst, lieber schleppt er die schweren Stoffballen hin und her und schneidet sie in passende Bahnen, als hier zu sitzen und zu rechnen.
 

Kaum hat er alles wieder im Safe verstaut, ruft ihn sein Grossvater auch schon zum Mittagessen. Noch einmal kontrolliert Yugi, ob der Safe auch richtig verschlossen ist ehe er das Wüstenbild wieder aufhängt und sorgfältig ausrichtet. Nicht, dass noch einem Kunden auffällt, dass sich dahinter etwas verbirgt. Unwillkürlich fragt er sich, ob Yami wohl weiss, was es hier mit dem Bild und auf der anderen Seite mit dem Vorhang auf sich hat. Doch eigentlich ist es ja auch egal, immerhin gehört er ja inzwischen irgendwie zur Familie.
 

Nach dem Essen, hat dann auch Yugi endlich richtig frei, so dass er sich mit seinem Grossvater ins Wohnzimmer an den Tisch mit dem Schachbrett setzt. Zwar hat er noch nie gegen den alten Mann gewonnen, trotzdem macht ihm das Spiel unglaublich viel Spass und wer weiss, vielleicht wird ja wenigstens mal ein Remis schaffen.
 

Yugi überlegt gerade wie sein nächster Zug aussehen soll, als Yami ins Wohnzimmer kommt und sich ihnen zugewandt an die Rückenlehne des Sofas lehnt. Aufmerksam mustert er die Aufstellung der Figuren, sagen tut er allerdings nichts.

Bis Yugi nach seinem schwarzen Springer greifen möchte. „Wenn du das machst, bist du in vier bis fünf Zügen schachmatt.“
 

Überrascht blickt Yugi vom Schachbrett hoch, hat er doch gar nicht bemerkt, dass Yami reingekommen ist. „Aha und was soll ich denn dann machen? So hole ich mir doch den weissen Turm.“ Gespannt darauf, was der Grössere machen würde, wartet er geduldig ab, bis dieser zu ihnen an den Tisch gekommen ist und sich neben ihn hingestellt hat.
 

Nachdenklich begutachtet Yami die Aufstellung der Figuren und muss leider feststellen, dass Yugi bei der Konstellation nicht mehr gewinnen kann, wenn Sugoroku keinen Fehler macht. „Also, wenn du deinen Läufer“, er deutet auf den schwarzen Läufer auf der linken Seite. „Hierhin bewegst, kannst du vielleicht noch ein Remis schaffen.“ Zu Yamis Überraschung macht Yugi wirklich den Zug den er vorgeschlagen hat.
 

Nun ist es an Sugoroku den nächsten Zug zu machen. Der grinst Yami aber erst mal an. „Du hast die Falle durchschaut, aber so schnell gebe ich mich nicht geschlagen.“ Es dauert einen Moment bis er nach seinem Turm greift und ihn nach rechts verschiebt.
 

Mit grossen Augen sieht Yugi zwischen seinem Grossvater und Yami hin und her. „Das war eine Falle? Wie hast du denn das erkannt? Und welchen Zug soll ich jetzt machen?“, er bemerkt gar nicht, dass er Yami mit seinen Fragen so überrollt, dass dieser gar nicht antworten kann. Als er dann aber seinen abwartenden Blick sieht, verstummt Yugi schlagartig.
 

Einen Moment wartet Yami noch ab, ob noch eine Frage kommt. Doch dann holt er tief Luft. „Also als nächstes solltest, du mit der Dame vier Felder nach von fahren und ja das war eine beliebte Falle beim Schach, die bei dieser Konstellation gern genutzt wird. Biete dem Gegner eine unwiderstehliche Chance an und wenn er sie nutzt hat er das Spiel schon verloren. Ich glaube, ich habe früher öfters Schach mit meinem Vater gespielt.“ Erst jetzt wird ihm bewusst, dass er sich wieder an etwas aus seiner Vergangenheit erinnert. Wie erstarrt blickt Yami jetzt auf das Schachbrett. Ja, er hat mit seinem Vater Schach gespielt, nur kann er sich nicht an dessen Gesicht erinnern. Was ihn beinahe mehr frustriert, als wenn er sich nicht erinnert hätte. Wieso kann nicht alles auf einmal zurückkommen? Yami ist so in seiner eigenen Welt versunken, dass er gar nicht bemerkt, dass Yugi seinem Rat gefolgt ist und Sugoroku auch schon gekontert hat, weshalb er beinahe einen Satz macht, als ihn Yugi wieder anspricht und nach dem nächsten Zug fragt.

Nur langsam beruhigt sich sein wild schlagendes Herz wieder, trotzdem schafft er es irgendwie, sich auf die neue Situation zu konzentrieren. „Nimm den Turm und schlage damit den weissen Springer.“ Sich selbst zur Ordnung rufend, beobachtet Yami nun genau wie Sugoroku auf die neue Situation reagiert.
 

So langsam macht es Yugi richtig Spass, dass ihm der Grössere sagt was er zu tun hat und bewegt sorgfältig die Figuren über das Schachbrett. Leider dauert das Spiel nur noch fünf Züge bis sein Grossvater das Remis verkündet. „Wir haben es geschafft.“ Spontan springt Yugi auf möchte Yami schon um den Hals fallen, als ihm in letzter Sekunde einfällt, dass dieser das nur erdulden würde. Also beschränkt er sich darauf ihn nur breit grinsend anzustrahlen.
 

Mit einem amüsierten Ausdruck in den Augen sieht Yami zu wie sich Yugi über das Remis freut. Plötzlich spürt er eine Hand an seiner, die ihn zum Stuhl zieht. „Nun spiel du mal gegen Grossvater und ich stehe hinter dir und schaue zu, wenn es dich nicht stört.“

Ziemlich überrumpelt setzt er sich hin und blickt auf das Brett vor ihm, auf dem Sugoroku gerade die Figuren auf seiner Seite wieder aufstellt. Diesmal spielt dieser aber die schwarzen Figuren.

Da Yami nicht wirklich weiss, was er sonst tun soll, stellt auch er seine Figuren auf ihre Plätze.
 

Vergnügt sieht Sugoroku zu seinem neuen Gegner und seinem Enkel, der hinter dessen Stuhl steht und wie ein Schüler wirkt. „Also dann Yami, ich warte auf deinen ersten Zug.“ Gespannt, sieht er auf das Schachbrett, während Yami seinen ersten Zug macht. Eine klassische Eröffnung mit einem der Bauern.
 

Je länger das Spiel dauert, desto mehr entspannt sich Yami. Zwar bemerkt er deutlich wie sich Yugi immer wieder über seine Schulter beugt, da dieser aber gleichzeitig darauf zu achten scheint, ihm nicht zu nahe zu kommen, stört es ihn nicht in seiner Konzentration.
 

Während die beiden einen Zug nach dem anderen machen und sich wohl nichts zu schenken scheinen, beobachtet Yugi ganz genau, was Yami macht. Doch als sich dieser die schwarze Dame nicht holt, beugt er sich verwirrt so weit nach vorn, dass er sich an der Stuhllehne abstützen muss und sich unbewusst an dessen Schultern anlehnt. „Warum hast du die Dame nicht geholt?“
 

Als ihm Yugi plötzlich so nahekommt, versteift sich Yami unwillkürlich, das ist zu nah. Um sich abzulenken, versucht er Yugis Frage zu beantworten. „Wenn ich die Dame geholt hätte, wäre meine Verteidigungslinie aufgebrochen und genau darauf wartet dein Grossvater.“ Da Yugi so fasziniert von dem Spiel zu sein scheint und ihm nun klar wird, dass dem anderen gar nicht bewusst ist, wie nah er ihm ist, schafft es Yami sich wieder ein wenig zu entspannen und seine Gedanken wieder auf das Schachbrett zu richten. Ausserdem ist da eine kleine leise Stimme in ihm, die der Meinung ist, dass diese Nähe auch schön ist. Was ihn zusätzlich verwirrt und auch verunsichert.
 

„Aha“, mehr kann Yugi auf diese Erklärung nicht sagen. Denn so ganz versteht er sie nicht. Plötzlich fällt ihm auf, dass er sich richtiggehend an Yamis Schultern abstützt. „Entschuldige.“ Verlegen bringt er wieder etwas Abstand zwischen sie beide.

„Ist schon okay. Es war ja keine Absicht“, beruhigt ihn Yami. Denn es war wirklich okay, nachdem er sich vom ersten Schrecken erholt hatte.

Trotzdem achtet Yugi nun peinlichst darauf, dass er sich nicht wieder so weit nach vorne lehnt. Dass er sich auch einfach neben den Tisch stellen könnte, fällt ihm gar nicht ein.
 

Seine Selbstbeherrschung hält so lange an, bis Yami den letzten Zug macht und Sugoroku so Schachmatt setzt. „Du hast gewonnen!“ Vor Freude vergisst Yugi sämtliche Zurückhaltung und umarmt ihn von hinten.
 

Im ersten Moment will sich Yami aus der Umarmung befreien und aufspringen, aber er kann sich beherrschen und es freut ihn auch, dass sich Yugi so über den Sieg freut. Trotzdem ist er froh, als sich die Arme um seine Schultern wieder lösen und ihn schliesslich freigeben.

Erst jetzt, kann auch er sich über den Sieg freuen und unwillkürlich beginnt er leicht zu Lächeln.

Nicht das künstliche Lächeln, dass er auf dem Sklavenmarkt gezeigt hat und das nur seine Lippen etwas angehoben hat, sondern ein ehrliches, das auch seine Augen erreicht und sie zum Strahlen bringt.
 

Obwohl Sugoroku verloren hat, lehnt er sich zufrieden in seinem Stuhl zurück und sieht die beiden jungen Männer vor sich an. Yugi, der sich diebisch über den Sieg freut und Yami der das erste Mal in ihrer Gegenwart wirklich glücklich zu sein scheint. „Du hast gut gespielt. Ich freue mich schon aufs nächste Mal, aber jetzt lasse ich euch beide allein und gehe das Abendessen vorbereiten.“ Mit einem breiten Grinsen im Gesicht steht er auf und geht aus dem Wohnzimmer.
 

Überrascht blickt Yami aus dem Fenster und sieht, wie spät es schon ist. Haben sie wirklich so lange gespielt? Er muss doch noch die Boxen ausmisten und den Pferden ihr Futter geben. Eilig steht nun auch er auf. „Ich muss noch in den Stall.“
 

Im ersten Moment versteht Yugi nicht warum Yami plötzlich so gehetzt ist, doch dann merkt auch er, wie spät es ist. Nachdem er die Schachfiguren wieder aufgestellt hat, geht auch er in den Hinterhof um dem anderen etwas zu helfen. Immerhin ist es irgendwie seine Schuld, dass dieser sich nun so beeilen muss.
 

 

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Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Irgendwie hat mir Yami schon fast leid getan, wird er doch einfach so hinterrücks von Yugi "attackiert". So ganz scheint er ja den Vorfall mit dem Medimagus doch nicht verarbeitet zu haben und verdrängen klappt offensichtlich nur tagsüber.

 

Ach dann laber ich euch mal nicht weiter zu, aber ich bin schon gespannt darauf, was ihr von dem Kapitel haltet.

 

Eure mrs_ianto

Das Familienfest

Hallo,

 

ungewohnt früh ist das Kapitel heute fertig geworden. Okay, ich gebe zu, ich habe gestern und vorgestern schon sehr lange daran geschrieben. Schliesslich wartet ihr ja schon gespannt auf das Familienfest.

 

Bevor ich euch aber auf das neue Kapitel loslasse, muss ich noch eins loswerden. Ihr seid einfach klasse! Ihr glaubt gar nicht wie ich mich über jeden Klick, jeden Favoeintrag oder natürlich besonders über jeden einzelnen Kommi freue. Nur dank euch schaffe ich es mich so regelmässig an meine Geschichten zu setzen. Dafür danke ich euch.

 

Ich wollte es einfach mal loswerden.

 

Und nun viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 12: Das Familienfest

 

 

Gerade hat Yugi nach der Mittagspause den Laden wieder geöffnet, als das Bimmeln der kleinen Glocke das Eintreten eines neuen Kunden anzeigt. „Komme gleich.“ Sorgfältig legt Yugi den Ballen blauer Baumwolle an seinen Platz ehe er um das Regal herumgeht um zu sehen, wer denn gekommen ist.

„Hallo Jono“, überrascht sieht Yugi seinen alten Freund an, der breit grinsend am Tresen lehnt. „Was machst du denn hier? Musst du nicht arbeiten?“ Freundschaftlich umarmen sich die beiden Männer. „Hallo Yugi“, schief grinst Jonouchi seinen kleineren Freund an. „Ich hatte am Morgen Besuch von Medimagus Ramius und dem Stadtbeamten und muss doch darum die Schmiede heute geschlossen lassen und da dachte ich, schau mal wieder nach Yugi und Co.“ Trotz des scherzhaften Tonfalls am Schluss wird er jetzt ernst. „Ausserdem wollte ich mich bei dir für die Warnung vor Ramius bedanken. Wenn du nichts gesagt hättest, hätte ich nämlich Rishido mit ihm allein gelassen und wer weiss was der Typ versucht hätte, so wie er ihn angesehen hat.“ Angewidert schüttelt Jonouchi den Kopf.

Kann er doch wie Yugi nicht verstehen, dass man Sklaven wie ein Spielzeug oder Gegenstände behandelt.

Von den Worten Jonouchis leider nicht wirklich überrascht lehnt sich Yugi neben seinem Freund an den Tresen. „Und ich dachte schon, dass ihn Yami wegen seines Aussehens gereizt hat, aber anscheinend ist der Typ einfach nur ein perverses Arschloch.“
 

Zustimmend nickt Jonouchi, hat sein kleinerer Freund doch vollkommen Recht. Eine Weile stehen sie schweigend da. Bis schliesslich Yugi das Schweigen zwischen ihnen bricht. „Ich muss heute Abend wieder zu den Takeshis und wie immer holt mich ihr Fahrer mit einer ihrer pferdelosen Kutschen ab.“ Zwar ist seine Stimme neutral, doch allein der Gedanke an das ‚Familienfest’ lässt ihn innerlich erschauern. Er will da nicht hin.
 

Mitfühlend legt ihm Jonouchi eine Hand auf die Schulter. Weiss er doch von dem Wenigen, das ihm sein Freund mal erzählt hat, dass diese Einladungen für Yugi immer sehr schwer zu ertragen sind. „Du wirst das schon schaffen.“ Aufmunternd drückt er kurz mit seiner Hand zu. „Nimmst du Yami mit? Immerhin ist das doch ein Punkt, mit dem sie dich immer geärgert haben.“ Zu seiner Überraschung schüttelt Yugi aber den Kopf. „Nein, das kann ich ihm nicht antun. Das Fest dauert immer bis weit nach Mitternacht und in der Zeit müssen die Sklaven immer im Raum sein. Dabei dürfen sie aber weder etwas Essen noch Trinken.“ Wütend ballt Yugi unwillkürlich die Hände zu Fäusten. „Und dann sind sie sogar noch sowas wie Freiwild. Nein, das kann ich ihm nicht zumuten. Lieber setze ich mich wieder dem Spott der anderen aus.“ Mit einem bitteren Zug um den Mund sieht Yugi seinen Freund an, der ihn im Gegensatz aufmerksam mustert.
 

Die Worte Yugis stimmen Jonouchi nachdenklich. Kann es etwa sein, dass May mit ihrer Vermutung, dass ihr gemeinsamer Freund mehr für Yami empfindet wahr sein? Immerhin handelt es sich nur um einen unangenehmen Abend und als dessen Sklave wäre es Yamis Pflicht seinen Besitzer zu begleiten. Trotzdem sagt er nichts dazu, weiss er doch ganz genau, was für ein Sturkopf Yugi sein kann.

Stattdessen wechselt er das Thema. „Hast du eigentlich schon Bescheid bekommen, ob ihr alle gesund seid? Immerhin ist eure Untersuchung schon zwei Wochen her.“ Neugierig und zugleich besorgt sieht Jonouchi Yugi an. Seit er von dessen Homosexualität weiss, kann er einfach nicht anders, als sich um seinen Freund zu sorgen.
 

„Ja, wir haben die Ergebnisse gestern bekommen. Wir sind alle gesund“, dass bei Yami auch noch drinstand, dass er ihn bedenkenlos benutzen kann verschweigt Yugi.

Hat ihn doch der Satz unglaublich wütend gemacht, als er ihn gelesen hat und eigentlich wollte er den Zettel Yami auch nicht zeigen. Doch der hatte seine Miene gesehen und nachgefragt, weshalb er ihm das Papier doch gegeben hat, aber entgegen seiner Befürchtung, dass sich Yami wieder zurückziehen würde, hat er ihm den Brief einfach mit unbewegter Miene zurückgegeben und nichts weiter dazu gesagt.

Yugi ist so in seinen Gedanken vertieft, dass er erst auf Jonouchi reagiert, als dieser ihn wieder an der Schulter anfasst.
 

„Hey Yugi, ist alles in Ordnung? Das ist doch eine gute Nachricht.“ Aufmunternd grinst er seinen Freund an. „Du hast ja Recht, ich bin wohl einfach nur etwas neben der Spur wegen heute Abend“, stimmt ihm Yugi zu und versucht sich sogar an einem etwas fröhlicheren Gesichtsausdruck.
 

Da den ganzen Nachmittag über keine Kunden kommen, was Yugi diesmal sogar ganz Recht ist, bleibt Jonouchi so lange im Laden bis er sich für das Familienfest zurechtmachen muss. „Also Yugi. Nimm die Idioten nicht zu ernst und morgen ist ja Sonntag da kannst du ja ausschlafen. Wir sehen uns.“ Kurz drückt er seinen kleineren Freund noch einmal die Schultern ehe Jonouchi sich zur Tür umwendet.
 

„Ich werd’s versuchen. Komm gut nach Hause.“ Mit einem Seufzen schliesst Yugi die Tür hinter dem Blonden ab und lehnt sich dagegen. Einen Moment lang erlaubt er sich den Wunsch einfach hierbleiben zu können. Doch dann reisst er sich zusammen und stösst sich von der Tür ab. Schliesslich muss er noch ein wenig arbeiten. Schnell sind die heutigen Einnahmen eingetragen und sicher im Safe verstaut und so bleibt Yugi nichts mehr zu tun um noch mehr Zeit zu schinden.
 

Da er aber etwas Hunger hat, geht zuerst Yugi in die Küche, wo er sich eins der selbstgebackenen Brötchen und einen Apfel gönnt.
 

Erst dann geht er hoch in sein Zimmer wo er schon am Morgen den Anzug aussen an die Schranktür gehängt hat. Mit Widerwillen zieht er sich seine gewohnten Sachen aus und zieht sich erst das weisse Hemd an, ehe er nach der dunkelblauen Hose greift.

Gerade will er sich die hellgraue Krawatte um den Hals legen, als er eine Stimme von der Tür her hört. „Du siehst gut aus.“ Mit einem traurigen Lächeln sieht er Yami an, der im Türrahmen steht und ihn ansieht. „Danke, nur wird das gleich nicht mehr der Fall sein, da ich den blöden Krawattenknoten nie richtig hinkriege und einer meiner Cousins mir das letzte Mal bei einem Streit die Krawatte runtergerissen hat.“ Verlegen sieht Yugi in den Spiegel und versucht ungeschickt, einen Knoten zu binden.

Er ist so in sein Tun vertieft, dass er nicht merkt, dass sich Yami hinter ihn gestellt hat. „Komm, dreh dich mal zu mir um. Ich mach das.“ Erstaunt blickt Yugi ihn erst im Spiegel an, bevor er sich zu dem Grösseren umdreht. „Du weisst wirklich, wie das geht?“

Mit grossen Augen sieht er zu, wie Yami nach den beiden Enden greift und erst mal die Längen korrigiert ehe er mit wenigen Handgriffen einen perfekten Knoten bindet. Vorsichtig wird die Krawatte enger um seinen Hals gelegt. „Sieh es dir an und dann sag mir, ob du zufrieden bist.“ Mit einem ganz leichten Lächeln dreht Yami ihn wieder zum Spiegel um.

Während sich Yugi im Spiegel mustert nimmt er das dunkelblaue Jackett vom Bügel und stellt sich wieder hinter den Kleineren. Geschickt hilft er ihm auch in dieses Kleidungsstück.
 

Sich nun vor ihn hinstellend richtet Yami noch alles so, dass der Anzug perfekt passt. „Soll ich nicht doch mitkommen?“, wagt er es dann doch zu fragen. Hat er doch in den letzten Tagen bemerkt, dass der andere wohl nur mit Widerwillen zu dem Familienfest geht.

„Nein, mir ist es lieber wenn du hierbleibst.“ Verneint Yugi mit einem Kopfschütteln. Zwar versteht Yami nicht, wieso er hierbleiben soll, trotzdem akzeptiert er die Antwort. „Okay, aber ich werde wachbleiben und auf dich warten“, als er sieht, dass ihm sein Gegenüber widersprechen will, legt er ihm die Hände auf die Schultern. „Ich weiss, dass ich es nicht muss, aber ich will es tun.“ Eindringlich sieht er Yugi an, der schliesslich ergeben nickt.
 

Auch wenn er es nicht zugeben will, freut ihn Yamis Geste ungemein. „Es wird aber spät werden. Das letzte Mal war ich auch erst weit nach Mitternacht wieder hier“, warnt Yugi ihn dennoch vor. „Das macht doch nichts. Ich werde mir eins der Bücher und eine Öllampe schnappen. Ich habe schon ewig keins mehr gelesen und das ist doch die Gelegenheit.“ Noch einmal streicht Yami eine kleine Falte glatt, die sich unter seinen Händen gebildet hat, als es vor dem Haus laut hupt.

Schon jetzt genervt verdreht Yugi die Augen. „Jetzt weiss die ganze Nachbarschaft, dass ich mal wieder mit einem Auto abgeholt werde.“ Widerwillig tritt er einen Schritt zurück. „Also dann bis irgendwann mitten in der Nacht.“ Schief grinst er den Grösseren noch einmal an ehe er mit undurchdringlicher Miene aus dem Zimmer geht.
 

„Viel Glück Yugi“, wünscht ihm Yami so leise, dass die Worte ungehört im Zimmer verhallen. Dann wendet er sich den Kleidungsstücken zu, die Yugi vorhin nachlässig über die Stuhllehne gelegt hat und faltet sie sorgfältig zusammen ehe er sie auf die Sitzfläche des Stuhles legt. Erst dann geht er nach unten wo in der Küche sicher schon Sugoroku mit dem Abendessen wartet.

Irgendwie ist es ein seltsames Gefühl, dass er heute mit dem alten Mann allein essen wird.
 

Unterdessen sitzt Yugi in der Limousine und sieht gedankenverloren aus dem Fenster. Hat ihn Yami doch vorhin wirklich überrascht, indem er ihm erst mit der Krawatte geholfen und dann auch von sich aus ein solches Angebot gemacht hat. Irgendwie wirkt der Gedanke tröstlich, dass er auf ihn warten will, bis er wieder zu Hause ist.
 

Viel zu schnell erreichen sie für Yugis Geschmack das Stadthaus der Takeshis. Am liebsten würde er gleich wieder nach Hause fahren, aber er steigt aus, als ihm der Fahrer die Tür aufhält.

Auf der grossen Aussentreppe, die zu dem in weiss gehaltenen Gebäude führt, das über drei Stockwerke hoch ist, warten schon viele Personen darauf, dass sie reingelassen werden. Zum Schutz vor dem leichten Regen, der schon vor einer Weile eingesetzt hat, verfügt die Treppe über ein Dach, das links und rechts von zwei Säulen getragen wird.
 

Da es Yugi nicht wirklich eilig hat stellt er sich geduldig ans Ende der Schlange, die sich langsam vorwärtsbewegt. Bestimmt wird wieder jeder einzelne Gast von den Takeshis begrüsst und wenn er Glück hat dauert das noch sehr lange.
 

Doch schon bald steht er vor den Eltern seines Vaters. „Guten Abend. Wataru, Kira. Ich danke euch für die Einladung.“ Nur mit Mühe kann sich Yugi zu einem Lächeln zwingen als er die beiden begrüsst. „Yugi. Es freut mich, dass du unserer Einladung gefolgt bist.“ Der eiskalte Blick von Wataru straft den freundlichen Tonfall lügen.

Auch Kira sieht in so abschätzend an, dass sich Yugi wieder einmal fragt, warum sie ihn jedes Jahr schon beinahe hierher zitieren, wenn sie ihn doch so sehr verachten.

Erleichtert, von den beiden wegzukommen, geht Yugi nach der Begrüssung durch den hell erleuchteten Gang bis er in den Ballsaal kommt. Dort stehen an den Wänden entlang diverse Tische mit Häppchen und Getränken, die jedoch auch von diversen Sklaven und Bediensteten auf Tabletts zu den Gästen gebracht werden.
 

Angespannt geht Yugi durch den Raum und versucht dabei sich möglichst unsichtbar zu machen, aber natürlich wird er gesehen und schon bald zeigen die ersten Leute auf ihn und beginnen mit ihren Nachbarn zu tuscheln. Immer wieder kann er die Worte Bastard und Unterschicht heraushören. Einmal glaubt er sogar das Wort Primitivling zu vernehmen, was ihn nun wirklich verletzt.

Ja, er kommt aus dem einfachen Volk!

Ja, er lebt ohne diesen ganzen technischen Schnickschnack, von dem er nur durch das Jahr, das er hier in diesem Haus verbracht hat, weiss, dass Technologie rein gar nichts mit Magie zu tun hat. Doch das bedeutet doch nicht, dass er primitiv ist!

Und ja, seine Eltern waren nicht verheiratet, aber er hat es damals selbst abgelehnt von den Takeshis adoptiert zu werden und als Technomagus aufzuwachsen!

Und genau das ist es, wofür ihn die beiden zu verachten scheinen. Schliesslich sollte er als einziger Nachkomme ihres ältesten Sohnes eines Tages die Stelle von Wataru einnehmen und am besten auch noch eine Tochter aus gutem Hause heiraten.

Nur will Yugi das gar nicht, schliesslich hat er damals in dem einen Jahr gemerkt, dass er nie als gleichwertig angesehen werden würde.
 

Während Yugi durch den Raum geht um sich an einem der Tische etwas zu trinken zu holen, glaubt er jeden einzelnen Blick wie einen Schlag zu spüren. Nur schwer kann er darum seine undurchdringliche Miene aufrechterhalten und ist schon beinahe erleichtert, als er endlich nach einem der Sektgläser greifen und sich daran festhalten kann.

Suchend blickt er sich dann im Raum um bis er eine ruhige Ecke bei einer der Ziersäulen entdeckt, die dem Raum wohl einen antiken Charakter verleihen sollen. Erleichtert, dass er sich nun ein wenig verstecken kann, lehnt sich Yugi neben der Säule an die Wand und lässt nun seinen Blick über die Menschenmenge schweifen.

Deutlich kann er die Sklaven neben den edel gekleideten Gästen erkennen die mit demütig gesenkten Blicken neben ihren Besitzern stehen und meistens nicht mal mit der Wimper zucken, wenn sie von allen Seiten angefasst, angerempelt oder sogar angeschnauzt werden, weil sie angeblich mal wieder im Weg rumgestanden sind. Während Yugi die einzelnen Szenen beobachtet ist er froh, dass er Yami nicht mitgenommen hat. Besonders als er seinen Cousin Kuroi entdeckt, der gerade den Sklaven eines anderen Gastes erst begrabscht und ihm dann eine Ohrfeige verpasst, weil dieser seine Hand weggeschoben hat. Natürlich entschuldigt sich der Besitzer des Sklaven auch noch bei ihm und gibt dem Jungen auch noch eine weitere Ohrfeige.

Mitleidig sieht Yugi dem Ganzen zu und bemerkt dabei, dass der Sklave wohl auch noch Hunger und Durst haben muss. Zumindest deutet er die Blicke des Jungen so, der schon beinahe sehnsüchtig den Teller in der Hand seines Besitzers ansieht, wenn er nicht gerade den Bediensteten, die die Getränke herumreichen, nachsieht.
 

Eine ganze Weile hat Yugi seine Ruhe und er kann später sogar noch etwas vom Büffet holen ehe er von Kuroi und seinem Bruder Shiroi entdeckt wird. „Hey, kleiner Cousin. Wir dachten schon, dass du diesmal den Weg hierher nicht gefunden hast und noch immer in deiner primitiven Hütte sitzt.“ Mit einem bösartigen Grinsen legt Shiroi ihm den Arm um die Schultern und zieht ihn weiter in den Raum hinein. Da die beiden schwarzhaarigen Männer deutlich grösser und stärker als er sind, versucht Yugi gar nicht erst sich aus dem festen Griff zu winden. Stattdessen steht er mit versteinerter Miene neben den beiden als diese ihren alljährlichen Terror beginnen.

Mit einer ausholenden Bewegung macht Kuroi die umstehenden Personen auf sie aufmerksam. „Liebe Gäste, ich möchte euch meinen Bastardcousin aus der Unterschicht vorstellen. Yugi Muto, der doch tatsächlich so dumm war, das grosszügige Angebot unserer Grosseltern ihn zu adoptieren abzulehnen und so eine angesehene und gebildete Person zu werden. Obwohl, vielleicht ist das auch besser so, wer weiss ob sein primitives Gehirn mit der ganzen Technologie fertig geworden wäre. Immerhin sind unsere Grosseltern so grosszügig ihn jedes Jahr hierher einzuladen, damit er nicht vergisst, dass er hier auch noch eine Familie hat.“

Es sind nicht die spöttischen Worte, die Yugi verletzen. Sondern die Blicke der anderen und das teilweise zustimmende Gemurmel, das ihm jedes Jahr aufs Neue einen Dolch in seinen Körper zu rammen scheint. Nur mit Mühe kann er sich beherrschen und nur der Gedanke an Yami, der zu Hause auf ihn wartet, verhindert, dass er die Kontrolle über seine Mimik verliert. Mit einem starren Ausdruck schafft er es sich von Shiroi loszureissen und in der Menge zu verschwinden.
 

Suchend blickt er sich dann in dem langen Gang um, bis er die Standuhr entdeckt. Es ist gerade mal kurz nach Mitternacht, was bedeutet, dass er noch mindestens zwei Stunden durchhalten muss, bis er endlich wieder gehen kann.

Yugi weiss, dass er nicht ewig hier im Flur bleiben kann, weshalb er sich noch einmal sammelt und sich selbst Mut zuspricht. „Yami hat fünf Jahre Sklaverei überstanden, da werde ich doch diesen Abend überstehen.“

Um zu verhindern, dass ihn Wataru oder Kira hier draussen allein antreffen, geht er schliesslich wieder in den Ballsaal und stellt sich den verachtenden und spöttischen Blicken. Denn die sind weniger schlimm als die Gespräche unter vier Augen, in denen ihm immer wieder vorgeworfen wird, dass er an dem Tod ihres Sohnes schuld sei, weil er damals den Reitunfall überlebt hatte und sein Vater nicht.
 

Irgendwie schafft er es die zwei Stunden auch noch zu überstehen, ohne dass ihn Kuroi und Shiroi noch einmal zu fassen kriegen.

Kurz nach zwei Uhr morgens macht sich Yugi auf die Suche nach den Takeshis und findet sie bei einigen ihrer alten Bekannten. „Wataru, Kira“, ungeduldig wartet Yugi darauf, dass ihm die beiden ihre Aufmerksamkeit schenken. „Ich danke für die Einladung und wünsche euch noch alles Gute zum Hochzeitstag, aber ich werde jetzt wieder nach Hause gehen. Auf Wiedersehen.“ Yugi spricht absichtlich ohne weitere Pause, damit sie ihn nicht unterbrechen können und auch wenn es unhöflich ist, wendet er sich ohne auf eine Erwiderung zu warten um und geht mit schnellen Schritten aus dem Raum.
 

Bei der Haustür findet er einen der Bediensteten und bittet ihn darum dem Fahrer Bescheid zu geben, dass er nun nach Hause möchte.

Während er wartet, wird er leider von Shiroi entdeckt. „Soso, du haust also wieder ab, du Wicht.“ Plötzlich packt der Schwarzhaarige Yugis Hemd und zieht ihn daran zu sich. „Wenigstens hast du es diesmal geschafft deine Krawatte richtig zu binden und das obwohl du vermutlich nicht einmal weisst, wie sich zivilisierte Menschen zu benehmen haben.“

Zwar macht sein Cousin Yugi Angst, aber trotzdem sieht er ihm fest in die Augen. „Ach ja? Wenn zivilisiertes Benehmen bedeutet auf schwächeren Menschen rumzuhacken und sich über andere lustig zu machen, kann ich gern darauf verzichten.“

Der Schlag kommt so schnell, dass Yugi nicht einmal schützend seine Arme heben kann. Mit einer brennenden Wange kniet er am Boden und sieht schockiert zu Shiroi hoch, der ihn mit blankem Hass in den grünen Augen ansieht. „Sprich nie wieder so mit mir. Du bist für mich nicht besser als ein Sklave und wenn du hier leben würdest, dann würde ich dir zeigen was es bedeutet mich herauszufordern.“

Da sich Schritte nähern, spuckt ihn Shiroi nur noch an ehe er sich umdreht und davonläuft.

Mit dem letzten Rest an Selbstbeherrschung steht Yugi auf und wischt sich den Speichel von der Wange. Den neugierigen Blick des Bediensteten ignorierend, verlässt er das Haus und steigt in den wartenden Wagen. „Fahren Sie mich nach Hause.“ Nur sein Stolz verhindert, dass er im Auto zusammenbricht.
 

Yami will gerade die Seite umblättern, als er das Motorengeräusch hört, das die nächtliche Stille durchbricht. Da das nur der Wagen sein kann, der Yugi nach Hause bringt, steht er vom Sofa auf und legt das Buch zur Seite, in welchem er bis jetzt gelesen hat.

In dem Moment, wo er mit der Öllampe unten an der Treppe ankommt, öffnet sich die Tür zum Laden. Eigentlich will er etwas sagen, doch als Yami das Gesicht von Yugi sieht schweigt er und folgt ihm nur wieder nach oben und in sein Zimmer.
 

Doch was er dort sieht, schockiert ihn. Steht doch Yugi mit dem Rücken zu ihm neben dem Bett und scheint verzweifelt um Kontrolle zu ringen. Nicht wissend, was er jetzt tun soll, stellt Yami erst mal die Öllampe auf den Nachttisch, bevor er sich unsicher hinter den anderen stellt und nach dem Jackett greift. Wortlos hilft er ihm aus seinem Anzug und reicht Yugi dann seine Schlafsachen, die dieser mechanisch anzieht.

„Yugi“, hilflos verstummt Yami. Doch als er den Ausdruck in den amethystfarbenen Augen sieht, handelt er instinktiv und gegen seinen Verstand. Mit sich kämpfend zieht er Yugi an sich ran und umarmt ihn trostspendend. „Du musst nicht länger stark sein. Lass es raus.“
 

Im ersten Moment ist Yugi zu überrascht, um irgendetwas zu tun, aber die leisen Worte und die schützende Umarmung lassen den letzten Rest seiner Selbstbeherrschung zusammenbrechen. Schluchzend schlingt er seine Arme um Yami.
 

Nur mit Mühe kann sich Yami davon abhalten Yugi weg zu stossen, als dieser sich an ihm festhält. Stattdessen verstärkt er seinen Griff um den kleineren Körper und versucht ihm dadurch den Trost zu geben, den er so dringend zu brauchen scheint.

Er weiss nicht, wie viel Zeit vergeht bis sich Yugi wieder soweit beruhigt hat, dass er nur noch ruhig an seiner Brust lehnt.
 

Yugi weiss, dass er sehr viel von Yami verlangt, indem er sich an ihm festhält, aber er kann einfach nicht anders. Zu sehr fürchtet er sich davor, dass ihn der andere allein lässt und davor hat er gerade Angst. Braucht er doch diese Nähe im Moment so sehr. „Yami?“, soll er es wirklich wagen, die Frage zu stellen? Doch was soll schon passieren? Im schlimmsten Fall sagt er Nein. „Könntest du... heute Nacht bitte bei mir bleiben?“ Unbewusst hält er jetzt den Atem an.
 

Die Frage bringt Yami kurz aus dem Gleichgewicht. Fast alles in ihm schreit danach Nein zu sagen und sich jetzt zurückzuziehen, aber da ist auch diese kleine Stimme in ihm, die kaum gegen die lauten Stimmen ankommt. Im Gegensatz zu Yugi, holt er erst tief Luft ehe er in der Lage ist zu antworten. „Ich bleibe bei dir, aber nur, wenn du mich nicht festhältst und mir den Rücken zuwendest.“ Auch löst er jetzt seine Arme von Yugi um ihn etwas von sich wegzuschieben, damit er ihn ansehen kann. „Ja, ich verspreche es. Ich... will jetzt nur nicht allein sein.“ Erschrocken merkt er, wie Yami ihn loslässt und seine Hände von sich wegschiebt.

„Keine Sorge, ich gehe nur schnell in mein Zimmer und ziehe mir den Schlafanzug an. Der ist nämlich etwas bequemer als diese Sachen.“ Nun lässt Yami Yugis Hände los und tritt noch einen Schritt zurück. „Leg du dich schon mal ins Bett. Ich bin gleich wieder da. Versprochen.“ Beruhigend versucht er sein Gegenüber anzulächeln, während er sich langsam umdreht um in sein Zimmer zu gehen.
 

Erst als er die Tür hinter sich geschlossen hat, erlaubt es sich Yami seinem inneren Aufruhr nachzugeben. Zitternd lehnt er sich an das stabile Holz der Tür und fährt sich mit den Händen über sein Gesicht. Es ist zu viel, Yugi verlangt zu viel von ihm. Immerhin konnte er sich noch etwas Zeit erkaufen, auch wenn er jetzt seinen Schlafanzug anziehen muss. Hoffentlich wird sich Yugi auch an sein Versprechen halten, denn schon jetzt befindet er sich an seiner Belastungsgrenze. Mit geschlossenen Augen holt er noch einmal tief Luft ehe er sich wiederaufrichtet und zum Stuhl geht, über dessen Lehne sein Pyjama hängt.
 

Nervös betritt Yami wieder Yugis Zimmer, das immer noch von der Öllampe in ein angenehm warmes Licht getaucht wird. Zu seiner Erleichterung sieht er, dass Yugi schon unter der Decke auf ihn zu warten scheint.

Mit unsicheren Schritten nähert sich Yami dem Bett und setzt sich neben den Liegenden auf die Decke.
 

Erleichtert spürt Yugi, wie die Matratze neben ihm ein wenig einsinkt und dann die Decke etwas gespannt wird. Hat er doch schon befürchtet, dass Yami ihn doch alleine lässt, nachdem er so lange im anderen Zimmer gewesen ist. Zwar würde er sich jetzt gern umdrehen und sich an den anderen kuscheln, aber er hält sein Versprechen und bleibt mit dem Rücken zu ihm ruhig liegen. Nur seinen Kopf dreht er ein wenig um Yami ansehen zu können. „Willst du dich nicht auch unter die Decke legen? Dir ist doch so bestimmt kalt.“ Eigentlich möchte er etwas Anderes sagen, aber er will ihn nicht noch mehr überfordern. Darum versucht sich Yugi auch an einem leichten Lächeln.
 

Doch Yami kann zu gut in seinem Gesicht lesen.

„Okay.“ Sich selbst Mut zusprechend steht er noch einmal auf um die Decke etwas anheben zu können und sich darunter zu legen. Denn eigentlich hat Yugi Recht, es ist wirklich ziemlich kühl im Raum. Da Yami möchte, dass wenigstens einer von ihnen in dieser Nacht noch etwas Schlaf bekommt, löscht er sogar die Öllampe, sodass nur noch das Licht von draussen das Zimmer schwach erhellt.

Leicht zitternd rutscht er so nah an Yugi ran, dass er ihn von hinten umarmen kann und zieht ihn leicht an seine Brust. „Versuch ein wenig zu schlafen. Ich bleibe hier und halte dich fest. Versprochen.“ Nur ganz leise spricht Yami die Worte aus. Befürchtet er doch, dass sonst seine Nervosität herauszuhören ist.
 

Mit einem Seufzen kuschelt sich Yugi noch ein wenig mehr in diese starken Arme und schliesst seine Augen. Eigentlich will er nicht einschlafen, aber er fühlt sich so sicher und geborgen, dass er schon bald in den Schlaf abdriftet.
 

  

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Also ich weiss nicht, wer mir im Moment mehr leid tun soll. Yugi weil es ihm schlecht geht oder Yami weil er ihn durch Körperkontakt trösten muss. Hoffentlich weiss es Yugi auch wirklich zu schätzen, was Yami da für ihn tut.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und natürlich freue ich mich immer über Kommis.

 

Eure mrs_ianto

Offene Worte

Hallo zusammen,

 

ich habe es wirklich geschafft und wieder ein Kapitel fertig bekommen, obwohl mich das nahende Ende von WdS schon ziemlich beschäftigt.

 

Wisst ihr, ihr seid nicht die einzigen, die von Yamis Verhalten überrascht sind, mir geht es genauso. Er entwickelt sich viel schneller weiter, als ich es je gedacht hätte, nachdem er diesen Zusammenbruch am Anfang hatte und in diesem Kapitel macht er wieder ein paar überraschende Gesten und Entdeckungen.

 

Also, ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 13: Offene Worte

 

 
 

Noch im Halbschlaf kuschelt sich Yugi an den warmen Körper neben ihm. Ewig könnte er so daliegen und das Gefühl der Geborgenheit geniessen. Doch dann wird ihm bewusst, wer da neben ihm im Bett liegt und ihn festhält. Ganz langsam öffnet er seine Augen bis sie sich an das helle Licht der Morgensonne gewöhnt haben und sieht dann in das schlafende Gesicht von Yami. Yugi kann es kaum glauben, dass ihn der andere nicht allein gelassen hat, nachdem er eingeschlafen war und ihn jetzt sogar festhält. Vorsichtig versucht er von dem Grösseren zu lösen, doch sobald er sich bewegt wird der Griff um seine Schultern fester. Weshalb er seinen Kopf wieder auf die Brust von Yami legt und sich dazu entscheidet diese Nähe noch ein wenig zu geniessen. Einerseits weil er den anderen nicht wecken will, wenn er schon mal so friedlich schläft und andererseits, weil er nicht weiss wann er ihm wieder so nahekommen wird.

Eine Weile liegt Yugi ganz ruhig da und lässt seine Hand bewegungslos auf dem Oberkörper von Yami ruhen. Doch dann kann er nicht länger widerstehen und beginnt ganz vorsichtig über den Stoff zu fahren. Nur ein paar Zentimeter hin und her, aber es macht ihn im Moment so glücklich.
 

Durch die Bewegungen auf seiner Brust driftet Yami langsam vom Tiefschlaf in einen leichteren, der ihn seine Umgebung bewusster wahrnehmen lässt. Im ersten Moment droht ihn die Angst zu übermannen, als er den Körper neben sich spürt. Doch dann realisiert er, dass er ihn selbst festhält und es sich nur um Yugi handeln kann, der bis auf seine Finger, die kleine Kreise ziehen ganz ruhig daliegt.

Diese Erkenntnis hilft ihm auf diese leise Stimme in ihm zu hören, die ihm sagt, dass er diese Nähe geniessen soll. Die Augen geschlossen haltend, versucht sich Yami weiter auf diese Stimme und die Situation zu konzentrieren. Tatsächlich gelingt es ihm ruhig zu bleiben und die Panik zu unterdrücken.
 

Einen Moment lang glaubt Yugi, dass Yami aufgewacht ist, als dessen Atem kurz stockt. Jedoch beruhigt sich der Atem gleich wieder, weshalb er sich wohl getäuscht haben muss. Schliesslich würde der andere so eine Nähe niemals zulassen, wenn er wach wäre.

Nach einer Weile bemerkt er, wie sich der Griff um seine Schulter löst, sodass er nun aufstehen könnte. Eigentlich möchte Yugi das nicht, doch so langsam meldet sich auch seine Blase zu Wort.

Mit einem leisen Seufzen richtet er sich deshalb vorsichtig auf. Nicht, dass er Yami aus Versehen doch noch aufweckt und rutscht bis zum Rand der Matratze, wo er sich hinsetzt. Noch einmal blickt er auf den schlafenden Mann ehe er aufsteht und auf Zehenspitzen aus dem Zimmer schleicht.
 

Erst als Yami das Knarren des Dielenbrettes im Flur hört, dreht er sich auf die Seite und öffnet seine Augen. Verwirrt über sein Verhalten und seine widerstreitenden Gefühle blickt er aus dem Fenster, durch das er ein Stück des blauen Himmels sehen kann.

Was ist nur mit ihm los?

Und wie konnte er überhaupt einschlafen?

Und was noch wichtiger ist. Warum hatte er keine Albträume?

Fragen über Fragen kreisen durch seine Gedanken, aber findet keine Antworten.

Als er hört, dass Yugi zurückkommt setzt er sich im Bett auf und schlägt die Decke zurück. In dem Moment wo er aufsteht, öffnet sich die Zimmertür.

„Oh, du bist ja wach.“ Zögernd betritt Yugi den Raum und ist froh, dass er nach der Dusche seine Schlafsachen wieder angezogen hat.

„Ja, ich bin gerade eben aufgewacht“, es ist zwar nicht ganz die Wahrheit, aber er will dem anderen nicht sagen, dass er schon länger wach gewesen ist. „Ich geh dann mal...“, nicht wissend wie er den Satz beenden soll, deutet er lediglich auf seine Zimmertür, aber erst als Yugi leicht nickt, geht er in sein Zimmer um sich umzuziehen. Da es schon relativ spät ist, will er sich erst um die Pferde kümmern ehe er duschen wird.
 

Mit einem warmen Gefühl in sich sieht Yugi die geschlossene Tür an. So schlimm der gestrige Abend auch gewesen ist, so gut fühlt er sich jetzt, wenn er daran denkt, wie er eingeschlafen und aufgewacht ist. Schade nur, dass das wohl einmalig bleiben wird.

Mit diesem Gedanken reisst Yugi den Blick von der Tür los und geht zu dem Stuhl, auf dem seine Kleider liegen.

Er hat gerade sein Shirt angezogen, als Yami wieder ins Zimmer kommt, ihn jedoch nicht weiter beachtet, sondern zielstrebig auf den Flur hinaustritt und die Treppe runtergeht. Nur Sekunden später hört Yugi die Hintertür und weiss so, dass sich Yami jetzt um Blacky und Rocky kümmern wird. Irgendwie beneidet er die beiden gerade und wäre gern an ihrer Stelle.
 

Sugoroku ist gerade dabei den Tisch für ein spätes Frühstück zu decken, als Yugi die Küche betritt. „Guten Morgen Grossvater. Hast du etwa extra mit dem Frühstück gewartet?“ Erstaunt sieht Yugi den gedeckten Tisch an, ist es doch schon ziemlich spät am Morgen und normalerweise würden sie jetzt langsam das Mittagessen vorbereiten.
 

Mit einem Lächeln stellt Sugoroku den Brötchenkorb auf den Tisch. „Guten Morgen Yugi. Ja. Ich weiss ja, dass du nach den elenden Familienfesten immer lange schläfst und da Yami mir gestern gesagt hat, dass er auf dich warten wird, dachte ich mir, dass wir gemeinsam ein spätes Frühstück essen können und dann dafür nur was Kleines zum Mittag.“ Aufmerksam beobachtet er seinen Enkel der sich ungewohnt gut gelaunt einen Tee einschenkt und dann die Tasse auf den Tisch stellt nur um gleich nach einer zweiten zu greifen und sie ebenfalls zu füllen und den Tee mit einem Löffel Honig zu süssen.

Gerade möchte er fragen, was Yugi denn vorhat, doch in dem Moment kommt Yami in die Küche.
 

Erstaunt sieht Yami auf die Tasse, die ihm Yugi in die Hand gedrückt hat, dann hebt er den Blick und schaut den kleineren Mann fragend an. „Danke. Womit habe ich das verdient?“ Vorsichtig nimmt er einen Schluck und stellt erfreut fest, dass Yugi sogar an den Honig gedacht, den er inzwischen so sehr liebt.
 

„Nur ein kleines Dankeschön für gestern Nacht“, plötzlich schüchtern senkt Yugi seinen Blick und geht zu seinem Stuhl. Nicht wissend, wie er sich nun verhalten soll, greift er nun nach seiner eigenen Tasse, während er sich hinsetzt.
 

Mit einem Schmunzeln beobachtet Sugoroku wie sich sein Enkel Yami gegenüber verhält. Da hat es aber jemanden ganz schön erwischt und zwar noch mehr, als er es bis jetzt vermutet hat.

Seine Gedanken lässt er sich aber nicht anmerken. „Yami komm setz dich hin, du musst ja schon fast am Verhungern sein.“ Er selbst setzt sich schon mal an Tisch, während Yami nun auch zu seinem Platz geht und die Tasse hinstellt.

„Dann wünsche ich einen guten Appetit ihr beiden. Lasst es euch schmecken.“ Zufrieden sieht Sugoroku zu, wie sich nicht nur Yugi, sondern auch Yami bei den Leckereien bedient, nachdem sie ihm auch einen guten Appetit gewünscht haben und hungrig anfangen zu essen. Er selbst hat schon früher gegessen, weshalb er sich nur eins seiner selbstgebackenen Rosinenbrötchen nimmt.
 

Immer wieder schielt Yugi während des Essens zu Yami rüber. „Du sag mal Yami, was hältst du davon, wenn wir heute einen Ausritt machen?“ Unsicher, wie der andere reagieren wird sieht er ihn an und bemerkt so dessen überraschten Blick. „Ja, gern.“ Erfreut über die Antwort muss sich Yugi sehr zusammenreissen um nicht über das ganze Gesicht zu strahlen. „Gut, dann schlage ich vor, dass wir nach dem Essen losreiten oder brauchst du erst noch unsere Hilfe Grossvater?“, fragend sieht er den alten Mann an, der jedoch nur verneinend den Kopf schüttelt. „Nein, seid einfach zum Abendessen wieder hier und nehmt euch ein paar der Brötchen und etwas zu trinken mit“, grinsend sieht er die beiden Jungs an. Freut es ihn doch, wenn sein Enkel mal etwas aus dem Haus kommt und auch Yami tut es sicher auch gut, wenn er nicht immer hier oder im Stall sein muss.
 

Während die beiden nach dem Essen den Tisch abräumen und abwaschen, packt ihnen Sugoroku ein kleines Picknick in einen Rucksack, den er dann Yugi in die Hände drückt. „Viel Spass ihr beiden und seid vorsichtig.“ Mit einem breiten Grinsen sieht er, wie sowohl Yugi als auch Yami die Augen verdrehen. „Mensch Grossvater, ich bin doch kein Kind mehr und Yami auch nicht.“ Yugi hätte wohl noch weiter gemault, wenn ihm Yami nicht mit einem vielsagenden Blick angesehen hätte.

„Wir werden natürlich aufpassen Sugoroku. Oder Yugi?“ Von Yamis Worten überrascht, sieht ihn Yugi ein paar Sekunden nur an. „Ähm, ja. Das werden wir. Also dann bis heute Abend.“ Nun ist er es, der Yami überrascht, denn er greift nach dessen Hand und zieht ihn regelrecht aus der Küche in Richtung Hintertür.

Breit grinsend schüttelt Sugoroku den Kopf. Manchmal steckt in seinem Enkel wirklich noch ein kleiner Junge.
 

Erst als sie vor den Boxen stehen, wird Yugi bewusst, was er getan hat und dass er immer noch Yamis Hand festhält. Sofort lässt er sie los und geht zur Sattelkammer um seine roten Wangen zu verbergen. Erleichtert, dass in dem Raum das Licht nur gedämpft ist, nimmt er die Reitdecken aus dem Schrank und gibt sie an Yami weiter ehe er nach den Zaumzeugen greift und dem Grösseren wieder nach draussen folgt. Mit etwas Abstand sieht er ihm zu, wie der Grössere geschickt die Decken auf den Rücken der Pferde festschnallt und leise mit ihnen zu sprechen scheint. Was offensichtlich besonders Rocky gefällt, wenn er dessen aufmerksamen Ausdruck richtig deutet.

„Rocky scheint dich zu mögen.“ Mit einem kleinen Lächeln tritt Yugi zu Yami und hält ihm das Zaumzeug für Rocky hin ehe er zu Blacky geht um diesen selbst aufzuzäumen.
 

Gefolgt von Yami führt er den grossen Wallach zur Treppe vor der Hintertür und stellt sich auf die erste Stufe um einfacher auf dessen Rücken zu kommen. Als er sicher sitzt lenkt er Blacky von der Treppe weg, damit auch Yami aufsteigen kann und wartet geduldig darauf, dass er sich mit Rocky neben ihn stellt. Kurz sieht er ihn an und bemerkt, dass der andere sein Halsband trägt. Was er selbst komplett vergessen hätte, aber anscheinend hat es Yami nun immer in der Tasche. Irgendwie stört es ihn, nur leider haben sie keine andere Wahl.

Trotzdem sieht er den Grösseren grinsend an. „Bist du bereit?“
 

Da sich Yami erst noch ein wenig sortieren muss, dauert es einen Moment, bis er antworten kann. „Ja, ich bin bereit. Wo reiten wir denn hin?“, neugierig wendet er sich Yugi zu, der jedoch nur weiter vor sich hin grinst. „Lass dich überraschen.“

Die Antwort Yugi lässt Yami eine Augenbraue hochziehen, aber er versucht es nicht noch einmal. Immerhin hat er nicht das Recht auf einer Antwort zu beharren.

Im Schritt verlassen sie den Hinterhof und biegen nach rechts in die Strasse ein, der sie so lange folgen, bis sie den Stadtrand erreichen und auf die Hauptstrasse einbiegen müssen. Da sie sich auf die Pferde und ihre Umgebung konzentrieren müssen, reden sie nicht miteinander, sondern reiten schweigend nebeneinander her. Wobei Yami aber darauf achtet leicht hinter Yugi zu bleiben.

Nach einer Weile erreichen sie einen Feldweg und lenken die Pferde von der Hauptstrasse weg in Richtung Wald. Nach ein paar Metern dreht sich Yugi zu Yami um. „Was hältst du davon, wenn wir ein Stück weit traben und beim Waldrand dann angaloppieren? Der Weg führt direkt zu einer Lichtung mit einem kleinen See und ich dachte, dass wir dort eine Pause machen könnten ehe wir zurückreiten.“ Zwar kann er sich daran erinnern, dass Yami wohl mal das Reiten gelernt haben muss, aber dieses Wissen scheint eher unbewusst vorhanden zu sein, weshalb er dem anderen lieber die Wahl lässt, ob sie schneller werden sollen.
 

Da Yami sich auf seine Umgebung konzentriert hat, braucht er einen Moment bis er realisiert, dass ihn der andere etwas gefragt hat. Dank seiner Erfahrung hat er den Inhalt der Frage aber trotzdem verstanden. „Das hört sich gut an.“ Ganz vorsichtig beginnt er etwas zu lächeln und sieht dabei Yugi direkt an.

Fühlt er sich doch gerade einfach nur Wohl und die Bewegungen des Pferdes lassen ihn seinen Körper so bewusst spüren, wie schon lange nicht mehr. Was sich einfach nur gut anfühlt.
 

„Gut.“ Schüchtern erwidert Yugi das Lächeln ehe er sich wieder umwendet und Blacky leicht antreibt, bis dieser in seinen gemütlichen Trab fällt, den er ohne Probleme aussitzen kann. Es dauert nicht lange bis Rocky neben ihm auftaucht und zufrieden schnaubend das Tempo mitgeht. Kurz schaut Yugi zur Seite um zu sehen, ob Yami auch keine Probleme hat, aber der andere sitzt wie ein Profi auf dem Rücken und geht geschmeidig den Takt mit. Weshalb er beruhigt wieder nach vorn sieht.

Als sie sich dem Waldrand nähern blickt er noch einmal zu ihm rüber. „Bist du für den Galopp bereit?“ Er muss nicht lange auf die Antwort warten, denn Yami nickt bejahend. „Gut dann bis zur Lichtung und jeder in dem Tempo, das er will.“

Nur kurz muss er Blacky die Galopphilfen geben, ist der Wallach doch offensichtlich genauso motiviert wie er und springt sofort in den Galopp. Mit einem Jauchzen lässt Yugi die Zügel länger und geniesst den Wind, der ihn jetzt umweht.
 

Auch Yami und Rocky haben sich schnell geeinigt und galoppieren den beiden Führenden hinterher und da er spürt, dass der Wallach gern schneller laufen möchte, gibt ihm Yami das was er will und lässt ihn laufen. Irgendwie staunt er darüber, dass das Kaltblut so schnell rennen kann und schon bald haben sie Yugi eingeholt und sogar überholt. Was total gegen die Regeln der Gesellschaft ist, aber als er das Lachen von Yugi hört, weiss Yami, dass er Rocky nicht zurückhalten muss.

Plötzlich ändert sich für ihn die Umgebung. Die Kühle Frühlingsluft weicht der heissen trockenen Luft der Wüste und er glaubt den Geruch des Sandes wahrzunehmen. Zum ersten Mal seit er sich bewusst erinnern kann, hat Yami das Bedürfnis laut zu lachen und lässt es auch zu. Lachend galoppiert er über den Feldweg und fühlt sich einfach nur frei. Viel zu schnell sieht er die Lichtung auf sich zukommen.

Auf der Wiese lässt er Rocky dann in den Trab und schliesslich in den Schritt fallen, bis der Wallach von selbst stehen bleibt. Mit geschlossenen Augen sitzt er auf dem Rücken des Pferdes und lässt seine Gedanken weiter in die Vergangenheit schweifen. Noch immer glaubt er den heissen Wind zu spüren und den Sand der Wüste zu sehen. Erst als er die Hufschläge von Blacky hört, der nun auch die Lichtung erreicht, öffnet er seine Augen wieder und sieht dem anderen mit einer inneren Ruhe entgegen, die er schon lange nicht mehr gespürt hat.
 

Fröhlich lachend lässt Yugi sein Pferd neben Yami anhalten. „Du bist ein viel besserer Reiter als ich“, lobend tätschelt er Blackys starken Hals. „Ich glaube, ich habe Rocky noch nie so schnell laufen sehen.“ Da er eine schöne Stelle am Ufer kennt, lenkt Yugi seinen Wallach in Richtung des Sees und vertraut darauf, dass ihm Yami folgen wird. Gemütlich reiten sie über die Wiese bis sie einen umgestürzten Baumstamm erreichen, neben dem er anhält und absteigt. Um zu verhindern, dass Blacky über die Zügel stolpert, befestigt er sie an dem Gurt, der die Decke am wegrutschen hindert ehe er ihn ziehen lässt. Weiss er doch, dass die beiden Pferde nicht allzu weit von ihnen weggehen werden.
 

Aufmerksam beobachtet Yami was Yugi macht, nur um dessen Handlungen dann zu imitieren. „Laufen die beiden nicht weg?“, besorgt sieht er den Pferden nach die sich mit gesenkten Köpfen von ihnen entfernen. „Nein, keine Sorge. Die suchen sich jetzt nur frisches Gras und schlagen sich die Bäuche voll.“ Die Worte Yugis beruhigen ihn soweit, dass er sich nun der Umgebung zuwenden kann, die er bis jetzt gar nicht richtig wahrgenommen hat. „Es ist schön hier.“ Bewundernd sieht er über das blaue Wasser des Sees, der sogar an manchen Stellen kleine Kiesbänke hat, auf denen leichte Wellen ihr Muster hinterlassen.
 

Während Yami die Umgebung mustert, setzt sich Yugi auf den Baumstamm und zieht den Rucksack aus, den er bis jetzt getragen hat. Neugierig schaut er hinein und entdeckt ein paar Rosinenbrötchen und Äpfel, die sich den Platz mit zwei Wasserflaschen teilen. Schnell sind die Sachen ausgepackt und auf dem Baumstamm verteilt.

Erst jetzt sieht Yugi zu Yami, was seinen Atem einen Moment lang stocken lässt. Steht doch der andere so stolz und aufrecht im Sonnenlicht wie ein... ein König... anders kann er dessen Haltung nicht beschreiben. Lange kann er ihn aber nicht ansehen, denn Yami scheint seinen Blick zu spüren und dreht sich zu ihm um, was den Zauber des Moments zerstört.
 

Den Ausdruck in Yugis Gesicht nicht deuten könnend mustert Yami den Sitzenden, während er nun auch zu dem Baumstamm geht und sich hinsetzt. Durch den Ritt durstig geworden greift er nach einer der Wasserflaschen und genehmigt sich einen grossen Schluck.

Da er nicht weiss, was er sagen soll, blickt Yami wieder schweigend über den See, aber die Stille ist nicht unangenehm. Im Gegenteil, bewusst nimmt er die Geräusche seiner Umgebung in sich auf. Bis Yugi das Wort an ihn richtet.
 

„Du Yami“, plötzlich nervös verschränkt Yugi seine Finger ineinander. „Ich... wollte mich noch einmal bei dir bedanken, dass du gestern bei mir geblieben bist und mich auch entschuldigen.“ Um den anderen nicht ansehen zu müssen, fixiert Yugi eine früh blühende Wiesenblume, die stolz ihre Blüte in den Himmel zu recken scheint.
 

Erstaunt sieht Yami zur Seite. Wieso will sich der andere bei ihm entschuldigen? „Du musst dich nicht bedanken. Du hast Trost gebraucht, aber wofür willst du dich entschuldigen? Du hast doch nichts falsch gemacht.“ Neugierig blickt er den kleineren Mann an, während er auf eine Erklärung wartet.
 

„Naja“, druckst Yugi plötzlich rum. „Obwohl ich weiss, dass du körperliche Nähe nicht magst, habe ich dich gebeten bei mir zu bleiben und...“ „Dafür musst du dich nicht entschuldigen“, unterbricht ihn Yami einfach. „Ich hätte auch nein sagen können und inzwischen bin ich soweit, dass ich es auch getan hätte, wenn es mir zu viel gewesen wäre.“ Zu seinem eigenen Erstaunen ist es sogar die Wahrheit. Zwar ist ihm die Nähe am Anfang schwergefallen, aber je länger er neben dem schlafenden Yugi gelegen hatte, desto mehr konnte er sich entspannen, bis er schliesslich selbst eingeschlafen ist und zum ersten Mal seit dem Besuch des Medimagus hatte er keine Albträume. Was ihn immer noch mehr als alles andere verwundert. Was hat ihn nur so ruhig schlafen lassen?
 

Mit grossen Augen sieht Yugi den Grösseren an. Kann er doch kaum glauben, was er da hört. Ist Yami wirklich schon so weit, dass er sich nicht mehr als Sklave sieht? „Dann bin ich erleichtert.“ Um sich irgendwie zu beschäftigen, greift er nach einem Apfel und rollt ihn zwischen seinen Händen hin und her, während er über den See blickt.
 

Nach einer Weile ist es Yami, der das Schweigen zwischen ihnen bricht. „Warum bist du eigentlich auf das Familienfest gegangen? Wenn es dir doch danach so schlecht geht.“ Aufmerksam mustert er das Mienenspiel von Yugi. Der bei dieser Frage leicht zusammenzuzucken scheint. „Wenn ich es dir sage, musst du mir versprechen, dass du es niemandem sagst.“ Ernst sieht er Yami an, der den Blick erwidert. „Ich verspreche es, aber du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.“

Tief holt Yugi daraufhin Luft. „Nein, es ist schon gut. Weisst du, Grossvater hat schon seit Jahren schweres Asthma und nur ein Medikament hilft ihm“, um sich zu sammeln hält Yugi kurz inne. „Dieses Medikament steht aber nur der Oberschicht zur Verfügung. Darum habe ich vor ein paar Jahren eine Abmachung mit den Takeshis getroffen. Ich bekomme das Medikament für Grossvater, wenn ich im Gegenzug auf das Familienfest gehe und mich als Kuriosität bestaunen und demütigen lasse. Darum habe ich dich auch nicht mitgenommen. Ich hätte dich niemals vor ihnen beschützen können.“ Bitter lacht Yugi kurz auf. „Weisst du, sie geben mir die Schuld am Tod meines Vaters und das nur, weil er mit mir ausgeritten ist, als er vom Pferd gestürzt ist und sich dabei eine Kopfverletzung zugezogen hat. Trotzdem wollten sie mich nach dem Tod meiner Mutter adoptieren und ich habe sogar ein Jahr in ihrem Haus gelebt, aber ich wollte keiner von ihnen werden. Deshalb bin ich dann wieder zu Grossvater zurückgegangen und habe ihn darum gebeten, dem Wunsch der Takeshis nicht nachzukommen. Seit dem Tag, zeigen sie mir ihre Verachtung offen und als ich sie um das Medikament bitten musste... kannst du dir ja sicher vorstellen, wie sie sich verhalten haben.“ Wütend drückt er den Apfel so fest, dass er schon glaubt, ihn jeden Moment zu zerdrücken.
 

Stumm hat Yami der Erzählung Yugis zugehört und auch jetzt weiss er nicht, was er sagen soll, aber jetzt kann er wenigstens so einiges von dem was er gestern gesehen hat verstehen.

„Du... hast mir angeboten, dass ich jederzeit zu dir kommen kann, wenn ich jemanden zum Reden brauche. Das gleiche Angebot möchte ich jetzt auch dir machen. Wenn du mich brauchst, dann bin ich für dich da.“ Um seine Worte zu verdeutlichen streckt er seine Hand aus und wartet darauf, dass sie der Kleinere ergreift.
 

Erstaunt sieht Yugi ihn an. Bedeuten doch diese Worte und die Geste, dass ihm Yami seine Freundschaft anbietet. Nun ist es seine Hand, die leicht zittert, als er sie ausstreckt und nach Yamis Hand greift.
 

 

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Nun wissen wir also, warum sich Yugi die Quälerei jedes Jahr antut. Ich sage nur eins, ich mag die Takeshis nicht und da können sie hundert mal mit Yugi verwandt sein.

Dafür hat er ja Yami, der in diesem Kapitel mit seinem überraschenden Verhalten weiter macht. Eigentlich wollte ich diesen Schritt noch nicht geschehen lassen, denn ich bin eigentlich der Meinung, dass er sich erst noch weiter erholen sollte, aber der Gute ist etwas ausser Kontrolle geraten und macht gerade ein wenig was er will. Lassen wir ihm mal seinen Willen und schauen mal wo das noch hinführt.

 

Ich mache noch gleich eine Ankündigung. An nächster Woche, werde ich die neuen Kapitel am Wochenende hochladen und nicht mehr am Mittwoch oder Donnerstag. Nur damit ihr euch nicht wundert, dass nichts kommt.

Aber da diese Woche Wege des Schicksals endet, habe ich in Zukunft am Wochenende Zeit für Wüstensklave. Hoffen wir mal, dass das der Geschichte hier gut tut.

 

So, heute habe ich viel gelabert und ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Eine neue Arbeit

Hallo zusammen,

 

zum ersten Mal, seit Wochen stelle ich bei Wüstensklave am Sonntag ein Kapitel online. Ich muss gestehen, dass es sich seltsam anfühlt am Wochenende und nicht unter der Woche an dem Kapitel zu arbeiten.

 

Eigentlich sollte ja ein anderes Kapitel geschrieben werden, aber das hier hat sich so aufgedrängt, weshalb die ursprüngliche Idee nächste Woche kommen wird.

 

Ich will nur noch etwas loswerden. Ich bin sprachlos. Mehr als 50 Favoriteneinträge! Ich freue mich unglaublich darüber und darum widme ich das Kapitel den Favoriteneinträgen. ;-)

 

Ich wünsche viel Spass beim Lesen.

 

 

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Kapitel 14: Eine neue Arbeit

 

 

Es ist kurz nach Sonnenaufgang als Yami in den Stall kommt, wo Blacky und Rocky schon ungeduldig auf ihn warten. „Keine Sorge Jungs, ihr kriegt ja gleich euer Heu.“

Als würden die beiden ihm antworten wollen, Schnauben sie gleichzeitig, während sie ihn mit ihren Blicken verfolgen.

Schmunzelnd über die Reaktion der beiden geht Yami in den Lagerraum und holt die beiden Heunetze, die er schon am Abend zuvor gefüllt hat. Wie immer kriegt erst Rocky sein Heu, da er schon relativ bald gemerkt hat, dass der Wallach der dominantere von beiden ist und es gar nicht mag, wenn sein Kumpel zuerst drankommt.

Zufrieden sieht er dann den Pferden zu, wie sie die Halme durch die Maschen ziehen und genüsslich kauen. „Lasst es euch schmecken Jungs.“ Mit einem letzten Blick auf die gesenkten Köpfe dreht sich Yami um und greift nach dem Eimer, der an der Wand neben der Stalltür steht.

Gerade schickt die Sonne die ersten warmen Strahlen in den Hinterhof, als er zur Wasserpumpe geht und den Eimer auf seinen Platz stellt. Mit kräftigen Bewegungen am Hebel beginnt er das Wasser aus der Erde zu pumpen, bis der Eimer komplett gefüllt ist. Es ist eine anstrengende Arbeit, weshalb ihm richtig warm wird, während er immer wieder mit dem Wasser in den Stall geht, um die Tränken in den Boxen mit frischem Wasser zu füllen.
 

Noch einmal kontrolliert er, ob die beiden auch alles haben, ehe er zurück ins Haus geht. Während er sich die Hände wäscht hört er, dass Yugi wohl schon bei Sugoroku in der Küche ist und ihm wohl bei den Frühstücksvorbereitungen hilft.
 

Noch kurz geht Yami ins Bad, bevor er in die Küche geht. „Guten Morgen“, begrüsst er die beiden Mutos die wirklich schon am fertig gedeckten Tisch sitzen und offensichtlich hat Yugi seinen ersten Tee schon getrunken, denn er sieht ihn mit einem leichten Lächeln an. „Guten Morgen Yami. Ich habe dir deinen Tee schon eingeschenkt. Nur der Honig fehlt noch.“ Aufmerksam beobachtet Yugi, wie Yami um den Tisch herumgeht und sich hinsetzt. „Danke, aber das wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Diese kleine Geste, die der andere seit ihrem Ausritt jeden Morgen macht, freut ihn jedes Mal aufs Neue. Auch wenn er ein paar Tage gebraucht hat um den kleinen Funken Misstrauen, der sich zu Anfang in ihm geregt hat, zum Erlöschen zu bringen.
 

Immer noch lächelnd schüttelt Yugi leicht den Kopf. „Ich weiss, aber ich mache es gern. Schliesslich gehörst du zur Familie“, kurz sieht Yugi ihn aufmerksam an. „Morgen hat der Tenno Geburtstag, was immer im ganzen Land mit grossen Feuern und Feuerwerk gefeiert wird. Grossvater und ich gehen dann immer zu Jono und ich wollte dich fragen, ob du auch mitkommen möchtest.“
 

Nachdenklich legt Yami das Brötchen wieder auf seinen Teller und blickt mit einem leicht schräg gelegten Kopf zu Yugi rüber. „Wenn ich da nicht störe, komme ich gern mit“, einen Moment zögert er, doch dann spricht er weiter, „aber normalerweise feiern wir Sklaven das Fest nicht, weshalb ich keine Ahnung habe, was ich dabei tun soll.“ Das zuzugeben ist ihm unangenehm, darum senkt er den Blick auf seine Hände.

„Das macht doch nichts. Wir sitzen auch immer nur gemütlich zusammen um das Feuer herum und grillen ein paar Würstchen. Ausserdem wird sicher auch Rishido dabei sein.“ Aufmunternd grinst Yugi sein Gegenüber an, als dieser den Blick wieder hebt. „Und Jono hat mir gesagt, dass Rishido auch aus Ägypten kommt, du kannst also mit ihm in deiner Muttersprache reden, wenn du willst.“
 

Da Yami nicht weiss, was er sagen soll, nickt er nur bestätigend, dass er verstanden hat und greift wieder nach seinem Brötchen, das er mit einer grosszügigen Menge Honig bestreicht.
 

Während die beiden geredet haben, hat Sugoroku nur schweigend zugesehen und sich dabei ein zufriedenes Grinsen kaum verkneifen können. Nun muss er allerdings sein Gesicht hinter seiner Tasse verstecken, da Yami das Brötchen wirklich dick mit Honig bestrichen hat, weshalb ein Teil davon schon beinahe an den Seiten runterläuft.

In den letzten Tagen hat der Junge endlich einen Grossteil der Anspannung, die er immer wieder in ihm gespürt hat abgelegt und manchmal wirkt er nun schon beinahe unbeschwert.

Mental macht sich Sugoroku eine Notiz, dass er beim nächsten Einkauf Honig kaufen muss, da ihr Vorrat wieder ziemlich geschrumpft ist.
 

Erst als sie den Tisch abräumen beendet Yugi die Stille, die bis jetzt geherrscht hat. „Yami, hast du nachher Zeit? Ich könnte im Laden deine Hilfe gebrauchen.“ Um zu vermeiden, dass Yami glaubt, dass es ein Befehl ist, spricht er schon beinahe mit einer abwesend wirkenden Stimme.

„Ich muss noch die Heunetze für später füllen, aber dann habe ich Zeit. Soll ich dann einfach nach vorn kommen?“ Während er redet, räumt Yami die abgetrockneten Teller ins Regal. Erst dann sieht er zu Yugi, der gerade dabei ist die übrig gebliebenen Brötchen in den Brotkorb zu legen, sich nun aber zu ihm umdreht. „Ja, das ist gut.“ Einen Moment lang sehen sie sich an, ehe sie sich wieder ihren Aufgaben zuwenden.
 

Etwa eine halbe Stunde später steht Yami vor der Tür zum Laden und will sie gerade öffnen, als er eine weibliche Stimme hört, die er nicht kennt, weshalb er in die Gesässtasche seiner braunen Hose greift und das Lederhalsband hervorholt. Geschickt bindet er es sich um den Hals. Erst dann öffnet er die Tür und betritt den Laden.

Mit gesenktem Blick bleibt er an der Wand neben der Tür stehen, allerdings kann er dennoch unauffällig die Kundin mustern, die wohl gerade versucht den Preis für einen himmelblauen Stoffballen runterzuhandeln.
 

„Madame, der Stoff ist von erstklassiger Qualität und ich bin Ihnen schon bei dem Preis entgegengekommen. Also entweder nehmen Sie jetzt den Seidenstoff oder Sie versuchen es bei einem anderen Händler. Es ist ihre Entscheidung.“ Innerlich verdreht Yugi die Augen. Diese Zicke kommt regelmässig vorbei und jedes Mal ist es das gleiche Spiel. Sie spielt sich auf, versucht den Preis viel zu weit runterzuhandeln und dann ist sie doch mit dem deutlich höheren Preis einverstanden. Allerdings immer erst, wenn er für seine Nerven Schadenersatz verlangen müsste.

„Aber Herr Muto, Sie wissen doch ganz genau, dass Sie die besten Stoffe der Stadt anbieten. Ausserdem...“, nun fällt ihr Blick auf Yami. „Sie haben ja einen neuen Sklaven.“ Mit einem abschätzenden Ausdruck in den Augen mustert sie den jungen Sklaven und in ihr reift eine Idee. „Wissen Sie was? Ich bezahle Ihnen sogar vier Silberstücke mehr, als Sie jetzt verlangen, wenn der Sklave für mich den Stoff zu mir nach Hause bringt.“ Dem Angebot kann Muto sicher nicht widerstehen, schliesslich würde sie so für den Stoff und den Sklaven 24 Silberstücke bezahlen.
 

Bei den Worten versteift sich Yami augenblicklich. Weiss er doch ganz genau auf was es die Frau abgesehen hat. Nur stellt sich für ihn die Frage, ob Yugi das auch weiss. Schliesslich ist er ja sein erster Sklave.
 

Überrascht dreht sich Yugi zu Yami um. Hat er doch gar nicht gehört, dass dieser den Laden betreten hat. Nur warum bietet ihm die Kundin so viel Geld dafür, dass Yami ihr den Stoffballen nach Hause bringt? Dann sieht er, wie angespannt der andere ist und dass er eine seiner Hände zu einer Faust geballt hat.

Alles an Yami sagt ihm, dass er nicht mit der Kundin mitgehen will, was in ihm die Alarmglocken schrillen lässt. Ein falsches Lächeln auf seine Lippen zwingend, sieht er wieder zu ihr. „Es tut mir leid, aber ich brauche meinen Sklaven hier im Haus. Also entweder gehen Sie auf mein letztes Angebot von 20 Silberstücken ein oder ich verkaufe den Stoff einer anderen Dame.“

Nachher muss er Yami unbedingt fragen, was das Ganze zu bedeuten hat. Denn wenn er ihn inzwischen nicht so gut lesen könnte, hätte er ihn mit der Kundin mitgeschickt.

Erstaunt bemerkt er dann den beleidigten Gesichtsausdruck der Dame und wie sie kurz die Lippen zusammenpresst. „Na gut, ich bezahle die 20 Silberstücke, aber keines mehr. Packen Sie mir die Seide aber ja gut ein. Nicht, dass sie noch feucht wird.“

Nur mit Mühe kann Yugi seine Mimik kontrollieren. Als ob er jemals einen der Stoffe nachlässig einpacken würde. „Natürlich Madame.“ Mit geübten Griffen wickelt er die wertvolle Seide in ein Leinentuch und reicht es der Sklavin, die bis jetzt hinter der Kundin gestanden ist. Erst jetzt fällt ihm ein, dass sie auf Yamis Hilfe gar nicht angewiesen ist. Also warum wollte sie, dass er sie begleitet?

Immer noch professionell lächelnd nimmt er die zwanzig Silbermünzen entgegen und begleitet die beiden Frauen sogar bis zur Tür. „Es war mir wie immer ein Vergnügen Madame. Hoffentlich beehren Sie mich bald wieder.“ Natürlich gibt sie ihm keine Antwort, was Anderes hat er von der Zicke auch nicht erwartet.

Mit einem erleichterten Seufzen dreht sich Yugi zu Yami um und sieht ihn mit einem nachdenklichen Ausdruck im Gesicht an, während er wieder zum Tresen geht und sich seitlich an diesen anlehnt. „Kannst du mir sagen, was das gerade war? Was ist so schlimm daran ihr den Stoff nach Hause zu tragen?“, bewusst versucht Yugi jeden möglichen Vorwurf aus seiner Stimme fernzuhalten. Erstens wirft er ihm nichts vor und Zweitens ist er wirklich nur neugierig.
 

Verwirrt über die Frage sieht Yami ihn an. Weiss Yugi wirklich nicht, was die Frage zu bedeuten hat? Aber warum hat er ihn dann nicht mitgeschickt? Sich beruhigend zuredend entscheidet er sich dazu erst mal die erste Frage zu beantworten. „Yugi, sie wollte mich nicht nur für den Stofftransport haben. Im Prinzip hat sie dir durch die Blume mitgeteilt, dass sie mich für ein paar Stunden als ihren Lustsklaven haben will.“
 

Mit grossen Augen sieht Yugi Yami an. Auf diese Idee wäre er jetzt nie gekommen. Ausserdem kommen seine Kundinnen aus der niederen Oberschicht und wenn sich in den letzten Jahren nichts geändert hat, haben auch sie keinen wirklichen Zugriff auf zuverlässig funktionierende Verhütungsmittel. „Aber... wie... ich meine was hätte die denn gemacht, wenn sie dann schwanger geworden wäre?“
 

Trotz der Situation schüttelt Yami amüsiert über Yugis Naivität seinen Kopf. „Yugi, ich hätte niemals so mit ihr geschlafen. Ein Sklave darf eine freie Frau nur mit Mund und Händen befriedigen. Nur wenn sie es befiehlt darf ein Sklave Analverkehr mit ihr haben, aber auf gar keinen Fall in ihrem Körper kommen. Im Gegenzug darf die Frau aber alles mit ihm machen, was sie will. Männliche Sklaven dürfen nur mit Sklavinnen schlafen, aber nur, wenn es der Besitzer erlaubt. Schliesslich werden ihre Kinder ja für die nächste Sklavengeneration gebraucht.“ Einen Moment gibt Yami dem Anderen Zeit, die Information zu verarbeiten, ehe er weiterredet. „Und warum ich nicht mitwollte? Ich glaube die Antwort kannst du dir jetzt denken.“ Abwehrend verschränkt er die Arme vor seiner Brust. Er wird jetzt ganz sicher nicht über seine Vergangenheit oder seine Erlebnisse reden.
 

Erst jetzt wird Yugi klar, was in Yami vorgeht. Hatte er doch das alles gar nicht gewusst und offensichtlich musste sein Gegenüber nicht nur Männern zu Diensten sein. Den Blick von ihm abwendend holt er tief Luft. Eine ganze Weile sieht er sich in seinem Laden um, da er diese ganzen Informationen tatsächlich erst sacken lassen muss.

Dann fällt ihm ein, warum Yami überhaupt hier im Laden ist. Mit einem leichten Lächeln, das seinen inneren Aufruhr überdecken soll, wendet er sich wieder zu dem anderen um. „Na gut. Beim nächsten Mal weiss ich ja dann Bescheid und muss mich nicht auf deine Körpersprache verlassen. Doch jetzt sollten wir anfangen die grossen Ballen zuzuschneiden.“ Mit einer Geste fordert er Yami auf ihm ins Lager zu folgen.

Dort reicht er ihm einen grossen Ballen roter Baumwolle. „Trag den bitte schon mal in den Laden und lege ihn auf den Tresen. Ich hole noch schnell die anderen Sachen, die wir brauchen werden.“
 

Aufmerksam mustert Yami den schweren Ballen in seinen Armen. Der ist ja wirklich sehr schwer und es wundert ihn beinahe, dass der Kleinere den so leicht heben konnte. „Verstanden.“ Vorsichtig manövriert er seine Last seitwärts gehend durch die Tür und dann durch den Flur, der gerade breit genug ist, dass er normal gehen kann, bis er sich wieder seitlich abwenden muss, um durch die Ladentür zu kommen.

Erleichtert legt er den schweren Ballen dann auf den Tresen und wartet auf Yugi, der nur ein paar Momente später mit einer Schere, einem Korb und zwei langen, schmalen Holzstäben dazukommt.

Neugierig mustert er die Sachen und will schon fragen wofür die Stäbe sind, als ihm Yugi zuvorkommt.
 

Mit einem nun ehrlichen Grinsen bemerkt Yugi den neugierigen Blick von Yami. „Die Stäbe brauchen wir zum fixieren des Stoffes, wenn ich ihn zuschneide und das machen wir hier, weil der Tresen genau die richtige Länge hat, wenn wir den Stoffen doppelt darüber legen“, mit der Hand deutet Yugi auf zwei Markierungen auf dem Tresen. „Schau hier, wenn wir den Stoff doppelt so lang machen, haben wir genau das richtige Mass für den Verkauf.“ Um seine Worte zu verdeutlichen schiebt Yugi den grossen Ballen auf die eine Seite bis zur Markierung und beginnt den Stoff abzuwickeln bis er lang genug ist um die andere Seite zu erreichen. Erfreut bemerkt er, dass Yami ihn wohl verstanden hat, denn der andere greift spontan nach dem Ballen und wickelt noch mehr Stoff ab, bis Yugi das Ende wieder zurücklegen kann.

Dann greift er nach dem einen Holzstab. „Und nun schiebe ich den Stab zwischen die beiden Lagen und fixiere so leicht den Stoff auf der Markierung hier drüben. Den anderen lege ich hier auf die Kante, damit ich genau weiss, wo ich schneiden muss. Siehst du?“ Mit routinierten Handgriffen fixiert er die Stoffbahnen, bevor er nach der Schere greift und den Stoff an der Seite einschneidet.

Was er dann aber macht, erstaunt Yami besonders. Legt Yugi doch die Schere zur Seite und zerreisst den Stoff mit einer ruckartigen Bewegung.

Über den Gesichtsausdruck des anderen grinsend erklärt Yugi seine Handlung. „Bei Baumwolle geht es so am besten. Seide hingegen schneide ich mit der Schere komplett durch. Jetzt müssen wir das Stoffstück nur noch zusammenlegen und im Regal verstauen. Ich schneide immer etwa zehn Bahnen zu, wenn der Ballen noch gross genug ist, natürlich. Im Laden habe ich aber immer nur drei bis vier von den kleinen Stoffballen. Dann glauben die Kunden nämlich, dass nicht mehr viel da ist. Pech habe ich nur, wenn ich gerade beim Zuschneiden bin und Kunden reinkommen.“ Mit den Schultern zuckend faltet Yugi das abgeschnittene Stoffstück zusammen und legt es in den Korb, der neben dem Tresen auf dem Boden steht.

„Weisst du, ich kann es eigentlich auch allein machen, aber zu zweit geht es besser und schneller. Am besten wickelst du den Stoff vom Ballen, während ich ihn abmesse und das Ende dann wieder dir gebe.“
 

Zum Zeichen, dass er verstanden hat nickt Yami. „Okay.“ Wer hätte gedacht, dass beim Stoff zuschneiden so viel beachtet werden muss.

Es dauert eine Weile, doch dann sind sie so gut aufeinander eingespielt, dass sie schweigend zusammenarbeiten können und gut vorwärtskommen, bis sie von der Glocke über der Ladentür unterbrochen werden.
 

Sofort wechselt Yugi in den Verkäufermodus. „Guten Tag Madame. Was kann ich für Sie tun?“ Professionell lächelnd geht Yugi zu der älteren Dame, die sich neugierig in dem kleinen Laden umsieht. „Ich habe gehört, dass Sie chinesische Seide verkaufen.“ Nun sieht sie den jungen Mann an, der offensichtlich der Verkäufer ist. Den Sklaven im Hintergrund, der wohl gerade Stoff zuschneidet, betrachtet sie nur flüchtig, ehe sie sich wieder dem nicht gerade gross gewachsenen Mann zuwendet.
 

Kurz überlegt Yugi, ob er Yami rausschicken soll, aber er entscheidet sich dagegen. Sieht er doch aus dem Augenwinkel, wie geschickt der andere trotz der mangelnden Erfahrung mit dem Stoff umgeht.

„Ja, da sind Sie richtig informiert Madame. Was für Seide suchen Sie denn?“, mit einer Hand deutet er auf das Regal, wo er die Seidenballen aufbewahrt. „Yami, wenn du mit dem roten Stoff fertig bist, bring den Ballen bi... wieder ins Lager zurück und nimm dann gleich den mintgrünen Baumwollstoff mit.“ Beinahe hätte er bitte gesagt, aber zum Glück konnte er den Versprecher gerade noch korrigieren, bevor ihn die Kundin bemerkt hat.
 

Nur kurz sieht Yami hoch. „Verstanden.“ Einen Moment überlegt er ob er noch etwas hinzufügen soll, aber da sich Yugi schon wieder abgewandt hat, macht er es nicht, sondern wendet sich wieder seiner Aufgabe zu.
 

Yami im Hintergrund komplett ausblendend, kümmert sich Yugi um die Kundin, die von einem Ballen goldgelber Seide angetan ist. „Wie viel kostet diese Seide?“, fragend sieht sie den Mann neben sich an, während ihre Hand immer wieder über das edle Material fährt.

„Diese Seide kostet 35 Silberstücke, da sie sehr selten ist und ich selbst auch nur noch über ein paar Bahnen des Stoffes verfüge. In der Regel tragen nur die Damen der Oberschicht solch eine edle Seide“, preist Yugi den teuren Stoff an. Während er ihn aus dem Regal nimmt und ihn ein wenig entfaltet, damit ihn die Kundin besser sehen kann. Im Augenwinkel bemerkt er jedoch, dass der Tresen jetzt frei ist, weshalb er rübergeht und den Stoff auf der glatten Arbeitsplatte ausbreitet.

„Sehen Sie, keine einzige Stelle die nicht vorzüglich gewebt worden ist.“ Innerlich fragt sich Yugi, ob sie den Stoff überhaupt bezahlen kann. Ist diese Frau doch ohne Sklavin hier und das ist für eine vermögende Dame unüblich.
 

Ganz genau mustert die Kundin die Seide und nickt zufrieden. „Ich nehme sie für 25 Silberstücke.“ Herausfordernd sieht sie ihn an. Die Preisverhandlungen sind eröffnet.
 

Gespielt entrüstet schüttelt Yugi den Kopf. „Das ist eine Beleidigung für dieses edle Material. Ich gehe auf 32 Silberstücke runter.“ Aus dem Augenwinkel sieht er, dass Yami mit dem grünen Baumwollstoff wieder in den Laden kommt und darauf wartet, dass er seine schwere Last ablegen kann.

Unauffällig macht er deshalb eine Seite des Tresens ein wenig frei, sodass der Ballen gerade so Platz hat.
 

Von der Geste Yugis erstaunt, zögert Yami einen Moment, doch dann geht er die paar Schritte nach vorn und legt den wirklich schweren Stoff ab. Ist der Ballen doch deutlich grösser als der vorherige.

Aufmerksam hört er zu, wie die Kundin und Yugi um den besten Preis feilschen, bis sie sich schliesslich auf 30 Silbermünzen einigen. Es ist wirklich interessant, wie geschickt der andere ist. Wenn er bei der Oberschicht leben würde, wäre Yugi sicher ein guter Diplomat geworden.

Während Yugi die Kundin dann zur Tür begleitet beginnt Yami den Ballen für das Zuschneiden vorzubereiten.
 

„Kommst du noch einen Moment alleine klar? Dann räume ich nämlich schon mal die zugeschnittenen Ballen ins Regal und ins Lager“, fragend sieht Yugi den Grösseren an.

„Ja, ich komme klar“, kurz sieht er zu ihm rüber, ehe er sich wieder auf den Stoff konzentriert, der sich unter seinen Fingern so schön weich anfühlt.

Zufrieden mit der Antwort schnappt sich Yugi den Weidenkorb und trägt ihn zu dem Regal, wo er einen Teil der Stoffe in ein leeres Fach räumt, nur um dann im Lager zu verschwinden, wo er den Rest verstaut.
 

In Als er wieder zurückkommt bleibt er in der Tür stehen und schaut an den Rahmen gelehnt zu, wie sich Yami über den grünen Stoff beugt. In dieser braunen Hose und dem hellgrauen T-Shirt sieht Yami wirklich gut aus und innerlich fragt er sich, wie er dann mit der Weste aussehen wird, die er bis jetzt noch nicht getragen hat. Dafür ist es aber auch noch etwas zu kühl.

Schliesslich richtet er sich wieder auf und geht zu Yami. Immer noch lächelnd legt er ihm eine Hand auf die Schulter und als er nur einen fragenden Blick von ihm bekommt, fühlt sich Yugi einfach nur glücklich.

Yami vertraut ihm und er wird alles tun, um dieses Vertrauen zu verdienen.

„Brauchst du hier überhaupt noch meine Hilfe?“, scherzhaft deutet er auf den ausgebreiteten Stoff.
 

Bei dem Ton muss auch Yami leicht grinsen. „Also wenn du so fragst...“, vielsagend macht er einen Schritt zur Seite und reicht ihm die Schere. „Du könntest ja mal ein wenig die Schere schwingen.“
 

Lachend machen sie sich an die Arbeit, die Yugi wegen der Kundschaft aber immer wieder unterbrechen muss, trotzdem sind sie pünktlich zum Mittagessen mit allem fertig.
 

 

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Irgendwie ist es seltsam, aber die Kapitelenden kommen für mich immer sehr überraschend. So ist es auch hier passiert.

 

Yami kann jetzt also auch Stoffe zuschneiden und er scheint auch seinen Spass dabei zu haben, wenn er mit Yugi sogar scherzen kann.

Ich finde es irgendwie süss von Yugi, dass er ihm nun jeden Morgen den Tee einschenkt, sodass das Schleckmaul Yami nur noch den Honig dazugeben muss.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Das Fest

Hallo zusammen,

 

etwas später als gehofft ist das neue Kapitel endlich fertig geworden.

Ich will euch darum nicht zu sehr mit meinem Gelaber nerven, aber trotzdem möchte ich meinen Kommischreibern danken. Ich freue mich immer riesig über eure Kommentare und hoffe, dass euch auch das Kapitel gefallen wird.

 

Auch danke ich für 57 Favoriteneinträge. Es freut mich, dass euch die Geschichte wohl so gut gefällt.

 

Wieder geht es um ein Fest, aber diesmal ist alles anders.

 

Also dann, viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 15: Das Fest

 

 

Es ist dunkel um ihn herum, seine Brust und die Schulter schmerzen und als er versucht sich umzudrehen, stellt er mit Schrecken fest, dass er von brutalen Händen niedergedrückt wird. Irgendwo hinter sich hört er eine tiefe bösartige Stimme lachen. „Nun werde ich dir zeigen, was in Zukunft deine Aufgabe sein wird, Pharao.“ Ein plötzlicher stechender Schmerz durchdringt gleich nach diesen Worten seinen Unterkörper.
 

Mit einem unterdrückten Schrei und am ganzen Körper zitternd erwacht Yami aus den Schrecken seiner Vergangenheit. In die Dunkelheit der Nacht starrend setzt er sich auf, da er es nicht aushält im Bett liegen zu bleiben. Verzweifelt darüber, dass ihn die Erlebnisse der vergangenen Jahre immer wieder in seinen Träumen einholen, vergräbt er das Gesicht in seinen Händen. Immer wieder hört er den Satz des Sklavenhändlers, doch sein verzweifelter Verstand ist nicht in der Lage einen Sinn in dessen Worten zu erkennen.

Plötzlich hört er, wie es an der Tür klopft und sie dann ganz langsam ein wenig geöffnet wird.
 

„Yami? Ist alles in Ordnung?“ Mit einem besorgten Gesichtsausdruck sieht Yugi in das schwach vom Mond erhellte Zimmer. Zwar hört er beinahe jede Nacht, dass Yami aus einem Albtraum hochschreckt. Ist doch die Wand zwischen ihren Zimmern nicht besonders dick, aber einen solchen Schrei hat er schon lange nicht mehr gehört. Als er keine Antwort bekommt, öffnet er die Tür ein wenig mehr. „Darf ich reinkommen?“, er möchte nicht, dass sich Yami wieder so bedroht fühlt, wie damals als er das erste Mal nach einem Albtraum zu ihm ins Zimmer gekommen ist, weshalb er im Türrahmen stehen bleibt.
 

Mit den Händen über sein Gesicht bis zum Hinterkopf fahrend, die er dann einfach in seinem Nacken liegen lässt, hebt Yami den Kopf an und sieht in Richtung Tür. In ihm herrschen widerstreitende Gefühle, einerseits schreit in ihm alles danach Yugi wegzuschicken, andererseits möchte er jetzt eigentlich nicht mit seinen Gedanken allein sein. Doch kann er die Anwesenheit des anderen jetzt wirklich ertragen? Vielleicht, wenn er ihm nicht zu nahekommt?
 

Da er keine Antwort bekommt, will Yugi schon wieder in sein Zimmer gehen. Doch dann hört er die schon beinahe geflüsterten Worte Yamis. „Komm rein.“ Beinahe hätte er es nicht gehört, doch ein Blick zum Bett, wo der andere mit wohl angezogenen Beinen sitzt, bringt ihn dazu das Zimmer ganz zu betreten.

Mit etwas Abstand setzt er sich so auf die Matratze, dass er sich mit seinen Armen abstützen kann.

Inzwischen haben sich seine Augen ziemlich gut an das schwache Licht gewöhnt, weshalb er Yami ziemlich deutlich erkennen kann. „Willst du darüber reden?“, geduldig sieht Yugi ihn an.
 

Die angezogenen Beine mit den Armen umschlingend schüttelt Yami den Kopf. „Nein... ich... kann nicht.“ Nur stockend bringt er die Worte über seine Lippen. Hilflos blickt er Yugi an, der nach einem Moment verstehend nickt. „Dann werden wir einfach schweigen oder über etwas Anderes reden, wenn du willst.“

Erleichtert über die Antwort entspannt sich Yami, was ihn verwundert, hat er doch bis eben gar nicht bemerkt, wie er angespannt gewesen ist. „Schweigen ist gut.“

Obwohl ihn Yugi nicht berührt oder etwas sagt, tut ihm dessen Nähe gut. Je länger sie so dasitzen, desto mehr weicht der Schrecken des Albtraumes in den Hintergrund. Keiner von ihnen weiss, wie viel Zeit vergangen ist, als Yugi ein Gähnen nicht mehr unterdrücken kann.

„Du solltest wieder ins Bett gehen“, nun plötzlich besorgt richtet sich Yami etwas mehr auf und lässt dabei seine Beine los, die er bis jetzt umschlungen gehalten hat. Zwar hat er Angst, dass ihn wieder ein Albtraum gefangen halten wird, wenn er allein ist und wieder einschläft, aber deswegen kann er doch Yugi nicht vom Schlafen abhalten.
 

Überrascht, dass Yami plötzlich etwas sagt, sieht Yugi ihn an. Eigentlich stimmt es ja, er sollte wirklich wieder ins Bett gehen, auch wenn der Laden wegen des Feiertages geschlossen bleibt, sollte er noch etwas schlafen, aber er will Yami nur ungern allein lassen. In Gedanken versunken mustert er die schmale Matratze. „Okay, ich gehe, aber wenn du nicht allein sein willst, dann komm rüber. Okay?“, beschwörend greift er nach Yamis Hand, die auf der Decke liegt und drückt sie kurz. Erst dann steht er auf und geht mit einem letzten Blick zu ihm, zurück in sein Zimmer.
 

Noch lange sitzt Yami einfach nur da, bis er sich schliesslich doch wieder hinlegt und nach dem roten Drachen greift. Irgendwann gibt er dann der Müdigkeit endgültig nach und schliesst mit der Hoffnung auf einen traumlosen Schlaf seine Augen.
 

Wie durch ein Wunder schreckt Yami in dieser Nacht nur noch einmal aus einem, im Vergleich zum letzten, harmlosen Albtraum hoch. Trotzdem fühlt er sich am Morgen müde und würde am liebsten liegen bleiben, aber weil ihm sein Gewissen keine Ruhe lässt steht er wie immer kurz nach Sonnenaufgang auf. Allerdings duscht er mit ziemlich kaltem Wasser, um seinen Kreislauf anzuregen.

Erfrischt und auch etwas wacher zieht er sich dann nach seiner Morgentoilette an. Um Yugi nicht noch einmal aufzuwecken legt er seinen Schlafanzug im Wohnzimmer auf das Sofa und geht dann schnell in den Stall. Sicher warten die beiden Wallache schon auf ihn oder besser gesagt auf ihr Frühstück.
 

Während Yami sich um die Pferde kümmert, zieht sich Yugi die Decke über den Kopf und versucht so die nervigen Sonnenstrahlen aus seinem Gesicht zu verbannen, die ihn immer wieder zu kitzeln scheinen. Hat doch auch er in der Nacht nicht mehr allzu viel geschlafen, da ihn die Sorge um Yami lange wachgehalten hat. Nur leider weiss er immer noch nicht, wie er ihm dabei helfen kann, die Albträume zu überwinden.

Schliesslich gibt er das Versteckspiel mit den Sonnenstrahlen auf. Mit einem Seufzen schlägt er die Decke zurück und schwingt die Beine seitlich aus dem Bett. Auf der Matratze sitzend denkt er wohl zum tausendsten Mal an die Nacht zurück, in der er in Yamis Armen einschlafen und am Morgen sogar aufwachen durfte. Das war damals so ein schönes Gefühl gewesen und eigentlich wünscht er sich ja jeden Morgen so aufzuwachen. Doch die vorsichtige Freundschaft zu Yami hat ihn zu viel Arbeit gekostet und ist ihm zu wichtig, als dass er diese nun wegen einem lächerlichen Bedürfnis nach mehr Nähe aufs Spiel setzen würde.

Diese Gedanken auf die Seite schiebend steht Yugi nun endgültig auf. Mit seinen Kleidern auf dem Arm geht er runter ins Badezimmer um sich für den heutigen Feiertag fertig zu machen. Was für ihn bedeutet, dass er nach dem Duschen bequeme Sachen anzieht, die beim Feuerfest in Jonos Schmiede auch schmutzig werden dürfen. Schliesslich werden sie ja draussen Würstchen grillen, die May zusammen mit einer grossen Schüssel Salat mitbringen wird, während er und sein Grossvater dieses Jahr für die Brötchen und den Kuchen zuständig sind. Jono steuert wie jedes Jahr die Getränke und sein Haus bei, da es einfach sicherer ist vor der Schmiede ein grosses Feuer zu machen als hier oder bei May im Hinterhof.
 

Sugoroku schiebt gerade ein Blech mit Brötchen in den Ofen, als Yugi in die Küche kommt. Mit einem leisen Ächzen richtet sich der alte Mann auf und sieht zu seinem Enkel, der gerade nach seiner Tasse greift. „Guten Morgen mein Junge. Hast du gut geschlafen?“ Eigentlich ist die Frage unnötig, denn deutlich kann er in dessen Gesicht erkennen, dass die Nacht wohl ziemlich kurz gewesen ist.

Es dauert auch eine ganze Weile, bis er eine andere Antwort, als ein Schulterzucken von Yugi bekommt. Denn erst als die erste Tasse Schwarztee geleert ist, scheint sein Enkel in den Zustand zu wechseln, in dem er auch wirklich ansprechbar ist.
 

An der Anrichte lehnend hält Yugi seine inzwischen leere Tasse umschlungen. „Nicht wirklich. Yami hatte in der Nacht wieder Albträume und du weisst ja, dass ich dann auch nur schlecht schlafen kann.“ Bedrückt sieht er auf seine Hände. „Wenn ich nur wüsste, wie ich ihm helfen kann. Das ist doch nicht mehr normal, dass er keine Nacht ruhig durchschlafen kann.“
 

Über das Problem nachdenkend beginnt Sugoroku die Eier aufzuschlagen und zu trennen. Die Eigelbe gibt er in eine Schüssel, in die er schon kurz nach Sonnenaufgang ein grosses Stück Butter getan hat. „Ich kann dir da auch nicht weiterhelfen. Solange Yami nicht mit uns redet, muss er allein damit klarkommen und herausfinden, was ihm helfen kann. Kannst du dich denn an eine Nacht erinnern, wo er wohl ruhig geschlafen hat?“ Während er redet, schüttet er eine grosszügige Menge Mehl zu dem Eigelb-Butter Gemisch in die Schüssel und beginnt langsam die Zutaten mit einem Löffel Honig zu vermischen. Eigentlich wäre Zucker besser geeignet, nur leider ist das Zeug viel zu teuer für sie.
 

Angestrengt versucht sich Yugi zu erinnern. Dabei dreht er die leere Tasse in seinen Fingern. „Ich glaube in der Nacht nach dem Fest bei den Takeshis hat er keine Albträume gehabt. Zumindest habe ich nichts bemerkt“, dass er und Yami in einem Bett geschlafen haben und er sich am Morgen in dessen Arme gekuschelt hat, erwähnt Yugi nicht.

Stattdessen greift er wieder nach dem Teekrug und beginnt nicht nur seine, sondern auch die Tassen von seinem Grossvater und Yami zu füllen. Wenn ihn nämlich sein Zeitgefühl nicht täuscht, wird dieser bald zu ihnen in die Küche kommen.

Da Sugoroku immer schon viel früher als er wach ist, ist der Tisch schon beinahe fertig für das Frühstück gedeckt. Eigentlich fehlen nur noch die Brötchen, die man aber nur noch in ihrem Korb auf den Tisch stellen muss.
 

Erstaunt hält Sugoroku inne und sieht seinen Enkel musternd an, während seine rechte Hand bewegungslos in der Schüssel ruht. „Na dann, musst du nur noch herausfinden was in der Nacht für Yami anders war als sonst. Vielleicht findest du dann heraus, was ihm helfen kann.“ Da die Brötchen langsam fertig zu werden scheinen, greift Sugoroku nach den Rosinen und gibt sie zu dem Teig in die Schüssel. Vorsichtig arbeitet er sie in die Masse ein, bis sie gleichmässig verteilt sind. „Holst du bitte die Brötchen aus dem Ofen?“, bittet er Yugi. Der natürlich sofort nach dem Topflappen greift und das Blech mit den heissen Brötchen aus dem Backofen holt. „Soll ich sie auf dem Blech lassen oder auf die Arbeitsplatte legen?“, er kann sich einfach nicht merken, wie es sein Grossvater haben möchte.

Über die Vergesslichkeit von seinem Enkel schmunzelnd legt Sugoroku den fertigen Teig in seine Backform. „Leg die Brötchen auf das Gitter. Dann bleiben sie am Boden knuspriger.“ Um zu verhindern, dass der Ofen zu sehr auskühlt schiebt er den Kuchen gleich in den Ofen und schliesst schnell die Tür. Erst dann legt er nochmal Holz nach.
 

Nur mit den Fingerspitzen legt Yugi die Brötchen auf das Gitter, da sie wirklich verdammt heiss sind. Auf die Idee, dass er einen Topflappen nehmen könnte, kommt er gar nicht, weshalb er leise vor sich hin flucht, als es an seinen Fingern immer heisser wird. Immerhin hält ihn das von seinen Grübeleien ab. Denn die einzige Antwort die ihm darauf einfällt, ist die, dass Yami in der Nacht bei ihm geschlafen hat und dies ist sicher nicht der Grund für den ruhigeren Schlaf des anderen.
 

Gerade bläst er mal wieder seine Fingerspitzen an, als plötzlich eine Hand mit einem Topflappen geschützt die letzten Brötchen auf das Gitter legt. Erstaunt sieht er zur Seite, aber anders als gedacht ist es nicht sein Grossvater, sondern Yami, der ihn breit grinsend ansieht. „Weisst du, so ein Topflappen ist eine praktische Sache. Er verhindert nämlich heisse und verbrannte Finger.“

Mit hochroten Wangen sieht Yugi auf das Blech in seinen Händen und als er dann auch noch das Lachen von seinem Grossvater hört, wäre er am liebsten im Boden versunken. Auf einmal spürt er eine Hand auf seiner Schulter. „Ach Yugi, das ist doch kein Grund so rot zu werden. Das nächste Mal denkst du sicher dran den Topflappen zu nehmen“, versucht Yami den Kleineren wieder etwas aufzubauen. Irgendwie tut es ihm nämlich leid, dass er ihn gerade so aufgezogen hat.

Von dieser Geste ist Yugi so sehr gerührt, dass er den Grösseren leicht anlächelt. Trotzdem wechselt er ganz schnell das Thema, da er nicht länger über seine eigene Dummheit nachdenken möchte. „Wir sollten jetzt Frühstücken, sonst haben wir nur noch kalten Tee und ich weiss nicht wie es dir geht, aber ich mag ihn lieber warm.“ Um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen, schiebt er Yami sogar leicht in Richtung des Tisches, wo schon Sugoroku sitzt und sich breit grinsend sein Brötchen schmiert.

Als er den erstaunten Blick von seinem Enkel bemerkt sieht er ihn nur unschuldig an. „Was denn? Ihr wart gerade so schön beschäftigt, da wollte ich euch nicht stören und dachte ich fange schon mal an zu essen. Backen macht mich nämlich immer hungrig.“ Demonstrativ beisst er in sein Marmeladenbrötchen.
 

Kopfschüttelnd sehen sich Yugi und Yami an. Da sie aber auch Hunger haben, greifen nun auch sie nach den Brötchen und beginnen zu essen.

Immer wieder schaut Yugi während des Frühstücks zu Yami rüber. Erst jetzt bemerkt er, wie erschöpft der Grössere aussieht. Was ihn in seinem Entschluss bestärkt, dass er ihm helfen will. Nur wie, das weiss er immer noch nicht. Obwohl, vielleicht kann er ihn ja dazu bewegen, dass er sich wenigstens noch einmal hinlegt. „Du Yami, heute bleibt der Laden ja geschlossen und wir werden wohl erst spät in der Nacht von Jono zurückkommen.“ Fragend sieht Yami über den Tisch. „Und was willst du nun damit sagen?“

Plötzlich nervös beginnt Yugi auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. „Naja, vielleicht willst du dich noch einmal hinlegen... wir werden ja gleich nach dem Mittagessen zu Jono gehen und es wäre ja schade, wenn du dein erstes Fest nicht richtig geniessen kannst, weil du von der Arbeit müde bist.“ Innerlich lobt er sich schon beinahe für den Einfall, doch Yami reagiert anders als erhofft. Denn er legt lediglich sein Brötchen auf den Teller und sieht ihn ernst an. „Yugi, ich werde mich sicher nicht hinlegen. Auch wenn der Laden zu ist, Blacky und Rocky wollen bewegt werden, der Stall muss geputzt werden, die Boxen müssen gemistet werden und das alles werde ich heute Morgen noch machen, bevor wir zu Jonouchi gehen.“
 

„Dann weisst du ja was du zu tun hast Yami. Die beiden sind sicher froh, dass du ihnen so viel Zeit widmest“, mischt sich nun Sugoroku ein, der den Blick von Yugi bemerkt hat. Wortlos teilt er ihm mit, dass er Yami nicht weiter drängen soll.
 

„Okay, ich dachte ja nur. Entschuldige Yami, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass.…“ „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin dann jetzt wieder in den Stall.“ Schon beinahe fluchtartig schnappt sich Yami sein Brötchen und geht aus der Küche. Den besorgten Blick von Yugi bemerkt er entweder nicht oder er ignoriert ihn.

Hilflos und traurig sieht Yugi zu seinem Grossvater. „Was habe ich denn falsch gemacht? Ich mache mir doch nur Sorgen um ihn.“ Tröstend legt ihm Sugoroku die Hand auf die Schulter. „Yugi, Yami ist ein stolzer junger Mann, auch wenn wir das am Anfang nicht wirklich bemerkt haben. Ich kann dir nur immer wieder sagen, dass du ihm Zeit geben musst und er von selbst zu dir kommen muss. Ich weiss es fällt dir schwer, mir geht es genauso, aber wir müssen es beide akzeptieren.“

Da er nach dem Kuchen sehen muss steht Sugoroku auf. „Da Yami ja schon gegangen ist, musst du mir halt dabei helfen alles vorzubereiten.“ Mit einem immer noch traurigen Blick nickt Yugi. „Okay.“

Schnell isst er noch schnell sein Brötchen und beginnt dann seinem Grossvater in der Küche zu helfen. Obwohl beiden bewusst ist, dass Sugoroku nach dem Aufräumen eigentlich gar keine Hilfe mehr braucht.
 

Nach dem Mittagessen, das aus belegten Broten bestanden hat, machen sie sich auf den Weg zu Jono. Trotz des Feiertages sind auf den Strassen viele Leute unterwegs, die jedoch keinen Geschäften nachgehen, sondern zu den öffentlichen Feuern gehen, die die Stadt jedes Jahr in den Parks der Stadt so aufbauen, dass sie auch gleich das Feuerwerk der Magi sehen können.

In den ersten Jahren sind sie auch noch zu diesen Plätzen gegangen, aber seit Jono seine eigene Schmiede hat, feiern sie lieber im kleinen Kreis. Was nun auch den Vorteil hat, dass auch Yami und Rishido dabei sein können. Denn bei den öffentlichen Feiern sind die Sklaven nicht gern gesehen und wenn doch einmal jemand seinen Sklaven mitbringt wird er von den anderen gern wie Freiwild behandelt. Besonders wenn der Abend weiter fortgeschritten und der Alkoholpegel bei einigen relativ hoch ist.
 

Zu Fuss brauchen sie gut eine knappe halbe Stunde in der besonders Yami immer wieder neugierig beäugt wird, da am heutigen Tag Sklaven auf den Strassen eher selten anzutreffen sind.

Da Yami sich etwas hinter ihnen hält, reden nur Yugi und sein Grossvater miteinander und schauen einfach nur aus dem Augenwinkel immer wieder nach ihm, da sie ihn nach dessen Reaktion beim Frühstück in Ruhe lassen wollen.
 

Als sie sich der Schmiede nähern, sehen sie schon von weitem den Holzhaufen auf dem Vorplatz und Jono der ihnen schon lachend zuwinkt. „Das seid ihr ja endlich. Rishido und ich schleppen uns hier noch zu Tode.“

Zur Begrüssung umarmen sich die beiden, ehe sich Jonouchi den anderen beiden zuwendet. Sugoroku schüttelt er kräftig die Hand, da der alte Mann kein Freund von heftigen Umarmungen ist. „Hallo alter Mann, ich freu mich zu sehen, dass du jedes Jahr jünger aussiehst.“ Grinsend drückt Sugoroku die Hand noch fester. „Werde ja nicht frech, du Jungspund. Schau lieber mal, dass du bei May endlich mal in die Gänge kommst.“ Zufrieden sieht er, wie Jonouchi leicht verlegen wird. „Ich weiss nicht, was du meinst.“ Schnell zieht er seine Hand aus dem festen Händedruck und wendet sich Yami zu. Gründlich mustert er sein Gegenüber, ehe er auch ihm die Hand hinhält.

Erstaunt über die Geste zögert Yami einen Moment, doch dann nimmt er das Angebot an, was Jonouchi mit einem Grinsen quittiert. „Hallo Yami, ich freu mich, dass du mitgekommen bist. Hoffentlich gefällt dir unsere kleine Feier und wenn du was brauchst, dann zögere nicht Rishido oder mich zu fragen.“ Kurz verstärkt er ein wenig den Händedruck.
 

„Ähm... ja. Ich freu mich, dass ich dabei sein kann“, unschlüssig wie er reagieren soll, lässt Yami die Hand los und sieht sich nach den anderen um, die gerade May begrüssen, die wohl auch gerade gekommen ist. Sich etwas im Hintergrund haltend sieht er amüsiert zu, wie der selbstbewusste Jonouchi plötzlich schüchtern wird und mit hochroten Wangen May begrüsst.

„Er ist total in die blonde Schönheit verknallt, nur traut er sich nicht, es ihr zu sagen.“ Ertönt plötzlich neben ihm eine tiefe Stimme auf ägyptisch. Sich seinen Schrecken nicht anmerken lassend, sieht Yami nervös zur Seite, wo Rishido steht. „Und woher weisst du das so genau?“, automatisch wechselt auch er in die ägyptische Sprache. Denn auch wenn er sie seit Jahren nicht mehr aktiv gesprochen hat, ist es doch seine Muttersprache.

„Ich habe Augen und Ohren. Es ist mehr als deutlich zu sehen und als dein Besitzer das letzte Mal hier war, haben sie darüber geredet, wie lange er schon in diese May verknallt ist.“ Mit verschränkten Armen steht Rishido da und versucht gar nicht erst leise zu reden. Schliesslich versteht ihn ja ausser Yami niemand.

Missbilligend sieht Yami den grossen Mann an. „Du hast also gelauscht, als die beiden privat miteinander geredet haben“, gern hätte er noch mehr gesagt, aber in dem Moment wird er von May entdeckt, die mit einem herzlichen Lächeln auf ihn zukommt. „Hallo Yami, du siehst fantastisch aus.“ Ohne nachzudenken zieht sie ihn in eine Umarmung, was er angespannt über sich ergehen lässt. Innerlich zählt er die endlosen Sekunden, bis sie ihn endlich wieder loslässt.

Einen Schritt zurücktretend versucht er sie freundlich anzulächeln, was ihm so halbwegs gelingt. „Hallo May.“

Mit einem Strahlen dreht sie sich daraufhin zu Yugi um. „Er hat gelächelt. Ich habe es dir doch gesagt“, dass sie mehrere Augenpaare verwirrt ansehen, ignoriert sie einfach.

Erst als sie Yugi kurz an sich gedrückt hat, wendet sie sich Rishido zu, der sie mit unergründlicher Miene mustert. „Hallo Rishido. Schön dich zu sehen.“ Bei ihm verzichtet sie auf eine Umarmung, irgendwie ist ihr der stille Mann ein wenig unheimlich. Vermutlich weil er diese Tätowierung im Gesicht hat.

Mit einem Nicken erwidert Rishido die Begrüssung. „Hallo,“ kurz sieht er zu Yami. „Ich werde dann mal weiter alles vorbereiten. Kommst du Yami?“ Auffordernd dreht er sich nach einem weiteren Blick auf die anderen zu ihm um. Erstaunt über die Aufforderung nickt Yami bloss, ehe er ihm mit einem letzten Blick auf Yugi und Sugoroku ins Haus folgt.
 

Mit einem leichten Lächeln sieht Yugi zu, wie die beiden Ägypter sich offensichtlich daran machen, die restlichen Stühle nach draussen zu tragen. Zum Glück ist heute, im Gegensatz zu letztem Jahr, das Wetter schön, sodass sie dann später draussen essen können.
 

Später zieht Jonouchi seinen kleineren Freund etwas zur Seite. „Wie geht’s dir? Oder soll ich besser fragen, wie geht’s dir und Yami?“, ehrlich an der Antwort interessiert mustert er Yugi. Zwar hat der andere nichts gesagt, aber er hat deutlich die Blicke gesehen, die er Yami immer wieder zuwirft, wenn er glaubt, dass niemand hinsieht.
 

Wissend, dass er bei Jono vollkommen offen sein kann, sieht ihn Yugi mit offen an. „Mir geht es soweit ganz gut. Yami und ich sind inzwischen so was wie Freunde geworden und bevor du weiter fragst. Ja, ich habe Gefühle für ihn, aber er nicht für mich. Das ist manchmal schon etwas hart.“ Eigentlich ist es besonders in den Momenten wo er Yami gern näher wäre sehr schwer, aber das sagt er seinem Freund nicht.
 

Verstehend legt Jonouchi ihm den Arm um die Schultern. „Ich weiss was du meinst, aber Kopf hoch, irgendwann wirst du Mister Right schon finden.“
 

Den Gedanken, dass Jonouchi ja gar keine Ahnung hat, spricht Yugi nicht aus. Schliesslich meint es sein Freund nur gut und heute will er sich nicht mit ihm streiten, sondern einen schönen Abend mit seinen Freunden verbringen. Denn durch ihre Arbeit haben sie einfach viel zu wenig Zeit füreinander. Weshalb er sich aus Jonos halber Umarmung löst und ihn wieder zu den anderen zieht.
 

Während die Sonne den Abendhimmel in ein rotes Licht taucht, zünden sie den Holzstapel an, der schon bald seine hellen Flammen in den Himmel schickt, der sich immer mehr verdunkelt.
 

Mit gemischten Gefühlen sieht Yami in die hell lodernden Flammen. Einerseits freut er sich, dass er hier sein kann, aber andererseits macht ihm das grosse Feuer Angst. Unauffällig versucht er sich ein wenig in Richtung Haus zurückzuziehen. Bleibt dann jedoch stehen, als er den Blick von Rishido bemerkt.

Immer mehr senkt sich die Nacht über Domino und als die Sonne ganz verschwunden ist, beginnt das grosse Feuerwerk der Magi.

Bei der ersten Rakete zuckt Yami schon zusammen, schafft es aber irgendwie sich selbst zu beruhigen. Doch dann explodiert eine Rakete nach der anderen.

Die Umgebung um ihn herum verschwindet, während sich die Panik in ihm ausbreitet. Mit einem erstickten Schrei sinkt er auf die Knie, während er sich die Ohren zuhält. Wieder spürt er den Schmerz in seinen Rippen, sieht das explodierende Flugzeug. Plötzlich werden seine Arme gepackt. Panisch beginnt er um sich zu schlagen, bis er wieder frei ist. Voller Panik kriecht er rückwärts, bis er die Wand in seinem Rücken spürt. Wimmernd schlingt er seine Arme um seinen Oberkörper und versucht sich so klein wie möglich zu machen. Während vor seinem inneren Auge das Flugzeug explodiert.
 

Erstaunt darüber, wie viel Kraft in dem schlanken Körper des anderen steckt rappelt sich Rishido wieder auf. Suchend blickt er sich um, bis er Yami an der Wand kauernd entdeckt.

Er will schon zu ihm gehen, als er aufgehalten wird. „Geh nicht zu ihm.“ Die Stimme Sugorokus ist so streng, dass er den alten Mann erstaunt ansieht. Hat er ihn doch als netten Menschen kennengelernt.
 

„Yugi, geh zu Yami, rede mit ihm aber fasse ihn nicht an,“ als er den fragenden Blick von seinem leichenblassen Enkel sieht, holt er kurz tief Luft. „Er hat eine Panikattacke. Wenn du ihn anfasst, machst du es nur schlimmer, aber er braucht jemanden der mit ihm redet, damit er wieder ins Hier und Jetzt zurückfinden kann. Dir vertraut er am meisten, also geh jetzt zu ihm und erzähl ihm irgendwas.“ Seine Sorge um den jungen Mann zur Seite schiebend sieht er zu, wie Yugi zu Yami geht und sich vor ihn hinsetzt. „May, wir beide gehen eine Kanne Tee kochen. Jono, du und Rishido bleibt hier und behaltet das Feuer im Auge.“

Froh darüber, dass ihnen jemand sagt, was sie zu tun haben, nicken alle zustimmend.
 

Schon beinahe verzweifelt sitzt Yugi vor Yami auf dem Boden. „... und dann hat es Blacky doch wirklich geschafft seine Boxentür zu öffnen und ich Held habe die Tür zum Heulager offengelassen. Du kannst dir ja vorstellen, wie es dann am Morgen da drin ausgesehen hat. Ich habe den ganzen Sonntagmorgen gebraucht, um das Chaos zu beseitigen.“ Hilflos streckt er seine Hand ein wenig aus, aber er unterdrückt den Drang Yami zu berühren.

„Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich panische Angst vor Spinnen habe? Einmal, da war Grossvater nicht da, habe ich eine grosse schwarze Spinne im Lager gesehen. Ich konnte den ganzen Tag nicht mehr reingehen und habe dann am Abend sogar Jono geholt, damit er sie rausholt. Naja, die Spinne war ja fast so gross wie mein Daumennagel. Noch heute muss ich mir anhören, dass er mich vor dem Monstervieh gerettet hat.“
 

Auf einmal dringt eine Stimme durch den Schrecken in seinem Bewusstsein, die ihm irgendwas von Spinnen erzählt. Nur mit grösster Mühe schafft es Yami die Augen zu öffnen, weil er zu der Stimme ein Gesicht haben will.

Er braucht eine Weile bis ihm bewusst wird, dass ihn Yugi ansieht und er zusammengekrümmt auf dem Boden liegt. Noch immer explodieren die Raketen und das Feuer schlägt seine Flammen in den Himmel, was ihn wieder in den Strudel der Panik zu reissen droht. Doch Yugi, der ihn ansieht und jetzt irgendwas von Reisbällchen erzählt, halten ihn in der Realität. Verzweifelt klammert er sich an dessen Stimme und Augen. „Weg...“, mehr bringt sein gelähmter Verstand nicht fertig. „Weg...“, nur dieses eine Wort.
 

Yugi braucht einen Moment, um Yami zu verstehen, doch dann dreht er sich zu Rishido um, der etwas hinter ihm steht. „Rishido. Kannst du Yami ins Wohnzimmer tragen?“, bittend sieht er den grossen Mann an, denn er selbst ist nicht stark genug. Als er Yamis panischen Blick sieht, lächelt er ihn beruhigend an. „Keine Sorge ich bleibe die ganze Zeit bei dir und rede weiter, damit du meine Stimme hörst. Es sind nur ein paar Meter bis ins Wohnzimmer.“

Besorgt sieht er zu, wie Rishido Yami vorsichtig hochhebt, der sich sofort vor Angst zu versteift. Inzwischen weiss er kaum noch, was er reden soll. „Hast du gewusst, dass Seide aus den Kokons von Raupen gewonnen wird? Die Chinesen kochen sie und wickeln dann den Seidenfaden vorsichtig ab und wenn der Faden dann getrocknet ist, spinnen sie ihn und Färben die Seide ein.“ Während er redet folgt er Rishido ins Wohnzimmer, der Yami auf dem Sofa absetzt, ehe er die beiden allein lässt.
 

Die Ruhe und das gleichmässige Licht, das von der Öllampe kommt, die Yugi angezündet hat, beruhigen Yami weiter. Sodass es ihm immer leichter fällt, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Deutlich nimmt er wahr, wie sich der andere neben ihn auf das Sofa setzt.

Dankbar, dass ihn Yugi nicht festhält, aber trotzdem bei ihm bleibt, gibt er dem plötzlichen Bedürfnis nach Körperkontakt nach und lehnt sich an dessen Schulter an.
 

Erstaunt blickt Yugi zu Yami. Hätte er doch nie damit gerechnet, dass er jetzt seine Nähe suchen würde. Ganz ruhig bleibt er sitzen, um ihn nicht aus Versehen zu erschrecken. Schliesslich weiss er nicht, inwieweit Yami wieder er selbst ist.
 

Nach einer Weile kommt Sugoroku mit einer Kanne Tee und zwei Tassen ins Wohnzimmer. „Zum Glück hat Jono eine Schwäche für Kräutertee. Ich habe euch beiden eine Kanne vollgemacht und später bringe ich dann ein paar Würstchen und Salat hoch.“ Mit keinem Wort erwähnt er die Panikattacke. Weiss er doch noch von seiner Frau, die solche Attacken auch ab und zu hatte, dass er sich als Aussenstehender möglichst normal verhalten muss. Mit einem letzten Blick auf die beiden geht er wieder raus zu den anderen, die bestimmt schon ungeduldig darauf warten, dass er ihnen sagt, wie es Yami geht.
 

Yami weiss nicht, wie lange sie schweigend dasitzen, bis ihm plötzlich etwas einfällt. Unsicher, ob ihm seine Stimme gehorcht räuspert er sich ein paar Mal. „Du hast Angst vor Spinnen?“, neugierig dreht er seinen Kopf ein wenig. Trotzdem spürt er das Nicken eher, als das er es sieht. „Ja, schon immer. Ich weiss es ist lächerlich, trotzdem kann ich nicht anders.“ Natürlich muss sich Yami ausgerechnet an das peinlichste erinnern, was er ihm erzählt hat.

„Dann hol mich das nächste Mal, wenn du eine Spinne siehst. Mir machen die Viecher keine Angst und ich werde dich deswegen sicher nicht auslachen.“ Mit einem schiefen Lächeln hebt er ein wenig den Kopf, damit er Yugi richtig ansehen kann. „Jeder hat vor etwas Angst, das muss dir also nicht peinlich sein.“
 

Erstaunt blickt Yugi in die rubinroten Augen von Yami. Wie schafft es der andere nur immer wieder, dass er sich bei ihm einfach nur verstanden und geborgen fühlt? Obwohl doch er für Yami da sein sollte. Vorsichtig lächelt er zurück. „Danke, ich werde sicher darauf zurückkommen.“ Plötzlich fällt ihm der Tee wieder ein. „Willst du was trinken? Grossvater hat extra Tee gekocht.“ Obwohl er keine Antwort bekommt, beugt er sich nach vorn und füllt die beiden Tassen mit der duftenden Flüssigkeit.

Vorsichtig hält er Yami eine der Tassen hin. „Jono hat sicher wieder keinen Honig im Haus, darum musst du den Tee leider so trinken.“ „Ich werd’s überleben.“ Grinsend sehen sich an, während sie vorsichtig den heissen Kräutertee trinken.

Im Hintergrund hören sie immer wieder dumpf wie die Raketen explodieren. Offensichtlich wollen es die Magi wirklich wissen, so lange wie das Feuerwerk jetzt schon andauert.
 

Als sie die Tassen geleert haben sieht Yami Yugi ernst an. „Du kannst ruhig wieder zu deinen Freunden gehen. Ich komme schon klar und will dir das Fest nicht verderben“, wenn er ehrlich ist, weiss er nicht, ob er es schafft allein hier zu bleiben, denn der fremde Raum macht ihn ein wenig nervös, aber das wird er ihm sicher nicht sagen.

„Nein, schon gut. Ich bleibe gern hier bei dir. Das Feuerwerk dauert ja nicht ewig und auch das Feuer ist sicher bald runtergebrannt. Dann können wir beide wieder nach unten gehen und noch ein wenig mit den anderen feiern.“ Vermutlich ist Yami nicht bewusst, dass er im Moment seine Erleichterung deutlich zeigt, aber dadurch weiss Yugi, dass der andere eben nicht allein sein möchte.
 

Sie hören nur noch selten eine Rakete explodieren, als nicht nur Sugoroku, sondern auch die anderen beladen mit gegrillten Würstchen, Brötchen und der Salatschüssel ins Wohnzimmer kommen. Den Kuchen haben sie ja schon früher am Nachmittag gegessen.

Als Sugoroku den erstaunten Blick der beiden sieht erklärt er ihnen schnell, dass das Feuer soweit runtergebrannt ist, dass sie es nach dem Grillen mit Wasser gelöscht haben und sie nun hier oben mit ihnen zusammen feiern werden, schliesslich sei es ja egal, wo sie zusammensitzen.

Mit keinem Wort erwähnt er Yamis Panikattacke, was ihm einen dankbaren Blick von dem jungen Mann einbringt.
 

Lachend und scherzend sitzen sie im Wohnzimmer zusammen und wirklich erzählt Jonouchi wieder die Geschichte, wo er Yugi vor der grossen schwarzen Spinne gerettet hat. Dabei zeigt er mit zwei Fingern, dass das Tierchen gerade mal einen Zentimeter gross gewesen ist, was alle mit einem weiteren Lachen quittieren.

Dafür rächt sich Yugi dann, mit der Geschichte, wo Blacky Jono beim beschlagen so in den Hintern gezwickt hat, dass alle sehen konnten, was für eine schöne rote Farbe dessen Unterhose hat.
 

Während all der Geschichten sitzt Yami still neben Yugi auf dem Sofa und hört aufmerksam zu. Ab und zu kann auch er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Immer wieder trinkt er einen Schluck von seinem Kräutertee, obwohl er den Geschmack nicht wirklich mag, der dafür aber wirklich seine Nerven zu beruhigen scheint.
 

Es ist schon ziemlich spät, als sie sich schliesslich auf den Heimweg durch die erleuchteten Strassen machen. Immer wieder kommen ihnen gut gelaunte Leute entgegen, die sie aber nicht weiter beachten.
 

Zu Hause wünscht ihnen Sugoroku nur noch eine Gute Nacht, ehe er sich gähnend in sein Zimmer zurückzieht.
 

Ein paar Minuten später hat sich Yami eben erst in sein Bett gelegt, als die Zimmertür nach einem leisen Klopfen aufgeht und Yugi in das Zimmer kommt. Erstaunt setzt er sich wieder auf, doch noch bevor er dazu kommt zu fragen, was Yugi will, legt sich dieser einfach zu ihm ins Bett und unter die Decke. „Ich lasse dich nach der Panikattacke sicher nicht allein schlafen und jetzt leg dich wieder hin. Ich drehe dir auch den Rücken zu und auch wenn das Bett etwas schmal ist, werde ich versuchen dich nicht zu berühren.“

Seine Stimme lässt keine Widerworte zu, weshalb sich Yami wirklich wieder hinlegt und die Decke über sie zieht.

Irgendwie freut es ihn ja, dass sich Yugi wohl Sorgen um ihn macht, aber ob er so schlafen kann, ist eine andere Frage.

Doch entgegen seiner Befürchtung, dass er eine schlaflose Nacht haben wird, fallen ihm schon nach ein paar Minuten die Augen zu, sodass bald nur noch das tiefe Atmen von zwei Schlafenden zu hören ist.

 

 

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Yami kann uns wirklich leid tun. Noch immer hat er Albträume und dann hat er auch noch einen, wie heisst das nochmal? Ich glaube Trigger von dem Flugzeugabsturz.

Zum Glück ist ja für ihn da und kann ihn wieder in die Gegenwart zurückholen.

 

Interessanterweise werden diese heftigen Kapitel immer länger als die anderen, wo es ihm gut geht.

 

Ich hoffe auf jeden Fall, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Honigkuchen

Hallo zusammen,

 

mir ist bewusst, dass das letzte Kapitel ziemlich heftig war und hoffe, dass diese Kapitel nun etwas ruhiger wird.

Ich weiss jetzt gar nicht, was ich noch gross sagen soll. Ich hoffe einfach mal, dass die Entwicklung von Yami auch realistisch und nachvollziehbar ist.

 

Ich muss gestehen, dass ich das Kapitel stückchenweise schreiben musste. Denn Kater Jimmy ist im Moment so verschmust und anhänglich, dass er sich oft wie ein Baby in meine Arme gekuschelt hat. Auch jetzt liegt er auf mir drauf, allerdings auf meinen Beinen hinter dem Laptop.

 

Also dann, ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 16: Honigkuchen

 

 

Durch einen frechen Sonnenstrahl der direkt in sein Gesicht scheint, wird Yami aus seinem friedlichen Schlaf geweckt. Noch nicht wirklich wach kuschelt er sich an den warmen Körper neben sich und schlingt die Arme um ihn.

So liegt er noch eine ganze Weile da, bis ihm durch eine Bewegung in seinen Armen plötzlich bewusst wird, dass er nicht allein ist. Unwillkürlich hält er den Atem an und versteift sich so sehr, dass die Muskeln in seinem Körper schon beinahe zittern, als sein linker Arm, den er um den Oberkörper des anderen geschlungen hat, festgehalten wird.
 

Yugi ist sich nicht bewusst, dass er Yami festhält, hat er doch bis gerade eben die Umarmung genossen, die ihn aus seinen Träumen geweckt hat. Doch er bemerkt, wie sich die Muskeln in dem Arm unter seiner Hand anspannen. Wegnehmen tut er sie allerdings nicht. Stattdessen lässt er seine Finger über den Stoff des Schlafanzuges gleiten. „Yami, du musst keine Angst haben. Atme und versuche im hier und jetzt zu bleiben. Ich werde dich nicht daran hindern deinen Arm zurückzuziehen, wenn du das willst“, seine Stimme klingt vom Schlaf noch ganz heiser.

Trotzdem scheinen seine Worte eine beruhigende Wirkung zu haben. Denn er hört, wie hinter ihm stockend ausgeatmet wird.
 

Yami weiss nicht wie, aber er schafft es tatsächlich wieder zu atmen. Mit nervös klopfendem Herzen bewegt er probeweise seinen Arm und er wird wirklich nicht festgehalten, obwohl Yugis Hand immer noch über den Stoff gleitet. Dies scheint in seinem Kopf eine Art Schalter umzulegen. Auf einmal weicht alle Anspannung aus seinen Muskeln und er sinkt regelrecht an Yugis Rücken.

Er kann nicht mehr, seine Kräfte sind nach all den schlaflosen Nächten und der Panikattacke gestern am Ende. Seine Seele schreit danach gehalten zu werden, aber gleichzeitig macht ihm nur schon der Gedanke daran solche Angst, dass er sich am liebsten verkriechen würde.

Von diesem Zwiespalt entzwei gerissen, löst sich ein Schluchzen aus seiner Kehle und die Tränen beginnen sich einen Weg über sein Gesicht zu bahnen.
 

Von dem Schluchzen überrascht dreht sich Yugi langsam in Yamis Umarmung um. Hilflos sieht er in dessen tränennasses Gesicht. „Yami.“ Ganz langsam hebt er seine Hand und legt seine Fingerspitzen vorsichtig auf dessen Wangen. Fest sieht er in die rubinroten Augen, in denen sich die unterschiedlichsten Gefühle abzeichnen. Angst, Verzweiflung, aber auch Sehnsucht und Vertrauen.

Ihn so zu sehen, bricht Yugi das Herz. „Yami, hab keine Angst. Ich bin für dich da“, beschwörend sieht er ihn an. „Lass dich fallen. Ich werde dich auffangen.“

Im Zeitlupentempo, damit ihn Yami aufhalten kann, bewegt er seine Hand über dessen Gesicht bis zu dessen Nacken. Dort lässt er sie liegen und verstärkt den Druck so lange, bis Yami nachgibt.
 

Mit sich kämpfend folgt Yami dem Druck in seinem Nacken und lässt sich von Yugi zitternd an dessen Brust ziehen. Der feste Griff, macht ihm Angst, aber gleichzeitig braucht er diese Umarmung. Schon beinahe panisch schlingt er seine Arme um Yugi und zieht ihn fest an sich, während er nun seine Tränen nicht mehr zurückhalten kann.
 

Der feste Griff um seinen Oberkörper macht es für Yugi schwer, genügend Luft in seine Lungen zu bekommen. Trotzdem hält er Yami weiter fest umschlungen und lässt ihn sich ausweinen. Da er aus eigener Erfahrung weiss, dass Worte in solchen Momenten alles nur noch schlimmer machen können, sagt er nichts. Stattdessen liegt er da, lässt sich von Yami festhalten und streichelt immer wieder über dessen Rücken und die Haare, während die Schluchzer langsam seltener werden, bis sie schliesslich ganz verstummen.
 

Yami weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, bis er keine Tränen mehr zu haben scheint. Obwohl er sich wieder halbwegs beruhigt hat, hält er sich weiter an Yugi fest und geniesst die inzwischen leichte Umarmung. Zwar spürt er immer noch deutlich, dass sich ein Teil von ihm vor dieser Nähe fürchtet, aber zum ersten Mal seit ist die Seite in ihm stärker, die sich genau das, was er jetzt bekommt, schon lange ersehnt hat.
 

Lächelnd sieht Yugi in Yamis schlafendes Gesicht. Eigentlich hat er ja erwartet, dass sich Yami nach seinem Nervenzusammenbruch von ihm löst. Doch stattdessen hat er sich nur noch mehr an ihn gedrückt und ist schliesslich wieder eingeschlafen. Noch immer hält er ihn in einer lockeren Umarmung fest, denn jedes Mal wenn er sich von ihm lösen wollte, ist Yami wieder unruhig geworden.

„Yugi?“, hört er plötzlich leise die Stimme von seinem Grossvater. „Ja?“, antwortet er ebenso leise und blickt zur Tür, die er am Abend nicht geschlossen hatte. Dort steht Sugoroku und sieht fragend zu ihnen. „Ist alles in Ordnung?“ Leise geht er zum Bett und sieht auf den schlafenden Yami, der sich mit immer noch geröteten Wangen an Yugi festhält.

Beruhigend nickt Yugi. „Ja, er hat vorhin geweint, aber jetzt schläft er friedlich, solange ich ihn nicht loslasse.“ Da er Yami nicht aus Versehen wecken will, flüstert er nur.
 

Zufrieden und auch erleichtert lächelt Sugoroku daraufhin. „Das ist ein gutes Zeichen“, auch er flüstert nur. Schliesslich will auch er den Schlafenden nicht aufwecken. „Ich geh die Pferde füttern und dann stelle ich euch das Frühstück in deinem Zimmer auf den Tisch, ehe ich den Laden aufmache.“

„Ist gut.“ Erleichtert, dass es sein Grossvater als ein gutes Zeichen ansieht, blickt er dem alten Mann nach, bis dieser das Zimmer verlassen hat.

Wieder mit Yami allein, dreht er seinen Kopf zu ihm und lächelt leicht, als er feststellt, dass der andere wirklich immer noch schläft.

Er weiss nicht, wie lange sie so daliegen, bis er hört, dass sein Grossvater in sein Zimmer kommt und wohl das versprochene Frühstück bringt.
 

Da Yugi auch noch müde ist, beginnt er zu dösen, bis ihn eine Bewegung von Yami wieder aufweckt. Lächelnd sieht er zu, wie sich die rubinroten Augen verschlafen öffnen. „Na du?“
 

Yami braucht einen Moment, bis er soweit aufgewacht ist, dass er sich bewusst wird, dass er immer noch in Yugis Armen liegt. Doch zu seiner eigenen Überraschung wird er nicht panisch. Trotzdem löst er sich aus der Umarmung und setzt sich auf. „Wie spät ist es?“

Betont gelassen legt sich Yugi auf den Rücken und verschränkt seine Arme hinter dem Kopf. „Keine Ahnung. Die Sonne ist schon lange aufgegangen, Grossvater hat die Pferde gefüttert und den Laden geöffnet. Ach ja und in meinem Zimmer steht unser Frühstück. Also würde ich sagen, es ist Zeit für’s Frühstück.“ Eigentlich würde er Yami gern fragen, wie es ihm geht. Doch irgendetwas sagt ihm, dass er keine richtige Antwort bekommen wird.

Plötzlich ertönt ein lautes Knurren. Grinsend steht Yugi daraufhin auf. „So wie es aussieht, sind unsere Mägen auch der Meinung, dass es Frühstückszeit ist. Nimm den Stuhl mit rüber, dann können wir zusammen am Tisch sitzen. Ich geh nur schnell ins Bad.“ „Okay.“ Zum ersten Mal hat Yugi das Gefühl, dass in diesem ‚Okay’ kein ganzer Satz verborgen ist. Glücklich verlässt er das Zimmer und geht in seinen Schlafsachen nach unten.
 

Nachdenklich sieht ihm Yami nach und ist froh, dass er nun ein paar Minuten allein ist. Schnell steht er auf und zieht sich um. Irgendwie will er nicht in seinem Schlafanzug am Tisch sitzen. Auch wenn er nachher noch unter Dusche möchte.

Mit dem Stuhl geht er dann rüber in Yugis Zimmer und sieht, dass auf dem Tisch ein reich gedecktes Tablett steht. Es gibt auch Tee, der aber sicher schon kalt ist, doch das ist ihm gerade egal. Durstig greift er nach einer Tasse und gönnt sich einen grossen Schluck. Naja, heiss und mit Honig schmeckt es wirklich viel besser.
 

Als Yugi mit nassen Haaren vom Duschen wieder zurück ins Zimmer kommt, sitzt Yami schon am Tisch und wartet auf ihn. „Stört es dich, wenn ich mich noch schnell umziehe?“, fragend sieht er Yami an, der den Kopf schüttelt. „Nein, mach nur.“

Grinsend sieht Yugi, wie Yami nun demonstrativ aus dem Fenster blickt. Ihm selbst wäre es ja egal, wenn der andere ihm beim Umziehen zusehen würde, aber er sagt Nichts, sondern geht nur schnell zum Schrank und holt sich frische Sachen aus dessen Tiefen. Da das Ungetüm eigentlich für zwei Personen gedacht ist, sind die meisten Fächer leer. Es dauert nur zwei Minuten, bis er sich fertig angezogen auf den freien Stuhl fallen lässt.

„So, dann wollen wir doch mal sehen, was es so gibt. Ich bin nämlich langsam am Verhungern.“ Erst als er die zusammengekniffenen Augen von Yami sieht, fällt ihm auf, was er gerade gesagt hat. „Entschuldige“, schuldbewusst senkt er den Kopf. So dass er den anderen nur noch aus dem Augenwinkel sehen kann. „Das war dumm von mir.“
 

Dieser unbedachte Satz hat Yami mehr getroffen, als Yugi vermutet. „Yugi, wenn du mal drei oder vier Tage lang nur ein Glas Wasser bekommen hast. Erst dann weisst du, was Hunger bedeutet. An dem Tag, als du mich gekauft hast“, deutlich betont Yami das Wort gekauft, „da hatte ich seit über einem Tag weder etwas getrunken noch gegessen. Also sprich nicht von verhungern, wenn du keine Ahnung hast.“ Vorwurfsvoll blickt er Yugi an, der auf seinem Stuhl regelrecht zusammengesunken ist.

Plötzlich wird Yami bewusst, mit was für einem Ton er gerade gesprochen hat und dass sich sein Gegenüber ja schon entschuldigt hat. Um sich wieder etwas zu beruhigen, schliesst er kurz die Augen, ehe er ihn nun mit einem deutlich freundlicheren Blick ansieht. „Nun muss ich mich wohl entschuldigen. Ich habe kein Recht so mit dir zu reden, ich...“, „du hast jedes Recht so mit mir zu reden“, unterbricht ihn Yugi sofort. „Okay, wenn Fremde dabei sind, solltest du den Zusammenschiss leider auf später verschieben, aber sonst kannst du mit mir reden wie du willst.“ Betont lässig zuckt er mit den Schultern. Doch dann sieht er Yami leicht grinsend an. Was die ernste Stimmung zwischen ihnen etwas verschwinden lässt.

Auch Yami muss nun doch leicht grinsen, als er Yugis Worte hört. Irgendwie hatte ein kleiner Teil von ihm doch befürchtet, dass ihn der andere seiner Position entsprechend behandeln würde, aber wieder hat ihm der andere gezeigt, dass er wirklich anders ist, als seine vorherigen Besitzer. Was in seiner Brust ein warmes Gefühl auslöst, das er so noch nicht kennt.

„Ich werde versuchen daran zu denken, aber wir sollten jetzt wirklich anfangen zu essen.“ Schmunzelnd sieht er, wie Yugi einen Schluck Tee trinkt und daraufhin das Gesicht verzieht. Anscheinend mag er den Tee auch lieber warm.

Schweigend essen sie die leckeren Brötchen mit Honig und Marmelade und trinken ihren kalten Tee.
 

Nach dem Frühstück räumt Yugi so schnell das Geschirr zusammen, dass Yami ihm gar nicht helfen kann. „Ich kümmere mich um das Geschirr und gehe dann in den Laden um Grossvater abzulösen.“ Mit dem Tablett in der Hand sieht er Yami an. „Ich weiss ja nicht, was du heute noch machen musst, aber ich denke, dass wir uns spätestens beim Mittagessen wieder über den Weg laufen werden“, lächelnd sieht er den immer noch Sitzenden an. „Also dann, bis später.“ Das volle Tablett vor sich her balancierend geht er aus dem Zimmer. Bei der Treppe hält er dann kurz inne, da er mit vollen Händen schon einmal beinahe die oberste Stufe verpasst hat. Vorsichtig geht er nach unten, wobei er das Tablett so hält, dass er erkennen kann, wo er seine Füsse hinstellt. Unten angekommen atmet Yugi erleichtert auf und geht dann in die Küche.
 

Gerade verabschiedet Sugoroku einen zufrieden aussehenden Kunden, als Yugi in den Laden kommt. „Guten Morgen Grossvater“, herzlich umarmt er den alten Mann. „Danke, dass du dich um alles gekümmert hast.“

Als er sich wieder von ihm löst, sieht Sugoroku seinen Enkel ernst an. „Du musst dich nicht bei mir bedanken. Ich helfe dir immer gern und es macht mir Spass, zwischendurch mal wieder wie früher im Laden zu stehen.“

Zusammen mit Yugi räumt er die Stoffballen zusammen, die er auch dem Kunden gezeigt hatte und die immer noch auf dem Verkaufstresen liegen. „Wie geht es übrigens Yami?“, neugierig lehnt er sich neben seinem Enkel an das Regal.

Yugi legt erst den tannengrünen Baumwollstoff an seinen Platz, ehe er sich zu seinem Grossvater umdreht. „Ich weiss es ehrlich gesagt nicht so genau. Äusserlich wirkt er ruhig, aber als ich gesagt habe, dass ich am Verhungern bin, hat er mir eine Standpauke gehalten, die nicht ohne war“, traurig sieht er sein Gegenüber an. „Er hat mir gesagt, dass er manchmal tagelang nur ein Glas Wasser am Tag bekommen hat und dass er damals, als ich ihn gekauft habe, schon mehr als einen Tag lang weder gegessen noch getrunken hatte. Dabei hatte er doch Fieber.“

Schockiert sieht Sugoroku seinen Enkel an. Er hatte ja gewusst, dass Yami ein Lustsklave gewesen war, aber dass er zudem so schlecht behandelt worden war, das hatte er nicht vermutet.

In dem Moment geht die Ladentür auf und eine Kundin betritt den Laden.
 

Mit einem professionellen Lächeln geht Yugi zu ihr, während Sugoroku immer noch geschockt den Kopf schüttelt. Weil er hier nicht mehr gebraucht wird, geht er in die Küche. Nun muss er dringend einen Kuchen backen. Erstens lenkt das ab und zweitens kann er dabei immer wunderbar seine Gedanken ordnen und sicher ist es inzwischen so langsam Zeit, dass er mit den Vorbereitungen für’s Mittagessen beginnt.
 

Unterdessen mistet Yami gründlich die Boxen aus und füttert die Pferde, die sich hungrig wie immer auf die Heunetze stürzen. Anscheinend nehmen sie es ihm nicht übel, dass er sie gestern Nachmittag und heute Morgen vernachlässigt hat. Schliesslich stützt er sich von aussen an der Tür von Rockys Box ab und sieht dem grossen Wallach dabei zu, wie dieser ungeduldig einen Halm nach dem anderen durch die Maschen zieht.

„Ach Rocky, was soll ich nur tun? Ich kenne mich selbst nicht mehr. Einerseits wird mir bei dem Gedanken, dass mich noch einmal jemand anfassen könnte speiübel, aber gleichzeitig sehnt sich ein Teil von mir danach, dass mich einfach mal jemand festhält.“ Einen Moment schweigt er und streichelt über die Stirn von Rocky, der ihn aufmerksam ansieht. Beinahe könnte er meinen, dass ihn der Wallach versteht.

„Und dann ist da Yugi. Er ist so anders. Er behandelt mich wie einen Menschen und irgendwie hat es mir auch gutgetan, als er mich heute Morgen umarmt hat und das obwohl ein Teil von mir wieder weglaufen wollte. Dabei wäre ich gestern am liebsten einfach aufgestanden, um auf dem Sofa zu schlafen, als er sich einfach so neben mich gelegt hat.“

Wieder schweigt Yami und hängt einfach seinen Gedanken nach. „Weisst du, ich habe mich an etwas erinnert. Der Sklavenhändler, der mich versklavt hat, der hat mich Pharao genannt. Ich habe es damals vor lauter Angst und Schmerzen gar nicht wirklich realisiert, erst heute beim Ausmisten ist es mir wieder eingefallen. Was meinst du? Bin ich etwa der Pharao, der vor fünf Jahren gestorben ist? Nein, das ist unmöglich. Vom Pharao zum Sklaven ohne Erinnerung, so schlecht kann das Schicksal gar nicht sein. Wenn ich mich doch nur schon an mehr erinnern könnte.“ Frustriert legt er die Stirn auf seine überkreuzten Arme.
 

Als Yami bemerkt, dass die Sonne schon hoch am Himmel steht, geht er wieder zurück ins Haus. Sicher ist Sugoroku schon dabei das Mittagessen vorzubereiten und vielleicht kann er ihm ja dabei ein wenig helfen. Schon beim Händewaschen nimmt er den leckeren Duft nach Kuchen wahr.

„Hmmm, das riecht ja lecker“, schnuppernd steht Yami im Türrahmen. Geht dann jedoch zu Sugoroku an den Herd, statt zu dem Kuchen zu gehen, der auf der Fensterbank steht. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragend sieht er den alten Mann an, der in einem Topf rührt, in dem sich offensichtlich Kartoffelsuppe befindet.

„Du könntest schon mal den Tisch decken.“ Von Yami unbemerkt mustert ihn Sugoroku, während er gerade die Suppenteller auf dem Tisch verteilt. Geht es ihm wirklich so gut oder trägt er mal wieder eine Maske? Diese Frage stellt er sich unwillkürlich, aber er spricht sie nicht aus. Denn irgendwie hat er das Gefühl, dass er sich raushalten und dies Yugi überlassen sollte. Besonders nachdem er die beiden heute Morgen gesehen hat.
 

In dem Moment, wo er den Topf mit der Suppe auf den Tisch stellt, kommt Yugi in die Küche. „Das riecht ja lecker. Du glaubst es vielleicht nicht Grossvater, aber ich bin schon wieder am ver... ich habe schon wieder Hunger.“ Im letzten Moment schafft es Yugi, sich noch zu korrigieren. Mit der Hoffnung, dass es Yami nicht bemerkt hat, setzt er sich an den Tisch.
 

Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yami Yugi an. Natürlich hat er bemerkt, wie der Satz eigentlich lauten sollte und irgendwie kann er es ihm auch nicht verübeln. Immerhin ist diese Aussage bei den freien Menschen weit verbreitet, aber es freut ihn, dass Yugi wohl wirklich vermeiden will, sie zu benutzen.
 

Während sie Essen hört Yami schweigend zu, wie Yugi von einer besonders schwierigen Kundin erzählt, die wohl in den Laden gekommen ist, als er gerade seinen Grossvater abgelöst hatte. Anscheinend konnte sich die Dame nicht entscheiden, ob es nun Baumwolle oder Seide sein sollte und dann wusste sie wohl auch nicht, was sie für eine Farbe haben wollte. Natürlich war dann auch der Preis ein Streitpunkt gewesen, so dass Yugi wohl kurz davorgestanden hatte, sie aus dem Laden zu werfen. Was Yami wirklich erstaunt, hat er doch schon mehrfach gesehen, wie der andere mit einer Engelsgeduld jeden noch so schwierigen Kunden beraten hat, bis schliesslich alle Parteien zufrieden waren.
 

Nach dem Mittagessen stellt Sugoroku noch einen Honigkuchen auf den Tisch, den er mit einer dicken Sahneschicht bestrichen hat. Grinsend sehen die beiden Mutos, wie Yamis Augen zu glänzen beginnen, als ihm ein grosses Stück von der süssen Nachspeise vor die Nase gestellt wird. „Lass es dir schmecken. Yugis Vater hat den Kuchen geliebt und ich bin sicher dir wird er auch schmecken.“ Gespannt sieht Sugoroku zu, wie Yami einen Bissen probiert und dann schon beinahe selig die Augen schliesst. „Bei Ra, der Kuchen ist göttlich.“

Erstaunt sehen sich Yugi und sein Grossvater an. Noch nie war es so deutlich, dass Yami eigentlich ein Ägypter ist. Denn so spricht hier in Japan niemand und irgendwie hört es sich schon beinahe witzig an, wie Yami auf Japanisch einen altägyptischen Gott für ein Lob benutzt.
 

„Yami hat Recht, der Kuchen ist wirklich göttlich“, bestätigt Yugi dann mit einem verschmitzten Grinsen, als auch er einen Bissen probiert. „Es ist schon beinahe eine Schande, dass du ihn nicht öfters machst.“ Natürlich weiss Yugi, wie viel Arbeit in diesem Schichtkuchen steckt.

„Oh ja, kann ich noch ein Stück haben?“, bittet Yami mit einem regelrechten Dackelblick.
 

Verlegen über die Lobpreisungen von den beiden, wird Sugoroku tatsächlich ein wenig rot. „Ach was, göttlich ist was Anderes.“ Versucht er seine Reaktion etwas zu überspielen. „Und natürlich kannst du noch ein Stück haben, Yami. Nimm dir so viel du magst, der Kuchen ist zum Essen da und nicht zum Ansehen.“

Das lässt sich Yami nicht zweimal sagen. Mit leuchtenden Augen, greift er sich ein weiteres Stück und obwohl er danach mehr als satt ist, kann er nicht widerstehen und so kommt es, dass er sich nach drei Stücken im Stuhl zurücklehnt und eine Hand auf seinen Bauch legt. „Oh Mann, ich habe zu viel gegessen.“
 

Lachend sieht Yugi ihn an. „Das kommt davon, wenn man so ein Schleckmaul ist wie du. Ich glaube nicht mal Jono hat es schon mal geschafft drei Stück von dem Kuchen zu essen.“ Zwar hat auch er etwas zu viel gegessen, aber im Gegensatz zu Yami hat er sich nur ein Stück gegönnt.

Als Yugi hört, wie die Glocke der Kirchturmuhr einmal angeschlagen wird, steht er auf. „So ich helfe euch beiden noch kurz beim Aufräumen, aber dann muss ich zurück in den Laden.“
 

Zu dritt ist die Küche schnell aufgeräumt, auch wenn die beiden Mutos Yami schon beinahe mit Gewalt davon abhalten müssen, immer wieder von dem übrig gebliebenen Kuchen zu naschen. Obwohl er vorhin noch gesagt hat, dass er zu viel gegessen hat.
 

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Puh, ich muss sagen Yami ist ein echt schwieriger Charakter. Im Moment dreht er sich andauernd um 180°. Einmal ist er offen und gut drauf und nur schon ein paar Sätze (Minuten) später ist er vollkommen anders.

Immerhin kommt er wohl langsam seiner Herkunft auf die Spur, auch wenn er sich nur Rocky anvertraut. Pferde sind aber auch gute Zuhörer.

Irgendwie verwnundert es auch mich, dass Yami sich endlich fallen lassen konnte.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

 

 

Fahrt zum Onsen

Hallo zusammen,

 

was soll ich gross sagen. Die letzten Kapitel waren ziemlich heftig und so geht es auch weiter. Darum warne ich einfach schon mal vor, es wird heftig für Yami.

 

Mehr kann ich eigentlich nicht dazu sagen, da ich sonst zu viel verraten könnte.

 

Darum wünsche ich nur noch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 17: Fahrt zum Onsen

 

 

Gähnend kommt Yugi in die Küche, wo sein Grossvater wie immer schon das Frühstück am Vorbereiten ist. Wieso muss der Tag auch immer früher anfangen? Manchmal könnte er die länger werdenden Tage verfluchen, auch wenn sie bedeuten, dass er seinen Laden länger offenlassen kann. Richten sich doch die meisten Bewohner von Domino nach dem Lauf der Sonne und nicht nach dem Schlagen der Kirchenglocken.

Nur bedeutet das leider für ihn, dass er jeden Tag früher aufstehen muss. Wie er das doch hasst.

Seinen Grossvater kaum beachtend, nimmt sich Yugi vor sich hin grummelnd eine grosse Tasse Schwarztee. Erst als er diese geleert hat, ist sein Gehirn soweit aufgewacht, dass er ihn überhaupt bemerkt. „Guten Morgen Grossvater“, gähnend hält er sich die Hand vor den Mund. „Was machst du denn da?“, fragend sieht er den alten Mann an, der am Tisch sitzt und fleissig Brote belegt, um sie dann in einen Korb, der neben ihm auf Yamis Stuhl steht, zu legen.
 

Innerlich grinsend hebt Sugoroku seinen Blick und mustert ernst seinen immer noch verschlafen aussehenden Enkel. „Ich bereite unseren Reiseproviant vor.“ Als er den verwirrten Ausdruck in Yugis Gesicht sieht, seufzt er schwer. „Yugi, hast du etwa vergessen, was heute für ein Tag ist?“, fragend sieht er ihn an.

Nachdenklich zieht Yugi seinen Augenbrauen zusammen. „Es ist Samstag?“ Bestätigend nickt Sugoroku. „Ja, es ist Samstag und welches Datum haben wir heute?“ Manchmal ist der Junge wirklich schwer von Begriff, aber irgendwie macht ihm das Ratespiel gerade einen riesen Spass.

„Ähm“, nun tippt sich Yugi mit den Fingern sogar an die Lippen. Ein deutliches Zeichen, dass er wirklich am Nachdenken ist. „Ende Mai?“, er ist sich wirklich nicht sicher.

Nun seufzt Sugoroku theatralisch auf. Das letzte Brötchen in den Korb legend, den er nun neben sich auf den Boden stellt, sieht er seinen Enkel entrüstet an. „Yugi! Wir haben den 4. Juni und ich bereite alles für den Ausflug zu Otogis Onsen vor. Sag bloss, du hast das vergessen!“
 

Erschrocken reisst Yugi seine Augen auf. „Wir haben den 4. Juni!? Verdammt, ich dachte der wäre erst nächstes Wochenende!“ Mit beiden Händen will er sich durch die Haare fahren, als er bemerkt, dass er immer noch die Tasse in der Hand hält, da er diese an seiner Stirn anschlägt. „Ich habe noch gar nicht mit Yami gesprochen.“ Hektisch sieht er sich in der Küche um.
 

Ruhig steht Sugoroku auf und nimmt seinem Enkel die Tasse aus der Hand, bevor er diese noch fallen lässt. „Jetzt immer mit der Ruhe. Zuerst frühstücken wir in Ruhe und reden mit Yami, dass er für drei Tage packen soll und du machst das auch. In der Zwischenzeit hänge ich das Geschlossen bis zum 6. Juni Schild an die Ladentür, beginne die Küche aufzuräumen und dann spannen wir zusammen die Pferde vor den Wagen.“
 

Keiner der beiden hat gemerkt, dass Yami in die Küche gekommen ist und so die letzten Sätze von Sugoroku mitbekommen hat. Neugierig mustert er die beiden. „Warum soll ich für drei Tage packen?“

Erschrocken dreht sich Yugi zu ihm um und sieht ihn erst einmal mit wieder grossen Augen an, bis er einmal tief durchatmet. „Setz dich erst mal. Ich erkläre es dir beim Frühstück“, zuerst muss er sich nämlich selbst von dem Schock erholen, dass er beinahe den Geburtstag von seinem Grossvater, der am 5. Juni ist, verschusselt hätte.

Plötzlich von einem leichten Misstrauen gepackt setzt sich Yami auf seinen Platz und bemerkt dabei natürlich den gepackten Picknickkorb.

Dass ihm Yugi eine Tasse Tee hinstellt registriert er gar nicht, da sich seine Gedanken um dessen seltsames Verhalten drehen.
 

Als Yugi bemerkt, dass Yami ihn mit einem misstrauischen Blick mustert, seufzt er noch einmal tief auf. „Yami, es ist wirklich nichts Schlimmes. Ich habe nur vergessen, was wir für ein Datum haben.“
 

Vorsichtig abwartend verschränkt Yami die Arme vor seiner Brust. Ein Teil in ihm schreit immer lauter, dass Yugi nun sein wahres Gesicht zeigen wird, doch er klammert sich beinahe verzweifelt an die Hoffnung, dass er sich in dem anderen nicht getäuscht haben kann. „Und was ist daran so speziell, dass heute der 4. Juni ist?“
 

Natürlich weiss auch Yami was heute für ein Datum ist und er ist mal wieder der einzige Schussel im Raum, der solche Kleinigkeiten gern mal vergisst. Nicht umsonst hat er ja sein Notizbuch.

Sich irgendwie ziemlich dumm vorkommend, sieht Yugi dem anderen in die Augen. „Grossvater hat morgen Geburtstag und den Tag verbringen wir immer im Onsen von Ryuji Otogi. Das sind die einzigen Ferien die wir im Jahr machen und ich habe gedacht, dass das erst nächste Woche ist. Darum habe ich es dir auch noch nicht gesagt“, entschuldigend sieht er ihn an. „Wir haben gedacht, dass du doch mitkommen kannst, also natürlich nur, wenn du willst. Allerdings haben wir nur zwei Zimmer reserviert, wenn also kein anderes mehr frei ist, wirst du mit einem von uns beiden das Zimmer teilen müssen.“
 

Unwillkürlich entspannt sich Yami wieder, als er die Worte hört. Dabei war ihm gar nicht bewusst gewesen, wie angespannt er gewesen ist. Trotzdem ist er immer noch ein wenig unsicher, als er die Frage stellt, die ihn jetzt gerade beschäftigt. „Und ihr wollt mich wirklich mitnehmen? Das ist doch ein Familienausflug und ich...“ „... du gehörst zur Familie. Junge, für mich bist du inzwischen wie ein zweiter Enkelsohn und ich würde mich freuen, wenn du uns begleiten würdest“, unterbricht ihn Sugoroku und lächelt ihn warm an.

Sprachlos sieht Yami den alten Mann an. Im Moment ist er vollkommen überfordert und weiss einfach nicht, was er nun sagen oder machen soll. Plötzlich spürt er eine Hand auf seiner Schulter. Im Zeitlupentempo dreht er seinen Kopf zu Yugi, der schräg hinter ihm steht. Wann der andere aufgestanden und hinter ihn getreten ist, kann er nicht mal sagen.
 

Mit einem warmen Ausdruck in den Augen erwidert Yugi den Blick. „Yami, du gehörst schon seit deinem ersten Tag hier zur Familie. Ich weiss, dass das ganze hier nun sehr viel auf einmal ist. Darum schlage ich vor, dass wir nun erst mal in Ruhe essen und du kannst dir überlegen, ob du mitkommen willst oder nicht und egal wie du dich entscheidest, wir werden es akzeptieren.“ Kurz verstärkt er den Druck seiner Finger, ehe er die Hand wieder von dessen Schulter nimmt und zurück zu seinem Platz geht.

Dort setzt er sich wieder hin und greift nach einem Brötchen.

Auffordernd nickt er Yami zu, der nun endlich aus seiner Starre zu erwachen scheint und nun auch die Hand nach dem Brotkorb ausstreckt.

Schweigend sitzen sie am Tisch. Eigentlich reden Yugi und Sugoroku am Abreisetag immer sehr viel, aber da sie beide spüren, dass Yami nun in Ruhe nachdenken muss, durchbrechen sie die herrschende Stille nicht.

Nach dem Frühstück steht Yami mit einem plötzlich entschlossenen Gesichtsausdruck auf. „Ich werde dann mal packen gehen und mich dann um die Pferde kümmern. Bis nachher.“

Noch bevor Yugi oder Sugoroku etwas darauf erwidern können, ist er aus der Küche verschwunden.
 

Erstaunt sieht Yugi seinen Grossvater an. „Heisst das jetzt, dass er mitkommen wird?“, der ungläubige Ton in seiner Stimme ist deutlich zu hören.

Mit einem ernsten Ausdruck nickt Sugoroku. „Sieht ganz so aus. Es wäre ja auch langweilig für ihn, wenn er allein hierbleiben würde.“ Seinen Verdacht, dass Yami nur mitkommt, weil er nicht allein hierbleiben möchte, behält er für sich. Schliesslich kann er sich ja auch täuschen.
 

Oben im Zimmer legt Yami seine Sachen, die er mitnehmen möchte, auf das Bett und steht dann einfach nur da und sieht auf den Wäschestapel. Während des gesamten Frühstücks hatte er überlegt, was er tun soll. Eigentlich ist ihm bei dem Gedanken dieses Haus, in dem er sich inzwischen so wohl fühlt, zu verlassen nicht wirklich wohl. Nur die Tatsache, dass er dann allein hier wäre, ist für ihn noch schlimmer. Denn auch wenn er es sich immer noch nicht wirklich eingestehen möchte, braucht er die Anwesenheit von Yugi.

Noch immer quälen ihn Nacht für Nacht die Albträume und nur sein Stolz hat es bis jetzt verhindert, dass er seiner Schwäche nachgibt und um Hilfe bittet.

„Yami, hier ist eine Tasche für deine Sachen“, reisst ihn die Stimme von Yugi aus seinen Gedanken. Erschrocken blickt er daraufhin zur Tür.
 

Mit einem nachsichtigen Lächeln kommt Yugi zum Bett und legt die Tasche auf die Matratze. „Ich bin dann wieder drüben am Packen. Wenn was ist... du weisst ja wo du mich findest.“ Mit einem letzten Blick in das ernste Gesicht Yamis, dreht er sich wieder um und verlässt das kleine Zimmer.

Erst als er wieder vor seinem offenen Schrank steht, erlaubt sich Yugi ein trauriges Seufzen. So verschlossen hat er den Grösseren schon länger nicht mehr gesehen und er ist daran nicht wirklich unschuldig. Mit leichten Schuldgefühlen holt Yugi ein paar Kleidungsstücke aus dem Schrank und legt sie in die alte Tasche, die früher seinem Vater gehört hat.

Gerade als er alles fertig eingepackt hat, kommt auch Yami aus seinem Zimmer, sodass sie zusammen nach unten gehen, wo sie schon von Sugoroku erwartet werden. „Seid ihr fertig?“ Als beide bestätigend nicken, schnappt er sich den Picknickkorb und seine eigene Tasche. „Gut, dann gehen wir mal die Pferde einspannen.“ Voller Tatendrang eilt er voraus, während ihm Yami und Yugi deutlich ruhiger folgen.
 

Draussen hat Sugoroku schon seine Sachen neben der Hintertreppe auf den Boden gestellt und sieht den beiden ungeduldig entgegen. „Na kommt schon, ich will heute noch beim Onsen ankommen.“

Von dessen Vorfreude amüsiert schüttelt Yugi lächelnd den Kopf. „Immer mit der Ruhe Grossvater, wir brauchen ja nur sechs Stunden bis zum Onsen.“ Dann sieht er Yami an. „Hilfst du mir dabei die Pferde vor den Wagen zu spannen? Grossvater kann ja in der Zwischenzeit noch schnell die Pferdeäpfel zusammenkehren. Oder sollen wir es anders machen?“, fragend sieht er von Yami zu seinem Grossvater. „Also ich bin dafür. Das Geschirr wird nämlich jedes Jahr schwerer“, nickt Sugoroku zustimmend, ehe er sich, ohne auf die Antwort von Yami zu warten, umwendet.

„Dann bleibt mir wohl wirklich nichts Anderes übrig, als dir zu helfen“, kommentiert Yami nur mit einem leichten Schmunzeln und stellt seine Tasche neben die Sachen von Sugoroku.

Gemeinsam haben sie die Pferde schnell vor den Wagen gespannt und auch alle Sachen auf der Ladefläche verstaut. Nur leider haben auf der Sitzbank nur zwei Personen Platz, weshalb es sich Yami auf der Ladefläche bequem macht. Ganz sicher wird er nicht zulassen, dass Sugoroku hinten sitzt und Yugi muss die Pferde lenken.

Gemächlich fahren sie durch die Strassen von Domino bis sie das westliche Stadttor passiert haben. Erst jetzt lässt Yugi die Pferde antraben, sodass sie nun in einem zügigen Tempo die Stadt hinter sich lassen.

Neugierig betrachtet Yami die Umgebung, die immer spärlicher besiedelt ist, je mehr sie sich den Bergen nähern.

Als sie dann durch einen Wald fahren, legt er sich auf den Rücken und nutzt seine Tasche als Kopfkissen. Durch die gleichmässigen Bewegungen des Wagens fällt er nach einer Weile sogar in einen leichten Schlaf.
 

Da sich Sugoroku nach gut einer Stunde fragt, wie es Yami hinten auf der Ladefläche geht, weil sie nichts von ihm hören, dreht er sich zu ihm um und sieht schmunzelnd, dass dieser eingeschlafen ist.

„Wie geht es ihm?“ Da sich Yugi auf den Weg konzentrieren muss, kann er sich selbst nicht umdrehen, aber er hat im Augenwinkel gesehen, dass sein Grossvater gerade nach hinten gesehen hat.

Immer noch schmunzelnd blickt Sugoroku wieder nach vorn. „Er ist eingeschlafen“, beantwortet er leise die Frage von seinem Enkel, ehe er wieder ernst wird. „Was mich ehrlich gesagt nicht wundert, so müde wie er schon wieder jeden Tag aussieht, schläft er immer noch viel zu wenig.“

Zustimmend nickt Yugi, während er gleichzeitig die Pferde um die Kurve lenkt. „Ja, er hat immer noch Albträume, ich höre ihn fast jede Nacht mit einem Schrei aufwachen, aber ich will ihn nicht bedrängen, deshalb lasse ich ihn in Ruhe, ausser es hört sich zu schlimm an. Ich kann nur hoffen, dass er zu mir kommt, bevor er zusammenbricht.“ Deutlich ist in seiner Stimme die Sorge um Yami zu hören.

Weil Sugoroku nicht weiss, was er darauf antworten soll, legt er Yugi nur die Hand auf die Schulter und zeigt ihm so, dass er ihn versteht.
 

Als sie aus dem Wald kommen, lässt Yugi die Pferde wieder Schritt gehen, zwar weiss er ganz genau, dass sie in dem gemächlichen Trab noch stundenlang weiterlaufen könnten, trotzdem will er sie nicht überfordern.

Schweigend fahren sie so noch gut zwei Stunden, bis sie etwa nach der Hälfte der Strecke an einem Flussufer anhalten. Die Bremse anziehend, damit Rocky und Blacky den Wagen auf der leicht schrägen Stelle nicht selbst an Ort und Stelle halten müssen, streckt sich Yugi einmal durch. So lange Fahrten sind einfach nur anstrengend.
 

Weil sich der Wagen nicht mehr bewegt, wacht Yami aus seinem leichten Schlaf auf. Sich hinsetzend, gähnt er erst mal ausgiebig, ehe er sich die Umgebung ansieht. Sie haben auf einem Kiesplatz zwischen der Strasse und einem Fluss angehalten. Vor den Pferden kann er die Berge erkennen, die nun deutlich näher sind und in der entgegengesetzten Richtung sieht er den Wald, den sie vorhin durchquert haben.

Erst als er neben sich Yugi bemerkt, der nach den beiden Eimern und zwei, von den vier Futtersäcken greift, die sie zu Hause aufgeladen haben, richtet er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine unmittelbare Umgebung. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragend sieht er ihn an. „Du könntest für die beiden Wasser holen und ihnen die Eimer hinstellen, während ich sie füttere“, lächelnd sieht Yugi ihn an und reicht ihm die beiden Eimer, als er neben ihm hinter dem Wagen steht.

„Okay“, froh, dass er sich nützlich machen kann, nimmt Yami die beiden Eimer und geht zum nahen Flussufer, das hier relativ flach bis ans Wasser reicht, sodass er sie gut eintauchen kann.

Schwer beladen geht er dann wieder zurück und stellt die Eimer so auf den Boden, dass die beiden Pferde sie ohne Probleme erreichen können. Die sind allerdings noch damit beschäftigt ihr Mittagessen aus den Säcken zu fressen, die ihnen Yugi hinhält. „Danke, die beiden sind sicher durstig.“ Eigentlich wollte er Yami noch vorschlagen, dass er schon mal zu seinem Grossvater gehen könnte, der das Picknick am Vorbereiten ist. Doch bevor er es sagen kann, wird ihm einer der Futtersäcke aus der Hand genommen.
 

Grinsend sieht Yami den erstaunten Ausdruck in Yugis Gesicht. „Mit zwei Händen kannst du den Sack besser festhalten und Sugoroku kommt auch noch einen Moment alleine klar.“

Da er sich nun auf Rocky konzentrieren muss, der immer nachdrücklicher in dem Futtersack herumwühlt und ihm diesen dabei beinahe aus den Händen reisst, beachtet er Yugi nicht mehr länger.

Doch das stört diesen gar nicht, weil er selbst mit Blacky beschäftigt ist, der es seinem Kumpel nachmacht. Weshalb er nun froh ist, dass ihm Yami den anderen Futtersack abgenommen hat.
 

Ziemlich schnell sind dann auch die beiden Säcke geleert und sie beide nun arbeitslos, da sich Rocky und Blacky nun durstig den Wassereimern zuwenden.

Nachdem sie diese wieder auf der Ladefläche verstaut haben, gehen sie zu Sugoroku, der auf einem grossen Stein sitzt und schon am Essen ist. „Da seid ihr ja. Bedient euch, es gibt Sandwiches, kleine Kuchen, Äpfel und natürlich Wasser.“ Mit bester Laune sieht er den beiden Jungs zu, wie sie sich hungrig bedienen und schon bald kauend auf dem Boden sitzen.

Nach einer Weile, in der sie nur faul in der Sonne gelegen haben, steht Yugi plötzlich auf und geht zum Fluss. Schelmisch grinsend sieht er Yami an, der nahe am Ufer liegt und die Augen geschlossen hat.
 

Die Wärme der Sonnenstrahlen geniessend liegt Yami auf dem harten Boden, als ihn plötzlich eiskaltes Wasser im Gesicht trifft. Vor Schreck aufschreiend springt er auf und sieht sich nach dem Übeltäter um, den er in dem lachenden Yugi findet, der immer noch direkt neben dem Fluss steht. „Du...“, mit blitzenden Augen geht er auf ihn zu und packt dessen Arm. Sein Gesicht ganz nah an Yugis haltend fixiert er wütend dessen Blick. „Das ist nicht lustig.“

Bei den Worten und dem Blick vergeht Yugi das Lachen. Ausserdem schmerzt ihm von dem festen Griff der Arm. So kennt er Yami gar nicht und er macht ihm irgendwie Angst. Mit bleichem Gesicht erwidert er eingeschüchtert den wütenden Blick. „Yami, du tust mir weh und du machst mir Angst.“ Deutlich ist ein Zittern in seiner Stimme zu hören. „Yami, es tut mir leid.“ Auf einmal wird er losgelassen.
 

Erschrocken über sich selbst weicht Yami ein paar Schritte zurück. Wie konnte er nur so überreagieren. Auf die Knie sinkend sieht er Yugi um Verzeihung bittend an, denn er kriegt kein einziges Wort mehr über seine Lippen.
 

Eine Wasserflasche in der Hand haltend sieht Sugoroku den beiden schweigend zu. Natürlich hätte er eingreifen können, als Yami seinen Enkel gepackt hat, aber er ist der Meinung, dass er den Schrecken verdient hat, denn das Wasser vom Fluss ist wirklich eiskalt.

Allerdings überrascht ihn nun das Verhalten von Yami, es scheint beinahe so, dass er gerade dabei ist in ein altes Verhaltensmuster zurückzufallen. Er will schon etwas sagen, als Yugi zu Yami geht.
 

Von dem widersprüchlichen Verhalten Yamis verwirrt, kniet sich Yugi vor ihm auf den Boden. Nun ist er es, der den Blick des anderen festhält, während er ihm zusätzlich die Hände auf die Schultern legt. „Yami, ich bin dir nicht böse“, beschwörend sieht er in die rubinroten Augen, die ihn unsicher mustern. „Ich hätte das nicht tun dürfen und du hast alles Recht der Welt deswegen sauer auf mich zu sein“, nun lächelt er schüchtern. „Du hast mich einfach überrascht, denn du wirkst immer so beherrscht und ruhig.“

Lange sehen sie sich an, bis Yami das Lächeln vorsichtig erwidert. „Trotzdem tut es mir leid, dass ich dich erschreckt habe.“
 

Zufrieden und Stolz, wie Yugi sich um Yami bemüht, beobachtet Sugoroku die Szene. Schliesslich steht er auf und beginnt die Reste von ihrem Picknick zusammen zu räumen. Denn so langsam müssen sie weiter, wenn sie noch zu einer normalen Zeit beim Onsen ankommen wollen. „Kommt ihr?“, auffordernd sieht er die beiden an, die nun erst zu bemerken scheinen, dass er auch noch da ist.
 

Wie aus einer anderen Welt gerissen sieht Yugi zu seinem Grossvater. Ach ja, so langsam wird es wirklich Zeit wieder aufzubrechen. Langsam steht er auf und verzieht dabei leicht sein Gesicht, schmerzen doch seine Knie von dem harten Boden ziemlich, ausserdem beginnen seine Beine unangenehm zu kribbeln.

Auffordernd hält er Yami seine Hand hin, die dieser zu seiner Überraschung ohne zu zögern ergreift und sich von ihm hochhelfen lässt. Deutlich kann er in Yamis Gesicht erkennen, dass es ihm gleich ergeht, wie ihm. „Wir kommen gleich Grossvater, gib unseren Beinen nur kurz Zeit wieder aufzuwachen.“ Deutlich hört er ihn daraufhin lachen.

Nach ein paar Minuten gehen auch sie zum Wagen, wo Sugoroku schon auf dem Kutschbock sitzt. Geschickt klettert Yugi auf seinen Platz, während es sich Yami wieder auf der Ladefläche bequem macht. Immerhin kann ihn hier niemand mit kaltem Wasser vollspritzen.

Es dauert nur einen Moment bis sie wieder auf der Strasse sind und sich weiter den Bergen nähern.
 

In Gedanken versunken sitzt Yami da, denn ihm ist es wirklich unangenehm, dass er vorhin auf den Streich von Yugi so überreagiert hat, aber als ihn dieser mit dem kalten Wasser im Gesicht getroffen hat, ist bei ihm beinahe eine Sicherung durchgebrannt.

Hat ihn diese Situation doch an seinen ersten Besitzer erinnert.
 

Damals war er noch nicht vollständig gebrochen gewesen und mehr als einmal hat er sich damals dem Mann widersetzt, wenn dieser Dinge von ihm verlangt hat, die einfach zu pervers gewesen sind. Schaudernd erinnert er sich an das erste Mal, wo dieser seine Freunde zu einer Party eingeladen hatte und er die Hauptattraktion gewesen ist. Denn als er gemerkt hat, dass er jedem der dreissig Männer zu Diensten zu sein hat, begann er sich zu wehren, bis ihn drei Männer schliesslich überwältigt hatten. Es war Winter und sie haben ihn nur mit der Sklaventunika bekleidet nach draussen geschleppt, wo sie ihn so lange komplett in das eiskalte Wasser der Pferdetränke gedrückt haben, bis er geglaubt hatte zu ertrinken.

Das haben sie so lange wiederholt, bis er schliesslich vor Kälte zitternd aufgegeben und sich gefügt hat.

Nach endlos langen Stunden war die Party dann endlich vorbei und er konnte sich unter Schmerzen und blutend in seine kalte Kammer zurückziehen und seitdem hatte er sich nie wieder gegen irgendetwas gewehrt, denn mit Schmerzen konnte er inzwischen umgehen, aber er wollte nicht sterben und er war und ist überzeugt davon, dass ihn die meisten seiner Besitzer irgendwann umgebracht hätten, wenn er sich widersetzt hätte.

Nur hatte er nicht bedacht, dass er sich so langsam aber sicher selbst verlieren würde.
 

Auf dem Sklavenmarkt, hatte er schon mit allem abgeschlossen gehabt. Krank und am Ende seiner Kräfte konnte und wollte er nicht mehr länger so weitermachen und wenn ihn Yugi nicht gekauft und in ihm den Funken der Hoffnung neu geschürt hätte, dann... weiss er nicht, was er getan hätte.
 

Langsam und konzentriert lenkt Yugi unterdessen die Pferde über die kurvenreiche Strasse. Da er weiss, dass er Blacky und Rocky vertrauen kann, überlässt er es den beiden das Tempo zu bestimmen.

„Yugi, du solltest dir in Zukunft besser überlegen, was du tust, wenn du Yami ärgern oder ihm einen Streich spielen willst.“ Mahnend sieht ihn sein Grossvater an, als er kurz den Blick zu ihm wendet.

Seufzend schaut er dann aber gleich wieder nach vorn, da es zu gefährlich wäre, die Strasse länger aus den Augen zu lassen. „Das weiss ich jetzt auch, aber woher hätte ich wissen sollen, dass Yami so reagieren würde.“
 

Kurz schaut Sugoroku nach hinten, ob ihnen Yami zuhört. Doch dieser scheint vollkommen in Gedanken versunken zu sein. Weshalb er sich dazu entscheidet, offen mit seinem Enkel zu sprechen.

„Yugi, weisst du, wie Sklaven bestraft oder gebrochen werden können, wenn man keine Spuren hinterlassen möchte?“

Von der Frage erstaunt, kraust Yugi nachdenklich die Stirn. Was will sein Grossvater ihm sagen? „Nein, wenn ich ehrlich bin, weiss ich das nicht.“
 

„Man hat mich in eiskaltes Wasser getaucht, bis ich geglaubt habe zu ertrinken. Das geht aber nur im Winter.“ Überrascht, dass Yami wohl doch zugehört hat, dreht sich Sugoroku zu ihm um, schaut dann aber gleich wieder nach vorn, als er den abwesenden Blick von ihm bemerkt. Dabei bemerkt er den schockierten Ausdruck auf Yugis Gesicht, weshalb er ihm sicherheitshalber die Zügel abnimmt. Zwar ist er nicht mehr so geübt darin die Pferde zu lenken, aber im Moment scheint sein Enkel zu gar nichts mehr in der Lage zu sein.

Davon bemerkt Yami nichts, denn er redet nach ein paar Sekunden weiter. „Im Sommer binden sie dich vorzugsweise so lange ohne Wasser in der prallen Sonne an, bis du kurz vorm verdursten bist und deine Haut von der Sonne verbrannt ist. Das geht aber nur, wenn du noch an deinem Leben hängst. Ansonsten ist es auch sehr beliebt und auch äusserst wirkungsvoll so lange mit irgendeinem Gegenstand auf dich einzuprügeln, bis du vor lauter Schmerzen einfach alles tun würdest. Hauptsache die Folter hat ein Ende. Doch diese Methode hat bei Sklaven mit einem starken Willen nur eine kurzfristige Wirkung, viel effektiver ist da der Entzug von Nahrung und Wasser, denn wenn du kurz vorm verdursten bist und vielleicht sogar noch in einer möglichst unbequemen Position gefesselt bist, gibst du irgendwann einfach auf.“ Humorlos lacht Yami kurz auf. „Mich haben die Sklavenhändler durch Durst und Schmerzen so weit gebrochen, dass ich das meiste mitgemacht habe, als ich hier verkauft worden bin. Aber erst nachdem mich mein erster Besitzer beinahe im eiskalten Wasser ertränkt hatte, habe ich alles mit mir machen lassen.“ Das alles erzählt er mit leiser und beängstigend ruhiger Stimme, was sein kurzes Auflachen vorhin nur noch schlimmer macht.
 

Schockiert dreht sich Yugi zu ihm um. Zum ersten Mal wird ihm wirklich bewusst, wie Yamis Leben in den letzten fünf Jahren ausgesehen haben muss.

„Geh zu ihm. Ich mache das hier schon.“ Auffordernd sieht Sugoroku seinen Enkel an, denn er merkt deutlich, was hier gerade passiert. „Na los. Er braucht dich jetzt.“

Dieser letzte Satz ist es, der Yugi dazu bringt, vorsichtig über die Rückenlehne zu klettern. Im Zeitlupentempo kniet er sich seitlich vor Yami hin, der mit einem leeren Blick vor sich hinstarrt. Im ersten Moment, weiss er nicht, wie er sich verhalten soll, doch dann hebt er im Zeitlupentempo seine Arme. „Yami, ich werde dich jetzt umarmen. Wenn du das nicht willst, dann sag es mir.“ Ganz leicht legt er seine Hände auf dessen Oberarme, deutlich spürt er die angespannten Muskeln. Da Yami aber nichts sagt, lässt er seine Hände weiter zum Rücken gleiten. Mit einem leichten Druck zieht er ihn zu sich und kommt ihm auch selbst entgegen, bis sich ihre Oberkörper berühren.
 

Bis aufs äusserste angespannt lässt es Yami zu, dass ihn Yugi zu sich zieht. Zu sehr ist er noch in seinen Erinnerungen gefangen, die durch das bisschen Wasser wieder an die Oberfläche gespült worden sind.

Doch irgendwann lässt er seinen Kopf auf Yugis Schulter sinken und beginnt wieder zu atmen. Erst jetzt bemerkt er, dass er eine ganze Weile lang, die Luft angehalten hatte. „Was machst du nur mit mir?“, unbewusst spricht er die Worte aus.
 

Deutlich spürt Yugi, dass sich Yami in seinen Armen immer mehr entspannt. „Ich bin für dich da“, unbewusst verstärkt er ein wenig seinen Griff. „Es tut mir leid, dass ich vorhin nicht mehr nachgedacht habe und darum schlimme Erinnerungen geweckt habe. Dabei soll doch der Ausflug auch dir gefallen.“
 

Die Umarmung inzwischen geniessend, nickt Yami leicht ohne dabei seinen Kopf von der Schulter zu nehmen. „Ist schon gut, du konntest es ja nicht wissen.“ Vorsichtig legt er seine Arme um Yugi und beginnt zum ersten Mal eine Umarmung, die von Yugi begonnen worden ist, zu erwidern. Lange verharren sie so schweigend, geniessen einfach nur die Nähe des anderen.
 

Je länger die Umarmung andauert, desto mehr spürt Yami eine angenehme Wärme, die sich in seinem Körper auszubreiten beginnt und immer mehr die Kälte, die schon so lange in seinem Inneren herrscht zu verdrängen beginnt.

Er kennt dieses Gefühl nicht und irgendwie macht es ihm auch Angst, aber gleichzeitig ist es so schön, dass er es nicht mehr loslassen möchte.
 

Irgendwann schmerzen Yugis Knie so stark, dass er sich bedauernd von Yami lösen muss. Unerwartet deutlich spürt er, dass er nur widerstrebend losgelassen wird, was ihn Lächeln lässt. Anscheinend hat es nicht nur ihm gefallen.

Sich umblickend sieht er, dass sie noch etwa eine Stunde unterwegs sein werden und dass sein Grossvater ohne Probleme mit den Pferden zurechtkommt. Er also ruhig noch länger hier hinten bleiben kann.

Leicht verzieht er das Gesicht, als er sich neben Yami setzt und seine schmerzenden Beine unter Yamis aufmerksamen Blicken ausstreckt. Erst als er sich bequem hingesetzt hat, legt er seinen Arm wieder um dessen Schultern und zieht ihn leicht zu sich runter, bis er wieder dessen Kopf auf seiner Schulter spürt. „Weisst du, es ist keine Schande auch mal schwach zu sein. Im Gegenteil, ich finde es zeugt von Stärke, wenn man zugeben kann, dass man Hilfe gebrauchen könnte.“ Da er keine Antwort erwartet, schliesslich ist der andere eigentlich sehr stolz, ist er auch nicht enttäuscht als dieser nichts dazu sagt.
 

Yami ist froh, dass ihm Yugi im Moment alles abnimmt und ihn auf sanfte Art und Weise zu dieser Nähe zwingt. Denn auch wenn sie ihm inzwischen gefällt und auch guttut, könnte er sich doch nie dazu überwinden, sie von sich aus einzuleiten.

Was er damals gemacht hat, als es Yugi schlecht ging, war etwas ganz Anderes gewesen. Yugi hat ihn gebraucht und nicht er ihn.
 

Sie sitzen so lange schweigend da, bis sie den Onsen erreichen und Sugoroku die inzwischen erschöpften Pferde anhalten lässt.
 

 

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Okay, das Kapitel ist nicht wirklich schön geworden. Dafür erfahren wir wieder etwas aus den letzten fünf Jahren von Yamis Leben.

Und was meint ihr? Entwickelt Yami etwa langsam Gefühle für Yugi?

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel trotz des ernsten Themas gefallen und vielleicht sagt mir auch mal einer der stillen Mitleser, was er von der Geschichte hält. Ich würde mich jedenfalls drüber freuen und wer das nicht öffentlich machen will, mein ENS Postfach ist immer geöffnet. ;-)

 

Eure mrs_ianto

Der erste Abend im Onsen

Hallo zusammen,

 

nach dem letzten Kapitel, wo wir und die Mutos ja wieder etwas mehr aus Yamis Vergangenheit erfahren haben, geht es auch schon weiter. Die drei sind ja nun beim Onsen angekommen und mal sehen wie es nun bei ihrem ersten Urlaub zu dritt ergehen wird.

 

Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 18: Der erste Abend im Onsen

 

 

Yugi steigt als erster von der Ladefläche und streckt dann erst mal seinen Rücken durch, so lange Reisen mit der Kutsche ist er einfach nicht gewohnt. Als Yami sich neben ihm auch zu Boden gleiten lässt, sieht er ihn lächelnd an, wird jedoch sofort wieder ernst, als er das Lederband um dessen Hals sieht.

Einer plötzlichen Eingebung folgend, blickt er sich kurz um. Gut, es ist ausser ihnen niemand zu sehen. Da sich Yami gerade wieder umdreht, weil er ihr Gepäck von der Ladefläche heben möchte greift er nach dessen Arm. „Warte einen Moment“, nun ernst erwidert er den fragenden Blick. „Halt kurz still.“ Leicht nervös greift er nach dem Lederband und zieht es ihm aus. Bevor es noch jemand sehen kann, steckt er es in seine Tasche, die er auf der Ladefläche zu sich zieht.

Inzwischen ist auch Sugoroku zu ihnen getreten und sieht verwundert zwischen den beiden hin und her, ehe er seinen Enkel mit einer hochgezogenen Augenbraue ansieht. Sagen tut er aber nichts.

Trotzdem weiss Yugi ganz genau, was dieser Blick zu bedeuten hat. „Hier sind wir weit genug von Domino weg. Wenigstens in den drei Tagen, die wir hier sind, soll er kein Sklave sein“, nun sieht er zu Yami, der ungläubig mit der Hand seinen Hals umfasst. „Yami, bis wir zurück fahren bist du kein Sklave, sondern ein Gast von Grossvater und mir, der uns hierher begleitet.“
 

Da Yami nicht weiss, was er sagen oder wie er sich verhalten soll nickt er nur. Auch wenn er das Halsband in den letzten Monaten nur getragen hat, wenn er entweder mit Sugoroku das Haus verlassen oder Yugi im Laden geholfen hat, fühlt es sich trotzdem seltsam an, dass es nun nicht um seinen Hals liegt. Erst das Räuspern von Sugoroku lässt ihn zu dem alten Mann sehen. „Ich bin dabei. Schliesslich bist du ein Familienmitglied und sollst auch so behandelt werden.“

Da er nun irgendeine Ablenkung braucht, damit er sich wieder etwas sammeln kann, beginnt er sich seine Umgebung anzusehen. Sie haben vor einem typisch japanischen Holzhaus angehalten, das zusammen mit einem anderen Gebäude, vermutlich die Ställe, den grossen Platz auf zwei Seiten einrahmt. Direkt vor ihnen kann er sehen, dass der Kiesplatz in einen Weg übergeht, der sie wohl noch weiter in die Berge führen würde. Hinter dem Hauptgebäude sieht er einen leichten Nebel aufsteigen. Was das wohl ist?

Weil plötzlich ein Stallbursche auftaucht und beginnt die Pferde mit der Kutsche wegzuführen, fragt er nicht nach, sondern greift stattdessen nun auch nach seiner Tasche, die wohl Yugi vorhin neben ihm auf den Boden gestellt hat und folgt den beiden Mutos zum Eingang, wo sie schon geduldig auf ihn warten.
 

Mit einem nachsichtigen Lächeln sieht Sugoroku den jungen Mann an, der offensichtlich gar nicht wirklich glauben kann, was Yugi gerade getan hat. „Es ist schön hier, nicht wahr? Aber komm jetzt erst mal mit rein, wir müssen noch schauen, ob noch ein Zimmer frei ist oder ob du mit Yugi eins teilen musst.“
 

Während sich Yami immer noch aufmerksam alles ansieht, folgt er Sugoroku an Yugis Seite in den Empfangsraum, wo hinter der Rezeption ein schwarzhaariger Mann sitzt. Dieser steht nun auf und kommt mit einem erfreuten Gesichtsausdruck auf sie zu, was ihn leicht zögern lässt, so dass er nun einen Schritt hinter Yugi stehen bleibt und ihn so unbewusst als eine Art Schutzschild benutzt.
 

Kurz vor Sugoroku bleibt Otogi stehen und verneigt sich respektvoll vor dem alten Mann. „Herr Muto, ich freue mich Sie und Ihren Enkel wieder hier begrüssen zu dürfen. Ihre Zimmer sind schon vorbereitet und warten nur auf Sie.“
 

Lächelnd erwidert Sugoroku die leichte Verneigung. „Wir haben uns schon das ganze Jahr darauf gefreut wieder hierher zu kommen. Allerdings sind wir eine Person mehr“, mit dem besten Pokerface aller Zeiten deutet er auf Yami, der schräg hinter Yugi steht. „Yami ist ein entfernter Verwandter und lebt jetzt bei uns. Haben Sie noch ein Zimmer frei? Ansonsten würde er bei Yugi im Zimmer übernachten.“
 

Nachdenklich sieht Otogi die drei Männer an. „Da muss ich kurz nachschauen, aber ich befürchte, dass wir komplett ausgebucht sind und wenn, dann nur noch ein Zimmer auf der anderen Seite des Gebäudes frei ist und ich denke nicht, dass das in Ihrem Sinne ist, aber natürlich ist es auch kein Problem, wenn sich die beiden jungen Männer ein Zimmer teilen“, geschäftig dreht er sich zur Rezeption um und schlägt ein grosses Buch auf.“
 

Während Otogi durch die Seiten blättert, zwinkert Sugoroku seinem Enkel grinsend zu. Das läuft ja besser als gedacht, denn wenn er ehrlich ist, hat er sich schon ein wenig gesorgt, als Yugi so spontan auf diese Idee gekommen ist und Yami das Lederband ausgezogen hat.

Mit einem bedauernden Blick dreht sich Otogi wieder zu seinen Gästen um. „Es ist wirklich, wie ich befürchtet habe, es ist nichts mehr frei“, entschuldigend sieht er seine Gäste an. „Aber ich werde sofort einer meiner Angestellten Bescheid geben, dass sie eine zweite Bettwäschegarnitur in das Zimmer von ihrem Enkel bringen soll, Herr Muto.“

Mit einem leichten Kopfnicken nimmt Sugoroku diese Information zur Kenntnis. „Das ist kein Problem, die Betten sind für zwei Personen ja mehr als breit genug.“

Diese Worte scheinen den Schwarzhaarigen zu beruhigen, denn er wirkt auf einmal deutlich weniger angespannt. Nun wieder mit einem professionellen Lächeln greift er nach hinten zum Schlüsselbrett und nimmt zwei Zimmerschlüssel. Mit den Worten, dass sie wie immer die Zimmer mit den Nummern 21 und 22 haben, übergibt er diese Sugoroku, ehe er einer jungen Frau zuruft, dass sie auf das Zimmer mit der Nummer 21 eine weitere Bettwäschegarnitur bringen soll.
 

Mit einer Unterschrift bestätigt Sugoroku, dass sie die Schlüssel erhalten haben und bezahlt auch gleich die 30 Silbermünzen für ihren Aufenthalt.

Weil sie jedes Jahr die gleichen Zimmer haben, verzichten sie darauf, von einem Bediensteten zu ihren Zimmern geführt zu werden.
 

Während Yami das alles schweigend beobachtet, fällt ihm auf, dass alle Angestellten Sklavenhalsbänder tragen, die offensichtlich für die niederen Arbeiten zuständig sind. Erst als ihn Yugi an seinem Arm berührt, wird er aus seinen Beobachtungen gerissen. „Kommst du Yami?“ Den Kleineren nun ansehend, nickt er kurz.

Seine Umgebung weiter aufmerksam musternd, folgt er den beiden Mutos durch die Flure, deren Wände mit hellem Holz verkleidet sind. Sie müssen an mehreren Türen vorbeigehen, ehe sie ihre Zimmer erreichen.

„Also Jungs, hier ist der Schlüssel. Ich würde sagen, wir richten uns erst ein und sehen uns dann entweder beim Becken oder beim Abendessen wieder“, grinsend übergibt Sugoroku Yugi den Schlüssel mit der Nummer 21. Allerdings braucht Yugi diesen gar nicht, denn in dem Moment wird die Tür von einer jungen Sklavin geöffnet. „Entschuldigen Sie. Ich habe nur die Bettwäsche gebracht.“ Mit gesenktem Blick verneigt sie sich, ehe sie eilig davonläuft.

Einen Moment lang sieht Yugi der Sklavin hinterher, wendet sich dann aber wieder zu seinem Grossvater um. „Ist gut, dann bis später.“

Zusammen mit Yami betritt Yugi ihr Zimmer, das anders als von der Einrichtung des Onsens zu erwarten ist, über ein richtiges Bett verfügt. Zufrieden sieht er, dass auf dem breiten Bett nun wirklich noch eine zweite Decke und ein weiteres Kissen liegen.

Nun erleichtert, dass alles geklappt hat, stellt er seine Tasche auf den Boden und lässt sich mit einem Seufzen auf die Matratze sinken.
 

Neugierig sieht sich Yami unterdessen in dem Zimmer um, während er auf die andere Seite des Bettes geht, wo er sein eigenes Gepäck auf den Boden stellt. Erst dann geht er zu der grossen Schiebetür, neben der ein Fenster das Tageslicht in den Raum lässt. Da Yugi ihn bis jetzt nicht aufgehalten oder angesprochen hat, greift er nach dem Türgriff und schiebt die Tür daran zur Seite. Staunend sieht er nach draussen, ehe er zögernd über die Schwelle tritt. Vor ihm liegt eine Art kleiner Garten, der von einem Blickschutz aus Bambus umgeben ist. In der Mitte befindet sich im Boden eingelassen ein natürlich aussehendes, aber ganz klar künstliches Becken, das mit dampfendem Wasser gefüllt ist. Daher kommen also die leichten Nebelschwaden, die er vorhin gesehen hat. Als er sich weiter umsieht, bemerkt er, dass noch eine weitere Tür in den Garten führt, die wohl zu Sugorokus Zimmer gehört.

Nun wird ihm auch klar, was der alte Mann gemeint hat, dass sie sich beim Becken wiedersehen werden.

„Wie ich sehe, hast du unseren privaten Pool schon entdeckt“, reisst ihn Yugis Stimme aus seinen Beobachtungen. „Ja, nennt ihr das Hotel darum Onsen?“, fragend sieht er den anderen an, der nun neben ihn tritt. „Du hast es erfasst. Onsen heisst ja heisse Quelle und das Hotel liegt mehr oder weniger direkt unter einer“, als Yugi den zweifelnden Blick sieht, muss er breit grinsen. „Die Quelle liegt ein Stück den Hang hoch und die Otogis haben diese schon vor Jahren angezapft. Durch diverse Rohre leiten sie das heisse Wasser in mehrere Becken, die von einem oder mehreren Zimmern aus zugänglich sind.“

Nun verstehend nickt Yami und sieht wieder zu dem Becken, wo er nun auch den Zulauf entdeckt, der für frisches Wasser sorgt, wo es abläuft, kann er aber nicht erkennen. In dem Moment öffnet sich die Tür von Sugorokus Zimmer und der alte Mann kommt nur mit einer weiten schwarzen Badehose bekleidet heraus. „Ihr seid ja immer noch angezogen. Wollt ihr etwa mit den Klamotten ins Wasser?“ Mit bester Laune geht er an ihnen vorbei und steigt in das dampfende Wasser.

Grinsend sieht Yugi seinem Grossvater zu, der sich mit einem wohligen Seufzen immer tiefer ins Wasser gleiten lässt, bis dieser offensichtlich auf der im Wasser verborgenen Bank sitzt.

„Was meinst du Yami, wollen wir uns auch umziehen?“, fragend sieht er den Grösseren an, der mit verschränkten Armen dasteht und auf das Wasserbecken sieht, sich aber nun zu ihm umdreht. „Ich weiss nicht, ich habe auch gar keine Badehose dabei.“ Ernst sieht er Yugi an und hofft, dass dieser das Argument akzeptieren wird, aber leider grinst der ihn nur an. „Ich weiss, darum habe ich auch zwei Paar eingepackt. Sie wird bei dir vielleicht etwas enger anliegen als bei mir, aber das macht ja nichts.“ Zwar merkt Yugi, dass es Yami bei dem Gedanken an ein Bad in dem heissen Wasser wohl nicht ganz wohl ist, aber er entscheidet sich dafür, das zu ignorieren, solange ihm dieser nichts sagt.

Als er sich umdreht, um wieder ins Zimmer zu gehen, blickt er den Grösseren nur auffordernd an.
 

Mit einem tonlosen Seufzen folgt Yami der stummen Aufforderung und geht hinter Yugi zurück in ihr Zimmer. Dort ist Yugi schon dabei in seiner Tasche zu wühlen. Es dauert auch nicht lange, bis ihm eine Badehose aus schwarzem Stoff hingehalten wird, der aus einem komplett anderen Material ist, als die Sachen die er gerade anhat. „Das ist ein ziemlich teurer Stoff der Magi. Er saugt sich nicht so voll wie Baumwolle oder Leinen. Ich habe ihn vor ein paar Jahren auf dem grossen Markt in Edo gekauft.“ Erklärt ihm Yugi, als er sieht, wie er den Stoff genau musternd in den Händen hält.

Verstehend nickt Yami. „Ach so, die ist also aus Polyester.“
 

Nun ist es an Yugi ihn mit grossen Augen anzustarren. Denn wieder einmal hat Yami unbewusst bewiesen, dass er mindestens sehr intensiv mit den Oberschicht zu tun gehabt haben muss, wenn er vor seiner Versklavung nicht sogar selbst dazugehört hat. Denn wirklich keiner aus dem einfachen Volk kennt den Begriff Polyester, er selbst kennt ihn ja auch nur von seiner Zeit bei den Takeshis.

Um sich nichts anmerken zu lassen, blickt Yugi wieder in seine Tasche und zieht eine weitere Badehose hervor, die ebenfalls schwarz ist, da er damals nur den einen kleinen Ballen aus schwarzem Polyester gekauft hat.

Ohne weiter auf Yami zu achten, der immer noch auf der anderen Seite des Bettes steht, beginnt er sich auszuziehen, bis er vollkommen nackt im Zimmer steht. Erst jetzt wird ihm bewusst, wie das auf den anderen wirken könnte, weshalb er kurz zu ihm rüber schielt. Doch zum Glück scheint Yami nicht auf ihn zu achten. Trotzdem zieht er sich schnell seine Badehose an und zieht die Kordel am Bund fest genug, dass sie ihm nicht aus Versehen runterrutschen kann. Als er zur nach draussen geht, dreht er sich im Türrahmen kurz zu um. „Ich bin dann schon mal draussen im Wasser.“
 

Nachdem Yugi ihn allein gelassen hat, setzt sich Yami auf das Bett. Die Badehose immer noch in der Hand blickt er lange auf einen imaginären Punkt auf dem Boden. Erst muss er sich wieder sammeln, da er vorhin sehr wohl auf Yugi geachtet und ihn der Anblick verwirrt hat.

Er weiss nicht, wie lange er nur so dagesessen ist, bis er beginnt sich mit langsamen Bewegungen auszuziehen. Bei seiner Shorts zögert er kurz, doch dann streift er sie entschlossen ab, ehe er nach der Badehose greift. Tatsächlich sitzt sie bei ihm deutlich enger als bei Yugi, aber da sie weit genug geschnitten ist, passt sie ihm trotzdem.
 

Nervös, weil ihm das viele Wasser auf einer rein instinktiven Ebene Angst macht, nähert sich Yami dem Becken, in dem die beiden Mutos sitzen und mit geschlossenen Augen die Wärme geniessen. Denn obwohl es schon Juni ist, ist die Luft hier oben ziemlich frisch, so dass sich auf seiner Haut nun eine leichte Gänsehaut bildet.
 

Als Yugi die leisen Schritte hört, verfolgt er den Ton, ohne die Augen zu öffnen. Erst als er nichts mehr hört und auch das Plätschern ausbleibt, das anzeigen würde, dass Yami in das Becken steigt, öffnet er sie und sieht zu Yami der zögernd am Beckenrand steht. Lächelnd steht er von der Bank auf und zeigt so deutlich, dass er locker in dem Wasser stehen kann. Langsam geht er auf den anderen zu, bis er direkt vor ihm steht. Immer noch lächelnd steigt er auf die verborgene Stufe, die den Ein- und Ausstieg ein wenig erleichtern soll und hält ihm die Hand hin. „Hab keine Angst, das Wasser ist nicht tief, du siehst ja, dass auch ich locker stehen kann und du bist grösser als ich.“

Geduldig wartet Yugi auf Yamis Entscheidung und rechnet eigentlich fest damit, dass dieser sich gegen ein Bad im warmen Wasser entscheiden wird. Doch er wird wieder einmal überrascht, denn eine leicht zitternde Hand legt sich auf seine.
 

Innerlich vor Angst schreiend lässt es Yami zu, dass ihm Yugi dabei unterstützend hilft, als er sich langsam bückt und schliesslich seine Beine in das wirklich beinahe heisse Wasser gleiten lässt. Auf dem Rand sitzend muss er sich erst einmal Mut zusprechen. Erst als sich sein Herzschlag wieder etwas beruhigt hat, kann er sich dazu überwinden weiter in das Wasser zu gleiten. Sich an Yugis Hand festklammernd, rutscht er vom Rand und stellt erleichtert fest, dass er wirklich sicher stehen kann.
 

Deutlich bemerkt Yugi, wie viel Überwindung es Yami kostet in das Wasser zu steigen, weshalb er ihn nur unterstützt und peinlichst darauf achtet, ihn auch ja nicht aus Versehen an der Hand zu ziehen. Der eigentliche Boden ist nun nur noch einen grossen Schritt weiter unten und um das deutlich zu machen, steigt er von der Stufe, so dass das Wasser nun seinen oberen Bauch umspielt.
 

Aufmerksam mustert Yami, bis wohin bei Yugi das Wasser reicht. Das Becken ist offensichtlich wirklich nicht sehr tief. Den Griff seiner Hand noch weiter verstärkend, überwindet er auch noch diese letzte Hürde. Erleichtert stellt er dann fest, dass er nun nur bis zum Bauchnabel im Wasser steht. Trotzdem spürt er seinen rasenden Herzschlag bis in den Hals.

Erst als er eine leichte Bewegung an seiner Hand spürt, bemerkt er, dass er seine Augen geschlossen hat. Als er sie öffnet, sieht er, dass Yugi direkt vor ihm steht und ihn lächelnd ansieht. „Meinst du, dass du es schaffst mit mir zu den Bänken zu gehen?“ Yugis Stimme ist ganz sanft, was ihm deutlich zeigt, dass die Entscheidung ganz allein bei ihm liegt.

Kritisch sieht er zu Sugoroku, der etwa drei Meter entfernt dasitzt. Dann richtet er seinen Blick wieder auf diese amethystfarbenen Augen, die ihn geduldig ansehen. „Ja, ich denke schon.“ Dass diese Worte Yugi viel bedeuten, bemerkt Yami an dem Strahlen, das sich nun auf dessen Gesicht legt. Zu seiner Überraschung wird nun auch seine andere Hand ergriffen.

„Ich helfe dir.“ Ganz langsam beginnt Yugi rückwärts zu gehen. Dabei achtet er genau auf die Körpersprache von Yami. Dieser bleibt so lange stehen, bis er entweder mitgehen oder ihn zurückhalten muss und tatsächlich beginnt Yami sich vorwärts zu bewegen. Schritt für Schritt nähern sie sich so den Bänken, bis Yugi an deren Kante stösst. Dennoch zieht er Yami weiter, bis dieser direkt vor ihm steht. Wie ein Kind lenkt er ihn zur Seite und legt ihre Hände auf die Sitzfläche.
 

Deutlich spürt Yami den Stein unter seinen Fingern, was die Panik, die ihn in den letzten Minuten immer wieder zu übermannen drohte etwas weiter in den Hintergrund rücken lässt. Doch erst als sich Yugi hinsetzt, überwindet er sich noch einmal und lässt sich ebenfalls auf die steinerne Bank sinken.

Nur langsam beruhigt sich sein rasender Herzschlag und erst nach einer kleinen Ewigkeit kann er das angenehm heisse Wasser anfangen zu geniessen.
 

Aufmerksam beobachtet Yugi, wie sich Yami immer mehr zu entspannen scheint, was er auch an seiner Hand spüren kann, die nun nicht mehr schmerzhaft umklammert wird. Plötzlich fällt ihm etwas ein. „Yami? An deinem ersten Tag bei uns, da habe ich dich doch in die Badewanne gesteckt. Hattest du da auch solche Angst?“
 

Bei der Frage sieht Yami nachdenklich zu Yugi. Wie soll er ihm erklären, was er selbst nicht versteht. „Nein, ich hatte keine Angst. Im Gegenteil, ich habe es genossen endlich mal wieder in warmen Wasser baden zu können. Es ist nur, das Becken ist viel grösser als die Badewanne und dann auch noch draussen...“, die letzten Worte flüstert er nur noch, dennoch scheint ihn Yugi verstanden zu haben. Wenn er den plötzlich festeren Druck von dessen Hand richtig deutet.
 

Mitfühlend und verstehend sieht Yugi ihn an. „Du musst nichts weiter sagen. Ich verstehe schon.“ Tatsächlich kann er sich, nach dem was er heute erfahren hat, vorstellen was in Yami vorgeht. Eine Pferdetränke ist grösser als eine normale Badewanne und sie steht draussen...

Da er ihn nicht weiter bedrängen will, stellt Yugi keine weiteren Fragen. Denn er ist sich bewusst, wie viel Yami heute schon aushalten musste.
 

Lange sitzen sie schweigend im heissen Wasser. Sugoroku, weil er es geniesst, wie das Wasser seinen alten Muskeln und Gelenken guttut. Yugi und Yami weil sie in ihren eigenen Gedanken versunken sind.
 

Erst als sie einen leisen Gong hören, steht Sugoroku auf. „Ich geh mich mal wieder anziehen, bis nachher ihr beiden.“ Aufmerksam, aber unauffällig mustert er Yami. Denn er hat natürlich mitbekommen, dass dieser weit über sich hinauswachsen musste, um zu ihnen ins Wasser zu kommen.

Hoffentlich ist sich sein Enkel bewusst, wie sehr ihm Yami vertraut und dass er aufpassen muss, dass er ihn nicht aus Versehen verletzt.

Mit diesen Gedanken wendet sich Sugoroku ab und geht gemütlich auf die andere Seite des Beckens, weil er dort leichter aus dem Wasser steigen kann.
 

Als sein Grossvater das Becken verlässt, steht auch Yugi auf. „Kommst du Yami? Der Gong zeigt an, dass ab jetzt das Abendessen im Speisesaal serviert wird und wenn ich ehrlich bin habe ich inzwischen ganz schön Hunger.“

Da Yami seine Hand schon vor einer ganzen Weile losgelassen hat, hält er sie ihm wieder hin. Doch diesmal wird sie nicht ergriffen.
 

Entschlossen, den Weg zu den Stufen allein zu schaffen, steht Yami auf und ignoriert dabei die angebotene Hand. Allerdings hält er sich möglichst nahe an Yugi als er ihm durch das Wasser folgt.

Stolz, dass er es geschafft hat, seine Angst zu überwinden, steigt er aus dem Wasser. An der kühlen Luft beginnt er sofort zu frösteln und greift nach den Badetüchern, die auf einer Ablage aus Holz neben dem Becken liegen. Eines davon gibt er gleich an Yugi weiter.

Fest rubbelnd trocknet er sich dann mit seinem Badetuch ab und schlingt es sich dann um die Schultern.

Nebeneinander laufen sie durch das weiche Gras in ihr Zimmer, wo Yami hinter ihnen die Tür zuzieht.
 

Schnell ziehen sie sich an, wobei Yugi es einfach nicht schafft seinen Blick von Yami zu nehmen, der ihm den Rücken zuwendet. Deutlich kann er das Brandmal sehen, das den anderen für alle Zeiten als Sklaven kennzeichnet, auch wenn er in zwei Jahren ein freier Mann sein wird.

Ausserdem fällt ihm auf, dass Yami nicht mehr ganz so mager ist, wie noch vor drei Monaten und er deutlich an Muskeln zugelegt hat. May hatte aber Recht, als sie sagte, dass er nicht der Typ für Muskelberge ist. Im Gegenteil, sie verleihen ihm ein athletisches Aussehen, was Yugi mehr als gut gefällt.

Leer schluckend, wendet sich Yugi schnell seinem dunkelblauen Shirt zu, als er bemerkt, dass sich Yami umdreht.

Zum Schluss zieht er noch eine hellgraue Jacke an, die ihn dank Mays Fähigkeiten, optisch etwas grösser erscheinen lässt.

Als er wieder zu Yami sieht, bleibt ihm im wahrsten Sinne des Wortes der Mund offenstehen. Denn dieser hat zu seinem grauen T-Shirt noch die beigefarbene Weste angezogen, was ihn zusammen mit der braunen Hose und dem fehlenden Sklavenhalsband einfach zum Anbeissen aussehen lässt.
 

Natürlich bemerkt Yami den Blick von Yugi, was ihn dazu bringt an sich runterzusehen. Doch er sieht nichts, was ihm erklären könnte, warum ihn der andere gerade so ansieht. „Was ist denn los? Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ Unsicher verschränkt er seine Arme vor der Brust.
 

Von der Frage aus seiner Starre gerissen, reisst sich Yugi von dem Anblick los und sieht Yami nun direkt in die Augen, in denen eine Unsicherheit zu erkennen ist, die ihn daran erinnert, was der andere durchgemacht hat. Das bringt ihn dazu, seine wahren Gedanken nicht auszusprechen. „Es nichts. Du siehst nur gerade so... exotisch aus.“

Um seine Verlegenheit zu überspielen wendet er sich halb zu der Tür um. „Kommst du? Grossvater wartet bestimmt schon im Speisesaal auf uns.“
 

Yami ist sich sicher, dass Yugi eigentlich etwas Anderes gedacht hat, aber er akzeptiert dessen Antwort, ohne weiter darauf einzugehen.

„Ja, ich komme.“ Gemeinsam verlassen sie das Zimmer und gehen den langen Flur entlang. Inzwischen hat er sich daran gewöhnt, dass er sein Lederband nicht trägt und irgendwie ist es ein unglaublich gutes Gefühl mal nicht als Sklave erkannt zu werden.
 

Im Speisesaal angekommen sehen sie sich suchend um, bis sie Sugoroku entdecken, der an einem Tisch neben einem Fenster sitzt, das den Blick auf die majestätischen Berge ermöglicht.

Kaum haben sie sich zu ihm gesetzt, kommt ein Kellner mit den Menükarten an den Tisch. „Guten Tag die Herren. Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?“

Sugoroku ist der erste, der sich ein Wasser bestellt und auch Yugi nimmt sich das gleiche.

Nun richtet sich der Blick des Kellners auf ihn. „Ähm, ich weiss nicht“, als ihn der Blick von Yugi trifft, strafft sich Yami. „Haben Sie Orangensaft?“

„Natürlich, ich bringe Ihnen gleich ein Glas.“ Geflissentlich notiert sich der Kellner die bestellten Getränke, ehe er wieder geht.

Erst jetzt greift Yami nach seiner Karte und beginnt sie zu studieren. Irgendwie muss er sich von dem Chaos, das gerade in ihm herrscht ablenken.
 

Aufmerksam beobachten Yugi und Sugoroku wie sich Yami verhält. Damit sie ihm helfen können, wenn er überfordert sein sollte. Schliesslich ist das hier eine ganz neue Situation für ihn.
 

Nach ein paar Minuten kommt der Kellner mit den Getränken zurück und stellt sie vor ihnen auf den Tisch. „Haben die Herren schon gewählt?“, eifrig hält er seinen Stift in der Hand, während er von einem zum anderen sieht.

„Also ich nehme den Sushi Teller und eine Misosuppe“, eröffnet Sugoroku wieder die Bestellrunde.

„Und ich möchte gern den Unagi haben und nehme auch eine Misosuppe“, macht Yugi weiter. Denn Aal hat er schon lange nicht mehr gegessen. „Und was möchtest du Yami?“, fragend sieht er nun seinen Tischnachbarn an.
 

Unsicher ob er sich einem der beiden anschliessen soll, blickt Yami hilfesuchend von einem zum anderen. Bis Sugoroku schliesslich das Wort ergreift. „Also wenn du nicht weisst, was du möchtest, Ramen schmeckt sehr gut und wenn du keine weitere Suppe willst, die machen hier auch ganz leckeren Salat.“

Erleichtert, dass ihm der alte Mann so geschickt aus seiner Zwickmühle hilft, nickt Yami dankbar. „Dann nehme ich Ramen und einen Salat.“

Sorgfältig notiert sich der Kellner ihre Bestellungen. „Sie haben sehr gut gewählt.“ Die Karten wieder an sich nehmend, verneigt sich der Mann kurz, ehe er wieder geht um die Bestellungen an die Küche weiterzuleiten.
 

Erst jetzt kommt Yami dazu, sich in dem Saal umzusehen. Die Wände sind in einem hellen Ton gestrichen, der ihn irgendwie an die Farbe von Eierschalen erinnert und viele Öllampen tauchen den Raum in ein warmes Licht, das noch durch die brennenden Kerzen auf den Tischen untermalt wird. Er zählt nicht die Tische, aber geschätzt sind es mindestens zwanzig, die beinahe alle besetzt sind und so deutlich zeigen, dass der Onsen ziemlich gut laufen muss.

Nur mit halbem Ohr hört Yami zu, wie sich Yugi und Sugoroku unterhalten und zwischendurch immer mal wieder leise lachen. Dass sie ihn nicht in ihr Gespräch mit einbeziehen, stört ihn nicht. Er ist sogar froh, denn so kann er sich in Ruhe umsehen.
 

Obwohl in der Küche viel zu tun sein muss, dauert es nicht lange, bis der Kellner ihnen ihr Essen bringt und sich erkundigt, ob er ihnen noch etwas bringen kann, was sie alle verneinen.

Nachdem er wieder gegangen ist, wünschen sie sich gegenseitig einen guten Appetit und beginnen hungrig zu essen.
 

Nach dem Essen machen sie sich gemeinsam auf zu ihren Zimmern und als sich Sugoroku vor den Türen von ihnen mit einem Zwinkern verabschiedet, merkt man deutlich, dass der alte Mann mehr als gute Laune hat.
 

In ihrem Zimmer geht Yami gleich zur Terrassentür und schiebt sie zur Seite. Die untergehende Sonne lässt den Himmel in leuchtenden roten Farben erstrahlen.

In Gedanken versunken beobachtet er das Farbenspiel.

Der Abend war für ihn unglaublich gewesen. Denn zum ersten Mal seit er sich zurückerinnern kann, ist er von anderen Leuten, die nicht zu seinem direkten Umfeld gehören, wie ein Mensch behandelt worden. Ihm ist gar nicht bewusst gewesen, dass sich ein Teil von ihm danach gesehnt hat.
 

An den Türrahmen gelehnt beobachtet Yugi, wie Yami dasteht und in den sich langsam verdunkelnden Himmel schaut.

Woran er wohl denkt?

Hat er sich vielleicht an etwas aus seiner verschütteten Vergangenheit erinnert?

Da er ihn nicht stören will zieht sich Yugi wieder leise ins Zimmer zurück und setzt sich an den Tisch, wo er nach dem Krug greift und sich ein Glas Wasser einschenkt. Nach einer Weile zündet er die Öllampe an, was die Dunkelheit draussen noch mehr zu verstärken scheint.
 

Yami weiss nicht, wie lange er draussen gestanden hat, als es ihn anfängt zu frösteln, da die Sonne schon lange untergegangen ist. Mit einem letzten Blick auf den Sternenhimmel geht er zurück ins Zimmer und schliesst die Tür sorgfältig ab. Erst dann dreht er sich um und blickt sich suchend um, denn er kann Yugi nirgends entdecken.

Gerade als er nach ihm rufen will, öffnet sich die Badezimmertür und Yugi kommt nur mit einer Shorts bekleidet herein. „Na, ist es dir doch noch zu frisch geworden?“ Lächelnd sieht Yugi ihn an, während er zum Bett geht und nach seinem Schlafshirt greift, das er vorhin auf die Decke gelegt hat. „Ich weiss nicht, wie es dir geht, aber ich bin todmüde und gehe ins Bett. Du kannst ja ruhig noch aufbleiben. Mich stört es nicht, wenn noch Licht brennt. Ach ja, auf dem Tisch steht ein Krug mit Wasser.“

Demonstrativ gähnend hebt er die Decke an, ehe er sich auf’s Bett setzt und diese über seine Beine zieht.
 

Die ganze Zeit hat Yami nichts gesagt, denn es hat ihm irgendwie die Sprache verschlagen, als Yugi nur mit der Shorts bekleidet aus dem Bad gekommen ist. Doch nun, wo sich dieser unter der Decke einkuschelt, kommt wieder Leben in ihn. „Ich bin auch müde.“

Blind greift er nach seiner Tasche, da er Yugi nicht aus den Augen lassen will und hebt sie auf seine Seite des Bettes. Er braucht einen Moment, bis er seinen Schlafanzug gefunden hat.

Mit diesem und dem Necessaire geht er ins Badezimmer, wo er sich eilig für die Nacht vorbereitet.

Als er wieder ins Zimmer kommt scheint Yugi schon eingeschlafen zu sein, weshalb er besonders leise zu dem Tisch geht, um sich noch ein Glas Wasser zu gönnen. Nachdem er die Lampe gelöscht hat, schleicht Yami im Dunkeln zum Bett und legt sich auch hin.

Leise wünscht er Yugi eine gute Nacht, ehe er sich mit dem Rücken zu ihm bequem hinlegt und seine Decke fest um sich wickelt. Trotz seiner aufgewühlten Gefühle dauert es nicht lange, bis auch er eingeschlafen ist.
 

 

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Na, was haltet ihr von Yugis kleiner Überraschung? Yami scheint ja noch etwas überfordert zu sein, dass er plötzlich von allen wie ein Mensch behandelt wird.

 

Eigentlich sollte in diesem Kapitel der ganze Aufenthalt im Onsen erzählt werden, aber irgendwie ist schon dieser erste Abend sehr lange geworden. Darum geht's nächste Woche mit Sugorokus Geburtstag weiter.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Sugorokus Geburtstag

Hallo zusammen,

 

ich bin wieder einmal sprachlos. Ihr seid so gute Leser, dass ich sogar mitiviert zum schreiben bin, wenn ich eigentlich gar keine Lust dazu habe. Irgendwie ein Widerspruch, aber es ist so.

 

Ihr wartet ja schon sicher gespannt auf den Geburtstag von Sugoroku, weshalb ich gar nicht mehr viel sagen möchte. Ausser viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 19: Sugorokus Geburtstag

 

 

Im Halbschlaf versucht Yugi sich umzudrehen, allerdings spürt er einen deutlichen Widerstand, so dass er den Versuch schnell aufgibt. Ausserdem ist es so schön warm, weshalb er sich näher an die Wärmequelle kuschelt und wieder in einen tieferen Schlaf hinübergleitet.
 

Murrend schlägt Yami die Augen auf, da ihm ein eklig heller Sonnenstrahl genau ins Gesicht scheint. Er braucht einen Moment, bis ihm klar wird, dass er sich nicht in seinem eigenen Bett befindet und das erste Mal seit Wochen wieder eine Nacht ohne Albträume durchgeschlafen hat.

Nur was ist das für ein Gewicht, das seitlich auf seinem Oberkörper liegt? Langsam blickt er nach unten und stellt erstaunt fest, dass Yugi in seinen Armen schläft und den Kopf auf seiner Brust abgelegt hat.

Verwirrt blickt er sich um und stellt fest, dass er nicht mehr auf seiner Seite des Bettes liegt, sondern in der Nacht wohl zu Yugi unter die Decke gerutscht ist. Denn seine eigene Decke liegt zusammengeknüllt am Fussende.

So langsam dringen auch die Erlebnisse des vergangenen Tages wieder in sein Bewusstsein und mit ihnen breitet sich ein Gefühl des Friedens in ihm aus. Unbewusst verstärkt den Griff um Yugi und geniesst die Wärme, die sich wieder in seinem Inneren ausbreitet.

Er weiss nicht, wie lange er so dagelegen ist und dem anderen beim Schlafen zugesehen hat, als sich der kleinere Körper beginnt zu regen.

Amüsiert sieht er zu wie sich die amethystfarbenen Augen langsam öffnen, sich dann das Gesicht aber sofort in seinem Oberteil vergräbt, weil das helle Licht der Morgensonne blendet.
 

Murrend, dass die Sonne so hell ist, vergräbt Yugi sein Gesicht in dem weichen Stoff unter seinen Händen. Ausserdem ist es so schön warm, weshalb er eigentlich gern noch ein wenig vor sich hindösen würde, aber dann fällt ihm auf, an wen er sich da kuschelt. Ruckartig richtet sich Yugi auf und sieht auf Yami runter, der ihn schmunzelnd ansieht. Da er mit einer ganz anderen Reaktion gerechnet hat, ist er im ersten Moment verwirrt. Doch dann grinst er schief zurück. „Guten Morgen. Sorry, dass ich dich als Kissen benutzt habe. Bist du schon lange wach und hast du gut geschlafen?“, aufmerksam beobachtet er Yamis Gesichtsausdruck. Nur für den Fall, dass er schon wieder einen Fehler gemacht hat.
 

Da er Yugi loslassen musste, als dieser sich aufgerichtet hat, verschränkt Yami seine Arme hinter dem Kopf. „Erstens, du musst dich nicht entschuldigen, denn ich liege auf deiner Seite des Bettes. Zweitens, ich bin schon eine Weile wach und habe gut geschlafen, aber da ich dich nicht wecken wollte... .“ Zwar beendet er den Satz nicht, aber Yugi scheint trotzdem zu ahnen, was er sagen wollte. „... bist du liegen geblieben.“ Nur ganz leicht nickt Yami, denn eigentlich weiss er nicht, was er wirklich sagen wollte.
 

Erst jetzt sieht sich Yugi um und bemerkt, dass sie beide wirklich auf seiner Seite liegen und dazu noch unter einer Decke. Was normalerweise ja nichts Ungewöhnliches wäre, denn es kann ja wirklich passieren, dass man im Schlaf herumwandert, dass es Yami aber relativ locker zu nehmen scheint, erstaunt ihn.
 

Yami würde gern noch liegen bleiben, aber seine Blase drückt langsam immer mehr, weshalb er sich langsam aufrichtet und die Decke zurückschlägt. Als er den fragenden Blick von Yugi bemerkt, hält er in seinen Bewegungen inne. „Ich muss mal ins Bad.“
 

Verstehend nickt Yugi und sieht zu, wie er ins Bad geht. Erst als die Tür geschlossen ist, lässt er sich wieder ins Kissen zurückfallen. Nur langsam beruhigt sich sein schneller Herzschlag und auch das Kribbeln in seinem Bauch lässt langsam nach, das eingesetzt hatte, als er bemerkt hat, dass er sich an Yami kuschelt. Irgendwie macht es ihn glücklich. Doch gleichzeitig zieht es schon beinahe schmerzhaft an ihm, dass er nie mehr als Freundschaft bekommen wird. Besonders nach dem was Yami in den letzten Jahren durchmachen musste, grenzt es ja schon beinahe an ein Wunder, dass er ihn so nahe an sich heranlässt und Yugi ist entschlossen, dieses Vertrauen nicht zu missbrauchen.

Mit einem leisen Seufzen steht nun auch er auf und beginnt die Sachen rauszulegen, die er nach einer heissen Dusche anziehen möchte. Gerade als er sein Shirt auf den Kleiderstapel legt, öffnet sich die Badezimmertür.
 

Mit noch nassen Haaren und lediglich einem Handtuch um die Hüften geschlungen, betritt Yami das Zimmer. Seinen Schlafanzug hält er in den Armen. Schliesslich muss er bei Yugi keine Angst haben, dass ihm dieser das Handtuch wegnehmen und ihn bäuchlings auf die Matratze drücken wird.
 

Als Yugi Yami sieht muss er leer schlucken. Weshalb er eiligst seine Kleider nimmt und an ihm vorbei ins Bad huscht.

Hinter sich die Tür schliessend atmet er tief durch, denn nach diesem Aufwachen war der Anblick beinahe zu viel für seine Selbstbeherrschung gewesen.

Mit fahrigen Bewegungen zieht er sich seine Schlafsachen aus. Eigentlich müsste er ja auch auf die Toilette, aber zuerst will er duschen, um einen klareren Kopf zu bekommen und seine Nerven etwas zu beruhigen.
 

Verwirrt über das Verhalten von Yugi sieht Yami zur geschlossenen Tür. Hat er was falsch gemacht? Da er jedoch ziemlich sicher keine Antwort bekommen würde, selbst wenn er den anderen jetzt Fragen könnte, schiebt er den Gedanken zur Seite. Stattdessen geht er zu seiner Tasche und beginnt sich entspannt anzuziehen. So wohl wie heute hat er sich schon lange nicht mehr gefühlt, eigentlich noch nie, wenn er ehrlich ist und darum haben Grübeleien heute keinen Platz.

Als er fertig angezogen ist, nimmt er eine Rolle Papier, die durch ein rundes Holz im Innern stabilisiert ist, aus der Tasche. Mit dieser in der Hand geht er zur Glastür und sieht in den Garten hinaus, wo das Wasser in der Morgensonne zu glitzern scheint.
 

So steht er auch noch da, als Yugi fertig angezogen und wieder deutlich ruhiger ins Zimmer kommt. Lächelnd sieht er ihn an, während er nun nach einem flachen Päckchen greift. „Wollen wir zu Grossvater rübergehen? Wir frühstücken an seinem Geburtstag immer in seinem Zimmer, aber wenn du willst kannst du auch gern in den Speisesaal gehen und dort essen“, absichtlich lässt Yugi ihm wieder die Wahl.
 

Von dem Vorschlag allein im Speisesaal zu essen überrascht, zieht Yami die Augenbrauen zusammen und legt sogar den Kopf leicht schief. „Yugi, natürlich werde ich mit euch beiden frühstücken und das nicht nur, weil Sugoroku heute Geburtstag hat.“ Während er geredet hat, ist er zu Yugi gegangen und hat ihm sogar die Hand auf die Schulter gelegt. Ernst sieht er ihn an. „Mir ist bewusst, was du versuchst und es ehrt dich, aber es ist nicht nötig“, um seine Worte zu verdeutlichen verstärkt er den Druck auf die Schulter. „Yugi, du weisst so vieles nicht, darum wird es immer wieder Situationen geben, die für mich schwierig oder mit unangenehmen Erinnerungen verbunden sind, aber das ist auch meine Schuld, weil ich dir nicht alles erzählen will und kann. Sei einfach weiterhin du selbst, dann machst du es auch für mich einfacher, mit meiner Vergangenheit fertig zu werden“, nun grinst Yami schief, als er an den Vorfall am Fluss zurückdenkt. „Es kann allerdings schon sein, dass ich vielleicht das eine oder andere Mal etwas lauter werden könnte.“
 

Mit grossen Augen, hört Yugi zu. Als er dann das schiefe Grinsen von Yami sieht, kann er nicht anders als ebenfalls zu Grinsen. „Na gut, aber beschwer dich später nicht“, nickt er leicht um zu zeigen, dass er verstanden hat.

Erst jetzt fällt ihm auf, dass Yami die ganze Zeit eine Papierrolle in der anderen Hand hält. „Was ist denn das? Ist das nicht das Papier worum du mich vor einer Woche gebeten hast?“, neugierig betrachtet er die Rolle.

Amüsiert folgt Yami seinem Blick. „Ja, das ist das Papier worum ich dich gebeten hatte und wenn wir bei Sugoroku sind, wirst du auch erfahren, was ich damit gemacht habe.“
 

Deutlicher hätte sein Hinweis kaum sein können. Weshalb ihn Yugi nun an seiner freien Hand nimmt und regelrecht zur Glastür zieht. Ohne seine Hand loszulassen schiebt er diese mit Müh und Not auf, da er ja immer noch das flache Päckchen in der Hand hält und eilt dann mit ihm in Schlepptau durch den Garten zu dem anderen Zimmer, wo die Tür schon einladend offensteht.
 

Widerstandslos lässt sich Yami einfach mitziehen, obwohl er sich ohne Probleme aus dem lockeren Griff hätte befreien können. Irgendwie macht es ihm sogar Spass, wenn Yugi so kindisch ist.

So kommt es, dass er immer noch von Yugi festgehalten wird, als sie in Sugorokus Zimmer stehen und ihm dabei zusehen, wie er ein üppiges Frühstück auf einer Art Tischdecke, die er über das Bett gebreitet hat, aufstellt.
 

Natürlich hat Sugoroku gehört, wie die beiden Jungs reingekommen sind. Schliesslich haben sie sich keine Mühe gegeben leise zu sein. Trotzdem richtet er ihren improvisierten Frühstückstisch in Ruhe her, ehe er sich zu den beiden umdreht. Natürlich fällt ihm sofort auf, dass Yugi die Hand von Yami festhält und wenn dieser jemand anderes wäre, dann würde das bestimmt bedeuten, dass die beiden etwas mehr als Freunde sind. Vor allem, weil er weiss was Yugi für den anderen fühlt.

Fröhlich grinsend geht er mit ausgebreiteten Armen auf die beiden zu. „Guten Morgen Jungs.“
 

Sich von der guten Laune anstecken lassend, umarmt Yugi seinen Grossvater. „Guten Morgen und ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag.“ Den alten Mann loslassend geht wieder einen Schritt zurück und hält ihm das kleine flache Geschenk hin. „Das ist von May, Jono und mir. Sie wünschen dir auch alles Gute und dass du noch mal 66 Jahre unter uns weilst.“ Gespannt sieht er zu, wie sein Grossvater das Geschenk gerührt annimmt und es neugierig mustert.

Bevor er es jedoch auspackt, drückt er seinen Enkel noch einmal fest an sich. „Ich danke dir und wenn wir wieder zu Hause sind auch den anderen beiden.“ Nun kann er es aber nicht mehr erwarten, weshalb er sich auf die Bettkante setzt und vorsichtig das Geschenk auspackt. Schliesslich kann man das Papier noch einmal verwenden.

Mit grossen Augen sieht er dann die flache Schachtel an. „Yugi, das sind ja meine Lieblingspralinen. Ihr seid ja wahnsinnig, mir so ein teures Geschenk zu machen.“ Gerührt blickt er zu seinem Enkel, der sich nun lächelnd vor ihm hinkniet und die Hände auf seine Knie legt. „Grossvater, das sagst du jedes Jahr und jedes Mal sage ich dir, dass wir drei der Meinung sind, dass du das verdient hast.“ Eine Weile lang sehen sich die beiden an, bis Sugoroku den Blickkontakt löst und zu Yami sieht, der sie beide aufmerksam beobachtet.

Lächelnd legt er die Pralinenschachtel zur Seite, bevor er aufsteht und zu ihm rübergeht. „Ich freu mich, dass du auch hier bist und sogar mal wieder richtig ausgeschlafen aussiehst. Die Bergluft scheint dir gut zu tun.“
 

Verlegen senkt Yami den Blick. Ist ihm doch bis jetzt nicht bewusst gewesen, dass der alte Mann bemerkt hat, dass er nicht gut schläft. Doch zum Glück sieht er jetzt die Papierrolle in seiner Hand. „Ähm, ich habe hier was für dich. Es ist nichts Besonderes, aber du hast mir ja erzählt, dass du dich für Ägypten interessierst.“ Nervös hält er ihm sein Geschenk hin. Hat er doch noch nie jemandem ein Geschenk gemacht.
 

Sprachlos sieht Sugoroku auf die Papierrolle und muss sich erst daran erinnern, dass er sie entgegennehmen sollte. Nie hätte er gedacht, dass Yami weiss wann er Geburtstag hat oder ihm etwas schenken würde.

Schon beinahe ehrfürchtig hält er das Geschenk in seinen Händen, dessen einzige Zierde drei rote Stoffbänder sind, die das Aufrollen des Papiers verhindern. Mit leuchtenden Augen sieht er sein Gegenüber an. „Yami, ich weiss nicht was ich sagen soll und das ist wirklich selten. Ich danke dir. Darf ich dich umarmen?“

Als er das leichte Nicken von Yami sieht, kann er sich nicht mehr zurückhalten und zieht ihn in eine feste Umarmung. Nach ein paar Sekunden lässt er ihn wieder los. „Ich bin stolz auf dich, mein Junge.“ Noch einmal sieht er ihn warm an, ehe er sich wieder aufs Bett setzt und ein Band nach dem anderen löst.

Ganz langsam entrollt er das Papier und dann stockt ihm der Atem. Denn er blickt auf die detailgetreueste Zeichnung des ägyptischen Herrschersitzes in Theben, die er jemals gesehen hat. Deutlich kann er den Nil und die Tempel erkennen, die das Palastgebäude flankieren.
 

Unsicher legt sich Yami eine Hand in den Nacken und reibt diesen leicht. „Ich weiss, es nichts Besonderes, aber...“ „Nichts Besonderes?“, unterbricht ihn Yugi, der das Bild über die Schulter von seinem Grossvater gebeugt betrachtet hat. „Yami, die Zeichnung ist der Hammer und nicht nur ich bin der Meinung. Grossvater ist sprachlos und das will was heissen. Wir haben schon Bilder von dem Palast in Kundgebungsschreiben gesehen, aber die waren bei weitem nicht so detailliert wie das hier. Man glaubt beinahe den Wüstenwind auf der Haut zu spüren.“

Von dem Lob noch verlegener werdend, merkt Yami, wie sich eine ungewohnte Wärme in seinem Gesicht ausbreitet.
 

Endlich findet Sugoroku seine Stimme wieder. „Yami, das Bild ist einfach unglaublich. Ich weiss nicht, wie ich dir danken soll.“ Mit einem Strahlen im Gesicht sieht er den jungen Mann an, der mit geröteten Wangen dasteht und irgendwie gar nicht zu wissen scheint, was er jetzt tun soll. „Na los, komm her und setz dich zu uns, damit wir frühstücken können“, hilft er ihm so wie immer aus der Klemme.

Sorgfältig rollt er das Papier um den Holzstab und fixiert es wieder mit den Schnüren, ehe er sie neben sich zu den Pralinen legt.
 

Froh, dass ihm Sugoroku wieder mal weiterhilft, setzt sich Yami neben Yugi auf das Bett und betrachtet nun zum ersten Mal, die Auswahl an diversesten Speisen. Neben den typisch japanischen Sachen, sieht er auch die gewohnten Brötchen und sogar eine Schale mit Honig, die unauffällig zwischen diversen Trockenfrüchten steht. Neugierig nimmt er eine getrocknete Aprikose und beisst vorsichtig ein Stückchen ab. Überrascht blickt er den Rest in seinen Fingern an, ehe er ihn sich in den Mund schiebt. Geniessend schliesst er seine Augen, während er die Frucht sorgfältig kaut.

Kaum hat er sie runtergeschluckt, greift er sich eine dunkelbraune und längliche Frucht. Als er abbeisst, reisst er die Augen auf. „Das ist ja eine Dattel!“
 

Erstaunt über den Ausruf sehen Sugoroku und Yugi zu Yami. Doch dieser bemerkt das gar nicht. Erst als ihm Yugi eine Tasse Tee in die Hand drückt, löst er seinen Blick von der angebissenen Dattel.

„Ich habe dir schon einen Löffel Honig reingetan“, grinsend sieht er zu Yamis anderer Hand. „Und ja, das ist eine getrocknete Dattel. Otogi lässt die immer importieren, weil viele diese Dinger mögen.“ Mit gerümpfter Nase sieht er die Frucht an, was Yami schmunzeln lässt. „Du scheinst nicht dazu zu gehören und danke für den Tee.“

Kopfschüttelnd winkt Yugi ab. „Ich kann Datteln nicht ausstehen. Erstens sehen sie seltsam aus und zweitens schmecken sie mir einfach nicht.“

Bevor Yami antwortet, isst er noch den Rest der honigsüssen Frucht. „Dann solltest du mal frische probieren, die schmecken viel milder als die getrockneten oder vielleicht magst du ja lieber Feigen... “, nun greift er sich eine Feige und beisst genüsslich ab. Ihm ist gar nicht bewusst, was er da so erzählt.
 

Mit grossen Augen sehen sich Yugi und sein Grossvater an. Yami redet, als würde er diese sauteuren Früchte jeden Tag essen und frische Datteln gibt es hier gar nicht. Doch dann lächelt Sugoroku. „Dann geniesse die Leckereien. Ich bin nämlich auch nicht gerade ein Fan davon. Ausserdem sind sie viel zu teuer, darum kaufen wir sie nicht.“ Er selbst greift nun nach einer kleinen Schale Reis und beginnt langsam zu essen. Irgendwie ist es zwischendurch schon schön, wenn man das Frühstück nicht selber machen muss.

Auch Yugi greift nun endlich zu, aber er bevorzugt die Brötchen, da er am Morgen wirklich keine Lust auf etwas hat, das seiner Meinung nach eher ein Mittagessen ist.
 

Yami ist so in seinen geschmacklichen Entdeckungen gefangen, dass er die Worte von Sugoroku gar nicht wirklich mitkriegt. Doch so langsam hat auch er genug von den Trockenfrüchten, weshalb er nun auch zu einem Brötchen greift und es mit Honig bestreicht.
 

Eine angenehme Ruhe herrscht im Zimmer, während die drei Männer auf dem Bett sitzen und ihr Frühstück geniessen. Erst als sie wirklich nichts mehr essen können, lehnt sich Sugoroku stöhnend zurück „Ich weiss ja nicht wie es euch geht, aber ich habe ganz klar zu viel gegessen.“

Zustimmend nickt Yugi, während er sich auch den Bauch reibt. „Oh ja, ich auch, aber einmal im Jahr muss man das einfach. Besonders wenn es heisst‚ iss so viel du willst es kostet immer gleich viel’.“ Als er zu Yami schielt kann er sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Denn zum ersten Mal scheint es auch dieser etwas übertrieben zu haben. Zumindest deutet er seine Körpersprache so. „Hast du auch zu viel gegessen?“, kann er sich die Frage trotzdem nicht verkneifen.
 

Mit hochgezogener Augenbraue erwidert Yami den Blick, was mehr als deutlich sagt, was er denkt. „Du hast schon intelligentere Fragen gestellt.“ Ist sein einziger Kommentar, während er sich noch eine getrocknete Traube in den Mund schiebt, obwohl sein Magen wirklich mehr als übervoll ist.
 

Plötzlich klatscht Sugoroku in die Hände. „Na, wenn das so ist, dann habt ihr beiden sicher nichts gegen einen ausgedehnten Verdauungsspaziergang einzuwenden.“

Das synchrone Aufstöhnen der beiden Jungs lässt ihn breit grinsen, dass Yugi von den alljährlichen Wanderungen nicht begeistert ist, weiss er. Doch dass Yami wohl genauso tickt, hätte er nicht gedacht, aber da heute sein Geburtstag ist und er darum ihr Tagesprogramm traditionsgemäss bestimmen darf, steht er nun schwungvoll auf. „Los ihr beiden. Schuhe anziehen und Jacken holen. Wir treffen uns vor dem Haupteingang.“ Vor Unternehmungslust beinahe übermütig, schiebt er die beiden regelrecht aus seinem Zimmer und schliesst die Tür hinter ihnen.
 

Im Garten sehen sich die beiden einen Moment lang nur an, bis Yugi auf Yamis unausgesprochene Frage antwortet. „Wenn einer von uns Geburtstag hat, darf er das Tagesprogramm bestimmen. Also soweit wie es möglich ist und Grossvater will immer eine Wanderung durch die Berge machen“, entschuldigend blickt er den Grösseren an. „Wenn du keine gute Ausrede parat hast, musst du auch mitkommen.“

Während er weitergeht, bleibt Yami an Ort und Stelle stehen, bis sich Yugi an ihrer Tür zu ihm umdreht. „Kommst du?“, auffordernd sieht er ihn an, bis er sich in Bewegung setzt und ihm in ihr gemeinsames Zimmer folgt.

Dort ziehen sie sich ihre Schuhe an, auf die sie vorhin wegen den paar Metern verzichtet haben.

Nachdem sie noch einmal im Bad gewesen sind, verlassen sie ihr Zimmer und gehen durch den langen Flur bis zum Haupteingang, wo Sugoroku mit einem kleinen Rucksack schon auf sie wartet. Diesen drückt er Yugi mit den Worten, dass da etwas Proviant drin ist, in die Hand.
 

Amüsiert über den leidenden Gesichtsausdruck von Yugi sieht Yami zu wie dieser den Rucksack anzieht. Doch dann hat er doch noch ein wenig Mitleid mit ihm. „Ich kann dir ja den Rucksack abnehmen, wenn du willst.“

Sie sind schon auf dem Weg, den Yami am gestrigen Tag gesehen hat, als er eine Antwort bekommt. „Ich komme vielleicht später darauf zurück“, zwinkert ihm Yugi zu, während sie Sugoroku folgen, der fröhlich pfeifend vor ihnen hergeht.
 

Neugierig betrachtet Yami die Umgebung. Noch befinden sie sich in einem Tannenwald, durch dessen Äste die Sonne Muster auf den Boden malt.

Manchmal hört er einen Vogel singen und hin und wieder raschelt es in den Büschen, aber sonst ist es beinahe vollkommen still und friedlich.

Er weiss nicht, wie lange sie schon gelaufen sind, als plötzlich das Rauschen von Wasser an seine Ohren dringt, das immer lauter wird.

Plötzlich lichtet sich vor ihnen der Wald und sie stehen vor einem Wasserfall, der über eine hohe Felswand nach unten in einen kleinen See stürzt, bevor das Wasser als Fluss weiter fliesst.

Da sie auf einer Grasfläche stehen, die etwas auf halber Höhe zwischen der Oberkante des Wasserfalls und des Sees liegt, fühlt er sich beinahe wie ein Vogel, der das Schauspiel aus der Luft beobachtet. Erst mit Verspätung bemerkt Yami, dass eine schmale Hängebrücke mit Holzplanken auf die andere Seite führt. Durch die Gischt glänzt das Holz in der Sonne.

Ehrfürchtig steht er einfach nur da und lässt die Atmosphäre dieses Naturschauspiels auf sich wirken.
 

In der Zwischenzeit hat Yugi den Rucksack ausgezogen mehrere Wasserflaschen hervorgeholt. Eine reicht er seinem Grossvater und auch Yami drückt er eine in die Hand, ehe er selbst einen grossen Schluck aus seiner eigenen Flasche nimmt. Der Aufstieg ist anstrengend gewesen, weshalb er nun sehr durstig ist und dass es den beiden anderen auch so ergeht kann er gut daran sehen, dass sie ebenfalls mit grossen Schlucken trinken. Erst dann beginnen sie die Sandwiches zu essen, die ihnen das Personal des Onsens eingepackt hat.
 

Nach der kurzen Pause verstauen sie die Flaschen wieder im Rucksack, den Yugi nun Yami in die Hände drückt.

Da sie eine Art Rundwanderung machen wollen, müssen sie nun die Brücke überqueren. Sich auf beiden Seiten mit den Händen an den Seilen festhaltend, gehen sie vorsichtig und langsam über die glitschigen Planken. So erreichen sie nach ein paar Minuten sicher die andere Seite der kleinen Lichtung.

Noch einmal dreht sich Yami zu dem Wasserfall um, der von dieser Seite irgendwie ganz anders wirkt. Erst dann geht er zu den anderen beiden, die auf dem Weg stehen und geduldig auf ihn warten.

Nun folgen sie dem Kiesweg der in grossen Schlangenlinien nach unten führt, so dass sie den Wasserfall noch einmal sehen können, allerdings diesmal von der Höhe des Sees aus, was die runterstürzenden Wassermassen noch beeindruckender macht.

Das Tosen machte es ihnen schon oben unmöglich miteinander zu reden, doch hier unten wirkt der Lärm zudem noch atemberaubend.

Gemütlich laufen sie an dem Fluss entlang, der sich durch den Wald schlängelt und stetig nach unten führt.
 

„Na Yami, gefällt dir die Wanderung?“, dreht sich Sugoroku nach einer Weile zu ihm um und sieht in fragend an. Seinen Enkel muss er nicht fragen, denn er weiss, dass es ihm trotz seiner Proteste am Anfang gefällt, nur würde der Junge das niemals zugeben.

Entspannt erwidert Yami den Blick. „Ja, es ist sehr schön hier.“

Zufrieden mit der Antwort blickt Sugoroku wieder nach vorn. Schliesslich will er nicht aus Versehen über eine hervorstehende Baumwurzel stolpern.
 

Es ist schon später Nachmittag als sie sich wieder dem Onsen nähern, was Yami verwirrt die Umgebung betrachten lässt. Hätten sie nicht noch einmal über eine Brücke gehen müssen? Denn seit sie vor etwa einer Stunde den Flusslauf verlassen haben, haben sie den nicht mehr gesehen.
 

Yugi bemerkt mit einem Schmunzeln den verwirrten Ausdruck in Yamis Gesicht. Kann er sich doch denken, an was der andere gerade denkt. „Wir haben den Fluss überquert, allerdings fliesst er da unterirdisch und kommt erst viel später wieder an die Oberfläche“, sanft legt er ihm seine Hand auf den Arm. „Ich war am Anfang genauso verwirrt, bis es mir Otogi erklärt hat. Damals war ich etwa 15 Jahre alt und erst seit kurzem wieder bei Grossvater.“ Ein Schatten huscht bei dem Gedanken an das Jahr bei den Takeshis über sein Gesicht.
 

„Ach so, und ich dachte schon ich hätte einen Teil des Weges verpasst“, versucht Yami mit einem kleinen Scherz den Schatten von Yugis Gesicht zu vertreiben, denn er kann sich nur zu gut an den Abend erinnern, wo der andere mit den Nerven so am Ende gewesen ist. Es scheint zu funktionieren, zumindest lacht Yugi nun leise vor sich hin, während sie auf dem Hof des Onsens ankommen.

Dort dreht sich Sugoroku zu ihnen um, da er als Führer die ganze Zeit ein wenig vor ihnen gegangen ist. „Ich weiss ja nicht, was ihr noch vorhabt, aber ich gehe mich jetzt umziehen und dann gehe ich schwimmen.“
 

„Besser gesagt faul im heissen Wasser rumliegen“, murmelt Yugi so leise vor sich hin, dass nur Yami ihn hören kann, weshalb er sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen kann.

Natürlich bemerkt das der alte Mann und sieht ihn mit einem fragenden Blick an. „Nichts, ich dachte nur gerade, dass das eine gute Idee ist“, rettet sich Yami mit Müh und Not vor einem Verhör.

„Gut, dann bis später Jungs“, lässt Sugoroku die Ausrede gelten, denn er weiss ganz genau, dass es eine ist. So schnell ihn seine inzwischen schmerzenden Füsse tragen, geht er durch die einladend geöffnete Tür und den langen Flur entlang bis zu seinem Zimmer. Als er endlich drin ist, setzt er sich mit einem erleichterten Seufzen auf’s Bett und zieht sich die Schuhe aus.

Erst nachdem er dann im Bad gewesen ist, zieht er sich die Badehose an und geht nach draussen, wo ihn das einladend dampfende Wasser zu rufen scheint.

Ganz so, wie es Yugi vorhin vor sich her gemurmelt hat, lässt er sich ins Becken gleiten, wo er sich auf die Bank setzt.
 

Breit grinsend lehnt Yugi an der Wand neben der Glastür und sieht in den Garten hinaus. „Was grinst du denn so?“ Auf dem Bett sitzend kann er gerade so das Profil von Yugis Gesicht erkennen, weshalb er nun aufsteht und sich neben den anderen stellt. „Ah, Sugoroku liegt faul im Wasser“, kommentiert er ernst das was er sieht.

„Willst du nicht auch ‚schwimmen’ gehen?“, mit den Fingern zeichnet er beim Wort schwimmen zwei Gänsefüsschen in die Luft.
 

Nun sieht ihn Yugi an. „Kommst du mit?“, stellt er statt einer Antwort eine Gegenfrage und zu seinem Erstaunen nickt Yami nach einem Moment. Das hätte er nach dem was er nun weiss nicht erwartet. „Na dann, ausziehen und ab in die Badehose.“ Mit neuem Elan klatscht er einmal in die Hände, ehe er sich umdreht und noch im gehen sein Shirt über den Kopf zieht.
 

Leicht den Kopf schüttelnd sieht Yami ihm zu. In den letzten beiden Tagen erinnert ihn Yugi manchmal mehr an einen Teenager als an einen erwachsenen jungen Mann. Allerdings findet er es äusserst interessant, wie sich eine einzige Person so unterschiedlich verhalten kann.

Beinahe hätte er vergessen, dass er sich auch umziehen sollte, doch dann erinnert ihn der auffordernde Blick von Yugi daran. Innerlich seufzend, denn eigentlich hat er keine Lust schon wieder in das heisse Wasser zu steigen, zieht er sich das Shirt über den Kopf und dreht Yugi dann den Rücken zu, damit er sich in Ruhe die Hose aus- und die Badehose anziehen kann.
 

Yugi kann nicht anders. Er muss einfach beobachten, wie sich Yami umzieht. Wie magisch angezogen, geht er um das Bett herum und steht in dem Moment neben dem anderen, als dieser die Bänder seiner Badehose anzieht.

So nah kann er deutlich das Brandmal auf dessen Schulter erkennen. Ohne dass er es bemerkt hebt er seine Hand und legt hauchzart die Fingerspitzen auf die Narben.

„Tut das noch weh?“, deutlich ist in seiner Stimme zu hören, dass es ihm mehr als Leid tut, was damals passiert ist. Auch wenn sie sich damals noch gar nicht kannten.
 

Seit die Fingerspitzen auf seiner Haut liegen, ist Yami wie erstarrt. Die widersprüchlichsten Gefühle toben in seinem Innern. Einerseits will er sich den Fingern entziehen, andererseits möchte ein Teil von ihm mehr davon haben. Trotzdem schafft er es, äusserlich ruhig zu bleiben. „Nein, schon lange nicht mehr.“ Langsam dreht er sich zu Yugi um. „Wollen wir rausgehen? Sugoroku wartet bestimmt schon“, mit einem gespielten Lächeln, das seine Augen nicht erreicht, deutet er zur Tür.
 

Deutlich kann Yugi sehen, dass er soeben wieder mal eine Grenze überschritten hat. Eigentlich möchte er sich entschuldigen, aber da Yami anscheinend nicht weiter darüber reden möchte, geht er auf sein Ablenkungsmanöver ein. „Ja, gehen wir raus“, zittrig erwidert er das falsche Lächeln und geht sogar vor, als Yami die Tür aufgeschoben hat.

Gefolgt von ihm geht er zum Becken und lässt sich geschmeidig hineingleiten. Erst als er komplett im Wasser ist dreht er sich zu dem anderen um.
 

Zögernd steht Yami am Beckenrand. Zwar spürt er nicht mehr die gleiche Panik wie am Tag zuvor, aber trotzdem kann er sich nicht überwinden, in das Wasser zu steigen.

Auf einmal sieht er, wie Yugi ihm ohne ein Wort zu sagen die Hand hinhält. Dankbar nimmt er nach kurzem Überlegen das Angebot an.

Mit dem beruhigenden Gefühl, dass er sich seiner Angst nicht allein stellen muss, steigt er ins Wasser. Mit klopfendem Herzen lässt er sich von Yugi bis zur Bank lotsen, wo er sich neben ihm hinsetzt. Allerdings lässt er keine Sekunde dessen Hand los, auch wenn er den Halt jetzt nicht mehr brauchen würde.
 

Wieder steigen sie erst aus dem Wasser als der leise Gong ertönt.
 

Als sie dann nach dem Abendessen wieder in ihrem Zimmer sind und sich auch schon ihre Schlafsachen angezogen haben, sieht Yugi nachdenklich zu ihrem Bett.

„Yugi, was ist denn?“ Neugierig, was in dem Kopf seines kleineren Freundes vorgeht, sieht Yami ihn an.

„Ich weiss nicht, mir kam nur gerade so ein Gedanke“, beginnt Yugi abwesend, ehe er seinen Blick hebt um den anderen ansehen zu können. „Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, aber wie wäre es, wenn wir uns gleich von Anfang an eine Decke teilen?“, als er den verwirrten Ausdruck auf dessen Gesicht sieht, erklärt er seinen Gedankengang. „Mir ist aufgefallen, dass du besser schläfst, wenn du nahe bei mir liegst und mich stört es nicht. Darum dachte ich... ach vergiss es einfach“, winkt Yugi plötzlich ab. Doch zu seinem Erstaunen tut dies Yami nicht. „Wieso?“, für die nächsten Worte muss er seinen Stolz überwinden. „Du hast Recht. Also lass es uns einfach probieren, wenn es dich wirklich nicht stört“, seltsamerweise nervös sieht er Yugi an, der den Blick erstaunt erwidert. Dieses Eingeständnis hätte er niemals erwartet.

Sie wissen nicht, wie lange sie sich so ansehen, doch dann blitzt es plötzlich in Yugis Augen auf. „Na dann, du zuerst“, grinsend deutet er auf das Bett.
 

Yami braucht einen Moment, bis ihm klar wird, was gemeint ist. Leicht den Kopf schüttelnd hebt er die Decke an und legt sich hin. Er rutscht so lange zur Seite, bis auch Yugi genug Platz hat.

Dieser legt sich mit dem Rücken zu ihm ebenfalls hin. „Gute Nacht Yami.“ Kurz dreht er den Kopf zu ihm um, ehe er sich in das weiche Kissen kuschelt. Der Tag ist verdammt anstrengend gewesen.
 

„Schlaf gut Yugi“, antwortet ihm Yami nach einer Weile. Einschlafen kann er selbst aber nicht so schnell. Zu viel geht in seinem Kopf herum, so dass Yugi schon lange schläft, als auch ihm die Augen zufallen.
 

 

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Puh, also heute ist Yami ja mehr als gut drauf und für seine Verhältnisse sogar sehr offen. Was eine durchgeschlafene Nacht nicht alles ausmachen kann.

 

Endlich steht er auch dazu, dass er Yugis Nähe braucht. Hoffentlich ist diesem aber auch klar, was für eine Verantwortung er nun auf seinen Schultern trägt.

 

Dass sein Geschenk Sugoroku sprachlos gemacht hat, finde ich persönlich einfach nur schön und süss.

 

Also dann, ich hoffe es hat euch gefallen und ihr hattet beim Lesen ein wenig Spass.

 

Eure mrs_ianto

 

Zurück nach Domino

Hallo zusammen,

 

ich bin endlich fertig geworden. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Kapitel immer länger werden. Es kann aber auch täuschen und ich bin sicher, dass ihr euch über lange Kapitel sicher nicht beschweren werdet.

 

Was soll ich sagen... ich denke es ist ein Kapitel geworden, in dem die Herren viel in Gedanken versunken sind, aber das könnt ich ja gleich selbst lesen.

 

Darum labere ich euch mal nicht länger zu und wünsche euch nur noch viel Spass.

 

 

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Kapitel 20: Zurück nach Domino

 

 

Dunkelheit umgibt ihn, aber Yami fühlt trotz des fehlenden Lichts keine Panik. Im Gegenteil, diese Dunkelheit wirkt beschützend. „So soll es auch sein“, neugierig dreht er sich zu der Stimme um. „Wer bist du? Warum zeigst du dich nicht?“ Leises Lachen ertönt auf seine Fragen hin. „Weil die Zeit noch nicht gekommen ist und...“, da die Stimme nicht weiterredet, wird Yami unruhig. „Was und...? Bitte ich...“, beschwörend blickt er in die Dunkelheit, während er einen Schritt in die Richtung geht, wo er die Stimme vermutet. „So ungeduldig... So viele Fragen...“, es hört sich an, als würde die unsichtbare Person den Kopf schütteln. „Ich bin du... Atemu.“

Schweissgebadet wacht Yami schlagartig aus seinem Traum auf. Im Bett sitzend starrt er in das Zimmer, das durch das Mondlicht spärlich erhellt wird. Immer wieder erklingen die letzten Worte des Traumes in seinen Gedanken. „Ich bin du... Atemu.“ Ist das sein wahrer Name? Atemu? Ist diese selbstbewusst klingende Stimme wirklich ein Teil von ihm?
 

Durch die plötzliche Bewegung neben sich aus dem Schlaf gerissen, schlägt Yugi müde die Augen auf. Als er sich umdreht sieht er Yami aufrecht im Bett sitzen. Alarmiert fällt auch noch der letzte Rest des Schlafes von ihm ab. Trotz seiner Sorge richtet er sich äusserlich ruhig auf und stützt sich dann seitlich sitzend auf seinem Arm ab. „Yami? Ist alles in Ordnung? Hattest du einen Albtraum?“ Um den anderen nicht zu erschrecken legt er nur hauchzart seine Hand auf dessen Oberarm.
 

Von der Berührung aus seinen Gedanken gerissen, blickt Yami zu Yugi. Als er dessen besorgten Gesichtsausdruck trotz der Dunkelheit erkennt, versucht er sich an einem Lächeln und legt vorsichtig seine Hand auf die von Yugi. „Nein, ich hatte keinen Albtraum“, einen Moment lang hält er inne. „Wir sollten noch ein wenig schlafen.“ Äusserlich ruhig erwidert er Yugis prüfenden Blick, obwohl in seinem Inneren gerade ein Sturm am Toben ist.

Schliesslich nickt Yugi leicht. „Okay, aber wenn was ist...“ „...dann sage ich es dir“, unterbricht ihn Yami von dessen Sorge um ihn gerührt.

Zögernd legt sich Yugi wieder hin, auch wenn er sich sicher ist, dass er kein Auge mehr zubekommen wird.

Da er sich Yami zuliebe wieder mit dem Rücken zu ihm hingelegt hat, wird er von dem Arm, der sich ganz leicht um seinen Oberkörper legt, überrascht.
 

Yami weiss nicht warum er sich an Yugi kuschelt und ihn sogar leicht festhält, aber es beruhigt seine kreisenden Gedanken. „Versuch zu schlafen Yugi. Es geht mir gut.“ Einem Bedürfnis folgend vergräbt er sein Gesicht an Yugis Nacken. „Wirklich, es geht mir gut“, wiederholt er noch einmal seine letzten Worte.
 

Diese von Yami eingeleitete Nähe geniessend, kuschelt sich Yugi noch näher an ihn heran. Was dazu führt, dass er noch fester umarmt wird. Obwohl er sich dagegen wehrt, werden seine Augenlider immer schwerer, bis sie ihm schliesslich zufallen.
 

Auf die Sekunde genau kann Yami sagen, wann Yugi einschläft. Die regelmässigen Atemzüge von ihm bewirken, dass auch er, trotz seiner immer noch unruhigen Gedanken, langsam wieder in den Schlaf hinübergleitet.
 

Als Yugi aufwacht, liegt er immer noch in Yamis Armen, der friedlich schläft. Da er ihn nicht aufwecken will, bleibt er ruhig liegen und wenn er ehrlich ist, auch weil er es geniesst.

Da dessen Hand auf seinem Bauch liegt, beginnt er diese langsam zu streicheln, während er beobachtet wie ein Sonnenstrahl langsam über die Wand wandert.
 

Die Bewegungen auf seinem Handrücken, lassen Yami langsam aufwachen. Noch im Halbschlaf zieht er Yugi noch näher an sich heran und vergräbt sein Gesicht an dessen Halsbeuge. Er will noch nicht wach werden, aber je mehr sein Verstand in die wirkliche Welt hinübergleitet, desto weniger kann er sich dagegen wehren. Schliesslich öffnet er grummelnd die Augen.
 

Vor sich hin schmunzelnd, dreht Yugi langsam seinen Kopf, so dass er im Augenwinkel Yamis Gesicht erkennen kann. Sagen tut er aber nichts, sondern wartet einfach nur ab, bis sein Blick erwidert wird.

Lange sehen sie sich in die Augen, bis Yugi sich plötzlich aufrichtet. Ich muss auf’s Klo. Beinahe fluchtartig verlässt er das Bett und geht ins Bad. Dort lehnt er sich mit dem Rücken an die geschlossene Tür.

Tief durchatmend versucht er seinen rasenden Herzschlag wieder zu beruhigen, denn wenn er noch eine Minute in Yamis Armen gelegen hätte, dann... ja dann hätte er vermutlich versucht ihn zu küssen.

Wieso muss er auch so wunderschöne rubinrote Augen haben und ihn dann noch so ansehen? Sich die Haare raufend, stösst sich Yugi von der Tür ab. Sich ausziehend geht er zur Dusche und steigt nach einem Moment unter den warmen Wasserstrahl.
 

Mit geschlossenen Augen lässt er die Hände über seinen Körper gleiten, bis eine von ihnen seine Körpermitte erreicht.

Sich auf die Lippe beissend, um ja kein Geräusch zu machen, beginnt er sich zu reiben und zu reizen. Dabei stellt er sich vor, dass es Yamis Hände sind und kommt dann mit dessen Namen auf den Lippen.
 

Unterdessen sitzt Yami in Gedanken versunken auf dem Bett. Einerseits fragt er sich, ob er vorhin etwas falsch gemacht hat, andererseits versucht er schon beinahe verzweifelt sich selbst und den Traum zu verstehen. Zwar hat sich dieser nicht noch einmal wiederholt, aber trotzdem hat er das Gefühl, dass er ihm mehr als seinen Namen verraten wollte. „Atemu“, leise spricht er ihn unsicher aus. Hoffend, dass er etwas bei ihm auslöst, aber er hört sich nur ganz entfernt vertraut an. Müsste er denn nicht mehr spüren?

Den Tränen nahe, vergräbt er sein Gesicht in den Händen.

So findet ihn Yugi vor, als er mit seiner Shorts bekleidet aus dem Badezimmer kommt. Erschrocken eilt er zu ihm und kniet sich vor Yami auf den Boden. Die Hände auf dessen Knien abstützend, kann er ihm so in die verzweifelten Augen sehen. „Yami, was hast du denn?“, besorgt blickt er ihn an. „Yami, bitte rede mit mir“, bettelt er schon beinahe, als er keine Antwort bekommt.
 

Mit sich ringend, ob er Yugi von seinem Traum erzählen will, erwidert Yami weiterhin stumm dessen Blick.

Nein, er kann und will es nicht tun. Zu sehr verwirrt ihn sein innerer Zwiespalt. Doch was soll er ihm antworten? Immer wieder öffnet er den Mund und schliesst ihn wieder ohne einen Ton aus seiner Kehle zu bringen. Da er sich nicht anders zu helfen weiss, zieht er Yugi einfach in seine Arme und hält sich im wahrsten Sinne des Wortes an ihm fest.

Überrascht kann Yugi erst gar nicht reagieren, doch dann legt auch er seine Arme um den anderen.
 

Es dauert lange, bis Yami endlich in der Lage ist etwas zu sagen. „Yugi, ich kann im Moment nicht darüber reden. Bitte akzeptiere das.“ Langsam löst er sich ein wenig von ihm und sieht eindringlich in dessen Augen.

Den Blickkontakt nicht unterbrechend, nickt Yugi widerstrebend. Zwar fällt es ihm schwer, aber er wird diese Bitte respektieren müssen.
 

Erleichtert lässt Yami ihn nun ganz los. Mit einer Hand fährt er sich durch die Haare. Unstet wandert sein Blick dabei durchs Zimmer, bis er an der offenen Tür hängen bleibt. Da Yugi immer noch vor ihm kniet, kann er aber nicht aufstehen. Weshalb er ihn nun wieder ansieht. „Ich müsste nun auch mal ins Bad.“

Erst scheint Yugi den Hinweis nicht zu verstehen, zumindest sieht sein verwirrtes Gesicht danach aus. Doch dann geht ihm ein Licht auf. Mit einem schiefen Grinsen steht er auf. „Dann lass dich nicht aufhalten.“ Sich an Yamis Knie abstützend, was Yami mit gemischten Gefühlen beobachtet, steht er auf.
 

Doch statt, dass er jetzt selbst aufsteht, sieht er nun zu Yugi hoch. „Warum bist vorhin ins Bad geflüchtet? Habe ich was falsch gemacht?“, bricht es plötzlich aus ihm raus.
 

Sprachlos braucht Yugi mehrere Sekunden, bis er auf diese Frage eine Antwort geben kann, denn die ganze Wahrheit wird er ihm nicht sagen können. „Naja...“, verlegen hält er inne. „ich musste einfach so unglaublich dringend, dass ich...“ „Schon gut, ich verstehe schon“, wird er schon wieder von Yami unterbrochen. „Ich bin dann mal im Bad.“ Schnell richtet sich Yami auf um dieser peinlichen Situation zu entkommen. Wieso musste er auch so neugierig sein.
 

Erleichtert, dass er so glimpflich davongekommen ist, lässt sich Yugi auf die Matratze sinken. Dieser Morgen ist einfach verrückt. Erst spielt sein Körper verrückt, dann hat Yami einen Zusammenbruch und jetzt dies. Kopfschüttelnd steht er nach ein paar Minuten wieder auf und greift nach seiner Tasche um sich frische Kleidung rauszusuchen.
 

Im Badezimmer steht Yami nach der Dusche vor dem Spiegel und mustert sich gründlich. „Du bist also Atemu.“ Tief in sich spürt er, dass sich etwas regt, aber er kann es noch nicht richtig greifen. Vielleicht hat diese Stimme in dem dunklen Raum ja Recht gehabt und die Zeit ist wirklich noch nicht gekommen. Dabei will er endlich wissen, wer er einst gewesen ist.

Um zu verhindern, dass ihn die Situation wieder ins gefühlsmässige Chaos stürzt, wendet er seinen Blick von dem Spiegel ab und greift nach seiner Zahnbürste.
 

Äusserlich wieder ruhig und gelassen geht Yami nach einer erfrischenden Dusche, mit seinem Necessaire wieder zurück ins Zimmer, wo Yugi gerade dabei ist seine Tasche zu schliessen. Nur mit einem Handtuch bekleidet, das er um die Hüften geschlungen hat, umrundet er das Bett um zu seinen Sachen zu gelangen, die dort auf einem kleinen Hocker liegen.

Dass er dabei von Yugi beobachtet wird, registriert er zwar, aber er ignoriert es, da er ja selbst auch geschaut hat, als Yugi am Vortag halbnackt im Zimmer rumgelaufen ist.
 

Mit geschmeidigen Bewegungen zieht er sich ein frisches dunkelgraues Shirt an. Erst dann greift er nach der Shorts und zieht sie sich unter dem Handtuch über, das dann sofort auf dem Bett landet. Die dunkelbraune Hose komplettiert sein Outfit.
 

Weil sie gleich in den Speisesaal müssen schlüpft Yami auch noch schnell in seine Schuhe, ehe er den Schlafanzug und das Necessaire in der Tasche verstaut.

Zusammen mit Yugi macht er sich dann auf den Weg durch die langen Flure.
 

In dem grossen Speisesaal werden sie von Sugoroku schon an ihrem üblichen Tisch erwartet. „Guten Morgen ihr beiden Langschläfer“, grinsend sieht Sugoroku die beiden jungen Männer an.

„Guten Morgen Grossvater. Was können denn wir dafür, dass du immer so früh aufstehst“, erwidert Yugi grinsend die Begrüssung.

„Oha, ich sehe du bist schon überraschend wach. Wie hat Yami denn das hinbekommen?“, grinsend sieht der alte Mann zu eben genannten.

Yami setzt sich aber erst mal in Ruhe hin. „Zuerst, guten Morgen Sugoroku und ich habe gar nichts gemacht. Yugi ist schon so wach, seit er im Bad gewesen ist.“ Mit einem unschlagbaren Pokerface erwidert er den Blick von Sugoroku, bis dieser seinen Enkel ansieht, der mit hochroten Wangen neben Yami sitzt und mit dem Messer spielt.

„Soso, du bist also so wach aus dem Bad gekommen. Die Dusche muss ja sehr erfrischend gewesen sein“, deutlich ist herauszuhören, dass er sich genau denken kann, was Yugi unter der Dusche getan hat.
 

Verlegen schielt Yugi mit gesenktem Kopf zu Yami und was er in dessen Augen erkennt, sagt ihm deutlich, dass auch Yami weiss, was er gemacht hat. Nur wie, ist er dahintergekommen?

Plötzlich fällt Yugi ein, dass er nach dem Duschen die weissen Spritzer nicht von der Wand entfernt hat. Sein Gesicht färbt sich noch dunkler und er wäre am liebsten unter dem Tisch verschwunden.

Aber dann fällt ihm etwas ein. Warum hat sich Yami ihm gegenüber nicht anders verhalten? Eigentlich müsste er ihn doch jetzt voller Misstrauen mustern und das tut er nicht.
 

„Ich sage es dir, wenn wir allein sind“, reisst Yami ihn plötzlich aus seinen Überlegungen und sieht ihn mit einem wissenden Blick an. Beinahe so, als könnte er die Gedanken von Yugi lesen. „Nicht immer, aber manchmal kann man dir das was du denkst vom Gesicht ablesen“, grinst Yami plötzlich breit, während er den Kopf, entspannt auf einer Hand abstützend, zu ihm gedreht hat.

Eigentlich will Yugi noch etwas sagen, aber der Kellner kommt mit ihrem Frühstück beladen zu ihnen an den Tisch. Mit grossen Augen sieht er zu wie dieser die gleichen Leckereien, wie gestern auf dem Tisch verteilt und ihnen sogar Tee einschenkt.
 

Als der Kellner wieder weg ist sieht Sugoroku die beiden ernst an. „Ich habe das gleiche wie gestern bestellt. Ich weiss ja, dass du am Morgen lieber länger schläfst, aber wir müssen doch noch vor dem Mittagessen unsere Zimmer geräumt haben und beim Frühstücken will ich nicht stressen.“ Gelassen greift er nach einer der kleinen Reisschalen. „Ach ja, Sandwiches und Wasser für die Heimreise habe ich auch gleich bestellt.“

Streng sieht er die beiden jungen Männer an, die sich immer noch nichts genommen haben. „Ihr solltet lieber essen. Ich will nämlich nicht, dass auf dem Heimweg einer von euch beiden vom Wagen fällt.“
 

Seine Worte scheinen wenigstens Yami zu erreichen, denn er beginnt nun auch zuzugreifen, wobei er sich als erstes nach einer getrockneten Dattel nimmt und sie genüsslich isst. Erst danach nimmt er sich zwei Brötchen, wovon er eines wortlos auf Yugis Teller legt.
 

Ergeben seufzend bedankt sich Yugi und schneidet es auseinander. Zwar hat er keinen Hunger, aber sein Grossvater hat Recht. Der Heimweg wird lang und anstrengend werden.

Während sie essen fällt Yugi plötzlich etwas ein. „Hast du Otogi auch schon gesagt, dass die Pferde angespannt werden müssen?“

Mit einem vielsagenden Blick schaut Sugoroku von seinem Frühstück auf. „Natürlich, was denkst du denn?“

Von dem entrüsteten Ton leicht zusammenzuckend, zieht Yugi den Kopf ein. „Entschuldige, ich hab’s nicht so gemeint.“
 

Woraufhin Sugoroku den Unterarm seines Enkels drückt. „Schon gut und nun iss weiter.“ Sich wieder seinem eigenen Frühstück widmend ignoriert er den neugierigen Blick von Yami. Solange der Junge nichts sagt, wird er ihn nicht mit einer Erklärung langweilen.
 

Nach dem Frühstück, das noch sehr ruhig weitergegangen ist, gehen sie gemeinsam zu ihren Zimmern zurück.

Als Yami dann die Tür hinter sich und Yugi geschlossen hat, dreht er sich zu Yugi um, der ihn auffordernd ansieht. „Ich will es jetzt wissen. Soviel Zeit haben wir nämlich noch.“ Mit einem tonlosen Seufzen lässt sich Yami an die Tür sinken. „Yugi, ich weiss schon länger, dass du... schwul bist“, kurz wartet er ab, ob Yugi was dazu sagen möchte, doch der sieht ihn nur an. „Ausserdem habe ich, wie du vielleicht vermutest, die Spuren in der Dusche gesehen“, nun muss er Luft holen. Denn der nächste Teil fällt ihm schwerer als erwartet. „Die Wahrheit ist, ich vertraue dir und sehe in dir einen Freund. Darum sehe ich dich nicht misstrauisch an. Bei jeder anderen Person, ausser Sugoroku, wäre das nämlich so.“ Da Yugi ihn nur mit grossen Augen ansieht, hebt Yami leicht hilflos die Arme. „Yugi, eine Morgenlatte ist etwas ganz Normales und sogar ich weiss, dass die manchmal nicht von selbst verschwindet“, dass er bei dem Gedanken daran deutlich die Panik in sich aufsteigen spürt, sagt er nicht. Das muss sein Gegenüber nicht wissen.
 

Yugi weiss nicht, was er denken oder sagen soll. Zu überrumpelt ist er von Yamis Worten. Gleichzeitig ist er aber auch erleichtert, dass er nicht schon wieder einen riesen Fehler gemacht hat. Doch dann erreicht die wahre Tragweite der Worte sein Gehirn. „Du weisst, dass ich schwul bin und schläfst trotzdem ohne Angst mit mir in einem Bett?“, ungläubig blickt er in die rubinroten Tiefen, die ihn offen ansehen.

„Ja, ich weiss es und ja, ich habe keine Angst mehr vor dir. Ich gebe zu, manchmal machst du Dinge, die mir Angst machen, aber mir ist lieber du bist du selbst, als dass du mich in Watte packst“, leicht grinst er Yugi an. „Aber das habe ich dir ja gestern schon gesagt.“

Plötzlich ertönt in seinem Rücken ein Klopfen. „Jungs, seid ihr soweit? Wir müssen los!“ Können sie dumpf die Stimme von Sugoroku hören, was sie daran erinnert, dass sie wirklich nicht mehr viel Zeit haben.

„Wir kommen gleich!“, ruft Yugi laut und deutlich durch die geschlossene Tür und dann deutlich leiser. „Yami geh du zuerst ins Bad. Ich warte so lange“, auffordernd sieht er den Grösseren an.

Ergeben kommt Yami der Aufforderung nach, denn einer von ihnen muss ja den Anfang machen.

Während Yami im Bad ist, nimmt Yugi das verhasste Sklavenhalsband aus seiner Tasche und schiebt es in seine Gesässtasche. Erst wenn sie Rast machen wird er es Yami wiedergeben. Allerdings nimmt er sich vor, dass es dieser wirklich nur noch wird tragen müssen, wenn sie in die Stadt gehen. Für die Kunden wird er sich schon was einfallen lassen, wenn sie Yami im Laden antreffen sollten.

Denn eins hat er in den letzten beiden Tagen bemerkt, er will Yami auch in der Öffentlichkeit nicht mehr wie einen Sklaven behandeln. Wenn nur das Gesetz nicht wäre, dass Sklaven auf öffentlichem Grund jederzeit als solche erkennbar sein müssen.

Schon, dass Yami den Mistkarren, ohne das Halsband zu tragen, auf die Strasse stellt, ist genau genommen verboten. Nur drücken die Beamten in solchen Fällen in der Regel ein Auge zu.

Es ist schon eine riesen Ungerechtigkeit. Einen Sklaven zu quälen und sogar zu töten ist erlaubt, aber ihn öffentlich wie einen freien Menschen rumlaufen zu lassen ist verboten.
 

„Yugi, willst du nicht auch ins Bad?“, reisst ihn Yami aus seinen Gedanken. „Ja, ja. Ich gehe ja schon.“ Eilig geht Yugi an ihm vorbei ins Bad.

Nur noch ein paar Stunden, bis sie der Alltag wieder hat.

Als er wieder aus dem Bad kommt steht Yami schon mit ihren Taschen bereit, allerdings nimmt er ihm sofort seine eigene ab. Das wäre ja noch schöner, dass Yami beide Taschen schleppt.
 

Im Flur werden sie schon von einem ungeduldigen Sugoroku erwartet, der sie schon beinahe durch den Flur bis zur Rezeption scheucht.

Dort steht wie immer Otogi, der sie mit einem professionellen Lächeln begrüsst.

„Meine Lieblingsgäste, die Mutos. Ich hoffe es war alles zu Ihrer Zufriedenheit?“, genau mustert er die drei Männer, die vor dem Tresen stehen.

Wie am Ankunftstag, ist auch diesmal Sugoroku als Ältester der Sprecher ihrer kleinen Gruppe. „Ja, wir brechen wie immer glücklich und zufrieden wieder auf“, lächelnd legt er die Zimmerschlüssel auf die polierte Platte.

Diese ergreift Otogi sofort und legt sie zur Seite. „Das freut mich. Soll ich für die gleichen Daten im nächsten Jahr wieder zwei Zimmer reservieren oder drei?“, fragend sieht er den alten Mann an, der kurz zu den beiden jungen Männern blickt. „Ich denke zwei Zimmer reichen aus. Die beiden werden es schon überstehen, wenn sie sich mal zwei Nächte lang ein Zimmer teilen müssen“, zwinkert er Otogi zu, der sich ein Lachen kaum verkneifen kann.

„Da stimme ich Ihnen zu. Also dann nächstes Jahr wieder die gleichen Zimmer“, eifrig schreibt er in das grosse Reservierungsbuch. „Ist notiert.“ Nun reicht er Sugoroku den gepackten Picknickkorb, den er vom Küchenchef überreicht bekommen hat. „Hier ist noch ihr Proviant für die Heimreise. Die Pferde sind auch schon vor die Kutsche gespannt und warten im Hof auf Sie.“

Lächelnd kommt er um den Tresen herum und begleitet sie zur geöffneten Tür, durch die sie schon ihre Kutsche sehen können. Auf der überdachten Terrasse verabschiedet sich Otogi mit einer leichten Verbeugung von ihnen. „Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise.“

Freundlich bedanken und verabschieden sie sich ebenfalls mit einer angedeuteten Verbeugung, ehe sie zu dem Wagen gehen und ihre Sachen auf der Ladefläche verstauen und nochmals kontrollieren, ob die Pferde richtig eingespannt worden sind.

Zwar vertrauen sie auf das Können des Stallknechts, aber die Strecke ist einfach zu gefährlich, als dass sie es riskieren könnten, dass sie plötzlich ein Riemen löst.
 

Schliesslich sind sie zufrieden und steigen auf den Wagen. Yugi und Sugoroku natürlich auf dem Kutschbock, während es sich Yami wieder auf der Ladefläche bequem macht.
 

Mit einem Zungenschnalzen treibt Yugi die Pferde an, die sich mit kraftvoll spielenden Muskeln in Bewegung setzen. Vorsichtig lenkt er sie vom Hof auf den Weg, der nach wenigen Metern beginnt, sich den Berghang hinunter zu schlängeln.

Mussten die Pferde auf dem Hinweg die Kutsche mit ihrer Kraft ziehen, müssen sie diese jetzt Abbremsen.

Dadurch kommen sie deutlich langsamer voran, aber das ist Yugi egal. Lieber langsam und sicher, als schnell und lebensgefährlich.
 

Weil Sugoroku aus Erfahrung weiss, dass sich sein Enkel nun auf die Pferde und den Weg konzentrieren muss, sitzt er schweigend neben ihm und verzichtet auch darauf sich mit Yami zu unterhalten.
 

Dieser ist ganz froh, dass er sich nicht unterhalten muss und sitzt, mit dem Rücken an der einen Seitenwand abgestützt, ruhig auf der Ladefläche. Die Arme hat er auf der Kante hinter sich abgelegt und blickt in den Himmel, wo eine einsame weisse Wolke vorbeizieht.

Irgendwie fühlt er sich gerade so wie diese Wolke. Die dem Wind folgen muss, ihrem Schicksal nicht entkommen kann und weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft hat.

Er hat auch keine Vergangenheit, sein Schicksal als Sklave zu leben ist in seiner Schulter eingebrannt und seine Zukunft... hat er denn eine? Alles hängt doch irgendwie zusammen. Ohne Vergangenheit gibt es keine Zukunft. Sein Schicksal hängt einzig und allein von den beiden Mutos ab. Denn egal was sie entscheiden, er muss ihnen folgen und gehorchen, ob es ihm gefällt oder nicht.

Alles was er hat ist die Gegenwart. Ein paar Erinnerungsfetzen, die nicht zusammenpassen wollen und... seinen wahren Namen, Atemu. Eigentlich sollte er sich doch glücklich fühlen, aber warum hat er dann Angst? Angst, sich selbst und das was er in den letzten Monaten geschafft und gewonnen hat, zu verlieren.
 

Er weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als Yugi die erschöpften Pferde anhalten lässt. Erst durch das Fehlen des leichten Schaukelns wird er aus seinen Gedanken gerissen. Verwirrt blickt er sich um und sieht, dass sie auf dem gleichen Platz angehalten haben, wie schon auf dem Weg zum Onsen.

Während er aufsteht greift Yami gleichzeitig nach den beiden Wassereimern die neben ihm ineinander gestellt auf der Ladefläche stehen. Vorne an der Ladekante gibt er sie an Yugi weiter, ehe er nach den beiden Futtersäcken greift, die sie noch von zu Hause mitgenommen haben.

Diesmal holt Yugi das Wasser für die Pferde und als er zurückkommt steht Yami mit den Säcken schon vor Blacky und Rocky, die hungrig am fressen sind.

Nachdem er die Eimer abgestellt hat, nimmt Yugi Yami einen der Futtersäcke ab.

„Yami? Ist irgendetwas los? Du bist noch stiller als sonst“, besorgt blickt er den Grösseren an. Wobei er aber auch aufpassen muss, dass ihm Blacky den Sack nicht aus den Händen reisst.
 

Erstaunt darüber, dass es Yugi aufgefallen ist, starrt Yami eine Weile lang nur geradeaus auf Rockys gespitzte Ohren. Doch dann schaut er ihn beruhigend lächelnd an. „Es ist nichts, ich... muss nur über vieles nachdenken, das ist alles.“ Offen erwidert er den besorgten Blick der amethystfarbenen Augen.

Erst als sie merken, dass die Pferde nicht mehr fressen, lösen sie sich ihre Augen wieder voneinander.
 

In der Zwischenzeit hat Sugoroku ihr Picknick vorbereitet und sitzt nun bequem auf einem Felsblock. Auf einem belegten Brötchen kauend, sieht er amüsiert den beiden jungen Männern zu. Irgendwie ist es wirklich süss, wie sich Yugi um Yami bemüht und dabei versucht sich nichts anmerken zu lassen.

Das ist besser als jedes Buch, das er je gelesen hat und er ist gespannt, wie Yami reagieren wird, wenn er herausfindet, dass Yugi mehr für ihn empfindet. Für seinen Enkel hofft er natürlich, dass der andere seine Gefühle eines Tages erwidert, aber so wie es im Moment aussieht kann Yugi schon froh sein, wenn ihm Yami nicht die Freundschaft und das Vertrauen kündigt, die er sich so schwer erarbeitet hat.

„Hey ihr beiden, wenn ihr euch nicht beeilt esse ich alle Brote allein“, macht er die beiden grinsend auf sich aufmerksam, als er sieht, dass die beiden Pferde fertig gefüttert sind.
 

Während Yami die leeren Säcke wieder auf der Ladefläche verstaut, dreht sich Yugi zu seinem Grossvater um. „Wir kommen ja schon und so wie ich Otogi kenne, hat er genug für eine ganze Armee einpacken lassen“, grinsend geht er zum Picknickkorb und holt sich eine ihrer Wasserflaschen heraus, die im Onsen ausgewaschen und wieder neu gefüllt worden ist. Durstig trinkt er sie halb leer. Erst dann greift er nach einem der Brote und beginnt hungrig zu essen.
 

Unterdessen ist auch Yami zu ihnen gekommen und sitzt ebenfalls mit Brot und Wasserflasche auf dem felsigen Boden. Nachdem er gegessen hat, legt er sich auf den Rücken und hofft insgeheim, dass er nicht wieder eine unfreiwillige kalte Dusche bekommt.

Mit geschlossenen Augen geniesst er nun die wärmenden Sonnenstrahlen.
 

Von Yami unbemerkt setzt sich Yugi neben ihn und blickt auf den Fluss. „Das ist der gleiche Fluss, wie gestern. Er fliesst in einer grossen Schleife von den Bergen und dann durch eine lange Höhle bis in die Bucht von Domino.“ Nun blickt er auf Yami runter, der mit hinter dem Kopf verschränkten Armen daliegt und ihn ansieht. „Ich habe mir etwas überlegt und wollte deine Meinung dazu hören.“
 

Neugierig richtet sich Yami auf, so dass er mit Yugi mehr oder weniger auf Augenhöhe dasitzt. Als Yugi aber schweigt, wird sein bis jetzt ernster Gesichtsausdruck amüsiert. „Ich kann meine Meinung nur sagen, wenn du mit sagst, was du dir überlegt hast“, geduldig wartet er ab, was ihm Yugi zu sagen hat.
 

Tief Luft holend richtet Yugi seine Aufmerksamkeit auf einen kleinen Stein, der zwischen ihnen auf dem Boden liegt. „Ich habe mir überlegt, dass du... also dass du auch im Laden auf das...“, nun holt er das Halsband aus seiner Gesässtasche und reicht es Yami, der es ohne eine Gefühlsregung zu zeigen entgegennimmt. „... auf das verdammte Sklavenhalsband verzichten könntest. Also dass du es wirklich nur noch trägst, wenn du das Grundstück verlässt.“ Nun ist es raus und Yugi wartet gespannt auf Yamis Antwort.
 

Nachdenklich spielt Yami mit dem Leder in seinen Händen. Am liebsten würde er sofort ja sagen, denn er hat in den letzten Tagen gemerkt, wie befreiend es sein kann, wenn nicht gleich jeder seinen Status sehen kann.

„Yugi...“, unsicher wie er seine Gedanken verständlich ausdrücken soll, hält er inne und blickt auf das langsam dahinfliessende Wasser. „Yugi, ich würde am liebsten sofort zustimmen. Nur, was ist, wenn sich einer deiner Kunden beschwert? Ich meine... du kennst die Gesetze genauso gut wie ich. Du darfst mit mir alles machen was du willst, aber du darfst meinen wahren Status nicht vor den anderen Leuten verbergen. Meinst du nicht, dass es für dich und deinen Grossvater zu gefährlich werden könnte, wenn du das Gesetz soweit dehnst? Ich meine, das was du in den letzten Tagen für mich getan hast, war schon ein grosses Risiko und ich will nicht, dass du das auch in Domino tust“, traurig legt er sich das leider so vertraute und inzwischen verhasste Halsband an. Dann blickt er wieder zu Yugi, der ihn nur wortlos ansieht.

„Ich werde das Halsband im Laden weiterhin tragen, aber nur, wenn er auch offiziell geöffnet ist.“ Entschlossen, sich seine wahren Gefühle nicht anmerken zu lassen, steht Yami auf und lächelt Yugi dann an. „Ich geh mal kurz in Büsche.“
 

Enttäuscht, dass Yami nicht auf seinen Vorschlag eingegangen ist nickt Yugi. „Okay“, mehr sagt er nicht, obwohl er in dessen Augen deutlich die gleiche Wut und Traurigkeit über ihre Situation sehen kann.

Als er dann Yami nachsieht, spürt er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. „Er hat leider Recht Yugi. Du würdest Kopf und Kragen riskieren, wenn Yami regelmässig im Laden von den Kunden ohne das Halsband gesehen werden würde. Du musst nur diese beiden Jahre überstehen, dann kannst du ihm die Freiheit schenken. Nur denke daran, dass er dann hingehen kann, wohin er will“, verständnisvoll, aber doch ernst sieht Sugoroku seinen Enkel an, der den Blick plötzlich verstehend erwidert.

Denn sein Grossvater hat Recht, Yami ist nicht freiwillig bei ihnen. Nur vergisst er das immer wieder, da er in ihm schon lange keinen Sklaven mehr sieht.
 

Gerade als er etwas erwidern möchte, kommt Yami zurück, weshalb er es vorzieht nichts zu sagen, damit der andere nicht einen falschen Eindruck bekommt. Stattdessen sieht er ihn lächelnd an, während er nun aufsteht. „So, dann schlage ich mich mal in die Büsche. Räumst du bitte schon mal auf, damit wir dann gleich losfahren können, wenn ich zurück bin?“ Bewusst versucht Yugi nicht aus das dunkelbraune Leder zu sehen, dass nun wieder um Yamis Hals liegt.
 

Zustimmend nickt Yami. „Ja, das kann ich machen.“ Kurz blickt er Yugi nach, der nun in die gleiche Richtung geht, wie er vorhin.

Mit einem Finger versucht er das Lederband, das nun wieder eng um seinen Hals liegt, ein wenig zu lockern. Was natürlich nicht funktioniert und ein Loch weiter würde es zu locker sitzen und so mit der Zeit an seiner Haut scheuern.

Sich mit der Situation abfindend, geht er zu den Pferden und schnappt sich die leeren Eimer. Kurz überlegt Yami, was er tun soll. Dann geht er sie noch einmal am Fluss auffüllen. Damit die beiden noch einmal trinken können, wenn sie wollen.
 

Als Yugi wieder zurück kommt sind die Eimer und ihre Picknicksachen schon auf der Ladefläche verstaut. So dass er zusammen mit seinem Grossvater und Yami nur noch einmal das Zaumzeug kontrollieren muss, ehe sie wieder in Richtung Domino aufbrechen.
 

Da es nun relativ eben weitergeht und Blacky und Rocky ausserdem spüren, dass sie auf dem Heimweg sind, wollen sie nun schneller als bisher laufen. Nach ein paar Metern lässt ihnen Yugi den Willen, so dass sie nun in einem flotten Trab die Strasse entlanglaufen.
 

So kommt es, dass die Sonne noch relativ hoch am Himmel steht, als sie am Abend in den Hinterhof der Mutos einbiegen.

Da sich Sugoroku und Yami einig sind, dass Yugi heute schon genug gearbeitet hat, schicken sie ihn mit dem Picknickkorb ins Haus, um ein kleines Abendessen zu machen, während sie sich um die nun wirklich müden Pferde kümmern. Schnell sind die beiden in ihren Boxen, wo sie schon von zwei gut gefüllten Heunetzen und Kraftfutter erwartet werden, das Yami für sie vorbereitet hat, während Sugoroku sie geputzt hat.

Zufrieden kauend stehen sie nun ruhig da und lassen sich auch nicht davon aus der Ruhe bringen, als der junge Mensch, der sie nun schon seit ein paar Monaten versorgt, das alte Stroh gegen neues austauscht.
 

Obwohl Yami äusserst vorsichtig mit der Mistgabel umgeht, schafft er es noch vor Sonnenuntergang den Mistkarren auf die Strasse zu stellen und die Kupfermünze an ihrem üblichen Platz für Monk hinzulegen.

Eigentlich hätte das Stroh auch noch bis morgen Abend in der Box bleiben können, aber da es gegen seine Ehre gegangen wäre, die beiden in dem alten Stroh stehen zu lassen und sie früh genug wieder zurückgekommen sind, hat er kurzerhand nach der Mistgabel gegriffen.

Als die Haut an seinem Hals beginnt zu jucken, bemerkt er, dass er immer noch das Halsband trägt, weshalb er es sich erleichtert auszieht. Vorhin ist er so konzentriert gewesen, dass er es vollkommen ignoriert hat.
 

In der Küche erwartet ihn dann schon das Abendessen, das aus einem einfachen Salat und den restlichen Brötchen von ihrem Picknick besteht. Da sie alle von der anstrengenden Reise müde sind, zu seiner Überraschung auch er selbst, obwohl er ja die meiste Zeit nur auf der Ladefläche gesessen ist, wird während des Essens so gut wie gar nicht geredet und als sie die Küche aufgeräumt haben, ziehen sie sich auch gleich auf ihre Zimmer zurück.

Kaum hat Yami seine Tasche ausgepackt und seinen Pyjama angezogen, klopft es an der Tür, die auch gleich geöffnet wird. „Hey Yami, was... wie fühlst du dich?“, lächelnd lehnt sich Yugi an den Türrahmen. Eigentlich hatte er ja fragen wollen, ob der andere heute und in Zukunft bei ihm schlafen möchte, aber diese Frage will einfach nicht über seine Lippen kommen.
 

Yami ist sich sicher, dass Yugi eigentlich etwas Anderes hatte fragen wollen, aber sagt nichts, sondern lehnt sich nur an den Tisch hinter ihm. „Es geht mir gut. Etwas müde, aber gut.“ Gespannt, ob sein Gegenüber nun doch noch das fragt, was er vermutet, wartet er ab, was noch so kommt.
 

Verlegen ringt Yugi mit seinen Händen. „Das.… ist gut“, den Blick auf das Fenster hinter Yami gerichtet spricht er schnell weiter. „Wenn du willst kannst du auch bei mir schlafen. Mein Bett ist ja mehr als gross genug für zwei Personen. Ich kann mich daran erinnern, dass ich als kleiner Junge immer zwischen meinen Eltern geschlafen habe, wenn ich krank war. Also...“, „Yugi, ich...“, wird er mal wieder von Yami unterbrochen. Was wohl heute zu dessen Gewohnheit geworden ist. „Ich danke dir, aber ich brauche etwas Zeit für mich.“ Als er den besorgten Blick von Yugi sieht, entschliesst er sich dazu seinen Stolz noch einmal zu überwinden. „Wenn aber die Albträume wiederkommen, dann komme ich auf dein Angebot zurück.“
 

Seine Enttäuschung verbergend nickt Yugi. „Okay, aber mache es auch. Egal wie spät es ist. Also dann, gute Nacht.“ Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen verlässt er das Zimmer und zieht die Tür hinter sich zu.

Während er sich ins Bett legt fragt er sich, ob es selbstsüchtig ist zu hoffen, dass sich Yami bald zu ihm legen wird. Denn auch er hat in den letzten beiden Nächten gemerkt, dass er die Nähe des anderen braucht und sie ihm guttut.
 

Wieder mal sieht Yami in Gedanken versunken aus dem Fenster. Ein Teil von ihm wäre gern sofort auf das Angebot von Yugi eingegangen, aber er konnte einfach nicht. Erst muss er wieder soweit wie möglich das Chaos in sich selbst ordnen, ehe er sich diesem unbekannten Bedürfnis nach der Nähe Yugis stellen kann.

Als er dann unter die Decke kriecht, greift er nach seinem Osis und drückt ihn fest an sich, um das plötzliche Gefühl der Einsamkeit zu vertreiben. Als der Mond schon hoch am Himmel steht, fällt er endlich in einen unruhigen Schlaf.

 

 

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Wieder hat Yami ein Puzzlestück mehr zu seiner Vergangenheit erhalten. Vielleicht das wichtigste.... seinen wahren Namen.

 

Trotzdem scheint er nicht wirklich weiter zu kommen, zumindest hat er das Gefühl, dass es so ist.

 

Ich weiss jetzt nicht so wirklich, was ich noch sagen soll und hoffe einfach mal, dass es euch gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Erkenntnisse

Hallo zusammen,

 

erst mal ein dickes Dankeschön an die Kommischreiber. Ihr seid einfach genial, dass ihr euch immer die Zeit nehmt und mir eure Meinung mitteilt.

 

Das Kapitel ist noch länger geworden als das letzte und auch ganz anders, als ich es eigentlich vorgehabt habe. Aber meine Muse war anderer Meinung, weshalb es nun so dasteht wie es ist.

 

Ich wünsche euch viel Spass.

 

 

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Kapitel 21: Erkenntnisse

 

 

Eiskaltes Wasser schlägt über Yamis Kopf zusammen. Egal wie sehr er kämpft, unerbittlich wird er von unzählbaren Händen unter Wasser gedrückt...
 

Mit einem Schrei auf den Lippen wacht Yami auf und zittert am ganzen Körper von der Kälte, die er immer noch zu spüren glaubt. Die Arme um seine Beine geschlungen sitzt er da und starrt blicklos in die Dunkelheit, während er verzweifelt versucht die Panik wieder unter Kontrolle zu bringen, die ihn gerade wie eine Welle zu überrollen droht.
 

Von dem dumpfen Schrei ebenfalls aufgewacht, liegt Yugi beinahe krank von dem Bedürfnis zu Yami zu gehen unter seiner Decke. Zwei Nächte hatte er ihn an seiner Seite. Zwei Nächte, in denen der andere ohne Albträume schlafen konnte, wenn er dessen Worten glauben kann.

Eigentlich will Yugi nicht aufstehen, hat Yami doch gesagt, dass er Zeit für sich braucht. Als er dann aber ein leises Schluchzen hört und die Verbindungstür dennoch geschlossen bleibt, schlägt er entschlossen die Bettdecke zurück und steht auf. Er kann einfach nicht mehr so tun, als würde er nichts bemerken, wenn sein Freund nachts leidet.

Barfuss geht Yugi durch das dunkle Zimmer zur Tür und drückt vorsichtig die Klinke nach unten. Anklopfen würde ja sowieso nichts bringen und anscheinend bemerkt ihn Yami auch nicht, denn er sitzt das Gesicht in seinen Armen vergraben auf dem Bett. Dieser Anblick bricht Yugi das Herz, weshalb er sofort zu ihm eilt, ohne vorher die Tür zu schliessen.

Auf seine Gefühle hörend, setzt er sich auf die Matratze und zieht den überraschten Yami in eine feste Umarmung. „Keine Angst ich bin es“, versucht er ihn zu beruhigen. „Ich bin für dich da.“ Leise und betont ruhig spricht er mit seinem zitternden Freund.
 

Beinahe hätte Yami um sich geschlagen, als er plötzlich die Arme um sich spürt doch die Stimme Yugis hält ihn im letzten Moment davon ab. Noch immer will sein Körper nicht aufhören zu zittern, genauso wenig wie er die Panik aus seinem Geist vertreiben kann.

Es dauert lange, bis schliesslich das Zittern aufhört und er seine angespannten Muskeln dazu bewegen kann ihm wieder zu gehorchen.

Als es ihm endlich möglich ist, lässt er sich an den warmen Körper vor sich sinken. Zögernd legt Yami seinen Kopf auf Yugis Schulter, wo er sein Gesicht in den weichen Stoff von dessen Shirt vergräbt. Erst jetzt wird ihm bewusst, dass seine Wangen tränennass sind.

Unbewusst spürt er, dass der Griff um seinen Oberkörper verstärkt wird, was die Panik in ihm wieder zu verstärken droht, doch dann hört er in seinem Geist eine andere Stimme, die gegen die Panik ankämpft. Ihm immer wieder sagt, dass er Yugi vertrauen kann und dass es doch schön ist, wenn ihn dieser umarmt. Ihm zur Seite steht, wie nur er es kann. Diese Stimme ist es, die ihn davon abhält seinen Kopf wieder von der starken Schulter zu nehmen.

Gegen sich selbst ankämpfend, zwingt sich Yami dazu seine Arme zu heben, damit er die Umarmung erwidern kann. Doch als er seine Hände auf Yugis Rücken legt, zieht er ihn plötzlich fest an sich, sodass ein überraschtes Keuchen zu hören ist.
 

Yugi weiss gar nicht wie ihm geschieht, als er plötzlich an die harte Brust vor sich gezogen wird. Wann hat sich Yami so hingesetzt, dass er ihn an sich ziehen kann? Er weiss es nicht, aber im Moment ist es auch egal, denn er hat viel zu viel damit zu tun, genügend Luft in seine Lungen zu bekommen, da er so fest umschlungen wird.

Trotzdem löst er seinen Griff um Yami keine Sekunde lang und er beschwert sich auch nicht, denn er spürt deutlich, dass ihn sein Freund gerade braucht.
 

Es dauert lange, bis Yami sich bewusst wird, wie fest er Yugi umschlungen hält. Allerdings lockert er seinen Griff nur widerwillig. Denn gerade schreit seine Seele danach, den anderen möglichst nah bei sich zu haben.

Langsam hebt er seinen Kopf von der sicheren Schulter, damit er in die amethystfarbenen Augen blicken kann, die ihn mit einer Wärme ansehen, die auch die letzten Reste der Kälte aus seiner Seele zu vertreiben scheint.

Noch hat er kein Wort gesagt und auch jetzt ist er nicht in der Lage ein Wort über seine Lippen zu bringen.
 

Yugi ist sich mehr als deutlich bewusst, wie nah sie sich ihre Gesichter gerade sind. Müsste er sich doch nur ein wenig nach vorn bewegen, damit er seine Lippen auf die von Yami legen könnte. Doch er erwidert nur bewegungslos den Blick aus den rubinroten Tiefen. Deutlich kann er die unausgesprochene Frage in ihnen erkennen, weshalb er leicht anfängt zu lächeln. „Na komm, lass und noch ein wenig schlafen, bevor wir endgültig aufstehen müssen.“ Sanft, aber bestimmt drückt er Yami in eine liegende Position, ehe auch er sich neben ihn hinlegt und sie beide zudeckt.

Anders als sonst, dreht er seinem Freund aber nicht den Rücken zu, sondern legt sich mit dem Gesicht zu ihm hin. „Keine Sorge, ich lasse dich nicht allein. Es sei denn du willst es.“

Da ihn Yami direkt ansieht, fällt ihm eine seiner blonden Strähnen ins Gesicht, die ihm Yugi aus einem Impuls heraus sanft hinters Ohr streicht.
 

Von der Aktion komplett überrumpelt hält Yami unwillkürlich die Luft an. Ja, er erstarrt geradezu, entspannt sich dann jedoch wieder, als Yugi seine Hand wieder zurückzieht. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken“, entschuldigend blickt Yugi ihn an, was Yami ganz leicht zum Lächeln bringt. „Ist schon gut, ich bin gerade nur ein wenig empfindlich.“ Dass sein Herz nun deutlich schneller als zuvor schlägt, verwirrt ihn noch zusätzlich. Was ist nur mit ihm los? Denn er weiss instinktiv, dass es nicht daher rühren kann, dass er Angst vor Yugi haben könnte. Denn das hat er nicht, da ist er sich ganz sicher.

Im Gegenteil, die Anwesenheit von ihm beruhigt ihn so sehr, dass Yami nun deutlich spürt, wie die Müdigkeit zurückkehrt und seine Augenlider immer schwerer werden lässt. Noch kämpft er dagegen an, aber er merkt, wie er den Kampf verliert und schliesslich bleiben seine Augen nach einem Blinzeln zu.
 

Innerlich schmunzelnd hat Yugi den Kampf von Yami, den er gegen das Einschlafen geführt hat, beobachtet. Irgendwie ist es richtig süss, wie sein Freund nun neben ihm schläft. Erst jetzt erlaubt er auch sich selbst, wieder in den Schlaf hinüberzugleiten.
 

Als die ersten Sonnenstrahlen den Himmel rot zu färben beginnen, wacht Yami aus seinem ruhigen Schlaf wieder auf. Erstaunt bemerkt er, dass seine Hand auf Yugis liegt, sie sich aber sonst wohl kaum bewegt haben. Vorsichtig, um ihn ja nicht aufzuwecken, steht Yami auf, was gar nicht so einfach ist, weil er bis zum Fussende des Bettes rutschen muss, da er an der Wand gelegen hat.
 

Auf Zehenspitzen schleicht er sich dann mit seinen Kleidern auf dem Arm aus dem Zimmer. Erst als er im Flur ist, läuft er normal weiter bis er das Bad erreicht hat. Schnell dreht er das kleine Schild an der Tür um, so dass die rote Seite zu sehen ist, bevor er den kleinen Raum betritt.

Wo er sich erst mal unter die Dusche stellt und das heisse Wasser auf seinem Körper geniesst. Irgendwie klärt es auch seine Gedanken, was ihn widerwillig dazu bringt, sich endlich wirklich einzugestehen, dass er in seinem momentanen Zustand die Nähe von Yugi braucht, wenn er ruhig schlafen will. So schwer es ihm auch fallen mag.
 

Als er sich dann im Spiegel sieht, blickt ihn ein ernster junger Mann entgegen.” Weisst du Atemu“, bewusst verwendet er diesen Namen. Hofft er doch, dass er ihm irgendwie hilft. „Es ist irgendwie schon beinahe peinlich. Du bist ziemlich sicher um die 25 Jahre alt und kannst nicht mal alleine schlafen.“ Über sich selbst den Kopf schüttelnd, wer spricht schon mit sich selbst und dann noch in der dritten Person, öffnet Yami die verspiegelte Tür, damit er an seine Sachen kommt, die er schon gestern wieder hier reingeräumt hat.
 

Nach dem Zähneputzen und einer gründlichen Rasur fühlt sich Yami schon deutlich besser.

Nachdem er sich angezogen hat, kämmt er sich noch schnell seine Haare und schon ist er bereit in den Tag zu starten.

Wie üblich legt er seinen Schlafanzug im Wohnzimmer auf die Couch, ehe er in den Stall geht, bestimmt warten Blacky und Rocky schon auf ihr Frühstück.
 

Sich streckend wacht Yugi langsam aus seinem erholsamen Schlaf auf. Allerdings verwirrt ihn die Position des Fensters. Was macht es rechts am Kopfende des Bettes? Es gehört zwar schon nach rechts aber nicht so weit oben. Verwirrt schlägt er die Augen auf und stellt fest, dass er nicht in seinem Bett liegt, dann fällt ihm wieder ein, was passiert ist. Nur warum ist er dann alleine?

Sein noch nicht ganz waches Gehirn braucht eine ganze Weile, bis es zu einer Antwort gelangt. Nämlich, dass Yami schon aufgestanden ist und das vermutlich bei Sonnenaufgang, was er jetzt auch tun sollte.

Schliesslich muss er heute den Laden wieder öffnen. Zuerst kuschelt er sich aber noch einmal ins Kissen und atmet tief den Geruch ein, der ganz eindeutig zu Yami gehört. Irgendwie erinnert er ihn an ein exotisches Gewürz, nur kann Yugi beim besten Willen nicht mehr sagen, wie es heisst. Nur eins weiss er, er liebt diesen Geruch.
 

Widerwillig steht er dann aber doch noch auf. Geht mit schlurfenden Schritten rüber in sein Zimmer. Allerdings bleibt er nicht dort, sondern läuft gleich weiter bis er die Treppe runtergegangen und im Bad verschwunden ist.

Auf die Idee frische Sachen mitzunehmen, kommt er gar nicht. Das wäre für ihn schon zu viel Denkleistung am frühen Morgen.

So kommt es, dass er mal wieder nur mit dem Handtuch um seine Hüften durch den Flur zu seinem Zimmer hochgeht.
 

In der Zwischenzeit hat Yami die beiden Pferde gefüttert und auch schon die ersten Pferdeäpfel aus den Boxen geholt. Nun sitzt er auf der Hintertreppe und sieht der Sonne zu, wie sie langsam über den Rand des Stalldaches steigt und den Hof immer mehr in ihr goldenes Licht taucht.

Inzwischen ist die Verzweiflung vom Vortag der Wut gewichen. Er ist wütend, dass man ihm sein Leben, seine Identität, eigentlich alles genommen hat. Wie würde sein Leben jetzt wohl aussehen, wenn er damals nicht diesen kriminellen Sklavenhändlern in die Hände gefallen wäre, die ihn gegen jedes geltende Gesetz versklavt haben.

Theoretisch könnte er ja dagegen klagen, aber eben nur theoretisch. Denn er kann es nicht beweisen und in der Praxis wird ein rechtloser Sklave gar nicht erst angehört. Frustriert schlägt er mit seiner Faust auf die Treppenstufe, was ein schmerzhaftes Pochen und Brennen verursacht.

Wenn er sich doch nur schon an mehr erinnern könnte. Doch was hat er schon? Seinen Namen und ein paar Sequenzen aus seiner Vergangenheit, die so viel und doch so wenig aussagen, dass ihn der Anführer der Sklavenhändler damals bei seiner Vergewaltigung Pharao genannt hat, hilft ihm auch nicht weiter. Kann es doch alles Mögliche bedeuten, ausserdem ist er damals vor lauter Schmerzen beinahe bewusstlos gewesen, er könnte sich also genauso gut verhört haben.

Als die Sonnenstrahlen den Rand des Vordaches auf der anderen Seite des Hofes erreichen, steht Yami auf. Denn um diese Zeit ist es in der Regel Zeit für’s Frühstück und er will weder viel zu früh, noch zu spät in der Küche sein. Allerdings hat er auch nicht wirklich Lust, am Morgen schon viel zu reden und das müsste er zwangsläufig, wenn er früher reingehen würde.
 

Während sich Yami die Hände wäscht, hört er aus der Küche schon Stimmen. Offensichtlich ist Yugi inzwischen auch aufgewacht und hat wohl auch schon seinen ersten Tee getrunken. Schmunzelnd denkt er daran, wie der andere normalerweise drauf ist, wenn er den nicht bekommt. So einen Morgenmuffel wie ihn findet man echt nur selten und je früher die Sonne aufgeht, desto schlimmer scheint es zu werden.

Undeutlich formt sich dann aber eine Frage in seinen Gedanken. Warum ist der andere aber nicht so, wenn er neben ihm aufwacht? Denn dann scheint Yugi schon am Morgen eine relativ gute Laune zu haben oder wenigstens ansprechbar zu sein.

Irgendwie wirft dessen Verhalten in ihm immer mehr Fragen auf. Einige kann er mit ihrer grösser werdenden Vertrautheit erklären, während gleichzeitig immer wieder neue dazukommen.
 

Den Kopf auf seiner Hand abstützend sitzt Yugi am Tisch und wartet zusammen mit seinem Grossvater darauf, dass Yami aus dem Stall kommt. „Am Freitag musst du wieder den Laden hüten. Ich gehe dann mit Yami neues Feuerholz holen“, entschuldigend sieht er seinen Grossvater an. „Ich habe nämlich ganz vergessen dir zu sagen, dass ich letzte Woche die Nachricht bekommen habe, dass unsere Jahresbestellung zum Abholen bereitliegt.“

Zustimmend nickt Sugoroku, während er gleichzeitig nach seiner Tasse greift. „Ist doch kein Problem, du hast es ja jetzt gesagt, aber denke bitte daran, dass ich am Samstag Hopkins besuche, du wirst also mit Yami allein sein. Also reisst mir das Haus nicht ab“, grinsend sieht er Yami an, der still im Türrahmen steht und ihnen aufmerksam zuhört. Was Yugi dazu bringt, sich nun auch umzudrehen und zur Tür zu schauen.

Sofort beginnen seine Augen eine Wärme auszustrahlen, die vermutlich jedem, der es sehen will, deutlich sagt, dass er hoffnungslos verliebt ist. „Guten Morgen Yami. Na los, komm rein und steh nicht rum wie bestellt und nicht abgeholt“, lächelt er ihn liebevoll an. „Dein Tee wird sonst noch kalt.“
 

Innerlich schmunzelnd beobachtet Sugoroku wie sich sein Enkel von einer Sekunde auf die andere komplett verändert. Wenn der Junge so weitermacht, wird er wohl schon bald viele Fragen beantworten dürfen. Vielleicht nicht von Yami, denn der scheint gar nicht zu bemerken was in Yugi vorgeht, aber bestimmt von seinen Freunden.
 

Das Lächeln zurückhaltend erwidernd, setzt sich Yami zu ihnen an den Tisch und greift sich auch gleich seinen Tee und den Honigtopf. „Guten Morgen Yugi, Sugoroku“, wie immer gibt er sich einen grosszügigen Löffel von der süssen Leckerei in seinen immer noch sehr heissen Tee. „Keine Sorge“, wendet er sich an Sugoroku. „Ich werde schon aufpassen, dass Yugi das Haus stehen lässt. Ich habe nämlich keine Lust auf der Strasse zu schlafen“, todernst sieht er bei dem letzten Satz Yugi an, der ihn mit grossen Augen ansieht, bevor er schmollend die Arme verschränkt, weil sein Grossvater anfängt laut loszulachen. „Haha, sehr witzig ihr beiden. Als ob ich so schlimm bin.“ Zwar schmollt er gespielt, aber innerlich freut er sich tierisch, dass Yami auf den Scherz eingeht. Auch wenn es auf seine Kosten geschieht.

Nun beginnt auch Yami zu grinsen, da das Lachen von Sugoroku einfach zu ansteckend ist und Yugi so schmollend einfach zu süss aussieht.
 

Immer noch lachend lenkt Sugoroku schliesslich die Aufmerksamkeit von seinem Enkel weg. „Na los Jungs, lasst uns frühstücken.“ Immer noch schmunzelnd greift er nach einem der Dinkelbrötchen, die er heute Morgen vom Bäcker geholt hat, da er ja gestern nicht mehr gebacken hat.
 

Während sie essen sieht Yugi immer wieder zu Yami, bis dieser schliesslich den Kopf hebt. „Was ist?“, fragend sieht er sein Gegenüber an.

Was Yugi nun in leichte Erklärungsnot bringt, aber dann fällt ihm etwas ein. „Hast du auch mitbekommen, dass wir beide am Freitag neues Feuerholz beim Holzhof holen werden?“ Irgendwie ist er gerade richtig stolz darauf, dass ihm das eingefallen ist.
 

Verneinend schüttelt Yami den Kopf. „Nein, das habe ich nicht mitbekommen“, plötzlich unsicher blickt er dann abwechselnd zu Sugoroku und Yugi. „Was ich noch Fragen wollte. Mir ist aufgefallen, dass wir kaum noch gespaltene Holzscheite haben. Soll ich die restlichen Holzblöcke noch hacken und auch schon so aufstapeln, dass wir Platz für das neue Holz haben?“, nervös blickt er auf seinen Teller. Noch nie hat er eine komplett neue Arbeit von sich aus vorgeschlagen und er weiss nicht, wie die beiden Mutos darauf reagieren werden.

Auch wenn sie ihn immer wie einen Gleichgestellten, ja sogar wie ein Familienmitglied behandeln, könnte es doch sein, dass sie es nicht gern sehen, wenn er sich selbstständig eine Aufgabe sucht.
 

Ernst blickt Yugi zu seinem Grossvater, der stumm nickt. Haben sie doch schon kurz nach Yamis Ankunft entschieden, dass Yugi die erste Ansprechperson von Yami sein sollte und er sich nicht allzu gross einmischen wird. Es sei denn, Yami wendet sich von sich aus an ihn.

Lächelnd überspielt Yugi seine Trauer über das plötzlich wieder unsichere Verhalten von seinem Freund. „Yami, wenn du das Holz hacken willst, kannst du das gern machen. Ich komme ja selbst kaum dazu und Grossvater sollte es mit seinem Rücken auch nicht mehr machen.“ Da sein Gegenüber die Hände unter dem Tisch verborgen hat und immer noch nicht hochblickt, steht Yugi auf und geht um den Tisch herum. Neben ihm angekommen, geht er in die Knie, so dass er in dessen Gesicht sehen kann. Gleichzeitig greift er nach der einen Hand, die so fest zur Faust geballt ist, dass die Knöchel weiss hervortreten. „Yami, wenn du siehst, dass etwas erledigt werden sollte und du es tun willst, dann mach es einfach und gib uns dann einfach Bescheid.“ Erleichtert spürt er, dass sich die Hand unter seiner langsam entspannt.

Irgendwie ist es schon seltsam. Inzwischen benimmt sich Yami meistens sehr selbstbewusst oder zumindest soweit gelassen, dass man vergessen könnte, was er durchgemacht hat und dann wieder wird er so unsicher, ja beinahe ängstlich, als würde er jederzeit Schläge oder schlimmeres erwarten. Darum entscheidet er sich dazu noch etwa hinzuzufügen, obwohl es in seinen Augen eigentlich unnötig ist. „Yami, du bist ein vollwertiges Familienmitglied und du musst ganz sicher keine Angst haben irgendetwas falsch zu machen.“ Seine andere Hand legt er nun auf die Wange Yamis und zwingt ihn sanft dazu den Blick zu ihm zu wenden. Als er ihm nun in die Augen sehen kann, wird ihm auf einmal klar, was das Problem ist und diese Erkenntnis zieht sein Herz schmerzhaft zusammen. „Jeder Mensch macht Fehler und so wie du mir gestern und vorgestern gesagt hast, dass ich ich selbst sein soll, sage ich dir nun das Gleiche“, kurz hält er inne, um ihm die Zeit zu geben seine Worte zu verarbeiten. „Yami, sei du selbst. Erlaube dir selbst Fehler zu machen. Denn weder ich, noch Grossvater werden dich dafür bestrafen. Ich... will nur, dass du wirklich glücklich bist“, beinahe wäre ihm rausgerutscht, dass er ihn liebt.
 

Lange sieht Yami in die warmen Augen von Yugi, sucht instinktiv nach einer versteckten Falle oder Lüge, aber er kann nichts als Ehrlichkeit und etwas, das er nicht deuten kann, in ihnen lesen. Schliesslich nickt er zögernd. „Okay“, und nach einem kurzen innehalten. „Ich werde es versuchen.“
 

Aufmunternd nickt Yugi und drückt kurz die Hand unter der seinen, ehe er aufsteht. „Mehr verlangen wir auch gar nicht. Sei einfach du selbst mit all deinen Ecken und Kanten.“ Nach diesen Worten geht er wieder zu seinem eigenen Stuhl zurück und spürt dabei deutlich, wie ihm Yami mit den Augen folgt.

Auch wenn er sich bestimmt zu viel erhofft, so hofft er doch von ganzem Herzen, dass Yami nun endlich auch in seinem Herzen und nicht nur mit seinem Kopf verstanden hat, was er ihm schon seit dem ersten Tag zu zeigen versucht.
 

Das alles hat Sugoroku schweigend beobachtet. Auch wenn es ihm schwerfällt, sagt er nichts, denn er spürt instinktiv, dass er Yami damit nur überfordern würde. Irgendwas ist in dem jungen Mann am Brodeln, man könnte sogar beinahe meinen, dass in ihm gerade zwei komplett verschiedene Charaktere dabei sind wieder zusammenzuwachsen. Anders kann er sich dessen widersprüchliches Verhalten zumindest nicht erklären.
 

Nun schweigend beenden sie ihr Frühstück und sie halten Yami auch nicht zurück, als er dann einfach aufsteht und die Küche verlässt, ohne sein Geschirr abzuräumen.
 

„Weisst du Yugi, du bist dabei sein Herz zu erobern, allerdings wirst du noch sehr viel Geduld brauchen, bis er sich seiner soweit sicher ist, dass er noch weiter auf dich zugehen und deine Liebe zu ihm vielleicht erwidern kann“, besorgt mustert Sugoroku seinen Enkel, der viel zu ruhig das Geschirr abtrocknet und wegräumt, ehe er sich mit einem Seufzen zu ihm umdreht. „Meinst du wirklich?“, hoffnungsvoll sieht er seinen Grossvater an. Der an dem Blick nun deutlich sehen kann, dass Yugi eigentlich zum Heulen zu Mute ist. Weshalb er ihn entschlossen in seine Arme zieht, was dessen mühsam aufrecht erhaltene Beherrschung endgültig zusammenbrechen lässt. Weinend klammert er sich regelrecht an seinen Grossvater. Der ihm stumm immer wieder über den Rücken streicht. Erst als sich Yugi wieder etwas beruhigt hat beginnt er ruhig zu reden. „Ja, das meine ich. Aber du musst dir auch bewusst sein, dass Yami erst sich selbst wiederfinden muss und dabei können wir ihm nicht helfen. Diesen Weg muss er alleine gehen und es kann noch sehr lange dauern, wenn nicht sogar ewig, bis er ihn bewältigt hat. Wir können ihn nur begleiten und versuchen ihn aufzufangen, wenn er stolpert.“ Ja, die Worte sind hart, aber Sugoroku will Yugi keine falschen Hoffnungen machen, indem er ihn schont.
 

Einerseits trösten ihn die Worte von seinem Grossvater, aber andererseits machen sie ihn auch traurig. Was er allerdings am deutlichsten merkt ist, dass sie die Hoffnung in seinem Herzen wieder aufflackern lassen. „Dann werde ich weiterhin für ihn da sein, wenn er mich braucht“, nickt Yugi mit einer Entschlossenheit die ihn selbst überrascht. „Und selbst wenn er nie das Gleiche wie ich fühlen wird, werde ich für ihn immer ein Freund sein.“
 

Was sie beide nicht wissen ist, dass Yami jedes einzelne Wort gehört hat. Bewegungslos lehnt er an der Wand neben der Tür und fixiert den Boden, ohne ihn wirklich zu sehen. Ein Sturm tobt in ihm und droht ihn in die Tiefe zu ziehen, das Vertrauen, das er in diese beiden Menschen hat zu zerstören.

Ein Teil von ihm schreit Verrat und dass Yugi ihn nur auf eine andere Art und Weise als seine früheren Besitzer zum Sex zwingen möchte. Diese Stimme droht die andere immer mehr zu überlagern, die ihm ruhig und selbstbewusst zu sagen versucht, dass Yugi und Sugoroku ehrlich zu ihm sind und er ihnen vertrauen kann. Krampfhaft klammert er sich an diese Stimme, während er sich ruckartig aufrichtet und nach draussen rennt. Ob ihn die beiden Männer in der Küche hören, ist ihm im Moment vollkommen egal.
 

Seine Schritte führen ihn geradewegs in die Box von Rocky, in der er schwer atmend an der Holzwand neben dem leeren Heunetz nach unten rutscht, bis er in dem Stroh kauert. Neugierig wird er dabei von Rocky beobachtet, der trotz der weit offenstehenden Tür nicht rausgeht, sondern seinen grossen Kopf zu dem Menschen nach unten beugt und ihm direkt ins Gesicht schnaubt. Immer wieder stuppst er vorsichtig den Menschen auf dem Boden an, als würde er fragen wollen, was denn los ist.

Plötzlich schlingt Yami seine Arme um den Hals des grossen Pferdes und vergräbt sein Gesicht in dem weichen Fell, was Rocky geduldig zulässt. Spürt er doch instinktiv, dass der kleine Mensch, der sich immer so nett um ihn kümmert, traurig ist.
 

Yami weiss nicht, wie lange er sich an Rocky festhält und sich von dessen Stärke das nimmt, was er braucht. Einen sicheren Anker, der verhindert, dass ihn der Sturm in seinem Inneren verschlingt.

Irgendwann hat er sich so weit beruhigt, dass er sich wieder von Rocky lösen kann, er blickt ihm in die sanften braunen Augen. „Danke, mein Grosser.“ Liebevoll krault er ihm etwas hinter dem Ohr, bevor er sich aufrichtet und das Stroh von seinen Hosen klaubt. Wobei er tatkräftig von Rocky unterstützt wird, der immer wieder nach einzelnen Halmen schnappt und dann auf ihnen herumkaut.

„Ich mach euch dann mal euer zweites Frühstück, bevor du mir vor lauter Hunger noch die Hose wegfrisst.“ Trotz allem muss Yami leicht grinsen, als Rocky anscheinend zustimmend schnaubt.
 

Bewaffnet mit den leeren Heunetzen geht er in das Heu- und Strohlager, das in den nächsten Wochen sicher auch aufgefüllt werden wird. Dort legt er die leeren Netze hin und greift nach den fertig gestopften, die er in die Boxen hängt.

Wieder im Heulager füllt er die leeren Netze für das Mittagessen der beiden auf, ehe er rüber zum Holzstapel geht, der durch eine niedrige Wand vom Stroh und Heu getrennt ist.

Auf dieser Seite gibt es eine Art grosses Tor, das er nun aufstösst, damit das Tageslicht besser in den Raum fallen kann. Draussen an der Wand liegen sorgfältig aufgestapelt und durch das Vordach geschützt, die schon gespaltenen Holzscheite.

Mit Mühe schafft es Yami den Spaltblock von der Wand wegzurollen und ihn dann mit etwas Abstand zur Wand aufzustellen. Die Axt holt er dann aus dem Lagerraum und überprüft als erstes, ob sie noch schön scharf ist, ehe er sie auf den Block legt und die ersten grossen Holzblöcke nach draussen trägt. Zwar hat er noch nie selbst Holz gehackt, aber er hat mal einem anderen Sklaven dabei zugesehen und geholfen, die Scheite danach aufzuschichten, wenn er nicht gerade vor lauter Schmerzen in seiner Kammer gelegen hat.

Sorgfältig stellt er das erste grosse Scheit auf den Spaltblock und holt mit der Axt aus. Er braucht mehrere Versuche, doch dann hat er den Bogen raus und ein Scheit nach dem anderen fällt gespalten auf den Boden.

Durch die steigende Sonne und die harte Arbeit wird ihm immer wärmer, sodass ihm schon bald das Shirt unter der Weste am Rücken klebt. Was ihn dann so sehr stört, dass er sich den Stoff auszieht und nun nur noch mit der Weste, die er vorne mit den versteckten Lederbändern schliesst, weiterarbeitet. Ganz ohne Oberteil möchte er nämlich nicht draussen rumstehen und seit er das Gespräch von Yugi und Sugoroku belauscht hat, auch nicht mehr vor Yugi so rumlaufen. Wie konnte er das im Onsen nur machen? Das war ja mehr als ein grosses Risiko, das er da eingegangen ist.
 

Das Holzhacken lässt ihn ruhiger werden und auch seine Gedanken kreisen nicht mehr wild umher, als ihm das dumpfe Läuten der Kirchenglocke sagt, dass er langsam zum Mittagessen reingehen sollte, aber zuerst gibt er Blacky und Rocky noch ihr Futter und füllt ihre Wassertröge neu auf. Erst dann geht er ins Haus, wo er sich als erstes die schmerzenden Hände wäscht, das kühle Wasser ist dabei richtig wohltuend.
 

Als er in die Küche kommt, ist Yugi schon dabei den Tisch zu decken, während Sugoroku die Reispfanne mit Würstchen noch einmal umrührt. Wortlos greift Yami nach der Karaffe und füllt sie mit Wasser, mit dem er dann ihre Becher füllt.

Deutlich spürt er die Blicke von Yugi auf sich, doch er ignoriert ihn und versteckt seine wahren Gefühle hinter einer perfekt sitzenden Maske.

Nachdem sie sich alle hingesetzt und sich einen guten Appetit gewünscht haben, beginnt er mit ausdrucksloser Mine zu essen.
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi bei Yami zurückhalten. Will er ihn doch fragen, was auf einmal los ist. Doch die ganze Körperhaltung des anderen, spricht eine eindeutige Sprache. Nämlich dass er nicht reden, sondern in Ruhe gelassen werden will. Hilflos blickt Yugi zu seinem Grossvater, der ihn jedoch nur mit den Schultern zuckend anzieht. Weiss er doch auch nicht, was plötzlich mit ihm los ist.
 

Nach dem Essen verschwindet Yami gleich wieder nach draussen und Sugoroku kann Yugi nur mit Mühe davon abhalten ihm zu folgen. „Yugi, bleib hier“, zur Sicherheit greift er zusätzlich nach dem Arm seines Enkels, der ihn beinahe verzweifelt ansieht. „Aber Grossvater, ich...“ „Nein Yugi. Du hast doch gesehen, dass Yami seine Ruhe möchte und das solltest du respektieren. Hilf mir lieber die Küche aufzuräumen und gehe dann in den Laden. Yami wird schon auf dich zukommen, wenn er reden will.“ Beschwörend sieht er Yugi an, der nach einer Weile ergeben nickt und nach dem Geschirrtuch greift.
 

Den ganzen Nachmittag über ist Yami mit dem Holzhacken beschäftigt, dass er nur unterbricht um die Pferde zu versorgen oder selbst etwas zu trinken. Dafür hat er am Abend einen Grossteil des Holzes fertig gehackt, so dass er am nächsten Tag auch den Rest noch schaffen sollte.
 

Inzwischen ist er so verschwitzt, dass er früher als sonst die Boxen ausmistet und dann ins Haus geht, damit er vor dem Abendessen noch duschen und frische Sachen anziehen kann.

Im Bad schliesst er das erste Mal seit Wochen wieder die Tür ab. Zu unsicher ist er im Moment, was er von den Mutos halten soll.

Als das heisse Wasser über seine Muskeln rennt, schliesst Yami die Augen und versucht schon beinahe verzweifelt in seinem Geist eine Antwort zu finden. Was soll er nur tun? Wie soll er sich in Zukunft verhalten?

Ein Klopfen an der Tür lässt ihn zusammenfahren. „Yami? Kommst du? Das Essen ist fertig.“ Hört er die Stimme von Yugi durch die Tür. Kurz wartet er ab, ob versucht wird die Tür zu öffnen, doch nichts passiert. „Yami? Ist alles in Ordnung?“ Nun hört sich Yugi deutlich besorgt an.

Tief holt Yami Luft, als er das Wasser abdreht. „Ja, alles in Ordnung. Ich komme gleich.“ Nein, nichts ist in Ordnung, aber das wird er Yugi auf keinen Fall sagen.

„Ist gut, wir warten.“ Hört er ihn dann nur noch rufen.

Vor dem Spiegel sieht sich Yami an und erschrickt, als er plötzlich das Gefühl hat, dass ihn da zwar sein Gesicht, aber eine andere Person mit vorwurfsvollem Blick ansieht. Doch der Eindruck verschwindet beinahe sofort wieder.
 

Da er aber die anderen nicht noch länger warten lassen will, schiebt er das eben passierte entschlossen zur Seite. Schnell trocknet er sich ab und schlüpft in die frischen Sachen.
 

Unterdessen sitzen Yugi und Sugoroku am Tisch und warten geduldig auf Yami. Da es ja wie üblich zum Abendessen Brot, Käse und Wurst gibt, macht es ja nichts aus, dass sie nicht gleich essen.

Als Yami dann in die Küche kommt, sieht ihn Yugi besorgt an, während sich dieser mit einer gemurmelten Entschuldigung hinsetzt und dabei sämtlichen Blickkontakt vermeidet.

Was die Stimmung am Tisch noch bedrückter werden lässt. Die auch nicht durch die Versuche von Sugoroku, mit Yugi ein Gespräch zu führen besser wird.
 

Nach dem Essen will Yami gleich wieder verschwinden, doch diesmal hält ihn Sugoroku zurück. „Yami! Du bleibst hier und räumst mit mir die Küche auf!“, ernst blickt er den jungen Mann an, der in der Bewegung erstarrt mit den Händen auf dem Tisch dasteht. „Yugi, lass uns bitte allein und schliess die Tür hinter dir“, auffordernd deutet er zur Tür und wartet ab, bis Yugi wirklich gegangen und die Tür geschlossen ist.

Erst jetzt blickt er wieder zu Yami, der sich noch keinen Millimeter bewegt hat. „Setz dich hin Junge und dann will ich wissen was los ist“, seine Stimme lässt keine Widerworte zu.
 

Wie eine Marionette gehorcht Yami mit gesenktem Blick. Jetzt zeigt der alte Mann also sein wahres Gesicht. Angespannt wartet er darauf, was nun kommen wird.
 

Ernst blickt Sugoroku den in sich zusammengesunken jungen Mann an. Wie soll er nur mit ihm umgehen. „Also Yami, nun reden wir mal ganz offen miteinander und ich erwarte verdammt nochmal, dass du mir ehrlich antwortest. Hast du mich verstanden?“ Mit verschränkten Armen sitzt Sugoroku da und wartet auf eine Reaktion.
 

Mit gesenktem Kopf nickt Yami zögernd. Alles in ihm ist gerade angespannt. „Ja, ich habe verstanden“, nur leise bringt er die Worte über seine Lippen.
 

Zwar ist Sugoroku nicht wirklich zufrieden, da ihn der junge Mann nicht ansieht, aber es ist besser als nichts, da er endlich etwas gesagt hat.

„Gut, dann will ich jetzt verdammt nochmal wissen was los ist. Die letzten Tage warst du so locker und heute Morgen bis auf den kleinen Zwischenfall auch. Du hast sogar mit mir zusammen Yugi aufgezogen. Also, was ist passiert, dass du dich wieder so verhältst, als würdest du uns nicht kennen.“
 

Die Hände unter dem Tisch zu Fäusten geballt, schweigt Yami.

„Junger Mann, ich erwarte eine ehrliche Antwort.“ So langsam fühlt sich Sugoroku in die Zeit zurückversetzt, als Yugi ein Teenager gewesen ist und wirklich jede Grenze ausgetestet hat. „Verdammt Yami, ich bin für solche Spielchen wirklich zu alt. Als los raus mit der Sprache.“ Deutlich ist nun zu hören, dass Sugoroku wütend ist.
 

„Ich...“, beginnt Yami zögernd. „Ich... habe heute Morgen euer Gespräch gehört.“ Schafft er es dann undeutlich zu sagen, während er einen Brotkrümel auf dem Tisch betrachtet, als wäre er etwas Spezielles.
 

Dadurch kann er nicht sehen, wie Sugoroku die Augen schliesst und lautlos das Wort Scheisse sagt. Niemals hätte Yami in seinem labilen Zustand auf diese Art und Weise erfahren dürfen, dass Yugi mehr als freundschaftliche Gefühle für ihn hat. „Yami, ich nehme jetzt einfach mal an, dass du nun durch das Gehörte das Schlimmste von uns erwartest. Nicke einfach oder schüttle den Kopf, wenn du nichts sagen willst.“
 

Zögernd nickt Yami.
 

„Okay, dann lass mich dir mal eine Geschichte erzählen und zwar die, warum Yugi und ich eine andere Einstellung zu Sklaven haben, wie die meisten anderen. Bitte hör mir einfach zu und am Ende kannst du dann Fragen stellen.“
 

Wieder nickt Yami stumm.
 

Sich in seinem Stuhl zurücklehnend versetzt sich Sugoroku mental in die Zeit zurück, wo Yugis Vater gestorben ist. „Wir hatten vor 20 Jahren einen Sklaven, da war Yugi gerade mal 5 Jahre alt. Er hat uns immer treu gedient und wir haben ihn gut behandelt. So wie man halt einen Sklaven behandelt, der gut arbeitet, aber wir haben in ihm nie etwas anderes als einen Sklaven gesehen.“ Um sich zu sammeln hält Sugoroku kurz inne.

„Yugi kann sich nicht wirklich an den Tag, an dem sein Vater gestorben ist, erinnern. Er weiss nur das, was seine Mutter und ich ihm erzählt haben. Also sprich bitte mit ihm nicht über das, was ich dir jetzt gleich erzählen werde.“ Beschwörend sieht er Yami an, der den Blick zu spüren scheint, denn er nickt langsam, obwohl er noch immer den Tisch fixiert.

„Gut. An dem Tag waren Yugi, sein Vater Kazuki und der Sklave bei den Takeshis zu besuch. Frag mich nicht warum, denn ich weiss es nicht. Naja, sie sind in die Magistadt geritten. Yugi und der Sklave auf einem Pferd, Kazuki auf dem anderen. Als sie auf dem Rückweg waren, sind sie von einer Räuberbande überfallen worden. Sie haben die Pferde gestohlen und Kazuki vor Yugis Augen umgebracht, weil er sich weigerte ihnen alles zu geben, was sie dabeihatten. Der Sklave war auch schwer verletzt, aber er hat es irgendwie geschafft, Yugi in einem unbeobachteten Moment zu packen und in den nahen Fluss zu springen. Die Strömung hat sie bis vor die Tore von Domino getrieben, wo er sie beide dann aus dem Wasser gezogen hat. Mit letzter Kraft hat er es geschafft Yugi bis hierher zu bringen, dann ist er zusammengebrochen. Er war einen ganzen Tag lang bewusstlos und Yugi stand so unter Schock, dass er für drei Jahre kein Wort geredet hat. Naja, nun zurück zum Sklaven. Er hat überlebt und konnte uns so erzählen was passiert ist“, mit sich ringend schweigt Sugoroku mehrere Minuten lang.

„Mir und meiner Tochter ist erst da klargeworden, was sich vor unseren Augen abspielt. Denn die Räuber hätten Yugi sowie dich versklavt und irgendwohin verschleppt. Wir haben dem Sklaven dann die Freiheit geschenkt und er ist noch für mehrere Jahre als Mitarbeiter und einziger Vertrauter von Yugi bei uns geblieben, bis er dann gegangen ist, um die Welt zu bereisen. Ich weiss nicht, was aus ihm geworden ist, aber ich weiss, dass er ein Held ist. Denn ohne ihn, wäre Yugi nun in der gleichen Lage, wie du dich befunden hast.“ Mit weicher Stimme fährt er fort. „Yami. Yugi, ich und seine Freunde May und Jono, haben damals gelernt, dass Sklaven Menschen sind und keine willenlosen Subjekte, wie es uns die Regierung und die Gesetze weissmachen wollen. Niemals würden wir dich so behandeln, wie es deine früheren Besitzer getan haben. Ja, Yugi hegt tiefere Gefühle für dich, aber er würde niemals etwas von dir verlangen, was du nicht willst. Im Gegenteil, solange du ihm nicht deutlich zeigst, dass du mehr als Freundschaft von ihm willst, wird er sich dir gegenüber nicht anders verhalten, als bisher. Also überleg dir gut, ob du wirklich eure Freundschaft aufgeben willst, nur weil du etwas gehört hast, das du zum jetzigen Zeitpunkt und auf diese Art und Weise nicht hättest erfahren sollen.“

Mehr hat Sugoroku nicht zu sagen, weshalb er nun aufsteht und beginnt den Tisch abzuräumen. Erstens weil er etwas zu tun braucht und zweitens will er Yami die Möglichkeit geben, seine Gedanken zu ordnen.
 

Schweigen breitet sich in der Küche aus, während Yami versucht zu verstehen, was ihm Sugoroku gerade erzählt hat. Er bemerkt gar nicht, wie Sugoroku die Küche aufräumt und ihn dann alleine lässt.

Immer wieder hört er die Geschichte in seinem Geist widerhallen. Yugi wäre also das Gleiche wie ihm passiert, wenn da nicht ein mutiger Sklave gewesen wäre, der ihn gerettet hat.

Irgendwann bemerkt er, dass es schon dunkel ist, wie lange ist er nur hier gesessen? Langsam und mit schmerzenden Muskeln vom Holzhacken steht er auf. Denn so langsam muss er auf die Toilette und dann ins Bett.
 

Leise geht er die Treppe nach oben, doch das scheint nicht nötig zu sein, denn im Wohnzimmer sieht er Licht brennen und hört leise Stimmen. Trotzdem geht er direkt in sein Zimmer und schliesst dann die Tür hinter sich.

Erstaunt bemerkt er, dass auf seinem Tisch eine Öllampe brennt und ein Schlüssel mit einem kleinen Zettel daneben in dem Lichtschein schimmert.
 

Neugierig nimmt er ihn zur Hand, aber erst als er die Zeilen liest, wird ihm klar was er zu bedeuten hat.
 

Yami,
 

ich weiss nicht was los ist und Grossvater will mir nicht sagen, worüber ihr geredet habt. Ich weiss also nicht, warum du plötzlich Angst vor mir zu haben scheinst. Darum gebe ich dir nun den Schlüssel zu deiner Zimmertür, damit du selbst entscheiden kannst, ob du sie abschliessen willst oder nicht.
 

Ich werde nicht fragen, was los ist oder was ich falsch gemacht habe, aber ich hoffe, dass du mir irgendwann wieder soweit vertrauen kannst, dass du mit mir redest.
 

Yugi
 

PS: Ich habe dir mal angeboten, dass du zu Jono oder May gehen kannst, wenn du willst. Das Angebot steht noch, du musst es nur sagen, dann lasse ich dich gehen.
 

Nachdenklich lässt Yami den Brief sinken. Lange sieht er den Schlüssel an, dann geht er zur Tür und steckt ihn ins Schloss. Probeweise dreht er ihn und tatsächlich lässt sich dir Tür abschliessen.

Nach einigem Zögern, schliesst er die Tür wieder auf. Zieht sich den Schlafanzug an und kuschelt sich dann mit Osis im Arm unter die Decke.

 

 

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Im Moment geht es bei Yami richtig drunter und drüber. Denn diese Info hätte er wirklich erst später erfahren sollen und sicher nicht jetzt, wo er immer 1 und 1 zusammenzählt und sicher nicht auf 2 kommt.

 

Dafür wissen wir nun, warum die Mutos und Yugis Freunde sich so ganz anders verhalten, wie die anderen.

 

Jetzt bleibt uns nur abzuwarten, was die nächsten Tage und Wochen bringen werden.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Holzhof und Sommergrippe

Hallo zusammen und frohe Weihnachten,

 

dieses Mal gibt es das wohl bisher längste Kapitel dieser Geschichte.

Nachdem das letzte ja ein ziemlicher Schock gewesen ist, geht es nicht viel besser weiter oder vielleicht doch? Ich denke das ist alles eine Frage der Perspektive.

 

Ich möchte allen Kommischreibern danken, die mir ihre Gedanken entweder öffentlich oder per ENS mitteilen. Darum ist dieses Kapitel euch gewidmet.

 

Und nun viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 22: Holzhof und Sommergrippe

 

 

Besorgt blickt Yugi immer wieder zur Küchentür, denn Yami ist immer noch nicht zum Frühstück aufgetaucht. Noch zögert er jedoch aufzustehen um nach ihm zu sehen. Denn seit sich Yami besonders von ihm zurückgezogen hat, weiss er nicht mehr, wie er sich ihm gegenüber verhalten soll. Doch so langsam sollte er wirklich auftauchen, immerhin müssen sie später noch zum Holzhof fahren, um ihren Jahresvorrat Feuerholz abzuholen.

Schliesslich hält es Yugi nicht mehr aus und steht vom Tisch auf. „Ich geh mal nachsehen, wo Yami bleibt.“ Als sein Grossvater zustimmend nickt, geht er aus der Küche in Richtung Stall.

Doch als er bei den Pferden ist, sieht er, dass sie noch gar nicht versorgt worden sind. Noch nicht mal Wasser haben sie, geschweige denn Futter. Eigentlich will er gleich wieder reingehen und schauen, wo Yami ist, doch die beiden wiehern so ungeduldig, dass er ins Heulager eilt, wo er zum Glück die gefüllten Netze hängen sieht. Schnell hängt er sie in die Boxen und füllt auch noch die Wassertröge so weit, dass sie für den Moment genug zu trinken haben.

Dann rennt er schon beinahe wieder ins Haus und vergisst sogar, sich die Hände zu waschen.

Ausser Atem bleibt er vor Yamis Zimmertür stehen. Nun zögert er, weiss er doch nicht, ob sie abgeschlossen ist. Vorsichtig klopft er an, doch er bekommt keine Antwort. Da er nicht weiss, was er tun soll, drückt er einfach mal probeweise die Klinke nach unten und wie durch ein Wunder öffnet sich die Tür.

Langsam, um Yami nicht aus Versehen zu erschrecken geht er ins Zimmer. „Yami? Bist du wach?“, doch er bekommt keine Antwort, zumindest keine mit Worten. Nur ein leises Stöhnen ist zu hören. Jede Zurückhaltung fallen lassend eilt Yugi zum Bett, wo er im hellen Morgenlicht deutlich das bleiche und doch glühende Gesicht Yamis erkennt. „Yami?“ Langsam legt er seine Hand sanft auf die schweissnasse Stirn und zuckt sofort zurück, als er die Hitze spürt.

So schnell er kann rennt er wieder aus dem Zimmer und in die Küche wo ihn der erstaunte Blick seines Grossvaters trifft. „Yugi, was...“ „Yami, er... hat hohes Fieber“, seine Stimme überschlägt sich beinahe vor Sorge. Was Sugoroku sofort aufstehen lässt. Wenn sein Enkel so ausser sich ist, dann ist es ernst. Trotzdem versucht er äusserlich ruhig zu bleiben, als er mit Yugi im Schlepptau die Treppe nach oben geht.

An Yamis Bett setzt er sich vorsichtig auf die Matratze. „Yami, ganz ruhig. Ich werde dich jetzt ein wenig untersuchen, hab keine Angst“, beginnt er auf den Kranken einzureden, um ihn nicht unnötig verschrecken, wenn er ihn nun anfasst.

Als er ihm die Hand auf die Stirn legt, bestätigt sich Yugis und sein Verdacht, dass der Andere hohes Fieber hat. Langsam schlägt er dann die Decke von dem zitternden Körper und schiebt das Pyjamaoberteil nach oben, um besser an dessen Oberkörper zu gelangen. Vorsichtig tastet er erst den Bauch ab, dabei achtet er genau darauf, ob Yami schmerzhaft zusammenzuckt, was zum Glück nicht passiert. Damit Yami nicht noch mehr beginnt zu frieren, schiebt er den Stoff wieder nach unten und tastet dann den Hals ab, was Yami nun wohl doch noch ganz aufwachen lässt. Zumindest schlägt er die glasig wirkenden Augen auf und sieht die beiden Männer an seinem Bett mit einem aufflackern von Panik an.

„Ganz ruhig Yami. Du hast Fieber und ich werde dir nun ein paar Fragen stellen.“ Um den Kranken nicht noch mehr zu beunruhigen, lehnt sich Sugoroku zurück und verschränkt dabei seine Finger miteinander. „Hast du Kopfschmerzen?“, aufmerksam beobachtet er wie Yami versucht zu sprechen, aber wohl kein Wort herausbringt. „Es reicht, wenn du nickst oder den Kopf leicht schüttelst.“ Lächelt er ihn an.

Daraufhin nickt Yami langsam.

„Gut, hast du auch Gliederschmerzen?“

Wieder ein Nicken.

„Ich nehme mal an, dass du auch Halsschmerzen hast.“

Als Yami diesmal nicken will, wird er von einem Hustenanfall durchgeschüttelt. Der dann auch noch von einem Niessen begleitet wird.

Sorgfältig zieht Sugoroku die Decke über den zitternden Körper. „Wir lassen dich einen Moment lang allein.“ Ihn weiterhin ansehend, steht er von der Matratze auf. „Ach ja, musst du eventuell auf die Toilette?“, deutlich kann der alte Mann sehen, wie sich eine zusätzliche Röte auf den glühenden Wangen ausbreitet. „Also ja, ich bringe dir einen guten alten Nachttopf, denn in dem Zustand wirst du die Treppe nicht schaffen.“ Bestimmt schiebt er Yugi regelrecht aus dem Zimmer und schliesst die Tür hinter ihnen.

„Grossvater, was hat Yami denn?“, beinahe krank vor Sorge sieht Yugi den alten Mann an, der ihn ernst ansieht. „Also so wie ich das sehe, hat er eine zünftige Sommergrippe erwischt. Was mich ehrlich gesagt nicht wundert, wenn ich daran denke, wie wenig er in den letzten Tagen geschlafen haben muss und wie gestresst er gewirkt hat.“
 

Yugi weiss nicht, ob ihn das Gehörte nun beruhigen oder beunruhigen soll. Macht er sich doch unglaublich grosse Sorgen um seinen Freund. Das scheint Sugoroku zu bemerken denn er legt ihm die Hände auf die Schultern und sieht ihm fest in die Augen. „Yugi, es ist nur eine Grippe und wenn er Glück hat, hat er sie in einer Woche schon wieder überstanden. Also mach dir nicht zu viele Sorgen.“ Wie eine Puppe dreht er seinen Enkel um und schiebt ihn in Richtung Flur. „Mach du ihm jetzt frischen Tee mit viel Honig und bring ihn dann hoch. Ich kümmere mich in der Zeit um den Nachttopf und mache ihm dann den guten alten Haferbrei, damit er trotz seiner Halsschmerzen etwas isst.“ Übernimmt Sugoroku bestimmt das Kommando.

Zögernd nickt Yugi und geht in die Küche, während Sugoroku ins Bad geht, wo sie den Nachttopf in dem kleinen Gestell unter neben der Toilette aufbewahren. Denn er hat nicht übertrieben, als er gesagt hat, dass Yami die Treppe nicht schaffen wird. Es wäre schon ein Wunder, wenn er ohne Hilfe aus dem Bett kommt.

Während sich sein Grossvater um Yami kümmert, wartet Yugi ungeduldig darauf, dass das Wasser beginnt zu kochen. Um sich abzulenken, bereitet er in der Zwischenzeit schon alles für den Haferbrei vor, nachdem er den zweiten Teekrug ausgewaschen und die Teeblätter in das extra grosse Tee-Ei gestopft und dieses in den Krug gehängt und den dann zu der Teetasse und dem Honigtopf auf das Tablett gestellt hat.

Noch nie hat es so lange gedauert, bis das Wasser kocht, doch endlich sprudelt es in der Pfanne. Vorsichtig, um sich nicht zu verbrühen, giesst er das heisse Wasser in den Krug, bis dieser gut gefüllt ist.
 

Das Tablett auf seinen Händen balancierend betritt Yugi kurz darauf wieder Yamis Zimmer, der schwer atmend im Bett liegt.

„Ah, da bist du ja mein Junge.“ Geschäftig nimmt ihm Sugoroku das Tablett ab und stellt es auf den Tisch. „Kümmere dich bitte um den Nachttopf, während ich versuche unseren Patienten zum Trinken zu bewegen.“

Yugi ist so froh, dass ihm gesagt wird, was er zu tun hat, dass er nur nickt und dann mit dem Nachttopf verschwindet.
 

Da Sugoroku der Meinung ist, dass der Tee schon genug gezogen hat, füllt er die Tasse bis zur Hälfte und gibt dann eine grosszügige Portion Honig in die dampfende Flüssigkeit. Innerlich lobt er seinen Enkel, der so weit vorausgedacht und gleich einen ganzen Krug gekocht hat.

Mit der Tasse in der Hand setzt er sich neben Yami auf die Matratze.
 

Yami fühlt sich einfach nur schrecklich. Nicht nur, dass er vorhin die Hilfe des alten Mannes zulassen musste, obwohl alles in ihm dagegen angeschrien hat, so muss er es jetzt auch zulassen, dass ihm Sugoroku hilft sich aufzurichten und von dem heissen Tee zu trinken. Denn alleine hätte er es kaum geschafft, die Tasse an seine Lippen zu halten.
 

Erst als die Tasse komplett leer ist, lässt es Sugoroku zu, dass sich Yami wieder hinlegt. Fürsorglich deckt er den jungen Mann zu, ehe er die Tasse wieder auf das Tablett stellt. Nachdenklich blickt er vom Tisch zum Bett, bis ihm eine Idee kommt. Kurzerhand stellt er den Stuhl neben das Bett und platziert das Tablett darauf. Er ist gerade dabei, die Tasse neu zu füllen, als Yugi mit dem Nachttopf zurückkommt und ihn ans andere Ende des Bettes stellt.

„Danke Yugi“, lächelt er seinen Enkel an. „Und nun gehst du los und kümmerst dich um die Pferde, damit du dich dann auf den Weg zum Holzhof machen kannst.“

Yugi setzt gleich zum Widerspruch an, wird aber durch die bestimmende Handbewegung seines Grossvaters sofort zum Schweigen gebracht. „Yugi, wenn du das Holz heute nicht holst, wird es anderen zugesprochen und wir müssen dann später mehr als das Dreifache bezahlen und du weisst genauso gut wie ich, dass wir uns das nicht leisten können.“ Natürlich weiss Sugoroku, was für grosse Sorgen sich sein Enkel um Yami macht, weshalb er ihm eine Hand auf den Oberarm und die andere auf die Wange legt. „Ich kümmere mich so lange um Yami, bis du wieder da bist und das am besten mit einem Suppenhuhn, damit ich ihm eine gute Brühe kochen kann“, lächelnd und doch bestimmt, sieht er seinen Enkel an. „Den Laden lasse ich geschlossen, bis du wieder da bist, also mach dir keine zu grossen Sorgen und jetzt geh.“ Auffordernd drückt er Yugis Oberarm, bevor er ihn in Richtung Tür dirigiert.
 

Mit einem letzten Blick zu Yami, lässt sich Yugi zur Tür schieben. „Yami...“, nicht wissend was er sagen soll, senkt er den Kopf und geht widerstrebend aus dem Zimmer. Natürlich weiss er, dass sein Grossvater Recht hat, aber das heisst nicht, dass es ihm gefallen muss.
 

Das alles hat Yami aufmerksam verfolgt. Naja, so aufmerksam wie es mit über 40 Grad Fieber nun mal geht. Tief in ihm beginnt es dabei zu arbeiten. Doch er ist viel zu erschöpft, so dass er schon wieder eingeschlafen ist, als Sugoroku ins Zimmer zurückkommt.

Als der alte Mann sieht, dass Yami schläft geht er leise wieder raus, lässt aber die Tür offen, um ihn im Notfall auch unten hören zu können.

In der Küche sieht er dann, dass Yugi schon alles für den Haferbrei vorbereitet hat.
 

Es dauert nicht lange, bis Sugoroku den Haferbrei fertiggekocht hat. Allerdings geht er nicht direkt nach oben, sondern geht erst noch in den Laden, wo er mit Kreide auf die schwarze Tafel schreibt, dass der Laden heute geschlossen bleibt, denn er wird ihn auch am Nachmittag, sicher nicht öffnen. Den einen Tag ohne Einnahmen können sie schon verschmerzen.

Gleichzeitig nimmt er sich vor, dass er später einen Boten zu Hopkins schicken wird, um ihm zu sagen, dass er morgen doch nicht zu ihrem Treffen kommen kann. Denn er will die beiden Jungs auf keinen Fall allein lassen.
 

Als er wieder oben bei Yami ist, stellt er die Schüssel mit dem Haferbrei einfach auf den Stuhl und lässt ihn dann wieder allein. Allerdings holt er sich im Wohnzimmer nur ein Buch und setzt sich dann in Yugis Zimmer an den Schreibtisch. Normalerweise würde er ja jetzt Wadenwickel machen, um das Fieber zu senken, aber solange Yami schläft wird er ihn in Ruhe lassen, nicht dass dieser noch ein vollkommen falsches Bild von der Situation bekommt, wenn er sich an seinen Beinen zu schaffen macht.
 

Unterdessen hat Yugi die Pferde vor die Kutsche gespannt und fährt jetzt schweren Herzens durch das grosse Tor. Allerdings schlägt er nicht gleich den Weg zum Holzhof ein, sondern fährt erst zu Jono.

Gerade als er auf den Hof der Schmiede fährt, tritt sein bester Freund nach draussen und winkt ihm lachend zu. „Hey Alter, was führt dich denn zu mir?“, heftig klopft er Yugi auf die Schulter, als dieser vor ihm steht.
 

Durch die nicht gerade sanfte Behandlung verzieht Yugi schmerzvoll das Gesicht. Manchmal vergisst Jono einfach, wie viel Kraft er hat. „Hallo Jono.“ Demonstrativ reibt sich Yugi die schmerzende Schulter. „Ich wollte dich fragen, ob ich Rishidos Hilfe beim Holzhof haben könnte.“ Gespielt vorwurfsvoll sieht er den Blonden an. „Und das nächste Mal schlag nicht so fest zu, das tut weh.“
 

Verlegen kratzt sich Jono daraufhin am Hinterkopf. „Sorry Alter. Natürlich kann dir Rishido helfen. Aber warum nimmst du denn nicht Yami mit? Ist er etwa immer noch am rumspinnen?“ Natürlich hat ihm Yugi von dem seltsamen Verhalten von Yami erzählt. Da er aber nicht alles weiss, sondern nur die Panikattacke von ihm mitbekommen hat, kann er noch weniger als Yugi verstehen, was mit ihm los ist.
 

Vorwurfsvoll blickt Yugi seinen alten Freund an. „Jono, du hast keine Ahnung, was Yami alles durchgemacht hat.“ Bei dem Gedanken daran, wird sein Blick traurig. „Aber deswegen frage ich nicht. Yami hat die Sommergrippe erwischt und liegt mit hohem Fieber im Bett“, deutlich ist nun herauszuhören, dass sich Yugi um den anderen sorgt.
 

Weshalb Jono ihm nun vorsichtig die Hand auf die Schulter legt. „Dann hoffe ich, dass er bald wieder gesund wird und ihr euch wieder vertragt.“ Sein Blick sagt deutlich aus, dass er jedes Wort ernst meint. „Dann gehe ich mal kurz Rishido Bescheid sagen, dass er dich begleiten soll.“ Yugis Schulter loslassend wendet er sich zur Schmiede um, aus der aber schon Rishido tritt. „Das ist nicht nötig, Meister Jonouchi. Ich habe es schon gehört.“ Wie immer ist Rishido die Ruhe selbst und zeigt keine einzige Gefühlsregung.
 

Die Anrede lässt Jonouchi innerlich aufseufzen. Wie oft hat er ihm schon gesagt, dass er in nicht Meister, sondern Jonouchi nennen soll, aber immerhin sagt er, anders als am Anfang, nun auch seinen Namen und nicht nur Meister oder Herr. „Na dann, sage ich mal bis später“, grinsend zieht er Yugi kurz an sich. „Und du schau, dass du das mit Yami endlich klärst. So wie du in ihn verknallt bist, ist das nämlich dringend nötig“, flüstert er ihm so ins Ohr, dass ihn Rishido nicht hören kann. Alles muss der Mann auch nicht wissen.
 

Mit roten Wangen löst sich Yugi aus der Umarmung. Wieso muss Jono auch immer alles bemerken? „Ja, bis später, ich setze Rishido dann auf dem Rückweg wieder hier ab.“ Schnell, um zu vermeiden, dass ihn der Blonde wieder in eine solche Umarmung ziehen kann, geht Yugi wieder zum Wagen und steigt auf den Kutschbock.

„Rishido, komm setz dich neben mich“, bietet er dem grossen Mann an, der das Angebot ohne mit der Wimper zu zucken annimmt, auch wenn Yugi glaubt Erstaunen in dessen Augen aufflackern zu sehen.

Als Rishido neben ihm sitzt, lässt Yugi die Pferde vorsichtig abwenden und vom Hof fahren, so dass sie schon nach wenigen Augenblicken wieder auf der Strasse in Richtung Holzhof sind.

Während sie fahren sieht sich Rishido aufmerksam um, was Yugi leicht schmunzeln lässt. Erinnert es ihn doch irgendwie daran, wie Yami sich auf dem Weg zum Hafen verhalten hat.

Natürlich fällt Rishido das Schmunzeln auf. „Was haben Sie denn, Herr Yugi?“, neugierig blickt er Yugi an, der von der direkten Frage überrascht wird. Denn das hätte er von dem stillen Mann nicht erwartet. Weshalb er einen Moment braucht, bis er die Frage beantworten kann, was auch daran liegt, dass er sich zusätzlich auf die Strasse konzentrieren muss. „Naja, Yami hat sich am Anfang auch neugierig umgesehen, als ich das erste Mal mit ihm irgendwohin gefahren bin, das ist alles.“ Bei der Erinnerung daran, wird ihm erst richtig klar, wie sehr sich Yami in den letzten Monaten entwickelt hat.
 

Nachdenklich mustert Rishido den Mann neben sich. „Das liegt daran, dass wir Sklaven in der Regel nicht wirklich viel rauskommen und wenn doch dann haben wir meist genug mit uns selbst zu tun, um auf die Umgebung zu achten.“ Vollkommen ruhig klärt er den anderen über diese Tatsache auf.
 

Nachdenklich blickt Yugi auf die Strasse, das hat er nicht gewusst. Also, dass die Sklaven die Umgebung meistens gar nicht richtig wahrnehmen. „Verstehe“, dass er das Wort laut ausgesprochen hat, ist ihm gar nicht bewusst.

„Es gibt vieles, was Sie nicht verstehen“, vielsagend sieht Rishido Yugi an, der den Blick verwirrt erwidert. „Darf ich offen reden?“, sichert er sich lieber ab. Denn auch wenn der andere einen guten Eindruck auf ihn macht, kann er es sich nicht leisten, sich zu weit vorzuwagen.

Erstaunt nickt Yugi daraufhin und fragt sich, was ihm der andere sagen möchte.

Tief holt Rishido nun erst Mal Luft. „Also, ich war ein Arbeitssklave, was zwar auch ziemlich beschissen ist, aber immer noch besser als ein Lustsklave. Diese werden so lange bearbeitet und gebrochen, dass sie keinerlei Gefühle mehr empfinden. Darum ist jeder Sklave froh, wenn er kein gutes Aussehen hat“, prüfend sieht er Yugi an, der mit blassen Wangen neben ihm sitzt. „Das haben sie bestimmt auch mit Yami versucht, aber offensichtlich haben sie es nicht ganz geschafft.“
 

Gerade geht Yugi durch ein Chaos an Gefühlen. „Wie meinst du das?“, wagt er nach einer Weile des Schweigens nachzufragen.

Nachdenklich, wie er seinen Eindruck in Worte fassen soll, beobachtet Rishido die Pferde, die in einem fleissigen Trab die Kutsche ziehen. „Auf dem Sklavenmarkt, hat er gelächelt, so wie es den Lustsklaven beigebracht wird. Egal was ist, lächle und akzeptiere alles, was mit dir geschieht. Als ich ihn dann aber wiedergesehen habe, war er eine komplett andere Person.“

Verwirrt, runzelt Yugi die Stirn. Wie will Rishido das erkannt haben? Er kennt Yami doch kaum.

Dieser scheint zu ahnen, was in ihm vorgeht. „Seine Augen, seine ganze Körperhaltung, alles war anders und dann noch sein Verhalten nach der Panikattacke. So wie ich das sehe, lernt er bei Ihnen wieder zu fühlen und dass er dazu überhaupt noch in der Lage ist, grenzt meiner Meinung nach an ein Wunder.“
 

So langsam wird Yugi klar, warum sich Yami immer wieder so widersprüchlich verhält und es bricht ihm das Herz.

Doch jetzt kann er sich nicht weiter auf das, was er gerade Erfahren hat konzentrieren, denn sie fahren auf den Holzhof und werden dabei schon neugierig beäugt.

Vor der grossen Lagerhalle lässt Yugi Blacky und Rocky anhalten. Da es hier keine Möglichkeit gibt, die Pferde anzubinden, wickelt er die Zügel um die Querstange vor seinen Füssen und zieht die Bremse an, damit die beiden nicht einfach so davonlaufen können. Erst dann steigt er vom Kutschbock runter.

„Rishido, bleib hier beim Wagen ich hol dich gleich, wenn ich weiss, wo unser Holz liegt.“

Mit weit ausholenden Schritten geht Yugi zum Büro des Verwalters, der ihn wohl schon erwartet hat, denn er kommt ihm entgegen. „Herr Muto. Es freut mich wie immer Sie hier begrüssen zu dürfen und ich sehe, Sie sind diesmal nicht allein gekommen?“, neugierig blickt er auf den grossgewachsenen Sklaven, der neben der Kutsche steht. „Guten Tag Herr Kino. Es freut mich auch jedes Mal Sie zu sehen“, erwidert Yugi mit einem falschen Lächeln die Begrüssung. Er kann den grobschlächtigen Schwarzhaarigen einfach nicht leiden. „Ja, das ist der Sklave eines guten Freundes, er hat ihn mir heute netterweise überlassen.“ Bewusst betont er den Umstand, dass Rishido nicht ihm gehört, da sich die Leute dann interessanterweise eher von den Sklaven fernhalten.
 

Aufmerksam beobachtet Rishido, wie sich Yugi und der Fremde nähern. Sagen tut er allerdings nichts mehr, denn obwohl er bei seinem jetzigen Besitzer viele Freiheiten hat, weiss er doch genau, wie er sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hat.

Dafür hört er umso genauer zu, wie dieser schmierige Typ erklärt, welcher Holzstapel ihnen gehört.
 

Erleichtert, dass Kino endlich weg ist, löst Yugi die Bremse an der Kutsche und führt die Pferde zu dem grossen Holzstapel. Wo er sie so platziert, dass sie das Holz leicht aufladen können.

„Rishido, du gibst mir das Holz und staple es auf, da ich von den letzten Jahren schon weiss, wie es am besten ist.“

Mit einem zustimmenden Nicken macht sich Rishido an die Arbeit und dank ihrer guten Zusammenarbeit, die sich schon bald einstellt, kommen sie sehr schnell voran. So dass sie in Rekordzeit den ganzen Holzstapel auf den Wagen geladen haben.
 

Mit einem schmerzhaften aufstöhnen beugt sich Yugi nach hinten und drückt dabei seine Hände ins Kreuz. Wie er diese Arbeit doch hasst, da schleppt er lieber den ganzen Tag schwere Stoffballen hin und her oder bedient nervige Kunden. „Rishido, führe die Pferde wieder vor das Lagerhaus, ich gehe in der Zeit die Ladung bezahlen und treffe dich dann da“, weist Yugi den grossen Mann an. Dabei achtet er peinlichst darauf, nicht zu freundlich zu klingen, da sie sowieso schon neugierig beobachtet werden, da er selbst mit angepackt hat.
 

Ohne auf eine Bestätigung zu warten, geht er zum Büro von Kino, wobei er insgeheim nun doch froh ist, dass Yami zu Hause in Sicherheit ist.

Natürlich wird er schon von Kino erwartet, der sich hinter seinem Schreibtisch aufrichtet und sogar schon das Formular für ihn vorbereitet hat. „Herr Muto, wie ich sehe, sind Sie schon fertig. So ein Sklave ist ja schon was Praktisches. Sie sollten sich überlegen, ob Sie sich nicht einen eigenen Sklaven anschaffen sollten.“ Nun grinst der Mann mehr als dreckig. „Immerhin sind Sklaven nicht nur zum Arbeiten gut. Wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Bei diesen Worten dreht sich Yugi beinahe der Magen um. Wie er es doch hasst, wenn jemand so über diese armen Menschen spricht. Unauffällig schielt er aus dem grossen Fenster und sieht erleichtert, dass Rishido in Ruhe gelassen, wenn auch neugierig beäugt wird.

Irgendwie schafft er es sein Mundwinkel nach oben zu zwingen. „Ich werde es mir überlegen Herr Kino, aber nun muss ich mich beeilen“, gespielt freundlich blickend tritt er an den Schreibtisch und schaut auf das Formular, dass den gleichen Betrag wie jedes Jahr aufweist. 100 Silberstücke für eine Jahresration Holz, wenn er sie heute abholt. Sonst wären es 500 Silberstücke gewesen und so ungern er es zugibt, diese 500 Silberstücke hätten sie sich, wenn überhaupt, nur mit massiven Einschränkungen leisten können.

Nachdem er seine Unterschrift geleistet hat, holt er seinen Stoffbeutel hervor, in dem er die 100 Silbermünzen, schon fertig abgezählt, aufbewahrt. Zur Not hätte er auch noch einen zweiten dabeigehabt, nur für den Fall, dass sich der Preis seit dem letzten Jahr erhöht haben könnte.

„Hier bitte, die 100 Silbermünzen“, für den anderen gut sichtbar zählt Yugi die Münzen ab und legt sie dabei in den dafür vorgesehenen Behälter. Erst dann unterschreibt auch Kino das Formular und hält ihm danach die Hand hin. „Herr Muto, ich wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt“, beinahe zu stark drückt er Yugis Hand, der aber keine Miene verzieht. „Danke Herr Kino und auf Wiedersehen.“

Erleichtert, dass er nun endlich den Holzhof verlassen kann, geht Yugi zur Kutsche, wo er schon von Rishido erwartet wird. „Rishido, steig auf. Wir fahren nach Hause“, auffordernd sieht er ihn an und wartet ungeduldig darauf, dass der andere sicher neben ihm sitzt.

Mit einem Schnalzen lässt er die Pferde dann anziehen. Deutlich ist zu sehen, dass die beiden nun viel mehr Gewicht zu ziehen haben, denn sie müssen sich mächtig ins Geschirr legen, bis sich die Kutsche bewegt. Doch als sie dann erst mal in Bewegung ist, ziehen sie die grosse Last deutlich leichter.

Diesmal lässt Yugi sie das Tempo bestimmen, indem er die Zügel deutlich lockerer als sonst lässt und da Rocky und Blacky dieses Kommando kennen traben sie nach kurzer Zeit an, fallen dann aber von selbst wieder in einen zügigen Schritt als es ihnen zu anstrengend wird. Diesmal schweigen die beiden Männer, da Rishido an Yugis Körpersprache deutlich sehen kann, dass dieser jetzt nicht mehr reden will.
 

Am liebsten würde Yugi nun direkt nach Hause fahren, aber zuerst steuert er einen kleinen Laden an. Von dem er weiss, dass er dort gute Suppenhühner zu einem annehmbaren Preis kaufen kann.

Vor dem kleinen Geschäft lässt er die Pferde anhalten und drückt Rishido die Zügel in die Hand. „Warte bitte hier, ich muss nur schnell ein Suppenhuhn kaufen und dann fahre ich dich nach Hause.“
 

Erstaunt blickt Rishido erst auf die Zügel in seiner Hand und dann zu Yugi, der mit schnellen Schritten in den Laden geht. Dieser Mensch ist wirklich aussergewöhnlich. In der Öffentlichkeit trägt er nämlich offensichtlich eine Maske, die er nur abzulegen scheint, wenn er unter Freunden ist oder sich sicher fühlt.
 

Lange kann er aber nicht darüber nachdenken, denn in Rekordzeit kommt Yugi mit einem Beutel zurück den er unter der Sitzbank verstaut, damit er vor der Sonne geschützt ist. Danach nimmt er Rishido die Zügel wieder aus den Händen und lässt die Pferde wieder loslaufen. „Sorry, dass ich etwas hektisch bin, aber ich will möglichst schnell nach Hause, damit ich nach Yami sehen und Grossvater die Hühnerbrühe für ihn machen kann“, entschuldigend sieht Yugi zu Rishido der erstaunt nickt. „Kein Problem. Wenn du willst kann ich das letzte Stück auch allein laufen.“

Entschieden schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, du hast mir geholfen und zum Dank werde ich dich sicher nach Hause fahren.“ Zwar muss er sich nun auf die Strasse konzentrieren, da inzwischen ziemlich viel los ist, trotzdem kann er kurz zu Rishido rüber schielen. „Weisst du, ich habe oft genug gesehen, dass es auch für Sklaven, die so gross sind wie du, ein richtiger Spiessrutenlauf sein kann, wenn sie allein in der Stadt unterwegs sind.“ Bestimmt sieht er nun nach vorn und lenkt die Pferde um eine stehende Kutsche herum und lässt sie nun deutlich langsamer laufen. Zwar will er so schnell wie möglich nach Hause, aber einen Unfall will er auf keinen Fall riskieren.

Trotz des starken Verkehrs kommen sie gut voran, so dass Yugi noch vor der Mittagszeit auf den Hof der Schmiede fahren kann. Diesmal bleibt er auf dem Kutschbock sitzen, während Rishido runtersteigt. „Also Rishido. Ich danke dir ganz herzlich für deine Hilfe und grüsse Jono noch von mir und erkläre ihm bitte, warum ich nicht mit reinkomme.“

„Nicht zu danken Herr Yugi“, nickt ihm Rishido zu. „Ich werde es ihm sagen und sagen Sie Yami eine gute Besserung von mir.“

Lächelnd sieht Yugi den grossen Mann an. „Ja, das werde ich machen. Also dann, wir sehen uns.“ Während er den Pferden das Kommando zum Wenden gibt, winkt er Rishido und Jono, der gerade aus der Schmiede kommt zu und fährt dann so schnell wie möglich wieder nach Hause.
 

Dort angekommen kümmert er sich erst Mal ausgiebig um die erschöpften Pferde. Schliesslich dürfen sie nicht darunter leiden, dass er sich Sorgen um Yami macht. Erst als sie zufrieden ihr Heu fressen und die Wassertröge gefüllt sind, geht er mit dem Suppenhuhn ins Haus. Das Holz lässt er einfach auf der Ladefläche der Kutsche liegen, die er so unter dem Dach geparkt hat, dass sie dort ruhig noch ein paar Tage so stehen kann.

Kaum hat er die Tasche in der Küche auf den Tisch gelegt, rennt er schon beinahe nach oben, wo er Sugoroku in seinem Zimmer am Tisch sitzen sieht. „Grossvater, wie geht es Yami?“, besorgt blickt er zur offenen Tür. Allerdings zögert er reinzugehen.
 

Erleichtert, dass sein Enkel wieder da ist, schliesst Sugoroku das Buch in dem er gelesen hat. „Yugi, gut dass du wieder da bist. Vielleicht kannst du Yami ja dazu bringen, dass er etwas isst oder trinkt und sich Wadenwickel machen lässt.“ Ziemlich verzweifelt sieht Sugoroku zu Yamis Zimmer. „Seit du weggegangen bist, lässt er mich nicht mehr an sich ran.“
 

Verwirrt folgt Yugi dem Blick und hört dann auch gleich einen unterdrückten Aufschrei. Ohne nachzudenken rennt Yugi in das Zimmer und lässt sich neben den wild um sich schlagenden Yami auf die Matratze sinken.

Vorsichtig nimmt er das heisse Gesicht in seine Hände. „Yami, ich bin’s Yugi. Ganz ruhig. Du bist in Sicherheit.“ Zu seinem Erstaunen wird Yami augenblicklich ruhiger. Zwar atmet er immer noch schwer aber ist nun deutlich ruhiger.

Als Yugi seine Hände zurückzieht, öffnet er sogar die Augen und sieht ihn ernst an. Lächelnd erwidert Yugi den Blick. „Hey du.“ Sanft streift er ihm eine der verschwitzten Strähnen aus dem Gesicht. „Hast du Durst?“, bewusst hält er seine Stimme ganz ruhig und sieht ihm die ganze Zeit lächelnd in die Augen.

Nach einer Weile nickt Yami ganz leicht. „Gut, dann helfe ich dir.“

Mit langsamen Bewegungen giesst Yugi Tee in die Tasse und gibt auch eine grosszügige Portion Honig in die inzwischen lauwarme Flüssigkeit. Darum muss er ziemlich viel rühren, bis sich der Honig soweit aufgelöst hat, dass er nicht nur am Löffel klebt. Als er es endlich geschafft hat, hilft er Yami sich aufzurichten. Als sich dieser schwer atmend an ihn lehnt, hält er ihm die Tasse an den Mund, so dass Yami nur noch steuern muss, wie stark sie sich neigt. „Langsam Yami, nicht dass du dich noch verschluckst.“
 

Von der Tür aus sieht Sugoroku kopfschüttelnd zu, wie sich sein Enkel um Yami kümmert und dass es dieser wirklich zulässt.
 

Schwer atmend lehnt sich Yami dann mit geschlossenen Augen an Yugi und weiss gar nicht wirklich wie ihm geschieht. Denn zum ersten Mal seit er weiss was Yugi für ihn fühlt, hat er in dessen Gegenwart keine Angst. Im Gegenteil er spürt eine Ruhe in sich, die einfach nur guttut. Nur entfernt hört er, dass Yugi wohl mit seinem Grossvater redet. Irgendwas mit Suppenhühnern und Haferbrei.
 

Tatsächlich fragt Yugi seinen Grossvater ob er ihm die Schüssel mit dem Haferbrei geben und die Tasse wieder auf den Stuhl zurückstellen kann, da er nun nicht aufstehen möchte. Als ihm sein Grossvater die Schüssel mit dem Löffel gibt, sagt er ihm auch gleich, dass das Suppenhuhn in der Küche auf dem Tisch liegt.
 

„Das ist gut Yugi, dann mache ich mich mal an die Arbeit, damit Yami heute Abend mal etwas Suppe essen kann. Versuch du dann mal, ob du ihm Wadenwickel anlegen kannst, damit das Fieber endlich etwas sinkt.“ Als Yugi nickt, geht er zur Tür, dreht sich aber nochmals zu ihm um. „Ach ja, seit heute Morgen hat sich Yami nicht mehr erleichtert“, trotz der ernsten Situation muss er breit grinsen, als er sieht, wie sein Enkel leicht rot wird.
 

Mit roten Wangen sieht Yugi seinem Grossvater nach, der breit grinsend verschwindet. Innerlich fluchend wendet sich Yugi wieder Yami zu, der sich immer noch halbsitzend an ihn kuschelt und wohl schon beinahe wieder eingeschlafen ist. „Yami, komm, du musst was essen und wenn es nur ein paar Löffel sind.“ Sanft streichelt er ihm mit seiner freien Hand über die Wange, bis sich die rubinroten Augen wieder öffnen.
 

Mit angewidertem Blick sieht Yami den Haferbrei an. „Will nicht.“ Nur leise kann er mit kratzender Stimme diese beiden Worte sagen, da ihm sein Hals so wehtut. Zusätzlich versucht er sein Gesicht in Yugis Shirt zu vergraben.
 

Schmunzelnd sieht Yugi ihn an. „Na komm, du musst was essen und der Haferbrei von Grossvater ist gar nicht so schlecht. Versuch wenigstens einen Löffel“, bittet er Yami sanft, aber doch nachdrücklich.
 

Widerstrebend dreht Yami seinen Kopf in Richtung der Schüssel. Irgendwie sieht der Brei ja nicht so eklig aus, wie der den er jahrelang essen musste.

Yugi scheint zu bemerken, dass er nachgibt, denn er hält ihm den gefüllten Löffel so hin, dass er nur noch den Mund öffnen muss. Wenn er nicht so schwach wäre, würde er ja massiv dagegen protestieren, aber jetzt öffnet er ergeben seinen Mund. Tatsächlich schmeckt der Haferbrei gar nicht mal so schlecht, aber das heisst nicht, dass er ihn mögen muss.
 

Erleichtert, dass Yami nun endlich isst, hält ihm Yugi geduldig einen Löffel nach dem anderen hin, bis beinahe die halbe Schüssel geleert ist. Erst dann weigert sich Yami endgültig noch mehr zu essen.

Damit er nun aber die Schüssel wergstellen kann, muss er aufstehen. Sanft schiebt er sich unter Yami hervor, der es murrend zulässt. Irgendwie findet es Yugi ja richtig süss, wie anhänglich er gerade ist. Schade nur, dass er dafür erst krank werden muss.
 

Da er nun schon steht, kann er ja auch gleich weitermachen. „Also Yami, musst du mal auf’s Klo?“, fragend und zugleich peinlich berührt sieht er ihn an. Hofft irgendwie, dass er um diese Aufgabe herumkommt.

Nur leider nickt Yami, weshalb er mit einem ergebenen Seufzen den Nachttopf so hinstellt, dass er ihm nur beim aufsitzen helfen und ihn dann von hinten stützen muss. „Sorry, ich mache das zum ersten Mal“, gibt Yugi murrend zu, während er hinter Yami auf dem Bett sitzt und krampfhaft versucht nicht hinzusehen.

Froh, auch diese peinliche Sache hinter sich gebracht zu haben, hilft Yugi ihm, sich wieder richtig hinzulegen.

Dann stellt er den Nachttopf zur Seite und holt die Schüssel mit dem Essigwasser, damit er nun Wadenwickel in Angriff nehmen kann. Doch als er am Fussende die Decke zurückschlägt weicht Yami unwillkürlich zurück und beginnt sich dagegen zu wehren, dass er ihn an den Beinen anfasst.

„Yami bitte, ich will dir nur Wadenwickel gegen das Fieber machen. Mehr nicht“, versucht er ihn zu beruhigen, aber wieder wird seine Hand weggetreten. Schliesslich steht er mit in die Seiten gestützten Armen da. „Also Yami“, wütend funkelt er ihn an. „Du hältst jetzt gefälligst still oder es passiert was!“ Schlagartig erlahmt jede Gegenwehr und im gleichen Moment tut es Yugi leid, dass er so mit ihm geredet hat.
 

Nur mit Mühe kann sich Yami dazu zwingen still zu halten, als sich Yugi wieder an seinen Beinen zu schaffen macht. Schreit doch nun alles in ihm danach, die Hände wegzuschlagen, die nun die Hosenbeine nach oben schieben und dann kühle Tücher um seine Waden und Fussknöchel wickeln. Sein rasender Herzschlag beruhigt sich erst wieder, als die Decke wieder seine Füsse bedeckt und Yugi sich neben ihn auf die Matratze setzt. „Entschuldige, dass ich dich vorhin so angeschnauzt habe, aber die Wadenwickel sind wichtig, damit dein Fieber endlich ein wenig sinkt“, entschuldigend lächelt Yugi ihn an. Wird dann jedoch ernst. „Aber das müssen wir nun regelmässig wiederholen. Glaubst du, dass du das aushältst?“, fragend sieht er Yami an, der zögerlich nickt.
 

Zufrieden sieht Yugi ihn an. „So und nun versuch ein wenig zu schlafen. Ich bin nebenan.“ Er will schon aufstehen, doch er wird durch eine Hand auf seinem Arm zurückgehalten. „Bleib...“, bittend sieht er Yugi an der sich zurück auf die Matratze sinken lässt.

Sich seine Überraschung und Freude nicht anmerken lassend streicht Yugi ihm wieder eine der blonden Strähnen aus dem Gesicht. „Wenn du willst bleibe ich natürlich, aber ich müsste selbst mal kurz auf’s Klo und was trinken. Ich komme aber gleich wieder zurück versprochen.“
 

Nur widerwillig lässt Yami zu, dass Yugi aufsteht und ihn allein lässt. Zwar kann er nicht verstehen, warum er ihn unbedingt bei sich haben will, aber es ist so. Darauf hoffend, dass Yugi wirklich schnell wieder zurückkommt, kämpft er gegen die Müdigkeit an, die ihn wieder in einen Albtraum geplagten Schlaf zwingen will.
 

Mit dem Nachttopf geht Yugi nach unten ins Badezimmer, denn er hat nicht übertrieben, er muss wirklich ganz dringend auf’s Klo. Nachdem er dann auch den Nachttopf geleert und ausgespült hat, wäscht er sich sorgfältig die Hände.
 

Da er erst noch schnell in die Küche möchte, stellt Yugi ihn auf eine der unteren Treppenstufen, damit er ihn auch ja nicht vergisst.

In der Küche sieht er schon seinen Grossvater am Herd stehen und in einem grossen Topf rühren, in dem wohl die Hühnersuppe am Köcheln ist. „Ah Yugi, hast du es geschafft, dass Yami etwas isst und die Wadenwickel zulässt?“, fragend sieht Sugoroku von dem grossen Topf auf und zu seinem Enkel der sich ein Glas mit Wasser füllt und dann durstig trinkt. „Ja, er hat fast die halbe Schüssel gegessen und Wadenwickel konnte ich auch machen, aber ich muss gleich wieder nach oben, da er nicht allein sein will.“ Suchend sieht er sich um und entdeckt ein Paket, das vorher nicht dagewesen ist. Neugierig nimmt er es in die Hand und liest den Absender. „Das ist bestimmt deine Asthmamedizin.“ Zur Sicherheit öffnet er das Paket und tatsächlich liegen da gut verpackt Asthmasprays für ein ganzes Jahr drin. Mit dabei ein Brief, dass er vorbeikommen muss, wenn sie mehr brauchen sollten. „Ja, es ist wirklich deine Medizin.“ Das offene Paket wieder auf den Tisch stellend sieht Yugi wieder zu seinem Grossvater. Der nun neben ihn tritt. „Gut, denn ich habe gestern den letzten Spray angefangen. Ich bringe das dann nachher nach oben in mein Zimmer, damit es niemand per Zufall findet.“ Aufmerksam mustert er seinen Enkel der sich immer noch suchend umsieht. „Sag mal, suchst du etwas?“

Verlegen kratzt sich Yugi am Kopf, als dann auch noch sein Magen laut knurrt. „Naja, ich habe Hunger...“ „...Und du hast gehofft, dass hier was Essbares rumliegt“, grinst Sugoroku breit. „Geh nach oben ich bring dir dann was hoch, aber nimm schon mal eine Flasche Wasser mit, damit du auch was zu trinken hast.“ Immer noch grinsend drückt er Yugi eine volle Flasche in die Hand und sieht dann seinem Enkel nach, der schon beinahe aus der Küche rennt.

Nun konnte er ihm gar nicht sagen, dass er dem Boten gleich eine Botschaft für Arthur Hopkins mitgegeben hat, dass er morgen doch nicht kommen kann, da er einen Krankheitsfall in der Familie hat.
 

Als Yugi wieder ins Zimmer kommt, sieht er Yami lächelnd an. „Na? Immer noch wach?“ Deutlich kann er sehen, wie der andere gegen den Schlaf ankämpfen muss. Weshalb er den Nachttopf schnell ans Fussende stellt und sich dann mit dem Rücken zur Wand neben Yami auf die Matratze setzt. „Versuch zu schlafen.“ Sanft streicht er ihm wieder die hartnäckige Strähne aus dem Gesicht und lässt zu, dass sich zwei schwache Arme um ihn schlingen.
 

Den Kopf auf Yugis Bauch ablegend und die Wärme des anderen regelrecht suchend, gibt Yami endlich seiner Müdigkeit nach und schläft beinahe sofort ein, wobei er deutlich Yugis Arm auf seiner Schulter spürt.
 

Kaum ist Yami eingeschlafen kommt Sugoroku in das Zimmer und bringt Yugi ein Sandwich, dass dieser auch gut mit einer Hand essen kann, wenn es denn nötig sein sollte. „Ich bin dann morgen im Laden. Du kannst also ruhig bei Yami bleiben“, um den Schlafenden nicht aufzuwecken flüstert er nur gerade so laut, dass ihn sein Enkel verstehen kann.
 

„Danke Grossvater“, mehr als dankbar sieht Yugi seinen Grossvater an, der ihm kurz die Hand auf die Schulter legt, ehe er wieder nach unten geht, wo die Hühnersuppe am Köcheln ist.
 

Erst am Abend wird Yugi durch eine Bewegung neben sich von dem Buch abgelenkt, das ihm sein Grossvater vor ein paar Stunden gebracht hat, damit er sich nicht langweilt. Anscheinend wacht Yami wieder aus seinem tiefen Schlaf auf, der wirklich so tief gewesen ist, dass er nicht mal bemerkt hat, wie Sugoroku vorsichtig die Wadenwickel ausgetauscht hat. „Na du? Hast du gut geschlafen?“, lächelt er den anderen an, der immer noch an ihn geschmiegt daliegt.
 

Verschlafen und frierend kuschelt sich Yami noch mehr an seine lebendige Wärmflasche, dann meldet sich aber seine volle Blase und Durst hat er auch. Widerwillig löst er sich zitternd von Yugi. „Ich müsste mal...“, verlegen vermeidet er es nach oben zu sehen. Stattdessen versucht er sich aufzurichten was allerdings erst klappt, als ihm Yugi dabei hilft. „Na komm, dann assistiere ich dir wieder. Das muss dir ja nicht peinlich sein“, versucht Yugi seine eigene Verlegenheit zu überspielen. Mit schnellen Bewegungen nimmt er seinem Freund die Wadenwickel ab, die Sugoroku so gut gewickelt hat, dass sie die Bewegung beinahe ohne zu verrutschen überstanden haben. Die Tücher zuerst in die Schüssel legend holt er den Nachttopf.

Vor Anstrengung schwer atmend, mit zitternden Muskeln und zu allem Übel auch noch hustend, sitzt Yami auf der Bettkante und wartet darauf, dass der Nachttopf vor ihm hingestellt wird.

Als er spürt, dass Yugi sich wieder hinter ihm befindet löst er seine Hände von der Bettkante.
 

Wieder versucht Yugi krampfhaft nicht hinzusehen und fixiert dafür den elegant geschwungenen Nacken von Yami. Was auch nicht viel besser ist, denn zu gern würde er mal die Haut an der Stelle kosten.

Darum ist er mehr als erleichtert, als ihm Yami leise sagt, dass er fertig ist. Langsam, damit sich sein Vordermann darauf einstellen kann, lässt er ihn los und klettert von der Matratze.

Nachdem er den Nachttopf zur Seite gestellt hat, dreht er sich wieder zu Yami um, der gerade versucht nach dem Teekrug zu greifen. „Warte, ich mache das“, lächelnd nimmt er den Krug zur Hand und giesst selbst den Kräutertee ein, den sein Grossvater vor etwa einer Stunde hochgebracht hat. Den Honig drin verrührend setzt er sich neben Yami auf’s Bett. Als der Honig endlich vergangen ist, legt er den Löffel zurück auf das Tablett und schlingt den freien Arm um die Schultern des Kranken. „Hier, ich helfe dir. Das ist aber Kräutertee. Grossvater meint, dass der besser für dich ist, als der übliche Schwarztee.“
 

Mit Yugis Hilfe schafft es Yami tatsächlich die Tasse ganz zu leeren. Der Kräutertee schmeckt nach Holunder und Lindenblüten. Allerdings ist er auch leicht scharf, weshalb er vermutet, dass auch Ingwer drin ist.

Fix und fertig lehnt er sich wieder an Yugi, der es irgendwie schafft, dass er sich wieder sicher hinlegen kann. Erleichtert kuschelt er sich unter die Decke, die um seine Schultern festgedrückt wird.

Als Yami dann die kühle Hand auf seiner Stirn fühlt, ist er schon beinahe wieder eingeschlafen. So nimmt er nur am Rande wahr, dass mit ihm geredet wird.
 

Zufrieden, dass die Stirn nicht mehr ganz so heiss ist zieht Yugi seine Hand zurück. „Das Fieber ist schon ein wenig gesunken. Ich bringe mal schnell den Nachttopf runter und schaue mal, was Grossvater so macht.“ Schmunzelnd sieht er, dass Yami wohl schon wieder am Einschlafen ist, weshalb er möglichst leise das Zimmer verlässt. Dabei hofft er, dass die Albträume nicht sofort wieder auftauchen werden.
 

Nachdem er sich im Bad wieder frisch gemacht hat, geht Yugi zu seinem Grossvater in die Küche. „Das riecht ja lecker.“ Mit knurrendem Magen beugt er sich über den kleinen Topf in dem ein Eintopf am blubbern ist.
 

Erstaunt blickt Sugoroku von seinem Buch auf. „Danke, das Essen ist auch gleich fertig. Gehst du vorher noch in den Stall? Ich habe die Pferde schon gefüttert, aber die Boxen müssen noch ausgemistet werden.“ Mit einem leisen Ächzen steht er auf und sieht in den grossen Suppentopf. „Nach dem Essen kannst du dann Yami etwas Hühnersuppe hochbringen.“

Zustimmend nickt Yugi. „Ist gut, aber wenn was ist...“ „Dann rufe ich dich sofort“, unterbricht ihn Sugoroku und sieht lächelnd seinem Enkel nach, der daraufhin eilig aus der Küche verschwindet. Ist es doch zu süss, wie sich Yugi um Yami sorgt und kümmert.
 

Da er nicht untertrieben hat, dass der Eintopf gleich fertig ist, beginnt er den Tisch für sie beide zu decken, was irgendwie schon ein komisches Gefühl ist, nachdem sie seit Monaten zu dritt hier gegessen haben.
 

In Rekordzeit mistet Yugi unterdessen die Boxen aus und stellt den Mistkarren auf die Strasse, damit er dann von Monk bei Sonnenuntergang abgeholt werden kann. Eigentlich ist es ja ein Glück, dass die Sonne nun viel später untergeht, als noch vor zwei, drei Monaten. Nur noch schnell das frische Stroh in den Boxen verteilen und die Wassertröge auffüllen. Kurz überlegt Yugi, dann stopft er im Heulager die Netze für den nächsten Morgen und stellt dabei fest, dass sie bald frisches Heu bestellen müssen. Wieso muss auch immer alles auf einmal kommen.

Trotz seiner Eile, wäscht sich Yugi diesmal sorgfältig die Hände, ehe er wieder in die Küche geht, wo der Eintopf nun auf dem Tisch steht. „Oh Mann, ich bin am Verhungern.“
 

„Na dann, setz dich hin und schlag dir den Magen voll“, lacht Sugoroku auf, während er ihre Teller füllt. Deutlich kann er sehen, dass sein Enkel möglichst schnell wieder zu Yami möchte, denn er isst so schnell wie er nur kann seinen Teller leer und auch die zweite Portion ist in Rekordzeit regelrecht verschlungen. Er selbst lässt sich deutlich mehr Zeit beim Essen. Trotzdem steht er mit Yugi zusammen auf und füllt eine übergrosse Tasse mit der heissen Suppe. „Also mein Junge. Versuch mal, ob Yami die Suppe runterbekommt. Ich komme dann nachher hoch und schaue nach euch beiden“, drückt er seinem Enkel die Tasse in die Hand.

Denn auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, macht er sich Sorgen um ihren Patienten, da ihn die Sommergrippe so heftig erwischt hat.
 

Die Tasse in der Hand nickt Yugi. „Ist gut, sein Fieber ist schon ein wenig gesunken. Die Wadenwickel haben gut geholfen.“ Deutlich kann er in den Augen seines Grossvaters sehen, dass ihn diese Information beruhigt und fühlt sich gleich ein wenig schuldig, dass er das nicht schon vorher gesagt hat. „Entschuldige, das hätte ich schon längst sagen müssen.“ „Mach dir keine Vorwürfe deswegen“, winkt Sugoroku ab. „Du hast es ja jetzt gesagt und nun ab mit dir nach oben. Ich kümmere mich um die Küche.“ Scheucht Sugoroku seinen Enkel nun beinahe aus der Küche. Wobei er hofft, dass sich dieser nicht bei Yami ansteckt. Er selbst ist ja seit der asiatischen Grippe, die vor 50 Jahren viele Opfer gefordert hat, gegen jeden Grippevirus immun. Weshalb es ihm eigentlich lieber wäre, wenn er sich selbst um Yami kümmern könnte.
 

Mit der Tasse und dem wieder sauberen Nachttopf in den Händen geht Yugi wieder zu Yami, der sich unruhig im Bett hin und her wälzt. Als er sich auf die Matratze setzt, öffnen sich dann auch sofort die rubinroten Augen. „Yami, Grossvater hat dir Hühnersuppe gemacht. Am besten isst du sie, solange sie noch warm ist.“
 

Müde und frierend nickt Yami ergeben. Eine andere Wahl hat er ja sowieso nicht. Also richtet er sich mit Yugis Hilfe wieder auf und trinkt ganz langsam, an den anderen angelehnt und mit dessen Hilfe die wirklich leckere Suppe. Er schafft es sogar die ganze Tasse zu leeren, ehe er sich mit geschlossenen Augen wieder ins Kissen zurückfallen lässt. „Danke“, schafft er es gerade noch zu sagen, ehe ihm wieder die Augen zufallen.
 

Lächelnd sieht Yugi ihn an. „Nichts zu danken“, da er ihn nicht wecken will, flüstert er die Worte nur. Nachdem er die leere Tasse weggestellt hat, drückt er die Decke um Yamis Schultern fest, ehe er sich wieder mit dem Rücken zur Wand neben dem Schlafenden hinsetzt.

Sofort wird er von Yami wieder als Kopfkissen benutzt, was ihn trotz seiner Sorge um ihn schmunzeln lässt. Offensichtlich wird er die Nacht nicht in seinem eigenen Bett schlafen.

 

 

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Yami kann einem echt leid tun, er kommt im Moment einfach nicht zur Ruhe. Obwohl, vielleicht ist diese Grippe ja eine Chance für die beiden, da er viel zu schwach für Panik oder auch nur zum nachdenken ist.

 

Also dann, ich wünsche euch noch schöne Festtage und so wie es bis jetzt aussieht, kommt das nächste Kapitel dann im neuen Jahr.

 

Eure mrs_ianto

Der grösste Schatz der Welt

Hallo zusammen,

 

ja, es ist noch nicht Sonntag, aber ich habe wieder ein Kapitel fertig und da ich ja eine ganz liebe bin, dürft ihr es auch gleich lesen. Dafür kann ich nicht versprechen, dass es am Sonntag ein Kapitel geben wird.

 

Also dann, viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 23: Der grösste Schatz der Welt

 

 

Am Sonntagmorgen betritt Sugoroku mit einem frischen Kräutertee leise Yamis Zimmer. Als er den Krug und die frische Tasse auf den Stuhl neben dem Bett gestellt hat, dreht er sich zum Bett um und sieht lächelnd auf die Schlafenden.

Irgendwie ist es ein richtig schönes Bild, das sich ihm bietet. Denn Yami kuschelt sich an Yugi, der auf dem Rücken liegt und gar nicht zu bemerken scheint, dass er den Arm um den anderen gelegt hat.
 

Irgendwas stört Yami, weshalb er verschlafen seine Augen aufschlägt. Deutlich kann er im Morgenlicht erkennen, dass Sugoroku mit einem Krug und der Tasse von gestern neben dem Bett steht.
 

Da Sugoroku immer noch zu den beiden sieht, bemerkt er natürlich, dass Yami wach ist. „Guten Morgen. Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken“, lächelt er ihn an. „Ich habe dir frischen Tee gebracht. Wie geht es dir?“, um Yugi nicht auch noch zu wecken, flüstert er nur und stellt dann den leeren Krug und die Tasse wieder hin.
 

„Geht so, aber besser als gestern und vorgestern.“ Nur mit Mühe kriegt Yami die Worte aus seinem schmerzenden Hals, der unter den Hustenattacken, die er immer wieder hat, ziemlich leidet. Erst jetzt, da er versucht sich aufzurichten, merkt er, dass er von Yugi an der Schulter festgehalten wird. Verwirrt blickt er daraufhin zu Yugi.
 

Innerlich schmunzelnd beugt sich Sugoroku ein wenig über die beiden. „Wenn du dich so an ihn kuschelst, musst du dich nicht wundern, wenn im Lauf der Nacht sein Arm auf deine Schulter wandert.“ Aufmerksam mustert er Yamis Gesicht. „Ich lege dir mal die Hand auf die Stirn und dann auf deinen Hals, damit ich abschätzen kann, wie es mit deinem Fieber aussieht“, warnt er Yami vor.

Vorsichtig setzt er das Gesagte in die Tat um, wobei ihm natürlich auffällt, dass sich die Muskeln unter seinen Fingern reflexartig anspannen, als er seine Hand auf den Hals des Kranken legt.

Dennoch richtet er sich zufrieden nickend wieder auf. „Das Fieber ist deutlich gesunken, wenn du Glück hast, ist das Schlimmste überstanden“, versucht er den anderen etwas aufzumuntern. „Ich mache dir zum Frühstück wieder einen Haferbrei und diesmal wird alles gegessen“, setzt er gleich nach, als er das nicht gerade begeisterte Gesicht von Yami sieht. „Ich weiss, dass du kein Freund davon bist, aber etwas Anderes wirst du bei deinen Halsschmerzen nicht runterkriegen und dein Körper braucht die Energie. Dafür gibt’s dann zum Mittagessen und Abend noch einmal gute Hühnersuppe und das vielleicht auch mit ein paar weichgekochten Gemüsestückchen drin. Je nachdem, was dein Hals sagt.“
 

Wissend, dass Sugoroku Recht hat, auch wenn es ihm nicht gefällt nickt Yami ergeben, ehe er herzhaft gähnen muss. Kaum zu glauben, da schläft er seit zwei Tagen beinahe durchgehend und er ist immer noch müde.
 

„Versuch noch ein wenig zu schlafen, das ist sowieso die beste Medizin, die es gibt“, beruhigend lächelnd nimmt Sugoroku den Krug und die Tasse wieder in die Hände und geht mit einem letzten Blick auf die beiden aus dem Zimmer.
 

Seinen Kopf wieder auf Yugis Schulter ablegend, versucht Yami dem Rat des alten Mannes nachzukommen. Irgendwo in seinem Unterbewusstsein formt sich die Erkenntnis, dass es eigentlich ganz schön ist, so wie er gerade daliegt.

Kaum ist er eingeschlafen, befindet er sich plötzlich auf einer grossen Sanddüne. Verwirrt dreht er sich um seine eigene Achse, als er plötzlich am Rand der Düne eine Person erkennt, die ihn ansieht. Nur kann er nicht erkennen, wer es ist. „Hast du endlich verstanden, was ich dir die ganze Zeit sagen wollte, Atemu?“ Verwirrt blickt er auf die Person. „Was meinst du?“

Er möchte zu der Person gehen, aber je mehr er auf sie zugeht, desto weiter geht sie weg. „Atemu, lerne wieder zu vertrauen. Nur dann kannst du dich und mich wiederfinden.“

Plötzlich ist die Person verschwunden und Yami wird wieder aus seinem Traum gerissen.

Schwer atmend liegt er mit weit aufgerissenen Augen da. Deutlich kann er die Worte immer noch in seinem Verstand hören, beinahe so, als hätte er nicht geträumt, sondern im wachen Zustand mit jemandem geredet.

„Vertrauen... nur wie“, murmelt er sein Gesicht an Yugis Schulter vergrabend. Spürt er doch wieder deutlicher die Seite in sich, die sich am liebsten verkriechen würde und ganz sicher nicht hier so liegen bleiben möchte. Doch da ist auch die Seite in ihm, der er in den letzten beiden Tagen aufgrund seiner Schwäche nachgegeben hat und die sagt laut und deutlich, dass Yugi keine Gefahr, sondern Schutz darstellt.

Könnte es sein, dass diese Seite von ihm Recht hat? Angestrengt versucht er sich an die letzten beiden Tage zu erinnern. So viele Situationen, wo ihn Yugi einfach hätte überwältigen können, aber er hat es nicht getan. Nur warum nicht?

Hat ihm sein letzter Besitzer doch auch immer gesagt, dass er ihn liebt, bevor er ihn in seinen sogenannten Spielkeller geschleift hat.
 

Während Yami versucht dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, übermannt ihn die Müdigkeit und auch das Fieber, so dass er schliesslich ohne die Antwort zu finden wieder einschläft.
 

Ein unangenehmes Kribbeln in seiner Schulter lässt Yugi aufwachen. Noch im Halbschlaf will er sich umdrehen, was aber nicht funktioniert. Verwirrt blickt er nach unten und erkennt nun, was ihn auch die ganze Zeit am Hals und Kinn kitzelt. Hat sich Yami doch im Schlaf richtiggehend an ihn herangeschmiegt.

Lächelnd lässt er seine Finger leicht auf Yamis Schulter ein paar Zentimeter hin und her wandern und nimmt sich vor, das Vertrauen von ihm wieder zurückzugewinnen, egal was es ihn kosten wird.

Er weiss nicht, wie lange er schon wach daliegt, als sein Grossvater mit einer dampfenden Schüssel ins Zimmer kommt. „Guten Morgen mein Junge.“ Seinen Enkel anlächelnd stellt er die Schüssel mit Yamis Haferbrei zu den anderen Sachen auf den Stuhl. „Willst du hier oben essen oder kommst du mit runter?“, fragend sieht er ihn an.
 

Nachdenkend sieht Yugi zu Yami runter der sich aber wie auf Kommando von ihm wegdreht und nun mit dem Rücken zu ihm daliegt. „Ich komme mit runter. Ich muss sowieso mal ins Bad.“

Vorsichtig, um den Schlafenden nicht aufzuwecken, steht Yugi auf und folgt seinem Grossvater leise aus dem Zimmer.

Frisch geduscht und hungrig kommt Yugi nach einer Weile in die Küche und nimmt sich als erstes seinen heissgeliebten Schwarztee. Erst dann setzt er sich an den gedeckten Frühstückstisch.

Nach seinem ersten Tee deutlich besser gelaunt, schmiert er sich sein Brötchen. „Hast du schon gegessen?“, bemerkt er nach ein paar Bissen, da sein Grossvater gar nicht mitisst.

Lachend schält Sugoroku eine Karotte. „Yugi, ich bin schon seit Sonnenaufgang wach. Natürlich habe ich schon gegessen.“

„Upps. Habe ich denn so lange geschlafen?“, verwirrt blickt Yugi aus dem Fenster. „Wie spät ist es denn?“ Manchmal wünscht er sich wirklich die Möglichkeit herbei, einfach mal auf die Uhr sehen zu können. Das war damals eines der wenigen Dinge, die er bei den Takeshis gut gefunden hat.
 

„Vor kurzem hat die Kirchenglocke acht Mal geläutet und ja, du hast lange geschlafen. Was aber auch nicht verwunderlich ist, schliesslich kümmerst du dich seit zwei Tagen rund um die Uhr um Yami und dann auch noch um die Pferde, die ich übrigens schon gefüttert habe, also iss in Ruhe dein Brötchen fertig“, sieht ihn Sugoroku streng an, als Yugi schon aufspringen möchte.

Nebenbei schneidet er die geschälten Karotten in Scheiben und gibt sie in den kleinen Topf der vor ihm auf dem Tisch steht.
 

Dankbar sieht Yugi seinen Grossvater an. „Danke, aber das nächste Mal weck mich bitte auf. Schliesslich sollst du mit deinem Rücken nicht so schwer heben und der Heustaub ist auch nicht gerade das Beste für dein Asthma.“

Nun der Aufforderung seines Grossvaters folgend, nimmt Yugi sein Brötchen wieder in die Hand und isst brav sein Frühstück weiter.

Nachdem er fertig gegessen hat, räumt er noch den Tisch ab und spült sein Geschirr. „Also, wenn was ist, ich bin dann im Stall.“

Weil er vorhin nur in Hausschuhen runtergekommen ist, geht Yugi erst nach oben um sich die Schuhe anzuziehen und nutzt die Gelegenheit auch gleich, um noch einmal nach Yami zu sehen, der aber immer noch schläft. Nun aber den roten Stoffdrachen an sich drückt. Beruhigt, dass ihn wohl keine Albträume quälen zieht sich Yugi wieder zurück. Schliesslich wollen Blacky und Rocky auch noch versorgt werden.
 

Im Stall füllt er die leeren Netze und legt sie für später bereit. Die Wassertröge sind auch schnell wieder aufgefüllt, so dass er sich dann die Zeit nehmen kann, die beiden gründlich zu putzen und zu kraulen. Was Blacky und Rocky mehr als geniessen, wenn man ihre genussvoll vorgereckten Köpfe betrachtet.

Schliesslich räumt er die Putzsachen wieder weg und gibt den beiden noch je ein Stück Karotte.

Da hört er, dass die Glocken neun Mal schlagen, weshalb er mit einem Seufzen wieder ins Heulager geht und die Netze holt. Manchmal rennt die Zeit einfach viel zu schnell davon. Wieder stopft er die leer gefressenen Netze, diesmal für das Mittagessen der beiden.

Nun geht er endgültig ins Haus. Will er doch endlich wieder nach Yami sehen.
 

Oben im Zimmer trifft er Yami im Bett sitzend an, was ihn unglaublich freut. „Yami!“ Nur mit Mühe kann er sich zurückhalten, dass er nicht zu ihm rennt und die Arme um ihn schlingt. „Geht’s dir etwas besser?“, lächelnd setzt er sich auf die Matratze.
 

Fix und fertig, weil er vorhin aufgestanden ist, um den Nachttopf zu benutzen, nickt Yami. „Ja, es geht, ich bin nur noch k.o. und mir ist ein wenig kalt.“ Aufmerksam beobachtet er Yugis Gesicht. Versucht einzuschätzen, was der andere vorhat.
 

Da ihn Yami schon häufiger so betrachtet hat, reagiert Yugi nicht wirklich darauf. Zwar wüsste er schon gern, was in dem anderen vorgeht, wenn er ihn so ansieht, aber er möchte ihn nicht mehr als nötig ausfragen.

Nun fällt sein Blick dafür auf den Haferbrei, der noch vollkommen unberührt auf der Sitzfläche des Stuhles steht. „Yami, du solltest den Haferbrei wirklich essen.“

Mit ernstem Gesicht hält er ihm die Schüssel hin.
 

Angewidert, dreht Yami sein Gesicht weg. „Ich will aber nicht.“ Zusätzlich zieht er die Beine an und schlingt seine Arme um diese. „Yami, bitte,“ beschwörend sieht Yugi ihn an. „Oder soll ich dich etwa wieder füttern?“, grinsend hält er ihm den gefüllten Löffel vors Gesicht. „Na los. Aufmachen.“

Empört sieht Yami ihn an. „Yu...grmpf...“

Innerlich lachend, aber äusserlich ernst zieht Yugi den Löffel wieder aus Yamis Mund. „War das jetzt so schlimm?“

Am liebsten würde er den Haferbrei wieder ausspucken, aber das geht dann doch über seinen Stolz. Weshalb er den verhassten Brei runterschluckt. „Das war nicht fair“, beschwert sich Yami mit heiserer Stimme, wobei er aber genau darauf achtet, wo Yugi den Löffel hat.

„Sorry Yami, aber entweder isst du selbst oder ich füttere dich, aber essen musst du. Also?“, auffordernd hält er ihm die Schüssel hin.
 

Widerwillig nimmt Yami die Schüssel entgegen und beginnt lustlos in dem Brei rumzustochern.

„Yami. Das ist nicht essen.“ So langsam weiss er echt nicht mehr, was er machen soll. Doch dann kommt ihm eine Idee. „Wenn du die Schüssel leer isst, erfülle ich dir einen Wunsch.“
 

Überrascht sieht Yami von der Schüssel hoch. „Egal welchen?“ Mit klopfendem Herzen sitzt er da. Noch nie ist ihm so etwas angeboten worden.

Bestätigend nickt Yugi. „Egal welchen. Solange er in meiner Macht liegt, natürlich.“
 

„Okay, dann wünsche ich mir...“, nicht wissend, was er sagen soll, bricht Yami ab. Was soll er sich nur wünschen. Er weiss es nicht.
 

Yugi spürt, dass Yami im Moment überfordert ist. Lächelnd greift er nach seinem Unterarm und drückt ihn leicht. „Du kannst es mir auch noch später sagen. Wenn du weisst, was du willst. Nur iss jetzt bitte den Haferbrei und das nicht nur heute, sondern so lange, wie dein Hals keine festere Nahrung zulässt.“ Er hätte sofort gewusst, was er sich vom anderen wünschen würde, aber das tut jetzt nichts zur Sache.
 

Irgendwie erleichtert nickt Yami und beginnt dann tatsächlich den Brei zu essen. Auch wenn sein Gesicht mehr als deutlich ausdrückt, dass er ihn überhaupt nicht mag.

Erleichtert, dass diese blöde Schüssel endlich leer ist, legt er nach einer Weile den Löffel hin.

„Na, war das jetzt so schlimm?“, grinsend nimmt Yugi die leere Schüssel an sich und drückt Yami dafür eine Tasse Tee in die Hand. „Um den Geschmack runterzuspülen.“

Froh, dass er den Geschmack des Haferbreis loswerden kann, trinkt Yami fast die halbe Tasse leer. „Danke.“ Aufmerksam sieht er zu, wie Yugi aufsteht. „Ich geh mal kurz runter und bringe die Schüssel in die Küche und leere den Nachttopf. Soll ich dir was mit hochbringen?“, fragend sieht er Yami an.

„Gilt das dann als mein Wunsch?“ Eine Falle witternd, kneift Yami die Augen zusammen, bis sie nur noch Schlitze sind.

Von dem plötzlichen Misstrauen, erstaunt schüttelt Yugi den Kopf. „Nein. Dein Wunsch sollte etwas Besonderes für dich sein und du kannst dir so viel Zeit dafür lassen wie du willst.“ Geduldig bleibt er im Türrahmen stehen und wartet ab.
 

Mit sich ringend sitzt Yami da und knetet regelrecht seine Decke durch. „Kann ich... kann ich dann ein Buch haben?“, unsicher blickt er von der Decke auf.
 

Lächelnd nickt Yugi. „Natürlich, ich bringe dir nachher gleich eins, aber leg dich jetzt wieder hin und ruh dich aus.“ Geduldig wartet er ab, bis sich Yami wieder hingelegt hat, erst dann geht er mit der Schüssel und dem Nachttopf nach unten.

Irgendwie verwundert ihn die Bitte, hätte er doch mit allem gerechnet, aber nicht, dass Yami ein Buch haben möchte.

Unten leert er als erstes den Nachttopf und hofft dabei, dass er das nicht mehr lange machen muss.

Danach geht er in die Küche, wo er die Schüssel und den Löffel abspült und schon mal neugierig zu den Töpfen auf dem kalten Herd schielt. Was es wohl zum Mittagessen gibt?
 

Nun muss er aber erst mal ins Wohnzimmer und ein Buch für Yami raussuchen. Nur was soll er ihm bloss bringen.

Als er in den Raum kommt, sieht er seinen Grossvater lesend auf dem Sofa sitzen. Vielleicht hat ja er eine Idee, was Yami gefallen könnte, denn bis jetzt hat er ihn noch nie lesen sehen. „Grossvater, Yami möchte gern ein Buch haben. Hast du vielleicht eine Idee, was ich ihm geben könnte?“ Suchend lässt er seinen Blick über die verschiedenen Buchrücken wandern, die teilweise schon sehr abgenutzt sind, da sie schon seit Jahrzehnten im Besitz der Mutos sind.
 

Von seinem Buch hochschauend, sieht Sugoroku zu, wie sein Enkel ein Buch nach dem anderen begutachtet. „Also bevor du ihm Stolz und Vorurteil gibst, würde ich dir die Unendliche Geschichte empfehlen.“ Gespannt sieht er zu, wie Yugi sofort wieder das Buch in das Regal zurückstellt und dafür seinen Vorschlag herauszieht.
 

Nachdenklich liest sich Yugi den Klappentext durch. „Warum ausgerechnet die Unendliche Geschichte?“, verwirrt sieht er seinen Grossvater an, der sich auf dem Sofa zurücklehnt.

„Ganz einfach. In Stolz und Vorurteil geht es zwar um Liebe, aber damit kann Yami im Moment noch gar nichts anfangen. Im Gegenteil, es könnte ihn nur noch mehr verwirren oder sogar verunsichern“, ernst sieht er seinen Enkel an. „Dafür geht es in der Unendlichen Geschichte um Mut, Freundschaft und Vertrauen. Darum glaube ich, dass das Buch das richtige für Yami sein könnte.“ Ernst sieht er seinen Enkel an, der offensichtlich versucht seine Worte zu verstehen.

Im ersten Moment ergeben sie für ihn keinen Sinn, aber dann fällt ihm ein, was Rishido ihm am Freitag erzählt hat. Mit grossen Augen sieht er seinen Grossvater an. „Yami muss lernen was Freundschaft und Vertrauen wirklich bedeuten und das Buch soll ihm dabei helfen! Ist es das, was du sagen willst?“
 

Stolz auf seinen Enkel, dass er ihn verstanden hat, nickt Sugoroku. „Ja, das will ich damit sagen. Wir zeigen es ihm zwar auch täglich, aber so eine Geschichte wie diese kann den, sagen wir mal, Lernprozess noch weiter unterstützen.“
 

Dankbar lächelt Yugi seinen Grossvater an und umarmt ihn kurz. „Dann werde ich ihm die Unendliche Geschichte geben. Danke Grossvater und ich habe dich lieb.“

Glücklich erwidert Sugoroku die Umarmung. „Ich habe dich auch lieb mein Junge und nun geh schon zu Yami und bring ihm das Buch. Dann hat er morgen wenigstens was zu lesen, wenn du wieder im Laden stehen musst.“
 

„Bin ja schon weg und nachher geh ich die Pferde füttern und tränken“, salutiert Yugi scherzhaft, ehe er mit dem Buch aus dem Wohnzimmer geht.
 

Lachend wendet sich Sugoroku wieder seinem Buch zu. Schliesslich will er endlich wissen, ob er mit seiner Vermutung, dass der Graf der Mörder ist, richtig liegt.
 

Als Yugi in Yamis Zimmer kommt, wird er sofort von dessen rubinroten Augen angesehen. „Sorry, ich konnte mich nicht entscheiden, was ich dir bringen soll“, entschuldigt er sich, während er zum Bett geht und den Nachttopf wieder ans Fussende stellt. Erst dann hält er Yami das Buch entgegen. „Ich hoffe du magst die Unendliche Geschichte.“
 

Neugierig richtet sich Yami auf, damit er das Buch entgegennehmen kann und mustert den Einband, auf dem die Abbildung von zwei ineinander verschlungen Schlangen zu sehen ist, die sich in den Schwanz beissen. „Keine Ahnung, ich weiss nicht, ob ich die Geschichte von Atreyu und Fuchur kenne.“ Müde legt er das Buch zur Seite. „Danke, ich werde es später lesen, jetzt bin ich einfach zu k.o.“

Kaum hat er sich hingelegt, zieht ihm Yugi die Decke bis zum Kinn hoch. „Damit du nicht frierst“, fürsorglich streift er ihm, wie so oft in den letzten Tagen, die hartnäckige blonde Strähne aus dem Gesicht. „Ich bleibe noch eine Weile hier, aber dann muss ich wieder in den Stall.“
 

Mit seinem eigenen Buch macht er es sich wieder so auf dem Bett gemütlich, dass sich Yami an ihn kuscheln kann, wenn er es möchte. Allerdings schlägt er es nicht auf, sondern hält es einfach nur in seiner Hand. Dabei überlegt er, ob er Yami darauf ansprechen soll, dass er die Geschichte wohl kennt, da er die beiden wichtigsten Charaktere einfach so beim Namen genannt hat.

Schweigend sitzen, beziehungsweise liegen die beiden eine ganze Weile einfach nur da. „Bis wann muss ich dir meinen Wunsch sagen?“, wagt es Yami nach einer Weile unsicher zu fragen. Dabei mustert er Yugi ganz genau. Nicht, dass ihm noch etwas Wichtiges in dessen Mimik oder Körpersprache entgeht.
 

Sich immer wieder sagend, dass diese Vorsicht von Yamis Seite aus nur natürlich ist, lächelt Yugi ihn so ehrlich herzlich, wie er nur kann, an. „Du hast alle Zeit der Welt Yami, wenn du willst gebe ich es dir sogar schriftlich, dass du bei mir einen Wunsch frei hast.“

Erleichtert sieht er, wie sich die Augen Yamis weiten und ein Glanz in ihnen auftaucht, den er so bisher noch nie gesehen hat.
 

Yami weiss nicht was es ist, aber plötzlich hat er ein Gefühl, als würde sich etwas in ihm verändern. Kurz will ihn die bekannte Panik übermannen, doch dann wird sie von etwas vollkommen Anderen zurückgedrängt, das er nicht benennen kann. „Das würdest du wirklich machen?“

Ungläubig sieht er zu wie Yugi ohne ein Wort zu sagen aufsteht und aus dem Zimmer geht, jedoch nach nicht mal einer Minute schon wieder mit Papier und einem Bleistift zurückkommt. Neugierig setzt er sich auf, um vielleicht einen Blick auf das Blatt erhaschen zu können.
 

Todernst stellt sich Yugi an den Tisch und beginnt zu schreiben. Noch immer hat er kein Wort gesagt und das mit Absicht. Erst als er das Geschrieben noch einmal durchgelesen hat, setzt er sich wieder zu Yami auf die Matratze und hält ihm das Papier hin.
 

Unsicher, aber gleichzeitig auch neugierig nimmt Yami das Stück Papier und beginnt zu lesen.
 

Ich, Yugi Muto, halte hiermit schriftlich fest, dass Yami einen Wunsch frei hat, wenn er, wie besprochen, bis zu seiner Genesung von der Sommergrippe seinen Haferbrei isst. Den Wunsch kann er jederzeit einfordern.
 

Ort/Datum/Unterschrift:
 

Domino, 12.06.2016 Yugi Muto
 

Gespannt versucht Yugi jede einzelne Regung in Yamis Gesicht abzulesen. Will er doch wissen, wie es bei dem anderen ankommt. Dabei versucht er schon beinahe krampfhaft nicht herumzuhibbeln. „Wenn ich noch was ergänzen muss, dann sag es ruhig.“
 

Immer wieder liest Yami die geschriebenen Worte und kann es einfach nicht glauben. Vollkommen überfordert lässt er das Papier sinken. „Nein, ... ich... ich... . Es ist gut so“, schafft er mit Müh und Not mit heiserer Stimme zu antworten.

Dem Blick von Yugi ausweichend, fixiert er eine Falte auf seiner Decke. „Würdest du mich bitte allein lassen?“
 

Enttäuscht, dass ihm Yami nun plötzlich wieder ausweicht, steht Yugi auf. „Natürlich. Ich muss sowieso in den Stall“, das Brennen in seinen Augen ignorierend, dreht sich Yugi an der Tür noch einmal um. „Wenn was ist. Grossvater ist noch im Wohnzimmer oder dann unten in der Küche“, den Blick auf den Boden vor sich gerichtet macht er einen ersten Schritt aus dem Zimmer. „Bis nachher.“ Nun flüchtet Yugi schon beinahe aus Yamis Nähe und bleibt auch erst stehen, als er unten an der Hintertür seine Schuhe anziehen muss.
 

Bedrückt beobachtet Sugoroku Yugis Flucht. Zwar hat er nicht mitbekommen, was zwischen den beiden Jungs vorgefallen ist, aber er kann es sich irgendwie denken. Wahrscheinlich ist Yami wieder ein wenig in sein bekanntes Verhaltensmuster zurückgefallen, weil ihn entweder etwas verunsichert oder überfordert hat.
 

Im ersten Moment will ihm Sugoroku folgen, doch dann entscheidet er sich dazu, mal nach seinem zweiten ‚Enkel’ zu sehen.

Vor der offenen Tür bleibt er stehen und klopft an den Türrahmen. Schliesslich weiss er ja nicht, in was für einem Zustand Yami ist.

Erstaunt hebt Yami den Blick von dem Text, den er in den letzten Minuten immer wieder durchgelesen hat. „Ja?“, aufmerksam beobachtet er, wie Sugoroku lächelnd ins Zimmer kommt. „Wie geht’s dir Ju...Yami?“, die Hände deutlich sichtbar an seinen Seiten runterhängen lassend, bleibt Sugoroku neben dem Sitzenden stehen.
 

Verwirrt über die Frage, braucht Yami eine Weile um seine Gedanken zu ordnen. „Es geht mir gut“, als der den Blick von Sugoroku sieht, fügt er noch hinzu. „Also so gut wie mir mit dem Fieber und diesen fiesen Halsschmerzen gehen kann.“
 

Verständnisvoll nickt Sugoroku. „Ja, Halsschmerzen sind fies, aber du scheinst mir zu den Menschen zu gehören, die zwar heftig aber dafür nur relativ kurz krank sind. Also hast du nochmal Glück im Unglück.“

Unauffällig versucht er zu lesen, was denn da auf dem Papier steht, aber er kann es beim besten Willen nicht sehen und den anderen danach fragen lässt er lieber bleiben. Wenn er die Körpersprache von Yami richtig deutet.
 

Das Papier fester greifend, sieht Yami Sugoroku an. Diesen Schatz wird er sicher nicht mehr hergeben. Allerdings zuckt er ziemlich zusammen, als ihm eine Hand auf die Stirn gelegt wird.
 

Zufrieden zieht Sugoroku seine Hand zurück und verzichtet darauf, sie auch auf den Hals zu legen. Obwohl er dadurch sein Gefühl, dass das Fieber nicht weiter gestiegen ist, hätte bestätigen können. „Ich denke morgen kannst du wieder aufstehen, wenn es so weitergeht. Wenn du aber schon heute mal kurz aufstehen willst, dann gib mir oder Yugi Bescheid, dann helfen wir dir.“

Um ihn nicht weiter zu beunruhigen geht Sugoroku wieder zur Tür. „Ach ja, wir bringen dir dann deine Hühnersuppe, also mach dir keinen Stress.“ Mit einem letzten Blick auf Yami geht er nun wirklich aus dem Zimmer und runter in die Küche. So langsam wird es nämlich Zeit, dass er sich um das Mittagessen kümmert.
 

Unterdessen ist Yugi dabei die leeren Netze zu stopfen und seine Gedanken zu ordnen, was ihm jetzt deutlich besser gelingt, als noch vor ein paar Minuten. So langsam wird

ihm auch klar, dass er die Situation vorhin wohl vollkommen falsch eingeschätzt hat.

Denn Yami hat nicht abweisend gewirkt, sondern überfordert und da ist es wirklich kein Wunder, dass er erst mal allein sein möchte um sich wieder zu sortieren.

Nur hatte er vorhin einfach solche Panik, dass sich Yami wieder so zurückzieht wie in den letzten Tagen, dass er nur noch flüchten konnte.
 

Nun deutlich ruhiger als vorher, geht Yugi wieder ins Haus und wäscht sich wie immer als erstes die Hände, bevor er in die Küche geht, aus der es jetzt schon verlockend duftet.

„Ich deck mal den Tisch.“ Während er das macht, fällt ihm plötzlich auf, dass er ihn automatisch für drei Personen gedeckt hat.

Mit roten Wangen, dass ihm das passiert ist, räumt er das dritte Gedeck wieder ab und hofft, dass sein Grossvater nichts bemerkt hat.
 

Natürlich hat es Sugoroku bemerkt, aber er tut einfach mal so, als wäre er auf beiden Augen blind. Sondern stellt einfach den Topf mit dem Reis auf den Tisch und verteilt dann noch den Fleischeintopf von gestern auf ihre Teller. „Reis und Reste, mehr gibt es heute nicht“, zwinkert Sugoroku seinem Enkel zu. Der auf das Spiel eingeht. „So weit sind wir also schon, dass wir Reste essen müssen“, nach einem kurzen Moment. „Reste sind lecker.“

Nun müssen beide Mutos lachen.
 

Während sie essen, sieht Sugoroku seinen Enkel neugierig an. „Sag mal, was hast du da Yami eigentlich geschrieben?“ Wenn er schon nicht Yami fragen kann, dann muss halt Yugi dran glauben.
 

„Du bist also noch bei Yami gewesen.“ Die Gabel hinlegend lehnt sich Yugi ein wenig zurück. „Ich habe ihm schriftlich gegeben, dass er einen Wunsch frei hat, wenn er den Haferbrei isst.“

Amüsiert sieht er, wie ihn sein Grossvater ungläubig anschaut. „Du hast es ihm schriftlich gegeben?“

Todernst nickt Yugi. „Ja, denn er konnte es irgendwie gar nicht wirklich glauben, dass er erstens einen Wunsch frei hat. Zweitens, dass ich ihn auch erfüllen werde und er drittens nicht verfallen wird, wenn er ihn nicht gleich heute einlöst.“
 

Nun wird Sugoroku klar, warum sich Yami so an das Blatt Papier geklammert hat. „Yugi, das hast du super gemacht“, lobend drückt er seinem Enkel kurz die Schulter. „Yami hat das Blatt nämlich wie den grössten Schatz der Welt festgehalten.“
 

Nun ist es Yugi, der seinen Grossvater ungläubig anstarrt. „Den grössten Schatz der Welt?“, murmelt er mehr für sich. Doch natürlich nicht leise genug, denn Sugoroku nickt bestätigend. „Aber es ist doch nur ein Papier, wo draufsteht, dass er einen Wunsch frei hat.“
 

Innerlich schüttelt Sugoroku über diese Begriffsstutzigkeit den Kopf. „Yugi, er ist immer noch ein Sklave. Er hat sich vermutlich noch nie etwas wünschen dürfen. Geschweige denn, dass er es auch noch schriftlich bekommt. Dieser Wunsch, den du ihm versprochen hast, ist für ihn unendlich wertvoll.“
 

„Oh Mann!“, schlägt sich Yugi mit der Hand an die Stirn. „Du hast vollkommen Recht.“ Nun beginnt er breit zu grinsen. „Ein Wunsch, der grösste Schatz der Welt... hört sich wie ein Buchtitel an.“

Schweigend und grinsend essen sie dann weiter.
 

Nach dem Essen wird Yugi mit der Suppe für Yami nach oben geschickt.
 

Seltsamerweise ist er nervös, als in das Zimmer geht.“ Yami, dein Mittagessen.“ Vorsichtig, um nicht aus Versehen etwas von der Suppe zu verschütten setzt er sich zu ihm auf das Bett und wartet geduldig, bis sich Yami so hingesetzt hat, dass er die Schüssel bequem halten kann.
 

Fröstelnd legt Yami seine Hände um das warme Gefäss und sieht erfreut, dass wirklich ein paar Gemüse- und sogar Fleischstückchen darin herumschwimmen. Plötzlich hungrig beginnt er zu essen. Allerdings fällt es ihm wirklich schwer, die Stückchen runterzuschlucken, da dies wirklich schmerzhaft ist.

Trotzdem leert er die ganze Schüssel, ehe er Yugi wieder ansieht und nun plötzlich verlegen wird. „Du Yugi...“, druckst er ein wenig herum. „Was denn Yami?“, geduldig wartet Yugi ab, was Yami sagen möchte.

Die Schüssel in seinen Händen drehend, lässt er seinen Blick durch den Raum gleiten, bis er wieder bei Yugi landet. „Könntest du mir die Treppe runterhelfen? Ich möchte gern ins Badezimmer.“ Das ist ihm so unangenehm, dass er so auf die Hilfe von Yugi angewiesen ist. Es ist sogar noch schlimmer als an seinem ersten Tag.
 

„Natürlich helfe ich dir.“ Ruhig nimmt Yugi die leere Schüssel entgegen und stellt sie auf den Stuhl. Danach wartet er geduldig, bis Yami seine Beine über die Bettkante geschwungen hat.
 

Mit Müh und Not schafft es Yami mit der Hilfe von Yugi auf die Beine zu kommen. Sich auf Yugis Schulter abstützend, geht er langsam. Schritt für Schritt bis zur Treppe. Nun kommt aber noch der schwerste Teil. Vorsichtig, sich an dem Treppengeländer und an Yugi, der sich an der Wand abstützt, festhaltend, setzt er ganz langsam einen Fuss vor den anderen. Bis er schliesslich die letzte der 13 Stufen geschafft hat. Mit geschlossenen Augen holt Yami ein paar Mal tief Luft, ehe sie die letzten Meter in Angriff nehmen. Als sie dann vor der Badezimmertür sind, löst er sich von Yugi. „Ich glaube, den Rest schaffe ich alleine.“
 

Verstehend nickt Yugi, bleibt aber sicherheitshalber neben der Tür stehen, damit er sofort hören kann, wenn es Probleme gibt.
 

Im Badezimmer geniesst es Yami, dass er endlich wieder normal auf die Toilette kann, auch wenn der Weg mehr als anstrengend gewesen ist. Eigentlich würde er auch noch gern duschen oder in die Badewanne, aber das muss mindestens noch bis morgen warten, wenn heute er wieder rauf in sein Bett kommen will.

Also begnügt er sich damit, sich am Waschbecken das Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen, wobei ihm mehr als einmal schwindlig wird. Darum verzichtet er auch darauf, sich die kratzigen Bartstoppeln zu rasieren.

Schliesslich fühlt sich Yami wieder halbwegs wie ein Mensch und tastet sich an der Wand entlang bis zur Tür.

Als er dann wieder im Flur ist, sieht er erstaunt, dass Yugi offensichtlich auf ihn gewartet hat.

Lächelnd stösst sich Yugi von der Wand ab. „Bist du fertig?“ Als Yami nickt, legt er ihm seinen Arm um die Taille, so dass Yami wiederum ihm den Arm um die Schulter legen muss. „Dann würde ich sagen, wieder ab ins Bett mit dir. Nicht, dass du dich noch vollkommen überanstrengst.“

Dankbar nickt Yami und lässt es zu, dass ihm Yugi wieder die Treppe hoch hilft und dann sogar die Decke um seine Schultern feststeckt, nachdem er ihm noch eine Tasse Tee zum Trinken gegeben hat.

Erschöpft schliesst er seine Augen, reisst sie aber sofort wieder auf, als er merkt, dass Yugi gehen will. „Bleibst du nicht?“, leichte Panik ist in seiner Stimme zu hören. Denn er weiss genau, dass er nicht mehr lange gegen den Schlaf ankämpfen kann, aber dann kommen die Albträume.
 

Die leere Suppenschüssel in der Hand hält Yugi inne. „Yami, ich... na gut. Ich bringe das Geschirr schnell nach unten und komme dann mit der Buchhaltung und einer neuen Kanne Tee zurück.“

Deutlich kann er sehen, dass sich Yami gegen den Schlaf wehrt, aber er kann beim besten Willen nicht immer an seinem Bett sitzen und nichts tun. Spätestens morgen, wird er wieder im Laden stehen und Yami grösstenteils allein sein.
 

Ergeben nickt Yami leicht und sieht mit mehr als gemischten Gefühlen Yugi nach. Mit Müh und Not schafft er es tatsächlich so lange wach zu bleiben, bis Yugi wieder zurückgekommen ist und es sich mit dem Stuhl aus seinem eigenen Zimmer am Tisch bequem gemacht hat.

Ein paar Minuten oder auch nur Sekunden schafft er es noch ihm zuzusehen, wie er die Bücher aufschlägt und einige Stoffbeutel daneben hinlegt. Dann ist er auch schon eingeschlafen.

 

 

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Ich glaube es tut Yami irgendwie ganz gut, dass er im Moment von Yugi so abhängig ist. Zumindest bringt es ihn zum nachdenken, dass Yugi seine Hilflosigkeit nicht ausnutzt.

 

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Es tut mir leid

Hallo zusammen und ein frohes neue Jahr.

 

Meine Muse ist, zumindest was Wüstensklave angeht, gerade sehr aktiv. Vermutlich will sie dadurch ausgleichen, dass sie bei einer anderen Geschichte wegen der Hauptfigur am schmollen ist.

Naja, dafür könnt ihr schon das nächste Kapitel lesen.

 

Ich danke euch, für die Unterstützung, die Kommis und alles andere, was im letzten Jahr passiert ist.

 

Darum wünsche ich euch aus vollem Herzen viel Spass mit dem ersten Kapitel im Jahr 2017.

 

 

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Kapitel 24: Es tut mir leid

 

 

Vier Tage später schliesst Yami die Unendliche Geschichte ein letztes Mal. Nachdenklich blickt er aus dem Fenster, wo ihm der Stand der Sonne anzeigt, dass es bald Zeit für’s Mittagessen ist.

Die Geschichte hat tief in ihm etwas berührt und als er die Augen schliesst, bildet sich vor ihm das Bild einer älteren Frau. Sie sitzt in einem Garten und hält ein Buch in ihren Händen. „Atemu, euer Vater wird wieder wütend werden, wenn ihr jetzt nicht zum Unterricht geht.“ Lächelnd steht sie auf und blickt auf ihn herunter. „Kommt, ich bringe euch zu eurem Lehrer. Morgen werde ich euch weiter von Atreyu und Fuchur vorlesen.“ Ihn an die Hand nehmend führt sie ihn in Richtung...

Schwer atmend schlägt Yami seine tränennassen Augen auf. „Tante Amina.“ Eine einzelne Träne schleicht sich aus seinen Augen, als er an sein altes Kindermädchen denkt. Er weiss nicht genau, wie alt er damals gewesen ist, aber er ist sich sicher, dass er zu dem Zeitpunkt noch keine zehn Nilfluten erlebt hatte.

Nur wohin wollte sie mit ihm gehen? Zu einem Unterricht, aber was für einem und wo?
 

Es im Bett nicht mehr aushaltend, schlägt er die Decke zurück und steht langsam auf. Kurz muss er dann innehalten, weil ihm etwas schwindlig wird. Doch schon nach ein paar Sekunden ist das Gefühl verschwunden, so dass er zwar noch etwas wacklig, aber doch sicher bis zu dem Tisch unter dem Fenster gehen kann. Dort legt er das Buch hin und streicht noch einmal über das Bild der beiden Schlangen, die das Amulett Aurin darstellen. Ein trauriges Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Wieder eine Erinnerung. Wieder ein Schnipsel aus seiner Vergangenheit als Atemu.
 

Aus einem plötzlichen Drang heraus, zieht sich Yami seine Hausschuhe an und geht zu seinem Schrank, aus dem er sich frische Kleidung heraussucht. Mit dem Kleiderbündel auf dem Arm geht er langsam aus seinem Zimmer, bis er die Treppe erreicht hat. Dort zögert er, hat er doch noch gestern nur mit Hilfe die Stufen bezwingen können. Doch heute fühlt er sich schon deutlich besser, weshalb er nun entschlossen nach dem Treppengeländer greift und vorsichtig eine Stufe nach der anderen bezwingt. Unten angekommen fühlt er sich zwar erschöpft, aber gleichzeitig auch irgendwie gut.
 

Nachdem er ein paar Mal tief Luft geholt hat, geht Yami weiter zum Badezimmer. Kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, aber nicht abgeschlossen, legt er das Kleiderbündel auf den Hocker und schält sich aus seinem Schlafanzug. Was er jetzt braucht, ist eine heisse Dusche.

Da er sich aber immer noch etwas schwach fühlt, setzt er sich dafür in der Badewanne hin, während das heisse Wasser über seinen Körper läuft. Er weiss nicht genau, wie lange er einfach mit geschlossenen Augen dagesessen ist, als er dann doch noch nach der Seife greift. Erst, als er sich wieder richtig sauber fühlt, dreht er das Wasser ab und steigt vorsichtig aus der Wanne. Nun wieder fröstelnd, trocknet er sich so schnell wie möglich ab und steigt in seine mitgebrachten Kleider. Eine graue Hose und ein braunes Oberteil.

Erst dann stellt er sich vor den Spiegel und betrachtet mit grimmigem Blick die dunklen Bartstoppeln.

Nachdem er sich rasiert und seine etwas verspätete Morgentoilette beendet hat, fühlt er sich wieder richtig gut und lächelt sich sogar im Spiegel leicht an. „Also Atemu, dann schauen wir mal, wie es weitergeht“, spricht er zu sich selbst, was in seinen Augen kurz etwas aufleuchten lässt.
 

Mit seinem Schlafanzug in den Händen geht er wieder hoch in sein Zimmer und legt ihn einfach auf sein Bett. Einen Moment lang überlegt er, ob er jetzt im Begriff ist das Richtige zu tun, aber dann greift er sich den leeren Teekrug und die Tasse. Mit diesen beiden Sachen in der Hand macht er sich wieder auf den Weg nach unten.

Dort hört er, dass Sugoroku offensichtlich in der Küche am Arbeiten ist. Vorsichtig, schliesslich weiss er nicht, wie der alte Mann darauf reagieren wird, dass er einfach ohne Erlaubnis aufgestanden ist, betritt er den angenehm warmen Raum und wird beinahe sofort entdeckt. Schliesslich sitzt Sugoroku auf seinem üblichen Platz und ist dabei Kartoffeln zu schälen. Unsicher bringt er seine Last zur Spüle und bleibt dann nervös stehen. Deutlich kann er die musternden Blicke auf sich spüren.
 

Sugoroku hält erstaunt in seiner Tätigkeit inne und wartet einfach mal ab, was Yami nun macht. Als er dann aber bemerkt, wie unsicher der junge Mann ist, entscheidet er sich den ersten Schritt zu machen. „Hast du es im Bett nicht mehr ausgehalten?“, freundlich sieht er den anderen an, der leicht nickt. „Verständlich. Komm setz dich ein wenig zu mir und dann sag mir, wie es dir geht.“ Geduldig wartet er, bis sich Yami hingesetzt hat, ehe er ihm wie schon an den Tagen zuvor, kurz die Hand auf die Stirn und dann an den Hals legt. „Hmmm, so wie es aussieht hast du kein Fieber mehr. Trotzdem solltest du dich heute und auch morgen noch schonen. Nicht, dass du noch einen Rückfall erleidest.“
 

Obwohl sich Yami in den letzten Tagen an diese Berührungen gewöhnt hat, fühlt er sich dabei immer noch nicht wohl. Darum ist er erleichtert, dass er sie nur ein paar Sekunden lang ertragen muss. „Es geht mir auch schon viel besser“, beantwortet er dann leise die Frage, die ihm Sugoroku vorhin indirekt gestellt hat. „Ich habe auch kaum noch Halsschmerzen“, bricht es dann noch aus ihm heraus, was Sugoroku leicht schmunzeln lässt. „Du meinst also, dass du keinen Haferbrei mehr essen willst.“ Übersetzt er den Satz, während er wieder die Kartoffeln schält. „Gut, dann kannst du ja ab morgen wieder normal mit uns essen, aber heute gibt’s noch mal Hühnersuppe mit Gemüse für dich. Schliesslich ist die gesund.“
 

Ergeben nickt Yami. Weiss er doch inzwischen mehr als gut, dass er in diesem Fall gegen Sugoroku keine Chance hat.

Eine Weile lang sitzt er einfach nur da und schaut dem anderen zu, wie er Kartoffeln schält und sie dann beginnt in Scheiben zu schneiden. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, kann sich Yami dann doch nicht mehr zurückhalten. Ist ihm doch einfach nur langweilig. „Oder noch besser, ich schaue mal nach den Pferden und gebe ihnen ihr Heu.“ Er ist schon halb aufgestanden, als ihn Sugoroku zurückhält.

„Ich habe doch gesagt, dass du dich noch schonen sollst und das heisst auch, dass du die Stallarbeit noch sicher bis und mit morgen Yugi und mir überlässt“, zwar hört sich seine Stimme streng an, aber er sieht Yami gleichzeitig mit einem warmen Ausdruck in den Augen an, als sich dieser wieder hinsetzt. Irgendwie kann er den Jungen ja verstehen, es gibt nichts Langweiligeres als sich zu schonen, wenn es einem eigentlich wieder bessergeht. Mit einem leisen Seufzen schiebt er dann sein Schneidebrett mit dem Messer zu Yami rüber. „Hier, wenn du unbedingt was machen willst, schneide die Kartoffeln in Scheiben. Wenn möglich alle etwa gleich dick.“
 

Froh etwas machen zu dürfen beginnt Yami langsam und ziemlich ungeschickt die Kartoffeln zu schneiden. Was Sugoroku mit einem versteckten Schmunzeln beobachtet. Offensichtlich ist kochen wohl nicht Yamis Stärke. Trotzdem lässt er ihn machen und steht sogar auf. „Du machst das gut. Ich geh dann mal kurz die Pferde füttern, sollte ich noch nicht zurück sein, wenn du mit den Kartoffeln fertig bist, kannst du dich ja dann an den Karotten versuchen. Geschält habe ich sie ja schon, du musst sie also nur noch einmal halbieren und dann vierteln.“ Zum verdeutlichen, was er meint, schneidet er schnell neben Yami stehend eine der Karotten und legt die Stücke dann in den Topf, der auch noch auf dem Tisch steht.

Aufmerksam hört und sieht Yami zu. „Ist gut.“ Nun konzentriert er sich aber erst mal auf die Kartoffeln und beginnt wieder langsam eher ungleichmässige Scheiben abzuschneiden.
 

Mit einem erleichterten Seufzen schliesst Yugi die Tür. Die letzte Kundin ist einfach nur nervig gewesen und konnte sich kaum zwischen zwei Farben entscheiden, die ihr aber beide überhaupt nicht schmeicheln. Zumindest ist das seine Meinung, aber soll die Dame doch mit dem kanariengelben Stoff glücklich werden. Jetzt braucht er aber erst mal was zu trinken.
 

Als er dann in die Küche kommt, sieht er erstaunt, dass nicht sein Grossvater, sondern Yami am Tisch sitzt und Kartoffeln schneidet. „Hallo Yami. Wo ist denn Grossvater?“, fragend sieht er den anderen an, der ihn bis jetzt wohl noch gar nicht bemerkt hatte. Zumindest, wenn er dessen erstaunten Gesichtsausdruck richtig deutet.
 

Da Yami beim besten Willen nicht gleichzeitig reden und schneiden kann, legt er das Messer hin und sieht dafür Yugi an, der ihn vorhin schon ein wenig erschreckt hat. „Er ist im Stall. Die Pferde füttern.“ Aufmerksam sieht er zu, wie Yugi nicht gerade begeistert nickt, dann aber zur Spüle geht und sich dort ein Glas Wasser füllt und sich dann mit dem Rücken an die Arbeitsplatte lehnt. „Ist was Yugi?“ Den Kopf leicht schief gelegt, sieht er den anderen an.
 

Bevor Yugi antwortet, trinkt er das Glas leer und stellt es dann mit einem leisen Seufzen ab. „Es ist nichts“, lächelt er Yami beruhigend an. „Grossvater sollte nur nicht mehr zu viel Stallarbeit machen, da das für sein Asthma nicht gerade gut ist. Nur hört Grossvater nicht auf mich. Zumindest was das Thema angeht. Das ist schon alles.“

Innerlich mit den Augen rollend, hört Yugi die Ladenglocke. „Kundschaft. Also dann bis später.“ Mit einem letzten Blick auf Yami geht er wieder in den Laden.
 

Das Messer wieder in die Hand nehmend, macht sich Yami an die nächste Kartoffel. Dabei nimmt er sich vor, dass er spätestens Übermorgen wieder seine Arbeit im Stall selbst erledigt.

Er hat gerade die letzte Kartoffel geschafft, als Sugoroku wieder in die Küche kommt. Irgendwie unsicher, ob er seine Aufgabe auch zufriedenstellend erledigt hat sieht ihn Yami an. „Ich habe nur die Kartoffeln geschafft.“ Entschuldigend sieht er den alten Mann an, der ihn jedoch nur zufrieden angrinst. „Das macht doch nichts. Ich mache dann jetzt die Karotten und du kannst ja schon mal das Geschirr raussuchen, wenn du magst.“

Als ihm Yami den Rücken zudreht, mustert Sugoroku schmunzelnd die Kartoffelscheiben. Für einen Anfänger ja nicht schlecht, aber gleich dick ist ganz klar anders. Dann gibt es halt mal unterschiedlich harte Bratkartoffeln.
 

Nachdem er in Rekordzeit die Karotten geschnitten hat, stellt Sugoroku die beiden Pfannen auf den Herd und hilft dann Yami Schalenreste abzuräumen, danach den Tisch zu decken und spült dann schon mal mit ihm zusammen das Geschirr.

„Yami, du gehst wieder nach oben ins Bett. Du bist nämlich immer noch krank.“ Streng sieht er den jungen Mann an, der inzwischen wieder ziemlich blass aussieht.

„Nein, ich...“ „Yami, ich kann dich ja verstehen, aber du musst dich immer noch schonen. Wenn du nicht ins Bett willst, dann leg dich von mir aus im Wohnzimmer aufs Sofa und lies ein Buch, aber leg dich um Himmelswillen wieder hin. Ich rufe dich dann auch, wenn es Mittagessen gibt.“
 

Deutlich spürt Yami, dass jeder Widerstand zwecklos ist. Weshalb er sich eine Flasche Wasser nimmt und nach oben ins Wohnzimmer geht. Dort sieht er sich als erstes die Bücher an. Nur spricht ihn im Moment so gar nichts an, weshalb er sich ohne Buch auf das Sofa legt und sich mit der leichten Wolldecke zudeckt. Erst jetzt merkt Yami, wie erschöpft er schon wieder ist und erlaubt es sich darum, noch ein wenig zu dösen. Denn schlafen will er nicht schon wieder.
 

Yami weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als er auf seiner Schulter eine Hand spürt. „Yami, das Essen ist fertig.“ Verschlafen öffnet er seine Augen und sieht in das lächelnde Gesicht von Yugi, der sich vor ihm auf den Boden gekniet hat.

Vorsichtig setzt er sich auf. „Ist gut, ich komme.“ Noch immer ist seine Stimme leicht heiser. Besonders jetzt, wo er doch tatsächlich nochmal eine Stunde oder so geschlafen hat.
 

Besorgt beobachtet Yugi, wie Yami langsam aufsteht. Wenn es nach ihm gehen würde, dann wäre Yami mindestens heute noch im Bett geblieben, aber da er ihn nicht bevormunden oder dazu zwingen will, sagt er mal nichts dazu. Alles was er tun kann ist hoffen, dass der andere weiss was er tut.

Zusammen mit Yami geht Yugi langsam die Treppe nach unten und kann es sich nur mit Mühe verkneifen, ihn zu stützen. Sieht er an dessen Körpersprache doch ganz genau, dass es Yami allein schaffen will.
 

In der Küche werden sie schon von Sugoroku erwartet. „Das seid ihr ja. Los setzt euch hin, das Essen wird kalt.“

Als sie alle am Tisch sitzen, blickt er Yami kurz prüfend an und nickt dann zufrieden. Sieht er dich schon wieder ein wenig besser aus, als noch vor einer Stunde. „Also, lasst es euch schmecken.“ Für sie beide gibt es Bratkartoffeln, die üblichen Würstchen mit Salat und Karotten, während Yami seine Suppe isst, die aber schon viel mehr Gemüsestücke drin hat, als noch vor ein paar Tagen.

Aufmerksam beobachtet ihn Sugoroku. Schliesslich ist er sich nicht so ganz sicher, ob Yami wirklich schon in der Lage ist, die festen Stücke runterzuschlucken. Doch anscheinend klappt es ganz gut, auch wenn es immer noch zu sehen ist, dass es für ihn noch nicht wirklich angenehm ist.
 

Mit Mühe kann Yami die Gemüsestücke nach gründlichem kauen runterschlucken. Dabei ist er sich bewusst, dass ihn nicht nur Sugoroku, sondern auch Yugi beobachten, weshalb er versucht sich möglichst wenig anmerken zu lassen. Will er doch auf keinen Fall, dass er morgen noch einmal von dem Haferbrei essen muss. Zwar schmeckt der nicht so schlecht, wie der den er früher immer essen musste, wenn er was im Magen haben wollte, aber trotzdem kann er das Zeug einfach nicht ausstehen.

Froh, endlich die Suppe geschafft zu haben, schluckt er nach einer gefühlten Ewigkeit den letzten Bissen runter.

Eigentlich will er den beiden nun beim Abräumen und Abwaschen helfen. Doch wird er von einer Hand auf seiner Schulter zurückgehalten. „Bleib sitzen Yami“, fordert Yugi lächelnd und drückt zur Verdeutlichung noch einmal kurz zu. „Auch, wenn es dir nicht gefällt, wenn du dich jetzt überanstrengst, dauert es nur noch länger bis du wieder ganz gesund bist. Also gib deinem Körper die Zeit die er braucht.“

Die Suppenschüssel von Yami nehmend geht er zu seinem Grossvater, der schon am abwaschen ist.
 

Plötzlich merkt Yami, wie eine ungeheure Wut in ihm aufsteigt. Er springt auf, ignoriert dabei, dass ihm schwindlig wird. „Verdammt, behandelt mich gefälligst nicht wie einen Invaliden. Ja, ich bin noch nicht ganz fit, aber ich kann sehr wohl meine Aufgaben wieder erledigen.“ Wütend funkelt er die beiden Mutos an, ehe er aus der Küche stürmt und nur Sekunden später die Hintertür laut ins Schloss kracht.
 

Mit grossen Augen sehen sich die beiden Mutos an. „Was war das denn jetzt?“, findet Yugi als erstes seine Sprache wieder. Doch diesmal scheint auch sein Grossvater nicht zu wissen, was er sagen soll. Denn er zuckt nur ratlos mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber ich denke, wir lassen ihn wohl einfach mal machen und warten ab.“

„Ja, das wird wohl das Beste sein.“ Verwirrt macht sich Yugi wieder daran, das Geschirr abzutrocknen, während sich sein Grossvater wieder dem Abwasch zuwendet.

Schweigend arbeiten sie Hand in Hand, da sie wohl beide über das seltsame Verhalten von Yami nachdenken.
 

Nachdem sie alles fertig haben, geht Yugi schweren Herzens wieder zurück in den Laden. Schliesslich kann er ihn nicht immer seinem Grossvater aufdrücken oder ihn geschlossen lassen.
 

Unterdessen stopft Yami im Heulager die leeren Heunetze. Allerdings hat er sich wenigstens wieder so weit beruhigt, dass er immer mal wieder eine kleine Pause macht. Denn trotz allem will er keinen Rückfall riskieren. Weiss er doch selbst nicht, was da plötzlich in ihn gefahren ist. Die beiden meinen es doch nur gut und eigentlich haben sie ja auch Recht, aber würde jetzt ganz sicher nicht reingehen und das zugeben.
 

Also setzt er sich nach dem Stopfen der Netze auf die warmen Stufen der Hintertreppe. Nachdenklich blickt er in den Himmel, der bis auf ein paar kleine Schäfchenwolken in einem klaren blau erstrahlt. Die Strahlen der Sonne regelrecht in sich aufsaugend, lässt sich Yami von ihr aufwärmen.

So sitzt er eine ganze Weile einfach nur da und geniesst es, dass er endlich wieder draussen sein kann. Hat er doch in den letzten drei Tagen angefangen, sich wie ein eingesperrter Vogel zu fühlen, der zuvor von der Freiheit gekostet hat und nun wieder in einem zu kleinen Käfig sitzt.

Erst, als er sich wieder kräftig genug fühlt, steht Yami auf und geht in den Stall. Dort greift er nach der Mistgabel und fängt mit langsamen Bewegungen an, die Boxen auszumisten. Immer wieder muss er dabei schwer atmend innehalten und als er endlich das frische Stroh verteilt hat, zittert er am ganzen Körper.

„Du bist sturer als ein Esel.“ Erschrocken dreht er sich zu der Stimme um und sieht Yugi an, der am Türrahmen lehnt und ihn mit verschränkten Armen vorwurfsvoll ansieht. „Du hättest wenigstens warten können, bis ich dir helfen kann.“ Deutlich kann Yami die Zurechtweisung heraushören und obwohl er weiss, dass Yugi Recht hat, regt sich in ihm schon wieder diese Seite, die er bis zum heutigen Tag gar nicht kannte.

„Wie du siehst, bin ich auf deine Hilfe nicht angewiesen“, trotzig erwidert er Yugis Blick. Gleichzeitig hält er sich aber regelrecht an der Mistgabel fest.
 

Kopfschüttelnd über diese Sturheit, stösst sich Yugi vom Türrahmen ab und geht zu Yami. Sanft, aber bestimmt, nimmt er ihm die Mistgabel aus der Hand und stellt sie an ihren Platz. Kein Wort hat er dabei gesagt. Nun aber dreht er sich wieder zu seinem Freund um, der einfach nur erschreckend blass aussieht. „Yami“, nicht wirklich wissend, wie er nun mit ihm umgehen soll, steckt sich Yugi die Hände in Taschen. „Was ist nur mit dir los? So kenne ich dich gar nicht. Ich sehe doch, dass du noch nicht fit bist und trotzdem rackerst du dich hier im Stall ab.“ Um eine Antwort bittend, sieht er ihn an.
 

Sich rücklings an die Wand lehnend, fixiert Yami seine Füsse und bemerkt erst jetzt, dass er immer noch nur seine Hausschuhe trägt. Was soll er Yugi nur antworten? Er weiss doch selbst nicht, was mit ihm los ist.
 

Lange stehen sie schweigend da. Yugi, weil er eine Antwort möchte und Yami, weil er nicht antworten will oder kann.

Schliesslich gibt Yugi mit einem traurigen Seufzen auf. „Na gut. Du willst also nicht mit mir reden.“ Mit gesenktem Kopf geht er zum Mistkarren und schiebt ihn, gefolgt von Yami, vor das Tor.

Während er den Karren hinstellt, legt Yami die Kupfermünze in die Aussparung der Wand. Obwohl er vor ein paar Stunden regelrecht aus dem Haus gestürmt ist, hat er doch automatisch eine der Münzen eingesteckt.

Als sie wieder zurück zum Haus gehen beobachtet Yami ganz genau Yugis Gesicht, dessen Haltung, einfach die gesamte Körpersprache. Deutlicher, als alle Worte der Welt, sprechen diese Signale zu ihm und ihm wird klar, dass er den anderen mit seinem Verhalten verletzt hat.

Tief in ihm regt sich ein Gefühl, was er so gar nicht kennt. Weshalb er einen Moment braucht, bis er es benennen kann und ihm klar wird, dass er ein schlechtes Gewissen hat. Ja, Yugi und Sugoroku haben ihn mit ihrer fürsorglichen Art beinahe erstickt und ihn wie einen kleinen Jungen behandelt, aber sie haben es doch nur gut gemeint. Wieso wird ihm das erst jetzt klar?
 

Schweigend sitzt er nun mit den beiden Mutos am Tisch und isst ohne zu murren seine Suppe. Zwar hat er diese auch langsam zuoberst, aber immer noch besser als Haferbrei oder noch schlimmer, gar nichts.

Er sagt auch nichts mehr dagegen, als ihm diesmal Sugoroku verbietet zu helfen und Yugi in den Stall geht, um den Mistkarren wieder reinzustellen und den Pferden die letzten Heunetze des Tages in die Boxen zu hängen.

Stumm sitzt er da und beobachtet Sugoroku dabei, wie dieser die Küche aufräumt. „Es tut mir leid“, bricht es plötzlich aus ihm heraus. Was ihm einen fragenden Blick von Sugoroku einbringt. „Was tut dir leid?“ Das Geschirrtuch zur Seite legend, verschränkt der alte Mann seine Arme.

Bei dessen Blick muss Yami leer schlucken. „Es tut mir... leid..., dass ich heute so ausgerastet bin und... dass ich... mich in der letzten Woche so... abweisend verhalten habe“, beschämt sieht Yami auf die Tischplatte. „Es war dir und Yugi gegenüber nicht fair“, setzt er fast unhörbar hinzu.
 

Tief Luft holend, setzt sich Sugoroku hin und sieht Yami ernst an. „Die Entschuldigung für deinen Ausraster nehme ich an und ich finde es gut, dass du einsiehst, dass du dich nicht gerade fair verhalten hast. Nur solltest du dich dafür eher bei Yugi entschuldigen.“ Auf diese Worte hin, wird er verwirrt angesehen. „Yami, du hast ihn mit deinem Verhalten sehr verletzt. Ich weiss, du bist durch die Hölle gegangen. Nur meinst du nicht, dass es langsam Zeit wird uns zu vertrauen und nicht immer gleich das Schlimmste zu vermuten?“, ernst sieht er den jungen Mann an. „Denk einfach mal darüber nach“, fügt er aufstehend hinzu. Als er ihm den Rücken zuwendet, hört er, wie Yami aufsteht und leise aus der Küche geht.

Die Spüle auswischend, hofft er, dass seine offenen Worte endlich etwas bei dem Jungen bewirken. Denn noch einmal will er nicht erleben, wie Yugi beinahe wegen Yamis Verhalten verzweifelt.
 

In seinem Zimmer stellt Yami den Stuhl wieder vor den Tisch und setzt sich dann in Gedanken versunken hin. Vermutet er wirklich immer das Schlimmste? Sich die letzten Wochen und Monate wieder ins Gedächtnis rufend, muss er nach ein paar Minuten zugeben, dass es wirklich so ist.

Okay, am Anfang war es ja noch normal, aber er muss Sugoroku wirklich Recht geben, wenn er sagt, dass es langsam Zeit wird, den beiden wirklich zu vertrauen. Denn auch wenn er sich noch so sehr anstrengt, fällt ihm keine einzige Situation ein, in der er schlecht behandelt worden ist.

Im Gegenteil. Immer haben sie ihm voller Verständnis die Zeit gegeben, die er gebraucht hat und wenn er mal zu etwas gezwungen worden ist, dann war es nur zu seinem besten.

Sogar als es Yugi so schlecht gegangen ist, wurde er nicht zu der Nähe gezwungen, sondern hatte immer die Möglichkeit Nein zu sagen.

Hat er Yugi wirklich so sehr mit seinem Verhalten verletzt? Angestrengt versucht er sich die letzte Woche ins Gedächtnis zu rufen. Besonders die Situationen, wo er mit Yugi in einem Raum gewesen ist, was da eigentlich nur zu den Mahlzeiten der Fall gewesen ist. Dann fällt ihm auch der Brief wieder ein, den er zusammen mit seinem Zimmerschlüssel bekommen hat.

Dies alles zeigt ihm mehr als deutlich die Antwort. Ja, er hatte Yugi sehr verletzt und das hat er heute wieder getan.

Zufälligerweise fällt sein Blick auf die Unendliche Geschichte und ihm wird klar, wie oft Yugi schon für ihn dagewesen ist und er hat es ihm mit Misstrauen gedankt.

Ja, es wird wirklich Zeit, dass er beginnt zu vertrauen und das nicht nur bis zur nächsten Situation, die ihn verunsichert. Sondern auch darüber hinaus. Nur zu gut ist Yami bewusst, dass das nicht leicht werden wird, aber Yugi hat es wirklich mehr als verdient, dass er es zumindest versucht.
 

Undeutlich hört er, dass Yugi in seinem Zimmer ist und erwartet schon beinahe, dass gleich seine Tür aufgeht und er gefragt wird, warum er noch nicht im Bett liegt. Doch die Tür bleibt geschlossen. Das tut weh. Diese Erkenntnis trifft ihn wie ein Schlag. Es tut weh, dass Yugi nicht nach ihm sieht! Ungläubig sieht er auf die Tischplatte. Wieso tut das weh? Verwirrt steht Yami auf und zieht sich seinen Schlafanzug an. Doch als er sich ins Bett legen will, zögert er. Irgendetwas in ihm will nicht, dass er sich jetzt allein in dieses Bett legt.

Die Hände zu Fäusten geballt, steht er mit geschlossenen Augen da. Kämpft gegen sich selbst an. Schliesslich sieht er zur Tür.

Zögernd setzt er sich in Bewegung, aber als er die Hand nach der Klinke ausstreckt, zittert sie. Um sich zu sammeln holt er noch einmal tief Luft, ehe er die Tür öffnet.
 

Unsicher, sieht Yami zum Bett, wo sich Yugi gerade aufsetzt und ihn mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck ansieht. Doch in dessen Augen kann er sehen, wie es in ihm aussieht.

„Yugi...“, nicht wissend, was er sagen soll bricht er ab.
 

Erstaunt wartet Yugi ab, was ihm Yami sagen will. Eigentlich will er ihn ja zappeln lassen, als er dann aber sieht, wie sehr sein Freund um Worte ringt, kann er nicht anders. „Willst du hier schlafen?“, unsicher lächelt er ihn an. Besonders als er den ungläubigen Ausdruck auf dessen Gesicht sieht. „Darf ich denn?“

„Wenn du nicht dürftest, würde ich nicht fragen.“ Auffordernd hebt er die Decke ein wenig an. Was offensichtlich etwas in seinem Freund auslöst. Denn plötzlich setzt er sich in Bewegung und legt sich wirklich zu ihm unter die Decke.

Yami den Rücken zuwendend, legt sich Yugi wieder hin. „Gute Nacht Yami.“

Kurz darauf hält er überrascht die Luft an. Wird er doch von zwei kräftigen Armen umschlungen.
 

Yami weiss nicht, was ihn gerade dazu treibt Yugi zu umarmen, aber er kann nicht anders. „Yugi..., es tut mir leid. Es tut mir so leid, dass ich dich verletzt habe“, bricht es wie schon zuvor in der Küche aus ihm heraus. Unbewusst zieht er Yugi noch näher an sich heran und vergräbt sein Gesicht in dessen Nacken.

„Ist schon gut.“ Erst als ihm Yugi die Hand auf den Arm legt, kann Yami wieder frei durchatmen.
 

Yugi weiss nicht, wie lange er noch wach liegt, während Yami, ihn immer noch festhaltend, schläft. Zu sehr ist er im Moment aufgewühlt. Eine Seite von ihm schöpft neue Hoffnung, dass er nun endlich das wirkliche Vertrauen und die Freundschaft Yamis gewonnen hat. Doch da ist auch noch diese kleine Stimme in ihm, die ganz fies eine bestimmte Frage stellt. Für wie lange? Wie lange wird es dauern, bis Yami ihn wieder mit demselben Misstrauen in den Augen ansieht, wie er es in den Tagen vor seiner Grippe getan hat.

Irgendwann übermannt ihn dann doch noch die Müdigkeit und während sich Yugi noch mehr in diese starken Arme kuschelt, schläft er doch noch ein.

 

 

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Offensichtlich hat diese blöde Sommergrippe doch noch ihre guten Seiten. Denn noch nie hat es in Yami so sehr gearbeitet wie jetzt.

Ich gebe offen zu, mehr als einmal hat es mich überrascht, was ich denn da geschrieben habe, denn eigentlich hätte Yami gar nicht so sehr ausrasten sollen. Nur gestaltet er nun schon seit längerem die Geschichte und ich kann irgendwie nichts dagegen tun.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und wünsche noch einen schönen 1.Januar.

 

Eure mrs_ianto

Unerwünschter Besuch

Hallo zusammen,

 

also das Kapitel ist für meine Verhältnisse extrem lang geworden. *grins*

 

Aber ich will es auch nicht zweiteilen, weil es dann einen ganz fiesen Cliffhanger haben würde und das will ich euch nicht antun.

 

So und jetzt habe ich genug gelabert und wünsche nur noch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 25: Unerwünschter Besuch

 

 

Auf dem Rücken liegend, sieht Yami aus dem Fenster und beobachtet, wie die Sonne langsam die Schwärze der Nacht vertreibt. Eigentlich würde er ja jetzt aufstehen, aber da Yugi ihn als Kopfkissen benutzt, wie auch schon am Tag zuvor, bleibt er noch liegen. Unbewusst lässt er seine Finger leicht auf Yugis Schulter hin und her kreisen, während er das Farbenspiel, das sich ihm bietet, geniesst.

Als es dann aber wirklich Zeit wird, dass er aufsteht, sieht er mit einem versteckten Lächeln auf den schlafenden Yugi. Irgendwie ist es schon seltsam, dass sie in der Nacht immer irgendwie auf eine Betthälfte rutschen. Okay, in der letzten Nacht ist er mit Yugi im Arm eingeschlafen, aber in dieser Nacht ist er ganz klar auf der anderen Seite des Bettes eingeschlafen. Doch jetzt ist er hier auf dieser Seite und neben ihm könnte locker noch jemand liegen und das war ja auch schon im Onsen so.

Vorsichtig, um den anderen nicht zu wecken, versucht sich Yami unter ihm hervor zu schieben. Was von Yugi mit einem Murren kommentiert wird, ehe sich dieser auf den Rücken dreht und weiterschläft.

Kopfschüttelnd blickt Yami den Schlafenden an. Eigentlich müsste er ihn ja aufwecken, aber er entscheidet sich dagegen. Also schleicht er sich möglichst leise erst in sein Zimmer und dann mit seinen Kleidern in den Flur.
 

Kaum ist Yami aus der Tür raus, schlägt Yugi seine Augen auf. Die ganze Zeit hat er sich schlafend gestellt, nur um die kleinen Streicheleinheiten geniessen zu können, die er so bekommen hat. Seufzend schlägt er dann die Decke zurück und steht auf, als er hört, wie Yami seinen Schlafanzug ins Wohnzimmer legt.

Nachdem er im Bad gewesen ist und sich angezogen hat, geht Yugi in die Küche zu seinem Grossvater. Der mit einer Tasse Tee am schon fertig gedeckten Tisch sitzt und erstaunt das vergnügte Funkeln in dessen Augen bemerkt.

„Oh, guten Morgen mein Junge. Gut geschlafen?“, neugierig mustert Sugoroku seinen Enkel, der schon wieder überraschend gut gelaunt ist. „Guten Morgen Grossvater.“ Grinsend geht Yugi mit seiner gefüllten Teetasse zum Tisch und setzt sich hin. „Ja, ich habe gut geschlafen.“

Mit ernster Miene beugt sich Sugoroku zu seinem Enkel und legt ihm prüfend die Hand auf die Stirn. „Nein, Fieber hast du keines.“

Empört sieht Yugi seinen Grossvater an. „Was soll das denn jetzt heissen?“ Nun schmollend, verschränkt Yugi die Arme.

„Ganz einfach Yugi, du musst schwer krank sein. So gut wie du gestern und auch heute schon vor deinem ersten Tee gelaunt bist.“ Über das Gesicht, das Yugi zieht schmunzelnd, lehnt sich Sugoroku mit der Tasse in der Hand zurück.

Schweigend sitzen die beiden da, bis Yami in die Küche kommt. „Guten Morgen Sugoroku, Yugi.“ Verwirrt blickt er die beiden an. Besonders Yugi, da dieser immer noch leicht schmollend wirkt. Allerdings holt er sich erst auch einen Tee und setzt sich dann gegenüber von Yugi hin. „Was ist los?“
 

Neugierig blickt er zwischen den beiden Männern hin und her. Bis sich schliesslich Sugoroku räuspert. „Naja, Yugi ist am Schmollen. Ich habe ihn nämlich gefragt, ob er krank ist, weil er nun schon seit zwei Tagen schon vor seinem Morgentee gut gelaunt und ansprechbar ist.“

Nun ist es an Yami mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Yugi zu schauen. „Also die Frage ist wirklich berechtigt. Ist Yugi doch der Morgenmuffel schlechthin“, todernst spricht er die Worte aus, was dazu führt, dass Yugi tief die Luft einzieht, so dass er nun entfernt an einen Kugelfisch erinnert. Zumindest geht es Yami so. Weshalb er sich nun beim besten Willen nicht mehr beherrschen kann und anfängt breit zu grinsen. Ist der Anblick des anderen doch einfach zu komisch und das leise Kichern von Sugoroku ist auch nicht zu überhören.
 

Empört sieht Yugi von Yami zu seinem Grossvater. „Das ist nicht lustig. Erstens bin ich nicht krank und zweitens bin ich so wie immer.“ Demonstrativ greift er nach einem der Brötchen und schneidet es so heftig auf, dass die Krümel nur so herumfliegen.

Dass die beiden anderen nur im Chor, Jaja sagen, trägt auch nicht unbedingt dazu bei, dass er sich wieder beruhigt. Auch wenn er sich insgeheim doch freut, dass Yami wieder so ist wie vor der Woche in der er sich zurückgezogen hat.
 

Schmunzelnd greifen nun auch Yami und Sugoroku nach den Brötchen und beginnen zu essen. Natürlich geniesst Yami sein Brötchen mit viel Honig.
 

Nach einer Weile bricht Sugoroku das Schweigen. „Ich gehe heute Hopkins besuchen. Ihr seid also dann bis zum Abend allein im Haus.“ Kurz unterbricht er sich um einen Schluck Tee zu trinken. „Sag mal Yugi, hast du Yami eigentlich schon gefragt, ob er dich dann nach Edo begleitet? Dann kann ich Hopkins gleich Bescheid geben, dass du nicht alleine kommen wirst.“
 

Verwirrt blickt Yami von Sugoroku zu Yugi. Versteht er doch nicht, was ihn der andere hätte Fragen sollen und was es mit Edo und diesem Hopkins auf sich hat. Doch noch bevor er eine Frage stellen kann, sieht ihn Yugi entschuldigend an.
 

„Sorry Yami, ich hätte dich schon früher Fragen sollen“, nach Worten suchend hält er inne. „Also, Hopkins ist ein alter Freund von uns und in Edo findet jedes Jahr Anfang August ein grosser Markt statt, wo Stoffe und Tücher aus aller Welt angeboten werden und da Hopkins in Edo lebt, kann ich in der Zeit immer bei ihm wohnen.“
 

Aufmerksam hört Yami zu, kann sich aber im Moment nicht vorstellen, was das mit ihm zu tun haben sollte. Warum erzählt ihm Yugi das alles.

Doch schon redet Yugi weiter. „Also, die Frage ist nun, ob du mich begleiten willst. Wir werden so ungefähr eine Woche unterwegs sein. Allerdings musst du wissen, dass Hopkins auch Sklaven besitzt. Er behandelt sie aber fair und gut. Obwohl sie in seinen Augen eben nur Sklaven und keine Menschen mit einem freien Willen sind.“
 

Nun mischt sich Sugoroku ein, merkt er doch, dass Yami ziemlich unsicher wirkt, weil er nicht weiss, was er sagen soll. „Yami, Hopkins ist in etwa so, wie wir früher waren. Ich habe dir ja davon erzählt“, vielsagend blickt er den jungen Mann an, der bestätigend nickt. „Wenn du mitgehst, dann werde ich Hopkins natürlich sagen, was du hier bei uns für eine Stellung hast und dass er dich nicht wie seine eigenen Sklaven behandeln soll.“
 

Nachdenklich blickt Yami auf seinen Teller, was soll er nur machen? Eigentlich will er nicht aus dieser sicheren Umgebung weg. Andererseits möchte er auch nicht ohne Yugi hierbleiben, auch wenn er nicht weiss warum. Dann schiebt sich noch eine andere Frage in sein Bewusstsein. „Was meinst du mit, was für eine Stellung ich hier habe? Was habe ich denn für eine Stellung?“ Obwohl er sich vorgenommen hat, dass er nicht mehr das Schlimmste annehmen wird, ist er doch nervös. Weshalb er seinen Blick immer noch gesenkt hält.
 

Lächelnd sieht Sugoroku den jungen Mann an, während er sein Brötchen wieder hinlegt, das er nun schon eine Weile in der Hand gehalten hat, ohne davon zu essen.

Irgendwie hat er vermutet, dass Yami diese Frage stellen wird. „Naja, du gehörst zur Familie und ehrlich gesagt, bist du für mich inzwischen wie ein zweiter Enkel.“ Nun wird auch er ein wenig nervös. „Wenn du willst, kannst du mich gern Grossvater nennen“, fügt er noch spontan hinzu.
 

Überrascht reisst Yami regelrecht den Kopf hoch und blickt mit grossen Augen den alten Mann an. Verwirrt und überfordert sitzt er einfach nur schweigend da. Weiss nicht, was er sagen soll. Denn mit so etwas hätte er nie gerechnet.
 

Verständnisvoll beugt sich Sugoroku vor und legt ganz leicht seine Hand auf Yamis Schulter. Dabei registriert er, dass dieser sich nicht verspannt. „Du musst nichts sagen und ich bin dir auch nicht böse, wenn du es nicht tun willst. Lass dir Zeit und denke in Ruhe darüber nach.“ Sich wieder zurücklehnend lässt er ihn wieder los und greift wieder nach seinem Brötchen. So als wäre nichts gewesen, beginnt er wieder zu essen.

Nur zu gut kann er sich vorstellen, was nun in Yami vorgehen muss, aber er ist sich sicher, dass es genau der richtige Moment gewesen ist, das Angebot auszusprechen.
 

Da weder Sugoroku noch Yugi weiter auf das Gesagte eingehen, beruhigen sich auch seine wild kreisenden Gedanken nach einer Weile wieder. Trotzdem ist sich Yami bewusst, dass die beiden immer noch auf eine Antwort von ihm warten, ob er mit nach Edo möchte.

Um seinen Händen etwas zu tun zu geben, schmiert er sich noch ein Brötchen, aber diesmal mit Marmelade. Hat er doch das Gefühl, dass er nun einen anderen Geschmack auf seiner Zunge braucht.

In Gedanken geht er noch einmal das was ihm über Hopkins erzählt worden ist durch. Dann schweift er weiter ab. Was ist, wenn er nicht mitgeht? Was ist, wenn er mitgeht? „Yugi, ich komme mit“, bricht es plötzlich aus ihm heraus.
 

Von dem Ausbruch erstaunt hebt Yugi seinen Blick und sieht ihn an. Im ersten Moment weiss er gar nicht, was Yami meint. Doch als dann sein Grossvater nur meint, dass das gut ist und er es Hopkins sagen wird, wird es ihm klar. Woraufhin sich ein glückliches Leuchten in seine Augen schleicht. „Schön, dass du mitkommen wirst“, lächelnd sieht er Yami an.

Diesem wird erst jetzt wirklich bewusst, was er da gesagt hat. Über sich selbst erschrocken erwidert er vorsichtig und ein wenig zittrig das Lächeln, ehe er sich mit voller Aufmerksamkeit seinem Marmeladenbrötchen widmet.
 

Yugi und sein Grossvater spüren, dass sie Yami nun in Ruhe lassen müssen, damit er sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder sortieren kann. Darum wendet sich Sugoroku mit seiner nächsten Frage nur an Yugi. „Soll ich Hopkins sagen, dass ihr euch ein Zimmer teilen werdet?“

Nachdenklich sieht Yugi zu Yami. Denkt dabei an die letzten Nächte und auch wie sie aufgewacht sind. „Ich denke, wir werden uns ein Zimmer teilen. Das hat im Onsen ja auch gut geklappt“, dass Yami in den letzten beiden Nächten bei ihm geschlafen hat, erwähnt er nicht. Weiss er doch nicht, ob Yami möchte, dass es sein Grossvater erfährt.
 

Was Yugi nicht weiss ist, dass Sugoroku sehr wohl weiss, dass sie beide in einem Bett geschlafen haben. Hat er doch gestern am frühen Morgen nach Yami sehen wollen und dabei die beiden aneinander gekuschelt schlafen sehen.

Allerdings will er das den beiden nicht gerade auf die Nase binden. Unter anderem, weil er nicht einschätzen kann, wie Yami darauf reagieren würde. Deswegen nickt er nur mit einem versteckten Schmunzeln und denkt sich seinen Teil.

Schweigend beenden sie das Frühstück.

Nun etwas hektisch steht Sugoroku auf, weshalb Yami ihm scheu das Geschirr aus den Händen nimmt. „Ich räume heute die Küche auf“, äusserlich wirkt er dabei viel ruhiger als er sich fühlt.
 

Erstaunt sieht Sugoroku den jungen Mann an. „Danke. Womit habe ich denn das verdient?“

„Naja, du wirkst so, als ob du es eilig hast“, schmunzelt Yami nun leicht. Dabei räumt er in Ruhe den Tisch ab und stellt alles in die Spüle. Während er das heisse Wasser reinlaufen lässt, hält er Yugi das Geschirrtuch hin.
 

Sich das Grinsen nur mühsam verkneifen könnend, nimmt Yugi das Tuch entgegen. „Yami hat Recht und ich weiss, dass du möglichst früh zu Hopkins willst. Also los geh schon Grossvater, wir beide machen das schon.“

Den ersten abgewaschenen Teller von Yami entgegennehmend, sieht er seinem Grossvater nach, wie der breit grinsend aus der Küche geht.

Hand in Hand arbeiten die beiden zusammen und sind so in Rekordzeit fertig. So kommt es, dass sie Yugi gerade das Geschirrtuch aufhängt und Yami den Tisch am Abwischen ist, als Sugoroku wieder in die Küche kommt.
 

„Also Jungs, lasst mir das Haus stehen. Ich bin dann mal mit Blacky weg und komme heute Abend wieder nach Hause und keine Sorge Yami. Blacky wird dort gut versorgt“, fügt er noch an, als er den plötzlich besorgten Blick von ihm sieht.
 

Nur minim beruhigt nickt Yami. „Okay.“

Was Yugi kurz beunruhigt, aber dann sieht er, dass dieses ‚Okay’ nicht so gemeint ist, wie am Anfang ihrer Bekanntschaft. Sondern nur ausdrückt, dass er sich Sorgen um den Wallach macht.

„Wir werden uns bemühen“, grinst Yugi und legt Yami gleichzeitig die Hand auf den Arm. „Wir wünschen dir viel Spass und grüsse Hopkins von mir.“ Leicht drückt er den anderen etwas zur Seite und sieht seinem Grossvater nach der winkend und mit einem Tschüss ihr beiden geht.

Erst als Sugoroku weg ist, blickt er Yami an. „Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Blacky wird da fürstlich versorgt werden und wenn du mir nicht glaubst, kannst du dich ja dann davon überzeugen, wenn wir mit der Kutsche nach Edo reisen.“
 

Leicht beruhigt nickt Yami und legt nun sorgfältig, den Lappen in die Spüle. „Was macht dieser Hopkins eigentlich, wenn er hier und in Edo lebt?“, dies interessiert ihn wirklich weshalb er nun seine Sorge um Blacky etwas zur Seite schiebt.
 

Da Yugi in den Laden muss, schliesslich öffnet sich der nicht von selbst, wendet er sich zum Flur um. „Wenn du mich in den Laden begleitest, erzähle ich es dir. Ich muss ihn nämlich wirklich langsam aufmachen.“

Kurz zögert Yami, doch dann nickt er und folgt Yugi in den Flur. Vor der Tür zum Laden bleibt er jedoch stehen und Yugi muss schweren Herzens zusehen, wie Yami das Halsband aus seiner Hosentasche zieht und es sich mit geschickten Bewegungen anzieht.
 

Im Ladenbereich hängt Yugi aber erst das Bild von der Wand und öffnet den Safe um die Kassette mit dem Wechselgeld herauszunehmen.

Erst als dieses wieder an der Wand hängt und den Safe verdeckt, geht er zur Tür und öffnet nun den Laden. Danach dreht er sich lächelnd zu Yami um, der neben dem Tresen stehend, geduldig alles beobachtet hat.

Entspannt lehnt sich Yugi neben Yami an den die Arbeitsplatte. „Also Hopkins ist ein ziemlich erfolgreicher Antiquitätenhändler. Zwar gehört er wie wir zum einfachen Volk, aber er hat es zu einem ziemlich grossen Reichtum gebracht. Darum hat er hier in Domino und auch in Edo ein Haus. Er ist sogar so gut, dass auch einige aus der Oberschicht und sogar mal ein Herrscher bei ihm eingekauft haben.“ Kurz denkt Yugi nach, was er noch sagen soll. „Ach ja, er und Grossvater kennen sich schon seit Ewigkeiten. Hopkins hat mich darum auch schon gekannt, als ich noch ein Baby gewesen bin.“
 

Interessiert hat Yami schweigend zugehört. Nun nickt er verstehend. „Verstehe, dann ist er wirklich ein sehr guter Freund von euch.“ Eigentlich will er noch etwas sagen, aber in dem Moment geht die Tür auf und die erste Kundin kommt mit ihrer Sklavin in den Laden.
 

Sofort wendet sich Yugi der Dame mit einem professionellen Lächeln zu. „Madame, was kann ich für sie tun?“

Da sich Yugi nun auf sein Geschäft konzentrieren muss, zieht sich Yami leise zurück und geht in den Hinterhof, wo er beginnt das Holz in das Lager einzuräumen. Schliesslich wird die Kutsche sicher bald wieder gebraucht werden.

Während Yami arbeitet, wird er ganz genau von Rocky beobachtet, der neugierig den Kopf über die Boxentür streckt.

Obwohl sich Yami inzwischen wieder gut fühlt, muss er doch immer wieder eine Pause machen. Weshalb er zwischendurch sogar mal das Heunetz in Rockys Box austauschen und den Wassertrog füllen muss.
 

Trotzdem ist er kurz vor der Mittagszeit fertig und nachdem er noch einmal ein frisch gefülltes Heunetz aufgehängt hat, geht er zurück ins Haus.

Natürlich ist Yugi immer noch im Laden beschäftigt, weshalb sich Yami dazu entscheidet für sie beide zu kochen. Zwar kann er das nicht wirklich, aber bei einem seiner früheren Besitzer hat er mal gelernt, wie man Spiegeleier mit Speck macht.

Nun müssen sie nur noch Eier und Speck in der Vorratskammer haben und tatsächlich wird er nach einem kurzen Suchen fündig.

Etwas nervös, stellt er die Bratpfanne auf den Herd und wundert sich im ersten Moment, warum die Platte nicht heiss ist. Dann fällt ihm ein, dass er ja zuerst ein Feuer machen muss.

Also schichtet Yami Feuerholz auf, doch dann steht er vor einem Problem. Wie bringt er das Holz dazu zu brennen? Denn egal wo er hinschaut, er findet beim besten Willen kein Feuerzeug oder wenigstens Streichhölzer. Nachdem er einige Minuten lang gesucht hat, gibt er auf. Sich das blöde Halsband anlegend macht er sich auf den Weg in den Laden.
 

Yugi ist gerade dabei einen Ballen Stoff einzupacken, als er im Augenwinkel Yami bemerkt, der abwartend in der Tür steht. Trotzdem ignoriert er ihn, bis er die Kundin zur Tür begleitet und sie verabschiedet hat. Erst jetzt dreht er sich zu ihm um und sieht ihn fragend an. „Was kann ich für dich tun Yami?“
 

Verlegen kratzt sich Yami am Hinterkopf. „Naja, ich wollte für uns etwas kochen, aber ich finde weder Streichhölzer noch ein Feuerzeug um den Herd anzufeuern.“ Dabei ist er sich wohl nicht wirklich bewusst, dass das einfache Volk gar keine Feuerzeuge besitzt.

Yugi schüttelt nur innerlich den Kopf. Das ist mal wieder typisch Yami. Haut der doch einfach mal wieder ein Wort raus, dass er eigentlich als Sklave gar nicht kennen sollte. Seine Gedanken lässt er sich aber nicht anmerken, sondern geht nur lächelnd auf den anderen zu. „Na dann zeige ich dir mal wo du den Feuerstein und den Funkenschläger findest.“

Als er die Fragezeichen in den rubinroten Augen sieht, kann er sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen.

Damit er besser hören kann, wenn die Ladenglocke geht, lässt Yugi die Verbindungstür offenstehen, während er mit Yami in die Küche geht.

Dort begutachtet er sich erst mal, wie weit dieser mit dem Herd gekommen ist. Erleichtert stellt er fest, dass wenigstens das Holz anständig aufgeschichtet ist und Yami sogar an den Zunder gedacht hat.

Natürlich hängt das Feuermachset direkt beim Holzstapel.

„Also Yami, hier ist der Funkenschläger und der Feuerstein“, ruhig zeigt er ihm die beiden Sachen.
 

Erstaunt blickt Yami den Stein und das Metallteil an. „Und damit kann man Feuer machen?“ Kann er sich doch überhaupt nicht vorstellen, wie das gehen soll.
 

Todernst nickt Yugi, während er sich immer wieder sagt, dass er jetzt nur nicht lachen darf. „Na komm, ich zeige es dir.“ Mit der Hand deutet er ihm an, dass er sich neben ihm vor den Herd knien soll.

„Also den Funkenschläger nimmst du so in die Hand und den Feuerstein so. Dann machst du diese Bewegung“, ruhig zeigt er Yami, was er macht. Erst dann hält er seine Hände so, dass die Funken auf den Zunder fliegen. Nur zwei Mal schlägt Yugi den Feuerstein gegen das Eisen und schon beginnt der Zunder zu glühen und Sekunden später schlagen kleine Flammen hoch.

„Siehst du? Mit etwas Übung ist es ganz leicht“, lächelt Yugi ihn an.
 

Aufmerksam hat Yami jeden einzelnen Handgriff verfolgt und nimmt sich nun vor, dass er das Feuermachen mit diesen Hilfsmitteln lernen wird. Schliesslich geht es ja nicht, dass er jedes Mal Hilfe holen muss, wenn er ein Feuer machen soll. „Das sieht ja wirklich leicht aus. Danke Yugi“, ehrlich dankbar lächelt er ihn an.

Schweigend sehen sie sich an, bis die Ladenglocke ankündigt, dass ein neuer Kunde in den Laden gekommen ist.
 

Mit einem Seufzen steht Yugi auf. „Also dann bis nachher. Ich mache nach dem Kunden den Laden für die Mittagspause zu.“ Kurz lächelt er ihn an, ehe er aus der Küche eilt.
 

Eine Weile sieht Yami zur offenen Tür. Dann richtet er sich auf und stellt die Pfanne auf die Herdplatte. Nach ein paar Minuten legt er die Speckstreifen in das heisse Fett und schlägt vier Eier in die Pfanne.

Während sie vor sich hin brutzeln, deckt Yami den Tisch und stellt den Brotkorb mit den Brötchen auf den Tisch.

Wie auf Kommando kommt Yugi in dem Moment wieder zurück in die Küche, als die Spiegeleier fertig sind.

„Du hast ein perfektes Timing. Das Mittagessen ist gerade fertig geworden“, grinst er Yugi an, der misstrauisch die Spiegeleier ansieht. „Keine Angst, das ist das einzige Gericht, das ich kochen kann.“

Schmunzelnd beobachtet Yami wie Yugi vorsichtig kostet und dann überrascht die Augen aufreisst. „Das schmeckt ja wirklich gut.“

Den Kopf auf einer Hand aufstützend erwidert Yami den Blick. „Hab ich doch gesagt“, breit grinsend greift nun auch er nach seinem Besteck. „Guten Appetit.“

Irgendwie ist er gerade richtig stolz über das Lob.
 

Yugi kann deutlich erkennen, dass sich Yami über das Lob freut, auch wenn er es nicht deutlich zeigt. Da er glaubt, dass es dem anderen unangenehm wäre, sagt er dazu aber nichts. „Guten Appetit“, erwidert er daraufhin nur und beginnt hungrig zu essen.
 

Schweigend essen sie ihre Spiegeleier und Yugi geht sogar so weit, dass er mit dem Brot noch das letzte bisschen Ei aus dem Teller reibt. „Also das war wirklich gut. Danke für das leckere Essen.“ Satt und zufrieden lehnt sich Yugi auf seinem Stuhl zurück, ehe er aufsteht und das Geschirr abräumt.

„Du Yami, wenn du nachher Zeit hast, könnte ich deine Hilfe gebrauchen. Heute ist ungewöhnlich viel von dem blauen Baumwollstoff gekauft worden und ich habe keine zugeschnittenen Ballen mehr im Lager“, fragend sieht er Yami an, der mit dem Geschirrtuch neben ihm steht und auf den ersten abgewaschenen Teller wartet. „Ich muss nur noch schnell Rocky ein neues Heunetz in die Box hängen, dann komme ich in den Laden.“

Zustimmend nickt Yugi, während er ihm den ersten Teller reicht. „Ist gut, dann warte ich und suche erst dann den grossen Ballen im Lager, wenn du im Laden bist und mich rufen kannst, wenn jemand reinkommt. Da hinten kann ich die Glocke nämlich kaum hören.“

Kurz darauf ist auch die Pfanne abgewaschen und Yugi lässt das Spülwasser ab. Mit dem Lappen wischt er noch schnell den Tisch, ehe er ihn in die Spüle legt. „Also dann bis nachher und danke für das leckere Mittagessen.“ Lächelnd legt Yugi Yami die Hand auf den Rücken.

„Nichts zu danken, es waren ja nur Spiegeleier mit Speck“, wiegelt Yami Bescheiden ab.

Kopfschüttelnd sieht Yugi ihn daraufhin an. „Das war zwar ein einfaches Gericht, aber du hast dich hingestellt und gekocht. Obwohl du es nicht hättest tun müssen.“ Gern würde er noch länger hier stehen und mit Yami reden, aber er muss wieder den Laden aufmachen. Schweren Herzens lässt er seine Hand wieder sinken und geht zur Tür. „Also dann bis später.“
 

Sprachlos steht Yami da und weiss nicht wirklich was er denken soll. So unwirklich kommt ihm die ganze Situation vor. Denn erst jetzt wird ihm bewusst, dass er heute wirklich das erste Mal eine vollkommen neue Arbeit ohne vorher zu fragen gemacht hat.

Über sich selbst erstaunt geht er in den Stall, wo Rocky schon ungeduldig auf ihn wartet. Natürlich ist sich Yami bewusst, dass der Wallach eigentlich eher auf sein Mittagessen wartet. Weshalb er den Grossen nur kurz im Vorbeigehen hinterm Ohr krault. „Ich hol ja schon dein Heu. Keine Sorge“, grinsend geht er ins Heulager und schnappt sich dort das volle Netz.

Kaum ist Rocky zufrieden am Halme zupfen, füllt er noch den Wassertrog auf und streichelt noch einmal über das weiche Fell. „Also dann mein Grosser, ich muss jetzt Yugi helfen gehen.“
 

Da Yami weiss, dass die Stoffe sehr teuer sind, wäscht er sich, nachdem er die Schuhe gewechselt hat, besonders sorgfältig die Hände, ehe er sich das Halsband anlegt und in den Laden geht.
 

Lächelnd dreht sich Yugi sofort zu Yami um, als dieser reinkommt. „Da bist du ja.“ Geduldig wartet er ab, bis Yami neben ihm hinter dem Tresen steht. „Ich habe vorhin schon mal die Schere und die Holzlatten geholt.“ Nur mit Mühe kann er es sich verkneifen schon wieder seine Hand nach dem anderen auszustrecken. „Ich geh mal den Ballen suchen. Sollte jemand reinkommen ruf mich einfach oder komm mich holen.“
 

Etwas nervös nickt Yami. „Ist gut.“ Was ihm einen beruhigenden Blick von Yugi einbringt, ehe dieser aus dem Laden geht.

Unruhig lässt er seinen Blick über die Regale schweifen. Irgendwie macht es ihn gerade ein wenig nervös, dass er so allein hier stehen muss. Um sich ein wenig zu beruhigen lehnt sich Yami an die Wand.

Kaum hat er den Gedanken zu Ende gedacht, als auch schon die Tür aufgeht und zwei Männer reinkommen. Sofort richtet er sich auf und senkt demütig seinen Blick.
 

Grinsend sehen sich die beiden Männer an, ehe sie den Sklaven mustern. „Shiroi, so wie es aussieht hat unser kleiner Cousin sich einen Sklaven zugelegt.“ Deutlich ist herauszuhören, dass sich gerade eine Idee bei ihm bildet.
 

Ebenso grinsend erwidert Shiroi den Blick seines Bruders. „Ich sehe es Kuroi. Was machen wir denn jetzt?“, mit einem bösen Funkeln in den Augen fixiert er den Sklaven, der mit gesenktem Kopf dasteht.
 

Panik macht sich bei den Worten in Yami breit. Unauffällig versucht er sich in Richtung Tür zu schieben. „Ich... hole schnell Yugi.“ Hektisch will er sich umdrehen, wird aber sofort am Arm gepackt und brutal zurückgezogen. „YUGI...“, gelingt es ihm noch zu schreien, ehe ihn eine brutale Ohrfeige trifft. Geschockt blickt er in die eiskalten Augen. „Du wirst jetzt brav machen was ich dir sage, sonst wirst du es bereuen, Sklave.“

Yami steht wie gelähmt und ohne sich wehren zu können vor Kuroi, der seine Finger schmerzhaft in seinen Oberarm krallt.
 

In dem Moment, wo sich Kurois Finger brutal um sein Kinn legen, stürzt Yugi in den Laden. Schockiert sieht er wie Yamis Kopf nach oben gedrückt wird. „Kuroi! Lass sofort Yami los!“, schreit er geradezu. Sofort will er zu den beiden eilen, wird jedoch von Shiroi gepackt, der ihm seine Arme auf den Rücken dreht. „Yugi, Yugi, Yugi. Du willst doch wohl nicht deinen lieben Cousins den Spass verderben.“

Vor lauter Schmerzen in seinen Schultergelenken kann sich Yugi gar nicht bewegen. Hilflos muss er zusehen, wie Kuroi brutal seine Lippen auf Yamis drückt und dabei so fest seine Finger in dessen Haut gräbt, dass Spuren zurückbleiben müssen.
 

Sich in sich selbst zurückziehend, erduldet Yami die schmerzhaften Berührungen. Sogar als ihm so in die Lippen gebissen wird, dass er sein eigenes Blut schmeckt, wehrt er sich nicht dagegen. Innerlich schreit er dabei aber laut um Hilfe.

Plötzlich wird er herumgerissen und auf den Tresen gedrückt. Erst jetzt sieht er Yugi der ihn verzweifelt und mit Tränen in den Augen ansieht. Deutlich erkennt er, dass sich der andere nicht bewegen kann, da ihm so die Arme verdreht werden, dass er sich wohl bei jeder grösseren Bewegung, die Schultergelenke auskugeln würde.

Yami weiss nicht wieso, aber bei diesem Anblick regt sich etwas in ihm. Aus seiner anerzogenen Starre erwachend beginnt er sich zu wehren. Was seinen Peiniger so überrumpelt, dass er sich aus dessen Griff befreien kann. Wie ihm das aber gelungen ist, erkennt Yami erst, als er sich umdreht und von dem Mann zurückweicht.

Denn Kuroi sieht ihn mit einem schmerzverzerrten Gesicht an, während er sein linkes Bein entlastet. „Du verdammter Sklave, das wirst du mir noch büssen.“ Gefährlich funkelt er den Sklaven an und versucht nach diesem zu greifen.

Immer wieder weicht Yami nun aus und versucht irgendwie eine Möglichkeit zu finden diesen auszuschalten.

„Wenn du nicht sofort stillstehst und tust was wir dir sagen, wird Yugi darunter zu leiden haben“, eiskalt spricht Shiroi die Drohung aus und verdreht Yugis Arme noch mehr, so dass dieser vor Schmerzen aufstöhnt.
 

Sofort bleibt Yami stehen und stellt jede Gegenwehr ein. Kann er doch nicht riskieren, dass Yugi verletzt wird. Allerdings steht er so aufrecht wie ein König da und fixiert den Mann vor sich mit seinen eiskalten rubinroten Augen. Ohne sich dagegen zu wehren lässt er sich packen und nun rücklings gegen den Tresen drücken. „So, nun werde ich dir zeigen, was ich mit Sklaven mache, die nicht wissen wo ihr Platz ist.“ Zwar ist der Tonfall immer noch drohend, aber Yami kann deutlich in dessen Augen sehen, dass ihn sein eigener Blick irgendwie verunsichert. So fixiert ihn Yami weiterhin, während er es zulässt, dass ihn dieser Mann wieder brutal am Gesicht packt.
 

Wütend nähert Kuroi sein Gesicht dem des Sklaven, der es doch tatsächlich wagt ihm direkt in die Augen zu sehen. Irgendwie gibt es ihm auch ein befriedigendes Gefühl, als er das Blut auf den Lippen des Sklaven sieht.
 

Schockiert beobachtet Yugi wie Yami sich anfassen lässt und dabei den anderen mit einem eiskalten Blick fixiert, der die Hölle gefrieren lassen würde. „Nein, Kuroi! Mach das nicht!“, schreit er auf. Sofort werden seine Arme noch weiter nach oben gerissen. Was ihn nun vor Schmerzen keuchen lässt.

Mit Tränen in den Augen sieht er wie Kuroi das Oberteil von Yami packt, als die Ladentür aufgerissen wird.

Plötzlich findet er sich auf dem Boden wieder und sieht ungläubig, wie Shiroi von Jono Prügel bezieht.

Gleichzeitig beginnt sich Yami zu wehren und rammt Kuroi mit voller Wucht sein Knie in die Weichteile.

Mit einem erstickten Schrei geht dieser daraufhin in die Knie und wird dann sofort von Rishido an den Haaren gepackt und aus dem Laden gezerrt. Dabei wirft ihn dieser regelrecht auf die Strasse, wo schon Shiroi benommen neben seinem Auto sitzt.
 

Kurzentschlossen schliesst Jono die Tür ab und dreht das Schild auf ‚Geschlossen’.

Besorgt geht der Blonde daraufhin zu seinem Freund, der auf dem Boden kniet und mit Tränen in den Augen zu Yami sieht. Sanft legt er ihm den Arm um die Schultern und möchte ihn an sich ziehen. Allerdings steht Yugi in dem Moment auf und geht die paar Schritte zu Yami.
 

Mit zu Fäusten geballten Händen steht Yami da und sieht Yugi in die amethystfarbenen Augen. Zittrig versucht Yugi zu lächeln, als er im Zeitlupentempo nach der einen Faust greift und diese sanft anhebt. „Yami... es... tut mir... so leid.“ Leise und stockend spricht er die Worte mit zitternder Stimme aus. Dabei streichelt er ganz sanft mit den Fingerspitzen über die Faust in seinen Händen.
 

Gebannt sieht Yami die streichelnden Finger an und hört die Worte. Er will weglaufen, sich verstecken, aber er kann doch Yugi nicht einfach so im Stich lassen. Aus einem Impuls heraus zieht er den Kleineren an sich und hält ihn fest umschlungen. „Yugi... es... ist nicht... deine Schuld...“, auch ihm zittert die Stimme.
 

Im ersten Moment ist Yugi so überrumpelt, dass er nur zögernd seine Arme hebt und sie um Yami legt.

Dabei blendet er vollkommen aus, dass sie nicht allein im Laden sind.
 

Schweigend steht Jono neben Rishido und beobachtet, wie sich Yugi und Yami regelrecht aneinander festhalten.

Doch dann beginnt Yami leise, mit einem beruhigenden Tonfall auf Ägyptisch zu sprechen. Fragend sieht Jono daraufhin zu dem grossen Ägypter neben sich. „Was sagt Yami da?“ Er ist viel zu neugierig, um diese Frage nicht zu stellen.

Es dauert einen Moment, bis Rishido den Blonden ansieht. „Er sagt eigentlich nicht wirklich viel. Nur, dass es nicht Yugis schuld ist und es ihm gut geht. Dann noch so etwas wie es ist ja vorbei und dass es ihm gut geht.“ Absichtlich übersetzt er das Gesagte nicht wortwörtlich, da Yami noch das Wort Sharik benutzt und das immer wieder.
 

Verstehend nickt Jono. „Ach so.“ Eigentlich hatte er sich was Anderes erhofft. Besonders weil er sieht, wie Yami seinen besten Freund festhält. Wenn man das nämlich so sieht, könnte man beinahe meinen, dass die beiden einander lieben. Naja, bei Yugi weiss er ja, dass es so ist, aber Yami scheint wohl diese Gefühle nicht zu erwidern, denn sonst würde er ihm doch sicher ganz andere Dinge sagen.
 

Immer wieder sagt Yami, diese kleinen Sätze, wobei er sich gar nicht bewusst ist, dass er in seiner Muttersprache spricht und Yugi Sharik nennt. Dabei drückt er Yugi fest an sich. Einerseits um den Weinenden zu beruhigen, aber auch, weil er selbst das sichere Gefühl, das von ihrer Umarmung ausgeht braucht.

Viel zu sehr hat ihn das, was beinahe passiert wäre geschockt und damit ist nicht nur das gemeint, was diese beiden Kerle beinahe mit ihm gemacht haben, sondern auch seine eigene Reaktion. Versteht er doch nicht, warum er plötzlich angefangen hat zu kämpfen, als er Yugi gesehen hat. Woher hat er nur die Kraft genommen? Woher hat er den Mut genommen, diesem Kuroi so in die Augen zu sehen?
 

Zwar kann Yugi die Worte nicht verstehen, aber sie beruhigen ihn zusammen mit der Umarmung. Obwohl der Schock darüber, was gerade passiert ist, immer noch gefangen hält, löst er sich nach und nach von Yami. Wird er sich doch wieder bewusst, dass sie nicht allein sind.

Widerwillig lässt er den Grösseren schliesslich los und dreht sich zu Jonouchi und Rishido um, die geduldig dastehen und ihnen so die Zeit geben, die sie brauchen.

Immer noch innerlich zitternd schafft es Yugi irgendwie seine Mundwinkel dazu zu zwingen, sich ein wenig zu heben.

„Jono, Rishido“, tief holt er noch einmal Luft, um seinen immer noch rasenden Herzschlag zu beruhigen. „Ein Glück, dass ihr gerade rechtzeitig gekommen seid. Danke.“

Widerstandslos lässt er sich von Jonouchi in eine feste Umarmung ziehen, ehe ihn dieser wieder etwas von sich schiebt und ihn mit den Händen auf seinen Schultern ansieht. „Ja, aber du musst dich eher bei Rishido bedanken. Die beiden Kerle waren nämlich vorher bei uns, um eine bestellte Eisenskulptur abzuholen“, mit grimmigen Blick sieht Jono Yugi an. „Dabei haben sie sich darüber unterhalten, dass sie hierherkommen und dir eine Lektion erteilen wollen und Rishido hat das gehört und es mir dann sofort gesagt, als sie mit ihrer pferdelosen Kutsche abgefahren sind. Darum sind wir so schnell wie möglich hierhergekommen.“
 

Während Jono und Yugi reden, lehnt sich Yami plötzlich zitternd an den Tresen hinter sich. Erst jetzt scheint sein Verstand wirklich alles zu realisieren.

Wie knapp es gewesen ist. Als er den prüfenden Blick von Rishido bemerkt, senkt er den Kopf und dreht sich um. „Ich...“, mehr sagt er nicht. Stattdessen dreht er sich um und stürmt aus dem Laden. Im Flur stolpert er beinahe über den Stoffballen, den Yugi eigentlich holen wollte und nun hier auf dem Boden rumliegt. Allerdings bleibt er nicht stehen, sondern rennt ins Badezimmer, wo er sich in letzter Sekunde vor die Toilettenschüssel knien kann, ehe er sich übergeben muss.

Immer wieder zieht sich sein Magen zusammen, zwingt so dessen gesamten Inhalt wieder nach oben. Doch auch als schon längst nichts mehr hochkommt, hört es nicht auf.

Dass er nicht allein ist, bemerkt Yami erst, als er sich erschöpft zurückfallen lässt.

Erschrocken zuckt er zusammen, als plötzlich ein kühler Lappen über sein Gesicht fährt.
 

„Keine Angst, ich bin es nur.“ Sanft fährt Yugi mit dem feuchten Lappen über das verschwitzte Gesicht von Yami, ehe er sich aufrichtet und ihm einen Becher Wasser hinhält. „Hier, spül dir den Mund aus.“
 

Da seine Hände immer noch zittern, muss Yami den Becher mit beiden Händen festhalten, damit er einen Schluck daraus nehmen kann. Da er seinen Beinen noch nicht traut, kniet er sich wieder hin und spuckt das Wasser in die Toilettenschüssel. „Danke“, schafft er es leise zu sagen.
 

Mit einem traurigen Lächeln nimmt Yugi den Becher wieder in die Hand und betätigt die Spülung, nachdem er aufgestanden ist und den Becher einfach in das Waschbecken gelegt hat. „Du musst dich nicht bedanken.“ Mit einem traurigen, beinahe schuldbewussten Lächeln lässt sich Yugi neben Yami wieder auf den Boden gleiten. „Du musst dich nicht bedanken. Irgendwie ist es ja meine Schuld, dass du...“ „Nein, ist es nicht“, unterbricht ihn Yami mit überraschend fester Stimme. „Du konntest nicht wissen, dass deine Cousins hier auftauchen würden. Genauso wenig kannst du etwas für das, was beinahe passiert wäre.“ Während Yami redet, greift er nach Yugis Hand und sieht ihm in die amethystfarbenen Augen. Deutlich kann er in ihnen die Gefühle erkennen, die im Moment in dem anderen toben.

Das führt dazu, dass sogar die kleine fiese Stimme in ihm verstummt, die seit ein paar Minuten immer wieder geflüstert hat, dass Yugi das geplant haben könnte.
 

„Aber Yami, dir geht es nicht gut und...“, traurig bricht er ab, während seine Augen von den rubinroten Tiefen zu den roten Spuren von Kurois Fingern auf Yamis Wangen wandern.
 

Sanft legt Yami die Finger seiner freien Hand unter Yugis Kinn und zwingt ihn so, ihm wieder in die Augen zu sehen. „Ich gebe zu, es geht mir gerade nicht so blendend, aber das geht vorbei. Ich brauche nur etwas Zeit um...“, unbewusst beendet Yami den Satz nicht. Stattdessen lässt er Yugis Gesicht los, wobei seine Fingerspitzen über dessen Haut gleiten.

Unsicher steht er auf und stützt sich dann zur Sicherheit am Waschbecken ab. Gerade als er Yugi seine Hand reichen will, klopft es am Türrahmen.
 

„Rishido und ich haben Tee gemacht und warten im Wohnzimmer auf euch.“ Mit einem besorgten Ausdruck in den Augen sieht Jono die beiden an. Dabei bleibt er aber im Flur stehen, denn irgendwie hat er das Gefühl, dass er besonders Yami nun nicht zu nahekommen sollte.

Darum dreht er sich nach einem weiteren Blick auf Yugi, der gerade aufsteht, um und geht schon mal die Treppe nach oben.

Im Wohnzimmer lässt er sich mit einem tiefen Seufzen auf das Sofa fallen. „Oh Mann, die beiden sehen einfach nur fix und fertig aus.“
 

Mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck drückt Rishido ihm eine Tasse Tee in die Hand. „Das ist ja auch kein Wunder Meister Jonouchi. Wenn wir nicht gekommen wären, hätte Meister Yugi zusehen müssen wie Yami vor seinen Augen vergewaltigt wird.“

Mit seiner eigenen Tasse Tee setzt sich Rishido nach kurzem Zögern auf einen der Stühle. Auch wenn man es ihm nicht auf den ersten Blick ansieht, hat er doch auch eine harte Schule durchlaufen müssen und lernt erst jetzt durch Meister Jonouchi, dass er sich ohne vorherige Erlaubnis auf einen Stuhl setzen darf und wie es ist wie ein Mensch behandelt zu werden.
 

Schweigend sitzt Jonouchi da und ist einfach nur geschockt über das was ihm Rishido da gerade gesagt hat. Ja, es ist ihm bewusst gewesen, was sie beide verhindert haben. Es aber so direkt gesagt zu bekommen, ist noch einmal etwas ganz Anderes.

Ausserdem fällt ihm erst jetzt auf, dass Sugoroku nicht da ist. Was dazu führt, dass er sich nun auch noch Sorgen um den alten Mann macht.
 

Unterdessen gehen Yugi und Yami langsam durch den Flur. Dabei fällt Yamis Blick wieder auf den Stoffballen, der nun an der Wand liegt.

Natürlich fällt Yugi auf, wohin Yami sieht und wird daraufhin richtig verlegen, auch wenn er nicht weiss wieso. „Als ich dich so panisch rufen gehört habe, habe ich ihn einfach fallen lassen und bin so schnell wie möglich zu dir gerannt.“ Mit einem hochroten Gesicht fixiert er nun seine Schuhspitzen.
 

Sprachlos sieht Yami ihn an. Inzwischen weiss er ja, wie viel so ein Stoffballen kostet und dass Yugi sie immer mit grösster Sorgfalt behandelt und sie ganz sicher nicht einfach so auf den Boden fallen lässt. Trotzdem nickt er nur. „Verstehe.“

Weiter geht er nicht darauf ein. Unter anderem auch deshalb, weil er spürt, dass es Yugi seltsamerweise unangenehm ist, dass er weiss wie schnell dieser zu ihm geeilt ist.
 

Yugi ist mehr als froh, dass Yami nicht mehr dazu sagt. Trotzdem beeilt er sich jetzt um möglichst schnell zu Jono und Rishido ins Wohnzimmer zu kommen.

Als er aber durch die Tür tritt, wird er sofort von Jono überfallen. „Was ist mit Sugoroku?“, springt der Blonde geradezu auf, als dieser ihn sieht.

Vor Schreck weicht Yugi im ersten Moment einen Schritt zurück und prallt dabei beinahe gegen Yami, der hinter ihm steht. „Jono, erschrecke mich doch nicht so!“ Unbewusst legt er dabei die rechte Hand auf sein wild schlagendes Herz. „Grossvater besucht Hopkins und kommt erst heute Abend wieder zurück.“ Erst jetzt wird ihm bewusst, was für ein Glück sie gehabt haben. Denn sein Grossvater wäre den beiden sicher auch zum Opfer gefallen und das will er sich gar nicht erst ausmalen. Vor allem, weil dieser auch nicht mehr der Jüngste ist.

Auf einmal fühlt er sich unglaublich müde, weshalb er sich neben seinem Freund auf das Sofa fallen lässt. „Oh Mann, ein Glück, dass Grossvater nicht hier ist.“ Automatisch nimmt er von Jono die Teetasse entgegen und nimmt einen grossen Schluck, ehe er sie erstaunt ansieht. Beinahe so, als würde er erst jetzt bemerken, was er da festhält.
 

Inzwischen hat sich auch Yami genähert und einfach mal in den freien Sessel neben dem Sofa gesetzt. Auch ihm wird von Jonouchi eine Tasse Tee in die Hand gedrückt. „Shukran... ähm... Danke.“ Verlegen und unsicher, da ihm dieser sprachliche Schnitzer unterlaufen ist, senkt er den Blick auf die heisse Flüssigkeit.

Zu gut kann er sich noch daran erinnern, wie er damals in dieses Land gekommen ist und jedes Mal, wenn er in seine Muttersprache verfallen ist, Schläge bekommen hat. Seit Jahren ist ihm darum so ein Fehler nicht mehr passiert.
 

Ernst lehnt sich Jonouchi ein wenig vor, damit er Yami wenigstens halbwegs ins Gesicht sehen kann. „Kein Grund so schüchtern zu werden. Rishido rutschen auch immer wieder Wörter auf Ägyptisch raus und vorhin hast du ja auch schon in deiner Muttersprache geredet.“ Als Yami nun den Blick hebt, lehnt er sich entspannt zurück, auch wenn er eigentlich immer noch angespannt ist, aber durch Rishido hat er gelernt, dass diese Haltung beruhigend auf den anderen wirken kann. „Weisst du, es ist doch ganz normal, dass man ab und zu in seine Muttersprache verfällt, besonders wenn man unter Stress steht. Was mich bei dir aber am meisten erstaunt ist die Tatsache, dass du unsere Sprache perfekt und ohne den kleinsten Akzent beherrschst“, gespielt grinsend sieht er in Yamis erstauntes Gesicht.
 

Von seinem Stuhl aus beobachtet Rishido die drei Männer. Meister Yugi scheint sich ja langsam wieder zu beruhigen und Meister Jonouchi scheint es auch zu schaffen, dass Yami sich etwas entspannt. Zumindest deutet er dessen Haltung so, da er sich nun in dem Sessel zurücklehnt und seinen Tee trinkt.

Dafür kann er deutlich sehen, dass Meister Jonouchi nur so entspannt tut. Bestimmt wird dieser heute Abend in der Schmiede mit dem schweren Hammer so lange auf ein Eisenstück einschlagen, bis dessen Wut über das was sie verhindert haben verpufft ist.

Schon mehr als einmal durfte er dieses Verhalten beobachten.

Wieder schweift sein Blick zwischen Meister Yugi und Yami hin und her. Dabei stellt er sich zwei Fragen. Wie ist das Verhältnis zwischen den beiden? Den jungen Meister kann er lesen und weiss daher, dass dieser offensichtlich Gefühle für seinen Sklaven hat, aber Yami verhält sich sehr widersprüchlich. Einerseits nimmt er den anderen in den Arm und nennt ihn Sharik, andererseits wirkt er vorsichtig und scheint keine tieferen Gefühle zu kennen.

Dann stellt sich ihm noch die Frage, warum Yami einen japanischen Namen trägt. Dabei ist er offensichtlich Ägypter, also warum trägt er keinen ägyptischen Namen? Natürlich könnte einer seiner Vorbesitzer ihn so genannt haben, aber in der Regel sind diese Namensänderungen nicht dauerhaft und selbst der gebrochenste Sklave nennt seinem neuen Besitzer den ursprünglichen Namen.

Er selbst hat ja auch schon auf die verrücktesten Namen hören müssen.

Anscheinend hat er den anderen zu lange angesehen, denn dieser wendet plötzlich den Kopf zu ihm und sieht ihn mit einem Blick an, den er noch nie bei einem Sklaven gesehen hat. Im ersten Moment scheint der Ausdruck in dessen Augen der eines Sklaven zu sein, aber da ist noch etwas Anderes, das Rishido nicht benennen kann. Nur eins weiss er, da sieht ihn nicht nur ein normaler Sklave an.
 

Keiner von ihnen weiss, wie lange sie im Wohnzimmer sitzen und nur hin und wieder ein paar Worte wechseln, bis Jonouchi schliesslich aufsteht. „So leid es mir tut, aber Rishido und ich müssen zurück. Ich muss noch einen Auftrag fertig machen. Können wir euch denn allein lassen?“, besorgt mustert er seinen kleineren Freund der nun auch aufsteht. „Mach dir keine Sorgen. Yami und ich kommen schon klar und den Laden mache ich heute auch nicht mehr auf“, beruhigend lächelt er Jonouchi an.
 

Auch Yami steht jetzt auf und sammelt die leeren Teetassen ein. „Ich bringe die schnell in die Küche und dann sehe ich nach Rocky. Der muss sich ja schon fragen, wo sein Nachmittagsheu bleibt. Auf Wiedersehen, Jonouchi, Rishido.“ Anders als früher wartet er nicht ab, dass ihm Yugi zunickt, sondern geht einfach mit den Tassen raus. In der Küche lehnt er sich einen Moment mit geschlossenen Augen an die Spüle, ehe er sich entschlossen aufrichtet und nach draussen geht.

Im Stall wird er wirklich schon von Rocky ungeduldig erwartet, weshalb er möglichst schnell das leere Netz gegen das volle eintauscht. In solchen Momenten ist er mehr als froh, dass er immer gleich nach dem Füttern die leeren Netze wieder neu stopft.

Während Rocky genüsslich die Halme aus dem Netz zupft, füllt Yami das leere Netz wieder auf und beginnt dann die Box auszumisten.

Nachdem er den Mistkarren auf vor das Tor gestellt hat, obwohl es dafür eigentlich noch etwas zu früh ist, lehnt er sich an die Boxentür. Leise beginnt er mit dem grossen Tier zu sprechen. Erzählt ihm, was heute passiert ist und dass er sich sogar dagegen gewehrt hat, bis ihm damit gedroht worden ist, dass Yugi etwas passiert, wenn er sich nicht ergibt.
 

Yami weiss nicht, wie lange er an Rockys Box steht. Zumindest ist es so lange, dass der grosse Wallach sein Heu fertig gefressen hat und nun mit dem Kopf auf seine Schulter gelegt dasteht. Beinahe so, als würde dieser ihm etwas von seiner Stärke geben wollen.
 

So findet Yugi dann auch die beiden vor, als er auf der Suche nach Yami in den Stall kommt. Sich neben den anderen stellend krault er Rocky hinter dem Ohr. „Ich wünschte, ich könnte öfters Zeit mit ihm und Blacky verbringen. Nur leider geht das nicht. Darum bin ich froh, dass du dich so aufopferungsvoll um die beiden kümmerst.“ Während er redet wird sein Blick leicht traurig. Liebt er doch die beiden Pferde, die wahrscheinlich mehr über ihn wissen, als sein Grossvater und seine Freunde zusammen. Schliesslich vertraut er den beiden ja jedes noch so kleine Geheimnis an.

Bis jetzt hat Yami noch kein Wort gesagt, sondern nur genickt. Darum wendet Yugi nun seinen Blick zu seinem Freund. „Kommst du mit rein? Ich habe uns ein einfaches Abendessen gemacht.“
 

Erschrocken blickt Yami von Yugi zur Stalltür und merkt erst jetzt, dass er wohl mehrere Stunden lang hier gestanden haben muss. Denn die Sonne geht schon unter. „Verdammt. Warum hast du mich denn nicht geholt? Ich hätte dir doch bei dem Stoff helfen müssen.“ Er will sich schon hektisch umdrehen, als ihm Yugi die Hand auf den Unterarm legt und ihn beruhigend anlächelt. „Ja, das hätte ich tun können, aber ich habe mir gedacht, dass du genau wie ich mal eine Weile allein sein willst“, leicht zuckt er mit den Schultern. „Ausserdem habe ich den Laden geschlossen gelassen und konnte mich so ganz auf das Zuschneiden konzentrieren und früher habe ich es ja auch allein gemacht, wenn Grossvater keine Zeit hatte.“

Betont gelassen geht Yugi zur Stalltür. Dort sieht er über seine Schulter zu Yami und grinst verschmitzt. „Ich warte mit dem Abendessen auf dich.“ Um nicht zu zeigen, dass ihn der verdutzte Ausdruck auf Yamis Gesicht amüsiert, dreht er sich schnell wieder um und eilt zurück ins Haus.
 

Ungläubig schüttelt Yami den Kopf. Hat doch Yugi zuerst bedrückt gewirkt und dann fängt der plötzlich an zu grinsen. Verstehe einer diesen Mann.

Erst jetzt wird ihm aber auch bewusst, dass er ziemlich hungrig ist, hat er doch seit dem Mittagessen nichts mehr gegessen und das hat er ja nicht im Magen behalten.

Als er aus dem Stall tritt, sieht er, dass Monk schon den Mistkarren geleert hat, weshalb er diesen zuerst wieder reinholt und dann Rocky noch sein letztes Heunetz für heute in die Box hängt. Da er nicht weiss, wann Sugoroku mit Blacky zurückkommt, hängt er auch in dessen Box ein volles Netz, ehe auch er ins Haus geht.
 

In der Küche wartet Yugi wirklich schon mit dem Abendessen auf ihn. Es gibt wie immer Brot mit Käse und Wurst, doch diesmal liegen auch ein paar Tomaten auf dem Tisch.

Als er sich hingesetzt hat mustert er das rote Gemüse neugierig. „Ist es nicht noch etwas zu früh für Tomaten?“ Irgendwie glaubt er sich daran zu erinnern, dass er mal gehört hat, dass diese erst ab Juli reif sind.
 

Zustimmend nickt Yugi. „Ja, eigentlich schon, aber May hat einen Kunden, der kennt jemanden, der irgendwoher die Tomaten schon im April herbekommt. Der Kunde bringt ihr ab und zu ein paar vorbei, aber sie mag die nicht, weshalb sie die dann immer uns und Jono gibt.“

Hungrig greift er nach einer Brotscheibe, legt sie dann aber einfach auf seinen Teller und sieht Yami aufmerksam an. Erleichtert stellt er fest, dass zwar am Oberarm ein Bluterguss zu sehen ist, aber sonst keine äusserlichen Verletzungen sichtbar sind.

Natürlich bemerkt Yami den Blick von Yugi und sieht ihn daraufhin fragend an. „Was ist denn Yugi?“ Sein eigens Brot wieder hinlegend lehnt er sich ein wenig vor und neigt fragend den Kopf leicht zur Seite.

Eine Weile überlegt Yugi wie er seine Bitte formulieren soll, dann entscheidet er sich für den direkten Weg. „Yami, ich möchte nicht, dass Grossvater erfährt was heute passiert ist. Ich will nicht, dass er sich Vorwürfe macht, weil er nicht hier gewesen ist“, um Verständnis bittend sieht er seinen Freund an.

Dieser erwidert den Blick nachdenklich. Es dauert eine Weile, doch dann nickt Yami. „Ist gut. Ich werde ihm nichts sagen, wenn es nicht nötig ist, aber wenn er fragt, werde ich ihn nicht belügen.“

Yugi glaubt eine leichte Rüge in der Stimme zu hören, weshalb er sofort abwinkt. „Das verlange ich auch nicht von dir und das werde ich auch nie verlangen.“ In dem Moment hören sie, wie die Hintertür aufgeht und kurz darauf steht ein gut gelaunter Sugoroku in der Tür. „Hallo. Da bin ich wieder.“ Aufmerksam mustert Sugoroku die beiden und sofort fällt ihm natürlich der blaue Fleck auf Yamis Oberarm auf und dass Yugi irgendwie bedrückt wirkt.

Als ihn sein Enkel dann aber breit grinsend begrüsst und fragt wie denn sein Tag gewesen ist, schiebt er den Gedanken, dass hier irgendwas nicht stimmt zur Seite. Denn wenn sich Yugi so verhält, dann will er nicht darüber reden und da er die beiden nicht gegeneinander ausspielen möchte, indem er einfach Yami fragt, geht Sugoroku auf die Fragen von Yugi ein.
 

Viel später liegt Yugi wach im Bett und wundert sich, dass Yami noch nicht gekommen ist. Hoffentlich zieht sich dieser nicht wieder von ihm zurück. Das würde er nach dem heutigen Tag nicht aushalten.

Doch gerade als er sich aufsetzen will, geht die Tür zum anderen Zimmer auf und nur Sekunden später schlüpft Yami zu ihm unter die Decke.
 

Lange hat Yami darüber nachgedacht, ob er nicht lieber versuchen will allein zu schlafen, aber dann hat er auf seine innere Stimme gehört. Hat die doch laut und deutlich nach der Nähe Yugis geschrien.

Nun liegt er also hier und sieht wie erleichtert der andere ist, dass er hier liegt. Unsicher lächelt er ihn an. „Gute Nacht Yugi.“ Da er aber obwohl er hier liegt, etwas Ruhe in seine Gedanken bringen möchte, dreht er sich um. So dass er Yugi den Rücken zudreht.
 

Im ersten Moment ist Yugi ein wenig enttäuscht, dass sich Yami so von ihm wegdreht. Doch dann wird ihm klar, dass der andere offensichtlich noch seine Gedanken ordnen muss. „Gute Nacht Yami.“ Sich zu dem anderen umdrehend, kuschelt sich Yugi unter seine Decke.

 

 

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Ich gebe zu, der Kapiteltitel ist die Untertreibung des Jahres, aber da ich mit dem Titel ja nicht zu viel verraten möchte, passt er doch wieder irgendwie.

 

Ich weiss jetzt auch gar nicht was ich dazu sagen kann, ausser dass Jono und Rishido Helden sind und Yami mal wieder über sich hinauswächst.

 

Ach ja, das ägyptische Wort, irgendwann später werde ich auflösen was es heisst oder ihr geht einfach googeln, wenn ihr es schon vorher wissen wollt.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Selbstverteidigung ist doch nicht schwer

Hallo zusammen,

 

ich hoffe ihr habt den Schock vom letzten Kapitel gut überstanden und seid nun bereit das neueste Kapitel zu lesen.

 

Und da ich nicht weiss, was ich sonst noch sagen soll, wünsche ich einfach nur viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 26: Selbstverteidigung ist doch nicht schwer

 

 

Yami weiss nicht wie spät es ist, als er aus seinem leichten Schlaf gerissen wird, in den er nach Stunden endlich gefallen ist. Verwirrt blickt er in die Dunkelheit, als eine unruhige Bewegung und Gemurmel neben ihm seine Aufmerksamkeit auf sich zieht.
 

In seinem Traum gefangen kämpft Yugi gegen Shiroi der ihn festhält, während Kuroi Yami am Quälen ist. Seine Schreie, dass der andere aufhören soll verhallen ungehört und je mehr er sich wehrt, desto mehr lachen die beiden Monster über ihn. Als plötzlich eine angenehme Schwärze auftaucht und ihn umgibt.
 

Fest umarmt Yami den zitternden Yugi und wartet geduldig, bis er sich wieder beruhigt hat. Es dauert auch nicht lange, bis sich der andere regelrecht in seine Arme kuschelt und ohne vorher aufzuwachen in einen ruhigeren Schlaf gleitet.

Eigentlich möchte er ihn nun wieder loslassen und sich wieder von ihm entfernen, kann er doch den Körperkontakt, nach dem was beinahe passiert ist, kaum ertragen. Allerdings wird Yugi sofort wieder unruhig, sobald er ihn loslässt. Also dreht er sich mit einem ergebenen Seufzen auf den Rücken und zieht den Schlafenden an seine Seite. Den Arm um ihn gelegt schliesst er seine Augen und hofft wenigstens noch ein wenig dösen zu können, wenn sich der erholsame Schlaf schon nicht einstellen will.
 

Während er vor sich hindöst denkt Yami an die Geschehnisse von Nachmittag zurück. Noch immer fragt er sich, wie er es geschafft hat sich zu befreien und er weiss instinktiv, dass der andere keine Chance gegen ihn gehabt hätte, wenn sie Yugi nicht als Druckmittel missbraucht hätten.

Plötzlich schreckt er hoch und nur, weil Yugi sich an ihn kuschelt bleibt er überhaupt liegen. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er in die Dunkelheit, während sein Herzschlag fühlbar schneller wird.

Immer wieder hört ein seinen Gedanken eine Stimme sprechen. „Auch, wenn Ihr voraussichtlich immer von Leibwächtern umgeben sein werdet, ist es doch wichtig, dass Ihr Euch auch selbst verteidigen könnt.“ Dieser eine Satz hallt regelrecht in seinem Kopf wider, während er sich immer wie ein Echo wiederholt. Gleichzeitig laufen vor seinem inneren Auge die Bilder von unzähligen Trainingsstunden ab.
 

Inständig hofft er, dass Yugi nicht aufwacht, denn wie soll er dem anderen erklären, dass sein Herz geradezu rast? Will er doch noch nicht über seine Vergangenheit sprechen und dass seine Erinnerungen immer mehr zurückkommen.
 

Als die ersten Sonnenstrahlen beginnen den Himmel zu verfärben, hält es Yami im Bett nicht mehr aus. Vorsichtig schiebt er Yugi von sich runter und steht langsam auf. Einen letzten Blick auf den Schlafenden werfend geht er in sein Zimmer um seine Kleidung zu holen.
 

Im Badezimmer stellt sich Yami unter die Dusche. Mit geschlossenen Augen steht er unter dem heissen Wasserstrahl und versucht seine wild kreisenden Gedanken zu ordnen. Da er sich zudem immer noch schmutzig fühlt beginnt er sich mehr als gründlich einzuseifen. Nur leider nützt das nichts gegen den Ekel. Was ihn nicht wirklich überrascht, denn es hat noch nie geholfen. Selbst wenn er sich so heiss geduscht hat, dass seine Haut danach krebsrot gewesen ist.

Weil die Dusche auch diesmal nicht wirklich hilft, stellt er sie nach einer Weile auf eiskalt, damit er wenigstens etwas wacher wird. Erst als er es nicht mehr aushält, stellt Yami das Wasser ab und greift dann nach dem Handtuch. Mit viel Druck trocknet er sich so lange ab, bis seine Haut von der Reibung zu brennen beginnt.

Anders als sonst zieht sich Yami nach dem Abtrocknen sofort an und stellt sich erst danach vor das Waschbecken. Wie auch am Abend zuvor putzt er sich noch gründlicher als sonst die Zähne. Nur leider bringt auch die Zahnpasta nichts gegen das Gefühl den Mistkerl immer noch schmecken zu können.

Wütend über sich selbst knallt Yami geradezu die Zahnbürste zurück in den Becher und spült sich dann unter dem fliessenden Wasser den Mund aus.
 

Als er nun den Blick hebt, sieht er sich das erste Mal im Spiegel an und bemerkt, dass trotz seiner gesunden Bräune inzwischen deutliche Verfärbungen an seinem Kiefer und unter dem Auge zu erkennen sind. Der blaue Fleck auf dem Oberarm ist noch deutlicher zu sehen, da dort die Haut nicht so braungebrannt ist.

Grimmig sieht er auf die Verletzungen und ist trotz allem froh, dass nicht mehr passiert ist. Wenn er nur daran denkt, was gewesen wäre, wenn Jono und Rishido nicht rechtzeitig gekommen wären, kommt seine Übelkeit von gestern wieder zurück. Deshalb schiebt er die Erinnerungen daran entschlossen zur Seite und dreht sich von seinem Spiegelbild weg.

Ohne sich im Spiegel anzusehen, rasiert er sich vorsichtig, vor allem weil er bei den blauen Flecken doch sehr empfindlich ist.
 

Erst im Stall hat Yami das Gefühl, dass er wieder etwas freier Durchatmen kann. Nachdem er die Pferde gefüttert und die Wassertröge aufgefüllt hat, steht er noch eine Weile da und sieht den beiden zu, wie sie zufrieden ihr Heu zupfen.

Noch will er nicht ins Haus zurück, aber dann meldet sich sein Magen lautstark zu Wort. Mit einem letzten Blick auf die beiden Wallache, dreht er sich um und verlässt den Stall.
 

Unterdessen hat sich auch Yugi aus dem Bett gequält und steht nun bei seinem Grossvater in der Küche. Da er nicht wirklich gut geschlafen hat, ist er dementsprechend gelaunt. Weshalb er einfach schweigend seinen Tee am Trinken ist, als Yami in die Küche kommt.

Allerdings bemerkt er den anderen erst, als sein Grossvater heftig die Luft einzieht.
 

Geschockt sieht Sugoroku Yami an, der bei dem Blick wie erstarrt stehen bleibt. Unsicher und sich in seiner Haut sehr unwohl fühlend, erwidert dieser den Blick des alten Mannes, der ihn nun mit zusammengekniffenen Augen mustert.

Wütend blickt Sugoroku zu seinem Enkel. „Ich will jetzt sofort wissen, was hier gestern passiert ist.“
 

Erst jetzt hebt Yugi den Blick zu Yami, da er es bis jetzt vermieden hat den anderen anzusehen. Erschrocken sieht er, dass Kurois Finger doch deutliche Spuren in Yamis Gesicht hinterlassen haben. Schuldgefühle überfluten seine Gedanken. Weshalb er einfach nur schweigend dasteht.
 

Inzwischen ist Sugoroku sogar aufgestanden. „Yugi“, mehr als deutlich ist der ungewohnte Befehlston in seiner Stimme zu hören. „Was ist gestern passiert?! Und ich lasse mich nicht mit einer Ausrede abspeisen!“

Fest erwidert er den nun erstaunten Blick seines Enkels. Denn so hat er das letzte Mal mit ihm geredet, als dieser fünfzehn Jahre alt gewesen ist und sich nächtelang herumgetrieben hat.
 

Yami würde sich am liebsten verkriechen, doch er ist wie erstarrt und könnte sich nicht einmal bewegen, wenn ein Feuer ausbrechen würde. Schweigend steht er mit gesenktem Kopf da und wartet einfach nur ab und hofft, dass er heil aus dieser Situation herauskommt.
 

Noch immer fechten Yugi und Sugoroku ihr Blickduell, das Yugi aber verliert. Schuldbewusst wendet Yugi die Augen ab.

„Yugi!“, mit verschränkten Armen steht Sugoroku da. Am liebsten würde er auf den Tisch einschlagen, aber da Yami so schon total verunsichert wirkt, beherrscht er sich.
 

Hilfesuchend blickt Yugi zu Yami, doch dieser scheint in seiner eigenen Welt zu sein. Beinahe so, wie es am Anfang gewesen ist.

Erst jetzt wird Yugi klar, was er gestern von Yami verlangt hat. Steht dieser doch nun genau zwischen ihm und seinem Grossvater.

Tief holt er noch einmal Luft. „Gestern sind Shiroi und Kuroi in den Laden gekommen“, beginnt er leise zu erzählen. „Yami war allein, weil ich gerade im Lager gewesen bin. Ich habe ihn schreien gehört und als ich in den Laden gestürmt bin, habe ich gesehen, wie er von Kuroi festgehalten wird.“ Nun stockt Yugi, ist er doch immer noch schockiert von dem was beinahe passiert ist. Wieder sieht er zu seinem Freund. Sieht die deutlichen Spuren in seinem Gesicht und am Oberarm.

„Ich wollte zu ihm, aber Shiroi hat mich festgehalten... ich hatte keine Chance... und Kuroi hat Yami...“, mit Tränen in den Augen bricht Yugi ab.
 

„Kuroi hat versucht mich vor Yugis Augen zu nehmen“, nimmt Yami mit leiser Stimme den Faden auf. Wobei er allerdings weiter den Boden fixiert. „Erst, als er mich auf die Arbeitsplatte gedrückt hat, habe ich Yugi gesehen“, nun hebt er den Blick und deutlich ist jetzt die Wut in seinen Augen zu sehen. „Ich habe gesehen, dass der andere Kerl ihn so festgehalten hat, dass er sich beinahe die Schultergelenke ausgekugelt hat. Da habe ich es nicht mehr ausgehalten. Mit voller Kraft habe ich begonnen zu kämpfen und wenn sie nicht Yugi in der Gewalt gehabt hätten. Ich weiss nicht, was ich dann getan hätte.“ Eiskalt sieht er Sugoroku an, der ihnen geschockt zuhört. „Nur haben diese Feiglinge gedroht, dass Yugi etwas antun“, mit zu Fäusten geballten Händen steht Yami. „Ich konnte doch nicht riskieren, dass sie ihm etwas antun, darum habe ich es zugelassen, dass dieser Kuroi, mich wieder anfasst“, die letzten Worte sind kaum zu verstehen, da seine Stimme immer leiser geworden ist.
 

Mit grossen Augen hört Yugi zu. Auch wenn er dabei gewesen ist, ist ihm bis jetzt nicht wirklich bewusst gewesen, dass Yami nur wegen ihm aufgehört hat zu kämpfen. Deutlich kann er sehen, dass sein Freund nicht mehr weitersprechen kann. „Ich weiss nicht, was Kuroi und Shiroi mit Yami vorgehabt haben, aber was es auch war. Sie konnten es nicht durchziehen, denn in dem Moment sind Jono und Rishido ins Geschäft gestürmt und Yami hat daraufhin sein Knie mit voller Wucht, in Kurois Schritt gerammt.“ Deutlich ist die Genugtuung zu hören, die Yugi bei der Erinnerung daran verspürt.

Langsam geht er zu Yami und legt vorsichtig seine Hände auf dessen Schultern. „Yami, es tut mir so leid. Ich hätte dich beschützen müssen und nicht du mich.“ Deutlich kann er unter seinen Fingern spüren, wie angespannt der andere ist. Eigentlich würde er ihn nun am liebsten in seine Arme nehmen, aber er getraut sich nicht. Darum bleibt er einfach nur ruhig stehen und ignoriert bewusst seinen Grossvater. Yami ist nun wichtiger.
 

In Yami kämpfen die unterschiedlichsten Gefühle miteinander. Er will wegrennen, sich verstecken. Nur hält ihn irgendetwas hier fest. Er ist sich bewusst, dass es nicht Yugis Hände auf seinen Schultern sind, denn der Griff ist so leicht, dass er sich jederzeit befreien könnte. Noch immer hat er den Kopf gesenkt, kämpft dabei um seine Beherrschung.

Doch auf einmal kann Yami nicht mehr. Mit einem leisen Schluchzen lässt er seinen Kopf auf Yugi Schulter sinken.
 

Von dem Gehörten geschockt, steht Sugoroku schweigend da und beobachtet Yami und Yugi. Nie hätte er gedacht, dass so etwas in seinem Haus passieren könnte. Zudem packt ihn die Wut, dass sie kaum etwas gegen diese beiden Takeshis tun können. Obwohl er wütend ist, bewundert er gleichzeitig wie stark Yami bis jetzt gewesen sein muss. Schliesslich hat er sich bis gerade eben nichts anmerken lassen und ist erst jetzt, wo sie ihm das alles erzählt haben zusammengebrochen.

Leise geht er zu den beiden und legt sanft seine Hände auf Yugis und Yamis Rücken. „Es tut mir leid. Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich nie so laut geworden.“ Deutlich kann er unter seinen Fingern spüren, wie sich die Muskeln von Yami wegen den Schluchzern immer wieder anspannen und lösen.

Deutlich kann er aber auch sehen, dass Yugi nicht weiss, wie er sich verhalten soll und dass sich sein Enkel schuldig fühlt. „Yugi, es ist wirklich nicht deine Schuld. Kuroi und Shiroi haben ganz klar die Grenzen überschritten“, jetzt lächelt er ihn liebevoll an. „Und nun nimm Yami endlich in den Arm. Glaub mir, er braucht dich jetzt als seine Stütze.“ Um seine Worte noch zu verdeutlichen übt er einen leichten Druck auf Yugis Rücken aus, bis dieser wirklich noch einen kleinen Schritt auf Yami zumacht und seine Arme nun um ihn schlingt.
 

Im ersten Moment stockt Yami der Atem, doch dann schlingt auch er seinen Arme um Yugi und zieht diesen noch näher an sich.
 

Zufrieden, dass sich Yami wirklich so verhält, wie er es sich gedacht hat, zieht sich Sugoroku wieder zurück. Die beiden brauchen jetzt erst mal ein paar Minuten ihre Ruhe. Das gibt ihm die Zeit, den ultimativen Stimmungsaufheller zu machen. Mit geübten Bewegungen stellt er einen Topf auf den Herd und füllt ihn mit frischer Milch. Während diese warm wird, holt er eine kleine Dose aus dem Vorratsraum, die er am Tag zuvor von Hopkins geschenkt bekommen hat.

Als die Milch heiss ist giesst er sie in drei Tassen und gibt in jede einen vollen Löffel von dem braunen Pulver, das sich in der Dose befindet.
 

In der Zeit hat sich Yami wieder ein wenig beruhigt und nimmt auch seine Umgebung, die er vorher komplett ausgeblendet hatte, wieder wahr.

Plötzlich riecht er einen entfernt vertrauten Geruch. Schnuppernd hebt er seinen Kopf und sieht zum Tisch, wo Sugoroku gerade die Tassen hinstellt. „Ist das etwa Kakao?“, mit leuchtenden Augen geht er zu seinem Platz und nimmt die Tasse in die Hand. „Hmmm“, tief atmet er den leckeren Duft ein, ehe er einen grossen Schluck nimmt und sich natürlich die Zunge verbrennt.
 

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku ein Grinsen verkneifen, als er den empörten Gesichtsausdruck des anderen sieht. Um nicht doch noch loszulachen, sieht er zu Yugi, der wegen Yamis Verhalten ratlos und verwirrt dreinschaut. Doch dann geht auch er zu seinem Platz, wo er sich erst mal hinsetzt, ehe er die Kakaotasse in die Hände nimmt.
 

Unterdessen hat Yami sein Getränk schon leer getrunken und das obwohl es wirklich heiss gewesen ist. Enttäuscht, sieht er in die leere Tasse. Bis plötzlich eine zweite in seinem Sichtfeld auftaucht. „Was?“, überrascht sieht er Yugi an, der sich über den Tisch beugt und ihm seine eigene Tasse hinhält.
 

Lieb lächelt Yugi seinen Freund an. „Hier, du kannst meinen Kakao auch noch haben, wenn du willst.“ Auffordernd streckt Yugi seinen Arm noch weiter aus und nickt zusätzlich.
 

Das lässt sich Yami nicht zweimal sagen. Mit einem Strahlen in den Augen nimmt er die zweite Tasse und bringt sie möglichst schnell aus der Reichweite des anderen. Zwar ist er sich bewusst, dass er sich wohl gerade ziemlich kindisch verhält, aber das ist Yami egal. Nach dem ganzen Stress, braucht er einfach Schokolade und wenn sie in flüssiger Form ist.
 

Über das Verhalten Yamis schmunzelnd, sehen sich Yugi und sein Grossvater an, während dieser seine Tasse auch noch zu Yami rüberschiebt. Wenn der Junge die heisse Schokolade so sehr liebt und sie ihn aufmuntert, soll er ruhig alles allein trinken. Allerdings nimmt sich der alte Mann vor, dass er die Kakaodose gut verstecken wird. Schliesslich ist Kakao wie auch Schokolade sehr teuer und sollte nur zu besonderen Gelegenheiten getrunken werden. Ausserdem ist es ein Geschenk und darum sollte das Pulver noch sparsamer verwendet werden.
 

Von den Gedanken kriegt Yami nichts mit, sondern geniesst nun seine dritte Tasse Kakao. Immer wieder nippt er an dem nur noch lauwarmen Getränk, denn eigentlich hat er schon beinahe zu viel getrunken, aber er kann einfach nicht aufhören.

Erst als auch diese Tasse leer ist, stellt er sie auf dem Tisch ab. Nun fallen ihm auch die amüsierten Blicke der anderen auf und leicht verlegen senkt er den Blick. Hat er doch ganz allein den ganzen Kakao getrunken.
 

Lächelnd legt ihm Yugi ein Brötchen auf den Teller. „Es muss dir nicht peinlich sein. Wenn dir der Kakao gutgetan hat, haben wir gern darauf verzichtet.“

Da er Yami inzwischen ganz gut lesen kann, zumindest wenn es der andere auch zulässt, geht Yugi nicht weiter darauf ein, sondern widmet sich nun seinem eigenen Brötchen auf das er grosszügig Marmelade verteilt. Mag er den Honig doch lieber in Getränken oder wenn er zum Süssen von Speisen verwendet wird.
 

Eigentlich hat Yami vor lauter Kakao eigentlich gar keinen Hunger mehr, trotzdem bestreicht er sich sein Brötchen mit Honig und beginnt langsam zu essen.
 

Dabei wird er aufmerksam von Sugoroku beobachtet. Denn diese extreme Stimmungsschwankung macht ihm doch ein wenig Sorgen. Doch auch er sagt nichts, sondern lässt Yami in Ruhe frühstücken.

Als sie alle satt sind, eine gewisse Person sogar mehr als satt, steht Yugi auf und räumt den Tisch ab. Da er als einziger heute noch gar nicht gearbeitet hat, ist es für ihn selbstverständlich, dass er nun die Küche aufräumt, während sein Grossvater noch seine Tasse Tee geniesst.

Natürlich lässt es sich Yami nicht nehmen und greift nach dem Geschirrtuch, obwohl ihm Yugi schon oft gesagt hat, dass er das nicht machen muss.

Nachdem er noch den Tisch abgewischt hat, legt er den Lappen wie immer in die Spüle. „So, ich gehe dann mal die Buchhaltung machen.“ Mit einem letzten besorgten Blick zu Yami verlässt er die Küche.
 

Dieser will auch gleich gehen.

„Yami warte bitte noch einen Moment“, wird er von Sugoroku zurückgehalten. Der nun auch langsam aufsteht.

Fragend sieht er den alten Mann an der ihn ernst ansieht. „Ja?“ Ganz ruhig bleibt er stehen. Sogar als der andere direkt vor ihm steht, bewegt er sich nicht wirklich. „Ich will mir nur mal schnell deine Verletzungen ansehen. Setz dich also bitte noch einmal hin.“ Geduldig wartet er darauf, dass Yami seiner Aufforderung nachkommt und sich ihm zugewandt wieder hinsetzt. „Sugoroku, es sind nur blaue Flecken, also kein Grund zur Sorge.“ Versucht Yami den alten Mann zu beruhigen, doch dieser schüttelt nur entschieden den Kopf. „Es reicht schon, dass ihr mir nichts sagen wolltet und auch blaue Flecken sollten nicht unterschätzt werden. Also halt jetzt einfach ein wenig still.“ Streng sieht Sugoroku ihn an, ehe er vorsichtig seine eine Hand unter Yamis Kinn legt und dessen Gesicht so dreht, dass er gut die Verfärbung direkt unter dem Auge begutachten kann. Dann sieht er sich noch die anderen blauen Flecken im Gesicht und am Oberarm an. „Also die Stelle unter dem Auge ist leicht geschwollen, darum werde ich dir wenigstens da eine Arnikasalbe draufgeben.“ Erleichtert, dass es sich wirklich nur um blaue Flecken handelt, richtet sich Sugoroku wieder auf.

„Ich hole die Salbe schnell aus dem Bad, willst du hier warten oder kommst du gleich mit?“
 

Erleichtert, dass es für den Moment vorbei ist, steht Yami auf. „Da ich dich ja wohl kaum davon überzeugen kann, dass es wirklich nicht nötig ist, komme ich gleich mit.“ Innerlich betend, dass er dann nachher endlich seine Ruhe hat, folgt er dem alten Mann ins Badezimmer, wo er sich gleich auf den Toilettendeckel setzen muss. Neugierig sieht er zu, wie Sugoroku eine kleine Kiste hervorkramt und sie ins Waschbecken stellt. Kaum hat er den Deckel geöffnet, holt er schon eine kleine Metalldose hervor und schraubt den Deckel ab.

„So Yami, nun halt mal still, das wird jetzt etwas kühl werden“, warnt Sugoroku ihn noch kurz vor, ehe er ihm vorsichtig die Salbe auf die Schwellung und dann sogar auf die anderen blauen Flecken schmiert.

Zufrieden dreht Sugoroku dann den Deckel wieder auf die Dose. „So, das war’s auch schon. Ich lasse die Dose hier stehen, dann kannst du dich heute Abend noch einmal selbst behandeln.“ Deutlich kann er sehen, dass Yami mehr als froh ist, dass er ihn nicht noch länger berührt. Was er mehr als gut verstehen kann, deshalb fühlt er sich auch nicht gekränkt oder zurückgewiesen.

Darum lächelt er den Jüngeren einfach nur an, ehe er die Kiste wieder im Regal verstaut. „Also, ich lasse dich mal in Ruhe.“ Sugoroku wendet sich gerade zur Tür um, als er eine Hand auf seinem Oberarm spürt, die ihn vorsichtig zurückhält. Mit einem fragenden Blick sieht er Yami an, der seine Hand sofort wieder zurückzieht.

„Kannst... du mir sagen... warum sich Yugi schuldig fühlt?“ Unsicher sieht er den alten Mann an, der nun sprachlos vor ihm steht. Wie soll er ihm das denn jetzt erklären, ohne dass es Yami wieder vollkommen falsch auffasst.

„Wie soll ich dir das erklären“, murmelt Sugoroku mehr zu sich selbst. „Naja, Yugi fühlt sich schuldig, weil er dich nicht vor seinen Cousins beschützen konnte.“ Mit einem innerlichen Seufzen, bemerkt Sugoroku, dass Yami ihn immer noch ratlos ansieht. „Yami, du bedeutest Yugi sehr viel und darum will er dich beschützen.“ Hilflos zuckt Sugoroku mit den Schultern. „Mehr kann ich dir auch nicht sagen, wenn du es genauer wissen willst, dann musst du Yugi schon selbst fragen.“
 

Noch immer nicht wirklich zufrieden nickt Yami, denn er kann deutlich sehen, dass ihm Sugoroku wirklich nicht weiterhelfen kann. Ohne etwas zu sagen, geht Yami zur Tür. Dort bleibt er dann stehen, dreht sich aber nicht zu dem alten Mann um. „Danke, Grossvater.“ So schnell er kann geht er weiter und lässt einen nun breit grinsenden Sugoroku im Bad zurück. Was er aber nicht sehen kann.
 

Eigentlich sollte er ja in den Stall gehen, doch Yami steuert die Tür zum Lager an. Weiss er doch, dass Yugi immer im Stofflager die Buchhaltung macht, um bei Unstimmigkeiten gleich bei den Stoffen nachzählen zu können.

Vor der geschlossenen Tür bleibt er stehen und klopft sicherheitshalber an. Erst als er dazu aufgefordert wird, geht er in den Raum.
 

An einem kleinen, dafür aber überfüllten Tisch sitzend sieht Yugi überrascht auf, als er Yami sieht. Hat er doch nicht damit gerechnet, dass sein Freund zu ihm kommt. Denn das hat er seit er bei ihnen wohnt noch nie getan. „Yami, was ist los? Gibt es ein Problem?“, plötzlich besorgt steht er auf und geht auf den anderen zu.
 

Beruhigend versucht Yami zu lächeln, was ihm überraschenderweise sogar relativ leicht fällt. „Nein, es gibt kein Problem. Ich wollte dich nur fragen, ob du nach dem Mittagessen eventuell Zeit hast.“
 

Überrascht sieht Yugi seinen Freund eine Weile lang einfach nur an, ehe er nachdenklich zum Tisch blickt. „Also wenn ich mich ranhalte, dann bin ich bis zum Mittagessen mit der Buchhaltung durch. Warum?“

Zufrieden über die Antwort dreht sich Yami um. „Das wirst du dann schon sehen“, geheimnisvoll sieht er Yugi an, ehe er ohne ein weiteres Wort zu sagen geht und einen Yugi mit vielen Fragezeichen in seinem Kopf zurücklässt.
 

Bis zum Mittagessen hat es Yugi wirklich geschafft, die ganze Buchhaltung abzuschliessen, auch wenn er sich kaum darauf konzentrieren konnte, da er sich immer wieder gefragt hat, was Yami nach dem Mittagessen mit ihm vorhat.

Auch während des Essens, kann Yugi nichts aus Yami rauskriegen, obwohl er es wirklich versucht, aber sein Freund ist einfach viel sturer als er.
 

Nach dem sie Sugoroku noch geholfen haben die Küche aufzuräumen, lehnt sich Yami betont lässig an den Tisch. „Also Yugi, bist du mit deiner Buchhaltung fertig?“, fragend sieht er Yugi an, der etwas nervös nickt. „Gut dann folge mir in den Hinterhof.“ Mit einem todernsten Blick winkt er Yugi zu, dass er ihm folgen soll.
 

Nun wirklich nervös folgt Yugi ihm, bis zu der Handpumpe. Denn erst dort dreht sich Yami wieder zu ihm um. „Also Yugi, du hast dich sicher schon gefragt, was ich mit dir vorhabe“, mit einem perfekten Pokerface, steht er vor Yugi, der sich in dem Moment gerade wünscht an einem komplett anderen Ort zu sein. Leer schluckend nickt er zögernd. Gerade jetzt macht ihm Yami doch tatsächlich ein wenig Angst.
 

Zufrieden beginnt Yami breit zu grinsen. „Gut, dann verteidige dich mal.“ Ohne eine weitere Vorwarnung holt Yami mit seiner Faust zum Schlag auf Yugis Gesicht aus.
 

Vor Schreck erstarrt kann sich Yugi keinen Millimeter bewegen. Wie erstarrt steht er da und schliesst in Erwartung des Schlages die Augen. Erst als er nichts spürt, öffnet er zaghaft die Augen, nur um zu sehen, dass Yami seine Faust nur Millimeter vor seinem Gesicht gestoppt hat. „W....w....was?“, verwirrt sieht er seinen Freund an der nun kopfschüttelnd die Hand sinken lässt.

„Yugi, wenn du so reagierst, kannst du nicht mal dich selbst verteidigen, geschweige denn deine Freunde.“ Mit ernster Miene stellt er sich nun so nah vor ihm hin, dass er ihm die Hände auf die Schultern legen kann. „Als erstes musst du dich ganz anders hinstellen. Beine schulterbreit und die Fussspitzen müssen leicht zueinander zeigen und ausserdem leicht in die Knie gehen.“

Als Yugi ihn nur verständnislos ansieht, macht es Yami vor und wartet ab, bis sein Gegenüber die Position kopiert hat.

„Gut und nun heb deine Hände, so dass deine Fingerspitzen in etwa auf Nasenhöhe sind.“

Als Yugi die Hände nebeneinander hochhält, greift er sie und bringt sie hintereinander in Position.

„Und was soll diese Position bringen?“, wagt es Yugi endlich zu fragen. Denn noch immer versteht er nicht, was das ganze hier eigentlich soll.

„Ganz einfach, ich bringe dir jetzt ein wenig Selbstverteidigung bei und wir werden jeden Tag üben. Entweder hier oder in deinem Zimmer“, erklärt Yami noch einmal und diesmal sogar noch etwas ausführlicher. Allerdings kann er sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen, als er den entgeisterten Gesichtsausdruck des anderen sieht.
 

Schockiert, lässt Yugi seine Hände sinken. „Du kannst Selbstverteidigung?! Wieso hast du dich denn nicht gegen Kuroi gewehrt?!“, wütend funkelt er Yami an. Der jedoch steht nur mit verschränkten Armen da und lässt sich diesmal nicht beeindrucken.

„Ganz einfach. Ein Sklave darf sich nicht verteidigen! Ausserdem wusste ich bis heute Morgen nicht einmal, dass ich es kann“, mit einem Seufzen sieht er in den Himmel, ehe er wieder zu Yugi blickt „Ausserdem hatten sie dich in ihrer Gewalt“, fügt er noch leise hinzu, dabei hat er einen warmen Ausdruck in den Augen.
 

Mit grossen Augen und wild schlagenden Herzen hört Yugi zu und beim letzten Satz hätte er am liebsten seine Arme um Yamis Hals geschlungen. Er ist ihm nicht egal. Er ist ihm nicht egal. Immer wieder hört die Worte in seinem Kopf und könnte gerade die ganze Welt umarmen.
 

Verwirrt bemerkt Yami, dass Yugi anfängt zu strahlen und fragt sich unwillkürlich, was denn jetzt los ist. Doch auch diese Frage schiebt er beiseite. Wie so viele, die er noch nicht beantworten kann.

Dafür sieht er Yugi nun streng an. „Habe ich gesagt, dass du die Hände runternehmen darfst?“, absichtlich lässt er seine Stimme wie die eines Lehrers klingen. Was dazu führt, dass Yugi sofort die Hände wieder in Position bringt. Noch einmal wird er von Yami korrigiert. „So, nun werde ich dir zeigen, was diese Position bringt. Bleib locker stehen und verspann dich nicht.“

Natürlich wartet er diesmal auch nicht ab, dass Yugi nickt, sondern holt einfach wieder zu einem Schlag auf dessen Gesicht aus. Doch wie er es geplant hat, wird seine Faust durch die vordere Hand von Yugi an dessen Gesicht vorbeigedrückt, so dass sie ihn nicht mal streift, da sich auch Yugis Körper durch seinen eigenen Schwung leicht wegdreht.
 

Vollkommen überrumpelt steht Yugi da und blickt auf seine Hände. „Ich dachte echt, du triffst mich. Wie hast du das gemacht?“ Mit grossen Fragezeichen in den Augen sieht er Yami an, der ihn immer noch ernst ansieht und dabei leicht den Kopf schüttelt. „Yugi, das ist eine der Grundpositionen in der Selbstverteidigung. Durch meinen eigenen Schwung und den Druck, den ich auf deinen Arm ausgeübt habe, bist du zur Seite gedrückt worden. Darum geht es nämlich. Die Kraft des Gegners für sich selbst einzusetzen und sie gegen ihn zu verwenden.“

Als er sieht, dass ihn Yugi nur wieder verständnislos ansieht, stellt er sich nun selbst in Position und hebt seine Hände. „Los, schlag mich!“, befiehlt er mit fester Stimme.
 

Zögernd holt Yugi daraufhin aus und bewegt langsam seine Hand nach vorn, die in dem Augenblick von Yami festgehalten wird. „Yugi, das ist kein Schlagen, ausserdem wirst du mich eh nicht treffen, egal wie schnell und fest du zuschlägst. Also los jetzt aber richtig.“

Zwar hört sich Yamis Stimme immer noch geduldig an, aber Yugi glaubt einen Hauch Genervtheit herauszuhören.

„Aber ich kann dich doch nicht einfach...“ „Doch du kannst und jetzt mach schon!“ Stemmt Yami seine Hände in die Seiten und funkelt Yugi nun richtiggehend an.
 

Von dem Ton herausgefordert holt Yugi nun wirklich aus und lässt seine Faust vorschnellen. In letzter Sekunde lenkt Yami den Schlag aber geschickt mit seinem Arm ab, dreht sich gleichzeitig elegant zur Seite und lässt seine eigene Faust von dem Schwung nach vorn schiessen. Nur um sie wieder Millimeter vor Yugi zu stoppen. „Na also, geht doch.“ Zufrieden lässt er seine Arme wieder sinken. „Und das wirst du nun lernen. Dann kann dich in Zukunft niemand mehr leicht überwältigen.“
 

Jetzt endlich verstehend nickt Yugi. „Und du wirst mir wirklich alles beibringen, was du weisst? Oder besser gesagt, woran du dich erinnerst?“ Mit grossen Augen sieht er seinen Freund an.
 

Zustimmend nickt Yami. „Fast alles, ein paar Sachen werde ich dir nicht zeigen, denn dafür müsste ich dich auf den Boden werfen und dir so weh tun.“ Natürlich könnte er ihm auch diese Sachen zeigen, aber dann müssten sie das auf einem weichen Untergrund üben, ausserdem bedeuten diese Griffe sehr viel Körperkontakt.
 

Erleichtert, dass ihm Yami nicht absichtlich wehtun würde nickt Yugi. Plötzlich hochmotiviert, bedeutet es doch, dass er nun viel Zeit mit Yami verbringen darf, hebt er seine Hände wieder und stellt die Beine wieder wie gezeigt hin. „Na dann, zeig mir was ich machen muss.“
 

Innerlich dankt Yami allen Göttern die er kennt, dass Yugi nun endlich motiviert zu sein scheint. Dann greift er wieder nach dessen Armen und korrigiert noch einmal die Haltung. „Also, das was du gemacht hast, war nur ausweichen, aber es gehört noch mehr dazu. Wenn ich deinen Arm berühre und Druck aufbaue, dann musst die gleichzeitig die Hand so zu dir drehen.“ Um es zu verdeutlichen, macht er die Bewegung vor. „Siehst du?“ Geduldig wartet er ab, bis Yugi das Prinzip verstanden hat und wenigstens halbwegs den richtigen Bewegungsablauf macht.

„So und gleichzeitig und lässt du auch den Oberkörper zur Seite wegdrücken, aber ohne dass sich deine Füsse von der Stelle bewegen. Du drehst sie nur auf dem Punkt.“ Wieder zeigt er die Bewegung vor, doch diesmal kommt Yugi durcheinander. So dreht er sich jedes Mal auf die falsche Seite. Sogar als Yami zur Unterstützung mit seiner Hand Druck auf den einen Arm ausübt, klappt es nicht.

Überlegend, wie er das Problem lösen soll, kratzt sich Yami Hinterkopf. Dann kommt ihm die Idee. Er stellt sich hinter Yugi und greift ihn an den Schultern. „Also, der Schlag kommt auf deinen rechten Arm.“

Wie gezeigt, dreht Yugi seine Hand, als er sich dann aber wieder in die falsche Richtung wegdrehen will, übt Yami einen starken Gegendruck auf seine Schultern aus, so dass sein Vordermann gezwungen ist die Drehbewegung in die andere Richtung zu machen.

Zufrieden nickt Yami. „So und nun kommt der Schlag auf deinen linken Arm.“ Wieder drückt er Yugi auf die richtige Seite, als dieser sich wieder in den Schlag drehen will.
 

So geht das eine ganze Weile, bis Yami seine Hände von Yugis Schultern nimmt. „So, ich füttere jetzt kurz die Pferde und du übst allein weiter, bis ich wieder da bin.“
 

Zum Zeichen, dass er verstanden hat nickt Yugi, denn zum Reden hat er schon gar keine Luft mehr übrig. Kaum ist Yami im Heulager verschwunden lässt er seine Hände sinken und stützt sich auf den Knien ab.

„Das ist nicht die richtige Position!“ Hört er Yami aus dem Lager rufen und blickt verwirrt in diese Richtung. Doch der andere ist nicht zu sehen, wie also kann er wissen, dass er gerade eine Pause macht.
 

Im Lager kann sich Yami ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Denn er hat natürlich gemerkt, dass Yugi fix und fertig ist, aber solange dieser nichts sagt...

Genau deswegen, hat er vorhin bis 10 gezählt, ehe er gerufen hat, da es ihm mehr als klar gewesen ist, dass Yugi eine Pause machen wird, sobald er weg ist.

Mit den Heunetzen beladen geht er zu den Boxen und sieht aus dem Augenwinkel, dass Yugi wirklich wieder am üben ist.
 

Hochkonzentriert führt Yugi die Bewegungen aus, obwohl er langsam wirklich nicht mehr kann, aber wenn ihn Yami sogar sieht, wenn er ihn nicht sehen kann, geht er lieber auf Nummer sicher. Ausserdem will er vor dem anderen nicht wie ein Schwächling wirken oder was noch schlimmer wäre, dass Yami den Unterricht wieder aufgibt.
 

Zufrieden, dass Yugi nun endlich die richtigen Bewegungen macht geht Yami zurück ins Heulager und füllt die leeren Netze wieder auf.
 

Als er wieder vor Yugi steht nickt er zufrieden. „Gut und jetzt kommt noch der Gegenschlag dazu.“ Nur mit Mühe kann er ernst bleiben, weil er nun wirklich geschockt angesehen wird.

„Yugi es ist ganz einfach. Während du dich wegdrehst, lässt du deinen anderen Arm nach vorn schnellen.“ Ganz langsam macht er die Bewegungen mehrmals vor. „hast du das verstanden?“, fragend sieht er Yugi an, der zögernd nickt. „Gut, dann spiele ich diesmal den Angreifer, aber ich führe den Schlag ganz langsam aus.“
 

Nach einer weiteren Stunde setzt sich Yugi vollkommen fix und fertig einfach hin. „Ich kann nicht mehr.“ Schwer atmend sitzt er auf dem Boden und sieht Yami stumm um eine Pause bittend an. Denn seine Muskeln sind nur noch so am Zittern und sicher kann er seine Arme auch nicht mehr heben.
 

Eine Weile erwidert Yami den Blick, ehe er anfängt zu grinsen. „Okay, wir machen für heute Feierabend, ich muss sowieso noch die Boxen ausmisten.“ Auffordernd hält er ihm seine Hand hin. „Na los, steh auf oder willst du noch sitzen bleiben?“, fragend neigt er nun lächelnd seinen Kopf ein wenig zur Seite.
 

Kurz sieht Yugi nachdenklich die angebotene Hand an, ehe er sie ergreift und sich von Yami auf die Beine helfen lässt. „Du bist ein Sklaventreiber, weisst du das?“, kaum hat er den Satz gesagt, weiss Yugi, dass er einen Fehler gemacht hat.
 

Schlagartig wird Yami todernst. „Yugi, wenn ich ein Sklaventreiber wäre, dann würdest du jetzt noch mindestens 4 Stunden weitertrainieren und dann zum Abschluss noch ein paar Kilometer rennen. Ausserdem hättest du jetzt bestimmt ein paar blaue Flecken und schmerzende Knochen.“ Wütend dreht sich Yami um und geht in den Stall, wo ihn Blacky und Rocky neugierig ansehen. Schwungvoll beginnt er die Boxen auszumisten und ignoriert Yugi, der ihm in den Stall gefolgt ist.
 

Händeringend steht Yugi da und wartet darauf, dass ihn Yami ansieht. Doch dieser läuft sogar um ihn herum, ohne dass er ihn beachtet. Schliesslich weiss er sich nicht mehr zu helfen und greift einfach nach dessen Arm, als Yami mal wieder an ihm vorbeigehen will. „Yami, es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen dürfen.“ Deutlich sichtbar zuckt er zusammen, als ihn die rubinroten Augen wütend und verletzt anfunkeln und ihn Yami mit einem eiskalten Schweigen straft.

„Verdammt, ich habe nicht nachgedacht. Ich bin dir doch mehr als dankbar, dass du mir diese Selbstverteidigung beibringst und so geduldig mit mir bist.“
 

Wortlos befreit sich Yami aus Yugi Griff und geht ins Haus, um die Kupfermünze aus der kleinen Box zu holen. Als er wieder zurückkommt, geht er schnurstracks zum Mistkarren und schiebt ihn zum Tor, wo er wie immer die Münze in der Vertiefung verstaut.
 

Unterdessen hält es Yugi nicht mehr aus, weshalb er ins Heulager geht und die vollen Netze holt. Vielleicht lässt sich Yami ja wenigstens von ihm helfen, wenn er schon nicht mehr mit ihm reden will.

Natürlich sieht Yami, was Yugi macht und lässt ihn einfach mal machen, soll der andere doch noch ein wenig arbeiten, das tut seinem Muskelkater, den er morgen haben wird sicher sehr gut.
 

Sich den Blicken von Yugi mehr als bewusst, geht er ins Haus und wäscht sich wie immer die Hände, nachdem er die Schuhe gegen seine Hausschuhe ausgetauscht hat. Dann geht er hoch ins Wohnzimmer und setzt sich mit einem Roman auf das Sofa. Lesen tut er allerdings nicht wirklich, denn er ist viel zu wütend, um sich auf das Geschriebene zu konzentrieren.

Da macht er sich schon die Mühe und will Yugi beibringen, wie er sich selbst verteidigen kann und dann wird er zum Dank als Sklaventreiber bezeichnet.
 

Traurig, dass Yami nicht wieder in den Stall gekommen ist, stopft Yugi die leeren Heunetze und hängt diese an die Haken neben der Tür.

Ganz langsam und das nicht nur wegen seinen schmerzenden Muskeln, will er gerade wieder ins Haus gehen, als er sieht, dass Monk den Mistkarren schon geleert hat. Also holt er diesen auch noch rein, ehe er wirklich reingeht.
 

Als er in die Küche kommt, sieht er seinen Grossvater der gerade einen Kuchen aus dem Ofen holt. Einen Moment zögert Yugi, doch dann lehnt er sich neben dem alten Mann an die Arbeitsplatte.
 

Fragend sieht Sugoroku seinen Enkel an. „Was hast du jetzt wieder angestellt?“ Dass Yugi was angestellt hat, ist ihm mehr als klar, denn so schuldbewusst hat der Junge das letzte Mal ausgesehen, als er die Hühner von ihrem früheren Nachbarn blau gefärbt hatte.
 

Mit seinen Fingern spielend vermeidet es Yugi seinen Grossvater anzusehen. „Ich habe Yami einen Sklaventreiber genannt“, nuschelt er in seinen nicht vorhandenen Bart.

Mit verschränkten Armen sieht Sugoroku seinen Enkel daraufhin kopfschüttelnd an. „Das hast du ja toll gemacht und das nachdem er mit einer Engelsgeduld mit dir geübt hat. Lass mich raten, er ist sauer und ignoriert dich.“
 

Mit gesenktem Kopf nickt Yugi leicht. „Was soll ich denn jetzt machen?“, um Hilfe bittend sieht er seinen Grossvater nun direkt an, während er sich mit seinen Händen auf der Arbeitsplatte in seinem Rücken abstützt.
 

Den Kuchen vorsichtig aus seiner Form lösend, denkt Sugoroku angestrengt nach. „Ich nehme mal an, dass du dich schon bei ihm entschuldigt hast und er dich trotzdem ignoriert hat.“ Im Augenwinkel sieht er, wie sein Enkel leicht nickt. „Ja“, kommt es noch zusätzlich ganz leise über Yugis Lippen.
 

Obwohl der Apfelkuchen noch heiss ist, schneidet Sugoroku ein Stück ab und legt es auf einen Teller. „Bring das mal zu Yami und dann setzt du dich zu ihm hin und wartest darauf, dass er dir seine Aufmerksamkeit schenkt und dann entschuldigst du dich nochmal richtig bei ihm und wenn er von dir verlangt, dass du auf einem Bein hüpfen sollst, dann machst du das gefälligst.“ Streng sieht er seinen Enkel an und drückt ihm geradezu den Teller mit dem Kuchenstück darauf in die Hand.

Kopfschüttelnd sieht er dann Yugi nach, der mit gesenktem Kopf aus der Küche geht. Denn auch wenn Yami vielleicht etwas überreagiert, hat er doch gesehen, wie streng der andere mit Yugi umgegangen ist, als er am Nachmittag mal nach den beiden gesehen hat, tut diese Lektion seinem Enkel sicher gut.

Denn er muss wirklich endlich lernen zu denken, bevor er redet. Besonders wenn er entspannt ist, denn bei Preisverhandlungen oder in prekären Situationen kann er es doch auch.

Allerdings erstaunt ihn auch Yami, hätte er doch nie gedacht, dass dieser sich so dominant verhalten kann. Man könnte wirklich meinen, dass dieser zwei komplett verschiedene Persönlichkeiten in sich trägt, die irgendwie wieder zusammenfinden müssen.
 

Während Sugoroku seine Überlegungen anstellt geht Yugi erst in Yamis Zimmer, als er dieses aber leer vorfindet, schaut er im Wohnzimmer nach. Dort sieht er seinen Freund auf dem Sofa sitzen und ein Buch lesen. Langsam geht er zu ihm hin und bleibt mehr oder weniger direkt vor ihm stehen. So dass ihn der andere beachten muss, aber Yami blättert nur in aller Ruhe die Seite um und liest weiter.

„Grossvater hat Apfelkuchen gebacken. Das Stück ist sogar noch warm“, versucht Yugi ihn dazu zu bringen, dass er ihn ansieht.
 

Nur mit Mühe kann sich Yami beherrschen und weiter so tun, als würde er lesen. Denn in Wirklichkeit will er Yugi ansehen und das was er hört bestätigt wissen. Nämlich, dass es dem anderen ehrlich leidtut. Nur muss Yugi diese Lektion lernen. Denn nur, wenn er sie lernt, dann kann er auch die Worte der anderen Leute besser einschätzen und einen Teil seiner Naivität ablegen.
 

Mit einem Seufzen stellt Yugi den Teller auf den Tisch und setzt sich dann neben Yami auf das Sofa. Schweigend sitzt er da und wartet ab, wobei er sich nach einer Weile unwillkürlich fragt, warum Grossvater sie noch nicht zum Abendessen gerufen hat, denn wenn ihn sein Zeitgefühl nicht täuscht, wäre es doch schon lange Zeit dafür.

„Ab sofort werden wir jeden Morgen und jeden Abend je eine Stunde lang trainieren und das ohne Widerspruch oder Murren.“

Wird Yugi plötzlich aus seinen Überlegungen gerissen. Erstaunt blickt er daraufhin Yami an, der nun nach dem Kuchenstück greift und langsam beginnt zu essen. Noch immer sieht er Yugi aber nicht an.

Dieser braucht eine Weile, bis ihm das Gesagte wirklich klar wird. „Aber ich kann doch den Laden nicht einfach eine Stunde später aufmachen.“

Nun wird er endlich von Yami angesehen, aber irgendwie gefällt ihm der Blick des anderen gerade gar nicht. „Dann müssen wir halt eine Stunde früher aufstehen. Das sollte ja kein Problem sein.“

Geschockt erwidert Yugi den Blick der rubinroten Augen. „Aber...“ „Kein aber, du wirst jeden Morgen und Abend mit mir trainieren und wenn ich dir kaltes Wasser über den Kopf schütten muss, damit du aufstehst.“ Wenn Yugi ihn schon als Sklaventreiber bezeichnet, kann er sich ja auch so verhalten.

Nun regt sich aber doch ein wenig Mitleid in ihm, denn Yugi sieht nun nicht nur schuldbewusst und traurig aus, sondern auch noch geschockt. „Yugi, wenn du mich wirklich auch körperlich vor den anderen beschützen willst, dann musst du so schnell wie möglich die Selbstverteidigung lernen. Ich kann sie schon, aber ich darf sie nicht gegen freie Menschen einsetzen. Sogar wenn ich mich gegen andere Sklaven verteidigt habe, musste ich mit harten Strafen rechnen.“ Auch wenn sich bei den Erinnerungen daran, was passiert ist, wenn er sich instinktiv verteidigt hat, der Magen zusammenzieht, isst Yami äusserlich ruhig seinen Kuchen weiter.

Darauf kann Yugi beim besten Willen nichts mehr sagen. Weshalb er nur noch ergeben nickt. Wobei ihm bei dem Gedanken, dass er nun noch früher aufstehen muss, ganz anders zumute wird.

Er hätte nie gedacht, dass Yami so bestimmend sein kann und auch wenn er gerade darunter etwas zu leiden hat, freut es ihn doch irgendwie. Zeigt es ihm doch, dass sein Freund langsam beginnt sich wieder zu finden und ihm auch immer noch vertraut. Denn sonst würde er es doch sicher nicht wagen, so mit ihm zu reden.
 

Diesen Moment nutzt Sugoroku, um ins Wohnzimmer zu kommen. Hat er doch schon länger im Flur an der Wand gelehnt und gewartet, dass die beiden miteinander reden. Denn vorher würde er sie ganz sicher nicht zum Abendessen rufen. „Jungs, das Abendessen ist fertig.“ Mit keinem Wort geht er auf das gehörte ein, auch wenn es etwas fies von Yami findet, dass er den Morgenmuffel Yugi schon am frühen Morgen zum Training zwingen will, aber er wird sich nicht einmischen. Vielleicht tut es Yugi ja sogar gut. Ausserdem ist er gespannt, wie lange Yami das durchziehen wird, denn es bedeutet ja auch, dass der andere selbst auch früher aufstehen und Yugis Laune ertragen muss.
 

Erleichtert steht Yugi vom Sofa auf. „Ist gut Grossvater, wir kommen.“ Mit einem unsicheren Lächeln hält er Yami seine Hand hin. Irgendwie rechnet er damit, dass sein Freund das Angebot ausschlägt und will sie schon wieder zurückziehen, als sie ergriffen wird. Erstaunt blickt er auf ihre verbundenen Hände, ehe er in die rubinroten Augen blickt, die ihn fest ansehen. Deutlich kann er die verborgene Kraft Yamis spüren und in dessen Augen sehen, was ihn sich fragen lässt, wann Yami sie ihm auch offen zeigen wird.
 

Ohne Widerstand lässt sich Yami von Yugi hochziehen, als er dann aber seine Hand wieder zurückziehen möchte, wird er nicht losgelassen. Fragend blickt er in die amethystfarbenen Augen. Was er darin sieht, kann er nicht einordnen, aber sein Instinkt rät ihm, dass Yugi diesen Kontakt braucht.

Ihm selbst macht es auch nichts aus, weshalb er ihm seine Hand überlässt. Mit dem Teller in der anderen Hand folgt er ihm aus dem Wohnzimmer und durch den Flur, bis sie in der Küche ankommen, wo ihn Yugi mit einem offensichtlichen Widerwillen loslässt.
 

Wie üblich ist der Tisch für ein einfaches kaltes Abendessen gedeckt, aber neben dem Brot steht auch der angeschnittene Apfelkuchen und Yami sieht auf den ersten Blick, dass sein Stück das einzige ist, das fehlt. Erstaunt blickt er Sugoroku an, der ihn aber nur angrinst.
 

Während des Abendessens schweigt Yami und hört nur innerlich schmunzelnd zu, wie Yugi Sugoroku vom Training erzählt und auch mit roten Wangen erwähnt, dass er von Yami erwischt worden ist, als er eine Pause gemacht hat, während dieser im Heulager gewesen ist und ihn doch gar nicht sehen konnte.

Daraufhin wird er von dem alten Mann mit hochgezogener Augenbraue angesehen. Sein Geheimnis wird er ihm aber sicher nicht verraten, weshalb er einfach weiter schweigt, während er den Blick gelassen erwidert.

Dabei muss er vor sich selbst zugeben, dass Vertrauen guttut und es ein schönes Gefühl ist.
 

Von dem wirklich starken Willen, der in Yami schlummert nicht wirklich überrascht akzeptiert Sugoroku die stumme Botschaft des jungen Mannes und wendet seine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz seinem Enkel zu, der immer noch mit leuchtenden Augen am Erzählen ist, was er so gelernt hat. Auch wenn er nach aussen hin ernst wirkt, freut sich Sugoroku doch unglaublich, dass Yugi so begeistert ist. Hat er doch schon seit Jahren nicht mehr dieses Leuchten in dessen Augen gesehen.
 

Nachdem sie auch noch den Apfelkuchen bis auf den letzten Krümel gegessen haben, lehnt sich Yami wieder mit einem viel zu vollen Magen zurück. „Das war einfach zu lecker... Grossvater“, bricht er sein Schweigen, wobei er nun unsicher den alten Mann ansieht, der ihm aber nur lächelnd zunickt. „Es freut mich, dass es dir geschmeckt hat.“ Stolz sieht er dabei Yami an. Ahnt er doch, wie viel Mut es den Jungen gekostet haben muss, sein Angebot anzunehmen.

Bedeutet es doch sie beide als Familie zu akzeptieren und Sugoroku glaubt zu wissen, dass es für Yami auch in seiner Vergangenheit nicht wirklich eine Familie gegeben hat. Zumindest wenn er das was er von Kazuki über die Erziehung der Kinder bei den Magi und in der herrschenden Klasse erfahren hat, auch bei Yami anwendet.
 

Da Yugi nun endlich unter die Dusche will und es auch schon ziemlich spät ist, räumen Sugoroku und Yami allein die Küche auf. Schweigend arbeiten sie Hand in Hand, aber es ist ein angenehmes Schweigen.

Nachdem alles weggeräumt ist, schaut sich Sugoroku zufrieden in der sauberen Küche um. „So, dann werde ich mal ins Bett gehen und noch ein wenig lesen. Schlaf gut Yami und danke für’s helfen.“
 

Sich an die Arbeitsplatte lehnend sieht sich Yami auch um, ehe er den Blick des alten Mannes erwidert. „Du musst dich nicht bedanken. Es ist doch selbstverständlich, dass ich dir helfe, wenn ich kann.“ Nun beginnt er ganz leicht zu Lächeln. „Und danke. Schlaf du auch gut und lese nicht mehr zu lange.“
 

Bei den Worten muss Sugoroku schmunzeln. Hört er das doch auch oft von Yugi. „Keine Sorge ich werde schon nicht zu lange lesen.“ Als er zur Tür geht, legt er Yami noch kurz seine Hand auf die Schulter. „Denk bitte daran die Öllampen zu löschen, wenn du hoch gehst.“ Während er die Küche verlässt, sieht er, dass Yami bestätigend nickt.
 

Eine Weile bleibt Yami noch an die Arbeitsplatte gelehnt stehen und lässt den Tag an seinem inneren Auge vorbeiziehen. So viel ist heute passiert und er ist von sich selbst überrascht, dass er plötzlich so locker mit Yugi und auch Sugoroku umgehen kann.
 

Er weiss nicht genau, wie lange er so dagestanden ist, bis er sich aufrichtet und ins Bad geht um sich für die Nacht fertig zu machen und noch etwas von der Salbe auf seine blauen Flecken aufzutragen. Denn er ist sich sicher, dass ihn sonst Sugoroku am nächsten Tag wieder verarztet und darauf würde er gern verzichten.
 

Als er durch Yugis Zimmer geht sieht er, dass dieser im Bett sitzt und ihn unsicher ansieht. Mit einem fragenden Ausdruck in den Augen bleibt er deswegen stehen.

Seltsamerweise nervös zupft Yugi an der Decke rum. „Schläfst du wieder hier?“, deutlich ist ein seiner Stimme die Unsicherheit zu hören. Denn er will jede Nacht neben Yami einschlafen und wieder aufwachen. Selbst wenn das bedeutet, dass er nun jeden Tag noch früher aufstehen muss als sonst.
 

Von der Frage überrascht, blickt Yami zum Fenster. Hat er doch damit gerechnet, dass Yugi in Zukunft lieber wieder allein in seinem Bett schlafen will. „Ich geh mich nur schnell umziehen.“ Sich nichts von seiner Verwirrtheit anmerken lassend, geht Yami in sein Zimmer, wo er sich den Schlafanzug anzieht und sorgfältig seine Kleider zusammenlegt. Denn anders als Yugi ist er heute kein bisschen ins Schwitzen gekommen.
 

Einen Moment bleibt er an seinem Zimmerfenster stehen und sieht hinaus in die Nacht. Dabei kann er die Wolken sehen, die sich langsam aber sicher vor den Mond schieben und er hat das Gefühl, dass in dieser Nacht eine Schlechtwetterfront aufziehen könnte.

Was gut ist, denn sogar er kann sehen, dass der Regen dringend benötigt wird.
 

Schliesslich reisst sich Yami vom Fenster los und geht rüber in Yugis Zimmer. Deutlich kann er trotz der Dunkelheit sehen, dass sich Yugi zwar schon hingelegt hat, aber noch nicht eingeschlafen ist.

Trotzdem versucht er sich möglichst leise neben Yugi hinzulegen, denn dieser tut nicht sehr überzeugend so, als würde er schlafen.
 

Sich auf die Seite drehend wendet er sich unbewusst Yugi zu und schliesst die Augen. Deutlich kann er jetzt spüren, dass er in der letzten Nacht nicht wirklich viel geschlafen hat und ist schon ein paar Minuten später tief und fest am Schlafen.

 

 

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Also so langsam wird Yami echt anstrengend. Der hat ja mehr Stimmungsschwankungen, als es gut für mich ist. Manchmal wünsche ich mir echt den verschüchterten jungen Mann vom Anfang zurück und nicht diesen Mischmasch an Charakterzügen.

 

Ausserdem hat sogar Sugoroku in dem Kapitel gemacht was er will und sich partout nicht ans Drehbuch gehalten. *grummel*

 

Und Yugi, na der soll endlich mal lernen, dass man zuerst überlegt und danach den Mund aufmacht.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Muskelkater

Hallo zusammen,

 

ich bin sicher ihr seid gespannt, ob Yami seine Drohung Yuig wirklich eine Stunde früher aus dem Bett zu werfen wahr machen wird und wie das Training dann abläuft.

 

Darum spanne ich euch nicht länger auf die Folter und wünsche nur viel Spass mit dem neuen Kapitel.
 

PS: Im Prolog und in der Charakterbeschreibung hat es eine ganz kleine Änderung gegeben. Ich habe Atemus Titel als Pharao eingefügt, was ich damals vergessen hatte, als ich ihn geschrieben habe.

 

 

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Kapitel 27: Muskelkater

 

 

Es ist noch dunkel als Yamis innere Uhr ihn aufweckt. Müde schlägt er seine Augen auf und blickt in das dunkle Zimmer. Noch ist die Sonne nicht aufgegangen, aber da er sich vorgenommen hat, dass er mit Yugi am Morgen trainieren wird, ist er wie geplant eine geschätzte Stunde früher als sonst aufgewacht.

Allerdings ist er selbst auch immer noch so müde, dass er sich am liebsten noch tiefer in die Kissen kuscheln möchte, nur geht das nicht wirklich, da sich Yugi wieder an ihn schmiegt und ihn regelrecht umfangen hält.

In dem Moment, wo er sich von ihm lösen will, zerreisst ein Blitz die Dunkelheit, der von einem tiefen Donnergrollen begleitet wird, was bewirkt, dass sich der andere im Schlaf noch mehr an ihn kuschelt. Mit einem Seufzen stellt Yami seine Befreiungsversuche ein und legt sich wieder bequem hin. So gut es eben geht. Denn Yugi weigert sich ihn loszulassen.

Eigentlich müsste er ja wirklich aufstehen und seine Drohung, dass sie trainieren werden wahrmachen, aber das kann auch noch ein paar Minuten warten.

Ohne es wirklich zu wollen, fällt Yami wieder in einen leichten Schlaf, so dass schon die ersten Sonnenstrahlen die Dunkelheit vertreiben, als er sich schliesslich aus Yugis Armen windet und aufsteht.

Leise schleicht er sich noch im Schlafanzug aus dem Zimmer um in der Küche den Versuch Tee zu kochen zu starten. Doch zu seiner Überraschung ist Sugoroku auch schon wach und schenkt sich gerade eine Tasse Tee ein.

„Guten Morgen Sugo... Grossvater.“ Korrigiert er sich gerade noch so, wobei er den alten Mann unsicher ansieht.
 

Lächelnd blickt Sugoroku von seiner Tasse auf. Natürlich hat er den beinahe Versprecher mitbekommen. „Guten Morgen Yami. Hast du gut geschlafen?“, fragend sieht er den anderen an und bemerkt mit einem Schmunzeln, das er jedoch hinter der Tasse versteckt, dass dieser immer noch den Schlafanzug trägt.
 

Eine Tasse von der Halterung nehmend, nickt Yami. „Ja, nur leider habe ich auch verschlafen, eigentlich sollte ich schon mit Yugi am üben sein, aber ich konnte mich nicht von ihm lösen, weil er sich im Schlaf an mir festgehalten hat, als es gewittert hat.“

Während er redet, füllt er die Tasse mit dem heissen Tee, als ihm plötzlich klar wird, dass Sugoroku ja bis jetzt gar nicht wusste, dass sie in einem Bett schlafen.

Verlegen senkt er mit roten Wangen seinen Blick. Ist er sich doch bewusst, was das für einen Eindruck macht.
 

Sich zurücklehnend überlegt Sugoroku einen Moment lang, ob er Yami ein wenig ärgern soll, aber da er nicht abschätzen kann, wie dieser reagieren wird, entschliesst er sich dagegen.

„Ich habe mich schon gefragt, wann sich einer von euch beiden verplappert. Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet du das sein wirst“, grinsend sieht er, wie Yamis Wangen noch roter werden. „Weisst du, ich habe euch schlafen sehen und es ist ja auch nichts dabei, wenn man so besser schlafen kann. Ausserdem hasst Yugi Gewitter, da ist es ja ganz gut, wenn du bei ihm bist.“

Eigentlich könnte er ja noch viel mehr dazu sagen, aber da er diesmal sicher weiss, dass das keine gute Idee ist, schweigt er lieber. Ausserdem ist es viel spannender zuzusehen, wie Yami von allein darauf kommt, dass da von seiner Seite aus vielleicht mehr als nur Vertrauen und Freundschaft im Spiel sein könnte.
 

Erleichtert, dass Sugoroku keinen falschen Eindruck bekommen hat, richtet Yami seinen Blick wieder zu ihm. „Ja, das ist mir auch aufgefallen.“ Mit der Tasse in der Hand geht er wieder in Richtung Flur. „Ich werde dann mal unsere Schlafmütze aus den Federn werfen, damit wir wenigstens noch ein wenig trainieren können.“
 

Grinsend sieht Sugoroku ihm nach und lobt ihn in Gedanken dafür, dass er Yugi wohl mit dem Tee aufwecken will. Denn er ist sich sicher, dass Yami ihn nicht für sich geholt hat, fehlt doch der Honig darin.
 

Oben im Zimmer hat sich Yugi so in die Decke gekuschelt, dass von ihm nur einzelne Haarspitzen zu sehen sind.

Die Tasse auf den Nachttisch abstellend, schaut Yami kopfschüttelnd zu dem Deckenberg. Allerdings geht er nun erst ins Bad um sich für den Tag fertig zu machen, ehe er wieder ins Zimmer kommt und sich wieder dem Schlafenden zuwendet.

„Yugi aufstehen!“, leicht rüttelt er an Yugis Schulter, doch der zieht sich nur die Decke noch mehr über den Kopf.

Nur leider nützt ihm das nichts, denn Yami schnappt sich einfach die Decke und zieht sie mit viel Schwung weg. Durch den plötzlich kühlen Luftzug und die Bewegung wird Yugi schlagartig wach. „Sag mal spinnst du!“ Wütend funkelt er seinen Freund an, der ihm nur unbeeindruckt die Teetasse in die Hand drückt. „Ich spinne nicht, aber es ist höchste Zeit für’s Training. Also trink deinen Tee und dann legen wir los.“

Mit verschränkten Armen steht Yami neben dem Bett und sieht Yugi streng an, der ihn nur mit grossen Augen ansieht und versucht ihn wortlos zum Nachgeben zu bringen. Als er dann aber merkt, dass es nichts bringt, beginnt er ergeben seinen Tee zu trinken.
 

Geduldig wartet Yami darauf, bis Yugi die Tasse geleert und sie auf den Nachttisch gestellt hat.

Hilfreich bietet er ihm dann seine Hand an, die auch gleich ergriffen wird. Nachdem er Yugi aber aus dem Bett geholfen hat, lässt er ihn nicht los, sondern dirigiert ihn in die Mitte des Zimmers, so dass sie ein wenig mehr Platz haben. Denn draussen hat es schon wieder angefangen leicht zu regnen, weshalb er lieber hier im Trockenen mit den Übungen weitermachen will.

„Also, wir werden das, was wir gestern geübt haben wiederholen.“ Fest sieht er Yugi an und wartet ab.
 

Mit einem lauten Stöhnen geht Yugi mit schmerzenden Muskeln in Position. „Yami, ich habe solchen Muskelkater. Können wir nicht bis morgen oder wenigstens heute Abend warten?“ Bittend sieht er seinen Freund an, der jedoch nur entschieden den Kopf schüttelt. „Nein. Es wird deinen Muskeln guttun, wenn du dich ein wenig bewegst.“ Ohne Vorwarnung platziert er seinen ersten Schlag. Allerdings führt er diesen im Zeitlupentempo aus damit Yugi genug Zeit hat die richtigen Bewegungen zu machen.
 

Zufrieden sieht er, dass es relativ gut klappt und das obwohl Yugi die ganze Zeit, wegen seinem Muskelkater am Jammern ist. Doch erst als er merkt, dass Yugi kurz davor ist, das Training abzubrechen, beendet Yami die Übungsstunde. Allerdings schon nach geschätzten 20 Minuten. Ausserdem ist es wirklich langsam Zeit für ihn, in den Stall zu gehen. „War das jetzt so schlimm?“, lächelnd legt er dem erschöpften Yugi die Hände auf die Schultern. „Heute Abend zeige ich dir dann was Anderes“, nun wird er ernst. „Es sei denn, du willst nicht weitermachen.“

Abwartend sieht Yami in die amethystfarbenen Augen und hofft insgeheim, dass sich Yugi dafür entscheidet.
 

Von dem intensiven Blick Yamis gefangen nickt Yugi. Erstens weil er so viel mehr Zeit mit seinem Freund verbringen kann, ohne dass es dem anderen komisch vorkommt und zweitens, weil er diese Selbstverteidigung eigentlich schon gern lernen würde. Wenn ihm nur nicht alles wehtun würde.
 

Zufrieden lässt Yami Yugi los. „Gut, dann werde ich jetzt in den Stall gehen, wir sehen uns später.“ Mit schnellen Schritten geht er aus dem Zimmer und nimmt dabei die leere Tasse mit. Sicher warten Blacky und Rocky schon ungeduldig auf ihr Frühstücksheu.
 

Während Yami im Stall beschäftigt ist, schleppt sich Yugi ins Badezimmer und gönnt sich da erstmal eine heisse Dusche. Mit geschlossenen Augen geniesst er das heisse Wasser, das wohltuend über seine schmerzenden Muskeln rinnt. In seiner eigenen Welt gefangen, lässt er auch die Hände über seinen Körper wandern.
 

Deutlich entspannter steigt Yugi nach einiger Zeit wieder aus der Wanne und stellt augenrollend fest, dass er schon wieder vergessen hat ein Handtuch bereit zu legen. Wie er es doch hasst, wenn er nass die paar Schritte zum Regal laufen muss.

Sich in ein extra grosses Tuch einwickelnd geht er zum Waschbecken. Dort sieht er sich im Spiegel an. „Oh Mann Yugi, du bist einfach ein hoffnungsloser Fall.“ Schief grinst er sich daraufhin an, ehe er die Tür aufmacht und nach seiner Zahnbürste greift.
 

Unterdessen bereitet Sugoroku das Frühstück vor und ist schon mehr als gespannt, in welchem Zustand Yugi in die Küche kommen wird. Ausserdem würde er zu gerne wissen, wie das Training gelaufen ist. Hat er es sich doch nur mit Mühe verkneifen können, bei den beiden Mäuschen zu spielen.

Aufmerksam mustert er darum seinen Enkel, als dieser in die Küche kommt und sich erst einmal seinen Tee einschenkt. Dabei benutzt er die gleiche Tasse, die Yami zuvor in die Küche gebracht hat.

Innerlich schmunzelnd stellt Sugoroku die frischen Brötchen auf den Tisch. Bewegt sich sein Enkel doch mit eindeutig steifen Bewegungen.

„Guten Morgen mein Junge. Hast du gut geschlafen?“ Betont desinteressiert deckt er den Tisch weiter, wobei er sich ein lautes Lachen verkneifen muss, als er den leidenden Gesichtsausdruck Yugis sieht.

„Geschlafen habe ich schon gut, nur hat mir Yami dann einfach die Decke weggezogen.“ Mit einem lauten Seufzen setzt sich Yugi an den Tisch. „Dann musste ich die Übung von gestern noch einmal machen, dabei habe ich doch solchen Muskelkater und das eine ganze Stunde lang.“
 

„Es waren maximal 20 Minuten“, kommt es räuspernd aus Richtung der Tür. „Ausserdem hast du vergessen zu erwähnen, dass ich dir vorher noch deinen Tee gegeben habe.“ Mit ernster Miene geht Yami zum Herd und schenkt sich nun auch endlich seinen ersten Tee ein. Mit der Tasse in der Hand geht er zu seinem Platz und gibt sich eine grosszügige Portion Honig in die Tasse. Stehend sieht er Yugi an, der doch tatsächlich etwas rot geworden ist.
 

Yugi ist nicht nur wegen dem was Yami gesagt hat so rot geworden. Denn offensichtlich regnet es und dessen Shirt klebt nass an seinem Oberkörper. Was seine schlanke, aber doch inzwischen leicht muskulöse Gestalt noch besser aussehen lässt. Schon beinahe krampfhaft versucht er seinen Blick nicht tiefer wandern zu lassen. Nur leider bleiben ihm so nur diese unglaublichen rubinroten Augen.
 

Still beobachtet Sugoroku die beiden jungen Männer und amüsiert sich dabei köstlich über das Schauspiel, das sich ihm gerade bietet. Denn nie hat Yami weniger wie ein Sklave gewirkt, als in diesem Moment.

Yugi dagegen sitzt mit hochroten Wangen da und kann sich wohl nicht zwischen schmachten und empört sein entscheiden.

„Sag mal Yami, willst du dich nicht hinsetzen?“, betont desinteressiert blickt Sugoroku ihn an und muss sich schon wieder ein Lachen verkneifen. Da Yami wohl erst jetzt einfällt, dass er immer noch steht und verlegen den Blickkontakt zu Yugi unterbricht, während er sich schon beinahe hektisch hinsetzt.

Um sein breites Grinsen zu verstecken, nimmt Sugoroku einen grossen Schluck von seinem Tee.
 

Noch immer verlegen, dass er sich so verhalten hat, vermeidet es Yami die beiden Mutos anzusehen, sondern richtet seine ganze Aufmerksamkeit lieber auf das Brötchen, das er mehr als sorgfältig mit Butter und Honig bestreicht. Darum bemerkt er nicht, wie Yugi ihn fragend mustert.
 

Zu gern würde Yugi Yami fragen, was er ihm mit diesem Blickkontakt sagen wollte, denn so intensiv hat ihn sein Freund noch nie angesehen. Als er jedoch zum Sprechen ansetzt spürt er einen heftigen Tritt gegen sein Bein. „Autsch“, verwirrt blickt er zu seinem Grossvater, der ihn kopfschüttelnd ansieht.

Zwar versteht er nicht, was die Aktion gerade sollte, aber er hält trotzdem lieber den Mund. Schliesslich weiss er ganz genau, dass sein Grossvater nicht davor zurückschreckt, ihn noch einmal zu treten. Ausserdem hat er schon mehr als einmal die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass dieser zielsicher immer die gleiche Stelle erwischt, selbst wenn er die Beine anders hinstellt.
 

Von dem ganzen hat Yami nichts bemerkt, ist er doch viel zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, als dass er Yugi oder Sugoroku seine Aufmerksamkeit widmen könnte.

Nach dem Frühstück steht Yami immer noch schweigend auf und beginnt das Geschirr abzuräumen.

Zusammen mit Sugoroku, spült er es dann ab, während Yugi die Reste wieder in den Vorratsraum bringt und sich dann in den Laden aufmacht.
 

Immer wieder blickt Sugoroku abschätzend zu Yami, der immer noch den Eindruck macht, dass ihm nicht nach reden zu Mute ist. Den unausgesprochenen Wunsch des anderen akzeptierend, verzichtet er darauf ihm Fragen zu stellen. Obwohl er mehr als neugierig ist, was das vorhin sollte.
 

Yugi hat gar keine Zeit darüber nachzudenken, was mit Yami losgewesen ist, denn die Kunden stürmen geradezu den Laden. Wie eigentlich immer, wenn das Wetter so unbeständig ist. In einer ruhigen Minute kann er dann aber doch darüber sinnieren, wie gut Yami das nasse Shirt gestanden hat.
 

Doch dann geht die Ladentür wieder auf und ein tropfnasser und zerknirscht dreinschauender Jono kommt herein.

Überrascht, dass sich sein Kumpel bei dem Wetter von seiner Schmiede entfernt hat, reicht ihm Yugi eins der Handtücher, die er immer hier im Laden aufbewahrt, falls einem seiner Kunden ein Missgeschick passieren sollte.

„Jono, was machst du denn hier? Und das bei dem Wetter“, besorgt blickt er den anderen an. Weiss er doch ganz genau, dass sein Kumpel Regen hasst, wie der Teufel das Weihwasser.
 

Erleichtert, dass ihm das Wasser nicht mehr in den Nacken läuft, schlingt sich Jonouchi das Handtuch geradezu um den Hals. „Ich hatte heute Besuch von den ollen Ordnungsheinis.“ Mit einem genervten Stöhnen lehnt er sich an die Arbeitsplatte und grinst nun Yugi schief an. „Deine herzallerliebsten Cousins haben mich wegen der kleinen Abreibung, die sie bekommen haben angezeigt.“
 

Geschockt lehnt sich Yugi neben seinem besten Freund an die Arbeitsplatte. Er hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit. „Jono, ich werde zu den Ordnungshütern gehen und eine Aussage für dich machen und im Gegenzug die beiden wegen“, beinahe verschluckt er sich an dem Wort, das er jetzt sagen muss. „Sachbeschädigung anzeigen.“ Wieder einmal wird ihm bewusst, dass Yami vor dem Gesetz nicht als Mensch gilt. Denn sonst könnte er hingehen und die beiden zumindest wegen sexueller Belästigung anzeigen.
 

Er will schon aus dem Laden stürmen, als ihn Jono an der Schulter packt und zurückhält. „Yugi, lass es bleiben. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich einem dieser Oberschichtfutzis in den Hintern getreten habe und nun dafür ein paar Tage Ferien im wirklich luxuriösen Gefängnis machen darf.“ Beruhigend sieht er seinen kleineren Freund an. „Ausserdem ist es ja noch gar nicht wirklich sicher, dass ich zwei Wochen absitzen muss. Das kommt erst heute Nachmittag raus.“ Nun doch wütend über diese Ungerechtigkeit, müssen sie doch im Gegenzug teilweise Monate warten, wenn sie einen aus der Oberschicht anzeigen, bis es zu einer Verhandlung kommt, ballt Jonouchi seine Hände zu Fäusten.

Wenn der Beschuldigte dann auch noch zu den Magi gehört, kann man sich die Mühe mit der Anzeige sowieso sparen. Werden die doch immer freigesprochen.

„Ausserdem darfst du es dir mit den Takeshis nicht verscherzen. Das weisst du ganz genau.“
 

Bedrückt senkt Yugi den Kopf. Wieder einmal wird ihm bewusst, wie abhängig er von der Gunst der Eltern seines Vaters ist. „Es ist so unfair“, rutscht es aus ihm heraus. Nun auch wütend sieht er Jonouchi an. Der sich von dem Blick jedoch nicht beeindrucken lässt.
 

Schliesslich weiss Jono ganz genau, dass Yugi wütend auf die Situation ist und nicht auf ihn. Nun kommt aber der Teil, der ihm eigentlich gar nicht recht ist. Darum stellt er sich vor das kleine Fenster, das neben der Tür ist und sieht in den Regen hinaus.

„Yugi, ich bräuchte allerdings doch deine Hilfe. Darum bin ich eigentlich hergekommen.“

Seinen Stolz runterschluckend, wendet er sich wieder zu Yugi um, der ihn abwartend ansieht.

„Es geht um Rishido. Ich will ihn nicht allein in der Schmiede wissen. Wer weiss, was die Leute sonst so alles mit ihm anstellen wollen, wenn ich nicht da bin.“
 

Abwartend steht Yugi einfach nur schweigend da. Weiss er doch, dass es Jonouchi immer sehr schwer fällt, wenn er andere um Hilfe bitten muss und es hasst, wenn er dabei unterbrochen wird.
 

Sich am Hinterkopf kratzend sucht Jono nach den richtigen Worten, ehe er plötzlich entschlossen zu Yugi sieht. „Kannst du Rishido für die zwei Wochen bei dir aufnehmen? Ich weiss, dass ihr nicht viel Platz habt, aber ich kann ihn nicht zu May schicken. Ihre Wohnung ist ja kaum gross genug für sie selbst.“
 

Nachdenklich blickt Yugi zur Seite. Am liebsten würde er sofort ja sagen, aber er kann es nicht einfach so über die Köpfe von seinem Grossvater und Yami hinweg entscheiden. Gerade als er etwas sagen will, geht die Tür zum Wohnbereich ganz auf.

„Habe ich mir doch gedacht, dass ich deine Stimme gehört habe“, grinsend geht Sugoroku auf den Blonden zu und zieht ihn in eine feste Umarmung.

Dann sieht er ihm fest in die Augen. „Also was ist los? Hast du etwa mal wieder eine Anzeige am Hals, weil du dich mit Kuroi und Shiroi angelegt hast?“
 

Da ihn der alte Mann nicht mehr mit solchen Aussagen überraschen kann, nickt Jono ernst. „Ja und da du sicher schon weisst, worum ich Yugi gebeten habe, muss ich die Frage ja nicht wiederholen.“ Nun grinst er Sugoroku breit an, weiss er doch ganz genau, dass dieser seine Ohren überall hat. Besonders wenn ihn etwas eigentlich nichts angeht.
 

„Du kleiner Frechdachs“, schimpft Sugoroku scherzhaft und schlägt dem Grösseren leicht gegen die Schulter. „Das Mittagessen ist übrigens fertig und natürlich hat es auch für dich genug und dabei können wir auch über Rishido reden.“
 

Trotz der ernsten Situation kann sich Yugi ein Grinsen nicht verkneifen, eilt aber gleichzeitig zur Tür um sie abzuschliessen und dreht sich dann wieder mit einer ernsten Miene zu den anderen beiden um. „Dann lass uns essen gehen. Nicht, dass der Kartoffelsalat und die Würstchen noch kalt werden.“

Was er nicht sagt ist, dass er so Yami beobachten kann, wenn sie über Jonos Bitte reden. Denn schliesslich wohnt Yami auch hier und hat somit das Recht, seine Meinung dazu zu sagen.
 

In der Küche wartet Yami wirklich schon auf sie und ist im ersten Moment erschrocken, als er den Blonden sieht. Unwillkürlich greift er sich an seinen Hals, denn schliesslich trägt er das Sklavenhalsband nicht.
 

Als Yugi diese Bewegung sieht geht er sofort zu Yami und legt ihm beruhigend die Hand auf den Arm. „Jono ist unser Freund und kein Fremder. Er und auch May gehören quasi zur Familie. Darum musst du in ihrer Anwesenheit das blöde Halsband nicht tragen.“ Fest blickt er in Yamis Augen und versucht sich an einem leichten Lächeln, was aber ziemlich zittrig ausfällt.

Trotzdem beruhigen Yami die Worte und er lässt die Hand wieder von seinem Hals sinken. Zögernd hebt er den Blick und sieht Jono abschätzend an. Ja, er hat ihnen geholfen und sich ihm gegenüber immer freundlich verhalten. Nur kennt er ihn viel zu wenig, um ihm wirklich vertrauen zu können, aber er will Yugi Glauben schenken.
 

Während sich Yugi um Yami kümmert, stellt Sugoroku ein viertes Gedeck auf den Tisch. Abwartend steht er dann neben seinem Stuhl, bis sich die anderen auch zu ihren Plätzen begeben.
 

Mit gesenktem Kopf sitzt Yami da und wartet, bis sich alle anderen von dem Kartoffelsalat und den Würstchen genommen haben, ehe er sich selbst bedient. Dabei spürt er deutlich den besorgten Blick von Yugi auf sich ruhen, doch er weiss einfach nicht, wie er sich gerade verhalten soll.

Ist diese Situation doch vollkommen anders, als damals bei dem Feuerfest.
 

Anders als geplant, wird während des Essens nicht über Jonos Bitte gesprochen. Erst, als auch das letzte bisschen Kartoffelsalat gegessen ist, stützt sich Sugoroku mit den Ellbogen auf dem Tisch ab und sieht den Blonden ernst an. „Also, du hast Yugi gefragt, ob Rishido für die zwei Wochen, die du voraussichtlich im Gefängnis sitzen wirst, hier bei uns wohnen kann.“

Im Augenwinkel kann er sehen, wie Yami plötzlich blass wird, sich jedoch sonst nichts anmerken lässt.

„Yami. Yugis Cousins haben Jono angezeigt und die Chancen stehen mehr als gut, dass er noch heute Abend für voraussichtlich zwei Wochen im Gefängnis verschwinden wird. Schliesslich ist es nicht das erste Mal. Nur war er vorher allein. Jetzt hat er Rishido und du stimmst mir sicher zu, dass es unklug wäre, wenn er ihn allein in der Schmiede lassen würde.“
 

Nach einer Weile nickt Yami zögernd. Weiss er doch selbst ganz genau, was passieren kann, wenn ein Sklave allein ist.

Allerdings vermeidet er es, den alten Mann dabei anzusehen. Denn eigentlich will er nicht, dass ein Fremder in sein Zuhause kommt und so in den einzigen Ort eindringt, an dem er sich wirklich sicher fühlt.
 

Von den Gedanken Yamis nichts ahnend, blickt Sugoroku zufrieden zu seinem Enkel. „Also ich habe nichts dagegen, wenn Rishido für die Zeit herkommt. Er kann ja im Wohnzimmer schlafen und Yami ist sicher auch froh, wenn ihm jemand hilft. Schliesslich kommen noch diese Woche die Heu- und Strohlieferungen und die sind nicht gerade klein.“
 

Zögernd nickt Yugi. Eigentlich hat sein Grossvater ja Recht, aber ihm gefällt gerade gar nicht, wie Yami die Tischplatte fixiert. „Was meinst du Yami?“

Überrascht von der Frage, hebt Yami seinen Kopf, aber er sieht Yugi nur stumm an. Dieser beugt sich über den Tisch und legt ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm. „Du wohnst auch hier, darum kannst auch du deine Meinung dazu sagen. Wenn du nicht willst, dass Rishido hier wohnt, dann finden wir eine andere Lösung.“ Bewusst ignoriert er dabei Jono, der sicher gern wissen würde, was hier los ist. Doch ausnahmsweise scheint sein bester Freund zu merken, dass es besser ist, wenn er nichts sagt.
 

Mit sich ringend senkt Yami den Kopf und blickt auf die Hand, welche auf seinem Unterarm liegt. Was soll er nur sagen?

Ruckartig steht er plötzlich auf und stützt sich mit den Händen auf dem Tisch ab. „Ich... denke es ist am besten, wenn Rishido herkommt. Ich bin im Stall“, fluchtartig verlässt er die Küche.
 

Verwirrt dreht sich Jono erst zur Küchentür und dann wieder zu den beiden Mutos um. „Was war denn das gerade?“, fragend sieht er Yugi an, der jedoch nur den Kopf schüttelt. „Bring Rishido heute Nachmittag her. Er ist herzlich Willkommen.“ Langsam steht er auf. „Ich sehe mal nach Yami und erkläre ihm noch einmal alles. Ich komme nachher noch einmal zurück.“ Um Jonouchi nicht noch mehr zu verwirren, geht er langsam aus der Küche, beginnt dann aber schon beinahe zu rennen, sobald er nicht mehr im Blickfeld der anderen ist.
 

Mit einem ernsten Gesicht lehnt sich Sugoroku zurück und blickt den jungen Schmied an. „Yami ist gerade dabei sich selbst zu finden. Darum reagiert er für Aussenstehende manchmal etwas seltsam und ist oft noch sehr unsicher.“ Als er den verständnislosen Blick bemerkt, seufzt er tief auf.

„Aber am Samstag hat er doch so selbstbewusst gewirkt. Du hättest mal sehen sollen, wie er Kuroi das Knie in die Eier gerammt hat.“ Jonouchi versteht wirklich nicht, wie es sein kann, dass sich Yami auf einmal so anders verhält.
 

Darüber nachdenkend, wie er etwas erklären soll, das er selbst nicht wirklich versteht, reibt sich Sugoroku übers Kinn. „Also, Yami leidet an einem Gedächtnisverlust und so wie es aussieht ist er erst ein Sklave geworden, als er schon erwachsen gewesen ist.“ Noch immer scheint Jono nicht zu verstehen, was er ihm zu sagen versucht.

„Jono, Yami geht im Moment durch eine ziemlich schwere und verwirrende Zeit. Was bedeutet, dass er in neuen Situationen komplett anders reagieren kann, als wir es erwarten und das hast du jetzt gerade erlebt.“

Endlich glaubt Jono zu verstehen, was ihm Sugoroku zu sagen versucht. In seiner typischen Art und Weise greift er sich an den Hinterkopf. „Ist es dann wirklich in Ordnung, wenn Rishido herkommt?“, fragend sieht er den alten Mann an. Schliesslich will er nicht, dass sie Probleme bekommen.
 

Erleichtert, dass es der andere endlich verstanden hat, lehnt sich Sugoroku zurück und verschränkt die Arme. „Natürlich ist es in Ordnung. Du gehörst schliesslich zur Familie und dadurch auch Rishido. Ausserdem hast du nun nur Probleme, weil du den beiden geholfen hast, da ist es doch das mindeste, was wir tun können.“

Mit einem breiten Grinsen steht Sugoroku auf. „Ich habe Honigkuchen gemacht. Willst du ein Stück?“, laut lachend holt er den Kuchen aus dem Vorratsraum. Strahlt ihn Jonouchi doch gerade wie ein kleines Kind vor dem Süsswarenstand an.
 

Während Sugoroku mit Jono in der Küche redet, sucht Yugi nach Yami und findet ihn schliesslich in Rockys Box auf dem Boden sitzend vor. Darauf achtend nicht zu leise zu sein, lässt er sich neben ihm auf den Boden gleiten und lehnt sich äusserlich entspannt an die Boxenwand. Geduldig wartet er ab, bis Yami den Kopf von seinen Knien, die er mit den Armen umfangen hält, hebt und ihn ansieht.

„Du hättest ruhig sagen können, dass du nicht willst, dass Rishido hierher kommt.“ Mit einem sanften Lächeln legt er seine Hand auf Yamis Rücken und zieht ihn leicht zu sich heran.
 

Zögernd löst sich Yami aus seiner zusammengekauerten Haltung und legt schliesslich sogar den Kopf auf Yugis Schulter ab. „Das wäre unfair gewesen. Ausserdem wird es schon gehen.“ Leicht dreht er den Kopf, so dass er Yugi ansehen kann. „Wann kommt er denn her?“ Noch immer fühlt er sich bei dem Gedanken mehr als unwohl, aber es ist nur gerecht, dass sie helfen. Schliesslich wäre der Samstag ohne die Hilfe der beiden ganz anders verlaufen.

Bei dem Gedanken daran, wird ihm wieder eiskalt, weshalb er sich unbewusst näher an Yugi kuschelt.
 

„Jono wird ihn heute Nachmittag herbringen, wenn er ins Gericht muss“, traurig lächelt Yugi bei dem Gedanken. „Eigentlich ist es ja irgendwie ein Glück, dass er schon öfters dagewesen ist. Sonst hätten sie ihn sicher gleich abgeführt.“ Sanft zieht er seinen Freund noch etwas näher an sich heran und wagt es sogar leicht dessen Oberarm zu streicheln.
 

So sitzen sie da, bis sich Yami wieder soweit gefangen hat, dass in seinem Innern wieder Ruhe eingekehrt ist und er sich von Yugi löst.

Keiner von ihnen weiss, wie lange sie so dagesessen sind, als sie plötzlich Jonouchis Stimme hören. „Yugi, bist du hier irgendwo?“
 

Mit einem entschuldigenden Blick zu Yami steht Yugi auf, so dass ihn Jonouchi in der Box sehen kann, da dieser gerade in der Stalltür steht. „Jono, ich bin hier.“ Schnell geht er aus der Box und zieht die Tür hinter sich zu, damit Yami selbst entscheiden kann, ob er sich dem anderen zeigen will.
 

Mit den Händen in den Hosentaschen kommt Jonouchi in den Stall, da es draussen schon wieder regnet. Direkt vor Yugi bleibt er stehen und sieht seinen kleineren Freund fragend an, während er mit dem Kopf in Richtung Box deutet.

Bestätigend nickt Yugi auf die stumme Frage und ist froh, dass sein Kumpel nichts weiter dazu sagt.

„Also Yugi, ich gehe dann mal wieder nach Hause und gebe Rishido Bescheid, dass er seine Sachen packen soll und komme dann gleich wieder vorbei.“ Dabei blickt er zur Box. „Ich bin wirklich froh, dass er für diese Zeit hierbleiben kann. Ich hätte sonst in den nächsten Tagen keine ruhige Minute gehabt.“ Mit einem Winken dreht er sich um und geht mit einer leidenden Miene wieder in den Regen hinaus.
 

Kaum hat Jonouchi den Stall verlassen steht Yami auf und kommt nun auch aus der Box. Dankbar sieht er Yugi an, ehe er ins Heulager geht um die gefüllten Heunetze zu holen. Als er dann wieder zurück kommt ist Yugi schon wieder im Laden. Was ja auch logisch ist, schliesslich verkaufen sich die Stoffe nicht von alleine. Ausserdem ist er irgendwie auch froh, dass er seine Ruhe hat.
 

Im Laden ist Yugi schon beinahe froh, dass er immer noch viel zu tun hat. Kann er doch so nicht die ganze Zeit über Yamis Verhalten nachdenken.

Nur gerade eben könnte er die Kundin gerade rausschmeissen. „Madame, das ist beste chinesische Seide. Ich kann Ihnen beim besten Willen keinen günstigeren Preis als die 40 Silberstücke anbieten.“ Obwohl er inzwischen mehr als genervt ist, schafft es Yugi die Dame weiterhin freundlich anzulächeln.

Diese lässt ihre Hände wieder über den glatten Stoff gleiten, wobei sie eine betont leidende Miene aufsetzt. „Aber Herr Muto. 40 Silberstücke sind wirklich etwas übertrieben. Dafür könnte ich mir gleich noch ein ganzes Kleid nähen lassen. Was halten Sie von 35 Silberstücken.“ Ihn betont verführerisch ansehend, versucht sie zum gefühlt 100 Mal den Preis noch weiter zu drücken.
 

Eigentlich findet es Yugi ja schon beinahe amüsant, wie sie versucht ihre weiblichen Reize bei ihm einzusetzen. Es wäre ja auch lustig, wenn er nicht das Opfer, sondern ein stiller Beobachter wäre.

So zählt er in Gedanken bis zehn. „Tut mir leid. 40 Silberstücke ist mein letztes Angebot. Ich bin Ihnen schon sehr entgegen gekommen. Schliesslich kostet der Ballen normalerweise 50 Silberstücke.“ Mit einem gespielten Bedauern legt er die Seide wieder zusammen und ist schon auf halbem Weg zum Regal, als er von ihr zurückgehalten wird. „Herr Muto, warten Sie bitte einen Moment.“

Mit einer ausdruckslosen Miene dreht er sich wieder zum Verkaufstresen um und beobachtet amüsiert, wie die junge Dame ihren Geldbeutel hervorholt und mit einem leidenden Seufzen die 40 Silbermünzen abzählt. „Hier bitte Herr Muto, aber packen Sie mir diesen edlen Stoff bitte sehr gut ein. Nicht, dass er bei dem Wetter noch nass wird.“
 

Als würde er die Stoffe jemals nachlässig einpacken. „Natürlich Madame.“ Mit routinierten Handgriffen schlägt Yugi den Stoff nicht nur in das Leinen ein, sondern wickelt zum Schutz gegen den Regen auch noch ein Öltuch um das Paket.

Nachdem er die Silberstücke entgegen genommen hat reicht er der Sklavin, die sich bis jetzt im Hintergrunde gehalten hat, das wertvolle Paket. Dabei kann er sich nur mit Mühe einen mitleidigen Blick verkneifen, sieht sie doch nicht gerade gesund oder wohlgenährt aus.

„Sie haben mit dieser Seide eine sehr gute Wahl getroffen.“ Wie ein Gentleman begleitet er sie noch zur Tür und hält ihr diese sogar auf. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag Madame.“

Hocherhobenen Hauptes rauscht die Kundin an ihm vorbei. Wobei nichts mehr an die eindeutigen Blicke erinnert, die sie ihm zuvor zugeworfen hat. Sie verabschiedet sich nicht einmal von ihm, doch das ist Yugi egal. Auf solche Leute kann er gut verzichten, wenn sie nicht gerade bei ihm einkaufen.
 

Kaum ist er wieder hinter der Verkaufstheke, klingelt die kleine Glocke schon wieder. Da er gerade mit dem Rücken zur Tür steht, erlaubt es sich Yugi die Augen zu verdrehen, ehe er wieder seine professionelle Miene aufsetzt und sich umdreht.

Doch zum Glück ist es nur Jono, der mit Rishido den Laden betreten hat und natürlich wieder pitschnass ist.
 

Mit einem leichten Kopfschütteln reicht er Jonouchi und Rishido die Handtücher, damit sie sich wenigstens ein wenig abtrocknen können.

„Danke Alter. Das Wetter ist auch echt beschissen. Ich frage mich nur, welcher Gott wohl dafür verantwortlich ist.“ Schief grinst er seinen kleineren Freund an, der ihn mit verschränkten Armen dastehend ansieht. „Das kommt darauf an, wen du fragst. Bei den Christen ist es glaube ich Petrus. Bei denen die im römischen Reich noch mehrere Götter verehren sind glaube ich mehrere für das Wetter zuständig. Genauso wie im ägyptischen Reich.“
 

Gespielt verzweifelt greift sich Jonouchi daraufhin an die Stirn. „Dann ist es ja kein Wunder, dass das Wetter so unmöglich ist. Erst Trockenheit und jetzt strömender Regen. Die können sich sicher nicht einig werden, wer den Job denn jetzt machen muss.“
 

Nun kann Yugi beim besten Willen nicht mehr ernst bleiben und fängt an vor sich hin zu kichern. „Ich stell mir gerade vor, wie die dastehen und sich drum streiten, wer denn heute nicht zuständig ist.“

Lachend stehen die beiden Freunde da, während Rishido immer noch mit einem ernsten Gesicht von einem zum anderen sieht. Wenn man aber genau hinsieht, bemerkt man ein leichtes Zucken um seine Mundwinkel.
 

Schlagartig wird Jonouchi dann wieder ernst. „Also Yugi, ich muss los zu den Oberfutzis. Wenn ich bis heute Abend nicht wieder hier bin, sehen wir uns vermutlich in zwei Wochen wieder.“ Nun sieht er zu Rishido. „Du weisst ja Bescheid und wenn du Fragen hast, kannst du sie jederzeit stellen.“

Sein Pokerface aufsetzend dreht sich Jono zur Tür um. „Bis die Tage dann.“ Noch bevor einer der beiden anderen etwas sagen kann, schliesst er die Tür hinter sich. Denn auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, ist er doch nervös. Schliesslich ist das letzte Mal, dass er Urlaub im Gefängnis machen durfte schon eine Weile her.
 

Kaum ist die Tür geschlossen sieht Yugi Rishido an. „Also, dann wollen wir doch mal Grossvater Bescheid geben, dass du jetzt hier bist.“ Mit einem ehrlichen Lächeln winkt er den grossen Ägypter zu der Verbindungstür und geht mit ihm in die Küche, wo er seinen Grossvater beim Brotbacken vorfindet.

„Grossvater, Rishido ist da. Zeigst du ihm alles?“, fragend sieht Yugi den alten Mann an.

Dieser streicht sich gerade mit der mehlverschmierten Hand über das Gesicht. „Natürlich mache ich das Yugi und das Bettzeug habe ich auch schon ins Wohnzimmer gebracht.“ Mit einem mehligen Strich auf der Wange sieht er seinen Enkel an, der grinsend auf seine eigene Wange deutet.

Kurz ist Sugoroku von der Geste verwirrt, doch dann versteht er, was ihm Yugi sagen will. Mit einem schiefen Grinsen greift er nach dem Küchentuch und reibt sich die Mehlspuren vom Gesicht. „Sag mal, wo ist denn Yami?“
 

Da Yugi eigentlich schon wieder auf dem Weg in den Laden ist, bleibt er im Türrahmen stehen. „Wenn er nicht wieder aufgetaucht ist, dann ist er sicher noch im Stall. Ich bin dann wieder vorne. Heute rennen mir die Leute beinahe den Laden ein.“ Mit einem letzten Blick in die Küche eilt er wieder in den Laden. Klingelt doch gerade die kleine Glocke.
 

Während sich Yugi im Laden mit den Kunden rumschlägt, führt Sugoroku ihren Gast nach oben ins Wohnzimmer. „Also Rishido, wir haben leider kein freies Bett für dich, aber ich hoffe, dass die Couch nicht zu unbequem ist.“ Mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck, deutet Sugoroku auf das Sofa, wo er schon ein Kissen und eine Bettdecke hingelegt hat.

„Natürlich kannst du die Tür auch zumachen. Wir sitzen sowieso meistens in der Küche zusammen.“ Geduldig wartet er ab, bis Rishido seine Sachen neben das Sofa gestellt hat. Dabei stellt er fest, dass der junge Mann offensichtlich auch zu der stillen Sorte Mensch gehört. Hat dieser doch seit der Begrüssung kein Wort mehr gesagt.
 

Mit ihm im Schlepptau geht Sugoroku wieder nach unten ins Erdgeschoss. Dort bleibt er vor dem Badezimmer stehen. „Nun zu unseren Badezimmerregeln. Wir haben hier ein Schild, wenn du ins Bad gehst, drehst du es einfach von grün auf Rot um. Dann wissen wir, dass das Bad besetzt ist und platzen nicht aus Versehen rein.“
 

Da das Schild jetzt mit der grünen Seite zu ihnen da hängt, öffnet Sugoroku die Tür und zeigt Rishido den Spiegelschrank. „Also hier im allgemeinen Fach kannst du deine Zahnbürste und so weiter hintun. Keine Angst, wir lassen auch alle unsere Finger davon.“
 

Vollkommen von der freundlichen Art des alten Mannes überwältigt, kann Rishido immer nur nicken. Zwar hat er schon früher gemerkt, dass Meister Jonouchi und seine Freunde ganz anders sind, als die Besitzer die er bis jetzt gehabt hat, aber dass sie ihn so freundlich aufnehmen hätte er nie erwartet.

Schweigend lässt er sich also alles zeigen und es scheint Meister Sugoroku auch nicht zu stören, dass er nichts sagt.
 

An der Hintertür bleibt Sugoroku stehen. „Dann bleiben jetzt nur noch der Hinterhof und die Ställe zum Ansehen. Ach ja, die Ställe sind Yamis Reich.“ Schmunzelnd öffnet er die Tür und ist froh, dass es im Moment nicht regnet.

Mit Rishido im Schlepptau geht er zum Stall, wo Yami gerade dabei ist, die Boxen auszumisten.
 

Natürlich hat Yami die beiden Männer bemerkt, aber er tut dennoch so, als wären sie nicht da. Schliesslich muss er ja aufpassen, dass er mit der Mistgabel nicht zu nahe an Blacky rankommt. Das mag der Gute nämlich gar nicht. Als er mit der einen Seite fertig ist, gibt er ihm einen leichten Klapps auf den Hintern. Woraufhin der Wallach ganz gelassen auf die andere Seite geht.

Zufrieden, dass es inzwischen so gut klappt, krault Yami den Wallach kurz zwischen den Ohren, ehe er weitermacht.
 

Still stehen die beiden Männer da und beobachten diese Szene, als plötzlich Blacky laut wiehert. Was auch die einzige Warnung für Yami ist, denn schon drückt sich der Wallach an ihm vorbei und geht schnurstracks auf Sugoroku zu. Brummelnd senkt er seinen Kopf, damit sein Mensch ihn auch ja gut an seiner Lieblingsstelle kraulen kann.

„Blacky, das macht man doch nicht.“ Deutlich ist herauszuhören, dass Sugoroku nicht böse auf den Frechdachs ist. „Du kannst dich doch nicht einfach an Yami vorbeidrücken.“ Sanft krault er Blacky zwischen seinen Ohren, was bewirkt, dass diese sich in die unmöglichsten Positionen bewegen.
 

Nur kurz sieht Yami rüber, ehe er sich der nun leeren Box widmet. Schliesslich kennt er es schon, dass Blacky alles um sich herum vergisst, wenn Sugoroku in den Stall kommt. Manchmal erinnert er ihn mehr an einen verschmusten Hund, als an ein Pferd.

Ausserdem hat es den Vorteil, dass er nun deutlich schneller ausmisten kann. Immerhin muss er nicht mehr auf die Beine des Wallachs aufpassen.
 

Nachdem er mit der Box fertig ist, geht er rüber zu Rocky, der schon neugierig die Menschen beobachtet. „Na Junge. Willst du auch gekrault werden?“, mit einem leichten Lächeln greift Yami unter Rockys Mähne und beginnt seinen Hals zu kraulen. Genussvoll streckt dieser seinen Kopf nach vorn und spitzt die Oberlippe. Deutlicher kann er gar nicht zeigen, dass ihm diese Behandlung gerade mehr als gut gefällt.
 

Erst nachdem Yami den Grossen durchgekrault hat, schiebt er ihn von der Tür weg, damit er nun auch diese Box ausmisten kann.
 

Während sich Yami der anderen Box widmet, führt Sugoroku Blacky zurück in seine Box und schliesst die Tür. „Yami, wir sind dann wieder im Haus. Du weisst ja, wann es Abendessen gibt.“
 

Ohne aufzusehen nickt Yami. „Ja ist gut. Ich komme dann.“ Zwar ist ihm bewusst, dass er sich gerade ziemlich unhöflich benimmt, aber er kann im Moment einfach nicht anders. Erst als die beiden wieder weg sind, kann er sich wieder entspannen. Die Mistgabel an der Boxenwand abstellend, atmet er einmal tief durch. Ehe er seine Hände ins Kreuz legt und den Rücken einmal stark durchdrückt.
 

Während Yami weiter im Stall beschäftigt ist, erklärt Sugoroku Rishido noch, dass er sich immer die Hände waschen muss, wenn er im Stall gewesen ist und dass er danach auch den Krug wieder mit frischem Wasser füllen muss.
 

Pünktlich zum Abendessen finden sich alle in der Küche ein. Auch wenn Yami am liebsten im Stall geblieben wäre. Doch sein knurrender Magen, schreit laut und deutlich nach Essen.

Nervös sitzt er an seinem gewohnten Platz, während Rishido von ihm aus gesehen rechts direkt vor der Tür sitzt.

Einen kleinen Moment zögert er noch, aber dann greift sich Yami eine der Brotscheiben und beginnt sie mit Fleisch und Käse zu belegen. Noch immer hat er kein Wort gesagt, doch dann fällt sein Blick auf die Arbeitsplatte hinter Yugi. „Ist das etwa Honigkuchen?“ Mit glänzenden Augen sieht er die Leckerei an und würde am liebsten gleich ein Stück davon haben.
 

Grinsend sieht Sugoroku Yami an. „Ja, das ist Honigkuchen und bevor du fragst, nach dem Abendessen gibt’s den zum Nachtisch.“

Zufrieden sieht er, dass sich der Junge endlich ein wenig entspannt. Allerdings muss er sich wirklich zusammenreissen, dass er nicht laut loslacht, denn der Gesichtsausdruck von Rishido ist einfach zu komisch.
 

Total verwirrt, blickt Rishido zu Yami und dann zu dem Kuchen. Wirkt der andere doch gerade wie ein kleiner Junge, der es kaum erwarten kann, bis es endlich diese Leckerei gibt. Dabei hat er vor ein paar Tagen noch ganz anders gewirkt.
 

Yugi ist wirklich erleichtert, dass Yami sich wieder so halbwegs gefangen hat und sich langsam wieder so verhält, wie meistens.
 

Für Yami dauert das Abendessen eine Ewigkeit. Kann er es doch kaum erwarten, dass es endlich den Honigkuchen gibt. Schon beinahe hibbelt er auf seinem Stuhl herum, als Sugoroku endlich den Kuchen auf den Tisch stellt und anfängt diesen zu zerschneiden. Mit einem Strahlen in den Augen nimmt er sein Kuchenstück entgegen. „Danke, Grossvater.“ Nur mit Mühe kann er sich zurückhalten, nicht sofort anfangen zu essen. Doch das wäre mehr als unhöflich den anderen gegenüber.
 

Geschockt, sieht Rishido zu Yami und kann es kaum glauben, was er gerade gehört hat. Nennt doch Yami Meister Sugoroku einfach Grossvater!

Natürlich ist ihm schon früher aufgefallen, dass dieser seine Besitzer nicht mit Meister oder Herr anspricht, aber so etwas hat er noch nie erlebt.

Automatisch nimmt er den Teller mit seinem Kuchenstück entgegen. „Danke, Meister Sugoroku.“ Ungewohnt unsicher, sieht er den alten Mann an.
 

„Lass bitte das Meister weg. Ich bin für dich einfach nur Sugoroku und auch Yugi ist für dich einfach nur Yugi“, winkt Sugoroku mit einem nachsichtigen Lächeln ab.

Erst als er auch Yugi ein Stück gegeben hat, setzt er sich wieder hin. „Also dann, lasst es euch schmecken.“

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie Yami seinen Kuchen geniesst und sich auch gleich ein zweites Stück nimmt.
 

Rishido vollkommen ausblendend, isst Yami auch das zweite Kuchenstück und bereut es irgendwie, dass er beim besten Willen nicht noch eins essen kann. Nur dann würde ihm wohl wirklich schlecht werden.

Doch dann ist nur noch ein Stück übrig und keiner der anderen scheint es noch essen zu wollen. Darum greift sich Yami auch noch das Stück isst es langsam auf. Nun wirklich mehr als satt, lehnt er sich zurück. „Der Kuchen ist einfach zu lecker gewesen, Grossvater.“

Erst jetzt fällt ihm auf, dass ihn Rishido mit grossen Augen ansieht und schluckt einmal leer. Hatte er ihn vor lauter Honigkuchen doch vollkommen ausgeblendet gehabt.
 

Da Sugoroku schon die ganze Arbeit gehabt hat und Rishido sich erst von den ganzen Eindrücken erholen muss, räumen Yugi und Yami gemeinsam die Küche auf.
 

Nachdem sie fertig sind, lehnt sich Yami rücklings und mit verschränkten Armen an den Tisch. „Also Yugi. Soviel ich weiss, hast du jetzt Feierabend.“ Vielsagend blickt er ihn an.
 

„Können wir das Training nicht ausfallen lassen?“, bittend sieht Yugi seinen Freund an. Der schüttelt jedoch nur den Kopf. „Wenn wir es jetzt ausfallen lassen, dann fragst du mich morgen wieder das gleiche und dann lernst du es nie.“ Streng erwidert er den wehleidigen Blick von Yugi.

„Na los, heute zeige ich dir dafür etwas Lustiges.“ Lächelnd neigt Yami den Kopf ein wenig zur Seite und stösst sich von der Tischplatte ab.

Ohne Vorwarnung greift er sich Yugis Hand und zieht ihn raus aus der Küche bis hoch in dessen Zimmer und schliesst die Tür hinter ihnen.
 

Erst als sie wie am Morgen in etwa in der Mitte des Raumes stehen, lässt er Yugi wieder los.

„Also Yugi, jetzt zeige ich dir, wie du dich befreien kannst, wenn du an einer Hand festgehalten wirst und dich der andere zu sich ziehen will.“

Nun greift Yami nach Yugis Handgelenk. „So und nun versuche dich zu befreien.“ Kräftig zieht er ihn am Arm. Wie er es sich gedacht hat, sperrt sich Yugi gegen die Bewegung, was dazu führt, dass er ihn ohne Probleme überwältigen kann.
 

Yugi kann gar nicht so schnell schauen oder gar reagieren, wie er von Yami in den Schwitzkasten gezogen wird. Doch sofort wird er wieder losgelassen. Was er irgendwie bedauert.
 

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck hält Yami Yugi nun seine Handgelenke hin. „Nun bist du dran, pack mich an einer Hand und dann versuch mich zu dir zu ziehen.“ Geduldig wartet er darauf, dass sich Yugi für eine seiner Hände entscheidet.

Zuerst zögernd, doch dann mit einer Entschlossenheit, die ihn selbst überrascht, umfasst Yugi das linke Handgelenk und zieht ruckartig. Womit er allerdings nicht gerechnet hat, ist, dass sich Yami nicht gegen die Bewegung sperrt, sondern im Gegenteil mit dem gleichen Schwung auf ihn zukommt und ihm leicht mit der Faust in den Bauch schlägt. Erschrocken lässt Yugi sofort das Handgelenk los.
 

Zufrieden mit Yugis Reaktion, stellt sich Yami wieder vor ihm hin. „Hast du gemerkt, was ich gemacht habe?“, fragend sieht er sein Gegenüber an.

„Naja, du hast dich einfach gegen mich ziehen lassen.“ Versucht sich Yugi an einer Erklärung.

„Genau und dadurch hatte ich den Vorteil auf meiner Seite. Du hast vor lauter Überraschung gar nicht mehr reagieren können und wenn ich mit meiner Faust den Schwung voll durchgezogen und deutlich tiefer gezielt hätte, würdest du jetzt auf dem Boden liegen.“ Einen Moment gibt er Yugi Zeit, sich die Erklärung durch den Kopf gehen zu lassen.

„So und jetzt bist du dran.“ Fest umgreift er Yugis Handgelenk. „Denk dran. Nicht gegen den Zug wehren, sondern den Schwung aufnehmen und die Faust bitte nicht zu fest in meinen Bauch schlagen.“

Erst als Yugi bestätigend nickt, zieht er fest an dessen Arm.
 

Mit einem unterdrückten Schrei fällt Yugi geradezu nach vorn und sieht sich schon auf dem Boden liegen. Doch dazu kommt es nicht. Fest wird er von Yamis Arm umschlungen, während er seitlich an dessen Oberkörper lehnt.

Nur leider wird er für seinen Geschmack viel zu schnell wieder aufgerichtet.

„Yugi, du musst schon darauf achten, dass du das Gleichgewicht nicht verlierst. Los noch einmal.“ Wieder schnappt sich Yami Yugis Handgelenk und zieht ihn kräftig zu sich heran.

Wieder verliert Yugi das Gleichgewicht, aber wenigstens schafft er es diesmal, mit der Faust Yamis Bauch zu berühren.
 

So üben sie wirklich eine gute Stunde lang diesen Bewegungsablauf, bis sich Yugi wenigstens nicht mehr an Yami festhalten muss, um nicht umzufallen. Dass er dabei den Schlag nicht einmal mehr andeuten konnte, akzeptiert sein Freund mit einem leichten Kopfschütteln.

„Also das müssen wir ganz klar noch weiter üben. Doch für heute machen wir am besten Schluss.“
 

Was Yugi mit einem erleichterten Seufzen akzeptiert. Auch wenn es irgendwie schon schön gewesen ist, wenn er so an Yami gelehnt gewesen ist, war es doch auch extrem anstrengend. „Ich gehe noch schnell duschen. So verschwitzt will ich nämlich nicht ins Bett gehen.“

Yugi wartet gar nicht darauf, dass Yami etwas darauf erwidert, sondern rennt sofort aus dem Zimmer.
 

Während Yugi im Bad ist, geht Yami in sein Zimmer. Dort zieht er sich als erstes seinen Schlafanzug an, ehe er sich auf sein Bett setzt. In Gedanken versunken sitzt er da, bis er hört, dass Yugi wieder zurückkommt.

Mit sich ringend, ob er wieder rübergehen soll, bleibt er erstmal auf der Matratze sitzen, bis er merkt, dass Yugi sich an den Türrahmen lehnt und ihn fragend ansieht. „Willst du lieber hier schlafen oder kommst du wieder mit in mein Zimmer?“

Unsicher blickt Yami aus dem Fenster. Eigentlich weiss er ja, was er will, aber da ist ja noch Rishido.

Yugi merkt, dass Yami mit sich zu ringen scheint und irgendwie ahnt er, dass es etwas mit ihrem Gast zu tun hat. „Wenn du willst, kannst du ja auch meine oder deine Tür abschliessen. Je nachdem wo du Schlafen willst.“ Um seinem Freund die Zeit zu geben, die dieser braucht, geht er wieder raus und legt sich in sein Bett.

Lange muss er nicht warten, denn schon nach ein paar Minuten hört Yugi, wie sich leise Schritte durchs Zimmer bewegen und Yami nun offensichtlich auch runter ins Badezimmer geht. Es dauert aber nicht lange, da hört Yugi das Knarren des einen Dielenbrettes vor seiner Tür und kurz darauf kann er mit Bestimmtheit sagen, dass sein Freund die Zimmertür abgeschlossen hat.
 

Nur kurze Zeit später wird die Decke angehoben und zu seiner Überraschung kuschelt sich Yami regelrecht an seinen Rücken und hält ihn fest umschlungen.

Yugi fragt sich, wie er denn so einschlafen soll, denn sein Herzschlag hat sich gerade mindestens verdoppelt, aber dennoch werden seine Augenlider immer schwerer und der anstrengende Tag fordert seinen Tribut.
 

Sich durch die abgeschlossene Tür sicherer fühlend, lässt sich Yami durch die regelmässigen Atemzüge Yugis auch langsam in den Schlaf wiegen.

 

 

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Puh, nun kommt also eine schwierige Zeit auf Yami zu. Denn so ganz scheint er Rishido noch nicht zu trauen.

Dafür hat Yugi endlich mal von allein gemerkt, dass Yamis Körpersprache dem was er gesagt hat widersprochen hat.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Achja, ich bin echt am überlegen ob ich Yami nicht in Naschkatze umtaufen soll. So scharf wie er auf Süsses ist. ;-)

Was meint ihr dazu?

Yami redet endlich

Hallo zusammen,

 

das neue Kapitel ist fertig und eigentlich will ich euch ja nicht mit einem zu langen Gelaber nerven. Nur muss das diesmal leider sein.

 

Der Titel des Kapitels ist ernst gemeint. Yami redet und es wird sehr hart. Darum möchte ich euch an die Warnung erinnern, die ich in der Beschreibungsseite geschrieben habe.

 

Und nun halte ich euch nicht länger auf...

 

 

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Kapitel 28: Yami redet endlich

 

 

Obwohl es schon Mitternacht sein muss ist Rishido hellwach. Die vielen Eindrücke des Tages lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Weshalb er in die Dunkelheit der Nacht starrt.

Mit einem Murren dreht er sich auf die andere Seite, was auf dem schmalen Sofa gar nicht so einfach ist. Obwohl es nicht so bequem wie sein Bett bei Meister Jonouchi ist, ist es doch immer noch viel besser als die Schlafstätten, die er bei seinen früheren Besitzern hatte.

Immer noch kann er es kaum glauben, was er erlebt hat. Nie hätte er gedacht, dass nicht nur sein Meister und Mistress May freundliche Menschen sind, sondern auch die Mutos ihn wie einen Menschen behandeln.

Dazu kommt noch das seltsame Verhalten von Yami. Einerseits so unsicher und aus Vorsicht abweisend, dann wieder so stark und selbstbewusst, dass er ihn nie für einen Sklaven halten würde. Besonders nicht nachdem er heimlich beobachtet hat, wie dieser mit Meister Yugi umgeht und spricht.

Wieder dreht sich Rishido um. Auf dem Rücken liegend starrt er an die Decke. Immer wieder wandern dabei seine Gedanken auch zu Meister Jonouchi, der offensichtlich verurteilt worden ist, denn er ist sich sicher, dass er ihn sonst mit nach Hause genommen hätte. Schliesslich hat er es ihm versprochen.

Zu gern wüsste er, wie es seinem Meister geht, aber er muss sich bis zum morgigen Tag gedulden. Wobei er darauf vertraut, dass Meister Sugoroku sein Wort halten und morgen nach Meister Jonouchi sehen wird.

Um seine Gedanken irgendwie zu beruhigen, legt er sich wie so oft den Arm über die Augen, damit er seine Umgebung besser ausblenden kann.
 

Kurz vor Sonnenaufgang hört Rishido, da er die Wohnzimmertür nur angelehnt hat, wie langsam die Bewohner des Hauses erwachen. Durch seine jahrelange Erfahrung kann er ziemlich genau sagen, dass es Meister Sugoroku ist, der leise die Treppe nach unten geht. Anscheinend ist der alte Mann ein Frühaufsteher. Nur warum steht nicht Yami als erster auf? Schliesslich ist es die Aufgabe des Sklaven, seinem Besitzer jederzeit zur Verfügung zu stehen, was nur möglich ist, wenn man vor seinem Herrn aufsteht und nach seinem Herrn schlafen geht.

Gerade will er deshalb aufstehen, als er hört, wie eine weitere Tür geöffnet wird. Diesmal braucht er eine Weile, bis er die Schritte zuordnen kann, aber schliesslich glaubt Rishido, dass es Yami ist, der die Treppe nach unten geht.

Nun neugierig, ob der andere von Meister Sugoroku zurechtgewiesen wird, da er ja erst jetzt aufsteht, schleicht sich Rishido zur Tür und öffnet sie leise einen Spalt. Lauschend steht er da. Allerdings hört er nichts dergleichen, sondern nur, wie sich Yami und Meister Sugoroku unterhalten.

Zwar kann Rishido nicht verstehen was sie reden, aber der Tonfall von Meister Sugoroku ist alles andere als tadelnd, genauso wenig wie Yami unterwürfig klingt. Mit grossen Augen verharrt er bewegungslos und kann einfach nicht glauben, was er hört.

So befindet er immer noch starr im Türspalt und nur durch den Umstand, dass das Licht der kleinen Gaslampe im Flur ihn nicht erreicht, wird er von Yami nicht entdeckt. So kann Rishido sehen, wie der andere mit einer Tasse in der Hand in das Zimmer von Meister Yugi geht, nur um kurz darauf mit einem Kleiderstapel wieder nach unten zu gehen.
 

Weil er neugierig darauf ist, was als nächstes passiert, wartet Rishido geduldig, bis sich unten die Tür vom Bad wieder öffnet. Undeutlich kann er sehen, dass Yami sich wohl umgezogen hat, als dieser wieder in das Zimmer von Meister Yugi geht. Was ja nichts heissen muss, denn durch den Rundgang gestern weiss er, dass der andere nur durch dieses Zimmer in seine eigene Kammer kommt.
 

Gerade will er sich abwenden, als er die wütende Stimme von Meister Yugi hört. „Spinnst du!“

Neugierig was jetzt kommt, bleibt Rishido stehen. Nur um dann wirklich geschockt in die Dunkelheit zu starren.

„Ich spinne nicht, aber wenn ich dich nicht anders aus dem Bett kriege, ziehe ich dir jedes Mal die Decke weg und jetzt trinke deinen Tee, damit wir mit dem Training anfangen können.“ Rishido kann es kaum glauben, was sich der andere da für einen Ton erlaubt.

Eine Weile lang ist es still, dann hört er die Stimme von Meister Yugi wieder.

„Yami, können wir nicht jetzt das Training ausfallen lassen und dafür am Abend länger machen?“

„Nein. Das habe ich dir gestern schon gesagt. Entweder wir trainieren jetzt oder lassen es endgültig bleiben. Weil jedes Mal die gleiche Diskussion zu führen ist mir zu blöd. Also?“

„Ist ja schon gut, lass uns anfangen.“

Geschockt geht Rishido zu seinem Schlafplatz und setzt sich hin. Gerade eben hätte man anhand der Art, wie geredet worden ist, meinen können, dass nicht Meister Yugi, sondern Yami das sagen hat.
 

Erst als der beginnende Tag das Wohnzimmer langsam erhellt, steht Rishido auf und geht nach unten. Vor der Badezimmertür bleibt er stehen und blickt nachdenklich auf das Schild. So eine einfache Art zu zeigen, ob das Bad frei ist oder nicht. Sicher ist das von Vorteil, wenn mehr als zwei Personen im Haus leben.

Ehe er die Tür öffnet, dreht Rishido das Schild von grün auf Rot, lehnt diese dann aber nur an. Denn schliesslich darf er als Sklave nicht auf seine Privatsphäre bestehen, sondern muss es jederzeit akzeptieren, wenn einer seiner momentanen Meister etwas von ihm will.
 

Unterdessen weiss Yami bald nicht mehr, was er machen soll. Denn ebenso oft wie er Yugi die Bewegung ausführen lässt, fällt dieser einfach gegen ihn und wenn nicht, muss er ihn auffangen, damit dieser nicht neben ihm auf den Boden fällt.
 

Was Yami nicht weiss, ist, dass Yugi sich absichtlich gegen ihn fallen lässt. Denn wenn er schon zu dieser unmenschlichen Zeit aufstehen muss, will er die Gelegenheit auch ausnutzen und sich so wenigstens ein bisschen die Nähe holen, die er so gern hätte.

Als er dann aber merkt, dass sein Freund langsam wirklich genervt von seiner Tollpatschigkeit ist, macht er die Übung deutlich ernsthafter und lässt sich nicht mehr einfach gegen Yami fallen. Denn schliesslich will Yugi nicht, dass dies das letzte Training mit ihm ist.
 

Erleichtert merkt Yami, dass Yugi wohl endlich kapiert hat, was er machen muss. Also stellt er sich nach ein paar halbwegs erfolgreichen Wiederholungen aufrecht vor Yugi hin. „Also Yugi, das war wirklich gut. Heute Abend machen wir noch weiter und je nachdem wie es läuft, zeige ich dir dann was Anderes.“ Lobend legt er ihm die Hand auf die Schulter und drückt kurz sanft zu. „Ich geh dann in den Stall. Blacky und Rocky fragen sich sicher schon, wo ich bleibe.“ Mit einem leichten Lächeln dreht er sich um und verlässt das Zimmer.
 

Noch immer glaubt Yugi die Hand auf seiner Schulter zu spüren, obwohl Yami schon weg ist. Weshalb er sich mit einer relativ guten Laune seine Sachen in dem düsteren Zimmer zusammensucht. Da die Sonne immer noch von dichten Wolken verdeckt wird.
 

Während Yugi im Bad verschwindet, holt Sugoroku die frisch gebackenen Brötchen aus dem Ofen, die ihren mehr als leckeren Duft in der Küche verströmen. Zufrieden mit dem Ergebnis, legt er sie auf das Gitter, damit sie auch von unten gut auskühlen können. Das heisse Blech in der Hand dreht sich Sugoroku um und sieht Rishido ruhig in der Tür stehen.

Da es langsam unangenehm warm in seiner Hand wird, legt er das Blech erst in die Spüle, ehe er sich dem grossen Mann zuwendet. „Guten Morgen Rishido. Konntest du wenigstens halbwegs gut schlafen?“ Aufmerksam mustert er den anderen. Dabei fällt ihm auf, dass dieser ziemlich müde aussieht.

Auf eine Antwort wartend, beginnt Sugoroku die Teller auf dem Tisch zu verteilen.
 

Sofort eilt Rishido zu dem Tisch. „Lassen Sie mich das machen, Meister Sugoroku.“ Bemüht alles richtig zu machen, stellt er die Tassen auf den Tisch und eilt schon beinahe in die Vorratskammer, wo er allerdings auf Meister Sugoroku warten muss, da er nicht weiss, was er rausbringen soll.

Mit einem versteckten Schmunzeln drückt Sugoroku ihm diverse Sachen in die Hände. Das letzte Glas Honig trägt Sugoroku aber selbst.

Vorsichtig, damit er auch ja nichts fallen lässt, trägt Rishido sie zum Tisch und stellt sie darauf ab. Sorgfältig verteilt er die Marmelade, die Butter, den Käse und die geschnittene Wurst auf die der freien Fläche zwischen den Tellern und Tassen.

Kaum ist er fertig, bemerkt er das Glas Honig, das nun unauffällig direkt vor Yamis Teller steht.
 

In dem Moment kommt Yugi in die Küche. „Guten Morgen.“ Nur ein wenig erstaunt bemerkt er, dass Rishido auch schon da ist. Schliesslich weiss er von Jono, dass der andere ein Frühaufsteher ist.

Ohne ihn aber weiter zu beachten, geht er zu seinem Platz. Dort steht die noch leere Tasse, die er sich auch gleich nimmt und sie mit zum Herd nimmt, wo sein Lebenselixier, auch Schwarztee genannt, auf der heissen Herdplatte in einer grossen Teekanne vor sich hin dampft.

Doch anders als es Rishido erwartet, füllt sich Yugi nicht nur seine eigene Tasse, sondern nimmt den Krug mit zum Tisch, wo er auch die anderen Tassen füllt, ehe er den Krug neben dem Brötchenkorb abstellt.
 

Erleichtert, dass er es noch vor dem Regen geschafft hat, wieder ins Haus zu kommen, wäscht sich Yami die Hände und wundert sich, dass er nur die Stimmen von Yugi und Sugoroku hört, die sich über diverse Lebensmittel unterhalten, die heute wohl gekauft werden müssen. Denn sicher ist auch Rishido schon wach.

Als er in die Küche kommt, bestätigt sich sein Verdacht. Alle drei sitzen schon am Tisch und scheinen nur auf ihn zu warten. Mit einem entschuldigenden Lächeln zu Yugi und Sugoroku setzt sich Yami auf seinen Stuhl. „Guten Morgen. Entschuldigt, dass ich so spät bin, aber ich habe gestern vergessen, einen neuen Heuballen zu lockern.“ Kaum hat er fertig gesprochen, greift Yami nach dem Honigglas und gibt sich eine grosse Portion in den immer noch heissen Tee.

Natürlich bemerkt er dabei den fragenden Blick von Rishido. Allerdings will er sich jetzt noch nicht mit dem anderen befassen. Weshalb er einfach so tut, als würde er ihn nicht sehen.
 

Aufmerksam beobachtet Sugoroku Yami und Rishido, dabei stellt er erleichtert fest, dass sich Yami wieder mehr oder weniger so verhält wie sonst auch. Offensichtlich hat der Junge nur etwas Zeit gebraucht, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.

Allerdings fällt ihm auch auf, dass Rishido ziemlich überfordert wirkt, was ihn verwundert. Hat doch dieser immer einen sehr selbstsicheren Eindruck auf ihn gemacht. Doch dann fällt ihm ein, dass Yami am Anfang genauso unsicher gewesen ist. Als der nicht wusste wie er sich Verhalten soll.

Da er gespannt ist, was Rishido tun wird, sagt er aber erstmal nichts. Sondern nimmt sich genau wie Yugi und Yami ein Brötchen. Wie er es erwartet hat, greift Rishido jetzt auch in den Brötchenkorb und beginnt langsam zu essen.
 

Beruhigt, dass Rishido wohl durch seine Zeit bei Jonouchi schon viel gelernt hat wendet sich Sugoroku wieder Yami zu. „Ich werde nach dem Frühstück mit Blacky einkaufen gehen und dann auch gleich beim Gefängnis vorbeigehen, um Jono zu besuchen.“
 

Da Yami merkt, dass Sugoroku mit ihm redet, sieht er ihn an, nachdem er runtergeschluckt hat. „Ist gut Grossvater, dann mache ich Blacky nachher fertig. Soll ich dich dann begleiten oder gehst du allein?“, fragend sieht er den alten Mann an, der jedoch den Kopf schüttelt. „Nein Yami, mir ist es lieber wenn du hierbleibst. Allerdings werde ich Rishido mitnehmen, damit er vielleicht auch selbst noch mit Jono reden kann.“ Lächelnd sieht Sugoroku von Yami zu Rishido, der ihn mit einem überraschten, aber auch dankbaren Ausdruck in den Augen ansieht.
 

Irgendwie enttäuscht, dass er nicht mitdarf, schliesslich ist es auf dem Markt immer sehr interessant, nickt Yami. Allerdings ist er auch erleichtert, dass Rishido so eine Weile nicht da ist. Auch wenn es unfair dem anderen gegenüber ist, so fühlt er sich einfach wohler, wenn er dem anderen in der Schmiede gegenübersteht und nicht hier in seinem Zuhause. „Ist gut, dann kann ich ja in der Zeit anfangen das Lager so aufzuräumen, dass wir dann am Mittwochnachmittag die Heulieferung schneller einräumen können.“ Nun blickt er zu Yugi. „Wann kommt eigentlich die Strohlieferung? Wenn ich mich richtig erinnere, sollte die doch auch diese Woche kommen.“

Einen Schluck von seinem Tee trinkend, wartet er geduldig auf die Antwort, da er sehen kann, dass Yugi erst nachdenken muss.
 

Tatsächlich geht Yugi in Gedanken seinen ganzen Terminkalender durch, ehe ihm einfällt, wann das Stroh geliefert werden soll. „Das sollte am Freitag im Laufe des Morgens kommen, wir haben also genug Zeit, das Heu richtig einzulagern und werden sicher locker fertig, wenn wir uns ranhalten. Besonders da wir ja zu dritt und nicht nur zu zweit sind“, lächelnd nickt er leicht zu Rishido, als er den verwirrten Blick von Yami bemerkt. „Du musst das sicher nicht allein machen. Ich hatte geplant, dass wir beide das gemeinsam machen und Grossvater in der Zeit den Laden übernimmt und da Rishido uns sicher auch hilft, sind wir dann logischerweise zu dritt.“ Zufrieden bemerkt er, dass Rishido zustimmend nickt.

„Natürlich werde ich euch und Yami helfen Meister Yugi.“ Erleichtert, dass er nicht nur rumsitzen und nichts tun wird, blickt Rishido schon beinahe dankbar zu Meister Yugi, weil ihm dieser zumindest für die nächsten Tage eine Aufgabe gibt. Gibt es für ihn doch kaum eine grössere Strafe als über längere Zeit nichts tun zu dürfen.
 

Zwar passt es Yami nicht wirklich, dass er nicht nur die Nähe des anderen ertragen, sondern auch noch mit ihm zusammenarbeiten muss, trotzdem neigt er zustimmend den Kopf.

Nach dem Frühstück stellt Yami sein Geschirr nur noch in die Spüle, ehe er in den Stall geht um Blacky für den Besuch des Marktes vorzubereiten.

Er ist gerade dabei, dem Wallach die Körbe auf den Rücken zu schnallen, als Sugoroku und Rishido in den Hinterhof kommen. Zum Glück hat er Blacky in weiser Voraussicht angebunden, denn sonst wäre er bestimmt beinahe von ihm umgerannt worden. So ist er nur halb taub, da Blacky seinen Menschen lautstark begrüsst, bevor er zufrieden brummelt, weil er von Sugoroku zwischen den Ohren gekrault wird.

„So ich bin fertig. Die Gurte sind alle festgezogen. Allerdings weisst du ja, dass du den Hauptgurt nach ein paar Minuten nochmal kontrollieren musst. Da er sich ab und zu gern mal aufbläst.“

Mit einem letzten Tätscheln auf Blackys Hals übergibt Yami Sugoroku die Zügel und sieht dann Rishido ernst an. „Pass mir gut auf die beiden auf.“
 

Dieser Satz lässt Rishido nur eine Augenbraue hochziehen. Da er gerade daran denken muss, wie er und Meister Jonouchi ihm und Meister Yugi geholfen haben. „Keine Sorge, ich werde auf Meister Sugoroku und das Pferd aufpassen.“ Versucht dieser die Sorge von Yami zu zerstreuen. Weil er erkennen kann, dass sich der andere wirklich Sorgen macht. Schon erstaunlich, wie Yami an seinen Besitzern zu hängen scheint. Das ist wirklich ungewöhnlich.
 

Nur ein wenig beruhigt nickt Yami. „Also, dann bis später“, kurz zögert er. „Sagt Jonouchi bitte einen Gruss von mir und dass es mir leidtut, dass er im Gefängnis ist.“
 

Als Sugoroku das hört, kann er sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Das werden wir machen. Bis später Yami.“ Mit dem Strick führt er Blacky neben sich her durch das Tor, während ihm Rishido, wie es für einen Sklaven eigentlich üblich ist, mit ein paar Schritten Abstand folgt.
 

Nachdem die drei aus seinem Blickfeld verschwunden sind, geht Yami in den Stall um Rocky aus seiner Box zu holen. Schliesslich muss der Gute auch geputzt und bewegt werden.

Sorgfältig streicht er mit der weichen Bürste, die Rocky so sehr liebt immer wieder über dessen Fell, bis es in der Sonne nur so glänzt und kontrolliert dann die Hufe. Dabei ist er mehr als froh, dass sie erst vor kurzem mit den beiden Pferden bei Jono gewesen sind, denn nur ungern würde er sie einem anderen Schmied anvertrauen.

Einen Moment überlegt Yami, was er machen soll. Doch dann holt er das gute alte Knotenhalfter und die Longe. Artig senkt Rocky seinen Kopf, damit er es ihm besser anziehen kann und dann geht es schon los.

Weil der Brunnen so ziemlich in der Mitte des Platzes ist, stellt er sich mit dem Rücken zu diesem hin und läuft immer um ihn herum, während er mit Rocky arbeitet. Leider besitzen die Mutos keine Longierpeitsche und da sie auch keine Kutschenpeitsche nutzen, ist Yami darauf angewiesen, dass Rocky allein auf seine Stimme und Körpersprache hört. Weshalb er am Anfang mit einer relativ kurzen Distanz begonnen hat, aber nun schon die ganze Länge der Longe nutzen kann.
 

Nach ungefähr einer Stunde, in der sie viel gearbeitet haben, bindet Yami Rocky wieder am Anbindebalken fest und putzt ihn nochmals gründlich durch und massiert ihn auch ein wenig neben der Wirbelsäule, da dieser das liebt.
 

Einen Moment überlegt Yami, doch dann geht er zum Tor und spannt die beiden Seile, die er vor ein paar Wochen dort angebracht hat, so zwischen die Pfosten, dass Rocky nicht raus kann. Dann lässt er den Wallach frei im Hof laufen und verteilt auch einen Arm voll Heu im Hof damit Rocky beim Fressen etwas herumlaufen muss.
 

Unterdessen geht Yami ins Heulager und beginnt die übrigen Heuballen so an die Wand zu legen, dass sie die neuen Ballen ohne Probleme hinten an die Wand stapeln können, ohne dass sie immer um die alten herumlaufen müssen. Nur sind diese verdammten Heuballen so verdammt schwer, dass er am liebsten warten würde, bis Sugoroku und Rishido zurück sind, damit ihm dieser oder Yugi helfen kann. Doch hat er sich vorgenommen das jetzt zu erledigen.

Weshalb er mehr als froh ist, als endlich der letzte Ballen an seinem neuen Platz liegt. Mit einem schmerzenden Rücken, den er deshalb immer wieder durchdrückt, holt Yami den Besen und beginnt die frei gewordene Fläche zu fegen. Schliesslich soll der Boden sauber sein, wenn sie die neuen Heuballen einlagern.
 

Bevor er sich auch an die Seite macht, wo sie die Strohballen lagern, geht er mal nach draussen, um zu sehen, was Rocky so treibt. Mit einem breiten Grinsen beobachtet Yami ganz ruhig dastehend, wie der Wallach zufrieden mitten auf dem Hof liegt und die Sonne am Geniessen ist.

Als er wieder ins Lager gehen will, hört er die vertrauten Hufschläge von Blacky und wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, dann hätte ihm Rockys Verhalten alles gesagt. Da dieser sofort aufspringt und laut wiehernd zu den Seilen geht, um seinen Kumpel zu begrüssen.

Sofort folgt Yami dem Wallach zum Tor und greift nach dem Halfter. „Na komm mein Junge.“ Ganz ruhig führt er ihn zurück in die Box und schliesst die Tür sorgfältig hinter sich. Nicht, dass Rocky noch stiften geht.
 

In dem Moment, wo er die Seile wieder an der einen Seite aufgehängt hat, kommen Sugoroku und Rishido mit dem bepackten Blacky bei ihm an. Unbewusst lässt Yami daraufhin seinen Blick erst über den alten Mann und dann zu Blacky schweifen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist.

Rishido beachtet er gar nicht, da dieser wieder ein paar Schritte weiter hinten geht und ausserdem auf der anderen Seite des Pferdes läuft, so dass er gar nicht in seinem direkten Blickfeld ist.
 

Innerlich schmunzelt Sugoroku über den besorgten Ausdruck in Yamis Augen. „Hallo Yami. Und bevor du fragst. Es ist alles in Ordnung, wir haben auf dem Markt alles bekommen und ich konnte auch mit Jono sprechen, es geht ihm zum Glück gut. Er hat sich übrigens über deine Grüsse gefreut und grüsst dich zurück“, lächelt er ihn an.
 

Erleichtert, dass der alte Mann seine stumme Frage verstanden hat, läuft Yami neben Sugoroku her. „Entschuldige. Hallo Grossvater. Ich bin froh, dass alles gut gegangen ist und dass es Jonouchi gut geht.“ Kaum hat er fertig gesprochen, hört er Rishido hinter sich laut einatmen. „Was ist?“, fragend dreht er sich halb zu dem anderen um und sieht ihn fragend an. Dabei bemerkt er dessen erschrockenen Blick. „Du nennst Meister Jonouchi einfach so bei seinem Namen?“

Bei dieser Frage zieht Yami seine Augenbrauen zusammen. „Wieso sollte ich das nicht machen? Er hat mir das letzte Mal, als wir bei euch waren gesagt, dass ich ihn Jonouchi oder Jono nennen soll. Nur da mir Jono dann doch etwas zu persönlich ist, habe ich mich für Jonouchi entschieden. Ich bin sicher, dir hat er das Gleiche angeboten.“

Während er geredet hat, sind sie beim Anbindebalken angekommen, wo sie Blacky festmachen. „Soll ich beim reintragen helfen?“ Zwar stellt Yami die Frage, aber er fängt gleichzeitig an die Körbe auszuräumen.
 

Was Sugoroku mit einem breiten Grinsen beobachtet. „Ja gern. Du weisst ja wo du alles hinstellen musst.“ Nebenbei zupft er Yami den ein oder anderen Heuhalm vom Shirt, ehe er sich wie Rishido und Yami auch ein paar Lebensmittel greift um sie auch ins Haus zu tragen.
 

Schwer beladen gehen die drei Männer ins Haus und weiter in die Küche, wo sie die Lebensmittel auf dem Tisch abstellen. Während Yami, gefolgt von Rishido, wieder rausgeht, räumt Sugoroku in aller Ruhe die Lebensmittel in die zum Glück noch kühle Vorratskammer. Dabei hofft er, dass dies noch eine Weile so bleibt und der Sommer nicht zu heiss wird. Würde das doch bedeuten, dass er alle zwei Tage zum Markt muss, da sie keine Möglichkeit haben, die Speisen kühl zu halten.
 

In Rekordzeit haben Yami und Rishido die Körbe geleert und während Yami nun Blacky liebevoll versorgt und ihm einen Apfel als Belohnung gibt. Interessanterweise sind die beiden Pferde was Belohnungen angeht komplett verschieden. Während für Rocky eine schöne Rückenmassage die wohl schönste Belohnung ist, findet Blacky diese gar nicht toll, sondern will viel lieber einen Apfel oder eine Karotte haben.

Allerdings hat er ein paar Monate gebraucht, bis er das herausgefunden hatte.

Inzwischen ist es schon beinahe Zeit für’s Mittagessen, weshalb Yami nun schnell die Wassertröge füllt und dann die gefüllten Heunetze in die Boxen hängt. Wobei er aber Rocky etwas weniger gibt, da dieser ja schon vorhin im Hof gefressen hat.

Erst als sich Yami sicher ist, dass die beiden Pferde gut versorgt sind, geht er ins Haus und wäscht sich wie immer gründlich die Hände.
 

Gleichzeitig mit Yugi, der auch erst mit Verspätung den Laden schliessen konnte, da sich diesmal ein männlicher Kunde nicht zwischen schwarzen Samt und Seide entscheiden konnte. Zudem ist dieser Herr einer der wenigen Kunden, die aus der Magistadt zu ihm kommen.

Was für ihn bedeutet, dass er mit einem einzigen Kunden beinahe seinen ganzen Tagesumsatz machen kann.
 

Kaum sind sie in der Küche stellt Sugoroku die heissen Pies auf den Tisch. Die er wieder auf dem Markt gekauft hat und da sie eine Person mehr sind, hat er diesmal zwei von den Fleischkuchen gekauft.
 

Kaum hat sich Yugi hingesetzt und ein Stück Pie auf dem Teller, hält er es nicht mehr aus. „Konntest du Jono sehen? Wie geht es ihm? Wie lange muss er im Gefängnis bleiben?“, bombardiert er regelrecht seinen Grossvater mit Fragen, bis dieser lachend die Hände hebt.

„Yugi bitte, lass deinen alten Grossvater bitte leben und zu Wort kommen.“ Woraufhin sein Enkel knallrot anläuft.

Bevor sich Sugoroku an Yugis Fragen macht, trinkt er einen Schluck Wasser. „Also. Ich konnte Jono sehen, während Rishido auf Blacky aufgepasst hat. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, nur ärgert er sich wie immer über die parteiischen Richter, die seine Aussage gar nicht hören wollten, sondern ihn schon nach fünf Minuten zu den üblichen zwei Wochen im Gefängnis verurteilt haben. Ausserdem ist er wirklich erleichtert, dass Rishido bei uns ist.“

Während Sugoroku ruhig erzählt und dabei wohlweislich auslässt, was ihm Jonouchi sonst noch erzählt hat, hört ihm nicht nur sein Enkel aufmerksam zu. Auch Yami und Rishido hängen schon beinahe an seinen Lippen.
 

Nach dem Mittagessen hilft Yami Yugi noch dabei die Küche aufzuräumen, ehe er wieder in den Stall, besser gesagt ins Heulager geht, um nun auch die letzten Strohballen zur Seite zu tragen. Schliesslich hat er keine Lust, dies nach der Heulieferung noch machen zu müssen.

Er hat gerade den ersten Ballen mit einem Ächzen an seinen neuen Platz gewuchtet, als er Rishido bemerkt, der still in der offenen Hälfte der Doppeltür steht und ihn abschätzend ansieht. Weshalb Yami plötzlich unsicher wird und instinktiv zurückweicht, als Rishido auf ihn zukommt.

„Yami, ich muss mit dir reden.“ Durchdringend sieht er den kleineren Mann mit verschränkten Armen an.

Dies ist zu viel für Yami. Nur mit Mühe kann er die Stimme der Panik in seinem Inneren noch unterdrücken. Da er Rishido in dem dämmrigen Licht, das im Lager herrscht, nur undeutlich erkennen kann. „Ich... weiss nicht... was wir zu besprechen haben sollten.“ Bemüht den anderen seine Angst nicht anmerken zu lassen, dreht sich Yami um und will schon zu den Strohballen gehen, als er plötzlich fest am Oberarm gepackt wird.

Augenblicklich schieben sich Bilder aus seiner Vergangenheit vor sein inneres Auge. „Fass mich nicht an!“ Instinktiv befreit er sich und versetzt dem Grösseren einen Schlag gegen den Unterarm, ehe er sich nun wirklich panisch in die hinterste Ecke flüchtet und sich neben einem Strohballen kauert.
 

Geschockt von der Reaktion starrt Rishido den zusammengekauerten Yami an, der sich möglichst klein macht und sich immer wieder hin und her wiegt. Vorsichtig geht er zu ihm. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Um die Aufmerksamkeit des anderen zu bekommen berührt er ihn an der Schulter, was aber eine vollkommen andere Reaktion auslöst, als er es gern hätte. Denn Yami wimmert nur leise auf. „Nein, bitte nicht.“ Dabei versucht er sich noch mehr in die Ecke zu drücken und zittert nun am ganzen Körper.
 

Hilflos steht Rishido wieder auf und geht langsam rückwärts bis zur Tür. Eigentlich will er den anderen nicht allein lassen, aber er muss einfach Meister Sugoroku holen. Kaum ist er bei der Tür angekommen, rennt Rishido über den Hof und in die Küche. Wo er Meister Sugoroku ein Buch lesend vorfindet. „Meister Sugoroku“, keuchend bleibt er in der Küchentür stehen. „Sie müssen mitkommen. Es ist wegen Yami!“
 

Alarmiert lässt Sugoroku das Buch sinken und springt regelrecht auf. „Ich komme!“ So schnell wie möglich eilt er zu Rishido und folgt ihm bis ins Heulager ohne eine Frage zu stellen. Als er dann aber den zusammengekauerten Yami sieht, läuft er deutlich langsamer bis er vor ihm in die Hocke geht. „Was ist passiert?“, fragend sieht er Rishido an, der hilflos und schuldbewusst dasteht. „Ich wollte mit ihm reden und weil er weggehen wollte, habe ich ihn am Arm festgehalten. Er hat sich aber losgerissen und ist seitdem in diesem Zustand.“

Geschockt, da er sich vorstellen kann, was das ausgelöst haben könnte, schliesst Sugoroku kurz die Augen, ehe er sich wieder Yami zuwendet.

„Yami, sieh mich bitte an.“ Ganz sanft redet er mit ihm während er vorsichtig die Hand auf dessen Schulter legt. Allerdings zieht er sie sofort wieder weg, als wieder nur ein verängstigtes Wimmern zu hören ist und sich die Muskeln unter seinen Fingern verspannen.

Bemüht keine hektischen Bewegungen zu machen steht Sugoroku auf und geht zu Rishido, der immer noch in der Tür steht. „Ich hole Yugi. Bleib hier und pass auf, dass sich Yami nichts antut.“ Ernst sieht er den grossen Ägypter an, der trotz der braunen Haut schneeweiss im Gesicht ist. „Ist gut, Meister Sugoroku.“
 

So schnell ihn seine alten Beine tragen, eilt Sugoroku in den Laden, den er gleichzeitig mit dem nächsten Kunden betritt. „Guten Tag. Ich bin gleich für Sie da“, fällt er seinem Enkel ins Wort.

Als er dann von ihm fragend angesehen wird. Nimmt er ihn ein wenig zur Seite, so dass sie der Kunde nicht verstehen kann. „Yugi“, beginnt er leise. „Geh so schnell wie möglich ins Heulager. Yami scheint eine Art Panikattacke zu haben und du bist der Einzige, der ihn beruhigen kann. Ich übernehme für dich den Laden.“
 

Geschockt nickt Yugi und rennt regelrecht raus.
 

Daraufhin wendet sich Sugoroku mit einem professionellen Gesichtsausdruck dem Kunden zu. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
 

Heftig atmend stürmt Yugi regelrecht ins Heulager, bleibt dann aber wie angewurzelt stehen, als er Yami so sieht. Hat er doch am Morgen noch sie selbstbewusst gewirkt. Rishido vollkommen ignorierend geht er zu ihm und kniet sich direkt vor ihm hin. „Yami, was ist passiert?“, besorgt streckt er seine Hand aus. „Nicht, Meister Yugi. Jedes Mal, wenn man ihn anfasst verkriecht er sich noch mehr in die Ecke.“ Wird er von Rishido aufgehalten, der unbeweglich an der Wand neben der Tür steht.
 

Mit einem ernsten Blick wendet sich Yugi ihm zu. „Danke.“ Eigentlich will er den anderen wegschicken, aber als er sieht, wie besorgt dieser ist, ändert er seine Worte um. „Wenn du willst kannst du auch gehen.“ Wie er es erwartet hat, schüttelt Rishido unsicher den Kopf. „Okay, aber versuch nicht näher zu kommen, ehe ich es dir sage.“

Nicht auf die Bestätigung des anderen wartend, wendet sich Yugi wieder Yami zu.

Noch einmal streckt er seine Hand aus, allerdings legt er sie hauchzart auf dessen Hände, die Yami um seine Beine geschlungen hat. „Yami.“ Geduldig wartet er ab und bewegt sich nicht, bis er spürt, dass sich die Hände unter seinen Fingern bewegen und sich dann schmerzhaft an ihm festkrallen.
 

Ihre verschlungenen Hände geben Yami eine Art Fixpunkt. Durch den er es nach einer gefühlten Ewigkeit schafft seine Panik so weit zurück zu drängen, dass er es schliesslich schafft den Kopf zu heben und in Yugis besorgtes Gesicht zu sehen. Plötzlich wird das Bedürfnis nach Schutz übermächtig, weshalb er sich nun regelrecht in dessen Arme wirft.
 

Diese Bewegung kommt für Yugi so überraschend, dass er einen Moment um sein Gleichgewicht kämpfen muss, ehe er die Arme um seinen Freund schlingt und ihn fest an sich zieht. „Ich bin ja da. Du musst keine Angst haben.“ Bewusst versucht er seine Stimme so ruhig zu halten, wie es ihm sein Grossvater mal erklärt hat.
 

An der Wand stehend beobachtet Rishido still die Szene und kann es kaum glauben was er da sieht. Noch nie hat er so ein tiefes Vertrauen gesehen, wie es Yami gerade seinem Meister gegenüber zeigt.
 

Sich an Yugi festkrallend versucht Yami krampfhaft seine Erinnerungen zurückzudrängen. Allerdings schafft er es nicht, weshalb er zu dem einzigen Mittel greift, das ihm einfällt und das auch von seiner inneren Stimme immer deutlicher verlangt wird.

„Meine... letzten Besitzer waren Brüder. Als ich... in ihren Haushalt gekommen bin, hatten sie schon einen... Lustsklaven, Cain. Der... Rishido ziemlich ähnlich gesehen hat“, beginnt Yami stockend zu erzählen. „Der Eine war eigentlich ganz in Ordnung. Er hat mich nur immer, wenn es ihm gepasst hat, genommen, aber er war zum Glück nicht wirklich brutal oder grausam.“
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi zurückhalten. Wenn Yami so etwas Glück nennt, wie ist es ihm denn da sonst ergangen? Sagen tut er aber nichts, hat er doch Angst, dass sein Freund aufhört zu erzählen. Dabei ist das laut seinem Grossvater unglaublich wichtig.
 

„Aber sein Bruder... war ganz anders“, nun beginnt Yamis Stimme deutlich zu zittern. „Er hatte einen Raum, den er sein Spielzimmer genannt hat. Immer... wenn er mich da hin gezerrt hat... hat er mir gesagt, dass er mich liebt und wir nun darum ein paar Stunden Spass haben werden.“
 

Geschockt hört Rishido den leisen Worten zu. Zwar ist er kein Lustsklave. Trotzdem musste er auch manchmal in ein sogenanntes Spielzimmer und weiss daher genau, dass diese Zimmer eher Folterkammern gleichen.
 

„Als ich mal noch Tage später solche Schmerzen hatte, dass ich mich kaum bewegen konnte, habe ich mich gewehrt, als er mich schon wieder in das Zimmer zerren wollte.“ Yami will nicht weiterreden, aber es ist wie ein Zwang. „Ein paar Stunden später hatten die Brüder Besuch von 5 guten Freunden, die auch ihre Sklaven mitgebracht haben. Ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht, bis ich von Cain brutal am Arm gepackt worden bin. Ich war so geschockt, dass ich mich gar nicht gewehrt habe. Vor allem konnte ich mir nicht vorstellen, was dieser mit mir vorhatte. Er hat mich in das Spielzimmer gezerrt, wo ich geschockt feststellen musste, dass nicht nur die beiden Brüder, sondern auch ihre Gäste und dessen Sklaven anwesend waren.“
 

Mit leichten Streichelbewegungen auf Yamis Rücken versucht Yugi schon beinahe verzweifelt seinen Freund ein wenig zu beruhigen und ihm so zu zeigen, dass er für ihn da ist.
 

„Cain hat mich regelrecht vor die Füsse der Brüder geworfen, die mich nur mit einem Blick angesehen haben, der mich das Schlimmste ahnen liess. Leider hatte ich Recht. Sie haben mir gesagt, dass ich die Ehre hätte bei einem ihrer Sklavenfeste die Hauptrolle zu spielen.“ Bei der Erinnerung daran, beginnt Yamis Körper regelrecht zu beben.

„Kaum hatten sie fertig gesprochen, wurde ich wieder von Cain gepackt. Diesmal habe ich mich gewehrt und habe ihm dabei ein blaues Auge verpasst“, nun kann Yami seine Tränen nicht mehr länger unterdrücken. Weshalb er die nächsten Worte nur noch stockend hervorbringt. „Sie... haben mich... auf eine Art Tisch gefesselt... und dann haben sie ihre Sklaven... auf mich gehetzt.“ Schluchzend vergräbt Yami sein Gesicht an Yugis Schulter. Es dauert lange, bis er weiterreden kann, aber es muss einfach raus. „Sie haben dabei kein Öl benutzt und als ich vor lauter Schmerzen schon beinahe bewusstlos war, hat mir der erste Bruder einfach seinen... seinen... in meinen... Mund...“, Yami schafft es einfach nicht mehr weiter zu sprechen, sondern klammert sich nun nur noch fester an Yugi, weint nun all seinen Schmerz heraus.
 

Von dem gehörten geschockt ist Rishido an der Wand nach unten gerutscht und sitzt nun mit angezogenen Knien da. Jetzt ist es wirklich mehr als verständlich, dass Yami sich ihm gegenüber so verhalten hat. Wenn er diesem Cain so ähnlich sieht. Eigentlich ist es schon ein Wunder, dass Yami dies seelisch überlebt hat.
 

Mit Tränen in den Augen hält Yugi seinen Freund fest und versucht irgendwie das was er gehört hat zu verstehen. Immer wieder streichelt er über Yamis Rücken. „Yami.“ Dabei wiegt er ihn wie ein kleines Kind hin und her.
 

Was keiner der drei weiss, ist, dass Sugoroku auch alles gehört hat. Denn nachdem der Kunde weg gewesen ist, hat er es nicht mehr ausgehalten, weshalb er kurzerhand den Laden geschlossen hat. Wütend, wie schon seit Jahren nicht mehr, ballt er die Hände zu Fäusten und würde diese Scheisskerle am liebsten eigenhändig umbringen.
 

Yami braucht lange, bis er sich soweit beruhigt hat, dass er auch noch den Rest erzählen kann. Doch dann löst er sich mit grösster Willenskraft so weit von Yugi, dass er ihm bei dem, was er jetzt sagen will in die Augen sehen kann. „Im Morgengrauen haben sie mich endlich von dem Tisch losgebunden. Dabei haben sie gemerkt, dass ich hohes Fieber hatte“, fest blickt er in die amethystfarbenen Augen. „Darum gaben sie Cain den Befehl mich so lange in eiskaltes Wasser zu drücken, bis meine Haut kalt gewesen ist.“ Obwohl er es will, kann Yami den Blickkontakt nicht mehr länger ertragen.

Aus einem Impuls heraus legt er eine seiner Hände in Yugis Nacken und lehnt sich mit seiner Stirn an dessen Stirn an. „Obwohl ich kaum stehen, geschweige denn laufen konnte, haben sie mich zum Sklavenmarkt verfrachtet und an den Händler verkauft, bei dem du mich gefunden hast.“

Die ganze Zeit über hält er die Augen geschlossen. Doch nun öffnet er sie und blickt Yugi, ohne sich weiter zu bewegen, wieder direkt an. „Yugi, wenn du mich nicht gekauft hättest, wäre ich jetzt nicht mehr am Leben. Denn ich wollte nur noch sterben, darum war ich auch so frech zu dir. Denn ich wusste, dass der Händler Sklaven umbringt, wenn sie krank sind und er sie nicht verkaufen kann. Doch du hast dich davon nicht abschrecken lassen... und den Rest kennst du.“ Yami ist selbst überrascht, wie fest seine Stimme beim Ende seiner Erzählung geklungen hat.

Nun muss er nur noch eine Sache loswerden. „Yugi, ich habe eine Bitte an dich“, beschwörend sieht Yami ihn an. „Was für eine Bitte hast du. Ich tu alles was du willst.“

Nun holt Yami tief Luft, denn diese Bitte fällt ihm wirklich schwer. Denn von Sugoroku weiss er, dass dieser Yugi nichts davon gesagt hat, dass er ihr Gespräch belauscht hat. „Bitte... sag mir nie, dass... du mich liebst.“ Ängstlich wartet er auf die Reaktion von Yugi, wagt es dabei nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Geschweige denn ihren Körperkontakt zu lösen.
 

Nach diesen Worten wird Yugi endlich klar, warum sich Yami nach dem Onsen plötzlich so anders verhalten hat. „Du hast gelauscht?“, eigentlich sollte er deswegen wütend sein, aber im Gegenteil. Er ist erleichtert, dass sein Freund von seinen Gefühlen weiss und ihm trotzdem vertraut.

Yugi spürt Yamis Nicken eher, als dass er es sieht. „Ich werde es nicht sagen.“ Aus einem Impuls heraus zieht er seinen Freund fest in seine Arme. „Ich bin froh, dass ich dich auf dem Markt gefunden habe.“
 

Während sich Yugi und Yami aneinander festhalten, steht Rishido mit wackeligen Beinen auf und geht nach draussen, wo er Meister Sugoroku bemerkt, der mit geschlossenen Augen an der Wand lehnt und mit sich zu ringen scheint. Eigentlich will er sich leise an ihm vorbeischleichen. Doch in diesem Moment schlägt dieser die Augen auf und sieht ihn mit einem undefinierbaren Blick an.

Rishido will gerade etwas sagen. Irgendwas, nur um diese Stille zu durchbrechen, als eines der Pferde anfängt gegen die Boxentür zu schlagen.
 

„Die Pferde haben Hunger. Lass uns die vollen Netze holen und sie in die Boxen hängen.“ Sich mühsam zusammenreissend, schliesslich kann Rishido nichts für das was passiert ist, richtet sich Sugoroku auf. Freundlich winkt er den anderen wieder ins Heulager, wo er ihm möglichst leise die beiden Netze in die Hände drückt.
 

Als Blacky und Rocky zufrieden ihr Heu zupfen füllt Rishido noch die Wassertröge neu auf, während Meister Sugoroku wieder ins Heulager geht.

Er ist um diese Arbeit froh, denn so kann er seine wild kreisenden Gedanken etwas besser ignorieren.

Nachdem er den letzten Wassereimer geleert hat schnappt sich Rishido auch noch die Mistgabel und beginnt vorsichtig die Boxen auszumisten. Dabei hofft er, dass er keinen Fehler macht, denn eigentlich ist es ja die Aufgabe von Yami. Doch glaubt er nicht, dass dieser heute noch dazu in der Lage sein wird.
 

Unterdessen hat sich Sugoroku langsam neben Yugi und Yami hingekniet. „Rishido und ich werden alles erledigen. Kümmere du dich um Yami. Ich stelle euch dann das Abendessen in dein Zimmer, damit ihr eure Ruhe habt.“ Bewusst redet er nur mit seinem Enkel. Weil er sich vorstellen kann, dass nun jedes falsche Wort Yami nur noch mehr verletzen könnte.
 

Dankbar, dass sein Grossvater wie immer für sie da ist, nickt Yugi leicht. Während der alte Mann aufsteht und sie wieder alleine lässt. Sofort wendet er dann seine ganze Aufmerksamkeit wieder seinem Freund zu, der sich mit geschlossenen Augen in seine Arme kuschelt. Obwohl sich Yugi jetzt am liebsten verkriechen würde, damit er das Gehörte für sich verarbeiten kann, festigt er seinen Griff um Yami noch mehr, was diesen leise Seufzen lässt.

Yami geniesst die Sicherheit die ihm Yugi gerade bietet. Dabei hat er das Gefühl als wäre seine Seele von einer schweren Last befreit worden. Unbewusst lehnt er sich noch mehr an diesen schützenden Körper und wünscht sich gerade, dass die Welt aufhört sich zu drehen. Er weiss nicht wie lange er bei Yugi Kraft getankt hat, als er sich aus dessen Umarmung löst. Allerdings deutet das schwächer werdende Licht darauf hin, dass sie sehr lange hier auf dem Boden gesessen haben müssen.

Erschrocken sieht er zur offenen Tür. „Ich muss noch die Boxen ausmisten und die Pferde füttern.“ Yami will schon aufspringen, als er von Yugi zurückgehalten wird.
 

Seine Gefühle zurückdrängend lächelt Yugi seinen Freund beruhigend an. „Grossvater hat gesagt, dass er und Rishido sich um alles kümmern. Ausserdem sind sie mehrfach hier reingekommen und haben die Heunetze frisch gefüllt und ausgetauscht. Du musst dir also keine Gedanken machen.“

Mit einem vor Schmerzen leicht verzogenen Gesicht steht Yugi auf. Hat er doch stundenlang auf dem kalten Boden gekniet und das merkt er jetzt deutlich.

Seinen Freund an die Hand nehmend geht er mit ihm nach draussen und zeigt ihm so, dass er die Wahrheit gesagt hat. Stehen doch Blacky und Rocky zufrieden in ihren frisch eingestreuten Boxen und fressen an ihrer letzten Heuportion des Tages.

„Na komm, du willst sicher duschen oder ein heisses Bad nehmen. Grossvater hat auch sicher schon das Abendessen in unser Zimmer gestellt, damit wir in Ruhe essen können.“

Willenlos lässt sich Yami zum Hause führen, wo ihn Yugi entgegen der Regel, dass man erst die Hände waschen muss, direkt ins Badezimmer führt und ihm nach einem abschätzenden Blick einfach heisses Wasser in die Wanne laufen lässt.

„Ich bringe dir gleich deinen Schlafanzug. Wenn du willst, kannst du ja hinter mir die Tür abschliessen. Dann lege ich ihn einfach vor der Tür auf den Boden, nachdem ich dreimal geklopft habe. Sonst komme ich dann einfach rein.“ Mit einem letzten Blick auf seinen Freund geht Yugi raus.

Im Flur wartet schon Rishido auf ihn. „Meister Yugi, wie geht es ihm?“, besorgt blickt der grosse Mann auf die geschlossene Tür. Fühlt er sich doch schuldig, weil Yami so zusammengebrochen ist.

Erstaunt, dass sich Rishido nach Yami erkundigt. Muss Yugi einen Moment nachdenken, was er ihm sagen soll. Denn schliesslich hat dieser doch alles gehört, was im Lager gesprochen worden ist. „Es geht ihm den Umständen entsprechend. Du musst dir keine Sorgen machen. Yami ist ein Kämpfer und gibt nicht so schnell auf.“ Beruhigend legt er ihm die Hand auf den Oberarm. „Rishido, du musst dich nicht schuldig fühlen. Dieser Zusammenbruch war nur eine Frage der Zeit und es ist vielleicht ganz gut, dass es jetzt passiert ist.“ Als er den fragenden Blick von Rishido sieht versucht er seine Gedanken in Worte zu fassen. „Grossvater hat mir gesagt, dass je länger Yami schweigt, es immer schwieriger für ihn wird, das Ganze zu verarbeiten. Ausserdem kannst du ihm, wenn es nötig sein sollte, bei seinen Aufgaben helfen und du hast ja am Morgen gehört, dass diese Woche noch zwei Lieferungen kommen werden und ich bräuchte diese oder die nächste Woche noch Yamis Hilfe im Laden.“

Kurz blickt Yugi zur Tür. „So, ich muss jetzt aber wirklich Yamis Schlafanzug holen, sonst meint er noch, dass ich ihn vergessen habe.“ Mit einem beruhigenden Lächeln zu Rishido geht Yugi zur Treppe.
 

Nachdenklich bleibt Rishido zurück. Hat Meister Yugi doch mehr oder weniger das Gleiche gesagt wie Meister Sugoroku. Er nimmt sich vor, dass er den anderen in Zukunft mit deutlich mehr Vorsicht behandeln und ihn sicher nicht noch einmal einfach so ohne Vorwarnung anfassen wird. Zufrieden mit diesem Entschluss und erleichtert, dass ihm seine momentanen Meister keine Vorwürfe machen, geht Rishido wieder in die Küche. Wo er Meister Sugoroku beim Brotbacken helfen muss.
 

Von dem Gespräch hat Yami nichts mitbekommen, denn er liegt mit geschlossenen Augen in dem heissen Wasser und geniesst die entspannende Wirkung, welche die Hitze auf seine schmerzenden Muskeln hat. Er ist so weit weggedriftet, dass er nur am Rand mitbekommt, wie Yugi dreimal klopft und dann ins Badezimmer kommt.
 

„Ich lege dir den Schlafanzug auf den Hocker.“ Froh, dass sich Yami so sehr entspannt hat, dass er nun richtiggehend hochfährt, blickt er seinen Freund an. Absichtlich bleibt Yugi ruhig beim Hocker stehen, da dieser auf der anderen Seite des Raumes steht. „Ich bin es nur.“ Innerlich schmunzelnd über das Mienenspiel, das von erschrocken zu erleichtert und dann zu empört wechselt, lehnt sich Yugi mit dem Rücken an die Wand.

Erst als Yami sich wieder tiefer ins Wasser gleiten lässt richtet er sich auf. „Ich warte in unserem Zimmer mit dem Essen auf dich. Grossvater hat uns leckere belegte Brote gemacht und sogar kalten Tee mit Zitrone und Honig gezaubert.“ Mit einem letzten Blick auf seinen Freund geht Yugi raus und lässt die Tür demonstrativ hinter sich ins Schloss fallen.
 

Wieder allein lässt sich Yami ganz ins Wasser zurück gleiten. Nur fühlt er sich jetzt nicht mehr so sicher wie zuvor. Denn die Tür ist nicht abgeschlossen und Yugi wird nicht mehr zurückkommen. Aus diesem Grund steigt er schon nach ein paar Minuten aus der Wanne und nimmt sich das grosse Badetuch, was ihm Yugi zuvor hingelegt hat. So schnell wie möglich trocknet sich Yami ab und zieht sich dann seinen Schlafanzug an. Zwar läuft er nicht gern in diesem durchs Haus, aber die verschwitzten Klamotten will er nicht noch einmal anziehen.
 

Mit seinen Kleidern auf dem Arm läuft Yami durch den inzwischen dunklen Flur nach oben, der nur noch durch das Licht aus dem Wohnzimmer und Yugis Schlafzimmer erhellt wird.

In der Tür bleibt er stehen und sieht Yugi zu, wie dieser hochkonzentriert die Bewegungsabläufe übt, die er ihm schon gezeigt hat und er ohne Partner ausführen kann. „Du machst das schon richtig gut.“ Schmunzelnd, weil Yugi erschrocken zu ihm herumwirbelt geht Yami zu seinem eigenen Zimmer und legt dort seine Sachen in den Wäschekorb, den er seit ein paar Wochen in seinem Zimmer stehen hat.

Erstaunt bemerkt Yami, dass sein Stuhl nicht mehr beim Tisch steht, aber dann fällt ihm ein, dass Yugi etwas von Abendessen in seinem Zimmer erzählt hat. Also geht er wieder rüber und tatsächlich steht da sein Stuhl an Yugis Tisch.

Erst als er die belegten Brote sieht, merkt Yami wie hungrig er eigentlich ist. Mit knurrendem Magen setzt er sich zu Yugi der offensichtlich nur auf ihn wartet.

Kaum hat er sich hingesetzt greift er auch schon nach dem ersten Brot und beisst herzhaft zu.
 

Erleichtert, dass Yami immer noch mit Appetit essen kann, nimmt es ihm Yugi nicht übel, dass er kein Wort mit sagt. Ausserdem muss er noch überlegen, wie er Yami seinen Vorschlag unterbreiten soll. Nur leider hat er überhaupt keine Idee, weshalb er sich nach dem Essen auf sein Improvisationstalent verlässt.

„Du Yami“, beginnt er zögernd. „Ich möchte das Stofflager etwas umsortieren, so dass man die Stoffballen leichter findet.“

Aufmerksam hört Yami zu. „Das hört sich doch gut an, aber lass mich raten, du brauchst dafür meine Hilfe.“
 

Erstaunt, dass sein Freund so schnell versteht, was er von ihm will, nickt Yugi. „Ja und ich habe mir gedacht, da Rishido ja jetzt da ist, könnten wir das ja in den nächsten beiden Wochen erledigen.“ Kurz hält er inne. Doch diesmal scheint Yami nicht darauf zu kommen, was er ihm sagen möchte. „Also was ich dich noch Fragen wollte. Könntest du dir vorstellen, das Lager an den Nachmittagen zu sortieren, während Rishido... sagen wir mal... die Boxen ausmistet und den Stall in Ordnung hält?“
 

Sofort verschliesst sich Yamis Gesicht und er wird todernst. „Nein! Von mir aus kann Rishido Grossvater bei allem helfen, aber an die Pferde lasse ich ihn nicht.“ Mit verschränkten Armen sitzt Yami stocksteif da. Wieso will ihm Yugi seine Pferde wegnehmen!?
 

Resigniert senkt Yugi seinen Blick auf den leeren Teller, ehe er seinen Freund wieder ansieht. „Gut, dann machen wir es anders. Grossvater übernimmt an den Nachmittagen den Laden, während ich mit Rishido dann das Lager sortiere. Oder hast du einen besseren Vorschlag?“
 

Nachdenklich schaut Yami aus dem Fenster. „Ich kann das Meiste im Stall am Morgen erledigen. Bis auf das Füttern, aber das kann ich auch zwischendurch machen. Rishido könnte ja das Holz hacken, dann trocknet es soviel ich weiss schneller und wir müssen es dann nicht erst hacken, wenn wir es brauchen. Dass Grossvater an den Nachmittagen im Laden steht finde ich gut. Dann kannst du mir nämlich zeigen, wie du das Lager sortiert haben willst.“ Gespannt darauf, ob Yugi auf seinen Vorschlag eingeht, sieht Yami seinen... Yugi an.
 

Sprachlos über diesen Vorschlag sitzt Yugi mit offenem Mund da, bis sich Yami grinsend vorbeugt und ihm mit der Hand das Kinn nach oben drückt. „Mund zu, sonst fliegen die Fliegen rein.“

Nun versucht es Yugi mit Räuspern. Weil so ganz traut er seiner Stimme noch nicht. „Also...ähm... ja so können wir es auch machen. Aber erst wenn die Heu- und Strohlieferungen verstaut sind und das machen wir zu dritt.“ Zu seinem eigenen Erstaunen schafft er es die Sätze nach einem etwas holprigen Start ohne zu stottern auszusprechen.
 

Im Prinzip passt es Yami überhaupt nicht, dass ihnen Rishido helfen wird. Nur leider muss er zugeben, dass diese verdammten Ballen auf die Dauer verflixt schwer sind und es idiotisch wäre auf die Hilfe des anderen zu verzichten. Deswegen nickt er widerwillig. „Okay.“

Da für ihn nun alles klar ist, steht Yami auf, stellt die Teller zusammen und legt die inzwischen leeren Becher so darauf, dass sie nicht runterfallen können, wenn er nach unten geht.

Doch kaum hat er das gemacht, nimmt ihm Yugi das Geschirr ab. „Ich bringe es schnell nach unten. Ich muss sowieso noch ins Bad.“

Damit sein Freund nichts dagegen sagen kann, eilt Yugi so schnell es seine Last zulässt aus dem Zimmer.
 

In der Küche trifft er dann wie geplant seinen Grossvater, der lesend am Tisch sitzt. Das Buch allerdings sofort weglegt, als er seinen Enkel sieht. „Wie geht es ihm?“, besorgt schaut Sugoroku zu, wie Yugi die Teller und die Becher abwäscht.
 

„Er ist relativ gefasst. Wir kennen das ja bei ihm schon. Wie wir die nächsten Wochen organisieren könnten haben wir auch besprochen. Nur, nimmst du es mir übel, wenn ich es dir morgen erzähle, wenn Rishido auch dabei ist?“, fragend sieht Yugi seinen Grossvater an. Dieser nickt zu seiner Erleichterung. „Nein. Das macht auch mehr Sinn. Schliesslich betrifft es Rishido ja auch.“ Erleichtert aber auch ein wenig besorgt, dass sich Yami so schnell wieder erholt hat, greift Sugoroku wieder nach seinem Buch.
 

Spontan geht Yugi noch schnell zu seinem Grossvater und umarmt ihn von hinten. „Du bist der beste Grossvater, den ich mir nur wünschen kann. Schlaf gut und mach nicht mehr zu lange.“ Kurz drückt er ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, ehe Yugi wieder aus der Küche eilt. Hat er doch vorhin nicht gelogen, als er gesagt hat, dass er noch ins Bad muss.
 

Gerührt von der Geste und dem was Yugi gesagt hat sieht Sugoroku seinem Enkel nach. „Ich habe dich auch lieb mein Junge.“

Er ist sich nicht sicher, ob es sein Enkel noch gehört hat, aber das macht auch nichts. Ausserdem muss er nun unbedingt weiterlesen. Schliesslich weiss er nicht mehr, wer der Mörder ist. Zudem lenkt ihn das Buch von seinen Sorgen ab.
 

Als Yugi wieder ins Schlafzimmer kommt, steht Yami immer noch am Fenster und blickt in die Nacht hinaus. Obwohl kein Licht brennt, kann er dessen Gestalt deutlich erkennen, schliesslich brennt die Lampe unten auf der Strasse hell genug.

Um seinen Freund nicht zu stören geht Yugi nicht zu ihm, sondern legt sich direkt ins Bett.
 

Natürlich hat Yami gehört wie Yugi ins Zimmer gekommen ist. Weshalb er sich nach ein paar Minuten umdreht und zur Tür geht. Mit einem leisen Klicken schliesst er die Tür ab, bevor er sich zu Yugi ins Bett legt.

Da sich Yugi noch nicht umgedreht hat, liegt er noch mit dem Gesicht zu ihm da und weil sich Yami immer noch nach dessen Schutz sehnt, kuschelt er sich sofort an ihn ran.
 

Von dem Verhalten seines Freundes überrumpelt braucht Yugi einen Moment um die Situation zu verstehen. Doch dann legt er mit einem liebevollen Lächeln seine Arme um Yami und drückt ihn ein wenig an sich. „Schlaf gut. Ich bin da.“

Da sein Freund das Gesicht an seiner Brust vergraben hat, kann er ihn nicht direkt ansehen, aber er spürt dessen Nicken.
 

Yami ist erleichtert, dass ihm Yugi das gibt was er im Moment braucht. Nämlich Nähe und Schutz. Mit der Gewissheit, dass ihm nichts passieren kann, schläft er nach einer Weile vollkommen fix und fertig ein.

 

 

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Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Auch wenn ich das Kapitel geschrieben habe, macht es mich sprachlos.

 

Darum möchte ich mich nun hier, statt im Vorwort, bei all meinen Kommischreibern bedanken und auch bei Dyunica, die sich regelmässig mein Gejammer wegen Yami anhören muss.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel trotz allem gefallen und bitte lasst mich leben.

 

Eure mrs_ianto

 

 

Die Heulieferung

Hallo zusammen,

 

nachdem ich durch einen kompletten Festplattencrash schon gedacht hatte, dass ich das ganze Kapitel verloren habe, kommt es nun doch noch online.

Dafür musste ich aber auf meinen alten Laptop wechseln und da die Geschichte, die glücklicherweise beinahe stündlich als Backup gesichert wird (Was ich vergessen hatte), raufladen.

 

Danke darum an alle möglichen Götter, dass ich vor ein paar Tagen eine neue externe Festplatte bekommen habe, auf die nun täglich ein Backup landet.

 

So nun habe ich aber wirklich genug gelabert und wünsche euch viel Spass mit einem etwas überlangen Kapitel.

 

 

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Kapitel 29: Die Heulieferung

 

 

Ausnahmsweise wacht Yugi am Morgen vor Yami auf, der sich immer noch in seine Arme kuschelt. Lächelnd sieht er auf seinen schlafenden Freund, der sich in der Nacht keinen Millimeter von ihm wegbewegt hat.

Zwar hat er dadurch selbst ziemlich schlecht geschlafen, aber das ist Yugi egal. Schliesslich ist es meistens eher umgekehrt. Nämlich dass er sich in die Arme seines Freundes kuschelt, wenn er aufwacht. Ausserdem ist es ein schönes Gefühl zu wissen, dass Yami ihm so sehr vertraut.
 

Während Yugi ganz ruhig daliegt, lässt er seine Finger langsam zu Yamis Gesicht gleiten und streift ihm vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, eine seiner blonden Haarsträhnen aus dem Gesicht. Eigentlich wollte Yugi seine Hand danach wieder zurückziehen, aber er kann sich nicht länger zurückhalten. Weshalb er seine Fingerspitzen wie einen Hauch über die weiche Haut auf Yamis Wange gleiten lässt.

Sehnsüchtig lächelnd blickt er dabei auf den Schlafenden. Wie sehr er ihn doch liebt. Nur wird Yami wohl nie mehr als Freundschaft für ihn empfinden. Besonders nicht nach dem was er durchstehen musste.

Mit Schrecken denkt Yugi daran, was Yami ihm erzählt hat und dass dieser mit seinem Leben schon abgeschlossen hatte, als er ihn auf dem Markt bei dem Händler gesehen hat und sich deshalb so ungewöhnlich für einen Sklaven verhalten hat.

Nur fragt er sich, ob er ihn auch gekauft hätte, wenn sich sein Freund so wie die anderen Sklaven benommen hätte. Denn da war auch etwas in dessen Augen gewesen, was er immer häufiger aufblitzen sieht und genau dieses Etwas will er eigentlich immer sehen.
 

Lächelnd bemerkt Yugi wie sein Freund wohl langsam am Aufwachen ist und sich mit einem wohligen Laut noch näher an ihn kuschelt. Offenbar gefallen ihm die sanften Streicheleinheiten, weshalb Yugi weiter mit seinen Fingerspitzen sanft über Yamis Haut gleitet. Dabei achtet er aber peinlichst darauf ja nicht zu viel Druck auszuüben oder die ganze Hand zu benutzen. Will er doch nicht aus Versehen schlechte Erinnerungen bei seinem Freund wecken.

Als Yami die Augen aufschlägt, sieht ihn Yugi mit all der Liebe, die in ihm ist an. „Guten Morgen.“ Seine Finger weiter leicht auf dessen Wange bewegend wartet er ab, wie sein Freund nun reagieren wird.
 

Aufmerksam mustert Yami Yugis Augen, sucht darin etwas, was er selbst nicht benennen kann. „Guten Morgen“, seine Stimme klingt noch ganz rau vom Schlaf. Geniessend schliesst er wieder seine Augen, als die Finger die Stelle streicheln, wo der Kiefer seitlich in den Hals übergeht. „Das ist schön“, rutscht es ihm leise heraus. Unwillkürlich lehnt er sich noch mehr in die Berührung.
 

Glücklich, dass es Yami nicht nur zulässt, sondern auch noch geniesst, lässt Yugi seine Finger weiter wie einen Hauch über diese Stelle gleiten. Vielleicht besteht ja doch noch ein wenig Hoffnung.
 

Auf einmal schlägt Yami seine Augen auf und löst sich aus Yugis Armen. „Es ist schon spät“, nun ernst sieht er Yugi an. „Wir sollten noch ein wenig trainieren.“ Zwar hätte er gern noch ein wenig diese Streicheleinheiten genossen, aber es wurde einfach von einer Sekunde auf die andere zu viel.

Schwungvoll schwingt er seine Beine über die Bettkante und steht auf, ehe er Yugi auffordernd die Hand hinhält.

Kaum hat Yugi seine Hand ergriffen, zieht Yami ihn aus dem Bett und in die Mitte des Zimmers. Ohne Vorwarnung dreht er Yugi den Arm auf den Rücken, wobei er jedoch darauf achtet, dass er ihm nicht wehtut. Sofort lässt er ihn wieder los und steht mit einem ernsten Blick und die Arme in die Seiten gestützt vor ihm. „Das ging viel zu leicht. Yugi, wenn man dir den Arm auf den Rücken drehen will, musst du ihn sofort anspannen und steif machen. Gleichzeitig drehst du dich in die Richtung, in die dein Arm verdreht werden soll.“

Nun greift er wieder nach Yugis Arm. „Muskeln anspannen“, gibt er mit fester Stimme die Anweisung, ehe er Druck aufbaut. „Mit der Bewegung und dem Druck mitgehen. Es ist wie eine Art Tanz.“ Langsam lässt er Yugi dem Druck weichen, bevor er ihn wieder loslässt. Zufrieden, dass es schon beim ersten Versuch so gut geklappt hat, legt Yami seine Finger um den anderen Arm und wiederholt die Übung. Diesmal aber ohne Anweisungen. Auf einmal merkt er wie sich ein Bein um seinen Unterschenkel legt und nur Sekunden später muss er um sein Gleichgewicht kämpfen und deswegen Yugi loslassen.
 

Stolz, dass er sich so spontan aus dem festen Griff befreien konnte, lacht Yugi glücklich auf. „Na, wie habe ich das gemacht?“, auf ein Lob hoffend stemmt Yugi die Hände in die Hüften und blickt seinen Freund auffordernd an.
 

Yami muss sich allerdings erstmal wieder aufrichten. Erst dann sieht er Yugi an und nickt zufrieden. „Das war wirklich gut und überraschend. So wie es aussieht hast du begriffen, worum es in der Selbstverteidigung neben der Technik auch noch geht. Nämlich um den Überraschungsmoment.“ Lobend legt er ihm die Hand auf die Schulter und zieht ihn dann in eine lockere Umarmung. „Ich würde sagen, dass wir nun als Belohnung aufhören. Ausserdem muss ich dringend in den Stall, damit ich das Meiste noch vor dem Wäschewaschen fertigbekomme.“
 

Schneller als es Yugi lieb ist, eilt Yami in sein eigenes Zimmer und kommt nur Minuten später fertig angezogen wieder raus und rennt schon beinahe in den Flur und die Treppe runter.

Kopfschüttelnd, dass sich sein Freund lieber so einen Stress macht, als dass er einfach abwartet und dann Rishido um Hilfe bittet, geht Yugi nun zu seinem Kleiderschrank.

Als er dann mit seinen Kleidern auf dem Arm die Treppe runtergeht, kommt ihm Rishido fertig angezogen entgegen. „Guten Morgen Meister Yugi“, respektvoll neigt dieser den Kopf und geht mit gesenktem Blick an ihm vorbei ins Wohnzimmer.

Irritiert über das immer noch unterwürfige Verhalten sieht Yugi ihm nach. Allerdings geht es ihn nichts an, weshalb er nach einem Moment ins Bad geht.
 

Während Yugi im Bad ist, füttert Yami in Rekordzeit die Pferde und füllt ihre Wassertröge wieder auf. Nachdem er sämtliche Heunetze, die er finden kann gestopft hat, was dann immerhin für zwei Fütterungen reicht, schnappt sich Yami die Mistgabel und beginnt die Boxen auszumisten.

So kommt es, dass er deutlich später als sonst wieder ins Haus kommt.

Während er sich die Hände wäscht, hört Yami aus der Küche schon die typischen Geräusche, die essende Menschen machen.

Als er in die Küche kommt, bestätigt sich seine Vermutung. Die anderen sitzen schon am Tisch und frühstücken. Zwar kann Yami verstehen, dass sie nicht auf ihn gewartet haben, aber es tut trotzdem irgendwie weh, dass er von der Mahlzeit ausgeschlossen wird.

Allerdings lässt er sich nichts anmerken, sondern setzt sich äusserlich ruhig an den Tisch. „Guten Morgen und entschuldigt bitte, dass ich zu spät bin.“ Nur sagt keiner etwas darauf, was Yami nun sichtbar zusammenzucken lässt.
 

Dies zu sehen tut Yugi in der Seele weh, aber er hat seinem Grossvater versprochen, dass er mitziehen wird. Darum senkt er seinen Blick, um den fragenden Augen seines Freundes auszuweichen. So schielt er zu seinem Grossvater und bittet ihn stumm darum, endlich etwas zu sagen.

Doch Sugoroku isst in aller Ruhe sein Brot zu ende, während die Stille immer drückender zu werden scheint.

Schliesslich reicht es Yami. „Verdammt nochmal, was ist los!“, bricht es aus ihm heraus. Wütend blickt er erst zu Rishido, dann zu Yugi, aber beide weichen ihm aus. Also sieht er nun zu Sugoroku. „Grossvater“, deutlich ist zu hören, dass er mit jeder Sekunde immer unsicherer wird.
 

Erst jetzt richtet Sugoroku seinen Blick auf Yami. „Was los ist? Am ersten Abend habe ich es noch akzeptiert, dass du dich abweisend verhältst und gestern Nachmittag und Abend auch. Aber dein Verhalten am Morgen und dass du Rishido offensichtlich vollkommen ausschliessen und sogar von Yugi fernhalten willst, geht zu weit. Ja, Yugi hat mit mir und Rishido geredet und uns von deinem Vorschlag erzählt.“ Fest sieht er Yami direkt in die Augen. Weiss er doch inzwischen ganz genau, dass der andere diesen Blick hasst. „Also haben wir jetzt mal ein paar Minuten lang das Gleiche mit dir gemacht. Wir haben dich ausgeschlossen und dich ignoriert.“

Mit jedem Wort scheint Yami ein Stück kleiner zu werden, aber dann richtet er sich wieder auf. „Wieso habt ihr nicht auf mich gewartet?“ Zwar ist Yamis Haltung aufrecht, aber seine Stimme zittert deutlich hörbar.

Nun kann Yugi nicht mehr, er steht trotz des mahnenden Blickes von seinem Grossvater auf und stellt sich leicht seitlich hinter seinen Freund. „Yami, es tut mir leid. Nur solltest du verstehen, wie sich Rishido gerade fühlt.“ Spontan schlingt er seine Arme um Yami und zieht ihn so in eine feste Umarmung.

Im ersten Moment sind die Muskeln unter seinen Händen noch steif. Doch dann entspannt sich Yami und schmiegt sich regelrecht in seine Arme. „Das war nicht fair. Ich will...“, nicht wissend was er eigentlich sagen wollte, bricht er mitten im Satz ab. Dafür dreht er sich in der Umarmung so, dass er nun auch seine Arme um Yugis Körper schlingen kann. Tonlos schluchzend vergräbt er sein Gesicht in dessen Shirt. Diese Aktion war hart und unfair. Nur wie soll er seine Ängste den anderen verständlich machen?
 

Wortlos beobachtet Rishido Yami und Yugi. Ja, er war wegen des Vorschlages verletzt und er konnte es nicht verstehen. Jetzt allerdings wächst in ihm eine Vermutung.

Als sich Yami wieder ein wenig beruhigt hat, trifft er eine Entscheidung. Obwohl die beiden Meister anwesend sind, spricht er den anderen in seiner Muttersprache an. „Yami, ich werde dir deine Familie nicht wegnehmen und dir auch nichts tun. Im Gegenteil, ich freue mich schon darauf, nach diesen zwei Wochen wieder nach Hause zu kommen. Ausserdem, selbst wenn ich es wollte, könnte ich sie dir nicht wegnehmen. Dafür bedeutest du ihnen viel zu viel.“ Zwar kann er das Gesicht des anderen nicht sehen, aber Rishido kann an dessen Körpersprache ablesen, dass ihm zugehört wird. „Weisst du, Zuhause kümmere ich mich auch um die Pferde von Meister Jonouchi und ich wollte bei ihnen bleiben, aber ich durfte nicht. Jetzt sind Cheyenne und Merlin bei einem befreundeten Schmied.“
 

Obwohl Yugi und Sugoroku kein Wort verstehen, sagen sie nichts dagegen, dass Rishido in seiner Muttersprache mit Yami redet. Vielleicht hilft es ja, einen Weg aus dieser Situation zu finden.
 

Als Rishido nichts mehr sagt, löst sich Yami leicht von Yugi. Loslassen tut er ihn aber nicht. „Ich würde es auch nie zulassen, dass du mir meine Familie wegnimmst“, unbewusst spricht auch er in seiner Muttersprache. Allerdings ist seine Stimme so eiskalt und drohend, dass nicht nur Rishido, sondern auch die Mutos zusammenzucken. Auch hält sich Yami nicht mehr schutzsuchend, sondern besitzergreifend an Yugi fest.

Nicht nur seine Stimme, sondern auch seine Augen sind kalt und drohend. „Ich habe zugestimmt, dass du in den zwei Wochen hierbleiben kannst und dazu stehe ich, aber als Familienmitglied werde ich dich nicht akzeptieren.“
 

Auf diese Herausforderung will Rishido sofort reagieren, aber dieser eiskalte Blick von Yami lässt ihn schweigen. Hier sitzt er keinem Sklaven mehr gegenüber, sondern einem Herrscher, da ist er sich plötzlich sicher. Nur ist dies eigentlich unmöglich.
 

Aufmerksam beobachtet Sugoroku Rishidos Reaktion und fragt sich unwillkürlich, wieso der grosse Mann auf einmal so verwirrt ist.

Daraufhin lässt er seinen Blick zu Yami schweifen. Nur leider kann er dessen Gesicht nicht wirklich sehen, aber die Körpersprache und der Tonfall sprechen eine eindeutige Sprache. Dazu noch, wie er Yugi festhält.

Mit Schrecken stellt Sugoroku fest, dass er wohl einen riesen Fehler gemacht hat. Denn Yami reagiert vollkommen anders als Yugi damals.

Nur wie kann er die Situation jetzt noch retten? Denn gerade scheint Yami eher aggressiv als einsichtig zu sein. „Yami? Ich würde gern mal mit dir allein sprechen.“ Auffordernd sieht Sugoroku ihn an, während er aufsteht. In der Küchentür bleibt er stehen und dreht sich noch einmal zu dem anderen um. „Yami bitte, es dauert nur einen Moment.“

Erleichtert sieht Sugoroku wie Yami widerwillig aufsteht und mit einem warnenden Blick zu Rishido, der selbst ihm das Blut in den Adern gefrieren lässt, zu ihm kommt. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen geht er, gefolgt von Yami, in den Laden und lehnt sich dort mit dem Rücken an den Verkaufstresen. Yami hingegen stellt sich mit dem Rücken zur Tür und verschränkt die Arme. „Also, du wolltest mit mir reden?“, deutlich ist zu hören und auch zu sehen, dass Yami mehr als sauer ist und sich nur mit Mühe beherrschen kann.

Sich in Gedanken immer wieder sagend, dass er den Blick nicht abwenden darf, verschränkt nun auch Sugoroku die Arme. Kopiert so bewusst Yamis Haltung. „Zuerst möchte ich mich bei dir entschuldigen.“ Eigentlich hat er darauf gehofft, dass Yami nun etwas sagt, aber dieser steht schweigend da und fixiert ihn mit diesem eiskalten Blick, mit dem er auch Rishido angesehen hat. „Also gut, es tut mir leid. Ich habe dich diesmal vollkommen falsch eingeschätzt und gedacht, wenn ich dich gleich behandle wie Yugi, als er sich so wie du Verhalten hat, könnte ich dich dazu bringen Rishido gegenüber etwas fairer zu sein.“

Abfällig schnaubt Yami. „Immer nur Rishido. Seit er hier ist, dreht sich alles nur um ihn. Wollt ihr mich etwa durch ihn ersetzen?!“, mit jedem Wort wird Yamis Stimme lauter und seine Haltung drohender. „Rishido der perfekte Sklave! Aber denk daran, ihr wolltet, dass ich ich selbst bin und jetzt passt es dir offensichtlich nicht mehr. Entscheide dich endlich was du willst! Soll ich wieder zu allem Ja und Amen sagen, mich auf Kommando über den Tisch beugen oder soll ich vielleicht in meinem Zimmer darauf warten, dass ihr mich ruft?!“
 

Sprachlos über diese Worte steht Sugoroku da. „Yami, so ist das nicht. Ich habe einen Fehler gemacht und ich sage es noch einmal. Es tut mir leid, auch dass ich Yugi da mit reingezogen habe. Wir wollen, dass du du selbst bist und auf keinen Fall will ich, dass du wieder so wirst wie in den ersten Tagen. Du bist ein aussergewöhnlicher junger Mann und ich bin froh, dass du bei uns bist.“ Noch einmal holt er tief Luft. „Rishido ist vielleicht der perfekte Sklave, aber du vergisst ein wichtiges Detail. Er ist nicht du! Du gehörst zur Familie. Du bist für mich wie ein zweiter Enkelsohn und ich würde niemals zulassen, dass du uns weggenommen wirst.“ Um seine Worte zu verdeutlichen geht Sugoroku zum Bild mit den Pyramiden darauf und hängt es ab.

Deutlich ist er sich bewusst, dass Yami genau sehen kann, was er für eine Kombination eingibt um den Safe zu öffnen.

Aus einem der Fächer im Safe holt er einen kleinen Stapel Papiere hervor und legt sie auf die Arbeitsplatte. Nach einem kurzen Suchen hat er gefunden was er wollte. „Hier“, ohne ein weiteres Wort hält er Yami ein Dokument hin. Was dieser wortlos ergreift und es dann aufmerksam durchliest. „Was soll ich damit?“, fragend aber immer noch wütend sieht Yami den alten Mann an.
 

Dieser bittet gerade sämtliche Götter die ihm einfallen um Hilfe. „Das ist die Besitzurkunde. Sie besagt, dass du in erster Linie unter Yugis Namen registriert bist, du allerdings bei mir bleibst, wenn ihm etwas passieren sollte. Wenn du alles gelesen hast, dann weisst du auch, was dann passieren würde, wenn ich in diesem Fall vor Ablauf der beiden Jahre, die du mindestens hier sein musst, sterben sollte. Denn dann geht gehst du in den Besitz von Jono oder May über. Übrigens haben Jono und May auch je ein Exemplar von dieser Urkunde.“ Aufmerksam mustert Sugoroku Yami und hofft, dass dieser versteht, was er ihm sagen will.

Ohne eine Miene zu verziehen gibt ihm Yami das Dokument wieder zurück. „Und was willst du mir nun damit sagen?“ Langsam nervt ihn dieses Gespräch, will er doch zurück zu Yugi. Nicht, dass Rishido ihm doch noch zu nahekommt.
 

Sorgfältig legt Sugoroku das Dokument wieder zurück zwischen die anderen Papiere. „Was ich dir damit sagen will? Yugi hat alles was in seiner Macht steht getan, damit du sicher bist. Was du vielleicht nicht weisst. Jede Person, die in diesem Dokument steht müsste zustimmen, wenn er dich würde verkaufen wollen. Was er aber genauso wenig will wie ich. Ich suche jetzt nicht danach, aber von Rishido existiert das gleiche Dokument. Wenn Jono etwas passieren sollte, dann kommt Rishido entweder zu May oder zu uns.“

Um Yami Zeit zu geben, diese Information zu verarbeiten, legt Sugoroku die ganzen Papiere wieder zurück in den Safe und nimmt auch gleich das Wechselgeld für den heutigen Tag raus, ehe er die Tür wieder sorgfältig verschliesst und das Bild wieder aufhängt.

„Macht so etwas nie wieder“, leise aber doch deutlich spricht Yami die Worte aus. Dabei lässt er sich nicht anmerken, was für ein Chaos gerade, wegen dem was er erfahren hat, in ihm herrscht.

Fest sieht er in Sugorokus Augen. Allerdings nicht mehr eiskalt, sondern nur noch warnend und immer noch eine Spur verletzt.
 

Erleichtert, dass er wohl endlich zu Yami durchgedrungen ist, nickt Sugoroku. „Wie schon mehrfach gesagt. Die Sache tut mir leid und ich habe einen Fehler gemacht.“ Nachdenklich blickt er Yami an. „Was hältst du davon, wenn du heute mit Yugi die Wäsche machst, dann kannst du dich nämlich nebenbei noch um die Pferde kümmern und Rishido für die Küche zuständig ist? Allerdings ändert das nichts an der Tatsache, dass ihr drei am Nachmittag gemeinsam das Heu und am Freitag dann auch das Stroh einlagert.“

Nach einem Moment nickt Yami zögernd. Zwar passt es ihm nicht, dass er mit Rishido zusammenarbeiten muss, aber weil Yugi dabei ist kann er damit leben.
 

Zufrieden, dass sie eine Art Kompromiss gefunden haben, öffnet Sugoroku die Tür. „Lass uns wieder zu den anderen gehen und du hast bestimmt auch Hunger. Schliesslich hast du noch gar nicht wirklich etwas gegessen.“

Zusammen mit Yami geht Sugoroku zurück in die Küche, wo Rishido und Yugi schweigend am Tisch sitzen. Doch als Yugi Yami sieht, steht er sofort auf und geht zu ihm. Besorgt mustert er seinen Freund. Denn er hat durch die geschlossene Tür seine Stimme hören können. Nur verstanden hat er nichts. „Wie...“, Yugi kann den angefangenen Satz nicht zu Ende sprechen, da er von Yami in dem Moment in eine feste Umarmung gezogen wird.

Yugi ist davon so verdutzt, dass er eine Weile braucht bis er sich soweit gefangen hat, dass er die Umarmung erwidern kann.
 

Grinsend setzt sich Sugoroku auf seinen Stuhl und sieht seine beiden Enkel an. Es ist schon ein schönes Bild, wie die beiden sich da so in den Armen liegen.

Erst als sich Yami und Yugi wieder voneinander gelöst und sich hingesetzt haben, ergreift Sugoroku das Wort. „Also Yugi. Rishido. Wir haben uns für heute folgendes überlegt. Du Yugi, wirst dich mit Yami zusammen um die Wäsche kümmern. Dann kann er noch gleichzeitig nach den Pferden sehen. Rishido, du hast mir gestern ja erzählt, dass du kochen kannst. Darum dachte ich, dass du heute für die Küche zuständig bist und ich hüte den Laden.“ Kurz hält er inne um die anderen nacheinander anzusehen. „Am Nachmittag kommt ja die Heulieferung. Das Heu könnt ihr dann ja gemeinsam einräumen, während ich wieder im Laden bin.“
 

Mit gerunzelter Stirn blickt Yugi von seinem Grossvater zu Yami und wieder zurück. Ist es doch schon ewig her, dass er sich um die Wäsche kümmern sollte und das war auch nur gewesen, weil sein Grossvater mal wieder mit seinem Asthma zu kämpfen hatte und die Luft in der Waschküche mehr als schlecht für ihn gewesen ist.

„Einverstanden“, gern würde er fragen, was das Ganze soll. Nur hat er das Gefühl, dass er weder von seinem Grossvater, noch von Yami eine Antwort bekommen würde.
 

Nicht wirklich wissend was er dazu sagen soll, sieht Rishido zu Yami. Der ihn aber nicht beachtet, sondern sich in aller Ruhe ein Brötchen schmiert. „Also ich finde die Idee nicht schlecht. Kannst du denn auch etwas Ägyptisches kochen?“, fragend sieht er Rishido an. Der jedoch nickt nur mit offenem Mund. „Ähm ja. Ich kann spontan Falafel und Um Ali machen und dazu Reis.“

In aller Ruhe greift Yami nach seiner Tasse Tee. „Das hört sich doch gut an.“ Noch immer brodelt es in ihm, wenn er nur an vorhin denkt. Allerdings lässt er sich nichts anmerken, sondern isst seelenruhig sein Honigbrötchen. „Mach aber das Um Ali bitte schön süss. Dann schmeckt es noch besser.“ Absichtlich spricht Yami nicht in seiner Muttersprache. Schliesslich will er niemanden am Tisch ausschliessen.
 

„Grossvater, was ist Um Ali?“, fragend sieht Yugi zu Sugoroku, der sich nur mit der einen Hand an den Kopf fasst und den Kopf schüttelt. „Um Ali ist eine Art süsser Brotauflauf und bei den Ägyptern äusserst beliebt.“ Versucht sich Sugoroku an einer Erklärung und ist mehr als froh, dass er gestern auf dem Markt 5 Gläser Honig gekauft hat. Das sollte ja wohl bis zum nächsten Markttag reichen. Hoffentlich!
 

„Wieso wundert mich das nicht, dass Yami diesen Brotauflauf extra süss will“, murmelt Yugi in seinen nicht vorhandenen Bart. Dabei sieht er zu Yami, der ihn unschuldig wie ein Engel ansieht. So als wäre alles in bester Ordnung und das Drama vorhin nie passiert.
 

Mit grossen Augen sieht Rishido von Yami zu Meister Sugoroku und dann zu Meister Yugi. Irgendwie hat er gerade das Gefühl am vollkommen falschen Ort zu sein. „Ähm... ja... das kann ich machen.“ In Gedanken zählt er dabei schon mal die Tage ab, bis Meister Jonouchi wieder zurückkommt und er endlich wieder nach Hause kann. „Meister Sugoroku, für das Um Ali brauche ich Honig. Ist es in Ordnung wenn...“ „Nimm so viel wie du brauchst“, winkt Sugoroku mit einem ergebenen Seufzen ab. Soll Yami doch seinen extra süssen Brotauflauf bekommen und sie einen Honigschock.
 

Nach dem Frühstück, das zum Glück doch noch friedlich verlaufen ist, lässt Yami sein Geschirr einfach in der Spüle stehen und geht hoch ihre Zimmer um die Wäsche zu holen. Neben der Wohnzimmertür sieht er auch einen kleinen Korb mit Wäsche stehen. Darum lehnt er sich einfach über das Geländer neben der Treppe. „RISHIDO MUSS DIE WÄSCHE IM KORB AUCH GEWASCHEN WERDEN?“, zu faul um runterzugehen, schliesslich ist nicht viel Wäsche im Korb, schreit er lieber auf Ägyptisch durch das ganze Haus.
 

Sofort eilt Rishido aus der Küche. „Na’am und ich bin nicht taub“, ernst sieht Rishido von unten nach oben zu Yami, während er ebenfalls in seiner Muttersprache antwortet. „Khayr, dann nehme ich die Wäsche mit.“ Dies sagt Yami laut und deutlich und immer noch nur für Rishido verständlich.

Vor sich hin murrend, dass er nun auch noch die Wäsche des anderen machen muss, packt er die Sachen einfach zu seinen und denen von Yugi in den grossen Korb, ehe er weiter zu Sugorokus Zimmer geht.
 

In der Küche verdrehen unterdessen Yugi und Sugoroku die Augen. „Wenn das so weitergeht, reden die beiden bald nur noch auf Ägyptisch miteinander.“ Seufzend bringt Yugi die letzten Sachen in die Vorratskammer. „Ach Yugi, es ist doch gut, wenn sich die beiden so halbwegs verstehen.“ Mit einem leicht wehmütigen Blick sieht sich Sugoroku in der Küche um. Für heute wird sie nicht mehr sein Reich sein. Irgendwie ist das schon ein seltsames Gefühl.

„Also Yugi, ich bin dann im Laden und lass mir die Waschküche an einem Stück.“ Gerade als er rausgehen will, kommt Rishido wieder zurück und Yugi nutzt die Chance. „Rishido, was habt ihr denn da geredet?“, neugierig blickt er den grossen Ägypter an.

Der ist im ersten Moment vollkommen überrumpelt, doch dann übersetzt er das Gesagte. „Also Yami hat mich gefragt, ob er meine Wäsche auch waschen soll. Daraufhin habe ich ja und dass ich nicht taub bin geantwortet. Mit gut und dass er die Wäsche dann auch mitnehmen wird, hat er geantwortet. Das war alles. Ist es ein Problem, dass wir auf Ägyptisch miteinander reden?“ Unsicher, ob er sich richtig verhalten hat, weil er mit Yami in seiner Muttersprache gesprochen hat, blickt er von Meister Yugi zu Meister Sugoroku, der immer noch im Türrahmen steht.
 

Grinsend sieht der alte Mann zu seinem Enkel. „Jetzt weisst du ja, was Yami da durch das Haus geschrien hat und in zwei Wochen kannst du dich sicher auch mit den beiden auf Ägyptisch unterhalten.“ Mit einem letzten Winken und Blick auf die beiden jungen Männer geht Sugoroku nun endgültig weg. Schliesslich öffnet sich der Laden nicht von alleine.
 

Da Meister Sugoroku nun weg ist, wendet sich Rishido Meister Yugi zu. „Wollt ihr nicht, dass Yami und ich uns auf Ägyptisch unterhalten?“, wiederholt er etwas abgewandelt seine Frage, die immer noch nicht beantwortet worden ist. Dabei beginnt er mit seinen Fingern zu spielen, was ein deutliches Zeichen ist, wenn man es denn lesen kann, dass er sich gerade nicht wohl in seiner Haut fühlt.
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi aus der Starre lösen, die der Kommentar von seinem Grossvater ausgelöst hat. Lustig findet er den nämlich nicht, da er nicht gerade ein Sprachgenie ist. Wenn Yugi nur daran denkt, wie viel Mühe es ihn gekostet hat, die länderübergreifende Händlersprache zu lernen, wird ihm ganz anders.

Nun muss er sich aber erstmal um Rishidos Frage kümmern. „Nein Rishido, ihr könnt euch gern auf Ägyptisch unterhalten. Es ist für uns nur ungewohnt. Weil Yami sonst immer Japanisch redet, vergesse ich gern mal, dass er eigentlich aus Ägypten kommt. Das ist alles“, beruhigend lächelt er Rishido an, als gerade Yami in die Küche blickt.

Mit zusammengekniffenen Augen sieht dieser von Yugi zu Rishido. „Yugi kommst du auch gleich oder soll ich schon mal allein anfangen?“, den grossen Wäschekorb vor sich haltend wartet Yami anscheinend entspannt auf eine Antwort.

Doch da Yugi inzwischen ziemlich gut in dessen Augen lesen kann, merkt er, dass diese Entspanntheit nur gespielt ist. „Ich komme gleich mit, schliesslich wollen wir ja heute Morgen noch fertig werden.“ Kurz blickt er im Rausgehen noch zu Rishido. „Also dann bis später und ich bin schon auf das Essen gespannt.“
 

Als er neben Yami durch den Flur geht, fällt Yugi auf, dass sein Freund die Kiefer regelrecht aufeinanderpresst. „Yami? Ist was?“, fragend und zugleich besorgt sieht er Yami an. Der ihn jetzt anlächelt, nur hat Yugi das Gefühl, dass dieses Lächeln nur gespielt ist. „Ja, es ist alles in Ordnung Yugi. Wir sollten uns nun aber wirklich beeilen.“
 

Zusammen mit Yugi steuert Yami die Waschküche an. Die Tür muss aber Yugi aufmachen, da er ja die Hände voll hat. Neben dem Waschfass stellt Yami den grossen Wäschekorb mit einem erleichterten Seufzen ab. So langsam wurde der nämlich ganz schön schwer.

Wie er es gewohnt ist, beginnt Yami gleich damit die Wäsche zu sortieren, da er das Feuermachen einfach nicht hinbekommt.

Erst ist Yugi etwas verwirrt, dass Yami die Feuerstelle ignoriert, aber dann fällt ihm ein, was gewesen ist, als dieser den Herd anfeuern wollte. Also kümmert er sich selbst darum und holt dann auch vom Brunnen einen Eimer Wasser und hängt diesen über das prasselnde Feuer. „Soll ich schon mal die Bettwäsche holen oder was soll ich machen?“ Fragend sieht Yugi Yami an, der gerade dabei ist die Seife zu der Wäsche in das Fass zu schneiden. Als er die Seife und das Messer zur Seite gelegt hat, blickt Yami zu Yugi. „Ich wäre froh, wenn du hier weitermachen könntest. Ich würde nämlich gern die Pferde rauslassen und dann kann ich ja gleich die Bettwäsche holen.“ „Ist gut, dann machen wir es so.“ Yugi schiebt Yami regelrecht aus der Waschküche, was sich dieser auch mit einem Schmunzeln gefallen lässt.
 

Bevor Yami die Pferde rauslässt geht er ins Haus um die Bettwäsche zu holen. Leider muss er die Betten noch abziehen und da er schon dabei ist, bezieht er sie auch gleich neu. Sein eigenes Bett lässt er dabei aussen vor, da er seit seiner Grippe sowieso nicht mehr in diesem geschlafen hat.

Mit der Bettwäsche beladen geht Yami wieder in die Waschküche, wo Yugi schon mit einer Leidensmiene das Waschfass am Drehen ist. Grinsend schüttelt er über diesen Gesichtsausdruck den Kopf. „Ich bin gleich fertig und dann kann ich ja übernehmen.“

Mit dem Seufzen Yugis im Ohr geht Yami wieder nach draussen.

Schnell spannt er die beiden Seile vor das Tor zur Strasse, ehe er aus dem Heulager eine grosse Portion Heu holt und diese im Hinterhof verteilt. Erst dann lässt er Blacky und Rocky, die schon ungeduldig in ihren Boxen am Warten sind raus. Sofort traben die beiden munter über den Platz, bevor sie sich am Heu bedienen.

Einen Moment lang sieht Yami den beiden zu und wünscht sich, dass er sich wie sonst auch neben dem Brunnen hinsetzen und die Sonne geniessen kann.

Doch dann reisst er sich von dem Anblick los und geht zurück in die Waschküche, wo Yugi gerade die Drehrichtung des Waschfasses ändert.

Mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen geht Yami zu ihm und legt ihm die Hand auf die Schulter. „Soll ich jetzt übernehmen?“ Sofort springt Yugi auf. „Ja, ich hole dafür frisches Wasser.“

Leise vor sich hinlachend setzt sich Yami hin und übernimmt es, die Kurbel zu drehen. „Wie viele Durchgänge müssen noch gemacht werden?“, fragend sieht er Yugi an, der eigentlich schon mit dem Eimer bewaffnet auf dem Weg nach draussen ist. „Noch zwei Durchgänge.“ Schon ist Yugi durch die offene Tür verschwunden.

Dafür blickt nun neugierig Rocky herein. So eine offene Tür ist ja auch etwas Interessantes und vielleicht gibt es hier ja was Leckeres zu fressen. Als der Wallach dann aber sieht, dass hier nichts für ihn zu holen ist, zieht er sich wieder zurück. Nicht, dass ihm Blacky noch das ganze Heu wegfrisst.
 

Kaum ist Rocky wieder weg kommt Yugi schwer beladen herein und hängt den Eimer über das Feuer. Da dieses schon nicht mehr so hoch brennt, legt er auch gleich ein paar Holzscheite nach. „Sag mal, wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, den Hinterhof als Auslauf zu benutzen?“

Neugierig schielt er über die Schulter zu Yami, der gerade das Fass abbremst und dann auf die andere Seite weiterdreht. „Ach, das war mehr ein Zufall. Ich habe die Seile im Unterstand für die Transportkutsche gefunden und gesehen, dass sie lang genug sind um den Durchgang zur Strasse abzusperren.“ In aller Ruhe und entspannt dreht Yami weiter die Kurbel. „Ich bleibe aber immer in der Nähe, wenn ich sie so laufen lasse. Nur für den Fall...“, absichtlich beendet er den Satz nicht.

Verstehend nickt Yugi. Da er im Moment nichts zu tun hat, setzt er sich einfach neben Yami auf den Boden. Die Hände auf die angezogenen Knie gestützt sitzt er entspannt da und wartet darauf, dass Yami mit dem Teil der Wäsche fertig ist.

Es dauert auch nur noch ein paar Minuten, bis auch der letzte Durchgang fertig ist und Yami das Fass stoppt.

Prüfend betrachtet Yami jedes einzelne Wäschestück, das er aus der Luke zieht, ehe er es in den Wäschekorb legt. Kaum hat er das letzte Stück aus dem Fass genommen und für sauber befunden, schnappt sich Yugi den Korb. „Ich bin dann mal im Bad, den ganzen Spass ausspülen. Bis nachher.“

Noch bevor Yami protestieren kann, ist Yugi verschwunden. Weshalb Yami grummelnd das gebrauchte Wasser ablaufen lässt und die nächste Wäscheladung in das Fass füllt. Dabei ist er froh, dass Rishido erst seit Montag da ist, sonst hätte er jetzt sicher mehr als die üblichen zwei Ladungen Kleidung und die beiden Bettwäschefässer zu machen. Bevor er sich jedoch hinsetzt, geht er kurz nach den beiden Pferden sehen. Die haben es sich mitten auf dem Hofplatz in der Sonne gemütlich gemacht und liegen dösend da.

Mit einem letzten Blick auf seine Lieblinge geht er wieder zum Waschfass, wo er sich auf den Schemel setzt und mit dem Drehen der Kurbel beginnt.
 

Yami ist schon beinahe mit der Wäscheladung fertig, als Yugi mit den ausgespülten Kleidern zurückkommt und diese auf die Wäscheleinen hängt, die auf der anderen Seite des Raumes, möglichst weit weg vom Feuer, angebracht sind.

Aus dem Augenwinkel beobachtet Yami genau Yugis Bewegungen. „Sag mal, was hattest du eigentlich angestellt, dass Grossvater mit dir das Gleiche machen musste, wie ihr es am Morgen mit mir gemacht habt?“, seine Stimme lässt er bewusst desinteressiert klingen. So als wäre es ihm egal.
 

Erstaunt über die Frage, dreht sich Yugi mit dem nassen Shirt in der Hand zu Yami um. Also hat Grossvater mit seinem Freund unter anderem darüber geredet. Irgendwie gefällt es ihm nicht so wirklich, dass Yami davon weiss, aber sein Grossvater hatte sicher seine Gründe, dass er es ihm gesagt hat.

Überlegend, wie er die Sache von damals erklären soll, wendet sich Yugi wieder zur Wäscheleine um. „Naja, ich habe ja ein Jahr lang bei den Takeshis gelebt und obwohl ich wieder nach Hause wollte, habe ich mir damals ein paar ziemlich heftige Sachen angewöhnt. Grossvater konnte machen was er wollte, ich habe nicht mehr auf ihn gehört.“ Verlegen senkt Yugi den Blick auf seine Hände, obwohl er immer noch mit dem Rücken zu Yami dasteht.

„Weisst du, ich war damals ziemlich aufbrausend und immer wenn mir etwas nicht gepasst hat, dann ist etwas durch die Gegend geflogen und Rebecca, das ist die Enkelin von Hopkins, war damals sehr oft hier zu besuch. Sie hat mich genervt und da ich sie mit schreien und so nicht vertreiben konnte, habe ich sie im Wohnzimmer eingeschlossen und bin einfach in den Stall gegangen. Sie war damals gerade 8 oder 9 Jahre alt. Du kannst dir ja vorstellen, wie sie reagiert hat.“ Noch immer tut es ihm leid, was er dem damals kleinen Mädchen und auch seinem Grossvater angetan hat.

„Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Als ich am nächsten Morgen in die Küche gekommen bin, hat mich Grossvater weder angesehen, noch mit mir geredet. Ich habe wie du die Welt nicht mehr verstanden und je länger es gedauert hat, desto wütender bin ich geworden. Ich glaube an dem Tag hat die Hälfte des Geschirrs dran glauben müssen und auch ein paar Bücher sind durch die Gegend geflogen.“ Nun muss Yugi trotz allem schmunzeln. „Grossvater hat nicht einmal etwas dazu gesagt und auch weggeräumt hat er die Sachen nicht. Am Abend bin ich dann zusammengebrochen und wie ein geprügelter Hund zu ihm gegangen. Ich hatte die Lektion verstanden und mich bei ihm und auch bei Rebecca entschuldigt, als sie das nächste Mal hier gewesen ist. An dem Abend durfte ich dann noch das ganze Haus allein aufräumen und ich kann dir sagen, das sah aus, als wäre ein Sturm hindurchgefegt.“ Während er erzählt, dreht er sich zu Yami, damit er in dessen Gesicht sehen kann.
 

Aufmerksam hat Yami der Erzählung zugehört und Yugi kein einziges Mal unterbrochen. Kaum zu glauben, dass der ruhige und immer beherrschte Yugi so unbeherrscht sein konnte. „Und danach hast du nie mehr etwas angestellt?“, ungläubig sieht Yami ihn an.
 

Nun wird Yugi ziemlich rot und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Ab und zu hab ich natürlich noch was angestellt, aber ich war nicht mehr so schlimm wie vorher. Das Letzte was ich übrigens angestellt habe war, dass ich die Hühner von unserem früheren Nachbarn mit japanischem Indigo blau gefärbt habe. Mann, war der Typ sauer, dabei haben die Hühner wirklich toll ausgesehen, wie sie so blau rumgerannt sind“, breit grinsend denkt Yugi an diesen Tag zurück. Zwar hatte er damals zur Strafe einen Monat lang Hausarrest bekommen, aber das war es wert gewesen.
 

Im ersten Moment ist Yami einfach nur sprachlos. Doch dann bildet sich in seinem Kopf ein Bild von blauen Hühnern. Jetzt kann er nicht mehr, laut lachend sitzt er da, bis ihm die Tränen kommen. „B... bl... blaue Hühner. Du hast... Hühner... blau gefärbt?“, lachend hält er sich den Bauch und muss wirklich aufpassen, dass er nicht vom Schemel fällt oder die Kurbel an den Kopf bekommt, die sich munter durch den Schwung weiterdreht, obwohl er sie losgelassen hat.
 

Von Yami angesteckt beginnt nun auch Yugi zu lachen. So dass ihr Lachen den durch das Feuer ziemlich heissen Raum erfüllt.

Irgendwann beruhigen sie sich wieder. Allerdings glucksen sie immer noch leise vor sich hin, während sie sich beide die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischen und Yami wieder nach der Kurbel greift, die inzwischen stillsteht. Noch immer ist er leise am Kichern, wenn er sich vorstellt, wie die Hühner ausgesehen haben müssen.

Nach einer Weile, in der er zur Sicherheit noch ein paar Umdrehungen mehr als sonst gemacht hat, ist auch diese Ladung fertig gewaschen und nachdem er diese in den Wäschekorb gelegt hat, ist Yugi auch schon wieder verschwunden.
 

Zwar passt es Yami nicht, dass er jetzt schon wieder allein ist, aber er muss es wohl akzeptieren. Nur gefallen muss es ihm deswegen noch lange nicht.
 

Pünktlich zum Mittagessen sind die beiden mit der Wäsche fertig und Yami sperrt auch die Pferde wieder in ihre Boxen und gibt ihnen dann ihr Mittagsheu, ehe er die Seile wieder vom Tor wegmacht.

Schliesslich wissen sie nicht so genau, wann die Heulieferung kommt und Yugi hatte ihm vorhin erklärt, dass der Lieferant die Heuballen einfach ablädt und dann an die Hintertür klopft, wenn in der Zwischenzeit niemand in den Hinterhof gekommen ist.
 

So kommt es, dass Yami wieder als Letzter in die Küche kommt und die anderen schon am Tisch sitzen und auf ihn warten. „Entschuldigt bitte, aber ich musste die Pferde noch füttern.“ Mit einem Blick zu Sugoroku setzt er sich hin. Zwar ist er auf den alten Mann immer noch etwas wütend, aber durch die Geschichte von Yugi und den paar Stunden, die inzwischen vergangen sind, kann er nun so halbwegs verstehen, warum dieser diese idiotische Idee gehabt hatte. Bis er Sugoroku allerdings verziehen hat, wird es noch eine Weile dauern.
 

„Ich hoffe die Falafels und der Reis schmecken euch.“ Durchbricht Rishidos Stimme seine Gedanken. Erst jetzt fällt ihm auf, dass da wirklich Falafel liegen und der andere nicht gescherzt hat, als er sagte, dass er diese machen wird. Suchend lässt Yami daraufhin seinen Blick zur Arbeitsplatte gleiten und tatsächlich steht da unschuldig ein Um Ali. „Du hast wirklich Um Ali gemacht?“, ungläubig blickt Yami zu Rishido, der bestätigend nickt. „Ja klar, aber mit der normalen Menge an Honig. Du kannst ja noch Honig darüber tun, wenn es dir nicht süss genug ist.“ Mit todernster Miene deutet Rishido auf das Glas Honig, das neben dem Um Ali auf der Arbeitsplatte steht.

Innerlich jedoch grinst er sich wegen Yami einen ab. Einen so nach Süssem süchtigen Sklaven hat er noch nie getroffen.
 

Auch Sugoroku und Yugi sind am Grinsen, allerdings nicht nur innerlich.

Um sein Grinsen ein wenig zu verstecken greift Sugoroku als erster nach der Platte mit den Falafeln. Neugierig darauf, wie diese Dinger schmecken ist er ja schon. Also nimmt er sich gleich zwei Stück, ehe er die Platte an Yugi weitergibt, der sich auch zwei Stück nimmt.

Erst nach Yugi nimmt sich Yami auch zwei der braunen Kugeln und tut sie zu der Portion Reis auf den Teller. Nachdem sich auch Rishido von allem bedient hat, probiert er einen Bissen und sieht dann erstaunt auf die unschuldig daliegenden Kugeln. Kann er sich doch nicht daran erinnern, dass Falafel leicht scharf sind und so lecker schmecken. „Die sind wirklich gut“, lässt er sich zu einem spontanen Lob hinreissen, was Rishido verlegen den Blick senken lässt. „Ich habe in Ägypten in der Küche arbeiten müssen, darum kenne ich einige Sachen.“ Nicht wissend wie er sich verhalten soll, fixiert Rishido seinen Teller und konzentriert sich auf seine Mahlzeit.
 

Nach einem Moment stimmen Yugi und Sugoroku Yami zu. Da sie sich erstmal auf den ungewohnten Geschmack konzentriert haben und sich nicht sicher gewesen sind, ob sie diese Falafels auch mögen. Dies macht Rishido noch verlegener. Zwar hat ihn Meister Jonouchi auch immer für seine Kochkünste gelobt, aber das hier ist irgendwie etwas ganz Anderes. Kann doch Meister Jonouchi im Gegensatz zu Meister Sugoroku überhaupt nicht kochen.
 

Nach dem Hauptgang steht Rishido auf und stellt die Nachspeise auf den Tisch. Wie auf Kommando beginnen Yamis Augen regelrecht zu leuchten und am liebsten würde er sofort ein Stück von dem Um Ali nehmen, doch er reisst sich zusammen. Ungeduldig wartet er darauf, dass Rishido vier Stücke abgeschnitten und diese auf die Teller verteilt hat.

Kaum hat er sein Stück vor sich stehen greift er zu dem Löffel und schiebt sich eine grosse Portion in den Mund. Die Geschmacksexplosion geniessend schliesst er die Augen. „Wie von Tante Amina“, murmelt er leise vor sich hin. Dabei schiessen ihm Bilder von ihm als Kind durch den Kopf. Wie er heimlich zwischen den Unterrichtsstunden in die Küche geschlichen ist und Tante Amina um ein Stück Um Ali angebettelt hat. Von ihm unbemerkt, rollt dabei eine einzelne Träne über seine Wange.
 

Mahnend sieht Sugoroku Yugi an, da er genau sehen kann, dass auch dieser die gemurmelten Worte von Yami verstanden und die Träne gesehen hat. „Sag nichts, wenn er reden will, wird er es tun.“

Erst jetzt probiert er von dem Brotauflauf und muss zugeben, dass dieser wirklich gut schmeckt. Das Rezept muss er unbedingt haben. „Rishido, du musst mir bei Gelegenheit zeigen, wie man diesen Brotauflauf macht.“ Schmunzelnd bemerkt er, wie sehr Rishido das Lob regelrecht aufzusaugen scheint.
 

In der Zwischenzeit hat sich Yami wieder ein wenig gefangen und sich den nächsten Löffel Um Ali gegönnt. Seine Umgebung hat er komplett ausgeblendet und bemerkt darum gar nicht, dass er von Yugi beobachtet wird.

Dieser macht sich nämlich gerade so ziemliche Sorgen um seinen Freund. Ist er sich doch sicher, dass Yami sich an etwas aus der Zeit vor seiner Versklavung erinnert hat. Zu gern wüsste er was für eine Erinnerung ist, aber da sein Grossvater meint, dass er nichts sagen soll, schweigt er. Immerhin liegt dieser bei Yami meistens richtig.
 

Nachdem auch er sein Stück gegessen hat, hält es Yugi nicht mehr aus. Er will gerade etwas zu Yami sagen, als es an der Hintertür klopft. „Ich geh schon.“ Innerlich den Heulieferanten verfluchend steht er auf und geht aus der Küche.

Als er die Tür aufmacht steht wirklich wie vermutet der Heulieferant vor ihm. „Herr Ikkaime, Guten Tag. Sie sind früh dran.“ Mit einem freundlichen Lächeln erwidert Yugi den festen Händedruck des Mannes, der ihm dreimal im Jahr das Heu liefert. Das letzte Mal kurz bevor Yami zu ihnen gekommen ist.

Zusammen mit dem grossen Mann geht er in den Hinterhof, wo zwei Sklaven gerade die letzten Heuballen von der grossen Transportkutsche auf einen ziemlich grossen Haufen werfen.

„Wie ich sehe, sind Sie mit dem Abladen schon beinahe fertig.“ Neben den Heuballenberg bleibt Yugi stehen und betrachtet diesen mit einigem Widerwillen. Wie er es doch hasst, diese Ballen ins Lager schleppen zu müssen. Immerhin ist heute schönes Wetter und sie müssen die Ballen nicht unter einem riesigen Öltuch hervorziehen.

„Ja, Herr Muto. Die neuen Sklaven arbeiten viel besser als die letzten beiden.“ Stolz deutet der Schwarzhaarige auf die schwer atmenden Männer. Die auf der jetzt leeren Ladefläche sitzen. Yugi würde ihnen ja gern etwas zu trinken anbieten, aber diesen Fehler hat er vor ein paar Jahren das letzte Mal gemacht. Hat ihm damals doch Ikkaime mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass die Sklaven ausserhalb ihrer Kammern nichts zu trinken haben dürfen.

„Das freut mich für Sie.“ Mit grösster Willenskraft kann sich Yugi zu einem freundlichen Gesichtsausdruck zwingen. Seit er Yami kennt, reagiert er noch viel empfindlicher auf die unmenschliche Behandlung, welche die Sklaven aushalten müssen. „Wie viel schulde ich Ihnen diesmal?“

Auf diese Frage hin zieht Ikkaime ein zusammengefaltetes Papier aus der Tasche seiner braunen Weste und hält es dem jungen Muto hin. „Gleich viel wie die letzten Male. Also rund 488 Silbermünzen.“

Mit einem Seufzen liest Yugi die Rechnung durch. Diese Heupreise sind einfach unverschämt. Nur leider hat Ikkaime das beste Heu der ganzen Stadt und er kann sich bei dem Mann wenigstens sicher sein, dass das Heu nicht schimmlig ist. „Wie immer ist es ein stolzer Preis. Ich gehe schnell zurück ins Haus und hole die Münzen.“ Auf das zustimmende Nicken von Ikkaime hin, geht Yugi wieder rein. Im Flur begegnet er Yami und Rishido, die wohl gerade beide auf dem Weg nach draussen sind. „Bleibt noch hier im Haus und kommt erst raus, wenn ich es euch sage.“ Fest sieht er die beiden an. Dabei wundert es ihn gar nicht, dass Rishido sich sofort zurückzieht, während Yami erst zur Tür blickt und ihm dann knapp zunickt. „Okay.“ Allerdings geht Yami nicht wie Rishido zurück in die Küche, sondern lehnt sich mit verschränkten Armen an die Wand.

Mit hochgezogener Augenbraue schüttelt Yugi über das Verhalten seines Freundes leicht den Kopf.

Allerdings hat er jetzt beim besten Willen keine Zeit darüber nachzudenken. Wartet doch Ikkaime auf seine Bezahlung. Darum eilt er nun ins Lager wo er fünf Beutel mit je 100 Silbermünzen drin aus dem Tresor holt. Aus dem einen Beutel nimmt er 12 Münzen raus. Geht das doch deutlich schneller, als die 488 Münzen abzuzählen. Mit den Beuteln in der Hand geht Yugi zurück in den Flur und wie er es nicht anders erwartet hat, steht Yami immer noch genau gleich an der Wand wie vorhin.

Offensichtlich ist sein Freund heute irgendwie seltsam drauf. Denn so ein Verhalten ist selbst für Yami ungewöhnlich.

So schnell er es ohne zu rennen kann, geht Yugi an ihm vorbei und wieder nach draussen. Nicht, dass Ikkaime noch auf die Idee kommt, nachzusehen wo er bleibt.
 

Tatsächlich ist Ikkaime schon auf dem Weg zur Hintertür als Yugi die drei Stufen nach unten geht. „Herr Muto, ich dachte schon Sie hätten mich vergessen.“ Ein paar Schritte vor Yugi bleibt er stehen.

„Keine Sorge, ich bin nur kurz aufgehalten worden.“ Professionell lächelt Yugi sein Gegenüber an. „Hier sind die 488 Silbermünzen.“ Auffordernd hält er die Beutel Ikkaime hin, der sie sich sofort krallt. „Sie können die Münzen gern nachzählen, wenn Sie wollen.“ Bietet Yugi ihm an. Dabei hofft er allerdings, dass dieser das Angebot wie üblich ablehnen wird.

„Ach Herr Muto, das ist bei Ihnen nicht nötig. Ausserdem muss ich wieder zurück und die nächste Fuhre holen. Schliesslich wollen meine anderen Kunden auch noch ihre Lieferung bekommen.“

Zustimmend nickt Yugi. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen erfolgreichen Tag und wir sehen uns ja am Freitag wieder.“ Dabei versucht er krampfhaft nicht in Richtung der Transportkutsche zu sehen. Fällt es ihm doch auch so schon schwer, sein Mitleid für die Sklaven zu verbergen. Doch selbst wenn er den Mann ablenken könnte, damit die Sklaven heimlich trinken können, würden diese das vermutlich nicht machen. Da die Angst vor schweren Strafen in der Regel grösser ist, als der Durst.

Bei der Treppe stehen bleibend beobachtet Yugi, wie Ikkaime auf den Kutschbock steigt und dann das grosse Gefährt von den 4 angespannten Pferden auf engstem Raum wenden lässt. Jedes Mal bewundert Yugi dieses eigentlich unmögliche Manöver. Ist doch der Hinterhof nicht gerade der grösste.

Als die Transportkutsche aus dem Tor fährt, kann Yugi die beiden Sklaven auf der Ladefläche sitzen sehen. Immerhin müssen sie jetzt nicht auch noch nebenherlaufen, wie sie es bestimmt auf dem Weg hierher tun mussten.
 

Erst als Yugi die Hufschläge nur noch leise hören kann dreht er sich um und geht die paar Stufen nach oben. „Yami! Rishido! Ihr könnt jetzt kommen!“ Eigentlich hätte er ja nur nach Rishido rufen müssen, denn Yami steht immer noch mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt da und richtet sich sofort auf, als er Yugi sieht.
 

Rishido kommt jetzt allerdings aus der Küche. Offensichtlich hat er Yugis Worte so verstanden, dass er dort auf weitere Befehle warten muss.
 

Als Yami und Rishido in den Hinterhof kommen, reisst Yami als erstes geschockt die Augen auf, als er den riesen Heuberg sieht. „Das alles müssen wir ins Lager tragen? Wie viele Ballen sind das überhaupt?“ Vor dem ersten Heuballen, der auf dem Boden liegt, bleibt Yami stehen.

Mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck zuckt Yugi mit den Schultern. „Ach, das sind nur 244 Heuballen. Was man halt so braucht.“ Dabei muss er sich wirklich zusammenreissen nicht laut loszulachen, denn nun steht Yami mit offenem Mund da und scheint tonlos die Zahl zu wiederholen.

„Das heisst Yami, dass jeder von uns knapp 81.33333 Heuballen reintragen muss.“

Mit grossen Augen starrt Yami Yugi ungläubig an. „Und woher weisst du das so genau? Ausserdem will ich den Drittelheuballen sehen.“
 

„Ach Yami, das ist doch eine ganz einfache Rechnung, die man ohne Probleme mal so schnell im Kopf ausrechnen kann. Und sicher trägt einer von uns auch 82 Heuballen rein.“ Da es nun aber wirklich Zeit wird, dass sie mit dem einräumen anfangen, schnappt sich Yugi den ersten rund 15 Kilogramm schweren Ballen und schleppt ihn, gefolgt von Rishido ins Lager.

Zurück bleibt ein immer noch ungläubiger Yami. „Du kannst das vielleicht im Kopf ausrechnen. Ich brauch dafür aber immer noch einen Taschenrechner“, ruft Yami nach einem Moment Yugi hinterher. Immer noch über diese Leistung und die unmögliche Zahl den Kopf schüttelnd, schnappt sich nun auch Yami einen Ballen und schleppt ihn ins Lager. Schliesslich kann er die anderen nicht die ganze Arbeit allein machen lassen.
 

Im Lager wird er von Rishido fragend angesehen. „Was ist ein Taschenrechner?“ Dieses Wort hat er noch nie gehört und kann sich darum nicht vorstellen, was das für ein Ding sein soll.

Zuerst stellt Yami den Ballen ab, ehe er sich zu Rishido umdreht. Dabei bemerkt er, wie ihn Yugi abwartend ansieht. „Ähm, ein Taschenrechner ist ein... ähm Gerät, in das man die Zahlen mit denen man rechnen muss eingibt und das dann die richtige Lösung ausspuckt“, versucht sich Yami erfolglos an einer Erklärung. Denn Rishidos Gesichtsausdruck sagt mehr als deutlich, dass er nichts verstanden hat. Hilflos wendet sich Yami darum an Yugi. „Yugi, sag du doch auch mal was.“
 

Kopfschüttelnd sieht Yugi seinen Freund an. Erst so ein Wort laut und deutlich rumschreien und dann nicht wissen, wie man einen Taschenrechner erklärt. „Überleg das nächste Mal was du sagst. Dann kommst du nicht in so eine Situation.“ Deutlich ist herauszuhören, dass er Yami am liebsten etwas ganz Anderes an den Kopf geknallt hätte. Sich dies aber verkneift.

„Rishido, weisst du was ein Abakus ist?“, fragend sieht er den grossen Ägypter an. Dieser überlegt kurz. „Ja, das weiss ich. Damit kann man grosse Zahlen rechnen.“
 

Zufrieden nickt Yugi, das macht es leichter. „Also ein Taschenrechner ist die Technomagivariante von einem Abakus. Also eigentlich nichts Besonderes“, dass er wohl etwas Falsches gesagt hat, merkt Yugi erst als ihn Rishido mit grossen Augen ansieht. „Meister Yugi, sprechen Sie etwa von einem magischen Abakus? Wieso soll das nichts Besonderes sein?“

Am liebsten würde er wegen des Frevels den Meister Yugi und Yami da gerade begangen haben, auf die Knie fallen und zu seinen Göttern beten. Nur weiss er nicht, wie Meister Yugi darauf reagieren würde.
 

Mental verpasst sich Yugi gerade selbst einen Tritt in den Hintern. Wie konnte ihm nur dieser Schnitzer passieren. Ein Gerät der Magi als nicht besonders zu bezeichnen. „Rishido, ich habe öfters mit den Magi zu tun und darum weiss ich, dass die Magi so einen magischen Abakus andauernd benutzen, wenn sie rechnen müssen. Darum habe ich es als nichts Besonderes bezeichnet.“
 

Nur mit Mühe kann sich Yami ein Lachen verkneifen, als er beobachtet, wie sich Yugi noch gerade so aus der Situation winden kann. Als er dann aber den Blick sieht, der ihm zugeworfen wird, nimmt er die Beine in die Hand. „Ich hole schon mal den nächsten Ballen.“ So schnell er kann rennt Yami aus dem Lager zum Heuballenstapel.
 

Deutlich langsamer folgen Yugi und Rishido Yami nach draussen. Der schnappt sich gleich einen Ballen und will sich an den beiden vorbeimogeln. „Yami, wir reden später noch über deinen blöden Taschenrechner“, zischt Yugi ihm leise zu. Wobei er besonders darauf achtet, dass Rishido diesmal nicht zuhört.

Bei dieser Drohung wird Yami leicht blass. Nur woher sollte er verdammt noch mal wissen, dass Rishido nicht weiss, was ein oller Taschenrechner ist.
 

Schweigend arbeiten die drei Männer den ganzen Nachmittag über und schleppen dabei einen Ballen nach dem anderen in das Lager. Zwischendurch füttert Yami die Pferde und füllt die Wassertröge neu auf.

Kurz vor Sonnenuntergang holt er noch schnell die Pferdeäpfel aus den Boxen und schiebt den Mistkarren auf die Strasse. Nur leider hat er die Kupfermünze vergessen, weshalb er schnell ins Haus rennt um eine zu holen.
 

Danach hilft er wieder Yugi und Rishido beim reintragen der letzten Heuballen und muss dabei zugeben, dass es gar nicht so schlecht ist, dass Rishido hier ist. Solange er sich von Yugi und am besten auch von den Pferden und Sugoroku fernhält.

Schliesslich ist der letzte Ballen verstaut. Erschöpft setzen sie sich daraufhin beim Brunnen auf den Boden und atmen erstmal erleichtert durch.
 

Als Yamis Blick auf den Eimer fällt, den sie vor einer Weile gefüllt haben, damit sie sich wenigstens ein bisschen Kühlung durch etwas kaltes Wasser im Nacken verschaffen können.

Mit einem perfekten Pokerface steht er auf und greift nach dem Eimer. „Sag mal Yugi, ist dir immer noch so heiss?“, unschuldig blickt er Yugi an, der nichts ahnend nickt. „Ja, wies...“, in dem Moment kippt Yami den Eimer über dessen Kopf aus. „Yami! DU...!“, empört schnappt Yugi nach Luft und versucht Yami zu packen, doch dieser springt einfach nur lachend zur Seite und rennt dann weg. „Fang mich doch. Wenn du kannst“, herausfordernd bleibt Yami kurz stehen, ehe er sich umdreht und im Lager verschwindet.

Auch wenn er eigentlich total kaputt ist, will er noch schnell die letzten Strohballen zur Seite räumen, um für die Neuen Platz zu schaffen.
 

In der Zwischenzeit füllt Yugi tropfnass den Eimer neu und schleicht sich unter dem aufmerksamen Blick von Rishido zum Lager. Allerdings geht er nicht rein, sondern stellt sich mit dem Eimer so neben die Tür, dass ihn Yami beim Rausgehen nicht sehen kann.

Geduldig wartet er darauf, dass Yami wieder rauskommt und seine Geduld wird belohnt. Als Yami durch die Tür tritt hebt er den Eimer. Allerdings erinnert er sich noch gut daran, wie sein Freund am Fluss reagiert hat. „Yami?“ In dem Moment wo sich sein Freund umdreht holt er mit dem Eimer aus und giesst ihm das ganze Wasser mitten ins Gesicht. Um ihm dann zu entkommen lässt er sofort den Eimer fallen und rennt aus dessen Reichweite. „Rache ist süss und kalt“, lachend weicht er Yami immer wieder aus, der bis auf ein überraschtes prusten bis jetzt noch keinen Ton von sich gegeben hat.

Nur leider hat er vergessen, dass Yami etwas grösser als er ist und darum auch etwas längere Beine besitzt. So kommt es, wie es kommen musste. Nach ein paar Minuten des Jagens erwischt ihn Yami am Handgelenk und noch bevor Yugi weiss wie ihm geschieht liegt er mit dem Rücken auf dem Boden und hat Yami auf sich draufknien.
 

Grinsend sieht Yami auf Yugi runter. „Das wirst du noch bereuen.“ Dies ist die einzige Warnung die Yugi bekommt, denn nur Sekunden später beginnt Yami ihn zu kitzeln. Nur mit Mühe kann er sich auf Yugis Hüfte halten, windet sich doch dieser unter ihm lachend hin und her.
 

Während Rishido erschrocken, nein erstaunt oder doch einfach nur überrascht dasteht und das Schauspiel beobachtet, kommt Sugoroku aus dem Haus. Eigentlich will er die drei Jungs ja zum Essen rufen, als er aber sieht, was Yugi und Yami da treiben, stellt er sich grinsend neben den grossen Ägypter.
 

Inzwischen hat es Yugi so weit geschafft, dass er immer wieder die Kitzelattacken von seinem Freund erwidern kann. Nur leider liegt er immer noch unter dem fröhlich lachenden Yami, was einen effektiven Konter leider beinahe unmöglich macht.
 

„Sag mal Rishido, wer hat angefangen“, amüsiert steht Sugoroku da. So eilig ist es mit dem Abendessen ja nicht.

„Ähm, Yami hat Meister Yugi Wasser über den Kopf gegossen. Dann hat Meister Yugi das Gleiche gemacht und nun... ja...“, vollkommen überfordert sieht Rishido hilfesuchend zu Meister Sugoroku. Doch dieser scheint sich gerade köstlich über diese unmögliche Situation zu amüsieren.
 

Nach einer Weile hört Yami atemlos auf Yugi zu kitzeln. Immer noch grinsend über ihm kniend sieht er auf seinen... Yugi runter. „Gibst du auf?“
 

Nach Luft schnappend liegt Yugi ruhig da und sieht in die rubinroten Augen, die ihn so vergnügt wie noch nie anfunkeln. „Ja, ich gebe auf.“ Doch bereut er seine Worte sofort, denn kaum hat er sie ausgesprochen steigt Yami von ihm runter und lässt sich neben ihm auf den Boden fallen.
 

Erst jetzt, wo Yugi in den dunkler werdenden Himmel blickt, fällt ihm auf, wie spät es schon sein muss. „Wir sollten aufstehen, bestimmt warten Grossvater und Rishido schon mit dem Abendessen auf uns.“

Mit Schwung steht er auf und sieht grinsend auf Yami runter, der sich gerade mal in eine sitzende Position aufgerichtet hat. „Na komm, nicht dass Grossvater uns noch ohne...“ im letzten Moment fällt Yugi ein, dass diese Aussage bei Yami falsch ankommen könnte. „...noch länger auf uns warten muss“, ändert er deswegen seinen Satz ab. Hilfe anbietend hält er Yami seine Hand hin, die dieser ohne zu zögern ergreift. Mit Schwung zieht Yugi Yami auf die Beine und will ihn dann eigentlich wieder loslassen, aber sein Freund gibt seine Hand nicht frei.

Im Gegenteil, Yami zieht ihn zu sich und beugt sich zu seinem Ohr. „Ich will nicht, dass du mit Rishido allein bist.“ Mit blitzenden Augen fixiert Yami daraufhin seinen... Yugi, ehe er ihn loslässt und seine Hände in den Hosentaschen vergräbt. Mit schnellen Schritten rennt er schon beinahe ins Haus.

Als er sich die Hände wäscht fragt er sich ungläubig woher diese Worte plötzlich gekommen sind. Nicht nur diese Worte, sondern sein ganzes Verhalten in den letzten Stunden. Die noch feuchten Hände in seine Haare vergrabend steht er da. Was ist nur mit ihm los? So kennt er sich doch gar nicht. Allerdings muss er vor sich selbst zugeben, dass er sich schon seit einiger Zeit nicht mehr wirklich zu kennen scheint. Zu sehr hat sich sein Verhalten im Gegensatz zu früher verändert.
 

Von ihm unbemerkt steht Yugi in der offenen Hintertür und beobachtet still seinen Freund. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass Yami eifersüchtig ist. Nur kann das doch gar nicht sein. Denn für Eifersucht braucht es Gefühle wie Liebe und er glaubt nicht, dass der andere schon so weit ist, dass er so fühlen kann. Trotzdem hat der heutige Tag seiner Hoffnung auf gegenseitige Liebe weitere Nahrung gegeben.

Erst als Yami in Richtung der Küche verschwindet, betritt nun auch Yugi den Flur und wäscht sich die Hände und giesst dann das benutzte Wasser in den Hinterhof.
 

In der Küche setzt sich Yami inzwischen immer noch so nass wie er ist zu Sugoroku und Rishido an den Tisch. „Entschuldigt, dass ihr warten musstet. Yugi kommt bestimmt auch gleich.“ Um Verzeihung bittend sieht er Sugoroku an und obwohl er auch Rishido bei seiner Entschuldigung mit einbezogen hat, ignoriert er ihn komplett.

Was Sugoroku leicht die Augen zusammenkneifen lässt. „Ist schon gut. Ich war vorher draussen und habe gesehen, was ihr zwei für einen Spass hattet. Nachher solltest du dir aber unbedingt etwas Anderes anziehen. Nicht, dass du dich noch erkältest.“ In dem Moment kommt Yugi ebenso nass wie Yami in die Küche. „Und du mein Junge, solltest dich nachher auch umziehen.“ Besorgt mustert Sugoroku seinen Enkel, der sich mit hochroten Wangen auf seinen Stuhl setzt. „Grossvater, ich bin kein kleiner Junge mehr.“

Verlegen blickt er zu Yami der mit verschränkten Armen dasitzt und ihn grinsend ansieht. Sich nun aber vorbeugt. „Yugi, das muss dir doch nicht peinlich sein. Zu mir hat er das Gleiche gesagt und bin ich rot geworden?“, vielsagend blickt er Yugi an. Was diesen nur noch mehr erröten lässt.

In aller Ruhe nimmt Yami daraufhin ein Stück Brot und belegt es mit Käse und Tomatenscheiben. Dabei ist er sich bewusst, dass Rishido ihn mit ungläubiger Miene anstarrt und Sugoroku sein breites Grinsen mehr als offensichtlich hinter der Teetasse versteckt.

„Was ist? Wollt ihr nicht auch endlich anfangen zu essen?“, unschuldig blickt er die anderen an. So als wäre alles so wie immer.

Das führt dazu, dass Yugi und Rishido sich sofort ein Stück Brot nehmen. Während sich Sugoroku entspannt mit seiner Tasse zurücklehnt und das Schauspiel am Tisch geniesst.

Ist das ganze doch wirklich viel spannender als es der beste Krimiroman je sein könnte. Zeigt Yami doch gerade Seiten von sich, die dieser bis jetzt noch nicht einmal ansatzweise hat durchscheinen lassen.

Wer hätte gedacht, dass dieser unsichere und verängstigte junge Mann, den er vor knapp 4 Monaten kennengelernt hat, so eine Persönlichkeit verbirgt. Noch mehr erstaunt es ihn allerdings, wie schnell sich Yami ohne die Hilfe eines Psychomagus zu erholen scheint. Hoffentlich verdrängt Yami nicht nur, sondern setzt sich wirklich mit seiner Vergangenheit auseinander. Wenn er doch nur mehr mit ihnen reden würde.
 

Als er bemerkt, dass ihn Yami aus dem Augenwinkel heraus beobachtet, nimmt er sich sein Brot, das er schon länger auf dem Teller liegen hat und beginnt demonstrativ zu essen.
 

Nach dem Abendessen, das dann noch schweigend verlaufen ist, schickt Sugoroku seine beiden Enkel rigoros aus der Küche, damit sie endlich trockene Sachen anziehen. Im Flur bleibt Yami dann aber vor der Treppe stehen. „Ich geh mal kurz ins Bad und komme dann hoch für’s Training.“

Nur leider fällt ihm erst unter der Dusche ein, dass er trockene Sachen hätte mitnehmen sollen.

Deswegen steigt er nach dem abtrocknen grummelnd wieder in seine nasse Hose, damit er wenigstens etwas anhat. Denn das nasse Oberteil, will er nun wirklich nicht mehr anziehen. So betritt er oben ohne Yugis Zimmer, der sich gleichzeitig umdreht, weil er ihn gehört hat und fragen wollte, ob sie heute wirklich noch trainieren wollen.

Mit offenem Mund beobachtet er nun seinen Freund der in aller Seelenruhe in sein eigenes Zimmer geht. Dabei kann er sehr gut dessen eingebranntes Ankh auf dem Schulterblatt sehen. Schmerzhaft zieht sich daraufhin sein Herz zusammen.
 

Nur Minuten später kommt Yami, der sich seinen Schlafanzug angezogen hat, wieder zurück und sieht ihn mit einem ernsten Blick an. „Sag mal, willst du weiter in den nassen Sachen rumlaufen? Ich würde ja vorschlagen, dass du auch noch schnell unter die Dusche steigst und dann trockene Sachen anziehst. Ich will heute nämlich nur noch das bereits gelernte wiederholen. Da kommst du bestimmt nicht ins Schwitzen.“ Mit verschränkten Armen lehnt sich Yami dabei an den Türrahmen.
 

Nach einem Moment greift sich Yugi daraufhin seinen Schlafanzug und geht mit diesem auf dem Arm raus.

Im Bad lehnt er sich an die Tür und atmet erst einmal tief durch. Hat ihn der Anblick seines Freundes vorhin doch eiskalt erwischt. Sich aus den nassen kalten Sachen schälend geht Yugi zur Badewanne wo er sich zum Duschen ausnahmsweise hinsetzt. Glaubt er doch nicht, dass ihn seine weichen Knie noch länger tragen können.
 

Während Yugi im Badezimmer ist, stellt sich Yami wie am Vorabend vor das Fenster und sieht in die Nacht hinaus. In Gedanken lässt er den Tag an sich vorüberziehen und versucht so etwas Ordnung in das Chaos seiner Gedanken zu bringen.

Als Yugi wieder zurück kommt schiebt Yami seine Gedanken zur Seite. Muss er sich doch jetzt auf das Training konzentrieren, wenn er will, dass sich Yugi bald wirklich selbst verteidigen kann.

Er gibt Yugi noch Zeit seine Sachen über die Stuhllehne zu hängen, bevor er ihn auffordert in die Grundposition zu gehen. Als erstes lässt er Yugi ein paar Schläge abwehren und wechselt dann zum Befreien aus einem festen Griff über. Zum Schluss lässt er Yugi noch verhindern, ihm den Arm auf den Rücken zu drehen. Zufrieden und weil sie einen wirklich anstrengenden Tag hinter sich haben, beendet Yami das Training nach diesen paar Wiederholungen.
 

Vollkommen fix und fertig fallen die beiden wenig später ins Bett, natürlich erst nachdem Yami die Tür abgeschlossen hat.

 

 

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Also Yami ist mal wieder vollkommen ausser Kontrolle und ja er ist wirklich erst seit 4 Monaten bei den Mutos. Auch wenn es durch die vielen Kapitel anders zu sein scheint.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Besuch im Gefängnis

Hallo zusammen,

 

nach einer aufregenden Woche ist das neue Kapitel fertig geworden.

 

Mein Laptop war leider nicht mehr zu retten. Nachdem die Festplatte als schwerwiegend beschädigt deklariert worden und ausgetauscht worden ist, haben sich noch mehr Fehler gezeigt. So dass es mich schon wundert, dass der Laptop bis letzten Sonntag überhaupt noch funktioniert hat.

Naja, nun habe ich einen neuen Laptop und ich kann sagen, er läuft. Dadurch ist das Kapitel auf zwei Computern entstanden. Einmal auf meinen uralt Laptop, der so alt ist, dass die meisten Webseiten für ihn nicht mehr aufrufbar gewesen sind und dann auf dem neuen.
 

So, nun spanne ich euch nicht mehr länger auf die Folter und wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 30: Besuch im Gefängnis

 

 

Während Sugoroku am Sonntag zusammen mit Rishido in der Küche das Mittagessen am Vorbereiten ist, dankt er sämtlichen Göttern, dass Yami sich in den letzten Tagen ein wenig an die Anwesenheit von Rishido gewöhnt zu haben scheint. Zumindest soweit, dass ausser bösen Blicken nichts weiter passiert ist.

Zwar ist es schon wirklich sehr auffällig, wie sehr ihr Honigvorrat in den letzten Tagen gelitten hat. Reichen doch die 5 Gläser in der Regel für 2 Wochen, mussten sie jetzt schon das dritte Glas aus der Vorratskammer holen.

Obwohl eigentlich wundert sich Sugoroku da nicht wirklich darüber. Hat er doch schon mehr als einmal beobachten können, dass Yami immer dann, wenn er unter Stress steht, sich einen Löffel und das Honigglas schnappt und sich dann auch mal einen Löffel voll Honig einfach so in den Mund schiebt.
 

Kurz bevor sie mit dem Kochen fertig sind, kommt Yugi aus dem Lager, wo er wie jeden Sonntagmorgen die Buchhaltung gemacht hat, zu ihnen. „Kann ich euch beiden irgendwie helfen?“, fragend sieht er seinen Grossvater an. Der jedoch schüttelt den Kopf. „Nein, Rishido und ich sind beinahe fertig. Du könntest aber Yami aus dem Stall holen. Von allein kommt er ja neuerdings nicht mehr rein.“

Als Yugi nickt und dann aus der Küche geht, blickt ihm Sugoroku besorgt nach. Nicht wegen seines Enkels, sondern wegen Yami. Denn in den letzten Tagen war dieser wirklich nur noch im Stall oder wenn er mal ins Haus gekommen ist, entweder bei Yugi im Laden oder in seinem Zimmer gewesen.

Dieser Rückzug von Yami ist der Preis für den Frieden im Haus und Sugoroku findet diesen eigentlich zu hoch. Denn er vermisst die regelmässigen Schachpartien gegen den jungen Mann.
 

Draussen im Stall füllt Yami gerade die Heunetze, als Yugi zu ihm ins Heulager kommt. In aller Ruhe stopft er das letzte Netz fertig, ehe er sich mit einem fragenden Blick zu ihm umwendet.

„Das Mittagessen ist gleich fertig und Grossvater meinte ich würde dich hier finden.“ Neugierig blickt sich Yugi in dem penibel aufgeräumten Lager um. So ordentlich war es hier früher nie gewesen. Im Gegenteil, bevor Yami zu ihnen gekommen ist, herrschte hier regelmässig das Chaos.
 

Mit einem Nicken, hängt Yami das volle Netz neben das andere an den Haken. „Ist gut“, mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht geht er zu Yugi und wartet geduldig, dass dieser ihn ansieht, hat er doch keine Lust allein ins Haus zurück zu gehen. Zwar hat er sich inzwischen so halbwegs damit arrangiert, dass Rishido hier ist, aber er fühlt sich allein in dessen Nähe einfach nicht wohl.

Erst als er wieder die Aufmerksamkeit von Yugi hat, geht er an ihm vorbei bis zur Tür. Dort bleibt er stehen und sieht auffordernd über die Schulter zurück. „Kommst du? Oder hast du keinen Hunger und willst lieber hier das Heu probieren?“, verschmitzt grinst er Yugi an.
 

Schmunzelnd folgt ihm Yugi nun zur Tür. „Ach nein. Das schmeckt immer so trocken und ausserdem kann ich Blacky und Rocky ja nicht ihr Essen wegfuttern.“

Woraufhin ihm Yami lachend das Haar zerzaust. „Na dann, lass uns reingehen.“

Wie er es sich in den letzten Tagen angewöhnt hat, legt er ihm den Arm um die Schultern während sie zur Hintertür gehen. Irgendwie braucht er dies im Moment. Auch wenn er nicht weiss warum. Ausserdem scheint es Yugi nicht zu stören.
 

Im Flur muss er ihn leider zum Händewaschen loslassen. Doch kaum haben sie beide die Hände abgetrocknet, legt er Yugi wieder den Arm um die Schultern, so dass dieser nah bei ihm zur Küche laufen muss.

Erst direkt vor der Küchentür lässt Yami Yugi los und folgt ihm mit einem undefinierbaren Blick in Richtung Rishido in den Raum.
 

Natürlich fällt nicht nur Rishido dieser Blick auf, sondern auch Sugoroku. Mit einem resignierten Kopfschütteln stellt er die Reispfanne auf den Tisch, während der grosse Ägypter die Becher mit frischem Wasser füllt und dabei Yami und Yugi nach Möglichkeit ausweicht. Hat er doch inzwischen herausgefunden, was den anderen auf die Palme bringt und versucht nun darum alle Situationen, wo Yami wieder so verwirrend wird zu vermeiden. Dazu zählt auch, dass er besonders zu Meister Yugi einen möglichst grossen Abstand hält. Zumindest wenn Yami in der Nähe ist.
 

Während sie essen herrscht am Tisch eine Ruhe, die schon beinahe unheimlich ist. Nur will keiner der Anwesenden den brüchigen Frieden mit einem falschen Wort riskieren.

Immer wieder blickt Sugoroku zu Yami und fragt sich, ob diesem überhaupt klar ist, dass er wegen Yugi eifersüchtig auf Rishido ist.
 

Nach dem sie auch den letzten Rest der Reispfanne vernichtet haben lehnt sich Yugi mit einem zufriedenen Seufzen zurück. „Das war wieder unheimlich lecker. Ein Kompliment an die Köche.“ Innerlich schmunzelnd sieht er, wie Rishido daraufhin verlegen den Blick senkt. Offenbar hat er diese Reispfanne verbrochen. Was ihn auch nicht wundert, denn sein Grossvater kocht anders. Nicht schlechter, aber anders.

„Ach ja, ich werde dann nachher noch Jono besuchen gehen. Nicht, dass er noch glaubt, wir hätten ihn vergessen.“

Diese Information lässt Yami sofort aufhorchen und er setzt sich noch aufrechter als sowieso schon hin. „Kann ich mitkommen?“, als er von Yugi daraufhin verwundert angesehen wird, versucht er sich an einer Erklärung. „Mir fällt hier so langsam aber sicher die Decke auf den Kopf und alleine kann ich mich ja kaum auf die Strasse wagen.“
 

Auf diese Worte hin blickt Rishido unwillkürlich zur Decke. Wie kann die einem denn auf den Kopf fallen? Sieht diese doch sehr stabil aus.

So bekommt er nur am Rande die Antwort von Meister Yugi mit.
 

„Yami, ich wollte danach noch May besuchen. Das heisst ich werde den ganzen Nachmittag unterwegs sein und wenn es hochkommt sogar erst nach Sonnenuntergang zurückkommen.“ Als Yami daraufhin den Mund öffnet, um etwas zu erwidern hebt er seine Hand. „Warte noch mit deiner Antwort. Ich würde dich gern mitnehmen, aber dann musst du Rishido die Nachmittagsversorgung der Pferde überlassen, da ich nicht will, dass sie unter deiner Abwesenheit leiden müssen. Es ist also allein deine Entscheidung.“
 

Daraufhin verschliesst sich Yamis Miene. Denn einerseits will er nicht, dass sich Rishido um seine Pferde kümmert, aber andererseits hat er wirklich langsam das Gefühl, dass er hier durchdreht, wenn er nicht wenigstens eine Weile rauskommt.

Mit verschränkten Armen sitzt er an die Stuhllehne gelehnt da und lässt seine Augen abwechselnd von Yugi zu Rishido schweifen. „Na gut“, deutlich ist zu hören, dass ihm die Entscheidung nicht leichtfällt. „Rishido kann für heute Nachmittag den Stall übernehmen.“ Mit zusammengekniffenen Augen blickt er zu Rishido. „Die Netze für die erste Nachmittagsfütterung sind schon fertig. Beide müssen noch bewegt werden und die Boxen müssen auch noch ausgemistet werden. Kurz vor dem Abendessen gibt es noch einmal genauso viel Heu wie am Nachmittag. Du kannst dich also daran orientieren, wie ich die Netze gestopft habe. Am Abend stopfe ich dann auch immer gleich die Netze für den nächsten Morgen. Bei...“ „Yami, Grossvater ist ja auch noch da“, wird er in seinen Anweisungen von Yugi unterbrochen. „Wenn was ist, wird Rishido ihn sicher fragen. Du musst dir also keine Sorgen um Blacky und Rocky machen.“ Versucht er seinen Freund zu beruhigen und lächelt ihn zusätzlich noch an.

„Yugi, ich will nur sichergehen, dass er alles richtigmacht. Immerhin kennt er die beiden nicht.“ Todernst sieht Yami ihn an. „Also, beide lieben Äpfel. Ausserdem wollen beide auch gekrault werden, aber Rocky hasst es, wenn man ihn zwischen den Ohren krault, dafür liebt das Blacky und wenn Grossvater in den Stall kommt, dann kannst du Blacky nur noch aus dem Weg gehen. Der rennt dich nämlich sonst um, weil er zu ihm will. Hast du alles verstanden?“, abwartend blickt Yami mit immer noch verschränkten Armen zu Rishido.

Dieser sieht ihn erstaunt über den Redeschwall und dass er ihm die Pferde für den Nachmittag überlässt, an. Ist er doch von Yami, ausser beim Stroheinlagern und den warnenden Blicken, wenn sie sich über den Weg gelaufen sind, vollkommen ignoriert worden. „Ähm ja, ich habe verstanden und ich werde gut auf die beiden aufpassen und sofort Meister Sugoroku fragen, wenn ich etwas nicht wissen sollte.“

Irgendwie hofft er ja, dass er dann auch in Zukunft mal etwas mit den Pferden machen kann, wenn heute alles gut läuft.

Mit ernster Miene nickt Yami daraufhin knapp. „Gut.“
 

Erstaunt, dass sich Yami wirklich darauf eingelassen hat und wie genau er Rishido alles erklärt hat, sehen sich Yugi und Sugoroku an. Haben sie doch bis gerade eben auf einen Rückzieher von Yami gewartet.

Schliesslich räuspert sich Sugoroku. „Da das nun geklärt ist, sollten wir uns nun aber langsam ans Aufräumen machen. Sonst kommt ihr beiden heute gar nicht mehr aus dem Haus.“ Um seine Worte zu verdeutlichen steht er auch gleich auf und beginnt die Teller einzusammeln.

Was Rishido auch gleich auf den Plan ruft. So schnell, dass weder Yugi noch Yami reagieren können und so auf einmal an einem leeren Tisch sitzen, räumt dieser die restlichen Sachen vom Tisch.

„Können wir euch beiden überhaupt noch bei irgendwas helfen?“, fragend dreht sich Yugi immer noch sitzend zu seinem Grossvater um.

„Nein, nicht wirklich. Macht ihr beiden euch lieber auf zu Jono und versucht noch vor Sonnenuntergang zurück zu sein. Du weisst ja, dass die Strassen in der Nacht nicht mehr so sicher sind.“

Auf diese kleine Predigt hin sieht Yugi augenrollend zu Yami, der sich ein breites Grinsen kaum noch verkneifen kann. Das ist so typisch für den alten Mann. Besonders in letzter Zeit vergisst dieser nämlich gern, dass Yugi 25 Jahre alt ist und keine 12.

„Ja, Grossvater wir werden aufpassen“, übernimmt es Yami zu antworten. Weiss er doch zu gut, dass Yugis Tonfall in diesen Momenten immer ziemlich genervt ist.
 

Gleichzeitig stehen die beiden auf und gehen zur Tür. „Danke für das leckere Essen und ich werde gut auf Yugi aufpassen.“ Bevor Yugi etwas darauf sagen kann, schiebt Yami ihn in den Flur.

Darum sehen sie beide nicht, wie Sugoroku grinsend Rishido ansieht. „Mach dir nicht zu viele Gedanken. Solche Sprüche sind bei Yami normal und wenn er will kann er sowieso jede Regel vergessen.“

Manchmal tut ihm Rishido schon beinahe leid. Hat dieser in letzter Zeit doch einen regelrechten Schnellkurs in Sachen Familienleben.

„Aber Meister Sugoroku. Yami verhält sich einfach unmöglich. Er schiebt Meister Yugi rum, bedient sich einfach in der Vorratskammer, er ist respektlos und trotzdem wird er von euch nicht getadelt oder bestraft, er trägt das Sklavenhalsband nicht und dann benutzt er noch seltsame Wörter.“ Verwirrt und inzwischen beinahe verzweifelt, weil er die Welt nicht mehr versteht, schaut er hilfesuchend Meister Sugoroku an. Dabei vergisst er sogar, dass er eigentlich abwaschen sollte.
 

Nachdenklich lehnt sich Sugoroku neben dem grossen Ägypter an die Arbeitsplatte. Wie soll er es ihm nur erklären. Ist Rishido doch als Sklave geboren worden und kennt daher nur dieses Leben. „Naja. Yami trägt das Sklavenhalsband nur, wenn er in den Laden geht und wenn wir mit ihm in die Stadt gehen, weil wir das so wollen.“ Kurz hält Sugoroku inne. „Was sein Verhalten angeht. Yami ist nicht als Sklave geboren worden, sondern vor beinahe 6 Jahren versklavt worden. Darum redet er anders als du es von anderen Sklaven gewohnt bist.“

Um Rishido Zeit zu geben, diese Information zu verarbeiten, wartet Sugoroku nun auf eine Reaktion von ihm.
 

Stumm steht Rishido da und kann kaum glauben, was er da eben erfahren hat. Yami ist ein Versklavter. Noch nie ist er seines Wissens nach, einem solchen Sklaven begegnet. Das erklärt die seltsamen Wörter, die der andere manchmal benutzt und auch dessen widersprüchliche Körpersprache. „Aber wieso wird er dann nicht bestraft, wenn er sich so respektlos verhält und einfach in der Vorratskammer bedient?“
 

Innerlich flucht Sugoroku gerade in sämtlichen Sprachen, von denen er die Schimpfwörter kennt. Wieso musste Rishido auch sehen, wie Yami sich Honig und Äpfel holt. „Naja, für sein Verhalten wird er nicht bestraft, weil wir wollen, dass er sich so verhält. Weisst du, wir wollen keinen Sklaven haben, der alles willenlos mit sich machen lässt. Was die Sache mit der Vorratskammer betrifft. Yami hat die Erlaubnis sich in der Vorratskammer zu bedienen, solange er es nicht übertreibt und ich bin sicher, dass die Äpfel für Blacky und Rocky gewesen sind.“

Erleichtert beobachtet er nach einer Weile, wie Rishido nickt. Hoffentlich hat dieser auch wirklich verstanden, was er ihm sagen wollte.
 

Während sich Sugoroku durch Erklärungen kämpft sind Yugi und Yami schon auf den Strassen von Domino unterwegs. Natürlich trägt Yami jetzt das Sklavenhalsband und hält den Kopf anders als im Haus respektvoll gesenkt. Allerdings läuft er neben Yugi und nicht, wie es sich eigentlich für einen Sklaven gehört, hinter ihm. Was ihnen schon den ein oder anderen missbilligenden Blick und Kopfschütteln einbringt.

Dadurch, dass er mit gesenktem Blick neben Yugi herlaufen muss, kann Yami seine Neugier auf die Umgebung nur bedingt stillen, aber er ist wirklich froh, dass er endlich mal wieder aus dem Haus gekommen ist und auch nicht mehr in der Nähe von Rishido sein muss. Denn auch wenn er sich inzwischen an die Anwesenheit des anderen so halbwegs gewöhnt hat, fällt es ihm doch schwer, sich in dessen Nähe zu entspannen.
 

Nach etwas mehr als einer halben Stunde, in der sie nach Yamis Gefühl einmal quer durch die Stadt gelaufen sind. Kann er ein grosses Gebäude erkennen, das ihn an eine mittelalterliche Burg erinnert. Mit grossen Augen starrt er auf die grauen Steinmauern und vergisst dabei vollkommen, dass er eigentlich den Kopf demütig gesenkt halten sollte.
 

Grinsend beobachtet Yugi, wie sein Freund das alte Gemäuer des Gefängnisses mustert. „Die Burg ist geschätzt aus dem 13. Jahrhundert und einfach immer wieder renoviert worden. Angeblich hat sie mal einem Fürsten aus dem römischen Reich gehört, bevor sie wieder in den Besitz des Kaisers übergegangen ist und dann irgendwann zum Gefängnis umfunktioniert worden ist. Gross genug ist die Burg ja.“

Mit Yami im Schlepptau geht Yugi durch das altertümliche Tor, das sie direkt in den quadratischen Innenhof führt.

Dort steuert er ohne gross nachdenken zu müssen gleich die eine Tür auf der rechten Seite an. Schliesslich hat er Jono schon mehr als einmal hier besuchen müssen.

Dicht gefolgt von Yami, der nun schon beinahe wie eine Klette an ihm klebt, betritt Yugi das Büro der Gefängniswärter.

Natürlich werden sie sofort entdeckt und einer der vier anwesenden Wärter steht auf. „Hallo Hiroto, lange nicht gesehen“, grinsend tritt Yugi zu dem brünetten Mann, der ihn um mindestens einen Kopf überragt und dessen dunkelblaue Uniform perfekt faltenfrei ist.

„Yugi, altes Haus. Wie lange ist es her, dass du hier einen Besuch machen musstest. Ein Jahr oder zwei?“ Lachend geben sich die beiden Männer die Hand und legen sich noch zusätzlich die andere auf die Schulter. „Ich glaube Jono war vor drei Jahren das letzte Mal hier. Du könntest dich aber auch mal bei mir oder Jono blicken lassen.“

Daraufhin kratzt sich Hiroto am Hinterkopf. „Ja, das könnte ich wirklich mal, aber jetzt sag du mir, seit wann du einen eigenen Sklaven besitzt und dann noch so ein exotisches Exemplar.“ Bewundernd mustert der Wärter Yami von Kopf bis Fuss und geht dabei sogar soweit, dass er einmal um ihn herumgeht. Was Yami dazu veranlasst schutzsuchend noch näher an Yugi heranzutreten.

Woraufhin dieser besitzergreifend den Arm seines Freundes umfasst. „Das ist Yami, er ist seit März bei mir und ich will nicht, dass ihn andere ausser mir und Grossvater anfassen.“ Fest sieht er Hiroto an, der sofort einen Schritt zurücktritt und die Hände hebt. „Schon gut. Ich fass ihn ja nicht an.“ Zweideutig grinsend nickt er aber trotzdem in Richtung Yami. „Du bist aber auch ganz schön egoistisch, aber ich kann es auch verstehen. So etwas Besonderes würde ich auch nicht teilen wollen. Dabei bin ich glücklich mit meiner Frau verheiratet und habe eigentlich gar kein Interesse an Männern.“
 

Innerlich betet Yugi bis zehn und dann noch einmal, weil es immer noch nicht reicht. Wie hatte er nur vergessen können, dass sein alter Schulkamerad zwar relativ human zu den Sklaven ist, aber trotzdem die Einstellung der meisten Leute teilt. Dazu kann er deutlich die angespannten Muskeln unter seinen Fingern spüren. Als er aber zu Yami blickt, steht dieser nur mit einer ausdruckslosen Miene da. Nur weil er ihn inzwischen wirklich gut kennt, kann er das wütende Funkeln in dessen gesenkten Augen erkennen. Ist es doch so versteckt, dass man auf den ersten Blick beinahe meinen könnte, neben einem wirklich unterwürfigen Sklaven zu stehen. Für Fremde also die perfekte Fassade.

Tief Luft holend dreht sich Yugi wieder zu Hiroto um. „Ich bin eigentlich hier um Jono zu besuchen. Geht das?“, fragend blickt er den Brünetten an. Dabei muss er nun selbst aufpassen, dass man ihm seine Gefühle nicht vom Gesicht ablesen kann.
 

Sofort geht Hiroto daraufhin zu einer anderen Tür, die wohl direkt in das Burginnere führt. „Na klar geht das. Nur muss dein Yami dann im Vorraum bleiben. Sklaven haben nämlich keinen Zutritt zu den Besucherräumen. Das könnte sonst für zu viel Unruhe unter den Gefangenen sorgen.“

Diese Information ist für Yugi neu. Was auch kein Wunder ist. Hat er doch noch nie einen Sklaven mitgebracht. Deswegen folgt er nur zögernd Hiroto in den Gang, der zu den Zellen und dem Besucherräumen führt. „Warum sollte ein Sklave für Unruhe sorgen. Ich dachte, die Besitzer nehmen teilweise ihre Sklaven sogar mit, wenn sie eingesperrt werden.“ Auf die Antwort gespannt läuft er neben Hiroto her, der sie zielstrebig zu einem der Besucherräume führt. „Das ist doch etwas ganz Anderes. Wenn jemand seinen Sklaven mit in die Zelle nimmt, dann benutzt er ihn natürlich um ein paar Privilegien zu bekommen und selbstverständlich auch um in der Gefangenenhierarchie weiter aufzusteigen. Wenn ein Sklave aber als Besucher“, nun spricht Hiroto richtig abfällig, „herkommt, dann sorgt das für Begehrlichkeiten die nicht gestillt werden können. Das sorgt für Unruhen, die wir nicht gebrauchen können. Darum müssen die Sklaven auch entweder im Flur oder im Vorraum bleiben. Du musst dir aber keine Sorgen machen. Wenn du nicht willst, dass wir deinen Sklaven anfassen, dann machen wir das auch nicht. Schliesslich wollen wir alle unsere Arbeit behalten.“ Beruhigend zwinkert der Brünette Yugi zu während er ihm die Tür öffnet, die in einen kleinen fensterlosen Raum führt, der genau Gegenüber noch eine Tür besitzt. „Du hast Glück. Im Moment ist nicht wirklich viel los, darum hast du mit Jono einen Besucherraum für dich allein.“ In aller Ruhe führt er die beiden in den kleinen Raum, der nur von einer Öllampe erhellt wird. „Ich hole dann mal Jono.“ Mit schnellen Schritten geht Hiroto durch die andere Tür und lässt Yugi und Yami allein.

Kaum ist die Tür zu beginnt Yami leise vor sich hinzufluchen und die Hände zu Fäusten zu ballen. Trotzdem bereut er es nicht, dass er Yugi hierher begleitet hat.
 

Yugi geht es nicht viel besser, aber wenn er jetzt anfängt seine Maske fallen zu lassen, dann kann er sie nicht wieder so schnell aufbauen. „Hiroto Honda ist mit mir und Jono in eine Klasse gegangen und wenn er sagt, dass er dich in Ruhe lässt, dann hält er sich auch daran. Ansonsten sind die Türen sehr dünn und ich werde direkt auf der anderen Seite sein. Du musst also nur laut genug rufen und dann bin ich da.“ Betont ruhig redet er mit Yami und das nicht nur um ihn zu beruhigen, sondern auch sich selbst.

Nur Sekunden später öffnet sich die Tür wieder und ein breit grinsender Hiroto kommt wieder rein. „Jono wartet schon ungeduldig auf dich. Ihr habt wie immer maximal eine Stunde und ich werde hier warten. Für den Fall, das etwas ist.“ Zuvorkommend hält er Yugi die Tür auf, der mit einem letzten Blick zu Yami den kleinen Raum verlässt.

Kaum ist Yugi weg, nimmt sich Hiroto den einzigen Stuhl aus der Ecke und setzt sich mit überschlagenen Beinen hin. „Schade, dass Yugi nicht teilen will, aber ich kann ja wenigstens die Aussicht geniessen.“ Vielsagend blickt er Yami an, der tut jedoch so, als hätte er nichts gehört und lässt sich äusserlich gleichgültig am entferntesten Punkt, den er an der Wand finden kann, in eine sitzende Position gleiten.

Mit angezogenen Beinen sitzt er mit dem Rücken an die Wand gelehnt da und lässt diesen Hiroto Honda nicht aus den Augen. Was er aber so unauffällig macht, dass dieser glaubt, dass er einen Punkt irgendwo auf dem Boden fixiert.
 

Unterdessen setzt sich Yugi Jono gegenüber an den Tisch, der die ganze Breite des Raumes einnimmt und diesen so in zwei Hälften teilt. Nur auf einer Seite lässt sich die Tischplatte hochklappen, damit die Wärter nicht über den Tisch klettern müssen, wenn sie auf die andere Seite müssen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass sie allein sind, aber Yugi weiss, dass sie nicht nur von Hiroto und Yami gehört werden können, wenn sie laut genug sprechen, sondern dass auf Jonos Seite auch irgendwo ein Beamter ist, der sie genauso gut hören kann.

„Hey Yugi, ich dachte schon, du hast mich vergessen.“ Breit grinsend sitzt Jonouchi mit einer Hand an den Tisch gefesselt da. Er könnte ja sonst aus dem gesicherten Raum abhauen.
 

Wie immer wenn Yugi hier ist, setzt er sich auf den Stuhl, der Jonouchi gegenübersteht.

„Hallo Jono. Ich könnte dich doch nie vergessen. Wie geht's dir?“, besorgt mustert er seinen blonden Freund, der zwar ein wenig müde aussieht, aber sonst eigentlich relativ gut gelaunt wirkt.

„Ach ganz gut. Das Essen könnte besser sein. Ich befürchte da hat mich Rishido mit seinen Kochkünsten ein wenig zu sehr verwöhnt. Nur mein Zellennachbar schnarcht so laut, als würde er sämtliche Bäume in der Nähe fällen wollen.“ Mit seiner freien Hand stützt sich Jono den Kopf ab. „Was aber viel wichtiger ist, wie läuft es bei dir? Vertragen sich Yami und Rishido?“
 

Grinsend über Jonos bildhafte Beschreibung der Lautstärke seines Zellennachbars schüttelt Yugi den Kopf. „Ich kann dir versichern, dass alle Bäume in der Umgebung noch stehen. Du musst dir also keine Sorgen machen, dass wir bald ohne Feuerholz dastehen werden.“

Dann überlegt er, wie er seinem Freund die Situation Zuhause erklären soll. „Es war am Anfang etwas stressig, aber nun haben sich die beiden wohl aneinander gewöhnt.“ Absichtlich lässt Yugi die todbringenden Blicke weg, die Yami Rishido immer zuwirft, wenn sie drei sich in einem Raum befinden. Genaueres kann er Jonouchi immer noch erzählen, wenn dieser wieder draussen ist.
 

„Das hört sich ja gar nicht mal so übel an. Ich dachte ja schon, dass Yami Probleme mit Rishido haben könnte. Schliesslich sieht ja ein Blinder, wie sehr er an dir hängt.“ Als er den erstaunten Gesichtsausdruck von Yugi sieht, kann sich Jono ein leises Lachen nicht verkneifen. „Sag bloss, du hast noch nicht gemerkt, wie Yami dich ansieht. Obwohl ich ja vermute, dass der Gute selbst nicht weiss, wie sehr er dich mag.“

Verdutzt blickt Yugi daraufhin Jonouchi an. „Du hast doch kaum mit Yami zu tun. Wie...“ „Ganz einfach. Yami sieht dich immer so an und ausserdem hat er diesem Typen erst das Knie in die Eier gerammt, als du nicht mehr in Gefahr gewesen bist. Das sagt doch schon alles.“ Verschwörerisch beugt sich Jonouchi etwas weiter nach vorn. „Nun aber mal etwas ganz Anderes, ich weiss nicht genau wann ich rauskomme. Wäre es ein Problem, wenn ich Rishido erst am Dienstag abhole, wenn es am Montag zu spät werden sollte? Ausserdem...“ „Kriegst du wieder einen Korb mit Lebensmitteln, damit du bei dir nicht hungern musst und es wäre kein Problem, wenn Rishido noch einen Tag länger bei uns bleibt“, unterbricht diesmal Yugi seinen Freund. Wieder müssen die beiden sich dumm angrinsen. Schliesslich hat Sugoroku Jonouchi immer so einen Korb gemacht, wenn er mal wieder hier zu Gast gewesen ist.
 

Während sich Yugi mit Jonouchi unterhält sitzt Yami bewegungslos an der Wand und scheint weiter den Punkt auf dem Boden zu fixieren. Deutlich kann er die prüfenden Blicke des Wärters auf sich spüren und fragt sich, was an ihm so besonders sein soll, dass die Leute ihre Finger kaum bei sich behalten können. Bei anderen Sklaven sind sie ja auch nicht so, sondern ignorieren diese eher, als dass sie sich mit ihnen abgeben.

Immerhin beschränkt sich dieser Hiroto Honda wirklich darauf, ihn nur mit seinen Augen auszuziehen. Ob es nun ist, weil er wohl ein alter Schulkamerad von Yugi ist oder weil er seinen Job nicht verlieren will, kann ihm ja egal sein.
 

Nach ziemlich genau einer Stunde geht die Tür wieder auf. Mit ernster Miene betritt Yugi den Raum, der dadurch kurz nicht nur durch die Öllampe, sondern auch durch das einfallende Tageslicht erhellt wird.

Sofort steht Yami auf und stellt sich leicht hinter Yugi hin. So wie es sich für einen unterwürfigen Sklaven gehört.
 

In aller Ruhe steht nun auch Hiroto auf und stellt den Stuhl wieder zurück an die Wand. Erst dann geht er zur Tür, die zum Flur führt. Sorgfältig verschliesst er diese nachdem sie alle wieder im Flur stehen.

„Sag mal Yugi, weisst du zufälligerweise seit wann dein Sklave hier in Japan ist?“, neugierig sieht er Yugi an, der stirnrunzelnd den Blick erwidert. „In den Papieren steht, dass er Ende März 2011 das erste Mal in Edo gekauft worden ist. Warum fragst du?“

Überrascht zuckt er regelrecht zusammen als Hiroto laut wird.

„Wusste ich es doch!“ Zufrieden mustert er noch einmal Yami von Kopf bis Fuss. „Ich habe den Sklaven damals auf dem Markt in Edo gesehen, als ich mit meiner Frau dagewesen bin um uns eine Sklavin zu kaufen. Ich kann dir sagen, das war vielleicht eine Bieterei. Die Leute haben sich regelrecht überboten, um den exotischen Wüstensklaven zu bekommen. Am Ende wurden sage und schreibe 100 Goldstücke geboten und das von diesem schmierigen Reeder Gozaburo Kaiba.“
 

Yugi kann regelrecht spüren wie Yami hinter ihm zusammenzuckt, als der Name Gozaburo Kaiba fällt. Einen Moment überlegt Yugi wo er den Namen einordnen soll, doch dann fällt es ihm wieder ein. Besitzt Kaiba doch die grösste Handelsschiffsflotte des einfachen Volkes und macht teilweise sogar den magisch angetriebenen Schiffen der Magi Konkurrenz.

„Bist du dir sicher, dass es 100 Goldmünzen und nicht Silbermünzen gewesen sind? Immerhin wären das sonst umgerechnet 400 Silbermünzen gewesen.“ Zweifelnd sieht er den Brünetten an, ist so ein hoher Preis doch absolut utopisch.

„Es... waren 100 Goldmünzen“, hört er plötzlich leise und leicht zittrig die Stimme von Yami.

Geschockt bleibt Yugi daraufhin einfach stehen. So viel und er hat nur 11 Silbermünzen bezahlt. Auf einmal spürt er einen leichten Druck am Rücken, der ihn zwingt sich wieder in Bewegung zu setzen. Verwirrt blickt er erst zu Hiroto, doch der läuft nun etwas vor ihm. Darum dreht er den Kopf zu Yami und bemerkt, dass dieser so nah bei ihm läuft, dass er ihm unauffällig die Hand auf den Rücken legen kann. „Lass dir nicht anmerken, dass du mich für einen Spottpreis bekommen hast. Du bist nämlich in den letzten Minuten bei diesem Typen massiv im Ansehen aufgestiegen.“ Yami achtet genau darauf, dass er gerade so laut redet, dass ihn Yugi zwar verstehen kann, der Wärter aber wenn überhaupt nur ein leises Murmeln hört.
 

Die Worte lassen Yugi unwillkürlich schmunzeln. Wieder wirft Yami mit einem Wort um sich, dass sonst nur bei den Magi benutzt wird. Nutzen sie doch eher den Schnäppchenpreis als den Spottpreis.

In dem Moment dreht sich Hiroto zu ihm um. „Sag mal, wie konntest du ihn dir eigentlich leisten? Bestimmt ist er nicht gerade billig gewesen.“ Neugierig mustert er Yugi, der den Blick mit seinem besten Pokerface ansieht, das er drauf hat. „Hiroto, das fragst du mich doch jetzt nicht ernsthaft? Du weisst doch. Ein Mann geniesst und schweigt“, unschuldig zieht er die linke Augenbraue nach oben, während er mit Yami im Schlepptau an dem anderen vorbeigeht.

Immerhin sind sie schon beinahe beim Ausgang angekommen. Nur leider müssen sie bei der Tür auf Hiroto warten, da diese abgeschlossen ist.

Umständlich fummelt der Brünette den richtigen Schlüssel aus seiner Tasche und schliesst dann die Tür auf. „Schade, dass du mir den Preis nicht sagen willst, aber ich kann's verstehen. Bei so einem Luxussklaven würde ich auch schweigen.“
 

So langsam nervt es Yugi, dass sein alter Schulkamerad so auf dem Thema herumreiten muss. „Ich wünsche dir noch einen schönen Tag Hiroto und ich denke wir sehen uns früher oder später wieder“, mit einem professionellen Nicken geht er mit Yami an dem anderen vorbei.

„Ja, wir sehen uns bestimmt wieder. Spätestens wenn sich Jonouchi mal wieder mit einem aus der Oberschicht anlegen muss.“ Lange sieht Hiroto Yugi nach und kann es immer noch kaum glauben, dass ausgerechnet der sich einen solchen Sklaven gekauft hat.
 

Erst als Yugi das Gefängnis nicht mehr sehen kann, dreht er sich mit grossen Augen zu Yami um. „400 Silbermünzen?! Du hast damals 400 Silbermünzen gekostet?!“ Geschockt sieht er seinen Freund an, der grimmig nickt. „Ja, dieser Scheisskerl hat 100 Goldmünzen oder wie du richtig umgerechnet hast 400 Silbermünzen geboten und auch bezahlt. “ Die Hände in den Hosentaschen vergraben steht Yami den Blick zum Himmel gewandt da. Damals hatte er noch gehofft, dass er in diesem Land wieder seine Freiheit und auch seine Erinnerungen zurückbekommt und dieser Albtraum schnell enden würde. Nur hatte er sich mehr als getäuscht und war in der Hölle auf Erden gelandet.

„Danach ist der Preis mit jedem Besitzer gesunken, da ich ja älter geworden bin und die Mistkerle lieber junge und unverbrauchte Lustsklaven haben. Zuletzt waren es glaube ich noch 100 Silbermünzen und dann kamst du.“ Von den Erinnerungen an die demütigenden Tage auf dem Verkaufspodest überwältigt, schliesst Yami die Augen.
 

Da im Moment niemand ausser ihnen in dieser kleinen Seitenstrasse unterwegs ist, lässt Yugi seinem Freund die Zeit die er braucht, um sich wieder zu fangen. Geduldig wartet er so lange, bis ihn Yami wieder ansieht und dessen Blick nicht mehr nach innen gerichtet ist.

„Wir sollten langsam los, wenn wir heute noch zu May wollen.“ Lächelnd sieht er Yami an, der nach einigen Sekunden nickt. „Ja und mach dir keine Sorgen, das ist schon lange her.“

Innerlich seufzt Yugi resigniert auf. Wieder will sein Freund einfach verdrängen und diesmal sogar herunterspielen, was passiert ist, dabei spielt es keine Rolle wie lange es schon her ist.

Da er aber nicht gelogen hat, dass sie sich langsam wirklich auf den Weg zu May machen müssen, wendet er sich wieder in die Richtung die sie vom Gefängnis wegführt und folgt weiter der kleinen Seitenstrasse, die sie direkt auf die Hauptstrasse in der Nähe von Mays Haus führen wird.
 

Schweigend gehen sie nebeneinander her und erreichen wirklich h relativ schnell die belebte Hauptstrasse.
 

Was Yugi kurz darauf bereut. Denn er wird laut gerufen und als er sich umdreht sieht er den Ledergerber Bakura, der winkend auf ihn zukommt. „Wenn das nicht der jung' Stoffhändler Muto ist.“ Mit einem breiten Grinsen bleibt der Weisshaarige direkt vor Yugi stehen. „Ledergerber Bakura, was kann ich für dich tun?“, obwohl sie sich immer mit ihrem Beruf und dem Nachnamen ansprechen, duzen sie sich. So wie es unter Geschäftspartnern üblich ist. Denn Yugi bezieht von dem Ledergerber das Leder, was er neben den Stoffen und Tüchern auch in seinem Laden verkauft. Immerhin stellt Bakura das beste Leder in der Stadt her. Nur leider ist Bakura auch einer der unsympathischsten Personen die er kennt.
 

„Ach ich dacht' nur, ich sprech dich mal auf deinen Sklaven an. Hab’ nämlich g’hört, dass du dir ein’ zu’glegt hast. Nur wer hätt g’dacht, dass du dir ausgerechnet den e'maligen Sklav'n der Shinzobrüder g’schnappt hast.“ Abschätzend mustert Bakura den Sklaven, der mit gesenktem Kopf dasteht. „So g'horsam kenn ich den gar ned. O'wohl, als wir mit dem fertig war'n war er ganz brav. Kannste dir ja vorstell'n, nach de Sklav'nparty konnt der kaum noch stehn und hat g'macht, was wir wollt'n. Nur die Aug'n, die hatt'n noch so'n trotzig'n Ausdruck.“ Lüstern leckt sich Bakura über die Lippen, als er an den Tag im März zurückdenkt.
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi zurückhalten, Bakura nicht die Faust in das Gesicht zu schlagen. Erzählt der doch gerade von einer Gruppenvergewaltigung, als wäre es die tollste Party gewesen. Mit den Zähnen knirschend steht er da und hofft, dass sich Yami wieder hinter seiner perfekten Maske verstecken kann, denn er selbst kann sich jetzt nicht zu ihm umdrehen. Würde er doch sonst seine gute Erziehung vergessen und dem Typen die Meinung sagen.
 

Von Yugis Gedanken bekommt Bakura gar nichts mit. Zu sehr schwelgt er in den Erinnerungen an damals. „Nur schad', dass de Shinzobrüder nicht mehr sind. De neu' Sklav' ist durch'dreht und hat se beide und de Cain umbracht und dann des Haus an'zündt. Alle sind se verbrannt au' de Sklav'. Was ne Schand' ist. So konnt' de Sklav' ned hing'richt' werd'n.“
 

Als Yugi hört, wie Yami tief Luft holt, sieht er doch zu ihm. Erschrocken erkennt er, wie sein Freund versteckt die Hände zu Fäusten ballt und zwar gut getarnt, aber doch sichtbar um seine Selbstbeherrschung kämpft.

Irgendwie muss er den Ledergerber loswerden. „Bakura, das ist ja alles wirklich sehr interessant, aber ich muss jetzt wirklich los. Termine, du verstehst. Ich komm dann in den nächsten Wochen vorbei und schaue mir das neue Leder an.“ Mit einem entschuldigenden Nicken in dessen Richtung schnappt er sich Yamis Arm und zieht ihn regelrecht hinter sich her. Erst als er sich sicher ist, dass Bakura sie nicht mehr sehen kann, dreht er sich zu seinem Freund um. „Wir sind gleich bei May. Halte nur noch ein paar Minuten durch.“ Beschwörend fixiert er die rubinroten Augen, bis Yami leicht nickt.

Da er nicht weiss, ob ihm sein Freund in diesem Zustand folgen kann, packt er wieder seinen Arm und zieht ihn in die richtige Richtung. Zum Glück machen sie so den Eindruck, als würde ihm Yami nur widerwillig folgen und da er selbst immer noch sauer ist und man ihm das auch ansieht, ist die Illusion perfekt.
 

Wie durch ein Wunder erreichen sie ohne weitere Zwischenfälle Mays Haus. Heftiger als sonst klopft er an die Ladentür, damit ihn seine Freundin auch sicher in ihrer Wohnung oben hören kann. Hoffentlich ist sie auch wirklich zu Hause und nicht unterwegs. Doch zu seinem Glück hört er schon nach kurzer Zeit Schritte im Haus. „Yugi! Yami!“, überrascht steht May in der Tür und sieht die beiden Männer an. „Kommt doch rein.“ Zuvorkommend tritt sie zur Seite und lässt die beiden herein.
 

Yami immer noch am Arm hinter sich herziehend betritt Yugi das Schneidergeschäft. „Hallo May. Ich erklärs dir nachher, aber kannst du uns kurz im Lager oder im Wohnzimmer allein lassen?“, um Verständnis bittend schaut Yugi May an. Diese mustert erst ihn und dann Yami, der mit geballten Fäusten dasteht. „Geht lieber ins Wohnzimmer. Im Lager könnte zu viel kaputtgehen.“

Besorgt folgt sie den beiden nach oben in ihre kleine Wohnung. Wo das Wohnzimmer ist, muss sie Yugi ja nicht zeigen. Denn erstens kennt er sich bei ihr aus und zweitens ist es neben dem Schlafzimmer und der Küche der einzige Raum in der ersten Etage. Das Bad befindet sich wie der Laden im Erdgeschoss.
 

Erleichtert, dass May keine Fragen stellt bugsiert Yugi seinen Freund ins Wohnzimmer und schliesst die Tür hinter ihnen. „So, jetzt kannst du ausrasten.“
 

Als hätten diese Worte einen Schalter umgelegt macht Yami genau das. Da ihn Yugi mehr oder weniger direkt neben einer Wand hingestellt hat, schlägt er mit den Fäusten immer wieder auf diese ein, während er flucht, schreit und weint. In sämtlichen Sprachen die er beherrscht verflucht er diesen Bakura, die Shinzobrüder, Kaiba und all seine früheren Besitzer und Peiniger.
 

Von diesem heftigen Ausbruch erschrocken macht Yugi ein paar Schritte zur Seite. Zwar versteht er das Meiste nicht, aber er kann sich durch die japanischen Satzteile und dem bisschen was er sonst noch versteht zusammenreimen, dass viele Personen in der Hölle schmoren sollen, wenn nicht sogar schlimmeres.
 

Erst als Yami schluchzend an der Wand zusammensinkt, traut er sich wieder in dessen Nähe. Vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken, kniet sich Yugi neben seinem Freund hin. „Yami?“, ganz leicht legt er ihm die Hand auf die Schulter. Was eine unerwartete Reaktion hervorruft. Denn Yami fährt hoch und sieht ihn mit verweinten Augen erschrocken an. „Yugi?“ Ungläubig, dass der andere immer noch hier ist, hält er ganz still, als sich eine Hand auf seine Wange legt und wie ein Hauch darüber gleitet. „Du bist noch da?“
 

Lächelnd streichelt Yugi weiter die tränenfeuchte Haut. „Natürlich bin ich noch da. Ich lasse dich doch nicht allein, wenn du mich brauchst.“ Aus einem Impuls heraus beugt er sich vor und drückt seinem Freund einen hauchzarten Kuss auf die Stirn. Worauf ihn Yami mit grossen Augen verwirrt ansieht, was Yugi sanft lächeln lässt. „Du bist doch mein Freund und Freunde sind für einander da.“
 

Auf einmal lässt sich Yami mit einem erleichterten Seufzen mit der Stirn gegen seine Schulter sinken. Dabei murmelt er etwas auf Ägyptisch. „Was hast du gesagt Yami?“, neugierig wartet Yugi auf die Antwort. Denn auch wenn er in den letzten Tagen öfters Ägyptisch gehört hat, kann er doch noch kein einziges Wort zuordnen.

„Ich sagte, dass es wohl doch noch so etwas wie Gerechtigkeit geben muss. Auch wenn ich diese Mistkerle gern selbst umgebracht hätte.“ Bei dieser Vorstellung muss Yami unwillkürlich lächeln.

Als er spürt, dass Yugi ihn in eine festere Umarmung ziehen will, lässt er sich noch mehr gegen ihn sinken. „Sharik“, ohne es zu bemerkten flüstert er das Wort, das er schon seit einiger Zeit unbewusst in seinen Gedanken benutzt, wenn er an Yugi denkt.

„Was bedeutet das?“, möchte Yugi wissen. Kann er sich doch undeutlich daran erinnern, dass ihn sein Freund schon einmal so genannt hat. Doch er bekommt keine Antwort. Stattdessen schmiegt sich Yami noch mehr in seine Arme.
 

So auf dem Boden kniend findet sie May vor, als sie mit drei Tassen Tee in den Raum kommt. Irgendwie hatte sie ja erwartet, ihr Wohnzimmer verwüstet vorzufinden, als sie den Lärm gehört hat, aber so wie es aussieht hat nur die Wand ein wenig gelitten. Mit einem Seufzen stellt sie die Tassen auf den kleinen Couchtisch und geht rüber in ihr Schlafzimmer um den Verbandskasten aus dem Schrank zu holen. Sind die blutigen Striemen an der Wand doch ein deutliches Zeichen, dass Yami ein paar Mal zu viel zugeschlagen hat.

Als sie wieder ins Wohnzimmer kommt, haben sich die beiden noch keinen Millimeter von der Stelle bewegt. „Jungs, setzt euch doch auf's Sofa. Erstens ist das bequemer und zweitens kann ich so Yamis Hände verbinden.“ Mit verschränkten Armen bleibt sie neben dem kleinen Sofa stehen und wartet darauf, dass Yugi und Yami vom Boden aufstehen. Sie muss sich eine ganze Weile gedulden, doch dann stehen die beiden endlich vom Boden auf und setzen sich auf das Sofa.
 

„Yami, zeig mir mal deine Hände.“ Auffordernd streckt May ihre Hand aus, während sie versucht ihre Stimme so ruhig wie möglich zu halten. Immerhin war Yami vorher noch am ausrasten und sie hat keine Lust, das nicht nur zu hören, sondern auch noch zu sehen.
 

Verwirrt über diese Aufforderung streckt Yami seine Hände May entgegen. Erschrocken will er sie aber gleich wieder zurückziehen, als seine Linke ergriffen wird.

„Halt still. Yami, ich will sie nur verbinden.“ Als May den verdutzten Gesichtsausdruck sieht, zieht sie erstaunt die Augenbrauen nach oben. „Hast du etwa noch nicht bemerkt, dass deine Hände bluten?“
 

Erschrocken senkt Yami den Blick auf seine Hände und tatsächlich sieht er Blutspuren und erst jetzt bemerkt er das unangenehme Brennen und Pochen. „Nein, das habe ich wirklich noch nicht bemerkt. Wie ist denn das passiert?“ Brav hält Yami nun still, während sie ihm die Hände mit Verbänden umwickelt.

„Wie das passiert ist? Ich vermute mal, die Blutspuren an der Wand können es dir verraten. Apropos verraten, erklärt ihr mir was passiert ist, dass du so ausgerastet bist?“ In aller Ruhe räumt May das restliche Verbandsmaterial wieder in den Verbandskasten, ehe sie sich auf den Sessel setzt, der neben dem Sofa steht.
 

Einen Moment lang sehen sich Yami und Yugi wortlos an, bis Yami leicht nickt. Yugi soll erzählen, da er nicht schon wieder die Erinnerungen bewusst wachrufen möchte.

Während Yugi also beginnt zu erzählen, lehnt sich Yami auf dem Sofa zurück und versucht das was erzählt wird auszublenden. Nach einer Weile greift er nach der Teetasse, da er sich an irgendetwas festhalten muss und er nicht weiss wie May darauf reagiert, wenn er sich nun an Yugi festhält.

Äusserlich wirkt er zwar wieder ruhig, aber in seinem Innern spielen die Gefühle immer noch verrückt und er ist Yugi wirklich dankbar, dass dieser die Stelle mit der Sklavenparty nur kurz andeutet und dann sofort zum Sklavenmarkt wechselt.

Als Yugi dann erzählt wie Hiroto reagiert hat schüttelt May nur den Kopf. „Der Kerl ist zwar ganz nett, aber er kann eine echte Nervensäge sein. Besonders wenn es um Recht und Ordnung geht ist der Typ einfach unmöglich. Wehe etwas läuft nicht nach Vorschrift, dann ist die Hölle los.“

Den Rest des Gehörten muss May erst verdauen. So unglaublich klingt das, was sie gerade gehört hat und auch wenn sie es kaum glauben kann, muss sie sich nur Yami ansehen und sich daran erinnern, wie er damals beim Massnehmen gewesen ist und sie weiss, dass alles die Wahrheit ist.

„Yami, ich muss gestehen, dass ich dich für deine Stärke bewundere. Du hast etwas überlebt, was andere umgebracht hätte.“

Um ihre Nerven ein wenig zu beruhigen, will May einen Schluck Tee trinken, nur leider ist ihre Tasse leer. Deshalb stellt sie diese mit einem Seufzen zurück auf den Couchtisch.
 

„May, ich bin nicht stark. Denn wenn Yugi nicht gewesen wäre, dann wäre ich jetzt nicht mehr am Leben.“ Ernst sieht Yami May an, die bei diesen bitteren und direkten Worten zusammenzuckt.
 

Sie will gerade etwas darauf antworten, als sich Yugi mit einem Räuspern wieder zu Wort meldet. „Nun aber mal etwas Anderes. Wie laufen denn deine Geschäfte so?“, aufmerksam lehnt er sich auf dem Sofa nach vorn und stützt sich mit den Armen auf seinen Beinen ab.
 

Sich einen Keks aus der Schale nehmend, die auf dem Couchtisch steht, geht May auf den Themawechsel ein und beginnt zu erzählen. „Es läuft ganz gut. Nur wäre ich froh, wenn du vielleicht meine Buchhaltung kontrollieren könntest. Irgendwie habe ich da wohl was falsch gemacht, aber ich komme beim besten Willen nicht auf den Fehler. Ich weiss nur, dass ich mehr Silbermünzen habe, als ich laut den Zahlen haben dürfte.“
 

Gerade als Yugi nicken will, spürt er eine Hand auf seinem Rücken, weshalb er sich mit einem fragenden Blick zu Yami umwendet. Der jedoch sieht ihn nur mit einem unschuldigen Ausdruck in den Augen an. Lässt seine Hand aber ganz ruhig auf Yugis Rücken liegen. So als würde sie genau da hingehören.

Nachdenklich zieht Yugi die Augenbrauen zusammen, doch dann hört er einfach auf seinen Instinkt und lehnt sich nun leicht gegen seinen Freund, was ihm ein zufriedenes Seufzen seines Freundes einbringt.

„Also May, ich kann natürlich deine Buchhaltung kontrollieren, aber vermutlich hast du nur wieder irgendwo einen Zahlendreher drin oder du hast eine Einnahme bei den Ausgaben eingetragen.“
 

Erleichtert, dass Yugi ihn irgendwie verstanden zu haben scheint, obwohl er selbst nicht gewusst hat, was er eigentlich will, legt Yami ihm nun den Arm um die Schultern. Nur ganz leicht, aber es hilft ihm seine wirren Gefühle etwas zu beruhigen.

Auch wenn ihm nur zu bewusst ist, dass ihn May erstaunt ansieht.
 

Allerdings ist May gar nicht erstaunt. Sondern im Gegenteil, in Gedanken macht sie sich nämlich eine Notiz, dass Jonouchi ihr 2 Silbermünzen schuldet. Haben sie doch gewettet, dass Yami von sich aus Yugis Nähe sucht und das konnte Jonouchi nicht glauben. Er hat nämlich behauptet, dass wenn überhaupt, alles von Yugi ausgeht, da Yami dafür noch nicht bereit ist.

„Du meinst also wirklich, dass das der Fehler sein könnte?“, kommt May wieder auf ihr Buchhaltungsproblem zurück. Schliesslich soll Yugi nicht wissen, was sie gerade denkt.
 

An Yami gelehnt dasitzend nickt Yugi. „Ja, das meine ich. Am besten packst du alles zusammen und dann sehe ich es mir Zuhause in aller Ruhe an.“ Allerdings fragt er sich, wann er das machen soll, weiss er doch ganz genau, dass er zuerst alles sortieren muss, ehe er loslegen kann. Am besten macht er das im Laden, wenn gerade keine Kunden da sind und da er mit Yami schon besprochen hat, wie dieser das Lager aufräumen und sortieren soll und dieser so selbstständig ist, dass er nicht immer nach ihm sehen muss, sollte das ja kein Problem sein.
 

Nachdem nun auch das geklärt ist, beginnen Yugi und May über die verschiedenen Kundinnen abzulästern, was besonders lustig ist, da die meisten von Yugis Kundinnen auch Mays Dienste als Schneiderin in Anspruch nehmen.
 

Die ganze Zeit über sitzt Yami schweigend da und hört nur zu. Trotzdem ist ihm nicht langweilig. Im Gegenteil, einen Teil der Damen von denen Yugi und May sprechen hat er ja auch schon selbst kennenlernen dürfen, wenn er ihm im Laden geholfen hat. Besonders eine Frau Aino ist ihm im Gedächtnis geblieben. Hat die doch nicht nur bei Yugi ein Angebot für seine Dienste gemacht, sondern es auch bei Grossvater versucht, als dieser für Yugi im Laden gestanden hat, da Yugi an dem Tag neues Verpackungsleinen besorgt hat.
 

„Ach ja, hast du gewusst, dass du bei den Damen als der besitzergreifende Sklavenbesitzer bekannt bist?“, breit grinsend sieht May ihren Freund an und kann sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen, weil er sie mit einem unglaublich erstaunten Gesichtsausdruck ansieht. „Wie bitte? Woher hast du denn das?“
 

Vor lauter kichern braucht May eine Weile, bis sie die Fragen beantworten kann. „Ich habe dies das erste Mal von Frau Aino gehört. Die hat mir erzählt, dass Sugoroku ihr im Vertrauen erzählt hat, dass du auf keinen Fall deinen Sklaven an andere verleihen würdest. Da du ihn nur für dich allein haben willst. Das Gleiche habe ich in den Tagen darauf auch noch von anderen Damen gehört, die es von Frau Aino haben.“
 

Nun ist es an Yami, der sich ein leises Lachen nicht verkneifen kann. Was ihm einen fragenden Blick von Yugi einbringt. „Grossvater hat der Aino wirklich im Vertrauen erzählt, was May gerade gesagt hat und als ich ihn gefragt habe, warum er das gemacht hat. Hat er mir erklärt, dass die Aino die grösste Tratschtante von ganz Domino ist. Diesen Umstand nutzt er gern aus, wenn er will, dass etwas verbreitet wird. Hast du dich denn nicht gewundert, dass die werten Damen nur noch schauen und keine Angebote mehr machen, wenn ich dir im Laden helfe?“, grinsend kann Yami beobachten, wie bei Yugi regelrecht die Kupfermünze fällt. Denn kaum ist das passiert, fängt dieser kopfschüttelnd an zu lachen. „Das ist wieder mal typisch für Grossvater. Nutzt der doch einfach die Aino für solche Zwecke aus.“ Unbewusst schmiegt sich Yugi dabei noch etwas näher an seinen Freund, der daraufhin den Griff um seine Schulter noch ein wenig verstärkt.
 

So sitzen die drei noch so lange zusammen, bis May aufsteht und spontan in der Küche ein paar belegte Brote macht. Immerhin ist es schon ziemlich spät und sie will die beiden nicht hungrig wieder nach Hause gehen lassen. Das geht dann doch gegen ihre Gastgeberehre.

Ausserdem dauert es ja nicht lange, diese paar Brote zu machen.
 

Als sie wieder ins Wohnzimmer kommt, sitzen die beiden immer noch genauso da, wie schon den ganzen Nachmittag, seit sich Yugi an Yami gelehnt hat. Irgendwie ist das schon ein süsses Bild.

May ist gespannt, wie die beiden nun essen wollen. Doch sie muss nicht lange auf die Antwort warten, denn Yugi beugt sich einfach vor, nimmt zwei der Brote und lehnt sich dann wieder an Yami, ehe er ihm das eine Brot gibt.

Arm in Arm sitzen die beiden da und essen die leckeren Brote. Die May unter anderem mit ihrem selbstgemachten russischen Salat belegt hat.
 

Weil Yami nur eine Hand zur Verfügung hat und diese auch noch bandagiert ist, muss er bei dem russischen Salat besonders aufpassen. Nur will er auf keinen Fall Yugi loslassen, da isst er lieber etwas umständlich sein Brot.

Nach dem Essen bleiben sie noch eine Weile sitzen, ehe sie sich kurz vor Sonnenuntergang auf den Weg nach Hause machen. Wobei Yugi auch gleich die Unterlagen von May in einer Stofftasche mitnimmt.
 

Schon von weitem können sie Rishido sehen, wie dieser den leeren Mistkarren wieder in den Hinterhof schiebt. Bei diesem Anblick zieht sich Yami kurz das Herz zusammen, vor allem weil ihm bewusst wird, dass er in den nächsten Tagen mit seinen verletzten Händen bei den Pferden auf Rishidos Hilfe angewiesen sein wird.

Kaum haben sie den Hinterhof betreten, werden sie von dem grossen Ägypter entdeckt, der sich nervös zu ihnen beiden umdreht. „Meister Yugi, schön dass ihr zurück seid.“

Unsicher wie er sich Yami gegenüber verhalten soll, sieht er ihn an.
 

Doch Yami geht direkt zu den Pferden. Betrachtet die perfekt ausgemisteten Boxen und wie die beiden zufrieden ihr Heu fressen.

„Rishido“, zögernd dreht er sich zu dem anderen um und wechselt in ihre gemeinsame Muttersprache. „Ich... habe mich an den Händen verletzt und... bräuchte darum in den nächsten Tagen deine Hilfe bei den beiden. Wärst du bereit sie mit mir zusammen zu versorgen? Ausserdem muss ich ja noch das Lager umräumen, darum werde ich in den nächsten Tagen nicht ganz so viel Zeit haben.“ Unsicher, wie Rishido reagieren wird, steht er abwartend da.
 

Überrascht über die Bitte steht Rishido mit offenem Mund da. Er hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit. Doch dann fällt sein Blick auf die verbundenen Hände. Unwillkürlich fragt er sich, was bei dem Ausflug passiert ist, dass Yami verletzt zurückkommt. „Natürlich helfe ich dir bei den Pferden“, auch er spricht auf Ägyptisch, da es ihm einfach leichter fällt in seiner Muttersprache zu reden. „Du musst mir nur sagen, was ich machen soll.“

Sorgfältig verbirgt Rishido seine Freude, dass er sich endlich auch um die Pferde kümmern darf. Hat er doch den Umgang mit den Tieren schmerzlich vermisst und da er Yami nicht zu sehr bedrängen wollte, ist er in den letzten Tagen nicht einmal zum Streicheln der Pferde in den Stall gegangen. Nur als sie zusammen die Strohlieferung eingeräumt haben, hat er die beiden Tiere kurz gestreichelt.
 

Froh, dass es ihm Rishido so einfach macht nickt Yami leicht. „Danke. Ähm könntest du morgen früh gleich helfen? Ich weiss nämlich nicht, was ich überhaupt machen kann.“ Noch immer spricht Yami auf Ägyptisch, irgendwie gefällt es ihm nämlich, dass er seine Muttersprache verwenden darf und kann. Manchmal hat er nämlich schon fast das Gefühl, dass er sie vergessen hat.
 

Immer noch hoffend, dass das kein Traum ist, nickt Rishido bestätigend. „Na klar. Ich bin in der Regel bei Meister Sugoroku in der Küche, wenn du am Morgen rausgehst. Komm mich einfach holen.“
 

Von dem ganzen Gespräch versteht Yugi kein Wort. Allerdings kann er deutlich erkennen, dass Yami Rishido das erste Mal seit Tagen nicht mit einem tödlichen Blick ansieht.

Hat dieser Tag etwa bei Yami etwas verändert?
 

Als sie später im Bett liegen, natürlich nachdem sie das Verhör durch Sugoroku, der wegen Yamis bandagierten Händen mehr als besorgt gewesen ist, überstanden haben, kuschelt sich Yugi aus einem Impuls heraus an seinen Freund.
 

Im ersten Moment ist Yami über diese Aktion mehr als verwundert. Doch dann legt er seinen Arm um Yugi und zieht ihn so noch etwas näher zu sich heran. „Gute Nacht Yugi und der Nachmittag war trotz allem schön.“ Das ist nicht einmal gelogen, denn durch das Wissen, dass ihn die Shinzobrüder nie wieder über dem Weg laufen können, fühlt er sich als wäre ihm ein erster schwerer Stein von seiner Seele genommen worden.

 

 

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Wieder musste Yami in dem Kapitel viel aushalten und wieder ist es deutlich länger geworden als ich ursprünglich gedacht hatte, als ich es begonnen habe.

 

Dafür wissen wir nun, warum Yami so begehrt ist und er hat wenigstens mal eine "gute" Nachricht erhalten. Oder wie man es sehen will.
 

Und ich hatte bei Bakura keinen spontanen Anflug von Legasthenie. Der Gute redet in dieser Geschichte wirklich so.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Was ist denn jetzt los?

Hallo zusammen,

 

ausnahmsweise gibt es das neue Kapitel schon heute. Da ich zwei Tage krank zu Hause gewesen bin und meine Muse das schamlos ausgenutzt hat.

 

Zu dem Kapitel will ich noch eine Kleinigkeit sagen und zwar dass etwas was hier passiert eigentlich erst seeeeeehr viel später hätte kommen sollen. Aber da sich ein gewisser Sklave ja nicht ans Drehbuch hält und bekanntlich macht was er will, kommt es halt jetzt schon vor. *grummel* Dafür ist das Kapitel auch wieder schön lang.

 

So und nun noch etwas was mir wichtig ist. Ich widme das Kapitel allen aufmerksamen Lesern. Besonders denen die mit offenen Augen hier oder auch auf FF.de unterwegs sind und so Kopierversuche entdecken.

 

Ich wünsche euch allen viel Spass beim Lesen.

 

 

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Kapitel 31: Was ist denn jetzt los?

 

 

„Du bist ein Feigling oder sind es wir beide?“, hört Yami in der unendlichen Wüste eine vertraute Stimme. Suchend blickt er sich um sieht dann auf einem Felsen, der sich aus dem Sand erhebt, einen Mann in Jeans und T-Shirt dasitzen. „Wie meinst du das?“, fragend legt Yami seinen Kopf schief, während er seine Hände in den Hosentaschen vergräbt. Nur fühlt sich der Stoff anders als gewohnt an. Erstaunt sieht er an sich herunter und bemerkt, dass er genau die gleichen Sachen trägt, wie sein Gegenüber.

„Natürlich tragen wir die gleichen Sachen Atemu. Schliesslich sind wir ein und dieselbe Person.“ Amüsiert beobachtet der Atemu auf dem Felsen, wie sich die Augen seines Gegenübers weiten. „Du hast es mir bisher nicht wirklich geglaubt. Ich gebe zu, das hätte ich auch nicht.“ Mit Schwung springt er vom Felsen und stellt sich vor sein etwas älteres Ebenbild. „Atemu, wir sind eins und ich bin sicher, dass wir mit Yugis und Grossvaters Hilfe wieder zu unserer alten Stärke zurückfinden werden, wenn wir uns ihnen anvertrauen.“

Vor Yamis Augen beginnt sich der andere in einem hellen Licht aufzulösen, bis er allein in der endlosen Wüste steht. „Wie meinst du das, komm.…“
 

„Zurück!“ Fährt Yami aus seinem Schlaf hoch. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er sitzend in die Dunkelheit.

Wieso hatte er wieder so einen seltsamen Traum und was will ihm sein jüngeres Ebenbild sagen?

Erst als er eine Hand auf seinem Arm spürt, wird sich Yami wieder bewusst, dass er nicht allein im Bett ist.

„Yami, ist alles in Ordnung? Hattest du einen Albtraum?“, verschlafen richtet sich Yugi ein wenig auf, damit er besser in dessen Gesicht sehen kann, das er ganz schwach in dem Licht von der Öllampe unten auf der Strasse erkennt.

Wenn ihn sein Zeitgefühl nicht täuscht, dann dauert es noch sehr lange bis zum Sonnenaufgang. Weshalb er sich wirklich Sorgen macht, dass die Albträume seinen Freund wieder beginnen zu quälen.
 

Yami braucht eine Weile um seine wild kreisenden Gedanken so weit zu sortieren, dass er seine Aufmerksamkeit auf Yugi richten kann. „Es war kein Albtraum. Es war nur ein verwirrender Traum und ich kann mich auch schon kaum noch daran erinnern. Du musst dir also keine Sorgen machen“, versucht er ihn zu beruhigen und legt sich sogar wieder hin um seinen Worten die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Noch fühlt er sich nicht bereit mit irgendjemandem und sei es Yugi, über seine Träume oder dass seine Erinnerungen langsam immer mehr zurückkehren zu sprechen.

Sanft zwingt er Yugi dazu sich auch wieder hinzulegen und zieht ihn dann sogar in seine Arme. „Es ist noch mitten in der Nacht. Versuch wieder zu schlafen Yugi.“ Vorsichtig schiebt er ihm eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht und kopiert so die Geste, die Yugi sonst immer bei ihm macht, wenn er ihn... ja was eigentlich. So ganz ist Yami die Bedeutung dieser Geste nicht klar. Nur eins weiss er, dass er sie als angenehm empfindet.
 

Diese kleine Zärtlichkeit, die sein Freund noch nie bei ihm gemacht hat, geniessend, schliesst Yugi die Augen. Sieht Yami dann aber wieder an, als dieser seine Hand zurückgezogen hat. „Yami, ich mache mir nun mal Sorgen, wenn du mitten in der Nacht hochschreckst. Besonders nach so einem Nachmittag.“

Auf jede Regung seines Freundes achtend, schlingt Yugi seine Arme um dessen Oberkörper und kuschelt sich noch mehr an ihn ran. Liebt er doch diese Momente der Zweisamkeit, in denen sein Freund diese enge Nähe nicht nur zulässt, sondern auch zu geniessen scheint.

Ohne es zu bemerken schläft Yugi nach einer Weile unter den kleinen Streicheleinheiten die er bekommt, wieder ein.
 

Erleichtert, dass Yugi nicht weiter nachgefragt hat und relativ schnell wieder eingeschlafen ist, betrachtet Yami dessen entspanntes Gesicht. Dabei fragt er sich, was sein Ebenbild damit gemeint hat, dass sie Feiglinge seien. Denn diese Frage hat er ihm nicht beantwortet. Wieder einmal wünscht er sich, dass endlich seine Erinnerungen in einem sinnvollen Zusammenhang zurückkommen und nicht in diesen Schnipseln die er bis jetzt zusammen hat.

Da Yami sich bewusst ist, dass er selbst auch noch ein wenig schlafen sollte, schliesst auch er seine Augen. Allerdings spürt er erst, als er Yugi noch fester an sich zieht, wie der Schlaf wieder nach ihm greift.
 

Als die Sonne die ersten Strahlen über den Himmel schickt wacht Yami wieder auf. Erstaunt bemerkt er, dass sie sich keinen Millimeter voneinander wegbewegt haben.

Da er noch nicht aufstehen will, lässt er seine Gedanken ein wenig wandern und wundert sich nach einer Weile, dass er diesen engen Körperkontakt inzwischen nicht nur erdulden, sondern sogar geniessen kann. Das war doch vor ein paar Wochen noch ganz anders. Da hat ihn nur schon die kleinste Berührung beinahe in Panik versetzt und jetzt liegt er hier mit Yugi eng umschlungen da.

Was ist an diesem Menschen anders, als an den anderen in seinem Umfeld? Denn Grossvater darf ihn inzwischen auch anfassen, aber da ist es eher eine Art dulden, weil es der alte Mann darf und er ihm vertraut. Nur tut er das bei ihm auf eine vollkommen andere Art und Weise als wie es bei Yugi der Fall ist.
 

So in seine Grübeleien vertieft merkt Yami gar nicht wie die Zeit vergeht. Erst als sich Yugi an ihn gekuschelt zu regen beginnt, fällt ihm auf, wie weit die Sonne inzwischen gewandert ist und sie so kaum noch Zeit für’s Morgentraining haben. Es sei denn, er nimmt Yugi mit nach draussen und übt mit ihm während Rishido die Pferde füttert. Denn noch deutlicher als gestern kann er nun das Pochen und Brennen an seinen Händen spüren. So kann er vielleicht die breiten Stoffballen bewegen, aber sicher nicht die schweren Heunetze und Eimer mit ihren Seilen und dem dünnen Henkel.
 

Darum wartet er geduldig, bis Yugi von allein aufwacht und ihn mit verschlafenen Augen ansieht. „Guten Morgen du Schlafmütze.“ Lächelnd streicht er Yugi wieder die Strähne aus dem Gesicht. Irgendwie gefällt es ihm, dies zu tun. „Es ist höchste Zeit für’s Training. Allerdings solltest du dich dafür anziehen, da wir draussen im Hinterhof trainieren werden.“

Amüsiert kann Yami beobachten, wie Yugi versucht seine Worte zu verstehen und wie dann die Erkenntnis so ganz langsam in dessen Gehirn ankommt.

Denn auf einmal reisst dieser seine Augen auf und richtet sich kerzengerade im Bett auf. „Draussen! Wir sollen draussen üben! Aber jetzt ist es doch noch so kalt und... und... und...“, versucht sich Yugi an einem Widerspruch, den sein Freund auch akzeptiert.
 

Dieser steht aber nur lachend auf. „Beim Training wird dir schon warm werden und ausserdem haben wir schon Mitte Juni durch. Da ist es am Morgen nicht mehr wirklich kalt. Sondern nur noch angenehm kühl.“ Mit dem Zeigefinger wedelt Yami vor Yugis Gesicht herum. „Ich muss es ja schliesslich wissen. Immerhin bin ich jeden Morgen um diese Zeit im Stall. Also los jetzt. Hop hopp! Aufstehen und umziehen oder du stehst in Shorts und Shirt draussen rum.“

Lachend weicht er dem Kissen aus, das nur Sekunden später auf ihn zugeflogen kommt und fängt es gleichzeitig auf, nur um es sofort wieder zu Yugi zurückzuwerfen. Natürlich trifft er diesen mitten ins Gesicht. Was auch damit zusammenhängt, dass Yugi immer noch auf dem Bett sitzt und so nicht wirklich ausweichen kann.

Einem weiteren Geschoss ausweichend rennt er zu seinem Zimmer. „Wenn ich wieder rauskomme bist du fertig angezogen oder ich schleife dich so wie du bist nach draussen.“
 

Empört plustert sich Yugi regelrecht im Bett auf. „Yami! Du bist so ein Sklav... strenger Lehrer. Ich bin noch nicht einmal ganz wach und meinen Tee hatte ich auch noch nicht!“ Innerlich klopft sich Yugi auf die Schulter, dass er sich gerade noch so korrigieren konnte. Wer weiss, was Yami sich sonst hätte einfallen lassen. Vermutlich noch ein Training um Mitternacht oder so.
 

In seinem Zimmer schüttelt Yami über Yugi den Kopf, während er zu dem Stuhl geht, über den er am Abend zuvor seine Sachen gehängt hat. Natürlich hat er mitbekommen, was dieser eigentlich sagen wollte und er rechnet es ihm hoch an, dass er den Satz noch abgeändert hat.

Durch seine bandagierten Hände etwas eingeschränkt, zieht sich Yami umständlich um und braucht dadurch etwas länger als sonst. Besonders weil er darauf achtet, dass die Verbände nicht noch mehr verrutschen. Wechseln will er sie nämlich erst nach dem Training und wenn er geduscht hat.

Als er wieder in Yugis Zimmer kommt sieht er, dass es wohl gar nicht so schlecht gewesen ist, dass er länger als sonst gebraucht hat. Zieht sich Yugi doch jetzt erst die Hose hoch und schliesst sie vor sich hin murrend. Grinsend lehnt sich Yami an den Türrahmen. „Wie ich sehe, bist du so gut wie fertig.“ Mit schnellen Schritten geht er zu Yugi und packt ihn am Handgelenk. Dabei ignoriert er den leichten Schmerz, der durch seine Hand rast.

Ohne auf Yugis Worte zu achten, dass er noch immer oben ohne und barfuss ist, zieht er ihn aus dem Zimmer. „Ich habe es dir gesagt Yugi und wenn du so lange rumtrödelst bist du selbst schuld.“

Als er dann aber die Treppe erreicht, lässt er Yugi los. „Du hast noch so lange Zeit, bis ich Rishido aus der Küche geholt habe. Wenn du dann immer noch so rumläufst, bist du selbst schuld.“ Streng sieht er Yugi an, der daraufhin die Beine in die Hand nimmt und zurück ins Zimmer rennt. „Ich will dich nicht holen müssen!“, ruft Yami ihm noch hinterher, ehe er breit grinsend die Treppe runtergeht. Kurz überlegt er, doch dann geht er zuerst ins Bad um wenigstens die gröbste Morgentoilette zu erledigen. Diese zwei Extraminuten kann er Yugi ja geben. Er ist ja schliesslich kein Unmensch.

In aller Ruhe geht er dann in die Küche, wo wirklich Rishido mit Sugoroku den Brotteig am Kneten ist.

„Guten Morgen.“ Zwar nennt er keinen Namen, aber er sieht nur Sugoroku an, während er zum Herd geht um für Yugi eine Tasse Tee zu holen.
 

„Guten Morgen Yami. Was war denn das eben für ein Tumult, den ihr beiden da veranstaltet habt?“, fragend mustert er Yami, der gerade leise am Fluchen ist, weil ihn der Verband an seiner Hand stört.

Als es Yami endlich geschafft hat, den Tee einzuschenken dreht er sich mit der Tasse zum Tisch um. „Ganz einfach, ich habe Yugi gesagt, dass er fertig angezogen sein soll, wenn ich fertig bin und das war er nicht. Darum habe ich ihn nur mit der angezogenen Hose aus dem Zimmer gezogen, ihm dann aber oben an der Treppe noch einmal Zeit gegeben sich fertig anzuziehen, bis ich Rishido aus der Küche geholt habe.“
 

Geschockt hört Rishido zu. Wie kann es Yami nur wagen sich so dem jungen Meister gegenüber zu verhalten und dann lacht Meister Sugoroku nur und rügt ihn nicht einmal. Geschweige denn, dass er ihm eine Strafe androht.

Dabei bemerkt er nicht einmal, dass er den Teig gar nicht mehr bearbeitet.
 

Unschuldig blickt Yami zu dem geschockten Rishido. „Kommst du nun mit in den Stall oder muss Yugi die Arbeit übernehmen?“ Natürlich ist ihm aufgefallen, dass seine Worte und Grossvaters Reaktion ihn geschockt haben. Nur, warum soll er auf den Anderen Rücksicht nehmen? Immerhin ist das hier sein Zuhause und Rishido nur ein vorübergehender Gast.

Mit der Tasse in der Hand geht er zur Tür. „Was ist? Bist du zu einer Salzsäule erstarrt? Die Pferde haben Hunger und Durst.“

Ungeduldig steht er da und wartet darauf, dass der andere endlich die Hände aus dem Teig nimmt und ihm folgt.
 

Kaum sind Rishido und Yami gegangen kann sich Sugoroku nicht mehr zurückhalten. Laut lachend lässt er sich auf den Stuhl sinken. Das gerade war besser als jede Komödie, die er im Theater gesehen hat. Irgendwie tut ihm Rishido ja schon beinahe leid, aber nur beinahe. Er hätte ja nicht zustimmen müssen Yami im Stall zu helfen. Als er sich wieder so halbwegs beruhigt hat, wischt sich Sugoroku die Lachtränen aus den Augen und macht damit weiter den Teig fertig zu kneten.
 

Inzwischen steht Yami ungeduldig mit dem Fuss tippelnd bei der Treppe. „Yugi, wenn du nicht sofort runterkommst, dann wird das Training doppelt so hart wie sonst. Ich habe dir wirklich mehr als genug Zeit gegeben dich richtig anzuziehen.“

Bei der Lautstärke und dem Tonfall, den Yami anschlägt zuckt Rishido unweigerlich zusammen. „Yami, du kannst doch nicht so mit deinem Meister sprechen“, flüstert er schon beinahe panisch auf Ägyptisch. Auch wenn ihm Meister Sugoroku gestern so viel erklärt hat, das geht dann doch wohl wirklich etwas zu weit.

Doch Yami sieht ihn nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Ich rede mit Yugi und Grossvater so wie ich es für richtig halte. Wenn es ihnen nicht passt, dann können sie es mir ja sagen.“
 

In dem Moment kommt Yugi die Treppe runtergestürzt. „Entschuldige Yami. Ich bin ja schon da.“ Sich fragend, was die beiden vorhin wohl geredet haben, sieht Yugi von einem zum anderen. Zwar hat er nur Yami sprechen gehört und auch nur die letzten paar Worte, aber der Blick den er Rishido dabei zugeworfen hat. Der hat Bände gesprochen. Nur leider auf Ägyptisch.
 

Mit ernster Miene drückt Yami Yugi die Teetasse in die Hand. „Austrinken und zwar schnell.“

Da Yugi aber schon wieder am trödeln ist, schnappt er sich nach kurzer Zeit dessen anderen Arm und zieht ihn in Richtung Hintertür. „Kommst du Rishido? Oder brauchst du auch eine Extraeinladung?“, mit zusammengekniffenen Augen fixiert er den grossen Ägypter. Dieser zuckt regelrecht zusammen und eilt an Yami vorbei zur Tür und hält sie sogar für die anderen beiden auf.

Erst im Hinterhof lässt Yami Yugis Arm wieder los. „Ich erkläre Rishido schnell was er machen muss und dann legen wir los. Egal ob du den Tee ausgetrunken hast oder nicht!“
 

Nun wird es Yugi aber langsam zu bunt. „Yami, jetzt mach mal halblang. Wir können nichts dafür, dass du dich verletzt hast, also lass deine Wut von mir aus wieder an einer Wand aus, aber nicht an mir oder Rishido“, fest sieht er Yami an. Der jedoch erwidert den Blick äusserlich gelassen, bis er sich wortlos umdreht und Rishido zuwinkt, dass er ihm folgen soll.

Nicht wissend, ob Yami ihn wirklich verstanden hat, verfolgt Yugi die beiden ungleichen Männer mit seinen Augen. Dann jedoch fällt ihm ein, was ihm angedroht worden ist. So schnell wie möglich beginnt er seinen Tee zu trinken. Wenn er schon so früh am Morgen trainieren soll will er wenigstens etwas von dem Wachmacher in sich haben. Obwohl, irgendwie gefällt ihm ja die herrische Art, die sein Freund gerade zeigt. Nur muss er ihm später dringend sagen, dass er in Zukunft wirklich nicht mehr so mit ihnen umspringen darf. Schliesslich sind sie eine Familie und nicht Yamis Untertanen.
 

Während Yugi seinen Tee trinkt, steht Yami im Heulager vor Rishido und sieht ihn ernst an. Allerdings hält er gleichzeitig einen möglichst grossen Abstand zu dem anderen ein. „Also, zuerst will ich eins klarstellen. Nur weil ich jetzt deine Hilfe brauche, heisst das noch lange nicht, dass wir Freunde werden.“ Da sie jetzt allein sind fühlt er sich wie damals ausgeliefert und würde am liebsten wegrennen, aber das überspielt er, indem er Rishido mit verschränkten Armen fest in die Augen blickt. „Die Pferde bekommen kurz nach Sonnenaufgang ihr erstes Heu und die Wassertröge fülle ich dann auch gleich wieder auf. Dann nehme ich immer die Pferdeäpfel aus den Boxen. Hast du mich verstanden?“ Wie er es sich inzwischen angewöhnt hat, wenn er etwas sagt, was nur den anderen etwas angeht oder sie allein sind, spricht Yami mit Rishido in ihrer gemeinsamen Muttersprache.
 

Die Hände hinter dem Rücken verschränkt steht Rishido da und kann kaum glauben, dass er schon wieder eine genaue Erklärung bekommt wie er mit den Tieren umgehen muss. Entgegen seiner sonstigen Art liegt ihm ein scharfer Kommentar auf der Zunge, den er aber unterdrückt. Vor allem weil er hinter dem festen Blick mit dem Yami ihn fixiert, ein ängstliches Flackern erkennen kann, was neben dem ungewöhnlich grossen Abstand, den der andere einhält eine für ihn eindeutige Sprache spricht.

„Ja, ich habe es verstanden. Auch wenn ich nicht verstehe, warum du mir schon wieder so eine genaue Anleitung gibst. Yami, ich kenne mich mit Pferden aus und wenn was ist, dann frage ich nach. Du musst dir also keine Sorgen machen.“ Bewusst hält Rishido seine Stimme ganz ruhig und lässt mit keiner einzigen Nuance in der Tonlage erkennen, dass er etwas genervt ist.

Mit möglichst vorsichtigen Bewegungen geht Rishido zu den Heunetzen. Als er auf dem Weg nach draussen ist, hält er direkt neben Yami kurz an, was diesen unwillkürlich die Luft anhalten lässt. „Ich würde dir nie absichtlich etwas antun. Versuch die Vergangenheit nicht zu vergessen, aber zu verarbeiten. Sonst wirst du irgendwann zusammenbrechen.“ Ohne den anderen weiter anzusehen, trägt er die Heunetze nach draussen, wo die beiden Pferde schon ungeduldig ihre Köpfe aus den Boxen strecken.
 

Von den offenen Worten geschockt braucht Yami mehrere, bewusst gemachte tiefe Atemzüge bis er sich so weit gefasst hat, dass er sich wieder bewegen kann. Erst dieser Traum und dann dies. Also so langsam wird ihm das alles wirklich zu viel.

Noch einmal tief Luft holend um seine äussere Gelassenheit wiederherzustellen, schliesst Yami kurz die Augen. Erst als er sich sicher ist, dass er sich wieder so weit unter Kontrolle hat, dass er nicht gleich auf die nächste Wand einprügelt, was ihm seine Hände sicher nicht verzeihen würden, geht auch er nach draussen. Wo Yugi es sich beim Brunnen schon gemütlich gemacht hat.
 

Als Yugi sieht, dass Yami auf ihn zukommt, steht er mit einem leichten Lächeln auf. „Na du, hast du dich wieder ein wenig beruhigt?“, besorgt mustert er seinen Freund. Hat er sich doch schon gefragt, was dieser noch so lange im Heulager macht. Nachdem Rishido mit den Netzen wieder rausgekommen ist.
 

Äusserlich ruhig tritt Yami auf Yugi zu und schaut ihm ernst in die Augen. Deutlich kann er darin die Sorge erkennen. Nur leider kann er auch sehen, dass Yugi wohl seine Worte vorhin ernst gemeint hat, als er ihn auf seinen Tonfall hingewiesen hat und dass er sich nicht so benehmen soll.

Reuevoll lässt Yami daraufhin den Kopf sinken und fixiert irgendeinen Punkt auf dem Boden. „Es... ach verdammt“, beginnt er unsicher.

Woraufhin Yugi den letzten Abstand zwischen ihnen überbrückt und ihm die Hände auf die Schultern legt. „Yami, sag mir bitte was los ist. Du bist doch sonst nicht so.“ Leicht beugt er sich so vor, dass er seinem Freund in das gesenkte Gesicht sehen kann. „Yami, es ist früh am Morgen und du weisst wie ich dann drauf bin. Ausserdem bin ich weder im Badezimmer gewesen, noch habe ich gefrühstückt. Darum war es von dir schon ziemlich unfair, dass du so mit mir rumgesprungen bist. Denn das ist sonst nicht deine Art. Also, was ist los?“

Mit jedem seiner Worte scheint Yami ein wenig mehr in sich zusammenzusacken. Was Yugi in der Seele schmerzt. Hat er doch besonders in der letzten Zeit gemerkt, was für ein stolzer Mann Yami eigentlich ist und ihn jetzt so zu sehen ist irgendwie falsch. Doch noch bevor er etwas sagen kann, wird er plötzlich von Yami gepackt und in eine feste Umarmung gezogen.
 

Versuchend die Umgebung auszuschalten, vergräbt Yami sein Gesicht an Yugis Schulter. Es ist zu viel. Einfach viel zu viel.

„Verzeih mir Yugi. Ich... weiss ja selbst nicht, was mit mir los ist. Ich...“, schluchzend bricht Yami nun regelrecht zusammen.
 

Über den plötzlichen Zusammenbruch seines Freundes erschrocken, kann Yugi nichts weiter machen, als ihn noch fester in seine Arme zu ziehen und einfach nur immer wieder beruhigend über dessen Rücken zu streicheln. Er weiss nicht, wie lange sie so dastehen, aber es muss eine ganze Weile sein. Kann er doch sehen, wie langsam die ersten Sonnenstrahlen den Boden des Hinterhofes erreichen.
 

Von weitem beobachtet Rishido die ganze Szene und kann es kaum glauben. So selbstsicher und stark wie der andere vorhin gewirkt hat, so wirkt er jetzt hilflos und schwach. Grösser könnte ein Widerspruch wirklich nicht sein und das dann noch in einer Person vereint.

Was für eine Persönlichkeit versteckt sich hinter diesem Sklaven. Der sich manchmal eher wie ein Herrscher verhält, als so wie es sich für jemanden aus ihrer Schicht gehört. Egal ob er nun erst seit weniger als 6 Jahren ein Sklave ist oder nicht.

Mit einem Kopfschütteln macht sich Rishido daran, weiter die Pferdeäpfel aus den Boxen zu holen. Zum Glück brauchte Yami relativ lange im Heulager, so dass er die Wassertröge in den Boxen schon fertig gefüllt hatte, als dieser wieder rausgekommen ist.

Nachdem er alle Pferdeäpfel in den Mistkarren verfrachtet hat, schnappt sich Rishido die leeren Heunetze und bringt sie zurück ins Lager, wo er beginnt sie für das zweite Frühstück der Pferde zu stopfen.
 

Unterdessen löst sich Yami zögerlich wieder von Yugi. Weil es ihm unendlich peinlich ist, dass er schon wieder so einen Zusammenbruch hatte, vermeidet er es jedoch ihn anzusehen. „Sorry, das wollte ich nicht“, nuschelt er undeutlich in seinen nicht vorhandenen Bart. Erst jetzt, wo er sieht, wie weit die Sonne schon den Platz erhellt, bemerkt er, wie spät es schon sein muss. „So wie es aussieht, müssen wir schon wieder rein. Sicher ist Grossvater schon mit dem Frühstück fertig.“ Noch immer murmelt er mehr zu sich selbst, als dass er mit Yugi spricht. Darum versteht dieser ihn auch nur, weil sie so nahe zusammen stehen. „Ja, es ist wirklich schon spät. Was hältst du davon, wenn wir dafür am Abend länger als sonst trainieren?“, aufmerksam mustert er seinen Freund, ob er es wagen kann gleich noch einen Vorschlag dranzuhängen. „Vielleicht können wir das in Zukunft ja immer so machen?“

Als er den verwirrten Blick bemerkt, der ihm daraufhin zugeworfen wird, wird Yugi leicht rot um die Nase. „Weisst du... es ist schöner wenn... naja... wenn ich in deinen Armen aufwache, statt durch eine weggezogene Decke. Darum dachte ich... naja... könnten wir doch das Morgentraining ausfallen lassen und dafür am Abend viel länger trainieren.“ Verlegen kratzt er sich mit einer Hand am Hinterkopf und findet den Boden zu seinen Füssen gerade sehr faszinierend.
 

Im ersten Moment will Yami zurückweichen und möglichst viel Abstand zwischen sie bringen. Doch dann sagt er sich, dass das Yugi ist und er ihm wirklich vertrauen kann und dass es ihm ja auch gefällt, wenn sie so aufwachen. Eigentlich wollte er ja wirklich nur am Abend ein langes Training machen, aber dann wollte er Yugi diesen kleinen Denkzettel verpassen.

Plötzlich schleicht sich ein schelmisches Grinsen auf seine Lippen, als ihm ein Gedanke kommt. Es wird Zeit den anderen ein wenig zu ärgern.

Sanft legt er ihm die Hand unters Kinn und zwingt Yugi so den Kopf zu heben, so dass er ihm in die Augen sehen kann. Lächelnd beugt er sich ganz nah zu dessen Gesicht, bis sich nur noch wenige Zentimeter zwischen ihnen befinden. „Soso, dir gefällt es also, wenn wir zusammen aufwachen.“ Als er sieht wie Yugi ihn mit grossen Augen und hochrot werdend ansieht beugt er sich noch ein wenig mehr vor und verleiht seiner Stimme eine tiefere Tonlage. „Was machen wir denn da?“ Innerlich grinsend blickt er in die amethystfarbenen Augen. „Ich würde sagen, ausschlafen und dafür am Abend länger trainieren, aber diesmal ohne zu motzen.“ Während er redet beugt er sich noch weiter nach vorn, so dass er die letzten Worte direkt neben Yugis Ohr sagt.

Schmunzelnd hört er, wie Yugi ruckartig die Luft einzieht und lässt ihn dann sofort los. Ein paar Schritte zurücktretend mustert er den nun wirklich knallroten Yugi. „Ich würde sagen, wir gehen jetzt frühstücken, aber vorher solltest du noch eine kalte Dusche nehmen.“ Unschuldig, als wäre nichts gewesen dastehend, wartet er darauf, dass Yugi etwas sagt.
 

Dieser ist jedoch noch viel zu sehr damit beschäftigt seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, von seinem rasenden Herzschlag ganz zu schweigen. Dazu kann er deutlich spüren, dass seine Hose ziemlich in seinem Schritt spannt. Dies und Yami, der ihn unschuldig ansieht, lassen ihn aus seiner Starre erwachen. „Verdammt Yami, das ist so unfair. Glaub mir ich werde es dir heute Abend beim Training schon zeigen. Ich gehe ins Bad und will nicht gestört werden!“ Vor sich hin fluchend, dass ihn sein Freund so eiskalt oder besser gesagt heiss erwischt hat, geht Yugi ins Haus und dann direkt ins Badezimmer. Ganz sicher wird er jetzt nicht kalt duschen, sondern seiner Phantasie freien Lauf lassen.
 

Grinsend wendet sich Yami, nachdem Yugi verschwunden ist, nun auch dem Haus zu. Wird dann aber von der Stimme Rishidos aufgehalten. „Das war jetzt aber nicht wirklich fair dem jungen Meister gegenüber. Ihn erst so heiss zu machen und dann ins Bad zu schicken. Auch solltest du nichts beginnen, was du nicht auch zu Ende führen willst, wenn er keinen Rückzieher machen sollte.“

Sich innerlich in den Hintern tretend, dass er vergessen hat, dass Rishido auch noch da ist, dreht sich Yami zu dem anderen um. „Ich weiss, wie weit ich bei Yugi gehen kann. Ausserdem geht es dich nichts an, was ich mache.“ Zudem weiss er selbst nicht, was da vorhin gerade in ihn gefahren ist, dass er sich so verhalten hat und er ist sich auch bewusst, dass er von Glück reden kann, dass Yugi ihn niemals zu etwas zwingen würde, was er nicht möchte.

Als er am Bad vorbeikommt, hört er durch die Tür wie sein Name unterdrückt gestöhnt wird. Geschockt, bleibt er stehen, wieso stöhnt Yugi seinen Namen? Stellt er sich etwa vor, dass er...? Wenn ja, wieso?
 

Grinsend steht Sugoroku in der Küchentür und beobachtet den geschockten Yami. Irgendwie grenzt es ja schon beinahe an ein Wunder, dass dieser Yugi nicht schon früher erwischt hat. Schliesslich flüchtet sich Yugi fast jeden Morgen und manchmal sogar noch am Abend ins Badezimmer.

Nachdem es schon eine Weile ruhig ist und auch Rishido hinter Yami, von diesem aber unbemerkt, dasteht räuspert sich Sugoroku laut und deutlich. „Also, wenn du nicht willst, dass dich Yugi beim Lauschen erwischt, solltest du in die Küche kommen.“

Nur mit Mühe kann er sich das Lachen verkneifen, als er von Yami erst kreidebleich und dann mit hochroten Wangen angesehen wird. Doch statt der Aufforderung nachzukommen rennt Yami die Treppe nach oben in sein Zimmer. Wo er sich schwer atmend an der geschlossenen Tür zu Boden gleiten lässt. Krampfhaft, versucht er das, was er gerade gefühlt hat und immer noch fühlt irgendwie einzuordnen und zu unterdrücken.
 

Von dem ganzen Durcheinander hat Yugi gar nichts mitbekommen. Weshalb er erstaunt von Rishido zu seinem Grossvater blickt, als er aus dem Bad kommt. „Habe ich etwas verpasst?“, fragend sieht er abwechselnd die beiden grinsenden Männer an.
 

Auf die Frage hin schüttelt Sugoroku nur mit einem möglichst unschuldigen Gesichtsausdruck den Kopf. „Nein. Yami hat dich nur duschen gehört und ist darum hoch ins Zimmer gestürmt. Ich vermute mal in seines, da er die Tür zugeschlagen hat.“

Als Yugi nun tiefrot anläuft kann er nicht mehr. „Rishido kommst du frühstücken?“, mit dem letzten Rest Selbstbeherrschung den er noch hat dreht sich Sugoroku um, bevor er sich mit einem Lachanfall an der Tischplatte festhält. Dass er dabei vermutlich von Rishido beobachtet wird, ist ihm so ziemlich egal.
 

Tatsächlich ist Rishido seiner Aufforderung gefolgt und steht nun ebenfalls leicht grinsend da. Zwar versteht er nicht, was daran so lustig sein soll, doch das Lachen des alten Mannes ist einfach ansteckend.
 

Ratlos, was er jetzt machen soll, sieht Yugi zu seinem Zimmer hoch. Von hier aus kann er knapp erkennen, dass die Tür noch offensteht, also scheint Yami wirklich in sein eigenes Zimmer gegangen zu sein.

Erst lenkt er seine Schritte in Richtung der Küche, aber dann wendet er sich automatisch der Treppe zu. Mit jedem Schritt langsamer werdend steigt er eine Stufe nach der anderen nach oben. Denn so wie er Yami einschätzt hat dieser das was er gehört haben muss vollkommen falsch verstanden. Obwohl, wenn er ehrlich zu sich selbst ist, hat es Yami vermutlich richtig verstanden und er selbst will es für seinen Freund nun herunterspielen gehen.
 

Vor der geschlossenen Zimmertür bleibt Yugi stehen. Soll er wirklich reingehen? Zögernd hebt er seine Hand, lässt sie wieder sinken, hebt sie wieder, hält in der Bewegung inne, bis er sich schliesslich ein Herz fasst und anklopft.
 

Von dem Klopfen aus seinem Gefühlswirrwarr gerissen schreckt Yami hoch. „Ja?“, langsam rutscht er von der Tür weg, ehe er mit weichen Knien aufsteht. Vermutlich ist es Yugi, der da auf der anderen Seite der Tür steht und tatsächlich bestätigt sich seine Vermutung, als die Tür aufgeht.

Mit wild klopfendem Herzen steht er da und wartet stumm darauf, dass sein Sharik ins Zimmer kommt und die Tür hinter sich geschlossen hat. „Yami, ich...“, verlegen knetet Yugi seine Hände und vermeidet es seinen Freund anzusehen. Als dann aber keine hörbare Reaktion erfolgt, überwindet er seine Schüchternheit. Zögernd richtet er seinen Blick auf seinen Freund. „Yami, das was du wohl gehört hast. Es ist nicht so wie du denkst. Es...“ „Ach ja, woher willst du wissen was ich denke? Oder kannst du seit neuestem Gedanken lesen?“, wird er von Yami unterbrochen, der fest seinen Blick erwidert.

Ohne ihn aus den Augen zu lassen bewegt sich Yami langsam auf Yugi zu, bis er direkt vor ihm steht. „Also los. Sag mir was ich denke.“ Denn das wüsste er selbst wirklich auch gern.

Unsicher weicht Yugi einen Schritt zurück und weiter kommt er auch nicht, denn schon steht er mit dem Rücken im wahrsten Sinne des Wortes an der Tür. „Also ähm... dass ich mir vorgestellt habe wie du mich... naja... ähm“, mit hochroten Wangen bricht Yugi ab.
 

Von der so schüchternen Art Yugis wie magisch angezogen, macht Yami noch einen Schritt auf ihn zu. Dabei kämpft er mit sich selbst. Denn ein Teil von ihm will wegrennen, aber der andere Teil will, dass er sich Yugi noch mehr nähert. Als er direkt vor ihm steht stützt er sich links und rechts neben ihm an der Tür ab. „Was hast du dir denn vorgestellt? So falsch kann ich vermutlich gar nicht liegen. So rot wie du bist.“ Unbewusst beugt er sich ein wenig zu ihm runter, während er ihm die ganze Zeit fest in die Augen sieht.
 

Leer schluckend steht Yugi da. Was soll das? Wieso verhält sich Yami schon wieder so, als würde er nur wollen, dass er ihn küsst. „Ich... habe mir vorgestellt, dass du...“, unmerklich hebt er seinen Kopf ein wenig mehr an. „Dass ich was?“

Leise stöhnt Yugi bei dem Klang von Yamis Stimme auf. Das ist so unfair. Wie kann ihn sein Freund nur so quälen? Schwer atmend steht er da, kämpft um seine Selbstbeherrschung. „Yami... lass mich gehen... oder ich kann mich nicht länger beherrschen.“ Undeutlich nimmt er wahr wie schwach seine Stimme klingt.
 

Diese Worte lassen Yami ein wenig zurückweichen. Was macht er hier eigentlich? Doch gerade als er sich noch weiter zurückziehen will, leckt sich Yugi unbewusst über die Lippen.

Fasziniert betrachtet er die nun leicht glänzenden Lippen. Beugt sich dabei wieder weiter nach vorn. Irgendwie hat er das Gefühl, als würde er von einer unsichtbaren Macht dazu gedrängt sich diesen Lippen immer weiter zu nähern.
 

Unwillkürlich hält Yugi den Atem an. Will Yami ihn etwa wirklich küssen? Ungläubig bleibt er still stehen. Nur seine Augen wandern immer wieder von Yamis Mund zu dessen Augen und wieder zurück.

Inzwischen wartet er schon beinahe sehnsüchtig darauf, dass sein Freund endlich die letzten Zentimeter überwindet. Doch dann zögert Yami, wirkt plötzlich unsicher. Die Spannung nicht mehr aushaltend nimmt Yugi seinen ganzen Mut zusammen und überbrückt die letzten Zentimeter.
 

Erschrocken will Yami zurückweichen, hält dann aber still. Hauptsächlich deswegen, weil Yugi nichts weitermacht, als die Lippen ganz leicht gegen seine zu bewegen. Nur ihre Lippen berühren sich und das gibt Yami die Sicherheit die er braucht um nun den Kuss zögernd zu erwidern.
 

Sofort als Yugi spürt, dass Yami reagiert überlässt er ihm Stück für Stück die Kontrolle, lässt sich zurück an die Tür gleiten. Deutlich spürt er wie unsicher sein Freund ist. Umso mehr geniesst er diesen unglaublich scheuen und zarten Kuss.

Von ihm selbst unbemerkt, hebt Yugi seine Arme und legt sie leicht auf Yamis Brust. Allerdings nur für Sekunden, denn schon werden seine Handgelenke von seinem Freund umfasst und über seinem Kopf an die Tür gedrückt.
 

Überrascht, dass ein Kuss schön sein kann löst Yami ihre Lippen. Nach Luft schnappend lehnt er seine Stirn mit geschlossenen Augen gegen Yugis. „Das war ja schön?“

Von dieser fragend klingenden Aussage überrascht öffnet Yugi seine Augen. „Ja, das war es“, erwidert er mit heiserer Stimme. „Hast du denn etwas Anderes erwartet?“ Kaum hat er das gesagt, fällt ihm ein, wie Kuroi brutal seine Lippen auf Yamis gezwungen und ihn sogar gebissen hat. „Du hast noch nie freiwillig geküsst?“,
 

Mit einem Kloss in der Kehle nickt Yami leicht. „Noch nie, zumindest seit ich mich erinnern kann.“ Ohne seine Stirn von Yugis zu nehmen öffnet er seine Augen und sieht ihm mit einem wehmütigen Schimmer in den rubinroten Tiefen an. „Aber es ist schön. Darf ich noch einmal?“, unsicher auf die Antwort wartend verharrt Yami.
 

Über die scheue Frage lächelnd nickt Yugi. Was sich durch ihren Stirnkontakt seltsam anfühlt. „Natürlich. Jederzeit.“ Kaum hat er das gesagt, spürt er die Lippen seines Freundes wieder vorsichtig auf den seinen.

Mit einem leisen Seufzen schliesst er genüsslich die Augen und lässt sich in den Kuss fallen. Ganz leicht erwidert er den leichten Druck und die Bewegungen von Yamis Lippen.

Zwar würde er ihn gern auch mit seinen Händen berühren, aber er akzeptiert es, dass diese immer noch über seinem Kopf an der Tür festgehalten werden. Wenn sein Freund dies zur Sicherheit braucht, dann kann er mehr als gut damit leben.
 

Unterdessen sitzen Sugoroku und Rishido in der Küche am Tisch und frühstücken. Dabei sieht Rishido immer wieder zur Tür, aber die beiden tauchen einfach nicht auf. „Meister Sugoroku, meinen Sie nicht, dass wir...“ „Nein Rishido“, wird er von dem lächelnden alten Mann unterbrochen. „Wenn wir bis jetzt nichts gehört haben, dann würden wir die beiden bestimmt nur stören. Wir lassen ihnen dann einfach etwas vom Frühstück auf dem Tisch stehen, wenn sie noch nicht aufgetaucht sind, bis wir fertig gegessen haben.“ In aller Ruhe nimmt er sich noch eins der Brötchen. „Am besten räumen wir nachher zusammen die Küche auf und du gehst wieder zu den Pferden und ich öffne den Laden. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir die beiden erst dann sehen werden, wenn sie Hunger haben.“ Denn nachdem was ihm Rishido von dem Verhalten der Jungs im Hinterhof erzählt hat, kann er sich lebhaft vorstellen, was sie gerade am Machen sind.
 

Es kommt wirklich so, wie es Sugoroku vorhergesehen hat. Auch nachdem sie mit dem Frühstück fertig sind, haben sie noch keinen der beiden gesehen. So dass sie ihnen zwei Teller mit Brötchen und sowie das Marmeladen- und natürlich auch das Honigglas stehen lassen.

Danach gehen sie wie besprochen in den Laden beziehungsweise in den Stall.
 

Eine Etage höher bemerken Yami und Yugi nicht, wie die Zeit vergeht.

Immer noch wird Yugi von seinem Freund an der Tür festgehalten und immer wieder treffen sich ihre Lippen.

Nur irgendwann müssen sie leider auch wieder richtig atmen. So lösen sie sich bedauernd voneinander, sehen sich dafür aber schwer atmend an. „Yami, ich... könntest du vielleicht meine Hände loslassen?“ Wagt es Yugi nach einer Weile leise zu fragen. So langsam wird diese Position nämlich etwas unbequem.
 

Zögernd löst Yami seinen lockeren Griff um die Handgelenke. „Sorry, aber bitte nicht...“ „Ich werde dich nicht festhalten“, versichert Yugi lächelnd. Nicht nur weil er seinen Freund beruhigen will, sondern auch weil dieser wieder dieses typische Magiwort benutzt hat.

Sanft wie eine Feder streicht er Yami eine vorwitzige blonde Strähne aus dem Gesicht. „Du gibst das Tempo vor und wir machen nur was du willst.“
 

Erleichtert, dass Yugi nichts von ihm erwartet was er ihm nicht geben kann, lehnt sich Yami in die Berührung der Fingerspitzen auf seiner Wange, ehe er seine Arme um Yugi schlingt und ihn fest an sich zieht. Das Gesicht an dessen Schulter vergrabend, geniesst er dieses schöne Kribbeln, das seinen Körper erfüllt. „Danke.“ Nur leise spricht er das Wort aus, aber mit so viel Gefühl, dass er von sich selbst überrascht ist.
 

Vor Rührung kann Yugi gar nichts darauf erwidern. Stattdessen schlingt er seine Arme um Yamis Hals und Schultern und zieht ihn noch näher an sich heran. Wenn das überhaupt noch möglich ist.

Lange stehen sie so an die Wand gelehnt da, ehe sich Yami vorsichtig aus Yugis Armen löst. Erleichtert stellt er dabei fest, dass sich dieser wirklich an seine Worte hält, denn er hält ihn in keinster Weise zurück. Stattdessen spürt er, wie die Hände sanft über seine Schultern gleiten, bis er sie mit den seinen ergreift. „Yugi ich...“ „Du musst nichts sagen Yami. Ausser du willst es. Nur hör mir bitte einen Moment zu. Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, dass du das Tempo vorgibst. Egal was noch passieren wird oder nicht. Wir gehen einen Schritt nach dem anderen und wenn es dir zu viel wird, dann musst du es nur sagen und ich höre auf.“

Langsam beugt sich Yugi daraufhin nach vorn und haucht seinem Freund einen Kuss auf die Lippen. „Nur schon das hier ist mehr als ich je zu wünschen gewagt habe.“ Nur Millimeter trennen ihre Gesichter voneinander, was Yami sogleich ausnutzt um sich noch einen dieser süssen Küsse zu holen.

Und da er Yugi gerade so praktisch festhält, drückt er seine Hände neben ihnen an die Tür. Allerdings nicht mehr über dessen Kopf, sondern eher auf Schulterhöhe.
 

Innerlich schmunzelnd erwidert Yugi den süssen Kuss. Offensichtlich gefällt seinem Freund das Küssen und ihm selbst ja sowieso. Auf einmal spürt er, wie seine Handgelenke losgelassen werden und sich Yamis Hände auf seine Wangen legen.

Trotzdem versucht er nicht nach Yami zu greifen auch wenn es ihm schwerfällt. Zur Sicherheit verschränkt er die Hände sogar hinter seinem Rücken, als das Bedürfnis seinen Freund anzufassen zu stark zu werden droht.
 

Erst als die Luft zu knapp wird, löst sich Yami wieder von Yugi. „Sharik, was machst du nur mit mir?“ Mit einem angenehm rasenden Herzschlag sieht er in die amethystfarbenen Augen, während er mit seinen Fingerspitzen ganz leicht über Yugis Wangen streichelt.
 

„Was heisst Sharik?“, fragend erwidert Yugi Yamis Blick. Der sieht ihn jedoch verwirrt an. „Habe ich dich gerade so genannt?“ War ihm doch nicht bewusst gewesen, dass er das Sharik laut ausgesprochen hat.

„Ja“, nickt Yugi zustimmend. „So hast du mich eben genannt und auch schon gestern.“
 

Verlegen senkt Yami den Blick. „Ähm naja... also... ähm... Sharik bedeutet... naja... so viel... wie... ähm Partner.“ Mit hochroten Wangen lässt er Yugi los und entfernt sich ein paar Schritte von ihm. „Wir sollten wohl mal langsam nach unten gehen. Bestimmt wartet Grossvater mit dem Frühstück schon auf uns.“ Nur leider steht Yugi immer noch mit dem Rücken zur Tür da. Sein einziger Fluchtweg ist also blockiert.
 

Über den Rückzug seines Freundes enttäuscht lehnt sich Yugi noch mehr gegen die Tür. Einfach weil er momentan den Halt in seinem Rücken braucht. Ausserdem hat ihn die Bedeutung des Wortes doch etwas geschockt, aber im positiven Sinn.

Auf die Worte von Yami hin blickt er zum Fenster und dem Fall der Schatten. „Frühstück? Ich denke eher, dass es schon langsam Zeit für’s Mittagessen ist.“ Als Yugi klar wird, was er da gerade gesagt hat, richtet er sich kerzengerade auf. „Scheisse, ich muss in den Laden!“ So schnell, dass Yami gar nichts mehr darauf sagen kann, reisst er die Tür auf und ist nur Sekunden später schon auf dem Weg nach unten.
 

Erstaunt über den schnellen Abgang blickt Yami auf die offene Tür. Jetzt wo er allein ist, hätte er doch gern wieder Yugi bei sich. Über sich selbst den Kopf schüttelnd geht er deutlich langsamer auch nach unten. Es wäre echt von Vorteil, wenn sich seine beiden inneren Stimmen endlich mal einig werden könnten und nicht immer die eine mehr und die andere lauf weg schreien würde.
 

Unterdessen ist Yugi regelrecht in den Laden gestürmt, wo sein Grossvater gerade eine Kundin verabschiedet. „Grossvater, entschuldige, dass ich so spät bin, aber...“ „Du warst mit Yami beschäftigt und so wie deine Augen leuchten habt ihr nicht nur geredet“, grinsend verschränkt Sugoroku die Arme und mustert dabei seinen Enkel. Dieser läuft natürlich wie auf Kommando rot an. „Grossvater! Es ist nichts passiert, wir haben wirklich nur geredet“, versucht Yugi sich rauszureden.

„Aber sicher doch und darum wirst du auch rot.“ Schmunzelnd steht Sugoroku da und kann es sich einfach nicht verkneifen seinen Enkel noch ein wenig mehr zu ärgern. „Also, was habt ihr noch so getrieben? Muss ich Yami nachher aufbauen, weil du zu weit gegangen bist?“
 

Empört über diese Anschuldigung stemmt Yugi seine Hände in die Hüften. „Ich bin sicher nicht zu weit gegangen. Wir haben uns nur geküsst und dabei hatte Yami die ganze Zeit die Kontrolle! Und bevor du noch weiter fragst. Es war OHNE Zunge. Wenn du es genau wissen willst!“ Wütend dreht er sich um und stösst prompt mit Yami zusammen, der hinter ihn getreten ist. „Also nun weiss das ganze Haus Bescheid, was wir gemacht haben. Das hat Grossvater wieder toll hinbekommen. Findest du nicht?“ Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yami Yugi an, der erst blass wird und dann erstaunt zu seinem Grossvater blickt. „Du hast das extra gemacht?“
 

Breit grinsend nickt Sugoroku. „Na klar. Anders kriege ich dich ja nicht zum Reden, wenn du etwas für dich behalten willst. Klappt aber nur, wenn ich genau weiss, dass da noch mehr gewesen sein muss.“ Kopfschüttelnd wendet er seinen Blick von dem empörten Yugi ab, der immer noch Yamis Hände auf den Schultern hat und sieht zu seinem zweiten Enkel. „Du hast mich aber schnell durchschaut. Ich mache das nämlich seit Yugi klein gewesen ist und bis jetzt hat er es nicht gemerkt.“
 

Da Yami merkt, dass Yugi schon wieder am Hochfahren ist drückt er dessen Schultern noch ein wenig mehr. „Das ist auch einfacher, wenn man nicht selbst betroffen ist. Ausserdem ist das ein altbekannter Trick, der bei Verhandlungen gern benutzt wird. Reize dein Gegenüber so lange, bis er nicht mehr darüber nachdenkt was er sagt und das klappt sogar, wenn der andere weiss, dass diese Taktik angewendet wird.“
 

Mit grossen Augen und weit aufgerissenen Mündern starren Sugoroku und Yugi Yami an. Woher zum Teufel weiss denn Yami wie es bei Verhandlungen zu und hergeht!
 

Gerade als sich zumindest Sugoroku so weit gefasst hat, dass er wieder etwas sagen kann, geht die Ladentür auf und ausgerechnet Frau Aino betritt mit ihrer Sklavin den Laden.

„Ah, die Herren Muto und der Leckerbissen von einem Sklaven! Wo hatten sie den denn so lange versteckt?“, mit leuchtenden Augen zieht sie Yami in Gedanken regelrecht aus. „Sagen Sie mal, wo ist denn das Sklavenhalsband? Und warum sind denn seine Hände verbunden?“

Neugierig wartet sie auf die Antwort und hofft schon auf den nächsten interessanten Klatsch, den sie dann in der wöchentlichen Teerunde erzählen kann.
 

Kreidebleich sehen sich Yugi und sein Grossvater an. Wie sollen sie denn das erklären? Und dann noch ausgerechnet der Aino, die schlimmer als der lauteste Marktschreier ist, wenn es um Neuigkeiten geht, die niemanden etwas angehen.
 

Mit gesenktem Kopf steht Yami da und verflucht seinen Leichtsinn. Wie konnte er es nur riskieren, ohne das vermaledeite Halsband in den Laden zu gehen. Können doch jederzeit Kunden reinkommen. Als keiner der anderen beiden etwas sagt, entschliesst er sich, den ungehorsamen Sklaven zu spielen.

Mit einem möglichst trotzigen Gesichtsausdruck, hebt er den gesenkten Kopf und sieht der Aino mitten ins Gesicht. „Ganz einfach Madame“, versucht er sich an dem herablassendsten Tonfall, den er aufbringen kann. „Ich habe gestern den Verschluss des Sklavenhalsbandes aus Versehen kaputt gemacht und dafür bin ich mit Weidenrutenschlägen auf die Handflächen bestraft worden. Wollen Sie die Wunden sehen?“ In Gedanken betet er, dass Yugi oder Grossvater auf das Spiel eingehen werden.
 

Im ersten Moment ist Sugoroku geschockt, doch dann versteht er, dass Yami sie gerade vor einem Skandal bewahrt. „Und für diese Frechheit der ehrenwerten Madame Aino gegenüber wirst du gleich noch mehr Stockschläge kassieren und zwar bis du nicht mehr weisst wo oben oder unten ist.“ Fest packt er Yami am Arm, der wegen der Drohung und dem Griff gespielt zusammenzuckt. „Madame Aino, bitte verzeihen sie die Frechheit unseres Sklaven. Ich werde mich gleich darum kümmern, dass das nicht mehr vorkommen wird. Mein Enkel wird Sie sicher wie immer mit Freuden beraten.“ Betont freundlich blickt Sugoroku die Dame an, ehe er mit todernster Miene Yami regelrecht aus dem Raum zerrt.

Erst in der Küche lässt er ihn los und lehnt sich mit einem erleichterten Seufzer gegen den Tisch. „Verdammt, das war knapp. Die Schachtel hätte uns die Kontrolleure oder sogar die Ordnungshüter auf den Hals hetzen können. Wie bist du nur auf die Idee gekommen?“

Fragend sieht er Yami an, der sich leicht verlegen den Hinterkopf kratzt. „Naja, ich dachte mir bediene das Klischee vom ungehorsamen Sklaven, der wegen eines kaputten Verschlusses bestraft worden ist und da ein kaputtes Sklavenhalsband höhere Gewalt ist und ich nur im Laden und nicht auf der Strasse erwischt worden bin, ist es kein Grund für eine Anzeige. Ich bin sicher, dies weiss die Aino am besten.“
 

Grinsend schüttelt Sugoroku den Kopf. „Und weil deine Hände gerade so schön verbunden sind, hast du dir das mit den Weidenrutenschlägen ausgedacht. Wie bist du nur darauf gekommen?“
 

Bei der Erinnerung daran wird Yami todernst. „Ich durfte schon Bekanntschaft mit der Weidenrute machen, weil es meinem damaligen Besitzer gefallen hat, mich vor dem Sex damit so lange zu schlagen, bis die Haut beinahe aufgeplatzt ist.“
 

Kreideweiss steht Sugoroku da und kann es kaum glauben, was Yami da erzählt. Wie kann ein Mensch nur so grausam sein und das einer anderen Person antun. „Sagst du mir, wer das gewesen ist?“, wagt er es vorsichtig zu fragen.
 

Lange schweigt Yami, während sein Blick zum Küchenfenster wandert, wo sie diverse Kräuter in einem länglichen Topf stehen haben. „Kaiba.“ Den Namen spricht er mit einer Bitterkeit aus, die deutlich macht, was gerade in ihm vorgeht.

Auf einmal spürt er, wie er von Sugoroku in eine lockere Umarmung gezogen wird. Aus einem Reflex heraus, will er sich erst befreien, doch dann lehnt er sich an seinen Grossvater und lässt zu, dass der alte Mann ihn tröstet.

„Yami, es hört sich jetzt vielleicht abgedroschen an, aber ich bin überzeugt davon, dass du dich eines Tages für alles was dir angetan worden ist, wirst rächen können.“

Yami weint nicht, aber es dauert lange bis er sich soweit beruhigt hat, dass er sich aus der Geborgenheit der Umarmung lösen kann. „Danke.“ Zittrig versucht sich Yami an einem Lächeln.
 

Liebevoll, wie es nur ein Grossvater sein kann, legt ihm Sugoroku die Hand auf die Wange. „Du musst dich nicht bedanken. Jetzt aber was Anderes. Soll ich dir die Hände vor dem Mittagessen neu verbinden?“, fragend sieht er den jungen Mann an, der schon so viel Leid ertragen musste und offenbar aus einer weitaus höheren Position zu kommen scheint, als er es bisher vermutet hat.
 

Nachdenklich mustert Yami seine verbundenen Hände. „Eigentlich wollte ich erst unter die Dusche.“ Zwar sagt er das mehr zu sich selbst, aber trotzdem nickt Sugoroku. „Dann machen wir die Bandagen mal ab und schauen uns deine Wunden an. Nachdem du geduscht hast verbinde ich dir die Hände neu.“ Auffordernd streckt er seine Hand aus. Sofort kommt Yami der Aufforderung nach und hält seinem Grossvater ruhig die Hände entgegen.

Das Entfernen der Verbände schmerzt ein wenig, weil der Stoff etwas an den Wunden festklebt. „Autsch, das ist dann wohl die Strafe für das vergessene Halsband.“ Schief grinst er seinen Grossvater an, der ihm lachend gegen die Schulter knufft. „Wenn du es so sehen willst, dann ja. So jetzt aber ab mit dir unter die Dusche, damit du auch vor dem Mittagessen wieder fertig verbunden bist. So sehen die Wunden ja ganz gut aus, aber ich werde dann noch etwas von meiner selbstgemachten Wundsalbe drauf tun.“

Erleichtert, dass er die Verbände für eine Weile los ist, begutachtet Yami seine Hände. Dabei fragt er sich zum wohl hundertsten Mal wie er nicht bemerken konnte, dass er sich verletzt hat. „Danke und dann bis nachher.“
 

Mit einem leichten Kopfschütteln blickt Sugoroku dem jungen Mann nach. Es ist schon unglaublich, wie schnell dieser sich immer wieder fängt und dann so weitermacht, als wäre nichts gewesen.

Nun muss er sich aber erst mal an die Vorbereitungen für’s Mittagessen machen, bis Yami wieder zurückkommt und er den Verbandskasten aus dem Badezimmer holen kann.
 

Unterdessen schlägt sich Yugi mit der Aino rum, die sich einfach nicht zwischen einem kanariengelben und einem giftgrünen Baumwollstoff entscheiden kann. Nicht genug, dass die alte Dame die grösste Tratschtante von Domino ist. Nein, sie läuft auch noch rum, als hätte sie die grösste Geschmacksverirrung der Welt. Dazu muss er sich nur ihr leuchtend orange-rotes Kleid ansehen, dass sie trägt.

Im Gegensatz dazu ist ihre Sklavin in eine hellgraue Leinentunika gehüllt, deren Stoff Yugi sehr an das Leinen erinnert, das er zum Verpacken der Stoffe benutzt.

Innerlich ist Yugi deswegen erleichtert, dass er schon vor Jahren damit angefangen hat günstigen Leinenstoff bei Anzu Masaki zu kaufen, der zwar wirklich zum Verpacken gedacht ist, trotzdem aber auch für Kleidung geeignet ist und ab Herbst sogar extra darauf achtet, dass er bei ihr etwas dickeren Stoff zum Verpacken verlangt. Auch wenn sich die Weberin immer wieder darüber wundert.

So kann er wenigstens dem einen oder anderen Sklaven ein wenig helfen, ohne dass es auffällt.

„Also Madame Aino, wenn Sie sich nicht entscheiden können, hätte ich vielleicht noch einen kleinen Geheimtipp für Sie“, mit einem professionellen Lächeln geht er zum Regal und holt einen bestickten magentafarbenen Baumwollstoff mit dunkelgrünen Stickereien hervor, den er vor Jahren mal kaufen musste, weil der zu einem ganzen Stoffballenpaket gehört hat. Für die anderen Stoffe hätte er einzeln deutlich mehr bezahlen müssen.

„Und da mein Sklave so unverschämt zu Ihnen gewesen ist, biete ich Ihnen diesen edlen Stoff für 25 Silbermünzen an“, innerlich betet er darum, dass diese Scheusslichkeit endlich aus seinem Laden bekommt. Ist das doch der letzte Ballen den er noch hat.
 

Kritisch begutachtet Madame Aino den Baumwollstoff, der abgesehen von der Farbe eine erstklassige Qualität besitzt. „Sie müssen ja wirklich ein schlechtes Gewissen wegen ihres Sklaven haben. So einen wunderschönen Stoff habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen und dann noch in dieser Qualität. Ich biete Ihnen 23 Silbermünzen an.“
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi beherrschen, dass er nicht starrt. Wunderschöner Stoff? So eine Geschmacksverirrung hätte er nicht einmal der Aino zugetraut. Obwohl sie in einem Recht hat. Normalerweise würde er bei dieser Qualität bei über 35 Silbermünzen mit den Verhandlungen beginnen und sich dann auf nicht weniger als 30 Silbermünzen runterhandeln lassen. „Aber Madame Aino, 23 Silbermünzen sind zu wenig. Treffen wir uns in der Mitte, also bei 24 Silbermünzen.“ Hauptsache der Stoff ist weg.
 

Mit gerunzelter Stirn mustert Madame Aino noch einmal den Stoff. „Na gut. Aber ich habe nur 23 Silbermünzen dabei. Kann ich den restlichen Betrag mit 10 Kupfermünzen bezahlen?“

Gespielt verzieht Yugi schmerzhaft das Gesicht. Auch wenn 10 Kupfermünzen so viel Wert haben wie 1 Silbermünze, sind diese nicht so gern gesehen. Eigentlich wird nur der Mistsammler mit Kupfermünzen bezahlt. „Sie machen mich noch einmal fertig Madame Aino. Doch sie haben Glück, ich hätte sowieso zum Bankhaus gehen müssen um Kupfermünzen für den Mistsammler zu holen. Darum mache ich heute eine Ausnahme und akzeptiere die Kupfermünzen.“

Mit einem mehr als zufriedenen Lächeln kramt sie daraufhin ihren Geldbeutel hervor und kippt ihn auf der Arbeitsfläche aus. Hervor kommen viele Silbermünzen und Kupfermünzen.

Während Yugi diese Scheusslichkeit von einem Stoff sorgfältig in Leinen einwickelt, beobachtet er unauffällig wie sie die Münzen abzählt und wirklich nur auf 23 Silbermünzen kommt. Dann zählt sie noch die 10 Kupfermünzen ab, ehe sie die restlichen Kupferlinge, wie sie umgangssprachlich auch genannt werden, wieder im Geldbeutel verstaut.

Mit einem professionellen Lächeln übergibt Yugi das Bündel der Sklavin, ehe er die Münzen aufsammelt und unauffällig noch einmal abzählt, während er sie in der Kasse verstaut.

„Madame Aino, Sie haben einen Stoff von einer ausgezeichneten Qualität gekauft.“ Ganz der perfekte Gentleman begleitet er sie noch bis zur Tür und hält ihr diese sogar auf. „Es war mir wie immer eine Freude Madame Aino. Ich freue mich schon darauf, Sie das nächste Mal begrüssen zu dürfen“, was hoffentlich erst nach seiner Reise nach Wladiwostok, also im Herbst sein wird.

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Herr Muto und richten Sie ihrem lieben Herrn Grossvater meine liebsten Grüsse aus und er soll den Sklaven für seine Frechheit nur schön hart bestrafen. Die vergessen nämlich sonst gern, wo ihr Platz ist.“

„Ich werde es ihm ausrichten und machen Sie sich keine Sorgen, der Sklave wird sich nicht noch einmal so daneben benehmen.“

Nur mit Mühe kann sich Yugi so lange beherrschen, bis er die Tür hinter der Aino geschlossen hat. Kaum ist er allein im Laden stösst er einen mehr als heftigen Fluch aus.
 

Wie er diese Schreckschraube doch hasst und seit sie letztes Jahr 50 geworden ist, ist sie schlimmer denn je. Immerhin konnte er ihr diesen schrecklichen Stoff verkaufen und das ohne Verlust, da er diesen ja mehr oder weniger umsonst bekommen hatte.
 

Hoffend, dass er nun ein paar Minuten für sich haben wird, räumt er die anderen beiden Stoffe wieder zurück ins Regal. Wie einige der Damen nur auf diese grellen Farben stehen können ist ihm ein Rätsel. Sieht doch kaum eine von ihnen in Kleidern aus diesen Stoffen gut aus, aber ihm kann es ja egal sein. Solange er sie verkaufen kann, hat er sie im Angebot.
 

Als Yugi später für die Mittagspause den Laden schliesst, ist er mehr als erleichtert, dass die letzten Kundinnen zum einen nicht an Geschmacksverirrungen gelitten haben und zum anderen auch relativ pflegeleicht gewesen sind.

Im Flur erwartet ihn dann schon der verführerische Duft von Pfannkuchen und vermutlich Apfelstücken. Schnuppernd geht er daraufhin in die Küche wo Yami und Sugoroku den Tisch am Decken sind. „Hallo ihr beiden. Gibt’s etwa Pfannkuchen?“
 

Grinsend dreht sich Sugoroku mit dem Teller, auf dem er die Pfannkuchen gestapelt hat, zu seinem Enkel um. „Deine Nase ist wie immer sehr gut, aber ruf bitte Rishido rein. Der ist schon den ganzen Morgen im Stall und hat bestimmt die Zeit vergessen.“

Dass Yami daraufhin vor sich hin grummelt ignoriert Sugoroku gekonnt.
 

Doch da ertönt die Stimme von Rishido. „Das ist nicht nötig Meister Sugoroku. Ich habe nur noch schnell die Pferde gefüttert. Verzeiht darum bitte die Verspätung.“ Mit gesenktem Kopf kommt er in die Küche.
 

Lächelnd sieht Sugoroku den grossen Ägypter an, während er den Pfannkuchenteller mitten auf den Tisch stellt. „Du bist nicht zu spät, sondern pünktlich auf die Sekunde. Yami und ich sind nämlich gerade fertig geworden. Also setz dich hin und greif zu.“

Zufrieden, dass Yami aufgehört hat zu grummeln und Rishido diesmal nicht mit Blicken erdolcht, setzt sich Sugoroku als letzter an den Tisch.

Erst als sich alle einen Pfannkuchen und Apfelstücke genommen haben, stellt er die Frage, die Yami sicher sonst gleich stellen würde. „Hat denn im Stall alles gut geklappt?“ Fragend sieht er Rishido an, der daraufhin von ihm zu Yami blickt, der jedoch in aller Ruhe seinen Pfannkuchen am Essen ist und dabei immer wieder gedankenverloren zu Meister Yugi rüber schaut.

„Es lief alles bestens. Ich habe die Pferde gestriegelt, bewegt und natürlich gefüttert. Nur habe ich die Seile, mit denen Yami das Tor blockiert nicht gefunden und wollte ihn darum fragen, ob er nachher kurz rauskommen könnte um mir zu zeigen wo sie sind und wie er die Pferde auf dem Platz dazu bringt sich selbstständig ein wenig zu bewegen.“
 

Nur am Rande bekommt Yami mit, was Rishido erzählt. Viel zu sehr ist er in Gedanken bei dem was er in seinem Zimmer mit Yugi gemacht hat. Dabei fragt er sich, ob sie das Küssen vielleicht mal wiederholen könnten.

„Ähm, die Seile sind hinter der Transportkutsche in der grossen Holzkiste und ich verteile immer ein paar Arme voll Heu im Hinterhof, damit sie beim Fressen rumlaufen müssen.“ Da er in Gedanken aber ganz woanders ist, klingt seine Stimme ausnahmsweise nicht aggressiv oder genervt, sondern ruhig und neutral.
 

Was nicht nur Rishido erstaunt zu ihm blicken lässt. Yugi geht sogar so weit, dass er aufsteht und um den Tisch herumgeht und seinem Freund die Hand auf die Stirn legt. „Nein, Fieber hast du keines.“ Was Yami verdutzt den Kopf zu ihm drehen lässt. „Wie kommst du darauf, dass ich Fieber haben könnte?“, fragend legt er den Kopf leicht schief und sieht Yugi mit so einem verwirrten Ausdruck in den Augen an, dass dieser nicht widerstehen kann.

Blitzschnell haucht er ihm einen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen. „Na, weil du zum ersten Mal seit Tagen nicht gereizt auf Rishido reagierst. Das ist alles.“ Lächelnd legt er Yami noch kurz die Hand auf die Wange, ehe er zurück zu seinem Platz geht.
 

Sprachlos sitzt Yami da und legt sich sogar die Fingerspitzen an die Lippen. Dann sieht er von seinem Teller hoch zu Rishido. „Also wenn du klarkommst, kann ich ja in Ruhe das Lager umräumen und wenn was ist, du weisst ja wo du mich findest.“
 

Bei dem freundlichen Tonfall und den Worten verschluckt sich Sugoroku regelrecht an dem Stück Pfannkuchen, dass er gerade runterschlucken wollte. Hustend sitzt er da und versucht schon beinahe verzweifelt nach Luft zu schnappen. Als er langsam wieder Luft bekommt, sieht er keuchend zu seinem Enkel. „Verdammt Yugi, was hast du da oben mit Yami gemacht? Der ist ja wie ausgewechselt.“ Doch Yugi zuckt nur mit den Schultern. „Keine Ahnung was mit ihm ist. Nur hoffe ich, dass es auch so bleibt.“ Dabei beobachtet er seinen Freund, der in aller Ruhe seinen nächsten Pfannkuchen verspeist.

Ohne dass es Yugi bemerkt, folgt Sugoroku seinem Blick und sieht wie Yami diesen mit leicht roten Wangen erwidert.

Schmunzelnd widmet er sich wieder seinem eigenen Pfannkuchen. Vermutlich wird es so friedlich bleiben, solange Yugi Yami den Kopf verdreht.
 

Nur Rishido versteht die Welt nicht mehr. Wieso ist Yami plötzlich so freundlich zu ihm und wieso hat Meister Yugi ihn geküsst? Das hat er doch vorher noch nie getan und warum ist Yami deswegen nicht zurückgezuckt, wie er es eigentlich von ihm erwartet hätte. Besonders wenn er daran denkt, was er inzwischen von dem anderen Sklaven weiss. Was zum Seth ist hier los?

Doch da anscheinend der andere wirklich nicht krank zu sein scheint, widmet nun auch er sich wieder seinem Essen. Immerhin hat er von der Arbeit im Stall und an der frischen Luft Hunger.
 

Nach dem Essen hilft Rishido Sugoroku noch kurz die Küche aufzuräumen, weil Yugi mit Yami möglichst schnell ins Stofflager will. Damit er ihm erklären kann, wie er sich die Neusortierung vorstellt.
 

Doch kaum ist die Lagertür hinter ihnen zu, wird er von Yami in die Arme genommen. „Yami, ich habe wirklich nicht...“, weiter kommt er nicht. Denn sein Freund küsst ihn ohne Vorwarnung sanft auf die geöffneten Lippen. Mit einem Seufzen schliesst Yugi die Augen. Die Lagerneuordnung können sie auch später noch besprechen.
 

Zufrieden, dass er seinen Sharik ebenso überrumpeln konnte, wie dieser es vorhin mit ihm gemacht hat, bewegt Yami leicht seine Lippen. Nie hätte er gedacht, dass küssen, was er bisher immer nur als widerlichen Zwang empfunden hat, mit der richtigen Person und freiwillig so schön sein kann. Leider muss er viel zu früh wieder Luft holen und darum den Kuss lösen. „Das war die Revanche für den Kuss beim Mittagessen“, raunt er direkt an Yugis Lippen. Bevor er ihn loslässt und einen Schritt zurücktritt. „Also, wie soll ich das Lager denn sortieren? Ich nehme mal an, dass ich den Vorhang vor dem Safe lassen muss und da auch kein Regal hinkommt. Ausserdem steht der Tisch beim Fenster auch sehr gut. Daher denke ich, dass ich die Stoffballen in den vorhandenen Regalbrettern neu ordnen und die Fächer am besten irgendwie logisch Beschriften soll.“ Kritisch mustert er die schmalen Kanten der Bretter und der Regalrahmen. „Ich würde ja sagen, dass wir die Bretter von links nach rechts mit Zahlen versehen und hier am Rand die lateinischen Buchstaben verwenden, wenn du die lesen kannst und das Alphabet beherrschst. Sonst würden auch eure Schriftzeichen gehen, nur das wäre dann etwas komplizierter wegen der Logik.“
 

Von Yamis Redeschwall vollkommen überrumpelt kann Yugi zu allem Nicken, ehe er seine Sprache wiederfindet. „Ja, ich kann die Buchstaben lesen und auch das Alphabet. Wir Händler nutzen untereinander diese Buchstaben und auch eine länderübergreifende Sprache.“ Als Yugi sieht, dass Yami die Stirn runzelt, hebt er die Hand. „Die Chinesen sind die einzigen, die sich nicht daran halten und wenn ihre Waren nicht so gut wären, dann würde deswegen niemand mit ihnen Handel treiben.“

Mit grauen Erinnert er sich daran, wie er diese vermaledeite Sprache und die Schrift in der Schule lernen musste. So wie alle anderen Händlerkinder auch.
 

Da fällt ihm ein, dass Yami ja noch etwas zum Beschriften der Regale braucht. Deswegen geht er zum Schreibtisch und holt da aus der hintersten Ecke der obersten Schublade einen weissen Edding, welchen er vor Jahren mal bei den Takeshis hatte mitgehen lassen hervor. Leider gibt es bei ihnen diese praktischen Stifte nicht, weshalb er ihn hütet wie einen kleinen Schatz. Nachdem er den Stift stark geschüttelt hat, testet er ihn auf einem kleinen Stück Leder, das er aus irgendwelchen Gründen, die er selbst nicht mehr weiss, hier rumliegen hat.

Erleichtert, dass der Edding immer noch schreibt gibt er ihn Yami. „Pass bitte mit dem Stift auf, dass er nicht an die Stoffe kommt. Denn...“ „Diese Flecken kriegt man nicht mehr raus, da der Edding wasserfest ist“, unterbricht ihn Yami mit einem leichten Schmunzeln.

Unwillkürlich fragt sich Yugi, warum er sich nicht mehr darüber wundert, dass Yami so etwas weiss. „Genau und ich habe nur diesen einen Edding. Nutze ihn also bitte sparsam.“ Noch einmal blickt er sich im Lager um. „Gut, dann lasse ich dich hier mal schalten und walten. Du weisst ja, wo du mich oder Grossvater findest, wenn du Hilfe brauchen solltest.“
 

In Gedanken schon dabei zu planen, wie er das Lager am besten sortiert, nickt Yami abwesend. Dann dreht er sich einfach zu dem ersten Regal um betrachtet es nachdenklich, während er mit dem Stift an seinem Kinn rumtippt.
 

Mit einem amüsierten Kopfschütteln geht Yugi zur Tür. Offensichtlich ist Yami jetzt nicht mehr ansprechbar und er muss ja leider wieder in den Laden.
 

Yami sieht er erst am Abend wieder, als er nach Ladenschluss für’s Abendessen in die Küche kommt. Dort wird er schon von den anderen erwartet. „Entschuldigt die Verspätung, aber die letzte Kundin brauchte etwas mehr Beratung wegen der Stoffe für einen traditionellen Kimono.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln setzt sich Yugi an seinen üblichen Platz.
 

„Das macht doch nichts mein Junge. Es kann ja nichts kalt werden und da wir nun vollzählig sind, greift zu und lasst es euch schmecken.“ Zufrieden lässt Sugoroku seinen Blick über die jungen Männer schweifen.

Nach dem Essen lehnt er sich wie die anderen satt zurück. „Sag mal Yugi, wie bist du dann noch mit der Aino klargekommen?“, neugierig mustert er seinen Enkel.
 

Bei dem Gedanken an die olle Klatschtante muss Yugi unwillkürlich schmunzeln. „Erinnerst du dich noch an diesen scheusslichen Stoff, den ich Anfang Frühling vor 5 Jahren mitkaufen musste um dieses eine Stoffballenpaket günstiger zu kriegen als die einzelnen schönen Ballen zusammen gekostet hätten?“ Als er sieht, wie sein Grossvater das Gesicht verzieht grinst er noch breiter. „Den habe ich ihr für 23 Silbermünzen und 10 Kupferlinge verkauft. Sie war ganz begeistert von dem wunderschönen Stoff und dem günstigen Preis.“

„Du hast was?! Und sie war begeistert?!“, ungläubig reisst Sugoroku die Augen auf. „Der lag doch jetzt wirklich schon seit 5 Jahren rum und dann verkaufst du ihn einfach der Aino.“ Kopfschüttelnd sitzt er da und kann einfach nicht glauben, dass diese Frau an so einer Geschmacksverirrung leidet.
 

Verwirrt blickt Yami von Yugi zu seinem Grossvater und wieder zurück. „Warum hast du dich denn auf den Deal eingelassen? Wenn einer der Stoffe so hässlich gewesen ist, dass du ihn kaum verkaufen konntest. Der Laden steht doch gut da und sicher hättest du dir den höheren Preis doch leisten können.“ Dies möchte er wirklich gern wissen, da er schon mitbekommen hat, dass die Mutos zwar nicht reich sind, aber auch nicht jede Münze zweimal umdrehen müssen.
 

Was Yami nicht weiss ist, dass weder Yugi noch sein Grossvater gern an diese Zeit zurückdenken und auch nicht wirklich in Anwesenheit von Rishido darüber reden wollen.

Darum blicken sich die beiden Mutos stumm an, bis sich Rishido laut räuspert. „Ich nehme an, dass das eine Familienangelegenheit ist, die mich als Sklaven einer anderen Person nichts angeht. Darum werde ich nun hoch ins Wohnzimmer gehen. Ich wünsche euch eine gute Nacht.“ In aller Ruhe steht er auf und verlässt die Küche. Rishido geht sogar so weit, dass er die Tür, die sonst immer offen ist, hinter sich schliesst.
 

Schuldbewusst senkt Yami den Blick. „Entschuldigt, das wollte ich nicht. Ihr müsst es mir nicht sagen, wenn ihr nicht wollt.“
 

Traurig lächelnd sieht Sugoroku ihn an. „Du konntest ja nicht wissen, dass es nicht für Rishidos Ohren geeignet ist.“ Einen Moment hält er inne, ehe er tief Luft holt um sich für die Erzählung vorzubereiten. „Es ist jetzt beinahe sechs Jahre her. Ich war damals zum zweiten Mal verheiratet und zwar mit der wundervollen Amara. Nur leider wurde sie mir damals am 6. Dezember durch eine schwere Lungenkrankheit genommen.“ Noch immer schmerzt ihn die Erinnerung daran, weshalb er mit geschlossenen Augen abbricht.
 

Da Yugi merkt, dass sein Grossvater nicht weitersprechen kann, übernimmt er nun. „Grossvater war damals bei allen möglichen Heilern und Medimagi, aber keiner konnte ihr helfen. Sie haben ihr nicht einmal die starken Schmerzmittel, die sie gebraucht hätte gegeben, da wir ja nicht zur Oberschicht gehören.“ Wütend ballt er unter dem Tisch seine Hände. „Dafür haben sie so viel für die Untersuchungen und die Behandlungen verlangt, dass Grossvater beim Bankenhaus und Geldverleihern Kredite aufnehmen musste, die so hoch gewesen sind, dass er sie gerade noch so bedienen konnte. Nur dann ist Amara gestorben und du kannst dir ja sicher vorstellen, dass Grossvater sich dadurch nicht mehr wirklich auf das Geschäft konzentrieren konnte und wir darum beinahe alles verloren hätten.“
 

Aufmerksam und geschockt, dass diese Amara nicht einmal Morphium oder ähnliches gegen die Schmerzen bekommen hatte, hört Yami zu. „Und wie habt ihr es dann geschafft?“ Deutlich ist zu hören, dass auch ihn die Erzählung mitnimmt.
 

Traurig lächelt Yugi ihn an. „Ich habe das Erbe meines Vaters genommen und Grossvater alles abgekauft. So konnte er die Schulden bezahlen und ich dann das Geschäft langsam wieder zum Laufen bringen.“

„Ja und du musstest dafür deinen Traum vom Mathematikstudium aufgeben. Nur weil ich mich nach Amaras Tod nicht besser zusammenreissen konnte.“ Immer noch verbittert deswegen, sieht er seinen Enkel an, ehe er zu Yami blickt. „Weisst du. Yugi ist ein Mathegenie und er wollte immer Lehrer für Mathematik in den höheren Klassen werden. Nur muss man dafür studieren und darum habe ich ihm damals erst viel zu spät gesagt, wie es wirklich ausgesehen hat. Erst als die Geldeintreiber schon vor der Tür gestanden sind, hat er davon erfahren und dann sein ganzes Erbe, das er für’s Studium benutzen wollte, benutzt um mich vor dem Schuldturm zu bewahren.“
 

Da Yugi spürt, dass sich sein Grossvater deswegen immer noch schuldig fühlt, steht er auf und legt ihm von hinten die Arme um die Schultern. „Ich habe es gern gemacht und ich bin gern in deine Fussstapfen getreten und es macht mir ja meistens auch Spass. Auch wenn ich mir nie hätte vorstellen können, dass ich mit 19 Jahren den Laden übernehmen und dir das Haus abkaufen würde.“
 

Gerührt von den Worten legt Sugoroku seinem Enkel die Hand auf die Unterarme, die auf seiner Brust liegen. „Trotzdem hättest du es verdient gehabt weiter auf diese Universität zu gehen und es allen zu zeigen. Besonders da dich die Takeshis damals schon wegen meines Asthmamittels jedes Jahr auf ihr Familienfest gezwungen haben.“

Als er sich wieder soweit gefangen hat, dass er mit der Erklärung für Yami fortfahren kann, sind sie doch ziemlich abgeschweift, sieht er wieder zu ihm. „Die ersten beiden Jahre waren extrem hart. Wir hatten kaum Geld und mussten schauen wo wir möglichst günstig Stoffe herbekommen und darum hat Yugi öfters ganze Stoffballenpakete gekauft, die zwar im Endeffekt günstiger gewesen sind, als wenn er die guten Stoffballen einzeln gekauft hätte, aber leider in der Regel meistens einen Ballen enthalten haben, der kaum verkäuflich gewesen ist. Zum Glück ist Yugi auch ein Verkaufstalent und hat auch einen gewissen Charme, den die Damen zu lieben scheinen. Nach zwei Jahren hatte er es geschafft, den Laden wieder zu dem zu machen, was er früher gewesen ist und auch heute noch ist. Jetzt kennst du ein weiteres unserer Familiengeheimnisse.“
 

Spontan steht Yami auf und stellt sich neben Sugoroku und Yugi, der seinen Grossvater immer noch festhält. Fest nimmt er die beiden in seine Arme um ihnen so ohne Worte zu zeigen, dass er versteht.

 

 

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Ja, ihr habt richtig gelesen Yami hat Yugi geküsst und so das erste Mal erfahren, dass küssen schön sein kann.

 

Und wir haben mal etwas aus der Vergangenheit der Mutos erfahren. Bestimmt hattet ihr euch doch sicher schon gefragt, warum das Geschäft Yugi gehört und nicht Sugoroku.

 

Noch ein kleiner Hinweis: Yami sagt zwar nur Kaiba, aber er meint GOZABURO Kaiba und nicht Seto.

 

So ich hoffe euch hat das Kapitelchen mit seinen 11'480 Wörtern gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Ein Schritt nach dem anderen

Hallo zusammen,

 

da ich morgen vermutlich den ganzen Tag mit den Steuererklärungen beschäftigt bin, habe ich mich beeilt damit das Kapitel heute noch online kommt. Darum gewöhnt euch nicht daran, dass die Kapital am Samstag kommen. Das bleiben nämlich Ausnahmen.

 

Endlich ist es mal wieder ein Kapitel in meiner gewohnten Länge und keins das doppelt so lang ist.

 

Ich wünsche euch nun viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 32: Ein Schritt nach dem anderen

 

 

Obwohl es mitten in der Nacht ist, liegt Yami hellwach neben Yugi im Bett. Viel zu viel geht ihm im Kopf herum, als dass er schlafen könnte. Immer wieder schweift sein Blick zum tief schlafenden Yugi und er erinnert sich mit einem angenehm warmen Gefühl an die Küsse, die so unglaublich schön gewesen sind.

Mit einem Seufzen kuschelt er sich an Yugis Rücken, da dieser ihm gerade so praktisch den Rücken zudreht. Vorsichtig legt er ihm den Arm um den Oberkörper, so dass seine Hand auf Yugis Bauch liegt. Wie es Yugi auf seiner Stirn gemacht hat, haucht Yami ihm einen kleinen Kuss auf den Hals, ehe er sich bequem hinlegt und versucht wenigstens noch ein paar Stunden zu schlafen. Auch wenn er nicht wirklich daran glaubt, dass es ihm gelingen wird.
 

Anscheinend ist er wirklich doch noch eingeschlafen, denn er wird durch ein sanftes Streicheln geweckt. Verschlafen öffnet er seine Augen und blickt geradewegs in das lächelnde Gesicht von Yugi. Murrend, weil er wirklich kaum geschlafen hat, dreht sich Yami auf den Rücken und legt sich den linken Arm über die Augen, weil er eigentlich noch eine Weile weiterschlafen möchte.
 

Schmunzelnd mustert Yugi seinen Freund. Ausnahmsweise ist Yami heute wohl der Morgenmuffel von ihnen beiden und nicht er. Langsam richtet er sich auf, damit er in das verdeckte Gesicht seines Freundes blicken kann und fährt vorsichtig mit seinen Fingern über den Stoff, der Yamis Oberkörper bedeckt.

„Yugi, ich will noch ein wenig schlafen“, murrt Yami daraufhin vor sich hin. Was Yugi amüsiert Lächeln lässt. Da er nicht weiss wie sein Freund reagieren wird, beobachtet Yugi ihn ganz genau, während er nach seinem Arm greift und ihn mit einem leichten Druck von dessen Gesicht zieht.

„Die Sonne ist aber schon aufgegangen, mein Lieber.“ Amüsiert beobachtet er, wie sich die rubinroten Augen wieder einen spaltbreit öffnen. Was so süss aussieht, dass er sich nicht beherrschen kann und sich deshalb vorbeugt, um seine Lippen sanft auf Yamis zu legen.

Doch schon nach ein paar Sekunden merkt er, dass er wohl einen Fehler gemacht hat. Denn sein Freund reagiert nicht auf ihn, sondern liegt ihm Gegenteil erstarrt da.
 

Schuldbewusst richtet sich Yugi wieder auf. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht...“, nicht wissend was er sagen soll bricht Yugi ab und senkt seinen Blick.
 

Es dauert eine ganze Weile, bis Yami sich soweit wieder beruhigt hat, dass er seine Konzentration auf Yugi lenken kann. Sanft legt er ihm seine immer noch leicht zitternde Hand auf die Wange, was Yugi dazu bringt ihm wieder ins Gesicht zu sehen. „Ist schon gut, nur...“, tief holt er Luft um das Zittern aus seiner Stimme zu verbannen und seine Gedanken zu ordnen. „Ich kann die Erinnerungen und alles was damit zusammenhängt nicht unterdrücken, wenn ich nicht ausweichen kann.“

Um seinem Sharik zu zeigen, dass er es ernst meint und es nicht nur so sagt um ihn zu beruhigen, richtet sich nun auch Yami auf und drückt ihn mit seiner Hand, die er auf Yugis Brust legt, sanft zurück auf die Matratze.

In aller Ruhe beugt er sich über seinen Sharik. „Wenn ich aber weg kann oder oben liege, dann habe ich keine Probleme.“ Nur Millimeter von Yugis Lippen entfernt hält er einen Moment inne, ehe er ihn langsam küsst.
 

Mit einem leisen Seufzen erwidert Yugi den sanften Kuss, wobei er sich aber gleichzeitig fragt, ob seinem Freund bewusst ist, wie zweideutig er vorhin gesprochen hat. Als er unbewusst seine Hand hebt und sie auf Yamis Wange legt, wird diese sofort ergriffen und neben ihm auf die Matratze gedrückt.

Diese Geste steht in so einem grossen Widerspruch zu den sanften Liebkosungen ihrer Lippen, dass Yugi leicht in den Kuss schmunzeln muss.
 

Verwirrt löst sich Yami daraufhin von ihm und sieht mit einem fragenden Blick, halb auf Yugi liegend, auf ihn runter. „Hab ich etwas falsch gemacht?“ Deutlich ist in seiner Stimme Unsicherheit herauszuhören.

Immer noch lächelnd schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, du hast nichts falsch gemacht. Ich bin nur glücklich. Das ist alles.“ Sich nicht daran störend, dass Yami ihn immer noch festhält und auch seine andere Hand durch seinen Körper fixiert ist, legt Yugi leicht den Kopf schief. „Darf ich noch einen Kuss haben?“

Breit grinsend beugt sich Yami bis zu Yugis Ohr runter. „Wenn du so fragst...“, bewusst lässt er seine Stimme tiefer als sonst klingen und ist irgendwie richtig stolz auf sich, als er spürt wie Yugi unter ihm erschauert und dann leise aufseufzt als er ihre Lippen wieder miteinander vereint.
 

Obwohl der Kuss so unschuldig ist, spürt Yugi wie sich in seiner Hose langsam etwas zu regen beginnt. Krampfhaft versucht er es zu ignorieren, doch dann löst er sich mit einem lauten Keuchen von Yami. „Stopp. Verdammt, wenn du so weitermachst, dann...“, mit hochroten Wangen sieht er schwer atmend in das Gesicht seines Freundes.
 

Im ersten Moment ist Yami verwirrt, aber dann merkt er was mit Yugi los ist und lässt ihn sofort los. Verunsichert rutscht er sogar so weit wie möglich von ihm weg. „Es tut... mir leid. Das.…“ „Du musst dich nicht entschuldigen“, unterbricht ihn Yugi, während er mit möglichst langsamen Bewegungen aufsteht. „Ähm, ich geh dann mal duschen.“ Kaum ist er aufgestanden, rennt Yugi so schnell es mit seiner ziemlich engen Shorts geht, aus dem Zimmer, nachdem er es endlich geschafft hat den Schlüssel umzudrehen.
 

Verwirrt blickt Yami ihm nach und fragt sich, ob er nicht doch etwas falsch gemacht hat. Doch Yugi hat nicht wütend gewirkt, sondern nur sehr erregt. Aber warum? Seine früheren Besitzer mussten doch dazu immer mindestens ihre Zunge in seinen Mund stecken. Bei dem Gedanken daran, will er am liebsten seinen Mund sofort ausspülen gehen. Doch dann schiebt er entschlossen diese Erinnerungen zur Seite. Das ist Vergangenheit und die soll ihm die Gegenwart nicht vermiesen.

Als sein Blick zum Fenster wandert, stellt er geschockt fest, dass es wirklich schon ziemlich spät sein muss. Zumindest ist die Sonne schon länger aufgegangen und jetzt wundert er sich auch nicht mehr darüber, dass Yugi so munter gewesen ist.

Weil er nicht mehr im Bett sitzen will, wenn dieser zurückkommt, steht er auf und geht rüber in sein Zimmer um sich anzuziehen. Duschen kann er sowieso erst, wenn die Verbände ab sind.
 

Unterdessen sitzt Sugoroku in der Küche am Tisch und trinkt grinsend seinen Tee. So schnell ist sein Enkel noch nie ins Bad gerannt. Zumindest nicht am Morgen und die Geräusche sind viel zu eindeutig. Als dass er glauben könnte, dass dieser nur am Duschen ist. Zum Glück ist Rishido schon im Stall beschäftigt und Yami wohl noch oben im Schlafzimmer.

Die leere Tasse auf dem Tisch stehen lassend, steht er nach einer Weile auf und sieht nach den Brötchen, die so langsam aber sicher fertig gebacken sein sollten und tatsächlich haben sie die richtige goldbraune Farbe. Vorsichtig holt er das heisse Blech aus dem Ofen und stellt es auf die Arbeitsplatte, ehe er die Brötchen zum Auskühlen auf das bereitgestellte Gitter legt.
 

Während er dann den Tisch deckt und frischen Tee aufsetzt, hört er wie die Badezimmertür aufgeht und Yugi wohl wieder nach oben verschwindet. Mal sehen wie lange es dauert, bis nun Yami die Treppe runterkommt. Lange muss Sugoroku nicht warten, bis er die knarrende Treppenstufe und kurz darauf die Badezimmertür hört.
 

Tatsächlich steht Yami im Bad vor dem Waschbecken und sieht sich im Spiegel an. „Verdammt Atemu, was ist nur mit mir los? Was passiert mit mir?“, stellt er sich selbst laut die Fragen, die ihn schon seit gestern, als er so seltsam auf Yugi reagiert hat beschäftigen. Zudem würde er schon gern wissen, wieso Yugi so stark auf ihn reagiert. Nicht nur heute Morgen. Sondern auch gestern, als er ihm ins Ohr geflüstert hat.
 

Frustriert, weil er nicht eine Antwort bekommt, fährt sich Yami mit den Händen durch die Haare, ehe er den Spiegelschrank öffnet um wenigstens einen Teil seiner Morgentoilette zu erledigen.
 

Gerade als Sugoroku mit Tischdecken fertig ist, kommen kurz nacheinander Yugi und Yami in die Küche. „Guten Morgen ihr beiden. Na, habt ihr gut geschlafen?“, fragend und zugleich verschmitzt grinsend blickt er die beiden Jungs an.
 

„Guten Morgen Grossvater und ja, wir haben sehr gut geschlafen.“ Glücklich strahlt Yugi seinen Grossvater an, während Yami sich nur mit Mühe ein Gähnen verkneifen kann. Was Sugoroku mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtet. „Hast du nicht gut geschlafen, Yami?“, mustert er ihn besorgt. Nicht, dass Yami wieder krank wird.

Doch dieser schüttelt nur den Kopf. „Ich konnte nur lange nicht einschlafen, weil mir vieles durch den Kopf gegangen ist. Das ist alles, Grossvater. Du musst dir also keine Sorgen machen.“ Weil Yami weiss, dass der alte Mann keine Ruhe geben würde, bis er alles gesagt hat, erzählt er lieber gleich von Anfang wieso er nicht schlafen konnte. Dabei hofft er aber, dass Sugoroku damit wirklich zufrieden ist und nicht doch noch weiter bohrt.

Zum Glück für ihn weiss Sugoroku seinen Blick zu deuten, hat Yami während er geredet hat doch immer wieder zu Yugi geschielt. „Verstehe, dann solltest du vielleicht heute Abend etwas früher als sonst schlafen gehen.“ Gibt er ihm den grossväterlichen Rat, ehe er sich die Teekanne schnappt und beginnt die Tassen auf dem Tisch zu füllen.

Gerade als er einem der beiden auftragen will Rishido zu holen, kommt der grosse Ägypter klatschnass in die Küche.

„Guten Morgen“, verunsichert steht Rishido da. Wird er doch von drei Augenpaaren angestarrt.

Yami ist der Erste, der zum Fenster blickt und bemerkt, dass es stark regnet. Gerade als er etwas sagen will, blitzt es auf und nur Sekunden später springt ihm Yugi beinahe in die Arme, weil dieser von dem ohrenbetäubenden Donner überrascht wird. Sich an die Worte Sugorokus erinnernd, dass Yugi Gewitter hasst, legt er ihm die Arme um die Schultern und drückt ihn leicht an sich. „Das sind nur elektrische Entladungen zwischen den einzelnen Luftschichten und ab und zu auch zwischen der Luft und dem Boden.“ Versucht er den nervösen Yugi mit leiser Stimme zu beruhigen. „Der Donner ist nur das Geräusch, das bei dieser Entladung entsteht.“

Obwohl Yami wirklich leise spricht, wird er von Rishido und Sugoroku gehört. Während der alte Mann nur amüsiert den Kopf schüttelt, weil Yami mal wieder einfach so etwas raushaut, was nur jemand aus der Oberschicht wissen kann, steht Rishido mit offenem Mund da. „Meister Sugoroku, was sind elektrische Entladungen?“ Hoffend, dass der Meister ihm diese Frage beantworten kann, sieht er ihn fragend an.

Nur leider scheint dieser auch keine Antwort zu wissen. Denn er zuckt nur mit den Schultern. „Das fragst du am besten Yami. Wenn er schon mit solchen Sachen um sich wirft, dann soll er es uns auch erklären.“

Auffordernd sieht er Yami an, der immer noch Yugi im Arm hält. Nun jedoch leicht rot anläuft. Ist ihm doch nicht bewusst gewesen, dass die anderen beiden ihn auch verstanden haben. Hilfesuchend, senkt er seinen Blick zu Yugi, doch der lehnt sich nur breit grinsend an ihn an. „Yugi.“ „Tut mir leid Yami, aber für dieses Wissen war ich nicht lange genug bei den Takeshis. Ich weiss, für was Elektrizität gut ist, aber mehr auch nicht und dass Blitze elektrische Entladungen sind, wusste ich bis jetzt auch nicht.“ Das stimmt sogar, da er in dem Jahr, wo er bei ihnen gelebt hat hauptsächlich in Mathematik, Buchhaltung, Geschäftsführung und leider nur wenig erfolgreich in der internationalen Magi- und Herrschersprache unterrichtet worden ist. Damit er für das spätere Technomagi-Studium auch ideal vorbereitet gewesen wäre.

Nur wollte er damals davon gar nichts wissen, sondern nur wieder nach Hause zu seinem Grossvater. Selbst als er dann nach nicht einmal einem Jahr sein Mathematikstudium in Edo aufgeben musste, um seinem Grossvater zu helfen, hat er seine Entscheidung bei ihm zu leben nicht eine Sekunde lang bereut.
 

Da Yami deutlich spürt, dass Yugi die Wahrheit sagt, überlegt er angestrengt, wie er ihnen nun verständlich elektrische Entladungen erklären soll, wenn sie nicht einmal wissen, was Elektrizität ist. Schon beinahe verzweifelt sieht er sich in der Küche um, bis ihm einfällt, dass er letztens einen elektrischen Schlag bekommen hat, als er die Türklinke angefasst hat.

„Habt ihr schon mal aus heiterem Himmel eine Art.… ähm... Schlag bekommen, wenn ihr etwas angefasst habt?“, fragend sieht er in die Runde und da sich Yugi inzwischen von ihm gelöst hat und ein wenig zurückgewichen ist, verschränkt er sogar die Arme.

Als alle nicken, ist er mehr als erleichtert, da dies die ganze Sache deutlich erleichtert. „Gut, das sind elektrische Entladungen und bei Blitzen ist das ungefähr genauso. Nur viel grösser und deutlich lauter und jetzt habe ich Hunger. Was haltet ihr davon, wenn wir endlich frühstücken?“ Wechselt er einfach so mitten im Satz das Thema. Mit der Hoffnung, dass die anderen und besonders Rishido, der immer noch verwirrt dreinblickt, darauf eingehen.

Zu seiner Erleichterung stimmen Yugi und Sugoroku nach einem Moment zu. Weshalb auch Rishido, ganz so wie es sich für einen guten Sklaven gehört auch zustimmend nickt.
 

Nach dem Frühstück, das zu Yamis Erleichterung schweigend verlaufen ist, fragt er Sugoroku, ob er ihm die Verbände abmacht, damit er endlich unter die Dusche kann. Als er diese blöden Verbände los ist, sieht er erleichtert, dass die Salbe wohl wirklich sehr gut ist. Sehen doch die Wunden schon deutlich besser als gestern aus und wenn Grossvater Recht hat, dann braucht er die Verbände schon in ein paar Tagen nicht mehr um die offenen Stellen zu schützen.
 

Als Yami unter der Dusche steht und das warme Wasser über seinen Körper rinnen lässt, schliesst er die Augen. Nur ganz leicht berührt er mit den Fingerspitzen seine Lippen, während er versucht sich an seine Gefühle zu erinnern, als sie sich geküsst haben.

Vor seinen inneren Augen taucht nach einer Weile tatsächlich das Gesicht seines Shariks auf und ein angenehm warmes Kribbeln beginnt sich in ihm auszubreiten. Davon ermutigt, lässt er seine andere Hand langsam an seinem Oberkörper nach unten gleiten und versucht sich vorzustellen, dass es Yugis Hand ist. Will er doch wissen, was daran so toll ist, wenn man sich eine andere Person dabei vorstellt, wenn man sich selbst verwöhnt und wie es sich überhaupt anfühlt, wenn man sich freiwillig selbst verwöhnt.

Doch kaum hat er seinen Schritt erreicht, wird er von Panik und Ekel überrollt. Mit einem unterdrückten Schrei lässt er sich auf die Knie sinken und umschlingt sich schluchzend mit seinen Armen. Sogar das haben ihm diese Scheisskerle genommen. Dabei weiss er irgendwie, dass er sich vor seiner Versklavung auch freiwillig selbst verwöhnt hat. Nur kann er sich nicht mehr daran erinnern, was er dabei gefühlt hat.
 

Erst nachdem er sich wieder so weit unter Kontrolle hat, dass man ihm seine Enttäuschung und Wut nicht mehr ansehen kann, steigt er aus der Dusche und beginnt sich mit heftigen Bewegungen abzutrocknen.

Fertig angezogen stellt er sich dann wieder vor den Spiegel, um sich die immer noch feuchten Haare zu kämmen.
 

Unterdessen wartet Sugoroku in der Küche besorgt auf Yami. Hat er doch den unterdrückten Schrei gehört, aber da kein Poltern oder noch mehr Schreie zu hören gewesen waren, hat er den Impuls ins Bad zu gehen unterdrückt. Deswegen ist er erleichtert, als Yami ohne weitere Blessuren in die Küche kommt. Gerade will er ihn fragen, was denn los gewesen ist, aber ein Blick in das enttäuscht wütende Gesicht lässt ihn die Frage herunterschlucken. „Bist du fertig? Kann ich deine Hände wieder verbinden?“

Auch wenn es ihm nicht gefällt, dass Yami ihm nur stumm nickend die Hände entgegenstreckt, akzeptiert er es. Behutsam, um ihm nicht aus Versehen Schmerzen zuzufügen, verteilt Sugoroku die Salbe auf den Wunden und fragt sich wieder, wie stark Yami wohl auf die Wand eingeschlagen hat, damit die Haut so sehr aufreissen konnte.
 

Stumm lässt Yami das Verbinden seiner Hände über sich ergehen. Zu sehr ist er immer noch in seiner Wut über sich selbst und auf diese perversen Mistkerle gefangen. Als dann Sugoroku jedoch die Hand auf seine Schulter legt, sieht er den alten Mann zum ersten Mal seit er ins Bad gegangen ist direkt an. Erst jetzt wird ihm bewusst, dass seine Hände fertig verbunden sind und Sugoroku wohl irgendetwas zu ihm gesagt haben muss. Angestrengt denkt er nach, was es gewesen ist. Nur weiss er es beim besten Willen nicht. Darum greift er zum Naheliegendsten. „Es geht mir gut und danke für’s verarzten.“ Yami versucht sich sogar an einem Lächeln, als er Sugoroku ansieht, ehe er zur Tür geht. „Wenn was ist, ich bin im Lager.“
 

Mit einem traurigen Gesichtsausdruck blickt Sugoroku ihm nach. Hat er doch gar nicht danach gefragt, ob es ihm gut geht. Sondern was für Kekse er haben möchte. Will er doch mal wieder ein paar backen.
 

Während sich Sugoroku ans Kekse backen macht und Yugi sich im Laden wieder mit der Kundschaft herumschlägt und so gar nicht dazu kommt die Buchhaltung von May zu kontrollieren, findet Yami im Lager in der hintersten Ecke eine alte und zudem grosse Schiefertafel, die in graues Leinen eingepackt ist.

Lange begutachtet er diese von allen Seiten und stellt erfreut fest, dass diese Tafel wohl zu den Haken, die er an der Wand neben der Tür gesehen hat, gehört. Vorsichtig, damit sie ihm nicht aus Versehen auf den Boden fällt, trägt er sie zu den Haken und schafft es sogar nach einigen Versuchen die Tafel aufzuhängen.

Zufrieden begutachtet er die dunkelgraue Fläche vor sich und überlegt schon, wie er später darauf die Lagerplätze und die Stoffarten darauf aufschreiben wird.

Nur wird er dafür entweder die Hilfe von Grossvater oder Yugi brauchen, da es für ihn unverständlich ist, wie unterschiedlich die verschiedenen Farben heissen. Dabei wäre es doch so einfach. Wenn zum Beispiel grün einfach grün wäre. Aber nein, nur da gibt es schon grasgrün, mintgrün, olivgrün und so weiter.

Naja, nun macht er sich erst mal wieder an das Sortieren der Stoffballen nach Stoffart und Farben.
 

Als Sugoroku ruft, dass es Mittagessen gibt, ist Yami beinahe fertig und muss nur noch das letzte Regal mit den Leinenstoffen ordnen und dann alles auf der Tafel eintragen.

Zufrieden mit dem was er geschafft hat geht er in die Küche, wo es lecker nach Kartoffelsuppe mit Würstchen und Keksen duftet. Sofort wandert sein Blick zu der Arbeitsplatte, wo er die Kekse entdeckt. Mit einem beinahe kindlichen Gesichtsausdruck steuert er direkt auf den Keksstapel zu und nimmt sich ohne zu fragen einfach einen der Kekse.
 

„Yami! Lass die Finger von den Keksen, die sind für später.“ Absichtlich lässt Sugoroku seine Stimme sehr streng klingen. Denn zum einen gibt es gleich Mittagessen und zum anderen sind die Kekse wirklich für nach dem Mittagessen gedacht.
 

Schuldbewusst senkt Yami daraufhin den Kopf. „Entschuldige, Grossvater. Nur die Kekse duften so lecker und sehen so gut aus, wie sie schmecken.“ Gerade fühlt er sich wie ein kleiner Junge, der getadelt worden ist und setzt sich geknickt auf seinen Stuhl.
 

Was Sugoroku nur wieder mal den Kopf schütteln lässt. Yami und Süsses, das ist einfach unglaublich. Zum Glück hat er den Kakao und die Pralinen in seinem Zimmer sehr gut versteckt. „Yami, das ist ja schön und gut, dass du die Kekse lecker findest, aber trotzdem gibt es sie erst nach dem Essen.“ Streng sieht er den jungen Mann an, der ihn im Moment wirklich mehr an ein Kind erinnert, als an einen Erwachsenen, der vermutlich in Yugis Alter ist.

Kaum hat er den Topf mit der Kartoffelsuppe auf den Tisch gestellt und Yami, nachdem er mit Schmollen fertig gewesen ist, die Becher mit Wasser aufgefüllt, kommen auch Yugi und Rishido beinahe gleichzeitig in die Küche. Was Yami kurz die Augenbrauen zusammenziehen lässt. Allerdings kommt er gar nicht dazu etwas zu sagen oder nur zu murren, denn Yugi kommt schnurstracks auf ihn zu und gibt ihm einen schnellen Kuss, ehe er zu seinem Platz geht.

Das geht so schnell, dass Yami gar nicht reagieren kann und so nur verdutzt Yugi hinterher schaut. Dabei vergisst er vollkommen, dass Rishido zusammen mit seinem Yugi in die Küche gekommen ist.
 

Erstaunt hat Rishido beobachtet, wie Meister Yugi mit Yami umgeht und dass dieser davon so überrascht ist, dass er nun vollkommen ignoriert wird. Das kann ihm nur Recht sein, denn die bösen Blicke der letzten Tage waren ihm schon langsam nicht mehr geheuer. Besonders weil er doch schon alles in seiner Macht stehende getan hat, um Meister Yugi auszuweichen.
 

Während Rishido seine Suppe isst, sieht er immer wieder von Meister Yugi zu Yami und fragt sich zum wohl hundertsten Mal, was gestern in dem Zimmer vorgefallen ist, dass sie nun so anders miteinander umgehen. Irgendwie sanfter.
 

Nach dem Essen stellt Sugoroku zu Yamis Freude wirklich die Kekse auf den Tisch.

Nur mit Mühe kann er sich beherrschen, dass er nicht gleich wieder zugreift, aber als er den mahnenden Blick von dem alten Mann sieht, wartet er so lange, bis sich auch Rishido einen Keks genommen hat und ihm Sugoroku leicht zunickt.

Erst dann schnappt er sich einen dieser köstlichen Nusskekse und beisst genüsslich ein Stück ab. Während er am Kauen ist fällt ihm ein, dass er ja noch etwas Fragen wollte. „Yugi, Grossvater“, kurz wartet er ab, bis ihn die beiden ansehen. „Ich bräuchte nachher Hilfe von einem von euch beiden.“ Als er die fragenden Blicke sieht versucht er sich zu erklären. „Ich habe eine Schiefertafel gefunden und will da die verschiedenen Stoffe und ihren Lagerort draufschreiben. Nur kann ich mir nicht merken, wie all diese Farben heissen.“
 

Innerlich grinsend nickt Yugi. Hat er doch schon vor einiger Zeit gemerkt, dass Yami für Farbenbezeichnungen überhaupt kein Talent hat. „Also, wenn Grossvater den Laden übernehmen kann, kann ich dir später helfen und vorher vielleicht noch die Buchhaltung von May fertig kontrollieren, damit ich sie ihr morgen Nachmittag gleich zurückbringen kann, wenn ich bei Anzu Masaki neues Verpackungsleinen hole.“ Nun blickt er fragend zu seinem Grossvater. „Kannst du den Laden übernehmen oder hast du für heute Nachmittag schon etwas geplant?“
 

Einen Moment denkt Sugoroku nach, aber dann schüttelt er den Kopf. „Ich habe nichts geplant. Wenn Yami und Rishido nachher die Küche aufräumen, dann gehe ich nachher gleich nach vorn und öffne den Laden, allerdings möchte ich vorher noch kurz mit dir reden.“

Als alle drei nicken, kann sich Sugoroku ein leises Schmunzeln nicht verkneifen. Scheint doch Yami gar nicht zu bemerken, dass er gerade zugestimmt hat mit Rishido allein in einem Raum zu sein.

Es dauert auch nicht mehr lange, bis er aufsteht und seinen Enkel auffordernd ansieht und dann mit ihm in den Laden geht, weil er mit ihm über Yamis Verhalten am Morgen sprechen möchte. Vielleicht weiss ja Yugi, was mit ihm los gewesen sein könnte.
 

Inzwischen spült Rishido das Geschirr ab, während Yami mit dem Geschirrtuch in einigem Abstand neben ihm steht und die sauberen Teller, die ihm gereicht werden abtrocknet. Dabei achtet er immer unbewusst auf die Körpersprache des grossen Ägypters. Auch wenn er vom Verstand her weiss, dass ihm der andere nichts tun wird, kann er das leise Gefühl der Angst nicht komplett ignorieren. Zu sehr haben ihn besonders die Erlebnisse bei den Shinzobrüdern geprägt.

Darum ist er mehr als erleichtert, als er endlich auch den Suppentopf fertig abgetrocknet an seinem üblichen Platz verstaut.

Doch Yami will noch etwas wissen. Denn auch wenn er sich heute noch nicht einmal im Stall hat blicken lassen, da er ja nur schlecht seine verbundenen Hände gründlich waschen kann, wenn er wieder ins Haus geht, will er doch wissen wie es seinen beiden Lieblingen geht. „Rishido, wie läuft es eigentlich mit Blacky und Rocky?“ Während er die Frage stellt, hängt Yami das Geschirrtuch wieder an den Haken, damit es auch bis zum Abend trocknen kann.
 

Erstaunt, dass die Frage erst jetzt und in einem normalen Tonfall kommt, sieht Rishido von der Spüle auf, die er gerade mit dem Lappen am auswischen ist. Deutlich kann er erkennen, dass sich Yami allein mit ihm immer noch nicht wirklich wohl fühlt, aber das ist nach dem war er inzwischen weiss kein Wunder. „Es geht sehr gut mit den beiden. Da du mir ja so genau gesagt hast, auf was ich bei ihnen achten muss, läuft es wirklich ohne Probleme ab. Du musst dir also keine Sorgen machen.“

Gelassen lehnt er inzwischen mit dem Rücken an die Arbeitsplatte und sieht aus dem Fenster. „Ich bin wirklich froh, dass ich mich um die beiden kümmern kann. So ist die Trennung von Merlin und Cheyenne für mich etwas leichter zu ertragen und die Zeit bis Meister Jonouchi wieder zurückkommt vergeht auch schneller.“ Sein Ton klingt beinahe abwesend, da er in Gedanken bei den beiden Pferden und seinem Zuhause ist.
 

Als Yami Rishido so sieht, bekommt er beinahe ein schlechtes Gewissen, weil er sich dem anderen gegenüber so abweisend verhalten hat. Beschämt senkt er den Blick und weiss nicht wirklich, wie er sich nun verhalten soll. „Also dann, ich bin dann mal wieder im Lager. Wenn was ist, dann weisst du ja, wo du mich findest.“ Unsicher schielt er zu Rishido, ob dieser ihm noch etwas sagen will. Doch als der andere nur abwesend nickt flüchtet er schon beinahe aus der Küche.

Im Lager angekommen lehnt er sich neben der Tür an die Wand und atmet erst einmal tief durch, ehe er sich dem letzten Regal zuwendet, das er noch sortieren muss.

Kurze Zeit später kommt dann auch Yugi mit dem Beutel, in dem er immer noch die Buchhaltungsunterlagen von May hat, ins Lager und legt den Beutel auf den Tisch am Fenster. Erst dann sieht er sich zum ersten Mal an, was Yami da seit gestern gemacht hat. Überrascht, wie nun alles sortiert ist, blickt er zu Yami, der ihn offensichtlich noch gar nicht bemerkt hat. So konzentriert wie dieser gerade die Leinenballen am Einräumen ist wundert sich Yugi auch nicht darüber und setzt sich dann leise an den Tisch und beginnt mit der Buchhaltung. Mit Yami darüber reden, was mit ihm am Morgen los gewesen ist, kann er ja später immer noch.
 

Yami bemerkt Yugi wirklich erst, als er sich zufrieden, wie er die Leinenballen nach Farbe und Verwendungszweck sortiert hat, umdreht und ihn konzentriert arbeitend am Tisch sitzen sieht.

Leise um ihn nicht zu stören geht Yami zu der Schiefertafel und beginnt diese in sechs Bereiche aufzuteilen, die er mit Baumwolle, Wolle, Seide, Leinen, Leder/Tücher und Sonstiges beschriftet.

Dann beginnt er die Lagerfächer unter die entsprechenden Titel zu schreiben. Leider kann er alleine nicht weitermachen. Also legt er die Kreide wieder auf die kleine Ablage am unteren Rand der Tafel und geht zu Yugi, wo er sich still neben ihm an den Tisch lehnt.

Geduldig wartet er ab, bis Yugi sich erleichtert zurücklehnt und ihn zufrieden angrinst. „Ich habe den Fehler gefunden. May hat 20 Silbermünzen zu viel, weil sie die 10 Silbermünzen, die sie für das Nähen von zwei Sklaventuniken bekommen hat, aus Versehen bei den Ausgaben eingetragen hat.“ Kopfschüttelnd schliesst Yugi das schwarze Notizbuch und das grosse Buchhaltungsbuch. „Und das ist ihr nicht zum ersten Mal passiert und dafür habe ich nun eine gefühlte Ewigkeit gebraucht. Dabei hätte sie da auch selbst draufkommen können.“ Den leichten Ärger über diesen blöden Fehler zur Seite schiebend, steht Yugi auf und sieht seinen schweigenden, aber lächelnden Freund nun erwartungsvoll an. „Also, was muss ich machen Chef?“
 

Über den scherzhaften Ton Yugis schmunzelnd deutet Yami zu den Regalen. „Du sagst mir die Regalbezeichnungen und die Farbe des Stoffes.“ Dann deutet er zu der Schiefertafel. „Ich schreibe die Farbe dann bei dem entsprechenden Fach auf die Tafel.“
 

Wie es Yami von ihm verlangt geht Yugi zu dem ersten Regal und wartet da, bis ihm sein Freund mit der Kreide in der Hand zunickt. „Also, A1 ist aquamarinblau.“

Sofort schreibt Yami die Farbe bei A1 rein. „Okay.“

So geht es immer weiter, bis Yami alles ausgefüllt hat und Yugi inzwischen bei dem Regal direkt beim Tisch steht.
 

Erleichtert, dass sie es geschafft haben legt Yami die Kreide an ihren Platz und geht zu dem Tisch wo er sich mit Schwung auf die Tischplatte setzt. Zufrieden blickt er sich in dem ordentlichen Lager um, das gestern noch so chaotisch sortiert gewesen ist, dass sich nur Yugi gut darin zurechtgefunden hat.

Unbewusst nimmt er wahr, wie sich Yugi neben ihn an die Tischplatte lehnt und nun auch die Regale und die Schiefertafel begutachtet. „Ich muss zugeben, dass ich es komplett anders gemacht hätte, aber deine Lösung ist um einiges einfacher, übersichtlicher und sagen wir es mal ganz direkt, zusammen mit der Schiefertafel genial.“

Schmunzelnd sieht er, wie Yami bei dem Lob leicht rote Wangen bekommt. Und verlegen etwas vor sich hinmurmelt, was sich so ähnlich wie ein Danke anhört.
 

„Du Yami“, beginnt Yugi nach einer Weile. „Grossvater meinte, dass du heute Morgen nach dem Duschen sehr abwesend und bedrückt gewirkt hast und ich muss zugeben, dass du wirklich so wirkst, als würde dich etwas beschäftigen. Willst du vielleicht mit mir darüber reden?“, obwohl Yugi es wie eine Frage formuliert, ist es ganz deutlich herauszuhören, dass es mehr eine Aufforderung als eine Frage ist.
 

Yami will eigentlich nicht darüber reden und dreht den Kopf von Yugi weg zur Seite. Als dann aber Yugi sich direkt vor ihm hinstellt und ihn mit einer Hand auf seiner Wange sanft dazu zwingt ihn anzusehen, erwidert er dessen besorgten Blick. „Yami, was war los? Habe ich etwas falsch gemacht?“, besorgt mustert Yugi seinen Freund.

Erschrocken über diese Vermutung sieht Yami in Yugis Augen. „Nein, du hast nichts falsch gemacht. Es ist nur...“, verlegen senkt er seinen Blick.

„Was ist nur?“, fragend legt Yugi seinen Kopf so schief, dass er das gesenkte Gesicht seines Freundes erkennen kann.
 

Tief holt Yami Luft und erwidert nun wieder den Blick von Yugi. „Ich war neugierig und hab versucht mich unter der Dusche...“, immer leiser wird Yamis Stimme und bricht schliesslich.

Da Yugi ahnt, was Yami ihm da gerade versucht zu sagen, will er ihn schon grinsend fragen, ob es gut gewesen sei, als er dann aber den Ausdruck in Yamis Augen sieht, verschlägt es ihm beinahe die Sprache. „Was ist passiert?“, innerlich betet Yugi, dass es nicht das ist, was er befürchtet.
 

Nur mit Mühe kann Yami verhindern, dass sich die Tränen aus seinen Augen stehlen. Will er doch nicht schon wieder vor Yugi zusammenbrechen. „Es war am Anfang schön nur dann... wollte ich mich richtig anfassen und habe... nur noch... Ekel und... Panik gespürt.“ Am Ende zittert seine Stimme so stark, dass Yugi ihn nur mit Mühe verstehen kann.

Allerdings reicht das mehr als aus um seine schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Yamis Seele ist viel mehr verletzt, als er es gedacht hat. Seine Gefühle zur Seite schiebend, sieht Yugi Yami fest in die Augen, nachdem er ihn wieder sanft dazu gezwungen hat ihn anzusehen. Mitleid, ist das letzte was sein Freund jetzt braucht.

„Yami, das bedeutet nur, dass du noch nicht so weit bist.“ Als er den erstaunten Ausdruck in Yamis Gesicht sieht versucht er seine Gedanken für seinen Freund in Worte zu fassen und nebenbei bildet sich in seinem Kopf eine Idee. Vorsichtig stellt er sich etwas dichter vor den anderen hin. „Yami, du musst dir mehr Zeit lassen, auch wenn es dir nicht gefällt. Du hast erst gestern herausgefunden, dass Küsse schön sein können.“ Weil Yami etwas sagen will, legt er ihm leicht den Finger auf die Lippen. „Lass mich bitter erst weiterreden. Sonst verliere ich den Faden.“ Sanft lächelt er seinen Freund an, bis dieser leicht nickt. Erst dann nimmt er den Finger wieder von dessen Lippen. „Ich weiss es ist frustrierend. Nur, überleg doch mal, wie du noch vor vier Monaten gewesen bist. Da konnte ich dich nicht einmal berühren, geschweige denn umarmen, ohne dass du dich versteift hast oder sogar panisch zurückgewichen bist.“ Bewusst spielt er auf das erste Mal in Yamis Zimmer an, als er ihn umarmt hat. „Oder geh von mir aus noch weiter zurück. Auf dem Markt, da warst du so gut wie gebrochen, hattest dich beinahe selbst komplett verloren und wolltest laut deinen Worten nur noch sterben. Yami, jetzt schau mal, wie du jetzt bist. Ich kann dich berühren, dich umarmen, wir schlafen in einem Bett und so wie ich das sehe, gefällt es dir. Du veränderst dich, findest wieder zu dir selbst, auch wenn das bedeutet, dass du dich im Moment vermutlich manchmal selbst nicht mehr erkennst oder dich auch selbst überforderst und du manchmal vermutlich das Gefühl hast, dass du gegen dich selbst am Kämpfen bist.“

Um seinem Freund etwas Zeit zu geben, das was er sagt auch zu verarbeiten, schweigt Yugi eine Weile, ehe er weiterspricht. „Yami, ich bin sicher, wenn du dir die Zeit lässt, die du brauchst, dann wirst du irgendwann auch die Selbstbefriedigung oder vielleicht sogar noch mehr wieder geniessen können. Nur musst du es akzeptieren, dass du immer nur einen Schritt auf einmal machen kannst und nicht gleich zehn oder noch mehr.“ Da Yami immer noch schweigt, holt Yugi nun das erste Mal, seit er angefangen hat zu reden tief Luft. „Yami, du musst diesen Weg nicht allein gehen. Ich bin da, an deiner Seite und wenn du willst, helfe ich dir soweit ich kann.“
 

Langsam breitet sich die Stille zwischen ihnen aus, während Yami versucht das was Yugi ihm gerade gesagt hat zu verstehen. „Willst du damit sagen, dass ich vielleicht irgendwann...“ „Ja, das meine ich“, unterbricht ihn Yugi lächelnd. „Und du machst gerade einen weiteren Schritt.“ Als er das ratlose Gesicht seines Freundes sieht, wird Yugi bewusst, dass diesem gar nicht klar ist in was für einer Position sie sich gerade befinden.

„Yami, schau mal wo ich meine Hände habe und wo ich stehe.“
 

Erst als Yugi dies sagt, bemerkt Yami, dass Yugi genau zwischen seinen gespreizten Beinen steht, während er selbst immer noch auf dem Tisch sitzt. Zudem liegen Yugis Hände auf seinen Hüften. So dass er ihn jederzeit nach vorne ziehen könnte.

Unwillkürlich verspannt er sich und beginnt hektischer zu atmen. Er ist Yugi ausgeliefert und kann nicht weg!
 

Deutlich kann Yugi die aufkommende Panik sehen und unter seinen Händen die angespannten Muskeln spüren, die vorher noch relativ entspannt gewesen sind. „Entspanne dich. Ich stehe nur da und habe meine Hände ganz ruhig auf deinen Hüften liegen. Mehr mache ich nicht. Das verspreche ich dir und jetzt sieh mich an und atme ganz ruhig ein und aus.“
 

Einen Moment lang schliesst Yami die Augen, ehe er sie wieder öffnet und direkt in Yugis lächelndes Gesicht blickt.

Bewusst versucht er auf seine Atmung zu achten und da Yugi wirklich ganz still dasteht und nichts weiter tut, als ihn anzusehen und zu lächeln, schafft er es nach einer gefühlten Ewigkeit tatsächlich die Panik in seinem Inneren zu unterdrücken. Vollkommen fix und fertig legt er seinen Kopf auf Yugis Schulter und schlingt seine Arme um ihn.

Erst jetzt bewegt Yugi sich und erwidert sanft die Umarmung.
 

 

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Yami muss sich wirklich mehr Zeit lassen, damit er sich nicht andauernd überfordert. Ich kann ihn aber auch verstehen, dass er neugierig ist.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Haareschneiden und andere Komplikationen

Hallo zusammen,

 

nachdem die letzten beiden Kapitel ja schon am Samastg online gekommen sind, bekommt ihr das hier nun wieder wie gewohnt am Sonntag. Also heute. ;-)

 

Es ist wieder deutlich länger als das letzte Kapitel, aber so wie ich es aus euren Kommis rauslesen durfte, mögt ihr ja lange Kapitel.

 

So, nun aber genug gelabert.

 

Ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 33: Haareschneiden und andere Komplikationen

 

 

Es ist Sonntagmorgen, als Yami wach wird, weil ihm ein vorwitziger Sonnenstrahl direkt ins Gesicht scheint. Noch nicht wirklich ganz wach öffnet er seine Augen und blickt zum Fenster, wo er sieht, dass die Sonne gerade durch die Wolken bricht, die schon seit Tagen den Himmel bedecken und das Land immer wieder mit Regenschauern überziehen.

Da seine Hände inzwischen soweit verheilt sind, dass er wieder im Stall arbeiten kann schlägt Yami die Decke zurück und will gerade aufstehen, als sich zwei Arme um seinen Oberkörper schlingen.

Einen Moment erstarrt er in der Bewegung, atmet dann aber einmal tief durch und senkt seinen Blick auf Yugi der ihn noch im Halbschlaf festhält. „Yugi, ich muss aufstehen. Die Pferde füttern.“ Vorsichtig versucht er sich aus dem Griff zu befreien, aber je mehr er sich zu befreien versucht, desto fester hält ihn Yugi fest.

Schliesslich gibt er mit einem ergebenen Seufzen auf und lässt sich wieder zurück ins Kissen sinken. So viel hat er inzwischen gelernt, wenn Yugi ihn im Halbschlaf festhält, müsste er sich schon beinahe mit Gewalt von ihm lösen und das will er nicht wirklich.

Kaum hat sich Yami wieder hingelegt, kuschelt sich Yugi noch mehr an ihn und gibt ein wohliges Brummeln von sich, was ihn amüsiert schmunzeln lässt.

Weil Yami das Bedürfnis dazu hat, legt er Yugi den Arm um die Schultern und zieht ihn so noch ein wenig fester an sich ran, gleichzeitig lehnt er sein Kinn an Yugis Kopf.

So daliegend beobachtet er, wie die Sonne langsam immer stärker durch die Wolken bricht.

Erst als Yugi sich wieder zu regen beginnt und diesmal verschlafen, aber wach die Augen aufschlägt, bewegt sich auch Yami. Sanft lächelnd sieht er ihn an, während er ihm gleichzeitig mit der freien Hand eine Strähne aus dem Gesicht streicht.

„Guten Morgen. Lässt du mich jetzt aufstehen oder müssen die Pferde noch länger auf ihr Heu warten?“, als er den verwirrten Blick Yugis sieht, kann Yami nicht länger widerstehen und drückt kurz seine Lippen auf dessen Stirn, da sich die gerade so schön in der Reichweite seiner Lippen befindet. „Ich bin ab heute wieder für Rocky und Blacky zuständig. Das haben wir doch gestern Abend am Tisch besprochen.“

Es dauert eine Weile, doch dann scheint Yugi zu verstehen was er ihm sagen will. Zumindest lässt er ihn los und dreht sich, die Decke über den Kopf ziehend, auf die andere Seite.

Darüber kann Yami nur schmunzelnd den Kopf schütteln und bleibt so noch einen Moment liegen, weil er neugierig ist, ob es Yugi nicht zu warm unter der Decke wird. Immerhin haben sie schon den 3. Juli und es ist dementsprechend auch am Morgen ziemlich warm im Zimmer. Als sich dann der Deckenberg aber wirklich nicht weiter bewegt, steht Yami auf und geht seine Kleider holen. Will er doch noch unter die Dusche, bevor er in den Stall geht.

Das ist das, was er in den letzten Tagen beinahe am meisten vermisst hat. Geniesst er es doch, mehr oder weniger direkt nach dem Aufstehen unter die Dusche zu steigen und den Schlaf so ganz aus seinem Körper zu vertreiben.
 

Während Yami im Bad ist schlägt Yugi die Decke wieder ein wenig mehr zurück. So langsam ist es ihm doch zu warm geworden. Ausserdem fühlt er sich so ohne Yami im Bett ganz schön einsam. Obwohl er nicht mehr einschlafen kann, bleibt er liegen und sieht dafür aus dem Fenster, wie die Sonne die Wolken immer mehr vertreibt. Endlich scheint das schlechte Wetter mal eine Pause zu machen. Denn auch wenn er weiss, dass die letzten Monate eigentlich viel zu trocken gewesen sind, mag er den andauernden Regen und besonders die Sommergewitter überhaupt nicht.

Yugi hat es gerade geschafft, sich auf die Bettkante zu setzen als Yami mit seinem Schlafanzug über dem Arm wieder ins Zimmer zurückkommt. Obwohl er noch ziemlich verschlafen ist, lächelt Yugi ihm schief entgegen. „Entschuldige, dass ich dich wohl festgehalten habe.“

Als Yami daraufhin auf ihn zukommt und ihn mit zur Seite geneigtem Kopf ansieht, merkt Yugi, dass ihm ziemlich warm wird. Was sogar noch schlimmer wird, als sich sein Freund auch noch zu ihm runter beugt und ihm die Hand unters Kinn legt. So wird er sanft von ihm gezwungen den Kopf noch etwas weiter anzuheben. Mit angehaltenem Atem wartet Yugi gespannt darauf, dass sich endlich ihre Lippen berühren und seufzt dann genüsslich auf, als es endlich so weit ist. Gleichzeitig hält er sich an der Matratze fest, da er sich irgendwo festhalten muss und das ist leider die einzige Möglichkeit die er momentan noch hat.

Für seinen Geschmack viel zu schnell zieht sich Yami wieder zurück und richtet sich auf. „Ich bin dir nicht böse. Du darfst mich auch festhalten, solange wir nichts Anderes gleichzeitig machen und du mich wenn möglich nicht überraschst.“ Zärtlich streichelt Yami noch kurz über Yugis Wange, ehe er ihn loslässt und wieder leicht lächelnd einen Schritt zurücktritt. „Wir sehen uns nachher beim Frühstück.“

Enttäuscht, dass Yami wirklich ernst macht, sieht Yugi ihm nach, als er in sein Zimmer rübergeht und kurz darauf ohne Schlafanzug auf dem Arm wieder zurückkommt. Trotzdem lächelt er seinen Freund an, als dieser ihn ansieht. „Bis später.“

Kaum hat Yami das Zimmer verlassen, steht Yugi auch auf und geht zu seinem Schrank, wo er sich eine bequeme Hose und ein altes Oberteil raussucht. Dabei fällt ihm ein, dass Yami noch gar nicht weiss, dass May später vorbeikommen wird. Hoffentlich wird dieser die Neuigkeit auch gut aufnehmen.

Mit den Sachen beladen geht Yugi ins Bad, hat er es sich doch endlich angewöhnt, frische Kleider mit ins Bad zu nehmen, seit ihn Rishido vor drei Tagen nur mit dem Handtuch um die Hüften im Flur erwischt hat. Das war ihm dann doch etwas zu peinlich gewesen, weshalb er nun immer an die Sachen denkt.
 

Unterdessen ist Yami bei den Boxen und streichelt den beiden Rackern zur Begrüssung kurz über die Nüstern. Wie hat er es doch vermisst in den Stall zu gehen, aber da er wegen der Verbände wirklich Probleme beim Händewaschen hatte, ist er lieber bei Sugoroku im Haus geblieben, nachdem er sich sicher gewesen ist, dass Rishido mit den Pferden auch wirklich klarkommt.

Zufrieden und erleichtert, dass die beiden gut aussehen und ihre Augen gesund glänzen geht er nach einem letzten Streichler ins Heulager um die vorbereiteten Netze zu holen.

Nur leider merkt er beim Tragen, dass seine Hände noch ziemlich empfindlich sind und ist mehr als froh, als die schweren Netze endlich hängen.

Nur steht er jetzt vor dem Problem mit dem Eimer und Rishido um Hilfe bitten will er nicht. Also überlegt Yami hin und her, während er den Eimer mustert. Plötzlich kommt ihm eine Idee.

Mit schnellen Schritten geht er in die Sattelkammer und dort zum Schrank, in dem sie die Sachen für die Lederpflege und diverse Kleinigkeiten aufbewahren.

Tatsächlich findet er dort was er sucht. Nämlich einen dicken Lappen, der auch gross genug ist, dass er ihn um seine Hand wickeln kann. Zwar ist es nicht ideal, aber besser als gar nichts.

Mit der umwickelten Hand klappt es sogar überraschend gut, weshalb Yami nur einmal die Hand wechseln muss, weil die Schmerzen dann mit der Zeit doch etwas zu störend werden.
 

Als dann endlich beide Pferde mit frischem Wasser versorgt sind, setzt sich Yami noch eine Weile auf die Treppe und geniesst die warmen Strahlen der Morgensonne, während er seine Gedanken ein wenig schweifen lässt. Noch ist es nicht allzu heiss, aber Sugoroku meinte gestern, dass alles auf ein paar heisse oder zumindest schwüle Tage hindeutet. Erst als Yami am Stand der Sonne sieht, dass es wohl wirklich langsam Zeit für’s Frühstück wird, steht er auf. Eigentlich möchte er ja noch etwas sitzen bleiben und die Ruhe geniessen, aber weil er nicht will, dass ihn Yugi oder, was für ihn deutlich schlimmer wäre, Rishido holen kommt, steht er mit einem letzten Blick auf die leuchtenden Wolken auf.
 

Wie er es gewohnt ist, wäscht sich Yami gründlich die Hände und auch wenn es ihn vorher öfters genervt hat, dass er wirklich jedes Mal wenn er bei den Pferden gewesen ist sich die Hände waschen muss, geniesst er es jetzt irgendwie. Ist es für ihn doch ein Zeichen, dass sich sein Leben langsam wieder in mehr oder weniger gewohnten Bahnen bewegt.
 

Aus der Küche kann Yami schon die Stimme von Yugi und Sugoroku hören, die sich über irgendwelche Stoffe unterhalten, die dann in Edo und Wladiwostok dringend wieder eingekauft werden müssen. Was ihn nicht verwundert, hat doch selbst er beim Sortieren des Lagers sehen können, dass von einigen Stoffen und Farben nicht mehr viel da ist. Nur fragt sich Yami, was es mit Wladiwostok auf sich hat. Das ist doch mindestens eine Woche für einen Weg entfernt, wenn man die Express-Postkutsche und dann noch das schnellste Schiff, das Yugi nehmen darf, erwischt. Als er dann auch in die Küche kommt, sieht Yami, dass auch Rishido schon da ist und sie wohl nur noch auf ihn warten. „Guten Morgen zusammen und entschuldigt, dass ihr warten musstet, ich habe wohl die Zeit ein wenig falsch eingeschätzt.“ Entschuldigt er sich bei allen, ehe er kurz zu Yugi geht und ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen haucht. Hat er doch in den letzten Tagen dieses kleine Ritual zwischen ihnen geniessen gelernt.
 

Sogar Rishido scheint sich inzwischen daran gewöhnt zu haben, dass Yami sich den beiden Meistern gegenüber gar nicht so verhält, wie es sich für einen Sklaven gehört. Zudem hat er erst gestern beobachten können, wie sich Yami das Halsband anlegt, ehe dieser in den Laden geht und sich wie der perfekte Sklave verhält, wenn Kunden da sind. Irgendwie ist es schon erstaunlich, wie gut der andere schauspielern und sich verstellen kann, wenn es darauf ankommt.

Zudem hat es einen Vorteil, dass sich das Verhältnis zwischen Meister Yugi und Yami verändert hat, weil dieser wohl nun endlich begriffen zu haben scheint, dass er ihm Meister Sugoroku und besonders Meister Yugi nicht wegnehmen kann. So empfindet er es zumindest. Denn der andere sieht ihn nicht mehr warnend an und sie haben sich in den letzten Tagen sogar normal unterhalten können, wenn er nicht in die Wohlfühlzone des anderen eingedrungen ist und die hat dieser bei ihm auf gute zwei Armlängen festgelegt, wenn sie allein sind.

Inzwischen hat sich Rishido sogar daran gewöhnt, dass sich Yami auch einfach bedienen darf ohne dass die beiden Meister schon etwas genommen haben und auch er selbst hat sich schon dabei erwischt, dass er sich noch vor einem der beiden Meister etwas genommen hat. So passiert es ihm auch heute beinahe, da er sich wie automatisch direkt nach dem anderen eines der leckeren Brötchen nehmen möchte, ohne dass Meister Yugi sich schon eins genommen hat. Im letzten Moment bemerkt er es aber, so dass er die Hand wieder zurückzieht, ohne sich eins der Brötchen zu nehmen.

Doch dann greift Yami noch einmal zu und das bevor sich Meister Yugi ein Brötchen nehmen kann und legt ihm dann mit einem breiten Grinsen einfach eins auf den Teller. „Du bist jetzt beinahe zwei Wochen hier und hast es immer noch nicht kapiert, dass du dich auch vor uns bedienen kannst.“

Amüsiert schüttelt Yami leicht mit dem Kopf. Besonders als er den erstaunten Blick des grossen Ägypters sieht.
 

Yugi kann sich ein Lachen kaum verkneifen, als er den Kommentar seines Freundes hört. Wie lange hat Yami schon wieder gebraucht, bis sich dieser endlich auch mal als erster etwas von dem Essen genommen hat?
 

Nachdem sie alle mindestens jeder ein Brötchen gegessen haben, holt Yugi tief Luft. „Du Yami, ich muss dir noch etwas sagen.“ Erst als er sich sicher ist, dass er die volle Aufmerksamkeit seines Gegenübers hat, spricht er weiter. „Nachher kommt May vorbei um uns die Haare zu schneiden.“ Ganz genau beobachtet Yugi seinen Freund und so entgeht ihm auch nicht, wie dieser sich kurz versteift und dann die Augen zusammenkneift. „Und das weisst du natürlich erst seit heute Morgen.“ Deutlich ist die Ironie aus seinen Worten herauszuhören, was Yugi unwillkürlich zusammenzucken lässt. „Nein, ich weiss es schon seit ich ihr die Unterlagen zurückgebracht habe. Ausserdem kommt sie etwa alle drei Monate vorbei um uns die Haare zu schneiden. Das ist nämlich ihr zweiter Beruf. Nur bei uns macht sie es umsonst, weil ich ihr mehrmals im Jahr die Buchhaltung kontrolliere auch wenn sie selbst keine Fehler gefunden hat. Das letzte Mal hast du nur nichts bemerkt, weil du den ganzen Tag im Stall gewesen bist und wir dich nicht unnötig unter Druck setzen wollten. Nur so langsam hast du einen Haarschnitt wirklich nötig. So oft wie du dir inzwischen genervt die Strähnen hinter die Ohren streichst.“
 

Wütend, dass ihn Yugi wieder so kurzfristig vor vollendete Tatsachen stellt, ballt Yami die Hände zu Fäusten. Tief Luft holend versucht er sich zu beruhigen, was aber nicht wirklich etwas bringt. „Ach, du weisst das schon seit Tagen und du konntest es mir nicht früher sagen! Das ist wie bei der Fahrt zum Onsen, da hast du es mir auch erst am Morgen bevor wir losgefahren sind gesagt und dass wir Anfang August nach Edo fahren, weiss ich auch nur schon länger, weil Grossvater etwas gesagt hat, damit er diesen Hopkins informieren konnte.“ Wirklich sauer steht Yami auf und stützt sich auf dem Tisch ab. „Ausserdem, was hat es eigentlich mit Wladiwostok auf sich? Da braucht man ja allein für den Hin- und Rückweg mindestens zwei Wochen, wenn nicht sogar drei!“ Mit funkelnden Augen fixiert er den schweigenden Yugi. „Ach, du willst es mir nicht sagen. Gut, dann kann ich ja gehen und du kannst dich dann ja weiter mit Grossvater und Rishido darüber unterhalten. Ich scheine es ja nicht wissen zu dürfen!“ Noch bevor irgendjemand etwas sagen kann, stürmt Yami aus der Küche und nur Momente später hören sie die Hintertür laut ins Schloss fallen.
 

Geschockt sitzt Yugi da und kann es kaum glauben, dass sein Freund so ausgerastet ist. Hilfesuchend blickt er zu seinem Grossvater, der bis jetzt geschwiegen hat, sich nun aber räuspert. „Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder du bleibst jetzt hier sitzen und lässt ihn seine Wut pflegen oder du gehst raus und klärst das mit ihm.“ In aller Ruhe, trinkt Sugoroku einen Schluck Tee. Dies hat sein Enkel verbockt, hat er ihm doch schon seit Tagen gesagt, dass er wegen May und Wladiwostok mit Yami reden muss.
 

Mit einem ergebenen Seufzen schiebt Yugi seinen Stuhl zurück und steht auf. Ist er sich doch bewusst, dass er am besten jetzt gleich mit seinem Freund redet bevor dieser sich noch weiter in seine Wut reinsteigern kann.
 

Als er im Hinterhof steht, blickt sich Yugi suchend um. Bei den Pferden scheint Yami ja nicht zu sein, zumindest sieht er ihn nicht und Rocky steht auch nicht so da, als würde sein Freund bei ihm in der Box sitzen.

Dann hört er es im Lager rumpeln und geht zögernd dem Geräusch nach. In der Tür bleibt er aber stehen, sieht er doch, was da so gerumpelt hat. Denn Yami ist gerade dabei einen der Strohballen so auseinander zu nehmen und in die Schubkarre zu verfrachten, dass die einzelnen Strohhalme nur so durch die Gegend fliegen.

„Yami?“, versucht er zögernd auf sich aufmerksam zu machen, was er gleich wieder bereut, als ihn zwei wütende Augen ansehen. „Was willst du? Hast du noch etwas vergessen zu sagen? Vielleicht dass du morgen für ein paar Tage verreist?“ Mit verschränkten Armen steht Yami da und macht so mehr als deutlich, wie sehr es in ihm brodelt und dass er kurz vor einem Ausbruch steht.
 

Leer schluckend geht Yugi ein paar Schritte auf ihn zu und bleibt erst stehen, als er seinen Freund mit den Fingern berühren könnte, wenn er den Arm ausstreckt. „Yami, es tut mir leid. Ja, es war ein Fehler, dass ich dir nicht früher gesagt habe, dass May heute kommt. Nur... verdammt ich habe es vergessen, verdrängt, wie auch immer du es nennen willst.“ Während er redet, ringt Yugi mit seinen Händen und schafft es zudem kaum dem anderen in die Augen zu sehen.
 

Stocksteif steht Yami da und zuckt nicht einmal mit der Wimper. „Du hast es also vergessen und das immer wieder. Dabei hättest du mehr als genug Zeit gehabt es mir zu sagen. Jeden Abend, jeden Morgen und sonst immer, wenn wir uns gesehen haben! Hast du auch nur einen Moment daran gedacht, dass ich mich vielleicht mental darauf vorbereiten muss, dass mich jemand anderes als du oder auch Grossvater anfassen wird?“ Als Yugi den Mund aufmacht um etwas zu erwidern, hebt Yami den Finger. „Ich war noch nicht fertig! Und ich bin mir ziemlich sicher, dass du mir jetzt sagen wolltest, dass May ja keine fremde Person ist, sondern eine Freundin.“ Deutlich kann er in Yugis Gesicht lesen, dass er Recht hat. „Dann sage ich dir eins. Sie ist DEINE Freundin, ich kenne sie kaum! Wie oft habe ich sie in den letzten Monaten gesehen? Das kann ich noch locker an meinen Fingern abzählen! Und jetzt verschwinde und lass mich in Ruhe meine Arbeit machen, damit ich dann auch fertig bin, wenn sie kommt!“ Abrupt dreht sich Yami um und geht wieder zu den Strohballen um den nächsten auseinander zu nehmen.
 

Sprachlos steht Yugi da und weiss nicht was er sagen soll. Hat ihm Yami doch alles was er sagen wollte im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren geworfen und er muss zugeben, dass sein Freund Recht hat.

Mit gesenktem Kopf dreht er sich zur Tür um und will das Lager schon verlassen, als er aus einem Impuls heraus die Tür zumacht und abschliesst. Das grosse Tor ist ja immer abgesperrt, wenn sie keine Lieferungen reintragen müssen.

Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck, der mehr Mut ausstrahlt als er wirklich fühlt, stellt sich Yugi direkt vor Yami hin. „Ich gehe nicht weg, bis wir das hier und jetzt geklärt haben. Verdammt nochmal, ich weiss, dass ich Mist gebaut habe und es dir wirklich schon viel früher hätte sagen müssen. Nur kann ich es jetzt leider auch nicht mehr ändern. Ach ja, bevor ich es vergesse, das mit Wladiwostok wollte ich dir in den nächsten Tagen sagen, wenn Rishido wieder bei Jono ist und wir wieder unsere Ruhe haben!“ Die vorherige Haltung von Yami imitierend verschränkt Yugi die Arme und sieht ihn mit funkelnden Augen an.
 

Doch Yami dreht sich einfach wortlos um und will aus dem Lager gehen. Geschockt stellt er dann aber fest, dass Yugi sie eingeschlossen hat. Wütend, dreht er sich wieder um. „Mach sofort diese verdammte Tür auf!“ Drohend geht er auf ihn zu und baut sich regelrecht vor ihm auf.

Nur diesmal lässt sich Yugi nicht einschüchtern und erwidert fest den Blick seines Freundes. „Nein, wir bleiben so lange hier drin, bis wir das verdammt nochmal geklärt haben.“ Nun reckt er das Kinn noch ein wenig mehr nach oben. „Wenn du den Schlüssel willst, dann musst du ihn dir schon holen!“ Trotzig steht er mit verschränkten Armen da und wartet auf eine Reaktion.

Die lässt nicht lange auf sich warten, aber sie ist anders als er es gedacht hat. Steht Yami doch mit zu Fäusten geballten Händen vor ihm, doch statt ihn zu packen oder sonst etwas zu machen, geht sein Freund einfach weg und setzt sich mit dem Rücken zu ihm auf den am weitesten entfernten Heuballen.
 

Mit verschränkten Armen fixiert Yami die Heunetze an der gegenüberliegenden Wand und versucht Yugi so gut es geht zu ignorieren. Denn sonst kann er nicht mehr wirklich für irgendetwas garantieren.
 

Erleichtert schliesst Yugi nach einem Moment die Augen. Hat er doch mit allem gerechnet, aber nicht, dass Yami einfach weggeht und sich hinsetzt.

Nur warum rastet Yami wegen dieser Sache so aus? Aber dann fällt ihm ein, was sein Freund gesagt hat.

Sich mental selbst einen Tritt in den Hintern gebend flucht Yugi lautlos vor sich hin. Da hat er ja noch grösseren Mist gebaut, als er gedacht hat.
 

Langsam geht er zu Yami und setzt sich hinter ihn auf die Heuballen, dabei achtet er aber genau darauf, dass er ihn nicht aus Versehen berührt. „Es tut mir ehrlich leid. Ich hätte es dir wirklich noch am Mittwoch sagen müssen, dass May heute vorbeikommt und es war auch nicht fair von mir, dass ich dich heute vor vollendete Tatsachen gestellt habe. May hat sicher auch noch nächste oder übernächste Woche Zeit, wenn du dich heute noch nicht bereit dazu fühlst, dir von ihr die Haare schneiden zu lassen.“ Bewusst lässt Yugi seine Stimme so ruhig wie möglich klingen.
 

Lange bleibt Yami stumm sitzen und fixiert die Heunetze, als hätte er noch nie etwas gesehen, was interessanter gewesen wäre.

Schliesslich senkt er seufzend den Kopf. „Yugi, es geht verdammt nochmal nicht nur darum. Wieso redest du nicht mit mir, aber dafür mit Grossvater und Rishido?“, deutlich ist nun zum ersten Mal zu hören, dass Yami nicht nur wütend, sondern deswegen auch extrem verletzt ist.

Was Yugi leer schlucken lässt. Nach einer Eingebung suchend, betrachtet er die Heuballen, das Stroh und alles was noch so in dem schwachen Licht, das durch die beiden Fenster reinkommt zu sehen ist.

„Dass Rishido es vor dir erfahren hat war reiner Zufall. Er ist in die Küche gekommen, als ich mit Grossvater geredet habe. Nur darum wusste er es schon vor dir. Bitte glaube mir Yami, dass ich dir nie das Gefühl geben wollte, dass ich dich ausschliessen will. Dafür bedeutest du mir nämlich viel zu viel und das Letzte was ich will ist dich zu verletzen.“
 

Als Yami spürt, dass Yugi die Stirn auf seine Schulter legt, wäre er am liebsten aufgesprungen. Doch er bleibt sitzen, denn Yugi scheint es wirklich ehrlich zu meinen. „Was hat es mit Wladiwostok auf sich?“, dies fragt er sich nämlich auch schon die ganze Zeit. Auch wenn seine Stimme nun etwas versöhnlicher klingt, hat er die Arme immer noch verschränkt und sieht Yugi nicht an.
 

Dieser seufzt schwer auf. Hat er doch insgeheim gehofft, dass er in den nächsten Tagen in Ruhe mit seinem Freund reden könnte. Nur wenn er jetzt wieder ausweicht, ist der nächste Streit schon vorhersehbar. Sich auf alles vorbereitend, setzt sich Yugi wieder aufrecht hin.

„In Wladiwostok findet vom 12. bis zum 25. September eine grosse Messe statt auf der die neuesten Stoffe und Kleider vorgestellt werden. Zudem sind da auch Händler und Schneider aus den verschiedensten Ländern anzutreffen, die neben Stoffen, Tüchern und Kleidern auch noch andere Sachen verkaufen.“

Aufmerksam hört Yami zu und versucht irgendwie zu verstehen, was ihm Yugi da erzählt. „Was hat das mit dir zu tun?“

Wegen dieser Frage schliesst Yugi kurz die Augen. Jetzt kommt der schwere Teil an die Reihe. „May und ich fahren dieses Jahr zum vierten Mal gemeinsam da hin. Für sie ist es wichtig, weil sie dann in natura sehen kann, wie die neuesten Schnitte aussehen und teilweise bekommt sie sogar Schnittmusterbögen für die Kleider und ich kriege da seltene und sehr gute Stoffe aus dem römischen und dem ägyptischen Reich viel günstiger und schneller, als wenn ich sie hier auf dem Markt kaufen gehe. Da lohnen sich sogar die Kosten für die Reise und den Transport der Stoffe hierher. Nur die Chinesen sind dort kaum vertreten, die sind dafür in Edo auf dem grossen Markt, wo wir beide ja nächsten Monat hinfahren werden.“

Nachdem Yugi fertig erzählt hat, herrscht ziemlich lange ein nachdenkliches Schweigen zwischen ihnen.

„Ich nehme an, dass ich dann hier bei Grossvater bleiben werde?“, fragend dreht Yami leicht den Kopf, blickt dann aber gleich wieder geradeaus. Noch ist er nicht bereit Yugi mehr Aufmerksamkeit als nötig zu schenken.
 

Bedrückt nickt Yugi, dann wird ihm aber bewusst, dass dies sein Freund ja gar nicht sehen kann. „Ja, du kannst uns leider nicht begleiten. May und ich teilen uns nämlich aus Kostengründen nicht nur auf dem Schiff eine Kabine, sondern auch in Wladiwostok ein Hotelzimmer.“ Obwohl Yugi Yami nicht berührt, kann er deutlich sehen, dass sich Yami bei den Worten noch mehr anspannt, als dieser es sowieso schon ist. „Du musst dir aber keine Sorgen machen. May weiss ganz genau, dass ich nur auf Männer stehe. Sonst müsste ich mir sowieso ein eigenes Zimmer nehmen, weil Jono mich sonst einen Kopf kürzer machen würde.“ Einen Moment gibt Yugi seinem Freund Zeit, diese Information zu verarbeiten. „Ich weiss, es ist nicht nur das was dich beschäftigt. Nur leider kann ich es nicht mehr ändern und ich muss zugeben, dass ich dir nicht einmal versprechen kann, dass du nächstes Jahr mitkommen kannst. Weil wir uns die Kosten für diese Reise gerade so leisten können, weil ich in den fünf bis sechs Wochen gut 500 bis 600 Silbermünzen ausgeben muss. Du kannst dir ja vorstellen, dass das so kurz nach Edo, wo ich auch mit mindestens 300 Silbermünzen rechnen muss, eine starke Belastung ist.“

Ängstlich sieht Yugi zu seinem Freund, hoffentlich versteht dieser sein Dilemma. Würde er ihn doch wirklich liebend gern mitnehmen. Nur wäre das May gegenüber sehr unfair, weil sie sich dann zu dritt die kleinen Zimmer teilen müssten.
 

Vom Verstand her kann Yami die Gründe ja verstehen, aber trotzdem schmerzt es ihn zu hören, dass Yugi ihn mit Sugoroku allein lassen wird und das für mehrere Wochen. „Wann und wie lange?“ Obwohl er die Frage nur leise ausspricht, ja sogar mehr vor sich hinmurmelt, kann ihn Yugi gut verstehen. „Wir werden am 1. September losfahren und ziemlich sicher den ganzen Monat und vermutlich noch die erste Oktoberwoche weg sein. Im schlimmsten Fall sogar noch länger, je nachdem wie lange wir für die Überfahrt mit dem Schiff brauchen werden.“

Als Yami spürt, wie sich leicht zitternde Finger auf seine Schulter legen, versteift er sich unwillkürlich und steht dann sogar auf. Er braucht jetzt einfach mehr Abstand zu Yugi, damit er all dies verarbeiten und was noch wichtiger ist auch verdauen kann. Gerade, als er ihn noch einmal auffordern will, die Tür aufzuschliessen, klopft es an ebendieser.

„Yugi? Yami? May ist da und bereitet gerade alles im Wohnzimmer vor.“ Hören sie die Stimme von Sugoroku, was Yami wieder daran erinnert, dass er sich ja heute auch noch von May die Haare schneiden lassen muss. Zum ersten Mal seit langem wünscht er sich die emotionale Taubheit zurück, die ihn die letzten Jahre hat überleben lassen.
 

„Wir kommen gleich Grossvater“, übernimmt es Yugi für sie beide zu antworten. Mit einem letzten Blick auf seinen Freund, der ihm mit geballten Fäusten den Rücken zudreht, steht er von dem Heuballen auf.

„Soll ich May sagen, dass wir nächsten oder übernächsten Sonntag bei ihr vorbeikommen, damit sie dir dann die Haare schneiden kann?“ Fragend sieht er Yami an. Dabei zögert er unbewusst, den Zeitpunkt hinaus, wo er die Tür wieder aufschliessen und somit damit rechnen muss, dass sich sein Freund von ihm abwendet.
 

Um sich zu sammeln schliesst Yami für einen Moment die Augen. „Nein, ich... es ist schon in Ordnung, wenn sie mir die Haare heute schneidet.“ Zwar sagt er das laut, aber innerlich schreit er laut auf, dass er noch nicht bereit ist, sich von ihr noch einmal anfassen zu lassen. Nur wenn er jetzt sagt, dass er es nicht will, dann muss er sich später ausserhalb seines Zuhauses von ihr die Haare schneiden lassen und das will er noch weniger.

Obwohl er Yugi den Rücken zudreht, weiss Yami auf die Sekunde genau, wann die Tür aufgeschlossen wird, ist das leise Klicken des Schlosses in der Stille doch nicht zu überhören. Umdrehen tut er sich allerdings nicht sofort, sondern erst nachdem er sich soweit gefangen hat, dass man ihm seine wahren Gefühle nicht sofort vom Gesicht ablesen kann.
 

Obwohl Yugi vorhin nichts auf die Antwort gesagt hat, ist er sich nicht wirklich sicher, ob sich Yami richtig entschieden hat. So aufgewühlt wie sein Freund gerade ist, wäre es doch sicher besser, wenn er warten würde und das will er ihm nun sagen, wo er endlich angesehen wird.

Als er dann jedoch in dessen Gesicht sehen kann und sieht, das als eine beinahe perfekte Maske der Gleichgültigkeit, die Gefühle verdeckt, entschliesst er sich dagegen. Stattdessen sieht er Yami nur stumm entgegen und hofft, dass dieser noch irgendetwas zu ihm sagt. Egal was.
 

Aber Yami denkt gar nicht daran mit Yugi zu reden und geht schweigend an ihm vorbei zu den Boxen, wo er die mitgebrachten Heunetze aufhängt. Zwar ist es noch etwas zu früh, aber er weiss ja nicht, wie lange es dauern wird, bis May fertig ist.

Mit einem tiefen Seufzer geht er schliesslich zur Hintertür wo für ihn überraschend Yugi auf ihn wartet. „Yugi, bitte. Ich brauche jetzt wirklich mal eine Weile für mich allein und keine Angst ich laufe schon nicht weg.“ Deutlich ist zu erkennen, dass er jedes Wort todernst meint.

Das ist auch der Grund weshalb Yugi eine Weile wartet und die vorbeiziehenden Wolken beobachtet, nachdem Yami ins Haus gegangen ist. Hat er doch auch den Satz verstanden, den sein Freund nicht ausgesprochen hat. Nämlich, dass er nicht mal weglaufen könnte, wenn er es wollen würde, da er durch seinen Status als Sklave an Yugi gebunden ist.

Als er dann auch ins Haus geht, ist aus dem Wohnzimmer schon das Lachen von May zu hören. Weshalb er nach dem Händewaschen direkt zu den anderen hoch geht. „Hallo May. Na, bist du schon fleissig Grossvater von seiner Haarpracht am Befreien?“, grinsend lässt er sich von seiner immer noch lachenden Freundin umarmen. „Hallo Yugi. Natürlich, Sugoroku hat für sein Alter einfach unglaublich viele Haare, die müssen einfach geschnitten werden.“

Mit bester Laune greift sie nach ihrer Schere, die sie für die Umarmung auf den Tisch gelegt hatte und nimmt ihre unterbrochene Arbeit wieder auf. „Ach ja, Yami war kurz hier und hat gesagt, dass er in seinem Zimmer ist und wir ihn rufen sollen, wenn er dran ist.“

Obwohl sie hochkonzentriert am Arbeiten ist blickt sie kurz zu ihm rüber. „Hattet ihr beiden einen Streit? Er wirkte irgendwie extrem angespannt.“
 

Da Yugi nicht wirklich weiss, was er sagen soll, nickt er einfach nur und mustert, sich an die Wand lehnend, das weisse Leinentuch, das sie immer auf dem Boden unter dem Stuhl legt, damit die Haare später nicht in der ganzen Wohnung rumfliegen.

Diese stumme Bestätigung bringt ihm nicht nur von May einen erstaunten Blick ein, sondern auch von seinem Grossvater.
 

Der sitzt zwar ebenfalls mit einem Leinentuch umwickelt ruhig auf dem Stuhl, aber trotzdem sehen die alten Augen deutlich, wie bedrückt sein Enkel ist. „Yugi, das ist ja auch kein Wunder. Du hast Yami schon wieder vor vollendete Tatsachen gestellt und als er dann auch noch nachgefragt hat, was es mit Wladiwostok auf sich hat, hast du einfach geschwiegen. Versuch dich einfach mal in ihn hineinzuversetzen und dann kannst du dir ja vorstellen, wie es in ihm aussehen muss.“ Leider kann er seinen Enkel nun nicht mehr ansehen, da May ihm nachdrücklich den Kopf nach unten drückt, damit sie besser an die Nackenhaare kommt.
 

Zerknirscht muss Yugi wohl oder übel zugeben, dass sein Grossvater Recht hat. Nur kommt der Rat etwas zu spät, hat er das doch schon selbst herausgefunden, als er mit Yami geredet hat. Plötzlich fällt ihm etwas auf. „Sag mal, wo ist denn Rishido?“ Bis jetzt ist ihm gar nicht aufgefallen, dass der grosse Ägypter gar nicht hier im Wohnzimmer ist.
 

„Ach der ist unten in der Küche und macht für Yami einen Um Ali. Er meinte, dass es vielleicht seine Laune etwas heben wird, wenn er den süssen Nachtisch bekommt.“ Kommt die Antwort von Sugoroku, der immer noch mit gesenktem Kopf dasitzt.
 

Bei den Worten kann Yugi nur bedrückt den Kopf schütteln, ob das diesmal reichen wird? Denn so wütend hat er ihn noch nie erlebt.
 

Nachdem May bei Sugoroku die Haare fertig geschnitten hat, erlöst sie ihn von dem Leinentuchwickel mustert ihn zufrieden. „So, du bist fertig und bereit der Damenwelt wieder den Kopf zu verdrehen“, zwinkert sie ihm lächelnd zu, ehe sie sich zu Yugi umdreht. „Also, dann würde ich sagen, dass ich mit dir weitermache, damit Yami noch etwas mehr Zeit hat um sich zu beruhigen.“
 

Da Yugi der Logik nichts entgegensetzen kann, nickt er zustimmend und folgt seiner Freundin runter ins Badezimmer wo sie ihm wie immer hilft auch wirklich alle Haare nass zu bekommen ohne das halbe Bad unter Wasser zu setzen.
 

Unterdessen sitzt Yami auf seinem Bett und hält Osis in den Händen, den er nachdenklich mustert. Wieso fühlt er sich nur so seltsam, seit er mit Yugi diesen Streit gehabt hat? Nur leider kann ihm der kleine Drache auch keine Antwort darauf geben, weshalb Yami dann dazu übergeht aus dem Fenster zu sehen.

Erst als Yugi ihn in der Tür stehend ruft, richtet Yami seine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt. „Ja, ich komme.“ Seine innere Stimme ignorierend, dass er sich weigern soll, steht Yami auf und geht zu Yugi, der ruhig dasteht. „May ist schon unten im Badezimmer und wartet dort auf dich.“
 

Zum Zeichen, dass er verstanden hat, nickt Yami kurz und geht dann wie gewünscht gleich runter ins Badezimmer, wo er wirklich schon von einer lächelnden May erwartet wird. „Da bist du ja.“ Auffordernd deutet sie zur Badewanne. „Am besten ziehst du gleich das Oberteil aus und beugst dich über den Wannenrand, damit ich dir dabei hel... was hast du denn Yami?“, verwirrt sieht sie ihn an. Weicht doch Yami mit einem schon beinahe panischen Gesichtsausdruck immer weiter zurück. Besorgt geht sie einen Schritt auf ihn zu, doch das bewirkt nur, dass ihr Gegenüber noch einen Schritt macht und jetzt mit der Wand im Rücken dasteht und schwer atmet.
 

In dem Moment wird ihr klar, dass sie Hilfe braucht. Darum will sie schon los und Yugi holen, als dieser ins Bad blickt. „Klappt es b.…“, alarmiert durch Mays Gesichtsausdruck bricht Yugi mitten im Wort ab. Besorgt betritt er das Badezimmer ganz und sieht sich suchend nach Yami um. Was nicht Lange dauert, entdeckt er ihn doch beinahe sofort und erkennt, dass sein Freund mit seiner Panik zu kämpfen hat. „Was ist passiert?“

Am liebsten würde er sofort zu ihm stürmen. Doch da Yugi weiss, dass das kontraproduktiv wäre, macht er genau das Gegenteil. Er geht mit langsamen Schritten auf seinen Freund zu und bleibt direkt vor ihm stehen. Ganz leicht greift er nach dessen Händen, so dass Yami diese wegziehen könnte.
 

„Ich weiss nicht, was passiert ist. Ich habe ihm nur gesagt, dass er sich das Oberteil ausziehen und sich dann über den Wannenrand beugen soll.“ Verwirrt und besorgt steht May da und weiss nicht, was sie tun soll.
 

Obwohl Yugi sich um Yami sorgt, blickt er beruhigend lächelnd zu seiner Freundin. „Dann weiss ich was los ist. Ich kümmere mich hier um alles und wir kommen dann hoch ins Wohnzimmer.“

Auffordernd sieht er sie an, bis May verstehend nickt und ihn mit Yami allein lässt. Kaum ist er mit seinem Freund allein, wendet Yugi seine ganze Aufmerksamkeit ihm zu. „Yami, hör auf meine Stimme und versuche ganz ruhig ein und aus zu atmen. Immer wieder ein und aus.“ Bewusst lässt Yugi seine Stimme ganz ruhig klingen. „Wir sind allein und es kann dir nichts passieren. Ich bin bei dir und...“, schmerzhaft stöhnt Yugi auf, als sein lockerer Griff plötzlich so stark erwidert wird, dass er glaubt ihm müssten die Knochen brechen.

Doch das dauert nur Sekunden, da er sich auf einmal in einer schraubstockartigen Umarmung wieder findet. Nach Luft schnappend schlingt auch er seine Arme nach einer Weile um den zitternden Yami. „Ganz ruhig, lass es raus.“
 

Dieser Aufforderung kommt Yami nur zu gern nach. Sich an Yugi festklammernd lässt er seinen Kopf auf dessen Schulter sinken und beginnt leise zu erzählen. Wie er immer wieder dazu gezwungen worden ist, sich auszuziehen und irgendwo drüber zu beugen und noch so viel mehr, was dann passiert ist.
 

Während Yugi zuhört, fährt er mit seinen Händen immer wieder sanft über dessen Rücken. Dabei versucht er die Wut und das Entsetzen über das was er da hört zu ignorieren oder wenigstens runter zu schlucken. Denn jetzt braucht ihn Yami als Freund und Stütze.
 

Yugi weiss nicht, wie lange sie so dagestanden sind und Yami nichts mehr gesagt hat, als dieser sich zögernd von ihm löst und ihm unsicher in die Augen blickt. Leicht lächelnd erwidert Yugi den Blick und streicht seinem Freund sogar eine Strähne hinters Ohr.
 

„Bleib bitte bei mir. Ich weiss nicht ob ich...“ „Natürlich bleibe ich und helfe dir wenn du es möchtest.“ Sanft legt er seine Hand auf Yamis Wange. „Fühlst du dich bereit oder soll ich May nach Hause schicken?“

Besorgt sieht er, wie es in den rubinroten Augen zu flackern beginnt und Yami dann auf der Unterlippe kauend zur Badewanne blickt. „Ich weiss es nicht, aber ich will es versuchen.“

Mit einer Entschlossenheit, die ihn selbst überrascht, löst sich Yami aus Yugis Armen und geht zu der Badewanne. Die Zähne zusammenbeissend zieht er sich das Oberteil über den Kopf und greift nach der Brause. Unsicher was er jetzt tun soll, sieht er zu Yugi, der sich mit einem beruhigenden Lächeln neben ihn auf den Wannenrand setzt. „Du musst dir nur die Haare gründlich nass machen. May wollte dir nur helfen, damit du nicht das halbe Bad unter Wasser setzt, aber du kannst es auch allein machen und so wie du dich dabei am wohlsten fühlst.“

Nachdenklich nickt Yami und lässt dann das Wasser laufen. Erst als es eine für ihn angenehme Temperatur hat, beugt er sich nur so weit wie nötig über die Wanne und lässt das Wasser über seinen Kopf laufen.
 

Ruhig dasitzend sieht Yugi ihm zu und ist unglaublich stolz auf seinen Freund. Weiss er doch nicht, ob er den Mut und die Kraft hätte, sich immer wieder seinen Ängsten zu stellen. Weil er spürt, dass er keine hektische Bewegung machen darf, greift er so langsam wie möglich nach dem Handtuch, das May bereitgelegt hatte und legt es seinem Freund um die Schultern, nachdem dieser sich wieder aufgerichtet hat. „Du bist geschickter als ich. Wenn ich mir allein die Haare nass machen muss, steht danach in der Regel das halbe Bad unter Wasser.“
 

Yami wollte gerade nach seinem Oberteil greifen, als ihm das Handtuch um die Schultern gelegt worden ist. Fragend sieht er von dem Handtuch zu Yugi. Was diesen leicht schmunzeln lässt. „Glaub mir, es ist deutlich angenehmer, wenn du beim Haareschneiden das Oberteil nicht trägst. Zwar wickelt May immer ein Leinentuch um den Oberkörper, aber trotzdem gibt es immer diese fiesen kleinen Härchen, die drunter rutschen, sich im Stoff festsetzen und dann einfach nur kratzen und stechen.“

Verstehend nickt Yami. „Ach so. Bei Sklaven wird da nie so drauf geachtet. Entweder müssen wir uns die Haare selbst schneiden, wenn es der Besitzer verlangt oder es wird von einem anderen Sklaven oder Bediensteten gemacht, indem die Haare einfach Büschelweise gepackt und dann abgeschnitten werden, wenn nicht sogar eine Glatze verlangt wird.“

Weil er sich irgendwie nackt fühlt, versucht Yami die Handtuchenden ein wenig mehr zusammenzuziehen, was ihm leider nicht wirklich gelingt. Um wenigstens ein wenig Sicherheit zu bekommen, greift er nach Yugis Hand und lässt sie auch nicht mehr los, als er mit ihm nach oben ins Wohnzimmer geht. Dort sitzen May und Sugoroku Tee trinkend und schwatzend zusammen.

Instinktiv versucht sich Yami hinter Yugi zu verstecken, als ihn die beiden bemerken. „Yami, da bist du ja.“ Mit einem freundlichen Lächeln steht May auf. „Wenn du bereit bist, setz dich bitte auf den Stuhl und dann lege ich dir ein Leinentuch um, damit du nicht ganz voll mit Haaren wirst.“ Auffordernd deutet sie mit der Hand auf den Stuhl, der auf dem grossen Leinentuch steht und greift dann nach dem zweiten Tuch.
 

Sich regelrecht an Yugi festkrallend setzt sich Yami mit klopfendem Herzen wie aufgefordert hin. Wäre dann aber am liebsten wieder aufgesprungen, als ihm von hinten das Tuch umgeworfen und dann in seinem Nacken verknotet wird. Zittrig holt er tief Luft, dabei packt Yugi noch fester an der Hand, als sich dieser von ihm lösen will. „Bleib“, flehend sieht er ihn an.
 

Verstehend nickt Yugi. „Ich gehe nicht weg. Ich wollte zwar nur kurz den Stuhl holen, aber es geht auch so.“ Weil er May nicht unnötig stören will, stellt sich Yugi für den Moment direkt vor Yami hin, da sie die Angewohnheit hat, am Hinterkopf zu beginnen und sich dann an den Seiten nach vorn zu arbeiten.
 

Zwar wundert sich May, warum sich Yami so verhält. Haareschneiden ist doch nichts Schlimmes. „Hast du irgendeinen Wunsch, wie du deine Frisur haben möchtest?“, zwar würde sie gern auch fragen, was los ist, aber nachdem sie den Blick von Yugi gesehen hat, lässt sie es bleiben.
 

Da Yami nicht damit gerechnet hat, dass er nach seinen Wünschen gefragt wird, muss er einen Moment lang darüber nachdenken. „Ich will keine Glatze und sonst ist es mir egal.“ Nur mit Mühe kann er das Zittern aus seiner Stimme fernhalten. Will er doch nicht, dass sie weiss, wie viel Angst er gerade hat.
 

Verstehend nickt May. „Gut, dann werde ich dir eine pflegeleichte Frisur machen, die zu dir passt, kurz gesagt ich werde dir die Haare kürzen und einen Schnitt reinbringen, der auch in ein paar Wochen noch gut aussehen wird.“ Vorsichtig beginnt sie zu schneiden und achtet dabei darauf, Yamis Haut möglichst wenig zu berühren. Darum müssen auch nur etwa 5 Zentimeter daran glauben und sie hält den Schnitt bewusst einfach, da sie sich sonst mehr mit den Fingern an ihm Abstützen müsste.
 

Immer wieder muss Yami die Augen schliessen und tief durchatmen, um seine zum zerreissen gespannten Nerven wenigstens ein wenig unter Kontrolle zu halten und nicht aufzuspringen. Was ihm stellenweise sehr schwer fällt, besonders als May seinen Kopf leicht nach vorn beugt, damit sie besser an die Haare im Nacken kommt oder als sie sich direkt vor ihn stellt und mit der Schere mehr oder weniger direkt vor seinen Augen herumhantiert.
 

Schweigend steht Yugi entweder neben oder vor seinem Freund und beobachtet ihn ganz genau, damit er sofort einschreiten kann, wenn es ihm zu viel wird. Doch Yami scheint sich gut unter Kontrolle zu haben, zumindest lässt er sich vor May nichts anmerken, obwohl seine Hand immer mal wieder beinahe schmerzhaft gedrückt wird. Nur wird er einen Teufel tun und sich darüber beschweren oder sagen, dass Yami nicht mehr so stark zudrücken soll.
 

„So Yami, wir sind beinahe fertig. Ich werde jetzt nur noch mit dem Messer den letzten Schliff machen und dann hast du es überstanden.“ May ist selbst erleichtert, dass sie es beinahe geschafft hat. Denn so langsam macht sie sich wirklich Sorgen um den jungen Mann. So kreidebleich wie er trotz seiner gebräunten Haut ist, würde es sie nicht wundern, wenn er plötzlich umkippt.

So dass es Yami gut sehen kann, greift sie nach dem Messer und beginnt dann die Haarspitzen damit zu bearbeiten, damit leichte Stufen entstehen und die Haare auch nicht mehr so schwer wirken.

Nach ein paar Minuten legt sie das Messer zur Seite und geht musternd um Yami herum. „So, du bist fertig.“ Wirklich zufrieden mit ihrer Arbeit, stellt sie sich hinter ihn und löst den Knoten von dem Leinentuch, das sie ihm dann auch vorsichtig abnimmt.
 

Erleichtert, dass es endlich vorbei ist, springt Yami schon beinahe vom Stuhl hoch und will schon mit der freien Hand nach seinem Oberteil greifen, als er von Yugi zurückgehalten wird. „Geh erst mal duschen, du hast nämlich überall kleine Härchen auf den Schultern und dem Rücken.“ Ergeben nickt Yami, behält das Oberteil aber in seiner Hand und Yugi wird er sowieso nicht loslassen, bis er sich entweder im Bad eingeschlossen hat oder wieder etwas mehr als nur eine Hose trägt.

So kommt es, dass er Yugi mehr oder weniger mit sich nach unten zieht und wirklich erst vor der offenen Badezimmertür dessen Hand loslässt. Allerdings geht er nicht sofort ins Bad, sondern gibt Yugi erst noch einen schnellen Kuss. „Danke.“

Noch bevor Yugi irgendwie reagieren oder auch nur etwas sagen kann, steht er mit einem verdutzten Gesichtsausdruck vor der geschlossenen Tür und hört wie der Schlüssel umgedreht wird. „Gern geschehen.“

Die Hände in die Hosentaschen vergrabend geht Yugi wieder nach oben, wo May schon dabei ist die Haare auf den Leinentüchern vorsichtig in einen grossen Eimer zu verfrachten, damit sie diese dann Montagmorgen zusammen mit dem Abfalleimer für die Müllsammler rausstellen können. Zum Glück ist sein Grossvater ja so ein Frühaufsteher und erledigt das auch immer, weil die Müllsammler in der Regel bei Sonnenaufgang an ihrem Haus vorbeikommen.

„Ah Yugi, da bist du ja wieder. Sagst du mir jetzt was mit Yami los gewesen ist? Solche Panik vor dem Haareschneiden ist ja schon ungewöhnlich.“ Fragend sieht sie ihren kleineren Freund an, wobei sie sogar die Arme verschränkt.
 

Um Zeit zu schinden richtet Yugi die ohnehin schon beinahe perfekt dastehenden Stühle. „Deine Aufforderung im Bad hat ihn an schlimme Erlebnisse erinnert und es war dann nachher nicht das Haareschneiden, was ihm Probleme gemacht hat, sondern dass du ihn dabei zwangsläufig berührt hast und auch mit dem Messer gearbeitet hast. Die Details erspare ich dir aber lieber.“ Traurig sieht er May an, die ihn erst ungläubig und dann geschockt anstarrt. „Weisst du, ich wusste ja, dass es Sklaven sehr schwer haben, aber das was Yami durchmachen musste ist doch nicht mehr normal. Warum haben sie ihn so gequält?“ Von Yugi unbemerkt läuft eine einzelne Träne über seine Wange.

Bei dem Anblick erwacht May aus ihrer Schockstarre. Sofort eilt sie zu ihrem Freund und nimmt ihn in den Arm. Was den Effekt hat, dass Yugi sich nun auch endlich gehen lassen kann und hemmungslos anfängt zu schluchzen.

„Yugi, ich kann dir auch nicht genau sagen, warum er so leiden musste. Ich kann nur vermuten, dass es an seiner Ausstrahlung liegt. Denn egal wie schlecht es ihm geht, strahlt er einen Stolz und eine Willensstärke aus, die für einen Sklaven so ungewöhnlich ist, dass sie gewisse Menschen reizen könnte.“ Als Yugi sie verständnislos anblickt, holt May seufzend Luft. „Ich kann es nur vermuten, aber ich glaube, dass sie versucht haben Yamis Willen zu brechen oder dass es sie erregt hat, wenn sie ihn zwingen konnten ihnen bei allem was sie verlangt haben zu gehorchen. Egal wie abartig und brutal es gewesen ist.“

Fest nimmt sie ihn wieder in den Arm. „Ach Yugi. Ich weiss es ist hart und brutal, aber du darfst dich davon nicht auch fertig machen lassen. Höre Yami zu und sei für ihn da, wie vorhin im Bad und dann beim Haareschneiden. Nur musst du auch immer daran denken, dass auch du jemanden zum Reden brauchst, wenn es dir zu viel wird. Denn sonst wirst du irgendwann auch zusammenbrechen.“
 

Währenddessen hat sich Yami gründlich geduscht und auch die Haare noch einmal gewaschen. Jetzt steht er fertig angezogen vor dem Spiegel und muss zugeben, dass es so wirklich besser ist, als wenn ihm andauernd die Strähnen störend ins Gesicht fallen.

Nachdem er sich die feuchten Haare gekämmt hat, geht Yami mit schnellen Schritten in die Küche. Rishido und Sugoroku ignorierend, die gerade das Mittagessen am Kochen sind, geht er schnurstracks in die Vorratskammer und schnappt sich eins der Honiggläser.

Als er wieder rauskommt, hält ihm Sugoroku nur schweigend einen sauberen Löffel hin. So dass sich Yami mit dem Honig nur noch auf seinen Stuhl fallen lassen muss. Während er mit geschlossenen Augen den ersten Löffel geniesst, sehen sich Sugoroku und Rishido nur schweigend an, ehe sie sich wieder ans Gemüse schneiden machen.

Seine Umgebung vollkommen ausblendend, gönnt sich Yami gleich noch einen Löffel. Zwar würde er eine grosse Tafel Nussschokolade bevorzugen, aber die wird er wohl so schnell nicht bekommen können. Als ihm bewusst wird, was er da gerade gedacht hat, lässt er den Löffel beinahe ins Glas fallen. Wieso weiss er, dass er Nussschokolade mag, wenn er noch nie welche gegessen hat? Ist das etwa eine Erinnerung aus seiner Vergangenheit? Hat er damals Schokolade essen können?

Nachdem er noch einen dritten Löffel Honig gegessen hat, verschliesst Yami das Glas wieder und stellt es zurück in die Vorratskammer, ehe er den Löffel abwäscht, den er bis jetzt im Mund gehabt hatte um auch noch das letzte bisschen Honig auszukosten.

„Grossvater, ich bin dann wieder im Stall, die Pferde noch ein wenig bewegen und füttern “, informiert er noch schnell den alten Mann, da er im Moment gar nicht weiss, wie spät es überhaupt ist. Dazu muss er erst draussen auf den Stand der Sonne achten. „Ist gut, wenn du dann später Zeit und Lust hast, können wir ja nach dem Mittagessen noch eine Partie Schach spielen.“

Der Vorschlag lässt Yami in der Tür nachdenklich innehalten. „Ja, das können wir machen, aber nur eine Partie.“ Als Sugoroku ihn daraufhin glücklich anblickt, weiss Yami, dass er das richtige gesagt hat und so eine kleine Ablenkung wird ihm selbst sicher auch guttun.
 

Während sich Yami im Stall um die Pferde kümmert, hat sich Yugi bei May ausweinen und wenigstens einen Teil seiner Gefühle von der Seele reden können und hilft ihr nun weiter beim Aufräumen. „Willst du nachher noch mit uns essen?“, fragend blickt er von dem Leinentuch auf, das er gerade am zusammenfalten ist. Doch seine Freundin schüttelt den Kopf. „Ich würde ja gern, aber ich habe noch das Kleid der Aino zu machen. Übrigens mit dem scheusslichen Stoff, den du ihr verkauft hast. Diese Frau hat wirklich einen Geschmack, der einzigartig ist.“ Lachend schüttelt May den Kopf, während sie die Scheren und das Messer sorgfältig in dem Lederetui verstaut, das sie sich vor Jahren extra genäht hat.

Ganz der Gentleman trägt ihr Yugi dann auch die Tasche die Treppe runter und hält ihr die Tür auf. „Danke May. Für alles und besonders, dass du so viel Geduld mit uns hast.“ Wirklich dankbar umarmt er sie fest und mit einem ehrlichen Lächeln.

„Ach Yugi“, erwidert May die Umarmung, sieht ihren Freund dann mit all der freundschaftlichen Zuneigung, die sie für ihn fühlt an. „Das mache ich doch gern und ich sage dir eins. Mir ist es lieber, wenn Yami so offen seine Gefühle zeigt, als wenn er so ruhig und verkrampft ist, wie damals beim Massnehmen. Da warte ich gern und trinke mit Sugoroku einen Tee.“ Noch einmal drückt sie Yugis Schulter mit ihrer freien Hand, da sie inzwischen die Tasche vom Boden aufgenommen hat, die sie für die Umarmung auf den Boden gestellt hatten. „Also Yugi, wir sehen uns und halt die Ohren steif.“

„Das musst du aber auch meine Liebe.“ Grinst Yugi sie zwinkernd an. „Und wir sehen uns spätestens, wenn ich von Edo zurück bin, damit wir die Planung für Wladiwostok noch fertigmachen können.“

Lachend geht May die paar Stufen nach unten. „Ja, spätestens dann.“ Mit einem letzten Winken zwinkert sie ihm noch einmal zu, ehe sie sich auf den Weg nach Hause macht um das wohl scheusslichste Kleid, das sie bis jetzt in diesem Jahr machen musste weiter zu schneidern.
 

Noch eine Weile bleibt Yugi in der offenen Tür stehen, bis er sie mit einem tiefen Seufzen wieder schliesst. Jetzt muss er sich wirklich langsam an die wöchentliche Buchhaltung setzen, sonst wird er heute wohl nicht mehr fertig werden.

Doch anders als gedacht ist Yugi schon beinahe fertig, als Rishido ins Lager kommt um ihm zu sagen, dass das Mittagessen fertig ist und sie nur noch auf ihn warten. Erleichtert, dass er nach dem Essen nur noch die Einnahmen vom Samstag eintragen und dann die Wochenabrechnung machen muss, steht Yugi auf.
 

In der Küche warten wirklich schon alle auf ihn. Kurz zögert Yugi, auch wenn ihm Yami vor dem Bad einen kleinen Dankeskuss gegeben hat, weiss er nicht, ob es sein Freund nun zulassen würde, wenn er ihm jetzt einen schnellen Kuss geben würde.

Da Yami ihm auch mit keiner Geste zu verstehen gibt, was er machen soll, geht Yugi ohne Umweg zu seinem Stuhl und setzt sich hin.
 

Verwirrt, weil Yugi sich anders verhält als in den letzten Tagen sieht Yami ihn über den Tisch hinweg an. Dabei vergisst er beinahe, sich auch etwas von der Reispfanne zu nehmen. So sehr ist er in seinen Gedanken vertieft, was das veränderte Verhalten von Yugi zu bedeuten haben könnte.

Als ihn dann ein unsicherer Blick trifft, glaubt Yami zu verstehen, was los sein könnte.

Wenn Rishido nicht mit ihnen am Tisch sitzen würde, könnte er ihn ja einfach darauf ansprechen, aber das will Yami nicht und einfach so über den Tisch nach der Hand seines Shariks greifen will er auch nicht. Darum macht er dann das Nächste was ihm in den Sinn kommt. Vorsichtig streckt er sein linkes Bein aus, bis er mit seinem Fuss Yugis anstupsen kann. Sofort schnellt Yugis Kopf nach oben und er sieht ihn erstaunt mit einem tonlosen „Was?“ an.

Da Yugi nichts Anderes macht und auch sein Bein nicht zurückzieht, erwacht in Yami der Spieltrieb und die Neugier. Mit einem unschuldigen Blick, lässt er seinen Fuss ein wenig an Yugis Wade nach oben und unten gleiten, während er sich in aller Ruhe eine Gabel voll Reis in den Mund schiebt.
 

Innerlich laut lachend beobachtet Sugoroku wie Yugis Wangen rot anlaufen. Kann er sich doch denken, was Yami da unter dem Tisch gerade macht, da er gesehen hatte, wie sich Yami leicht anders hingesetzt hat. Schmunzelnd blickt er zu Yami und dann zu Rishido, der gerade mit gerunzelter Stirn Yugi ansieht und wohl etwas sagen will, da dessen Wangen inzwischen wirklich ziemlich rot sind.

„Rishido, hast du wieder diesen Brotauflauf gemacht?“, kommt Sugoroku der Frage zuvor, die der grosse Ägypter ziemlich sicher gerade stellen will und es funktioniert. Denn der andere schaut nun zu ihm und nickt. „Ja, Meister Sugoroku.“
 

Sofort hält Yami in der Bewegung inne und dreht seinen Kopf zu Rishido. „Du hast Um Ali gemacht?“, mit glänzenden Augen sieht er den grossen Ägypter an, der amüsiert mit dem Kopf nickt. „Ja, das habe ich. Mich wundert es aber, dass du noch nicht gefragt hast, was da auf der Ablage steht.“ Dabei deutet er auf die grosse Auflaufform, die Yami von seinem Platz aus noch gerade so hinter Yugi erkennen kann.

Am liebsten würde er sofort aufstehen. Weil er aber weiss, dass es Sugoroku überhaupt nicht leiden kann, wenn er das Dessert noch während des Essens auf den Tisch stellt, bleibt er sitzen. Darum konzentriert er sich nun voll und ganz auf seine Portion, die er in Rekordzeit isst. Nur leider muss er jetzt auf die anderen warten und hibbelt schon beinahe auf seinem Stuhl herum, bis auch sie endlich mit dem Essen fertig sind.
 

Da Yugi sich erst wieder ein wenig beruhigen muss, braucht er etwas länger bis auch er seinen Teller geleert hat. Dafür übernimmt es auch er, die Teller zusammenzustellen und in die Spüle zu stellen, während Rishido die Auflaufform mit dem Um Ali auf den Tisch stellt. In aller Ruhe gibt er jedem eine Portion auf den Teller.
 

Kaum hat Yami seine extragrosse Portion vor sich stehen schnappt sich dieser seine Gabel. Genüsslich lässt er den ersten Bissen in seinem Mund schon beinahe zergehen, ehe er ihn runterschluckt. „Mhhhhh, der ist einfach zu lecker.“
 

Kurz sieht Yugi verwirrt zu Yami, hat er doch ausser dem „Mhhhh“ nichts verstanden, da Yami wieder Ägyptisch gesprochen hat. Als er dann aber das verlegene Strahlen in Rishidos Gesicht erkennt, kann er sich denken was sein Freund da gesagt hat.
 

Obwohl Rishido diesmal die grosse Auflaufform genommen hat und die Reispfanne sehr sättigend gewesen ist, bleibt wieder nichts von dem Um Ali übrig. Dafür lehnt sich Yami stöhnend auf seinem Stuhl zurück. „Puh, ich habe wohl ein wenig zu viel gegessen.“ Was die anderen am Tisch laut lachen lässt.

„Das wundert mich nicht Yami. Du hast fast die Hälfte des Brotauflaufs allein gegessen“, schmunzelt Sugoroku. Dabei macht er sich gedanklich eine Notiz, dass es in der nächsten Zeit nichts Süsses mehr geben wird. Nicht, dass Yamis Körper doch noch überfordert wird, da dieser sich sicher nicht so schnell von 5 Hungerjahren auf normales Essverhalten und dazu noch so viel Süsses umstellen kann.
 

Nachdem sie noch eine Weile ruhig dagesessen sind, steht Yugi als erster von ihnen auf. „So, ich geh dann mal die Buchhaltung fertigmachen und heute Abend übernehme ich es die Küche aufzuräumen. Ist das für euch in Ordnung?“, fragend sieht er die anderen an und erntet zustimmendes Nicken. „Ist gut, dann räumen wir drei auf und danach spielen Yami und ich Schach.“ Übernimmt es Sugoroku zu antworten.

Was Yugi erstaunt zu Yami blicken lässt. Hat dieser doch schon seit Rishido hier ist nicht mehr mit seinem Grossvater Schach gespielt. Doch Yami zuckt nur mit den Schultern, während er beginnt zusammen mit Rishido den Tisch abzuräumen.
 

Da die beiden jungen Männer gut zusammenarbeiten holt Sugoroku das Schachbrett aus dem Wohnzimmer nach unten und stellt es auf den Küchentisch. Kurz sieht er zu den anderen beiden, die sich sogar auf Ägyptisch unterhalten, während Rishido am abwaschen ist und Yami das saubere Geschirr zum Abtrocknen rüberreicht. Bis auf den ziemlich grossen Abstand der zwischen den beiden herrscht, so dass sowohl Rishido als auch Yami ihre Arme ganz ausstrecken müssen, damit das Geschirr übergeben werden kann, sieht das Bild ziemlich normal aus.
 

Als dann auch die Auflaufform abgetrocknet und an ihrem Platz verstaut ist, hängt Yami das Geschirrtuch an den Haken und wendet sich nun auch dem Schachbrett zu. „Wer fängt an?“, fragend sieht er Sugoroku an der grinsend eine schwarze und eine weisse Schachfigur in die Hände nimmt und diese hinter seinem Rücken versteckt. „Weiss beginnt.“

Daraufhin verschränkt Yami die Arme und sieht ihn mit einer ernsten Miene an. „Dann will ich deine rechte Hand sehen.“ Dass sie auch jedes Mal dieses kleine Spielchen vor einer Schachpartie spielen müssen, findet er irgendwie schon beinahe lustig. Nur würde er das dem alten Mann niemals zeigen. Vor allem da er weiss, dass er immer die schwarze Figur erwischt, wenn sie das machen. So auch diesmal, denn als Sugoroku die Hand öffnet, liegt da der schwarze Bauer.

„Was für ein Zufall, dass ich schon wieder schwarz erwischt habe“, spottet Yami leicht die Schultern zuckend und setzt sich auf seinen üblichen Platz.

Kaum haben sie das Brett so gedreht, dass er die schwarzen Figuren vor sich stehen hat, geht es auch schon los.
 

Wie beinahe immer eröffnet Sugoroku die Partie, mit dem zweiten Bauern von rechts, den er um zwei Felder nach vorn rückt. Eigentlich kontert Yami ja immer damit, dass er den Bauern gegenüber auch zwei Felder nach vorn rücken lässt, aber diesmal nimmt er den Bauern auf der anderen Seite. Mal sehen, wie Sugoroku darauf reagieren wird. Ist das doch keiner seiner üblichen ersten Züge.

Tatsächlich runzelt dieser nachdenklich die Stirn und entscheidet sich dann für den Springer, den er nun vor den Bauern hinstellt.

Davon lässt sich Yami nicht beeindrucken, sondern lässt nun seinen Läufer vorrücken.
 

Neugierig beobachtet Rishido wie die beiden die Figuren auf dem Feld hin und her bewegen. Zwar kennt er vom Zusehen die Grundregeln, aber gespielt hat er noch nie selbst. Ausserdem würde er es auch nie wagen, das Spiel der Könige so zu entweihen, indem er es selbst einmal spielt. Ist es doch sonst nur den freien Bürgern vorbehalten Schach zu spielen.
 

Yami und Sugoroku sind so in ihre Partie vertieft, dass sie gar nichts mehr um sich herum mitbekommen, bis Yami plötzlich von hinten umarmt wird. Erschrocken zuckt er zusammen. „Yugi! Erschrecke mich doch nicht so!“, gespielt wütend sieht er zur Seite und in Yugis Gesicht.

„Entschuldige.“ Dieses Wort sagt Yugi laut und deutlich und dann deutlich leiser, so dass ihn nur sein Freund verstehen kann. „Das ist die Rache für heute Mittag.“ Am liebsten würde er ihm ja nun einen Kuss auf die Wange oder noch lieber auf die Lippen drücken, aber weil er weiss, dass dies für Yami zu viel wäre, legt er seinen Kopf einfach nur auf dessen Schulter ab. „Wenn es dich nicht stört, bleibe ich so stehen. Wer gewinnt eigentlich?“, aufmerksam mustert er das Schachbrett, wo nur noch gut die Hälfte der Figuren draufstehen.
 

Da Yami jetzt mit seinem Zug dran ist, lässt er die Dame zwei Felder vorrücken, um seinen Angriff auf den König vorzubereiten. „Solange du mich nicht behinderst, kannst du ruhig so bleiben und wenn es so weitergeht ist Grossvater in drei Zügen Schachmatt.“
 

Diese Aussage lässt Yugi leise kichern, Rishido geschockt dreinschauen und Sugoroku, der lässt sich nichts anmerken, sondern macht nun die Rochade, um den König aus der offensichtlichen Gefahrenzone zu bringen. „Das werden wir ja sehen, mein Junge. So schnell gebe ich mich nicht geschlagen.“ Mit verschränkten Armen lehnt er sich zurück und wartet auf den Konter von Yami.

Der verschiebt den Turm um vier Felder nach rechts. „Danke, auf die Rochade habe ich schon gewartet. Noch zwei Züge.“
 

Geschockt, wie selbstsicher Yami mit Meister Sugoroku spricht, blickt Rishido zu ihm und würde am liebsten sagen, dass der andere es sich doch nicht erlauben darf, den Meister zu besiegen und das dann auch noch so anzukündigen!
 

In aller Ruhe wartet Yami auf den nächsten Zug seines Gegners, während er nun unbewusst mit den Fingern über Yugis Handrücken streichelt, der gerade so praktisch auf seiner Brust liegt.

Wie er es erwartet hat, platziert Sugoroku seinen letzten Läufer beim König. „Nur noch ein Zug.“ In aller Ruhe lässt er seine Dame den Läufer schlagen. „Schach.“
 

Nun ist es an Sugoroku leise vor sich hin zu fluchen. Ist er doch auf den wohl ältesten Trick der Schachwelt reingefallen und hat Yamis Dame vergessen, die dieser bis jetzt nur minim bewegt hatte. Da er weiss, dass er wirklich mit dem nächsten Zug von Yami Schachmatt ist, kippt er seinen König um. „Du hast gewonnen. Noch eine Partie? Und diesmal mache ich es dir nicht so leicht“, fragend sieht er seinen Gegner an.

„Ich habe doch gesagt nur eine Partie“, seufzt Yami mit einem Blick an die Decke. Dann sieht er zu Rishido. „Übernimmst du den Stall?“ Dies sagt er für alle verständlich, wechselt dann aber die Sprache. „Weil Grossvater wird jetzt sowieso keine Ruhe mehr geben, bis ich ja sage.“
 

Überrascht von der Bitte nickt Rishido. „Nem. Die übliche Nachmittagsversorgung?“, innerlich freut er sich, dass er noch einmal die Pferde versorgen kann. Hat er doch gemerkt, dass ihm die Arbeit mit den beiden schon jetzt fehlt.
 

„Nem. Die Netze sind auch schon fertig gestopft und müssten den beiden jetzt dann gegeben werden.“ Auch wenn es Rishido nicht zeigt, weiss Yami, dass sich dieser über die Bitte freut.

Nun wendet er sich wieder Sugoroku zu. „Da Rishido den Stall macht... dreh das Brett um, jetzt bin ich mit Weiss dran.“ Dass ihn Yugi immer noch umarmt stört ihn kein bisschen. Im Gegenteil, es ist sehr angenehm und vielleicht lernt Yugi ja noch was, wenn er ihm zusieht. Denn leider ist sein Sharik ein hundsmiserabler Taktiker, wenn es nicht um Preisverhandlungen geht.

Mit einem fiesen Grinsen, eröffnet Yami das Spiel diesmal nicht mit einem seiner Bauern, sondern holt als erstes den rechten Springer nach vorn. Was Sugoroku erstaunt die Augenbrauen hochziehen lässt.

Nicht nur dieser ist überrascht, sondern auch Yugi. „Yami, was machst du da?“ Fragend blickt er abwechselnd auf das Schachbrett und in das Gesicht seines Freundes, das er leider nur im Profil erkennen kann, da dieser ihn nicht ansieht.

„Ich dachte, ich probiere mal was Neues und jetzt sieh einfach nur zu.“ In Gedanken plant er schon seine möglichen nächsten Züge.
 

Es dauert ziemlich lange, bis sich Sugoroku für einen seiner mittleren Bauern entscheidet und diesen um zwei Felder vorrücken lässt. Hat er doch noch nie so eine Eröffnung gesehen, wie sie Yami gerade gemacht hat.
 

Als Yami diesen Zug sieht, weiss er, dass er schon so gut wie gewonnen hat. Nur noch so zehn bis zwölf Züge und dann ist das Spiel vorbei. Anmerken lässt er sich seine Gedanken aber nicht, sondern setzt einfach nur einen seiner Bauern ein Feld weiter vorn ab.
 

So geht es noch ein paar Züge, wobei Sugoroku jedes Mal länger braucht, bis er sich für eine Figur entscheiden kann und sich dabei immer mehr fragt, was sein Gegner vorhat. Kann er doch kein System in der jetzigen Aufstellung der Figuren erkennen.
 

Nach neun Zügen hat Yami Sugorokus König genau da wo er ihn haben wollte. Mit einem breiten Grinsen setzt er seinen Springer in die perfekte Angriffsposition und hat so den gegnerischen König eingekesselt. „Schachmatt!“ Denn egal wohin dieser nun verschoben wird, kann er ihn mit einer seiner Figuren Schachmatt setzen.
 

Geschockt blickt Sugoroku auf das Schachbrett. „Wie hast du das gemacht? Das ist doch unmöglich, dass du mich mit vier Figuren besiegen könntest.“
 

Weil das Spiel so schnell vorbeigegangen ist, konnte es Rishido mit weit aufgerissenen Augen verfolgen und kann es wie Meister Sugoroku nicht glauben, dass es schon jetzt zu Ende ist. „Ich... bin dann mal im Stall.“ Jetzt braucht er erst mal Zeit um in Ruhe nachzudenken und das kann er am besten, wenn er im Stall arbeitet. Wie kann Yami nur so gut Schach spielen und den Meister nicht nur einmal, sondern sogar zweimal hintereinander besiegen.
 

Von Rishidos Verschwinden bekommt Sugoroku gar nichts mit. „Ich verlange eine Revanche und diesmal wirst du es nicht so leicht haben.“ Bestimmt dreht er das Brett wieder um und platziert die Figuren wieder auf ihren Plätzen.
 

Unbeeindruckt zuckt Yami mit den Schultern und blickt mit hochgezogener Augenbraue zu Yugi, der inzwischen mehr oder weniger neben ihm auf dem Tisch sitzt. „Ich habe zugestimmt mit Grossvater eine Partie zu spielen. Ich bin ja im Rechnen nicht so gut, aber drei Partien sind doch mehr als eine. Oder?“
 

Gespielt nachdenklich reibt sich Yugi das Kinn. „Gute Frage, aber ich denke, dass drei Partien doch das Dreifache von einer sind.“ Breit grinsend beugt er sich zu Yami vor und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. „Aber ich befürchte, wenn du wieder gewinnst, wird es noch eine vierte Partie geben und vielleicht sogar eine fünfte, wenn es dann nicht Zeit für’s Abendessen ist.“ Breit grinsend sieht er seinen Freund an. „Was aber nicht heisst, dass du ihn gewinnen lassen sollst. Er hat jahrelang jedes Spiel gewonnen, da tut es ihm ganz gut, wenn er mal keine Chance hat.“
 

„Hey, ich kann dich hören junger Mann!“, gespielt empört funkelt Sugoroku seinen Enkel an, er ihn mit dem wohl unschuldigsten Blick den es gibt ansieht. „Was denn? Du geniesst es doch, dass du dich mit einem stärkeren Gegner messen kannst.“

Daraufhin schüttelt Sugoroku nur den Kopf und macht seinen ersten Zug mit einem der Bauern. „Ich kann doch auch nichts dafür, dass du immer noch auf Anfängerniveau bist, obwohl wir seit bald zehn Jahren beinahe jeden Sonntag spielen.“
 

Es kommt dann auch so, wie es Yugi prophezeit hat. Weil Yami wieder gewinnt, gibt es noch eine fünfte Partie, die er allerdings massiv verkürzt, indem er sehr aggressiv spielt und so Sugoroku schon nach sechs Zügen so in die Enge gedrängt hat, dass dieser sich ergibt und den König umkippt. „Ich geb’s für heute auf. Doch der nächste Sonntag wird kommen oder der nächste freie Nachmittag und ich sage dir, irgendwann werde ich dich besiegen.“
 

Diese Ansage lässt Yami nur die Schultern zucken. „Bestimmt, so in zwanzig Jahren oder so. Auch wenn ich zugeben muss, dass du schon besser geworden bist.“ Frech grinst er Sugoroku an, der ihm mit ausgestrecktem Finger ebenso grinsend droht. „Das werden wir ja noch sehen und wenn ich dich um Mitternacht für eine Partie aus dem Bett werfen muss. Irgendwann wirst du verlieren.“
 

Überhaupt nicht beeindruckt mustert Yami seine Fingernägel. „Das kannst du ruhig versuchen, aber das wird nicht klappen. Schliesslich bin ich nicht so ein Morgenmuffel wie Yugi.“
 

Diese Aussage, lässt Yugi beinahe vom Tisch fallen. „Hey, lasst mich aus dem Spiel!“ Empört springt er vom Tisch. „Ich decke mal den Tisch für’s Abendessen. Ich habe nämlich langsam Hunger.“

Erstaunt blicken ihm Yami und Sugoroku nach. Ist es denn wirklich schon so spät, dass Yugi nach dem reichlichen Mittagessen schon wieder Hunger hat? Yami muss nämlich vor sich selbst zugeben, dass er immer noch mehr als satt ist.
 

Trotzdem steht er auf und hilft Yugi beim Tischdecken. Unterdessen bringt Sugoroku das Schachspiel wieder nach oben ins Wohnzimmer und ruft dann Rishido rein.
 

Tatsächlich schafft es Yami nur ein kleines Stück Brot mit etwas Wurst zu essen, ehe er sich zurücklehnt und darauf wartet, dass auch die anderen mit dem Essen fertig sind.

 

 

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Nun hat Yami also mal einen neuen Haarschnitt, auch wenn May ihm nur die Spitzen geschnitten hat. Zum Glück war ja Yugi trotz ihres Streits für ihn da, als Yami ihn darum gebeten hat.

 

Ich weiss nicht, ob Sugoroku mir leid tun soll oder nicht. Hat er doch gegen Yami beim Schach einfach keine Chance.

 

Nun noch eine kleinen Info. Da ich am nächsten Sonntag ins Kino gehen werde um einen ganz bestimmten Film zu sehen und ich am Nachmittag nicht wirklich Zeit haben werde, werde ich versuchen das nächste Kapitel schon am Samstag fertig zu haben. Wenn es nicht klappt, wird es vermutlich Montag werden, bis es online kommt.

 

Und nun meine übliche Verabschiedung. ;-)

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

So geht's nicht länger weiter

Hallo zusammen,

 

das Kapitel ist oh Wunder am Samstag um 23:54 fertig geschrieben gewesen und jetzt knapp anderthalb Stunden später ist es auch noch einmal durchgelesen.

 

So, ich will euch nicht länger auf die Folter spannen und sage nur noch eine Kleinigkeit. Ich widme dieses Kapitel allen Kommischreibern und denen, die die Geschichte in ihre Favos mit aufgenommen haben.

 

Und jetzt wünsche ich nur noch viel Spass.

 

 

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Kapitel 34: So geht’s nicht länger weiter

 

 

Es ist mitten in der Nacht als Yugi aufwacht, weil er sich an Yami kuscheln möchte und seine Hand nur eine leere Betthälfte findet. Verwirrt schlägt er die Augen auf und merkt, dass er wirklich allein im Bett liegt. Sofort setzt er sich hellwach auf damit er sich besser im Zimmer umsehen kann. Es dauert auch nicht lange, da sieht er Yami auf dem Tisch an den Fensterrahmen gelehnt dasitzen. „Yami?“, versucht er ihn leise auf sich aufmerksam zu machen. Doch sein Freund scheint so sehr in Gedanken zu sein, dass er ihn nicht hört.

Besorgt schlägt Yugi die Decke zurück und setzt sich auf die Bettkante. Doch auch durch diese Bewegung wendet sich Yami nicht um, sondern sieht weiter aus dem Fenster in die Nacht hinaus, die nur durch die Strassenlampe leicht erhellt wird.

Deswegen steht er ganz auf und geht zu dem Tisch, wo er sich so hinstellt, dass er bemerkt werden müsste. Nur blickt Yami weiter mit einem abwesenden Blick, die Hände auf die angezogenen Knie gelegt, in die Nacht hinaus.

„Yami? Ist alles in Ordnung?“, leicht legt er seine Hand auf die seines Freundes.
 

Von der Berührung überrascht braucht Yami einen Moment bis er realisiert, dass Yugi bei ihm steht und nicht mehr schlafend im Bett liegt. „Yugi? Was ist los? Habe ich dich geweckt?“ Mit der einen Hand greift er nach Yugis und verschränkt ihre Finger ineinander.

„Nein, du hast mich nicht geweckt. Ich bin von allein wach geworden. Doch was ist mit dir? Sitzt du schon lange hier und siehst aus dem Fenster?“ Während er redet setzt sich Yugi auf die Tischkante, so dass er Yami weiter ins Gesicht sehen kann.

Leicht schüttelt Yami den Kopf. „Es ist nichts, ich konnte nur nicht mehr schlafen und wollte darum noch ein wenig nachdenken.“ Während er redet, bewegt Yami unbewusst seinen Daumen auf Yugis Hand hin und her.

Nur nimmt Yugi diese Bewegung mehr als bewusst wahr, verursacht sie doch ein angenehmes Kribbeln auf seiner Hand. „Verrätst du mir worüber du nachgedacht hast?“, neugierig blickt er Yami mit zur Seite geneigtem Kopf an.

Allerdings sieht Yami wieder nachdenklich aus dem Fenster. „Über Dieses und Jenes“, seine Stimme klingt abwesend, als wäre er in Gedanken schon wieder woanders. „Ich mag Nussschokolade.“
 

Im ersten Moment ist Yugi von der Information ziemlich überrumpelt, aber dann lächelt er. „Nussschokolade ist auch lecker. Die habe ich bei den Takeshis auch immer gern gegessen.“

Da es langsam auf der Kante etwas unbequem wird, setzt sich Yugi auch ganz auf den Tisch, wobei er die Hand seines Freundes keine Sekunde loslässt. Müde legt er den Kopf auf seine angewinkelten Beine. „Ich nehme an, das ist nicht das einzige, was dir durch den Kopf geht? Hmmm?“
 

„Nein, ich habe auch über gestern nachgedacht“, erst jetzt blickt Yami wieder zu Yugi. „Ich will nicht mehr so weitermachen wie bisher“, ernst erwidert er den erstaunten Blick. „Ich will keine Angst mehr vor Berührungen haben, ich nicht mehr in Panik verfallen, wenn man etwas von mir verlangt oder ich in Situationen komme, die mich an früher erinnern. Ich will den ganzen Scheiss vergessen und endlich ein möglichst normales Leben haben. Nur kann ich das offensichtlich nicht“ Wütend über sich selbst senkt Yami den Blick auf ihre verschlungenen Hände.
 

„Ach Yami“, seufzt Yugi verstehend. „Du bist doch schon so weit gekommen. Lass dir Zeit und irgendwann...“ „Irgendwann! Das ist es ja, ich habe das Gefühl, dass ich keinen Schritt weiterkomme, im Gegenteil! Verdammt Yugi, als May meine Masse genommen hat, war es für mich zwar hart, aber ich hatte nicht diese Panikattacke wie heute im Bad! Ich hatte mich besser unter Kontrolle und...“ „Yami hör auf.“ Sanft legt Yugi seine freie Hand auf Yamis Wange, was diesen wirklich zum Verstummen bringt. Eindringlich sieht er in dessen Augen. „Ja, du warst vielleicht beherrschter, hattest dich besser unter Kontrolle und keine Panikattacken. Nur warst du gefühlsmässig auch so gut wie, entschuldige das harte Wort, tot oder hattest eine beinahe undurchdringliche Mauer um dich herum aufgebaut, die aber schon am ersten Abend angefangen hat zu bröckeln. Yami, ich habe doch gesehen, wie du dich damals angespannt hast oder zusammengezuckt bist, wenn ich dich berührt habe. Diese Schutzmauer ist jetzt weg, du beginnst wieder zu leben, das Leben neu zu entdecken und das macht dich im Moment verletzlich. Ich bin sicher, mit der Zeit wird auch dein Unterbewusstsein lernen mit dem was dir alles angetan worden ist umzugehen.“ Leicht streichelt er über die weiche Haut und kann dabei unter seinen Fingern die leichten Stoppeln spüren.

„Denk nur daran wie überrascht du gewesen bist, als wir uns das erste Mal geküsst haben. Ich bin sicher mit der Zeit wirst du noch viel mehr Dinge entdecken, die unter Zwang schrecklich, aber freiwillig einfach nur schön sind.“
 

Einen Moment lang schmiegt sich Yami in die Liebkosung, ehe er wieder aus dem Fenster blickt. „Was ist denn auch noch schön?“, fragend sieht er wieder zu Yugi. Der mehr als froh ist, dass das schwache Licht nicht ausreicht seine nun sicher hochroten Wangen zu erkennen. „Ähm... naja... also... ähm“, stottert er vor sich hin. Reisst sich dann aber zusammen, als er den ehrlich fragenden Blick seines Freundes sieht. Tief holt er Luft. „Gut, ich probier’s dir zu erklären.“ Nur wo soll er bloss anfangen? Vielleicht beim nächsten möglichen Schritt, den Yami gehen könnte. „Also, sich gegenseitig beim Küssen auch mit den Händen zu berühren oder die Lippen und den Mund des anderen auch mit der Zunge zu erkunden und das gegenseitig.“
 

Mit grossen Augen sieht Yami Yugi an. Ein Kuss mit Zunge kann schön sein? Dass gegenseitiges Berühren beim Küssen schön sein kann, kann er sich ja noch vorstellen, aber das andere ist doch einfach nur eklig! Oder?

Nach einem Moment der Stille, in dem Yami nur nachdenklich Löcher in die Luft gestarrt hat, blickt er wieder zu Yugi. „Was noch? Was kann noch schön sein?“
 

Nun muss Yugi leer schlucken. Scheisse und das mitten in der Nacht! Verlegen sieht er kurz zur Seite, dann sieht er wieder zu seinem Freund. „Es kann alles schön sein, solange es freiwillig passiert. Sich gegenseitig mit den Händen und den Lippen erkunden, die Haut des Partners zu spüren und zu schmecken. Sich gegenseitig oder auch selbst zu verwöhnen. Entdecken was einem selbst und dem Partner gefällt und auch was nicht so gefällt.“ Da er Yami Zeit geben will, das was er gesagt hat wenigstens halbwegs zu verstehen hält Yugi inne. Zudem braucht auch er einen Moment um sich wieder etwas zu sammeln und sein Kopftheater etwas zu beruhigen.
 

Geschockt sieht Yami direkt in Yugis Gesicht. Das soll alles schön sein, wenn es freiwillig passiert? Kann das wirklich sein? „Und... Sex?“, wagt er es dann beinahe lautlos mit zitternder Stimme zu fragen.
 

In Gedanken sucht Yugi gerade das nächste Mauseloch, wo er sich verkriechen könnte. Wieso muss Yami auch alles so genau wissen wollen und dann auch noch so direkt nachfragen und seine schlimmste Befürchtung damit bestätigen? Nun wirklich verlegen, fährt er sich mit seiner freien Hand durch die Haare. „Ja, Sex ist auch schön. Wenn er erstens freiwillig passiert und zweitens mit der Person die man li... für die man Gefühle hat und der man vertraut. Yami, was soll ich noch sagen? Sex kann wunderschön, der Himmel auf Erden sein, aber dafür müssen beide Partner auch bereit sein.“ Als er das ängstliche Flackern in Yamis Augen erkennt, zieht sich Yugis Herz zusammen. „Ich würde und werde dich sicher nie zu etwas zwingen, was du nicht willst und wofür du nicht bereit bist. Denn für mich ist all das was ich jetzt gesagt habe nur schön, wenn es auch für dich schön ist.“ Dass er sich zur Not für immer ins Bad verziehen wird, fügt Yugi nur in Gedanken hinzu.
 

Unsicher, was er von dem Gehörten halten soll, sieht Yami auf ihre immer noch verschlungenen Hände. „Sex bedeutet für mich Schmerz und Ekel.“ Zwar murmelt er nur vor sich hin, aber da Yugi so nah bei ihm sitzt kann er jedes Wort verstehen. Sanft legt er darum seine Hand unter Yamis Kinn und hebt so leicht seinen Kopf an, so dass er ihm wieder in die Augen sehen kann. „Ich weiss und genau darum würde ich nie von dir verlangen mit mir zu schlafen oder auch nur etwas von dem zu machen was ich vorhin aufgezählt habe. Du bestimmst das Tempo und wofür du bereit bist.“ Liebevoll fährt er mit den Fingerspitzen an Yamis Kinnlinie entlang, bis er den Übergang zum Hals erreicht. „Ich will ehrlich sein. Denn das hast du mehr als verdient. Ja, ich freue mich über jede Zärtlichkeit, jeden Kuss und jede Umarmung die du mir schenkst. Ich würde dir gern all das zeigen, was ich dir gerade erzählt habe, aber erst wenn du dafür bereit bist.“
 

Mit grossen Augen erwidert Yami mit klopfendem Herzen Yugis Blick. Ist das alles wirklich schön, wenn es freiwillig und mit der richtigen Person geschieht? Wieder spürt er diesen Konflikt in sich, an den er sich inzwischen schon beinahe gewöhnt hat. Schreit doch seine eine innere Stimme laut und deutlich, ja schon beinahe panisch, „NEIN, das ist eine LÜGE!“, während die andere Stimme ruhig klingt. „Vertrau Yugi und probiere es aus. Vielleicht gefällt es dir ja wirklich. Küssen und Kuscheln ist ja auch schön und das hast du vorher auch nicht gewusst oder geahnt.“

Vollkommen überfordert schliesst er mit gesenktem Kopf die Augen. Auf welche Stimme soll er nur hören?
 

Besorgt über die Reaktion seines Freundes verstärkt Yugi ihren Händedruck, während er sich leicht runterbeugt, damit er ihm besser ins Gesicht sehen kann. „Yami?“
 

Als Yami seinen Namen hört hebt er ruckartig den Kopf. So schnell, dass Yugi gar nicht reagieren und er selbst nicht darüber nachdenken kann, packt er ihn im Nacken und drückt ihm seine Lippen auf den Mund. Anders als sonst küsst er seinen Sharik nicht sanft und zurückhaltend, sondern schon beinahe verzweifelt und rücksichtslos.
 

Im ersten Moment ist Yugi so überrumpelt, dass er einfach stillhält. Doch dann beginnt er den Kuss zu erwidern, versucht seinen Freund so etwas zu lenken und etwas Sanftheit reinzubringen. Am liebsten würde er Yami ja auch mit den Händen etwas lenken, aber er spürt, dass dafür die Zeit noch nicht gekommen ist.

Yugi weiss nicht, wie lange dieser Kuss gedauert hat, als sie sich schwer atmend voneinander lösen. Allerdings kann er nur kurz in die rubinroten Augen sehen, denn Yami legt den Kopf auf seiner Schulter ab.

Erst jetzt wagt es Yugi ihn leicht zu umarmen.
 

Es dauert lange bis Yami sich wieder soweit gefangen hat, dass er weiss auf welche der beiden Stimmen er nun wirklich hören will und muss!

Auch wenn er sich ewig an Yugis Schulter verstecken würde, hebt er den Kopf wieder an, damit er in die Augen seines Shariks blicken kann. „Zeig es mir. Zeig mir, dass all das wirklich schön sein kann.“ Tief holt er Luft um sich für das was er jetzt sagen will zu sammeln. „Konfrontiere mich mit meinen Ängsten, so wie am Dienstag im Lager. Hilf mir, sie zu überwinden und zu besiegen.“
 

Geschockt, aber auch Stolz über den Mut seines Freundes nickt Yugi. „Das werde ich, aber sicher nicht alles auf einmal. Sondern eins nach dem anderen. Wir werden das mit Geduld machen, denn wir haben alle Zeit der Welt um einen Schritt nach dem anderen zu machen. So wie ich es dir im Lager gesagt habe. Sonst überforderst du dich und das wäre sehr schlecht. Was du jetzt brauchst ist Geduld.“ Um seinen Worten die Sanftheit zu geben, die er seinem Freund vermitteln will, lächelt Yugi ihn an und streichelt ihm sanft über den Nacken und die Wangen.
 

Einerseits ist Yami über die Antwort erleichtert, aber andererseits auch irgendwie enttäuscht, dass er geduldig sein und sich mehr Zeit geben soll.

Als Yugi nach einer Weile nur mit Mühe ein Gähnen unterdrücken kann, kann sich Yami ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Na komm. Es ist noch eine Weile hin bis die Sonne aufgeht. Lass uns wieder ins Bett gehen, so dass du noch ein wenig Schlaf bekommst.“

Erst jetzt, wo er aufstehen will merkt er, dass er zwischen der Wand und Yugi schon beinahe eingekeilt ist und erst vom Tisch runterkommt, als auch Yugi von der Tischplatte rutscht. Doch zu seinem Erstaunen ängstigt ihn diese Erkenntnis gar nicht. Kann es wirklich sein, dass Yugi Recht und er schon viel mehr erreicht hat, als er sich bewusst ist?

Sagen tut er allerdings nichts dazu, sieht er doch wie müde Yugi ist. Deswegen legt er sich, obwohl er sich sicher ist nicht schlafen zu können neben Yugi unter die Decke, der sich wie erwartet sofort an ihn kuschelt und nur Sekunden später auch schon eingeschlafen ist.

Entgegen seiner eigenen Erwartung beruhigen ihn die ruhigen Atemzüge und die Nähe seines Shariks so sehr, dass auch ihm nach einer Weile die Augen zufallen und sein Körper endlich den so sehr benötigten Schlaf bekommt.
 

Obwohl Yami erst weit nach Mitternacht, eigentlich schon eher am frühen Morgen eingeschlafen ist, weckt ihn seine innere Uhr als die Sonne beginnt den Himmel mit ihren Strahlen zu erhellen. Müde öffnet er seine Augen, versucht sich aber gleichzeitig noch etwas mehr ins Kissen zu kuscheln. Doch auch wenn er gern noch ein wenig weiterschlafen würde, zwingt ihn sein Verantwortungsbewusstsein und das Wissen, dass Rocky und Blacky auf ihr erstes Heu warten, regelrecht dazu aufzustehen.

Nur ist das leichter gesagt als getan, wird er doch von Yugi wieder als lebendes Kopfkissen benutzt. Irgendwie ist das ja schon normal geworden, dass sie am Morgen so daliegen und er deswegen nicht oder nur nach einigen Befreiungsaktionen aufstehen kann. Was ja zum Glück nicht mehr nötig ist seit sie am Morgen nicht mehr trainieren. Dafür aber am Abend beinahe doppelt so lange die einzelnen Übungen durchgehen. Was in seinen Augen auch viel effektiver ist, als zweimal am Tag kurze Trainingseinheiten zu machen.
 

Erst als die Sonne den Himmel schon deutlich erhellt beginnt auch Yugi sich zu regen und dreht sich dann sogar um, so dass Yami aufstehen kann. Möglichst leise, um den Schlafenden nicht zu wecken, steigt er dann vorsichtig aus dem Bett.

Gähnend geht Yami rüber in sein Zimmer um seine Sachen zu holen. Dabei fällt ihm die Drohung von Sugoroku ein, dass dieser ihn mal mitten in der Nacht für eine Partie Schach aus dem Bett werfen wird. Hoffentlich wird das nie passieren, denn auch wenn er keine Probleme hat schnell wach zu werden, kann er sich wirklich schöneres vorstellen, als gleich nach dem Aufstehen Schach zu spielen.
 

Nicht nur Yami hat in dieser Nacht wenig geschlafen. Auch Rishido ist wachgelegen und hat nachgedacht. Heute kommt ja endlich Meister Jonouchi wieder aus dem Gefängnis und er hofft wirklich, dass dieser nicht erst am Abend entlassen wird und er so noch bis morgen hierbleiben muss. Denn auch wenn er die beiden Meister und ihre ungewöhnliche Art irgendwie mag und sich zwischen ihm und Yami so langsam eine Art Kollegialität entwickelt hat, freut er sich darauf wieder nach Hause zu können. Denn auch wenn es für einen Sklaven gefährlich ist so zu empfinden, sieht er die Schmiede und die kleine Wohnung darüber, wo er sogar ein eigenes kleines Zimmer hat, als sein Zuhause an. Wer hätte gedacht, dass er so fern von seiner Heimat Ägypten jemals einen solchen Ort finden könnte.

Ohne dass es Rishido möchte, wandern seine Gedanken zu dem Tag im Sommer vor drei Jahren zurück, als er das erste Mal dieses Land betreten hat. Damals konnte er kein Wort Japanisch, was seinen ersten japanischen Besitzer nicht im Geringsten gestört hat. Stammen doch die Narben auf seinem Rücken von diesem Mann, der ihn für jeden noch so kleinen Fehler mit Freuden hart bestraft hat.

Besonders in den ersten Wochen ist dies beinahe täglich vorgekommen, bis er zumindest einige Worte gelernt und sich einer der Bereiter dazu herabgelassen hatte ihm die Sprache beizubringen.

Danach wurden die Bestrafungen seltener und als er so gut wie keine Fehler mehr machte, hatte er schon beinahe ein schönes Leben, auch wenn er sich jeden Abend im Stall einen Schlafplatz suchen musste, was vor allem im Winter eine Kunst gewesen ist, da der Stall ja nicht beheizt worden ist.

Mit der Zeit hatte er auch gelernt, wann er seinem jähzornigen Besitzer besser aus dem Weg gehen sollte, da dieser irgendwann gar keinen Grund mehr vorgeschoben hat um ihn Bestrafen zu können, sondern dann einfach zugeschlagen hat, wenn er ihn gefunden hatte.
 

Da ist Meister Jonouchi ganz anders. Für keinen einzigen Fehler, den er am Anfang aus Unwissenheit gemacht hatte, ist er bestraft worden. Im Gegenteil, Meister Jonouchi hat sich dann immer die Zeit genommen und ihm erklärt, was er falsch gemacht hatte und ihm dann noch einmal gezeigt wie er es richtigmachen musste.

Zudem hat er in seinem Zimmer einen kleinen Ofen, den er sogar benutzen durfte um den Raum in den noch kalten Frühlingsnächten ein wenig zu heizen.

Da er aber schnell bemerkt hat, dass die Wohnung eigentlich nur durch das Feuer in der Küche und die Wärme der Schmiede, die nach oben steigt, beheizt wird, hat er den Ofen nur sehr selten benutzt und sich lieber eine weitere Decke genommen, da er es auch nicht wirklich gewohnt ist in einem beheizten Raum zu schlafen.

Deutlich kann er sich noch an seine Überraschung erinnern, als ihm sein neuer Meister sein eigenes Zimmer in der Wohnung gezeigt hat. Hatte er doch damit gerechnet, dass er entweder in der Schmiede oder im Stall bei den Pferden schlafen muss.
 

Noch grösser ist allerdings sein Erstaunen gewesen, als er das gleiche Essen wie Meister Jonouchi bekommen hat und mit ihm an einem Tisch sitzen sollte. Es hat auch nicht lange gedauert, bis er das Kochen für sie beide übernommen hat. Ist doch das Essen von Meister Jonouchi nur bedingt geniessbar und da er in seiner früheren Heimat auch in der Küche arbeiten musste, war dies nur ein logischer Schritt.
 

Als er hört, dass Meister Sugoroku durch den Flur geht, steht Rishido auf. Die Sonne ist so gut wie aufgegangen und er hat kein Auge zugetan. Darum fühlt er sich wie gerädert und hofft, dass das Bad frei ist, damit er sich mit einer kühlen Dusche wenigstens etwas erfrischen kann.

Im Flur kommt gerade Yami die Treppe mit feuchten Haaren wieder nach oben, weshalb Rishido in einigem Abstand stehen bleibt. Nicht weil er vor dem Anderen Angst hätte, sondern weil er ihn respektiert und irgendwie auch für dessen Willensstärke bewundert.

Einander zunickend sehen sie sich an, während Yami wieder in das Zimmer von Meister Yugi geht, vermutlich um den Schlafanzug, den er über dessen Arm gesehen hat in sein eigenes Zimmer zu bringen.

Zu seinem Glück ist das Badezimmer wirklich frei, so dass er schnell das Schild auf die rote Seite dreht und dann die Tür hinter sich zumacht. Auch wenn es sich für ihn immer noch seltsam anfühlt, die Tür ganz zu schliessen und sie nicht nur anzulehnen, schätzt er dieses Mehr an Privatsphäre, das er dadurch gewonnen hat.
 

Während die anderen schon ziemlich munter sind, wird Yugi gerade so halbwegs wach. Verschlafen setzt er sich auf und reibt sich die Augen. Vor sich hin grummelnd, dass es noch viel zu früh zum Aufstehen ist, schwingt er die Beine über die Bettkante. Dann bleibt er sitzen um wenigstens noch ein bisschen wacher zu werden. Unbewusst reibt er sich mit der Hand übers Gesicht und zuckt dann zusammen. Sind seine Lippen nach dem heftigen Kuss doch noch ein wenig empfindlich. Mit einem Schlag fällt ihm daraufhin auch wieder sein nächtliches Gespräch mit Yami ein. Aufstöhnend vergräbt er das Gesicht in seinen Händen. Ist es ihm doch immer noch peinlich, wenn er nur schon daran denkt. Was muss sein Freund auch so neugierig und dazu noch ungeduldig sein. Obwohl, wenn er ehrlich ist, liebt er ihn auch deswegen und nur dieser Neugier ist es wohl zu verdanken, dass sie jetzt so etwas wie eine Art Beziehung haben.

Bei diesem Gedanken fängt unwillkürlich glücklich an breit zu grinsen. Wer hätte das vor noch nicht einmal zwei Wochen gedacht.
 

Von einem plötzlichen Tatendrang erfüllt steht Yugi auf und beginnt sich frische Kleidung zu suchen. Leider ist Yami ja schon im Stall, so dass er auf seinen Gute-Morgen-Kuss noch etwas verzichten muss. Deshalb und auch wegen der etwas zu kurzen Nacht ist Yugi trotz seines Tatendrangs ziemlich grummelig als er nach seiner Morgentoilette in die Küche kommt.
 

Im ersten Moment ist Sugoroku etwas erstaunt, dass sein Enkel wieder so grummelig daherkommt, dann fällt ihm aber ein, dass Yami schon eine Weile im Stall ist. Weshalb er jetzt einfach mal vermutet, dass Yugi wohl alleine aufgewacht ist und wenn er die kleinen Augen betrachtet, ist die Nacht wohl auch etwas kürzer ausgefallen.

Wenn er Yami nicht kennen würde, dann wäre seine Vermutung, dass die beiden eine heisse Nacht gehabt haben, aber das kann er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Zudem hat er keine verdächtigen Geräusche gehört.
 

Obwohl Sugoroku wirklich neugierig ist, lässt er seinen Enkel in Ruhe und gibt auch Rishido mit einem Kopfschütteln zu verstehen, dass er Yugi im Moment nicht ansprechen soll.
 

So kommt es, dass Yugi in aller Ruhe seinen ersten Tee trinken kann, ohne dass er Fragen beantworten muss. Worüber er wirklich froh ist, denn er will nicht über sein Gespräch mit Yami sprechen, wenn dieser nicht dabei ist und Rishido dazu noch mit am Tisch sitzt. Denn auch wenn er den grossen Ägypter irgendwie mag, gehen ihn solche privaten Dinge nicht wirklich etwas an. Eigentlich würde es ja auch seinen Grossvater nichts angehen, aber da sie zusammenleben bleibt es natürlich nicht aus, dass dieser auch die Sachen erfährt, die Yugi lieber in seinem Zimmer belassen würde.
 

Gerade als er sich eine zweite Tasse Tee einschenken will, betritt Yami die Küche und sieht ihn mit einem breiten Grinsen an. „Guten Morgen du Schlafmütze, hast du es auch noch aus dem Bett geschafft?“, eigentlich wollte er Yugi damit ärgern. Nur leider muss er gleich darauf gähnen. Was den Effekt hat, dass sein Sharik ihm die Zunge rausstreckt, während dieser sich die Arme verschränkend auf dem Stuhl zurücklehnt. „Jaja, das sagt der, der mit einem Gähnen in die Küche kommt.“

Dieser Anblick ist so verführerisch, dass Yami nicht widerstehen kann. Weshalb er mit einem Funkeln in den Augen zu Yugi geht und ihm die Hand in den Nacken legt. Obwohl auch seine Lippen etwas empfindlicher als sonst sind, gibt er Yugi einen kurzen aber dafür festen Kuss, während er ihn gleichzeitig an seinem Nacken etwas zu sich zieht.
 

Als sich ihre Lippen wieder voneinander lösen, seufzt Yugi unwillkürlich auf. Endlich hat er seinen Guten-Morgen-Kuss bekommen, nach dem er sich schon gesehnt hat.
 

Mit leicht geröteten Wangen sehen sich Sugoroku und Rishido an. Das war aber nicht das übliche Küssen, das sie in den letzten Tagen regelmässig mitbekommen haben. Irgendwas muss mit Yami in der Nacht passiert sein, denn anders lässt sich sein Verhalten beim besten Willen nicht erklären.
 

Die anderen ausblendend sehen sich Yugi und Yami an. „Ich habe dir ja gesagt, dass ich nicht so weitermachen will, wie bisher.“ Lächelt Yami seinen Sharik an, als er neben dem verräterischen Leuchten in dessen Augen auch Erstaunen erkennen kann.

Unwillkürlich erwidert Yugi das Lächeln, spürt aber gleichzeitig auch leichte Besorgnis in sich aufsteigen. „Ja, das hast du gesagt. Nur bitte, überfordere dich nicht wieder. So wie am Dienstag.“ Leicht legt er seine Hand auf Yamis Unterarm, da dieser ihn immer noch im Nacken festhält.

„Keine Sorge, das am Dienstag war mir eine Lehre und ich nehme mir auch deine Worte zu Herzen. Auch wenn es mir ehrlich gesagt sehr schwer fällt.“ Ehe er sich ganz von Yugi löst, gibt er ihm noch einen schnellen Kuss. Erst dann richtet er sich wieder auf. Dabei fällt sein Blick auf Sugoroku, der sie zwar mit leicht geröteten Wangen, aber trotzdem mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck mustert. „Guten Morgen Grossvater. Rishido.“ So als wäre nichts gewesen geht Yami um den Tisch herum und setzt sich auf seinen Stuhl. Erst dann greift er nach der Teekanne und füllt sich seine Tasse mit dem leckeren Schwarztee, den er dann natürlich mit einer grosszügigen Portion Honig süsst. So ganz ohne alles mag er den Tee nämlich nicht mehr so gern trinken.

Dass ihm die Blicke der beiden irgendwie unangenehm sind, lässt sich Yami nicht anmerken.

Dafür wäre er beinahe aufgesprungen, als er etwas an seinem Fuss spürt. Erschrocken sieht er zu Yugi, der ihm leicht schmunzelnd zunickt. Einen Moment lang überlegt Yami was er tun soll. Denn irgendwie fühlt es sich gut an, so wie er den Fuss seines Shariks an dem seinen spürt. Nur macht es ihn auch nervös, doch als er probeweise sein Bein etwas wegbewegt merkt er, dass die Verbindung zwischen ihnen abbricht. Daraufhin stellt er seinen Fuss wieder dahin, wo er vorhin gewesen ist. Gibt ihm doch das Wissen, dass er selbst bestimmen kann, ob er den Kontakt möchte oder nicht, die Sicherheit die er braucht.
 

Fragend blickt Rishido zu Meister Sugoroku. Gerne würde er wissen, was hier los ist, doch scheint es auch der Meister nicht wirklich zu wissen. Eigentlich würde er ja gern nachfragen, als er dann aber die anderen ansieht, verkneift er sich die Frage lieber. Hat er doch irgendwie das Gefühl, dass ihn die Antwort nichts angeht und besonders Yami macht den Eindruck, dass ihm dieser dies auch ziemlich direkt sagen würde.

So greift er lieber nach einem der Brötchen, wobei ihm gar nicht auffällt, dass er diesmal der Erste ist, der sich eins nimmt.
 

Doch scheint er damit die anderen am Tisch daran zu erinnern, dass es wirklich langsam Zeit für’s Frühstück wird. Denn kurz darauf sind auch die anderen damit beschäftigt ihre Brötchen mit Butter und Marmelade oder Honig zu bestreichen, wenn sie diese nicht mit Wurst belegen.
 

Nach dem Frühstück werden Yugi und Yami schon beinahe von Sugoroku aus der Küche geworfen. „Ihr Turteltauben habt im Laden oder im Stall genug zu tun. Rishido und ich werden die Küche aufräumen.“

Kaum sind die beiden weg, dreht sich Sugoroku zu Rishido um. „Also, ich weiss auch nicht wirklich was passiert ist. Ich kann mir aber vorstellen, dass Yami und Yugi in der Nacht lange miteinander gesprochen haben. Zumindest ist das die einzige Erklärung die mir für das Benehmen der beiden einfällt.“ Beantwortet er die stumme Frage des grossen Ägypters, die er vorhin beim Frühstück in dessen Gesicht lesen konnte. Schulterzuckend geht er dann zum Tisch und beginnt diesen abzuräumen.
 

Es dauert eine Weile, in der Rishido nur zur Tür starrt, bis sich dieser soweit gefangen hat, dass er Meister Sugoroku beim Aufräumen helfen kann.
 

Statt gleich wieder in den Stall zu gehen, folgt Yami Yugi in den Laden und zieht sich in der Zeit, wo dieser die Tür aufschliesst das Sklavenhalsband an. Erst als Yugi auch die Wechselmünzen in die Kasse gelegt hat, stellt Yami die Frage, wegen der er seinem Sharik gefolgt ist. „Yugi, was hat Grossvater gemeint, als er uns Turteltauben genannt hat?“, neugierig blickt er ihn an und neigt dabei, so wie es seine Angewohnheit ist, den Kopf zur Seite.
 

Innerlich verflucht Yugi seinen Grossvater, muss er doch jetzt die Neckerei erklären. Um etwas Zeit zu gewinnen und weil so früh am Morgen in der Regel keine Kunden kommen, setzt sich Yugi auf die Arbeitsplatte. Dabei kommt ihm eine Idee. „Yami, stell dich doch bitte hier hin.“ Dabei deutet er auf den Punkt, der sich direkt vor ihm befindet. Als Yami seiner Aufforderung nachgekommen ist, greift er nach seinen Händen und zieht ihn noch etwas näher zu sich heran und legt dann diese auf seine Hüften.

Was sich sein Freund auch ohne Widerstand gefallen lässt. Allerdings zuckt er dann leicht zurück, als ihm Yugi die Hände auf die Brust legt und sich leicht vorbeugt. „Keine Sorge, ich werde dich jetzt nicht küssen“, lächelt er Yami beruhigend an.

Bewegungslos verharrt er in dieser Position, bis er merkt, dass sich sein Freund wieder entspannt. „Also mit Turteltauben hat Grossvater unser ganzes Verhalten und die Blicke die wir getauscht haben gemeint.“ Leicht legt er seine Hände auf Yamis Schultern. „Übrigens hat er damit gar nicht so unrecht. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich stundenlang mit dir so hier sitzen und einfach nur deine Nähe geniessen. Das sagt das Wort Turteltauben auch aus.“
 

Aufmerksam hört Yami zu und denkt dann auch sehr genau über diese Worte nach. Wenn das wirklich so ist, dann kann er dem alten Mann nur zustimmen. Geniesst doch auch er es, wenn sie sich nahe sind. Obwohl er sich vorhin kurz erschrocken hatte, da er wirklich einen Moment befürchtet hatte, dass Yugi ihn jetzt küssen würde.
 

Nur leider meint es das Schicksal nicht so gut mit ihnen. Denn Yami kann von seiner Position aus gut die Tür sehen und darum auch durch das Glas erkennen, dass sich jemand nähert. Sofort tritt er von Yugi zurück und nimmt die typische Sklavenhaltung ein, die von der Gesellschaft erwartet wird. „Ein Kunde kommt“, warnt er den anderen noch schnell vor, ehe sich die Tür öffnet und eine junge Dame den Laden betritt.
 

Sofort springt Yugi von der Arbeitsplatte und wendet sich, nachdem er Yami noch schnell zugezwinkert hat, der Kundin zu. „Guten Morgen Mademoiselle. Womit kann ich Ihnen dienen?“

Yami will sich gerade zurückziehen, als er von Yugi aufgehalten wird. „Yami bleib noch eine Weile hier.“

Erstaunt hebt er kurz seinen Blick, den er jedoch sofort wieder senkt. Warum soll er denn noch hierbleiben? Schliesslich wartet im Stall die Arbeit auf ihn.
 

Yugi weiss, dass es vielleicht nicht ganz fair ist, aber er hat die Blicke der Kundin bemerkt, die sie Yami zuwirft und da sie zu seinen wohl nervigsten Kundinnen zählt, will er alles versuchen um sich die Stoffauswahl und die Preisverhandlungen etwas zu erleichtern.
 

„Herr Muto, ich suche einen grünen Stoff für ein Ballkleid. Am besten einen Seidenstoff, der im Licht leicht glänzt.“ Zwar spricht sie mit dem Händler, aber ihr Blick wandert immer wieder zu dem Sklaven, den sie bei ihrem letzten Einkauf hier leider nur kurz sehen konnte. Darum nutzt sie es jetzt richtig aus, dass der Sklave noch im Laden warten muss und geniesst diesen leckeren Anblick.
 

Deutlich spürt und sieht Yami ihre Blicke. Weshalb er leicht fragend zu Yugi schielt der ihm lautlos ein ‚später’ zuraunt und ihn entschuldigend ansieht. Was nur geht, da er gerade den gewünschten Stoff aus dem Regal holt und so nicht im Blickfeld der Kundin steht.
 

Erst als Yugi den Stoff vor der Kundin ausbreitet, reisst sie kurz ihre Augen von dem Sklaven los. „Ja, genau. So einen Stoff wollte ich haben. Wie viel verlangen Sie dafür?“ Schon liegt ihr Fokus wieder auf Yami.
 

Innerlich verdreht Yugi die Augen. „Der Stoff kostet 40 Silbermünzen“, in Gedanken wappnet sich Yugi schon für die immer sehr lange andauernde Preisverhandlung. Doch zu seinem grossen Erstaunen, nickt die Kundin nur und holt ihren Geldbeutel hervor. „Der Preis erscheint mir angemessen.“ Während Yugi immer noch verblüfft den Stoff in das Leinen einwickelt, zählt die junge Dame die Münzen ab und legt sie auf den Tresen.
 

Sobald er dem Sklaven, der bis jetzt unauffällig hinter ihr gestanden hat, das Bündel gegeben hat, dreht sie sich mit einem letzten Blick auf Yami um. „Herr Muto, es war mir wie immer ein Vergnügen mit Ihnen Geschäfte zu machen. Auf Wiedersehen.“
 

Eilig geht Yugi zur Tür und hält ihr diese zuvorkommend auf. „Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, Mademoiselle. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und auf Wiedersehen.“
 

Kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, geht er zu seinem Freund und küsst ihn schnell auf die Lippen. Könnte doch jederzeit der nächste Kunde kommen. „Danke, dass du geblieben bist und entschuldige, dass ich dich gerade als Ablenkung benutzt habe.“ Um Verzeihung bittend sieht er Yami an, der leicht nickt. „Erklärst du mir auch, warum du das gemacht hast?“ Er ist Yugi nicht böse, dass er das gemacht hat, aber den Grund wüsste er schon gern.

Verlegen reibt sich Yugi den Hinterkopf. „Die Nervensäge braucht sonst immer den ganzen Morgen, bis sie weiss welchen Stoff sie will. Sprich, ich muss immer alle möglichen Schattierungen raussuchen, dabei nimmt sie dann meistens sowieso den ersten Stoff, den ich ihr gezeigt habe und dann versucht sie normalerweise auch noch den Preis bis auf die Hälfte runterzuhandeln.“ Jetzt grinst er Yami frech an. „Da ich aber beim letzten Mal, als sie dich gesehen hat, bemerkt habe wie sie dich ansieht dachte ich mir, dass du vielleicht ein ganz gutes Ablenkungsmanöver sein könntest und wie du siehst hat es mehr als gut geklappt.“
 

Im ersten Moment ist Yami richtig baff, doch dann fängt er laut an zu lachen. „Yugi, Yugi, Yugi. Du bist ja ein ganz schönes Schlitzohr. Nur leider muss ich jetzt aber wirklich in den Stall.“ Immer noch vor sich hin lachend geht Yami zur Tür, die zum Flur führt. „Wir sehen uns spätestens beim Mittagessen.“
 

Grinsend sieht Yugi ihm hinterher. Ja, wenn er will kann er wirklich ein Schlitzohr sein und das nicht nur bei Preisverhandlungen. Kaum hat er den Gedanken zu Ende gedacht, kündigt die kleine Glocke über der Tür den nächsten Kunden an.
 

Tatsächlich sieht Yugi Yami an diesem Morgen nicht mehr. Weshalb er sich schon richtiggehend nach ihm sehnt und das Mittagessen kaum erwarten kann. Voller Vorfreude geht darum, nachdem er den Laden abgeschlossen hat, in die Küche. Doch dort sind nur Grossvater und Rishido. „Wo ist denn Yami?“, rutscht es ihm heraus.
 

In aller Ruhe hebt Sugoroku den Blick von der Gemüsepfanne. „Er ist vermutlich noch draussen im Stall. Du kannst ihn ja holen gehen, denn das Essen ist gleich fertig.“ Kaum hat er zu Ende gesprochen, sieht er nur noch Yugis Rücken und das auch nur für den Moment, den dieser braucht wieder aus der Küche zu verschwinden. Wortlos sehen sich daraufhin Sugoroku und Rishido an.
 

Im Stall hängt Yami gerade die Heunetze in die Boxen, als er hinter sich Schritte hört. Trotzdem dreht er sich erst um, als er sich sicher ist, dass die Netze auch richtig hängen und sie von den Pferden nicht aus Versehen ausgehängt werden können. „Yugi, ich wäre jetzt gleich reingekommen.“ Lächelnd sieht er zu seinem Sharik, während er an ihm vorbeigeht, um die leeren Netze ins Lager zu bringen. Neu stopfen wird er sie erst nach dem Mittagessen, da er durch seinen morgendlichen Abstecher in den Laden etwas mit seinen Aufgaben hinterher hängt.

Als er die Netze an die Haken gehängt hat, dreht er sich um und stösst beinahe mit Yugi zusammen, da ihm dieser in das Lager gefolgt ist. „Yugi, ich...“, beginnt er zu sprechen. Doch er verstummt gleich wieder, als er Arme um seinen Oberkörper spürt.
 

Yugi konnte dem Bedürfnis nach Yamis Nähe nicht mehr länger widerstehen, weshalb er sich nun an ihn lehnt und geniessend die Augen schliesst, als sein Freund die Umarmung erwidert. Irgendwie ist es ihm ja schon peinlich, dass er sich nach nur ein paar Stunden, in denen er ihn nicht gesehen hat, wie ein verliebter Jugendlicher verhält. Nur kann er gerade nicht anders und Yami scheint es ja nicht zu stören.
 

Tatsächlich stört es Yami nicht, dass Yugi sich so verhält. Im Gegenteil, dadurch dass er jahrelang auf genau so eine Nähe verzichten musste und meistens nur Gewalt erfahren hat oder einfach nur benutzt worden ist, saugt er die Umarmungen und die kleinen Zärtlichkeiten, zumindest die, die er inzwischen geniessen kann, regelrecht in sich auf.

Trotzdem schiebt er Yugi nach einer Weile sanft von sich weg. „Ich denke, wir sollten mal so langsam reingehen. Sonst fragt sich Grossvater noch, wo wir bleiben.“ Zärtlich streichelt er über die Wange seines Shariks, bevor er nach dessen Hand greift und so mit ihm ins Haus geht.
 

In der Küche warten Sugoroku und Rishido schon auf die beiden und fragen sich, wie lange man wohl brauchen kann, jemanden aus dem Stall reinzurufen. Doch in dem Moment kommen Yugi und Yami händchenhaltend in die Küche. „Da seid ihr ja endlich, ich war schon kurz davor nach euch zu sehen. Das Essen wird nämlich langsam kalt.“ So sehr es Sugoroku den beiden gönnt, dass sie zusammengefunden haben, ist er doch der Meinung, dass sie sich zumindest halbwegs wie erwachsene Menschen verhalten können. Dazu zählt auch, dass man pünktlich zum Essen kommt und die anderen nicht unnötig warten lässt.
 

Schuldbewusst sieht Yugi seinen Grossvater an. Ist es doch seine Schuld, dass sie so lange gebraucht haben. „Entschuldige Grossvater, da bin ich dran schuld, dass ihr warten musstet.“ Widerwillig lässt er Yamis Hand los, damit sie sich auf ihre Plätze setzen können.
 

Nachsichtig lächelt Sugoroku seine Enkel an, als sie sich hingesetzt haben. „Schon gut, nur achte in Zukunft darauf, dass du nicht mehr so lange brauchst um Yami reinzuholen. Das Gleiche gilt übrigens auch für dich Yami, wenn ich dich bitte Yugi zu holen.“ Den kleinen Nachsatz sagt er nur, damit klar ist, dass diese Bitte auch für Yami gilt.

Artig nicken Yugi und Yami synchron und warten dann sogar damit sich etwas von der Gemüsepfanne und den Würstchen zu nehmen, bis sich Sugoroku und Rishido die Teller gefüllt haben. Sind sie doch beide der Meinung, dass es nur fair ist, wenn sie den anderen beiden den Vortritt lassen. Dabei muss Yugi Rishido aber erst dazu auffordern, dass er sich etwas nimmt.
 

Kaum sind sie mit dem Essen fertig hören sie, wie es an der Ladentür klopft. Woraufhin Yugi die Augen verdreht, aber trotzdem aufsteht. „Was ist denn daran so schwer so lange zu warten, bis der Laden wieder offen ist.“ Murrend verlässt er die Küche um nachzusehen wer denn seine Mittagspause stört.
 

Kurz darauf können sie in der Küche hören, wie Yugi jemanden begrüsst und dann die Schritte von zwei Personen. Die Sugoroku und Yami nicht zuordnen können, aber Rishido steht schon mal auf und sieht erwartungsvoll zur Tür. In der nur Sekunden später Yugi und Jonouchi auftauchen. „Meister Jonouchi, ich freue mich euch zu sehen.“ Demütig neigt er den Kopf.
 

Woraufhin Jonouchi nur grinsend die Augen verdreht. „Rishido, ich freue mich auch dich zu sehen, aber nenne mich doch bitte einfach Jonouchi und lass das Meister weg.“

Dann sieht er zu Sugoroku der aufgestanden ist und ihn jetzt mit einem herzlichen Lächeln in eine feste Umarmung zieht, ehe er ihn gründlich mustert. „Du hast abgenommen Junge. Haben sie dir im Gefängnis etwa nicht genug zu essen gegeben?“

Auf diese Frage schüttelt Jono den Kopf. „Nein, die haben mir mehr als genug gegeben, aber Rishido hat mich mit seinen Kochkünsten wohl ein bisschen zu sehr verwöhnt. Ich habe nämlich von dem Frass immer nur ein paar Bissen runterbekommen.“ Grinsend schielt er zu Rishido, der auf einmal die Kräuter auf der Fensterbank unglaublich interessant findet.

„Na dann, es ist noch ein Rest von der Gemüsepfanne und ein Würstchen übrig. Ich wärme die Reste schnell etwas auf.“ Bestimmt dirigiert Sugoroku Jonouchi zu Yugis Platz und drückt ihn auf den Stuhl. „Und keine Widerworte. Du bist sowieso schon so mager, da kannst du jede Mahlzeit gebrauchen, die du bekommen kannst.“
 

Schmunzelnd sehen sich daraufhin Yugi und Jono an. Das ist so typisch Sugoroku. Jedes Mal macht er so einen Aufstand, wenn der Blonde wieder aus dem Gefängnis kommt.
 

Da Yugis Platz ja jetzt besetzt ist will Rishido sich an die Wand stellen, doch Yugi hindert ihn daran, indem er ihn einfach am Arm festhält. „Setz dich ruhig wieder auf deinen Stuhl, ich finde schon einen Sitzplatz.“ Kaum hat er das gesagt, quietscht Yugi auf und findet sich nur Sekunden später seitlich sitzend auf Yamis Schoss wieder. „Yami, kannst du mich nicht vorwarnen? Ich habe mich schon auf dem Boden liegen sehen“, beschwert sich Yugi bei seinem grinsenden Freund.

„Warum denn? Du weisst doch hoffentlich, dass ich dich niemals auf den Boden fallen lassen würde.“ Schmunzelnd sieht er seinen Sharik an, der jetzt empört die Arme verschränkt und ihn irgendwie entfernt an einen aufgeblasenen Kugelfisch erinnert.

Dann sieht er Jonouchi an, der mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen dasitzt und sie beide mustert. „Jonouchi, mach den Mund zu, es zieht. Ach ja und schön, dass sie dich wieder früh genug rausgelassen haben. Rishido versteht hier nämlich glaube ich die Welt schon eine ganze Weile nicht mehr.“

Auch während er mit dem Blonden redet, lässt Yami Yugi nicht los. Nicht, dass sein Sharik noch auf die Idee kommt, dass er wieder aufstehen könnte, bevor die Kirchenglocke ein Uhr schlägt.
 

Nicht nur Jono ist über das was Yami gesagt hat mehr als baff. Auch Sugoroku hätte beinahe den Holzlöffel in die Pfanne fallen lassen und dreht sich sprachlos zum Tisch um. Was zum Teufel ist mit Yami in der Nacht auf heute passiert? Der Junge ist ja nicht mehr wiederzuerkennen.

Rishido erinnert dafür an einen Fisch, der auf dem Trockenen nach Luft schnappt. So wie er immer wieder den Mund öffnet und ihn wieder schliesst ohne ein Wort herauszubringen.
 

Und Yugi? Der kuschelt sich an Yamis Brust und kann sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen, als er in die Gesichter der anderen blickt. Dann dreht er seinen Kopf zu seinem Freund, so dass er ihm ins Ohr flüstern kann. „Weisst du, ich habe bei den Takeshis damals so einen Apparat gesehen, ich weiss jetzt nicht mehr wie der hiess, aber mit dem konnte man Bilder machen und das in Sekundenschnelle. Der wäre jetzt wirklich praktisch.“

Zustimmend nickt Yami. „Ja, die blöden Gesichter der Drei müsste man wirklich fotografieren. Du meinst übrigens eine Kamera oder auch Fotoapparat.“ Da er nicht in Yugis Ohr flüstert, können ihn die anderen sehr gut verstehen, was sie noch geschockter schauen lässt.
 

Verwirrt, sieht Jonouchi zu Sugoroku. „Was ist denn hier los? Ist das ein Zwilling von Yami? Und wovon reden er und Yugi eigentlich?“ Dabei deutet er auf seinen Freund und Yami, die sich offensichtlich gerade köstlich amüsieren.
 

Mit einer möglichst ersten Miene stellt Sugoroku den gefüllten Teller vor Jonouchi auf den Tisch, ehe er sich auf seinen eigenen Platz setzt und die Arme verschränkt. „Willst du erst essen oder soll ich es dir jetzt gleich erklären?“, nur mit Mühe kann er sich ein Schmunzeln verkneifen. Sieht doch Jono gerade wieder ungläubig zu Yugi und Yami, die es sich auf dem Stuhl gerade richtig gemütlich gemacht haben. Sprich Yugi lehnt an Yami und der hat den Kopf auf dessen Schulter abgelegt und beide erinnern irgendwie an zwei zufrieden kuschelnde Kater.

„Ähm, ich glaube ich will essen und die Geschichte hören. Sonst kriege ich vermutlich keinen Bissen runter.“ Dabei sieht er nicht Sugoroku an, sondern die anderen beiden.
 

Mit einem theatralischen Seufzen lehnt sich Sugoroku daraufhin zurück. „Also, die beiden sind seit ziemlich genau einer Woche ein Paar.“

Kaum hat er das gesagt, verschluckt sich Jono und spuckt das Gemüse, das er gerade im Mund hatte beinahe über den Tisch. Hustend blickt er mit hochrotem Kopf zu dem alten Mann. „Die beiden sind *hust* was? Sag das *hust* noch einmal.“

„Die beiden sind seit einer Woche ein Paar“, wiederholt Sugoroku geduldig. Was dazu führt, dass Jonouchi nun über den Tisch zu Yugi schaut, der ihm glücklich lächelnd zunickt.

Daraufhin springt Jono laut jubelnd auf. „Jaaaaa, ich habe gewonnen.“ Dabei reckt er seine Faust in die Luft.

Nun ist er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Weshalb er sich verlegen wieder hinsetzt.
 

„Ähm Jono, wovon redest du?“, fragend sieht Yugi zu seinem besten Freund, der nun breit grinsend dasitzt. „Ganz einfach. May und ich haben gewettet, dass ihr beide ein Paar werdet und ich habe gesagt, dass ihr das sein werdet, wenn ich aus dem Gefängnis komme und jetzt schuldet mir May 10 Silbermünzen und ein Abendessen zu zweit.“
 

Daraufhin kneift Yami die Augen zusammen und fixiert den Blonden mit einem stechenden Blick. „Und worüber habt ihr noch gewettet?“ Deutlich ist ein warnender Unterton aus seiner Stimme herauszuhören, den Jono aber mit einem Schulterzucken überhört. „Naja, wann ihr euch das erste Mal vor einem von uns küssen werdet und so weiter. Da habe ich gesagt, dass das erst nach Wladiwostok der Fall sein wird und May hat gesagt, dass das noch vor Edo passieren wird.“

„Und um welchen Betrag habt ihr da gewettet?“, fragt Yami lauernd nach.

„Um 20 Silbermünzen und dass sie mit mir ausgeht, wenn ich gewinne. Also...“
 

In dem Moment, dreht Yami den Kopf von Yugi am Kinn zu sich herum und drückt seinem Sharik einen Kuss auf die Lippen. Auch wenn es ihm gerade ziemlich schwerfällt, da sich wieder die Angst leicht zu Wort meldet, aber diese Abreibung hat Jono wirklich verdient. Ausserdem fühlt es sich auch irgendwie gut an, so wie Yugi gerade an ihm lehnt.

Als sich die beiden wieder voneinander lösen, hören sie Jono vor sich hin fluchen. „Na toll, das hast du mit Absicht gemacht Yami.“ Mit verschränkten Armen sitzt der Blonde da und funkelt ihn wütend an. „Jetzt schulde ich May 10 Silbermünzen, wenn ich den Gewinn von vorhin abziehe und ich muss eine Woche lang ihren Laden putzen.“
 

Bevor Yami etwas sagen kann, legt ihm Yugi zwei Finger auf die Lippen. „Lass mich“, zwinkert er ihm zu, ehe er sich seinem besten Freund zuwendet. „Da bist du selbst schuld. Über solche Sachen wettet man nicht und wenn, dann ist man nicht so blöd und erzählt es den Personen, die der Gegenstand dieser Wetten sind! Wehe, ich finde heraus, dass ihr beide noch mehr solche idiotischen Wetten abgeschlossen habt, dann könnt ihr beide was erleben. Mit May werde ich übrigens auch noch darüber reden! Nur damit das klar ist!“, jedes einzelne Wort wird noch von einer eindeutigen Geste, nämlich dem ausgestreckten Zeigefinger, unterstrichen. „So und nun iss endlich dein Essen. Nicht, dass es Grossvater umsonst aufgewärmt hat.“
 

Mit jedem Wort wird Jono ein bisschen kleiner. So wütend hat er seinen Freund selten erlebt. Ist doch Yugi sonst die Ruhe in Person, zumindest seit er den Laden besitzt. Ausserdem weiss er ganz genau, dass dieser jedes einzelne Wort todernst meint, weshalb er nun wegen May ein schlechtes Gewissen bekommt. Sollten doch diese kleinen Wetten ihr Geheimnis bleiben.

Um Yugi nicht noch mehr zu reizen, greift er dann auch brav nach der Gabel und beginnt wieder zu essen. Auch wenn er gar keinen Hunger mehr hat.
 

Da seine Enkel die Sache gut im Griff haben, sagt Sugoroku nichts dazu. Auch wenn er über die Dummheit von Jonouchi nur innerlich den Kopf schütteln kann. Erstens die deutliche Warnung in dem Blick und der Stimme von Yami überhören und dann auch noch rausposaunen, worüber er und May gewettet haben. Allerdings verwundert es ihn ein wenig, dass Yami nun nichts mehr sagt, weshalb er nun zu genau diesem blickt.
 

Der lehnt sich äusserlich entspannt auf dem Stuhl zurück, doch wer ihn kennt kann das warnende Funkeln in dessen Augen deutlich erkennen. „Du bringst es auf den Punkt Sharik.“ Mehr sagt er nicht mehr dazu, denn auch nach seiner Meinung gibt es dazu nichts mehr zu sagen. Ausserdem muss er sich selbst wieder etwas sammeln, da ihn der Kuss und was er dabei gefühlt hat, etwas aus der Bahn geworfen hat.
 

Als Jono wieder dieses Wort hört, sieht er zu Rishido. „Sagst du mir, was dieses Sha... Sha... Sharik bedeutet?“, eigentlich könnte er ja auch Yami fragen. Doch der sieht ihn gerade mit einem Blick an, der ihn verunsichert. Da ist es doch ganz praktisch, dass sich noch ein Ägypter hier am Tisch befindet.
 

Mit einem tiefen Seufzer sieht Rishido seinen Meister Jonouchi an. Zwar hat er so wie es seine Art ist, bis jetzt nichts gesagt, aber da er so direkt gefragt wird, kann er leider nicht die Antwort nicht verweigern. „Sharik bedeutet Partner. Allerdings wird dieser Ausdruck in der Regel nur verwendet, wenn man sich mit der Person in einer Beziehung befindet oder sehr viel für diese Person empfindet.“ Bewusst vermeidet er das Wort Liebe, hat er doch damals im Heulager auch gehört was Yami gesagt hat.
 

Nur leider ist Jonouchi da nicht mit dabei gewesen. Denn er blickt nickend zu Yugi. „Ach so. Dann sagt man das also nur, wenn man die Person liebt. Verstehe.“
 

Schlagartig versteift sich Yami und krallt seine Hände schon beinahe schmerzhaft in Yugis Oberkörper, was diesen alarmiert zu seinem Freund blicken lässt. Doch durch den festen Griff schafft er es nur mit Mühe, sich so weit zu drehen, dass er Yamis Gesicht in seine Hände nehmen kann. „Ganz ruhig. Sieh mich an Yami und atme tief ein und aus. Du bist hier bei mir in Sicherheit. Dir kann nichts passieren und immer schön weiteratmen“ Eigentlich würde er ja gern aufstehen oder sich wenigstens richtig umdrehen, denn so verdreht dazusitzen ist nicht gerade angenehm. Nur macht das der feste Griff um seinen Oberkörper unmöglich.
 

Mit seiner Panik kämpfend sieht Yami in Yugis Augen, die ihn warm und voller Zuneigung anblicken. Immer wieder holt er zitternd tief Luft, so wie es sein Sharik von ihm verlangt. Dabei wiederholt er immer das, was ihm Yugi gesagt hat. Er ist in Sicherheit. Yugi ist bei ihm. Ihm kann nichts passieren.

Auf einmal sackt er in sich zusammen und vergräbt sein Gesicht an Yugis Schulter. Noch immer klammert er sich an seinem Sharik fest, wobei ihm wirklich nicht bewusst ist, dass er ihm so wehtut.
 

Geschockt blickt Jono auf das was gerade vor seinen Augen passiert. Wie sich Yami an Yugi festkrallt und dieser ihm immer wieder beruhigend zuredet, obwohl dieses verdrehte Sitzen doch verdammt unbequem sein muss.

Fragend sieht er von den beiden zu Sugoroku und dann zu Rishido. „Was? Habe ich was Falsches gesagt?“
 

Mit einem Blick zu Rishido steht Sugoroku auf. „Komm lieber mit, dann werde erklären und nimm den Teller mit nach oben ins Wohnzimmer. Rishido, du auch. Lassen wir die beiden allein.“

Im Hintergrund hört er wie die Kirchenglocke einmal läutet.

Auch Rishido hört das und bleibt deswegen im Flur stehen. „Meister Sugoroku. Gehen Sie ruhig in den Laden, ich erkläre Meister Jonouchi was mit Yami los ist.“

Erstaunt über das Angebot nickt Sugoroku. „Gut, wenn aber was ist...“ „Dann rufe ich Sie, Meister Sugoroku“, unterbricht ihn Rishido was für einen Sklaven eine der grössten möglichen Sünden ist. Doch so viel hat er von Yami gelernt, die Meister zu unterbrechen ist erlaubt, auch wenn er dies kaum glauben kann.
 

Wieder nickt Sugoroku, ehe er sich umwendet und in den Laden geht und darauf vertraut, dass Rishido Jonouchi wirklich alles erklären kann.
 

Von all dem bekommt Yugi nichts mit. Zu sehr konzentriert er sich auf den schwer atmenden Yami. Zwar ist die Panikattacke wohl vorbei, doch noch immer wird er in seiner unbequem verdrehten Position festgehalten. Immer wieder murmelt er seinem Freund kleine Nichtigkeiten zu und schwört sich dabei, niemals in dessen Nähe das Wort Liebe zu benutzen, wenn es um die zwischenmenschliche Bedeutung geht. Denn in anderen Zusammenhängen macht es Yami nichts aus, wenn es in seiner Anwesenheit benutzt wird. So viel hat er inzwischen rausgefunden.
 

Von Yugis Stimme und dessen sanft streichelnden Händen beruhigt, schafft es Yami nach einer Weile seinen verkrampften Griff um dessen Körper zu lösen und den Kopf wieder anzuheben. Mit Tränen in den Augen lehnt er dafür seine Stirn gegen Yugis. „Warum? Warum reagiere ich jetzt so heftig, wenn jemand von liebe spricht. Das war doch vorher nicht so.“
 

Wie ein Hauch fährt Yugi mit seinen Fingern über Yamis Wangen. „Ich kann es nur vermuten. Aber ich denke, weil du dich im Moment mit mir in einer Situation befindest, die für dich absolut neu ist. Du stehst immer nur einen Schritt davor dich zu überfordern und besonders heute bist du sogar noch viel näher dran als sonst. Vielleicht hättest du an jedem anderen Tag ganz anders reagiert als gerade eben.“ Nur zu gern würde er Yami nun die Tränen von den Wangen küssen und ihm so seine Liebe, die er für ihn fühlt zeigen. Doch da er weiss, dass das nun das Verkehrteste wäre, das er machen könnte, beschränkt er sich darauf die Tränen mit seinen Daumen von den Wangen zu nehmen.
 

Einen Moment lang schliesst Yami erschöpft die Augen. „So langsam werden diese Panikattacken nervig und anstrengend.“ Nun öffnet er seine Augen wieder und sieht Yugi in die Augen. „Ich hoffe, dass du Recht hast und es sich mit der Zeit wieder normalisiert, so langsam habe ich nämlich echt keinen Bock mehr, mich jedes Mal panisch an dich zu klammern und dir damit unbewusst weh zu tun, obwohl ich das gar nicht will.“

Sanft nimmt er Yugis Gesicht in seine Hände und obwohl dieser immer noch die Hände an den Seiten seines Halses liegen hat, vereint er ihre Lippen zu einem sanften Kuss. Auch wenn er dabei zittert, braucht er diese Art der Nähe gerade und will seinem Sharik zudem so zeigen, wie sehr er ihm vertraut.
 

Yugi spürt instinktiv, dass jede falsche Bewegung seinerseits zu einer endgültigen Überforderung von Yami führen würde. Deswegen geniesst und erwidert er den Kuss nicht nur, sondern achtet auch ganz genau darauf, dass er sich sonst nicht bewegt. Besonders nicht seine Hände, obwohl er am liebsten wenigstens seine Finger etwas über die weiche Haut gleiten lassen würde.
 

Unterdessen hat Jonouchi von Rishido alles erzählt bekommen. Zwar nur die entschärfte Kurzversion, trotzdem sitzt er nun geschockt auf dem Sofa. „Und ich Trottel muss es auch noch laut sagen. Verdammt, aber das konnte ich doch nicht wissen, dass Yami mit diesem Wort in dem Zusammenhang solche Probleme hat.“ Es dauert ziemlich lange bis er sich soweit gefangen hat, dass er wieder aufstehen kann. Mit einem schiefen Grinsen blickt er dann zu Rishido, der geduldig wartend dasteht. „Naja, ändern kann ich es jetzt nicht mehr.“ Entschlossen geht er in Richtung Flur. „Wenn du alles gepackt hast, komm nach unten, dann können wir auf dem Heimweg noch gleich Cheyenne und Merlin abholen.“ Kurz dreht er sich noch einmal zu Rishido um, der ihm daraufhin verstehend zunickt, ehe er nach unten in die Küche geht.

Wie er es gehofft hat, sind Yugi und Yami immer noch da und zu seiner Erleichterung scheint sich dieser wieder erholt zu haben. „Yami? Yugi?“, macht er auf sich aufmerksam, da ihn die beiden nicht gleich bemerken.

Als sie ihn ansehen, tritt er an den Tisch heran und sieht sie zerknirscht an. „Es tut mir leid. Die Wetten sind wirklich idiotisch und ich werde mit May sprechen, dass wir damit aufhören sollten.“ Nun blickt er direkt Yami an. „Ich konnte nicht wissen, dass du Probleme damit hast, wenn jemand von... du weisst schon... spricht. Trotzdem tut es mir auch leid, dass ich dir damit solche Probleme gemacht habe.“
 

Einen Moment sehen sich Yugi und Yami daraufhin an, bis Yami leicht nickt. Sein Sharik soll für sie beide sprechen, da er dazu noch zu aufgewühlt ist.

Mit einem leichten Lächeln steht Yugi auf und legt Jonouchi die Hand auf die Schulter. „Es ist schon gut. Ja, die Wetten sind idiotisch und dazu noch kindisch, darum sind wir froh, dass du mit May sprechen und damit aufhören willst.“ Sich absichernd, ob er weitermachen soll, blickt Yugi kurz zu Yami, der zustimmend nickt. „Dass Yami damit Probleme hat, wenn von“, noch einmal sieht er zu seinem Freund, der ihm zunickt, „der Liebe zwischen zwei Personen gesprochen wird, konntest du wirklich nicht wissen. Darum ist es nicht nötig, dass du dich dafür entschuldigst. Trotzdem danke.“
 

Froh, dass sein Freund und auch Yami die Entschuldigungen akzeptieren, drückt Jono Yugi kurz aber heftig an sich. „Danke.“ Nachdem er Yugi wieder losgelassen hat sieht er Yami an. „Ich würde dich ja auch umarmen, aber ich denke, dass es dir lieber ist wenn ich es sein lasse.“
 

Erst jetzt steht Yami auf und stellt sich neben seinen Sharik. „Auf eine Umarmung kann ich wirklich verzichten. Nichts gegen dich, aber ich...“ „Du musst es mir nicht erklären. Ich verstehe es schon. Lass uns einfach die Hände reichen“, unterbricht Jono Yamis Erklärungsversuch und streckt ihm auffordernd die Hand hin. Es dauert einen Moment, doch dann wird sie von Yami ergriffen und fest gedrückt. „Damit habe ich zum Glück keine Probleme.“ Schief grinst er den Blonden an. Ist dann aber doch froh, als seine Hand wieder losgelassen wird.
 

Kurz darauf kommt Rishido mit seinem Bündel in die Küche, was Yugi daran erinnert, dass sie noch einen Korb mit Lebensmitteln in der Vorratskammer stehen haben und holt diesen auch gleich. „Hier Jono. Grossvater hat wieder so viel eingepackt, dass ihr beide erst morgen oder sogar erst übermorgen auf den Markt müsst.“
 

Noch bevor Jonouchi den Korb nehmen kann, tritt Rishido vor und nimmt den Korb entgegen. „Meister Jonouchi, als Sklave ist es meine Aufgabe die Sachen nach Hause zu tragen.“ Versucht dieser sein Handeln zu erklären, als er den erstaunten Blick seines Meisters bemerkt. Denn auch das hat er hier gelernt. Miteinander sprechen bringt mehr, als immer nur den Kopf einziehen und Ja und Amen sagen, wenn etwas unklar ist.
 

Als Yami das beobachtet, kann er sich ein Grinsen nur mit Mühe verkneifen. Haben ihre Gespräche in der letzten Woche also doch etwas genützt, dass Rishido nicht mehr ganz so unterwürfig ist. Nur schade, dass er es nicht geschafft hat ihm auch noch das nervige Meister auszureden.
 

Verstehend nickt Jonouchi, als er die Erklärung hört. Darum haben die Leute also manchmal so komisch geschaut, wenn er etwas getragen hat und Rishido nur neben ihm hergelaufen ist und das Pferd geführt hat.

Dann blickt er wieder zu Yugi. „Danke Kumpel. Ich gehe mich noch bei Sugoroku im Laden bedanken und dann geht’s endlich nach Hause und die Pferde abholen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich meine eigenen vier Wände vermisse.“
 

Erst jetzt wird Yugi bewusst, dass er schon längst wieder im Laden stehen müsste. Schnell sieht er zu Yami der ihm leicht zunickt. „Ich komme klar und gehe gleich in den Stall. Blacky und Rocky warten sicher schon auf ihr Nachmittagsheu.“

Dann wendet sich Yami Rishido zu und wechselt in ihre gemeinsame Muttersprache. „Ich wünsche dir alles Gute und lass endlich das nervige Meister weg. Du hast Jonouchi ja gehört, dass du ihn nur mit seinem Namen ansprechen sollst.“
 

Daraufhin schüttelt Rishido leicht den Kopf. „So respektlos kann ich einfach nicht sein. Nichts gegen dich Yami, aber ich wurde schon seit meiner frühesten Kindheit als Sklave erzogen. Du hingegen wurdest als freier Mensch geboren. Das ist der Unterschied zwischen uns.“ Einen Atemzug lang hält er inne. „Ich bewundere dich, dass du so stark bist und dich mit der Hilfe deiner Meister wieder in das Leben eines freien Menschen zurückkämpfen kannst. Lass dich durch Rückschläge nicht aufhalten und finde deinen Weg als Sklave, der hier wie ein freier Mensch leben kann.“
 

Zum ersten Mal streckt Yami Rishido die Hand hin, die dieser nach einem kurzen Zögern ergreift. „Wenn ich es schaffe, dann schaffst du es auch. Glaube mir, es ist zwar am Anfang schwierig und hart, aber trotzdem möglich auch mal etwas respektlos zu sein.“
 

Als Jono und Rishido weg sind dreht sich Yugi zu Yami um. „Was hast du zu Rishido gesagt?“, fragend sieht er seinen Freund an.

Der jedoch lächelt nur geheimnisvoll. „Dies und Jenes.“ Schnell haucht er Yugi einen Kuss auf die Lippen. „Ich bin dann wieder im Stall und du solltest Grossvater langsam im Laden ablösen gehen.“

Im Türrahmen blickt er noch einmal zurück und stützt sich dabei mit einer Hand ab. „Wir sehen uns spätestens heute Abend.“ Seinem Sharik zuzwinkernd geht er weiter in Richtung Stall. Schliesslich warten da noch zwei hungrige Pferde auf ihn, die sich sicher auch über ein wenig Auslauf freuen werden.
 

Mit einem ergebenen Seufzen geht Yugi in den Laden. Hat Yami doch Recht, jeder hat hier seine Aufgaben und seine ist es nun mal für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, während Grossvater eigentlich dafür zuständig ist, dass er sich voll und ganz darauf konzentrieren kann.
 

Als sie dann am Abend nach dem Essen und beinahe zwei Stunden Training ins Bett fallen, kann sich Yugi ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn zum ersten Mal seit zwei Wochen schliesst Yami die Zimmertür nicht ab. Sondern macht sie einfach nur zu ehe er sich zu Yugi ins Bett legt und ihm einen Gute-Nacht-Kuss gibt und das ohne dessen Hände festzuhalten.

Trotzdem verzichtet Yugi darauf seinen Freund während des Kusses anzufassen. Erst als sich ihre Lippen wieder voneinander gelöst haben, kuschelt er sich an Yami und umarmt ihn locker, so dass sich dieser jederzeit von ihm befreien könnte. Zumindest solange er selbst noch wach ist.

 

 

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So, Yami hat also eine Entscheidung getroffen. Nur leider muss er auch auf sein Unterbewusstsein hören und das braucht noch eine Weile, bis es so funktioniert wie er es gerne hätte.

 

So, die zwei Wochen mit Rishido bei den Mutos sind also vorbei. Ich muss gestehen es hat Spass gemacht ihn mit ihnen agieren zu lassen und so den Unterschied zwischen ihm und Yami zu zeigen.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und allen die heute auch ins Kino gehen, wünsche ich ganz viel Spass.

 

Eure mrs_ianto

Hitzewelle in jeder Hinsicht

Hallo zusammen,

 

es ist wieder so weit, ein neues Kapitel ist fertig.

 

Was soll ich sagen, es ist nicht so lang wie das letzte, aber ich denke es ist immer noch genug Lesestoff vorhanden. ;-)

 

Da ich euch nicht noch länger auf die Folter spannen will, wünsche ich nur noch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 35: Hitzewelle in jeder Hinsicht

 

 

Es ist mitten in der Nacht als Yami aufwacht, weil ihm beim besten Willen viel zu heiss ist. Seit drei Tagen ist der Sommer nun richtig über Domino hereingebrochen, so dass auch die Nächte kaum noch eine Abkühlung bringen und die Tageshitze sich regelrecht in den Häusern festsetzt. Genervt schiebt er die dünne Decke, die sie seit zwei Tagen benutzen, von sich runter und hofft, dass dies als Abkühlung reichen wird.
 

Auf dem Rücken liegend dreht er den Kopf zur Seite, wo er Yugi erkennen kann, der auch nur noch bis zur Hüfte zugedeckt ist und zudem nur in seinen Schlafshorts schläft, nachdem er ihn gefragt hatte, ob er damit ein Problem hat, wenn er das Shirt weglässt.
 

Als es Yami immer noch zu heiss ist, obwohl er die Decke schon bis zur Hüfte runtergeschoben hat, setzt er sich auf und zieht sich nach einem kurzen Zögern das Schlafanzugoberteil über den Kopf. Hat er doch seit er die Sachen bekommen hat, nicht mehr mit nacktem Oberkörper geschlafen.

Weil Yami nicht aufstehen mag, lässt er das Oberteil einfach neben dem Bett auf den Boden fallen, ehe er sich wieder hinlegt.

Obwohl es ihm nun nicht mehr ganz so warm ist, braucht Yami noch eine ganze Weile, bis er wieder einschlafen kann.
 

Im Halbschlaf kuschelt sich Yugi an Yami und legt dabei seine Hand auf dessen Oberkörper. Es dauert einen Moment, aber dann ist er schlagartig hellwach. Spürt Yugi doch unter seiner Hand statt des gewohnten Stoffes nackte Haut. Mit wild schlagendem Herzen richtet sich Yugi leicht auf, so dass er seinen schlafenden Freund besser sehen kann, immerhin ist die Sonne noch nicht aufgegangen. Tatsächlich, liegt Yami mit nacktem Oberkörper da und hat sich zudem nur bis zur Hüfte zugedeckt.

Obwohl er weiss, dass er nun vielleicht einen grossen Fehler macht, kuschelt er sich wieder an Yami ran und legt den Kopf auf dessen Brustkorb. Nervös legt er die Hand auf der Höhe des Herzens hin. Wie weich die Haut da ist...

Noch scheint Yami ja tief und fest zu schlafen, zumindest deutet nichts darauf hin, dass er wach sein könnte. Ohne es im ersten Moment zu bemerken beginnt Yugi leicht seine Finger zu bewegen, nur ein bisschen, aber es fühlt sich so gut an. Durch den weiterhin ruhigen Atem seines Freundes mutig geworden hebt er seinen Kopf leicht an, so dass er seine Lippen auf dessen Haut drücken kann.
 

In dem Moment schreckt Yami aus seinem Schlaf hoch und stösst Yugi reflexartig von sich weg, so dass dieser beinahe aus dem Bett gefallen wäre, wenn er nicht so gut wie in der Mitte gelegen hätte.

Mit weit aufgerissenen Augen fixiert Yami Yugi der unter seinem Blick schuldbewusst den Augenkotakt vermeidet. „Yugi... was...?“ Nicht wissend, was er von all dem halten soll, steht Yami auf um mehr Abstand zwischen sie beide bringen zu können. Vielleicht kann er so seine wild kreisenden Gedanken zu Ruhe bringen. Hat er doch das leichte Streicheln auf seiner Brust bemerkt gehabt und es sogar irgendwie genossen, als er dann aber plötzlich Yugis Lippen gespürt hat...

Unbewusst legt er seine Hand genau da hin wo ihn Yugi, ja was? Geküsst hat? Egal was er gemacht hat, es hat ihn erschreckt, ihm Angst gemacht und überfordert. In sicherer Entfernung zum Bett und so auch zu Yugi steht Yami da und wartet auf eine Antwort.
 

Mit gesenktem Kopf kniet Yugi da und weiss nicht, was er sagen soll. „Yami ich...“, unsicher schielt er zu seinem Freund, hat er doch Angst was er in dessen Gesicht sehen wird. Doch zu seiner Erleichterung kann er keine Panik erkennen. Auch wenn es ihm einen Stich versetzt, als er sieht, wie weit sich Yami von ihm entfernt hat.

Da sein Freund schweigt, atmet Yugi ein paar Mal tief ein und schliesst dabei die Augen. „Yami, ich... habe nicht nachgedacht und es tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe, das wollte ich nicht. Wirklich.“ Hilflos streckt er die Hand nach ihm aus, bleibt aber auf der Matratze knien.
 

Zögernd nähert sich Yami vorsichtig dem Bett, ergreifen tut er die ausgestreckte Hand allerdings nicht. „Warum? Warum hast du das gemacht?“, nicht wissend was er von der ganzen Sache halten soll, mustert er Yugi genau und versucht aus dessen Körpersprache zu lesen.
 

Um sich irgendwie zu sammeln fährt sich Yugi durch die Haare. Nur leider bringt das nicht wirklich viel. Da heisst es wohl einfach offen die Wahrheit zu sagen und hoffen, dass Yami ihn richtig versteht. „Yami, ich weiss auch nicht was in mich gefahren ist. Ich habe nicht nachgedacht und einfach nur... ach verdammt.“ Verzweifelt, weil ihm die Worte fehlen, fährt sich Yugi noch einmal über den Kopf.
 

Lange steht Yami einfach nur da und versucht zu verstehen. „Soll...“, beginnt er, bricht dann aber ab. „Ich...“, nun räuspert er sich. „Ist das etwas von den Dingen, die schön sein können?“, schafft es Yami im dritten Anlauf seine Gedanken in Worte zu fassen.
 

Erleichtert, dass sein Freund in die richtige Richtung denkt, nickt Yugi. „Ja, es gehört zu den Dingen, die schön sein können, wenn beide Seiten es wollen. Nur eben, ich habe nicht nachgedacht und in dem Moment vergessen, dass du noch nicht so weit bist.“
 

Da Yami sehen und hören kann, dass es Yugi ernst meint, setzt er sich vorsichtig auf die Bettkante. „Das Streicheln war ja irgendwie schon schön“, gibt er leise zu. „Nur das andere, war... es hat mir Angst gemacht.“ Eine Weile sieht er auf seine Hände. „Für wen soll das schön sein? Ich meine, wieso hast du das gemacht? Ist das denn für dich auch schön, wenn du das bei mir machst? Und ist es dann nur für den schön, der an der Stelle den... den... den Kuss gibt? Oder ist das auch schön für den der den Kuss da bekommt?“ Jetzt auf einmal mehr neugierig als verängstigt, dreht er sich etwas zu Yugi und sieht ihn mit leicht geneigtem Kopf an, während er sich zusätzlich mit einer Hand abstützt.
 

Sprachlos erwidert Yugi den fragenden Blick. So viele Fragen und das nur wegen eines Kusses? Obwohl, ist das nicht besser als die erste verängstigte Reaktion? Nur jetzt muss er wohl die Neugier seines Freundes stillen. „Es soll und ist für beide Seiten schön.“ Obwohl es ihm wirklich peinlich ist, sieht er nicht weg, sondern hält den Blickkontakt mit Yami. „Für mich war es schön, weil ich dich gern so berühren und ja irgendwann auch verwöhnen möchte, wenn du es willst.“ Nervös darauf wartend, wie Yami nun reagieren wird, kniet Yugi auf dem Bett und wagt sich nicht zu bewegen.
 

Nachdenklich senkt Yami den Blick auf die Matratze. Das soll für beide schön sein? Also, wenn er das bei Yugi machen würde, dann könnte es ihnen beiden gefallen? Seine innere Stimme, die ihn zum Aufstehen bewegen will, zur Seite schiebend, hebt er nach einer Weile den Kopf. Nervös, aber gleichzeitig entschlossen, rutscht er näher an seinen Sharik heran. „Darf ich das dann auch mal probieren?“
 

Mit grossen Augen sieht Yugi seinen Freund an. „Was? Was willst du probieren?“ Irgendwie geht ihm das am frühen Morgen zu schnell und müsste Yami nicht langsam in den Stall gehen?

„Na das, was du auch bei mir gemacht hast.“ Abwartend sitzt er da und wartet auf die Antwort. Eigentlich müsste er ja die Pferde füttern gehen, aber das hier will er jetzt wirklich wissen.

Leer schluckend nickt Yugi und hofft, dass er es schafft dabei irgendwie die Kontrolle zu behalten.

Nur darauf scheint Yami gewartet zu haben, denn schon beugt er sich nach vorn und drückt seinen Sharik langsam zurück in eine liegende Position, so dass Yugi sich bequem hinlegen kann.

Erst dann beginnt er vorsichtig und ziemlich zittrig, seine Finger über Yugis Brustkorb gleiten zu lassen. Dabei beobachtet er ganz genau jede Regung in dessen Gesicht.
 

Geniessend schliesst Yugi seine Augen, krallt sich aber gleichzeitig in die Matratze um ja nicht nach seinem Freund zu greifen. Zwar ist es für ihn schon beinahe eine Folter einfach nur hier zu liegen, aber gleichzeitig ist es so schön, wie die Fingerspitzen über seine Haut gleiten.
 

Von der Reaktion Yugis ermutigt und nun wirklich neugierig, denn irgendwie gefällt es ihm überraschenderweise was er gerade macht, beugt sich Yami nach unten damit er seine Lippen auf Yugis Haut legen kann. Als er dann aber ein unterdrücktes Keuchen hört, schreckt er wieder hoch. Hat er da etwa gerade etwas falsch gemacht? Doch ein Blick in Yugis Gesicht beruhigt ihn. Wieder beugt er sich nach unten und versucht dabei seinen Sharik nicht aus den Augen zu lassen. In dem Moment, als seine Lippen wieder die Haut berühren, öffnen sich die amethystfarbenen Augen. „Yami, hör auf“, keucht Yugi erstickt auf. Seine Grenze ist erreicht.

Sofort lässt Yami von seinem Sharik ab und kniet sich neben ihm hin. „Hab ich etwas falsch gemacht?“, unsicher mustert er den schwer atmenden Yugi, bis sein Blick auf dessen Schritt fällt. „Oh, war ich das etwa?“
 

Als Yugi merkt, wo sein Freund hinsieht, zieht er sich sofort die Decke über die Hüften. Mit hochroten Wangen, sieht er auf die Decke und dann in die rubinroten Augen. „Nein, du hast nichts falsch gemacht, im Gegenteil und ja das da“, nun deutet er auf seinen Schritt, „warst du. Ähm, willst du jetzt gleich ins Bad oder kann ich vielleicht...?“
 

Nun ist es an Yami rot zu werden. „Ähm, geh nur, aber du kannst ja auch hier... wenn ich weg bin. Ist doch sicher bequemer... oder?“
 

Ergeben schliesst Yugi die Augen. „Ja, es ist bequemer“, kaum hat er das gesagt merkt er, wie sich die Matratze neben ihm bewegt und kurz darauf die Tür geöffnet und wieder geschlossen wird. Keine Sekunde zu früh, denn länger hätte er es nicht mehr ausgehalten.
 

Unterdessen steht Yami im Bad vor dem Spiegel und fragt sich was da vorhin in ihn gefahren ist. Nur eins weiss er, es war irgendwie schön, wie Yugi da reagiert hat. Was er sonst noch dabei gefühlt hat, kann er allerdings nicht wirklich sagen. Zu sehr ist er im Moment von seinen Gefühlen und der Art wie er auf Yugis Berührungen reagiert hat verwirrt. War das doch irgendwie total anders, als wenn er Yugi auf den Mund, die Stirn oder den Nacken geküsst hat.

Mit einem Seufzen wendet sich Yami von dem Spiegel ab und zieht sich nun komplett aus, damit er unter die Dusche steigen kann. Da er wirklich schon spät dran ist und das Badezimmer nicht zu lange blockieren will, fällt nicht nur die Dusche, sondern auch noch der Rest seiner Morgentoilette relativ kurz aus.
 

Im Stall wird Yami dann schon sehnsüchtig von den beiden Pferden erwartet. „Sorry Jungs, ich bring euch gleich euer Frühstück.“ Im Vorbeigehen streichelt er kurz über die Köpfe der beiden, ehe er ins Lager geht um die Netze zu holen.
 

Unterdessen hat es Yugi auch geschafft ins Bad zu gehen. Nach einer erfrischenden Dusche und seiner Morgentoilette geht er dann in die Küche. Wo sein Grossvater gerade die Brötchen aus dem Ofen holt und zum Abkühlen auf das Gitter legt. „Guten Morgen mein Junge. Hast du gut geschlafen?“, aufmerksam musternd sieht er seinen Enkel an. „Ist etwas passiert? Du wirkst irgendwie anders als sonst.“ Gespannt, was nun kommt lehnt sich Sugoroku mit vor der Brust verschränkten Armen seitlich an die Arbeitsplatte.
 

Wie auf Kommando wird Yugi knallrot. „Guten Morgen Grossvater“, versucht er seine Verlegenheit zu überspielen. „Hast du schon Tee gemacht?“ Hoffend, dass sein Grossvater das Ablenkungsmanöver akzeptiert nimmt sich Yugi eine Tasse Tee, ehe er ihn wieder ansieht.

Als er dessen Gesichtsausdruck sieht, weiss er, dass er um die Beantwortung der Frage nicht herumkommen wird. „Ich habe heute Morgen ein wenig die Kontrolle verloren“, nuschelt er in die Tasse hinein.
 

„Was meinst du damit, du hast die Kontrolle verloren?“, mit hochgezogener Augenbraue sieht Sugoroku seinen Enkel an. Sorgen macht er sich noch keine, denn wenn etwas Schlimmeres passiert wäre, dann würde Yugi nun anders dastehen.
 

„Oh Mann, Grossvater! Muss ich das wirklich erzählen? Das ist peinlich!“, ruft Yugi verlegen aus, bevor er sein Gesicht wieder mehr oder weniger in der Tasse versteckt.
 

„Ja, du musst. Schliesslich muss ich es wissen, für den Fall, dass Yami nachher Hilfe brauchen sollte.“ Begründet Sugoroku seine Neugier möglichst logisch. Dabei verzieht er keine Miene, obwohl er sich schon beherrschen muss, nicht zu grinsen.
 

Ergeben lehnt sich Yugi rücklings an den Tisch. „Ich habe ihn gestreichelt und auf die Brust geküsst.“ Zwar nuschelt er mehr oder weniger in seinen nicht vorhandenen Bart, aber trotzdem scheint ihn sein Grossvater zu verstehen, denn der nickt nur auffordernd. „Das hat ihn im ersten Moment erschreckt, aber dann hat er angefangen Fragen zu stellen und wollte es dann auch bei mir ausprobieren, was er dann auch gemacht hat...“, nun wirklich mehr einer reifen Tomate gleichend, blickt Yugi aus dem Fenster.
 

Verstehend nickt Sugoroku, sieht aber seinen Enkel zugleich mahnend an. „Du kannst von Glück reden, dass er inzwischen so weit ist, dass er Fragen stellt und sich nicht von dir zurückzieht, wenn du ihn überforderst.“ Todernst erwidert er Yugis Blick, der ihn erschrocken ansieht. „Meinst du, dass er so extrem hätte reagieren können?“
 

Mit einem Seufzen nickt Sugoroku. „Ja, denn das hat er schon mal gemacht und zwar im Juni. Da hat er nämlich zufälligerweise erfahren, dass du ihn liebst. Darum kannst du froh sein, dass er mit dir geredet hat. Auch wenn es dir wohl offensichtlich peinlich gewesen ist, aber da bist du selbst schuld.“
 

Nun verwirrt, betrachtet Yugi den Inhalt seiner Tasse, ehe er wieder nach vorn zu seinem Grossvater blickt. „Wie meinst du das, dass ich selbst schuld bin.“
 

Mit einem Seufzen, fährt sich Sugoroku durch die Haare. „Yugi, du hast Yami mehr oder weniger gezwungen zu rennen, bevor er überhaupt das laufen richtig gelernt hat. Darum bist du selbst schuld.“
 

Nun beleidigt stellt Yugi seine Tasse hin und verschränkt seine Arme. „Das ist nicht fair. Ich bin auch nur ein Mann und kann mich leider auch nicht immer beherrschen. Ausserdem, wer ist denn damals mit Amara von mir im Wohnzimmer überrascht worden?“
 

Mit den Augen rollend schüttelt Sugoroku den Kopf. „Daran musst du mich nicht erinnern. Denn danach hatten wir beide auch ein peinliches Aufklärungsgespräch.“ Bei dem Gedanken daran, kann er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.
 

„Das ist nicht lustig, ich war damals 15 Jahre alt! Yami ist schätzungsweise 25. Da sollte er doch...“ „Yugi. Jetzt denk mal nach. Wie alt war Yami vermutlich, als er versklavt worden ist? 19 oder 20! Im schlimmsten Fall kennt er gar keinen freiwilligen Sex.“
 

Geschockt sieht Yugi seinen Grossvater mit offenem Mund an. Hatte er doch bis jetzt die Überzeugung gehabt, dass wenn Yamis Erinnerungen zurückkommen, dieser sich sicher daran erinnern wird, wie schön Sex sein kann. „Willst du damit etwa sagen, dass Yami vielleicht nie...“, ohne den Satz zu beenden steht er da und fixiert den Boden.
 

Im Flur lehnt Yami an der Wand, wollte er doch schon vor einer Weile in die Küche gehen, als er die beiden sprechen gehört hat. Vollkommen verwirrt, weiss er nicht was er tun oder wie er reagieren soll. Aber dann fasst er einen Entschluss. Auch wenn er sich bei dem Gedanken nicht wirklich wohl fühlt, muss er wohl diesen Schritt gehen. Tief Luft holend stösst er sich von der Wand ab.
 

Als er in die Küche kommt, sieht ihm Sugoroku sofort an, dass etwas nicht stimmt. „Yami, hast du schon länger im Flur gestanden?“ Geschockt sieht er wie Yami mit gesenktem Kopf nickt. Sofort tauscht er mit Yugi einen Blick und teilt ihm so wortlos mit, dass er sich sofort mit Yami unterhalten muss, wenn er noch etwas retten will.
 

Nervös, aber doch entschlossen stellt sich Yugi vor Yami hin. „Lass uns nach oben gehen. Ich glaube, ich muss dir dringend ein paar Dinge erklären.“ Sanft greift er nach der Hand seines Freundes und zieht ihn aus der Küche.
 

Widerstandslos lässt sich Yami mitziehen, ist dann aber überrascht, als sie ins Wohnzimmer gehen und er von Yugi auf das Sofa gedrückt wird.
 

Statt sich neben seinem Freund auf das Sofa zu setzen, nimmt Yugi mit dem niedrigen Couchtisch vorlieb, damit er Yami ins Gesicht sehen kann. „Bevor ich es jetzt nur noch schlimmer mache, als es vermutlich schon ist, beantworte mir bitte zwei Fragen. Was hast du alles gehört und was glaubst du, erwarte ich von dir?“
 

Immer noch verwirrt darüber, dass sie im Wohnzimmer sind braucht Yami einen Moment bis er die Fragen beantworten kann. „Ich habe gehört, wie du gesagt hast, dass ich wohl 25 Jahre alt bin und dann hat dich Grossvater unterbrochen. Was ich glaube ist, dass du mit mir Sex haben willst und nicht mehr lange darauf warten willst, bis ich wirklich dazu bereit bin.“
 

Innerlich verflucht Yugi gerade die Tatsache, dass sein Freund nur den Teil gehört hat, der wirklich so verstanden werden kann. Besonders wenn man bedenkt, was Yami durchmachen musste.

Hoffend, dass er gerade keinen Fehler macht, umfasst er dessen Hände und sieht ihn beschwörend an. „Dann werde ich dir mal sagen, was wir vorher gesagt haben. Grossvater hat mir nämlich den Kopf gewaschen, dass ich dich am Morgen überfordert habe. Wie hat er es gesagt? Ich habe dich gezwungen zu rennen, bevor du überhaupt richtig laufen gelernt hast.“ Abschätzend mustert er Yamis Gesicht, ist das doch die einzige Möglichkeit, herauszufinden was sein Freund denkt. Weil dieser ihn nur schweigend ansieht.

Leicht drückt er dessen Hände. „Yami, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mit dir keinen Sex haben möchte und ja du hast mich heute Morgen mit deinen Berührungen wirklich verdammt heiss gemacht, aber ich werde einen Teufel tun und dich deswegen dazu zwingen mit mir zu schlafen.“

Beschwörend sieht er in die rubinroten Augen. „Verdammt Yami, du hast mir mein Herz gestohlen. Du bedeutest mir mehr als alles andere auf der Welt. Ich würde alles für dich tun, wenn ich es nur könnte.“
 

Mit weit aufgerissenen Augen hört Yami zu und kann kaum glauben, was er da hört. „So fühlst du für mich? Ich bin doch nur...“, weiter kommt er nicht, denn in dem Moment beugt sich Yugi nach vorn und drückt ihm sanft seine Lippen auf den Mund.

Es dauert einen Moment, bis sich Yami von seiner Überraschung erholt hat und beginnt den Kuss zögernd zu erwidern. Dabei ist er sich deutlich bewusst, in welcher Position er sich gerade befindet und dass seine Hände festgehalten werden. Trotzdem spürt er keine Angst mehr, wie es noch vor einer Weile der Fall gewesen wäre.
 

Erst als die Luft knapp wird lösen sie sich voneinander, allerdings nur so weit wie nötig. Tief sehen sie sich in die Augen, bis Yami seine erschöpft schliesst. „Ich habe Angst. Ich weiss nicht, was ich tun soll. Was richtig und was falsch ist.“

Kaum hat er das gesagt, spürt er wie sich Yugi bewegt und sich neben ihm hinsetzt. Die ganze Zeit lässt er die Augen geschlossen und öffnet sie auch dann nicht, als er in Yugis Arme gezogen wird.
 

Wortlos hält Yugi seinen Freund fest und versucht ihm so zu zeigen, dass er für ihn da ist. Erst als er spürt, dass Yami ihm wieder zuhören kann, beginnt er wieder zu sprechen. „Sei einfach du selbst und dann machst du alles richtig. Wenn du Fragen hast, dann stell sie ohne Scheu, selbst wenn sie mich verlegen machen sollten. Wenn dir etwas Angst macht, dann sag es mir. Wenn ich etwas falsch mache, dich überfordere oder was auch immer, dann sag es mir. Höre auf dein Herz, denn es sagt dir was richtig und was falsch ist.“ Sanft streichelt er seinen Freund über den Rücken und die Arme. Eine Antwort bekommt er zwar nicht, aber durch dessen Körpersprache kann er spüren, dass Yami ihn verstanden hat. Kuschelt sich doch dieser noch mehr an ihn ran.
 

Erst als sich ihre Mägen mit einem deutlichen Knurren zu Wort melden, bewegen sie sich wieder. „Ich glaube, wir sollten langsam etwas essen gehen.“ Schief grinst Yugi seinen Freund an, während er ihn leicht von sich schiebt, damit er aufstehen kann.

Nachdem auch Yami aufgestanden ist, nimmt er dessen Hand und lässt ihn nicht mehr los. Was seinen Freund nicht zu stören scheint, so dass sie händchenhaltend nach unten gehen.
 

Als sie in die Küche kommen, sehen sie das Frühstück auf dem Tisch stehen. „Ich bin gleich wieder da Yami.“

Schnell geht Yugi in den Laden um seinem Grossvater Bescheid zu geben, dass wieder alles in Ordnung ist und er ihn dann gleich im Laden ablösen wird.
 

In der Küche wird er schon von Yami erwartet, der noch nicht mit dem Frühstück angefangen hat. „Du hättest ruhig schon anfangen können.“ Lächelnd setzt er sich hin und greift dann nach einem Brötchen, denn inzwischen hat er wirklich einen riesen Hunger.

Doch als Yami sich nicht auch bedient, legt er das Brötchen hin und sieht seinen Freund fragend an. „Was hast du?“
 

Einen Moment zögert Yami, aber dann bricht es aus ihm heraus. „Es tut mir leid. Du hast es mir schon so oft gesagt, dass ich nichts machen muss was ich nicht will. Trotzdem unterstelle ich dir immer wieder, dass du genau das machen willst.“ Nun senkt er den Blick auf seine Hände, die auf seinem Schoss liegen.
 

Mit offenem Mund sitzt Yugi da und weiss nicht, was er sagen soll. Er hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht mit einer Entschuldigung.

Aus einem Impuls heraus steht er auf und geht um den Tisch herum. Bei seinem Freund angekommen setzt er sich einfach seitlich auf seinen Schoss und schlingt seine Arme um dessen Hals und umarmt ihn fest. Dass Yami die Umarmung nicht erwidert stört Yugi nicht, weil dieser entspannt bleibt. „Danke.“ Mit einem glücklichen Lächeln löst er sich wieder ein wenig, so dass er sich zurücklehnen und seinen Freund ansehen kann. „Ich kann dich aber verstehen und wenn wir das Missverständnis dann auflösen können, ist es auch nicht schlimm.“ Zärtlich streichelt er kurz über Yamis Wange. „So, nun sollte ich mich aber wieder auf meinen Platz setzen, damit wir endlich essen können.“
 

In dem Moment, wo Yugi aufstehen will, schlingt Yami seine Arme um ihn und hindert ihn so daran aufzustehen. Als er den erstaunten Gesichtsausdruck seines Shariks sieht, kann er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Obwohl es ihn in dieser Position immer noch nervös macht, legt er seine Lippen wie einen Hauch auf Yugis. „Jetzt kannst du aufstehen.“ Grinsend lässt er seinen Sharik los, der einen Moment braucht, bis er sich soweit erholt hat, dass er aufstehen kann.
 

Mit wackligen Knien, geht Yugi wieder zu seinem Platz. Wenn das so weitergeht, wird es für ihn wohl sehr hart werden seine Finger weiter bei sich zu behalten, wenn er mit seinem Freund allein ist.

Nachdem er sich wieder hingesetzt hat, sieht er über den Tisch zu Yami. Der ihn, ein Brötchen in der Hand, anlächelt. Glücklich erwidert Yugi das Lächeln, ehe er nun endlich auch nach seinem Brötchen greift.
 

Nach dem Frühstück wird er mehr oder weniger von seinem Freund aus der Küche gescheucht. Denn schliesslich sollte ja er im Laden stehen und die Kunden bedienen und nicht Grossvater. Doch aus der Idee, dass er ihn ablöst, wird nichts. Denn durch die Hitzewelle daran erinnert, dass sie dringend Kleider aus dünnerem Stoff brauchen, stürmen die Leute schon beinahe den Laden. So dass es sogar zu dem seltenen Umstand kommt, dass sie warten müssen, weil noch eine oder zwei Personen vor ihnen dran sind.
 

Als sie hören, wie die Kirchenglocke 10 Mal schlägt, wird das Verpackungsleinen so langsam aber sich knapp. Haben sie doch jetzt schon mehr verkauft, als sonst an einem ganzen Tag.
 

Zwischen zwei Kundinnen, blickt Yugi zu seinem Grossvater, der gerade die eingenommenen Münzen für einen Seidenschal auf der Tafel einträgt. „Kannst du schnell Yami holen gehen? Wir haben kaum noch zugeschnittenes Leinen um die Stoffe einzuwickeln und wir kommen beide nicht dazu, neues zuzuschneiden.“
 

Die Kreide weglegend nickt Sugoroku. „Ist gut. Ich hole auch gleich noch drei Flaschen Wasser.“ Eine Antwort von seinem Enkel erwartet er nicht, da dieser schon mit der nächsten Kundin beschäftigt ist.

Im Flur streckt Sugoroku als erstes seinen schmerzenden Rücken durch, bevor er zur Hintertür geht und diese aufmacht. Schon im Türrahmen sieht er Yami, der gerade Rocky am Bewegen ist.

„Yami, wir brauchen dich vorne im Laden. Die Kunden rennen uns regelrecht die Bude ein.“
 

Überrascht sieht Yami zur Tür. „Ist gut, ich bringe Rocky nur noch schnell in die Box und gebe den beiden ihr Futter und frisches Wasser, dann komme ich rein.“ Als er Sugoroku nicken sieht, wendet er seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Wallach zu und ruft ihn zu sich. Hat er ihn doch ohne Longe locker um sich herum traben lassen, damit dieser trotz des heissen Wetters ein wenig Bewegung bekommt. Zum Glück hat er mit Blacky vorher schon gearbeitet.

Sich seine Eile nicht anmerken lassend, bringt Yami ihn zurück in die Box und sorgt erst einmal für frisches Wasser, ehe er die Heunetze holt und den Pferden hinhängt. So viel Zeit muss einfach sein.
 

Da die Verbindungstür zum Laden offen steht zieht sich Yami, nachdem er sich die Hände gewaschen hat, schon bei der Waschschüssel das Halsband an. Wegen des warmen Wetters ist das nicht gerade angenehm, aber es muss ja leider sein.
 

Als er dann in den Laden kommt, sieht er was Sugoroku gemeint hat. So einen vollen Laden hat er noch nie gesehen. „Yugi?“, mehr wagt er nicht zu sagen, da jetzt schon diverse Blicke auf ihn gerichtet sind und er doch der unterwürfige Sklave sein muss.
 

„Moment.“ Mit routinierten Handgriffen schlägt Yugi den Seidenballen in das Leinentuch ein und reicht es dann dem Sklaven der Kundin, der nur eine einfache Tunika trägt. „Bitte sehr Madame, ich wünsche Ihnen viel Freude mit der Seide. Leider kann ich Sie nicht zur Tür begleiten.“ Gespielt bedauernd sieht er die Dame an, die jedoch mit einem Lächeln abwinkt. „Das macht doch nichts Herr Muto, ich sehe ja, dass Sie viel zu tun haben und der Anblick Ihres Sklaven entschädigt mich mehr als gut dafür.“

Kaum ist die Kundin weg blickt Yugi neugierig zu Yami und kann sich nur mit Mühe beherrschen nicht anfangen zu sabbern. Trägt doch Yami lediglich eine graue Hose und die braune Weste, welche er noch nicht einmal geschlossen hat. So dass er einen mehr als guten Ausblick auf dessen nackte Brust hat.

Erst als er von seinem Grossvater einen Tritt gegen das Schienbein bekommt, was durch die geschlossene Bauart der Theke von den Kunden zum Glück nicht gesehen werden kann, ist es ihm möglich, sich von dem Anblick loszureissen.

„Wir brauchen neues zugeschnittenes Verpackungsleinen. Hol den Ballen mit dem dünnen Leinen und dann kannst du es hier zwischen Grossvater und mir zuschneiden. Wir schränken uns dann platzmässig einfach ein wenig ein.“ Zu seinem Bedauern, muss Yugi einen leichten Befehlston anschlagen, aber als er das versteckte Lächeln von Yami bemerkt, weiss er, dass ihn sein Freund versteht.

„Verstanden, muss ich gleich noch was Anderes aus dem Lager holen?“, fragend sieht Yami von Yugi zu Sugoroku. „Ja, wenn wir noch zugeschnittene moosgrüne Seide haben, wäre es gut, wenn du die mitbringen würdest“, meldet sich Sugoroku zu Wort, da er gerade den fünften Ballen von dieser Seide einwickelt.

„Alles klar. Ich bin gleich wieder zurück.“

Sofort geht Yami ins Lager um das gewünschte zu holen. Zum Glück hat er erst vor zwei Tagen zusammen mit Yugi viele Stoffballen für den Verkauf zugeschnitten, so dass er nun sechs Stück von der gewünschten Seide auf den Tisch legt, bevor er den grossen Leinenballen hervorholt und ebenfalls auf den Tisch befördert. Einen Moment überlegt er, wie er das nun machen soll, kann er doch nicht wie sonst den Korb nehmen um die kleinen Stoffballen in den Laden zu tragen, da er ja noch den grossen Leinenballen zu transportieren hat. Nach kurzem Überlegen stapelt Yami versuchsweise die kleinen Ballen auf den grossen und tatsächlich liegen diese so stabil, dass er alles auf einmal in den Laden tragen kann, wenn er sich die Stofftasche mit den benötigten Utensilien über die Schulter hängt. Zwar hat er jetzt ziemlich schwer zu tragen, aber lieber so, als bei der Hitze zweimal laufen zu müssen. Ausserdem hat er vorhin gesehen, dass wirklich nicht mehr viel Leinen da ist.
 

Als Yami wieder in den Laden kommt, treten Yugi und Sugoroku gleich zu den Seiten der Arbeitsplatte, so dass er seine Last darauf ablegen kann.

Zuerst räumt Yami die Seidenballen in das Regal, bevor er beginnt das Leinen zuzuschneiden.

Obwohl er nicht viel Platz hat, kommt er nach einigen Versuchen gut zurecht. Sind die Leinenstücke doch nur halb so gross wie die zum Verkauf gedachten Stoffballen und müssen auch nicht so genau zugeschnitten werden. Darum kann er es sich erlauben das Leinen einfach doppelt zu nehmen und dann ungefähr die Hälfte der benötigten Länge abzuschätzen.

Noch während er am Zuschneiden ist, müssen Yugi und Sugoroku sich bei den frisch zugeschnittenen Stücken bedienen. Was ihm deutlich zeigt, wie viel schon verkauft worden ist, haben sie doch bei der letzten Zuschneideaktion wirklich viel vorbereitet.
 

Wenn Yami mal von seiner Arbeit hochblickt, kann er sehen, wie ihn die Kundinnen regelrecht anstarren. Ausserdem fällt ihm auf, dass zumindest von Seiten der Damen nicht mehr so hart um den besten Preis gefeilscht wird. Im Gegenteil. Einige zahlen sogar den vollen Preis, ohne auch nur den Versuch zu machen den Preis zu drücken.

Dabei hat ihm Yugi doch erklärt, dass Verhandeln ganz normal ist und er deswegen die Preise von Anfang an etwas höher ansetzt, damit er den Kunden auch entgegenkommen und ihnen so ein gutes Gefühl vermitteln kann. Schadenfreudig denkt nur so für sich, dass die Weiber ganz selbst schuld sind, wenn sie zu viel bezahlen müssen, weil sie sich von ihm ablenken lassen.
 

Es ist sogar so viel los, dass sie den Laden über die Mittagszeit offenlassen und einfach nur einzeln schnell ein Brot mit Wurst essen gehen.
 

Deswegen hilft Yami nach seinem Mittagessen auch wieder im Laden aus, nachdem er die Pferde schnell versorgt hat. Nur müssen sich Yugi und Sugoroku jetzt deutlich mehr einschränken und teilweise sogar neben dem Tresen verhandeln, weil er nun die Stoffballen zuschneidet, die von den Kunden verlangt, aber nicht mehr als verkaufsfertige Ballen an Lager sind.

Erst am späten Nachmittag, eher schon frühen Abend wird es wieder ruhiger, so dass sich Yami in den Stall zurückziehen kann um nun da seine eigentliche Arbeit zu erledigen. Als Erstes mistet er die Boxen aus, damit er sicher fertig ist, wenn der Mistsammler Monk kommt um den Mist zu holen.

In der Zwischenzeit lässt er Blacky und Rocky frei im Hinterhof laufen und hat auch das Heu wieder so verteilt, dass sie sich beim Fressen vorwärtsbewegen müssen.
 

Nachdem er die Pferde wieder in ihre Boxen gebracht hat, holt Yami den inzwischen geleerten Mistkarren. So muss er nach dem Abendessen nicht mehr rauskommen. Hat er doch auch schon das Heu für die Nacht in die Boxen gehängt und die Wassertröge wieder bis obenhin aufgefüllt.
 

Müde und hungrig geht Yami danach ins Haus. Hat er doch ausser einem Brot und etwas Wurst zu Mittag seit dem Morgen nichts mehr gegessen.
 

Während Yugi und Sugoroku in der Küche auf Yami warten, beobachtet Yugi besorgt seinen Grossvater. Kann er doch deutlich sehen, dass dieser wieder von starken Rückenschmerzen geplagt wird. Dabei hatte er gehofft, dass diese sich gebessert haben, seit Yami den Stall übernommen hat und auch bei den schweren Arbeiten im Haushalt mithilft.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“ Zwar weiss er ganz genau, wie die Antwort lauten wird, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
 

Ächzend stellt Sugoroku den Topf mit der Gemüsesuppe auf den Tisch. „Nein, es geht schon. Ich bin ja schliesslich nicht invalide.“

In dem Moment kommt Yami in die Küche. „Wer ist invalide?“, fragend sieht er erst Yugi, dann Sugoroku an, der sich gerade mit schmerzverzerrten Gesicht die Hand ins Kreuz drückt.
 

„Grossvater hat schon seit Jahren Rückenschmerzen. In den letzten Monaten war es deutlich besser, aber heute hat er sich wohl übernommen und von mir will er sich nicht helfen lassen und zu einem Heiler will er deswegen auch nicht gehen. Es sei denn, er kann sich vor Schmerzen kaum noch bewegen“, beantwortet Yugi die Frage. Da er genau weiss, dass Yami von Grossvater keine ehrliche Antwort bekommen würde.
 

„Jetzt übertreib mal nicht, mein Junge. Es zwickt nur ein wenig, das ist schon alles“, empört stützt Sugoroku seine Hände in die Seiten, krümmt sich dann aber vor Schmerzen.

Sofort springt Yugi auf und stützt seinen Grossvater von der einen Seite, während Yami auf der anderen Seite das Gleiche macht. „Yugi, wir müssen Grossvater verkehrt herum auf den Stuhl setzen, damit er sich mit der Brust an der Lehne abstützen kann.“
 

Von dem bestimmenden Tonfall erstaunt nickt Yugi nur wortlos und hilft Yami Sugoroku wie gesagt auf den Stuhl zu setzen.

Als sein Freund dann aber leise vor sich hinmurmelnd seine Finger im Kreuz platziert, versteht er die Welt nicht mehr. „Was machst du da?“, verblüfft beobachtet Yugi, wie Yami an zwei Stellen mit seinen Fingern beginnt zu drücken. Was Sugoroku erst aufkeuchen und dann erleichtert seufzen lässt.
 

Zwar ist Yami hochkonzentriert, aber da er ja die gesuchten Punkte gefunden hat und eine Weile Druck ausüben muss, richtet er einen Teil seiner Aufmerksamkeit auf Yugi.

„Das ist eine Akkupressurtechnik, die mir Tante Amina beigebracht hat, als ich 11 Jahre alt gewesen bin. Sie hat mich damals oft heimlich mit zu den Sklaven genommen, wenn diese ihre Hilfe als Heilkundige gebraucht haben und sie nicht die Erlaubnis bekommen haben, einen offiziellen Heiler anzusprechen.“

Da er merkt, dass sich die Punkte unter seinen Fingern entspannen, löst Yami den Druck und macht sich auf die Suche nach den nächsten beiden Punkten neben der Wirbelsäule. Als er diese gefunden hat, beginnt er wieder langsam fester zu drücken, bis er so stark zudrückt, wie es ihm einst beigebracht worden ist.

Nun blickt er wieder zu Yugi. „Nach meiner Versklavung habe ich dann noch mehr Sachen gelernt, die mir Tante Amina nicht beigebracht hatte. Weisst du, Sklaven wissen oft viel mehr über solche Heilmethoden, als es die freien Menschen wahrhaben wollen. Nur geben sie ihr Wissen nur mündlich und auch nur untereinander weiter, da ja die meisten weder lesen noch schreiben können. Ausserdem müssen die Besitzer ja auch nicht immer alles wissen“, zwinkert Yami seinem Sharik zu.
 

Obwohl ihn die Behandlung schmerzt, tut sie Sugoroku unglaublich gut. Gehen diese stechenden Schmerzen in seinem Rücken doch je länger desto mehr zurück.

Während er so dasitzt hört er aufmerksam zu und kann kaum glauben, was er da hört. Kann es etwa sein? Nein, das ist unmöglich. Solche Zufälle kann es einfach nicht geben. Entschlossen schiebt er den Gedanken zur Seite. Ist dieser doch viel zu verrückt, als dass er wahr sein könnte.

Nachdem Yami auch noch zwei Punkte an den Schultern bearbeitet hat, sind die Rückenschmerzen so gut wie verschwunden. Erleichtert richtet sich Sugoroku wieder auf. „Wow, ich fühle mich doch glatt 20 Jahre jünger. Yami, du hast offensichtlich magische Hände.“
 

Verlegen über das Lob winkt Yami mit roten Wangen ab. „Ach was. Ich habe das nur von Tante Amina gezeigt bekommen und in den letzten Jahren noch viel dazugelernt.“
 

Erst jetzt fällt Sugoroku auf, dass die Öllampen in der Küche brennen und die Suppe wieder auf dem Herd steht, die jetzt allerdings von Yugi wieder zum Tisch gebracht wird. „Yami war ziemlich lange mit dir beschäftigt. Darum dachte ich, dass es klug wäre die Suppe wieder auf den Herd zu stellen und die Restwärme der Platte zu nutzen.“

In aller Ruhe füllt Yugi die Suppenschüsseln auf und verteilt sie auf die einzelnen Plätze, ehe er sich auf seinen Stuhl setzt.
 

Während sie essen, blickt Sugoroku neugierig zu Yami. „Sag mal Yami, du hast gesagt, dass dir deine Tante Amina das beigebracht hat. War sie mit deiner Mutter oder deinem Vater verwandt?“
 

Erstaunt über die Frage hält Yami den Löffel auf halbem Weg zu seinem Mund an und lässt ihn dann wieder in die Suppe sinken.

„Sie war mein Kindermädchen. Ich weiss aber nicht, ob sie zudem auch mit meinen Eltern verwandt ist.“ Erst jetzt wird Yami wirklich bewusst, dass er sich an etwas erinnert hat. Denn, dass ihm Tante Amina das alles gezeigt hat, das hat er bis heute nicht mehr gewusst. Geschockt, dass ihm dies erst jetzt auffällt, blickt er auf seine Suppe. Die Erinnerungen kommen zurück! Nicht mehr so heftig wie am Anfang. Sondern schleichend, aber sie kommen wirklich zurück!
 

Mit grossen Augen sehen sich die beiden Mutos an. Doch nach einer Weile schüttelt Sugoroku ohne ein Wort zu sagen den Kopf. Jetzt ist nicht die Zeit noch mehr Fragen zu stellen oder Theorien aufzustellen.

„Sag mal Yugi, wie viel haben wir denn heute eingenommen? So wie es gelaufen ist müsste das geschätzt ein Wochenumsatz sein.“ Lenkt Sugoroku die Aufmerksamkeit auf ein anderes Thema.
 

Kurz überschlägt Yugi die Zahlen, die er in das schwarze Buch eingetragen hat. „Ganz genau habe ich es noch nicht ausgerechnet, aber ein Wochenumsatz ist es mindestens.“ Mit einem Aufseufzen lehnt er sich zurück. „Es ist ja gut, dass sich das Lager so leert. Dann haben wir später wirklich genug Platz für die Stoffe aus Edo und Wladiwostok, aber wenn ehrlich bin, kann ich auf so einen Stress wie heute getrost verzichten.“ Erschöpft schliesst er kurz die Augen, bevor er sich wieder seiner Suppe zuwendet.
 

Seinen Enkel verstehend nickt Sugoroku ernst. „Ja, das heute war wirklich heftig. Was mich aber ein wenig verwundert ist die Tatsache, dass die Kundinnen nicht so hartnäckig verhandelt haben wie sonst. Einige haben ja sogar den ersten Preis akzeptiert.“

Überrascht bemerkt er, wie sich Yugi und Yami schmunzelnd ansehen. „Wisst ihr beide etwas, was ich nicht weiss?“ Neugierig mustert er seine beiden Enkel.

„Naja“, beginnt Yugi immer noch schmunzelnd, während Yami nun ganz unschuldig dreinschauend seine Suppe weiterlöffelt. „Yami hat auf die Damen eine verwirrende Wirkung. Sobald er im Laden ist, vergessen sie beinahe vollständig, dass sie den Preis runterhandeln sollten und da er heute ja besonders sexy ausgesehen hat, war die Wirkung noch viel stärker als sonst.“ Dass er selbst deswegen ab und zu auch ziemliche Konzentrationsschwierigkeiten gehabt hatte, erwähnt Yugi lieber nicht. Denn er kann sich nur zu gut vorstellen, wie die Sprüche von seinem Grossvater deswegen aussehen würden.
 

Erstaunt sieht Sugoroku nun zu Yami, der mit dem wohl unschuldigsten Gesicht, das es gibt, seine Suppe am Essen ist. Wäre er doch nie auf die Idee gekommen, dass der junge Mann so eine Wirkung auf die Damenwelt haben könnte. Zwar ist auch ihm natürlich aufgefallen, dass Yami neben einem guten und exotischen Aussehen auch eine gewisse Ausstrahlung besitzt, aber dass die Kundinnen dadurch sogar das Handeln vergessen, hätte er nicht gedacht.
 

Obwohl sich Yami nichts anmerken lässt, amüsiert er sich gerade köstlich über Grossvaters erstaunten Gesichtsausdruck. Hat er doch nach seiner Mittagspause absichtlich weiter auf das Hemd verzichtet, eben weil er bemerkt hatte, was er für eine Wirkung hat. Ausserdem ist es ihm inzwischen so ziemlich egal, wenn ihn die Leute mit den Augen ausziehen. Solange sie ihre Finger bei sich behalten und darauf achtet Yugi ja wie ein Schlosshund. Dazu kommt, dass auch dank der Klatschtante Aino die eindeutigen Angebote inzwischen ausbleiben.
 

Nach dem Abendessen, räumen Yugi und Yami noch gemeinsam die Küche auf, weil Yami Grossvater ziemlich nachdrücklich ins Bett geschickt hat, da dessen Rücken nach dem anstrengenden Tag, trotz seiner Behandlung nicht mehr zu stark belastet werden sollte.

Zu ihrer beider erstaunen liess sich Sugoroku sogar ohne die üblichen Diskussionen überzeugen, nachdem ihm Yami versprochen hatte, dass er ihn morgen wieder behandeln würde.
 

Als dann auch die letzte Schüssel verräumt und die Asche aus dem Herd genommen worden ist, gehen auch sie nach oben in ihr Zimmer. Doch anders als es Yugi sich erhofft hat gehen sie nicht direkt ins Bett, sondern trainieren noch beinahe eine Stunde lang.

Zwar kann er schon die meisten Griffe und Bewegungsabläufe, aber sein Freund ist der Meinung, dass er noch schneller werden muss.

Wie hatte Yami es ihm erklärt? Wenn du nachdenken musst, dann bist du zu langsam. Die Bewegungen müssen instinktiv kommen. So wie ein Reflex.
 

Nach dem Training stellt sich Yugi vollkommen fix und fertig unter die Dusche und geniesst das kühle Wasser auf seiner Haut. Trotzdem bleibt er nicht lange im Bad. Denn er ist so erschöpft, dass er schon beinahe im Stehen einschlafen könnte.
 

Im Zimmer wartet Yami unterdessen geduldig darauf, dass Yugi wieder zurückkommt, will er doch auch noch unter die Dusche und sich etwas abkühlen. Kaum ist der andere zurück, geht er auch schon nach unten.
 

Während Yami im Bad ist, legt sich Yugi wieder nur mit seinen Schlafshorts bekleidet ins Bett. Eigentlich will er noch so lange wach bleiben, bis er sich an seinen Freund kuscheln kann, aber noch während er so daliegt fallen ihm die Augen zu.
 

So kommt es, dass Yami einen tief schlafenden Yugi vorfindet, als er zurückkommt. Um ihn nicht zu wecken schleicht er auf Zehenspitzen in sein eigenes Zimmer und zieht sich dort die Schlafanzughose an. Nur mit dieser bekleidet legt er sich dann zu seinem Sharik ins Bett und kuschelt sich leicht an ihn ran.

 

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Also Yami ist auch ein Schlitzohr. Einfach absichtlich die Kundinnen verwirren, damit sie einen höheren Preis bezahlen. Dafür hat er ein weiteres kleines Talent verraten. Kann er doch Akkupressur und dann erinnert er sich einfach so nebenbei, dass er das von seiner Tante Amina gelernt hat.

 

Ich war letzten Sonntag ja den neuen Yugioh Film anschauen und ich bin begeistert. Der Film ist genial, auch wenn Atemu einen etwas grösseren Auftritt hätte haben können. ;-)

 

Das war's auch schon.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. ;-)

 

Eure mrs_ianto

Erdbeeren

Hallo zusammen,

 

es ist wieder mal so weit.

 

Das neue Kapitel ist fertig. Ich muss sagen, ihr seid einfach genial. Mit so vielen Favos und Kommis hätte ich nie gerechnet. Dafür danke ich euch an die tausend Mal.

 

Vielen Dank auch an Dyunica, die mich beim schreiben unterstützt und schon während des Schreibens auf Fehler hinweist.

 

So, nun wünsche ich euch viel Spass beim neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 36: Erdbeeren

 

 

Leises Regenrauschen, das durch das offene Fenster ins Zimmer dringt, lässt Yami aus seinem leichten Schlaf aufwachen, den er sich in den letzten Jahren angewöhnt hat und der auch in den letzten Monaten nicht viel tiefer geworden ist.

Ausserdem geht ihm im Moment so viel durch den Kopf, dass er am liebsten gar nicht schlafen würde, um die ganzen Eindrücke und Gefühle geniessen und verarbeiten zu können.

Eine Weile lang liegt Yami ruhig im Bett und sieht aus dem Fenster, bis er es beim besten Willen nicht mehr aushält. Zu sehr drängt es ihn nach draussen in den Regen. Auch wenn die Sonne noch lange aufgegangen ist, schlägt er die leichte Decke zurück und setzt sich dann auf um die Öllampe auf dem Nachttisch anzuzünden. Zum Glück schafft er wenigstens das ohne Hilfe.

Alles in ihm treibt ihn nach draussen, aber er möchte auch nicht alleine rausgehen, weshalb Yami leicht an Yugis Schulter fasst um ihn so wachzurütteln. „Yugi, aufwachen. Es regnet und kühlt endlich ein wenig ab.“

Verschlafen öffnet Yugi daraufhin die Augen. „Yami, lass mich schlafen. Es ist Sonntag.“ Murrend versucht er sich die Decke über den Kopf zu ziehen, was ihm aber nicht gelingt, weil Yami sie ihm einfach wegzieht.

„Yugi komm. Wir gehen raus und geniessen den Regen.“ Inzwischen ist Yami so hibbelig, dass er beinahe auf der Matratze am rumhüpfen ist.

Was Yugi schliesslich so nervt, dass er sich aufsetzt. „Jaja, dann gehen wir halt raus, aber dann lässt du mich weiterschlafen.“ Grummelnd steht er auf und lässt sich gähnend von einem verspielt lächelnden Yami mitziehen, der ihnen den Weg mit der Lampe erhellt.
 

Barfuss und nur in ihren Schlafhosen gehen sie in den Hinterhof. Erst da lässt Yami Yugis Hand los, stellt die Lampe auf die oberste Stufe der Treppe, damit sie vor dem Regen geschützt ist und streckt sein Gesicht mit erhobenen Armen dem Regen entgegen.

Glücklich grinsend sieht er dann zu dem grummeligen Yugi, der mit verschränkten Armen neben ihm im Regen steht und dreinschaut wie ein begossener Pudel. „So, wir sind jetzt nass und abgekühlt, können wir jetzt wieder ins Bett?“, mürrisch sieht er Yami an, der jedoch grinst ihn putzmunter an.

Auf einmal wird Yugi von Yami in dessen Arme gezogen. „Leg deine Arme um meinen Nacken.“ Verwirrt aber auch neugierig folgt Yugi der Aufforderung und verschränkt seine Arme im Nacken seines Freundes.

Kaum hat er das gemacht, beginnt sich Yami mit ihm langsam zu drehen und über den Platz bewegen. Obwohl er wirklich noch müde ist, wird Yugi von dem Übermut seines Freundes angesteckt und lässt sich mitreissen, so dass sie sich nach einer Weile lachend über den Hof bewegen.

Auf einmal wird Yami ernst und bleibt dann stehen. „Yugi, ich...“, da er nicht weiss, wie er seine Gefühle, die er nicht benennen kann, in Worte fassen soll, senkt er seine Lippen auf die seines Shariks.

Im ersten Moment ist Yugi überrascht, hat er doch nicht damit gerechnet, dass ihn Yami küssen wird, solange er seine Hände in dessen Nacken verschränkt hat. Weshalb er erst ganz stillhält und schon den Griff lösen will, als er spürt, wie Yamis Arme ihn noch fester umfassen.

Erst jetzt erlaubt es sich Yugi, den Kuss zu erwidern und seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Geniessend schmiegt er sich an Yamis nackten Oberkörper, was ihm ein Kribbeln durch den ganzen Körper jagt.
 

Schwer atmend lösen sie sich schliesslich widerwillig voneinander und sehen sich voller Gefühl in die Augen. Noch immer regnet es in Strömen, was Yugi inzwischen vollkommen egal ist. Wenn es nach ihm gehen würde, könnten sie noch stundenlang so dastehen.

Unbewusst beginnt er mit seinen Fingern Yamis Nacken zu kraulen. Was diesen geniessend die Augen schliessen lässt, während er seine Stirn seufzend an Yugis lehnt. „Das ist schön.“ „Ja, das ist es.“ So sanft wie Schmetterlingsflügel lässt er seine Lippen über Yamis Wangen gleiten, bis er sie wieder mit denen seines Freundes vereinen kann.
 

Diesmal ist es Yami, der einen Moment braucht um zu verstehen, aber dann beginnt er sich von Yugi in dem Kuss führen zu lassen. Was sich zu seiner Überraschung sehr gut anfühlt. Besonders das Kraulen in seinem Nacken ist einfach nur unglaublich schön und schickt zusammen mit dem Kuss ein Kribbeln durch seinen Körper, das sich an den Stellen wo Yugi seine Haut mit der seinen berührt und so noch zu verstärken scheint.

Diese Gefühle sind so unglaublich schön, dass es Yami schon beinahe bedauert, als sich sein Sharik wieder etwas von ihm löst. Auch wenn er nun dafür wieder in diese unglaublichen amethystfarbenen Augen sehen kann.
 

Inzwischen sind sie vollkommen durchnässt, aber das stört Yugi überhaupt nicht mehr. Zu sehr geniesst er es, seinem Yami wieder so nahe sein zu können, da er sich in den letzten Tagen zurückgehalten hatte, um ihn nicht noch einmal aus Versehen zu überfallen.

Diese Zurückhaltung kann er bei der Nähe aber nicht länger aufrecht halten. Weshalb er Yami die paar Zentimeter zu sich runter zieht um ihn noch einmal zu küssen. Allerdings legt er diesmal all die Leidenschaft, die in ihm brodelt in die Bewegungen seiner Lippen.
 

Von dem Überfall seines Shariks überrascht, zuckt Yami kurz zurück. Lässt sich dann jedoch in den Kuss fallen und beginnt dann diesen vorsichtig, aber auch neugierig zu erwidern.
 

Erst als die Dunkelheit, langsam dem grauen Licht des frühen Morgens weicht, geht der starke Regen in ein leichtes Nieseln über, das deutlich unangenehmer ist, als der starke Regen. Deswegen und auch weil sie doch langsam etwas frösteln, gehen sie zurück ins Haus.

Dort schiebt Yami seinen Sharik in Richtung Bad. „Stell du dich zuerst unter die Dusche. Nicht, dass du dich noch erkältest. Ich hole dir inzwischen trockene Sachen und lege sie dir vor die Tür.“

Yami will gerade an Yugi vorbei zur Treppe gehen, als er von diesem, durch eine Berührung an seinem Arm zurückgehalten wird. Mit einem fragenden Blick dreht er sich etwas zu ihm um.
 

Mit leicht geröteten Wangen sieht Yugi seinen Freund an. „Du kannst die Sachen auch ins Bad legen. Es macht mir nichts aus, wenn du reinkommst, während ich am Duschen bin.“

Erstaunt sieht Yami ihn daraufhin an. „Na gut, wenn du das sagst.“ Mehr weiss er nicht zu erwidern. Weshalb er sich wieder zur Treppe umdreht.

Mit schnellen Schritten steigt er die Stufen nach oben, während ihm Yugi nachsieht, ehe dieser ins Bad geht. Das Schild dreht er diesmal nicht um. Ist doch sein Grossvater seit gestern mit Hopkins unterwegs um eine Theateraufführung in der Nachbarstadt zu sehen, weshalb er frühestens morgen Abend zurückkommen wird.

Ausserdem hat er die Wahrheit gesagt, dass es ihn nicht stört, wenn Yami ins Bad kommt, während er unter der Dusche steht. Zwar hatte er sich insgeheim eine andere Reaktion erhofft, aber vermutlich ist es für solche Zweideutigkeiten leider wirklich noch zu früh.
 

Als das Wasser die richtige Temperatur hat, stellt sich Yugi in der Badewanne unter den Wasserstrahl und schliesst geniessend seine Augen. Erst jetzt bemerkt er, dass der Regen ihn doch etwas ausgekühlt hat, obwohl er das bis jetzt gar nicht so wahrgenommen hatte.

Yugi hat kaum begonnen sich einzuseifen, als er ein leises Klopfen hört und dann die Tür geöffnet wird. Neugierig beobachtet er unauffällig, wie Yami, immer noch in seinen nassen Hosen, ins Bad kommt und die trockene Kleidung auf den kleinen Hocker legt, ohne auch nur ein Mal in seine Richtung zu blicken oder ein Wort zu sagen. Erst als sein Freund wieder an der Tür ist, sieht er kurz zu ihm rüber. „Ich bereite dann mal das Frühstück vor, aber den Tee musst du kochen. Das Herdfeuer mag mich einfach nicht.“ „Ja, ist gut. Ich kümmere mich dann darum.“ Mit einem leisen Gefühl der Enttäuschung sieht Yugi Yami nach, als dieser das Bad verlässt und die Tür wieder hinter sich zuzieht. Hatte er doch nach ihrer Knutscherei im Regen insgeheim gehofft, dass Yami vielleicht neugierig auf mehr werden würde.
 

Während Yugi im Bad ist, beginnt Yami schon mal den Tisch für das Frühstück zu decken. Dabei schwenken seine Gedanken immer wieder zu dem Bild, das sich ihm vorhin im Bad geboten hatte. Ist ihm bei dem Anblick von seinem Sharik unter der Dusche doch so seltsam warm in der Magengegend geworden und dann noch dieses seltsame Kribbeln. Was ist sind nur für Gefühle gewesen? Zudem schlägt sein Herz bei dem Gedanken daran auf einmal wieder so schnell wie vorhin im Bad. Was ist nur mit ihm los?

In dem Moment wo Yugi in die Küche kommt, ist Yami mit dem Tischdecken fertig. Auf einmal Verlegen flüchtet er nun ins Badezimmer, wo er zum Glück vorher auch schon seine Kleider auf den Hocker gelegt hatte.

Mit weichen Knien steigt er in die Badewanne, ohne zuvor das Wasser laufen zu lassen, so dass er zuerst von kühlem Wasser getroffen wird, bis er die richtige Temperatur eingestellt hat und nun das heisse Nass geniessen kann.
 

Verwirrt hat Yugi seinem Freund nachgesehen und fragt sich, was mit ihm los gewesen ist. Da er jetzt gleich aber sich keine Antwort bekommen wird, macht er sich daran das Feuer im Herd zu schüren.

Denn Yami hat nicht Unrecht, dass er das Feuermachen einfach nicht hinbekommt. Was unter anderem daran liegt, dass dieser offensichtlich einen unglaublichen Respekt vor Flammen hat, die grösser als die in der Öllampe sind und darum mit dem Feuerstein nicht nah genug an den Zunder geht, damit die Funken diesen auch erreichen können.

In sich hinein grinsend denkt Yugi an die gefühlt hundert Ausreden, die Yami gefunden hat, um seine Unfähigkeit Feuer zu machen zu erklären. Dabei war es für Grossvater und ihn auf den ersten Blick klar, dass dieser mit seinen Händen nur näher an den Zunder muss und schon würde es klappen. Doch egal wie gut sie ihm zuredeten, es brachte nichts. Yami weigerte sich standhaft seine Hände beim Feuermachversuch näher an den Zunder zu halten.
 

Kurz bevor das Teewasser kocht kommt Yami fertig geduscht und in trockenen Sachen in die Küche. „Reicht die Zeit noch um die Pferde zu füttern?“, fragend sieht er Yugi an, der bestätigend nickt. „Ja, wenn du dich ein wenig beeilst.“ Yugi hat das letzte Wort noch nicht einmal fertig ausgesprochen, als sein Freund auch schon wieder verschwunden ist.
 

Kopfschüttelnd wendet sich Yugi daraufhin wieder dem Herd zu und nimmt jetzt die fertig gebackenen Brötchen aus dem Ofen, die Grossvater am Vortag schon vorgebacken hatte, damit er sie heute nur noch kurz in den Ofen schieben muss, um sie ein wenig knusprig zu bekommen.
 

Unterdessen versucht Yami beim Füttern und Tränken der Pferde seinen rasenden Herzschlag wieder zu beruhigen und das komische Gefühl wieder loszuwerden oder wenigstens zu verstehen, dass er vorhin in der Nähe seines Shariks gespürt hat.

„Verdammt, was ist nur mit mir los?“, fragt er sich laut, als er Rocky noch einmal über den Hals streichelt. Doch leider bekommt er auf seine Frage nur ein Schnauben zur Antwort.

Trotzdem beruhigt es ihn irgendwie, so dass er nun deutlich ausgeglichener wieder ins Haus geht, wo Yugi mit dem Frühstück sicher schon auf ihn wartet.
 

Tatsächlich sitzt Yugi seinen Tee trinkend am Tisch und hat noch nicht mit dem Frühstück angefangen.

„Hast du etwa auf mich gewartet?“, erstaunt sieht Yami Yugi an. Hat er doch gedacht, dass Yugi schon mit dem Frühstück angefangen hätte, weil er etwas länger im Stall gewesen ist.
 

Lächelnd sieht Yugi von der Teetasse auf. „Natürlich habe ich auf die gewartet. Das Frühstück wird ja nicht kalt und dem Tee schadet es auch nicht, wenn er auf dem Herd warmgehalten wird.“ Genau beobachtet Yugi seinen Freund, um abschätzen zu können ob sich dieser wieder etwas gefangen hat.

„Geht’s dir wieder besser?“, kann er sich dann doch nicht mehr zurückhalten, als sich Yami ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hat und nach einem der Brötchen greift.
 

Überrascht über die Frage hält Yami einen Moment lang inne, ehe er sich, das Brötchen noch in der Hand, zurücklehnt. „Ja, es geht mir gut. Wieso fragst du?“, verwirrt sieht er seinen Sharik an, kann er doch den Sinn hinter dieser Frage nicht verstehen.
 

Innerlich schüttelt Yugi über diese Gegenfrage den Kopf. Allerdings nimmt er sich erst auch eins der Brötchen, ehe er versucht eine Antwort zu geben, die sein Freund auch verstehen kann. „Naja, du hast vorhin so unruhig und nervös gewirkt. Darum habe ich mir ein wenig Sorgen gemacht, aber wenn du meinst, dass es dir gut geht...“, absichtlich beendet er den Satz nicht. Sondern beginnt in aller Ruhe Marmelade auf sein Brötchen zu streichen.
 

Yami braucht eine Weile, bis er verstanden hat, was Yugi andeuten wollte. Doch dann wird ihm klar, dass sich sein Sharik wegen seines Verhaltens wohl Sorgen um ihn gemacht haben muss. Bei dieser Erkenntnis wird ihm ganz warm ums Herz. „Sharik“, beugt er sich nach vorn, um nach dessen Hand zu greifen, die gerade so in seiner Reichweite ist. „Ich war und bin einfach etwas verwirrt, da momentan sehr viel Neues auf mich zukommt. Du musst dir keine Sorgen um mich machen, wirklich.“

Beruhigend lächelt er Yugi an, während sein Daumen gleichzeitig dessen Handrücken streichelt.
 

Die kleine Zärtlichkeit geniessend lächelt Yugi zurück. „Okay, aber bevor du gar nicht mehr weiter weisst...“ „...komme ich zu dir und frage dich“, beendet Yami seinen Satz. Sieht ihn dann aber ernst an. „Kann ich dich denn gleich etwas Fragen oder willst du erst zu Ende frühstücken?“

Von der Frage erstaunt hält Yugi einen Moment inne. „Wenn du es noch bis nach dem Frühstück aushältst, dann würde ich vorschlagen, dass wir deine Frage nachher bequem im Wohnzimmer sitzend besprechen. Was meinst du?“, schlägt Yugi vor, da er den Verdacht hat, dass diese Frage wieder ziemlich peinlich für ihn werden könnte. Da wäre es doch wenigstens eine kleine Erleichterung, wenn er dabei nicht hier am Tisch sitzen müsste.
 

Einen Moment denkt Yami, sich auf dem Stuhl zurücklehnend, über den Vorschlag nach. „Na gut, vielleicht ist es wirklich besser, wenn wir zuerst unseren Hunger stillen und dann reden“, nickt er dann zustimmend und beginnt nun endlich auch sein Brötchen mit Honig zu bestreichen. So langsam hat er nämlich doch auch ein wenig Hunger.
 

Für den kleinen Aufschub dankbar, widmet sich auch Yugi dem Frühstück. Trotzdem fragt er sich die ganze Zeit, was ihn Yami wohl diesmal fragen wird.
 

Nach dem Frühstück räumen sie noch schnell die Küche auf, ehe sie nach oben ins Wohnzimmer gehen und sich dort auf dem Sofa hinsetzen. „Also Yami, was willst du mich denn fragen?“ Neben seinem Freund sitzend greift Yugi nach dessen Hand und drückt sie aufmunternd.
 

Darüber nachdenkend, wie er seine Frage formulieren soll, sieht Yami auf ihre verschränkten Hände. „Wie soll ich es sagen...“, beginnt Yami zögernd, ist er doch plötzlich ein wenig unsicher, ob er hier das richtige macht. Dann fasst er sich aber ein Herz. „Als wir draussen gewesen sind und auch als ich dich im Bad gesehen habe, da hatte ich so ein seltsames Kribbeln im ganzen Körper und mir war auf einmal ganz warm in der Magengegend und mein Herz hat auf einmal viel schneller geschlagen und dann war da noch so eine seltsame Sehnsucht, aber ich weiss nicht nach was. Yugi was ist mit mir los? Ist das normal?“
 

Mit weit aufgerissenen Augen hat Yugi dem Wortschwall seines Freundes zugehört. Kann er doch kaum glauben was dieser ihm da gerade beschreibt. Nur was soll er ihm antworten? Denn so wie Yami ihn ansieht, meint er die Frage wirklich ernst und nimmt ihn nicht auf den Arm.

„Naja...“, beginnt Yugi mit der Hoffnung, dass ihm noch eine Erleuchtung kommt. „Also... ähm ja es ist normal so zu fühlen, wenn man für eine bestimmte Person sehr starke und positive Gefühle hat.“ Mit hochroten Wangen sieht er in das Gesicht seines Freundes, der ihn erwartungsvoll ansieht. „Darf ich dir kurz eine Gegenfrage stellen?“

Erstaunt nickt Yami. „Natürlich, wenn es dir hilft meine Frage zu beantworten.“

„Gut“, atmet Yugi erst einmal tief ein. „Waren diese Gefühle, abgesehen davon, dass sie verwirrend gewesen sind, für dich schön oder anders gesagt angenehm?“

Nun ist es an Yami nachdenklich in das Gesicht seines Shariks zu blicken, während er darüber nachdenkt, wie er das was er fühlte gefunden hat. „Sie waren verwirrend, aber irgendwie auch schön.“
 

Erleichtert über diese Antwort, stösst Yugi seinen angehaltenen Atem aus. „Gut“, lächelt er seinen Freund an. „Also, wie soll ich es dir erklären. Ich versuch es einfach und du sagst mir dann, ob es verständlich gewesen ist.“ Aus einem Impuls heraus lehnt sich Yugi nach vorn und legt seine Hand auf Yamis Wange. „Das was du gefühlt hast, nennt man Leidenschaft und Sehnsucht nach mehr. Eine Seite von dir wünscht sich, einen Schritt weiter zu gehen oder besser gesagt mehr zu fühlen, als du es bisher getan hast.“ Als er den leicht erschrockenen Ausdruck in den rubinroten Augen sieht lehnt sich Yugi so weit vor, dass er Yami einen schnellen Kuss geben kann. „Du musst keine Angst haben. Es bedeutet nicht, dass du jetzt schon so weit sein musst, diesen Gefühlen auch wirklich nachzugeben, aber es zeigt dir und mir, dass deine Seele sich langsam erholt.“

Als er das Verstehen in Yamis Augen aufblitzen sieht, lehnt sich Yugi erleichtert lächelnd zurück.
 

Auch wenn Yami die Erklärung verstanden hat, kann er sie doch kaum glauben, weshalb er seinen Sharik einfach nur sprachlos ansieht. Hätte er doch nie gedacht, dass er zu solchen Gefühlen überhaupt fähig ist.

Auf einmal glaubt er tief in seinem Innern eine amüsierte Stimme zu hören. „Natürlich bist du zu solchen Gefühlen fähig. Das ist jeder Mensch. Denn schliesslich hat jeder das Bedürfnis nach Nähe und mehr. Das versuche ich dir ja schon die ganze Zeit verständlich zu machen.“

Unwillkürlich schüttelt Yami den Kopf. Ja, er hatte in den letzten Tagen öfters das Gefühl, dass da mehr an Empfindungen sein müssen, als er es bisher erfahren hat, aber er hat gleichzeitig Angst davor einen Schritt weiter zu gehen. Kann er sich doch noch zu gut an das Desaster unter der Dusche erinnern, als er sich selbst anfassen wollte.

Zögernd blickt er wieder zu seinem Sharik. „Hilfst du mir dabei?“, deutlich ist herauszuhören, dass er nicht nur unsicher ist, sondern auch eine Heidenangst verspürt.
 

„Natürlich, das habe ich dir doch versprochen“, lächelt Yugi seinen Freund an, ehe er sich wieder zu ihm rüber beugt und den Griff um dessen Hand etwas fester werden lässt. „Wir werden gemeinsam einen Schritt nach dem anderen machen. So wie heute Morgen, als ich dich das erste Mal küssen und gleichzeitig festhalten durfte.“
 

Erstaunt sieht Yami ihn an. War ihm doch gar nicht bewusst gewesen, dass Yugi ihn heute Morgen wirklich das erste Mal im Nacken festgehalten hat, als er ihn geküsst hat. „Du hast Recht.“ Einen Moment zögert er. Doch dann sieht er seinen Sharik mit einem Blick an, der diesem die Hitze in die Wangen treibt. „Kannst du mich noch einmal so küssen?“, während er spricht setzt sich Yami seitlich auf das Sofa, so dass er sich zu Yugi vorbeugen kann.

Diesem Blick und dieser Einladung kann Yugi einfach nicht widerstehen, so dass er seine Hände in Yamis Nacken legt und ihn sanft noch näher zu sich zieht. „Wenn es dir zu viel wird, zieh dich zurück. Ich werde dich nicht zurückhalten“, haucht er noch direkt an dessen Lippen, ehe er diese mit den seinen versiegelt.

Während er Yami in ihrem leidenschaftlichen Lippenspiel führt, lässt er sich langsam nach hinten auf das Sofa sinken, so dass sein Freund ihm folgen kann und dann mehr oder weniger auf ihm liegt.
 

Deutlich spürt Yami jede einzelne Bewegung seines Shariks und obwohl ihn der enge Körperkontakt nervös macht, geniesst er jede Sekunde und schmiegt sich unbewusst noch näher an dessen Körper und auch als sie den Kuss enden lassen müssen, zieht er sich nicht zurück. Im Gegenteil, er schmiegt sein Gesicht an dessen Hals und würde am liebsten ewig so liegen blieben. „Das ist wirklich schön und es fühlt sich gut an.“
 

Lächelnd drückt Yugi seinen Liebsten an sich, wobei er seine aufkommende Erregung ignoriert. Von seinem Körper wird er sich den Moment sicher nicht zerstören lassen, auch wenn seine Libido in Yamis Nähe verrückt zu spielen scheint.

Leicht krault er ihn im Nacken. Hat er doch bemerkt, wie sehr dieser das geniesst und wohl anfangen würde zu schnurren, wenn er ein Kater wäre. „Ja, das ist wirklich schön.“
 

Ewig könnte er so liegen bleiben, nur leider wird es langsam unbequem, wie er so daliegt. Nur will er auch nicht auf das Kuscheln verzichten, weshalb er versucht sich durch leichtes hin und her rutschen etwas bequemer hinzulegen.

Nur bleibt das natürlich nicht vor Yami verborgen, der sich sofort etwas aufrichtet. „Wir sollten langsam aufstehen. Die Pferde warten sicher schon auf mich und du musst doch auch noch die Buchhaltung machen.“

Vorsichtig rutscht er von Yugi runter und setzt sich dann neben ihm hin. Einen Moment scheint er in Gedanken versunken zu sein, aber dann blickt er zu Yugi, der sich nun auch aufgerichtet hat.

„Ich muss dir ja richtig blöd vorkommen, dass ich all diese Dinge nicht kenne oder sogar Angst vor ihnen habe“, durchbricht Yami die Stille. Bedrückt wendet er den Kopf ab, weil er nicht sehen will, wie ihn Yugi auslacht.

Doch statt Yugi Lachen zu hören, spürt er dessen Finger an seinem Gesicht, die ihn sanft, aber nachdrücklich dazu zwingt, den Blick wieder auf seinen Sharik zu richten. Zu seinem Erstaunen, sieht ihn Yugi mit einem todernsten Ausdruck im Gesicht an. „Ich bin der Letzte der darüber lachen würde.“ Da Yugi merkt, dass Yami ihn nun von sich aus ansieht, lässt er seine Hand in dessen Nacken wandern und beginnt ihn leicht zu kraulen.

„Woher zum Teufel sollst du diese Dinge wissen oder kennen, wenn du sie nie erlebt hast! Du bist sicher nicht blöd, sondern eine hochintelligente und neugierige Person. Wenn du das nämlich nicht wärst, dann wären wir immer noch auf dem Stand von vor ein paar Wochen und würden jetzt nicht darüber sprechen oder ausprobieren, was dir gefallen könnte. Zudem hätten wir jetzt ganz sicher keine Beziehung!“ Fest sieht er in Yamis Augen, in denen die Überraschung über seine Worte deutlich zu sehen ist.

„Wir haben eine Beziehung? Wie führt man eine Beziehung?“, verwirrt blickt er Yugi an. Dieser lächelt ihn liebevoll an und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Ja, ich würde sagen wir haben eine Beziehung, seit wir uns das erste Mal geküsst haben. Zumindest empfinde ich es als eine Beziehung und wie man eine führt? So wie bis jetzt auch. Für mich bedeutet eine Beziehung genau das und dass man sich treu ist.“
 

Aufmerksam hört Yami zu und im Prinzip versteht er auch, was Yugi ihm sagen will. Nur ist da eine Sache, die ihm nicht so ganz klar ist. „Was meinst du mit treu sein?“, neugierig auf die Erklärung sitzt er da.
 

Erstaunt braucht Yugi einen Moment um sich zu fangen. „Naja, treu sein bedeutet, dass man nicht mit einer anderen Person als dem Partner intim wird und damit meine ich nicht nur dich, sondern auch mich. Ich würde dich niemals mit einem anderen Mann betrügen.“ Um seine Worte zu unterstreichen gibt er seinem Liebsten noch einen schnellen Kuss.
 

Nachdenklich sieht Yami daraufhin Yugi an. „Also, findest du es auch nicht in Ordnung, wenn man eine Beziehung hat und sich dann mit dem eigenen Sklaven vergnügt?“, diese Frage drängt sich ihm regelrecht auf. Immerhin hatte er auch einen Besitzer der verheiratet gewesen ist und seine Lust trotzdem an ihm gestillt hat.
 

Nun wird Yugi vorsichtig. Denn immerhin ist Yami ja nicht nur sein Freund und auch Partner, sondern leider auch immer noch sein Sklave. Wenn er jetzt etwas falsch formuliert, dann könnte das zu einem riesen Missverständnis führen.

„Ich finde es generell nicht in Ordnung, wenn man mit einer Person intim wird, die gar keine Möglichkeit hat sich zu weigern. Und ja, ich finde es nicht in Ordnung, wenn man eine Beziehung hat und sich dann an seinem Sklaven vergeht. Was ich prinzipiell nicht in Ordnung finde.“ Sanft streicht er mit seiner anderen Hand über Yamis Wange, während er die andere immer noch locker in dessen Nacken liegen hat.

„Du bist für mich mein Partner, solange du es sein willst.“

Dieser letzte Satz ist für Yami so unglaublich, dass er einen Moment braucht um diesen zu verarbeiten. Als ihm dann aber wirklich bewusst wird, was Yugi da gesagt hat, spürt er eine unglaubliche Wärme in sich aufsteigen.

Spontan schliesst er seinen Sharik in die Arme, was diesen überrascht auf quietschen lässt und drückt ihn fest an seinen Körper. „Danke.“
 

Yugi weiss zwar nicht, wofür sich Yami da gerade bedankt, aber es ist ihm im Moment eigentlich auch so ziemlich egal. Viel zu sehr geniesst er die Umarmung, während er sie ebenso fest erwidert.
 

Nur leider können sie nicht ewig so sitzen bleiben, denn Yami hatte vorhin Recht, als er gesagt hat, dass sie beide noch Arbeit zu erledigen haben. Dies scheint auch sein Liebster nicht vergessen zu haben, denn er entlässt ihn viel zu schnell wieder aus seinen starken Armen.

Wortlos nicken sie sich zu, wissen sie doch intuitiv was der andere gerade sagen will. Also stehen sie Hand in Hand auf und verlassen das Wohnzimmer. Erst als sie unten angelangt sind, lassen sie sich los, da Yami in den Stall und Yugi sich im Lager der Buchhaltung widmen muss.
 

Deswegen sehen sie sich erst wieder als Yugi das Mittagessen fertiggekocht hat und Yami ins Haus ruft. Über dieses und jenes plaudernd sitzen sie sich gegenüber und essen das einfache Nudelgericht, das Yugi zubereitet hat.

Leider können sie nach dem Aufräumen der Küche, das etwas länger als sonst gedauert hat, nicht den gemeinsamen freien Nachmittag geniessen, da sie am Morgen so lange gebraucht haben, dass weder Yugi noch Yami mit ihren Arbeiten fertig sind.
 

Deswegen ist Yami gerade dabei Rocky zu bewegen, als Jonouchi zusammen mit Rishido in den Hinterhof kommt. „Hey Yami, na alles klar?“, wird er von dem Blonden gut gelaunt begrüsst.
 

Zur Begrüssung hebt Yami seinen Arm. „Hallo ihr beiden. Was macht ihr denn hier?“ Neugierig mustert er unauffällig den Weidenkorb an Jonouchis Arm. Nur leider kann er nicht sehen was drin ist, ausserdem wird er gerade von Rocky mit einem ziemlich heftigen Stoss daran erinnert, dass dieser nach seiner Aufmerksamkeit verlangt. „Ja mein Junge, ich bin ja gleich wieder für dich da“, entschuldigend streichelt er über Rockys Nüstern, ehe er wieder zu den beiden Besuchern blickt. „Yugi ist drinnen die Buchhaltung am Erledigen. Wenn ihr aber Glück habt ist er schon fertig.“ Nun wendet er sich wieder dem grossen Wallach zu, der ihn ungeduldig ansieht.
 

Grinsend beobachtet Jono, wie Yami mit dem Pferd umgeht. „Ist gut, dann gehen wir rein und komm du doch auch dazu, wenn du hier fertig bist. Ich habe für euch nämlich etwas mitgebracht.“

Zum Zeichen, dass er verstanden hat, nickt Yami während er Rocky in einem zügigen Schritt um sich herumgehen lässt.
 

Im Haus steuert Jono direkt das Lager an, nachdem er den Weidenkorb in der Küche abgestellt hat. Rishido ist ja im Hinterhof geblieben um Yami noch etwas bei der Arbeit zuzusehen und dabei mit ihm etwas zu reden.

Gerade als er das Lager durch die offenstehende Tür betreten will, sieht er, wie Yugi mit einem erleichterten Seufzen die Bücher zuschlägt. „Hey Kumpel. Na, hast du es geschafft?“ Breit grinsend lehnt er sich an den Türrahmen, während der Angesprochene erschrocken zu ihm herumwirbelt. „Jono, musst du dich so anschleichen! Wo kommst du überhaupt her?“

Lachend deutet Jono in Richtung er Hintertür. „Na von draussen, besser gesagt aus dem Hinterhof. Rishido ist übrigens auch da, nur ist der bei Yami geblieben um noch etwas mit ihm zu quatschen. Du glaubst ja gar nicht, wie sehr sich der Gute in den zwei Wochen bei euch verändert hat.“

Als Yugi direkt vor ihm steht stösst er sich von dem Türrahmen ab und schlägt seinem Kumpel freundschaftlich auf die Schulter.

Was diesen dazu bringt sich diese theatralisch zu reiben. „Und darum bist du hergekommen, um mich zu schlagen?“, breit grinsend sieht Yugi seinen Freund an, während sie durch den Flur zur Küche gehen.
 

Immer noch lachend schüttelt Jonouchi den Kopf. „Nein, ich wollte euch den Korb zurückbringen und dann hat die gute Frau Eiga mir wieder eine Tonne Erdbeeren geschenkt, weil ich ihrer Stute das Eisen wieder angenagelt habe, dass diese sich mal wieder ausgetreten hatte.“ Deutet Jono auf den Korb, als sie in der Küche angekommen sind.
 

Gespielt mitleidig sieht Yugi seinen Freund an. „Oje, du Armer. Dabei bist du auf Erdbeeren doch allergisch.“ Der Verlockung, der bestimmt leckeren Beeren nicht widerstehen könnend, nimmt er sich gleich eine aus dem Korb und beisst genussvoll hinein. Nachdem er runtergeschluckt hat, fällt ihm etwas ein. „Aber was ist mit Rishido? Mag er keine Erdbeeren?“

Sich an den Tisch lehnend sieht Yugi Jono an, der sich neben ihm ebenfalls anlehnt. „Doch, er mag Erdbeeren, aber die Eiga hat so viele Erdbeeren gebracht, dass es auch für Rishido zu viel ist. Ihr bekommt also nur etwa die Hälfte.“ Beruhigt Jono das Gewissen seines Kumpels.

Dann fällt sein Blick auf die Karaffe, weshalb er sich wieder aufrichtet und diese unter dem Wasserhahn auffüllt. Da er früher die meiste Zeit hier verbracht hat, ist es für ihn normal sich selbst zu bedienen. Durstig füllt er sich einen der Becher mit dem wenigstens halbwegs kühlen Wasser. „Wie läuft es eigentlich bei dir und Yami?“, neugierig sieht Jono Yugi über den Rand des Bechers hinweg an.
 

„Es läuft gut zwischen uns“, wird die Frage von der Tür aus beantwortet. Überrascht sehen die beiden Freunde daraufhin zur Tür. Wo Yami ganz entspannt dasteht, aber gleichzeitig Jonouchi genau mustert. „Fragst du das aus Neugier oder weil du wieder eine Wette mit May abgeschlossen hast?“, deutlich zeigt er mit diesen Worten, dass er Jonouchi zwar verziehen hat, aber deswegen noch lange nicht davon ausgeht, dass die Wetterei vorbei ist.
 

Beschwichtigend hebt Jono die Hände. „Es interessiert mich wirklich und ich habe meine Lektion gelernt.“ In Gedanken fügt er noch hinzu, dass er dank Yami auch den Laden von May allein putzen darf, da sich Rishido weigert ihm dabei zu helfen. Das hätte dieser vor den zwei Wochen hier nie getan.
 

Während Jono seine Antwort in Gedanken weiterführt, geht Yami zu Yugi und gibt ihm einen schnellen Kuss. Als er sich wieder zurücklehnt, sieht er was sich in dem Korb befindet. „Erdbeeren und dann noch die Symphony.“ Mit leuchtenden Augen sucht er sich eine der Erdbeeren aus und entfernt das grüne Kraut. Genussvoll, beisst er dann von der roten Frucht ab. „Mmhhhh, lecker. Nur mit Zucker und Sahne oder Schokoladenüberzug wären sie noch besser.“

Da Yugi sich solche Aussagen inzwischen gewohnt ist, wundert er sich nicht mehr darüber, dafür reisst Jonouchi geschockt die Augen auf. „Seid ihr etwa unter die Superreichen gegangen und könnt euch jetzt heimlich Schokolade und Zucker leisten? Dazu noch Sahne um diese Jahreszeit, wo alles schneller verdirbt als wir schauen können.“

Über den geschockten Ausdruck seines Freundes kann Yugi nur breit grinsen. „Nein, wir sind nicht unter die Superreichen gegangen, noch haben wir momentan Sahne im Haus. Yami kennt das vermutlich von früher.“
 

Von der Verwirrung, die er ausgelöst hat bemerkt Yami nichts, sucht er sich doch schon die nächste Erdbeere aus und entfernt gerade das Kraut. Als er wieder einen Bissen im Mund hat, schliesst er geniessend die Augen.
 

So bemerkt er nicht, dass Yugi ihn mit einem spitzbübischen Grinsen beobachtet. Spontan schnappt er sich Yamis Hand mit der halben Erdbeere und stibitzt ihm diese mit dem Mund frech aus den Fingern.
 

Von der Aktion vollkommen überrumpelt sieht Yami auf seine Finger und dann zu Yugi, der ihn kauend und zufrieden ansieht. „Hey, das war meine Erdbeere!“ Empört dreinschauend schnappt sich Yami die nächste Erdbeere, doch kaum hat er das Kraut entfernt schnappt sich Yugi wieder seine Hand und stibitzt ihm die Leckerei. Diesmal sogar die ganze Beere, hat er sich doch eine kleinere als zuvor ausgesucht. „Yugi. Du hast selber zwei Hände und musst mir nicht meine Erdbeeren aus den Fingern klauen.“ Vor sich hin grummelnd verschränkt Yami die Arme, auch um zu überspielen, dass seine Fingerspitzen durch die Berührung von den Lippen seines Shariks angefangen haben zu kribbeln.
 

Vielsagend sehen sich Jonouchi und Rishido an. „Ich würde sagen, wir beide verziehen uns wieder und gehen zu May.“ „Ja, so wie es aussieht stören wir hier nur, Meister Jonouchi.“

Von Yugi und Yami unbemerkt, sind sich die beiden doch immer noch wegen dem Erdbeerklau am kabbeln, verlassen sie die Küche und schliesslich auch das Haus. Gemütlich gehen sie durch die inzwischen trockenen Strassen in die Richtung wo Mays Laden liegt. Dabei werden sie von einigen Passanten schief angesehen, läuft doch Rishido neben seinem Meister, weil ihn dieser darum gebeten hat.
 

Als sie beim Laden ankommen werden sie von May schon erwartet. „Katsuya, da bist du ja endlich. Mein Laden muss dringend gründlichst geputzt werden.“ Mit verschränkten Armen mustert sie den blonden Mann, der bei der Erwähnung seines Vornamens das Gesicht verzieht. „Hallo May. Ich fange ja gleich an und nenne mich nicht Katsuya. Du weisst ganz genau, dass ich den Namen hasse.“ Mürrisch betritt er den Laden und entdeckt sofort den Putzeimer und alles was er sonst noch gebrauchen wird.
 

Hinter Jonouchi grinst May Rishido breit an. „Hallo Rishido, wollen wir nach oben gehen und Kuchen essen, solange... Katsuya...“, absichtlich betont sie den Namen, „hier unten am Putzen ist?“

Wie erwartet wirbelt Jonouchi sofort zu ihr herum. „Das ist so unfair, ich muss den Laden putzen und ihr zwei haltet ein Teekränzchen ab. Und ich heisse Jonouchi oder Jono, das weisst du ganz genau!“ Wütend sieht er May an, die nun auf ihn zukommt und ihm die Hand auf die Schulter legt. „Katsuya, wer so blöd ist und ausplaudert worüber wir gewettet haben, der hat es nicht anders verdient.“ Ernst sieht sie ihn an. „Wenn du den Laden gut sauber machst, kannst du nachher noch ein Stück Kuchen abhaben“, nun beugt sie sich nach vorn, so dass sie ihm ins Ohr flüstern kann. „Und später darfst du mich dann zum Essen einladen. Da hat nämlich einer aus dem römischen Reich ein Restaurant aufgemacht und verkauft da so belegte Teigfladen, die er Pizza nennt.“
 

Mit hochroten Wangen steht Jono da, als sich May wieder zurücklehnt und ihn mit einem letzten Schulterklopfen loslässt. Allerdings muss er sich dann sehr zusammenreissen, als er sieht, wie sie sich bei Rishido einhakt und mit diesem den Laden verlässt.

So allein gelassen geht er zu dem Putzeimer und schnappt sich den Schrubber. Vor sich hin fluchend beginnt er den Laden zu putzen.
 

Während Jono und Rishido bei May sind, haben sich Yugi und Yami eine andere Beschäftigung gesucht.
 

Inzwischen sitzen sie im Wohnzimmer, das Schachbrett zwischen ihnen auf dem Tisch. Angestrengt nachdenkend sitzt Yugi da und besieht sich die Aufstellung der Figuren. „Ich sehe es einfach nicht, wie kannst du jetzt schon sagen, dass du in so und so vielen Zügen gewinnen wirst?“ Hilfesuchend sieht er Yami an der lächelnd aufsteht und sich hinter ihm aufstellt, damit er den gleichen Blick auf das Schachbrett hat.
 

„Ganz einfach. Einerseits ist es geraten, aber es bringt den Gegner so durcheinander, dass er anfängt Fehler zu machen. Andererseits gehe ich in Gedanken sämtliche sinnvollen Züge durch die mein Gegner und auch ich noch machen können.“

Mit dem Finger deutet er auf den einen Springer. „Schau mal, dieser Springer steht zwar frei, aber da du ihn zum Verteidigen brauchst, ist es unlogisch ihn zu verschieben. Vor allem, weil ich dann freie Bahn haben würde und zwar mit der Figur hier.“
 

Den Erklärungen Yamis zuhörend nickt Yugi. „Verstehe, du versetzt dich also in deinen Gegner und versuchst dir vorzustellen, was er machen könnte. In der Theorie hört es sich zwar leicht an, aber das dann auch in die Praxis umzusetzen ist deutlich schwieriger.“
 

So kommt es, wie es kommen musste. Zwar kann Yugi jetzt die Gedankengänge seines Freundes nachvollziehen, aber sobald er diese Technik auch versucht, kommt er total durcheinander. Genervt gibt Yugi schliesslich auf. „Ich werde das wohl nie auf die Reihe kriegen.“ Sich auf dem Stuhl zurücklehnend sieht er geknickt auf das Schachbrett.
 

Als Yami den enttäuschten Gesichtsausdruck sieht, steht er von seinem Platz auf und geht um den Tisch herum. Spontan setzt er sich einfach rittlings auf den Schoss seines Shariks. Tröstend streichelt er über dessen Wangen und verteilt kleine Küsse auf dem Gesicht. „Sei nicht enttäuscht. Schach liegt nicht jedem. Du hast dafür andere Talente.“
 

Sich festhaltend und immer wieder streichelnd sitzen sie da und geniessen die gegenseitige Nähe.

Auf einmal kommt Yugi eine Idee. „Hast du Lust mal ein etwas anderes Spiel zu spielen und zwar mit den Erdbeeren?“ Gespannt wartet er auf die Antwort seines Liebsten, der ihn nun mit zur Seite geneigtem Kopf neugierig ansieht. „Und wie sieht dieses Spiel aus?“
 

Auf die Frage hat Yugi gewartet. Während er zärtlich über Yamis Rücken und Nacken streichelt, beginnt er zu erklären. „Ich schneide die Erdbeeren in mundgerechte Stücke und dann gehen wir rüber ins Schlafzimmer, wo sich einer von uns oben ohne auf das Bett legt und ein Erdbeerstück irgendwo auf sich legt und der andere muss es dann ohne die Hände zu benutzen wegnehmen.“ Plötzlich nervös sieht er Yami in die Augen. Ist er sich doch auf einmal nicht mehr sicher, ob es dafür nicht noch viel zu früh ist, aber es könnte seinem Liebsten helfen, einen weiteren Schritt zu machen und so auf spielerische Art und Weise seine Angst zu überwinden.
 

Nachdenklich erwidert Yami Yugis Blick. „Ich bestimme, wo die Erdbeeren auf mir liegen? Und du bestimmst wo sie auf dir liegen? Was ist, wenn du dir zum Beispiel eine Stelle aussuchst, die mir nicht gefällt? Oder umgekehrt, ich eine Stelle wähle, die dir nicht gefällt?“, reizen würde ihn dieses Spiel ja schon. Nur ist er sich leider mehr als deutlich bewusst, dass er dabei aufpassen muss, nicht einen Flashback zu bekommen.
 

Yugi findet es immer wieder erstaunlich, was für Gedanken sich Yami macht. Allerdings ist er froh, dass dieser angefangen hat immer wieder zu Fragen, statt alles in sich reinzufressen. „Ja, du bestimmst, wo das Stück auf dir liegt. Und wenn du ein Stück nicht von der Stelle wegnehmen willst, die ich ausgesucht habe. Dann platzierst du es einfach an einer anderen Stelle in der Nähe von der, die ich mir ausgesucht habe und nimmst es dann von dort mit den Lippen weg. Für mich gilt das Gleiche. Und wenn dir die Stelle die ich dann auf dir aussuche nicht gefällt, dann sagst du es einfach.“
 

Von der Antwort beruhigt steht Yami von Yugis Schoss auf. „Na dann geh mal die Erdbeeren schneiden. Ich räume hier so lange auf und gehe dann noch kurz den Pferden ihr Abendheu geben.“

Über den plötzlichen Enthusiasmus seines Liebsten erstaunt, braucht Yugi eine Weile, bis er realisiert hat, dass Yami wirklich auf seinen Vorschlag eingeht. Als er dann aber von seinem Stuhl hochgezogen und aus dem Wohnzimmer geschoben wird, wird es ihm wirklich bewusst, dass sein Vorschlag angenommen worden ist.

Mit wild klopfendem Herzen geht er runter in die Küche und beginnt die Erdbeeren in Stücke zu schneiden und diese gerecht auf zwei Schüsseln zu verteilen.

Nachdem er das erledigt hat, geht er nach oben ins Schlafzimmer wo er die Schüsseln auf den Nachttisch stellt und beginnt das Bett für ihr Spiel vorzubereiten. Sprich, die Decke ans Fussende zu legen, mehr bleibt ihm nicht zu tun, da sie ja sicher nicht mehr machen werden und so etwaige Erdbeerflecken auf dem Laken oder Kissen ausgeschlossen sind.
 

Also setzt er sich dann auf die Matratze und lässt sich nach hinten fallen. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen sieht er an die Decke und hängt seinen Gedanken nach.
 

So findet ihn Yami vor, als er nach oben kommt. Auf Zehenspitzen schleicht er sich an Yugi ran, der inzwischen mit geschlossenen Augen daliegt.

Als er sich sicher ist, dass ihn sein Sharik nicht bemerkt hat, beugt sich Yami vor und beginnt diesen an den Seiten zu kitzeln. Was Yugi erst vor Schreck aufschreien lässt, aber dann anfängt sich unter den kitzelnden Fingern zu winden.

Erst als er tränenlachend um Gnade fleht, lässt Yami von ihm ab und setzt sich dafür neben ihm auf die Matratze. Erst jetzt fallen ihm die beiden Schüsseln auf dem Nachttisch auf. Auf einmal spürt er die Nervosität in sich aufsteigen, greift aber äusserlich ruhig nach den Gefässen und stellt sie zwischen Yugi und sich auf die Matratze.

Den Blick seines Shariks vermeidend zieht er sich nun das Oberteil aus. „Wer fängt an? Also wer legt sich zuerst hin?“, krampfhaft versucht er die aufkommende Panik und die Erinnerungen zu unterdrücken.
 

Yugi muss Yami nicht in die Augen sehen, um zu wissen, dass sein Liebster gerade einen inneren Kampf am ausfechten ist. „Ich lege mich zuerst hin und wenn es dir zu viel wird, hören wir mit dem Spiel auf.“ Nun zieht auch er sich das Hemd aus und schnappt sich dann eine Schüssel ehe er sich bequem hinlegt. „Bist du bereit?“ Geduldig wartet er das Nicken Yamis ab, ehe er sich ein Erdbeerstück auf die Stirn legt.
 

Bei dem Anblick kann sich Yami ein Schmunzeln nicht verkneifen, sieht das doch zu lustig aus. Langsam beugt er sich nach vorn und so wie es die Regeln sind, nimmt er das Stück nur mit den Lippen weg und schluckt es dann runter.
 

Als nächstes legt sich Yugi ein Stück auf den Handrücken. Absichtlich sucht er sich jetzt noch Stellen aus, die absolut harmlos sind. Schmunzelnd beobachtet er, wie Yami seine Hand ergreift und sie langsam anhebt, um besser an die Frucht zu kommen.
 

Nun legt sich Yugi eine Erdbeere auf die Lippen, wobei er sich beherrschen muss, sie nicht selbst zu essen, aber nachher wird er ja noch genug Gelegenheit dazu haben.
 

Schmunzelnd beugt sich Yami vor. „Das ist aber eine fiese Stelle, vielleicht sollte ich sie auf deiner Nasenspitze platzieren?“, trotz seiner Drohung holt sich Yami die Erdbeere von den Lippen, aber bevor er sich zurückzieht küsst er seinen Sharik und grinst ihn dann mit schelmisch blitzenden Augen an.

So dass Yugi nicht widerstehen kann und sich einfach an Yamis Nacken hochzieht um ihn nun seinerseits zu küssen.

„Hmmm, du schmeckst nach Erdbeeren“, flüstert er dann an den Lippen seines Liebsten.“

Was Yami schmunzeln lässt. „Du aber auch.“ Nachdem ihn Yugi losgelassen hat, kniet er sich wieder hin. „Und wo muss ich als nächstes ein Stück wegnehmen?“ Gespannt wartet er auf Yugis Entscheidung. Macht ihm das Spiel bis jetzt doch wirklich Spass.
 

Nach kurzem Überlegen entscheidet sich Yugi nun ein bisschen tiefer zu gehen. Deshalb legt er seinen Kopf in den Nacken und platziert ein Erdbeerstück auf seiner Kehle. Diese Position ist zwar ziemlich unbequem, aber lange muss er ja nicht so daliegen.
 

Kurz überlegt Yami, wie er nun am besten an die Leckerei rankommt, ist da doch nicht wirklich viel Platz, aber dann beugt er sich von der Seite herkommend nach vorn und schafft es wirklich das Stück mit den Lippen zu erwischen.

Stolz, dass er es geschafft hat, richtet er sich wieder auf. Mal sehen, wo das nächste Stück landet.
 

Nun wird Yugi mutiger und platziert gleich zwei Stücke auf seinem Brustkorb. Eins links und eins rechts.

Erstaunt zieht Yami die Augenbrauen hoch. Mehrere Stücke gehen also auch. Das hat ihm Yugi vorher aber nicht gesagt. Sagen tut er aber nichts dazu, sondern beugt sich einfach nach vorn und schnappt sich die beiden Stückchen.

Kauend sieht er daraufhin zu Yugi, der ihn liebevoll anlächelt, ehe er wieder ein Stück diesmal knapp unterhalb seiner Brust platziert.
 

Nun wird Yami doch langsam nervös, aber trotzdem holt er sich das Stück.
 

Da Yugi ihn die ganze Zeit beobachtet hat, ist ihm die Veränderung in dessen Mimik nicht entgangen, weshalb er nicht wie geplant bis zum Bauchnabel runtergeht, sondern das nächste Stück wieder weiter oben auf seinem Oberkörper platziert.

Deutlich kann er erkennen, dass sich Yami wieder deutlich wohler fühlt und mit Spass bei der Sache ist.

Trotzdem platziert Yugi immer mal wieder ein Stück in der kritischen Zone, aber nicht ein Mal macht sein Liebster von der Möglichkeit gebrauch, das Stück mit der Hand zu verschieben.

Am liebsten scheint es Yami zu haben, wenn er die Erdbeeren auf seinen Lippen platziert, zumindest deutet dessen Reaktion darauf hin und dass er jedes Mal noch einen Kuss bekommt, nachdem er die Stücke weggenommen hat.
 

Als nur noch ein paar wenige Erdbeeren in seiner Schüssel sind, wagt es Yugi eine direkt bei seinem Bauchnabel zu platzieren. So weit runter hat er sich bis jetzt nicht gewagt.
 

Zögernd blickt Yami auf das Erdbeerstück und dann in Yugis Gesicht. Langsam hebt er seine Hand und will das Stück schon an eine Stelle weiter oben verschieben, wo er zuvor schon einige mit dem Mund weggenommen hat, aber dann entscheidet er sich anders. Blitzschnell schnappt er es sich mit den Lippen und richtet sich wieder auf. Stolz, darauf, dass er seine Angst überwinden konnte, sieht er Yugi an, der ihm lächelnd zunickt und sich wieder ein Stück auf die Lippen legt.

Die Stelle gefällt Yami am besten. Auch wenn die Brust und der Hals auch nicht zu verachten sind.
 

Lächelnd beugt er sich vor, aber diesmal zieht er sich nicht mit der Erdbeere zwischen den Lippen zurück, sondern befördert sie, noch während er Yugis Lippen berührt, in seinen Mund.

Als er den Kuss löst, lächelt ihn Yugi an. „Hast du Lust noch eine Herausforderung anzunehmen?“, mit wild klopfendem Herzen sieht er Yami an, der zögernd nickt. „Gut, ich nehme das nächste Stück zwischen die Zähne und du musst versuchen es zu erwischen.“

Verwirrt blickt Yami ihn daraufhin an. „Und wie soll ich das machen? Wenn du es im Mund hast komme ich doch mit den Lippen gar nicht da ran.“

Grinsend zuckt Yugi mit den Schultern. „Du darfst auch die Zähne und die Zunge benutzen und ich werde es nicht so weit in den Mund nehmen, dass du keine Chance hast und vielleicht helfe ich dir ja ein wenig.“

Noch immer skeptisch beobachtet Yami, wie Yugi sich aufrichtet und ein etwas breiteres Erdbeerstück so in den Mund nimmt, dass er es gerade noch so erkennen kann. Statt wie zuvor bleibt Yugi sitzen und wartet ab, was sein Liebster jetzt macht.
 

Angestrengt denkt Yami nach, wie soll er das nur machen? Aber dann fällt ihm ein, dass Yugi ja gesagt hat, dass er auch die Zähne und die Zunge benutzen darf. Also beugt er sich vor und drückt seine geöffneten Lippen auf die seines Shariks. Nur kommt er nicht richtig an das Stück ran weshalb er etwas Anderes versucht. Sich überwindend lässt er seine Zunge zwischen Yugis Zähne gleiten und zuckt dann kurz zurück, als er die fremde Zunge an der seinen spürt. Doch dann merkt er, dass ihm Yugi hilft und er die Erdbeere nun mit dessen Hilfe in seinen eigenen Mund befördern kann.

Nachdem er runtergeschluckt hat, sieht er in Yugis Schüssel. Noch fünf Erdbeerstücke. Also noch fünf Chancen. „Nimm das nächste Stück wieder so in den Mund, das muss doch zu schaffen sein, ohne dass du mir helfen musst.“
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi ein Schmunzeln verkneifen. Hat er doch den Blick gesehen und kann sich denken, dass er die letzten fünf Stücke nun in den Mund nehmen muss oder besser gesagt darf.
 

Wieder klemmt er sich eine Erdbeere zwischen die Lippen und wartet gespannt darauf, was sich Yami nun überlegt.
 

Diesmal drückt Yami seine Lippen fester auf Yugis, aber trotzdem kommt er mit den Zähnen nicht richtig an die Erdbeere ran, so dass er es wieder mit der Zunge versucht und diesmal auch nicht zurückschreckt, als er von seinem Sharik Hilfe bekommt.
 

Kaum hat er sich von Yugi gelöst und runtergeschluckt sieht er ihn an. „Noch einmal.“
 

Nach zwei weiteren Versuchen, ist Yami schon richtig genervt. Das kann doch nicht wahr sein.
 

Ohne dass ihn Yami dazu auffordern muss, greift sich Yugi das vorletzte Stück, aber es rutscht ihm aus den Fingern, so dass es wieder in der Schüssel landet und er es noch einmal herausnehmen muss.
 

Als Yami das sieht, kommt ihm eine Idee.

Kaum hat Yugi das Stück zwischen seinen Zähnen, drückt er seine Lippen auf Yugis und lässt sich dann, ohne den Kontakt zu unterbrechen nach hinten auf die Matratze gleiten, so dass sich Yugi über ihn beugen muss.

Nun muss er ihn nur noch dazu bringen, den Mund zu öffnen. Dann sollte doch die Schwerkraft den Rest übernehmen.
 

Nur denkt Yugi gar nicht daran, es seinem Liebsten so einfach zu machen und lässt nicht freiwillig los. Doch dann spürt er wie sich Yamis Zunge wieder zwischen seine Zähne schleicht und beginnt sich hin und her zu bewegen. Dem kann er ja gerade noch widerstehen, als er dann aber eine Hand auf seinem Bauch spürt, ist es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei und er beginnt den Kuss zu erwidern. Nur endet der, sobald er den Mund weiter geöffnet hat und die Erdbeere in Yami Mund gefallen ist.

Denn sofort zieht sich Yami zurück und lässt ihn los.

Im ersten Moment will Yugi ihn anmotzen, doch dann sieht er das triumphierende Leuchten in dessen Augen und kann sich ein Grinsen nicht mehr verkneifen. „Du hast es wirklich geschafft und das diesmal ohne meine Hilfe.“
 

Stolz richtet sich Yami wieder auf. „Ja und das obwohl du es mir wirklich schwer gemacht hast.“ Dieses Spiel gefällt ihm immer besser und in ihm reift schon eine Idee, wie er es nachher seinem Sharik auch etwas schwerer machen könnte.
 

Unter Yamis aufmerksamen Blick greift Yugi nach der letzten Erdbeere in seiner Schüssel. „Zur Belohnung darfst du bestimmen wo das letzte Stück hin soll.“ Auffordernd hält er es Yami hin, bis dieser es ergreift.
 

Nachdenklich betrachtet Yami das Stück in seiner Hand und dann Yugi. Wo soll er es nur hinlegen? Wo waren bis jetzt noch keine Stücke?

„Nimm es zwischen Daumen und Zeigefinger und halte es fest“, drückt er es ihm wieder in die Hand.

Kaum ist Yugi seiner Aufforderung nachgekommen, schnappt sich Yami das Handgelenk und nimmt die beiden Finger in den Mund, damit er das Stück stibitzen kann. Langsam entlässt er die Fingerspitzen wieder in die Freiheit und lehnt sich zufrieden kauend zurück. „Das Spiel gefällt mir und jetzt bin ich dran.“
 

Kaum hat er sich hingelegt schnappt sich Yami die noch volle Schüssel. Nachdenklich sieht er das erste Stück zwischen seinen Fingern an. Wo soll er es nur hinlegen?
 

Während Yami überlegt, versucht sich Yugi wieder etwas zu beruhigen. Haben ihm die letzten Stücke doch schon etwas zu schaffen gemacht. Besonders als Yami seine Finger zwischen die Lippen genommen hat, musste er leer schlucken. Ist er doch an den Fingerspitzen so empfindlich...

Nach einer Weile scheint sich Yami entschieden zu haben, zumindest liegt das Erdbeerstück nun auf dessen Schulter. „Bist du bereit Yami?“, fragt Yugi zur Sicherheit nach.

Erst als sein Liebster bestätigend nickt beugt er sich vor und nimmt das Stück vorsichtig von der Schulter weg. Dabei achtet er genau darauf, die Haut nicht unnötig zu berühren. Hat er doch das leere Schlucken gesehen, als er sich vorgebeugt hat.
 

Erleichtert, dass es sich ganz anders angefühlt hat, als er es erwartet hat, stösst Yami die angehaltene Luft aus und nimmt sich das nächste Stück. Diesmal platziert er es sich auf der Handfläche. Lieber etwas langsamer anfangen.
 

Mit einem leisen Schmunzeln nimmt sich Yugi die Hand und führt sie an seine Lippen. Anders als an der Schulter, bleibt Yami diesmal entspannt. Weshalb er, nachdem er sich das Stück genommen hat, nicht widerstehen kann und noch einen kleinen Kuss auf die Handfläche haucht.
 

Erstaunt sieht Yami von Yugi auf seine Handfläche, die jetzt leicht kribbelt. „Warum hast du das gemacht?“, neugierig wartet er auf eine Erklärung.
 

Yugi aber zuckt nur mit den Schultern. „Mir war danach und da es dir anscheinend nichts ausgemacht hat, als ich die Erdbeere genommen habe...“, lächelnd streicht er Yami eine Strähne hinters Ohr.
 

Dieser ist mit der Erklärung zwar nur halb zufrieden, aber er ist jetzt viel zu gespannt darauf, wie das Spiel weitergeht, als dass er jetzt weiterfragen möchte. Also legt er sich wieder auf den Rücken und legt sich diesmal einen Erdbeerviertel auf die Stirn.
 

Gespannt liegt Yami da und wartet darauf, dass sich Yugi die Erdbeere nimmt. Auch diesmal bekommt er noch einen kleinen Kuss extra auf die Stelle. Irgendwie gefällt ihm das.
 

Mutiger geworden legt er sich nun eine Beere auf den Mund und merkt ziemlich schnell, dass das ziemlich viel Selbstbeherrschung braucht, die Leckerei nicht einfach selbst zu essen.
 

Mit einem Schmunzeln beugt sich Yugi vor, schnappt sich die Erdbeere und gibt seinem Liebsten dann noch ein kleines Küsschen auf die Lippen. Mal sehen, ob sich seine Vermutung bestätigt und das nächste Stück auf dessen Kehle landen wird.
 

Tatsächlich legt sich Yami wie erwartet den nächsten Viertel auf die Kehle und merkt jetzt wie ungemütlich es ist, wenn man den Kopf auf dem Rücken liegend so weit zurücklegen muss, dass genug Platz zum Wegnehmen vorhanden ist.

Innerlich zittert er leicht, während er darauf wartet, dass Yugi das Stückchen wegnimmt und ihm dann noch ein Küsschen gibt.
 

Überaus vorsichtig nimmt sich Yugi das Beerenstück und da er glaubt, dass sein Liebster noch auf das Küsschen wartet, haucht er ihm dieses auch gleich auf die Stelle.
 

Erstaunt, dass es sich auch da gut anfühlt, wenn ihn Yugi küsst, berührt Yami die Stelle mit den Fingerspitzen und legt dann gleich noch einmal eine Erdbeere auf den gleichen Platz.
 

Yugi ist unglaublich stolz auf Yami, dass er sich dieser neuen Erfahrung öffnet und wiederholt zu gerne das was er vorher gemacht hat. Dann wartet er gespannt ab, was sein Liebster als nächstes machen wird.
 

Nun wird Yami nervös. Zwar hat er die Berührungen vor ein paar Tagen an seinem Brustkorb als schön empfunden, aber das waren Yugis Finger gewesen und nicht dessen Lippen. Entschlossen schiebt er die Erinnerung an die Bisse auf seiner Haut zur Seite und legt sich das nächste Stück auf die Brust.

Gespannt wartet er darauf, dass Yugi ihn berührt und beobachtet ganz genau jede einzelne Bewegung von ihm.

Zu seiner Überraschung spürt er die Berührung kaum und auch der Kuss danach ist mehr mit einem Hauch zu vergleichen.

Vollkommen schockiert sieht er Yugi an und will schon etwas fragen, aber dann lässt er es bleiben und legt sich stattdessen ein weiteres Stück auf die Brust, aber diesmal auf der anderen Seite.
 

Nun ist es Yugi der zögert, soll er auf dieser Seite bleiben und sich über den Liegenden beugen oder lieber auf die andere Seite gehen? Doch dann sieht er in Yamis Gesicht und erkennt wie wichtig dieses ganze Spiel für seinen Liebsten wirklich ist. Also beugt er sich langsam über ihn und nimmt extrem vorsichtig die Leckerei von dessen Haut, nur um ihm danach gleich wieder einen kleinen Kuss auf die Stelle zu hauchen.

Zu gern würde er zwar mal etwas an der Haut saugen, aber da Yami wohl gerade diese Sanftheit braucht, verzichtet er lieber darauf.
 

Yami kann es kaum glauben, dass Yugi so unglaublich sanft mit ihm umgeht und dessen Küsse an den Stellen ein leichtes Kribbeln hinterlassen, das richtig angenehm ist.

Neugierig geworden platziert er gleich drei Stücke auf seiner Brust. Eins links, eins rechts und das dritte Stück genau in der Mitte.
 

Erstaunt blickt Yugi auf die Erdbeerreihe. Was soll er denn jetzt machen? Seinen Liebsten nicht eine Sekunde lang aus den Augen lassend, beugt er sich vor und unterbricht den Blickkontakt gerade so lange, wie er braucht um das erste Stück zu nehmen und einen kleinen Kuss auf die Stelle zu hauchen. Dann richtet er sich wieder auf und gibt Yami einen Moment um sich wieder zu fangen und nimmt unterdessen eine Erdbeere aus der Schüssel. „Mach mal den Mund zu.“ Fordert er ihn sanft auf und legt dann das Stück auf dessen Lippen. Nur um dieses dann sogleich unglaublich vorsichtig wegzunehmen und ihm einen Schmetterlingskuss auf die Lippen zu hauchen. „Mach etwas langsamer. Du überforderst dich sonst nur und das will ich nicht.“ Zärtlich streicht er Yami die vorwitzige Strähne aus dem Gesicht.

„Willst du weitermachen und die Erdbeeren anders hinlegen oder lieber aufhören?“

Geduldig wartet er auf die Entscheidung seines Liebsten.
 

Nach einer Weile nimmt Yami die eine Beere von seiner Brust, lässt die in der Mitte aber liegen. „Ich will weitermachen.“ Seinen Sharik nicht eine Sekunde aus den Augen lassend lehnt er sich zurück.
 

Mit noch grösserer Vorsicht als bisher umschliesst Yugi das Erdbeerstück und haucht dann auch wie zuvor einen Kuss auf die Stelle, ehe er sich wieder aufrichtet. Dabei schielt er auf die Schale und versucht abzuschätzen wie viele Stücke da noch drin sein könnten.
 

Yami weiss, dass sein Sharik Recht hat, aber er will jetzt nicht aufhören. Nur merkt auch er deutlich, dass er gerade haarscharf an einer Panikattacke vorbeigeschliddert ist. Deswegen legt er sich das nächste Stück auf den Handrücken. Sicheres Gebiet also.
 

Erleichtert, dass Yami wenigstens halbwegs auf ihn hört nimmt Yugi dessen Hand in die seine und führt sie an seine Lippen. Auch auf dem Handrücken verfährt er wie bisher.
 

So geht das Spiel weiter. Yami legt sich die Erdbeerstücke nur noch da hin, wo er sich sicher sein kann, dass es ihn nicht überfordert. Auch wenn er es irgendwie bedauert, ist es doch unglaublich schön, die Lippen seines Shariks auf seiner Haut zu spüren. Ausserdem macht ihm das Spiel jetzt wieder sehr viel Spass.
 

Als er sieht, dass nur noch ein paar Erdbeerstücke übrig sind will er etwas versuchen. Darum nimmt er die nächste Beere zwischen seine Zähne und setzt sich etwas aufrechter hin. Liegend würde er das nämlich nicht können.
 

Mit grossen Augen sieht Yugi auf das kleine Stück, das er noch sehen kann. „Bist du dir wirklich sicher?“, besorgt sieht er wie Yami nickt.

Innerlich wappnet sich Yugi schon für einen Rückzug oder dass er wie vor ein paar Tagen weggestossen wird, als er seine Lippen auf die von Yami legt. Doch anders als er es gedacht hatte, wird ihm das Stück direkt in den Mund geschoben und das ziemlich nachdrücklich. Erstaunt lehnt sich Yugi zurück, nachdem sich sein Liebster zurückgezogen hat.

Auf einmal unsicher sieht Yami Yugi an. „Habe ich was falsch gemacht? Hat es dir nicht gefallen?“

Sofort schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, du hast nichts falsch gemacht und es hat mir sehr gut gefallen. Du hast mich nur überrascht.“ Liebevoll lächelt er seinen Liebsten an. „Die Frage ist viel eher, hat es dir gefallen?“, besorgt mustert er dessen Mimik. Kann er doch inzwischen ziemlich gut in dessen Gesicht lesen, was in ihm vorgeht.
 

Statt zu antworten nimmt sich Yami das nächste Stück und schiebt es sich wieder in den Mund. Dann beugt er sich vor und stoppt erst kurz vor dessen Gesicht.
 

Dies ist so eindeutig, dass Yugi nicht lange zögert und seine Lippen mit denen seines Liebsten vereint. Sofort bekommt er das Erdbeerstück in den Mund geschoben und diesmal lässt Yami den Kuss nicht sofort enden, sondern vertieft ihn noch ein wenig, was mit dem Erdbeerstück im Mund für Yugi nicht gerade leicht ist, weshalb er kurz runterschluckt, ehe er den Kuss erwidert. Zu seiner Überraschung setzt Yami dabei immer wieder leicht seine Zunge mit ein, zwar sind es nur klitzekleine Vorstösse bis zu seinen Lippen, aber es ist deutlich mehr, als er es jetzt erwartet hätte. Die Frage ist nur, ist es Yami auch bewusst, was er da gerade macht oder passiert das unbewusst.
 

Erst als die Luft knapp wird, löst Yami seine Lippen wieder von Yugis und greift nach der Schüssel. „Es ist nur noch eine Erdbeere übrig und so wie ich bei dir, darfst auch du entscheiden, wo sie hingelegt werden soll.“ Auffordernd hält er ihm die Schüssel hin, bis Yugi sich das Stück genommen hat.
 

Nachdenklich mustert Yugi den Erdbeerviertel. Wo soll er das Stück nur hinlegen? Dann kommt ihm eine Idee. „Streck zwei deiner Finger so aus.“ Mit seiner freien Hand zeigt Yugi was er meint und als Yami dies gemacht hat, legt er die Beere auf die Fingerspitzen und nimmt sie dann in den Mund. Bevor er sie wieder freigibt, saugt er kurz an den beiden Fingern und sieht dann seinen Liebsten grinsend an. Mustert der seine Hand doch mit einem ungläubigen Blick.
 

Eine Weile sehen sie sich daraufhin schweigend an, bis sich Yugi die Schüsseln schnappt und sie zusammenstellt. „Die Sonne ist schon dabei unterzugehen. Willst du noch etwas essen?“, er selbst hat so viele Erdbeeren gegessen, dass er keinen Bissen mehr runterkriegen könnte, aber da er ja schon gemerkt hat, dass Yami so gut wie immer essen kann fragt er ihn lieber.
 

Nach kurzem nachdenken schüttelt Yami den Kopf. „Nein, ich bin satt und hundemüde. Darum werde ich jetzt nur noch schnell nach den Pferden schauen und dann ins Bad gehen. Die Boxen habe ich ja schon früher am Nachmittag ausgemistet und den Karren rausgestellt.“
 

Verstehend nickt Yugi. „Gut, dann räume ich nur noch die Schüsseln weg und besetze dann nach dir das Badezimmer.“ Ohne sich die Oberteile wieder anzuziehen gehen die beiden nach unten.
 

Als sie dann später im Bett liegen kuschelt sich Yami an seinen Sharik und ist entgegen seiner Gewohnheit nach ein paar Sekunden eingeschlafen.
 

Yugi hingegen liegt noch etwas wach und denkt über ihr Spiel nach. Dabei fragt er sich, ob Yami wohl bewusst ist, was für einen riesen Schritt er heute gemacht hat.

 

 

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Heute hatte Yami wirklich Glück, dass ihn Yugi gebremst hat. Sonst hätte das Spiel nämlich in einer Panikattacke geendet.

Dafür hat er einen riesen Schritt in seiner Entwicklung gemacht, was ja auch nicht zu verachten ist.

 

Ich hoffe ihr hattet beim lesen euren Spass.

 

Eure mrs_ianto

Sulave und Salave

Hallo zusammen,

 

es ist wieder geschafft, das neue Kapitel ist fertig.

 

Allerdings muss ich mal wieder ein kleine Warnung bringen. Yami erzählt wieder ein wenig und es könnte für empfindliche Leser ziemlich heftig werden.

 

So dann sage ich nur noch, viel Spass beim Lesen.

 

 

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Kapitel 37: Sulave und Salave

 

 

Es ist noch weit vor Sonnenaufgang, als Yami mit einem Schlag hellwach ist. Hat er doch von ihrem Spiel mit den Erdbeeren geträumt und wie er Yugi geküsst hat.

Mit wild klopfendem Herzen und Schuldgefühlen liegt er nun da und starrt an die Decke.

 

Als Yami glaubt sich wieder ein wenig beruhigt zu haben, dreht er sich zur Seite und versucht wieder einzuschlafen, will er Yugi doch nicht schon wieder aufwecken. Vor allem weil dieser ja morgen wieder im Laden stehen muss und deswegen ausgeschlafen sein sollte.

Genervt, weil er nicht zur Ruhe kommt, dreht er sich auf die andere Seite.

 

Von dem hin und her wälzen Yamis wacht Yugi nach einer Weile doch auf.  „Yami, was ist denn los?“ Verschlafen dreht er sich zu ihm, um ihn anzusehen.

Nur leider brennt aus irgendeinem Grund die Strassenlaterne nicht, weshalb Yugi nichts erkennen kann. Mit einem lautlosen Seufzen, dreht er sich deswegen wieder zur anderen Seite und tastet mehr oder weniger blind nach dem Feuerstein und dem Feuereisen. Dank seiner Routine braucht er nur ein paar Versuche, bis die Öllampe auf seinem Nachttisch brennt.

 

Im warmen Licht der Flamme kann Yugi nun Yami deutlich erkennen und was er sieht gefällt ihm gar nicht. Ausserdem hat er auch noch keine Antwort auf seine Frage bekommen.

Ihm zugewandt legt sich Yugi wieder hin und legt ihm sanft die Hand auf die Wange und da sein Liebster auf der Seite liegt muss er nicht einmal seinen Kopf zu sich drehen, damit er ihm ins Gesicht sehen kann. „Yami, was ist los?“

 

Von Schuldgefühlen geplagt sieht Yami Yugi an. „Es tut mir leid“, bricht es aus ihm heraus. Mit um Verzeihung bittenden Blick sieht er seinen Sharik an, der diesen verwirrt erwidert.

„Wofür entschuldigst du dich?“ Unbewusst bewegt er seine Finger leicht hin und her.

 

Einen Moment geniesst Yami die kleinen Streicheleinheiten, ehe er kurz die Augen schliesst. Dann sieht er Yugi wieder in die Augen und fragt sich, wie sie ihn immer noch so ansehen können, nach dem  was er getan hat. „Ich... habe... mich dir  doch aufgezwungen? Als ich dich... mit Zunge geküsst habe.“ Vollkommen verunsichert liegt er stocksteif da und wartet auf die Ablehnung seines Shariks. Warum liegt die Hand immer noch auf seiner Wange?

 

Sprachlos liegt Yugi da und kann nicht glauben, was ihm sein Liebster da gerade gesagt hat. Aus einem Impuls heraus beugt er sich vor und küsst ihn sanft auf die Lippen. „Yami, du hast dich mir nicht aufgedrängt und den Kuss habe ich genossen.“ „Aber...“ „Kein Aber“, unterbricht ihn Yugi lächelnd. „Für mich war der Kuss unglaublich schön und wenn du willst, kannst du ihn gern jederzeit wiederholen.“

 

Ungläubig sieht Yami seinen Sharik an. Dann setzt er sich auf und starrt auf die Decke, die gerade mal seine Beine bedeckt.

 

Lange sagt keiner von ihnen ein Wort. Yami schweigt, weil er das Ganze erst einmal verarbeiten muss und Yugi weil er spürt, dass jetzt jedes Wort falsch sein könnte.

 

Schliesslich sieht Yami zu Yugi, der sich inzwischen auf den Rücken gelegt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt hat. „Du... lügst mich jetzt nicht an, weil du mein Gewissen beruhigen willst!“, obwohl es mehr eine Feststellung, als eine Frage ist schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, ich lüge dich nicht an. Ich mag Zungenküsse. Allerdings nur, wenn sie auch dir gefallen.“

 

Wieder blickt Yami auf die Bettdecke. „Ich weiss nicht, ob mir diese Zungenküsse mit dir gefallen haben.“ Obwohl Yami nur vor sich hin flüstert, kann ihn Yugi deutlich verstehen.

 

Nun setzt auch er sich hin und legt seinen Kopf auf Yamis Schulter. „Dabei kann ich dir leider auch nicht helfen. Ich kann dir nur eins sagen, wenn du dich dazu bereit fühlst Zungenküsse wieder auszuprobieren, dann sage ich sicher nicht Nein. Wenn du aber für dich entscheidest, dass sie dir gar nicht gefallen, verzichte ich gerne auf die Zungenküsse.“

 

Während Yugi so an Yami gelehnt dasitzt, versucht dieser seine widerstreitenden Gefühle zu sortieren. „Yugi?“, keine Antwort.

Verwirrt blickt Yami zur Seite, wo sich sein Sharik an ihn lehnt und kann sich dann ein Schmunzeln nicht verkneifen. Schläft doch dieser friedlich an ihn gelehnt.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, legt er ihm den Arm um die Schultern und lässt ihn dann zurück auf die Matratze und das Kissen gleiten. Dabei rutscht Yugi eine Strähne ins Gesicht, die er zärtlich zurückstreicht, ehe er ihm einen Kuss auf die Stirn haucht. „Schlaf gut, Sharik.“ Mit einem Lächeln sieht er ihn an und legt sich dann, nachdem er die Öllampe gelöscht hat, auch wieder hin. Nun wo er sich sicher sein kann, dass er seinen Sharik bei dem Spiel nicht verletzt hat, kann auch er wieder einschlafen.

 

Kaum hört Yugi die gleichmässigen Atemzüge, schlägt er wieder die Augen auf. Ist es ihm doch unglaublich schwer gefallen sich schlafend zu stellen, während sich sein Liebster so um ihn gekümmert hat.

Nur hat er sich nicht anders zu helfen gewusst, da er sich sicher ist, dass Yami sonst den Zungenkuss sofort hätte probieren wollen. Doch dafür ist es jetzt noch zu früh. Vielleicht morgen früh, aber nicht jetzt, nachdem Yami so aufgewühlt gewesen ist.

Obwohl es wieder beinahe stockfinster ist, sieht er zu seinem Liebsten rüber und kann undeutlich erkennen, dass dieser wohl auf dem Rücken liegt. Seinem Bedürfnis nachgebend, rutscht er zu ihm rüber und stellt erfreut fest, dass dieser auch den Arm unter dem Kopf liegen hat, so dass er sich bequem an seinen Liebsten kuscheln kann. Kaum hat er das gemacht, wird er von dessen Arm umfasst.

Mit einem leisen Seufzen schliesst Yugi die Augen und diesmal schläft er nach ein paar Minuten wirklich wieder ein.

 

Als die ersten Sonnenstrahlen die Dunkelheit der Nacht zu vertreiben beginnen, wacht Yami wieder auf. Lächelnd stellt er fest, dass Yugi tief schlafend an ihn gekuschelt daliegt. Eigentlich sollte er ja aufstehen, aber da er seinen Sharik nicht wecken möchte und die Pferde sicher noch nicht ungeduldig auf ihn warten, bleibt er noch liegen.

 

Während er die Morgenröte beobachtet, streichelt Yami immer wieder über Yugis Oberarm, bis sich dieser langsam zu regen beginnt. „Hey Sharik, darf ich vielleicht auch mal aufstehen?“, lächelnd sieht er zu wie Yugi langsam aufwacht und dabei wohl versucht in ihn hineinzukriechen. Zumindest sieht es so aus, da sein Sharik das Gesicht an seinem Brustkorb vergräbt und dabei leise vor sich hin murrt.

 

Yugi will noch nicht aufwachen, ist es doch gerade so schön und bequem, wie er in seinem Traum festgehalten wird. Nur langsam dringt die Erkenntnis zu ihm vor, dass er sich an Yami kuschelt und ihn dieser immer wieder über den Arm streichelt. „Yami?“, verschlafen öffnet Yugi seine Augen. „Ja, Sharik?“ „Hör nicht auf. Das ist gerade so schön.“ Erst jetzt beginnt er sich zu bewegen, so dass er in Yamis lächelndes Gesicht sehen kann.

„Keine Sorge, ich höre nicht auf. Nur denk daran, dass die Sonne gerade am aufgehen ist.“ Schmunzelnd beobachtet Yami wie Yugi eine Schnute zieht, während er sich noch näher an ihn ran kuschelt.

Langsam dreht sich Yami auf die Seite, so dass er seinen Sharik mit beiden Armen umfassen kann. „Yugi, ich würde gern den ganzen Tag mit dir hier liegen bleiben, aber Blacky und Rocky warten auf ihr Futter und der Laden öffnet sich auch nicht von alleine. Ausserdem muss einer von uns noch den Abfalleimer für die Müllsammler rausstellen. Die kommen nämlich auch bald hier vorbei und bei dem Wetter willst du den Müll sicher nicht noch länger hier im Haus haben.“

 

Murrend löst sich Yugi aus der Umarmung. „Du hast ja Recht, aber man kann ja noch träumen können.“

Um seinen Sharik etwas zu besänftigen haucht ihm Yami einen schnellen Kuss auf die Lippen, ehe er aufsteht und schnell in sein Zimmer rüber geht um sich umzuziehen und dann schon beinahe in den Flur  und nach unten rennt um den Müll rauszustellen.

Als er mit dem Abfalleimer nach draussen kommt, kann er die Müllsammler schon sehen und wartet deswegen im Laden, wo sie ihn nicht sehen können, weil er in der Eile das Lederband vergessen hat. Nur lohnt es sich wirklich nicht, für die kurze Zeit etwas anderes zu machen. Ausserdem will er die kühle Morgenluft noch etwas in den Laden lassen, da die Temperatur in dem Raum während der Nacht nicht wirklich gesunken ist.

 

In aller Ruhe setzt sich Yami deswegen auf den Verkaufstresen und lässt die Beine hin und her baumeln.

Auf einmal fühlt er sich in seine Kindheit zurückversetzt.

 

Er war etwa 6 Jahre alt und sass mit baumelnden Beinen auf der Brüstung des Balkons und genoss die Aussicht über Theben, als plötzlich schon beinahe panisch sein neues Kindermädchen angerannt kam. „Atemu, kommt wieder rein. Das ist gefährlich. Was ist, wenn Ihr runterfallen solltet.“ Schneller als er gucken konnte, hatte sie ihn auf den Arm genommen und wieder reingetragen.

Verwirrt blickte Atemu auf die Frau, als sie ihn wieder abgesetzt hatte. „Warum nennst du mich immer Atemu? Niemand nennt mich so.“

Traurig lächelte ihn sein Kindermädchen an. „Weil ich finde, dass Ihr ein Junge wie jeder andere seid. Oder soll ich Euch mit Hoheit oder Prinz ansprechen?“

Mit grossen kindlichen Augen sah Atemu sein Kindermädchen an. „Du denkst so? Darf ich dann auch Tante Amina zu dir sagen?“

Immer noch lächelnd fuhr ihm sein neues Kindermädchen durch die Haare. „Natürlich dürft Ihr das Atemu.“

„Und du lässt mich nicht allein?“, unsicher sah Atemu die schwarzhaarige Frau an. Deren Blick bei der vorsichtigen Frage traurig wurde. „Solange es in meiner Macht liegt, werde ich Euch nicht verlassen.“ Kaum hatte sie das gesagt, lag Atemu das erste Mal, seit sie ihm vor drei Wochen von Atemus Mutter als Kindermädchen zugeteilt worden war, aus eigenem Antrieb in ihren Armen. Trotzdem sah er sie misstrauisch an. „Versprochen? Hoch und heilig bei den Göttern?“

Im über die Wange fahrend lächelte ihn seine Tante Amina an. „Versprochen. Hoch und heilig, bei den Göttern.“

 

Mit Tränen in den Augen sitzt Yami da. „Tante Amina... was ist aus dir geworden? Wo bist du jetzt?“ Tief in seinem Innern spürt Yami, dass er sie schon vor seiner Versklavung verloren haben muss. Denn anders kann er sich den Schmerz, welchen er bei den Erinnerungen an sie fühlt, nicht erklären.

 

So findet ihn Yugi vor, der auf der Suche nach ihm in den Laden kommt, da er durch das hereinfallende Tageslicht auf die offene Tür aufmerksam geworden ist und ihn vorhin im Stall nicht gefunden hat. „Yami, was ist denn los?“ Sofort eilt er zu seinem Liebsten und stellt sich, alle Vorsicht vergessend, direkt vor ihm hin und nimmt ihn tröstend in den Arm.

Sofort schmiegt sich Yami an seinen Sharik und hält sich, leise schluchzend, an ihm fest.

 

Yugi weiss zwar nicht was los ist, aber trotzdem versucht er ihn so gut wie möglich zu trösten. Sagen tut er nichts, denn er weiss, dass in solchen Momenten Worte fehl am Platz sind.

 

Die Morgenröte ist schon komplett verschwunden, als sich Yami wieder von ihm löst und ihn immer noch leicht schniefend ansieht. „Danke und du musst dir keine Sorgen machen. Es war nur eine Erinnerung aus meiner Kindheit, die mich etwas aus der Bahn geworfen hat.“

Weil er zur Tür zugewandt dasitzt, sieht Yami dass die Sonne schon die Morgenröte vertrieben hat. „Ich... sollte die Pferde füttern gehen. Holst du den Abfalleimer rein? Ich habe das Halsband vergessen.“ Sanft, aber bestimmt schiebt er Yugi zur Seite, damit er von dem Tresen runterrutschen kann.

„Ich komme dann in die Küche, nachdem ich mich um die beiden Racker gekümmert und geduscht habe. Bis nachher.“ Da er vermeiden will, dass ihm Yugi Fragen stellt, rennt er schon beinahe aus dem Laden.

 

Im ersten Moment ist Yugi über das plötzliche Verschwinden Yamis erstaunt. Doch dann glaubt er zu verstehen, was gerade in ihm vorgehen muss. Deswegen nimmt er ihm den Rückzug nicht übel, sondern geht nach draussen, wo er sein Gesicht mit geschlossenen Augen zum Himmel streckt und ein paar Mal tief ein- und ausatmet. Erst dann holt er den Abfalleimer vom Fuss der Treppe und geht mit diesem wieder zurück ins Haus.

 

Eigentlich will er jetzt das Frühstück vorbereiten. Nur muss er feststellen, dass sie kein Brot mehr haben. „Na toll, jetzt darf ich wirklich noch zum Bäcker gehen“, grummelnd verlässt Yugi die Vorratskammer.

Bevor er sich aber auf den Weg zur Bäckerei Pan macht, gönnt er sich einen frischen Schwarztee.

Erst als er diesen getrunken hat, tauscht er seine Hausschuhe gegen die Strassenschuhe ein und geht in den Hinterhof, wo Yami gerade dabei ist die Pferde zu tränken. „Ich muss Brot kaufen gehen. Willst du auch etwas Süsses vom Bäcker haben?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der den Blick erstaunt erwidert. „Haben wir denn kein Brot mehr?“

Bei der Frage kann sich Yugi ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. „Doch schon, nur das ist steinhart und so arm, dass wir uns kein frisches Brot leisten können, sind wir ja zum Glück nicht.“

 

Bei dem Kommentar schüttelt Yami amüsiert mit dem Kopf. „Wenn du das sagst, wird es schon stimmen. Ich hätte gern was Süsses und lasse mich von dir überraschen, was du mir bringen wirst.“ Den gefüllten Wassereimer wieder aufnehmend, sieht er seinen Sharik liebevoll an.

 

Lächelnd erwidert Yugi den Blick. „Ist gut, dann werde ich schauen, was die da so haben. Bis nachher.“

Während er zur Bäckerei Pan geht, geniesst Yugi die noch ruhigen Strassen. Sind doch die meisten Bewohner Dominos im Sommer erst später unterwegs, wenn die Geschäfte alle geöffnet haben, da sie in den Sommermonaten in der Regel später als kurz nach Sonnenaufgang öffnen. Deswegen ist er auch in dem Bäckergeschäft der einzige Kunde.

„Ah, der junge Yugi Muto. Was für ein seltener Anblick.“ Wird er von Frau Irina Pan begrüsst, die ihn mit ihren freundlichen braunen Augen ansieht. „Was kann ich denn für dich tun und wo hast du denn deinen Sklaven gelassen? Der war ja letztens wirklich ein hübscher Anblick und hat bestimmt nicht nur mir die Wartezeit versüsst.“

 

Künstlich lächelt Yugi die leicht pummelige 50 jährige Frau an, die ihre grauen Haare zu einem strengen Knoten zusammengebunden hat. „Ich hätte gern ein Urdinkelbrot und vier dieser lecker aussehenden Kekse. Yami ist natürlich zu Hause und kümmert sich vermutlich gerade um die Pferde.“

In Gedanken fragt er sich, seit wann sie an jüngeren Männern interessiert ist. Könnte doch Yami vom Alter her locker ihr Sohn sein. „Er kümmert sich um die Pferde? Ist das denn nicht eine Verschwendung? Immerhin ist er laut der guten Frau Aino ein sehr begehrter Lustsklave oder irre ich mich da?“ Während sie redet, packt sie in aller Ruhe die gewünschten Gebäckstücke zusammen.

 

Innerlich knirscht Yugi gerade mit den Zähnen und kann sich nur mit Mühe beherrschen ihr nicht die Meinung zu sagen. „Yami arbeitet nicht nur im Stall und nein es wäre im Gegenteil eher eine Verschwendung wenn er die ganze Zeit in seinem Zimmer sitzen würde. So kann er sich tagsüber nützlich machen, indem er im Haus oder im Stall arbeitet.“

Daraufhin nickt Frau Pan verstehend. „Ja, das macht natürlich Sinn, wenn er dann am Abend und in der Nacht noch zu gebrauchen ist.“

Nebenbei legt sie das Brot und die Kekse, die sie in eine Stofftüte verpackt hat, auf den Tresen. „Das macht dann neun Silbermünzen.“

Äusserlich ruhig, aber innerlich kochend holt Yugi die Silbermünzen hervor und gibt sie ihr über den Tresen in die Hand. „Keine Sorge, er erledigt alles zu unseren vollsten Zufriedenheit.“

Als er sich die Tüte genommen hat, lächelt Yugi sie noch einmal mit seinem professionellen Verkäuferlächeln charmant an. „Ich wünsche Ihnen und ihrem Mann noch erfolgreiche Geschäfte. Auf Wiedersehen Frau Pan.“

Von dem Charme des jungen Mannes geschmeichelt lächelt sie zurück. „Danke. Ich wünsche dir auch erfolgreiche Geschäfte und Grüsse an deinen lieben Herrn Grossvater.“

 

Yugi hat die Türklinke schon in der Hand, als er von ihr noch einmal aufgehalten wird. „Ach ja und gib deinem Yami einen fetten Kuss von mir“, zwinkert sie ihm zu, als er sie erstaunt ansieht. „Ähm ja. Mal sehen.“ Mehr kriegt er vor lauter Schock über diese dreisten Worte nicht heraus und flüchtet schon beinahe aus dem Laden.

 

„Das war dem jungen Mann gegenüber aber nicht sehr fair meine Liebe. Ihn so verlegen zu machen.“ Hört sie plötzlich die Stimme ihres Mannes aus Richtung der Backstube.

„Ach Schatz, so ein kleiner Spass muss schon sein. Ausserdem hätte ich nie gedacht, dass sich die Mutos mal wieder einen Sklaven zulegen werden. Den Letzten hatten sie nämlich bestimmt vor etwa 20 Jahren und den haben sie dann auch noch freigelassen“, lacht sie ihren Mann an.

Über seine Frau den Kopf schüttelnd geht Maurice Pan wieder in seine Backstube um die nächste Ladung Brote aus dem Ofen zu holen.

 

Unterdessen ist Yugi wieder zu Hause angekommen und hat das Brot und die Kekse auf den Tisch gelegt. Da sie nun alles für ihr Frühstück da haben, beginnt er zwar immer noch leicht sauer über die Bäckersfrau, aber trotzdem gut gelaunt den Tisch zu decken und frischen Tee aufzusetzen. Hat doch sein Liebster in der Zwischenzeit die Teekanne geleert.

Als er hört, wie Yami aus dem Badezimmer kommt, ist er mit den Frühstücksvorbereitungen beinahe fertig.

Yugi will gerade mit dem frisch aufgebrühten Tee zum Tisch gehen, als er von hinten umschlungen wird. „Das sieht ja einladend aus, Sharik.“ Spielerisch haucht Yami ihm einen Kuss auf die Wange, als sich Yugi an ihn lehnt und den Kopf leicht zu ihm dreht.

„Danke, ich habe mir auch extra Mühe gegeben, Schatz. In der Tüte sind übrigens Kekse für dich.“ Erleichtert, dass von der traurigen Stimmung nichts mehr übrig zu sein scheint, sieht Yugi lächelnd zu, wie Yami nach der Tüte greift und neugierig hineinschaut. „Das sind ja Nuss-Kekse die mit Schokoladenstreifen verziert sind.“ Mit vor Freude glänzenden Augen nimmt er sich einen der Kekse und bricht ein kleines Stück davon ab. Mit geschlossenen Augen geniesst Yami den Bissen.

 

Amüsiert sieht Yugi zu, wie sein Liebster Stückchen für Stückchen von dem Keks abbricht und alles um sich herum zu vergessen scheint. „Nusschokolade ist leider etwas zu teuer für uns, aber diese Kekse sind die besten der ganzen Stadt.“ Yugi erwartet gar keine Antwort und er bekommt auch keine. „Trotzdem solltest du lieber anständig frühstücken und die restlichen Kekse für etwas später aufheben.“ Immer noch schmunzelnd kann er nun beobachten, wie dieser mit einem bedauernden Gesichtsausdruck die Stofftüte zur Seite legt.

„Du hast ja Recht und bestimmt willst du später auch noch einen haben.“ Mit einem letzten Blick auf die Kekstüte greift Yami nach einer Scheibe Brot und dem Honig. Seit es so heiss geworden ist, haben sie keine Butter mehr im Haus, weshalb er den Honig direkt auf die Brotscheibe streicht.

 

Während sie frühstücken fällt Yugi etwas ein. „Ach ja, bevor ich es vergesse. Ich muss morgen zu Ledergerber Bakura  um neues Leder und einige Felle abzuholen.“ Yugi kann gar nicht so schnell gucken, wie Yami das Brot regelrecht auf den Teller fallen lässt und aufspringt. „Ich komme mit. Der Kerl ist verrückt und gefährlich.“ Aufgebracht sieht er Yugi an, der mit offenem Mund dasitzt und ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. „Yami, was ist denn mit dir los? Und was soll das heissen, du kommst mit? Hast du vergessen, was er dir angetan und bei unserem zufälligen Treffen erzählt hat?“ Während er geredet hat, ist Yugi aufgestanden und geht jetzt um den Tisch herum bis er sich neben Yami an die Tischplatte lehnen kann.

Ernst sieht er seinen Liebsten an, der den Blick fest erwidert. „Ganz einfach, ich lasse dich nicht mit dem Verrückten allein. Gerade weil ich genau weiss, wozu er fähig ist und ich mich sehr gut an seine Worte erinnere.“ Nun senkt Yami seinen Blick auf die Tischplatte. „Ausserdem, würde ich gern wissen wie es Nino geht.“ Diese Worte spricht er deutlich leiser aus als die vorherigen.

 

Verwirrt kraust Yugi die Stirn Hat Yami doch noch nie jemanden aus seiner Vergangenheit sehen wollen. „Wer ist Nino?“

 

Bei der Frage richtet Yami seine Augen wieder auf Yugi. „So heisst der Sklave von diesem Bakura. Zumindest als ich ihn im März das letzte Mal gesehen habe, hat er noch Bakura gehört.“

 

Bei der Erklärung fängt Yugi angestrengt an nachzudenken. „Meinst du etwa bei dieser... dieser...“ „Sklavenparty,“ beendet Yami grimmig den Satz.

„Warum willst du dann wissen, wie es ihm geht?“ So langsam versteht Yugi die Welt nicht mehr. Wäre es dann nicht logischer, wenn Yami diese Leute nie mehr wiedersehen will?

 

Sich auf die von ihm verlangte Erklärung vorbereitend holt Yami tief Luft. „Weil er der einzige war, der wenigstens versucht hat mir ein wenig zu helfen und das obwohl er offensichtlich unter Sulave gestanden hat.“

 

Jetzt endgültig nichts mehr verstehend versucht Yugi irgendeinen Sinn hinter diesen Worten zu finden. „Es tut mir leid, aber du musst leider etwas deutlicher werden. Ich verstehe nämlich gerade nur noch Postkutschenhof. Wie hat dieser Nino versucht dir zu helfen und was zum Teufel ist Sulave?“

 

Innerlich zuckt Yami bei der Bitte zusammen. So genau will er sich eigentlich nicht an die Zeit vor Yugi erinnern. Nur hat sein Sharik doch auch eine verständliche Erklärung verdient. „Nino war bei der Sklavenparty der dritte, der mich genommen hat.“ Bei der Erinnerung daran würde Yami am liebsten ins Bad rennen und das was er bisher gegessen hat wieder ans Tageslicht befördern. Stattdessen setzt er sich vornübergebeugt auf den Stuhl und greift nach Yugis Hand um einen Fixpunkt zu haben, an dem er sich festhalten kann.

„Er hat mir vorher ins Gesicht gesehen und mit fiebrig glänzenden Augen zugeflüstert, dass es ihm leid tue. Er aber keine Wahl habe. Dann hat er etwas verlangt, das ich in dem Moment nicht begriffen habe, aber da ich nicht riskieren wollte, dass er wütend wird und dadurch vielleicht brutaler. Habe ich,  wie er es wollte, seine  Hand mit meinem Speichel nass gemacht.“

Zittrig holt Yami ein paar Mal tief Luft, ehe er mit überraschend ruhiger Stimme weiterspricht. „Erst als er hinter mich getreten ist, habe ich es begriffen. Er hat nämlich, von den Besitzern hoffentlich unbemerkt, meine Spucke als Gleitmittel verwendet.“

 

Geschockt hört Yugi zu. Und das versteht Yami unter ein wenig helfen? Spontan schlingt Yugi die Arme um seinen Liebsten, der trotz seiner ruhigen Stimme am zittern ist. „Lass es raus.“

 

Sich an seinem Sharik festklammernd atmet Yami immer wieder tief ein und aus. Weinen oder schreien kann er aus irgendeinem Grund nicht. Trotzdem tut es ihm in seiner Seele gut, wie ihm gerade das einst verloren geglaubte Gefühl der Sicherheit gegeben wird.

Als er schliesslich glaubt, dass er auch noch die zweite Frage beantworten kann, lehnt sich Yami wieder ein wenig zurück.

„Du musst nicht weiter reden, wenn du nicht willst“, versucht Yugi ihn zu beruhigen. Dabei greift er wieder nach Yamis Hand, da er den Körperkontakt nicht komplett abbrechen lassen möchte.

 

Entschieden schüttelt Yami den Kopf. „Nein, du sollst auch noch wissen was es mit Sulave und Salave auf sich hat.“ Fest sieht er Yugi an, da er die Gewissheit braucht, dass es wirklich sein Sharik ist, der bei ihm ist und auch nicht plötzlich wie ein schöner Traum verschwindet.

„Sulave ist eine Droge, die von den Labormagi speziell für Lustsklaven, die auch die aktive Rolle einnehmen müssen, entwickelt worden ist. Ich weiss nicht genau was da alles drin ist, sondern kann dir nur sagen was sie bewirkt.“

Das Schlimmste befürchtend nickt Yugi.

„Gut. Also man wird von Sulave bis auf’s Äusserste erregt, kann aber vor allem in Verbindung mit einem Cockring erst nach ziemlich langer Zeit kommen. Dazu macht sie die Meisten rücksichtslos und brutal, gleichzeitig aber auch auf irgendeine Art und Weise willenlos. Egal was von dir verlangt wird, du machst es. Nur hat Sulave zwei Nebenwirkungen. Du kannst dich an nichts erinnern, was du unter dem Einfluss dieser Droge getan hast und sie macht innerhalb kürzester Zeit abhängig.“

 

Bitter lacht Yami kurz auf. „Darum wurde Salave entwickelt. Im Grossen und Ganzen ist es die gleiche Droge wie Sulave. Nur mit zwei kleinen Unterschieden. Du wirst durch Salave nicht erregt und sie sorgt nicht für einen Gedächtnisverlust. Darum wird sie von den Besitzern der Sulaveabhängigen Sklaven benutzt, damit sie zwischen den Sulavegaben brauchbar bleiben und natürlich haben sie dann auch ein Druckmittel. Wenn der Sklave nicht spurt, dann kriegt er kein Salave mehr und muss so einen kalten Entzug durchmachen und die Entzugserscheinungen sind nicht ohne.“

 

Geschockt sieht Yugi Yami an. „Das ist ja so etwas von abartig und unmenschlich und... mir fehlen bei so einer Grausamkeit einfach die Worte.“ Um die Bilder, die sich immer wieder in seine Gedanken schleichen wollen loszuwerden schüttelt Yugi den Kopf, ehe er Yami wieder ansieht. „Musstest du das Zeug auch nehmen?“, das ist die einzige Frage, die er nicht aus seinem Kopf bekommen kann.

 

Grimmig hebt Yami den Arm, so dass Yugi seine Armbeuge mit den Narben von Spritzen sehen kann. „Ich habe Sulave von meinen ersten beiden Besitzern so vier bis fünf Mal gespritzt bekommen. Danach nie mehr und wenn du wie alle anderen wärst, dann hättest du den Eintrag zum Thema Sulave und Salave in meiner Sklavenakte, die du nach meiner Registrierung bekommen hast, gelesen. Denn da steht drin, dass ich weder Sulave noch Salave vertrage. Zwei bis drei Stunden, nachdem mir das Zeug gespritzt worden ist, wurde mir jedes Mal speiübel und ich bekam Durchfall. Der ganze Spass dauerte immer mindestens zwei Tage und in dieser Zeit war ich für meine Besitzer so gut wie unbrauchbar.“

Humorlos lacht er auf. „Es macht ja keinen Spass wenn der Sklave gleichzeitig am kotzen ist und Durchfall hat, wenn man ihn benutzt. Da ich aber angeblich unter dem Einfluss von Sulave sehr spannend gewesen sein soll, haben es die Medimagi und meine Besitzer dann mit Salave probiert. Mit dem gleichen Ergebnis. Seitdem habe ich diesen Eintrag in meiner Akte und nie wieder eine der beiden Drogen bekommen.“ Dass er sich manchmal das Vergessen durch Sulave gewünscht hätte verschweigt Yami.

 

Geschockt sieht Yugi ihn an. „Ich weiss jetzt nicht, ob ich darüber froh sein soll oder nicht. Nur eins kann ich dir sagen, ich bin mehr als froh, dass ich dich auf dem Markt gefunden habe und aus dieser Hölle herausholen konnte.“

Mit einem traurigen Lächeln legt er ihm seine Hand auf die Wange.

 

Mit halbgeschlossenen Augen schmiegt Yami seine Wange in die warme Handfläche. „Ich bin auch froh darüber. Das kannst du mir glauben Sharik.“

Aus einem instinktiven Drang heraus nimmt Yami die Hand von seiner Wange und haucht einen Kuss auf die Handfläche.

Danach setzt er sich kerzengerade hin. „Wir haben wieder viel zu lange geredet. Iss schnell dein Brot fertig und dann geh den Laden aufmachen. Ich räume die Küche auf.“

 

Bei dem schnellen Themawechsel braucht Yugi einen Moment, bis er verstanden hat, was ihm gesagt worden ist. Doch dann sieht er zum Fenster und kann sich ein leises Fluchen nicht verkneifen. Denn dass ihm sein Liebster durch den schnellen Wechsel nicht nur durch die Blume gesagt hat, dass er nichts mehr sagen möchte, sondern auch noch Recht hat, ist leider eine Tatsache, die er nicht leugnen kann.

Also beugt er sich einfach über den Tisch und schnappt sich sein angefangenes Brot vom Teller. Neben Yami stehen bleibend schlingt er es in Rekordzeit hinunter, bevor er eilig zur Tür geht.

Dort dreht er sich aber trotz seiner Eile noch einmal um. „Wenn du wirklich mit willst, dann nehme ich dich morgen mit. Ich kann dir aber sonst auch erzählen wie es diesem Nino geht. Es ist allein deine Entscheidung.“ Da er jetzt wirklich spät dran ist, wartet Yugi nicht auf eine Antwort, sondern rennt nun schon beinahe in seinen Laden, wo er erst eilig das Wechselgeld aus dem Tresor holt und danach die Tür aufschliesst.

 

In der Zwischenzeit hat Yami mit zitternden Fingern sein Brot auch gegessen und noch einen Tee getrunken. Auch wenn er es irgendwie bedauert, dass Yugi arbeiten muss, ist er im Moment auch froh, dass er allein sein und seine aufgewühlten Gedanken ein wenig ordnen kann. Ist es doch schon ziemlich viel, was er verarbeiten muss. Erst seine Erinnerung an seine Kindheit und jetzt noch das Gespräch mit Yugi.

Obwohl, er hätte ja auch Nein sagen können und dass er nicht über seine Verbindung mit Nino sprechen möchte, aber das wäre seinem Sharik gegenüber nicht fair gewesen.  Immerhin hat er ja damit angefangen, indem er gesagt hat, dass er den Sklaven von Bakura sehen möchte.

 

Erst als er sich sicher sein kann, dass das Geschirr das Abräumen und Abwaschen auch überleben wird, steht Yami auf und beginnt die Küche aufzuräumen. Danach geht er in den Stall, wo Blacky und Rocky schon ungeduldig auf ihn warten. Sind sie es doch inzwischen gewohnt, dass sie von ihm am Morgen gestriegelt werden und dann ihr zweites Frühstück bekommen, dass sie entweder im Hof zusammensuchen, oder aus ihren Netzen fressen dürfen.

Je nachdem was Yami für später noch so geplant hat. Heute ist so ein Tag, wo er nicht wirklich Nerven für die arbeit mit den beiden hat, weshalb er sie nur schnell putzt und danach die gefüllten Netze im Lager hängen lässt. Stattdessen verteilt er ein paar Heuhaufen auf dem Hof.

Was die beiden Pferde mit Argusaugen beobachten und es kaum erwarten können, bis er die Seile vor das Tor gespannt und sie beide aus ihren Boxen gelassen hat.

 

Bevor Yami nun beginnt die Boxen auszumisten, setzt er sich auf die Hintertreppe und sieht den beiden zu, wie sie sich langsam über den Platz bewegen. Immer auf der Suche nach den kleinen Leckereien, wie Apfelreste oder Karotten, die er neben dem Heu auch gern verteilt, wenn es die Vorratskammer oder ihr Hunger auf Äpfel zulässt.

Kurz bevor es Zeit wird das Mittagessen vorzubereiten, mistet er die Boxen aus. Das hat er sich in den letzten Wochen angewöhnt, da es Abends immer mal wieder knapp geworden ist und so muss er abends nur noch die Pferdeäpfel rausnehmen, ehe er den Mistkarren auf die Strasse stellt.

 

Nachdem er die Boxen mit frischem Stroh versorgt und das Mittagessen für die beiden Pferde reingehängt hat, ruft er sie wieder rein. Was ausnahmsweise sogar ohne Strick funktioniert. Vielleicht ist es ihnen ja inzwischen auch zu warm geworden, brennt die Sonne doch wieder mit voller Kraft vom Himmel. Deswegen nimmt sich Yami vor, sie später mit einem nassen Schwamm etwas abzukühlen.

 

Als Yami in die Küche kommt, sieht er als erstes in der Vorratskammer nach, was sie denn noch da haben. Viel ist es leider nicht, da sie zur Zeit nur Lebensmittel auf Lager haben, denen die Hitze nichts ausmacht.

Ratlos sieht er sich die Regalreihen an. Kann er doch mit dem, was da ist, überhaupt nichts anfangen. Dabei wollte er Yugi doch helfen, indem er sich wie schon einmal ums Mittagessen kümmert.

Frustriert, dass er keine Idee hat, geht Yami wieder in die Küche und beginnt schon mal den Tisch zu decken. Wenigstens etwas was er ohne Hilfe kann.

 

Unterdessen schliesst Yugi mit knurrendem Magen die Ladentür hinter dem letzten Kunden. Noch riecht es nicht nach Mittagessen. Weshalb er vermutet, dass Yami entweder noch im Stall ist oder mit ihren Vorräten nichts anfangen kann. Was deutlich wahrscheinlicher ist. Denn zwar hat Yami inzwischen ein paar Sachen gelernt, aber bis auf Pfannkuchen oder andere Sachen aus Eiern, die sie aber gerade nicht da haben, kriegt er nichts Geniessbares hin.

 

Wie vermutet ist sein Liebster gerade dabei den Tisch zu decken, ohne dass etwas auf dem Herd steht. „Hallo Schatz, was gibt es denn zu essen?“, schmunzelnd beobachtet er, wie Yami die Augen verdreht, aber erst in aller Ruhe den Becher neben den Teller stellt, ehe er ihn, mit in die Seiten gestützten Händen ansieht. „Sehr witzig Sharik. Du weisst genau, dass ich mit dem was da ist nichts anfangen kann. Ausser du willst noch einmal ein Frühstück haben, das würde ich nämlich gerade so hinkriegen.“ Mit beleidigtem Gesichtsausdruck sieht er Yugi an, der breit grinsend auf ihn zukommt und ihm die Hand in den Nacken legt. „Mein armer Schatz, dann werde ich mal sehen, was ich so hinkriege und zur Not gibt’s Brote und Äpfel.“

Bevor er sich auf die Suche nach den Zutaten für ein schnelles Mittagessen macht, gibt Yugi ihm noch einen Kuss.

Was Yami ziemlich verblüfft. „Wofür war denn jetzt der und ausserdem, warum nennst du mich heute andauernd Schatz?“

Immer noch vor sich hin schmunzelnd geht Yugi zur Vorratskammer. „Mir war einfach danach und warum sollte ich nicht Schatz zu dir sagen? Du nennst mich doch auch immer wieder Sharik.“

In der Vorratskammer sieht sich Yugi ihre Vorräte an. Viel ist ja wirklich nicht mehr da, aber dann sieht er ein Glas mit Grossvaters selbstgemachter Tomatensauce. Also schnappt er sich aus ihrer Nudelkiste eine gute Handvoll Spaghetti und sucht dann noch nach diesem komischen harten Käse, den er letztens von einer Kundin bekommen hatte. Die meinte doch, dass dieser besonders gut zu Nudeln mit Tomaten- oder Sahnesaucen passen würde.

Als er ihn endlich gefunden hat, geht Yugi bewaffnet mit den Zutaten für ihr Mittagessen wieder in die Küche, wo ihn Yami schon mit verschränkten Armen erwartet. „Schatz bedeutet aber nicht das Gleiche wie Sharik. Schatz oder besser gesagt Liebling würde nämlich Habibi heissen.“

 

Nun ist es an Yugi die Augen zu verdrehen. Was muss es Yami auch immer so genau nehmen. „Na gut, soll ich dich dann auch Partner nennen? Oder doch lieber nur bei deinem Namen, also Yami?“ Ihm den Rücken zudrehend füllt Yugi einen Topf mit Wasser und gibt eine gute Portion Salz dazu, ehe er diesen auf die leider wieder kalte Herdplatte stellt. Hat er doch vor lauter Schatz vergessen  vorhin das Feuer wieder anzuzünden.

 

Es liegt Yami auf der Zunge, dass ihn Yugi bei seinem Namen Atemu nennen soll, aber er sagt es nicht. Noch fühlt er sich für diesen Namen nicht wirklich bereit. Erst will er wirklich verstehen, wer er einst gewesen ist.

„Warum? Also warum willst du mir einen Spitznamen geben?“

 

Nun, da das Feuer brennt, sieht Yugi wieder zu seinem Liebsten. „Das Gleiche könnte ich dich fragen. Ich dachte, vielleicht gefällt es dir, wenn ich dich nicht immer nur bei deinem Namen nenne. Eben weil du mich ja auch ab und zu Sharik nennst, was mir übrigens sehr gut gefällt. Ausserdem gehört dir mein Herz“, fügt er noch schnell hinzu, da er sieht wie kurz die Unsicherheit in Yamis Augen aufflackert.

 

Nun ist Yami wirklich am überlegen. Stört es ihn, wenn Yugi ihn Schatz nennt? Wenn er zu sich selbst ehrlich ist, gefällt es ihm irgendwie. Allerdings nur, weil er spürt, dass es Yugi ehrlich mit ihm meint und nicht so wie seine früheren Besitzer.

„Es... hat mich nur irritiert, das ist alles. Du darfst mich ruhig weiter Schatz nennen, wenn du es willst.“

 

Bei dieser Aussage kann sich Yugi ein Lächeln nicht verkneifen. „Na dann werde ich dich in Zukunft immer mal wieder Schatz nennen. Denn das bist du für mich.“

Weil das Wasser endlich am brodeln ist, gibt Yugi die Spaghetti in den Topf und muss nun aufpassen, dass das Wasser nicht überkocht. Nebenbei stellt er einen zweiten Topf für die Tomatensauce auf den Herd und gibt diese auch gleich hinein.

 

Nun doch neugierig was es gibt, stellt sich Yami neben ihm an den Herd. „Was kochst du da eigentlich?“

 

Innerlich wundert sich Yugi, dass sein Liebster erst jetzt fragt, was er denn hier zusammenbraut. „Tomatenspaghetti. Den Käse da drüben kenne ich nicht, aber Frau Toshi meinte, er passe wunderbar zu solchen Gerichten.“ Nun zeigt er auf den Käse, den er auf die Arbeitsplatte gelegt hatte.

Sofort wandert Yamis Blick in die angegebene Richtung. „Der sieht wie Parmesan aus.“ „Warum wundert es mich nicht, dass du den Käse kennst?“, laut stellt Yugi mehr zu sich selbst diese Frage.

„Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich weiss aber eins, dass die Frau Toshi Recht hatte. Der Käse passt gerieben wirklich super zu Tomatenspaghetti.“ Weil die Käsereibe gerade so schön in seiner Reichweite liegt, schnappt er sich diese und legt sie auf den Tisch und den Käse auch gleich dazu.

 

„Wenn du schon dabei bist, kannst du dann bitte auch gleich das Nudelsieb in die Spüle stellen?“ Weil Yugi wirklich aufpassen muss, dass das Wasser nicht überkocht und die Sauce nicht anbrennt, sieht er Yami nicht an. Hasst er es doch, wenn er nach dem  Kochen eingebranntes aus den Pfannen oder vom Herd putzen muss.

 

Als sie dann später am Tisch sitzen sieht ihn Yami nach einer Weile des entspannten Schweigens an. „Ich komme morgen mit zum Ledergerber.“ Auf eine Diskussion gefasst, wartet er auf eine Reaktion seines Gegenübers.

 

Doch Yugi hebt nur kurz seinen Blick. „Ist gut. Wir werden dann gleich nach dem Mittagessen aufbrechen.“

Er hat keine Lust auf eine Diskussion und wenn es Yami so wichtig ist, soll er ihn ruhig begleiten.

 

Nach dem Essen kümmert sich Yami, wie schon nach dem Frühstück, um das gebrauchte Geschirr, während Yugi wieder in den Laden geht. Sind doch die Kunden immer noch wie verrückt hinter den sommerlichen Stoffen her.

Was sich dann im Herbst wieder ändern wird. Dann werden die Felle und auch das Leder wieder vermehrt verlangt. Das war vor drei Jahren auch der Grund, weshalb er diese neben den Stoffen und Tüchern auch noch in sein Warenangebot mit aufgenommen hatte.

 

Da Yugi gut zu tun hat, sieht er Yami immer nur kurz, wenn dieser ihm wieder etwas zu trinken in den Laden bringt und in den wenigen ruhigen Momenten auch eine Weile bei ihm bleibt. Allerdings verschwindet er immer sofort wieder, wenn sich die Tür öffnet. Was Yugi ohne etwas zu sagen akzeptiert. Kann er sich doch denken, dass Yami sich heute nicht den Blicken der Kundinnen und manchmal sogar denen der Kunden stellen möchte.

 

Am Abend ist es Yami, der diesmal das Essen vorbereitet, so dass sich Yugi nur noch an den fertig gedeckten Tisch setzen muss.

Während sie ihre belegten Brote essen sieht Yami immer wieder zu ihm rüber. Spricht ihn aber erst an, als er selbst sein Brot fertig gegessen hat. „Yugi, kann ich dich um einen Gefallen bitten?“, unsicher wartet er auf das bestätigende Nicken. „Natürlich, wenn er in meiner Macht liegt.“ Versucht Yugi die plötzlich angespannte Stimmung ein wenig zu lockern. Den letzten Bissen seines Brotes, das er mit Trockenfleisch belegt hatte runterschluckend, lehnt er sich zurück und wartet gespannt, um was ihn sein Liebster bitten möchte.

 

Auf seiner Unterlippe kauend sieht Yami ihn an. „Wenn wir... Zärtlichkeiten austauschen nenne mich bitte nicht Schatz. Sonst kannst du mich gern so nennen, aber bitte nicht in solchen Momenten.“

 

Bei dieser ungewöhnlichen Bitte will Yugi am liebsten sofort nachfragen, warum er das nicht tun soll.  Doch als er die Körpersprache seines Liebsten sieht, zieht sich  ihm das Herz zusammen. „Natürlich, wenn du das nicht willst, werde ich es nicht machen.“ Sanft lächelt er ihn an. „Wenn wir schon bei Zärtlichkeiten sind, hast du Lust heute Abend noch ein paar zu bekommen?“ Nun ist er es, der unsicher auf eine Antwort wartet.

 

Erleichtert, dass Yugi seine Bitte ohne nachzufragen akzeptiert, steht Yami auf und geht um den Tisch herum zu seinem Sharik. So als wäre es für ihn das normalste der Welt setzt er sich einfach so auf seinen Schoss, dass seine Fusspitzen links und rechts den Boden berühren.

Diese Position macht ihn deutlich nervöser, als damals wo er Yugi auf seinen Schoss gezogen hatte.  Trotzdem legt er ihm die Arme um den Hals und lächelt seinen Sharik an. Zwar etwas zittrig aber immerhin. „Ich hätte später gern noch ein paar Zärtlichkeiten. Nur möchte ich jetzt gern etwas ausprobieren.“

 

Yugi ahnt, was Yami ausprobieren will, aber er sieht auch, dass dieser innerlich am zittern ist. Deswegen legt er nur eine Hand auf dessen Wange, während die andere locker an seiner Seite runterhängt. „Probiere es doch später aus, wenn wir im Bett sind und genug Platz haben. Du bist jetzt schon beinahe am Anschlag und ich will nicht, dass du dich überforderst.“

 

Auch wenn es Yami nicht will, muss er Yugi Recht geben. Dennoch muss er jetzt etwas wissen, auch wenn es nicht ganz das ist, was er sich vorgenommen hatte. „Gut, aber könntest du mich dennoch küssen? Ich will wissen wie es sich in dieser Position anfühlt.“

 

Dieser Bitte kommt Yugi nur zu gern nach, stoppt aber nur Millimeter vor Yamis Gesicht. „Ich weiss nicht, ob ich meine Hände bei mir behalten kann, wenn ich dich jetzt küsse. Zieh dich einfach zurück oder halte sie fest, wenn es dir zu viel wird.“ Mehr Vorwarnung bekommt Yami nicht. Denn schon überbrückt Yugi die letzten Millimeter.

Wie er es befürchtet hat, kann er sich nicht allzu lange beherrschen und beginnt seine Hände wandern zu lassen. Die eine wandert von Yamis Wange in dessen Nacken, wo er ihn sanft zu kraulen beginnt, während die andere erst an dessen Seite nach oben wandert, dann aber im Kreuz zu liegen kommt, so dass er ihn noch etwas näher zu sich ziehen kann.

 

Als Yami dies spürt will er erst zurückweichen, den Kuss unterbrechen oder zumindest die Kontrolle übernehmen, aber dann beginnt Yugi leicht an seiner Unterlippe zu saugen und zu knabbern, was in seinem Innern ein Feuerwerk entzündet. Mit einem leisen Stöhnen, das er beim besten Willen nicht unterdrücken kann schmiegt er sich noch mehr an den Körper seines Shariks.

 

Yugi weiss, dass er gerade mit dem Feuer spielt und er kurz davor ist seinen Liebsten zu überfordern. Nur hält er sich jetzt schon so lange zurück, dass er dies hier einfach nur geniessen möchte. Ausserdem will er seinen Liebsten noch einmal so stöhnen hören, weshalb er den Kuss nicht eine Sekunde unterbricht und jetzt sogar beginnt auch leicht dessen Kreuz zu streicheln. Tatsächlich hört er nur Sekunden später das ersehnte Geräusch noch einmal.

 

Die beiden sind so in ihrem Kuss vertieft, dass sie nicht bemerken, dass Sugoroku schon eine Weile in der Tür steht und sie schmunzelnd beobachtet. Dabei freut er sich unglaublich für die beiden. Denn er hätte nie gedacht, dass Yami überhaupt jemals zu mehr als vorsichtigen Küssen fähig sein könnte.

Nur scheint dieser zum Glück eine unglaublich starke Persönlichkeit zu besitzen, die selbst durch diese Monster nicht vollständig zerbrochen ist. Zwar hätte sicher nicht mehr viel gefehlt, aber Yugi scheint eine mehr als heilende Wirkung für seine Seele zu haben.

Eigentlich wollte er die beiden ja begrüssen und ihnen von dem Theaterbesuch erzählen, aber da sie ja so beschäftigt sind, zieht sich Sugoroku mit einem letzten Blick auf sie zurück. Morgen kann er ja immer noch mit ihnen reden.

 

Schwer atmend löst sich Yami schliesslich von Yugi. „Ich brauche eine Pause.“ Ungläubig fährt er mit einem Finger über seine Unterlippe. „Das hat ja gar nicht geschmerzt. Im Gegenteil. Es hat ein heisses Kribbeln ausgelöst, das mir irgendwie gefallen hat.“

 

Einerseits tut es Yugi in der Seele weh, dass sein Liebster diese Erfahrung bisher nicht machen konnte, aber andererseits freut er sich, dass es ihm gefallen hat. „Das ist doch gut. Mir hat es nämlich auch gefallen.“ Lächelnd streicht er Yami die hartnäckige Strähne aus dem Gesicht. „Was hältst du davon, wenn wir das hier ins Schlafzimmer verlegen? Nur müssen wir wohl oder übel erst die Küche aufräumen.“

 

Nach einem Moment des Zögerns nickt Yami und steht vom Schoss seines Shariks auf. „Ich muss sowieso noch nach den Pferden sehen. Sicher brauchen sie wieder frisches Wasser und ihr Nachtheu kann ich ihnen auch gleich geben.“

Yami greift gerade nach dem Teller von Yugi, als ihn dieser zurückhält. „Dann geh du in den Stall und ich räume unterdessen die Küche auf.“ Mit einem Lächeln nimmt er ihm den Teller ab. „Na los, geh schon.“ Auffordernd sieht er Yami an, der nach einem Augenblick tatsächlich in Richtung Flur geht. „Na gut, wenn du darauf bestehst. Ich komme dann nachher hoch ins Zimmer.“

 

Im Stall lehnt sich Yami mit den Armen aufstützend an Rockys Boxentür. Noch immer kribbelt sein ganzer Körper wie verrückt. Nur wollte er das Yugi nicht merken lassen, weshalb er eigentlich ganz froh gewesen ist, als ihn dieser aus der Küche geschickt hat. „Verdammt Rocky, was ist nur mit meinem Körper los? Wieso reagiere ich nur plötzlich so extrem auf Berührungen. Das war doch früher nicht so?“ Ratlos legt er seinen Kopf auf die Arme. „Dazu kommt noch, dass der eine Teil von mir immer noch weglaufen will, während der andere Teil immer mehr haben möchte. Dann noch diese Erinnerung heute Morgen. Scheisse, ich drehe so langsam aber sicher durch. Besonders wenn das so weitergeht.“ Am liebsten würde er gegen die Tür treten aber da dies die Pferde nur scheu machen würde, beherrscht er sich.

„Ich denke, ich bringe euch beiden Mal die neuen Heunetze und fülle eure Wassertröge neu auf.“

Die körperliche Arbeit tut ihm gut, so dass er dann später deutlich gelassener wieder ins Haus geht.

 

Allerdings steuert er als erstes das Badezimmer an, da er sich erst durch eine kühle Dusche abkühlen und sich für die Nacht fertig machen möchte. Erst als Yami dann auch eine Flasche Wasser aus der Küche geholt hat, da er bei dem Wetter nachts immer mal wieder Durst bekommt. Mit der Flasche in der Hand geht er dann nach oben wo er schon von Yugi erwartet wird, der schon in seiner Schlafshorts auf dem Bett sitzt und sich mit dem Rücken an das Kopfteil anlehnt.

„Da bist du ja. Ich dachte schon, du willst bei den Pferden im Stall schlafen.“ Mit einem Lächeln beobachtet Yugi, wie sein Liebster die Flasche auf dem Nachttisch abstellt und dann rüber in sein eigenes Zimmer geht, nur um kurz darauf nur mit der Schlafanzughose bekleidet wieder zurück zu kommen.

Verwirrt bleibt Yami neben dem Bett stehen. „Wieso sitzt du so da?“

 

Bei der Frage kann sich Yugi ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ich dachte, du willst noch etwas kuscheln oder Zärtlichkeiten haben und dann wolltest du doch noch etwas ausprobieren und ich dachte, so wäre das doch nicht schlecht. Natürlich nur, wenn du immer noch willst.“ Yugi sagt absichtlich nicht, dass er enttäuscht wäre, wenn sein Liebster jetzt nichts mehr von den Zärtlichkeiten wissen will. Denn das Letzte was er möchte, ist ihn irgendwie unter Druck zu setzen. Stattdessen spreizt er seine Beine ein wenig, so dass sich sein Liebster dazwischen setzen könnte.

 

Nun dämmert es Yami langsam, was Yugi vorhat. „Du meinst ich soll mich zwischen deine Beine setzen oder knien?“, so viel Absicherung muss sein, denn schon mehr als einmal hat er ja falsche Schlüsse gezogen.

„Ja, das meine ich. So hast du die volle Kontrolle und kannst allein bestimmen, wie weit du gehen und was du machen willst, ohne dass du dich immer über mich beugen musst.“

 

„Na, wenn das so ist“, mit einem verführerischen Lächeln kniet sich Yami auf die Matratze und kriecht dann zwischen Yugis Beine. „Dann will ich nun endlich ausprobieren ob mir diese Zungenküsse gefallen könnten.“

Langsam nähert er sich Yugis Lippen, die dieser unbewusst mit der Zungenspitze befeuchtet. „Yami, bist du...“, weiter kommt Yugi nicht, denn in dem Moment legen sich Yamis Lippen auf die seinen. Woraufhin er genüsslich die Augen schliesst und seine Finger zur Sicherheit in den Stoff des Matratzenbezugs krallt.

 

Yami ist mehr als nervös und daher seinem Sharik dankbar, dass ihn dieser nicht mit den Händen berührt.

Unsicher öffnet er seine Lippen und fährt leicht mit der Zungenspitze über Yugis Lippen. Was sich zwar seltsam anfühlt, aber nicht eklig oder so ist. Trotzdem zuckt er kurz zurück, als sich Yugis Lippen unter seiner Zunge öffnen, so dass er in dessen Mund eindringen könnte. Wenn er es denn möchte.

Er will es wirklich versuchen, aber als er von Yugis Lippen in dessen Mund vordringen möchte, kann er es nicht. Es geht einfach nicht, so sehr er es auch versucht.

Enttäuscht zieht er sich von Yugi zurück. „Ich kann nicht. Warum kann ich nicht? Gestern ging es doch auch.“ Wütend auf sich selbst kniet er vor Yugi der ihn leicht anlächelt.

 

„Sei nicht enttäuscht und dreh dich jetzt um und lehne dich mit dem Rücken an mich ran.“ Einladend öffnet er seine Arme und wartet geduldig, bis Yami seiner Aufforderung nachgekommen ist.

Als dieser sich zwischen seinen Beinen umgedreht hat und nun bequem sitzend an ihn lehnt schlingt er seine Arme um dessen Oberkörper. „Yami, ich habe ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Für einen Zungenkuss ist es einfach noch zu früh, lass dir die Zeit, die du brauchst und dann kannst du es wieder probieren, wenn du wirklich so weit bist. Warum du es gestern konntest? Da warst du so in dem Spiel drin, dass du vermutlich gar nicht wirklich bemerkt hast, wie weit du gegangen bist.“ Tröstend streichelt er Yamis Nacken und Hals. Was diesen geniessend die Augen schliessen lässt. Dadurch wird Yugi mutiger und lässt seine Finger etwas weiter auf dem Oberkörper seines Liebsten wandern.

 

Unter den sanften Fingern vergisst Yami seine Enttäuschung und die Wut über sich selbst. Immer mehr entspannt er sich und verfolgt in Gedanken die Bahnen, die auf seinem Körper gezogen werden.

Während Yugi über Yamis nackte Haut streichelt, achtet er ganz genau auf jede Regung von ihm. Will er doch nicht aus Versehen seinen Liebsten aus dessen Tiefenentspannung reissen, in dem er ihn überfordert.

 

Geniessend lässt sich Yami treiben. Nie hätte er gedacht, dass er jemals mit so viel Zärtlichkeit behandelt werde würde. Seinen Kopf an Yugis Schulter gelegt, sitzt er da und dreht ihn dann ein wenig zur Seite, damit sein Sharik mehr Platz hat.

 

Yugi konnte einfach nicht länger widerstehen. Weshalb er nun zusätzlich zu seinen Händen auch noch auch noch seine Lippen und Zähne einsetzt. Sanft knabbert und küsst er an Yamis Hals und würde am liebsten die Zeit anhalten um den Moment für immer geniessen zu können. Nur leider ist das nicht möglich.

Darum flüstert er nach einer Weile in Yamis Ohr. „Was meinst du. Sollen wir uns nicht langsam mal hinlegen?“

Es dauert eine ganze Weile, bis sein Liebster reagiert. Mit halbgeschlossenen Augen dreht Yami den Kopf, so dass er seinen Sharik ansehen kann. „Wenn du meinst. Nur, kannst du trotzdem weitermachen?“

 

Lächelnd haucht ihm Yugi einen Kuss auf den Mundwinkel. „Natürlich.“ Sanft schiebt er Yami von sich, so dass er hinter ihm hervor rutschen kann.

Danach legt er sich auf den Rücken und nimmt seinen Liebsten in den Arm, der wie selbstverständlich den Kopf auf seiner Schulter ablegt. Den einen Arm um seine Schulter gelegt streichelt er mit seinen Fingern die Stellen, welche er erreichen kann und er auch sicher ist, dass sie ungefährlich sind.

Auf einmal bemerkt Yugi, dass sein Liebster eingeschlafen ist. „Schlaf gut, Yami.“ Sanft haucht Yugi ihm einen Kuss auf die Haare, ehe auch er die Augen schliesst und kurz darauf eingeschlafen ist.

 

 

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Ja ich weiss, es gab einige sehr heftige Stellen und Yami hat wieder viel zum verarbeiten.

 

Yugi war heute mal etwas egoistisch, indem er Yami so geküsst hat, aber wer kann es ihm auch verdenken. Seit sie zusammen sind muss er sich zusammenreissen und seine eigenen Bedürfnisse unterdrücken. Also lassen wir ihm den kleinen Moment egoistisch sein.

 

Was soll ich noch sagen? Keine Ahnung...

 

Darum hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto
 

PS: Doch mir ist noch etwas eingefallen. Manchmal werden mir in den Kommis Fragen gestellt und ihr findet in meiner Antwort keine beantwortung der Frage. Das heisst nicht, dass ich die Fragen nicht beantworten will, sondern es beim Beantworten einfach vergessen habe. Die betreffenden Kommischreiber kriegen dann in der Regel die Antwort auf die Frage per PN nachgeliefert.

In der Ledergerberei

Hallo zusammen,

 

es ist schon spät, aber das Kapitel ist endlich fertig.

 

Ich kann euch eins sagen, das Kapitel war echt schwer zu schreiben und ihr werdet später auch erkennen warum das so ist.

 

Was soll ich noch gross sagen? Ach ja, bei eventuellen Mordgedanken gegen einen gewissen Ledergerber, bitte eine Nummer ziehen und hinten anstellen, denn so wie ich das einschätze und Animexx und Fanfiktion.de zusammennehme werden es mindestens 150 Personen mit solchen Gedanken sein.

 

Also dann, ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 38: In der Ledergerberei

 

 

Yami steht auf einem Balkon und sieht auf das nächtliche Theben hinunter. „Eine schöne Aussicht, nicht wahr Atemu?“ Ruhig wendet sich Yami der Stimme zu und sieht nicht weit von sich Atemu seitlich auf der Balkonbrüstung sitzen und sich an einem der Stützpfeiler anlehnen, die das Dach des Balkons tragen.

„Ja, sie ist schön, nur warum bin ich hier?“ Mit verschränkten Armen steht er da und sieht Atemu ernst an, der den Blick ruhig erwidert.

„Warum du hier bist? Vielleicht weil ich mir sicher sein will, dass du mir auch zuhörst und mich nicht ignorierst? Das tust du mir nämlich etwas zu oft. Besonders wenn du unsicher wirst.“ Nun blickt Atemu in den nächtlichen Himmel hinauf, der von funkelnden Sternen nur so übersäht ist.

Schweigend steht Yami da und wartet darauf, dass sein jüngeres Ebenbild weiterspricht.

„Als ich fünfzehn gewesen bin, da habe ich mir von ganzen Herzen gewünscht, dass mich nur eine Person bei meinem Namen nennen würde. Einen Menschen der mich mag, weil ich ich bin und nicht der Sohn meines Vaters.“ Traurig blickt Atemu nun wieder zu seinem älteren Ebenbild. „Weisst du Atemu, das war mein grösster Wunsch.“
 

Mit gesenktem Kopf steht Yami da. „Das ist er immer noch. Nur bin ich noch nicht bereit den Namen Atemu zu tragen, weil ich mich erst daran erinnern will, wer ich einst gewesen bin und verstehen möchte wer ich jetzt bin.“

Traurig lächelt Atemu ihn an. „Atemu, ich denke, du weisst tief in dir schon, wer du einst gewesen bist. Wer du jetzt bist? Du bist ein junger Mann, der gerade dabei ist das Leben neu zu entdecken und sich auf einem noch unbekannten Weg befindet. Dabei findest du langsam wieder zu dir selbst, so dass wir beide langsam aber sicher eine neue Persönlichkeit bilden.“
 

Erstaunt, dass Atemu diesmal so viel mit ihm redet sich nicht gleich wieder in Luft auflöst, sieht Yami ihn an. „Warum konnte ich Yugi nicht so küssen, wie ich... nein... du es wolltest?“ Von der Erkenntnis erstaunt, blickt er direkt in das Gesicht seines jüngeren Ebenbildes der ertappt schmunzelt.

„Upps. Ja, ich will Yugi so küssen. Nur habe ich vergessen, dass der verletzte Teil von mir, also du, noch nicht wirklich so weit ist. Bevor du fragst, was du tun sollst, sage ich es dir lieber gleich. Keine Ahnung. Ich weiss nur eins, höre auf dein Herz und vertraue unserem Sharik.“ Kaum hat Atemu fertig gesprochen löst er sich in der Dunkelheit auf und lässt einen verwirrten Yami zurück.
 

Mit wild klopfendem Herzen wacht Yami auf und möchte sich eigentlich aufrichten. Doch der Arm von Yugi, der ihn noch immer umschlungen hält, verhindert dies. So dass er sich stattdessen an ihn rankuschelt und leise beginnt vor sich hinzuweinen. „Mein grösster Wunsch. Ein Mensch der mich bei meinem Namen nennen wird und mich als den Menschen akzeptiert, der ich bin. Warum musste ich erst durch die Hölle um dich zu finden? Denn du wirst mich bestimmt bei meinem Namen nennen, wenn ich dazu bereit bin ihn dir zu sagen“, tief in seinem Inneren weiss Yami, dass ihn vor seinem Gedächtnisverlust ausser Tante Amina niemand bei seinem Namen genannt hat.
 

Um Yugi nicht aus Versehen zu wecken, liegt Yami ganz ruhig da, während er versucht sein Schluchzen zu unterdrücken. Was ihm so halbwegs gelingt. Erst als er sich so halbwegs beruhigt hat, hebt er seinen Kopf ein wenig an. Noch schläft sein Sharik tief und fest. Nachdenklich beisst sich Yami auf die Lippen. „Ich, heisse Atemu.“ Zum ersten Mal spricht er den Namen aus während er nicht alleine ist und irgendwie fühlt es sich gut an.

Nur ist er auch bereit, ihn auszusprechen, wenn sein Sharik wach ist? Noch ist er es nicht, aber irgendwann, wird er es sein. Da ist er sich inzwischen mehr als sicher. Sanft fährt er mit den Fingerspitzen über Yugis Wange. „Dies wird mein Wunsch an dich sein, wenn der Tag gekommen ist, an dem ich dazu bereit ihn zu tragen. Dass du mich bei meinem wahren Namen nennst.“ Zum Glück schläft sein Sharik tief und fest. Vorsichtig kuschelt er sich wieder an ihn ran und ist nach einer Weile sogar wieder eingeschlafen.
 

Erst als Yugi hört und spürt, dass Yami wieder eingeschlafen ist, öffnet er seine Augen. Ist er doch aufgewacht, als sein Liebster an seiner Brust geweint hat. Nur wollte er ihn nicht bedrängen, da sich Yami ja so bemüht hatte ihn ja nicht aufzuwecken. Als dieser ihm dann aber seinen richtigen Namen zugeflüstert und dann auch noch seinen Wunsch ausgesprochen hatte, hätte er am liebsten die Augen aufgeschlagen und ihn fest in den Arm genommen. Doch er hat sich zurückgehalten und als er dann noch den Rest gehört hatte, ist er froh darüber gewesen.
 

Dafür liegt er nun hellwach da und kann wegen seiner, sich im Kreis drehenden Gedanken nicht mehr einschlafen. Unbewusst bewegt er dabei seine Finger in kleinen Kreisen auf der Schulter seines Liebsten hin und her.

So kommt es, dass er das seltene Vergnügen hat, den Sonnenaufgang vollkommen wach im Bett liegend zu beobachten und dabei Yami im Arm zu halten.
 

Der Himmel leuchtet schon in den schönsten Rottönen als sich Yami zu regen beginnt. „Yugi? Du bist schon wach?“, verschlafen sieht er seinen Sharik an, der ihm ungewöhnlich munter zulächelt.

„Ja, ich bin schon eine Weile wach. Ich hatte einen blöden Traum und bin davon aufgewacht kurz bevor die Sonne aufgegangen ist. Da ich dich aber nicht wecken wollte, bin ich liegen geblieben und habe die Ruhe genossen.“ Ohne schlechtes Gewissen flunkert Yugi Yami an, will er ihn doch nicht verunsichern, indem er ihm sagt, dass er ihn in der Nacht gehört hat.

„Verstehe“, noch müde kuschelt sich Yami wieder an sein Kissen, besser gesagt Yugis Schulter. „Dann bleib ich noch etwas liegen. Kannst du?“, scheu blickt er in die sanften Augen seines Shariks der daraufhin anfängt ihn sanft zu streicheln. „Aber sicher kann ich. Für dich doch immer.“ Ihm einen Kuss auf die Stirn hauchend, lässt er seine Fingerspitzen über die weiche Haut gleiten. Was ihm als Belohnung ein leises Seufzen seines Liebsten einbringt.

Geniessend schliesst Yami seine Augen und lässt sich einfach in die Zärtlichkeit fallen. Stundenlang könnte er so daliegen und einfach nur geniessen.
 

Sanft drückt Yugi nach einer Weile gegen Yamis Schulter. „Leg dich bitte mal auf den Rücken.“ Zu seiner Überraschung macht dies sein Liebster auch, ohne einmal die Augen zu öffnen. Als er sich selbst bequem auf die Seite gelegt und den Kopf auf einer Hand aufgestützt hat, beginnt er wieder hauchzart mit den Fingern über dessen Oberkörper zu fahren.
 

Mit geschlossenen Augen liegt Yami da. Als er die Fingerspitzen dann auf seinen Wangen spürt, sieht er seinen Sharik an. Aus einem plötzlichen Bedürfnis heraus legt er seine Hand in dessen Nacken und zieht ihn so zu sich runter, dass er seine Lippen auf Yugis legen kann.
 

Im ersten Moment ist Yugi von dem Kuss überrascht. Erwidert ihn dann aber genauso langsam, wie es ihm vorgegeben wird.
 

Nach einer Weile löst sich Yami wieder von ihm und sieht ihn mit einem unsicheren Flackern in den Augen an. „Könntest du... so wie gestern in der Küche?“

Lächelnd erwidert Yugi den Blick. „Natürlich.“

Sanft beginnt Yugi an den weichen Lippen zu knabbern, vertieft ab und zu den Kuss, nur um ihn dann wieder so leicht wie ein Schmetterling werden zu lassen, ehe er neckisch an der Unterlippe seines Liebsten saugt.

So ganz nebenbei lässt er seine Hand an Yamis Seite auf und abgleiten.
 

Yami weiss nicht mehr wo ihm der Kopf steht. Zu viele Gefühle rasen gerade durch seinen Körper. Auf der einen Seite will er mehr davon haben, so viel mehr. Nur ist da immer noch der Teil in ihm, der sich genau vor dem, was hier gerade passiert fürchtet. Nur nebenbei bemerkt er, wie sich seine Hände nun auch auf Wanderschaft begeben und über Yugis Rücken gleiten.
 

So lange wie möglich hält sich Yugi zurück. Geniesst er diese Situation doch gerade mit all seinen Sinnen. Nur leider hat auch seine Selbstbeherrschung Grenzen und diese ist endgültig erreicht, als Yami leise Seufzer und hier und da sogar ein unterdrücktes Stöhnen entkommen.
 

Schwer atmend löst er den Kuss und legt seine Stirn auf die Schulter seines Liebsten. Weiss er doch ganz genau, dass wenn er jetzt nicht aufhört, es für ihn nur noch schwerer wird sich zurückzuhalten und die Gefahr, dass er ihn überfordert, wird dazu auch noch immer grösser.
 

Seinen Sharik nun nur noch festhaltend liegt Yami ruhig da und versucht zu verstehen, was jetzt gerade mit ihm passiert. So wirklich kann er die Gefühle, die gerade in ihm toben nicht einordnen. Dazu kommt noch diese Hitze, die er plötzlich in sich fühlt.

Nur eins weiss er inzwischen ganz genau. Es gefällt ihm und die Angst in ihm wird jedes Mal, wenn er mit Yugi zusammen ist, immer kleiner. Dafür steigt das Bedürfnis nach mehr.

Als Yugi sich bewegt, spürt Yami plötzlich etwas Hartes an seiner Hüfte. „Ähm Yugi? Ich sollte mal aufstehen... und... ähm die Pferde füttern gehen.“ Langsam löst er seine plötzlich zittrigen Hände und lässt sie neben sich auf die Matratze fallen.
 

Innerlich stösst Yugi gerade sämtliche Flüche aus, die er kennt und das sind nicht gerade wenige. Wieso musste er sich auch ausgerechnet jetzt an Yami drücken.

Trotzdem löst er sich mit einem Lächeln von seinem Liebsten. „Ja, die beiden sind sicher schon am Verhungern und so langsam wird es ja wirklich Zeit aufzustehen.“ Schnell haucht er ihm noch einen kleinen Kuss auf die Stirn, ehe er sich aufsetzt und mit dem Rücken zu Yami auf die Bettkante setzt.
 

Schnell steht Yami auf und holt seine Sachen aus seinem Zimmer, bevor er nach unten ins Bad geht.
 

Erleichtert, dass er endlich allein ist, lässt sich Yugi rücklings auf die Matratze fallen und beginnt seine Hand wandern zu lassen.
 

Inzwischen hat sich Yami unter die Dusche gestellt und geniesst mit geschlossenen Augen das kühle Wasser, das seinen erhitzten Körper langsam abkühlt. In Gedanken versunken lässt er die Hände träge über seinen Körper gleiten und stellt sich dabei vor, dass es Yugi ist, der ihn gerade so streichelt. Doch schon nach ein paar Augenblicken lässt er wieder von sich ab und greift nach der Seife um sich zu waschen.
 

Als Yami wieder ins Schlafzimmer kommt, hat sich Yugi zum Glück schon notdürftig mit einem weichen Baumwolltuch gereinigt und die Schlafshorts wieder angezogen. Trotzdem fühlt er sich irgendwie ertappt und eilt, mit dem Tuch in der Hand, ins Bad sobald sein Liebster an ihm vorbei in sein eigenes Zimmer gegangen ist.
 

Im Waschbecken spült er den Lappen sorgfältig aus, bevor auch er unter die Dusche steigt.
 

Unterdessen richtet Sugoroku vor sich hin grinsend den Frühstückstisch her. Hat er doch ganz genau mitbekommen, was Yugi da getrieben hat, nachdem Yami im Bad verschwunden ist und ihn in seiner Eile nicht einmal bemerkt hat. Dies obwohl er in dem Moment mit der Einkaufstasche im Flur gestanden hatte, da er beim Bäcker frische Brötchen holen gewesen ist.

Nach dem Essen muss er wirklich dringend auf den Markt gehen um ihre Vorratskammer wieder ein wenig aufzufüllen. Kann er doch ohne Mehl schlecht backen und ausserdem wird es den beiden Jungs sicher guttun, mal wieder etwas frisches Gemüse zu essen.
 

In dem Moment, als der Tee fertig ist kommt sein Enkel in die Küche und genehmigt sich als erstes eine Tasse von dem Lebenselixier. „Guten Morgen mein Junge. Hast du gut geschlafen?“, fragend sieht er Yugi an, der kurz zur Tür schielt. „Guten Morgen Grossvater. Ja, ich habe gut geschlafen. Allerdings nur, bis mich so ein seltsamer Traum geweckt hat und ich nicht mehr einschlafen konnte.“

Den Blick seines Enkels richtig deutend, nickt Sugoroku. „Das kann es leider geben. Geh einfach heute Abend etwas früher als sonst schlafen.“
 

Gemeinsam setzen sie sich hin, um auf Yami zu warten, der eigentlich gleich kommen sollte.
 

Kurz darauf kommt Yami tatsächlich in die Küche. „Guten Morgen Grossvater. Wann bist du denn zurückgekommen? Wir haben dich gar nicht gehört.“ In aller Ruhe giesst sich Yami seinen Tee ein und setzt sich zu den beiden an den Tisch und gibt sich dann noch den obligaten Löffel Honig in die Tasse.
 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie sein Enkel wie auf Kommando rot anläuft, als Yami sich zu ihnen gesetzt hat. Erst dann sieht er zu seinem zweiten Enkel. „Guten Morgen Junge. Ach, ich bin ziemlich spät nach Hause gekommen, da habt ihr vermutlich schon geschlafen.“
 

Mit zusammengekniffenen Augen sieht Yami den alten Mann an. „Soso, wir haben also schon geschlafen?“
 

Ernst nickt Sugoroku mit einem vielsagenden Blick zu Yugi, der in aller Ruhe, aber immer noch hochrot sein Brötchen mit Marmelade am Bestreichen ist. „Ja, ihr habt sicher schon geschlafen.“
 

Verwirrt folgt Yami dem Blick und versteht endlich. „Ja, wir haben sicher schon geschlafen. Sonst hätten wir dich ja gehört. Oder Sharik?“, unbewusst verwendet er den Kosenamen.
 

Erst jetzt blickt Yugi auf. „Was? Entschuldige, ich war in Gedanken ganz woanders. Was hast du mich gefragt?“

Er hat wirklich nichts von dem Gespräch mitbekommen. Da er, seit sein Liebster in die Küche gekommen ist, nur noch an gestern Abend und heute Morgen denken konnte. Wie sich die Haut unter seinen Fingern angefühlt hat und die Küsse und... und...

Schmunzelnd wiederholt Yami daraufhin seine Frage.

Was Yugi nachdenklich die Stirn krausen lässt. „Natürlich hätten wir es gehört, wenn wir noch wach gewesen wären.“

Doch dann fällt Yugi etwas ein. Nur ein Geräusch, das er gestern gehört hat, als er und Yami sich geküsst haben. „Moment! Grossvater, du hast uns beobachtet!“ Geschockt sieht er den nun breit grinsenden Sugoroku an.
 

„Erwischt. Ich habe euch gestern in der Küche knutschend erwischt und wollte euch nicht stören. Darum habe ich mich still und leise zurückgezogen.“ Im Augenwinkel sieht er, wie sich Yami die Hand vors Gesicht hält. „Yami, das muss dir nicht peinlich sein. Ich war auch mal jung und weiss wie es ist, wenn man die Umgebung um sich herum vergisst.“
 

Es dauert einen Moment, doch dann ist ein leises Kichern zu hören. „Es ist mir nicht peinlich. Die Situation ist nur so... so... . Ach, ich weiss nicht.“ Mit einem amüsierten Funkeln in den Augen, sieht Yami Sugoroku an. „Du flunkerst absichtlich, weil du glaubst, es könnte Yugi peinlich sein, dass du uns küssend gesehen hast. Dabei war er in Gedanken gar nicht anwesend und jetzt ist er eher empört als peinlich berührt.“
 

Nun blickt Yugi verwundert über den Tisch zu Yami. „Ist dir das etwa nicht peinlich? Und Grossvater hätte ja ruhig etwas sagen können.“
 

Auf einmal ernst schüttelt Yami den Kopf. „Mir ist so eine Situation schon lange nicht mehr peinlich. Ausserdem ist es doch sehr zuvorkommend von ihm gewesen, uns unsere Privatsphäre zu lassen.“ Mit verschränkten Armen sitzt er da, während Yugi ihn mit grossen Augen ansieht. „Sag mal, seit wann redest du eigentlich so geschwollen?“
 

Verwirrt zieht Yami daraufhin die Augenbrauen zusammen. Dann sieht er zu Sugoroku, der sich allerdings in aller Ruhe sein Brötchen schmiert und sich aus dem Gespräch raushält. „Ich habe schon immer so gesprochen. Zumindest früher, aber irgendwann habe ich mir die Sprache der Sklaven und auch des einfachen Volkes angeeignet. Jetzt dachte ich mir allerdings, dass ich wieder meine normale Sprechweise benutzen kann. Ist dir das etwa nicht genehm?“

Innerlich grinst sich Yami gerade einen ab, als er das verdutzte Gesicht seines Shariks sieht. Äusserlich lässt er sich aber nichts anmerken, sondern greift in aller Ruhe wieder nach seinem Brötchen.
 

Yugi kann es nicht glauben. Yami spricht wie ein verdammter Herrscher! Gerade will er ihm klarmachen, dass er sich diese Art zu reden lieber nicht wieder angewöhnen sollte, da es sonst zu Fragen kommen könnte, als ihm das schelmische Funkeln in dessen Augen auffällt.

„Du...“, mit dem Finger deutet er auf den unschuldig dreinblickenden Yami. „Du hast das gerade mit Absicht gemacht. Wenn du aber andauernd Fragen beantworten willst, kannst du von mir aus gern immer so quatschen.“

Nun greift auch er wieder zu seinem Brötchen. Denn irgendwann muss er ja leider auch den Laden öffnen.
 

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku noch beherrschen. Das ist ja noch besser als die Theateraufführung, die er mit Hopkins gesehen hat. Seine beiden Enkel haben wirklich ein Talent unfreiwillig komisch zu sein.

Es ist aber auch wirklich zu lustig, wie die Leute aus der Oberschicht reden. Hat doch auch Kazuki zu Anfang so gesprochen, als er hier eingezogen ist und sich erst mit der Zeit, die hier etwas geläufigere Sprache angewöhnt.
 

Nach dem Frühstück fällt Sugoroku noch etwas ein. „Ach Yami. Ich muss noch auf den Markt gehen. Könntest du bitte Blacky fertig machen?“
 

Sofort nickt Yami und steht dann auch gleich auf und beginnt den Tisch abzuräumen. „Natürlich, dann kann ich danach ja schon mal seine Box ausmisten und Rocky frei laufen lassen.“
 

Verwirrt hält Sugoroku in der Bewegung inne. Hat er doch gerade nach dem Brotkorb greifen wollen. „Willst du denn nicht mitkommen?“, sonst ist doch der Junge immer sofort mit Feuer und Flamme dabei, wenn es darum geht auf den Markt zu gehen.
 

Kopfschüttelnd verneint Yami. „Ich werde Yugi am Nachmittag noch zum Ledergerber begleiten. Darum will ich im Stall so viel wie möglich erledigen, bevor wir dann losgehen.“
 

Geschockt sieht Sugoroku daraufhin zu Yugi, der sofort den Kopf einzieht. „Yami will unbedingt zu Bakura mitkommen. Ich kann also nichts dafür.“ Versucht er sich so gut es geht zu verteidigen und dem Donnerwetter zu entgehen.
 

Mit in die Seiten gestemmten Händen funkelt Sugoroku seinen Enkel an. „Das ist jetzt nicht dein Ernst! Verdammt Yugi, du kannst immer noch Nein...“ „Ich will wirklich mit Grossvater“, fällt ihm Yami ruhig ins Wort. Nun wird er von dem alten Mann wütend angefunkelt. „Das tut jetzt nichts zur Sache, junger Mann. Der Kerl hat sich an dir vergangen. Sag mal bist du wahnsinnig, dass du dich dem Kerl jetzt auch noch freiwillig stellen willst?!“ Mit jedem Wort wird Sugoroku wütender über das leichtsinnige Verhalten der beiden.
 

Auf seiner Unterlippe kauend, blickt Yami seitlich zu Boden. „Grossvater, ich muss einfach mit. Bitte vertrau mir einfach so weit, dass ich weiss, was ich tue. Mir ist bewusst, dass es für mich nicht leicht wird, aber ich muss mit eigenen Augen sehen, dass es Nino wenigstens halbwegs gut geht und...“ „Wer zum Teufel ist Nino?“, unterbricht diesmal Sugoroku Yami.

Doch es ist Yugi, der ihm die Antwort auf die Frage gibt. „Nino ist Bakuras Sklave und war bei der Party auch dabei und hat versucht Yami zu helfen. Ich erzähle dir später alles genauer. Nur so langsam sollten wir uns wirklich beeilen, damit du noch vor der grössten Hitze auf den Markt kommst und wir beide“, nun deutet er auf Yami und sich selbst, „auch unsere Arbeit beginnen können.“
 

Sugoroku merkt an Yamis Haltung, dass sich dieser nicht umstimmen lassen wird. Zwar könnte er es ihm ja eigentlich verbieten mit Yugi mitzugehen, nur hat er das unbestimmte Gefühl, dass dies nicht wirklich etwas bringen würde. „Na gut, nur kommt dann später nicht zu mir und beschwert euch, dass es Probleme gegeben hat.“ Vor sich hin grummelnd greift er nach dem Brotkorb und legt auch noch gleich die anderen Sachen, die wieder in die Vorratskammer müssen hinein, ehe er im Vorratsraum verschwindet.
 

Unsicher sieht Yami zu Yugi der gerade dabei ist die Spüle mit heissem Wasser zu füllen. „Warum ist Grossvater so wütend auf uns?“ Mit dem Geschirrtuch in der Hand stellt er sich neben ihn und wartet auf die Tasse, welche sein Sharik gerade am abwaschen ist.

„Grossvater ist wütend, weil er sich Sorgen um dich macht und von der Idee, dass du mich begleitest genauso wenig begeistert ist, wie ich es bin. Nur ist es deine Entscheidung und wenn es dir so wichtig ist, nehme ich dich lieber mit, als dass du mir dann später Vorwürfe machst, weil du hierbleiben musstest.“
 

Erst jetzt wird Yami so langsam bewusst, dass sich nicht nur Grossvater, sondern auch Yugi Sorgen um ihn macht. Spontan tritt er hinter ihn und schlingt seine Arme um dessen Oberkörper. „Sharik, mach dir bitte keine Sorgen. Es wird schon alles gut gehen.“
 

Einem Moment erlaubt es sich Yugi, sich an seinen Liebsten zu lehnen. „Ich hoffe es.“

Eine Weile stehen sie so da und geniessen die Nähe des anderen. Nur leider hat Yugi Recht gehabt. Es wird wirklich langsam Zeit, dass sie hier fertig werden und da Grossvater noch in der Vorratskammer damit beschäftigt ist, sich die benötigten Lebensmittel zu merken, müssen sie sich langsam ranhalten. Deswegen lässt Yami seinen Sharik bedauernd los und stellt sich mit Geschirrtuch in der Hand wieder neben ihn an die Arbeitsplatte.
 

In der Vorratskammer hat Sugoroku das kurze Gespräch gehört.

Während er ihre Vorräte überprüft betet er zu sämtlichen Göttern, die ihm einfallen, dass Yami Recht behalten und alles gut gehen wird.
 

Nachdem die Küche aufgeräumt ist, geht Yami in den Stall um Blacky für den Ausflug zum Markt vorzubereiten.

Er ist gerade dabei den grossen Wallach in einem grossen Kreis zu führen, damit er dann den Gurt, der die beiden Körbe hält, nachziehen kann, als Sugoroku in den Hinterhof kommt.

Sofort wird der alte Mann lautstark von Blacky begrüsst und will natürlich auch gleich zu seinem Lieblingsmenschen gehen. Nur hat Yami damit gerechnet, so dass er einfach dessen Kopf etwas zur Seite dreht. „Nein mein Junge. Erst wird nachgegurtet und Grossvater ist ja auch schon auf dem Weg zu dir. Also die Minute wirst du sicher noch warten können.“
 

Schmunzelnd hört Sugoroku zu, wie Yami mit seinem Blacky freundlich aber bestimmt spricht. „Na Blacky? Hat dich unser Yami etwa überlistet?“, spricht er leise mit ihm, als er bei den beiden steht. Sanft streichelt er ihn zwischen den Ohren, was ihm ein zufriedenes Brummeln einbringt.

„Bist du soweit fertig Yami? Oder musst du noch etwas machen?“, fragend sieht er ihn an.

„Moment“, schnell kontrolliert Yami noch die hinteren Hufeisen, weil er vorher das Gefühl hatte, dass sich da etwas lose anhört, aber es scheint alles fest und sicher zu sitzen. „Ja, ich bin fertig. Der Gurt sollte jetzt fest sein, aber du kennst Blacky ja.“ Vielsagend sieht er seinen Grossvater an, der ihm grinsend zunickt. „Oh ja, der Racker hat es faustdick hinter den Ohren, wenn er will.“ Ihm zunickend nimmt er den Strick von Yami entgegen. „Also dann, bis später.“

Winkend geht er mit Blacky vom Hof und legt ihm schon vor dem Tor den Strick auf den Hals, so dass der Wallach frei neben ihm herläuft.
 

Kopfschüttelnd sieht Yami dem ungleichen Gespann nach. Wenn er nicht wüsste, dass es unmöglich ist, würde er sagen, dass Blacky zur Hälfte ein Hund ist. So schön wie der neben Grossvater bei Fuss geht, muss das einfach so sein.
 

Aus der Kiste hinter der Transportkutsche holt er die beiden Stricke hervor und spannt sie zwischen die beiden Torpfosten, ehe er etwas Heu im Hof verteilt und dann Rocky aus seiner Box lässt.

Kurz sieht Yami zu, wie sich der Wallach zufrieden das Heu fressend langsam über den Hof bewegt. Dann schnappt er sich die Mistgabel und beginnt die beiden Boxen auszumisten. Immer mal wieder kommt Rocky neugierig zuschauen, geht dann aber wieder in den Hof, wo er sich in die jetzt noch angenehm warme Sonne legt.
 

Nachdem Yami mit dem ausmisten fertig ist, widmet er sich Rockys Fellpflege, der dabei entspannt dösend dasteht und das Bürsten offensichtlich geniesst. Normalerweise würde er ihn ja jetzt noch ein wenig vom Boden aus arbeiten, aber da Yugi ihm gesagt hat, dass sie Rocky am Nachmittag mitnehmen werden, lässt er ihn nach dem Bürsten und Hufe kontrollieren wieder laufen.
 

Nun holt er die Lederriemen aus der Sattelkammer und beginnt, die einzelnen Lederteile zu kontrollieren und bei Bedarf einzufetten. Zum Glück ist diese Arbeit inzwischen schnell erledigt, da er das Leder jede Woche kontrolliert.

Wenn er daran denkt, dass er das erste Mal mehrere Stunden gebraucht hatte, bis er mit dem Einfetten fertig gewesen ist.
 

Yami hat gerade alles wieder in der Sattelkammer verräumt und Rocky zurück in die Box gebracht, als Sugoroku und Blacky, wieder zurückkommen. „Da seid ihr ja wieder. Hast du alles bekommen, Grossvater?“, neugierig auf den Inhalt der Körbe geht er ihm entgegen. Er wäre wirklich gern mitgegangen, gibt es auf dem Markt doch immer interessante Dinge zu sehen und dazu sind die meisten Händler eigentlich auch ganz nett zu ihm.

„Hallo Yami. Ja wir haben alles bekommen und nun darfst du mir beim Auspacken und reintragen helfen, sobald wir den Racker hier versorgt haben.“ Liebevoll tätschelt er Blackys Hals, der immer noch oder schon wieder den Strick um den Hals gelegt, frei neben ihm herläuft. Allerdings wird der Wallach dann trotz seiner Anhänglichkeit am Anbindebalken festgebunden. Denn so gut kennen sie ihn. Sobald Blacky sich unbeobachtet fühlt geht er auf Wanderschaft und das bevorzugt ins Heulager.
 

Gemeinsam räumen sie die Körbe aus und tragen die Einkäufe in die Küche, wo sie Sugoroku sofort in den Vorratsraum räumt, während Yami wieder nach draussen geht um nun Blacky zu versorgen und dann in die frisch eingestreute Box zu stellen. Wo schon frisches Wasser und ein gut gefülltes Netz auf ihn warten.
 

In der Küche ist Sugoroku unterdessen dabei das Gemüse zu waschen und für das Ratatouille klein zu schneiden, ehe er es in den Topf gibt und diesen dann auf die heisse Herdplatte stellt.

Zu dem Ratatouille gibt es noch Schweinswürstchen und Brötchen, von denen er in weiser Voraussicht genug für alle drei Mahlzeiten gekauft hat. Backen möchte er nämlich erst morgen oder heute Abend wieder, da ihn die Reise nach Yoshihama doch ziemlich geschlaucht hat und dann noch die Aufregung am Morgen.
 

In aller Ruhe deckt er den Tisch und rührt nebenbei immer wieder das Ratatouille um. Die Würstchen müssen ja nur im heissen Wasser warm werden. Da muss er nur darauf achten, dass das Wasser nicht anfängt zu kochen.

Kurz nachdem er die beiden Kochtöpfe auf den Tisch gestellt hat, kommt Yugi in die Küche. „Hallo Grossvater, das riecht ja lecker.“ Neugierig sieht er in den einen Topf. „Super, Ratatouille. Das hat’s ja schon ewig nicht mehr gegeben.“
 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie sich sein Enkel über die gute alte Hausmannskost freut. „Dann habe ich ja das Richtige gekocht. Rufst du bitte Yami rein?“, kaum hat er die Frage gestellt, betritt Yami die Küche. „Na was für ein Zufall aber auch. Hast du etwa im Flur auf dein Stichwort gewartet oder hast du hellseherische Fähigkeiten und dadurch gewusst, dass das Essen fertig ist?“, grinsend sieht Sugoroku ihn an.
 

Bei den beiden nicht ganz ernstgemeinten Fragen kraust Yami gespielt nachdenklich die Stirn. „Ich tippe auf die hellseherischen Fähigkeiten. Denn eigentlich hasse ich es im Flur zu stehen und zu lauschen. Die paar Male wo es passiert ist, hatte ich entweder etwas vergessen und wollte nochmals in die Küche oder bin von draussen reingekommen und wollte euch bei eurem Gespräch nicht stören. Da bleibt es dann leider nicht aus, dass ich einzelne Sachen höre. Absichtlich mache ich das aber nicht.“ Versucht Yami zu erklären, warum er die beiden Male Gesprächsfetzen aufgeschnappt hatte.
 

Bei der Antwort kann sich Sugoroku ein breites Grinsen nicht verkneifen und auch Yugi ist am Schmunzeln. „Das haben wir auch nicht vermutet. Solche blöden Zufälle gibt es leider und wenn mal etwas wirklich nicht für deine Ohren bestimmt sein sollte, dann können wir ja immer noch die Tür schliessen.“ Beruhigt Sugoroku das offensichtlich schlechte Gewissen von Yami.

„Nun setz dich aber hin. Das Essen wird nämlich langsam kalt.“ Mit einem Kopfnicken deutet er zum Tisch während er selbst noch schnell den Brotkorb von der Arbeitsplatte nimmt und auch noch auf die Tischplatte stellt.
 

Kaum hat sich Yami hingesetzt bewegt er seinen Fuss zu Yugi rüber, so dass er ihn berührt. Sofort wird er daraufhin von seinem Sharik nicht nur angesehen, sondern auch angelächelt, was er natürlich sofort erwidert. Trotzdem lässt er sich nicht ablenken und nimmt sich eine gute Portion von dem Ratatouille und eins der Würstchen, ehe er sich noch bei den Brötchen bedient.
 

Schweigend sitzen sie da und geniessen das leckere Essen. Denn in einem hatte Sugoroku wirklich Recht. In den letzten beiden Tagen hatte es kein frisches Gemüse gegeben, weil sie nicht zum Einkaufen gekommen waren und die Vorratskammer wirklich nur noch in der Hitze haltbare Lebensmittel enthält.
 

Nach dem Essen helfen Yugi und Yami noch die Küche aufzuräumen, da Sugoroku ja den Laden übernehmen muss und gehen dann nach einer kurzen Verabschiedung in den Hinterhof.

Weil Yami vor dem Mittagessen noch so viel wie möglich vorbereitet hat, müssen sie Rocky nur noch einmal schnell striegeln, da er sich in der Zwischenzeit gewälzt hat und ihm dann die beiden Körbe auf den Rücken schnallen.

Zuerst hatte sich Yami ja darüber gewundert, denn so schwer ist das Leder doch gar nicht. Doch dann hat ihm Yugi erklärt, dass die Lederstücke vielleicht nicht ganz so schwer wie die grossen Stoffballen dafür aber ziemlich unhandlich sind und sie zudem ein ganzes Stück zu laufen haben werden.
 

Bevor sie losgehen, zieht Yugi seinen Liebsten an sich ran. „Ich muss mich nun vermutlich den halben Nachmittag über beherrschen und den strengen Besitzer spielen.“ Kaum hat er das gesagt liegen seine Lippen auf Yamis, der den Kuss nach einem Moment der Überraschung erwidert.

Für beide viel zu schnell löst Yugi den Kuss wieder und nimmt seine Hand von Yamis Nacken, die er vorhin da hingelegt hatte. „Der muss leider reichen, bis wir wieder zurück sind.“

Kurz lächeln sie sich noch an, ehe Yugi den Führstrick nimmt und sie den Hinterhof verlassen.

Wie es üblich ist, wenn ein Pferd dabei ist und nicht von dem Sklaven geführt wird, läuft Yami auf der Höhe von Rockys Bauch, während Yugi vorneweg läuft. Dabei wünscht sich Yugi insgeheim, dass Yami neben ihm laufen könnte. Nur leider ist heute auf den Strassen ziemlich viel los, so dass er Yami nicht bitten kann neben ihm zu laufen. Da dieser dann den anderen Leuten bestimmt im Weg wäre und weil er ja ein Sklave ist, sie natürlich auf keinen Fall zur Seite gehen, sondern ganz klar von ihm erwarten würden, dass Yami ihnen ausweicht.
 

Mit leicht gesenktem Kopf läuft Yami neben Rocky her und mustert unauffällig seine Umgebung. Diesen Teil der Stadt kennt er nicht und bestimmt hätte er zumindest den Geruch nicht vergessen können. Denn seit sie vor einiger Zeit von dem Hauptweg abgebogen sind, der sie ziemlich direkt zum Stadtrand und so in Richtung Meer geführt hat, wird der für das Färber- und Ledergerber-Viertel typische Geruch immer stärker.
 

Während sie laufen dreht sich Yugi immer wieder unauffällig zu Yami um und kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als er dessen leicht angewiderten Gesichtsausdruck sieht. „Der Geruch gehört hier leider dazu und man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Spätestens wenn wir bei Bakura sind, wirst du ihn nicht mehr bewusst wahrnehmen.“ Weil er sich nicht zu lange mit Yami unterhalten sollte, dreht er sich wieder nach vorne.
 

Inzwischen sind sie schon beinahe bei Ledergerber Bakura angekommen. Dessen Haus und auch die angebaute Gerberei haben wie fast alle Häuser hier schon besser ausgesehen, aber die meisten hier haben noch ein Häuschen ausserhalb dieses Viertels, in das sie am Wochenende gehen um der schlechten Luft hier zu entkommen.
 

Als sie bei der Ledergerberei ankommen, hören sie schon die Laute Stimme Bakuras, der seinen Sklaven offensichtlich anschreit. „Du verdammt’ Nichtsnutz. Wie oft hab’ der g’sagt, dass du des Leder ned z’kurz in de’ Gerb’flüss’keit lass’n sollst. Jetz’ kann i’ d’ganz’ Arbeit noch mal mach’n.“
 

Kurz schielt Yugi zu Yami der kreidebleich mit zusammengepressten Lippen dasteht. Am liebsten würde er ihm die Hand auf den Arm legen, nur kann er das hier leider nicht tun, so drückt er ihm nur den Strick in die Hand. „Warte hier.“ Mit einem letzten Blick auf ihn geht Yugi um das Haus herum zu der offenen Seite des Gebäudes. Liegt diese doch auf der Seite, wo der Abfluss für die diversesten Flüssigkeiten aus den Gerbereien und den Färbereien liegt.

„Ledergerber Bakura? Hier ist Yugi Muto! Ich wollte das bestellte Leder abholen und bezahlen kommen.“

Sofort wird es still in der Gerbstube. Nur ein leises Wimmern, das vermutlich von dem Sklaven kommt, ist noch zu hören.
 

Mit einem breiten Grinsen kommt Bakura heraus. „Stoffhändler Muto. Ich hab scho’ auf di’ gwart’.“ In dem Moment, wo er Yugi seine Hand hinhält sieht er Yami neben Blacky dastehen. „Oh, du hast dein’ Sklav’ mit’bracht.“ Sofort beginnt Bakura lüstern zu grinsen. „Willst ihn wohl ned aus de’ Aug’ lass’n.“
 

Innerlich zählt Yugi bis zehn und dann noch weiter bis zwanzig. „Ja, er kann ja für sein Essen auch noch etwas ausserhalb des Hauses arbeiten und das Leder verstaut sich ja nicht von selbst in den Körben.“
 

Das ist das Stichwort auf das Bakura gewartet zu haben scheint, denn sofort dreht er sich um. „NINO, DU NICHTSNUTZ. BRING SOFORT S’LEDER FÜR’N STOFFHÄNDLER MUTO RAUS!“ Bakura schreit so laut, dass er wohl auch noch am anderen Ende von Domino gehört worden ist.

Kurz darauf hört man eilige Schritte in der Gerbstube und nach einem Moment der Stille kommt ein junger Sklave mit schwarzen Haaren und asiatischen Gesichtszügen heraus. Deutlich kann man auf dem nackten Oberkörper rote Striemen erkennen und das eine Auge beginnt schon zuzuschwellen. „Dein Sklave sieht aber gar nicht gut aus.“ Nur mit Mühe kann Yugi seine Besorgnis über den Zustand des jungen Mannes verbergen. Sieht er doch deutlich wie dieser zittert und offensichtlich Schmerzen zu haben scheint.
 

Dem Blick Yugis folgend, sieht Bakura Nino an. „Ach was. Der is’ scho’ in Ordnung. War gestern mit ihm auf ’ner Sklav’nparty und er durft’ sein Hintern hi’halte’. Dabei hab’ ich ihm vorher noch ne Ladung Sulav’ g’spritzt. Mann war des heiss, dem zuz’schaue. Der hat nach de’ Sulav’ dann immer so Zitteranfäll’. Des is’ also normal.“
 

Yami kann sich nur mit Mühe beherrschen neben Rocky stehen zu bleiben. Als er das alles hört. Am liebsten würde er auf den Mistkerl losgehen. Nur hat er Yugi versprochen, dass alles gut gehen wird. Weshalb er sich mit aller Kraft. zusammenreisst.
 

„Worauf wart’ste noch? Bring des Leder zu dem Pferd und lass der von dem Sklav’ helfe’.“ Sofort setzt sich Nino mit zitternden Knien in Bewegung. Doch auf halbem Weg stolpert er und lässt die beiden Lederbündel, die aus je zehn Kalbs- und Rindslederstücken bestehen und in Leinen eingewickelt sind, fallen.
 

Sofort will sich Nino wieder aufrichten, nur hat sein Meister den Sturz bemerkt und schlägt ihm brutal ins Gesicht. „Du verdammter Nichtsnutz. Jetz’ is’ des Leder dreckig.“
 

Wieder und wieder holt Bakura aus, was Yugi geschockt beobachtet, aber leider nichts unternehmen kann. Wenn er sich jetzt einmischt, kann er sich einen neuen Ledergerber suchen und das wird schwierig werden, weil es sich sicher herumsprechen wird, warum er nicht mehr von Bakura kauft. Der doch der Beste seines Standes ist.
 

Starr steht Yami da und beobachtet die Szene. Warum tut Yugi nichts? Wieso schreitet er nicht ein? Er als freier Mensch darf sich doch einmischen! Als er nun sieht, wie Bakura auch noch mit dem Fuss ausholt, hält er es nicht mehr aus. Den Strick fallen lassend rennt er die paar Schritte und holt mit der Faust aus. „Hör auf du scheiss Dreckskerl! Du bringst ihn ja noch um!“, seine ganze Wut in den nächsten Schlag legend holt Yami aus und trifft Bakura in der Magengegend.

Als er dann weitermachen will, steht da plötzlich Yugi vor ihm und verpasst ihm mit einem wütenden Gesichtsausdruck eine Ohrfeige. „Was fällt dir ein! Du hast kein Recht, dich zwischen Bakura und seinen Sklaven zu stellen und du darfst ihn schon gar nicht einfach so schlagen!“ Yugi ist nicht nur geschockt von Bakuras Verhalten, sondern auch von Yamis.
 

Reflexartig hat Yami sich die Hand auf die Wange gelegt und sieht Yugi nun geschockt an. Die Ohrfeige war zwar nicht wirklich schmerzhaft gewesen, sondern mehr so wie ein Klaps, aber trotzdem. „Yugi, ich...“ „Ich will nichts hören“, fährt ihm Yugi dazwischen. „Nimm die Lederbündel und verstaue sie in den Körben.“ Zwar schmerzt ihn der Blick Yamis in der Seele, nur was soll er machen? Wenn er sich jetzt nicht auf Bakuras Seite stellt, wird er sein Geschäft über kurz oder lang schliessen können und sie so ihren Lebensunterhalt verlieren. „Wenn wir wieder zu Hause sind, werde ich mich um dich kümmern.“
 

Mit gesenktem Kopf wendet sich Yami ab und führt den Befehl stumm aus. Dabei sieht er unauffällig zu Nino, der sich die blutige Lippe reibend langsam wieder aufrichtet und zitternd zurück in die Gerberei humpelt. Dann blickt er auch noch zu Yugi und Bakura und sieht geschockt, wie sich die beiden leise unterhalten.
 

„Bakura, es tut mir wirklich leid. Ich werde mich später um Yami kümmern.“ Hilfsbereit hält ihm Yugi seine Hand hin. Die wird von Bakura allerdings ignoriert, indem er sich alleine wieder aufrichtet.

„Wenn des mein Sklav’ wär’, dann würd’ ich den die Peitsch’ spür’n lass’n und ihn dann zwei Tag’ ohne Wasser ans Bett fess’len.“ Wütend sieht er Yugi an. „Ich verlang’ entwed’ den Sklav’ für e’ne Nacht oder den dopp’lte’ Preis für des Leder.“
 

Bei den Forderungen zuckt Yugi innerlich zusammen. „Ich kann ihn dir nicht geben Bakura, aber ich zahle dir dafür den verlangten Preis von 300 Silbermünzen, wenn du darauf bestehst.“ Freundlich, aber ernst sieht er den Ledergerber an, der ihn mit zusammengekniffenen Augen mustert. „Du musst ja ein verdammt schlecht’s G’wisse hab’n. Wenn’d nich’ mal verhandelst. Versprich mir, dass de Sklav’ ang’mess’ b’strafst und gib mir die abgmacht’ 150 Silbermünz’.“

Erstaunt sieht Yugi Bakura daraufhin an, der ihn schief angrinst. „Ich hat’ au mal so’n Problem mit mein’ erst’ Sklav’. Auss’dem sind mer doch Freund’.“
 

Erleichtert, dass ihm Bakura Yamis Verhalten nicht so übelnimmt, dass dieser gleich dessen Kopf fordert, holt Yugi den Geldbeutel hervor. „Die Münzen sind schon abgezählt und danke, dass du so nachsichtig mit mir bist. Ich muss Yami wirklich besser erziehen.“ Nur mit Mühe kann er sich überwinden, Bakura mit einem professionell freundlichen Lächeln die Hand zu geben, nachdem ihm dieser den Beutel abgenommen hat.

„Ach, geh’ jetz’ nur schnell nach Haus’. Damit er nich’ vergisst, warum er b’straft wird. Wir seh’n uns.“ Mit einem festen Schlag auf die Schulter wendet sich Bakura wieder seiner Arbeit oder besser gesagt seinem Sklaven zu. „Nino, ich brauch Entspannung!“
 

Mit einem letzten Blick auf das schmutzig gelbe Gebäude geht Yugi zu dem wartenden Yami und nimmt ihm ohne ein Wort zu sagen oder ihm auch nur in die Augen zu sehen, den Strick aus der Hand.
 

Schweigend gehen sie durch die Strassen in Richtung Innenstadt, wobei sie nicht einmal erleichtert durchatmen, als die Luft wieder besser wird.

Bedrückt sieht Yugi immer wieder zu Yami, der mit einem verschlossenen Gesichtsausdruck und stocksteif neben Rocky läuft und den Boden unglaublich spannend zu finden scheint.
 

Yami kann es nicht verstehen. Hat er sich die ganze Zeit über wirklich so in Yugi getäuscht? Findet es dieser insgeheim doch in Ordnung wenn ein Sklave grundlos verprügelt wird und behandelt ihn nur deswegen anders, weil er mit ihm schlafen möchte, ohne dass er ihn zwingen muss? Oder hat es etwa einen anderen Grund, weshalb Yugi nicht eingegriffen hat, als dieses Schwein angefangen hat Nino zu verprügeln?

Dann stellt sich ihm noch eine Frage. Wieso hat ihn Yugi zurückgehalten und ihn mit dieser wirklich leichten Ohrfeige gestoppt, statt ihn einfach mit Worten aufzuhalten?

Er ist so in seine Gedanken und auch die Enttäuschung über das Verhalten Yugis versunken, dass er gar nicht wirklich bemerkt, dass sie wieder in ihrem Viertel sind, weshalb er überrascht aufblickt, als sie durch das Tor in den Hinterhof kommen und lautstark von Blacky begrüsst werden.
 

Ohne Yugi anzusehen nimmt er die doch ziemlich schweren Lederbündel aus den Körben und trägt sie ins Lager, wo er die beiden Bündel auf den Tisch legt. Dann geht er wieder nach draussen, wo Yugi gerade die Körbe auf den Boden stellt. „Das Leder liegt im Lager auf dem Tisch. Ich versorge Rocky.“ Ohne Yugi anzusehen, trägt er die Körbe in die Sattelkammer und kommt dann mit der Putzkiste wieder zurück. Leise mit Rocky redend, beginnt er dessen leicht verschwitztes Fell zu striegeln.
 

Enttäuscht, dass Yami ihn ignoriert geht Yugi ins Haus und nach einem Abstecher ins Badezimmer, wo er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzt, in das Lager wo er das Leder aus dem Leinen wickelt und nach einer kurzen Sichtprüfung in die beiden entsprechenden Regalfächer räumt.

Erst nachdem er den Platz des Leders auf der Tafel neben der Tür aufgeschrieben hat, lässt er es zu, dass ihn seine Gefühle übermannen. Von Schuldgefühlen geplagt lässt er sich schluchzend an der Wand entlang zu Boden gleiten. Wieso? Wieso musste er Yami auch eine verdammte Ohrfeige verpassen? Ja, sie war nicht fest gewesen, aber den Blick, mit dem ihn sein Liebster danach angesehen hat, war wie ein Dolchstoss in sein Herz gewesen. Nur was hätte er sonst tun sollen? Zulassen, dass Yami seine ganze Wut an Bakura auslässt. Ja, er hätte es zu gern getan, nur wären die Konsequenzen katastrophal gewesen.
 

Unterdessen hat Yami Rocky versorgt und auch schon das Nachmittagsheu in die Boxen gehängt sowie wieder die Tränken in den Boxen mit frischem Wasser gefüllt. Erst jetzt lässt er sich in Rockys Box zu Boden sinken und lehnt sich mit angezogenen Beinen an die hölzerne Wand. Nur nebenbei bemerkt er, dass ihm die Tränen über die Wangen laufen. „Warum Rocky? Warum hat Yugi nichts unternommen, als dieser verdammte Bakura angefangen hat, Nino grundlos zu verprügeln? Warum hat er sich auf Bakuras Seite gestellt? Warum?“ Vor Wut über dessen Verhalten vergräbt Yami unterdrückt aufschreiend das Gesicht in seinen Händen.
 

Verwirrt blickt Rocky auf den in seiner Box sitzenden Menschen. Kann er doch nicht verstehen, warum dieser plötzlich so eine traurige Ausstrahlung hat und so seltsame Geräusche von sich gibt. Schnaubend stuppst er ihn vorsichtig an. Versucht so die Aufmerksamkeit des traurigen Menschen zu bekommen.

Was auch funktioniert, denn sofort hebt dieser den Blick und schlingt die Arme um seinen Hals. Geduldig lässt sich Rocky leise brummelnd festhalten, auch wenn er eigentlich gern sein Heu weiterfressen würde. Doch der Mensch kümmert sich immer so lieb um ihn, da kann er ja auch mal etwas mit dem Fressen warten.

Es dauert eine ganze Weile, bis er wieder losgelassen wird und ihn der traurige Mensch mit einem Lächeln anblickt und irgendetwas zu ihm sagt, dass er nicht wirklich versteht, aber der Tonfall sagt ihm, dass sich dieser wohl bei ihm bedankt.
 

Traurig lächelt Yami Rocky dankbar an. „Danke mein Junge, jetzt habe ich dich von deinem Heu ferngehalten.“ Sanft krault er den Wallach kurz unter der Mähne am Hals ehe er aufsteht.
 

Als er aus dem Stall kommt blickt er kurz in den Himmel und erkennt am Stand der Sonne, dass es sinnvoll ist, wenn er die Boxen jetzt reinigt und den Mistkarren auf die Strasse stellt.
 

Während er danach im Heulager die Netze für die letzte Fütterung am Stopfen ist. Wird der Mist von Monk abgeholt, so dass er den leeren Karren gleich wieder reinholt und dann den beiden ihr Heu für die Nacht in die Box hängt und ihnen noch einen Becher Hafer dazugibt.

Danach kontrolliert Yami noch einmal alles und geht dann ins Haus, wo er sich wie immer als erstes die Hände wäscht. Doch als er in die Küche gehen will, sträubt sich in ihm alles dagegen. Er will Yugi jetzt nicht sehen, weshalb er trotz seines knurrenden Magens hoch in sein Zimmer geht. Die Tür hinter sich zuziehend überlegt er, ob er das erste Mal von dem Schlüssel Gebrauch machen soll, entscheidet sich dann aber dagegen und setzt sich mit angezogenen Beinen auf sein Bett.
 

Besorgt sitzt Sugoroku am gedeckten Tisch und wartet auf Yugi. Hat er doch am Nachmittag sofort gemerkt, dass etwas nicht in Ordnung ist, als ihn sein Enkel im Laden abgelöst hat, da aber gerade ein Kunde in den Laden gekommen ist, hat er sich die Fragen für später aufgespart. Ausserdem wollte er eigentlich noch mit Yami sprechen und ist in den Hinterhof gegangen. Als er dann aber das unterdrückt Schluchzen gehört und gesehen hatte, dass sich Yami Trost bei Rocky holt, ist er wieder ins Haus gegangen.
 

Nun ist seine Sorge aber noch grösser geworden, da er vorhin gehört hat, dass Yami hoch in sein Zimmer geht, statt zum Abendessen in die Küche zu kommen. Deswegen sieht er sofort auf, als Yugi die Küche betritt und sich mit verschlossenem Gesichtsausdruck auf seinen Platz setzt. „Also gut. Was ist beim Ledergerber Bakura passiert?“ Streng sieht er seinen Enkel an, der bei dem scharfen Tonfall sichtbar zusammenzuckt.

Zögernd sieht Yugi zu seinem Grossvater, der ihn mit verschränkten Armen dasitzend todernst anblickt. „Bakura hat vor unseren Augen seinen Sklaven verprügelt. Darum ist Yami auf ihn losgegangen und ich habe ihm deswegen eine leichte Ohrfeige verpasst. Seitdem haben wir so gut wie kein Wort miteinander geredet.“ Bedrückt sieht er zu dem leeren Platz gegenüber. „Ist Yami noch im Stall?“
 

Auf diese Frage schüttelt Sugoroku verneinend den Kopf. „Er ist schon vor einer Weile reingekommen, allerdings ist er gleich hoch in sein Zimmer gegangen.“ Nur mit Mühe kann er sich einen weiteren harten Kommentar verkneifen. Denn genau so etwas in der Art hatte er kommen sehen. Zwar hätte er nie vermutet, dass es gleich so extrem wird, aber jetzt ist es eben so.

Als er sieht, wie Yugi aufstehen will hält er ihn mit seiner Hand auf dessen Arm zurück. „Lass ihn noch etwas in Ruhe. Ich mache ihm nachher ein Brot und das kannst du ihm dann mit einer Flasche Wasser hochbringen.“
 

Mit einem letzten Blick zur Küchentür setzt sich Yugi wieder richtig hin. Hatte er sich doch schon halb erhoben gehabt, als ihn sein Grossvater aufgehalten hat.

Obwohl er keinen wirklichen Hunger hat, schafft er es zumindest ein Brötchen und ein wenig Käse und Trockenfleisch runterzuwürgen.

Nach dem sie fertig gegessen haben, verlangt Sugoroku von ihm, dass er ihm alles haarklein erzählt, während dieser gleichzeitig einen Teller für Yami herrichtet und ihm dann mit einer Flasche Wasser in die Hände drückt.

„Bring das hoch und dann versuche mit ihm zu reden. Nur dränge ihn zu nichts.“

Besorgt blickt er seinem Enkel nach, der in Zeitlupentempo aus der Küche geht.

„Hoffentlich geht das gut und endet nicht in einer Katastrophe.“ Obwohl er allein in der Küche ist, spricht er seine Gedanken laut aus. „Wenn es einen Gott oder von mir aus auch mehrere gibt. Dann bitte sorgt dafür, dass Yami ihm nicht das Herz bricht. Haben ihm doch schon die Trennungen von Linus oder seinem ersten Freund Mamoru schon schwer zu schaffen gemacht, würde ihm eine Trennung von Yami endgültig das Herz brechen.“

Mit dieser Sorge im Hinterkopf beginnt Sugoroku die Küche aufzuräumen um sich wenigstens ein bisschen abzulenken.
 

Unterdessen steht Yugi vor dem verschlossenen Zimmer.

Mit zitternder Hand klopft er an die Tür und stösst diese dann ohne auf eine Antwort zu warten auf. Zögernd geht er in das Zimmer und sieht Yami sofort mit dem Rücken an die Wand gelehnt auf dem Bett sitzen.

Nur sieht ihn dieser nicht an, sondern hat den Kopf abgewendet und scheint aus dem Fenster zu sehen. „Hat man dir nicht beigebracht, dass man wartet, bis man eine Antwort bekommt?“ Die eiskalte und vollkommen beherrschte Stimme Yamis lässt Yugi unwillkürlich zusammenfahren.

Trotzdem schafft er es irgendwie zu dem Tisch zu gehen und seine Last darauf abzustellen. „Grossvater hat dir ein Brot gemacht und hier hast du noch eine Flasche Wasser. Du hast doch sicherlich Durst.“

Als Yami nicht reagiert, sieht er zu ihm, hat er doch bis jetzt auf den Tisch geschaut und erkennt die absolute Kälte in dessen Augen. Geschockt steht er da und kann es nicht glauben. Hat er mit dieser blöden Ohrfeige etwa alles, was sie sich aufgebaut haben kaputt gemacht?

„Yami. Die Ohrfeige tut mir leid. Nur wusste ich nicht wie ich dich...“ „Die Ohrfeige tut dir leid?! Die Ohrfeige?“, wird er eiskalt von Yami unterbrochen. „Die war nicht mehr als ein leichter Klaps! Nur warum hast du mich aufgehalten und dich dann sogar noch auf die Seite von diesem Mistkerl gestellt?! Warum hast du nichts unternommen, als er angefangen hat Nino zu verprügeln!?“, mit jedem Wort verliert Yamis Stimme etwas mehr von der Kälte und wird im Gegenzug immer lauter und wütender.

Nicht wissend, was er darauf sagen soll, steht Yugi still da und das ist sein Fehler, wie er nur Sekunden später feststellen muss. Denn Yami interpretiert sein Schweigen anders als er es sollte.

„Du sagst ja gar nichts!“ Wütend springt er vom Bett auf und stellt sich vor Yugi hin. „Findest du es etwa doch in Ordnung, wie wir Sklaven von euch freien Menschen behandelt und misshandelt werden?! Hast du deshalb nichts unternommen und einfach nur ruhig zugesehen? Du bist nicht besser als alle anderen. Im Gegenteil, du bist sogar noch schlimmer, weil du deine Einstellung hinter Freundlichkeit versteckst und vermutlich bist du nur so nett zu mir, weil du mich nur dazu bringen willst freiwillig die Beine für dich breit zu machen!“ Die letzten Worte schreit Yami schon beinahe.
 

Mit jedem Wort stirbt Yugis Herz ein bisschen mehr. Nur mit Mühe kann er sich zurückhalten, denn noch nie war das Bedürfnis jemanden zu schlagen so gross wie jetzt gerade.

Mit geballten Fäusten steht er mit zusammengekniffenen Augen da. Die er jetzt aber öffnet und Yami vor unterdrückter Wut zitternd ansieht. „Wenn du das was du mir jetzt gerade an den Kopf geworfen hast wirklich glaubst.“ Nur mit Mühe kann er sich davon abhalten zu schreien. „Dann zieh dich verdammt nochmal aus und knie dich auf das Bett.“
 

Geschockt weicht Yami bei diesen Worten einen halben Schritt zurück. Dabei fühlt er etwas in sich zerbrechen. Fühlt sich sein Körper doch auf einmal vollkommen taub an, als er langsam nach dem Saum seines Oberteils greift. Doch dann zieht er es mit einem Ruck über seinen Kopf.
 

Von Yamis Reaktion zutiefst verletzt ist es nun Yugi der zurückweicht. „Du denkst also wirklich so von mir.“ Mit Tränen in den Augen rennt er aus dem Zimmer und direkt nach unten. Er will jetzt nur noch hier weg. Doch dann fällt ihm ein, dass er zumindest Grossvater kurz Bescheid geben sollte. „Weshalb er in die Küche geht, wo Sugoroku gerade dabei ist einen Brotteig zu kneten.

„Ich gehe zu Jono. Wenn ich morgen nicht da sein sollte, mach den Laden entweder auf oder lass ihn geschlossen. Es ist mir egal.“ Noch bevor sein Grossvater etwas sagen kann, rennt er aus der Küche und ist nur Momente später draussen auf der Strasse unterwegs zu Jonouchi.
 

Auf die leere Tür blickend steht Sugoroku bewegungslos da. Aus einem ersten Impuls heraus will er Yami ins Gewissen reden gehen, aber er hat dessen Worte mehr als deutlich hören können und so gut kennt er den jungen Mann inzwischen, dass er nun alles nur noch schlimmer machen würde, wenn er jetzt hochgeht.

Deswegen beginnt er wieder den Teig zu bearbeiten und hofft inständig, dass jetzt nicht alles vorbei ist.
 

Unterdessen hat sich Yami mit seinem Oberteil in der Hand auf die Bettkante fallen lassen. In seinem Inneren arbeitet es wie verrückt. Warum war Yugi so geschockt, als er seinem Befehl nachgekommen ist?

Immer wieder wiederholt er in Gedanken ihr Gespräch. Dabei fällt ihm auf, dass Yugi gar nichts zu seinen Vorwürfen gesagt hat. Sondern im Gegenteil immer verletzter und wütender gewirkt hat. Erst als er ihm vorgeworfen hat, dass er nicht besser als die anderen freien Menschen sei und ihn nur ins Bett kriegen wolle, hat er reagiert.
 

‚Wenn du das was du mir jetzt gerade an den Kopf geworfen hast wirklich glaubst, dann...’
 

„Nein! Was habe ich getan?“ Die Hand vor sein Gesicht schlagend, sieht Yami zum Fenster, wo sich der Himmel tiefrot verfärbt hat. Ihm wird erst jetzt bewusst, was überhaupt passiert ist. Warum? Warum hat er nicht vorher realisiert, dass Yugi bei Bakura gar nicht anders handeln konnte.

Wieso erkennt er erst jetzt, wie sehr er ihn verletzt hat?
 

Während Yami in seinem Zimmer erkennt, wie unfair er zu Yugi gewesen ist, sitzt Yugi bei Jonouchi zuhause auf dem Sofa und umklammert weinend seine Teetasse. „er glaubt wirklich, dass ich wie seine früheren Besitzer bin“, schluchzend schlägt er sich eine Hand vor den Mund.

Sich neben ihn setzend schlingt Jonouchi einen Arm um die Schulter seines Freundes. Zwar hat er nur einen Teil der verwirrend erzählten Geschichte verstanden, aber so viel ist ihm klar. Sein bester Freund und Yami haben sich gestritten.

„Ach Yugi, wie kommst du denn auf die Idee? Yami hat das alles sicher nicht so gemeint“, versucht er ihn zusätzlich zu der Umarmung mit Worten zu trösten.
 

Sofort sieht ihn Yugi mit tränenverhangenen Augen an. „er hat es bestimmt so gemeint. Denn als ich ihm sagte, dass wenn er das wirklich glaubt, er sich ausziehen und auf’s Bett knien solle, hat er sich tatsächlich das Oberteil ausgezogen.“ Schluchzend sieht er wieder in die Tasse.
 

Bis jetzt ist Rishido still in einer Zimmerecke gestanden. Doch jetzt tritt er vor. „Meister Yugi, haben Sie diese Aufforderung wie einen Befehl klingen lassen?“, fragend sieht er den weinenden Meister an. Der ihn nun nachdenkend mustert. „Kann schon sein, ich war in dem Moment so wütend. Ich weiss es ehrlich gesagt nicht wirklich.“

Verstehend nickt Rishido daraufhin. Langsam tritt er nun an das Sofa heran und geht vor den beiden Meistern in die Knie. „Meister Yugi. Wenn Sie es in dem Moment wie einen Befehl ausgesprochen haben, ist es kein Wunder, dass Yami so reagiert hat. Denn auch wenn er sich die meiste Zeit nicht so verhält, ist er immer noch ein Sklave. Ihr Sklave, um genau zu sein.“

Als er den verwirrten Blick von Meister Yugi sieht, erlaubt er sich ein leises Seufzen. „Uns Sklaven wird eingetrichtert, dass wir unserem Meister gehorchen müssen. Wenn Sie in dem Moment wirklich befehlend gesprochen haben, dann ist in Yami der Sklave durchgebrochen und er hat einfach nur den Befehl von Ihnen ausgeführt.“
 

Überrascht, dass Rishido so mit Yugi spricht, blickt Jonouchi den sonst so ruhigen Ägypter an. Wenn er so über das Gesagte nachdenkt, macht es wirklich Sinn. „Ich vermute das Gleiche wie Rishido. Yami hat vermutlich einfach nur unbewusst in den Sklavenmodus gewechselt und gar nicht realisiert, was du wirklich gesagt hast.“
 

Schockiert über diese Möglichkeit sieht Yugi von Jono zu Rishido und wieder zurück. „Ihr meint also, dass ich Yami...“, nicht wissend wie er seinen Gedanken aussprechen soll, bricht er ab.
 

Zustimmend nickt Jono. „Aber wehe, du machst dir jetzt Vorwürfe. Du hast dich nicht allein falsch verhalten. Sondern Yami hat dich mit seinen Worten provoziert und sehr verletzt. Darum schlage ich vor, dass du heute Nacht und vielleicht sogar noch morgen hierbleibst, bis du dich wieder beruhigt hast.“ Fest drückt er seinen kleineren Freund an sich.
 

Leise steht Rishido daraufhin auf und geht aus dem Wohnzimmer um für Meister Yugi eine Decke und ein Kopfkissen rauszusuchen.
 

Bei den Mutos wundert sich Yami inzwischen, dass Yugi noch nicht in dessen Zimmer ist. Deswegen besorgt steht er auf und geht mit dem leeren Teller nach unten. Denn obwohl er keinen Hunger hatte, hat er das Brot gegessen. So viel Sklave steckt wirklich immer noch in ihm. Wenn du Essen bekommst, dann iss es auch. Du weisst nicht, wann es die nächste Mahlzeit gibt.
 

In der Küche ist niemand mehr, aber aus dem Wohnzimmer kommt ein Lichtschein, weshalb er in der Hoffnung, Yugi dort anzutreffen hineingeht. Doch auf dem Sofa sitzt nur Sugoroku, der in einem Buch liest. „Wenn du Yugi suchst, er ist bei Jono.“ Ohne von seinem Buch aufzusehen, beantwortet er die ungestellte Frage Yamis. Nun jedoch blickt er ihn an. „Du hast es wirklich geschafft ihm das Herz zu brechen und aus dem Haus zu treiben.“ Deutlich ist in seinem Gesicht die Enttäuschung abzulesen. „Ich rate dir, überlege dir gut, was... Yami!“, ruft Sugoroku ihm hinterher, weil Yami plötzlich umgedreht und aus der Tür gestürmt ist. Mit steifen Gelenken steht er auf und will eigentlich dem anderen folgen. Doch als er in den Flur tritt sieht er nur noch, wie Yami die Treppe runterrennt und durch die Hintertür verschwindet. Kurz drauf hört man schnelle Hufschläge die immer leiser werden.

Seufzend lehnt er sich ans Treppengeländer. „So wie es aussieht, muss ich morgen wohl Blacky selbst füttern und tränken. Na hoffentlich kommst du heil bei Jono an und kannst das mit Yugi klären. Es wäre wirklich zu schade, wenn ihr euch nicht mehr zusammenraufen könnt. Ich wünsche nämlich euch beiden eine glückliche gemeinsame Zukunft.“ Mit einem letzten Blick in den dunklen Flur geht Sugoroku zurück ins Wohnzimmer und setzt sich wieder auf das Sofa. Mehr als abwarten und hoffen kann er momentan nicht, weshalb er doch auch in Ruhe Romeo und Julia weiterlesen kann.
 

Zum Glück ist in den Strassen um diese späte Uhrzeit nicht mehr viel los. Denn er lässt Rocky so schnell wie nur möglich traben. Zwar würde er lieber im gestreckten Galopp durch die Strassen reiten, aber das wäre viel zu gefährlich, da der Wallach auf dem glatten Boden ausrutschen könnte. Zudem hat er in der Eile vergessen das Sklavenhalsband anzuziehen.
 

In Rekordzeit erreicht er die Schmiede und ist erleichtert, als er im Wohnzimmer noch einen schwachen Lichtschein erkennen kann. Trotz seiner Eile nimmt sich Yami die Zeit ruhig von Rocky zu gleiten und dem Wallach dankend über den Hals zu streicheln, da ihn dieser sicher und schnell hierher gebracht hat. Dann geht er mit Rocky im Schlepptau zur Haustür und klopft nach kurzem Zögern kräftig an.
 

Zu seiner Überraschung wird nur Sekunden später die Tür geöffnet und ein ernst dreinschauender Rishido steht ihm gegenüber. „Du hast ja ganz schön lange gebraucht. Meister Yugi und Meister Jonouchi sind im Wohnzimmer. Ich nehme Rocky und kümmere mich um ihn.“ Wird er von ihm auf Ägyptisch informiert und zu seinem Erstaunen regelrecht ins Haus geschoben, während ihm Rishido gleichzeitig die Zügel aus der Hand nimmt.
 

Einen Moment lang steht Yami unschlüssig in dem, von einer einzelnen Öllampe, schwach erleuchteten Flur. Mit so einer Begrüssung hat er nämlich nicht gerechnet.

Schliesslich geht er zögernd die Treppe nach oben in die erste Etage, wo sich der Wohnbereich befindet.

Vor dem Wohnzimmer bleibt er dann wieder stehen. Denn er kann Yugi erkennen, der von Jono umarmt dasitzt.
 

Obwohl er ganz ruhig dasteht, wird er von Jonouchi entdeckt, der daraufhin mit einem ernsten Gesichtsausdruck aufsteht und zu ihm kommt. Direkt vor ihm bleibt der junge Schmied stehen. „Wenn du hier bist, um ihm den Rest zu geben, dann wirst du mich von einer ganz anderen Seite kennenlernen.“

Innerlich weicht Yami bei der Drohung zurück, erwidert aber gleichzeitig fest Jonouchis drohenden Blick. „Das habe ich nicht vor. Kannst du mich bitte mit ihm allein sprechen lassen?“

Bei dieser Bitte blickt Jono besorgt zu seinem Freund, der zusammengesunken auf dem Sofa sitzt. „Gut, ich bin in der Küche und wehe dir, du machst auch nur einen falschen Schritt. Ich mag dich, aber Yugi ist mein bester Freund und für ihn würde ich alles tun.“
 

Mit einem letzten drohenden Blick geht er an Yami vorbei, noch bevor dieser etwas dazu sagen kann.
 

Auf einmal mit Yugi allein, wird Yami nun doch sehr unsicher. Zögernd nähert er sich dem Sofa. „Yugi?“ Weil dieser nicht reagiert geht vor ihm auf die Knie, so dass er ihm in die Augen sehen kann.

„Willst du mir noch mehr an den Kopf werfen. Oder etwa da weitermachen, wo du Zuhause aufgehört hast.“ Nicht bereit Yami ins Gesicht zu sehen, dreht Yugi den Kopf zur Seite, wo eins der dunkelgrünen Kopfkissen liegt, das er nun als Fixpunkt für seine Augen nutzt.

Bei dem kraftlosen Tonfall der Worte, zuckt Yami zusammen. „Nein, bin ich nicht. Ich bin hier, weil ich mich bei dir entschuldigen will. Ich habe Mist gebaut und...“ „Mist gebaut?“, wird er von dem aufgebrachten Yugi unterbrochen, der ihn nun wütend ansieht. „Du hättest heute Nachmittag beinahe alles zerstört, was Grossvater und ich aufgebaut haben. Was glaubst du denn wäre passiert, wenn ich mich Bakura entgegengestellt oder wenn ich deutlich gesagt hätte, dass ich auf deiner Seite stehe? Ich hätte mir nicht nur einen neuen Ledergerber suchen müssen, sondern auch gleich alle anderen Lieferanten verloren und dann meine Kunden.“ Nun ist es Yugi, der Yami seine Meinung laut und deutlich sagt.

Dieser sagt nichts dazu, denn er weiss instinktiv, dass Yugi es braucht, seiner Wut freien Lauf zu lassen.

„Was glaubst du, wer all das was wir haben bezahlt? Die Leute, die bei mir einkaufen und wenn die weg bleiben stehen wir alle auf der Strasse. Du hast mit deiner Aktion beinahe unsere ganze Existenz vernichtet und du kannst froh sein, dass Bakura nicht darauf bestanden hat, dass du öffentlich ausgepeitscht wirst, sondern mir deine Bestrafung überlässt.“ Redet sich Yugi immer mehr in Rage. „Und dann kommst du und behauptest, dass ich dich...“ Plötzlich liegen Yamis Lippen auf den seinen. Im ersten Moment will er ihn wegstossen. Doch dann erhöht Yami den Druck. Instinktiv beginnt er den Kuss zu erwidern und übernimmt nach kurzer Zeit die Kontrolle.
 

Es ist kein sanfter Kuss, den sie austauschen und Yugi hat ihn schon beinahe schmerzhaft im Nacken gepackt, was in Yami eine leichte Angst schürt, aber er wehrt sich nicht dagegen. Im Gegenteil, er gibt seinem Sharik das, was dieser momentan wohl zu brauchen scheint.

Als er dann aber Yugis Zunge an seinen Lippen spürt, will er den Kuss abbrechen. Als dann jedoch nichts weiter passiert, als dass immer wieder über seine Lippen geleckt wird, überwindet er sich und öffnet zögernd seinen Mund.

Sofort wird der Kuss sanfter und langsamer, während die fremde Zunge langsam in seinen Mund vordringt.

Es ist ein seltsames Gefühl, wie Yugi sanft und geduldig seine Mundhöhle erkundet. Dann sogar seine Zunge leicht anstuppst. Zögernd beginnt Yami auf das Spiel einzugehen. Noch kann er nicht sagen, ob es ihm gefällt, aber eins kann er sagen. Es ist mit seinem Sharik nicht eklig.

Auf einmal wird es Yugi bewusst, was er hier gerade tut. Er küsst Yami mit Zunge und dieser erduldet den Kuss nicht nur, sondern erwidert ihn. Zwar zögernd, aber der Kuss wird ganz klar erwidert.

Langsam zieht er seine Zunge aus Yamis Mund zurück und beendet schliesslich den Kuss. Schwer atmend lässt er ihn los und lehnt sich zurück. „Entschuldige ich...“, sanft legt ihm Yami einen Finger auf die Lippen. „Du musst dich nicht entschuldigen. Du hast dich mir nicht aufgedrängt. Mache jetzt bitte nicht denselben Fehler wie ich.“ Leicht lächelt er Yugi an. „Ich habe zwar nicht damit gerechnet, dass du mich gerade jetzt so küssen würdest, aber es ist trotzdem irgendwie schön gewesen.“ Dass er dabei die Panik unterdrücken musste, erwähnt Yami nicht.

„Trotzdem, es war...“, wieder wird Yugi von Yami unterbrochen, indem er in einen Kuss gezogen wird.

Innerlich freut sich Yami, dass er so eine einfache und effektive Methode gefunden hat, seinen Sharik wortlos zu unterbrechen.

Diesmal dauert der Lippenkontakt jedoch nur ein paar Sekunden. „Kein ‚Trotzdem’ Sharik. Es ist gut gewesen und du kannst mich gern wieder so küssen, wenn ich das bei dir auch darf.“

Bei dieser Forderung kann sich Yugi ein Lächeln nicht verkneifen. „Ach ja? Na dann. Du darfst mich jederzeit so küssen.“

Als Yami das Lächeln sieht kann er sich nicht mehr zurückhalten. Erleichtert, dass ihm sein Sharik wohl verziehen hat, schlingt er seine Arme um ihn. Sein Gesicht an dessen Hals vergrabend schmiegt er sich an Yugi, der die Umarmung von der Heftigkeit überrascht erwidert.
 

Keiner der beiden bemerkt Jonouchi und Rishido, die im Türrahmen stehen und sie grinsend beobachten. „Ich würde sagen Rishido, dass du die Nacht bei mir schläfst und die beiden in deinem Bett. Natürlich nur, wenn es dich nicht stört.“ „Na dann ist es ja ein Glück, dass ich das Bett heute frisch bezogen habe.“ Dies ist der einzige Kommentar, den Rishido dazu abgibt. „Na dann ist es ja geklärt. Jungs?“, grinsend geht Jonouchi zu Yugi und Yami. „Ihr könnt heute Nacht in Rishidos Zimmer schlafen und er schläft bei mir. Das Sofa ist für euch zwei Turteltauben nämlich etwas zu schmal.“
 

Wie auf Kommando läuft Yugi rot an. „Jono, das ist doch nicht nötig. Yami und ich können auch nach Hause gehen.“

Auf den Vorschlag hin, schüttelt Jonouchi entschieden den Kopf. „Auf keinen Fall. Es ist schon Mitternacht durch. Darum gehen Rishido und ich jetzt schlafen. Sein Zimmer ist übrigens gleich gegenüber, aber das muss ich dir ja nicht sagen Kumpel. Du kennst die Wohnung ja so gut, wie ich deine kenne.“ Kurz drückt er Yugis Schulter, ehe er wieder zu dem wartenden Rishido geht, der in der Zwischenzeit die Schlafhose und Wechselkleidung aus seinem Zimmer geholt hat. „Gute Nacht ihr beiden.“ Mit einem letzten Zwinkern geht Jono endgültig raus.
 

Wieder allein sehen sich Yami und Yugi an. „Ich würde sagen, wir gehen auch schlafen. Oder was meinst du Yami?“, fragend sieht Yugi seinen Liebsten an, der zustimmend nickt und sich von seinen Knien erhebt. „Ich finde die Idee super. So langsam bin ich nämlich ziemlich kaputt.“
 

Gemeinsam gehen sie in das kleine Zimmer. Wo ein schmales Bett steht, das genauso schmal ist, wie das von Yami, aber da sie ja schon in dessen Bett geschlafen haben, ist das ja kein Problem.

Nur kurz zögert Yami, sich auszuziehen, aber da Yugi in aller Ruhe nur mit seinen Shorts bekleidet unter die Decke rutscht und sich an die Wand legt, zieht auch er sich schlussendlich bis auf seine Shorts aus und legt sich zu ihm. Das Bett ist so schmal, dass sie sich unweigerlich berühren, wenn sie beide auf dem Rücken liegen, aber bei Yugi stört ihn das nicht, auch wenn es seltsam ist, so nackt neben seinem Sharik zu liegen und das noch in einem fremden Bett.
 

Trotzdem dauert es nicht lange, bis Yami nach ihrem Gutenachtkuss eingeschlafen ist und auch Yugi kann trotz der ungewohnten Dunkelheit draussen, hier brennt nämlich keine Strassenöllampe direkt neben dem Schlafzimmerfenster, ziemlich schnell einschlafen.
 

 

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*Ich versteck mich mal hinter dem Sofa.*

 

Ja, ich weiss, der Kuss kam überraschend und es ist eigentlich noch zu früh. Nur was soll man machen, wenn die beiden die Kontrolle verlieren?

 

Und so ganz nebenbei haben wir von Yamis Herzenswunsch erfahren.

 

Ach ja, ich freue mich über jeden Kommi und wenn ihr es nicht öffentlich machen wollt. Das ENS Postfach ist rund um die Uhr geöffnet. ;-)

 

So, das war's auch schon.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Madame Hirami

Hallo zusammen und frohe Ostern,
 

tja, ich kann es nicht lassen. Trotz Ostern habe ich wieder ein neues Kapitel für euch. Die beiden Jungs lassen mich einfach nicht in Ruhe.
 

Bevor ich euch nun auf das Kapitel loslasse, möchte ich mich noch für die ganzen Favoriteneinträge bedanken. Ich bin wirklich sprachlos, wie gut die Geschichte ankommt.
 

So und nun habe ich genug gelabert und wünsche euch nur noch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 39: Madame Hirami

 

 

Die Sonne ist gerade dabei aufzugehen, als Yami aus seinem leichten Schlaf aufwacht, weil er etwas hört. Verwirrt blickt er in Richtung Fenster und fragt sich, wieso es an der falschen Stelle ist und Yugi dazu noch links von ihm liegt und nicht wie sonst rechts. Doch dann fällt ihm ein, dass sie nicht Zuhause, sondern bei Jono sind. Nur was hat ihn geweckt? Da hört er wieder wie im Flur leise gesprochen wird. Offensichtlich sind Jonouchi und Rishido schon aufgestanden.
 

So auf dem Rücken liegend wird es Yami langsam etwas zu unbequem, weshalb er sich gern auf die Seite drehen würde, nur hat es sich Yugi mehr oder weniger auf ihm bequem gemacht. Deswegen bewegt sich Yami nur leicht hin und her, um eine etwas bequemere Position zu finden, was ihm von seinem Sharik ein leises Murren einbringt.

Lächelnd sieht er den Schlafenden an, der sich jetzt nur noch mehr an ihn kuschelt, aber nicht aufwacht.

Weil er selbst auch noch müde ist, schliesst er wieder die Augen und beginnt leicht vor sich hin zu dösen. Schlafen tut er nicht mehr, aber er lässt sich in diesem Zwischenzustand treiben, bis er eine Bewegung auf seinem Oberkörper spürt. Als er daraufhin die Augen wieder öffnet, sieht er, dass Yugi am Aufwachen ist und sein Gesicht mehr oder weniger in seiner Brust zu vergraben versucht. Vermutlich um der Morgensonne zu entgehen, die durch das Fenster direkt ins Zimmer scheint.

„Guten Morgen.“ Sanft krault er seinen Sharik im Nacken, der daraufhin geniessend seufzt. Es dauert aber noch ziemlich lange, bis Yugi die Augen öffnet und ihn verschlafen anblickt. „Morgen, schon wach?“ Den Arm, mit dem er bis gerade eben noch Yamis Bauch und Taille umfasst hatte, legt er nun auf dessen Brust und Schulter ab, so dass er das Kinn auf seinem Unterarm abstützen kann.
 

Während Yami dies beobachtet, kann er sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Schon ist gut. Die Sonne ist schon vor einer Weile aufgegangen und so wie es sich anhört sind auch Jonouchi und Rishido schon seit einer ganzen Weile wach.“ Die Arme hinter seinem Kopf verschränkend, macht es sich Yami so gut wie möglich bequem.
 

Nun ein wenig wacher richtet sich Yugi ein wenig auf und streichelt sanft über Yamis Wange. „Das mit der Ohrfeige tut mir wirklich leid. Ich...“ „Sharik, ich bin dir deswegen wirklich nicht böse. Ja, sie hat mich ein wenig erschreckt, das ist aber auch schon alles. Ausserdem weiss ich, dass du in dem Moment kaum eine andere Wahl gehabt hast.“ Unterbricht ihn Yami lächelnd, wird dann aber todernst. „Aber eins sage ich dir, wenn wir nicht in der Öffentlichkeit sind und du schlägst mich, werde ich es dir nicht so schnell verzeihen.“ Fest sieht er Yugi in die Augen, der den Blick ruhig erwidert. Sich nun aber vorbeugt, so dass er seinem Liebsten einen Kuss auf die Lippen hauchen kann. „Wenn es nicht dazu dient den Schein zu wahren, werde ich dich sicher nicht schlagen und selbst dann wird es nicht stärker als gestern sein. Allerdings hoffe ich, dass es nie wieder nötig sein wird. Denn ich bin viel lieber zärtlich und sanft zu dir.“ Gerade will er Yami noch einen Kuss geben, als es an der Tür klopft. „Leute, seid ihr wach? Das Frühstück wäre fertig“, ruft Jonouchi laut und deutlich und öffnet dann sogar die Tür. Grinsend blickt er nun zu Yugi und Yami, die sich im Bett aufrichten. „Entschuldigt, ich wollte euch nicht stören, aber wenn ihr mit uns zusammen essen wollt, dann müsst ihr jetzt aufstehen.“
 

„Mann, Jono! Bleib mir mit deinem blöden Frühstück vom Leib und mach die verdammte Tür wieder zu!“ Genervt packt Yugi das Kissen und schleudert es in Richtung von Jonouchis Kopf, der sich lachend in Sicherheit bringt.
 

Wieder allein wendet sich Yugi zu Yami um, der ihn stumm ansieht. „Wo waren wir stehen geblieben?“, lächelnd beugt er sich zu seinem Liebsten. „Ach ja, ich wollte dich noch einmal küssen.“ Millimeter vor dessen Gesicht hält Yugi inne. Doch dies scheint Yami nicht zu passen, denn er überwindet selbst das letzte bisschen Abstand und legt seine Lippen hauchzart auf Yugis.

Viel zu schnell trennen sie sich wieder voneinander. „Wir sollten wirklich langsam frühstücken gehen und dann nach Hause. Grossvater macht sich bestimmt schon Sorgen, wo wir so lange bleiben.“ Lächelnd sieht Yami seinen Sharik an, der sich seufzend zurücksetzt. „Du hast ja Recht. Trotzdem muss es mir ja nicht gefallen.“ Nun zieht Yugi sogar einen Schmollmund, was Yami unwillkürlich schmunzeln lässt.

„Mir gefällt es auch nicht, aber wir können uns ja heute Abend wieder Zeit für uns nehmen.“ Tröstend fährt er mit seinen Fingerspitzen über Yugis Wange, schwingt dann aber seine Beine über die Bettkante und möchte eigentlich aufstehen, wird dann aber von hinten umschlungen und an den nackten Oberkörper seines Shariks gezogen.

Unwillkürlich verspannt sich Yami. „Yugi, lass mich bitte los.“ Sofort wird er losgelassen und springt schon beinahe auf. Schwer atmend versucht er sich wieder zu beruhigen und die aufkeimende Panik zu unterdrücken.
 

Besorgt stellt sich Yugi neben ihn und legt ihm leicht eine Hand auf den Oberarm. „Yami, was hat dich so erschreckt? Ich habe dich doch vorher schon so festgehalten.“

Erst als sich Yami sicher ist, dass er sich wieder unter Kontrolle hat, öffnet er seine bis jetzt geschlossenen Augen und versucht sich an einem zittrigen Lächeln. „Ich bin nicht sicher. Vermutlich weil wir bis jetzt noch nie so wenig angehabt haben, wenn wir auf diese Weise zusammen gewesen sind und vielleicht auch noch die ungewohnte Umgebung.“ Yugi im Nacken ein wenig zu sich ziehend, drückt er ihm kurz einen Kuss auf die Stirn. „Es ist nicht deine Schuld. Ich weiss gerade selbst nicht immer, wo meine Grenzen liegen und was mir Probleme machen könnte.“ Schief grinsend lässt er Yugi los und greift sogleich nach den beiden Oberteilen, die über der Lehne des einzelnen Stuhles hängen und reicht das dunkelblaue Shirt an Yugi weiter und zieht sich dann sein eigenes hellgraues Oberteil über den Kopf.
 

Nachdem sich Yugi fertig angezogen hat, sieht er Yami an. Eigentlich möchte er ihn ja gern noch etwas Fragen, aber sein Liebster macht auf ihn den Eindruck, dass er nicht weiter darüber sprechen möchte. „Stört es dich, wenn ich zuerst ins Bad gehe?“, fragend blickt er zu Yami, der sich gerade die Hose hochzieht. „Nein, kein Problem. Geh ruhig, ich brauche hier noch einen Moment.“

Verstehend nickt Yugi und verlässt dann mit einem letzten Blick zurück, das kleine Zimmer, in dem er früher ziemlich viel Zeit verbracht hat.
 

Endlich allein lässt sich Yami auf die Matratze sinken und atmet tief zittrig ein und aus. Der gestrige Tag und besonders der Abend haben ihn mental extrem erschöpft und an seinen Kräften gezehrt, weswegen er gerade dringend ein paar Minuten für sich allein braucht. Mit geschlossenen Augen legt er den Kopf in den Nacken und lässt seine Gedanken treiben, während er bewusst ein und aus atmet.
 

So dasitzend findet ihn Yugi vor, als er wieder in das Zimmer kommt. „Yami? Du könntest jetzt ins Bad. Ich bin bei Jono und Rishido in der Küche.“ Zwar macht er sich Sorgen um seinen Liebsten, aber er kennt die Technik, die dieser gerade anwendet und zieht sich darum ohne ein weiteres Wort wieder zurück.
 

Als Yugi wieder weg ist, öffnet Yami seine Augen und steht nach einem Moment auf. Da er von dem Fest noch weiss wo das Badezimmer ist, findet er es ohne Probleme wieder und schliesst hinter sich die Tür ab. Duschen möchte er erst Zuhause, weshalb er sich mit einer schnellen Katzenwäsche begnügt und sich auch gleich das Halsband anzieht, damit er das später nicht wieder vergisst, so wie gestern Abend.
 

In der Küche sitzen Jonouchi, Rishido und Yugi schon am Tisch und warten auf Yami.

„Na Yugi? Wie war denn der Versöhnungssex? Mit Linus war’s ja nach einem Streit immer besonders leidenschaftlich“, grinsend lehnt sich Jonouchi zu Yugi, der ihn mit hochroten Wangen ansieht. „Jono! Du...“ „Wer ist Linus und was meinst du mit Versöhnungssex?“, kreidebleich steht Yami da. Lässt sich aber sonst nichts anmerken. Im Gegenteil. Äusserlich vollkommen ruhig kommt er zu ihnen an den Tisch und stellt sich direkt hinter Yugi hin. Die Hände auf dessen Schulter legend, sieht er Jonouchi direkt ins Gesicht. „Also. Wer ist Linus und was meinst du mit Versöhnungssex?“
 

Sich unter dem eindringlichen Blick Yamis unwohl fühlend, rutscht Jonouchi auf seinem Stuhl hin und her. „Ähm, naja. Also Linus ist Yugis Ex-Freund. Er hat für etwas mehr als drei Jahre hier gewohnt, weil er bei mir die Metallbearbeitung gelernt hat.“ Nervös sieht er Yami an und bemerkt, wie sich dessen Finger fester in Yugis Schultern graben. Da sein Freund allerdings nichts sagt oder auch nur die Miene verzieht schweigt Jono zu seiner Beobachtung.

„Nun hast du mir gesagt, wer Linus gewesen ist. Fehlt nur noch der Versöhnungssex.“ Stocksteif steht Yami da und krallt sich schon beinahe in die Schultern seines Shariks. In ihm brodelt es gerade wegen diesem Linus und er weiss noch nicht einmal warum. Nur wird er das Jonouchi sicher nicht zeigen.
 

Hilfesuchend blickt Jono zu Rishido und dann zu Yugi, aber keiner der beiden macht Anstalten ihm aus dieser verzwickten Situation zu helfen. Ausserdem macht Yami nicht den Eindruck, dass er ihn so einfach gehen lassen wird. „Also. Linus und Yugi haben sich öfters so richtig heftig gestritten und wenn sie sich dann wieder versöhnt haben, ist das meistens in verdammt lauten und heftigen Sex ausgeartet.“ „Jono!“, ruft Yugi nun doch noch mit hochrotem Kopf dazwischen.

„Was denn? Yami hat gefragt und jetzt kriegt er die Antwort. Manchmal war das so heftig, dass sie sich beide am nächsten Tag kaum noch bewegen konnten.“ Er hat kaum das letzte Wort ausgesprochen, da lässt Yami Yugi ruckartig los und rennt aus der Küche. Kurz darauf hören sie aus der Richtung des Badezimmers Würgegeräusche.
 

Sofort steht Yugi auf. „Das hast du wirklich toll hinbekommen Jono. Musstest du es ihm ausgerechnet so erzählen. Verdammt, Yami ist über Jahre hinweg brutal vergewaltigt und missbraucht worden!“ Mit diesen Worten dreht sich Yugi um und rennt zu Yami ins Bad. Dort macht er im Waschbecken einen Lappen nass und kniet sich neben ihm auf den Boden. Sanft fährt er mit kühlen Lappen über dessen verschwitztes Gesicht. „Ganz ruhig, ich bin ja da. Dir kann nichts passieren.“ Mit bewusst ruhiger Stimme spricht er auf seinen Liebsten ein.
 

Erschöpft lehnt sich Yami mit geschlossenen Augen an seinen Sharik. „Willst du wirklich solchen Sex haben? Ich meine, wenn es jemals so weit kommen sollte.“

Die Unsicherheit ist deutlich in seiner Stimme zu hören und dies führt dazu, dass sich Yugis Herz schmerzhaft zusammenzieht. Am liebsten würde er lügen, aber er weiss ganz genau, dass das nur klappen kann, wenn Yami noch nicht wirklich wach ist. „Wie soll ich es sagen. Ich mag Sex und würde dir eines Tages gern zeigen wie schön er sein kann. Dabei habe ich die Einstellung alles kann, aber nichts muss. Das mit Linus waren heftige aber gute drei Jahre und ich würde sie nicht missen wollen, aber du bist eine ganz andere Person. Hast einem vollkommen anderen Charakter und ich muss zugeben, dass du mir viel mehr bedeutest, als es Linus je getan hat. Mit dir zusammen will ich die Leidenschaft neu entdecken. Lernen was dir gefällt, so wie du lernen wirst, was mir gefällt und was noch wichtiger ist. Was uns beiden gefällt. Was wir gemeinsam machen und erleben wollen. Das ist viel mehr wert, als jeder Sex, den ich mit meinen Ex-Freunden hatte.“ Während Yugi redet, fährt er mit dem kühlen Lappen immer wieder über Yamis Gesicht und dessen Hals.
 

Diese Worte haben eine beruhigendere Wirkung auf Yami, als es jedes Beruhigungsmittel je haben könnte. Trotzdem kuschelt er sich noch ein wenig mehr in die schützende Umarmung. „Hattest du noch mehr Beziehungen?“ Er weiss nicht warum, aber er will es jetzt wissen.

Diese Frage bringt ihm einen erstaunten Blick seines Shariks ein, der ihn aber auch gleichzeitig liebevoll anlächelt. „Wenn du es wirklich wissen willst. Ja, ich hatte vor Linus schon eine Beziehung. Er heisst Mamoru und wir waren in der Zeit, als ich in Edo studiert habe, ein Paar. Wir haben uns damals getrennt, als ich den Laden übernommen habe. Mit ihm habe ich mein Erstes Mal erlebt und ich muss zugeben, dass ich auch nach unserer Trennung noch ab und zu mit ihm geschlafen habe, wenn ich in Edo gewesen bin und zu der Zeit keinen festen Freund gehabt habe.“

Nachdenklich legt Yami seinen Kopf auf Yugis Schulter. „Wenn wir also nach Edo fahren, könnten wir diesem Mamoru begegnen. Da wir beide aber eine Beziehung haben, wirst du nicht mit ihm schlafen? Obwohl wir noch keinen Sex haben?“, auch wenn Yamis Stimme fragend klingt, ist er sich doch sicher, die Antwort zu kennen.
 

Eigentlich müsste Yugi wegen der Frage ja sauer sein, aber die entspannte Körperhaltung Yamis zeigt ihm, dass dieser die Antwort schon kennt. Trotzdem beantwortet er sie. „Ich werde mit ihm keinen Sex haben. Weil ich zu dir gehöre.“ Sanft streift er die hartnäckige Strähne aus dem Gesicht seines Liebsten.
 

Während Yugi und Yami sich im Bad unterhalten, wird Jono von Rishido so richtig der Kopf gewaschen. Was sich eigentlich ziemlich lustig anhört. Nennt ihn der grosse Ägypter doch auch jetzt noch ‚Meister Jonouchi’. Trotzdem hört ihm der junge Schmied ernst zu und nimmt sich seine Worte zu Herzen. Denn das, was passiert ist, wollte er auf keinen Fall.
 

Als Rishido dann doch mal Luft holt, hebt Jonouchi die Hand. „Ich hab’s verstanden Rishido und werde in Zukunft noch besser aufpassen. Nur hat Yami wirklich nicht den Eindruck gemacht, dass er sich das so zu Herzen nehmen würde“, versucht er sich nun doch zu verteidigen.
 

Mit verschränkten Armen sitzt Rishido da und sieht seinen Meister an. „Dann müssen Sie noch viel lernen. Die Zeichen waren deutlich zu sehen, auch wenn Yami sehr gut darin ist, seine Gefühle zu verbergen. Erstens war er kreidebleich und dann hat er sich zudem noch so fest an Meister Yugis Schultern festgekrallt, dass es mich nicht wundern würde, wenn dieser an den Stellen nun Blutergüsse hat. Dies haben auch Sie gesehen, aber wohl nur mit Eifersucht in Verbindung gebracht. Dabei hat er so auch versucht, sich einen Fixpunkt zu verschaffen.“ Da er nun der Meinung ist, alles gesagt zu haben, greift Rishido nach seinem Tee und nimmt einen grossen Schluck. Als er die Tasse wieder zurück auf den Tisch stellt, kommen Yugi und Yami wieder zurück in die Küche.

Ohne Jonouchi anzusehen, setzt sich Yami auf einen der freien Stühle und zieht Yugi auf seinen Schoss. Was sich dieser ohne eine Miene zu verziehen gefallen lässt. Sich an Yami lehnend flüstert Yugi in dessen Ohr. „Ich bleibe sitzen, aber lass mich bitte so weit los, dass ich an den Brotkorb komme und uns Brote schmieren kann und willst du auch einen Tee?“, lächelnd sieht er seinen Liebsten an, der sofort seinen Griff minimal lockert und offensichtlich durstig nickt. „Ich lege deine Hände auf meine Hüfte, also erschrecke dich bitte nicht.“

Locker umfasst er Yamis Handgelenke und legt sie auf seine Hüften, so dass er sich gut vorbeugen kann. Zum Glück sitzt er nur auf dem linken Oberschenkel seines Liebsten, weshalb er ihm ohne Probleme die Tasse geben kann. Nun liegt zwar nur noch eine Hand auf seiner Hüfte, aber die spürt Yugi dafür umso deutlicher. Hat er doch das Gefühl inzwischen jeden Tag heftiger auf die Berührungen des anderen zu reagieren.
 

In aller Ruhe schmiert er zwei Marmeladenbrote. Jonouchi hat keinen Honig auf den Tisch gestellt und danach fragen möchte er nicht. Denn Yugi weiss, dass sein Freund den Honig nur zum Süssen von Speisen verwendet. Jetzt wird es allerdings etwas komplizierter, denn Yami will ihn nicht ganz loslassen, weshalb er ihm die Teetasse wieder abnimmt und dafür den Teller mit den beiden Brotscheiben hinhält.
 

Kopfschüttelnd beobachtet Jonouchi seine beiden Gäste. Sagen tut er aber nichts dazu, sondern isst nur schweigend sein Frühstück. Wenn Yami diese extreme Nähe gerade braucht, dann wird er einen Teufel tun und sich da jetzt einmischen. Vor allem da es Yugi nicht zu stören scheint.
 

Nach dem Frühstück räumen sie alle gemeinsam die Küche auf, ehe sie nach unten in die Schmiede beziehungsweise in den Stall gehen, wo die drei Pferde gerade die letzten Halme ihres Morgenheus am fressen sind.

„Ich war so frei und habe Rocky seine übliche Menge Heu gegeben, allerdings haben wir hier keine Heunetze, sondern nur diese Raufen“, erklärt Rishido Yami kurz was er gemacht hat.“ Woraufhin Yami zufrieden nickt. „Danke, ich bin wirklich froh, dass du so gut auf den Guten aufgepasst hast.“
 

Währenddessen entfacht Jonouchi in der Schmiede das Feuer und wird dabei von Yugi ganz genau beobachtet, der sich an den grossen Amboss lehnt. „Danke, dass du uns für die Nacht aufgenommen hast und auch für das Frühstück.“
 

Als das Feuer zu Jonouchis Zufriedenheit am Brennen ist, richtet sich dieser wieder auf und blickt zu seinem kleineren Freund. „Kein Problem, dafür sind Freunde ja da und es tut mir wirklich leid, dass ich Yami so aus dem Gleichgewicht gebracht habe. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er noch immer so mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat.“ Schief grinst er Yugi an, der die Entschuldigung mit einem Nicken annimmt. „Ich weiss, meistens wirkt Yami unglaublich selbstbewusst und stark, aber es braucht je nachdem nicht viel um ihn zu überfordern oder in Panik zu versetzen. Besonders wenn es um körperliche Nähe und allem was damit zusammenhängt geht, ist es immer noch eine Gratwanderung und auch ich überschreite hin und wieder eine unsichtbare Grenze. Darum ist es so wichtig seine Körpersprache richtig zu deuten, denn teilweise bemerkt Yami nicht mal selbst, wenn er dabei ist sich zu überfordern.“ Ernst blickt Yugi durch das grosse Eingangstor der Schmiede nach draussen, das von Jonouchi über Nacht mit den beiden schweren Holztüren verschlossen wird, jetzt aber offen steht um den Leuten zu zeigen, dass sie jederzeit vorbeikommen können. Denn in Notfällen, wie verlorenen Hufeisen oder anderen Problemen mit den Kutschen ist er immer für sie da.

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, aber ich bin bereit ihn mit Yami zu gehen.“ Als Yugi sieht, wie Yami mit Rocky am Zügel über den Hof auf das Tor zukommt, fängt er unwillkürlich an zu lächeln. „Ich liebe ihn mehr als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Ja, ich habe Linus und natürlich auch Mamoru geliebt, aber meine Gefühle für Yami gehen so viel tiefer.“
 

Mit einem Schmunzeln folgt Jonouchi dem verträumten Blick seines Freundes und sieht Yami draussen mit Rocky warten. Wer hätte gedacht, dass Yugi jemals einen anderen Menschen so ansehen würde.
 

Geduldig wartet Yami im Hof darauf, dass Yugi sein Gespräch mit Jonouchi beendet. Absichtlich hat er sich so weit von dem Tor weggestellt, dass er nichts aus Versehen aufschnappen könnte. Denn auch wenn es ab und zu einen anderen Eindruck machen könnte, hasst er es zu lauschen. Nur war es in den letzten Jahren teilweise schon beinahe eine Art Lebensversicherung für ihn gewesen, seine Besitzer zu belauschen.

Dies ist bei seinem Sharik und Grossvater ja nicht nötig. Weshalb es ihm wirklich nicht Recht ist, dass er schon mehr als einmal aus Versehen Gesprächsfetzen aufgeschnappt hat.

Als Yugi schliesslich mit Jonouchi zusammen aus der Schmiede kommt, kann er sich ein glückliches Lächeln nicht verkneifen. Zwar kann er seine Gefühle noch nicht beim Namen nennen, aber eins weiss er. Er will seinen Sharik unter keinen Umständen verlieren. Egal was noch auf sie beide zukommen mag.
 

Dieses Lächeln lässt Yugis Herz unwillkürlich höherschlagen und in ihm das Bedürfnis reifen, seinen Liebsten jetzt gleich zu küssen. Deswegen schaut er sich kurz um und als er niemanden ausser Rishido und Jonouchi entdecken kann, geht er mit schnellen Schritten zu Yami und legt ihm eine Hand in den Nacken. Sofort wird seine Geste verstanden und dem leichten Druck den er ausübt gefolgt. Glücklich vereint er ihre Lippen miteinander, blendet dabei seine Umgebung für ein paar Sekunden vollkommen aus.

Allerdings ist ihm deutlich bewusst, dass jederzeit jemand kommen könnte, weshalb er den Kuss schon nach kurzer Zeit wieder löst. Tief blickt er daraufhin in die rubinroten Augen, die ihn mit einem warmen Schimmer ansehen. „Gehen wir nach Hause.“

Als Yami leicht nickt, lässt er ihn los und dreht sich zu Jonouchi um. „Also Kumpel, noch einmal danke für alles und wir sehen uns, noch vor Ende des Monats. Rishido, danke dafür, dass du mir wieder einmal die Augen geöffnet hast.“ Fest drückt Yugi die Hand des grossen Ägypters, der offensichtlich gar nicht weiss, was er jetzt machen oder sagen soll. „Ähm... keine Ursache Meister Yugi“, verlegen wendet sich Rishido ab und geht nach einem Nicken zu Yami wieder zurück in den Stall. Wo die beiden Pferde schon ungeduldig darauf warten, dass er sich um sie kümmert.
 

Grinsend sieht Jonouchi ihm nach. „Jetzt hast du ihn überfordert. Sobald man sich bei ihm bedankt, flüchtet er zu den Pferden oder sucht sich irgendeine Aufgabe, die sofort erledigt werden muss.“ Nun wendet er sich wieder zu Yugi um. „Wollt ihr zurückreiten? Dann helfe ich euch kurz beim Aufsteigen.“
 

Bei dieser Frage sieht Yugi zu Yami, der ihn mit einem Schulterzucken ansieht. „Wie du willst. Rocky ist stark genug uns beide zu tragen.“

Abschätzend mustert Yugi daraufhin den grossen Wallach, der in aller Seelenruhe dasteht und auf die Dinge die da kommen zu warten scheint. „Na gut, dann reiten wir zurück.“

Kaum hat er das gesagt fällt ihm ein, dass Yami ohne Aufstiegshilfe genauso wenig auf Rockys Rücken kommt wie er selbst.
 

Noch während er darüber nachdenkt, den Hocker zu holen, den Jono für solche Fälle in der Schmiede stehen hat, stellt sich sein Freund so neben Rocky, dass er Yami hochhelfen kann. Dieser nimmt die Hilfe nach kurzem Zögern sogar an, so dass er schon nach ein paar Sekunden auf dem Pferderücken sitzt und nach hinten rutscht.

Nun ist er also selbst an der Reihe. Wie schon Yami zuvor stellt er seinen Fuss in die verschränkten Hände seines Freundes und nimmt die helfende Hand von Yami an. Kurz darauf sitzt er auch auf Rocky und nimmt die Zügel auf. „Also das nächste Mal steige ich zuerst auf. Das ist ja wirklich kompliziert, wenn ich so verdreht aufsteigen muss.“ Trotz allem grinst er breit, kann er doch jetzt noch eine Weile Yamis Nähe geniessen und das ohne seltsame Blicke der anderen zu riskieren. Da es schon mal vorkommen kann, dass der Sklave hinter seinem Besitzer auf dem Pferd sitzt.

„Also Jono, wir sehen uns.“ Winkend lenkt er Rocky in Richtung der Strasse. Wobei er darauf achtet, dass auch Yami sicher sitzt.

Dieser winkt Jonouchi auch kurz zu, sagen tut er aber nichts, da sich das für einen Sklaven nicht gehört.
 

Im Schritt reiten sie durch die Strassen, die sich immer mehr beleben, je näher sie der Hauptstrasse und somit ihrem Ziel kommen. Liegt ihr Zuhause doch an eben dieser Strasse und der Zugang zum Hinterhof logischerweise in einer der Seitenstrassen.

Während sie unterwegs sind, hat Yami seine Hände locker auf Yugis Taille liegen, was ihnen ab und zu einen missbilligenden Blick von den Passanten einbringt, aber das ist Yugi so ziemlich egal. Viel zu sehr geniesst er diesen Moment, in dem er sich vorstellen kann, mit Yami auch in der Öffentlichkeit als normales Paar zusammen zu sein.
 

Als sie in den Hinterhof einbiegen, werden sie schon lautstark von Blacky begrüsst, der den Kopf neugierig aus seiner Box streckt und ihnen durch das immer offene Stalltor entgegenblickt. In aller Ruhe lenkt Yugi Rocky zu dem Anbindebalken und lässt ihn dort anhalten. Lobend tätschelt er dem grossen Wallach den Hals, ehe er sich von dessen Rücken gleiten lässt und geduldig wartet, bis auch Yami abgestiegen ist. Doch kaum steht sein Liebster mit festen Beinen auf dem Boden, schlingt er seine Arme um dessen Oberkörper und lehnt sich an ihn.
 

Von der plötzlichen Umarmung überrascht legt Yami seine Arme um Yugi. „Was hast du denn?“, besorgt sieht er seinen Sharik an. Verhält dieser sich doch so ganz anders als sonst.

Bei der Frage hebt Yugi seinen Kopf und erwidert den Blick seines Liebsten. „Es ist nichts. Ich habe mir nur gerade gewünscht, dass wir öfters so durch die Strassen reiten könnten.“ Sanft lächelnd streckt er sich ein wenig, so dass er seine Lippen auf Yamis legen kann.

Nur zu gern erwidert dieser den Kuss und streichelt dabei immer wieder über den Rücken seines Shariks.
 

Langsam lösen sie sich wieder voneinander. „Ich gehe dann mal rein um Grossvater Bescheid zu geben und steige dann endlich unter die Dusche.“ Einen letzten Kuss auf die Handfläche seines Liebsten hauchend dreht sich Yugi um und geht ins Haus, wo sein Grossvater bestimmt schon ungeduldig auf ihn wartet.
 

Verdutzt blickt Yami auf seine Hand und dann zur Hintertür, die sich gerade hinter seinem Sharik schliesst. So steht er da, bis ihn Rocky sanft anstuppst und aus warmen Augen anblickt.

Schmunzelnd wendet er sich daraufhin dem grossen Wallach zu. „Du hast ja Recht, ich sollte mich erst um dich und Blacky kümmern, ehe ich träumend in der Gegend rumstehe.“

Mit geübten Handgriffen bindet er Rocky locker an, indem er die Zügel einfach zweimal um den Balken wickelt, so dass sich der Wallach nicht selbst im Maul verletzen kann, sollte dieser zu stark den Kopf hin und her bewegen oder aus irgendeinem Grund scheuen.
 

Unterdessen geht Yugi zu seinem Grossvater in den Laden. Mit gesenktem Kopf lehnt er sich an die Wand und wartet darauf, dass er von ihm bemerkt wird. Plagt ihn doch das schlechte Gewissen, weil er ihn einfach so allein gelassen hat. „Hallo Grossvater. Wir sind wieder da.“ Dem Blick des alten Mannes ausweichend steht er da und weiss nicht, was er sagen soll.
 

Mit ernster Miene mustert Sugoroku seinen Enkel. „Da du von ‚wir’ sprichst, nehme ich an, dass Yami auch wieder hier ist.“ „Ja, das ist er. Er kümmert sich um die Pferde.“ Aus dem Augenwinkel heraus sieht Yugi seinen Grossvater an.

Mit verschränkten Armen lehnt sich dieser an den Tresen. „Ich hoffe, ihr habt euch wieder versöhnt.“ Äusserlich absolut ruhig, lässt sich Sugoroku nicht anmerken, wie erleichtert er ist. Hat er sich in der Nacht doch unglaubliche Sorgen um die beiden gemacht.

Nun hebt Yugi seinen Blick und kann ein glückliches Strahlen nicht mehr unterdrücken. „Ja, wir haben uns wieder versöhnt und ich denke, dass wir uns so schnell nicht wieder so heftig streiten werden.“

„Na das will ich auch hoffen. Denn das Verhalten geht auf Dauer gar nicht. Yugi, auch wenn es dir schwerfällt, du hast ein Geschäft zu führen. Ich übernehme ja gern den Laden, aber mit der Einstellung, dass alles egal ist, abzuhauen geht gar nicht.“ Streng sieht er Yugi an, der bei dem Tonfall unwillkürlich den Kopf einzieht. „Tut mir leid Grossvater, es kommt nicht mehr vor.“ Gerade fühlt sich Yugi wieder in seine Zeit als fünfzehnjähriger Junge zurückversetzt, wo er sich die Standpauken von seinem Grossvater anhören musste und das noch in Anwesenheit von Amara. Dabei wollte er damals vor der Ägypterin immer besonders gut dastehen. Hat er sie doch so geliebt, als wäre sie seine richtige Grossmutter gewesen.

„Ähm, ich gehe dann mal unter die Dusche und ziehe mir frische Sachen an.“ Noch bevor sein Grossvater etwas dazu sagen kann, flüchtet Yugi schon beinahe aus dem Laden.

Nun würde sich Sugoroku gern seinem zweiten Enkel widmen, aber in dem Moment bimmelt die kleine Ladenglocke und niemand anderes als Frau Aino, betritt mit einem glücklichen Lächeln den Laden. „Herr Muto, was für eine Freude Sie zu sehen.“

Mit einem gequälten Lächeln geht Sugoroku um den Tresen herum. „Madame Aino. Es ist mir eine Freude Sie zu sehen. Was kann ich denn für Sie tun?“

Bei der Frage winkt sie nur lächelnd elegant mit ihrer freien Hand. Trägt sie in der anderen doch ihre Handtasche. „Ach ich wollte mich nur noch einmal bei ihrem Enkel für den wunderschönen Stoff bedanken. Frau Kujaku hat daraus einen Traum von einem Kleid genäht. Oder was meinen Sie?“ Abwartend sieht sie den alten Muto an, der sie nun aufmerksam mustert.

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku beherrschen. Sieht man dem Kleid doch an, wie viel Handwerkskunst dahintersteckt und wenn es nicht dieser unglaublich hässliche Stoff wäre, dann würde das Kleid wirklich gut aussehen.

„Ja, May Kujaku hat sich wirklich selbst übertroffen. So ein Stoff ist nämlich nicht einfach zu verarbeiten“, diplomatischer kann er es beim besten Willen nicht ausdrücken. Zumal die Handwerkskunst ja wirklich nicht zu verachten ist.
 

Glücklich über das Kompliment strahlt die Aino ihn an, geht dann aber wieder zur Ladentür. „Richten Sie ihrem Enkel bitte aus, dass ich ihm für seine Empfehlung mehr als dankbar bin. Ich muss dann auch weiter. Vielleicht habe ich das nächste Mal etwas Zeit für ein Schwätzchen.“

Sugoroku kann ihr gerade noch die Tür aufhalten. „Wie schade, dass Sie nicht mehr Zeit haben, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag Madame Aino.“ Kaum hat er die Tür hinter ihr geschlossen kann er sich ein gequältes Aufstöhnen nicht mehr verkneifen. So ein hässliches Kleid hat er schon seit Jahren nicht mehr gesehen und dann muss er es auch noch loben.
 

Als Yugi frisch geduscht und umgezogen wieder in den Laden kommt überlässt ihm Sugoroku diesen nach einer kurzen Zusammenfassung, was denn am Morgen schon so verkauft worden ist. Denn obwohl sie alles auf der kleinen Schiefertafel aufschreiben, ist eine mündliche Ergänzung unersetzlich.

Danach will Sugoroku eigentlich in den Stall gehen, um jetzt auch noch mit Yami zu sprechen. Doch dieser kommt ihm im Flur gerade entgegen und will offensichtlich ins Bad gehen. „Yami, wenn du einen Moment Zeit hast, würde ich jetzt gern mit dir sprechen“, ernst sieht er den jungen Mann an, der sofort in der Bewegung innehält und ihn mit aufmerksamem Blick ansieht. „Was gibt es denn Grossvater? Ich möchte gern unter die Dusche und dann frische Sachen anziehen.“

Innerlich schüttelt Sugoroku den Kopf, hat er diesen Satz doch vorher schon von Yugi gehört. „Was es gibt? Das ist ganz schnell beantwortet. Mach so einen Mist nie wieder. Einfach so ohne ein Wort abzuhauen und das mitten in der Nacht. Was glaubst du denn, was ich mir für Sorgen um dich gemacht habe? Dir hätte alles Mögliche passieren können.“ Ernst sieht er Yami an, der ähnlich wie Yugi zuvor den Kopf einzieht. „Entschuldige, ich habe nicht nachgedacht, sondern wollte nur möglichst schnell zu Yugi um ihm zu sagen, dass es mir leidtut.“ Schuldbewusst blickt Yami zu Boden und erschreckt sich deswegen beinahe zu Tode, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Das wichtigste ist, dass dir nichts passiert ist und ihr beide euch wieder versöhnt habt und nun ab ins Bad mit dir.“ Vehement schiebt Sugoroku ihn in das Badezimmer. Was sich Yami erstaunt, dass er so leicht davongekommen ist, gefallen lässt. Hat er doch damit gerechnet eine heftige Standpauke von Grossvater zu bekommen und nicht nur diesen leichten verbalen Klapps.
 

Während Yami im Bad ist, geht Sugoroku in die Küche und beginnt das Mittagessen vorzubereiten. Heute gibt es ein Risotto mit getrockneten Steinpilzen und dazu gedörrte Bohnen, die er schon am Morgen im Wasser eingelegt hatte.
 

Beim Mittagessen mustert Sugoroku seine beiden Enkel. „Also, Yami wir beide werden heute Nachmittag die Wäsche waschen. Dadurch, dass ihr beide ja mit Abwesenheit geglänzt habt, bin ich nämlich noch nicht dazu gekommen.“ Ernst sieht er Yami an, der den Blick erwidert und zustimmend nickt. „Ist gut. Blacky habe ich schon bewegt und während wir waschen, kann ich die beiden ja etwas im Hof rumlaufen lassen.“ Nun hat er ein noch schlechteres Gewissen dem alten Mann gegenüber. Hat dieser doch nun wegen ihm noch mehr zu tun, als sonst an einem Mittwoch. Dabei ist dieser Tag wegen der Wäsche doch sowieso schon stressig genug.

„Dann werde ich nachher die Küche aufräumen“, wirft Yugi nach einem Moment der Stille ein. Was ihm einen dankbaren Blick von seinem Grossvater einbringt. „Ja, das ist gut mein Junge. Dann werden Yami und ich vielleicht noch vor der grössten Nachmittagshitze mit allem fertig.“ Nun, da alles geklärt ist, wendet sich Sugoroku wieder seinem Essen zu.
 

Nach dem sie fertig gegessen haben, läuft alles so ab, wie sie es besprochen haben. Während Yugi beginnt den Tisch abzuräumen, geht Yami die Wäsche in den Zimmern holen und Sugoroku verschwindet unterdessen schon mal in die Waschküche um dort das Feuer anzufachen.
 

Yugi steht nun schon seit beinahe zwei Stunden wieder im Laden, als eine schwarzgekleidete und offensichtlich schwangere Frau in Begleitung eines Sklaven, der eine einfache Tunika trägt, den Laden betritt. Unsicher blickt sie sich um, bis ihr scheuer Blick schliesslich an Yugi hängen bleibt, der geduldig auf diesen Moment gewartet hat. „Guten Tag Madame, was kann ich für Sie tun?“, freundlich lächelnd geht er auf sie zu und deutet eine leichte Verbeugung an, als er direkt vor ihr steht.
 

„Ähm, Guten Tag. Entschuldigen Sie, ich weiss Ihren Namen nicht.“ Das Band ihrer Handtasche knetend sieht sie Yugi an, der sich nun lächelnd wieder aufrichtet. Kundinnen wie diese Dame mag er besonders, gehört sie doch offenbar zu den wenigen Leuten, die noch so etwas wie Anstand besitzen. „Mein Name ist Yugi Muto. Darf ich auch Ihren werten Namen erfahren Madame?“ Unauffällig mustert Yugi die Kundin, denn sie kommt ihm überhaupt nicht bekannt vor.
 

„Mein Name? Ja, es ist sicher nur gerecht, wenn ich Ihnen meinen Namen nenne, Herr Muto. Ich heisse Naoko Hirami.“ Auf Yugi wirkt diese Frau Hirami, als wäre sie in Gedanken gar nicht wirklich anwesend. Moment, Hirami? Ist das etwa die Witwe von dem Weinhändler Hirami, der vor drei Wochen überraschend gestorben ist? Der Mann war über fünfzig Jahre alt und diese Frau hier ist maximal dreiundzwanzig. „Hirami? Darf ich fragen, ob sie die Witwe des verstorbenen Abe Hirami sind?“, kann sich Yugi die Frage nicht verkneifen.

Auf einmal wirkt die Dame noch ernster als zuvor. „Ja, Abe Hirami war mein Ehemann. Allerdings weiss ich nicht, warum Sie das wissen müssen, Herr Muto.“

Sofort wird Yugi klar, dass er wohl mit der Frage einen wunden Punkt getroffen hat. Ist die Stimme von Frau Hirami doch auf einmal eiskalt geworden. „Verzeihen Sie meine Neugier Madame Hirami. Ich war nur überrascht, das ist alles“, entschuldigt sich Yugi mit einer leichten Verbeugung. Dabei fragt er sich, was sie hier in seinen Laden führt. Wohnt sie doch am anderen Ende der Stadt und so viel er weiss gibt es dort auch einige sehr gute Stoffhändler.

„Was kann ich Ihnen denn anbieten?“ Erstaunt bemerkt er, wie sie auf einmal wieder unsicher wird und sich nervös im Laden umsieht. Nebenbei registriert er zudem, dass der Sklave etwas näher an sie herantritt und wohl die Hand auf ihren Rücken legt. Was ihm nicht aufgefallen wäre, hätte er durch Yami nicht inzwischen gelernt auf die Körpersprache seines Gegenübers zu achten.

„Naja“, beginnt sie sichtlich unsicher und wohl auf alles gefasst. „Ich brauche Stoffe um für meinen Sklaven passende Kleidung machen lassen zu können.“

Mit einem Lächeln nickt Yugi und geht dann zu einem Regal, wo er die Stoffe aufbewahrt, die üblicherweise gekauft werden, wenn doch mal jemand etwas Geld für seinen Sklaven ausgeben möchte. „Hier habe ich günstiges Leinen und auch einige grob gewebte Baumwollstoffe. Diese Stoffe sind bei Sklavenbesitzern besonders beliebt.“ Geduldig wartet er ab, bis die Kundin neben ihm steht und die Stoffe kritisch begutachtet und sogar den einen oder anderen Ballen anfasst. „Es tut mir leid Herr Muto, aber das ist nicht so ganz, was ich mir vorstelle. Solche Stoffe hätte ich auch in einem Geschäft bei mir in der Nähe kaufen können.“

Erstaunt blickt Yugi seine Kundin daraufhin an. „Was suchen Sie denn genau. Ich meine, was stellen Sie sich vor?“, seine Stimme weiter ruhig und freundlich haltend, sieht er die junge Frau an, die nun unschlüssig eine braune Strähne aus ihrem Gesicht streicht, die sich aus ihrer strengen Hochsteckfrisur gelöst hat. „Ich weiss es nicht. Aber diese Stoffe sind viel zu grob.“ Deutlich ist nun eine gewisse Angst aus ihrer Stimme herauszuhören. Offensichtlich rechnet sie damit, dass er nun verärgert oder abweisend reagiert.

Stattdessen lächelt Yugi sie beruhigend an. „Ja, die Stoffe sind wirklich zu grob. Ich habe für meinen Sklaven auch die Baumwolle genommen, die ich für mich selbst wählen würde.“ Zwar hat sein Grossvater damals die Baumwollballen rausgesucht, aber sie haben vorher darüber gesprochen, was sie nehmen wollen. Darum ist es seiner Meinung nach keine Lüge.
 

Erstaunt blickt ihn Frau Hirami ihn daraufhin an. „Sie haben einen Sklaven und der trägt nicht nur diese grässliche Sklaventunika oder Sachen aus diesen groben Stoffen?“ „Mistress Naoko“, meldet sich nun zum ersten Mal der Sklave zu Wort und Yugi bemerkt, wie dieser seine Besitzerin zur Vorsicht mahnend ansieht.

„Soll ich Yami mal holen, so dass Sie sehen können, was für Kleidung ich ihm habe machen lassen?“, bietet Yugi spontan an, da er sich so langsam ziemlich sicher ist, dass hier kein übliches Sklave-Besitzerin Verhältnis vorherrscht.

Dankbar wird er nun von ihr angelächelt. „Sehr gern Herr Muto. Ich muss gestehen, dass ich überhaupt keine Vorstellung habe, da bis zu seinem überraschenden Tod mein Mann für die Kleidung von Rick zuständig gewesen ist und ich da kein Mitbestimmungsrecht gehabt habe.“
 

Verstehend nickt Yugi daraufhin. Wieder wandert sein Blick zu dem Sklaven, der versucht unterwürfig zu wirken, aber wenn man genau hinsieht kann man sehen, dass auch er nur schauspielert. So wie es Yami zu tun pflegt, wenn er bei ihm im Laden ist. „Dann werde ich Sie kurz allein lassen. Ich bin gleich wieder da.“ Mit einer leichten Verbeugung dreht er sich um und geht durch die Tür in den Flur. Absichtlich lässt er diese weit offenstehen. Kann er so doch gut hören, wenn die Ladentür geöffnet wird.

Als Yugi an der Küche vorbeikommt, sieht er aus dem Augenwinkel, dass sein Grossvater sich gerade ein Wasser nimmt. „Seid ihr mit der Wäsche fertig?“, fragend sieht er zu Sugoroku, der bestätigend nickt. „Ja, vor ein paar Minuten sind wir fertig geworden, wieso?“ „Ich erzähle es dir beim Abendessen, jetzt muss ich schnell Yami holen.“ Deutlich kann Yugi sehen, dass sein Grossvater gern weiter gefragt hätte, aber er hat jetzt wirklich keine Zeit. Weshalb er schnell weitergeht und schliesslich die Hintertür aufmacht. In den Hinterhof blickend, kann er Yami sehen, der gerade aus dem Stall kommt. „Yami, kannst du bitte mit in den Laden kommen? Ich habe eine Kundin, die will für ihren Sklaven Stoff kaufen.“
 

Erstaunt sieht Yami zu Yugi rüber. „Natürlich kann ich mitkommen, nur wieso brauchst du mich dazu?“, während er spricht greift er automatisch in seine Gesässtasche und holt sein Halsband hervor, das er sich mit geschickten Fingern noch im Gehen anzieht.

Lächelnd stehen sie sich dann einen Moment gegenüber, ehe sich Yugi wieder in Richtung Flur umdreht. „Sie hat Probleme ihre Vorstellung zu formulieren und den üblichen Stoff möchte sie nicht haben.“ Geduldig bleibt er bei Yami stehen, der sich wie immer sorgfältig die Hände wäscht. „Ach ja, so wie ich das sehe, musst du nicht schauspielern. Sei einfach du selbst.“

Auf diese Aussage hin, sieht ihn Yami erstaunt an. „Bist du dir sicher? Ich will nicht, dass du Probleme bekommst.“ Nachdem er sich die Hände abgetrocknet hat, geht er neben Yugi her in Richtung Laden.

„Ja, ich bin mir sicher und wenn ich mich täuschen sollte, können wir uns ja immer noch etwas überlegen.“ Mit einem letzten liebevollen Blick zu Yami wendet sich Yugi wieder nach vorn und setzt sein übliches professionelles Lächeln auf, mit dem er diesmal seine Nervosität überdeckt. Wenn er sich nämlich getäuscht hat, muss er sich auf viele Erklärungen vor Frau Hirami einstellen.

„Madame Hirami? Das ist Yami, er lebt seit Mitte März bei uns.“ Mit der Hand deutet er auf ihn und beobachtet die Reaktion von der Dame ganz genau. Denn wie er es Yami gesagt hat, steht dieser nicht mit gesenktem Blick neben ihm, sondern mustert die Kundin und den anderen Sklaven neugierig.
 

Yami spürt, wie nervös Yugi ist. Also legt er nach einem Moment, in dem er den anderen Sklaven angesehen hat, Yugi die Hand auf die Schulter. „Madame Hirami, es ist mir eine Freude Sie kennen zu lernen.“ Anders als Yugi, neigt er nur leicht den Kopf in ihre Richtung. Dann blickt er offen zu dem braunhaarigen Sklaven. „Und wie heisst du?“, absichtlich wechselt er in die persönliche Anrede. Denn kein Sklave würde einen anderen siezen.

Auf die Frage hin wird er erstaunt angesehen. „Ich heisse Rick.“ In der Stimme ist nichts von der Überraschung zu hören, die in den graublauen Augen zu lesen ist.

„Freut mich, dich kennen zu lernen. Aber sag mal, wie kommt es, dass du immer noch in dieser elenden Tunika rumlaufen musst, obwohl du offensichtlich der Gefährte von Frau Hirami bist?“ Deutlich kann Yami hören, wie sein Sharik scharf die Luft einzieht. „Keine Angst, ich weiss was ich tue“, lächelnd sieht er Yugi an, der ihn scharf anblickt. „Ich hoffe es.“

Obwohl er nun zu Yugi schaut, bemerkt Yami, wie die beiden anderen einen Blick austauschen und sich dann leicht zunicken. „Rick trägt noch die Sklaventunika, weil mein verstorbener Mann darauf bestanden hat. Er war nämlich schon sein Arbeitssklave als ich Abe vor drei Jahren geheiratet habe. Da mein Mann keine Kinder zeugen konnte, aber unbedingt einen Erben für sein Geschäft haben wollte, hat er dafür gesorgt, dass Rick und ich... naja.“ Verlegen blickt sie zu dem Mann an ihrer Seite, der jetzt das Wort übernimmt. „Mit der Zeit haben wir uns ineinander verliebt. Was aber wiederum Meister Abe nicht gepasst hat, weshalb er mehrmals drohte mich zu verkaufen, wenn das Kind der ersehnte Erbe sein sollte. Durch seinen plötzlichen Tod bin ich nun aber in den Besitz von Naoko übergegangen. Was ja ein Glück sein könnte, wenn durch Naokos freundliches Verhalten mir gegenüber, die Nachbarn uns nicht das Leben schwermachen würden. Darum sind wir jetzt auch hier. Keiner der Stoffhändler in unserer Nähe wollte Naoko für ihren Sklaven guten Stoff verkaufen. Darum sind wir auch so vorsichtig gewesen. Nur haben Sie uns offensichtlich trotzdem durchschaut.“ Offen blickt Rick zu Yugi, dann wieder zu Yami. „Nur wie bist du darauf gekommen, dass ich ihr Gefährte bin?“, jetzt offen neugierig erwidert er Yamis Blick, der gelassen neben Yugi steht.

„Ganz einfach, deine Haltung, dein Verhalten und wie ihr euch ansieht, aber keine Angst, einem Freien würde das alles nicht auffallen.“
 

Deutlich ist nun nach dem Schrecken die Erleichterung in den Gesichtern der beiden zu sehen. Was Yugi und Yami einen vielsagenden Blick tauschen lässt. Gleichzeitig übergibt Yami stumm das Wort nun wieder seinem Sharik.

Woraufhin sich Yugi leicht räuspert. „Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll, aber eins kann ich Ihnen sagen, Madame Hirami. Hier werdet ihr ganz sicher guten Stoff bekommen, egal ob er für Rick oder für Sie ist.“

Offensichtlich den Tränen nahe, sieht Frau Hirami sie beide an. „Dankeschön. Ich dachte schon, dass wir nie Leuten begegnen werden, die uns verstehen können.“
 

„Die beiden sind nicht die einzigen“, kommt es auf einmal aus Richtung des Wohnbereiches. „Guten Tag, mein Name ist Sugoroku Muto. Ich bin der Grossvater von Yugi und den jungen Mann hier habe ich auch als Enkel angenommen“, schmunzelnd deutet er auf Yami, der nun die Hand von Yugis Schulter nimmt. „Verdammt Grossvater, das musst du doch nicht überall herumposaunen. Ich will nicht, dass du wegen mir noch Probleme bekommst.“ Vor Verlegenheit wird Yami sogar leicht rot.

„Papperlapapp“, winkt Sugoroku ab. „Ausserdem erzähle ich das nicht überall rum. Jetzt ist es sogar eine Premiere. Bis jetzt wussten es nämlich ausser uns nur May und Jonouchi. Ich bin dann wieder in der Küche, das Abendessen vorbereiten. Es war mir eine Freude Sie kennenzulernen, Madame Hirami.“ Innerlich grinsend geht Sugoroku wieder aus dem Laden. Mit Yugi vor ihm und ihren Freunden rumturteln und so weiter macht Yami nichts aus, aber dann wegen so einer Aussage rot werden. Was für ein Widerspruch.
 

Nun wendet sich Yugi wieder an seine Kundin. „Also, dann wollen wir uns doch langsam mal an die Stoffauswahl machen. Oder was meinen Sie, Madame Hirami?“, fragend sieht er sie nun an.

Mit einem Blick auf Yami nickt sie dann nach einem Moment. „Also, aus was für einem Stoff sind denn die Sachen, die Yami nun trägt. Ich muss nämlich gestehen, dass ich nicht gerade viele Silbermünzen zur Verfügung habe. Mehr als vierzig Münzen kann ich nicht ausgeben und Rick braucht eine komplette Garderobe.“
 

Bei dem knappen Budget muss Yugi leer schlucken. Kostet doch die Menge Stoff, die er für Yamis Garderobe gebraucht hat, im Verkauf beinahe das Doppelte. „Ich muss zugeben, das ist ziemlich knapp. Wenn es für den Moment aber ausreicht, wenn Sie Baumwolle für etwa zwei Hosen und zwei Shirts, sowie einen Ballen weiches Leinen für Unterwäsche bekommen, könnten wir mit den vierzig Silbermünzen gerade eben klarkommen.“

Offensichtlich erstaunt, dass der Stoff so teuer ist, sieht ihn die Kundin daraufhin an. „Entschuldigen Sie mein Erstaunen, Herr Muto. Nur habe ich nicht geahnt, dass die Baumwolle so teuer ist. Mein verstorbener Mann hat immer den Preis verhandelt, so dass ich mir nur einen Stoff aus der vom Händler zu uns nach Hause mitgebrachten Auswahl aussuchen musste.“

Innerlich stöhnt Yugi bei der Information auf. Das kann ja noch heiter werden, wenn sie keine Ahnung von den Preisen hat. Äusserlich lässt er sich aber nichts anmerken, sondern lächelt nur freundlich weiter. „Also, dann müsste ich jetzt nur noch wissen, welche Farben Ihnen vorschweben.“

Jetzt blickt sie hilfesuchend zu ihrem Sklaven, der nun mit einem leichten Nicken vortritt und so anzeigt, dass er nun das Gespräch übernehmen wird. „Ich muss zugeben, dass ich auch nicht wirklich viel Ahnung habe, aber mir gefallen die Sachen, die Yami trägt. Liegt der Stoff dafür in unseren Möglichkeiten?“, deutlich ist zu erkennen, dass Rick gar nicht so selbstsicher ist, wie er sich gerade verhält. Denn in seinen Augen ist ein unsicheres Flackern zu erkennen.
 

Kurz blickt Yugi zu Yami, der mit verschränkten Armen entspannt an der Wand lehnt und schon beinahe gelangweilt wirkt. „Wenn die Schneiderin oder der Schneider sparsam mit dem Stoff umgeht, dann könnte es reichen, da ich die Ballengrössen auf die benötigte Stoffmenge für ein Kleid zuschneide und für Männerkleidung deutlich weniger Stoff benötigt wird.“ Darüber nachdenkend wo im Laden er diese beiden Farben hat, geht Yugi um den Tresen herum. Sofort richtet sich Yami auf und folgt ihm zu den Regalen. „Ich habe letztens den grauen Stoff hier liegen sehen.“ Er weiss inzwischen, dass Stoff in dieser Farbe nur selten verkauft wird, da die meisten Damen eher bunte Stoffe wollen und Yugi nur wenige männliche Kunden hat. Er selbst hat den Stoff auch nur per Zufall gesehen, weil er im Fach daneben die rote Baumwolle wieder aufgefüllt hatte.

„Danke Yami. Nimmst du den gleich mit zum Tresen?“ Dankbar sieht Yugi ihn an, während er ihm den grauen Stoff übergibt. Danach macht er sich auf die Suche nach der braunen Baumwolle, die auch irgendwo hier rumliegen muss und findet sie nach kurzem Suchen sogar. Dafür muss er nicht lange nach dem Leinen suchen, denn für Unterwäsche oder auch Schlafanzüge hat er nur zwei verschiedene Ballen. Nämlich weisses Leinen und dunkelgraues Leinen. Für Rick nimmt er einen dunkelgrauen Ballen mit, denn er kann sich nicht vorstellen, dass dieser weisse Unterwäsche haben möchte.

Dass Yami von May Unterwäsche aus der Baumwolle geschneidert bekommen hat, muss er den beiden ja nicht erzählen, denn das würde nun wirklich zu weit gehen. Ausserdem ist das Leinen günstiger als die Baumwolle.
 

Mit den beiden Ballen geht Yugi wieder zum Tresen zurück, wo sich Yami nun entspannt seitlich an die Arbeitsplatte lehnt und fragend zu ihm blickt. „Brauchst du mich noch?“

Bei dieser doch eigentlich ganz normalen Frage, zieht sich Yugi das Herz zusammen. Da können sie schon mal ganz normal miteinander im Laden sein und dann will Yami gleich wieder in den Stall verschwinden. Er will schon den Mund öffnen, um ihm zu sagen, dass er ihn nicht mehr braucht, da setzt sich Yami ganz einfach auf den Tresen. „So wie es aussieht brauchst du mich noch.“ Zwinkernd sieht er Yugi an, der daraufhin schmunzelnd den Kopf schüttelt. „Weisst du, als ich gesagt habe, dass du ganz du selbst sein kannst, habe ich damit nicht gemeint, dass du dich einfach so auf die Verkaufsfläche setzen sollst.“

Sofort springt Yami wieder von der Arbeitsplatte, stützt sich dafür jetzt aber mit den Ellbogen auf dem glatten Holz ab. „Na gut, aber wenn ich schon hier rumstehen und dir Gesellschaft leisten soll, dann will ich es wenigstens diesmal auch gemütlich haben.“
 

Mit einem Seufzen legt Yugi seine Last auf die Arbeitsplatte. „Yami, du bist gerade echt unmöglich. Es sind Kunden im Laden und du verhältst dich so, als wären wir allein.“
 

Auf einmal hören sie ein unterdrücktes Kichern, was sie erstaunt zu Frau Hirami blicken lässt. „Entschuldigen Sie, aber ihr Umgang mit ihrem Sklaven ist einfach zu lustig mit anzusehen. Soll er sich doch auf die Arbeitsplatte setzen, wenn er es will. Mich stört es nicht. Im Gegenteil. Ich finde es schön zu sehen, dass er sich so unbefangen verhält.“ Sofort richtet sich Yami wieder auf und schwingt sich auf die Arbeitsplatte. „Siehst du, ich kann es mir also doch gemütlich machen.“ Grinsend sieht Yugi seinen Liebsten daraufhin an. „Dann rutsch jetzt aber bitte etwas rüber, sonst kann ich Rick und Frau Hirami den Stoff nicht richtig zeigen.“

Sofort rutscht Yami ein wenig zur Seite, so dass er nun näher an der Kante sitzt. Still sieht er Yugi nun zu wie dieser den Stoff etwas ausbreitet und Rick, sowie Frau Hirami alles erklärt. Zu seinem Erstaunen führt Yugi gar kein richtiges Verkaufsgespräch, sondern erklärt den beiden eher, auf was sie zu achten haben und so weiter.

Das geht ziemlich lange und ist wirklich langweilig. er weiss zwar, dass er eigentlich jederzeit gehen könnte, aber er hat den Blick seines Shariks gesehen, als er die Frage gestellt hat. Weshalb er sich dazu entschlossen hat, noch eine Weile hierzubleiben. Ist er im Stall doch soweit fertig, dass er nur noch den Mistkarren rausstellen und die Pferde füttern sowie die Wassertröge noch einmal auffüllen muss. Deswegen hängt Yami seinen Gedanken nach und kriegt so nur am Rande mit, wie Yugi die vierzig Silbermünzen kassiert und die Stoffballen einwickelt.
 

Yugi hat natürlich bemerkt, dass Yami mit seinen Gedanken ganz woanders ist, weshalb er ihn einfach in Ruhe dasitzen lässt und sich ganz auf seine Kunden konzentriert. „Also Madame Hirami, ich würde Ihnen May Kujaku als Schneiderin empfehlen. Sie hat die gleiche Einstellung wie Sie oder ich. Sie hat ihr Geschäft im Stadtteil Sanban in der Hanamistrasse.“

Zuvorkommend begleitet er die beiden noch zur Tür und verabschiedet sie mit einem ehrlichen Lächeln. „Ich wünsche noch alles Gute Madame Hirami und auch dir Rick.“

„Ich danke Ihnen, Herr Muto. Für alles und ich werde sicher Ihrer Empfehlung folgen und das Geschäft von dieser May Kujaku aufsuchen.“
 

Erleichtert schliesst Yugi die Tür. So schön es auch gewesen ist, mal eine Kundin zu haben, die seine Einstellung teilt, ist er nun doch froh, dass sie weg ist. Denn mit der Zeit ist es schon ziemlich anstrengend geworden die ganzen Fragen zu beantworten.

Zum Glück ist Yami noch im Laden, so kann er jetzt noch ein paar Minuten mit ihm geniessen, bis dieser wieder in den Stall muss.

Ohne daran zu denken, dass es Yami eventuell unangenehm sein könnte stellt er sich zwischen dessen Beine und lehnt seine Stirn an seine Brust. „Danke, dass du geblieben bist.“ Nach einem Moment spürt Yugi, wie sich Yamis starke Arme um seinen Oberkörper legen.

„Gern geschehen Sharik, aber so langsam sollte ich wieder in den Stall gehen. Blacky und Rocky warten sicher schon auf ihr Futter und der Mistkarren muss auch noch auf die Strasse gestellt werden.“ Sanft legt Yami seine Finger unter Yugis Kinn und hebt so dessen Kopf an. „Auch, wenn es ziemlich langweilig gewesen ist, war es doch auch schön mal so entspannt bei dir im Laden sein zu können.“
 

Lächelnd sehen sie sich an, bis sich Yugi mit einem leisen Seufzen von ihm löst. „Na los, geh schon in den Stall. Nicht, dass Blacky und Rocky noch verhungern.“ „Das können wir natürlich nicht riskieren“, kommentiert Yami Yugis Kommentar lachend und schwingt sich von der Arbeitsplatte. „Ach ja, heute Abend trainieren wir mal wieder ein wenig. So heiss wie in den letzten Tagen ist es heute nämlich nicht.“ Über das gequälte Gesicht seines Shariks lachend geht Yami aus dem Laden.
 

Beim Abendessen will Sugoroku noch alles wissen, was sonst noch so gesprochen worden ist. Konnte er doch nicht die ganze Zeit im Flur stehen und lauschen. Geduldig erzählen Yugi und Yami jedes einzelne Detail, wobei sich Sugoroku mehr als einmal vor lauter Lachen kaum noch beruhigen kann. Besonders Yamis Verhalten führt zu manchen Lachattacken und auch Erstaunen. Denn so locker hätte er den jungen Mann in der Anwesenheit von fremden Personen niemals eingeschätzt. „Also weisst du mein Junge, das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut. Ich wusste ja, dass du den Schalk im Nacken haben kannst, aber das hätte ich nun wirklich nicht von dir erwartet. Sich einfach so auf den Verkaufstresen setzen, wenn Kunden im Laden sind. Also nein auch.“ Sich die Lachtränen aus den Augen wischend, sieht Sugoroku Yami an, der nur mit den Schultern zuckt. „Die beiden haben das gebraucht. So angespannt und nervös wie sie gewesen sind, hätte es mich nicht gewundert, wenn bei der Frau plötzlich die Wehen eingesetzt hätten.“ Bei den Worten verschluckt sich Yugi beinahe an seinem Brotbissen, den er gerade herunterschlucken will. Hustend greift er nun zu seinem Becher und nimmt einen grossen Schluck. „Verdammt Yami“, keuchend sieht er seinen Liebsten an. „Sag doch nicht sowas.“

Bei dem Anblick können sich sowohl Yami als auch Sugoroku nicht mehr beherrschen und beginnen heftig zu lachen.

Sich den, vor lauter Lachen schmerzenden Bauch haltend, sieht Yami den nun schmollenden Yugi an. „Du hättest dich gerade sehen sollen. Zu schade, dass wir keine Kamera haben. Das hätte ein verdammt lustiges Bild gegeben.“ Immer noch vor sich hin kichernd, wischt sich Yami die Lachtränen aus den Augenwinkeln.
 

Schmollend sitzt Yugi nun mit verschränkten Armen da und murmelt vor sich hin. „Haha. Sehr lustig und zum Glück haben wir keine Kamera.“
 

Sich ebenfalls köstlich amüsierend belegt sich Sugoroku sein Brot mit Käse und etwas Hobelfleisch.

Glücklich, dass wirklich wieder alles beim Alten ist, sieht er dabei seine beiden Enkel an.
 

Nach dem Abendessen räumen sie noch gemeinsam die Küche auf, ehe Yami schnell nach draussen geht um den Mistkarren wieder reinzuholen und den Pferden noch ihr letztes Heu zu geben und die Wassertröge noch einmal ganz aufzufüllen.

Danach geht er nach oben, wo ihn Yugi schon auf dem Bett sitzend erwartet. „Also Yugi, jetzt trainieren wir mal wieder. Zwar kann ich dir nichts Neues mehr beibringen, da ich leider nicht mehr alle Techniken beherrsche, aber das was du bisher gelernt hast, muss immer wieder wiederholt werden.“ Mit verschränkten Armen sieht Yami ihn streng an, geht dann aber zu dem Bett und zieht Yugi an dessen Händen von der Matratze bis in die Mitte des Zimmers. „So und nun befreie dich mal aus meinem Griff“, grinsend sieht er seinen Sharik an, der nun für einen Anfänger relativ geschmeidig die Bewegungen durchführt.

Immer wieder greift Yami danach Yugi an, der jeden Schlag mehr oder weniger geschickt abwehrt und dabei gar nicht bemerkt, dass er immer weiter in Richtung Bett gedrängt wird. Doch auf einmal spürt Yugi die Bettkante in seinen Kniekehlen und kippt mit einem leisen Aufschrei nach hinten.

Gerade als er sich wieder aufrappeln will kniet sich Yami mit einem verführerischen Lächeln über ihn. „Wo willst du denn hin?“, raunt er ihm mit erotischer Stimme zu und beugt sich dabei über seinen Sharik.
 

Mit hochroten Wangen sieht Yugi in die rubinroten Augen, ehe er die seinen schliesst und genüsslich aufseufzt, als sich Yamis Lippen auf die seinen legen. Die Hände im Nacken seines Liebsten verschränkend, lässt er sich von ihm zurück auf die Matratze drücken und erwidert den Kuss, der langsam, aber sicher leidenschaftlicher wird. Auf einmal spürt er, wie Yamis Zunge vorsichtig über seine Lippen gleitet, woraufhin er langsam seine Lippen öffnet.

Noch zögert Yami, die Einladung anzunehmen, aber dann siegt seine Neugier. Zögernd dringt er in Yugis Mund vor und erkundet, so wie sein Sharik am Abend zuvor langsam dessen Mundhöhle.

Es fühlt sich seltsam an, aber irgendwie auch gut. Vorsichtig stupst er nun dessen Zunge an, die sich bis jetzt ganz ruhig verhalten hat. Obwohl er darauf gefasst ist, dass Yugi nun etwas aktiver wird zuckt Yami kurz zurück, als Yugi auf das Stupsen reagiert.

Ganz langsam beginnen ihre Zungen sich zu umspielen. Wenn sich seine Zunge zurückzieht, folgt ihm Yugis und zieht sich im Gegenzug wieder zurück, wenn er seinerseits wieder einen Vorstoss wagt.
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi zurückhalten um ganz ruhig liegen zu bleiben und sich nicht mit seinem Becken an Yamis zu reiben. Hat sich Yami doch mehr oder weniger auf seine Hüften gesetzt und dies in Verbindung mit dem sinnlichen Kuss bringt ihn beinahe an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung. Doch er spürt instinktiv, dass dies seinen Liebsten zu sehr überfordern würde. Denn schon jetzt ist dieser leicht am Zittern.
 

Schliesslich lösen sie sich keuchend voneinander und sehen sich tief in die Augen, bis sich Yami vorbeugt und sein Gesicht schwer atmend an Yugis Hals vergräbt.

Durch diese Bewegung liegt er nun beinahe auf Yugi und dieser bemerkt erstaunt, dass ihr Kuss wohl auch seinen Liebsten nicht ganz kalt gelassen hat. Zumindest wenn er das was er nun da an seinem eigenen Schritt gedrückt spürt, richtig deutet.

Allerdings spürt er jetzt deutlicher als zuvor, dass Yami zittert und da es alles andere als kalt im Zimmer ist, bleibt leider nur eine Erklärung.

Langsam, um ihn nicht zu erschrecken, legt Yugi seine Arme um Yamis Oberkörper und drückt ihn leicht an sich ran. „Ganz ruhig. Die Reaktion deines Körpers ist vollkommen normal. Du musst keine Angst davor haben.“ Immer wieder streichelt er sanft über Yamis Rücken bis sich dieser wieder soweit beruhigt hat, dass er zumindest nicht mehr am Zittern ist.
 

Yami hat Angst. Nicht vor Yugi oder davor, was dieser noch von ihm verlangen könnte, sondern vor dem was er gerade selbst fühlt. Verbindet er doch die Erregung mit Schmerzen und Erniedrigungen, die jedes Mal darauf gefolgt sind. Was ihn aber überrascht, ist die Tatsache, dass sein Körper überhaupt noch zu so einer Reaktion fähig ist.

Widerstrebend löst er sich nach einer Weile wieder von Yugi, denn ewig kann er ja nicht so auf ihm liegen bleiben. Zittrig lächelnd blickt er jetzt in die amethystfarbenen Augen. „Danke“, mehr sagt er nicht, aber Yami weiss, dass ihn sein Sharik verstanden hat, da ihm dieser nun mit den Fingerspitzen sanft über die Wange fährt. Unwillkürlich schmiegt er sich an dessen Hand, braucht er doch im Moment die Gewissheit, dass er nicht allein gelassen wird.
 

Irgendwann schafft er es, sich neben Yugi hinzulegen, kuschelt sich aber sofort wieder an ihn ran. „Der Kuss ist schön gewesen.“ Scheu, aber zugleich auch müde lächelnd sieht er Yugi an, der ihm wieder die Strähne aus dem Gesicht streicht.

Am liebsten würde er jetzt sofort einschlafen. Doch er wird von seinem Sharik gerade noch so davon abgehalten in den Schlaf hinüberzugleiten.

„Na komm Yami, du solltest noch das Shirt und die Hose ausziehen, wenn du nicht in deinen Kleidern schlafen willst.“ Lächelnd streichelt Yugi über die Wange seines Liebsten. „Soll ich dir noch deine Schlafanzughose holen?“
 

Murrend richtet sich Yami wieder auf und zieht sich einfach bis auf seine Shorts aus, lässt seine Kleider neben dem Bett auf den Boden fallen und kriecht dann unter die leichte Decke. „Kommst du?“, müde streckt er seine Hand nach Yugi aus der nun auch aufsteht und sich bis auf die Shorts auszieht. Bevor er aber zurück ins Bett kommt, hebt er Yamis Kleider auf und legt sie zusammen mit den seinen über die Stuhllehne.

Kaum hat er sich dann unter die leichte Sommerdecke gelegt, kuschelt sich Yami schon im Halbschlaf an ihn ran und ist nur Sekunden später ganz eingeschlafen.

Lächelnd streichelt ihm Yugi hauchzart die Wange und die Schulter. „Du musst ja unglaublich müde sein, wenn du so schnell einschläfst.“

Er selbst ist noch nicht wirklich müde, weshalb er seinen Gedanken nachhängend Yami beim Schlafen beobachtet, bis auch er schliesslich gähnend einschläft.

 

 

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Das war jetzt endlich mal wieder ein etwas ruhigeres Kapitel und ich bin froh, dass ich endlich mal einen Chara einführen konnte, der von euch vermutlich nicht sofort gehasst werden wird oder den ihr am liebsten lynchen würdet.
 

Also dann, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
 

Eure mrs_ianto

Sonntagsgespräche

Hallo zusammen,

 

es ist zwar erst Samstag, abr ich habe das Kapitel schon fertig und da euch ja nicht unnötig auf die Folter spannen möchte... kriegt ihr es schon jetzt zu lesen.

 

Was soll ich gross sagen, ich wünsche euch dann viel Spass beim Rätselraten. Ihr werdet dann schon wissen, was ich meine. ;-)

 

So und jetzt wünsche ich euch nur noch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 40: Sonntagsgespräche

 

 

Von der aufgehenden Sonne geblendet dreht sich Yugi murrend auf die andere Seite. Nicht wirklich wach möchte er sich an seinen Liebsten kuscheln, doch dieser liegt nicht neben ihm. Verschlafen öffnet er daraufhin seine Augen und tatsächlich ist das Bett neben ihm mal wieder leer.

Seufzend dreht er sich auf den Rücken, schon wieder ist Yami aufgestanden, als er selbst noch tief und fest geschlafen hat. Seit Mittwoch ist er nicht mehr neben ihm aufgewacht und heute haben sie immerhin Sonntag.

Eigentlich würde er ja gern noch ein wenig länger im Bett bleiben und weiterschlafen, aber Yugi weiss genau, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen wird, weshalb er nach einer Weile schlecht gelaunt aufsteht. Wie er es doch hasst, am Sonntag so früh aufzustehen.

Mürrisch schlurft er runter ins Badezimmer, wo er seine Shorts einfach auf den Boden fallen lässt, ehe er in die Badewanne steigt und das Wasser auf eine angenehme Temperatur einstellt.

Mit geschlossenen Augen steht Yugi dann unter dem warmen Wasserstrahl, während seine Müdigkeit langsam aber sicher von ihm runtergespült wird. Nur leider funktioniert das nicht auch mit seinen trüben Gedanken. Schliesslich greift er mit einem Seufzen nach der Seife und beginnt sich mit langsamen Bewegungen einzuseifen.
 

Unterdessen ist Sugoroku dabei das Frühstück vorzubereiten. Gut gelaunt vor sich hin pfeifend, deckt er den Tisch und nimmt dann die Brötchen aus dem Ofen. Vorsichtig, schliesslich will er sich nicht die Finger verbrennen, nimmt er die heissen Brötchen von dem Blech und legt sie auf das bereitgestellte Gitter, damit sie auch schön auskühlen können, bis seine beiden Enkel zum Frühstück kommen.
 

Gerade als er sich mit einer schönen Tasse Tee an den Tisch setzt, kommt Yugi in die Küche geschlurft. „Gute Morgen, mein Junge,“ begrüsst ihn Sugoroku lächelnd. Eine Antwort erwartet er aber nicht von ihm, kann er doch deutlich sehen, dass sein Enkel wieder in seine Morgenmuffeligkeit zurückgefallen ist. Was für alle bedeutet, vor dem ersten Tee ansprechen und eine Antwort erwarten auf eigene Gefahr. Deswegen sagt er auch nichts weiter, sondern sieht nur zu, wie Yugi sich wortlos einen Tee einschenkt und sich dann zu ihm an den Tisch setzt.

Ihn besorgt musternd wartet Sugoroku darauf, dass sein Enkel ansprechbar wird. Ist dieser doch schon seit ein paar Tagen morgens wieder extrem schlecht gelaunt und kaum ansprechbar.
 

Schliesslich ist es soweit. Mit einem lauten Seufzen stellt Yugi seine leere Tasse auf den Tisch und sieht dann seinen Grossvater mit einem schiefen Grinsen an. „Guten Morgen. Entschuldige, dass ich vorhin nichts gesagt habe.“

Woraufhin sich Sugoroku mit einem nachsichtigen Lächeln zurücklehnt. „Das macht doch nichts. Ich kenne dich jetzt seit beinahe 25 Jahren und weiss darum ganz genau, was für ein Morgenmuffel du bist.“ Gern würde Sugoroku noch mehr sagen, aber gerade kommt Yami in die Küche. „Guten Morgen Grossvater“, begrüsst er den alten Mann, ehe er zu Yugi geht und ihm einen schnellen Kuss auf die Stirn haucht. „Guten Morgen Sharik“, lächelnd fährt er Yugi mit den Fingerspitzen über die Wange, ehe er zum Herd geht und sich nun dort ebenfalls einen Tee einschenkt. „Wollt ihr auch noch eine Tasse haben?“, fragend sieht er jetzt zum Tisch hinüber.
 

Grinsend hält Sugoroku Yami nun seine Tasse hin. „Zuerst, dir auch einen guten Morgen und ja bitte, ich hätte gern noch eine Tasse. Was ist mit dir Yugi?“ Als dieser nicht reagiert, stösst er ihn unter dem Tisch mit dem Fuss an, was Yugi aus seinen Gedanken hochfahren lässt. „Was? Oh, ähm ja gern. Ach ja und guten Morgen Yami.“ Verwirrt blickt er von seinem Grossvater zu Yami, der nun grinsend mit dem Teekrug zum Tisch kommt und seine Tasse wieder auffüllt. „Ich glaube, das nächste Mal fragst du besser noch einmal nach, wenn du nicht weisst, was gefragt worden ist.“ Den Krug nun auf den Tisch stellend, geht Yami zu seinem Platz und setzt sich hin. Wie immer gibt er sich als erstes einen grossen Löffel Honig in den Tee, ehe er den ersten Schluck trinkt. „Das tut gut.“ Mit geschlossenen Augen lehnt er sich auf seinem Stuhl zurück, behält die Tasse dabei aber in seinen Händen.
 

Besorgt wird er nach dieser Aussage von Sugoroku gemustert. „Sag jetzt aber bitte nicht, dass du krank wirst. Wir haben jetzt schon wieder gefühlte 25 Grad und dabei ist die Sonne doch erst aufgegangen. Es wundert mich sowieso, wieso ihr beide jetzt schon auf seid. Sonst schlaft ihr am Sonntag doch immer etwas länger.“
 

Wie auf Kommando wird Yugi erst knallrot und steht dann mit einem undeutlichen murmeln auf. Sich eins der noch warmen Brötchen schnappend, geht er aus der Küche und verzieht sich ins Lager, wo er sich mit einem dicken Kloss im Hals an den Schreibtisch setzt.
 

Verwirrt über dessen Abgang bleiben Sugoroku und Yami in der Küche zurück.

„Sag mal, was ist denn mit Yugi los?“, fragend wird Yami nun angesehen, der aber auch nur mit den Schultern zuckt. „Ich weiss es ehrlich gesagt auch nicht.“ Den Stuhl zurückschiebend, will er schon aufstehen, wird dann aber von Sugorokus Hand auf seiner Schulter zurückgehalten. „Lass ihn mal lieber ein wenig allein. Ich sehe nachher nach ihm.“ Ernst sieht er Yami an, der sich zögernd wieder richtig hinsetzt. „Wenn du meinst.“ Bedrückt greift er nach seiner Tasse und nimmt einen grossen Schluck von dem süssen Tee.
 

Schweigend essen sie ihr Frühstück, als Sugoroku plötzlich einfällt, dass ihm seine indirekte Frage noch nicht beantwortet worden ist. „Sag mal, wie fühlst du dich eigentlich? Du siehst ziemlich müde aus.“ Ganz genau beobachtet er Yami, der ihn nun erstaunt ansieht. Hat er doch gedacht, dass man ihm seine unruhigen Nächte nicht anmerkt. „Mir geht’s gut. Ich bin nur schon vor Sonnenaufgang aufgestanden, das ist alles.“

Mit ernstem Gesicht nickt Sugoroku nun. Wenigstens hat sich jetzt sein Verdacht bestätigt, warum Yugi heute Morgen so schlecht gelaunt gewesen ist. „Ich nehme mal an, dass du auch in den letzten Tagen so früh aufgestanden bist?“ Als Yami nun überrascht nickt, lehnt er sich mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl zurück. „Jedes Mal, wenn Yugi allein aufwacht ist er ein Morgenmuffel. Wenn du allerdings mit ihm zusammen aufstehst, ist er sogar schon vor seinem ersten Tee ansprechbar. Daran merkt man ziemlich deutlich, wenn du sehr früh aufstehst.“ In Gedanken fragt sich Sugoroku, warum Yami wieder in diese Angewohnheit aus seinen ersten Tagen bei ihnen zurückgefallen ist.
 

Überrascht darüber, dass er so einen starken Einfluss auf Yugi hat, sitzt Yami schweigend da. Dann blickt er wieder zu seinem Grossvater, der in aller Ruhe seinen Tee am Trinken ist. „Das heisst also, wenn wir gemeinsam aufstehen, dann ist er gut gelaunt und wenn ich schon früher in den Stall gehe, dann ist er so, wie ich ihn ganz am Anfang ab und zu erlebt habe?“

Nun nickt Sugoroku bestätigend. „Genau. So und ich denke, der Herr hatte jetzt genug Zeit zum Nachdenken.“ Mit einem leisen Ächzen steht er nun auf. „Fängst du bitte schon mal mit aufräumen an?“, fragend sieht er Yami an. „Ja, das kann ich machen, Grossvater. Sagst du mir dann, was mit Yugi los ist?“, bittend sieht er den alten Mann an, der ihm lächelnd die Hand auf die Schulter legt. „Natürlich. Also dann, bis nachher.“
 

Im Lager hat Yugi inzwischen sein Brötchen gegessen und versucht sich nun auf die Buchhaltung zu konzentrieren. Nur bleibt es bei dem Versuch. Ohne die Zahlen wirklich zu sehen, blickt er auf die Tabelle und ist dabei so in Gedanken, dass er gar nicht bemerkt, wie sich Sugoroku nähert. Daher ist es auch kein Wunder, dass er vor Schreck zusammenzuckt, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Grossvater, was machst du denn hier? Ist etwas mit Yami?“, besorgt will er schon aufstehen, wird aber von Sugoroku zurückgehalten, der ihn kopfschüttelnd ansieht. „Nein, aber ich wüsste gern, was mit dir los ist?“ Die Arme vor seiner Brust verschränkend lehnt er sich rücklings neben seinem Enkel an den Tisch, der nun den Kopf bedrückt senkt und beginnt mit dem Füllfederhalter zu spielen. „Habt ihr beide irgendwelche Probleme?“

Sofort schüttelt Yugi den Kopf, nickt dann aber nach einem Moment. „Ich weiss es nicht. Eigentlich nicht. Es ist nur, seit er am Mittwoch das erste Mal... naja... ähm... leicht erregt geworden ist, geht er sämtlichen Berührungen aus dem Weg. Das von heute Morgen ist schon das höchste der Gefühle, was er in der letzten Zeit zulässt. Ich weiss einfach nicht mehr, wie ich mich verhalten soll oder was ich falsch gemacht haben könnte.“ Nun beinahe den Tränen nahe, stützt Yugi seinen Kopf in die Hände und hebt den Blick auch nicht, als er die Arme seines Grossvaters um seine Schultern gelegt spürt.

„Ach Yugi, ich glaube nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Aber darf ich dich fragen, wie er reagiert hat, als er so körperlich auf dich reagiert hat?“, darauf wartend, dass sein Verdacht bestätigt wird, blickt Sugoroku auf das Buchhaltungsbuch und sieht, dass Yugi noch nichts aus der vergangenen Woche eingetragen hat.

„Er hat gezittert und war ziemlich sicher überfordert. Vermutlich hat er sogar Angst gehabt. Allerdings hat er nichts dazu gesagt. Warum fragst du?“, auf eine Erklärung hoffend, hebt Yugi nun seinen Blick.

Tief einatmend, setzt Sugoroku nun zu einer Erklärung an. „Weil ich einen Verdacht habe. Ich vermute nämlich, dass Yami im Moment sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich befürchte, dass ihr beide nun in einem Bereich unterwegs seid, in dem sich Yami nun jeden Schritt noch mühsamer erkämpfen muss. Es würde mich nämlich nicht wundern, wenn er nun wirklich so gut wie alles, mit schlechten Erfahrungen verknüpft. Damit meine ich auch, wenn sein Körper auf dich mit Erregung reagiert. Darum lässt er zurzeit wohl keine Nähe zu.“ Versucht Sugoroku seine Gedanken in verständliche Worte zu fassen. Wer hätte gedacht, dass er mit seinem Enkel mal so ein Gespräch führen muss.
 

Mit grossen Augen sieht Yugi seinen Grossvater an. „Du meinst also, dass er gar nicht bemerkt, dass er sich extrem abweisend verhält, weil er mit sich selbst beschäftigt ist?“ Ungläubig sitzt Yugi da, weil er gar nicht auf die Idee gekommen ist, dass die Erklärung für Yamis Verhalten so einfach sein kann.

„Ja, das meine ich. Natürlich kann ich nicht in seinen Kopf schauen, aber er war über deinen Abgang vorhin genauso erstaunt wie ich“, nickt Sugoroku bestätigend. Sich wieder an die Tischplatte lehnend, blickt er seinen Enkel an, der nun deutlich entspannter wirkt, als noch vor ihrem Gespräch, aber etwas scheint ihn immer noch zu bedrücken. „Also, was ist denn noch los? Du wirkst, als würde dich noch etwas beschäftigen.“ Die Arme verschränkend, wartet er geduldig auf eine Antwort.

Ist dann aber ziemlich verwundert, als Yugi erst zur geschlossenen Tür blickt, ehe er sich aufseufzend zurücklehnt. „Yami erinnert sich an seinen richtigen Namen. Er weiss aber nicht, dass ich ihn weiss, weil ich mich schlafend gestellt habe, als er ihn mir gesagt hat. Noch will er ihn nämlich nicht benutzen, er fühlt sich wohl noch nicht bereit dazu.“ Während Yugi geredet hat, ist sein Blick zum Fenster gewandert, wo er jetzt einen Spatz beobachtet, der wohl versucht an die Mücken zu kommen, die sich an dem hellen Fensterrahmen niedergelassen haben.
 

Mit hochgezogener Augenbraue mustert Sugoroku seinen Enkel, der nun in Gedanken versunken dasitzt. „Und was ist daran so schlimm? Ich meine, wenn er noch nicht bereit dazu ist, ist es doch in Ordnung, wenn er ihn dir noch nicht sagt.“
 

Kurz lacht Yugi humorlos auf. „Das ist es ja nicht, was mich beschäftigt. Es ist nur, sein wahrer Name lautet Atemu.“

Geschockt zieht Sugoroku die Luft ein. „Du machst wohl Witze. Yugi, das ist nicht lustig.“ Sich mit der Hand auf der Tischplatte abstützend lehnt er sich zu seinem Enkel, der ihn aber todernst ansieht.

„Ich mache keinen Witz. Er hat deutlich gesagt, dass er Atemu heisst. Grossvater, was ist, wenn er Amaras Atemu ist? Ich meine, kann das überhaupt sein? Solche Zufälle kann es doch gar nicht geben.“ Den Blick voller Fragen und Zweifel, wartet er auf eine Reaktion seines Grossvaters, der jedoch nur stumm vor sich hinstarrt. In Gedanken wohl ganz woanders oder besser gesagt in einer anderen Zeit ist.
 

Es dauert ziemlich lange, bis Sugoroku wieder ins Hier und Jetzt zurückfindet und sich auch soweit gefangen hat, dass er die Fragen beantworten kann. Mitbekommen hat er sie nämlich trotz seiner geistigen Abwesenheit. „Ich befürchte, dass es sehr gut möglich ist, dass er Amaras Atemu ist. Überlege nur, was wir schon von ihm wissen und auch beobachtet haben. Der Zufall wäre zwar wirklich riesig, aber solche Zufälle kann es leider wirklich geben. Und bevor du fragst, was wir machen sollen. Wir werden gar nichts machen, bis Yami von allein auf uns zukommt. Denn es ist allein seine Entscheidung, was er machen wird, wenn er sich an seine Vergangenheit erinnert. Alles was wir tun können, ist für ihn da zu sein und ihn zu unterstützen, aber noch ist es nicht soweit und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es nie dazu kommen wird. Denn laut Hopkins hat Atemu den Absturz des eisernen Vogels damals nicht überlebt.“ Hoffend, dass er seinen Enkel ein wenig aufbauen konnte, blickt er ihn an und legt ihm die Hand auf die Schulter.

Dies registriert Yugi allerdings nur am Rande. „Ist es egoistisch zu hoffen, dass es nie dazu kommen wird, dass er sich an alles erinnert und er für immer hier bei uns bleibt? Ich meine, wenn er wirklich Amaras Atemu ist, dann will er dann doch sicher wieder zurück nach Ägypten.“ Zwischen seinen Gefühlen hin und her gerissen fährt sich Yugi durch die Haare. „Ich will ihn nicht verlieren.“

Versuchend seinen Enkel aufzumuntern, drückt Sugoroku dessen Schulter ein wenig fester. „Da bin ich mir nicht so sicher, dass er dann wieder zurück wollen würde. Du hast nicht alles mitbekommen, was mir Amara so erzählt hat und das will ich auch nicht alles wiederholen. Darum sage ich dir nur eins. Wenn er wirklich der Atemu ist, dann ist er in einem goldenen Käfig aufgewachsen und ich kann mir nicht vorstellen, dass er freiwillig in diesen zurückkehren wird. Deswegen male den Teufel nicht an die Wand und versuche nicht zu sehr an die Zukunft zu denken. Denn wie heisst es doch so schön? Alles ist möglich.“ Zuversichtlich lächelt er Yugi an, denn er kann sich noch zu gut daran erinnern, was ihm Amara so alles über ihren ehemaligen Schützling erzählt hat.
 

Von den Worten seines Grossvaters erleichtert, schafft es Yugi sogar, wieder leicht zu lächeln. „Ich hoffe, du hast Recht, aber noch mehr hoffe ich, dass er einfach nur zufälligerweise den gleichen Namen hat. Denn das wäre am einfachsten für uns alle.“ Seine Schultern straffend setzt er sich in dem Stuhl auf und greift wieder nach dem Füllfederhalter, den er vor einer Weile hingelegt hat. „Dann mache ich mich mal an die Buchhaltung. Danke Grossvater und bitte sage Yami nichts davon, dass wir seinen richtigen Namen wissen.“
 

Die Schulter seines Enkels noch einmal drückend richtet sich Sugoroku wieder auf. „Natürlich werde ich zu dem Teil des Gespräches nichts sagen, aber Yami macht sich Sorgen um dich und ich habe ihm versprochen, dass ich ihm sagen werde, was mit dir los ist. Darum mach dich schon mal darauf gefasst, dass er wohl schon bald hereinkommen wird. Denn ich werde ihm sagen, dass er dich mit seinem Verhalten verletzt und verunsichert hat.“ Als er an der Tür ist, dreht sich Sugoroku noch einmal zu ihm um. „Yugi, nimm es nicht zu schwer, wenn er sich ab und zu zurückzieht. Yami braucht dich, aber manchmal muss er sich seinen Dämonen auch allein stellen. Warte dann einfach ab, bis er wieder auf dich zukommt.“ Es dauert einen Moment, doch dann nickt ihm Yugi zu, dass er verstanden hat. Sagen tut dieser allerdings nichts mehr und das kann Sugoroku auch sehr gut verstehen. Hat sein Enkel doch viel zu verarbeiten und dies kann er ihm leider nicht abnehmen.

Als er die Tür aufmacht, sieht er Yami neben der Küchentür an der Wand lehnen. „Yami, was machst du denn da?“, fragend sieht Sugoroku ihn an, während er gleichzeitig die Tür hinter sich schliesst.

Sofort richtet sich Yami auf und erwidert angespannt seinen Blick. „Ich war im Stall nachdem ich die Küche fertig aufgeräumt hatte, aber ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten und darum dachte ich mir, dass ich ja auch hier warten kann. Was hat Yugi gesagt? Was ist mit ihm los?“ Am liebsten würde er sofort zu Yugi gehen, aber was ist, wenn sein Sharik ihn nicht sehen will?
 

Innerlich seufzt Sugoroku müde auf. Nun kommt also der zweite Teil seiner Mission. „Na komm, mein Junge. Wir setzen uns jetzt gemütlich hin und dann sage ich dir, was Yugi mir erzählt hat.“ Bestimmt schiebt er Yami in Richtung Treppe, will er doch mit ihm im Wohnzimmer sprechen, weil es da wenigstens ein bisschen kühler als in der Küche ist.

Widerwillig lässt es Yami zu, dass ihn sein Grossvater nach oben ins Wohnzimmer dirigiert und dann sogar auf das Sofa drückt. Wäre er doch viel lieber im Flur geblieben, um sofort zu sehen, wenn sein Sharik aus dem Lager kommt. „Also, was ist nun los?“, schon beinahe auf dem Sofa rumzappelnd sieht er Sugoroku an, der es sich in dem Sessel gemütlich macht. „Also, Yugi ist verunsichert und verwirrt, weil du dich von ihm zurückgezogen hast und bevor du weiter fragst, er hat mir grob erzählt, was an dem Abend vorgefallen ist. Nun würde ich aber noch gern deine Sicht hören.“
 

Bei den Worten wäre Yami am liebsten aufgesprungen. Doch Sugorokus Blick hält ihn regelrecht auf dem Sofa fest. „Grossvater, ich...“, setzt er zu einer Ausrede an. Will er doch zu Yugi und mit ihm reden, aber dann seufzt er ergeben auf. Sieht er doch ganz genau, dass dieser ihn nicht gehen lassen wird. „Wenn dir Yugi ja schon grob erzählt hat, was passiert ist, dann sage ich dazu nur noch eins. Ja, ich wurde durch den Kuss erregt und das hat mich verwirrt und mir ehrlich gesagt auch Angst gemacht. Darum habe ich mich in den letzten Tagen etwas zurückgezogen, damit ich über das was passiert ist, nachdenken konnte. Yugi hat nichts falsch gemacht. Im Gegenteil. So und jetzt bin ich weg.“ Ohne auf eine Antwort zu warten steht Yami auf und geht schnurstracks aus dem Wohnzimmer.

Zurück lässt er einen sprachlosen Sugoroku, der mit so einem Abgang nie gerechnet hätte. Schliesslich steht auch er kopfschüttelnd auf und holt sich ein Buch aus dem Regal. Diesmal entscheidet er sich für den guten alten Hamlet.
 

Zielstrebig geht Yami auf die Lagertür zu und öffnet sie ohne vorher anzuklopfen. Doch kaum hat er die Tür hinter sich geschlossen, wird er unsicher. „Sharik?“ An der Tür stehen bleibend, wartet er darauf, dass sich Yugi zu ihm umdreht. Was dieser nach einem Moment auch macht. „Yami, Was ist denn?“, fragend wird er von seinem Sharik angesehen. Dieser Blick ist es, der ihn aus seiner Starre reisst. Noch bevor sich Yami bewusst ist, dass er sich bewegt hat, schlingt er seine Arme um Yugi und zieht ihn in eine feste Umarmung. Nicht wissend was er sagen soll, drückt er ihn fest an sich und spürt dann erleichtert, dass sich dessen Arme um ihn legen.
 

Yugi ist so überrascht, dass er einfach nur die Umarmung erwidert und das warme Gefühl, das sich nun in ihm ausbreitet geniesst. Vertreibt diese Wärme doch die Kälte, die seit Tagen in seinem Inneren geherrscht hat.
 

Lange halten sie sich fest, bis sich Yami langsam wieder etwas zurückzieht. „Yugi, ich... es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen, aber ich...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. „Ist schon in Ordnung...“ nun ist es Yugi der von einem Finger auf seinen Lippen zum Schweigen gebracht wird. „Nein, das ist es nicht. Ich habe dich durch mein Verhalten verletzt und das ist nicht richtig von mir gewesen. Es ist nur so, dass ich durch meine Reaktion auf den Kuss so verwirrt gewesen bin und mich erst einmal selbst wieder sortieren musste und auch immer noch muss. Yugi, ich habe so ein Chaos in mir. Ein Teil von mir, will alles mit dir auf einmal erleben, aber dann gibt es noch die Seite in mir, die vor alldem panische Angst hat. Diese zwei Seiten muss ich irgendwie versuchen miteinander zu verbinden und darum habe ich mich in den letzten Tagen zurückgezogen. Jedes bisschen Nähe zu dir war irgendwie schon zu viel.“ Um Verständnis bittend sieht er Yugi an, der nun lächelnd nach seiner Hand greift und sanft einen Kuss auf die Knöchel haucht.

„Wie gesagt, es ist schon in Ordnung. Sag mir aber bitte in Zukunft Bescheid, wenn du dich zurückziehst. Sonst mache ich mir wieder Sorgen und frage mich, was mit dir los ist.“ Weil er so langsam aber sicher einen steifen Hals bekommt, steht Yugi auf. So ist der Grössenunterschied nicht mehr ganz so gross, wie wenn er sitzend zu seinem Liebsten hochschaut.
 

Erleichtert darüber, dass ihm sein Sharik nicht böse ist, beugt sich Yami lächelnd vor, um seine Lippen mit denen von Yugi zu vereinen. Es ist ein sanfter Kuss, den sie teilen und beide geniessen sie ihn. Sind sie sich doch seit Tagen nicht mehr so nahe gewesen, wie jetzt in diesem Moment.

Sie wissen nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als sie sich nach Luft schnappend wieder voneinander lösen. „Das hat mir in den letzten Tagen so sehr gefehlt, du hast mir gefehlt.“ Lächelnd streicht Yugi wieder diese hartnäckige Strähne aus Yamis Stirn.

„Du hast mir auch gefehlt. Ich wollte dir so gern nahe sein, aber ich konnte es einfach nicht.“ Mit einem leisen Seufzen vergräbt Yami sein Gesicht an Yugis Schulter. Mit geschlossenen Augen geniesst er nun die leichten Streichelbewegungen auf seinem Rücken.

Trotzdem löst er sich nach einer Weile wieder aus den Armen seines Shariks und lehnt sich rücklings an die Tischplatte. Weshalb sich Yugi eigentlich wieder hinsetzen möchte, aber zu seiner Überraschung wird er von Yami so an dessen Körper gezogen, dass er zwischen seinen Beinen zu stehen kommt. „Ähm Yami? Du bist dir aber schon bewusst, wo ich mich jetzt befinde?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der den Blick grinsend erwidert. „Ja, du bist genau da, wo du hingehörst.“ Wie er es erhofft hat, ziert wie auf Kommando eine leichte Röte Yugis Wangen. Was ja irgendwie schon erstaunlich ist, wenn er daran denkt, was er bei Jonouchi so erfahren hat.
 

Ergeben lehnt sich Yugi an Yamis Oberkörper. Wenn dieser der Meinung ist, dass er mit dieser Position klarkommt, dann wird er ihm sicher nicht widersprechen. Zudem liebt er es irgendwie, wenn dieser mit einer so erotischen Stimme spricht, wie gerade eben.

Doch dann fällt ihm ein, dass er seinem Liebsten noch etwas erzählen muss. „Du Yami...“, beginnt Yugi vorsichtig. „Ich muss dir noch wegen morgen etwas sagen.“ Sofort wird er feste Griff ein wenig gelockert und er prüfend angesehen. „Was willst du mir sagen?“, angespannt wartet Yami auf die Antwort.
 

Tief Luft holend, blickt Yugi seinen Liebsten an. „Morgen kommt im Lauf des Tages ein Handwerker vorbei und...“ „Warum? Es ist doch nichts kaputt.“ Wird er von Yami unterbrochen, der ihn nun ganz loslässt und den Kopf mit einem nervös fragenden Blick zur Seite neigt.
 

Lächelnd greift Yugi jetzt nach dessen Hand und wirft die Idee, Yami eventuell damit nach ihrem Besuch in Edo zu überraschen über Bord. „Grossvater und ich haben schon vor einer Weile darüber gesprochen, in deinem Zimmer eine Tür einbauen zu lassen, die direkt in den Flur führt.“ Sofort spürt Yugi, wie sich sein Liebster verspannt. „Natürlich bleibt die Verbindungstür zwischen unseren Zimmern bestehen. Wir dachten einfach, dass du vielleicht auch gern eine eigene Tür in den Flur hättest, die du natürlich auch jederzeit abschliessen kannst, wenn du willst.“
 

Prüfend mustert Yami nun Yugis Gesicht. „Wenn ihr meint, dass es nötig ist, okay. Nur reicht mir persönlich die Tür in dein Zimmer vollkommen aus. Ich schlafe ja sowieso bei dir, also könntet ihr euch die Silbermünzen für den Handwerker auch sparen.“ Wenn Yugi jetzt nicht seine Hand festhalten würde, dann stünde er jetzt mit verschränkten Armen vor seinem Sharik. Sicher könnte er ihm seine Hand entziehen, aber das will Yami nicht. Deswegen stützt er sich einfach mit seiner freien Hand auf der Tischplatte ab und wartet auf eine Antwort.
 

Von der ablehnenden Haltung seines Liebsten überrascht, braucht Yugi einen Moment, bis er sich von seiner Überraschung erholt hat. „Ich dachte, dass du dich vielleicht freust, wenn du etwas mehr Privatsphäre bekommst.“ Lächelnd sieht er Yami nun an, der geduldig darauf wartet, dass er weiterspricht. „Ich mache dir einen Vorschlag. Morgen kommt der Handwerker sowieso nur vorbei, um zu schauen ob es überhaupt möglich ist und wie viel es ungefähr kosten würde. Wenn wir das alles wissen, können wir ja dann entscheiden, ob die Tür eingebaut wird, oder nicht. Was meinst du zu dem Vorschlag?“ Mit seinem Daumen sanft über Yamis Handrücken streichelnd, wartet nun Yugi auf eine Antwort.
 

Sämtliche Möglichkeiten in Gedanken durchgehend, legt sich Yami seine freie Hand auf das Kinn, die er aber nach ein paar Sekunden wieder sinken lässt. „Na gut, aber eins kann ich dir jetzt schon sagen, wenn die Tür eingebaut wird, dann bleibt sie abgeschlossen. Ich brauche sie nämlich wirklich nicht.“ Nun beugt er sich mit einem schelmischen Grinsen etwas nach vorn, bis sein Gesicht nur noch Millimeter von Yugi entfernt ist. „In deinem Zimmer gefällt es mir nämlich viel besser. Besonders wenn du mit mir drin bist.“ Absichtlich lässt er seine Stimme etwas tiefer werden, da er inzwischen gemerkt hat, dass sein Sharik dann so süsse rote Wangen bekommt.
 

Wie auf Kommando wird Yugi tatsächlich ein wenig rot, allerdings lässt er sich diesmal davon nicht beirren. „Es hat auch niemand behauptet, dass du die Tür benutzen musst, ausserdem will ich dich gar nicht mehr aus meinem oder besser gesagt unserem Zimmer lassen. Es gefällt mir nämlich auch sehr gut, wenn du mit mir drin bist.“ Noch bevor Yami etwas darauf erwidern kann, überbrückt Yugi die letzten Millimeter und verschliesst so die Lippen seines Liebsten. Dieser lässt sich nur zu gern auf den Kuss ein, hat er doch in den letzten Tagen die Berührungen seines Shariks auch vermisst. Obwohl er sie gleichzeitig nicht ertragen konnte.
 

Erst ein Räuspern aus Richtung der Tür, bringt sie dazu, sich wieder von einander zu lösen. „Ich störe ja nur ungern, aber Rocky ist gerade dabei das Heulager leer zu fressen und Blacky unterstützt ihn dabei tatkräftig.“ Breit grinsend sieht Sugoroku Yami nach, der sich mit einem Fluch von Yugi gelöst hat und an ihm vorbei aus dem Zimmer rennt.
 

Mit verschränkten Armen steht Yugi nun schmollend da. „Mann Grossvater, musste das ausgerechnet jetzt sein. Verdammt, du hättest die beiden auch selbst wieder in ihre Boxen stellen können. Schliesslich sind sie früher oft genug ins Lager spaziert, als wir die beiden frisch hatten und nicht gewusst haben, dass Rocky jeden normalen Boxenriegel aufkriegt, selbst wenn er in der Box steht und dann sogar hingeht und Blacky auch noch raus lässt.“ Mit einem theatralischen Seufzen lässt sich Yugi auf den Stuhl fallen.

Während Sugoroku ihn mit einem unschuldigen Blick ansieht. „Was denn? Hätte ich euch etwa weitermachen lassen sollen, bis sich Yami wieder überfordert? Ausserdem bin ich inzwischen zu alt, um mit den beiden Rabauken, Menschlein fang mich doch durch das halbe Lager zu spielen.“ Mit diesen Worten dreht er sich wieder zum Flur um. „Ich gehe dann mal langsam das Mittagessen vorbereiten. Ach ja, heute gibt’s Birchermüsli mit Früchten drin.“
 

Sich wieder der Buchhaltung zuwendend, die noch genauso weit fortgeschritten ist, wie am Morgen, als ihn sein Grossvater allein gelassen hat, murmelt Yugi leise maulend vor sich hin. „Na hoffentlich mag das Yami auch. Sonst kannst du dir dann von ihm bestimmt etwas anhören.“

Naja, wenigstens kann er sich jetzt endlich wieder konzentrieren, wo er weiss, was mit seinem Liebsten in den letzten Tagen los gewesen ist und alles andere wird sich in der Zukunft zeigen müssen. Weshalb er diese Gedanken weit von sich schiebt. Nicht, dass er sich doch noch verrechnet oder verschreibt und so das teure Papier verschwendet.
 

Unterdessen schliesst Yami fluchend Rocky und Blacky wieder in ihren Boxen ein. Wie konnte er nur vergessen, Bei Rocky den Riegel zu blockieren. Obwohl, so wie er vor seinem Gespräch mit Yugi drauf gewesen ist, wundert es ihn eigentlich gar nicht. Dafür muss er den beiden jetzt ihr Mittagsheu nicht geben und kann sich die gefüllten Netze für den Nachmittag aufsparen. Mit einem leichten Kopfschütteln nimmt Yami den Eimer in die Hand und geht zu der Wasserpumpe. Wenn er jetzt schon hier draussen ist, dann kann er ja auch gleich den beiden Schlingeln frisches Wasser geben und sie ein wenig putzen.

Deswegen ist es schon Zeit für’s Mittagessen, als Yami mit allem fertig ist. Hat er die beiden Pferde doch gleich noch ein wenig gewaschen, was sie mit einer deutlich sichtbaren Wonne genossen haben.
 

Als er dann in die Küche kommt, wird er schon von den anderen erwartet, weshalb er Yugi nur einen schnellen Kuss auf die Lippen haucht, ehe er sich auch an den Tisch setzt. Inzwischen richtig hungrig, greift er nach der Schüssel, sieht dann aber was es gibt. „Ähm, nehmt ihr beide doch zuerst. Ich habe keinen grossen Hunger.“ Mit einer möglichst neutralen Miene reicht er das Birchermüsli an Sugoroku weiter, ohne sich selbst den Teller gefüllt zu haben.

Dieser nimmt die Schüssel mit einem erstaunten Gesichtsausdruck entgegen, sagt aber nichts dazu. Auch wenn er sich fragt, ob Yami nicht doch krank ist. Hat dieser doch sonst um diese Zeit immer Hunger.
 

Innerlich grinsend, lädt sich auch Yugi eine grosszügige Portion auf seinen Teller und stellt dann die Schüssel wieder mittig auf den Tisch. Allerdings tut ihm Yami ja schon etwas leid, weil sich dieser jetzt eine Scheibe Brot nimmt, die sie immer zu dem Müsli essen. „Schatz? Willst du mal bei mir probieren, ob du das Müsli nicht doch magst? Grossvater gibt immer kleine Apfelstücke rein und wie du siehst hat es auch Trauben und sogar Orangenschnitze drin.“ Fragend sieht er Yami an, der das Birchermüsli nun mit deutlichem Widerwillen mustert. „Nein, danke. Haferflockenzeugs hatte ich in den letzten Jahren wirklich mehr als genug. Da esse ich lieber ein paar Stücke Brot.“
 

Erst jetzt wird Sugoroku bewusst, dass Yami wohl nicht nur Haferbrei wie die Pest hasst, sondern alles was irgendwie mit Haferflocken als Hauptzutat zubereitet wird. „Ich habe noch Orangen und Trauben übrig. Sogar ein halber Apfel ist noch da. Wenn du von dem Müsli nichts essen möchtest.“ Bietet er Yami mit einem schlechten Gewissen an, für ihn etwas Anderes auf den Tisch zu stellen.

Doch zu seiner Überraschung schüttelt Yami nur den Kopf. „Das ist nicht nötig. Ich bin auch mit deinem leckeren Brot zufrieden. Du konntest es ja nicht wissen, dass ich das Zeugs zuoberst habe.“
 

Dies passt nun aber Yugi nicht, weshalb er seinen Teller über den Tisch schiebt und dann zu Yami rübergeht. Sich auf dessen Schoss setzend schnappt er sich seinen Teller und fischt mit dem Löffel eine der Trauben aus seinem Müsli. „Hier, ich brauche die Trauben nicht unbedingt.“ Auffordernd hält er seinem Liebsten den Löffel mit der Frucht vor den Mund, bis dieser seine Lippen mit einem erstaunten Ausdruck in den Augen öffnet.

„Yugi, du musst mich doch nicht füttern. Ausserdem ist es dein Mittagessen und ich will dir nicht die Früchte daraus wegessen.“ Er hat kaum den Satz beendet, als ihm schon der nächste Löffel hingehalten wird. Diesmal mit einem halben Orangenschnitz drauf.

„Keine Widerrede Yami. Ich brauche die Früchte nicht unbedingt und wenn du schon nicht willst, dass dir Grossvater die übrig gebliebenen Früchte holt, dann iss wenigstens die Fruchtstücke aus dem Müsli.“ Streng sieht er seinen Liebsten an, der jetzt doch noch nachgibt und den Mund wieder öffnet. Als dieser dann den leicht säuerlichen Orangenschnitz genommen hat, nimmt Yugi für sich selbst einen Löffel mit Haferflocken und einem Stückchen Apfel darauf.
 

Kopfschüttelnd beobachtet Sugoroku das Schauspiel, das ihm seine Enkel da bieten. Eigentlich mag er es ja gar nicht, wenn man sich am Tisch so verhält, aber da Yugi Yami so dazu bringen kann etwas von dem Müsli zu essen, schweigt er mal ausnahmsweise dazu, auch wenn er nie gedacht hätte, dass sich dieser einfach so füttern lässt, wenn er nicht gerade krank ist. In Zukunft wird er aber daran denken, dass er für Yami einen Fruchtsalat oder so macht, wenn er mal wieder ein Birchermüsli zusammenstellt.
 

Von Sugorokus Blicken bemerkt Yami gar nichts. Geniesst er es doch inzwischen, dass ihn sein Sharik so füttert. Auch wenn er nicht gerade begeistert davon ist, dass ab und zu etwas zu viele von den scheusslichen Haferflocken auf dem Löffel sind.
 

Auch Yugi gefällt dieses Spiel inzwischen ziemlich gut. Dabei wundert er sich allerdings, dass sein Grossvater nichts dazu sagt. Hat er doch früher, als Linus manchmal bei ihnen gegessen hat, immer reklamiert, wenn sie sich gegenseitig gefüttert haben.

Unauffällig schielt er deswegen schnell zu ihm rüber, als er sich seinen Teller neu füllt und sieht dabei, dass dieser sie beide mit einem breiten Grinsen beobachtet. So ist das also.

Während er sich nun von dem Müsli nimmt, achtet er darauf, dass er diesmal besonders viele Fruchtstücke erwischt.
 

Nach dem Mittagessen, das ein bisschen länger als sonst gedauert hat, helfen sie Sugoroku noch beim Aufräumen und abwaschen. Ist doch, trotz dass Yami nur die Fruchtstücke gegessen hat, das Birchermüsli wie durch ein Wunder komplett aufgegessen worden. Dafür ist etwas mehr von dem Brot übriggeblieben, aber das legen sie einfach für das Abendessen zur Seite.
 

Weil sie beide, dadurch dass sie am Morgen getrödelt haben, noch ziemlich viel erledigen müssen, sehen sie sich dann erst beim Abendessen wieder. Diesmal gibt es zum Glück etwas, was Yami auch mag. Nämlich belegte Brote, hart gekochte Eier, sowie Tomaten und Essiggurken.

Hungrig greift er nun zu und geniesst das Abendbrot. Haben die Früchte und das Brot ihn doch nicht allzu lange satt gemacht. Nur wollte er am Nachmittag nichts aus der Vorratskammer holen gehen.
 

Während sie essen, fällt Yugi plötzlich noch etwas ein. „Ach ja, wegen morgen.“ Sofort hat er die volle Aufmerksamkeit von Yami, der ihn mit gerunzelter Stirn anblickt. „Ja, was ist wegen morgen?“

Bei dem Blick seines Liebsten, wird Yugi tatsächlich ein wenig nervös. „Naja, wir wissen nicht genau, wann der Handwerker kommt. Darum musst du morgen wohl oder übel auch im Haus dieses verdammte Halsband tragen, bis Herr Tobira hier gewesen ist. Im Stall kann ich es ja zum Glück begründen, wenn du es nicht trägst.“

Mit einem schlechten Gewissen sieht er seinen Liebsten an. Hat er doch bis gerade eben vollkommen verdrängt gehabt, was es für Yami bedeutet, wenn Fremde ins Haus kommen.

Doch dann spürt Yugi eine Hand auf seinem Unterarm. Als er daraufhin den Blick hebt, sieht er Yami zu seinem Erstaunen leicht lächeln. „Da sagst du mir nichts Neues, Sharik und ich werde auch Osis im Schrank verstauen und die Bücher wieder zurück ins Regal stellen. So, dass mein Zimmer etwas mehr wie das eines armen Sklaven aussieht.“ Yugi zuzwinkernd richtet er sich wieder auf und greift nach einem Stück Tomate, das er sich in den Mund schiebt und nach gründlichem kauen runterschluckt. „Aber eins sage ich dir. Wenn der Typ da ist, lasse ich ihn nicht aus den Augen. Also stell dich schon mal darauf ein, dass ich dann zufälligerweise sehr viel im Haus zu tun haben werde.“ Obwohl sein Blick deutlich sagt, dass er die Worte todernst meint, lächelt er Yugi weiterhin an.
 

„Ist gut. Es ist deine Entscheidung, wenn du dabei sein willst, dann verbiete ich es dir sicher nicht, aber ich will nicht wieder so einen Ausraster wie bei Bakura erleben. Also reiss dich bitte zusammen und zwar egal was gesprochen wird.“ Mit jetzt verschränkten Armen dasitzend, fixiert Yugi seinen Liebsten mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Der ihn jetzt erstaunt ansieht und wortlos nickt. Weiss Yami doch nichts darauf zu erwidern. Schliesslich hat sein Sharik ja nicht so ganz Unrecht.
 

In aller Ruhe hört Sugoroku den beiden zu, während er sich eins der hart gekochten Eier schält. Bei solchen Gesprächen mischt er sich prinzipiell nur ein, wenn die beiden von allein nicht weiterkommen. Schliesslich sind sie alt genug um wie erwachsene Menschen miteinander zu reden und wenn sie sich ihre Vermutung oder besser gesagt Befürchtung bestätigt, ist Yami sogar ein paar Monate älter als Yugi.
 

Nach dem Abendessen, zieht Yami Yugi regelrecht nach draussen, wo er nur noch schnell den leeren Mistkarren wieder reinholt, ehe er seinen Sharik dazu auffordert die Grundposition einzunehmen. Kaum hat dies Yugi gemacht, muss er die ersten Schläge abwehren und auch kontern.

Danach geht Yami dazu über ihn festzuhalten.

„Hey Yami, das ist nicht fair. Wenn du mich so stark festhältst, kann ich mich nicht befreien“, beschwert sich Yugi nach ein paar erfolglosen Befreiungsversuchen.

Doch dies lässt Yami nur fies grinsen. „Dann überlege dir eine andere Möglichkeit, dich zu befreien.“ Dies hätte er besser nicht gesagt, denn schon spürt er Yugis Lippen auf den seinen.

Von der Attacke überrumpelt öffnet er seinen Mund, was sein Sharik wohl als Einladung versteht. Denn auf einmal spürt er, wie dessen Zunge langsam in seinen Mund vordringt. Im ersten Moment will er instinktiv zurückweichen, aber dann beginnt er den Kuss zögernd zu erwidern, während er seine Arme um Yugi schlingt.

Auch wenn er wieder einen leichten Anflug von der bekannten Angst in sich aufsteigen spürt, beginnt Yami nach einer Weile ihr Zungenspiel zu geniessen und als er dann merkt, dass Yugi sofort zurückweicht, wenn er selbst einen Vorstoss wagt, wird die angsterfüllte Seite in ihm immer kleiner.

Schliesslich übernimmt er die Führung und drängt den Eindringling zurück in dessen Reich. Langsam beginnt Yami nun den Mund seines Shariks zu erkunden, was diesem ein genüssliches Stöhnen entlockt.

Immer mehr lässt sich Yugi in den Kuss fallen und vergisst dabei alles um sich herum. Ohne, dass er es sich bewusst ist, beginnen seine Hände über den Oberkörper seines Liebsten zu fahren, bis sie den Rand von dessen Shirt erreicht haben.
 

Als Yami plötzlich die Hände Yugis auf seiner nackten Haut spürt, kommt mit einem Schlag die Panik zurück. Schwer atmend löst er den Kuss und weicht ein paar Schritte zurück.

Nun die Hände auf seinen Oberschenkeln abstützend, beugt er sich leicht vor und versucht das Gefühlschaos in sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Hat sein Körper doch diesmal auch wieder auf Yugi reagiert.

Deutlich spürt er die Sorge seines Shariks, weicht dann aber trotzdem zurück, als ihn dieser an der Schulter anfassen möchte. „Nicht. Gib mir bitte einen Moment.“ Um Verständnis bittend, sieht er ihn an.

Sofort lässt Yugi die Hand wieder sinken, bleibt aber direkt vor seinem Liebsten stehen. „Yami, es tut mir leid. Ich habe in dem Moment nicht nachgedacht. Ich...“, nicht wissend, wie er seine Gedanken in Worte fassen soll, verstummt Yugi. Wie hatte er nur so die Kontrolle verlieren können, er weiss doch, dass er sich in Minischritten vorwagen muss, wenn er vermeiden möchte, dass die ängstliche Seite in seinem Liebsten die Kontrolle übernimmt.

Den schuldbewussten Blick seines Shariks bemerkend, lächelt Yami ihn immer noch ein wenig zittrig an. „Ist schon gut, ich habe es selbst ein wenig übertrieben.“ Tief einatmend streckt er seine Hände aus und zieht Yugi in eine feste Umarmung, die dieser sofort erleichtert erwidert. Hat er doch schon befürchtet, dass sein Liebster sich nun wieder für Tage zurückziehen und ihn nicht an sich ranlassen würde.
 

Lange stehen sie so da, bis auch die letzten Sonnenstrahlen verschwunden sind und Sugoroku auf der Suche nach ihnen in den Hinterhof kommt und sie wortlos beobachtet.

Erst, als sie ihn bemerken, lassen sie einander wieder los und gehen Hand in Hand zurück ins Haus.
 

Keiner der Drei spricht ein Wort, bis sie sich oben im Flur mit einem „Gute Nacht“, voneinander trennen.
 

Noch immer hat Yugi die Befürchtung, dass sich Yami wieder von ihm zurückzieht, weshalb er ihn erleichtert in die Arme schliesst, als sich dieser an ihn kuschelt. „Wenn du Zeit für dich brauchst, ist es kein Problem. Sag es mir einfach, dann lasse ich dich in Ruhe.“ Lächelnd sieht er Yami in der Dunkelheit an, der sich nun zu ihm beugt. „Diesmal werde ich mich nicht zurückziehen. Versprochen. Denn ich weiss, dass du niemals etwas tun würdest, was ich nicht möchte oder besser gesagt noch nicht geniessen kann.“ Sanft haucht er Yugi einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze.
 

 

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Tja, was soll ich sagen... die beiden haben eine sehr komplizierte Beziehung. Zum Glück gibt es ja Grossvater, der zwischen den beiden so gut vermitteln kann.

 

Ach ja, ich habe mal im Scherz gesagt, dass ich gar nicht mehr zum schreiben kommen würde, wenn alle die die Geschichte in ihren Favos haben einen Kommi hinterlassen würden. Was ich sagen möchte, ich bin jedes Mal platt, wenn ich all die Favoriteneinträge sehe und danke euch dafür. *Diesmal ausnahmsweise mal im Nachwort*

 

So und jetzt zu guter letzt.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Besuch von den Tobiras

Hallo zusammen,

 

es ist wieder ein wunderschöner Sonntag und wie geplant ist das Kapitel fertig geworden.

 

Und das obwohl Yami mich echt beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Naja, ich spoilere mal lieber nicht zu viel, sondern wünsche euch nur viel Spass beim lesen.

 

Ich sage nur noch eins. Die Jungs treiben mich noch in den Wahnsinn!!!!

 

 

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Kapitel 41: Besuch von den Tobiras

 

 

Keuchend liegt Yugi auf der Matratze, während Yami mit den Lippen über seine glühende Haut fährt und kann dann ein lautes Stöhnen nicht mehr unterdrücken, als seine eine Knospe von der Zunge erst umspielt und dann in die heisse Mundhöhle gesogen wird.

Immer mehr windet er sich unter seinem Liebsten, der nun die Hand weiter auf seinem Oberkörper wandern lässt, bis sie den Rand seiner Shorts erreicht. Überdeutlich spürt er, wie die Finger unter den Bund gleiten und ihn...
 

Mit einem Stöhnen dreht sich Yugi auf den Bauch und kann nicht fassen, was er da gerade geträumt hat. Nur leider hat sich bei dem heissen Traum auch etwas in seiner geregt, weshalb er sich wieder auf den Rücken dreht, weil es so daliegend doch etwas zu unbequem wird.

Nur leider löst das nicht sein Problem und aufstehen möchte er eigentlich auch noch nicht. Weshalb er im schwachen Licht der Strassenlaterne zu Yami rüber schielt, der auf dem Bauch liegend noch tief und fest am Schlafen ist.

Sich auf die Lippen beissend, um auch ja keinen Ton von sich zu geben, lässt er seine Hand unter der Decke über seinen Körper wandern, bis er seine Härte in der Shorts umfassen kann.
 

Von dem unterdrückten Keuchen wacht Yami aus seinem leichten Schlaf auf. Verschlafen öffnet er seine Augen, ist es doch noch weit vor Sonnenaufgang. Nur um sie dann sofort wieder zu schliessen und den Kopf auf die andere Seite zu drehen. Ganz still bleibt er liegen und wartet ab, bis sein Sharik mit einem unterdrückten Keuchen seinen Höhepunkt erreicht.

Erst nachdem er in Gedanken bis 100 gezählt hat, wendet er sich um und sieht direkt in Yugis Augen, die ihn erschrocken ansehen. „Bist du schon länger wach?“, mit hochroten Wangen liegt er seitlich da und wartet hoffend, dass sein Liebster erst jetzt, wo er sich an ihn kuscheln und noch ein wenig dösen wollte, aufgewacht ist.
 

Mit ebenfalls leicht geröteten Wangen nickt Yami leicht. „Ja, ich habe vermutlich so ziemlich alles mitbekommen. Warum bist du nicht...?“, nicht wirklich wissend, wie er sich jetzt verhalten soll, bleibt er auf dem Bauch liegen und mustert seinen Sharik aufmerksam.
 

Die Hände vors Gesicht schlagend dreht sich Yugi wieder auf den Rücken. „Verdammt, weil ich zu faul zum Aufstehen gewesen bin und dachte, dass du noch tief und fest schläfst.“ Dass er zudem viel zu erregt gewesen ist, um noch einen klaren Gedanken fassen zu können und ihn die Vorstellung, dass Yami dabei in seiner Nähe ist, noch zusätzlich angeheizt hat, erwähnt er lieber nicht. Wer weiss, wie das sein Liebster auffassen könnte.
 

Erstaunt über die Aussage und dessen Verhalten, braucht Yami einen Moment, bis er seine Gedanken sortiert hat. Sich nun auf die Seite drehend, streckt er seinen Arm nach Yugi aus und fährt leicht mit seinen Fingerspitzen über dessen Oberkörper. „Das muss dir nicht unangenehm sein, Sharik. Ich bin auch nicht verängstigt oder so, sondern nur überrascht. Dass ich mal so aufwache, hätte ich nämlich nicht gedacht.“

Innerlich zittert er leicht vor Nervosität, aber zu seinem Erstaunen spürt er keine Angst, sondern eher eine Art vorsichtige Neugier.
 

Die streichelnden Fingerspitzen auf seiner Haut geniessend liegt Yugi ruhig da und blickt dann nach einer Weile unter seinen Fingern zu Yami rüber. „Du bist nicht sauer oder so?“ Hoffend, dass er die Worte vorhin richtig verstanden hat, schliesslich ist sein Gehirn noch nicht vollständig von dem Höhenflug zurück, wartet er auf eine verbale Bestätigung.

„Ja, ich bin nicht sauer oder so. Nur neugierig...“, bewusst lässt Yami den Satz unvollendet. Denn so ein kleines bisschen möchte er Yugi schon heimzahlen, dass ihm dieser am frühen Morgen so einen Schrecken eingejagt hat.
 

Bei dem Wort Neugierig wird Yugi sofort hellhörig. „Ich werde dir jede Frage beantworten, sobald ich aus den feuchten Shorts raus bin. Das wird nämlich langsam unangenehm.“ Bestimmt setzt er sich auf und schwingt seine Beine aus dem Bett, um dann zu dem Schrank zu gehen.
 

Schmunzelnd setzt sich Yami auf und schlingt die Arme locker um seine angezogenen Beine, während er geduldig darauf wartet, dass Yugi die umständliche Übung beendet, sich eine neue Shorts anzuziehen und gleichzeitig darauf zu achten ihm auch ja weiter den Rücken zuzudrehen. „Weisst du. Im Onsen habe ich dich auch schon nackt gesehen.“ Kann es sich Yami beim besten Willen nicht verkneifen seinen Sharik ein wenig aufzuziehen.

Nur kommt von diesem bloss ein Grummeln als Antwort, was irgendwie ein wenig enttäuschend ist. Darum sagt er nichts mehr, bis Yugi wieder zu ihm ins Bett kommt und sich relativ entspannt neben ihn setzt. „Also, dann schiess mal los.“ Abwartend sieht er Yami an, der sich aber nur mit einem breiten Grinsen vorbeugt und ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen haucht. „So und nun will ich wissen wie sich das anfühlt, an was du dabei denkst und wieso ausgerechnet heute Morgen.“
 

Bei der Fragenflut kann sich Yugi ein Stöhnen nicht verkneifen und das jetzt noch vor seinem ersten Tee. Wo hat er sich da nur wieder reingeritten! Das nächste Mal wird er sich ganz klar ins Bad verziehen und zwar egal wie spät es ist! „Also“, beginnt er schliesslich nach einer Weile des Nachdenkens. „Bitte sei jetzt nicht geschockt, aber ich hatte einen sehr... ähm... anregenden Traum. Darum ausgerechnet heute Morgen.“ Fängt er mit der einfachsten Frage an, die zudem auch am wenigsten peinlich ist. „Gedacht habe ich dabei eigentlich an gar nichts Bestimmtes. Nur... ähm...naja.... ähm... dass es deine Hand wäre.“ Jetzt nuschelt er mehr, als dass er noch deutlich spricht. Mit gesenktem Kopf dasitzend, wartet er darauf, dass sich Yami nun irgendwie abweisend verhält.

Doch zu seinem Erstaunen, sieht ihn dieser nur abschätzend an, ehe der Blick zu dessen eigenen Händen wandert. „Verstehe und wie fühlt es sich für dich an?“ Zwar von Yugis Aussage verunsichert, aber doch immer noch neugierig, sitzt er nun im Schneidersitz vor seinem Sharik und wartet gespannt auf die Antwort.
 

Verlegen kratzt sich Yugi nachdenklich am Hinterkopf. „Naja, also das ist als würde ein Feuerwerk in mir explodieren. Weisst du, da sind erst diese unglaubliche Spannung und eine Hitze in mir. Das wird immer mehr, bis sich alles auf einen Schlag entlädt und das Gefühl dabei kann ich gar nicht beschreiben. Ich glaube, das musst du irgendwann einfach selbst erleben.“
 

Zweifelnd blickt Yami seinen Sharik an. Das Gefühl des Höhepunktes kennt er leider aus schmerzlicher Erfahrung. „Ich habe es erlebt“, deutlich sind der Widerwille und der Ekel aus seiner Stimme herauszuhören.

Dazu der vielsagende Gesichtsausdruck von ihm, sagen Yugi alles was er wissen muss, um seine schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen.

Sich vorbeugend greift er nach dessen linker Hand und beginnt diese sanft zu massieren. „Yami, wenn es freiwillig passiert und mit der richtigen Person, wenn du es dir nicht selbst machst, dann ist es ein wunderschönes Gefühl. Ich komme mir dabei manchmal sogar so vor, als würde ich fliegen.“ Lächelnd sieht er seinen Liebsten an, obwohl ihm eigentlich eher nach weinen und schreien zumute ist.

Auf seine Hand in Yugis blickend, lässt sich Yami die Worte seines Shariks durch den Kopf gehen.

„Also, wenn es so passiert wie du es sagst, dann fühlt man sich danach nicht schmutzig und benutzt? Und will sich dann auch nicht stundenlang unter einen möglichst heissen Wasserstrahl stellen?“
 

Vorsichtig, um seinen Liebsten nicht zu verschrecken legt ihm Yugi die Hand auf die Wange. „Nein, man fühlt sich danach gut und entspannt. Vielleicht will man danach unter die Dusche, weil man so verschwitzt ist. Vielleicht sogar mit dem Partner, wer weiss. Wie ich dir schon mal gesagt habe. Alles ist möglich, aber nichts muss.“ Leicht lächelnd blickt er in die rubinroten Augen, in denen er deutlich das Gefühlschaos in Yami erkennen kann.
 

Langsam löst sich Yami von Yugi und bringt ein bisschen mehr Abstand zwischen sie, indem er von dem Bett aufsteht. „Sharik, sei mir bitte nicht böse, aber ich brauche jetzt ein bisschen Zeit für mich, um das alles, was du mir erzählt hast zu verarbeiten.“ Um Verständnis bittend sieht er Yugi an, der ihm lächelnd zunickt. „Ist gut.“ Obwohl er es schade findet, dass sich sein Liebster sich jetzt zurückzieht, kann ihn Yugi irgendwie auch verstehen. „Denk aber bitte daran, das doofe Halsband anzuziehen, weil heute doch der Handwerkermeister Tobira kommt.“ Liebevoll lächelt er Yami an, der nur stumm nickt und dann in sein eigenes Zimmer verschwindet.
 

Gedankenverloren blickt Yugi nun zum Fenster, wo er sehen kann, dass die Sonne inzwischen komplett aufgegangen ist.

Er ist so weit weg, dass er nicht einmal bemerkt, wie Yami an ihm vorbeigeht. Erst als er plötzlich zwei Arme um sich spürt, findet er wieder ins Hier und Jetzt zurück. „Yami? Was...“, weiter kommt er nicht, denn auf einmal wird sein Kopf nach hinten gedreht und er spürt die Lippen seines Liebsten auf den seinen.
 

Yami konnte einfach nicht anders, als sich von hinten an seinen Sharik zu schmiegen und ihm diesen bedrückt nachdenklichen Ausdruck wegzuküssen. Auch wenn er es wirklich ernst gemeint hat, als er gesagt hatte, dass er Zeit für sich braucht. Nur ist da wieder der kleine Teil in ihm, der auf keinen Fall diesen Abstand möchte. Erst als langsam die Luft knapp wird, lässt er von Yugis Lippen ab. „Sharik, du musst dir keine Sorgen machen. Es geht mir gut und wenn ich ehrlich bin, war es ziemlich anregend dir zuzuhören. Nur war das alles ein wenig viel auf einmal. Darum brauche ich etwas Zeit für mich, aber nur ein paar Stunden und wenn dieser Handwerker kommt, werde ich nicht von deiner Seite weichen. Darauf kannst du Gift nehmen.“ Noch ein letztes Mal lässt er seine Fingerspitzen über Yugis Wange gleiten, ehe er ihn loslässt und rückwärts wieder von der Matratze rutscht.

„Wir sehen uns dann beim Frühstück.“ Noch bevor sein Sharik etwas sagen kann, geht er nun endgültig aus dem Zimmer. Die Pferde warten nämlich sicher schon auf ihr Heu.
 

Vollkommen sprachlos sieht Yugi zur Tür durch die sein Liebster gerade verschwunden ist. Was zum Teufel war denn das jetzt gerade? So langsam blickt er bei Yami auch nicht mehr durch. Erst sagen, dass er Zeit für sich braucht und ihn dann halb um den Verstand knutschen.

Vielleicht sollte er mal bei ihm im Zimmer nachsehen, ob er nicht aus Versehen zwei gleich aussehende Sklaven gekauft hat, die nun andauernd die Plätz tauschen.
 

Nach einer Weile steht Yugi dann auch noch auf und geht nach unten ins Badezimmer um sich ein wenig abzukühlen und den Kopf wieder etwas frei zu bekommen.
 

Im Stall ist Yami dabei die leeren Heunetze für das Mittagessen der beiden Rabauken zu stopfen. „Verdammt Atemu. Ich brauche echt Zeit für mich und was mache ich Dummkopf? Geh Yugi abknutschen. Das kann so echt nicht weitergehen. Entweder ziehe ich mich zurück, wenn ich es sage oder sage nichts und bleibe bei Yugi, aber sicher nicht so ein Hin und Her. Da blickt ja echt niemand mehr durch.“ Heftiger als nötig stopft er das Heu in die Netze, ehe er diese schwungvoll an die Haken hängt.

Mit ausgreifenden Schritten verlässt er schliesslich das Heulager und schnappt sich im Vorbeigehen den Wassereimer.
 

Während sich Yami im Stall austobt und Yugi sich unter der Dusche beruhigt, bereitet Sugoroku das Frühstück vor. Heute macht er ausnahmsweise Mal einen Krug heisse Milch und stellt die Kakaopulverdose unauffällig auf den Tisch.

Gespannt, wie lange Yami wohl brauchen wird, um den Kakao zu entdecken, setzt er sich mit einer Tasse der heissen Leckerei hin.

Lange muss er zum Glück nicht warten. Denn heute ist einer der seltenen Tage, an denen Yami noch vor Yugi in die Küche kommt.
 

Verwirrt blickt Yami auf den leeren Herd und dann zum Tisch. Dort entdeckt er den Krug und sieht dann ziemlich erstaunt in seine Tasse, als er sich statt des erwarteten Tees, heisse Milch einschenkt. „Grossvater was?“, fragend blickt er den alten Mann an, der ihn jedoch nur mit einem möglichst unschuldigen Blick ansieht. „Guten Morgen Yami. Ist was?“

Mit hochgezogener Augenbraue steht Yami da. „Guten Morgen. Sag mal, warum hast du Milch heiss gemacht?“ Weil er keine Antwort bekommt, lässt er den Blick über den Tisch schweifen und bleibt dann an einer unauffälligen Dose aus Metall hängen. Sofort greift er nach dieser und schraubt den Deckel ab.

Mit einem Strahlen in den Augen schnappt er sich seinen Löffel und gibt sich drei gehäufte Löffel in die Tasse.

Als er dann aber einen Schuck nimmt, verzieht er das Gesicht. Ist der Kakao doch jetzt sogar für ihn viel zu süss geworden. Deswegen greift er wieder nach dem Krug und füllt seine Tasse nun ganz mit der heissen Milch. Nachdem er umgerührt hat, nimmt er vorsichtig einen Schluck und schliesst geniessend die Augen. Jetzt ist der Kakao perfekt.
 

In sich hineingrinsend versteckt Sugoroku sein Gesicht hinter der Tasse. Da war wohl endlich einmal etwas sogar ihrer hauseigenen Naschkatze, genannt Yami, zu süss. Dieser Kakao ist in der Menge auch wirklich eklig süss, weshalb er selbst sich immer nur maximal einen gestrichenen Löffel in die Milch gibt.
 

Von der Dusche erfrischt kommt Yugi mit einem bordeauxroten Kurzarmhemd und mitternachtsblauen Baumwollhosen in die Küche. „Guten Morgen. Oh, es gibt heute Kakao? Lecker.“ Mit bester Laune greift er nach dem Milchkrug und gibt sich dann einen halben Löffel Kakaopulver in die Tasse.
 

„Guten Morgen, mein Junge. Was hast du dich denn heute so fein gemacht?“, erstaunt mustert Sugoroku seinen Enkel, bevorzugt doch dieser sonst eher, die einfachen Shirts ohne jeden Schnickschnack. Dann fällt sein Blick auf Yami. „Junge, wenn du die Tasse noch schiefer hältst, kannst du den Kakao von der Tischplatte trinken.“ Sich über den Anblick des jungen Mannes köstlich amüsierend, greift er nach dem Brötchenkorb. Ist es doch eine Seltenheit, dass dieser so sprachlos dasitzt.
 

Um zu verhindern, dass der Kakao wirklich noch auf dem Tisch landet, steht Yugi auf und geht um den Tisch herum zu Yami. „Also, wenn ich gewusst hätte, dass ich dich mit den Sachen so aus dem Konzept bringen kann, dann hätte ich sie schon früher angezogen.“ Grinsend nimmt er ihm die Tasse aus den Händen und stellt sie in sicherem Abstand zur Tischkante hin.

Dann legt er seine Hand unter das Kinn seines Liebsten und drückt es leicht nach oben, während er sich gleichzeitig vorbeugt, bis sein Mund direkt neben Yamis Ohr ist. „Mund zu, sonst fängst du noch an zu sabbern und das ist die kleine Rache dafür, dass du mich vorhin beinahe um den Verstand geknutscht hast.“ Er will sich wieder aufrichten, nur hat er leider vergessen, dass Yami sehr schnell reagieren kann, wenn dieser es möchte. Noch bevor er weiss wie ihm geschieht, wird er im Nacken gepackt und nur einen Wimpernschlag später heftig auf den Mund geküsst. Obwohl sich nur ihre Lippen berühren, glaubt er das Kribbeln in seinem ganzen Körper zu spüren.

Schwer atmend steht er nach vorn gebeugt da. „Verdammt Yami, ich habe auch meine Grenzen und wenn du so weitermachst, muss ich entweder gleich wieder unter die Dusche oder erst ins Schlafzimmer und dann unter die Dusche.“
 

Fies grinsend sieht Yami in die verschleierten Augen seines Shariks. „Dann würde ich das Schlafzimmer vorschlagen. Das ist bequemer. Ausserdem, wer hat behauptet, dass du mich kalt lässt, wenn du dich so anziehst?“

Auch wenn es ihn durcheinanderbringt und verunsichert, geniesst Yami das Gefühl, das sein Sharik in ihm auslöst.
 

„Jungs, ich will euch ja nicht stören, aber die Milch wird kalt und der Laden öffnet sich auch nicht von alleine“, mit verschränkten Armen lehnt sich Sugoroku zurück und mustert die beiden streng. „Und wenn ihr euch gegenseitig auffressen wollt, dann macht das im Schlafzimmer und nicht in der Küche.“
 

Sofort dreht sich Yami zu ihm um. „Ach ja. Dann müssen wir ja dir dann alles erzählen. So ersparen wir uns deine Fragen und du weisst trotzdem über alles genau Bescheid.“ Mit festem Blick sieht er den sprachlosen Sugoroku an, der ihn nun mit offenem Mund anstarrt.
 

„Yami“, nicht wissend was er machen soll, steht Yugi mit hochrotem Kopf da. Hat er die Anwesenheit seines Grossvaters doch komplett vergessen gehabt.

Er will schon wieder zu seinem Platz, als er an der Hüfte gepackt und festgehalten wird. Erst jetzt merkt er, wie nervös sein Liebster eigentlich ist. Denn die Hand, welche in seinem Kreuz liegt, zittert ganz leicht.
 

Nach einer Weile unterbricht Sugoroku das Blickduell, indem er seine Augen abwendet. „Du hast gewonnen. Ich werde mich in Zukunft nicht mehr einmischen.“ Seufzend sieht er seine beiden Enkel an. „Aber beschwert euch dann nicht, wenn ihr wieder Probleme habt und ich euch nicht helfen kann.“

Eigentlich sollte er sich ja über Yamis frechen Tonfall aufregen, aber das Gegenteil ist der Fall. Er freut sich darüber, dass der Junge ihm zwar nervös, aber doch selbstbewusst Kontra gibt.
 

Yugi kann es kaum glauben. Sein Grossvater gibt klein bei! Das hat es ja noch nie gegeben. Auf einmal merkt er, dass sein Liebster ihn nicht mehr festhält. Weshalb er diesen fragend ansieht. Doch Yami schüttelt nur leicht den Kopf. „Ach Yugi,“ sich leicht aufrichtend, greift er in seine Gesässtasche und holt das Halsband hervor. „Kannst du es mir anziehen? Vielleicht stört es mich dann nicht so sehr.“
 

Es dauert einen Moment, aber dann greift Yugi nach dem beinahe schwarzen Leder und legt es Yami vorsichtig um den Hals. „Ich hoffe, dass Tobira bald kommt und wenn der wieder weg ist, ziehe ich es dir höchstpersönlich wieder aus, wenn du das willst.“ Sanft lächelnd lässt er seine Hände auf dessen Schultern ruhen.
 

Seinem Sharik warm in die Augen schauend, nickt Yami leicht. „Das würde mir gefallen.“ Widerstrebend lässt er zu, dass sich Yugi von ihm löst und wieder zu dessen eigenem Platz geht.

Allerdings ist ihm bewusst, dass Sugoroku in dem Punkt Recht hatte. Es wird langsam spät und Yugi muss in den Laden. Zumindest bis dieser Tobira auftaucht. „Sag mal Yugi. Begleitest du den Typen durch das Haus oder macht das Grossvater?“, fragend sieht er über den Tisch zu seinem Sharik, der das Brötchen in der Hand haltend, seinen Blick erwidert. „Je nachdem. Wenn es ruhig ist, dann wäre ich froh, wenn du Grossvater den Laden für die Zeit übernehmen würdest.“ Noch während er gesprochen hat, ist sein Blick zu Sugoroku gewandert, der nun zustimmend nickt. „Das ist kein Problem. Nur denke bitte auch daran, nicht unsere ganzen Ersparnisse für die Tür auszugeben“, mahnend sieht er seinen Enkel an. Kennt er diesen doch und weiss daher, dass dieser nur schwer von einer Idee abzubringen ist, wenn er sich an dieser festgebissen hat.

„Keine Sorge Grossvater. Ich will nur mal wissen, wie teuer das werden würde.“ Beruhigend sieht er seinen Grossvater an, der sich nun mit einem zustimmenden nicken wieder seinem Brötchen widmet.
 

Nach dem Frühstück, geht Yugi schnell in den Laden. Er ist wirklich etwas spät dran, trotzdem lässt er sich nicht von seiner üblichen Morgenroutine abbringen und holt erst das Wechselgeld aus dem Safe und putzt dann noch einmal sorgfältig die Schiefertafel, ehe er den Laden für die Kunden öffnet.
 

Während Yugi im Laden steht und die Kunden bedient, ist Yami dabei sein Zimmer so auszuräumen, dass es auf ein etwas besseres Sklavenniveau runtergesetzt wird.

Zuerst schnappt er sich die drei Bücher, die er immer mal wieder gern liest und bringt sie zurück ins Wohnzimmer, wo er sie sorgfältig im Bücherregal verstaut.

Zurück in seinem Zimmer schnappt er sich als nächstes seinen Osis und bringt ihn rüber in Yugis Zimmer wo er ihn in einem der leeren Schrankfächer verstaut, ehe er das gleiche mit seinen Kleidern macht. Zum Glück hat Yugi einen so grossen Schrank und für diesen relativ wenig Kleidung, weshalb es mehr als genug Platz für seine Sachen gibt.

Als nächstes schnappt er sich die Decke und das Kopfkissen, die er ebenfalls in dem Schrank verstaut. Nun sieht sein Zimmer schon beinahe aus, wie die Kammer in der er sich bei einem seiner früheren Besitzer immer aufhalten musste. Es fehlt nur noch eine zerschlissene Decke, um das Bild perfekt zu machen. Nur besitzen die Mutos keine solche Decke, weshalb er einfach die alte Wolldecke, die als Bettüberwurf bei seinem Einzug auf dem Bett gelegen hatte, wieder aus dem nun leeren Schrank nimmt und diese ziemlich unordentlich auf das Bett legt. Dazu noch das Laken ein wenig zerknittern und schon passt alles in die Illusion, dass die Mutos die typischen Sklavenbesitzer sind.

Zufrieden mit seinem Werk sieht sich Yami noch einmal in seinem Zimmer um und entdeckt noch die Öllampe auf dem Tisch. Diese trägt er auch rüber in Yugis Zimmer, wo er sie auf den Schreibtisch stellt. Hat dieser doch dort keine Lampe stehen, weil die Strassenlaterne eigentlich genug Licht abgibt und sie ja noch die Öllampen auf den Nachttischen haben.
 

Mit einem letzten Blick zurück verlässt er das Schlafzimmer, um jetzt wieder in den Stall zu gehen. Denn bestimmt fragen sich Blacky und Rocky schon, wo er so lange bleibt. Schliesslich sind sie es ja inzwischen gewohnt, dass sie morgens frei herumlaufen und ihr zweites Frühstück im Hinterhof zusammensuchen dürfen.

Sich immer wieder mit dem Finger an dem Lederband rumzupfend, geht er durch den Flur nach draussen und kann die beiden schon beim Schliessen der Hintertür wiehern hören. „Ja, ich komme ja schon. Immer mit der Ruhe Jungs.“ Eilig geht er nun ins Lager, wo er sich die Arme mit Heu belädt und dieses dann unter den aufmerksamen Blicken der beiden Pferde im Hof verteilt. Dies macht er gute drei Mal, bis er mit der verteilten Menge zufrieden ist. Schnell sperrt er jetzt noch das Tor mit den Seilen ab, ehe er die ungeduldigen Pferde aus den Boxen lässt. Sofort traben die beiden hocherhobenen Hauptes in den Hof und senken doch tatsächlich erst nach etwas mehr als zwei Runden ihre Köpfe, um das Heu zu fressen.

Sich an den Türrahmen lehnend sieht Yami den beiden Schlawinern zu, wie sie abwechselnd fressen und sich gegenseitig ärgern. Unbewusst greift er sich an den Hals und legt seine Hand auf das Leder. Laut Yugi könnte er es ja im Stall ausziehen, aber da er nicht will, dass doch noch Fragen aufkommen oder noch schlimmer, er vergisst es wieder anzuziehen, lässt er es lieber an. Auch wenn es ihn inzwischen schon ziemlich stört. Nur sollte er sich am besten schnell wieder dran gewöhnen. Denn er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er bei diesem Hopkins ohne das Halsband rumlaufen darf.
 

Nach einer Weile stösst sich Yami von dem Holzrahmen ab. So langsam wird es nämlich Zeit, dass er sich um die Boxen kümmert. Nicht, dass er plötzlich zu spät dran ist und den Mistsammler am Abend verpasst, weil er noch nicht fertig ausgemistet hat.

Vor sich hin murrend, dass es einfach unmöglich ist, dass dieser Handwerker keine Zeit genannt hat, beginnt Yami schwungvoll das alte Stroh aus den Boxen zu holen und in den zuvor bereitgestellten Mistkarren zu verfrachten.

Immer mal wieder kommen dabei Blacky oder Rocky kontrollieren, ob er das auch ja richtig macht, verschwinden dann aber immer schnell wieder. Der andere könnte, ja sonst mehr Heu bekommen, als man selbst.
 

Leider kommt es so, dass dieser Tobira auch noch nicht aufgetaucht ist, als es Zeit für’s Mittagessen ist. Heute hat Sugoroku mal wieder einen Kartoffelsalat mit Würstchen gemacht.

Weil Yami weiss, dass es wirklich jederzeit an der Tür klopfen kann, isst er heute seit langem mal wieder sehr schnell, bis er von einer Hand auf seinem Unterarm aufgehalten wird.

„Junge, es ist nicht nötig so zu schlingen.“ Lächelnd sieht ihn Sugoroku an, glaubt er doch zu wissen, warum Yami so schnell isst. „Wenn Tobira jetzt auftauchen sollte, dann schliessen wir einfach die Küchentür, während Yugi mit ihm nach oben geht. Denn ich habe auch keine Lust, das Mittagessen wegen dem Kerl zu unterbrechen.“

Erstaunt erwidert Yami den warmen Blick, ehe er wieder anfängt zu essen. Diesmal aber deutlich langsamer, so dass er den Geschmack des Essens nun sogar wahrnimmt.
 

Wie durch ein Wunder ist es wirklich so, dass sie sogar noch gemeinsam die Küche aufräumen können, ehe es kurz darauf an der Ladentür klopft. Sofort legt Yugi den Lappen, mit dem er den Tisch abgewischt hat, neben die Spüle. „Ich gehe schon.“ Kurz lächelt er Yami aufmunternd zu, während er an ihm vorbeigeht.
 

Als er in den Laden kommt, sieht er durch das kleine Fenster in der Tür, dass es sich wirklich um den Handwerker handelt. Einen freundlichen Gesichtsausdruck aufsetzend öffnet er diese und stellt dann erstaunt fest, dass der Handwerker nicht allein gekommen ist. „Herr Tobira, guten Tag. Kommen Sie doch rein und wen haben Sie denn da noch mit dabei?“, neugierig sieht er die schwarzhaarige junge Frau an, die nun neben dem grossen Mann auch den Laden betritt.
 

„Guten Tag Herr Muto. Verzeihen Sie bitte, dass ich erst jetzt komme, aber ich musste mich noch um gefühlte hundert Sachen kümmern. Das ist übrigens meine Tochter Saskia. Sie unterstützt mich tatkräftig bei der Schreibarbeit.“
 

Freundlich reicht Yugi der zierlichen Frau die Hand. „Es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Schüchtern wird seine dargebotene Hand angenommen. „Guten Tag, Herr Muto.“
 

Von der Tür aus beobachtet Yami, wie sich Yugi mit den beiden Fremden unterhält. Besonders an der Körpersprache des älteren Mannes kann er deutlich herauslesen, dass besonders dieser in Yugi wohl etwas mehr als nur einen potentiellen Kunden sieht.
 

„Wissen Sie Herr Muto. Meine kleine Saskia ist eine ganz Schlaue und vor allem besonders tüchtig.“ Grinsend legt er Yugi die Hand auf die Schulter. „Und dann ist sie auch gerade erst Grossjährig geworden.“
 

Mit einem immer noch freundlichen Gesichtsausdruck dreht sich Yugi in Richtung Wohnbereich. „Das hört sich doch sehr gut an, Herr Tobira. Ich bin sicher, Sie können sich vor lauter Verehrern für ihre Tochter kaum retten. Wollen wir dann mal weiter gehen und die Wand begutachten, wo die Tür eventuell eingebaut werden soll?“ Mit der Hand deutet er an, wohin sie gehen sollen und sieht dann Yami mit versteinerter Miene in der Verbindungstür stehen. „Ach, das ist übrigens unser Sklave. Die Tür soll von seiner Kammer in den Flur gehen.“

Als sie auf ihn zukommen, tritt Yami sofort mit gesenktem Kopf zur Seite. „Yami, ich will, dass du uns folgst und mir nicht von der Seite weichst. Hast du verstanden.“ Streng sieht Yugi ihn an, bis sein Liebster mit gesenktem Kopf leicht nickt. „Ja, Yugi. Ich habe verstanden.“ Es tut Yugi in der Seele weh, Yami so unterwürfig zu sehen, besonders da er ihnen nun mit weiterhin gesenktem Blick folgt.
 

„Erlauben Sie mir die Frage Herr Muto. Warum ihr Sklave uns begleitet?“, neugierig mustert er den jungen Mann, der neben ihm durch den Flur geht, während sich seine Tochter etwas hinter ihnen hält und so nur knapp vor dem Sklaven läuft.

„Ach wissen Sie Herr Tobira. Es ist manchmal eine sehr gute Erziehungsmassnahme, wenn er mir einen Tag lang folgen muss.“ Wie es Yugi doch hasst, so einen Mist zu erzählen, doch auf die Schnelle ist ihm leider keine andere Erklärung eingefallen.

Sofort dreht sich Tobira um und mustert den Sklaven nun genauer. „Ich verstehe, das bedeutet dann wohl auch, dass er weder essen noch trinken darf, solange er Ihnen folgen muss. Eine sehr interessante Massnahme, besonders jetzt im Sommer.“
 

Seine Erleichterung nicht zeigend, nickt Yugi bestätigend. „Genau. So, da wären wir auch schon.“ Innerlich betend, dass den beiden Tobiras nichts Ungewöhnliches auffällt, führt er sie durch sein Zimmer und stellt dabei erstaunt fest, dass auf seinem Tisch eine Öllampe steht, die vorher ganz sicher nicht dagewesen ist.
 

In Yami brodelt es. So eine verdammte Frechheit. Erst seinem Sharik diese Saskia andrehen wollen und dann noch einen auf... auf..., ihm fällt beim besten Willen kein passendes Wort für diesen Tobira ein. Nur eins ist sicher, in Zukunft wird er seinen Yugi irgendwie markieren und wenn es das Letzte sein wird, was er tut.

Mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen, beobachtet er genau jede Bewegung der beiden Eindringlinge. Denn nichts Anderes sind sie für ihn.
 

Aufmerksam blickt sich Tobira in dem kleinen Zimmer um. „Ich muss sagen, Ihr Sklave schläft wirklich sehr praktisch. Jederzeit in Reichweite, aber ich kann verstehen, dass Sie sich überlegen noch eine zweite Tür einbauen zu lassen. Denn bestimmt, ist Ihr werter Herr Grossvater auch ab und zu mit ihm in dem Zimmer.“
 

Nur mit Mühe kann sich Yugi einen Hustenanfall verkneifen. „Oh, also da sage ich jetzt nichts dazu.“ Schnell schielt er zu Yami, der Tobira nun mit einem Blick anstarrt, dass dieser eigentlich sofort tot umfallen müsste. Jedoch sofort den Kopf abwendet, als ihn diese Saskia musternd ansieht. Mit den Händen in den Hosentaschen vergraben, fixiert Yami einen Punkt an der Wand und stellt sich dabei in allen Einzelheiten vor, wie er es diesem Kerl zeigt.
 

„Ähm Vater? Meinst du nicht, dass wir so langsam mal anfangen sollten? Du hast heute Nachmittag noch drei weitere Leute zu besuchen.“ Schüchtern sieht Saskia von dem gutaussehenden Herrn Muto zu dessen Sklaven. Der betont teilnahmslos und unterwürfig dasteht, aber dabei gleichzeitig so stolz wirkt. Ein interessanter Widerspruch, wenn man es Recht bedenkt. Nur findet sie diesen Sklaven auch irgendwie unheimlich.
 

„Ja, du hast Recht. Sehen Sie, Herr Muto? Meine Tochter ist wirklich unglaublich tüchtig und intelligent. Sie hat meine ganzen Pläne im Kopf, so dass ich mir inzwischen schon viele der teuren Notizbücher sparen konnte.“
 

Innerlich die Augen verdrehend, nickt Yugi lächelnd. „Das ist ja wirklich wunderbar. Ach ja, die Tür soll in diese Wand. Ist das möglich und was würde dies ungefähr kosten?“ Mit seiner Hand deutet er auf die kurze Wand, die logischerweise in Richtung des Flurs liegt.
 

„Ah ja, also dann schauen wir doch mal.“ Geschäftig geht Tobira zu der Wand und beginnt sie genau hinhörend abzuklopfen. „Hmm, das hört sich wie ein Holzbalken an. Mal sehen.“ Erst geht er etwas weiter nach links, ehe er sich nach rechts wendet und dann einfach den Schrank aus der Ecke schiebt, was dazu führt, dass die Türen aufgehen.

Im ersten Moment hält Yugi erschrocken die Luft an. Glaubt er doch, dass Yami alles in den Schrank gestopft hat. Doch es ist nicht ein Kleidungsstück oder Laken in den Fächern.

Unauffällig schielt er kurz zu seinem Liebsten, der ihm schnell zuzwinkert und dann mit einem möglichst unschuldigen Blick wieder die Wand ansieht.
 

„Verzeihen Sie Herr Muto, aber in der Mitte und da drüben scheinen Balken in der Wand zu liegen und die will ich nur ungern durchbrechen. Hier würde es aber gehen. Nur der leere Schrank muss dann natürlich entweder auf die andere Seite oder ganz aus dem Zimmer verschwinden.“ Mit diesen Worten verrät Tobira, dass er in den Schrank geschaut hat, als er die Türen wieder geschlossen hat.

„Also Saskia. Dann schreibe mal auf, die übliche Holzmenge für eine Standarttür, aber vermutlich Mehraufwand von etwa einem Tag, weil durch diese Wand sehr viele Balken laufen. Die Preise kennst du ja auswendig und sag uns dann bitte gleich die zu erwartenden Kosten, meine Liebe.“
 

Sofort beginnt das Mädchen auf der kleinen Schiefertafel zu schreiben. Denn mehr ist diese Göre mit ihren gerade mal 18 Jahren für Yami nicht. Unauffällig stellt er sich nun, da die beiden Eindringlinge miteinander reden, so neben Yugi, dass er ihm eine Hand auf den unteren Rücken legen kann. Sofort wird er daraufhin von seinem Sharik fragend angesehen, weshalb er leicht den Kopf schüttelt. Selbst wenn er eine Tür haben wollte, dieser Kerl und seine Tochter will er hier nicht mehr sehen und schon gar nicht in der Nähe seines Yugis oder hier in seinem Zimmer.
 

Es dauert überraschenderweise nicht lange, bis sich Tobira wieder an Yugi wendet. „Also Herr Muto. Der Einbau einer Tür in diese Wand, ist leider ziemlich aufwendig und dadurch auch entsprechend teuer. So plus, minus würden Kosten von ungefähr 800 Silbermünzen auf Sie zukommen. Wie gesagt, ist dieser Preis eine Schätzung, da ich nur grob einschätzen kann, was mich beim Durchbruch erwarten würde. Der Preis könnte noch steigen, aber es wäre auch gut möglich, dass Sie am Ende weniger bezahlen müssen.“ Abwartend steht er nun da und sieht den jungen Muto aufmerksam an. Wäre das doch wirklich ein willkommener Auftrag und dann bestünde sicher noch die Möglichkeit, dass dieser ein Interesse an Saskia entwickelt. Schliesslich ist seine Tochter genau im richtigen Alter um zu heiraten und bestimmt ist er als Junggeselle sicher auch daran interessiert eine gute Partie zu machen und eine Familie zu gründen.
 

Yugi denkt derweil gut über das Angebot nach. Dabei wandert sein Blick zu Yami, der wieder die Hände in den Hosentaschen vergraben dasteht und das perfekte Schauspiel eines desinteressierten Sklaven abliefert. Nur wenn man ihn so gut kennt, wie er es inzwischen tut, kann man sehen, dass sein Liebster alles andere als desinteressiert ist. „Herr Tobira, das ist wirklich ein super Angebot. Nur muss ich leider zugeben, dass 800 Silbermünzen mein Budget bei weitem übersteigen. Vor allem, weil ich in den nächsten Wochen zwei Geschäftsreisen machen werde.“ Entschuldigend sieht er den älteren Mann an, der den Blick äusserlich ruhig erwidert. „Verstehe, Herr Muto. Dann wird es wohl auch keinen Sinn mehr machen, noch weiter hier zu bleiben und mit Ihnen zu diskutieren. Wenn es momentan nicht in ihren finanziellen Möglichkeiten liegt, mir den Auftrag zu erteilen, kann ich ja wohl immer noch darauf hoffen, dass Sie mir zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht doch noch den Auftrag erteilen.“ Freundlich, aber auch deutlich wütend, reicht er Yugi die Hand, ehe er sich an seine Tochter wendet. „Saskia, ich glaube wir müssen jetzt dann gleich weiter zur Familie Anata. Ist das richtig so?“, fragend sieht er sie an, bis sie nach einem Moment zustimmend nickt. „Ja, Vater. Die Anatas sind die Nächsten auf unserer Liste.“
 

Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yami die Göre an. Ist das doch vermutlich der längste Satz, den er bis jetzt von ihr gehört hat.

Auf einmal sieht sie ihm direkt in die Augen und erwartet wohl, dass er demütig den Kopf senkt. Doch da hat sie sich gewaltig geirrt. Gelassen erwidert er ihren Blick, denn der Einzige in diesem Zimmer, den er respektiert, ist sein Sharik und wenn dieser ihn nicht darum gebeten hätte, sich zusammenzureissen, dann würde er vor allem diesem Tobira gründlich die Meinung sagen. Dabei wäre es ihm vollkommen egal, dass er als Sklave dazu überhaupt kein Recht hat.

Es dauert wirklich nicht lange, bis diese Göre den Blickkontakt verunsichert wieder unterbricht. „Vater, wir sollten uns langsam auf den Weg zu den Anatas machen, wenn wir beizeiten wieder Zuhause sein wollen.“ Noch einmal schielt sie zu Yami, der äusserlich entspannt neben Yugi steht, der nun verwirrt zwischen ihr und ihm hin und her schaut.

„Gibt es irgendein Problem, Fräulein Tobira?“, fragend sieht nun auch er zu ihr, was sie leicht erröten lässt. „Nein Herr Muto, es ist alles in Ordnung.“ Eilig dreht sie sich nun um und geht eilig aus dem Zimmer, die kleine Schiefertafel, auf der sie vorher noch ihre Berechnungen angestellt hat, dabei fest an ihre Brust drückend.

Verwirrt blickt Yugi zu Herrn Tobira. „Was hat Ihre Tochter denn jetzt auf einmal?“
 

Die Arme verschränkend, erwidert dieser den Blick. „Ihr Sklave braucht dringend eine härtere Hand, Herr Muto. So respektlose Blicke, wie er sie gerade meiner Tochter zugeworfen hat, sind nicht tolerierbar und er gehört deswegen hart bestraft!“
 

Nun wird es Yugi zu bunt. „Herr Tobira. Sie kommen in mein Haus, weil ich von Ihnen eine Offerte für eine neue Tür haben wollte. Stattdessen belästigen Sie mich damit, dass Sie mir ihre Tochter mehr oder weniger andrehen wollen! Yami hat nur das gemacht, was ich gedacht habe, nämlich Ihnen beiden wortlos und trotzdem deutlich gesagt, was ich von so einem Verhalten halte! Nämlich gar nichts!“ Mit der Hand deutet er nun auf die offene Tür. „Wenn Sie jetzt so freundlich wären und mein Haus verlassen würden?! Ich bin sicher der Sohn, der Anatas ist erfreut zu hören, dass Sie ihre Tochter unbedingt verheiraten wollen!“ Die Arme verschränkend sieht Yugi Tobira nach, der wutschnaubend aus dem Zimmer stürmt.

Auf einmal spürt er, wie sich Yamis Arme von hinten um ihn schlingen. Mit einem Seufzen lässt er sich von ihm an dessen Brust ziehen und entspannt sich dann wieder ein wenig.

„Dem Kerl hast du es aber gegeben, Sharik. Ich hätte nicht gedacht, dass du so ausrasten kannst. Nur ist das nicht schädlich für dein Geschäft, wenn dieser Tobira rumerzählt, wie du mit ihm umgesprungen bist?“, Zwar brodelt es in ihm auch immer noch, wegen des Verhaltens der beiden, aber die Standpauke von Yugi hat ihn wieder ein wenig besänftigt.
 

Mit geschlossenen Augen schüttelt Yugi leicht mit dem Kopf. „Nein, es ist inzwischen beinahe in ganz Domino bekannt, dass Tobira seine Tochter möglichst vorteilhaft verheiraten will und das beinahe um jeden Preis. Nur habe ich nicht gedacht, dass er dabei so penetrant sein wird.“

Den Kopf seitlich gedreht in den Nacken legend sieht er Yami mit einem warmen Lächeln an. „Ich hätte zu gern gesagt, dass du mein Freund bist, aber dann wäre der Skandal perfekt gewesen. Wenn ich die Aino mal imitieren darf. Der junge Yugi Muto ist schwul. Könnt ihr euch das vorstellen, dieser nette junge Mann... hmmm“, beginnt er mit piepsiger Stimme, kann dann aber nicht weiterreden, weil ihm zwei weiche Lippen den Mund verschliessen.

Willig öffnet er seine Lippen, als Yamis Zunge um Einlass bittet und kommt ihr mit einem unterdrückten Stöhnen entgegen.

Immer mehr umspielen sich ihre Zungen, bis Yugi den Kuss schwer atmend abbrechen muss. „Verdammt, wenn du so weitermachst, krieg ich noch arge Probleme.“
 

Nun sein Gesicht in Yugis Halsbeuge vergrabend, zieht Yami ihn noch näher an sich ran, wenn es denn überhaupt noch möglich ist. „Ich wünschte, ich könnte irgendwie zeigen, dass du zu mir gehörst. Ich kann dir ja schlecht ein Halsband anlegen.“

Nun beginnt er leichte Küsse auf Yugis Hals zu hauchen. Wenn er ihn schon nicht mehr auf den Mund küssen soll, dann muss halt die Haut an dieser so gut erreichbaren Stelle herhalten.
 

Seufzend neigt Yugi den Kopf ein wenig mehr zur Seite, um seinem Liebsten etwas mehr Platz zu geben. „Hm, du... könntest mir ja... einen Knutschfleck... verpassen.“ Mit halbgeschlossenen Augen legt er seine Hand in Yamis Nacken, damit dieser auch ja nicht von seinem Hals ablässt.
 

Nach den Worten hält Yami erstaunt inne. Hat er das etwa gerade richtig verstanden? Trotz der Hand in seinem Nacken, hebt er nun den Kopf ein wenig. „Du willst einen Knutschfleck haben?“, erstaunt sieht er seinen Sharik an, der jetzt den Kopf leicht dreht und ihn aus glänzenden Augen ansieht. „Ja, ich möchte einen Knutschfleck von dir haben. So dass jeder sehen kann, dass ich an dich vergeben bin.“

Die Worte sind nur gehaucht, aber sie kommen ihm vor, als würde Yugi sie ihm zuschreien. Zögernd legt er nun die Lippen wieder auf den verführerischen Hals, was seinen Sharik leise seufzen lässt. Von dieser Reaktion ermutigt, beginnt er leicht zu knabbern und an der weichen Haut zu saugen.
 

Yugi kann es kaum glauben. Yami macht es wirklich, so wie er es sich schon seit einer gefühlten Ewigkeit gewünscht hat. Unbewusst verstärkt er den Griff in Yamis Nacken, während er leise keucht. Wenn das so weitergeht, wird er nachher sehr lange unter der Dusche stehen müssen, um den Druck, der sich gerade in ihm aufbaut wieder loszuwerden. Dabei macht sein Liebster doch nicht mehr, als seinen Hals zu verwöhnen. Nur ist das ausgerechnet am Übergang zur Schulter, wo er doch so extrem empfindlich ist.
 

Nach einer wunderbaren Ewigkeit, lässt Yami von der Stelle ab und besieht sich zufrieden die gerötete Stelle, die schon bald noch deutlicher zu sehen sein wird. „Ich glaube, so schnell wird den keiner übersehen.“ Eigentlich hätte er jetzt mit irgendeiner Antwort gerechnet, doch es kommt keine. Zumindest keine mit Worten. Denn als er in das gerötete Gesicht seines Shariks sieht, kann er darin deutlich dessen erregten Zustand erkennen.

„Sharik, fass dich an. Ich halte dich.“ Er selbst kann es noch nicht, aber so sollte es doch gehen.
 

Erst nach einem Moment, realisiert Yugi, was Yami da gesagt hat. „Bist du dir sicher. Wenn ich jetzt... dann kann ich mich nicht mehr stoppen.“ Schwer atmend sieht er Yami an, der wortlos nach seiner anderen Hand greift und sie zu seinem Schritt führt. „Ja, ich bin mir sicher. Ich kann es noch nicht, aber es macht mir nichts aus, wenn du es dir in meinen Armen selbst machst.“ Yugis Hand nicht loslassend legt er seine andere auf dessen Wange und dreht sein Gesicht noch etwas mehr zu sich. „Denk nicht nach, tu es einfach.“ Haucht er an dessen Lippen, ehe er ihn in einen verlangenden Kuss zieht.

Yugi kann nicht mehr widerstehen. Mit zittrigen Fingern öffnet er seine Hose und lässt dann seine Hand hineingleiten. Erleichtert in den Kuss seufzend umfasst er seine Härte und beginnt diese langsam zu reizen.

Immer mehr verwandelt sich sein Seufzen in ein, durch den Kuss gedämpftes Stöhnen, während er seine Hand immer schneller auf seiner Härte bewegt. Viel Platz hat er nicht. Doch er wird sich jetzt ganz sicher nicht die Hose runterziehen.
 

Den Arm wieder um Yugis Oberkörper geschlungen, intensiviert Yami den Kuss, deutlich spürt er, dass die Lust seines Shariks auch ihn nicht kalt lässt. Drückt doch dieser sein Becken immer wieder gegen ihn. Auf eine für ihn unglaubliche Art und Weise geniesst er die ganzen Gefühle, die ihn gerade durchfluten. Doch sein Instinkt sagt ihm deutlich, dass er sich gerade noch so in dem Bereich aufhält, den er geniessen kann. Deswegen steht er still hinter seinem Sharik und hält ihn fest, während sich ihre Lippen gleichzeitig heiss umspielen.

Auf einmal löst Yugi ihren Kuss und legt den Kopf laut stöhnend in den Nacken und so an Yamis Schulter. Grelle Blitze spielen vor seinen geschlossenen Augen, während sich um ihn herum die Welt aufzulösen scheint.

Die ganze Zeit hat Yami ihn festgehalten und lässt ihn auch jetzt nicht los. Zum einen, weil sein Sharik dann ziemlich sicher zu Boden sinken würde und dann noch, weil er den Körperkontakt überraschenderweise gerade viel zu sehr geniesst.

Ganz leicht haucht er kleine Küsschen auf dessen Wange, bis ihn Yugi mit verschleierten Augen ansieht. „Ich...“, nicht wissend was er sagen soll, schliesst er wieder seine Augen.

Sanft streichelt Yami nun mit den Fingerspitzen über Yugis Wange und Hals. „Hat es dir gefallen?“, liebevoll lächelt er ihn an.

Bei der Frage öffnet Yugi wieder die Augen und schafft es dann sich mit zittrigen Beinen umzudrehen, so dass er seinen Liebsten endlich richtig umarmen kann. „Das war... einfach unglaublich. Verdammt, ich glaube, so hoch bin ich schon lange nicht mehr geflogen, wie jetzt in deinen Armen.“
 

Glücklich kuschelt er sich an Yami. Dabei bemerkt er, dass es auch ihn nicht ganz kalt gelassen hat. „Was ist mit dir? Ist...“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der ihm lächelnd den Finger auf die Lippen gelegt hat, um ihn am Weitersprechen zu hindern. „Mir geht es gut und es hat mir gefallen, wie du dich hast gehen lassen. Aber noch bin ich nicht soweit, das kleine Problem bei mir anders, als mit kaltem Wasser zu lösen oder zu warten, bis es von alleine verschwindet.“

Den Blick Yamis erwidernd nickt Yugi verstehend. „Okay, aber wenn es für dich nicht gut gewesen ist, dann sag es mir bitte.“

Sanft drückt Yami ihn wieder an seinen Brustkorb. „Das werde ich. Versprochen. Du musst dir also keine Sorgen um mich machen und wenn du willst, können wir das ab und zu gern wiederholen.“
 

Unterdessen steht Sugoroku mit ziemlich rotem Gesicht im Laden und ist heilfroh, dass in der letzten halben Stunde kein Kunde hereingekommen ist. Trotzdem ist er erleichtert, dass dieser Nachmittag doch noch eine offensichtlich gute Wendung genommen hat, nachdem Tobira mit seiner Tochter wütend aus dem Haus gestürmt ist.

Naja, nach den harten Worten, die ihm Yugi laut und deutlich, so dass diese wohl sogar Blacky und Rocky in ihren Boxen gehört haben.
 

Beim Abendessen wird er wohl doch noch ein Wort mit den beiden reden müssen, von wegen Türen schliessen, wenn sie sich miteinander beschäftigen. Auch wenn das den beiden sicher nicht gefallen wird.
 

Inzwischen steht Yugi wieder so sicher auf seinen eigenen Beinen, dass er sich langsam von seinem Liebsten löst. „Ich sollte wohl mindestens meine Unterhose wechseln gehen und eventuell noch schnell unter die Dusche springen, bevor ich Grossvater im Laden ablöse.“ Yami einen kleinen Schmetterlingskuss gebend, legt er ihm noch schnell eine Hand auf die Wange, ehe er ihm endlich das verhasste Sklavenhalsband auszieht und es wie selbstverständlich in dessen Gesässtasche schiebt, hat er doch schon lange bemerkt, dass es sein Liebster bevorzugt dort aufbewahrt, wenn dieser es nicht tragen muss. „Mein Herz gehört dir.“ Yugi erwartet keine Antwort von seinem Liebsten und es stört ihn auch nicht, dass dieser die Worte noch nie ausgesprochen hat. Zeigt Yami ihm doch mit seinem ganzen Verhalten, was er für ihn empfindet.
 

Als Yugi weg ist, lässt Yami seinen Blick zum Fenster wandern. In Gedanken versunken steht er da. „Mein Herz gehört dir auch.“ Es ist das erste Mal, dass er die Worte laut ausspricht und auch wenn es sein Sharik logischerweise nicht hören kann, spürt er doch, wie gut sie sich anfühlen.
 

Unterdessen steht Yugi glücklich vor sich hin summend unter der Dusche. Die Haare wäscht er sich jetzt nicht mehr, aber den Rest seines Körpers. Fühlt sich das Wasser doch so unglaublich gut auf seiner noch empfindlichen Haut an.

Immer wieder wandern seine Gedanken zu Yami. Hätte er doch nicht gedacht, dass dieser schon jetzt nach einem knappen Monat schon so weit sein würde, dass sein Liebster nicht schreiend davonrennt, wenn er sich selbst befriedigt, sondern ihn im Gegenteil dabei noch in den Armen hält.

Leider kann er nicht ewig unter der Dusche verweilen, weshalb er schon nach einer für ihn relativ kurzen Zeit wieder aus der Wanne steigt und sich in das grosse Badetuch, das er so sehr liebt, wickelt. Hasst er doch das Gefühl des Fröstelns, wenn er nass ist.

Als er sich vor das Waschbecken stellt, sieht Yugi im Spiegel den Knutschfleck, den ihm Yami verpasst hat. Verträumt lächelnd fährt er sich mit dem Finger über die deutlich verfärbte Stelle.
 

Während Yugi im Bad ist, füttert Yami die Pferde und lehnt sich dann, die Arme auf der Kante abstützend, an Rockys Boxentür. „Na Jungs, schmeckt euch das Heu?“, wie als würden ihm die grossen Wallache antworten wollen, heben sie kauend die Köpfe, ehe sie sich die nächsten Halme aus dem Netz zupfen. Schmunzelnd blickt Yami rüber zu Blacky, der beim fressen die Angewohnheit hat immer mal wieder vor sich hin zu murren. Er mag den Wallach auch, aber irgendwie fühlt er sich Rocky etwas mehr verbunden, weshalb er bevorzugt diesem seine Gedanken und Ängste anvertraut.

Deswegen schaut er nun wieder zu Rocky. „Weisst du, es ist schon verrückt. Ich bitte Yugi um Zeit für mich, damit ich nachdenken kann und dann kann ich mich kaum von ihm fernhalten. Schlimmer noch, ich verlange sogar von ihm, dass er sich in meinen Armen Erleichterung verschafft und dann gefällt es nicht nur ihm, sondern irgendwie auch mir. Was sagt das wohl über mich aus?“ Nachdenklich legt er seinen Kopf auf die verschränkten Unterarme und lässt die Geschehnisse des Tages in seinem Kopf noch einmal Revue passieren.
 

Froh, nun wieder aus dem Laden zu können, übergibt Sugoroku seinem Enkel den Laden, als dieser frisch geduscht und mit einer offensichtlich neuen Hose zu ihm kommt. Kurz und knapp erzählt er ihm noch von den paar Kunden, die seit dem Mittag den Weg zu ihnen gefunden haben.
 

In der Tür zum Wohnbereich bleibt er dann noch einmal stehen. „Ach ja, bevor ich es vergesse, macht das nächste Mal die Tür zu, wenn ihr euch vergnügt. Ich bin es ja gewohnt, dich durch die geschlossene Tür zu hören, aber so ungefiltert muss ich es wirklich nicht haben. Ich will auch gar nicht wissen, was ihr gemacht habt. Darum frage ich dich nur, wie es Yami jetzt geht.“ Natürlich hat er den deutlich sichtbaren Knutschfleck bemerkt, aber er ist nach Yamis Worten beim Frühstück nun davon überzeugt, dass die beiden jetzt soweit sind, etwas von der Leine gelassen zu werden. Dies bedeutet aber nicht, dass er sich keine Sorgen mehr um die beiden macht.
 

Bei den Worten seines Grossvaters ist Yugi knallrot angelaufen und ähnelt nun verdächtig einer Tomate. Hat er doch vollkommen vergessen gehabt, wie ringhörig das Haus doch ist. Besonders wenn man vergisst die Türen zu schliessen, kann man beinahe alles sogar im Laden hören.

Um sich wieder ein wenig zu fangen, räuspert er sich mehrmals. „Also, als ich ihn allein gelassen habe, ging’s ihm gut. Du musst dir also keine Sorgen machen.“ Absichtlich sagt Yugi nicht mehr dazu und ist dann wirklich überrascht, als sein Grossvater nur erleichtert nickt.

Verwirrt aber auch froh, dass dieser ihn nicht mit weiteren Fragen löchert, starrt er dem alten Mann nach, als dieser den Laden endgültig verlässt.

Lange kann er aber nicht über dessen Verhalten nachdenken, denn schon öffnet sich die Ladentür und eine Kundin betritt zusammen mit ihrer Sklavin den Laden.
 

Als Yugi am Abend seinem Grossvater in der Küche hilft den Tisch für das Abendessen zu decken, schielt er immer wieder zur Tür, bis endlich auch sein Liebster reinkommt.

Sofort bemerkt Yami, dass ihn Yugi besorgt und zugleich auch fragend ansieht. Da er sich natürlich denken kann, was in seinem Sharik vorgeht, geht er lächelnd zu ihm und zieht ihn mit einem liebevollen Kuss an sich. „Es geht mir gut.“ Noch einmal legt er seine Lippen leicht auf Yugis, ehe er zufrieden den wirklich deutlich sichtbaren Fleck an dessen Hals betrachtet. „Der steht dir gut.“ Federleicht fährt er mit seinen Fingerspitzen kurz über die verfärbte Stelle, was Yugi leicht erschauern lässt.

Als er diese Reaktion sieht, wird ihm auch klar, weshalb sein Sharik so heftig reagiert hatte. Offenbar ist das eine sehr empfindsame Stelle, die er da erwischt hat.

Mit einem nun spitzbübischen Blitzen in den Augen, sieht er in Yugis Augen, der den Blick voll mit deutlich sichtbaren Gefühlen erwidert.
 

Erst als sich Sugoroku laut und deutlich räuspert, lösen sie ihre Blicke und setzen sich an den gedeckten Tisch.
 

Nach dem Abendessen, das bis auf die Erklärung Yugis, dass es doch keine Tür geben wird, schweigend verlaufen ist und nach einem kurzen Training, kuschelt sich Yugi im Bett an Yami, der auf dem Rücken liegend den Arm um ihn legt.

Die angenehme Stille geniessend, liegen sie da und schlafen schliesslich, sich eng aneinander kuschelnd, erschöpft ein.

 

 

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Naja, ähm was soll ich sagen... also der Tobira ( jap. für Tür ;-) ) ist schon ein unmöglicher Kerl.

Dafür hat sein Verhalten einen interessanten Effekt auf Yami. Oder was meint ihr? Und ich wollte noch keine solche Szene schreiben! Aber ein gewisser Sklave/Pharao hat mir einfach keine Wahl gelassen. *grummel*

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure Mrs Ianto

Abfahrt nach Edo

Hallo zusammen,

 

zwar etwas spät, aber es ist wieder ein Kapitel fertig und noch ist es ja Sonntag.

 

Was soll ich sagen, endlich geht es auf nach Edo. Mehr kann ich eigentlich nicht wirklich dazu sagen.

 

Darum wünsche ich euch nur noch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 42: Abfahrt nach Edo

 

 

Vorsichtig steigt Yami mitten in der Nacht leicht zitternd aus dem Bett und schleicht dann zu dem Tisch am Fenster. Mit einem Blick zu Yugi versichert er sich, dass dieser noch tief und fest am Schlafen ist, weshalb er möglichst leise auf die Tischplatte klettert, damit er sich bequem am Fensterrahmen anlehnend hinsetzen kann.

Ein Bein angezogen sitzt er da und blickt in Gedanken versunken aus dem Fenster. Morgen früh werden sie nach Edo aufbrechen, aber das ist es nicht, was ihn beschäftigt, sondern der Traum, den er gehabt hat und sich bei genauerer Betrachtung wie eine verloren geglaubte Erinnerung anfühlt.

 

Er weiss nicht, wie lange er so dagesessen ist, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Yami, was ist los? Warum sitzt du hier im Dunkeln?“, gähnend setzt sich Yugi neben ihn. Allerdings so, dass sie sich bequem ansehen können.

Leicht lächelt Yami seinen Sharik nun an und greift nach dessen Hand. „Es ist nichts. Ich hatte nur einen seltsamen Traum. Das ist alles.“ Unbewusst spielt er mit Yugis Fingern, was diesem mehr als deutlich verrät, dass es nicht nur ein seltsamer Traum gewesen ist.

Hat sein Liebster in den letzten Tagen doch öfters als sonst Erinnerungsfetzen zurückbekommen und je nachdem wie heftig diese gewesen sind, hat Yami dann mit Nervosität reagiert. So wie jetzt. Allerdings weiss er nicht wirklich, an was sich Yami erinnert hat, denn darüber sprechen wollte er bis jetzt nicht mit ihm. Nur anhand seiner Körpersprache und den Andeutungen, die sein Liebster gemacht hat, wenn es besonders heftig gewesen ist, konnte er diese Beobachtung machen.

„Yami, was hast du denn geträumt?“, beruhigend lächelnd legt er ihm seine freie Hand auf die Wange. Nur senkt Yami nun seinen Blick und weicht ihm so aus. „Ich weiss nicht… ich will dich nicht verletzen.“ Seine Stimme ist so leise, dass ihn Yugi kaum verstehen kann, trotzdem legt er seine Hand nun unter Yamis Kinn und zwingt ihn so sanft dazu, den Blick wieder zu heben. „Du kannst mir alles sagen, egal was es ist und wenn es eine Erinnerung gewesen ist, dann kannst du mich sowieso nicht verletzen. Denn wir alle haben eine Vergangenheit, die wir nicht ändern können und die uns geformt hat.“

 

Zweifelnd sieht Yami in Yugis Augen und findet darin nur Ehrlichkeit und die Überzeugung, dass seine Worte richtig sind.

„Ich… war vielleicht 17 Jahre alt. Damals habe ich mich gern in den Discos des einfachen Volkes rumgetrieben und habe… nun ja, die ein oder andere Erfahrung gemacht.“

 

Neugierig beugt sich Yugi noch ein wenig vor. „Mit Disco meinst du eine Tanzbar? Kommt man da nicht erst ab 18 Jahren rein?“ Natürlich kann er sich denken, was Yami angestellt hat, um trotzdem da rein zu kommen. Hat er mit Sechszehn doch bestimmt das Gleiche gemacht.

Bestätigend nickt Yami. „Ja, beim einfachen Volk nennt man die Disco auch Tanzbar. Wie ich da reingekommen bin?“, nun grinst er schelmisch. „Eure Ausweise sind leicht zu fälschen. Ich habe mir einfach einen am Computer ausgedruckt und dabei das Alter ein wenig nach oben korrigiert.“

 

Bei den Worten wäre Yugi beinahe nach hinten gekippt. „Sag mal Yami, an was erinnerst du dich eigentlich schon alles?“, mit weit aufgerissenen Augen sieht er seinen Liebsten an, der nur unschuldig die Schultern anhebt.

„An nichts, was mir verraten würde, wer ich einst gewesen bin. Dafür aber immer mehr an solche Sachen und gerade diese Discosache verfolgt mich in letzter Zeit immer häufiger und darum weiss ich auch, wie ich da reingekommen bin. Willst du jetzt wissen, was ich geträumt habe oder nicht?“, kommt es nun leicht patzig von Yami.

„Entschuldige, es hat mich nur überrascht, wie genau du Bescheid weisst. Also was hast du geträumt, dass du Angst hast, mich damit zu verletzen.“ Schief grinst er seinen Liebsten an und hofft, dass dieser keine genauere Erklärung wegen seines Verhaltens haben will.

Doch er hat Glück, denn Yami ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er sich über die Reaktion seines Shariks wundern würde. „Naja, bis jetzt war ja alles woran ich mich erinnert habe relativ harmlos. Etwas Tanzen, Trinken und so Sachen eben. Du weisst schon.“ Erst als Yugi nickt, spricht er nach einem tiefen Atemzug weiter. „Heute war es aber mehr. Ich habe mich daran erinnert, wie ich mit einem Mann in ein Nebenzimmer verschwunden bin und dann haben wir uns gegenseitig mit den Händen und er mich auch noch mit dem Mund befriedigt.“ Die letzten Worte waren nur noch undeutlich zu verstehen, weil er sich die Faust mehr oder weniger an die Lippen gepresst hat.

 

Yugi weiss nicht, ob er erleichtert sein soll, dass Yami vor seiner Versklavung schon Erfahrungen gesammelt hat oder ob er jetzt eifersüchtig auf den Unbekannten ist. Trotz seiner widerstreitenden Gefühle greift er ruhig nach der Faust und zieht sie sanft zu sich heran. „Was hast du denn gefühlt, als du dich daran erinnert hast? Oder anders gefragt, weisst du schon, wie du dich damals gefühlt hast?“ Beruhigend streichelt er die immer noch geballte Faust, während er darauf wartet, dass Yami weiterredet.

 

Erstaunt, dass Yugi offenbar wirklich nicht sauer oder enttäuscht ist, weil er mit einem anderen all das gemacht hat, was er ihm zu grössten Teilen immer noch verweigert, braucht Yami ziemlich lange, bis er die Fragen ehrlich beantworten kann. „Damals hat es sich gut angefühlt, obwohl ich den Mann gerade erst in der Disco getroffen hatte. Er war ein klassischer One-Night-Stand, auch wenn wir nicht bis zum Äussersten gegangen sind. Denn mein richtiges Erstes Mal, wollte ich damals schon mit einer Person erleben, für die ich echte Gefühle empfinde.“ Bitter lacht Yami kurz auf. „Ich war so naiv und Nein, ich weiss noch nicht, mit wem ich dann das erste Mal richtig geschlafen habe.“ Einen Moment schweigt Yami. „Was ich heute Nacht gefühlt habe? Ich bin immer noch verwirrt und irgendwie würde ich mich am liebsten unter die heisse Dusche stellen, bis der Ekel nachlässt, nur was bringt es jetzt noch? Denn das ist vor langer Zeit und vor allem freiwillig passiert.“ Dem Blick seines Shariks ausweichend, sieht Yami auf ihre verschlungenen Hände. Fühlt er sich doch noch nicht dazu bereit, sich dem enttäuschten Blick zu stellen, mit dem er jetzt bestimmt angesehen wird.

 

Bei den Worten und Yamis Körperhaltung zieht sich Yugis Herz schmerzhaft zusammen. Gern würde er etwas sagen, nur weiss er beim besten Willen nicht was. Nur spürt er deutlich, dass er irgendetwas tun muss, deshalb handelt er jetzt einfach rein instinktiv. Lächelnd hebt mit seiner Hand unter Yamis Kinn, dessen Kopf an und beugt sich zu ihm vor, bis er kurz vor dessen Lippen stoppt. Mit all der Liebe, die er fühlt, sieht er in die verwirrten rubinroten Augen. „Ich freue mich, dass du es mir erzählt hast.“ Mit diesen Worten überbrückt er die letzten Zentimeter und legt seinen Mund hauchzart auf Yamis.

Als er sich wieder von ihm löst, lässt er seine Hand in dessen Nacken gleiten, wo er ihn sanft anfängt zu kraulen. „Weisst du, es freut mich, dass der Missbrauch von diesen Mistkerlen nicht deine erste sexuelle Erfahrung gewesen ist.“

 

Yami kann kaum glauben, was er da hört. „Du bist also nicht sauer, weil ich mit einem Fremden intim geworden bin und dich jetzt immer wieder von mir wegstosse, wenn du mich berühren willst, während du dich in meinen Armen selbst befriedigst?“, unsicher sieht er Yugi an, der immer noch lächelnd den Kopf schüttelt. „Ich bin nicht sauer. Dir ist in den letzten Jahren so viel angetan worden, da wäre es ein Wunder, wenn du dich immer noch so verhalten würdest, wie damals als du 17 Jahre alt gewesen bist. Irgendwann wirst du sicher auch dafür bereit sein, dass du mich anfasst oder ich dich befriedigen darf. Nur darfst du dich zu nichts zwingen, sondern dir trotz der Erinnerungen die Zeit lassen, die du brauchst. Ich bin schon so glücklich, über das, was du mir in den letzten Tagen und Wochen geschenkt hast.“ Weil Yami nun wie erstarrt scheint, zieht ihn Yugi in eine lockere Umarmung. Auf einmal weicht nun jede Anspannung aus seinem Liebsten.

Aufschluchzend schlingt Yami seine Arme um Yugi und lässt sich einfach nur fallen. So vieles hat sich in den letzten Tagen in ihm angestaut, als die Erinnerungen angefangen haben zurückzukehren. Zwar hat er ab und zu Halt bei seinem Sharik gesucht, wenn er vollkommen überfordert gewesen ist, aber wirklich etwas gesagt, was dann mit ihm los gewesen ist, hat er nie. Nur, dass er sich an etwas Heftiges oder Verwirrendes erinnert hat und Yugi war so rücksichtsvoll und hat trotz seiner Neugier nie nachgefragt.

Es dauert eine ganze Weile, bis er sich wieder soweit gefangen hat, dass er sich mit noch tränenfeuchten Augen von seinem Sharik lösen kann. „Entschuldige, aber irgendwie war das jetzt ein wenig viel auf einmal“, schief lächelt er Yugi an, der ihn voller Verständnis ansieht und ihm gleichzeitig wie so oft die Strähne aus dem Gesicht streicht. „Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist nur logisch, dass du irgendwann zusammenbrichst, wenn du immer alles in dich reinfrisst.“

 

Verlegen senkt Yami nun den Blick. „Sorry, aber ich war so unsicher, wie ich mich verhalten soll, aber es tut gut, dass du jetzt Bescheid weisst.“ Nun ist es Yami, der seine Hände auf Yugis Wangen legt und ihm einen zarten Kuss auf die Lippen haucht, ehe er ihn zittrig anlächelt. „Ich…“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. „Du musst nichts sagen.“ Sanft greift Yugi nach Yamis Hand. „Na komm, lass uns wieder ins Bett gehen. Wir haben morgen nämlich einen langen und anstrengenden Tag vor uns.“

Als Yami leicht nickt rutscht er von dem Tisch und wartet dann geduldig auf seinen Liebsten, der ihm nach einem Moment folgt und sich dann im Bett an ihn kuschelt.

 

Erst jetzt bemerkt Yami, wie müde er eigentlich ist. Denn kaum liegt er sicher in Yugis Armen, werden ihm die Augenlider immer schwerer und kurz darauf ist er auch schon eingeschlafen.

 

Ausnahmsweise wacht Yugi auf, als die Sonne gerade aufgeht und langsam die Schwärze der Nacht vertreibt. Gähnend setzt er sich im Bett auf und streckt sich dabei erstmal ausgiebig. Zu seiner Überraschung lässt sich Yami davon nicht stören, sondern schläft einfach seelenruhig weiter. Die Hand schon nach ihm ausstreckend, hält er dann inne und zieht sie dann zurück. Hat er doch erst vorgestern die Erfahrung machen dürfen, dass Yami ziemlich heftig reagieren kann, wenn man ihn aufweckt und das will er weder sich noch seinem Liebsten antun.

Möglichst leise steigt Yugi deshalb aus dem Bett und schnappt sich dann seine bereitgelegten Kleider, ehe er auf Zehenspitzen aus dem Zimmer schleicht. Im Bad angekommen legt er das Kleiderbündel auf den Hocker, bevor er in die Badewanne steigt um sich wenigstens einen Teil der Müdigkeit mit einer heissen Dusche zu vertreiben. Geniessend lässt er das Wasser über seinen Körper fliessen und greift dann nach der Seife.

Seit er sich in Yamis Armen selbst befriedigt, fühlt er sich viel entspannter und auch der Druck in seinem Inneren ist auf ein gut erträgliches Mass zurückgegangen. Dabei ist ihm zuvor gar nicht bewusst gewesen, unter was für einer Anspannung er gestanden hat.

Als Yugi aus der Wanne steigt, wickelt er sich sofort in das grosse Badetuch und stellt sich vor das Waschbecken.

Sich im Spiegel lächelnd ansehend, fährt er nun mit seinen Fingerspitzen über den Knutschfleck, der gestern Abend von Yami noch ein wenig aufgefrischt worden ist. Obwohl die Verfärbung gar keine Chance hat zu verblassen, wurde die Stelle doch in den letzten Wochen beinahe jeden Tag von seinem Liebsten mit den Lippen bearbeitet.

 

Nachdem er sich wieder angezogen hat, geht Yugi wieder hoch ins Schlafzimmer, wo sich Yami gerade verschlafen aufsetzt und ihn verwirrt ansieht.

Über den seltenen Anblick schmunzelnd legt Yugi seine Schlafshorts in den Wäschekorb, ehe er zu seinem Liebsten geht und ihm einen sanften Kuss auf die Lippen haucht. „Guten Morgen.“ Lächelnd sieht er in das verschlafene Gesicht seines Liebsten. „Lass dir Zeit zum wachwerden, ich gebe den Pferden schon mal ihr Heu und dann kannst du ja den Rest übernehmen, wenn du geduscht hast.“ Ihm über die Wange streichend steht Yugi auf und geht, ihm einen letzten liebevollen Blick zuwerfend, aus dem Zimmer, um wie versprochen die Pferde zu füttern und ihnen eine Extraportion Hafer zu geben. Haben die beiden doch zwei anstrengende Tage vor sich.

 

Nachdem Yugi weg ist, lässt sich Yami noch einmal zurück in die Kissen fallen und greift nach Osis, der seit dem Besuch von diesem elenden Tobira, einen Platz in ihrem gemeinsamen Bett gefunden hat und jetzt hier über ihren Schlaf wacht. „Ich würde dich ja gern mitnehmen, aber das Risiko ist mir zu gross, dass ich auch dich verliere, so wie ich deinen Vorgänger wohl verloren habe.“ Kurz drückt er den Drachen an seine Brust, ehe er ihn wieder auf seinen Platz links vom Kopfkissen setzt.

 

Zwar ist es ihm nicht wirklich recht, dass Yugi die Pferde füttert, aber da er das jetzt auch nicht mehr ändern kann, steht er jetzt in aller Ruhe auf und holt sich seine Kleider, die er am Abend zuvor auf seine gepackte Tasche gelegt hat, die neben Yugis steht, ehe er nach unten ins Bad geht.

Bevor er unter die Dusche steigt, sieht er sich im Spiegel an. Nachdenklich mustert er sein Gesicht. „Irgendwann werde ich es sein, der Yugi all das geben kann, was er sich wünscht, aber noch bin ich nicht soweit. Verdammt, dabei will ein Teil von mir doch jetzt schon so viel mehr, als Yugi nur in den Armen zu halten.“ Über sich selbst den Kopf schüttelnd, weil er immer noch diesen Zwiespalt in sich hat, wendet sich Yami von dem Spiegel ab, um endlich zu duschen und so den letzten Rest der Nacht aus seinem Körper zu waschen.

 

Während Yami im Bad ist, hat Yugi die Pferde gefüttert, sowie getränkt und ist jetzt dabei in der Küche seinen ersten Tee zu trinken. „Yami erinnert sich an immer mehr aus seiner Vergangenheit. So wie es aussieht hat er sich als Jugendlicher oft in Tanzbars rumgetrieben und das mit einem gefälschten Ausweis.“ Grinsend sieht er seinen Grossvater an, der schmunzelnd den Kopf schüttelt. „Also so wie du auch. Ich kann mich nämlich noch gut daran erinnern, dass ich mal einen gefälschten Ausweis in deiner Hosentasche gefunden habe und mir mehr als einmal anhören durfte, dass du in der Tanzbar Gakusei gesehen worden bist.“

Als er nun von Yugi geschockt angesehen wird, kann sich Sugoroku ein kurzes Lachen nicht verkneifen, ehe er seinen Enkel ernst anblickt. „Hast du etwa geglaubt, dass ich nicht gewusst habe, dass du dich nachts rausgeschlichen hast, um in diese Tanzbar zu gehen und das bevorzugt in den Nächten, wo diese Gaynights gewesen sind?“

Mit hochrotem Kopf wird Yugi auf seinem Stuhl immer kleiner, bis er beinahe unter dem Tisch verschwunden ist. „Das ist so peinlich.“

 

Kopfschüttelnd lässt Sugoroku seinen Enkel in Ruhe und konzentriert sich wieder auf den Proviant für die zweitägige Reise. Denn auch wenn die beiden in einem Gasthaus übernachten werden, wenn es wie geplant läuft, packt er den Jungs lieber genug ein, dass sie nicht darauf angewiesen sind, ihre Vorräte in dem Gasthaus aufzustocken.

 

Yugi sitzt immer noch so extrem zusammengesunken auf dem Stuhl, als Yami in die Küche kommt. „Guten Morgen, Grossvater.“ Erstaunt mustert er seinen Sharik, der immer noch leicht gerötete Wangen hat. „Was ist denn mit dir los?“

Auf die Frage hin schlägt sich Yugi die Hände vors Gesicht und schüttelt nur den Kopf.

 

„Ach, ich habe ihm nur gesagt, dass ich schon damals wusste, dass er sich nachts aus dem Haus geschlichen hat, um in eine Tanzbar zu gehen und das bevorzugt dann, wenn die Gaynights stattgefunden haben.“ Übernimmt es Sugoroku, immer noch über das Verhalten seines Enkels amüsiert, zu antworten.

„Aha und ich nehme einfach mal an, dass du nie etwas dazu gesagt hast, wenn er es erst jetzt erfährt.“ Während er das sagt, füllt Yami seine Tasse mit dem dampfenden Tee und lehnt sich entspannt an die Arbeitsplatte.

 

Schulterzuckend nickt Sugoroku. „Yugi musste sich austoben und solange die Ordnungshüter nicht vor der Tür standen, war ja alles in Ordnung. Wieso sollte ich mich also einmischen, vor allem weil seine Schulnoten ja nie darunter gelitten haben.“ In aller Ruhe legt er das letzte mit Trockenfleisch belegte Brot in den Picknickkorb.

 

Sich neben Yugi stellend, legt ihm Yami die Hand auf die Schulter. „Da hattest du deutlich mehr Glück als ich. Zwar kann ich mich noch nicht genau erinnern, aber ich weiss, dass mich mein Vater damals so zusammengestaucht hat, als er das mit der Disco herausgefunden hatte, dass mir noch drei Tage später die Ohren geklingelt haben.“ Aufmunternd drückt er kurz zu, ehe er um den Tisch herumgeht und sich auf seinen Stuhl setzt.

 

Über das Wort Disco verwirrt, wartet Sugoroku bis sich Yami hingesetzt hat. „Was ist eine Disco?“, fragend sieht er ihn an, denn diesen Ausdruck hat er nun wirklich noch nie gehört.

 

„Das einfache Volk kennt die Disco unter dem Namen Tanzbar und genau in so einer habe ich mich als vermutlich 17-Jähriger herumgetrieben.“ In aller Ruhe rührt er den Honig in seinen Tee und greift dann nach einem Rosinenbrötchen.

 

„Aha, wieder ein Wort gelernt.“ Vielsagend sieht er zu Yugi, der sich endlich wieder gerade hingesetzt hat und nun leicht den Kopf schüttelt.

Von Yami unbemerkt, schielt er bedrückt zu seinem Liebsten rüber, der gerade die Augen geniessend geschlossen hat. Gehören die Rosinenbrötchen von Sugoroku doch inzwischen zu seinen Leibspeisen.

 

Weil sie bald aufbrechen müssen, greift nun auch Yugi nach den Brötchen und beginnt zu essen, obwohl er eigentlich gar keinen wirklichen Hunger hat. Doch das ist bei ihm normal. Immer wenn er nach Edo oder Wladiwostok muss, schlägt sich das am Morgen immer auf seinen Magen. Trotzdem zwingt er sich jedes Mal dazu zu frühstücken.

 

Bis auf ein paar wenige Sätze, die sich hauptsächlich um die nächsten Tage drehen, verläuft das Frühstück schweigend und Yami sagt gar nichts mehr, sondern sieht nur immer wieder schweigend aus dem Küchenfenster.

 

Gerade als sie dabei sind, die Küche aufzuräumen, fällt Sugoroku noch etwas ein. „Ach ja. Yami, ich habe dir noch das Ölzeug von Yugis Vater auf die Ladefläche gelegt. Damit du auch etwas hast um dich zu schützen, falls es regnen sollte.“

 

Erstaunt sieht Yami zu Sugoroku. „Danke, Grossvater. An die Öltücher um die Ladefläche abzudecken und an Yugis Ölzeug habe ich gedacht, aber nicht daran, dass ich auch welches gebrauchen könnte.“

 

Schmunzelnd sieht Sugoroku ihn an. „Das habe ich mir schon gedacht, als ich gestern Abend gesehen habe, was du in die Kutsche gelegt hast. Wenn wir dir dann Winterkleidung machen lassen, soll May dir auch gleich passendes Ölzeug schneidern, denn das von Kazuki ist dir bestimmt wieder ein wenig zu gross.“

 

Nachdem sie alles aufgeräumt haben, gehen sie zu dritt in den Hinterhof, um gemeinsam die Pferde vor die Kutsche zu spannen, ehe Yami wieder im Haus verschwindet, um ihr Gepäck und den Picknickkorb zu holen.

 

Mit feuchten Augen umarmt Sugoroku seine beiden Enkel kurz, ehe er sie mit ernstem Blick ansieht. „Passt gut auf euch auf und fahrt vorsichtig und vor allem mit Verstand.“ Yugi mit beiden Händen an den Schultern fassend, sieht er seinen Enkel ernst an. „Grüsse Hopkins von mir und lass dich von Rebecca nicht zu sehr ärgern. Denk daran, du bist nicht mehr Vierzehn.“

 

Gespielt genervt die Augen verdrehend nickt Yugi. „Ja, Grossvater. Wir werden vorsichtig sein und ich werde Hopkins von dir grüssen. Das Andere hängt auch von Rebecca ab.“

Amüsiert beobachtet Yami die beiden und ist froh, dass er sich nicht so einen kleinen Vortrag anhören muss. Doch dann legt Sugoroku auch ihm die Hände auf die Schultern. „Und du pass gut auf Yugi und natürlich auch auf dich auf. Rebecca ignorierst du am besten, denn sie hat sich schon mit sieben Jahren in den Kopf gesetzt, dass sie Yugi heiraten wird, wenn sie erwachsen ist. Wir beide wissen ja, dass sie bei ihm keine Chance hat und keine Konkurrenz für dich ist.“

 

Grinsend erwidert Yami den Blick Sugorokus. „Keine Angst, ich werde aufpassen, dass niemand Yugi zu nahe kommt. Auch nicht diese Rebecca.“ Vielsagend blickt er nun zu Yugi, der ergeben den Kopf schüttelt und zur Kutsche geht. Wenn sie nämlich nicht langsam losfahren, kommen sie in den starken Morgenverkehr, der an jedem Arbeitstag die Strassen Dominos verstopft. „Yami kommst du?“, auffordernd sieht er ihn an, während er darauf wartet, dass sich Yami von Sugoroku löst und zu ihm auf den Kutschbock steigt.

 

Mit einer letzten Umarmung löst sich Yami schweren Herzens von Sugoroku, ehe er neben Yugi auf die Kutsche steigt. „Also Grossvater, halt die Ohren steif und wir sehen uns voraussichtlich am 7. August wieder. Mach’s gut.“ Es fällt Yugi jedes Jahr schwer sein Zuhause zu verlassen, weshalb er nun eilig nach den Zügeln greift und die ungeduldigen Pferde in Richtung Tor lenkt.

 

„Mach’s gut Gros… Sugoroku.“ Im letzten Moment kann er sich noch korrigieren, hat er doch im Augenwinkel gesehen, dass gerade viele Leute am Tor vorbeigehen. Trotzdem zum Abschied winkend schaut Yami den alten Mann an und löst den Blick auch erst von ihm und seinem Zuhause als sie komplett in die Seitenstrasse eingebogen sind, die sie zur Hauptstrasse führen wird.

 

Sich nun auf die Strasse stellend, sieht Sugoroku seinen Jungs nach, bis sie um die nächste Kurve verschwunden sind. Natürlich findet er es schade, dass ihn Yami zum Abschied nicht Grossvater zugerufen hat, aber in der Lautstärke hätten es die Leute auf der Strasse sicher gehört und ihn dann bestimmt mit Fragen bombardiert. Was ihm nun dank Yamis Geistesgegenwärtigkeit erspart bleibt.

Langsam geht er nun zurück in den Hinterhof und erst jetzt fällt ihm auf, dass Yami die Boxen komplett frisch ausgemistet hat und der Mistkarren so neben dem Tor steht, dass Monk ihn am Abend nicht übersehen kann, er den Verkehr aber trotzdem nicht stört. Ein Blick in die kleine Vertiefung in der Mauer zeigt ihm, dass der Kupferling aber noch fehlt, so dass er diesen am Abend noch reinlegen muss.

Froh, dass er den schweren Mistkarren nicht bewegen muss und ihm auch das Ausmisten der Boxen erspart bleibt, geht er zurück ins Haus. Denn schliesslich öffnet sich der Laden auch an einem Samstag nicht von alleine.

 

Unterdessen lenkt Yugi die Pferde hochkonzentriert durch den dichten Morgenverkehr und ist wieder einmal froh, dass die beiden Wallache durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringen sind.

Im Gegenteil. Während andere Pferde scheuen oder unruhig werden würden, bahnen sich die beiden in aller Ruhe ihren Weg durch die vielen Transport- und Personenkutschen. Sogar die Reiter, die manchmal in einem unmöglichen Tempo an ihnen vorbeirasen, ignorieren sie weitgehend.

Darüber kann Yugi nur den Kopf schütteln, ist es doch Lebensmüde auf dem glatten Pflaster zu galoppieren, so wie es hier einige immer wieder gern machen. Eigentlich grenzt es schon an ein Wunder, dass die Pferde nicht öfters ausrutschen und schwer stürzen.

 

Schliesslich erreichen sie das östliche Stadttor, was Yugi erleichtert aufatmen lässt. Denn schon kurz ausserhalb der Stadt ist der Verkehr deutlich weniger dicht und schon bald sind sie beinahe allein auf der Strasse unterwegs.

 

Erst jetzt sieht Yami zu Yugi. Hat er sich doch bis gerade eben vollkommen auf seine Umgebung konzentriert. „Sag mal, wie ist dieser Hopkins eigentlich? Ich meine, muss ich das Halsband da wirklich andauernd tragen?“, diese Frage beschäftigt ihn schon eine ganze Weile, denn schon jetzt stört es ihn und er würde es am liebsten ausziehen.

 

Nachdenklich blickt Yugi nach vorn. „Was soll ich sagen. Hopkins ist im Grossen und Ganzen ein anständiger Mensch. Er behandelt seine Sklaven gut und eigentlich auch wie Menschen, aber nicht wie Gleichgestellte. Darum wirst du wohl das Halsband immer tragen müssen, sobald du unser Zimmer verlässt. Ich werde zwar versuchen mit ihm zu reden, aber er ist nun mal der Meinung, dass die Leute ein Recht darauf haben jederzeit zu wissen, welchen Stand eine Person hat. Ist eine etwas seltsame Logik, weil es im Haus ja sowieso jeder weiss, aber so ist er nun mal.“ Entschuldigend sieht er kurz zu Yami, konzentriert sich aber sofort wieder auf die Strasse. Noch teilen sie sich diese nämlich mit den wenigen Autos, die erst in ein paar Kilometern auf eine separate Strasse wechseln können, um dort deutlich schneller zu fahren, als auf dieser Küstenstrasse.

 

„Verstehe.“ In Gedanken versunken blickt Yami nach rechts, wo er durch die Bäume hindurch das Meer erkennen kann. Nur am Rande bekommt er mit, dass Yugi die Pferde in einen gleichmässigen Trab fallen lässt, den die Tiere über einen sehr langen Zeitraum laufen können, ohne gross zu ermüden.

 

Auf einmal spürt er eine Hand auf seinem Bein und wendet sich darum wieder zu Yugi um, der ihn lächelnd ansieht. „Das ist kein Grund Trübsal zu blasen. Wir kommen schliesslich erst morgen Abend an und fahren schon am Freitagmorgen wieder nach Hause.“

 

Nach Yugis Hand greifend senkt Yami den Blick. „Das ist es nicht. Ich habe nur irgendwie ein ungutes Gefühl, das ist alles. Ach ja und das Leder wird langsam unangenehm auf der Haut. Ich bin es nämlich nicht mehr gewohnt, es so lange zu tragen.“ Genervt zupft er an dem Leder rum, was leider keine wirkliche Erleichterung bringt.

„Es tut mir leid Yami. Nur ist die Wahrscheinlichkeit extrem gross, dass wir unterwegs Leuten begegnen die ich kenne und die sich vielleicht auch an dich erinnern.“

 

Mit einem Seufzen legt Yami nun seinen Kopf auf Yugis Schulter. „Ich weiss und das Risiko ist wirklich zu gross. Trotzdem bleibe ich jetzt so sitzen.“ Ein leichter Trotz ist bei dem letzten Satz aus Yamis Stimme herauszuhören, der Yugi leicht schmunzeln lässt. „Ja, mach das.“

 

Nach etwa der Hälfte der Strecke lenkt Yugi die Pferde von der Strasse auf einen Feldweg, der sie nach ein paar Metern zu einer Wiese an einem kleinen See führt. Erleichtert lässt er die Pferde anhalten und zieht die Handbremse der Kutsche an.

 

Erst als sie sicher stehen, berührt er Yami vorsichtig an der Wange, ist sein Liebster doch schon vor einiger Zeit an seiner Schulter angelehnt eingeschlafen. „Yami, wach auf, wir machen jetzt eine kleine Rast.“

 

Murrend öffnet Yami seine Augen. Sich aufrichtend mustert er seine Umgebung. „Das ist aber nicht der Gasthof.“ Noch nicht wirklich ganz wach reibt er sich den etwas steifen Nacken, dem die seltsame Schlafposition nicht wirklich gut getan hat.

 

Grinsend steigt Yugi von dem Kutschbock. „Wir haben erst etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Doch die Pferde brauchen eine Pause und ich ehrlich gesagt auch.“

 

Mit den beiden Wassereimern, die er von der Ladefläche genommen hat, geht Yugi nun zum See, um diese mit dem klaren Wasser zu füllen. Als er den ersten Eimer gefüllt ans Ufer stellt, tritt Yami auf ihn zu und nimmt ihm diesen ab. „Ich mache das schon. Wenn du schon den ganzen Weg fahren musst, dann kann ich mich auch um die Pferde kümmern.“ Yugi jetzt auch den zweiten Eimer abnehmend, dreht sich Yami zu den Pferden um und geht mit seiner Last zu ihnen.

Er hat die Wassereimer kaum hingestellt, als Blacky und Rocky schon anfangen durstig zu trinken.

 

Während die beiden ihren Durst stillen, holt Yami zwei der Futtersäcke von der Ladefläche. Einer davon wird ihm von Yugi abgenommen, so dass sie bequem beide Pferde gleichzeitig füttern können. „Mach nachher die Zügel ab und löse die Handbremse ein wenig, dann können die beiden noch etwas von dem Gras hier fressen, während wir unsere Brote essen, aber gleichzeitig nicht zu weit weglaufen.“

 

„Okay“, nickt Yami bestätigend, während er gleichzeitig darauf achtet, dass ihm Blacky in seiner Gier nach dem Futter, den Sack nicht aus den Händen reisst.

Als auch der letzte Heuhalm verschwunden ist, löst Yami die Zügel von den Trensen und lockert die Handbremse so weit, dass die Pferde den Wagen zwar bewegen können, der sich aber gleichzeitig nicht selbstständig machen kann.

 

Erst danach geht er zu Yugi, der in der Zwischenzeit eine Decke im Gras ausgebreitet und einiges von ihrem Proviant darauf verteilt hat.

„Das sieht ja lecker aus.“ Grinsend greift er nach einer der Erdbeeren, die Sugoroku gestern noch auf dem Markt gekauft hat und hält sie Yugi vor den Mund.

 

Schmunzelnd beisst Yugi ein Stück ab und sieht dann kauend zu, wie sich Yami den Rest der leckeren Erdbeere in den Mund schiebt. „Die müssen wir heute essen. Man merkt nämlich, dass es die Letzten in diesem Jahr sind und diese Wärme tut ihnen auch nicht wirklich gut.“ Nun greift er nach einer der Beeren und hält sie seinem Liebsten hin, der nun seinerseits ein Stück abbeisst.

So füttern sie sich lachend gegenseitig, bis sie alle sechs Erdbeeren gegessen haben.

 

An einem Rosinenbrötchen knabbernd legt sich Yami nun auf den Rücken und geniesst die warmen Sonnenstrahlen, deren Kraft durch den leichten Wind, der vom Meer auf der anderen Seite der Strasse zu ihnen herüberweht, auf ein angenehmes Mass gemildert wird.

Als er nach einer Weile mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und geschlossenen Augen daliegt, spürt er plötzlich ein Gewicht auf seinem Becken.

„Sharik, was hast du vor?“, fragend sieht er Yugi an, der ihn frech angrinst. Sich links und rechts von Yami auf dem Boden abstützend, beugt sich Yugi nach vorn. „Nach was sieht es denn aus?“

Auf einmal wird er Herumgewirbelt und findet sich nur einen Augenblick später unter seinem Liebsten liegend wieder, der ihn nun fies grinsend ansieht. „Du weisst genau, dass ich es nicht mag, ohne Vorwarnung unter dir zu liegen.“

Noch bevor Yugi etwas darauf erwidern kann, wird er leicht in den Hals gebissen, was ihn seufzend den Kopf etwas zur Seite drehen lässt. Wie er es doch liebt, wenn Yami so bestimmend ist. Zeigt es ihm doch, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Ausserdem muss er sich so keine Sorgen machen, dass er ihn überfordert. Die Zeit, in der er dann auch mal das Sagen haben wird, ohne dass er Angst um seinen Liebsten haben muss, wird nämlich sicher noch kommen.

 

Auf einmal lässt Yami von seinem Hals ab und sieht ihn zufrieden an. „So, jetzt bist du auch auf dieser Seite markiert.“ Ihm noch einen Kuss auf die Lippen hauchend setzt er sich auf und lässt sich dann neben Yugi auf den Boden sinken. Auf seinen Ellbogen abgestützt legt er den Kopf in den Nacken. „Wann müssen wir weiter?“

 

Sich nun auch aufrichtend blickt Yugi in den Himmel, um am Stand der Sonne abzuschätzen wie spät es ist. Zwar findet er es Schade, dass sich Yami wieder etwas zurückgezogen hat, aber so in der Öffentlichkeit wäre auch er nicht weitergegangen.

„So ungern ich es zugebe, aber wir sollten wirklich langsam zusammenräumen und aufbrechen, wenn wir am späten Nachmittag im Gasthof ankommen wollen.“ Langsam beginnt er die Reste ihres Picknicks wieder in den Korb zu räumen.

 

Währenddessen gibt Yami den Pferden noch einmal frisches Wasser und befestigt die Zügel wieder an den Trensen. Routiniert kontrolliert er danach noch schnell die Hufe, ob die gerade mal zwei Tage alten Hufeisen auch noch richtig sitzen, aber Jono hat wie immer ausgezeichnete Arbeit geleistet. Zufrieden und erleichtert, dass die beiden sich gut ausgeruht haben, sammelt er die leeren Eimer ein und verstaut sie wieder auf der Ladefläche.

 

Unterdessen hat Yugi auch den Picknickkorb fertig zusammengepackt, der nun von Yami auch auf die Kutsche gehoben wird, allerdings so, dass er auch während der Fahrt an diesen rankommt, wenn einer von ihnen Durst oder Hunger bekommen sollte.

 

Als alles sicher verstaut ist, löst Yugi die Handbremse und lenkt dann die Pferde wieder zurück auf den Weg. Schon nach ein paar Minuten sind sie wieder auf der Hauptstrasse nach Edo unterwegs.

 

Nun betrachtet Yami aufmerksam seine Umgebung, die abwechselnd aus Feldern und kleinen Wäldchen besteht. In der Ferne kann er ab und zu Dörfer oder kleine Höfe entdecken. Die Strasse führt sie dabei immer wieder an die Küste. Meistens kann er nur schroffe Felsen erkennen, die steil ins Meer abfallen. Nur ab und zu gibt es Strände, auf denen er Leute sehen kann, die das schöne Wetter geniessen.

 

Weil sich Yugi auf den Weg konzentrieren muss, sprechen sie nicht wirklich miteinander. Nur wenn sein Sharik etwas zu trinken haben möchte, wird das Schweigen unterbrochen. Doch das stört keinen der beiden, ist die Stille doch nach ihren letzten hektischen Tagen einfach nur angenehm und entspannend.

 

Mit nur zwei kleinen Pinkelpausen fahren sie die nächsten beinahe vier Stunden bis zum Gasthof Resutoranuto durch.

Erleichtert, dass sie diese erste Etappe ohne Probleme gemeistert haben, lenkt Yugi die Pferde auf den Vorplatz des Gasthofes. Noch sind sie allein, was Yami ausnutzt um die beiden Gebäude aufmerksam zu mustern. Direkt vor ihnen steht offensichtlich der Stall. Das Holzgebäude ist zweistöckig und besitzt auf dieser Seite zehn Boxentüren sowie an der einen Seite ein grosses Tor, das jetzt offensteht und den Blick auf einen Raum mit zahlreichen verschiedene Kutschen freigibt.

Das Gasthaus selbst ist ein weisses Gebäude, das im Stil des römischen Reiches erbaut worden ist und besitzt sogar drei Stockwerke, wenn man die Dachfenster nicht mitzählt.

Hinter dem Stallgebäude kann er noch eine grosse Wiese entdecken, die in viele kleinere Weiden unterteilt ist, auf denen sich wohl die Pferde der Gäste tummeln.

 

Yami ist gerade mit seinen Beobachtungen fertig, als ein Stallbursche in Begleitung eines Sklaven auf sie zukommt. „Guten Tag der Herr, darf ich Ihnen die Pferde und die Kutsche abnehmen? Haben Sie schon Boxen und einen Weideplatz reserviert oder soll ich die Tiere in zwei der unreservierten Boxen mit Weideplatz unterbringen?“

 

Ernst sieht Yugi den Stallburschen an, der schon beinahe nach den Zügeln greift. „Ja gern, aber lassen Sie meinem Sklaven noch die Zeit, das Gepäck und den Picknickkorb von der Ladefläche zu nehmen. Es sind zwei Boxen mit einem gemeinsamen Weideplatz auf den Namen Muto reserviert.“ Nun lässt Yugi die Zügel los und deutet Yami gleichzeitig an, dass dieser die genannten Sachen von der Ladefläche nehmen soll.

 

Yami weiss, dass er spätestens ab jetzt wieder den gehorsamen Sklaven spielen muss, weshalb er ohne zu murren die stumme Bitte ausführt und dann mit einem leicht wehmütigen Blick den Pferden nachsieht, die von dem Stallburschen bis zu dem grossen Tor geführt werden, wo sie von der Kutsche befreit werden, die dann von zwei Sklaven mit vereinten Kräften auf einen freien Stellplatz geschoben wird.

 

Unterdessen ist der Stallbursche dabei die beiden Pferde von ihrem Geschirr zu befreien und diese an ihren Trensen in zwei nebeneinanderliegende Boxen zu führen, die mit Namen Muto angeschrieben sind.

Erst als Yami sieht, dass ihnen jetzt die Trensen abgenommen werden geht er zu Yugi der geduldig neben der Tür auf ihn wartet und dabei so tut, als würde er etwas in seinen Taschen suchen und nebenbei die Versorgung der Pferde überwachen.

Nun sieht er Yami aber grinsend an. „Na, ist alles zu deiner Zufriedenheit gemacht worden? Die beiden haben übrigens direkt hinter ihren Boxen ein schönes gemeinsames Weidestück, das sie durch eine zweite Boxentür erreichen können.“ Erst als er sieht, dass sein Liebster nicht mehr zu dem Stallgebäude blickt, wendet er sich dem Eingang zu und betritt, gefolgt von dem schwer beladenen Yami, den Gasthof.

Kaum hat Yugi den Empfangstresen erreicht, wird er schon von dem Besitzer des Gasthofes begrüsst. „Herr Muto, was für eine Freude Sie wieder in meinem bescheidenen Haus begrüssen zu dürfen und diesmal haben Sie sogar ihren eigenen Sklaven dabei. Hätten Sie mir diesen angekündigt, dann hätte ich ihm einen Strohsack unter dem Dach herrichten können, jetzt muss er leider im Heulager schlafen, da wir unter dem Dach keinen freien Platz mehr haben.“ Trotz seines Wortschwalls schüttelt er Yugi heftig die Hand, der sich dabei immer wieder fragt, ob ihm der andere den Arm abschütteln will.

Trotzdem lächelt Yugi ihn freundlich an. „Guten Tag Herr Kagayama, das ist kein Problem, mein Sklave wird sowieso bei mir im Zimmer schlafen.“ Mit dem Kopf deutet er leicht nach hinten, wo Yami mit ihren Sachen in den Händen abwartend dasteht.

 

Geschäftig trägt Kagayama nun die Information in das Gästebuch ein. „Ist notiert, es ist allerdings so, dass Sklaven im Restaurant nicht willkommen sind und auch die gemeinsame Gästedusche auf den einzelnen Etagen nicht benutzen dürfen. Sie kriegen ihren Haferbrei mit Zitronensaft in der Küche und hinter dem Haus gibt es eine Kaltwasserdusche und ein Plumpsklo, beides wir extra für die Sklaven bauen lassen.“

 

Als Yugi hört, was Yami essen soll, wird ihm beinahe schlecht. Doch irgendwie schafft er es, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. „Das ist kein Problem, ich wollte sowieso fragen, ob ich mein Essen wie immer auf meinem Zimmer einnehmen und vielleicht auch eine extragrosse Portion bekommen kann. Ich bin nämlich am Verhungern. Was die Dusche angeht, darf ich ihn denn mit in die Dusche nehmen? Sie wissen sicher für was.“ Verschwörerisch zwinkert er dem anderen zu der bei dem letzten Satz anfängt dreckig zu grinsen. „Natürlich ist beides möglich. Ich notiere mir gleich Ihre Bestellung.“ Erst jetzt greift Kagayama nach einem der Schlüssel, die hinter ihm hängen und reicht diesen an Yugi weiter. „Sie haben wie immer das Zimmer mit der Nummer 22. Soll ich dann auch gleich notieren, dass Sie das Frühstück auch wie immer auf Ihrem Zimmer einnehmen wollen?“

Nach kurzem Nachdenken nickt Yugi. „Ja, das wäre mir sehr recht. Dann muss ich mich am frühen Morgen nicht mit den anderen Gästen rumschlagen. Das Frühstück hätte ich dann gern so gegen halb acht Uhr und um neun Uhr möchte ich dann wieder aufbrechen.“ Yugi ist langsam genervt, aber er muss noch warten, bis ihm der Preis für den Aufenthalt genannt wird, da er diesen im Voraus bezahlen muss.

Eifrig notiert sich der grauhaarige Mann nun alles und sieht dann wieder hoch. „So, das wären dann 45 Silbermünzen. Die Versorgung der Pferde ist natürlich in dem Preis mit inbegriffen und ich sehe, dass Sie uns am 6. August wieder beehren werden. Soll der Service dann der Gleiche sein?“ Fragend und zugleich abwartend wird Yugi nun angesehen, während er die Münzen aus dem Beutel heraus abzählt.

„Ja, das wäre sehr nett.“ Die Silbermünzen auf den Tisch legend, sieht er den älteren Mann nun an. „Ist das nun alles? Oder haben Sie noch weitere Fragen?“, ziemlich deutlich zeigt er nun seine Ungeduld, ist er von der Fahrt doch wirklich erschöpft.

 

Yugis Selbstbeherrschung bewundernd steht Yami mit gesenktem Kopf da. Ihm wäre nämlich schon lange der Kragen geplatzt, weshalb er jetzt wirklich froh ist, dass sie nun endlich die beiden Treppen erklimmen können, die sie in die zweite Etage führen, wo sie dann nach ein paar Schritten ihr Zimmer erreichen. Zwei Türen weiter kann er auf der anderen Seite die Dusche erkennen, die sich die Bewohner der 6 Zimmer hier oben teilen.

 

Als Yami nun hinter Yugi das Zimmer betritt, ist das Erste was ihm auffällt die offene Tür, welche in das kleine Badezimmer führt, das neben der Toilette allerdings nur noch mit einem Waschbecken ausgestattet ist.

Erst als er ihre Sachen in eine der Ecken gestellt hat, sieht er sich den Rest des Zimmers an. Neben dem einfachen Bett gibt es noch einen Tisch mit zwei Stühlen, was Yami verwundert, ist das Bett doch eigentlich nur für eine Person ausgelegt und dann gibt es noch eine dunkelbraune Kommode.

 

Die Vorhänge sind in einem schlichten beige gehalten und passen wunderbar zu den weissen Wänden und der pastellgrünen Bettwäsche. Durch Yugi weiss er ja inzwischen, dass solche blassen Farben in der Regel mit dem Wort Pastell beginnen.

 

Vollkommen fix und fertig lässt sich Yugi rücklings auf das Bett sinken. „Oh Mann und morgen noch einmal genauso lange. Wieso tu ich mir das nur jedes Jahr wieder an.“

Schmunzelnd legt sich Yami seitlich neben seinem Sharik auf die Bettdecke und fährt ihm mit einem Finger sanft über die Wange. „Vielleicht, weil in Edo dieser Markt stattfindet und du da laut deinem Grossvater die besten Stoffe zu einem günstigen Preis bekommen kannst und es nur in Edo diesen superguten Laden gibt, wo du die Essenzen für Grossvaters Wundersalbe bekommen kannst? Ach ja und weil dieser Hopkins in Edo wohnt und du darum umsonst übernachten kannst, so dass sich die Reise noch mehr für dich lohnt?“

Müde lächelnd, sieht Yugi nun zu Yami. „Du hast eindeutig zu viel mit Grossvater über dieses Thema gesprochen. Ausserdem hast du ja beinahe die Hälfte des Weges verschlafen und meine Schulter dabei als Kopfkissen benutzt.“ Gespielt beleidigt sieht er Yami an, ehe er ihm die Hand in den Nacken legt und ihn zu sich herunterzieht, um ihm einen Kuss geben zu können.

 

Geniessend lässt sich Yami auf ihr Lippenspiel ein, bis es leise an der Tür klopft. Murrend lässt Yugi ihn daraufhin los und setzt sich auf. „Das wird wohl unser Abendessen sein.“ Er will gerade aufstehen, als Yami ihm eine Hand auf die Schulter legt. „Lass mich das machen, wenn du so müde bist. Ausserdem ist es als dein Sklave sowieso meine Aufgabe für dein Wohl zu sorgen.“ Noch bevor Yugi etwas sagen kann, steht Yami auf und geht, ihm noch einmal zuzwinkernd, zur Tür.

 

Vor der Tür steht tatsächlich eine junge Sklavin mit einem Tablett in der Hand. Auf diesem steht ein einzelner Teller, der wirklich gut mit einem Gulasch und Bratkartoffeln gefüllt ist, sowie eine Karaffe mit Wasser und ein Glas. Das Besteck neben dem Teller geht unter den ganzen Sachen beinahe unter, so dass es Yami erst als Letztes entdeckt. „Ich nehme dir das ab und Dankeschön für die prompte Lieferung.“ Lächelnd nimmt er ihr das schwere Tablett ab, was sie leicht erröten lässt. „Kei… keine Ursache. Stell das leere Tablett dann einfach neben die Tür. Ich hole es dann später wieder ab.“ Verlegen senkt sie den Blick und bemerkt so nicht, dass Yami nickt. „Ist gut, das werde ich machen und danke für den Hinweis.“ Schmunzelnd sieht er zu wie sie sich immer noch verlegen umdreht, ehe er, das Tablett auf einer Hand balancierend, die Tür wieder schliesst.

 

Grinsend hat Yugi das Schauspiel vom Bett aus beobachtet.

Erst als Yami das Tablett auf den Tisch stellt, steht auch er auf und setzt sich auf den zweiten Stuhl. „So wie es aussieht, hast du sie ganz schön aus dem Konzept gebracht. So verlegen habe ich sie nämlich noch nie gesehen. Eher misstrauisch, wenn ich mal freundlich zu ihr gewesen bin.“

Schulterzuckend, weil er darauf keine Antwort weiss, will Yami gerade nach der Karaffe greifen, als es noch einmal an der Tür klopft. Fragend sieht er Yugi an, der ihn jedoch nur ratlos ansieht. „Keine Ahnung, wer das sein könnte.“

 

Neugierig steht Yami wieder auf und öffnet noch einmal die Tür. Wieder steht die junge Sklavin davor, allerdings diesmal ohne Tablett, dafür mit einem leeren Teller, auf dem Besteck liegt und einem zweiten Glas. „Ich denke, das könnt ihr beide gebrauchen.“ Scheu lächelnd hält sie ihm die Sachen hin, die Yami verwirrt ergreift. „Danke, aber wieso…?“, fragend blickt er sie nun an. Was sie leicht lächeln lässt. „Jeder mit Augen im Kopf und der es auch sehen will, sieht, dass du kein wirklicher Sklave bist und so viel, wie Herr Muto bestellt hat, kann er niemals alleine essen. Meistens schafft er nämlich nicht einmal eine normale Portion. Das habe ich mir nämlich aus den letzten Jahren gemerkt, weil ich mir dann immer die Reste gegönnt habe. Ich heisse übrigens Anna.“ Mit einem angedeuteten Winken dreht sie sich nun um und eilt den Flur hinunter.

 

Kopfschüttelnd schliesst Yami wieder die Tür und geht zurück zu dem Tisch, wo Yugi ihn jetzt mit verschränkten Armen dasitzend erwartet. „Du hast wirklich Eindruck bei ihr hinterlassen. Mir hat sie nämlich noch nie ihren Namen gesagt.“ Ohne einen Kommentar zu dem extra Gedeck abgebend, greift er sich Yamis Teller und beginnt gut die Hälfte seiner Portion auf diesen rüberzuschieben, ehe er ihn wieder vor Yami hinstellt. Dieser ist nun wirklich verlegen. „Ich habe doch gar nichts gemacht.“

Mit gesenktem Blick greift er nach seiner Gabel und beginnt zu essen. Die Kartoffeln sind beinahe so gut wie die von Sugoroku und auch das Gulasch ist unglaublich lecker, aber da hat er keine Vergleichsmöglichkeit, weil er das in der Art zubereitet noch nie gegessen hat.        

Erst jetzt bemerkt Yami, wie hungrig er wirklich ist und verputzt seine Portion ohne mit der Wimper zu zucken. Eigentlich könnte er ja noch mehr essen, aber diesmal kann er sich ja schlecht einen Nachschlag nehmen.

 

Auf einmal wird ein noch beinahe halbvoller Teller auf seinen leeren gestellt, was ihn verwirrt zu Yugi blicken lässt. „Ich habe keinen Hunger mehr und ich sehe dir doch an der Nasenspitze an, dass du noch nicht satt bist.“ Schmunzelnd lehnt sich Yugi auf seinem Stuhl zurück und beobachtet seinen Liebsten, wie dieser nun auch noch diesen Teller komplett leert. „Na, hat’s geschmeckt? War sicher besser als Haferbrei mit Zitronensaft.“ Bei dem Gedanken an dieses scheussliche Essen schüttelt sich Yugi nun deutlich.

 

Den letzten Bissen runterschluckend nickt Yami. „Es war wirklich lecker.“ An Yugi vorbeischauend, sieht er aus dem Fenster. „Der Haferbrei schmeckt vielleicht scheusslich, aber immerhin bewahrt er einen vor Skorbut. Wenn man sonst schon kaum Vitamine bekommt, so schauen sie wenigstens darauf.“

 

Immer noch das Gesicht verziehend, steht Yugi auf und stellt ihr benutztes Geschirr auf das Tablett. Nur die Karaffe und die Gläser lässt er auf dem Tisch stehen. „Was meinst du, sollen wir duschen gehen? Also ich könnte eine Dusche wirklich gebrauchen.“ Auffordernd sieht er Yami an, der nickend aufsteht und ihm mit ihren Duschsachen aus dem Zimmer folgt.

Wie von der Sklavin verlangt, stellt Yugi das Tablett neben der Tür auf den Boden und steuert dann das Badezimmer an. An dem grünen Zeichen unter der Klinke können sie sehen, dass das Bad gerade frei ist.  

Kaum sind sie in dem kleinen Raum schliesst Yugi die Tür ab, ehe er sich zu Yami umdreht, der nun plötzlich nervös dasteht. „Willst du zuerst unter die Dusche oder soll ich?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der unsicher seinen Blick erwidert. „Geh du zuerst. Ich brauche noch einen Moment.“

Verstehend nickt Yugi und beginnt sich in aller Ruhe auszuziehen. Dabei versucht er Yami so gut es geht zu ignorieren um ihn nicht noch mehr zu verunsichern. Sich so verhaltend, als wäre er alleine steigt er mit der Seife in seiner Hand in die Dusche und stellt sich die Wassertemperatur auf eine angenehme Wärme ein.

 

Ruhig dastehend beobachtet Yami jede Bewegung seines Shariks, der nun mit geschlossenen Augen unter dem Wasserstrahl steht.

Aus einem Impuls heraus beginnt er sich langsam auszuziehen, bis er nur noch seine Shorts trägt. Nach einem kurzen Zögern zieht er dann auch diese aus und stellt sich hinter Yugi unter die Dusche.

Deutlich zitternd greift er nach der Seife in Yugis Hand, die ihm dieser mit einem erstaunten Blick überlässt. „Yami du musst nicht…“ „Ich will aber“, wird er von Yami unterbrochen, der nun mit erstaunlich kräftigen Bewegungen anfängt Yugis Rücken einzuseifen. Mehr macht er nicht und als er mit seiner Arbeit zufrieden ist, gibt er Yugi die Seife wieder zurück. Dieser dreht sich nun mit einem Lächeln zu ihm um. „Na komm, stell dich richtig unter den Wasserstrahl und ich seife dir auch den Rücken ein.“ Geduldig wartet er darauf, dass Yami seinem Vorschlag nachkommt und stellt sich dann so hin, dass er Yami nicht aus Versehen mit seinem Körper berührt. „Wenn ich zu weit runterkomme, dann sag es mir einfach.“ Erst als Yami sich an der Wand abstützend nickt, beginnt er mit langsamen Bewegungen den Rücken seines Liebsten einzuseifen. Dabei versucht er auf jede seiner Regungen zu achten. Besonders als er mit der Seife immer tiefer kommt.

Doch zu seiner Überraschung bleibt Yami relativ entspannt. Sogar als er im Kreuz angekommen ist, macht sein Liebster keine Anstalten ihn aufhalten zu wollen. Trotzdem gleitet er mit der Seife wieder nach oben zu den Schultern, ehe er zurücktritt. „So, dein Rücken ist eingeseift. Den Rest musst du aber alleine machen, während ich mir die Haare wasche.“

 

Erleichtert, dass er Yugi nicht stoppen musste, löst Yami seine Hände von der Wand und dreht sich zu seinem Sharik um. In ihm toben die verschiedensten Gefühle. Von Angst bis hin zur Erleichterung und Erstaunen, dass er die Berührungen irgendwie genossen hat, ist alles dabei. Noch bevor er weiss, was er da eigentlich macht, greift er nach Yugi und drückt ihm einen harten Kuss auf die Lippen.

Zum Glück erfasst Yugi instinktiv, dass er ihn diesmal nicht anfassen sollte, weshalb er diesen Kuss erst löst, als die Luft knapp wird.

„Wir sollten uns langsam beeilen, sicher wollen auch noch andere unter die Dusche.“ Schief grinsend sieht er Yugi an, der seinen Blick ebenfalls grinsend erwidert. „Dann würde ich sagen, die seifst dich fertig ein, während ich mir die Haare wasche und dann tauschen wir die Plätze.“ Mit von dem Kuss immer noch kribbelnden Lippen greift Yugi nach der Seife, die sie auch für die Haare verwenden und schäumt sich die Hände grosszügig ein, ehe er sie Yami zurückgibt.

 

Schweigend stehen sie nun unter dem Wasserstrahl und tauschen immer mal wieder die Plätze, wenn einer von ihnen etwas mehr Wasser braucht.

 

Nach der Dusche trocknet sich jeder mit seinem eigenen Handtuch ab.

Nur mit ihren Hosen bekleidet gehen sie dann zurück in ihr Zimmer, wo sie sich für die Nacht umziehen und dann vollkommen erschöpft ins Bett fallen, natürlich erst, nachdem Yami die Tür abgeschlossen hat.

 

 

Sie sind so müde, dass sie sich nur noch einen Kuss geben und sich dann eng aneinander kuscheln. Kurz darauf sind sie auch schon eingeschlafen.

 

 

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So, eigentlich ist es ja wirklich ein ruhiges Kapitel. Es gibt keinen Katastrophen und das obwohl die beiden nicht mehr Zuhause sind und dazu noch kein Sogoroku dabei ist, der vermitteln könnte.

 

Wie immer hoffe ich, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Ankunft in Edo

Hallo zusammen,

 

ja es ist wieder etwas später geworden, aber es haben sich zwei Charaktere ungeplant in das Kapitel mit eingeschlichen und die liessen sich einfach nicht mehr vertreiben. *grummel*

 

Ich hoffe ihr könnt mir meine Darstellung von Rebecca verzeihen, aber ich will ja nicht zu viel verraten. Darum wünsche ich nach einem riesen Danke an die vielen Leser, die die Geschichte favorisiert haben, nur noch viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 43: Ankunft in Edo

 

 

Hellwach liegt Yami mit hinter Kopf verschränkten Armen auf dem Rücken, während sich Yugi noch tief und fest schlafend an ihn kuschelt. Anders könnten sie auch kaum in dem schmalen Bett liegen, ist es mit geschätzten 90 Zentimetern Breite doch eigentlich nur für eine Person gedacht.

Er ist schon seit einer Weile wach, aber da er an der Wand liegt und seinen Sharik nicht aufwecken möchte, ist er bis jetzt noch nicht aufgestanden, um ins Bad zu gehen. Lächelnd sieht er auf den Schlafenden und beginnt leicht mit seiner Hand über dessen Seite zu streicheln.

Ist es doch wirklich langsam Zeit, dass auch Yugi aufwacht und aus dem Bett werfen will er ihn ja nicht. Zumindest nicht, wenn er ihn auch so wach bekommen kann.

 

Schmunzelnd beobachtet Yami jede Regung seines Shariks, der sich jetzt noch mehr an ihn kuschelt und das Gesicht regelrecht an seiner Brust vergräbt.

Vorsichtig dreht er sich auf die Seite, so dass er Yugi direkt in die Augen sehen kann, wenn dieser die seinen öffnet. Doch noch scheint Yugi nicht daran zu denken, aufwachen zu wollen. Weshalb er nun einen kleinen Schritt weiter geht. Leicht legt er seine Lippen auf die seines Shariks und beginnt sie langsam zu bewegen.

Es dauert nicht lange, bis sein Kuss erwidert wird und sich zwei Arme um ihn schlingen.

Dies lässt Yami leicht schmunzeln, denn anscheinend scheint Yugi vollkommen vergessen zu haben, wo sie sich befinden. Stiehlt sich doch heimlich dessen Zunge zwischen seine Lippen, während sich sein Sharik noch mehr an ihn schmiegt.

 

Yugi hat wirklich noch nicht realisiert, dass sie gar nicht zuhause sind. Den Kuss noch weiter vertiefend, lässt er seine Hand über Yamis nackten Rücken gleiten, bis er den Bund von dessen Schlafhose erreicht hat. Trotz seines vernebelten Verstandes geht er nicht weiter, sondern fährt, die Haut nur mit den Fingerspitzen berührend, wieder nach oben, bis er im Nacken seines Liebsten angekommen ist. Ewig könnte er ihn so weiter küssen und mit den Fingerspitzen die Haut erkunden. Nur leider wird langsam die Luft knapp, so dass er sich schliesslich widerwillig zurückzieht.

Atemlos sieht er in die rubinroten Augen, die ihn mit so viel Liebe ansehen, dass es ihn sprachlos werden lässt. Nie hätte er gedacht, dass er von Yami jemals so angesehen werden würde.

„Ich dich auch“, flüstert er an den Lippen seines Liebsten, ehe er ihn wieder in einen zärtlichen Kuss zieht.

Erstaunt über die Worte geht Yami auf das Spiel ihrer Lippen ein. Allerdings nicht für lange, hat er doch die ganze Zeit im Hinterkopf, wo sie sich befinden und dass es vermutlich schon bald an der Tür klopfen wird.

Entschuldigend lächelt er Yugi an, nachdem er sich von ihm gelöst hat. „Sharik, wir sind immer noch in dem Gasthof und wenn ich den Stand der Schatten richtig deute, wird uns oder besser gesagt dir, jeden Moment das Frühstück gebracht.“

 

Erst jetzt, wird sich Yugi bewusst, dass sie nicht zuhause sind. Murrend dreht er sich auf den Rücken und setzt sich dann auf die Bettkante. „Du hast ja Recht“, innerlich flucht er über sich selbst, dass er sich so hat gehen lassen. „Ähm, willst du zuerst ins Bad?“, sich zu seinem Liebsten umdrehend, sieht er ihn fragend an.

 

Über seinen Sharik leicht schmunzelnd rutscht nun auch Yami zur Bettkante und setzt sich neben Yugi hin. „Ich gehe zuerst. Ich bin nämlich schon ziemlich lange wach.“ Noch bevor dieser etwas sagen kann, ist Yami aufgestanden und im Bad verschwunden. Drückt seine Blase inzwischen doch ziemlich stark und da er ja schon hier drin ist, kann er ja auch gleich eine Katzenwäsche machen. Sich beeilend, weil er Yugi nicht zu lange warten lassen möchte, wäscht er sich mit dem nassen Lappen. Eigentlich würde er ja eine Dusche vorziehen, aber er hat wenig Lust auf eine kalte Dusche und Yugi bitten, mit ihm in das Bad auf der Etage zu gehen, will er auch nicht. Da muss halt seit langem mal wieder ein Waschlappen ausreichen.

 

Unterdessen sucht sich Yugi die Kleider für den heutigen Tag zusammen. Kritisch beäugt er die Sachen von gestern und befindet, dass die Hose und das Shirt für die Fahrt noch gut genug sind.

Weil Yami aber etwas länger im Bad zu brauchen scheint, legt er ihm auch noch gleich die Kleider bereit, ehe er anfängt die Sachen, die sie nicht mehr brauchen, wieder in ihre Taschen zu packen. Zum Glück scheint Yami die gleiche Einstellung wie er zu haben. Hat doch auch dieser nur das Nötigste ausgepackt.

Als er sich wieder aufrichtet öffnet sich die Badezimmertür und Yami kommt mit seinen Schlafshorts über dem Arm auf ihn zu. „Super, du hast ja schon das meiste wieder eingepackt. Dankeschön.“ Yugi einen Kuss auf die Lippen hauchend, sieht er ihn lächelnd an. „Jetzt solltest du aber auch ins Bad gehen.“

 

Mit roten Wangen, versucht Yugi schon beinahe krampfhaft nicht nach unten zu sehen, ist Yami doch vollkommen nackt. „Ähm ja, bis nachher.“ Nicht daran denkend, dass er im Gegensatz zu seinem Liebsten ja auch duschen gehen könnte, geht Yugi in ihr kleines Badezimmer.

 

So schnell wie möglich zieht sich Yami nun seine Shorts und die braune Hose an. Denn so allein im Zimmer fühlt er sich nackt nicht wirklich wohl.

Kaum hat er seine Hose geschlossen, klopft es an der Tür. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen legt er das graue Shirt, das er schon in der Hand hatte, wieder zurück auf’s Bett. „Ich komme.“ Er will gerade die Tür öffnen, als ihm siedend heiss einfällt, dass er das Halsband noch nicht wieder angezogen hat. Eilig zieht er es aus der Gesässtasche und legt es sich mit geschickten Fingern um den Hals, ehe er die Klinke nach unten drückt.

Wie er es vermutet hat, steht Anna mit ihrem Frühstück vor der Tür. „Guten Morgen Anna.“ Lächelnd sieht er die junge Frau an, die mit geröteten Wangen vor ihm steht. „Ähm, Guten Morgen… ähm…“, „Ich heisse Yami. Warte, ich nehme dir das ab und komm doch kurz mit rein.“ Vorsichtig nimmt er ihr das schwer beladene Frühstückstablett aus den Händen und trägt es bis zu dem kleinen Tisch. Erst als er es sicher abgestellt hat, dreht er sich zu der sichtbar nervösen Sklavin um. „Ich wollte mich noch entschuldigen, dass wir gestern alles aufgegessen haben und dir als Entschädigung eine Kleinigkeit geben.“

Unter dem misstrauischen und zugleich verwirrten Blick Annas geht er zum Picknickkorb und nimmt einen der Äpfel heraus.

„Hier, der ist für dich.“ Auffordernd hält er ihr den Apfel hin, doch sie scheint wie erstarrt zu sein. Weshalb er einfach nach ihrer Hand greift und ihr den Apfel auf die Handfläche legt. „Der ist wirklich für dich, keine Sorge.“

 

Zögernd schliesst Anna die Finger um den verlockenden Apfel. „Bist du sicher? Ich meine, dein Besitzer ist sicher anders als die Meisten, aber darfst du denn einfach so Essen verschenken, ohne ihn zu fragen?“

 

Schmunzelnd an der Wand lehnend beobachtet Yugi die kleine Szene. „Ja, Yami darf dir den Apfel schenken. Solange es seiner und nicht meiner ist.“

 

Vor lauter Schreck, weil sie nicht damit gerechnet hat, dass plötzlich jemand hinter ihr anfängt zu reden, zuckt Anna so stark zusammen, dass sie den Apfel beinahe fallen lässt.

Zitternd dreht sie sich zu Yugi um, der nun auf sie zukommt. „Du musst keine Angst haben. Weder Yami noch ich tun dir etwas und wenn er der Meinung ist, dass er dir einen der Äpfel schenken soll, dann kann er das auch machen. Ich bin sogar der Meinung, dass du dir eigentlich sogar mehr als nur einen Apfel verdient hast.“ Lächelnd holt er noch den letzten Apfel aus dem Korb und drückt diesen Anna auch in die Hand. „Du machst immer so eine gute Arbeit und auch jetzt hast du das Tablett für zwei Personen hergerichtet, obwohl Yami ja offiziell in der Küche den Haferbrei essen müsste.“

 

Nicht wissend was sie machen soll, blickt Anna auf die beiden Äpfel in ihren Händen. „Ich… sollte… muss wieder an die Arbeit gehen.“ Rückwärts geht sie zur Tür und ist schon beinahe auf dem Flur, als ihr etwas einfällt. „Vielen, vielen Dank. Sie sind zu gütig Herr Muto.“ Mit gesenktem Kopf wendet sie sich jetzt im Türrahmen um und rennt schon beinahe durch den Flur. Zumindest hören sich die schnellen Schritte so an, die sie vernehmen können, weil die Tür noch offen steht.

Da Yugi näher dran ist, geht er nun die paar Schritte und zieht diese ins Schloss, während Yami schon mal die Brötchen auf den beiden Tellern verteilt und heissen Tee in die Tassen einschenkt.

Als er zwei Arme um sich spürt, blickt er schmunzelnd nach hinten. „Du bist heute ja extrem anhänglich. Kann es etwa sein, dass du ein wenig eifersüchtig auf Anna bist?“

Grummelnd legt Yugi als Antwort seine Hand in Yamis Nacken und drückt ihm einen kurzen, aber dafür harten Kuss auf die Lippen. „Eifersüchtig nicht, aber es gefällt mir trotzdem nicht, wenn du mit anderen flirtest und dann auch noch nur in Hosen rumläufst.“

 

Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yami seinen Sharik an. „Im Laden stört es dich aber auch nicht, wenn ich die Damen so etwas von den Preisverhandlungen ablenke.“ „Das ist ja auch etwas Anderes. Dann bin ich dabei und du bist gerade mal so nett zu ihnen, wie es gerade nötig ist, aber bei dieser Anna, bist du anders. Du bist freundlicher als es nötig ist und…“, weiter kommt er nicht, werden seine Lippen doch von Yamis verschlossen. Seufzend lässt er sich in die Arme und den Kuss seines Liebsten fallen, der leider viel zu kurz ist. „Yugi, sie riskiert ziemlich viel, indem sie mich wie einen normalen Gast behandelt, da kann ich auch ruhig etwas freundlicher zu ihr sein. Ausserdem wollte ich mir gerade das Shirt anziehen, als es geklopft hat und jetzt zum Schluss noch das Wichtigste. Ich habe nicht mit ihr geflirtet und der Einzige, den ich will bist du.“ Fest sieht er in die Augen seines Shariks, in denen er eine Unsicherheit lesen kann, die ihn überrascht. Nur weiss er nicht wirklich, wie er sich nun verhalten soll.

Darum haucht er ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich werde in Zukunft aber daran denken, dass du es nicht magst, wenn ich freundlicher als nötig zu anderen Leuten bin.“ Yugi liebevoll über die Wange streichelnd löst er sich aus seinen Armen und geht zum Bett, um sich endlich das Shirt anzuziehen. Zwar stört es ihn nicht oben ohne vor Yugi herumzulaufen, aber wer weiss, ob es nicht doch noch einmal an der Tür klopft.

 

Beschämt, weil er wirklich eifersüchtig auf diese Anna reagiert hat, senkt Yugi den Blick. „Ist schon gut, sei einfach so zu den Anderen wie du es willst. Ich will nämlich nicht, dass du dich wegen mir verbiegst. Es ist nur, du hast doch eigentlich gar keine andere Wahl, als dich mit mir abzugeben und ich weiss ja noch nicht einmal, ob du wirklich nur auf Männer stehst und was ist an mir schon so besonders, dass ich dich halten könnte und…“, auf einmal spürt er wieder Yamis Lippen auf den seinen. Doch diesmal ist es irgendwie anders. Im ersten Moment weiss er nicht, was es ist, aber dann merkt er, wie sich Hände auf seinen Hintern legen und ihn kräftig an den Körper vor sich ziehen.

Reflexartig hält sich Yugi am Shirt seines Liebsten fest und schnappt nach Luft, was den Kuss abrupt beendet. „Yami, was…?“

 

Todernst sieht Yami in die amethystfarbenen Augen. „Was besonders an dir ist? Alles! Du bist der erste Mensch, der wegen meiner Selbst mit mir zusammen sein will und was soll das heissen, keine andere Wahl? Glaub mir, ich habe mir in den letzten Wochen mehr als einmal Gedanken gemacht, was ich will und eines kannst du mir glauben. Wenn dir mein Herz nicht gehören würde, dann könntest du von mir nur meinen Körper haben und sicher nicht meine Seele und die trägst du schon lange in deinen Händen. Ob ich nur auf Männer stehe oder auch auf Frauen? Keine Ahnung, ob das früher so gewesen ist, aber dies kann ich dir sagen. Der Gedanke, dass mich jemand anders als du berührt, ist mir zuwider und ich würde es auch nicht mehr zulassen, dass mich jemand, so wie du es tust, anfasst.“ Immer noch liegen seine Hände auf Yugis Hintern, warum er ihn so festhält weiss er selbst nicht. Doch es fühlt sich richtig an und sein Sharik scheint auch nichts dagegen zu haben. Auch weiss er nicht, woher er die Gewissheit hat, dass Yugi der Erste ist, der ohne Hintergedanken mit ihm eine Beziehung führen will.

 

Sprachlos sieht Yugi in die rubinroten Augen. Yami hat ihm gesagt, dass er ihn liebt. Zwar eher indirekt, aber er hat es gesagt. Vor Freude überwältigt schlingt er stürmisch seine Arme um Yamis Hals. Sein Gesicht an dessen Halsbeuge vergrabend, atmet er tief ein und spürt, wie sich die starken Arme nun um seinen Oberkörper schlingen. „Du bist einfach aussergewöhnlich und ich kann es immer noch kaum glauben, dass ich dich gefunden habe.“ Glücklich lächelt er ihn an, ehe er sich von ihm löst und einen Schritt zurücktritt. „So langsam sollten wir aber wirklich langsam mit dem Frühstück anfangen. Der Tee wird sonst noch kalt und ich hasse es, wenn ich mich vor einer anstrengenden Fahrt mit dem Essen beeilen muss.“ Obwohl es nur ein paar Schritte bis zum Tisch sind, nimmt er Yamis Hand und zieht ihn mit sich.

 

Tatsächlich ist der Tee nicht mehr heiss und es gibt auch keinen Honig, aber dafür sind die Brötchen und die hausgemachte Marmelade wirklich lecker. Dies tröstet Yami ein wenig über den lauwarmen und dazu noch ungesüssten Tee hinweg. Ausserdem ist er in Gedanken sowieso immer noch bei ihrem Gespräch. Hätte er doch nie gedacht, dass Yugi in seinem Inneren so unsicher ist. Dabei ist er so eine wundervolle und aussergewöhnliche Person.

 

Auch Yugi ist in Gedanken versunken, weshalb sie während des Frühstücks schweigen. Erst als Yami noch die restlichen Sachen eingepackt hat, durchbricht Yugi die Stille. „Es ist schon verrückt. Da sage ich zu dir, sei du selbst und dann bist du gezwungen in der Öffentlichkeit den unterwürfigen Sklaven zu spielen und auch bei Hopkins weiss ich nicht, ob es gut ist, wenn du…“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.

 

Zärtlich fährt Yami nun mit der Fingerspitze über Yugis Wange. „Das ist etwas vollkommen anderes. Für mich ist es wichtig, dass du mich so siehst, wie ich wirklich bin. So und nun sollten wir wirklich langsam los. Oder bist du anderer Meinung?“ Ihre Taschen und den Picknickkorb nehmend, sieht er Yugi auffordernd an, der mit einem ergebenen Seufzen nickt. „Du hast ja Recht.“ Weil Yami keine Hand frei hat, hält er ihm die Tür auf und folgt ihm dann ein paar Schritte, ehe er ihn an der Treppe überholt. So dass er als Erster die Stufen nach unten geht.

 

Am Empfangstresen werden sie schon von Kagayama erwartet. „Herr Muto, ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Aufenthalt.“ Geschäftig sieht er Yugi an, der den Zimmerschlüssel auf den Tresen legt. „Herr Kagayama, es war wie immer alles perfekt und ich freue mich schon darauf, in ein paar Tagen wieder hier zu übernachten und bevor Sie fragen müssen. Mein Sklave wird wieder mit mir in einem Zimmer schlafen. Es ist also nicht nötig einen Strohsack unter dem Dach vorzubereiten.“ Fest sieht er den älteren Mann an, um jedem Einwand vorzubeugen. Doch das ist nicht nötig, denn Kagayama nickt nur verstehend. „Ich werde es notieren. Wenn Sie keinen weiteren Wunsch haben, Ihre Pferde sind von meinen Leuten wieder vor die Kutsche gespannt worden und warten im Hof auf Sie.“

Einen Moment denkt Yugi nach. „Nein, es gibt nichts, was Sie noch für mich tun könnten. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Auf Wiedersehen, Herr Kagayama.“ Mit einem freundlichen Kopfnicken dreht sich Yugi vom Tresen weg.

 

„Den wünsche ich Ihnen auch, Herr Muto. Auf Wiedersehen und eine gute Weiterfahrt.“

Schon auf dem Weg zur Tür dreht sich Yugi noch einmal um „Vielen Dank.“ Sich wieder umwendend geht Yugi gefolgt von Yami weiter, bis sie im Hof angelangt sind, wo schon Blacky und Rocky auf sie warten.

Während Yami die Sachen auf der Ladefläche verstaut, kontrolliert Yugi, ob die Pferde auch richtig eingespannt worden sind. Erst als er sich sicher ist, dass alles in Ordnung ist, steigt er zu Yami auf den Kutschbock und löst die Zügel von der Halterung, ehe er die Handbremse löst und die beiden in einem zügigen Schritt vom Hof lenkt.

 

Nachdem er die Pferde zum Aufwärmen eine Weile lang hat Schritt gehen lassen, lässt er sie in einen gemütlichen Trab fallen. Erst jetzt entspannt sich Yugi und sieht zu Yami, der den Blick lächelnd erwidert. „Was ist?“, fragend neigt er den Kopf zur Seite.

„Nichts, ich bin einfach nur glücklich. Das ist alles.“ Da die Strasse im Moment nur geradeaus führt, lehnt er sich an seinen Liebsten und spürt kurz darauf, wie sich ein Arm um ihn legt und ihn noch ein wenig mehr zu sich zieht.

 

Seinen Sharik so im Arm haltend blickt sich Yami die Umgebung an, durch die sie fahren. Gestern hat sie die Strasse ja kurz vor dem Gasthof von der Küste weggeführt und auch jetzt fahren sie durch das Landesinnere. Vor drei Jahren ist er diese Strecke schon einmal in die andere Richtung gefahren, da ihn Kaiba an einen Bekannten aus Domino verkauft hatte. Nur damals hat er keinen Blick für die Landschaft gehabt und die meiste Zeit mit gesenktem Kopf zusammengekauert auf der Ladefläche gesessen.

Jetzt bestaunt er dafür die Schönheit der sanften Hügel, die von Wäldern bedeckt sind. Immer wieder sieht er Gehöfte und Felder die zum Teil schon abgeerntet sind oder die unter Wasser stehen. „Yugi, was wird denn da angebaut?“, mit seiner freien Hand deutet er auf die Wasserflächen, die unter den grünen Pflanzen erkennbar sind.

Weil sich Yugi jetzt wieder auf die inzwischen kurvigere Strasse konzentrieren muss, blickt er nur kurz zur Seite, um zu sehen, was Yami meint. „Das sind Reisfelder. Frag mich aber bitte nicht, warum die unter Wasser stehen müssen. Was solche Sachen angeht bin ich ein typischer Stadtmensch und Händler.“ Schief grinst er Yami an, der verstehend nickt. „Fährst du das erste Mal nach Edo?“ Erst nachdem er die Frage gestellt hat, fällt ihm ein, was Hiroto erzählt hat. „Entschuldige. Die Frage war dumm. Du musst sie nicht beantworten.“ Zerknirscht schielt er schnell zu Yami, der jetzt mit gesenktem Blick dasitzt.

 

Weil es sowieso langsam Zeit für eine Pause ist und er eine ruhige Stelle am Fluss kennt, die von hier aus gut erreichbar ist, lenkt Yugi die Pferde in den nächsten Feldweg und lässt sie dann auf einer Wiese direkt daneben anhalten. Kaum hat er die Handbremse angezogen und die Zügel locker um die Halterung geschlungen, so dass sie schon mal anfangen können zu grasen, nimmt er Yami in den Arm.

„Verzeih mir, ich wollte nicht…“, überrascht weil er plötzlich schon beinahe schmerzhaft fest umschlungen wird, verstummt Yugi mitten im Satz.

 

Tief und zugleich zittrig ein- und ausatmend hält sich Yami an Yugi fest. Sind doch auf einmal die Erinnerungen über ihm hereingebrochen, als er die eigentlich harmlose Frage gehört hat. Warum das passiert ist, weiss er auch nicht, aber es tut gut, dass er jetzt festgehalten und aufgefangen wird.

 

Geduldig abwartend, streichelt Yugi immer wieder über Yamis Rücken und gibt ihm die Zeit, die er braucht um sich zu fangen. Während sie so dasitzen geniessen Blacky und Rocky das saftige Gras. Kriegen sie so etwas Leckeres doch nur auf dieser Reise zu fressen oder wenn die Menschen mit ihnen ausreiten.

 

Als Yami sich wieder beruhigt hat, löst er sich aus der Umarmung und richtet sich mit einem Seufzen wieder auf. „Danke“, schief grinsend sieht er Yugi an, der ihm lächelnd die Hand auf die Wange legt. „Du musst dich nicht bedanken. Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst.“

Sich nun zurücklehnend, streckt er seinen Rücken durch. „Ich würde vorschlagen, wir kümmern uns um die beiden Racker und machen dann ein gemütliches Picknick, ehe wir den Rest der Strecke in Angriff nehmen.“

Sofort nickt Yami zustimmend und steigt von der Kutsche. Mit den Eimern bewaffnet geht er zum Fluss, während Yugi die Futtersäcke vorbereitet. Zwar sind die beiden Pferde nicht mehr wirklich hungrig, da sie ja schon die ganze Zeit am Grasen sind, aber so einen kleinen Energieschub, durch den Hafer, der sich unter dem Heu befindet, können sie sicher gut gebrauchen.

 

Nachdem Blacky und Rocky ihren Durst gestillt haben beginnen sie gierig das Heu zu fressen und schnauben dann anscheinend zufrieden auf, als sie den Hafer am Boden der Säcke erreichen.

 

Erst als Yami die Eimer noch einmal mit Wasser gefüllt und diese für später bereitgestellt hat, löst er wie am Vortag die Zügel von den Trensen und auch die Handbremse so weit, dass die Pferde sich mit einigem Kraftaufwand auf der Wiese vorwärtsbewegen können.

 

Mit einem erleichterten Seufzen lässt er sich danach neben Yugi auf die Decke sinken. Heute gibt es keine Erdbeeren mehr und die Äpfel haben sie ja Anna geschenkt, weshalb sie sich mit den Brötchen und dem Trockenfleisch begnügen müssen. So gut wie frisch gebacken schmecken die Brötchen nicht mehr, aber sie sind immer noch lecker und sie stillen den Hunger, der sich inzwischen doch langsam bemerkbar macht.

 

Nachdem sie gegessen haben, legt sich Yami auf den Rücken und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. Auf einmal spürt er ein Gewicht auf seinem Bauch. Weshalb er erstaunt nach unten blickt und sieht, dass sich Yugi auch hingelegt hat und ihn nun als Kopfkissen benutzt. Spontan legt er seine Hand auf den Oberkörper seines Shariks und sieht dann wieder in den wolkenlosen Himmel.

 

So liegen sie entspannt da und geniessen die Stille, bis sich Yugi wieder hinsetzt. „Wir sollten langsam wieder weiterfahren.“ Lächelnd sieht er zu seinem Liebsten, der sich nun ebenfalls aufrichtet. Irgendwie wirkt Yami ein wenig verschlafen und Yugi weiss, dass dies nicht nur so wirkt. Hat er doch bemerkt, wie dieser leicht eingedöst ist. Darum hat er ihre Pause auch ein wenig verlängert.

 

Wie schon am Tag zuvor, kümmert sich Yami um die Pferde, während Yugi die Reste ihres Picknicks zusammenräumt und ihm dann dabei hilft, alles auf der Ladefläche zu verstauen. So dass sie schon nach kurzer Zeit wieder auf der Strasse unterwegs sind.

 

Nach gut drei Stunden erreichen sie die Stadttore von Edo. In der Ferne erkennt Yami die Hochhäuser der Magistadt Tokio, in der sich auch der Palast des Tennos befindet und zudem der einzige Flughafen auf Japans Hauptinsel zu finden ist. Woher er das weiss, ist ihm schleierhaft. Kennen doch die wenigsten Menschen die Standorte der wenigen Flughäfen. Könnte es doch sonst zu Problemen führen, wenn das einfache Volk unkontrolliert die Wahrheit über die Magie der Oberschicht herausfinden würde.

Um diese verwirrenden Gedanken zu vertreiben reibt sich Yami die Nasenwurzel und blickt dann wieder auf die Häuser vor sich.

 

Deutlich ist zu sehen, dass Edo zusammen mit Tokio die Hauptstädte des Landes bildet. Drängen sich doch viel mehr Menschen und Kutschen in den Strassen der Stadt. Sogar die Autos sind hier stärker vertreten, was Yami auf die extreme Nähe Tokios schliesst. Sind doch die beiden Städte im Laufe der Zeit beinahe zusammengewachsen.

Geschickt lenkt Yugi die Kutsche durch das Gewusel auf der Hauptstrasse, an der sich auch die meisten Geschäfte aneinanderreihen. Aufmerksam betrachtet Yami die bis zu vierstöckigen Häuser. In den Erdgeschossen befinden sich oft die Geschäfte oder die teuren Wohnungen, wie Yami inzwischen aus Erfahrung weiss. Auch hier sind die Häuser wie in Domino in Erdtönen und einigen Weissabstufungen gestrichen. Was zusammen mit den manchmal bunten Stoffvordächern einen interessanten Anblick bietet.

 

Nach einer Weile biegen sie von der Hauptstrasse in eine deutlich weniger befahrene Nebenstrasse ab. Was Yugi erleichtert aufatmen lässt. „Nur noch ein paar Strassen und dann haben wir es geschafft. Hopkins lebt in dem wohlhabenderen Teil der Stadt, der schon beinahe an Tokio grenzt. Was wirklich praktisch ist. Denn der grosse Markt wird jedes Jahr genau zwischen den beiden Städten aufgebaut. So dass wir bequem mit den Pferden zu Fuss hingehen und nicht immer die Kutsche nehmen müssen, da wir die Ballen gut eingepackt auf ihre Rücken schnallen können.“ 

 

Es dauert wirklich nicht mehr lange, bis sie ein, für das einfache Volk relativ grosses und dazu noch alleinstehendes Haus erreichen. Ein kleiner Rosengarten bildet eine schöne Abgrenzung der Front zum Gehweg, der an dem weissen Gebäude mit den beiden Stockwerken vorbeiführt. Was dem Haus an Höhe fehlt, macht es durch seine Breite wieder wett, kann Yami doch auf beiden Seiten der Tür vier Fenster zählen. Doch Yugi hält nicht direkt davor an, sondern lenkt die Pferde um das Haus herum, so dass nun erkennbar ist, dass es auch an den Seiten über vier Fenster verfügt.

Hinter dem Haus lässt Yugi die erschöpften Pferde anhalten. Die Stallungen sind seitlich direkt an das Hauptgebäude angebaut und im rechten Winkel dazu grenzt noch der Unterstand für die Kutschen und offensichtlich die Scheune an die Stallungen, so dass der Platz von drei Seiten komplett umschlossen wird.

Kaum ist Yugi ist von der Sitzbank geklettert, kommt schon ein Stallbursche auf sie zu.

„Herr Yugi, wie schön, dass Sie gut hier angekommen sind.“ Fest greift er nach der Hand Yugis und schüttelt sie kurz, während er ihm gleichzeitig die Hand auf die Schultern legt.

„Jim, schön dich wieder zu sehen“, grinsend erwidert Yugi den schraubstockartigen Händedruck des rothaarigen Walisers, ehe er dem anderen seine Hand wieder entzieht.

„Darf ich vorstellen, das ist Yami er ist zuhause für die Racker hier zuständig und passt wie eine Löwenmutter auf die beiden auf.“ Mit der Hand deutet er auf Yami, der sich ruhig im Hintergrund hält, aber gleichzeitig die Szene genau beobachtet.

 

Sofort wandert Jims Blick zu dem jungen Mann, der zwei Schritte hinter Yugi steht. „Gut zu wissen.“ Mit einem freundlichen Gesichtsausdruck hält er ihm die Hand hin, die nach einem Moment zögernd ergriffen wird. „Es freut mich endlich den Sklaven zu sehen, der es geschafft hat, von dem Kleinen hier gekauft zu werden. Ich werde gut für Blacky und Rocky sorgen, du kannst aber jederzeit in den Stall kommen und uns zur Hand gehen, wenn du willst.“ Deutlich ist für Yami der Akzent von den britischen Inseln des römischen Grossreiches herauszuhören.

Von der Freundlichkeit des anderen überrumpelt, braucht er dann aber einige Augenblicke, bis er seine Stimme wiederfindet. „Ähm, ja. Danke… Sir.“ Im letzten Moment hat er sich daran erinnert, wie er einen freien Bürger ansprechen muss, wenn mit ihm gesprochen wird.

„Ach, nenn mich einfach Jim. Das tun hier alle und das Sir klingt so hochgestochen, das passt wirklich nicht zu einem einfachen Stallburschen wie mir.“ Hart schlägt der 45-Jährige auf Yamis Schulter, ehe er dessen Hand endlich wieder freigibt. Das zusammenzucken des Sklaven, ist ihm dabei gar nicht aufgefallen.

 

Erleichtert, dass er dies Überstanden hat, flüchtet Yami schon beinahe um die Kutsche herum, um ihre Taschen und den Picknickkorb von der Ladefläche zu holen.

 

„Dein Yami scheint ja zu der schüchternen Sorte zu gehören. Das würde man bei seinem Aussehen gar nicht vermuten.“ Schmunzelnd sieht er Yugi an, der ihn ernst ansieht. „Ja und sag den Anderen bitte, dass ich nicht möchte, dass Yami angefasst wird. Das eben war schon das höchste der Gefühle, was er von Fremden ertragen kann.“

Sofort verfinstert sich der Ausdruck in den warmen grünen Augen des Mannes. „Hopkins hat schon etwas angedeutet, dass der Junge wohl ziemlich viel durchgemacht hat und wir ihn darum nicht zu sehr bedrängen sollen, aber dass es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht. Ich werde es Scott und Lenny aber sagen. Maria wird auf ihn vermutlich sowieso wie eine Übermutter aufpassen.“ Beruhigend legt er Yugi die Hand auf die Schulter und blickt dann zu Yami, der sich in einigem Abstand zu ihm hingestellt hat und abwartend die Taschen und den Korb in den Händen hält.

„So und nun werde ich mich mal um die beiden Lausbuben kümmern.“ Mit einem Händeklatschen geht er zu den Pferden und streichelt sie sanft an den Köpfen, ehe er sich zwischen sie stellt und nach den Zügeln greift. „Lenny! Yugi ist da. Genug gefaulenzt, wir haben hier zwei erschöpfte Schwerstarbeiter zu versorgen!“ Sofort kommt ein schwarzhaariger Sklave aus der Scheune und eilt auf sie zu. Aus der Nähe ist zu sehen, dass sich schon einzelne graue Strähnen in dessen Haaren befinden, was für einen Sklaven ungewöhnlich ist. Werden doch Sklaven in der Regel nicht so alt, dass sie überhaupt graue Haare bekommen könnten.

 

Anders als im Gasthof nimmt Yugi Yami eine der Taschen ab und geht dann gefolgt von ihm auf die Hintertür zu, wo sie schon von einer älteren Frau erwartet werden. Kaum steht Yugi vor ihr, wird er in eine schraubstockartige Umarmung gezogen. „Buena sera. Mio Yugi. Du musst mehr mangare, sonst du noch dünner werden.“ Geduldig erwidert Yugi die Umarmung, ist dann aber doch froh, als er endlich wieder freigegeben wird und so wieder Luft holen kann. „Hallo Maria. Du weisst doch, ich kann so viel essen, wie ich will und nehme nicht zu.“ Lächelnd sieht er die grauhaarige und ziemlich korpulente Frau an. Die ihn jetzt mit zusammengekniffenen Augen mustert. „Trotzdem du musst mehr mangare.“ Auf einmal fällt ihr Blick auf den zweiten jungen Mann, der offensichtlich der Sklave ist, von dem Hopkins ihr und den anderen erzählt hat. „Das muss tuo Yami sein.“

Sofort hellen sich ihre Züge wieder auf. Mit ausgebreiteten Armen geht sie auf ihn zu und zieht auch ihn, trotz der Taschen und des Picknickkorbes in eine Umarmung. „Buena sera, bello uomo.“ Musternd hält sie den jungen Mann auf Armeslänge von sich. „Du etwas mehr Muskeln als Yugi, aber du musst auch mehr mangare. Viel zu dünn ihr zwei.“

Verkrampft lächelt Yami diese Maria an. „Buena sera e mille grazie.“ Automatisch wechselt er in die Sprache des römischen Grossreiches. Was ihm noch so eine Umarmung einbringt und ihn reflexartig die Tasche und den Korb loslassen lässt. Hat er doch die Erste gerade noch so aushalten können, wird es ihm nun wirklich zu viel. Deutlich spürt er, wie die Panik in ihm hochzusteigen beginnt. „Yugi!“, deutlich ist seine Not aus seiner Stimme herauszuhören, weshalb Yugi sich nun sanft aber bestimmt, zwischen Maria und ihn drängt.

„Maria, Yami mag es nicht, wenn ihm Fremde so nahe kommen.“ Ernst sieht er die Köchin und zugleich auch Haushälterin von Hopkins an, ehe er sich besorgt zu Yami umwendet. „Entschuldige, dass ich nicht vorher eingeschritten bin, aber ich habe ganz vergessen, wie herzlich Maria sein kann, wenn sie jemanden auf Anhieb mag.“ Sanft legt er seine Hand auf Yamis Schulter, der ihn zittrig anlächelt. „Ist schon gut, es war nur etwas zu viel auf einmal.“

 

Erschrocken über die unterdrückte Panik in den aussergewöhnlichen Augen des jungen Mannes, beobachtet Maria, wie sich Yugi um ihn kümmert. „Ich gehe Hopkins und den altro Bescheid sagen, dass ihr angekommen seid.“ Eilig schnappt sie sich den Picknickkorb und geht nun ins Haus.

 

Nachdem Yami ein paar Mal tief durchgeatmet hat, nickt er Yugi zu. „Ich denke wir sollten langsam mal reingehen. Bestimmt wirst du schon sehnsüchtig erwartet.“

 

Aufmerksam mustert Yugi seinen Liebsten, ehe er seine Hand von dessen Schulter nimmt und wieder nach seiner Tasche greift. „Ja, aber sag mal, was hat Maria eigentlich zu dir gesagt? Buena sera habe ich ja noch verstanden, aber der Rest war mir dann zu hoch“, fragend sieht er Yami an, der ihn nun anschmunzelt. „Sie hat mich als schönen Mann bezeichnet und ich habe mich für das Kompliment bedankt. Was ich wohl besser nicht gemacht hätte.“ Langsam folgt er Yugi durch die Hintertür, der sie hinter ihnen ins Schloss zieht. „Vielleicht, aber sobald du in ihrer Muttersprache gesprochen hast, war dir die zweite Umarmung sowieso sicher. Denn auch wenn sie schon lange mit Hopkins um die Welt zieht, vermisst sie ihre Heimatstadt Rom doch sehr. Du musst nämlich wissen, dass Hopkins zwar inzwischen seinen Hauptwohnsitz hier hat, aber trotzdem noch viel in fremde Länder reist, um deren Kultur und Geschichte zu erforschen, als auch mit Antiquitäten zu handeln. So hat er es auch zu seinem Vermögen gebracht.“

 

„Also Yugi, so reich bin ich nun auch wieder nicht und ausserdem solltest du einem Sklaven nicht so viel erzählen, auch wenn er laut deinem Grossvater zur Familie gehört.“ Ertönt plötzlich eine Stimme mit einem britischen Akzent und ein älterer Mann mit Schnurrbart kommt in den Flur.

Schmunzelnd sieht er den jungen Mann an, der nun verlegen den Kopf senkt, ehe er ihm die Hand reicht. „Guten Abend Hopkins, ich freue mich, dass es dir gut geht.“ Die Augen gespielt hilflos verdrehend, erwidert Hopkins den Händedruck. „Muss ich dir wirklich jedes Mal sagen, dass du mich Arthur nennen sollst?“

Yugi will gerade etwas erwidern, als eine blonde junge Frau um die Ecke gerannt kommt. „Darling! Endlich bist du da.“ Stürmisch fällt sie um Yugis Hals, der genervt aufseufzt. „Hallo Rebecca.“ Bestimmt schiebt er sie wieder von sich weg und tritt sogar noch zusätzlich einen Schritt zurück.

Verwirrt blickt Rebecca ihn an. „Aber Darling, was ist denn los? Freust du dich gar nicht, mich zu sehen?“, vermutlich verführerisch neigt sie den Kopf ein wenig zur Seite.

Innerlich zählt Yugi dreimal bis zehn und bittet wie immer, wenn er es mit Rebecca zu tun hat, sämtliche Götter um Geduld für sich selbst. „Natürlich freue ich mich, aber hör bitte auf, mich ständig Darling zu nennen. Ich bin nämlich inzwischen vergeben.“

 

Gerade will Rebecca etwas sagen, als ihre Aufmerksamkeit auf den Sklaven fällt, der ruhig hinter ihrem Darling steht und sie mit einem stechenden Blick ansieht. „Ist das der Sklave, von dem mir Grossvater erzählt hat? Der ist ja ganz schön respektlos.“ Verwirrt blickt Yugi zu Yami der ihn mit hochgezogener Augenbraue ansieht. „Ich habe sie nur gleich angesehen, wie ich die Tochter von diesem Tobira angesehen habe.“

Daraufhin kann sich Yugi ein Grinsen nicht mehr verkneifen. „Warum machst du eigentlich immer das, was ich gern machen würde?“ Als Yami ihn nur breit grinsend und mit den Schultern zuckend ansieht, wendet er sich kopfschüttelnd wieder zu ihren Gastgebern um.

„Tja Rebecca, das ist nun mal Yami und ich sage es jetzt ganz direkt. Er muss nur meine Befehle ausführen und ich will nicht, dass er in irgendeiner Art und Weise angefasst wird. Hast du mich verstanden?“, streng sieht er die junge Frau an, die nun zerknirscht nickt. „Ja, ich habe es verstanden. Nur verstehe ich nicht, warum du auf einmal deinen eigenen Sklaven mitbringst. Das hast du doch sonst nie getan.“

 

„Rebecca!“, mischt sich nun Hopkins ein, der deutlich sehen kann, dass Yugi inzwischen ziemlich genervt ist und dabei ist der Junge noch keine halbe Stunde hier. „Lass Yugi erstmal ankommen. Du wirst noch genug Zeit haben, ihm deine Fragen zu stellen und jetzt geh bitte nachschauen, ob Nancy sein Zimmer so hergerichtet hat, dass der Sklave auch darin schlafen kann.“ Streng sieht er seine Enkelin an, die nun widerwillig nickt. „Ja, Grossvater. Bis nachher Darling.“ Yugi ein strahlendes Lächeln zuwerfend, wendet sie sich zur Treppe um und erklimmt die Stufen.

 

„Entschuldige ihr Verhalten Yugi. Eigentlich sollte sie inzwischen alt genug sein, um sich nicht mehr so zu benehmen, aber anscheinend ist sie bei dir immer noch das verliebte Mädchen. Jetzt kommt aber erst einmal mit ins Wohnzimmer, bis das Zimmer sicher fertig ist. Die Taschen könnt ihr ja hier im Flur lassen.“ Mit der Hand deutet er in den Raum, aus dem er vorhin gekommen ist.

Yami einen Blick zuwerfend, stellt Yugi seine Tasche neben der Treppe auf den Boden, ehe er Hopkins folgt und setzt sich dann auf das braune Ledersofa. „Ist schon gut Arthur. Anscheinend wird sich Rebecca erst damit abfinden, dass sie mich nicht haben kann, wenn ich ihr offiziell meinen Freund präsentiere.“ Schulterzuckend greift er nach der Teetasse, die wie immer schon für ihn bereitsteht.

 

Yami ist Yugi gefolgt, aber da er nicht weiss, ob er sich auch hinsetzen darf, bleibt er hinter dem Sofa stehen und wartet darauf, dass ihm jemand sagt, was er tun soll.

Zwar ist er von den beiden Angestellten freundlich empfangen worden, aber nach der Begegnung mit dieser Rebecca ist er auch bei Hopkins lieber mal etwas vorsichtiger.

 

Verwirrt, weil sich Yami nicht neben ihn setzt, blickt Yugi sich um und entdeckt ihn dann hinter dem Sofa stehend. Fragend sieht er ihn an, weshalb Yami sich nur vielsagend an den Hals greift.

Erst bei dieser Geste fällt bei Yugi der Groschen. „Yami, setz dich hier neben mich auf das Sofa und willst du auch einen Tee trinken? Maria hat für dich wohl auch eine Tasse hingestellt.“

 

Ohne etwas dazu zu sagen, beobachtet Hopkins, wie sich der Sklave nun neben Yugi hinsetzt und von ihm eine Tasse Tee entgegennimmt. Erst jetzt, wo sie im hellen Wohnzimmer sitzen, mustert er den jungen Mann, der anscheinend unterwürfig mit gesenktem Kopf dasitzt. Nur ist seine Ausstrahlung alles andere als die eines typischen Sklaven.

„Sag mal Yugi, wo hast du denn diesen Sklaven gefunden?“, neugierig sieht er ihn an. Denn auch wenn ihm Sugoroku schon so einiges erzählt hat, ist er doch gespannt, die Version des Jungen auch noch zu hören.

 

Erstaunt über die Frage, stellt Yugi die Teetasse wieder auf den Tisch. „Ich habe Yami auf dem Sklavenmarkt von Domino gefunden und musste ihn einfach kaufen. Obwohl oder vielleicht gerade weil er nicht gerade in einem guten gesundheitlichen Zustand war. Doch da war etwas in seinen Augen, dass mich überzeugt hat, dass er es wert ist, dass ich meine Prinzipien über Bord werfe.“ Lächelnd sieht er Yami an, der den Blick überrascht erwidert.

 

Nachdenklich mustert Hopkins den jungen Sklaven. „Verstehe, darf ich ihn mir mal genauer ansehen?“, wendet er sich an Yugi der bei den Worten leicht zusammenzuckt, aber dann zögernd nickt. „Solange du nicht von ihm verlangst, dass er sich auszieht und ich dabei bin, dann habe ich nichts dagegen.“ Eigentlich passt es ihm nicht wirklich, aber was soll er machen. Die Bitte abzuschlagen würde zu Fragen führen, die er eigentlich nicht beantworten möchte.

Weshalb er entschuldigend zu Yami blickt, der ihm nur verstehend zunickt, ehe er aufsteht und sich so hinstellt, dass Hopkins bequem um ihn herumgehen kann.

 

Mit aufmerksamen Blick geht Hopkins um den Sklaven herum, der zwar mit gesenktem Kopf, aber dennoch mit einer überaus stolzen Haltung dasteht. Nachdem er ihn zweimal umrundet hat, stellt er sich direkt vor ihm hin. Mit festem Griff umfasst er dessen Kinn und zwingt ihn so, den Kopf zu heben.

„Sie hätten auch sagen können, dass ich Sie ansehen soll. Dann hätten Sie mich nicht anfassen müssen, Sir.“ Nicht eine Sekunde daran denkend, seinen Blick zu senken, sieht Yami fest in die Augen des älteren Mannes.

Als Hopkins diesen Blick sieht, wäre er beinahe zurückgewichen. Hat der Junge doch die Augen der Nesuts. Geschockt lässt er ihn los und tritt einen Schritt zurück. Das kann nicht sein! Es muss ein Zufall sein, dass dieser Sklave die ungewöhnliche Augenfarbe der Herrscherfamilie des ägyptischen Grossreiches besitzt.

 

„Er ist wirklich ein ungewöhnlicher Sklave. Das muss ich zugeben, aber solange er sich zu benehmen weiss, ist das ja kein Problem. Du kannst dich übrigens wieder hinsetzen Junge.“ Mit der Hand deutet er Yami an, dass er sich wieder neben Yugi setzen soll.

 

Nachdem sich auch Hopkins wieder hingesetzt hat, sieht er Yugi ernst an. „Du hast ihn ja das erste Mal dabei, darum erkläre ich dir und auch ihm die Hausregeln für ihn.“

Erst als Yugi nickt, fährt er, sich die Teetasse nehmend, fort. „Also, Yami wird mit den anderen in der Küche essen. Die Essenszeiten für die Angestellten sind mehr oder weniger gleich wie die unseren. Natürlich essen sie erst, wenn wir unser Essen haben. Ob Yami dein Badezimmer mitbenutzen darf, ist deine Sache. Ansonsten haben die Angestellten und Sklaven unter dem Dach ihr eigenes Badezimmer. Ich bestehe darauf, dass er auch im Haus das Sklavenhalsband trägt und auch wenn er laut dir nur auf deine Befehle hören muss, verlange ich von ihm Gehorsam, wenn es die Situation nötig macht. Das ich von ihm Respekt verlange, ist natürlich selbstverständlich. Habt ihr mich verstanden?“, sich zurücklehnend wartet er auf eine Reaktion Yugis. Denn auch wenn er diese Regeln beiden erklärt hat und sie für den Sklaven gelten, erwartet er von ihm eine Antwort.

 

Einen Moment blickt Yugi zu Yami, ehe er sich wieder Hopkins zuwendet. „Ja, wir haben verstanden. Allerdings werde ich von Yami ganz sicher nicht verlangen, dass er auch in unserem Zimmer das Halsband trägt und in das Badezimmer wird er auch ohne gehen dürfen. Denn mein Bad liegt ja genau gegenüber von meinem Zimmer. Mir wäre es zwar lieber, wenn er mit uns an einem Tisch essen würde, aber wenn du das nicht willst, akzeptieren wir das natürlich.“

Nach diesen Worten ist es einen Moment lang still, ehe Hopkins wieder das Wort ergreift. „Damit kann ich leben.“

Kaum hat er das gesagt betritt Rebecca das Wohnzimmer. „Nancy hat alles so hergerichtet, wie es sein muss.“ Mit einem Lächeln das wohl verführerisch sein soll, geht sie auf Yugi zu, wird dann aber auf einen Schlag todernst. „Was macht denn der Sklave auf dem Sofa! Für Seinesgleichen ist…“ „Ich habe Yami gesagt, dass er sich neben mich setzen soll und da er mein Sklave ist, hat es dich nichts anzugehen, wo er sitzt. Ausserdem gehen wir beide jetzt sowieso auf unser Zimmer.“ Aufstehend blickt Yugi zu Hopkins, der sich nun auch aus seinem Sessel erhebt. „Ich bin sicher, Nancy hat auch an eine Karaffe mit frischem Wasser und zwei Gläser gedacht.“ Schnell blickt er zum Fenster. „In einer halben Stunde gibt es ja schon das Abendessen. Du kannst deinem Sklaven ja dann auch gleich zeigen, wo sich die Küche befindet.“

 

Betätigend nickt Yugi. „Ja, das werde ich machen. Kommst du Yami?“, auffordernd sieht er seinen Liebsten an, der gleichzeitig mit ihm aufgestanden ist. Ohne ein Wort zu sagen, nickt Yami und folgt ihm dann hinaus auf den Flur.

Mit seiner Tasche in der Hand folgt er Yugi bis in die erste Etage und dann an zwei Türen vorbei, bis sie ein gemütlich eingerichtetes Zimmer erreichen. Das Bett ist breit genug für zwei Personen, trotzdem steht am Fussende eine schmale Pritsche, die offensichtlich für Yami gedacht ist.

 

Während sich Yugi mit einem genervten Seufzen auf das Bett fallen lässt, sieht sich Yami neugierig um. Anders als im Gasthof gibt es hier natürlich keinen Tisch zum Essen, sondern nur einen Schreibtisch, auf dem die versprochene Karaffe mit den Gläsern steht und vor dem ein einzelner Stuhl seinen Platz gefunden hat. An der Wand gegenüber vom Bett steht ein grosser Schrank aus dunklem Holz. Die Vorhänge sind aus einem dunkelgrünen Stoff und können so sicher das Zimmer sehr stark verdunkeln, wenn sie zugezogen werden.

Erst nachdem er sich alles angesehen hat, blickt Yami zu dem Bett, das mit hellblauer Bettwäsche bezogen ist, die beinahe schon weiss wirkt. Doch viel mehr interessiert ihn Yugi, weshalb er sich jetzt über ihn beugt und ihm einen langsamen Kuss gibt, ehe er ihn anlächelt. „Das hat doch ganz gut geklappt und bis auf diese Rebecca scheinen ja alle ganz nett zu sein. Sogar dieser Hopkins ist auszuhalten. Also hör auf, so ein Gesicht zu ziehen.“

 

Murrend legt Yugi seine Arme um Yamis Nacken und zieht ihn zu sich runter, um ihm noch einen Kuss zu geben. „Trotzdem würde ich lieber mit dir am Tisch sitzen. Naja, ich kann’s leider nicht ändern, aber wenn mich die Göre zu sehr nervt, dann komme ich zu dir in die Küche.“

Schmunzelnd haucht Yami seinem Sharik noch einen schnellen Kuss auf die Lippen. „Ja, mach das. Für dich finde ich immer ein Plätzchen und wenn es auf meinem Schoss ist.“

Dies lässt Yugi leise auflachen. „Ist gut. Ich komme bei Bedarf darauf zurück.“ Langsam richtet er sich auf, so dass Yami genug Zeit hat, um von ihm runter zu gehen. „Ich zeige dir jetzt mal das Bad und dann wird es vermutlich schon Zeit fürs Abendessen sein.“ Nachdem er aufgestanden ist, greift er nach Yamis Hand und zieht ihn vom Bett hoch.

 

Pünktlich auf die Minute betritt Yugi frisch geduscht das Esszimmer, nachdem er Yami gezeigt hat, wo sich die Küche befindet. Natürlich wird er schon von Hopkins und Rebecca erwartet, die bereits am Tisch sitzen. Mit einem entschuldigenden Lächeln setzt er sich auf den Stuhl bei dem dritten Gedeck. „Verzeiht, dass ihr warten musstet, aber ich war noch kurz in der Küche.“

 

Sofort verzieht Rebecca das Gesicht, ist es doch ihrer Meinung nach unter der Würde Yugis, selbst in die Küche zu gehen. „Ich hätte ihm nur den Weg erklärt, so gross ist das Haus ja nicht.“ Sofort wird sie von ihrem Grossvater mahnend angesehen, was sie beschämt den Kopf senken lässt.

Doch leider hält die Ruhe genau so lange an, bis ihnen ihr Essen serviert worden ist. „Sag mal Darling, was sind denn das für Flecken, die du da an deinem Hals hast?“, neugierig sieht sie Yugi an der schon wieder genervt die Augen verdreht. „Das sind Knutschflecken von meinem Freund“, ringt er sich zu einer Antwort durch und hofft, dass dies die einzige Frage bleiben wird.

Nur leider hat er die Rechnung ohne Rebecca gemacht. „Ach so, aber das geht doch nicht! Ich meine, so könnten die Damen, die dich eventuell interessieren würden, abgeschreckt werden. Obwohl, mich stört es natürlich nicht, Darling.“

 

Klirrend lässt Yugi die Gabel auf den Teller knallen. „Wie oft muss ich es denn noch sagen, bis du es kapierst?! Erstens, ich bin weder an dir noch an anderen Frauen interessiert. Ich bin nämlich schwul und ich habe einen festen Freund. Für dich sage ich es noch einmal ganz einfach. Ich bin in einer Beziehung, sprich vergeben. Also hör endlich mit diesem verdammten Darling auf.“ Wütend blickt er Rebecca an, die ihn mit grossen Augen ansieht. „Aber Darling, Veronica hat gesagt, dass es keine schwulen Männer gibt. Das sei nur eine Phase und Sex wird unter Männern nur praktiziert, weil so keine Gefahr besteht uneheliche Kinder zu zeugen.“

 

Nun reicht es Yugi. Stocksauer steht er wortlos auf und greift sich seinen Teller.

„Aber Darling, was machst du denn? Wo gehst du denn hin?“, geschockt sieht Rebecca Yugi nach, der regelrecht aus dem Zimmer stapft.

 

„Das hast du toll gemacht, Rebecca. So schnell hast du ihn noch nie vom Tisch vertrieben und akzeptiere endlich, dass du bei Yugi keine Chance hast und er nun mal auf Männer steht. Ausserdem so einen Blödsinn, wie von dieser Veronica, solltest du nicht glauben. Natürlich gibt es Homosexualität. Auch wenn es einigen nicht passt. Also hör endlich auf ihn so zu bedrängen. Sonst schicke ich dich schneller zu deinen Eltern nach England, als du dieses verdammte Darling sagen kannst. Haben wir uns verstanden, junge Dame?“, streng sieht Hopkins seine Enkelin an, die ihn nur geschockt ansieht. „Aber… Grossvater…“

 

Während Rebecca der Kopf gewaschen wird, geht Yugi in die Küche. Natürlich wird er sofort von Yami bemerkt, der wortlos auf der Bank etwas näher zu der Sklavin namens Nancy rutscht.

Seufzend stellt Yugi seinen Teller neben Yamis und lässt sich dann neben ihm auf die Bank fallen. Wirklich viel Platz ist nicht vorhanden, weshalb sein Bein direkt an dem seines Liebsten anliegt. „Frag lieber nicht.“ Genervt lehnt er sich an Yamis Schulter, der sofort den Arm um ihn legt und ihn mitfühlend ansieht. „Rebecca?“, leicht zieht er ihn zu sich ran, was seinen Sharik erleichtert aufatmen lässt. „Ja, aber bitte frag nicht weiter. Den Stuss, den sie heute rausgehauen hat, will ich nicht unbedingt wiederholen.“ Verstehend nickt Yami nun und greift mit seiner freien Hand nach dem Löffel. Gibt es für ihn und die anderen doch eine einfache Gemüsesuppe und die kann er auch mit einer Hand essen.

 

Nach einer Weile setzt sich Yugi wieder gerade hin und greift nach seinem Besteck. Erst jetzt fällt ihm ein, dass sie ja nicht alleine am Tisch sitzen. Mit plötzlich hochroten Wangen sieht Yugi in die Runde. „Entschuldigt bitte, dass ich einfach so reingeplatzt bin, aber ich habe es im Esszimmer beim besten Willen nicht mehr ausgehalten.“ Verlegen sieht er auf seinen Teller.

 

Schmunzelnd lehnt sich der Hausdiener und Gärtner Scott zurück. „Das ist doch kein Problem Yugi. Du bist hier immer willkommen. Ausserdem hast du mir nun einen Nachtisch eingebracht, den Maria extra für heute zusätzlich vorbereitet hat. Ich habe nämlich als einziger gesagt, dass du schon heute hier auftauchst. Yami hat sich ja an der Wette ja nicht beteiligen wollen.“ Deutlich ist der schottische Akzent des Mannes herauszuhören.  

 

Mit grossen Augen blickt Yugi den schwarzhaarigen Schotten an. „Na toll und ich mache mir noch Sorgen, dass ich euch störe“, grummelnd spiesst er sich eine der Möhren auf. „Und warum hast du nicht mitgemacht? Du bist doch sonst immer so scharf auf Nachtisch.“ Gespielt vorwurfsvoll sieht er Yami fragend an. Der sich schmunzelnd zurücklehnt und den Löffel in seinen nun leeren Teller legt. „Ganz einfach, ich kenne dich inzwischen vermutlich von allen hier am besten und darum wäre es unfair gewesen, wenn ich mitgemacht hätte. Ausserdem ist Käsekuchen nicht so wirklich mein Fall.“

Yami fühlt sich in der Anwesenheit der anderen wohl. Haben sie ihn doch sofort in ihrer Runde mit aufgenommen und auch ohne Probleme seine Grenzen akzeptiert. Sogar Lenny hat seinen Platz neben Nancy für ihn aufgegeben, damit er nicht bei den anderen beiden Männern sitzen muss.

Besonders Maria passt jetzt schon wie eine Übermutter auf ihn auf und es wundert ihn schon beinahe, dass sie nichts sagt, weil Yugi so nahe bei ihm sitzt.

 

Lachend sitzen sie am Tisch und bemerken nicht, dass Hopkins in der Küchentür steht und sie beobachtet. Besonders Yami, der fliessend zwischen den verschiedenen Sprachen am Tisch hin und her wechselt und so oft für Gelächter und Erstaunen sorgt.

Schaffen es die anderen doch wirklich kein einziges Mal ihn aus dem Konzept zu bringen und so ganz nebenbei übersetzt er für Yugi das Gesprochene auch noch ins Japanische.

Dies ist nicht das Einzige was ihn verwundert, sondern auch die Tatsache, dass ihm der junge Sklave extrem bekannt vorkommt, nur weiss er beim besten Willen nicht, wo er das Gesicht hintun soll.

Weil er Rebecca nicht zu lange im Esszimmer allein lassen will und Yugi sich offensichtlich in der Küche wohl fühlt, zieht er sich leise wieder zurück. Noch hat er ja ein paar Tage um das Geheimnis des Sklaven zu lüften, der laut Sugoroku ja an einem Gedächtnisverlust leidet.

Es ist schon dunkel, als sich die lustige Runde in der Küche wieder auflöst, weshalb Yugi und Yami im Licht einer Öllampe hoch in ihr Zimmer gehen. Da es hier keine Strassenöllampe gibt, die das Zimmer erhellen könnte, ziehen sie sich im schnell ihre Schlafsachen an, ehe sie nacheinander ins Bad gehen um sich für die Nacht fertig zu machen. Wollen sie die Lampe doch nicht zu lange brennen lassen. Schliesslich ist das Öl auch nicht gerade günstig.

 

Vollkommen erschöpft, kriechen sie dann unter die dünne Sommerdecke. Kaum hat sich Yami auf den Rücken gelegt, kuschelt sich Yugi an ihn ran und seufzt zufrieden auf, als sich der Arm seines Liebsten um ihn legt. Eigentlich würde er ja gern noch ein wenig mit ihm reden, aber der Tag war lang und anstrengend, weshalb er schon nach kurzer Zeit in einen tiefen Schlaf fällt.

                                                                                    

Yami braucht etwas länger, bis auch er einschlafen kann, denkt er doch noch über die Erlebnisse des Tages und vor allem des Abends nach, bis auch ihm die Augen zufallen.

 

 

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So, ich muss gestehen, dass ich schon gespannt bin, was ihr von Hopkins und Rebecca haltet und natürlichauch von den anderen in diesem Haushalt.

Entgegen aller Befürchtungen scheinen ja wenigstens die Angstellten ganz in Ordnung zu sein und auch Hopkins ist wohl nicht allzu schlimm. Wenn ich Yami mal zitieren darf.

 

So, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Die Sache mit dem Respekt

Hallo zusammen,

 

heute kommt das neue Kapitel mal wieder etwas früher. Aber auch nur, weil ich schon die ganze Woche daran geschrieben habe. Dafür möchte ich mich bei den Lesern von Yami to Hikari entschuldigen, weil ich die Geschichte darum vernachlässigt habe.

 

Ich warne mal ein bisschen vor. Das Kapitel hat eine ziemlich dunkelorange Stelle, wer also nicht lesen möchte, was Yami mit Yugi so anstellt, sollte um die Stelle zwischen den Sternchen einen Bogen machen.

Lange habe ich überlegt, ob ich das Kapitel deswegen schon dreiteilen soll, aber da eine ähnlich beschriebene Szene bei Wege des Schicksals wieder vom Adult(Sex) befreit worden ist, lasse ich das Kapitel mal so und nehme es erst auseinander, wenn die Freischalter der Meinung sind, dass es nötig ist.

 

Kurz eine Zeitinfo, seit dem Tobira-Kapitel sind gut 2 Wochen vergangen.

 

So, genug gelabert. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuesten Kapitel.

 

 

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Kapitel 44: Die Sache mit dem Respekt

 

 

Murrend zieht sich Yugi die Decke über den Kopf, als es gefühlt mitten in der Nacht laut an der Tür klopft. „Darling! Wach doch auf, dann können wir gemeinsam den Sonnenaufgang ansehen! Darling!“

„Ich denke gar nicht daran jetzt aufzustehen und mit der Göre den verdammten Sonnenaufgang anzusehen.“ Unterdrückt fluchend will er sich an Yami kuscheln, der sich jedoch aufsetzt und sauer aus dem Bett steigt.

Nur mit seinen Schlafshorts bekleidet, geht er zur Tür und reisst sie auf. „Sagen Sie mal spinnen Sie eigentlich um diese Uhrzeit so einen Radau zu machen?!“ Sich so stellend, dass sie auf keinen Fall in das Zimmer sehen, geschweige denn gehen kann, sieht er sie mit seinem mörderischsten Blick an.

 

Erschrocken weicht Rebecca einen Schritt zurück, fängt sich dann aber wieder. „Nicht in so einem Ton, Sklave! Ich will mit meinem Darling sprechen. Also geh gefälligst zur Seite.“ Um autoritärer zu wirken, stützt sie ihre freie Hand in die Hüften und reckt das Kinn in die Höhe. In der anderen hält sie ja die Öllampe, sonst hätte sicher beide Hände in die Hüften gestützt.

Doch davon lässt sich Yami nicht beeindrucken. Im Gegenteil. „Sagen Sie mal, wie blöd muss man sein, um nicht zu kapieren, dass man bei einem schwulen Mann als Frau keine Chance hat. Ausserdem ist Yugi vergeben, also lassen Sie ihn endlich in Ruhe und suchen Sie sich einen anderen Kerl, der es Ihnen verdammt nochmal besorgen wird! Miss Rebecca!“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, schlägt er die Tür zu und schliesst sie zur Sicherheit wieder ab, ehe er zurück ins Bett steigt. „Na hoffentlich gibt diese Ziege jetzt endlich Ruhe.“

Auf einmal wird ihm die Decke über den Kopf gezogen und kurz darauf spürt er warme Lippen auf den seinen. Sofort verraucht sein Ärger über diese Göre, während er den Kuss erwidert, bis ihn Yugi unterbricht. „Mein Retter in der Not, der hast du ja richtig die Meinung gesagt und dann noch das Miss Rebecca am Ende.“ Kichernd legt er seine Stirn an Yamis.

Auf einmal quietscht Yugi auf, wird er doch auf den Rücken befördert und findet sich nun unter seinem Liebsten wieder. Gespielt ernst blickt Yami in die amethystfarbenen Augen. „Ich muss sie ja Miss Rebecca nennen. So kann sie mir wenigstens nicht vorwerfen, dass ich die Etikette vergessen habe.“ Nun beginnt er breit zu grinsen. „Ausserdem hat sie gefälligst die Finger von meinem Mann zu lassen und wenn ich dich direkt vor ihren Augen um den Verstand knutschen muss.“

 

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Schmunzelnd legt Yugi seine Arme um Yamis Nacken. „Das würde mir gefallen.“

Langsam senkt Yami nun seinen Kopf, hält aber Millimeter vor Yugis Lippen entfernt an. „Na wenn das so ist…“, absichtlich lässt er den Satz unvollendet und überbrückt dafür den letzten Abstand.

Verlangend küsst er seinen Sharik und dringt in dessen Mundhöhle vor, wo sich ihre Zungen ein leidenschaftliches Spiel liefern.

Unbewusst schlingt Yugi seine Beine um Yamis Hüften. Doch zum Glück ist dies ja nichts Neues mehr für ihn. Nur für das was er jetzt vorhat ist diese Klammeraktion nicht wirklich förderlich.

Zuerst löst er allerdings die Hände um seinen Nacken, ohne den Kuss zu unterbrechen und drückt sie über Yugis Kopf in das Kissen. Die überkreuzten Handgelenke mit einer Hand festhaltend trennt er ihr Lippen voneinander, um in die verschleierten Augen seines Shariks blicken zu können.

„Fass mich jetzt bitte nicht mehr an.“ Beschwörend sieht er Yugi an, bis dieser verwirrt nickt. Erst jetzt lässt er die Handgelenke los und beginnt dafür über den einen Arm nach unten zu streichen, bis er in der Achselhöhle angekommen ist.

Wie einen Hauch lässt er seine Fingerspitzen über die empfindliche Haut gleiten, während er seine Lippen auf Yugis Hals legt und sanft zu knabbern und zu saugen beginnt. Um nicht mit seinem ganzen Gewicht auf seinem Sharik zu liegen, stützt er sich dabei mit seiner anderen Hand ab.

 

Yugi weiss gar nicht, wie ihm geschieht. Erst diese Bitte und dann diese unglaublichen Berührungen. Stöhnend dreht er seinen Kopf etwas zur Seite um Yamis Lippen mehr Platz zu geben. Die Augen nun geniessend geschlossen, krallt er seine Finger ineinander, um auch ja nicht nach seinem Liebsten zu greifen.

 

Von der Reaktion seines Shariks ermutigt, kniet sich Yami über dessen Hüften. Jede Reaktion genau beobachtend, lässt er seine Finger über Yugis Seiten nach unten gleiten, um dann am Hosenbund entlangzufahren und über den Bauch wieder nach oben zu gleiten.

Es ist das erste Mal, dass er ihn so berührt und es gefällt ihm irgendwie. Trotzdem nervös beugt er sich nach vorn, bis er mit seinen Lippen eine der Knospen umfassen kann. Leicht saugt er sie in seinen Mund, was seinen Sharik laut aufstöhnen lässt. Nun beginnt er leicht an ihr zu knabbern, während er seine Hand zu der anderen gleitet. Mit zwei Fingern beginnt er diese leicht zu zwirbeln.

 

Von den Gefühlen und seiner Erregung übermannt windet sich Yugi stöhnend unter Yami hin und her. Schon längst hat er seine Hände in das Laken unter sich gekrallt, weil er dringend einen Halt braucht.

 

Als die Knospe so empfindlich ist, dass Yugi schon zusammenzuckt, wenn er sie nur leicht mit der Zunge berührt, entlässt sie Yami aus seinem Mund. Leicht haucht er sie an, ehe er sich aufrichtet und seinen Sharik in einen heissen Kuss verwickelt. Während ihre Zungen um die Vorherrschaft zu kämpfen scheinen, verändert er seine Position so, dass er mit seinen Händen mehr Spielraum zur Verfügung hat.

 

Schwer atmend löst Yami den Kuss wieder und sieht Yugi fest in die verschleierten Augen. Deutlich kann er die Erregung sehen, was ihn nun doch etwas verängstigt.

Darauf hoffend, dass sein Sharik ihn weiter nicht anfassen wird, lässt er seine Hand auf dessen Bauch nach unten gleiten, bis sie den Bund der Shorts erreicht hat.

 

Seine innere Stimme, die ihn zum Aufhören überreden will,  entschlossen zur Seite schiebend, greift er mit beiden Händen nach dem Stoff und zieht diesen langsam nach unten, bis er seinem Sharik die Shorts von den Beinen streifen kann.

 

Yugi in das gerötete Gesicht schauend, lässt er seine zitternde Hand über dessen Oberschenkel nach oben gleiten, bis er an der Hüfte angelangt ist.

 

Obwohl Yugi vor lauter Lust kaum noch weiss, wo ihm der Kopf steht, kann er die Unsicherheit in Yamis Augen sehen. „Du musst nicht…“, weiter kommt er nicht. Denn schon legen sich warme Finger um seine Härte. Aufstöhnend schliesst er die Augen.

Denn auch wenn die Berührung noch zögernd ist, glaubt er einen Feuersturm durch seinen Körper rasen zu spüren.

 

Langsam beginnt Yami seine Hand zu bewegen. Immer wieder lässt er dabei seinen Daumen über die empfindliche Spitze gleiten. Dies scheint seinem Sharik zu gefallen, weshalb er sich wieder vorbeugt und anfängt sich knabbernd und leckend an Yugis Hals bis zu der Stelle vorzuarbeiten, wo schon ein Knutschfleck darauf wartet, wieder erneuert zu werden. Kaum hat er ihn erreicht, beginnt er an der zarten Haut zu saugen.

 

Beinahe sofort bäumt sich Yugi schon beinahe auf, während sich seine Finger noch mehr in das Laken krallen. Die Welt um ihn herum löst sich in einem hellen Licht auf, als ihn die Wellen seines Höhepunktes überrollen.

 

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Schwer atmend öffnet er nach einer Weile seine Augen. Lächelnd sieht Yugi seinen Liebsten aus vor Lust verschleierten Augen an. „Das war… Wow.“

Eigentlich würde er sich nun gern an ihn kuscheln, doch Yami steht auf und holt ein Taschentuch aus seiner Reisetasche.

 

Lächelnd setzt sich Yami wieder neben Yugi hin. Nachdem er seine eigene Hand gesäubert hat, wischt er die Spuren vom Oberkörper seines Shariks. Nachlässig lässt er dann das Tuch einfach auf den Boden fallen, ehe er sich wieder hinlegt und Yugi nun endlich das gibt, was dieser möchte. Ihn in den Armen haltend dreht er sich auf den Rücken. Deutlich spürt er, dass ihn dessen Lust auch nicht kalt gelassen hat, aber noch fühlt er sich nicht bereit dazu, diesen einen Schritt bei sich selbst weiter zu gehen.

 

Glücklich und erleichtert kuschelt sich Yugi an seinen Liebsten. Hat er doch einen Moment lang befürchtet, dass sich dieser nun wieder zurückzieht. Immer noch ein wenig atemlos hebt er seinen Kopf an, um ihm in die Augen sehen zu können. „Was ist mit dir?“, obwohl er in dieser Umarmung liegt, macht er sich Sorgen, weil er ihn nicht gestoppt hat.

 

Lächelnd legt Yami die Hand auf Yugis Wange. „Es ist alles in Ordnung. Es hat mir sogar gefallen, dich so um den Verstand zu bringen, auch wenn ich mich ehrlich gesagt am Anfang ziemlich überwinden musste.“ Leicht zieht er Yugi zu sich hoch und haucht ihm einen schmetterlingsgleichen Kuss auf die Lippen.

 

Verstehend nickt Yugi, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst haben. „Ich habe es bemerkt und hätte dich deswegen beinahe gestoppt. Jetzt bin ich aber froh, dass ich es nicht getan habe.“ Entspannt legt er seinen Kopf wieder auf Yamis Brustkorb und schliesst, die leichten Streicheleinheiten geniessend, seine Augen.

 

Mit den Fingerspitzen immer wieder über Yugis Haut gleitend, beobachtet Yami, wie sein Sharik langsam wieder einschläft. Zwar ist die Sonne schon aufgegangen, aber es schadet sicher nicht, wenn er ihn noch ein bisschen schlafen lässt.

 

Unterdessen setzt sich Rebecca in ihrem Zimmer zitternd auf das Bett. Noch immer ist sie wütend auf diesen absolut respektlosen Sklaven, der es doch tatsächlich gewagt hat so beleidigend mit ihr zu sprechen. Über dessen Verhalten wird sie noch vor dem Frühstück mit ihrem Grossvater sprechen.

Was sie aber noch mehr geschockt hat, waren die eindeutigen Geräusche die nur wenig später aus dem Zimmer zu hören gewesen waren. Wie kann es ihr Darling nur wagen, sie zu ignorieren und sich dann dafür mit seinem Sklaven zu vergnügen!?

Mit Tränen in den Augen lässt sie sich rücklings auf die Matratze fallen. Wieso? Wieso will Yugi sie nicht als seine Frau haben? Dabei liebt sie ihn doch so sehr, dass sie alles für ihn tun würde, wenn er sie doch nur einmal als erwachsene Frau wahrnehmen würde, dann würde er sie doch sicher sofort wollen. Nur leider scheint er immer noch das zwölfjährige Mädchen in ihr zu sehen, dabei wird sie im Dezember doch schon 19 Jahre alt.

 

Auf einmal fällt ihr ein, was Veronica erzählt hat. Entschlossen steht sie wieder auf und geht zu ihrem Kleiderschrank. Suchend wühlt sie sich durch ihre Sachen, bis sie eine tief ausgeschnittene rote Bluse gefunden hat. Nur was soll sie dazu anziehen? Entschlossen greift sie nach einer ihrer wenigen Hosen, die sie sich im römischen Reich hat schneidern lassen und mustert sie kritisch. Wenn ihr Darling Hosen bevorzugt, dann soll er sie in Hosen bekommen und da ja Veronica gesagt hat, dass kein Mann einem tiefen Ausschnitt widerstehen kann, sollte dies doch die perfekte Kombination sein.

 

Kritisch mustert sie sich im Spiegel. Die dunkelblaue Hose umschmeichelt ihre langen Beine perfekt und betont ihren Hintern auf eine Art und Weise, die zusammen mit der Bluse auf ihren Darling einfach unwiderstehlich sein muss.

 

Yami kommt gerade frisch geduscht aus dem Badezimmer, als er die Tür auf der anderen Seite der Treppe aufgehen sieht. Mit hochgezogener Augenbraue mustert er kurz den Aufzug der Göre, ehe er kopfschüttelnd zurück ins Schlafzimmer geht. Als wenn das gut aussehen und seinen Yugi beeindrucken soll, dann schneit es morgen zu 100 Prozent.

 

„Einen Sack voll Silbermünzen für deine Gedanken.“ Gut gelaunt mustert Yugi seinen Liebsten, als er ihn immer noch den Kopf schüttelnd ins Zimmer kommen sieht. Sein Shirt in der Hand haltend steht er nun abwartend neben dem Bett und hofft, dass ihn Yami einweihen wird.

Doch dieser sieht ihn nur einen Moment lang schweigend an. „Sag mal, hast du deine dicken Wintersachen auch eingepackt?“

„Wie bitte? Was soll ich denn mit den Sachen mitten im Sommer anfangen?“, verwirrt neigt Yugi den Kopf leicht zur Seite. „Du wirst mir doch nicht etwa krank oder so? Wenn du dich schon bei den Jahreszeiten vertust?“

 

Schmunzelnd legt Yami seine Hände auf Yugis Schultern. „Weder noch, aber die Göre läuft rum wie aus einem schlechten Westernfilm. Zu enge Hosen und dazu eine Bluse die mehr zeigt als sie verbirgt. Obwohl, es kann morgen gar nicht schneien, denn dich wird der Aufzug höchstens zum Lachen bringen. Dabei will sie dich so vermutlich beeindrucken, aber das wirst du ja spätestens beim Frühstück mit ihr und Hopkins selbst sehen.“ Grinsend drückt er Yugi einen schnellen Kuss auf die Lippen. Der gar nicht wirklich weiss, wie ihm geschieht. „Aha.“ Was zum Teufel ist ein schlechter Westernfilm? „Dann sollten wir wohl langsam mal runtergehen, damit ich endlich verstehe, was du meinst.“ Auffordernd sieht er Yami an, der daraufhin zustimmend nickt, hat doch auch er so langsam aber sicher ein wenig Hunger.

 

In aller Ruhe folgt er Yugi die Treppe nach unten. Dort müssen sie sich jedoch leider trennen, liegt das Esszimmer doch im vorderen Bereich des Hauses, während die Küche im hinteren Teil liegt.

Als Yami in den warmen Raum kommt, hebt sofort Maria ihren Blick von dem Topf, wo schon die Suppe für das Mittagessen der Herrschaften vor sich hin köchelt. „Buongiorno Yami. Hast du buon geschlafen, bevor Signorina Rebecca ihren Aufstand geprobt hat?“, besorgt beobachtet sie, wie der Junge mit geschmeidigen Bewegungen zu dem Tisch geht, anscheinend geht es ihm trotz der eindeutigen Geräusche, die sie aus dem Zimmer gehört hat, gut. „Buongiorno Maria. Wir haben sehr gut geschlafen. Danke der Nachfrage“, erwidert er automatisch in ihrer Muttersprache, da sie ihn ja auch in dieser angesprochen hat. „Nur das aufwachen war etwas zu laut. Da bevorzuge ich ganz klar leisere Töne.“ Vielsagend sieht er die Köchin an, die sich kopfschüttelnd wieder der Fleischsuppe zuwendet. „Also was ihr jungen Leute als leise bezeichnet… dann will ich gar nicht wissen, wie es sich dann anhört, wenn ihr laut werdet.“

 

Unschuldig tuend greift Yami nach einer der Karotten und spielt ein wenig mit ihr rum. „Ich weiss, nicht was du meinst und selbst wenn, würde ich da jetzt nichts dazu sagen.“

 

Mit dem Holzlöffel in der Hand, dreht sich Maria wieder zu ihm um. „Yami, leg die Karotte wieder hin, wenn du Hunger hast, da drüben habe ich dir dein Frühstück hingestellt. Wir anderen essen nämlich bei Morgengrauen, aber da du ja beschäftigt gewesen bist, konntest du ja schlecht runterkommen. Vor allem, weil du dich ja nach Yugi richten musst.“

Nun doch sprachlos sieht Yami Maria an, war sein Sharik etwa so laut, dass ihn die anderen gehört haben? Das wird sicher peinlich für ihn werden. Zu schade, dass er nicht mit ihm im Esszimmer sein kann, um sein und das Gesicht der Göre zu sehen.

 

Erst als ihm die Karotte aus den Fingern genommen und dafür ein Teller mit Brot, das in Eiern eingelegt und dann angebraten worden ist, in die Hand gedrückt wird, findet er seine Stimme wieder. „Grazie Maria, das wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Mit einem dankbaren Lächeln sieht er sie an, während er sich auf den nächsten Stuhl setzt und nach der ersten der vier Scheiben greift. Wie er so viel essen soll, weiss er zwar nicht, aber das wird sich schon zeigen. Weil die Scheiben kalt sind, hat er auch keine Probleme damit, sie einfach so mit den Fingern zu essen. Nur scheint das Maria anders zu sehen.

Denn kaum hat er die Scheibe in der Hand, legt sie ihm mit einem tadelnden Blick Messer und Gabel hin. „Junger Mann, wir essen hier mit Besteck!“ Die Hände in ihre Hüften gestemmt steht sie mit der Fussspitze auf den Boden tapsend da, bis Yami nach dem Besteck greift und sich ein Stück von der Brotscheibe abschneidet.

 

Zufrieden geht sie wieder zum Herd und wirft schnell einen Blick in den Topf, ehe sie einen Becher aus dem Küchenschrank nimmt. Diesen stellt sie vor dem Jungen auf den Tisch, bevor sie ihn mit Milch füllt. „Die ist ganz frisch. Erzähl aber den Herrschaften nichts davon, dass ich dir ausnahmsweise davon einen Becher spendiere.“

 

Erstaunt sieht Yami nun auf den Becher. Kriegen doch Sklaven sonst nur Wasser zu trinken. „Danke Maria, aber womit habe ich denn das verdient?“, fragend hebt er seinen Blick. Zuckt dann aber kurz zurück, als sie ihm eine Hand auf die Schulter legt.

 

Sofort nimmt Maria sie wieder weg und setzt sich dafür auf den Stuhl, der schräg vor seinem Platz steht. „Du brauchst viel Kraft, wenn du am frühen Morgen schon Signorina Rebecca vertreiben und dann noch Yugi dienen musst.“ Mitleidig sieht sie ihn an, was Yami leer schlucken lässt. „Ähm, Maria. Yugi zwingt mich zu nichts. Alles was zwischen uns passiert ist freiwillig.“ Fest sieht er in die Augen der Köchin, die ihn nun aufmerksam mustert. „Na gut, wenn du das sagst, werde ich dir das glauben. Ihr scheint sowieso eine Art Freundschaft zu pflegen, so wie ihr beide euch gestern verhalten habt.“ Erleichtert, dass ihr Eindruck von Yugi doch nicht falsch gewesen ist und es Yami wohl doch gut zu gehen scheint, steht Maria wieder auf. Schliesslich kocht sich das Mittagessen nicht von alleine.

 

Unterdessen sitzt Yugi im Esszimmer und weiss so langsam nicht mehr, was er von der ganzen Situation halten soll. Erst der wirklich ungewöhnliche Aufzug von Rebecca, wann zum Teufel hat sie denn diese Klamotten gekauft? Dann der ernste Blick von Hopkins. „Also gut Arthur, was ist los?“, auffordernd sieht Yugi ihn mit verschränkten Armen dasitzend an.

 

Äusserlich ruhig stellt Hopkins seine Teetasse wieder hin. „Ich wollte eigentlich bis nach dem Frühstück warten, aber da du jetzt schon so fragst. Rebecca hat mir erzählt, was heute Morgen passiert ist.“ Als Yugi daraufhin auffahren möchte, hebt er die Hand. „Lass mich zuerst ausreden. Ich glaube jeder im Haus hat das mitbekommen. Dein Sklave war ja schliesslich laut genug und genau deswegen will ich nachher mit ihm in meinem Arbeitszimmer sprechen. Denn auch wenn er bei dir und Sugoroku gewisse Freiheiten hat, so muss er sich hier an Regeln halten und uns zumindest ein Mindestmass an Respekt entgegenbringen.“ Ernst sieht er Yugi an, der jetzt mit geballten Fäusten dasitzt.

„Yami hat sich nicht falsch verhalten. Wenn Rebecca einfach meint, dass sie bei Sonnenaufgang vor unserer Tür einen Radau machen muss, weil sie einfach nicht kapiert, dass ich nicht an ihr interessiert bin, dann hat sie die Ansage von Yami mehr als verdient.“ Wütend sieht er Hopkins an, der den Blick gelassen erwidert. „Ich werde mit deinem Sklaven sprechen, ob es dir nun passt oder nicht und auch wenn er dein Sklave ist, habe ich immer noch das Recht ihn für sein Fehlverhalten zu massregeln.“ Den Stuhl zurückschiebend steht Hopkins auf und greift dann nach seiner Tasse. „Wenn du willst kannst du ja dabei sein, aber ich will nicht, dass du dich einmischst. Ich bin dann in meinem Arbeitszimmer und entweder holst du ihn persönlich oder ich schicke Nancy.“ Ihm einen mahnenden Blick zuwerfend, geht er zur Tür. „Also, wie entscheidest du dich?“, abwartend bleibt Hopkins im Türrahmen stehen.

 

Rebecca einen mörderischen Blick zuwerfend, steht Yugi auf. „Wenn du darauf bestehst, dann hole ich ihn schon selbst und eins verspreche ich dir, ich werde die ganze Zeit dabei sein und wehe du behandelst ihn auch nur eine Sekunde lang unfair.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stapft er schon beinahe aus dem Esszimmer.

Vor sich hin fluchend geht Yugi durch den Flur, bis er die Küche erreicht hat. In der Tür bleibt er stehen, um ein wenig runterzukommen. Deutlich kann er hören, wie sich Yami mit Maria in ihrer Muttersprache unterhält, was ihn trotz seiner Wut leicht schmunzeln lässt. Kann man doch überhaupt keinen Akzent bei seinem Liebsten raushören, so dass man glauben könnte, dass man es mit einem Bürger des italienisch sprechenden Teiles des römischen Reiches zu tun hat. Obwohl, wenn Yami wirklich einst der Pharao gewesen ist, ist es logisch, dass er diese Sprache beherrscht. Ist dies doch auch die offizielle Amtssprache dieses Reiches.

 

Nur leider kann er nicht ewig hier stehen. Weshalb er die letzten Schritte in die Küche macht. Sofort wird er von Yami fragend angesehen. „Yugi, was ist los?“

Bedrückt senkt Yugi den Blick in Richtung Boden. „Arthur will mit dir in seinem Arbeitszimmer sprechen. Wegen deinem Verhalten Rebecca gegenüber.“ Zum Ende hin wird er immer leiser. Die Hände in den Hosentaschen vergrabend steht er da und kann einfach nicht zu Yami sehen, der mit einem deutlich hörbaren Seufzer aufsteht.

 

Direkt vor Yugi bleibt Yami stehen und legt ihm die Finger unters Kinn. Sanft zwingt er ihn dazu den Kopf zu heben. „Yugi, ich habe nur darauf gewartet, dass ich zu Hopkins gerufen werde.“ Lächelnd sieht er ihm in die Augen. „Mach dir keine Vorwürfe. Er will ja nur mit mir sprechen und mir vermutlich klarmachen, dass ich mich als Sklave nicht so verhalten darf.“ Obwohl er deutlich die Blicke von Maria auf sich gerichtet spürt, haucht er Yugi einen schnellen Kuss auf die Lippen. „Na komm, zeig mir den Weg zu diesem Arbeitszimmer. Je schneller wir da sind, desto schneller ist das Gespräch vorbei.“ Bestimmt legt er seinem Sharik die Hand auf die Schulter und schiebt ihn dann leicht in Richtung Tür.

Erst als ihm Yugi den Rücken zudreht, erlaubt es sich Yami, seine Maske kurz fallen zu lassen. Denn obwohl er so tut, als würde er die Sache locker nehmen, graust es ihm vor dem Gespräch mit Hopkins. Weiss er doch ganz genau, dass dieser das Recht hat, ihn auch physisch zu bestrafen und noch kann er den Mann nicht einschätzen. Deswegen macht er sich auf alles gefasst.

 

Vor einer geschlossenen Tür auf der gleichen Etage bleiben sie stehen. „Yami, ich werde nicht zulassen, dass er dir etwas tut und die ganze Zeit dabeibleiben.“ Fest sieht Yugi in Yamis Augen, bis dieser lächelnd nickt. „Ist gut.“ Erst jetzt klopft Yugi an das dunkle Holz, ehe er die Tür öffnet und hinter Yami in das Zimmer geht.

 

Mit einem Blick erfasst Yami den Raum und bemerkt sofort den Rohrstock, der unschuldig in einer Ecke an die Wand gelehnt dasteht. Dies dauert nur eine Sekunde und mehr Zeit hat er auch nicht, denn schon dreht sich Hopkins, der mit dem Rücken zu ihm am Fenster gestanden hat, um. Sofort senkt er den Blick, so wie es von einem Sklaven erwartet wird. „Sir Hopkins.“ Äusserlich ruhig steht er, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, in dieser demütigen Haltung da, während sein Herz hingegen schlägt, als würde er den dritten Marathon in Folge laufen.

 

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck geht Hopkins um den grossen Schreibtisch, der vor dem Fenster steht, herum und stellt sich direkt vor Yami hin. „Du weisst, warum du hier bist? Sklave.“ Bei dem Tonfall zuckt Yami unmerklich zusammen. Gern würde er hochsehen, um in dem Gesicht seines Gegenübers dessen wahre Absichten zu lesen, aber das darf er jetzt nicht tun. „Ich nehme an, weil ich Miss Rebecca heute Morgen die Meinung gesagt habe.“ Deutlich ist der Trotz in seiner Stimme zu hören, während er sich gleichzeitig strafft.

 

Bei der Antwort und dem Tonfall, kneift Hopkins unwillkürlich die Augen zusammen. „Sieh mich gefälligst an, wenn du mit mir redest, Sklave!“ Sofort hebt Yami den Kopf und sieht dem anderen wie befohlen direkt ins Gesicht.

Was Hopkins beinahe dazu bringt einen Schritt zurückzutreten. Doch er unterdrückt den Impuls. „Was hast du dazu zu sagen? Sklave.“ Bewusst nennt er ihn nicht bei seinem Namen, um ihn auf genau die Stufe zu stellen, auf der er zu sein hat. Nämlich die Unterste der untersten.

 

Einen Moment sieht Yami Hopkins prüfend an. Doch statt die Frage zu beantworten, wendet er sich zu Yugi um. „Bitte geh. Ich würde gern allein mit Sir Hopkins sprechen.“

Erschrocken, dass er plötzlich von Yami angesprochen wird, sieht Yugi in dessen rubinrote Augen. „Aber, ich…“ „Yugi bitte. Geh bitte raus ich komme in ein paar Minuten nach. Versprochen.“ Ruhig lächelt er ihn an, obwohl ihm eigentlich eher zum Schreien zu Mute ist. Doch ist es nicht seine Art, sich hinter anderen zu verstecken und wenn er Hopkins gerade richtig gelesen hat, muss er Yugi einfach wegschicken, wenn er verhindern will, dass sich Yugi von dem alten Mann abwendet.

 

Zögernd blickt Yugi von Yami zu Hopkins, der wohl von der Wendung ebenso erstaunt ist, wie er selbst. Wieder blickt er zu Yami, der ihm immer noch lächelnd zunickt. „Na gut, aber ich warte im Flur auf dich.“ Langsam macht er einen Schritt zurück und sieht dann noch einmal zu Yami, ehe er widerwillig aus dem Raum geht und hinter sich die Tür schliesst.

 

Kaum ist Yugi weg, verschwindet das Lächeln von Yamis Lippen. Mit ernstem Gesichtsausdruck wendet er sich wieder zu Hopkins um und sieht ihm fest in die grauen Augen. „Wollen Sie wirklich meine Sicht der Dinge wissen oder wollen Sie mir gleich mit dem Rohrstock den Respekt, den ich Ihnen und Ihrer Enkelin angeblich schulde einprügeln? Denn ich habe zu der ganzen Sache nur eins zu sagen und zwar, dass ich keines meiner Worte bereue. Sir.“

 

Erstaunt darüber, dass dieser Sklave nicht um Gnade bettelt mustert Hopkins den jungen Mann vor sich genauer. Hat dieser ihn doch vorhin schon überrascht, weil dieser seinen einzigen Schutz, sprich Yugi, darum gebeten hat rauszugehen. „Du sprichst sehr mutig Sklave. Jeder andere würde nun schon darum betteln verschont zu werden und sich für so ein Verhalten entschuldigen.“ Widerwillig muss Hopkins sich eingestehen, dass ihn der Sklave beeindruckt. „Du bist dir hoffentlich bewusst, dass ich das Recht habe, dich auch gegen Yugis Willen für dein Verhalten so lange zu prügeln, bis du dich entschuldigst und mir und Rebecca den gebührenden Respekt entgegenbringst. Sklave.“ Hart fixiert er dessen Augen. Doch Yami lässt sich nicht einschüchtern. „Dessen bin ich mir voll und ganz bewusst. Nur ist dieser Respekt dann genau so viel wert, wie diese Staubpartikel, die in dem hereinfallenden Sonnenlicht glitzern. Sir.“ Innerlich zittert Yami, denn auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, ist er nicht wirklich scharf darauf, Bekanntschaft mit dem Rohrstock zu machen. Äusserlich aber, steht er stolz da, als könnte ihn nichts was Hopkins tun will schocken.

 

Verwirrt blickt dieser nun zum Fenster, wo er den Staub in der Sonne wirklich glitzern sieht. Dann sieht er wieder zu dem Sklaven, der sich noch keinen Millimeter bewegt hat und sogar immer noch die Hände hinter dem Rücken verschränkt hält. „Wie meinst du das? Sklave.“

 

Todernst erwidert Yami dessen Blick. „Darf ich offen sprechen?“, geduldig wartet er ab, bis Hopkins ihm die Erlaubnis erteilend nickt. „Respekt muss man sich durch sein Verhalten und seine Taten verdienen. Wenn man Respekt einfordern oder erzwingen muss, dann ist er nichts wert. Er sieht nur gut und vielleicht auch schön aus. Das ist auch schon alles. Yugi, Sugoroku und ihre Freunde in Domino mussten meinen Respekt nicht einfordern. Ich habe ihn ihnen geschenkt, weil sie ihn durch ihr Verhalten und ihren Charakter verdient haben. Für Yugi würde ich alles tun. Sogar durchs Feuer gehen. Nicht, weil er mich dazu zwingt, sondern weil… weil ich es will. Niemand auf der Welt kann solchen Respekt einfordern. Nicht einmal der mächtigste Herrscher. Wenn er sich den Respekt seines Volkes nicht durch seine Taten verdienen kann, dann kann er nicht darauf zählen, dass es hinter ihm steht, wenn er mal auf die Hilfe des Volkes angewiesen ist. Wahrer Respekt beruht auch auf Vertrauen und das kann man nicht in jemanden reinprügeln. Nur wer die Meinung und die Gefühle anderer respektiert, hat wahrlich Respekt verdient. So kann es sein, dass ein Sklave oder, wenn Ihnen der Vergleich besser gefällt, ein Bettler mehr respektiert wird, als ein Herrscher.“ Einen Moment hält Yami inne, ehe er mit fester Stimme weiterspricht. „Sie können mir befehlen mich vor Miss Rebecca zu verneigen. Sie können mir befehlen mich bei ihr zu entschuldigen und ich werde es tun. Nur eins muss Ihnen bewusst sein. Es wäre nur eine leere Geste und ebenso leere Worte. Denn wie kann ich eine Person wirklich respektieren, die es nicht einmal schafft, andere zu respektieren? Denn das, was sie bei Yugi macht, zeugt von einer Respektlosigkeit ihm gegenüber, dass ich das was ich heute Morgen gemacht habe, immer wieder tun würde. Also, Sir Hopkins. Wie entscheiden Sie sich?“, kerzengerade und stolz steht Yami da und wartet auf das, was ihn nun erwarten wird.

 

Geschockt steht Hopkins da, erinnern ihn die Worte doch an die Rede, die er vor vielen Jahren von einem gerade mal 18 Jahre alten jungen Mann gehört hat, der kurz zuvor den Thron des ägyptischen Grossreiches bestiegen hatte. „Geh, Sklave und zeige in Zukunft meiner Enkelin und mir gegenüber den nötigen Respekt.“ Kaum ist er allein im Raum, setzt er sich geschockt auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch. „Ich, Pharao Nesut-anch-Ra mache euch keine Versprechungen, die ich nicht halten kann. Ich kann euch allen nur eines versprechen. Nämlich, dass ich stets mein Bestes geben werde, damit ich mir euren Respekt verdienen kann. Ich verlange von euch nicht, dass ihr mich respektiert, weil ich jetzt der Pharao bin, denn dieser Respekt ist genau so viel Wert, wie der Sand, der vom Wind aufgewirbelt wird und in der Sonne glitzert. Er sieht gut aus, aber das ist auch schon alles. Ich will mir euren Respekt und euer Vertrauen verdienen. Denn nur dann bin ich würdig, mich Pharao dieses Landes, nein! Dieses Volkes, nennen zu dürfen.“ Noch immer kann er die Worte, die er damals gehört hat, auswendig aufsagen. Haben sie ihn damals doch bis in seine Seele hinein berührt. Dies und diese unglaublich rubinroten Augen, die selbst auf der Leinwand deutlich die Ehrlichkeit hinter den Worten gezeigt haben. Nur leider hat dieser aussergewöhnliche Herrscher schon nach einem Jahr den Tod bei dem schrecklichen Absturz eines eisernen Vogels gefunden.

Die Augen schliessend, lehnt sich Hopkins in seinem Sessel zurück. „Wenn du wie durch ein Wunder wirklich der totgeglaubte Pharao bist, dann gibt es vielleicht doch noch Hoffnung für das gepeinigte Volk des ägyptischen Grossreiches.“ Diese Worte vor sich hinmurmelnd öffnet Hopkins wieder seine Augen und blickt dann in Gedanken versunken aus dem Fenster. Kann es wirklich solche Wunder geben? Oder sieht dieser Yami einfach nur zufälligerweise dem verstorbenen Pharao so ähnlich und hat einfach die gleichen Worte benutzt, die damals im ganzen Reich durch die Magie der Technomagi ausgestrahlt worden sind?

 

Erleichtert, dass er so glimpflich aus der ganzen Situation rausgekommen ist, atmet Yami erleichtert auf, kaum dass er die Tür hinter sich geschlossen hat. „Yami!“, erleichtert seinen Liebsten ohne eine Schramme aus dem Arbeitszimmer kommen zu sehen, eilt Yugi auf ihn zu und schlingt regelrecht seine Arme um dessen Nacken. Sofort erwidert Yami die Umarmung. „Es geht mir gut. Es ist alles in Ordnung.“ Er weiss nicht, ob er die Worte nur ausspricht, um seinen Sharik zu beruhigen oder auch für sich selbst.

„Verdammt, warum hast du mich rausgeschickt? Ich… es tut mir so leid. Nur wegen mir bist du in dieser Lage gewesen. Yami, ich…“, weiter kommt er nicht, denn seine Lippen werden von Yamis verschlossen. Seufzend erwidert er den Kuss. Deutlich spürt er nun, unter welchem Druck sein Liebster gestanden haben muss. Voller Liebe sieht er ihm in die Augen, nachdem sie den Kuss aus Luftmangel abbrechen mussten. „Noch einmal lasse ich mich von dir nicht aus dem Zimmer schicken. Hast du mich verstanden?“ Leicht legt er seine Hand auf Yamis Wange und zu seinem Erstaunen, schmiegt sein Liebster sich regelrecht in die Handfläche. „Es wird hoffentlich kein nächstes Mal geben. Denn noch einmal will ich diesen Stress nicht mitmachen.“

Auf einmal verändert sich Yamis Blick. „Haben wir noch Zeit, um etwas in unserem Zimmer zu kuscheln? Ich könnte ehrlich gesagt, gerade etwas Zärtlichkeit gebrauchen.“

Von der Bitte überrascht nickt Yugi. „Natürlich. Der Markt beginnt jeden Tag erst am frühen Nachmittag.“ Dass er eigentlich noch in die Stadt wollte, um schon heute die Zutaten für Grossvaters Wundersalbe und ein paar Flaschen seines Lieblingsmassageöls zu kaufen, sagt er nicht. Das kann er schliesslich auch noch in den nächsten Tagen machen.

Ihre Hände miteinander verschränkt haltend, gehen sie zur Treppe.

 

Was sie beide nicht bemerkt haben ist, dass sie beobachtet worden sind und zwar von Maria, die nun erleichtert zum Arbeitszimmer ihres Arbeitgebers und Geliebten geht. Leise klopft sie an das dunkle Holz, ehe sie die Tür öffnet und eintritt.

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck geht sie zu dem Schreibtisch und lehnt sich neben Arthur an die Tischkante. „Du hast ihn nicht für sein Verhalten Rebecca gegenüber bestraft?“, aufmerksam mustert sie das vertraute Gesicht.

„Ich konnte es nicht. Denn eigentlich hat er ja nichts falsch gemacht, wenn er denn kein Sklave wäre.“ Ungläubig schüttelt Hopkins den Kopf. „Stattdessen hat er mir eine Lektion, was wahrer Respekt bedeutet, erteilt.“

Sich auf der Tischplatte abstützend, blickt Maria aus dem Fenster. „Es ist buon, dass du ihn nicht bestraft hast. Denn das hätte dir Yugi nie verziehen, wenn du den Mann, den er ama, verletzt hättest.“ Als sie nun von Arthur erstaunt angesehen wird, kann sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ich habe vorhin visto, wie sie sich geküsst haben und eines kannst du mir credere. Yami hat sich nicht einfach nur küssen lassen.“

Das Kinn in seine Hand abstützend, schliesst Arthur kurz die Augen, ehe er Maria leicht lächelnd ansieht. „Das erklärt den unglaublichen Beschützerinstinkt, den beide haben, wenn es um den anderen geht. Nun muss es nur Rebecca endlich verstehen, dass sie bei Yugi keine Chance hat.“ Besorgt blickt er nun aus dem Fenster, bis ihm Maria die Hand auf die Schulter legt. „Misch dich einfach non mehr ein, wenn Yami Rebecca wieder in ihre Schranken weist.“ Als sie nun zweifelnd angesehen wird, seufzt sie nachsichtig auf. „Ich weiss, er ist solo ein Sklave und doch ist er zugleich so viel mehr, als man auf den prima Blick vermuten würde. Also vertrau einfach darauf, dass er weiss, was er tut.“

 

Ergeben lehnt sich Arthur in seinem Stuhl zurück. „Dann vertraue ich wieder einmal auf deine Menschenkenntnis.“ Lächelnd greift er nun nach ihrer Hand. „Warum weigerst du dich nur, unsere Beziehung öffentlich zu machen? Dann könnten wir…“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.

Kopfschüttelnd sieht Maria ihn an. „Das will ich aber nicht. Mein Platz ist in der Cucina bei den anderen, während dein Platz hier ist.“ Kurz legt sie ihm die Hand auf die Wange, ehe sie aufsteht. „So und ich gehe dann mal das pranzo weiter vorbereiten. Nicht, dass ihr dann noch verbrannte Speisen bekommt.“ Ihm einen Luftkuss zuwerfend geht sie zur Tür. „Nimm’s nicht zu schwer. Der Junge ist hochintelligent, da ist es kein Miracolo, dass er dir eine Lezione in Sachen Respekt erteilen konnte.“ Ihm zuzwinkernd öffnet sie die Tür und verlässt das Arbeitszimmer.

 

Unterdessen hat es sich Yugi mit Yami auf dem Bett gemütlich gemacht. Seinen Liebsten im Arm haltend, krault er ihn leicht im Nacken, während dieser sich mit geschlossenen Augen an ihn kuschelt. „Willst du mir nicht sagen, was passiert ist, dass du so fix und fertig bist?“ Weil Yamis Kopf auf seiner Schulter liegt, haucht er ihm einen Kuss auf die Stirn, was ihm ein zufriedenes Brummeln einbringt.

Schliesslich öffnet Yami seine Augen, umgreift Yugi aber gleichzeitig noch fester mit seinen Armen. „Er wollte von mir Respekt verlangen und ich habe ihm dann erklärt, dass er das tun kann und ich ihm und Rebecca den verlangten Respekt auch entgegenbringen kann, dass dieser Respekt aber nichts wert wäre. Denn wahren Respekt muss man sich meiner Meinung nach verdienen. Das war auch schon alles.“ Schief grinsend sieht er nun in Yugis Gesicht. „Es ist nur so, dass ich jederzeit mit Prügel rechnen musste und das hat mich ziemlich fertig gemacht.“ Sich leicht aufrichtend rutscht er nun etwas nach oben, um Yugi einen Kuss geben zu können. „Trotzdem werde ich die Göre weiter zusammenstauchen, wenn sie dich nicht in Ruhe lässt.“

 

Dass Yami diese Worte todernst meint, kann Yugi deutlich in dessen Augen lesen und das bereitet ihm schon irgendwie Sorgen. „Mach bitte einfach nichts, was du im Nachhinein bereuen würdest.“ Sanft fährt er nun mit den Fingern über Yamis Wange.

Einen Moment geniesst Yami die Zärtlichkeit, bevor er sich auf Yugi rollt und seinen Kopf auf dessen Brust ablegt. „Keine Sorge, ich werde sie nur verbal in ihre Schranken weisen.“ Geniessend schliesst er wieder die Augen, weil sein Sharik ihn wieder im Nacken krault.

 

Lächelnd streicht Yugi eine Strähne aus dem Gesicht seines Liebsten. Wer hätte gedacht, dass so ein Schmusekater in seinem Yami steckt.

„Ich werde nachher noch mit Hopkins sprechen, dass er nicht so mit dir umgehen darf. Denn schliesslich bist du ja mein Sklave und nicht seiner.“ Yugi spricht die Worte nur gemurmelt aus. Trotzdem hebt Yami den Kopf und sieht ihn ernst an. „Tu das nicht. Ausserdem hat Hopkins das Recht, mich genauso wie du zu bestrafen, wenn ich mich daneben benehme, solange ich hier wohne und das tue ich ja im Moment. Dies gilt leider auch für die Göre. Das einzige, was sie nicht tun dürfen, ist mich wie ihren eigenen Sklaven zu benutzen, ohne dass du es erlaubst. So ist nun mal leider das Gesetz.“ Bedrückt lächelt er Yugi an, ehe er sich aufrichtet und sich dann auf die Bettkante setzt. „Ich denke, ich sollte so langsam mal nach den Pferden sehen.“

Bevor er aufstehen kann, wird er von hinten umarmt. „Yami, wenn du es nur zulässt, dann werde ich es verhindern, dass sich Rebecca an dir vergreift. Hopkins scheinst du ja schon ganz gut im Griff zu haben.“ Sein Gesicht an Yamis Schulter vergrabend hält er ihn fest umschlungen.

 

Den Unterarm auf seiner Brust umfassend, lehnt sich Yami ein wenig zurück. „Das weiss ich, Sharik. Naja, mit Hopkins kann man zum Glück reden, wenn man gute Argumente hat und Rebecca lässt sich zum Glück leicht einschüchtern. Da merkt man, dass sie noch sehr jung im Kopf ist.“

 

Diese Aussage lässt Yugi leise vor sich hin kichern. „Das hast du jetzt aber nett umschrieben. Rebecca wird am 13. Dezember 19 Jahre alt und was das Zwischenmenschliche angeht ist sie wirklich etwas… Naja.“ Nun setzt er sich neben Yami auf die Bettkante und sieht ihn nun wieder ernst an. „Trotzdem darfst du sie nicht unterschätzen.“

 

Verstehend nickt Yami, ehe er vom Bett aufsteht. „Ich werde daran denken. Kommst du mit in den Stall oder hast du noch was Anderes vor?“, fragend sieht er Yugi an, der verneinend den Kopf schüttelt. „Ich muss noch einmal nachlesen, was ich alles für Stoffe kaufen muss und so weiter. Also geh du nur allein zu unseren Rackern und wenn du Jim siehst, dann frage ihn bitte, ob wir heute eines der anderen Pferde nehmen können, damit sich Blacky und Rocky noch einen Tag ausruhen können.“ Auf dem Bett sitzend sieht er zu Yami hoch, der sich nun zu ihm runterbeugt und ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen haucht. „Werde ich machen. Die beiden haben sich nämlich wirklich eine kleine Pause verdient.“ Seinen Sharik anlächelnd richtet er sich wieder auf und geht zur Tür. „Bis nachher Sharik und lass dich dann beim Mittagessen nicht zu sehr von der Göre ärgern.“

Geschickt weicht er dem Kissen, das jetzt auf ihn zugeflogen kommt aus und rennt lachend aus dem Zimmer, nur um sofort wieder ernst zu werden, als er im Flur steht. Schliesslich soll die Göre nicht aus Versehen erfahren, dass er von Hopkins nicht bestraft worden ist und wer weiss, wo die sich gerade rumtreibt.

 

In aller Ruhe geht er die Treppe nach unten und dann bis zur Hintertür. Getroffen hat er niemanden, aber dafür Stimmen aus dem Wohnzimmer gehört. Allerdings hat er nicht wirklich auf diese geachtet, da es ihn nicht wirklich interessiert, was die Göre jetzt schon wieder zu sagen hat. Weshalb er möglichst schnell weitergegangen ist, um ihr nicht doch noch zu begegnen. Denn darauf hat er momentan echt keinen Bock.

 

Als Yami in den Hof tritt, atmet er als erstes tief ein. Ist er es doch nicht mehr gewohnt sich so lange im Haus aufzuhalten, weshalb er einfach mal eine Weile stehen bleibt und den Wind auf seinem Gesicht geniesst.

 

„Hey Yami! Kommst du die beiden Racker besuchen?“, winkend steht Jim in der offenen Stalltür und beobachtet ihn aufmerksam, während Yami auf ihn zugeht. „Hallo Jim. Ja, ich halte es einfach ohne die Stallluft nicht mehr aus.“ Grinsend schüttelt er Jims Hand, die dieser ihm statt eines Schulterklopfens anbietet. „Ach ja und ich soll dich von Yugi fragen, ob wir heute Nachmittag eines eurer Pferde mit zum Markt nehmen können.“

 

Neben Jim hergehend, sieht er sich aufmerksam in dem Stall um und ist wirklich beeindruckt. Stehen hier doch neben Blacky und Rocky noch einmal acht Pferde und die sind nicht von schlechten Eltern. „Yugi weiss doch genau, dass er nicht fragen muss. Natürlich kann er wie jedes Jahr die gute alte Star haben. Reiten tun wir sie schon lange nicht mehr, da sie keinen Reiter wirklich duldet, aber sie liebt es spazieren zu gehen und Sachen zu tragen.“ Vor einer Box, in der eine wunderschöne weisse Stute steht, bleiben sie stehen. „Das ist unsere Star. Sie ist manchmal ein wenig zickig und Achtung, wenn sie rossig ist. Dann ist sie nämlich der Meinung, dass sie ein kleiner Chihuahua ist und will mit viel Körperkontakt kuscheln. Ausserdem musst du aufpassen, dass du nicht taub wirst, denn sie hat die Angewohnheit die Neuigkeiten des Tages ihren Artgenossen lauthals mitzuteilen.“ Grinsend krault Jim die Stute unter der Mähne am Hals, während diese gleichzeitig versucht an die Möhrenstücke in dessen Brusttasche zu kommen.

 

Schmunzelnd beobachtet Yami, wie Jim mit der Stute umgeht. Dabei zupft er sich unbewusst an seinem Halsband rum, was wirklich verdammt störend eng um seinen Hals liegt. Nur lockerer würde es nicht mehr den Vorschriften entsprechen, da es sich dann verdrehen könnte und das eingebrannte Besitzerwappen dann nicht mehr zu sehen sein könnte und ob er es hier im Stall ausziehen darf, weiss er nicht, denn Lenny hat es gestern ja auch getragen, als er ihn bei ihrer Ankunft gesehen hat.

 

Mitleidig sieht Jim nun zu ihm. „Das Ding stört dich wohl ziemlich. Nur ist Hopkins leider der Meinung, dass ihr auch hier im Stall diese Bänder tragen müsst. Sonst würde ich dir und Lenny sofort erlauben, sie auszuziehen.“

Schulterzuckend spielt Yami sein Unbehagen herunter. „Ist schon gut. Zuhause muss ich es im Stall nicht tragen, darum bin ich es nicht mehr so gewohnt, es den ganzen Tag zu tragen. Das ist alles.“ Erst jetzt, nachdem er gesprochen hat, wendet Star ihre Aufmerksamkeit ihm zu. Neugierig mustert sie den Fremden aus sanften braunen Augen und schnuppert dann neugierig an der Hand, die ihr entgegengestreckt wird. Anscheinend findet sie ihn sympathisch, denn nach einem Moment schnaubt sie laut und stuppst Yami dann auffordernd an.

Natürlich beginnt er sie daraufhin schmunzelnd zu kraulen. „Na du. Du bist aber eine wunderschöne Dame und ich freu mich schon darauf, mit dir und Yugi auf den Markt zu gehen.“ Leise mit ihr sprechend lässt er seine Finger über das seidige Fell gleiten, bis sie ein protestierendes Wiehern hören.

Sofort sieht Yami in die Richtung, aus der das Wiehern gekommen ist und sieht dann wie Rocky und Blacky ihre Köpfe in die Stallgasse strecken und in seine Richtung schauen. „Ich muss mich mal etwas mit meinen Jungs beschäftigen. Bis später Star.“ Mit einem letzten Halstätschler verabschiedet er sich von ihr und geht dann rüber zu den beiden Wallachen, die ihn sofort brummelnd begrüssen. Froh, dass die beiden so nah nebeneinanderstehen, dass er sie gleichzeitig streicheln und kraulen kann, stellt er sich zwischen die beiden. „Na ihr Racker? Habt ihr etwa schon geglaubt, dass ich euch vergessen habe?“

 

Schmunzelnd beobachtet Jim kopfschüttelnd wie Yami mit den beiden Pferden umgeht. Zwar versteht er nicht, was der andere sagt, da er kein Ägyptisch versteht, sondern die Sprache nur erkennt, aber der Tonfall des jungen Mannes gefällt ihm. Ausserdem ist es ja eigentlich egal, was den Pferden erzählt wird.

 

Yami bleibt so lange im Stall und hilft Jim und Lenny bei der Versorgung der Pferde, bis sie von Maria zum Mittagessen gerufen werden. Anders als Zuhause gibt es hier einen Wasserhahn im Hof. Wo sie sich mit kaltem Wasser und Kernseife die Hände und auch die Unterarme waschen, ehe sie drei zusammen in die Küche gehen.

 

Kaum sitzen sie auf ihren Plätzen, stellt Maria einen Topf Brotsuppe auf den Tisch. „So Jungs. Ich hoffe ihr habt euch gut die Hände gewaschen, denn schmutzige Finger dulde ich hier am Esstisch nicht.“ Streng sieht sie von einem zum anderen, bis schliesslich Jim als erster seine Hände hebt. „Hier, ganz sauber. Sogar unter den Fingernägeln.“

Schmunzelnd über die resolute Art Marias streckt auch Yami seine Hände aus. Natürlich hat auch er sie gut gewaschen, ist er es doch von Zuhause so gewohnt, dass er darauf achten muss. Besonders wenn er nach dem Stall Yugi mit den Stoffen helfen muss. Nachdem auch noch Lennys Hände den kritischen Blick erfolgreich überstanden haben, dürfen sie sich endlich bei der heissen Suppe bedienen.

 

So eine Suppe hat Yami noch nie gegessen, weshalb er sie erst kritisch beäugt, ehe er vorsichtig einen Löffel probiert. Wirklich schmecken tut sie ihm nicht, aber er hat schon deutlich schlimmeres gegessen, weshalb er ohne zu murren unter dem aufmerksamen Blick von Maria anfängt richtig zu essen.

 

Er hat gerade den letzten Löffel runtergeschluckt, als Maria plötzlich fluchend ihren Löffel hinlegt. „Verdammt, ich habe vergessen den Schokoladenpudding ins Esszimmer zu bringen.“ Sie will schon aufstehen, als sich Yami erhebt. „Ich mach das schnell für dich. Du bist schliesslich noch am Essen, während ich schon fertig bin.“

Erstaunt sieht ihn Maria daraufhin an. „Wenn du unbedingt willst, aber nicht naschen und wenn du zurückkommst bring bitte auch gleich das benutzte Geschirr mit, wenn die Herrschaften schon etwas leer gegessen haben.“

 

Während Yami sich auf den Weg ins Esszimmer macht, sitzt Yugi leise vor sich hin grummelnd vor seinem Teller und wünscht sich nur eins. Nämlich, dass Yami jetzt bei ihm sein könnte und er sich nicht mit Rebecca rumschlagen müsste, die jetzt schon seit einer gefühlten Ewigkeit von ihrem geplanten Treffen mit einer Veronica erzählt.

 

„Yugi, gehst du heute Nachmittag schon auf den Markt?“, wird er plötzlich von Hopkins angesprochen, als kurz Ruhe am Tisch herrscht. Weil er nicht wirklich zugehört hat, braucht Yugi aber einen Moment, bis er in Gedanken die Frage wiederholt hat. „Ja, ich werde mit Yami zusammen hingehen.“ „Da komme ich mit.“ Rebecca ist schon beinahe vor Begeisterung aufgesprungen, als sie mitten in der Bewegung erstarrt, weil Yugi sie hart ansieht. „Nein! Das tust du nach der Aktion heute Morgen ganz sicher nicht!“ Die Arme verschränkend blickt er sie wütend an.

 

„Aber Darling, wieso? Was meinst du?“, verwirrt sitzt sie auf ihrem Stuhl und versteht die Welt nicht mehr.

„Wieso? Das fragst du jetzt nicht ernsthaft. Entschuldige Rebecca, du bist zwar blond, aber dass bei dir die Blondinenwitze zutreffen, hätte ich wirklich nicht gedacht.“

 

Im ersten Moment will Hopkins dazwischen gehen, aber dann sieht er Yami mit einem Tablett in der Tür stehen. Gespannt, wie es nun weitergeht, lehnt er sich etwas zurück. Verspricht das doch ein interessantes Schauspiel zu werden, so wütend, wie Yugi gerade ist, hat er ihn nämlich noch nie erlebt.

 

Ruhig abwartend beobachtet Yami die Situation, betritt dann aber das Esszimmer, nachdem sich Hopkins zurückgelehnt hat. Anscheinend will sich der Mann nicht einmischen. Na ihm soll es nur recht sein.

„Maria schickt mich, weil sie vorhin den Schokoladenpudding vergessen hat.“ Geschickt das Tablett auf einer Hand balancierend geht er zuerst zu Rebeccas Platz und stellt das kleine Schüsselchen rechts von ihr auf den Tisch, ehe er weiter zu Hopkins geht und zum Schluss noch bei Yugi den Pudding neben dessen Teller platziert. „Jim hat gesagt, dass wir Star nehmen können.“ Deutlich ist er sich der Blicke bewusst, die ihm von der anderen Tischseite her zugeworfen werden, aber er ignoriert sie einfach.

 

Lächelnd sieht Yugi Yami an, endlich ist dieser wieder bei ihm und beruhigt nur schon durch blosse Anwesenheit seine Nerven. „Das ist gut. Dann können wir ja nach dem Essen gleich aufbrechen.“

 

Wütend, dass sie ignoriert wird, lehnt sich Rebecca nach vorn, so dass Yugi einfach in ihren Ausschnitt sehen muss. „Das trifft sich ja wirklich super, dann kann…“ „Miss Rebecca“, fährt ihr Yami mit eiskaltem Ton, aber sonst gefährlich ruhig dazwischen. „Ich habe sogar von der Tür aus deutlich mitbekommen, dass Yugi Nein gesagt hat. Was ist daran so schwer zu verstehen, dass er Sie nicht mit dabeihaben will?“ Mit einem eindeutigen Blick, sieht ihr Yami direkt in die blauen Augen, bis sie ihren Blick abwendet. „Grossvater, so tu doch was? Der Sklave ist…“ „Der Sklave hat verdammt nochmal einen Namen!“ Stocksauer, schlägt Yugi mit der Faust auf die Tischplatte. „Er heisst Yami und wenn ihm wegen dir auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann werde ich dich so windelweich prügeln, dass du bis zum Ende deiner Tage nicht mehr richtig wirst sitzen können! Denn genau das willst du ja, dass das Yami angetan wird! Du verd…“, mitten im Wort bricht Yugi ab, weil ihm von Yami eine Hand auf die Schulter gelegt wird. „Shar… Yugi nicht. Sie ist es nicht wert, dass du dich noch unglücklich machst, indem du ihr mit etwas drohst, was gegen deine Überzeugungen geht.“ Beruhigend sieht Yami in die Augen seines Shariks, der den Blick von einer Sekunde auf die andere wieder ruhiger erwidert.

„Du hast ja Recht. Trotzdem bringt sie mich mit ihrem ewigen Darling auf die Palme und dann will sie einfach nicht kapieren, dass ich vergeben bin.“ Unbewusst legt er seine Hand auf Yamis und sieht ihn mit einem liebevollen Lächeln an.

 

Den Mund geschockt aufgerissen sitzt Rebecca da und kann nicht glauben, was hier gerade abgeht. Wieso sieht ihr Darling diesen Sklaven so an, wie er eigentlich sie ansehen sollte? Und warum sagt ihr Grossvater nichts dazu, wie sich der Sklave verhält?

„Grossvater, wie kannst du es nur zulassen, dass sich der Sklave mir gegenüber so respektlos verhält? Ich dachte, du hast mit ihm gesprochen und ihm nachdrücklich klargemacht, dass er uns ebenso zu respektieren hat, wie seine Besitzer!“, verwirrt und verunsichert, sieht sie zu ihm.

 

Seufzend schliesst Hopkins kurz seine Augen, ehe er sie wieder öffnet und seine Enkelin ernst anschaut. „Rebecca, ich habe mit Yami gesprochen und dabei ist mir eines klargeworden. Er verhält sich nicht falsch, sondern du. Das einzige was er macht, ist Yugi zu verteidigen und ihm zur Seite zu stehen. Das war auch heute Morgen der Fall, nur ist mir leider auch dies erst während unseres Gespräches klargeworden. Du verlangst, dass er dich respektieren soll, aber hast du diesen Respekt auch verdient? Respektierst du es denn, wenn Yugi sagt, dass du ihn nicht Darling nennen sollst? Hörst du ihm überhaupt zu, wenn er dir sagt, dass er dich nicht dabeihaben will? Er hat gestern sofort klargestellt, was für eine Stellung Yami hat und dass er von dir oder mir keine Befehle entgegennehmen muss. Ausserdem hat er dir ehrlich gesagt, dass er einen Partner hat, den er offensichtlich sehr liebt und du bei ihm keine Chance haben wirst. Das Predigt er dir schon, seit du dir in den Kopf gesetzt hast, dass du ihn als Ehemann haben willst.“ Seine ganze Konzentration ist auf Rebecca gerichtet, weshalb ihm das plötzlich scharfe Einatmen von Yami entgeht.

 

Dafür bemerkt es Yugi sofort, weshalb er nun beruhigend nach dessen Hand greift und sie sanft festhält. „Ganz ruhig, sieh mich einfach nur an und konzentriere dich auf deine Atmung.“

Yami weiss nicht wie, aber es gelingt ihm irgendwie die aufsteigenden Bilder und Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Seine ganze Aufmerksamkeit liegt auf seinem Sharik, der jetzt, wo er sich wieder etwas beruhigt hat, aufsteht und ihn nun regelrecht auf den Stuhl drückt.

„Hier, du kannst den Schokoladenpudding jetzt besser gebrauchen als ich.“ Lächelnd drückt ihm Yugi das Schüsselchen in die Hände.

Verwirrt blickt Yami nun auf den Pudding, ehe er den Blick hebt, um seinen Sharik ansehen zu können. „Aber Yugi, das ist…“, sanft wird ihm ein Finger auf die Lippen gelegt. „Keine Widerworte. Du isst jetzt den Pudding. Ich habe sowieso schon zu viel gegessen und würde den gar nicht wirklich geniessen können.“ Die Arme verschränkend, blickt er ihn auffordernd an und erschreckt sich dann beinahe zu Tode, als plötzlich ein Stuhl neben ihn gestellt wird.

 

„Setzen Sie sich hin Yugi. Es geht doch nicht, dass Sie als einziger hier rumstehen müssen.“ Grinsend sieht ihn Scott an, der von Maria geschickt worden ist, um zu sehen, wo Yami bleibt. Eine ganze Weile ist er unbemerkt in der Tür gestanden und hat so auch die Reaktion des jungen Mannes mitbekommen, als Sir Hopkins von den Gefühlen Yugis gesprochen hat. Nur auf was der Junge so heftig reagiert hat, kann er sich nicht erklären.

Nur eines weiss er genau, dass Yami Yugi offensichtlich vertrauen und dieser so eine Situation nicht zum ersten Mal erlebt haben muss. Denn sonst hätte er ihn doch sicher nicht so schnell beruhigen können.

„Danke Scott.“ Dankbar nickt Yugi dem Hausangestellten zu, ehe er sich hinsetzt.

Mit einem leichten Neigen des Kopfes nimmt Scott den Dank an und beginnt dann den Tisch abzuräumen.

 

„Was ist denn mit deinem Sklaven los? Und warum gibst du ihm den teuren Pudding?“, neugierig mustert Rebecca nun Yami genauer, der zögernd anfängt zu essen, nachdem sich Yugi neben ihm hingesetzt hat.

 

Nur kurz blickt Yugi zu ihr, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Liebsten zuwendet. „Das geht dich nichts an. Ausserdem ist es meine Sache, wenn ich YAMI meinen Pudding geben möchte. Also halt einfach deinen Mund und lass uns in Ruhe.“ Noch einmal sieht er sie streng an, bevor er sich dazu entscheidet sie nun endgültig zu ignorieren.

 

Sie will schon wieder etwas sagen, als sie von ihrem Grossvater unterbrochen wird. „Rebecca, jetzt lass die beiden doch einfach mal ein paar Minuten in Ruhe durchatmen.“ Mahnend sieht er seine Enkelin an, die endlich den Blick senkt und nun auch nach ihrem Pudding greift.

Froh, dass sie wohl endlich ein wenig zur Vernunft gekommen ist, sieht Hopkins zu den beiden jungen Männern. Durch Sugoroku weiss er ja, dass Yami wohl durch die Hölle gegangen sein muss, bevor er zu ihnen gekommen ist, aber dass dieser wohl immer noch mit diesen Erfahrungen zu kämpfen haben würde, hätte er nicht gedacht. Hat er doch im Arbeitszimmer so selbstbewusst auf ihn gewirkt und jetzt scheint ihn irgendetwas, das gesagt oder getan worden ist, aus der Bahn geworfen zu haben.

 

Schweigend sitzen sie am Tisch und essen den Schokoladenpudding. Auch Yugi, denn Maria hat ihm höchstpersönlich noch den Rest der süssen Leckerei gebracht, nachdem sie von Scott informiert worden ist, was sich im Esszimmer zugetragen hat.

 

Schliesslich richtet Hopkins seinen Blick auf Yami, der mit gesenktem Kopf dasitzt. So wie es eben von einem Sklaven erwartet wird, wenn dieser mit den Herrschaften zusammen irgendwo sitzen darf. Obwohl es dann eigentlich üblich ist, dass der Sklave auf dem Boden kniet und nicht auf einem Stuhl sitzt.

„Sag mal Yami. Ich bin erstaunt, dass du einen japanischen Namen trägst. Wie kommt das?“ Bewusst hält er seine Stimme möglichst ruhig, um ihn nicht noch zusätzlich unter Druck zu setzen.

 

Erstaunt, dass er angesprochen wird, hebt Yami den Kopf und sieht Hopkins direkt ins Gesicht. „Mein erster Besitzer hat mir diesen Namen gegeben und ihn auch in die Sklavenpapiere eintragen lassen.“

 

Nachdenklich nickt Hopkins nun und zwirbelt dabei gleichzeitig seinen Schnurrbart. „Verstehe und wie hast du vorher geheissen? Ich meine, du musst doch schon einen Namen gehabt haben.“

 

Bei der Frage zuckt Yami unmerklich zusammen und auch Yugi versteift sich ein wenig. Wird Yami jetzt seinen wahren Namen nennen?

 

Hopkins nicht aus den Augen lassend, schüttelt Yami nach einem Moment den Kopf. „Wenn Sie mit Sugoroku gesprochen haben, hat er Ihnen sicher auch erzählt, dass ich mich an nichts erinnern kann, das länger als 5 Jahre und 8 Monate zurückliegt. Dazu gehört auch mein früherer Name und die Sklavenhändler, die mich nach Japan gebracht haben, haben es nicht für nötig befunden, mir einen Namen zu geben. Beantwortet das Ihre Frage? Sir Hopkins.“ Fragend und zugleich auf der Hut sieht er den älteren Mann an. Weiss er doch nicht, was dieser nun noch von ihm erwarten könnte.

 

Enttäuscht, dass er keine wirkliche Antwort bekommen hat, lehnt sich Hopkins zurück. Ist doch seine Neugierde seit ihrem Gespräch im Arbeitszimmer geweckt worden. Nur wäre es ja auch zu leicht gewesen, wenn der Junge ihm nun einfach seinen wahren Namen genannte hätte. Die Frage ist jetzt nur, wird er gerade angelogen oder weiss Yami wirklich noch nicht, wie er einst hiess. Denn dass dieser gerade weggelassen hatte, dass er sich laut Sugoroku schon an einige Sachen erinnern kann, ist ihm natürlich aufgefallen.

Dies will er ihm gerade an den Kopf werfen, als er den Blick von Yugi bemerkt. Der ihn deutlich mahnend ansieht.

„Nein, ich habe keine Frage mehr. Ausserdem wird es für mich langsam Zeit, mich um meine Geschäfte zu kümmern.“ Jetzt wendet er seine Aufmerksamkeit Yugi zu. „Ich wünsche dir auf dem Markt viel Erfolg und verabschiede mich mal bis heute Abend.“

Hopkins ist schon beinahe aus dem Esszimmer verschwunden, als er sich noch einmal umdreht. „Ach ja, du kannst natürlich wieder die Abstellkammer neben der Küche für die Stoffballen benutzen. Rebecca komm bitte gleich mit.“ Auffordernd sieht er seine Enkelin an, die nun widerwillig aufsteht und mit ihm den Raum verlässt.

 

Als sie endlich allein sind, nimmt Yugi seinen Liebsten in die Arme. „Es tut mir leid. Wenn ich dich Zuhause gelassen hätte dann…“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. „Sharik, du hörst jetzt sofort auf, dir unnötige Vorwürfe zu machen. Ich müsste ja nur meinen Mund halten und den perfekten Sklaven spielen und schon wäre die Göre zufrieden. Doch ich werde einen Teufel tun und dich mit der im Stich lassen. Vielleicht kapiert sie durch meine Anwesenheit ja wie durch ein Wunder, dass sie dich nicht haben kann.“ Schief lächelt er Yugi an. „Was meinst du, sollen wir uns langsam auf den Weg zum Markt machen? Ich könnte nämlich etwas frische Luft gebrauchen.“

 

Sofort nickt Yugi und steht dann auch auf. „Die Idee ist super und bestimmt sind auch schon einige Händler da, wenn wir ankommen.“ Yami an der Hand greifend zieht er ihn vom Stuhl hoch und möchte ihn eigentlich auch gleich aus dem Esszimmer ziehen.

Doch Yami entzieht ihm seine Hand und beginnt die leeren Schüsselchen und Teller zusammenzuräumen, die Scott und Maria stehen gelassen haben. Den erstaunten Blick seines Shariks bemerkend grinst er ihn verschmitzt an. „Maria hat mich gebeten auch gleich das leere Geschirr mitzubringen und auch wenn sie ja schon viel abgeräumt haben, kann ich doch den Rest gleich mitnehmen. Wir kommen ja eh an der Küche vorbei, wenn wir rausgehen um Star zu holen.“

Verstehend nickt Yugi nun und nimmt ihm zumindest die Schüsselchen ab, die gefährlich schwankend auf den Tellern stehen. Was Yami ein Schmunzeln entlockt. Denn nötig wäre es nicht wirklich, da er das Tragen von mehreren Tellern bei einem seiner früheren Besitzer lernen musste. Nur musste er damals in der kurzen Sklaventunika rumlaufen oder wenn er viel Pech hatte, dann wurde ihm gerade mal ein knapper Lendenschurz gegönnt.

 

Gemeinsam gehen sie in die Küche und stellen dort der erstaunten Maria das Geschirr in die Spüle. „Aber Jungs, das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Als ihr Yami daraufhin die Hand auf die Schulter legt und sie anlächelt, verschlägt es ihr dann endgültig die Sprache. „Maria, das war doch keine Mühe und ausserdem hast du mich ja darum gebeten, das Geschirr mitzubringen, wenn ich wieder zurückkomme.“ Mit grossen Augen sieht sie zu, wie Yami wieder zu Yugi geht und sich dann noch einmal zu ihr umwendet. „Wir machen uns dann jetzt auf den Weg zum Markt. Bis später Maria.“

Erst als die beiden weg sind, findet sie ihre Sprache wieder. Der Junge kann ja ein richtiger Charmebolzen sein, wenn er will und diese kleine Narbe über dem Auge, lässt ihn dann noch anziehender wirken. Wenn sie nur so um die 35 Jahre jünger wäre, dann könnte er sie sicher um den kleinen Finger wickeln, wenn er es wollen würde.

„Kein Wunder, dass ihm Yugi verfallen ist.“ Kopfschüttelnd macht sie sich wieder daran, die Kartoffeln für das Abendessen zu schälen. Denn nach dem Essen ist schliesslich vor dem Essen und ein Haushalt mit momentan 9 Personen macht schon einiges an Kocharbeit.

 

Im Hof gehen Yugi und Yami zum Stall wo sie schon von Jim erwartet werden, der Star schon fertig geputzt und mit dem Tragegeschirr für die Stoffballen versehen hat.

„Oh Mist. Yami ich muss noch meine Tasche holen. Ich bin gleich wieder da.“ Noch bevor Yami etwas sagen kann, hat er sich umgedreht und ist zurück ins Haus geeilt.

 

Grinsend stellt sich Jim nun neben Yami und drück ihm die Zügel in die Hand. „Die vergisst er jedes Mal, wenn er am ersten Markttag losgeht. Das ist schon beinahe eine Art Tradition, seit er kurz wegen seines Studiums hier gewohnt hat und für seinen Grossvater das erste Mal auf den Markt gegangen ist, weil dieser wegen Amaras Krankheit nicht herkommen konnte.“

Bedrückt schüttelt er nun den Kopf. „Es ist wirklich eine Schande, der Junge ist so ein Mathegenie und das einzige was ihm von seiner kurzen Studienzeit noch geblieben ist, ist diese Vernarrtheit von Miss Rebecca. Sie hat nämlich damals schon entschieden, dass sie ihn irgendwann heiraten wird. Dabei hat er damals auch schon seinen Freund ab und an mitgebracht. Wenn du verstehst, was ich meine.“ Vielsagend sieht er zu Yami, der jedoch in Gedanken ganz woanders zu sein scheint, weshalb er sich mit einem Schulterzucken abwendet.

Wenn junge Leute träumen, dann soll man sie träumen lassen und bestimmt hat der Junge kein Wort von dem was er gesagt hat mitbekommen.

 

Anders als Jim denkt, hat Yami jedes Wort mitbekommen. Nur was soll er denn dazu sagen? Dass das Leben nicht immer die Wege bereithält, die man gern gehen würde? Oder die eigentlich schon seit der Geburt vorgezeichnet sind? Er ist doch selbst das beste Beispiel dafür. Denn sicher ist es nicht sein Weg gewesen, als Sklave zu enden. Das zumindest weiss er inzwischen und wenn sich sein Verdacht, den er seit einiger Zeit hegt, bestätigt, dann ist sein Fall der grösste, den es überhaupt geben kann.

 

Gedankenverloren streichelt er Star am Hals, bis Yugi zurückkommt und ihm grinsend die Hand auf den Oberarm legt. „Bist du bereit? Wir haben jetzt nämlich einen kleinen Marsch von etwa einer halben Stunde vor uns.“ Als Yami nickt streichelt er Star kurz über den Kopf und wendet sich dann der offenen Seite des Platzes zu.

Schweigend folgt ihm Yami mit Star, die zufrieden neben ihm herläuft und dabei immer mal wieder auf der Gebissstange herumkaut.

Neugierig mustert Yami die Gegend, durch die sie laufen. Auf beiden Seiten der Strasse erheben sich die Häuser der wohlhabenden Schicht des einfachen Volkes. Einige sind ziemlich modern, während andere im traditionellen Stil erbaut sind und wohl schon so zwei- oder dreihundert Jahre auf dem Buckel haben. Was jedoch alle gemein haben, sind die Vorgärten. Während der von Hopkins ein Rosengarten ist, sind hier auch einige kunstvoll angelegte Steingärten zu finden. Dazwischen sieht er auch welche, die ziemlich verwildert zu sein scheinen, aber bei genauerem Hinsehen kann man gut erkennen, dass auch dahinter ein System steckt.

 

Nach einer Weile lassen sie die Häuser hinter sich und können auf eine weite Ebene runterschauen. Schon jetzt erblicken sie die bunten Zeltdächer der Marktstände, die sich auf der noch grünen Fläche verteilen. Auf der anderen Seite der Ebene können sie die letzten Ausläufer von Tokio sehen. „Das sind aber nicht wirklich viele Stände, für einen grossen Markt.“ Kritisch betrachtet sich Yami den Markt, als sie sich diesem nähern.

Grinsend dreht sich Yugi zu ihm um. „Der Markt dauert bis Freitag und bis Donnerstag kommen täglich neue Händler hier an. Darum müssen wir jeden Nachmittag hierherkommen, wenn wir gute Stoffe ergattern wollen und am Freitag kann man dann noch gute Schnäppchen machen. Denn kaum ein Händler will seine Ware wieder mitnehmen, weshalb wir dann noch Stoffe in Paketen günstig kaufen können. So habe ich unter anderem den Laden wieder in die schwarzen Zahlen bekommen. Ach ja, hier sind auch chinesische Händler. Bei denen kaufe ich immer die exklusiven Stoffe, die ich nicht blind bestellen möchte. Du darfst also mal wieder den Übersetzer spielen.“

Als Yami nun gespielt verzweifelt die Augen verdreht, kann er sich ein leises Lachen nicht verkneifen. „Selbst schuld, dass du mir das damals erzählt hast. Du Wüstenfisch“, zieht er ihn noch ein wenig auf.

Schelmisch grinsend beugt sich Yami ein wenig zu Yugi, so dass er ihm unauffällig eine passende Antwort geben kann. „Zu deinem Geburtstag gibt’s dann einen Gutschein für Chinesisch-Stunden bei mir. So als kleine Rache für den Wüstenfisch.“ Natürlich würde er die Drohung nie wahrmachen. Weiss er doch von Grossvater wie sehr Yugi es hasst Fremdsprachen lernen zu müssen.

Ausserdem macht es ihm inzwischen wieder Spass, zwischen verschiedenen Sprachen hin und her zu Switchen.

 

Bevor Yugi einen der Stände ansteuert, läuft er zwei Mal über den ganzen Markt und betrachtet sich aus der Ferne die Auslagen. Erst nachdem er sich alles in Ruhe angesehen hat, geht Yugi zielstrebig zu einem der Marktstände, der bestickte Seide verkauft.

„Guten Tag, was wollen Sie für diese Seide haben?“, spricht er den Händler in der internationalen Händlersprache an. Mit der Hand deutet er auf einen wunderschönen mitternachtsblauen Seidenballen, der mit kleinen bordeauxroten Blüten bestickt ist.

 

Lächelnd verneigt sich der Chinese. „Ich sprechen Chinesisch.“

Hilfesuchend blickt Yugi nun zu Yami, der mit Star an den Stand tritt, aber darauf achtet, dass die Stute nicht zu nah an die Stoffe kommt. „Könntest du dem Mann bitte sagen, dass ich mich für diesen Stoff interessiere und gern den Preis wissen würde?“

Sofort nickt Yami und beginnt fliessend und zudem noch akzentfrei das gewünschte zu übersetzen. Was ihm einen erstaunten Blick des Händlers einbringt, ehe dieser sich gefangen hat und ihm den Preis nennt.

„Er will 60 Silbermünzen für den Ballen haben.“ Übersetzt er schliesslich den Redeschwall des Mannes kurz und bündig.

Grinsend sieht Yugi zu Yami. „Der hat doch noch viel mehr gesagt, oder?“

Mit den Schultern zuckend, erwidert Yami den Blick. „Willst du die ganzen Anpreisungen und Loblieder über deine Voraussicht, einen Übersetzer mitzubringen auch noch hören? Ach ja und was für eine ausgezeichnete Qualität der Stoff doch ist und so weiter und so fort.“

Abwinkend schüttelt Yugi den Kopf. „Nein danke. Ich habe ja selbst Augen im Kopf. Also dann sag ihm bitte, dass ich ihm 40 Silbermünzen für den Stoff anbiete.“

 

So geht es eine Weile hin und her, bis sie sich schliesslich bei 50 Silbermünzen treffen und der Händler den Stoff in behandeltes Leinen einwickelt, das sogar bei Regen den Ballen schützen würde.

Während Yugi die Münzen bezahlt, schnallt Yami den Stoffballen sorgfältig auf Stars Rücken, die sein Tun aufmerksam beobachtet.

 

Nach diesem erfolgreichen Kauf gehen sie weiter, bis Yugi wieder einen Stand ansteuert, welcher ebenfalls einem Chinesen gehört, der aber keine bestickten Stoffe verkauft, sondern solche, bei denen das Muster kunstvoll eingewebt ist.

Wieder ist der erste Satz des Händlers, dass er Yugi nicht versteht. Was für Yami wirklich unverständlich ist, spricht doch Yugi wieder in der Händlersprache. Wie kann man nur so ignorant sein und sich weigern eine andere Sprache als die eigene Muttersprache zu sprechen.

 

Gute zwei Stunden später und um vier Stoffballen bereichert, steuert Yugi einen der Essensstände an, weil er so langsam aber sicher Durst hat und bestimmt geht es Yami nicht viel besser.  

„Guten Tag, ich hätte er gern zwei Becher Apfelsaft.“ Neugierig mustert er auch das Angebot an Kuchen, die der Händler auch noch anbietet.

„Guten Tag der Herr. Natürlich und wollen Sie auch noch ein Stück von dem Apfelkuchen? Oder der Kirschentorte? Die hat meine Frau selbstgebacken und sie ist die beste Bäckerin der Stadt.“

Nachdenklich reibt sich Yugi sein Kinn. „Gegen ein Stück Kirschentorte hätte ich nichts einzuwenden. Können Sie das Stück so schneiden, dass man die Teile auf einmal in den Mund nehmen kann?“, fragend sieht er den Mann an, der sofort nickt. „Natürlich. Sie sind doch der Mann, mit dem Sklaven, der die Chinesen so in Aufruhr versetzt, weil er fliessend Chinesisch spricht, aber nicht wie ein Chinese aussieht.“

Kurz mustert er den Sklaven hinter seinem Kunden, ehe er beginnt die Torte auf einem kleinen Holzbrett in mundgerechte Stücke zu schneiden. Ist dieser Wunsch doch nicht ungewöhnlich, denn keiner der Händler will es riskieren aus Versehen die teuren Stoffe zu beschmutzen.

„So, das macht dann zwei Silbermünzen für den Apfelsaft und dann noch einmal zwei Silbermünzen für die Torte.“ 

Grinsend übergibt Yugi die verlangten Münzen. „Ja, mein Sklave spricht Chinesisch.“ Den einen Becher gibt er Yami, während er selbst mit dem Holzbrett und dem anderen Becher in der Hand zu einem der drei Stehtische geht, die zu dem Stand gehören. „Yami, komm stell dich zu mir.“ Nachdem sich Yami mit Star neben ihm gestellt hat, schiebt er das Holzbrett in ihre Mitte. „Du darfst dir auch etwas von dem Kuchen nehmen und natürlich auch trinken. Das hast du dir heute wirklich verdient.“

 

Froh, dass er endlich etwas trinken kann, nimmt Yami erst einmal einen grossen Schluck von dem leckeren Apfelsaft, ehe er sich eins der Stückchen nimmt. So langsam hat ihn das ewige reden doch ziemlich durstig gemacht und dazu noch so ein leckerer Kirschkuchen. Da könnte er beinahe vergessen, dass er hier draussen nur ein einfacher Sklave ist.

 

Als sie fertig gegessen und getrunken haben, stellt Yugi die Becher und das Holzbrett wieder zurück auf die Theke des Marktstandes und verabschiedet sich von dem Händler, ehe sie sich auf den Weg zurück zu Hopkins Haus machen.

Schweigend laufen sie die Strasse entlang und so langsam merkt Yami schon, dass auch an ihm die beiden Reisetage nicht spurlos vorübergegangen sind. Weshalb er wirklich erleichtert ist, als sie in den Hof hinter dem Haus einbiegen.

 

Wie schon am Tag zuvor kommt Jim sofort aus dem Stall gelaufen und hält Star solange fest, bis sie die Ballen abgeladen und ins Haus getragen haben. Zum Glück ist die Abstellkammer, die Yugi immer benutzen kann nur ein paar Schritte den Flur runter und da sie ja zu zweit sind, müssen sie nur je zwei Ballen reintragen.

 

Wissend, dass sich Jim um Star kümmert, schlingt Yami noch in der Abstellkammer seine Arme von hinten um Yugi. „Ich bin fix und fertig. Hoffentlich kommt jetzt nicht mehr viel auf uns zu. Denn eigentlich will ich nur noch schlafen.“

 

Seinen Liebsten verstehend lehnt sich Yugi an dessen Oberkörper. „Mir geht’s genauso. Es ist aber zum Glück schon bald Zeit für’s Abendessen. Wenn ich den Stand der Sonne richtig gesehen habe, können wir uns vorher sogar noch etwa zwei Stunden hinlegen.“ In Yamis Armen dreht er sich um, so dass er ihm in die Augen sehen kann. „Ich gehe nur noch schnell Maria oder Scott Bescheid geben, dass wir wieder da und in unserem Zimmer sind. Für den Fall, dass wir einschlafen. Was hältst du davon?“, lächelnd fährt er mit seinen Fingerspitzen über Yamis Wange. Der nun, da er seine Maske des perfekten Sklaven abgelegt hat, wirklich müde aussieht.

„Ich halte das für eine geniale Idee. Dann gehe ich schon mal hoch und duschen. Denn so verschwitzt will ich mich nicht ins Bett legen.“

 

Gemeinsam verlassen sie die Abstellkammer die Yugi sofort hinter ihn abschliesst und den Schlüssel einsteckt. Denn eines hat er gleich zu Anfang gelernt. Lagere niemals teure Stoffe ungesichert in Rebeccas Nähe.

 

Während Yami schon mal nach oben geht, steuert er die Küche an und informiert Maria kurz darüber, dass sie sich noch ein wenig hinlegen und sie doch für ihn gleich in der Küche ein Gedeck hinstellen soll, weil er keine Lust hat zusammen mit Rebecca an einem Tisch zu sitzen.

 

Zwar wird er deswegen von Maria schief angesehen, aber sie nickt bestätigend. „Ach ja und du kannst mir ruhig das gleiche hinstellen wie euch, ich brauche kein 3-Gänge-Menu.“ Über den entrüsteten Blick von ihr schmunzelnd verlässt er die Küche wieder und geht nach oben in ihr Zimmer. Dort liegt Yami schon dösend auf dem Bett, weshalb er nun auch zuerst ins Bad geht, um unter die Dusche zu steigen. Denn Yami hat Recht. So verschwitzt wie sie sind, ist es nicht gerade schön im Bett zu liegen.

 

Nach der erfrischenden Dusche kuschelt sich Yugi an Yami, der sofort den Arm um ihn legt.

Mit einem glücklichen Seufzen schliesst er die Augen, um wie sein Liebster auch ein wenig zu dösen.

 

Auf einmal hören sie lautes Klopfen an der Tür. „Yugi! Yami! Das Abendessen ist fertig.“

Murrend öffnet Yugi seine Augen. Ist er doch tatsächlich eingeschlafen. „Ja Scott. Wir kommen gleich.“ Erst als er sich aufrichtet öffnet auch Yami die Augen und setzt sich auf. „Hoffentlich wird das nicht zur Gewohnheit, dass wir so aus dem Bett geworfen werden.“ Gähnend steht er auf und streckt sich dann als erstes ausgiebig. Was Yugi entfernt an eine Katze erinnert. Weshalb er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Da sie aber keine Zeit haben, sagt er nichts, sondern nimmt einfach nur die Hand seines Liebsten und zieht ihn schon beinahe aus ihrem Zimmer. Weil er ihm nicht gesagt hat, dass er mit in der Küche essen wird, trifft ihn dessen erstaunter Blick, als er mit ihm zusammen in die Küche geht und sich dann neben ihm auf die Bank setzt.

Weil sie die Letzten sind, steht schon alles auf dem Tisch und Yugi bemerkt erleichtert, dass er auch von der Gemüsesuppe essen darf. Mag er doch die einfache Küche lieber, als die gehobene und Marias Gemüsesuppe ist einfach nur lecker.

 

Weil sie beide immer noch müde sind, beteiligen sie sich nicht wirklich an den Tischgesprächen und die anderen scheinen es ihnen auch anzusehen. Zumindest werden sie anders als am Vortag nicht mehr dazu aufgefordert ihre Meinungen auch zu sagen, nachdem sie das unterdrückte Gähnen von Yugi gesehen haben.

 

Es kommt sogar noch besser, direkt nach dem Essen, werden sie von Maria resolut dazu aufgefordert ins Bett zu gehen und auch ja gleich zu schlafen und nicht noch irgendwelche andere Dinge zu tun. Diesem Vorschlag gehen sie nur zu gern nach. Yugi mit hochrotem Kopf und Yami breit grinsend, kriechen sie nur Minuten später wieder ins Bett und sind beinahe sofort wieder eingeschlafen.

 

 

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So ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und was soll ich sagen.... wenn Yami eifersüchtig wird oder sich jemand an seinen Yugi ranmachen möchte, wächst er immer wieder über sich hinaus und macht gleich einen riesen Satz nach vorn.

 

Hopkins hat dafür mal eine kleine Lektion erhalten und Rebecca sollte sich wohl besser in Acht nehmen, wie sie sich in Yamis Nähe verhält.

 

Ach ja, Star beruht auf meinem Pflegepferd Cheyenne. Nur ist diese nicht weiss sondern braun. Nur der Charakter ist der gleiche.

 

So, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Schock lass nach

Hallo zusammen,
 

es ist wieder soweit, das neueste Kapitel ist fertig und es ist verdammt lang geworden.
 

Ich weiss jetzt gar nicht, was ich sagen soll, ausser ein riesen Dankeschön für all die Kommentare und die inzwischen über 100 Favoriteneinträge. Ich bin wirklich sprachlos, wie beliebt die Geschichte inzwischen ist.
 

Darum widme ich das Kapitel allen Lesern und wünsche euch viel Spass beim geniessen der über 14'000 Wörter.
 

 

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Kapitel 45: Schock lass nach

 

 

Die Sonne ist gerade dabei aufzugehen, als sich Yami murrend auf die andere Seite dreht, um sich noch ein wenig an seinen Sharik zu kuscheln. Vielleicht kann er ja so noch ein paar Minuten weiterschlafen.

Doch es nützt alles nichts. Weshalb er schliesslich vorsichtig aufsteht, weil er Yugi nicht aus Versehen auch noch aufwecken möchte.

Mit einem letzten Blick auf den Schlafenden schleicht er auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Im Flur läuft er dann die paar Meter bis zum Bad normal und ist froh, dass er gestern trotz seiner Müdigkeit daran gedacht hat, seine Schlafhose anzuziehen.

 

Als er nach seiner Morgentoilette wieder ins Zimmer kommt, hat sich Yugi keinen Millimeter bewegt. Weshalb er so leise wie möglich nach seinen Kleidern greift und sich schnell anzieht, ehe er nach dem verhassten Halsband greift und es sich um den Hals legt. Wenn er schon wach ist, dann kann er ja auch nach unten gehen und mit den anderen frühstücken.

 

Vorsichtig schliesst Yami die Zimmertür hinter sich, ehe er durch den schummrigen Flur zur Treppe läuft. Ein Glück, dass der Erbauer des Hauses daran gedacht hat, an den beiden Enden des Flurs je ein Fenster einzubauen, so dass dieser durch das schwache Morgenlicht gerade genug erhellt wird, dass er ohne Öllampe sieht, wo er hinläuft.

 

In der Küche sitzen die anderen schon mehr oder weniger wach am Tisch. Nur der Platz neben Nancy ist noch frei. „Guten Morgen. Entschuldigt, dass ich zu spät bin.“ Mit einem Blick in die Runde setzt er sich hin und will schon nach dem Wasserkrug greifen, als ihm Maria zuvorkommt und seinen Becher mit dem kühlen Wasser füllt. „Buongiorno Yami. Du musst dich doch nicht entschuldigen. Wir sind auch gerade erst zusammengekommen.“ Ihn anlächelnd greift sie nach dem Teller mit den Eierbroten, die jetzt noch heiss sind und stapelt ihm wieder vier Stück auf den Teller. Was die anderen unterdrückt kichern lässt. „Maria, du mästest den armen Kerl ja regelrecht.“ Schafft es Jim irgendwann zu sagen.

„Silenzio Jim. Yami ist viel zu dünn, er muss mehr mangare.“ Gespielt streng schlägt sie mit dem Holzlöffel leicht auf Jims Kopf, was diesen lachend zurückweichen lässt. „Hab erbarmen Maria. Nur wie soll der Junge all die Eierbrote essen? Da schafft nicht einmal Scott und der ist schon verfressen.“ Vielsagend sieht er zu dem Hausangestellten, der entrüstet sein mit Wurst belegtes Brot wieder auf den Teller sinken lässt. „Jetzt mach mal Halblang du Stallbursche. Denk daran, dass die Sklaven nie Fleisch bekommen, da muss er die Kalorien durch mehr Menge zu sich nehmen, als wir Angestellten.“

Vielsagend sieht Jim nun auf den deutlich sichtbaren Bauch des anderen Mannes. „Ah ja, dann sorgst du also schon mal für die Zeiten vor, wo Maria mit Sir Arthur unterwegs ist und wir selbst kochen müssen.“

„Silenzio Jungs. Am Tisch wird nicht gestritten. Also geht ihr entweder raus in den Cortile oder seid anständig.“ Streng sieht Maria die beiden Mitvierziger an, die jetzt synchron die Köpfe einziehen. „Ja, Maria.“

 

Schmunzelnd hat Yami das Schauspiel beobachtet. Hätte er doch nicht gedacht, dass auch die beiden freien Männer sich so von Maria herumkommandieren lassen. Zwar weiss auch er nicht wirklich, wie er diese vier Eierbrote essen soll, aber das wird er ihr sicher nicht sagen.

Als er nun auffordernd angesehen wird, greift Yami lächelnd nach seinem Besteck und schneidet sich ein Stück von dem obersten Brot ab.

„Grazie Maria. Die Eierbrote sind wirklich lecker.“ Sofort sieht sie zufrieden zu den beiden Streithähnen, was zumindest Scott dazu bringt, nach seiner Tasse zu greifen und einen Schluck Tee zu trinken.

 

Unter dem aufmerksamen Blick Marias schafft es Yami wirklich drei der Brotscheiben zu essen, ehe er satt sein Besteck wieder hinlegt.

„Yami, du musst alles mangare. Los!“ Streng sieht Maria ihren auserkorenen Schützling an, der nach einem Schluck Wasser wieder ergeben nach dem Besteck greift. Zwar fragt er sich insgeheim, wie er das letzte Stück auch noch schaffen soll, aber die Köchin verärgern möchte er auch nicht.

Gerade will er ein Stück abschneiden, als er von zwei Armen umschlungen wird. Im ersten Moment verspannt er sich, doch dann dreht er den Kopf zur Seite, um seinem Sharik ins Gesicht sehen zu können. „Guten Morgen. Wieso bist du denn schon wach?“ Leicht wird ihm nun ein Kuss auf die Lippen gehaucht. „Wie soll ich bitteschön gut weiterschlafen, wenn du nicht mehr da bist?“, vorwurfsvoll sieht Yugi Yami an. „Einfach so aus dem Zimmer zu schleichen. Das geht doch nicht.“ Die anderen weitestgehend ignorierend, setzt er sich dicht neben Yami auf die Bank und greift nach dessen Becher. „Bäh, das ist ja nur Wasser.“ Entrüstet blickt Yugi auf das Wasser.

Was Yami nun wirklich schmunzeln lässt. „Yugi, wenn du Tee willst, musst du entweder Maria Fragen oder einem anderen die Tasse klauen.“ Leicht legt er ihm nun die Hand auf die Schulter. Was Yugi grummelnd die Arme verschränken lässt. „Na toll.“

Yami merkt nun, dass sein Sharik zwar wach wirkt, aber noch nicht wirklich denkfähig zu sein scheint. „Maria, könnte Yugi eine Tasse Tee haben? Vorher ist er nämlich nicht wirklich ansprechbar.“ Entschuldigend sieht er sie an, weil sich Yugi ja wirklich ziemlich daneben benimmt.

 

Kopfschüttelnd steht Maria jetzt auf und holt eine weitere Tasse aus dem Küchenschrank über der Arbeitsplatte und füllt diese mit dem heissen Tee, der auf dem Herd warmgehalten wird.

„Yugi ist immer noch so ein Morgenmuffel?“, Yami fragend ansehend, stellt sie die Tasse vor ihm auf den Tisch. Lange bleibt diese aber nicht stehen, denn schon wird sie von Yugi ergriffen.

 

Grinsend nickt Yami nun. „Ja, das ist er. Zumindest, wenn er allein aufwachen muss.“ Sich zurücklehnend lässt er zu, dass sich Yugi gegen ihn lehnt, während die Tasse langsam aber sicher leer getrunken wird.

 

Vielsagend blicken sich die anderen an. Hat Yami doch mit dem Satz ihre Vermutung bestätigt, dass er wirklich der Lustsklave von Yugi ist. Naja, so wie sich verhalten, war der Schluss ja auch naheliegend.

„Sag mal Yami“, durchbricht Nancy auf einmal die Stille. „Stört es dich denn nicht, dass du ihm mit deinem Körper dienen musst?“, unsicher sieht sie ihn nervös an. Macht dieser doch immer einen so selbstbewussten und stolzen Eindruck auf sie.

 

Verwirrt über die Frage, wendet sich Yami etwas zu ihr um. „Nein, wieso sollte es?“ Erst jetzt fällt ihm auf, dass ihn auch die anderen am Tisch so ansehen, als würden sie nur darauf warten, dass er Yugi vor Ekel von sich stösst, das war vorgestern Abend noch nicht so gewesen. Kurz die Augen schliessend, atmet er tief durch. „Ich habe es gestern Maria schon gesagt. Alles, was wir tun, passiert freiwillig. Yugi zwingt mich zu rein gar nichts.“ Fest sieht er einem nach dem anderen in die Augen.

Denn auf seinen Sharik kann er noch nicht bauen und so wie es aussieht hat dieser von der Frage auch gar nichts mitbekommen.

 

Yugi hat die Frage wirklich nicht gehört. Auch ist ihm nicht bewusst, was die anderen für einen Eindruck von ihrem Verhältnis haben. Er ist im Moment einfach nur froh, dass er Yami so schnell gefunden hat.

Hat er sich doch wirklich Sorgen um ihn gemacht, als er allein aufgewacht ist. Nur deswegen ist er überhaupt schon aufgestanden und schliesslich auf der Suche nach ihm hier in der Küche gelandet.

Nachdem er die Tasse geleert hat, sieht er sich das erste Mal bewusst um. „Guten Morgen zusammen“, schief grinst er die anderen an. „Entschuldigt bitte mein Verhalten, aber ich kann mich wohl immer noch nicht wirklich zusammenreissen, wenn ich meinen ersten Tee noch nicht hatte.“ Nun wirklich über sein Verhalten beschämt, senkt er den Kopf.

 

„Ach Yugi. Wir kennen dich nun schon lange genug und wissen daher, wie du drauf bist. Nimm es also nicht zu schwer und Yami verteidigt dich sehr gekonnt.“ Zwinkernd sieht Jim Yugi an. „Was mich nur verwundert ist, dass du sagst, dass du einen Freund hast, aber gleichzeitig deinen Lustsklaven mit hierher bringst. Das passt irgendwie so gar nicht zu dir.“ Neugierig, wie dieser nun reagiert, sehen nun alle zu Yugi, der hilfesuchend seinen Blick zu Yami schweifen lässt, der in aller Ruhe mit den Schultern zuckt. „Es ist deine Entscheidung, was du ihnen sagst und was nicht.“

 

Nachdenklich senkt Yugi den Blick, ehe er fest in Jims Augen sieht. „Das ist ja wohl meine Sache, wenn ich meine Einstellung ein wenig ändere. Ausserdem ist es ja nicht wirklich ungewöhnlich, einen Sklaven zu haben.“

Bei den harten Worten, zucken alle ausser Yami und Maria zusammen. Was Yugi zwar leid tut, aber er ist es wirklich leid, dass er so unter Beobachtung steht und er sich nun für etwas rechtfertigen muss, was bei anderen Leuten einfach so toleriert wird.

 

Innerlich schmunzelnd beugt sich Yami zu Yugis Ohr. „Na dann bin ich ja gespannt, was dein Liebster sagt, wenn er erfährt, dass du dich von mir befriedigen lässt.“ Er spricht gerade so laut, dass die anderen am Tisch nicht hören können, was er sagt, sein Sharik ihn jedoch ohne Probleme verstehen kann.

 

Im ersten Moment ist Yugi über den Satz verwirrt, aber dann beginnt er breit zu grinsen. „Ich werd’s dir dann sagen.“ Nun fällt sein Blick auf die einzelne Eierbrotscheibe, die auf Yamis Teller liegt.

 

„Nimm sie nur, ich habe schon drei Stück gegessen und bin wirklich satt, aber Maria besteht darauf, dass diese auch noch gegessen wird.“ Um seine Worte noch zu unterstreichen, schiebt er den Teller zu Yugi, der nun hungrig nach dem Besteck greift.

„Danke. Diese Eierschnitten habe ich schon ewig nicht mehr gegessen.“ Sich den ersten Bissen in den Mund schiebend, schliesst er genüsslich die Augen. „Lecker.“

 

Unter dem erstaunten Blick der anderen verputzt Yugi dieses einfache Frühstück nicht nur, sondern nimmt sich auch noch die letzte Eierbrotscheibe, die sonst niemand mehr möchte. Besonders Scott kann es kaum glauben, dass der junge Herr dieses etwas bessere Sklavenessen so sehr zu mögen scheint. Würde er das doch nie essen. Nur schon, dass die Sklaven beinahe das gleiche Mittag- und Abendessen wie er und die anderen beiden bekommen, hat ihn zu Anfang überrascht. Fehlt bei den Sklaven doch nur die Fleischbeilage, die Maria für sie immer in einer Extraschale auf den Tisch stellt.

 

Yugi sind die Blicke egal. Ist er doch der Meinung, dass es einfach schmecken muss und dann ist auch das einfachste Essen ein Genuss. Ausserdem hat seine Mutter so immer das alte Brot verarbeitet und dann mit gekochten Apfelstücken als Abendessen zubereitet.

Nachdem er das Besteck auf den nun wieder leeren Teller gelegt hat, sieht er Maria lächelnd an. „Das war echt lecker, aber bitte mäste Yami nicht zu sehr. Sonst muss May dann doch noch einmal Massnehmen und das findet er nicht wirklich toll.“

 

Deutlich ist nun ein unterdrücktes Kichern von Nancy zu hören, die sich einfach nicht mehr zurückhalten kann. Ist doch der empörte Gesichtsausdruck der Köchin einfach zu köstlich. „Genau das haben wir ihr heute Morgen schon versucht klarzumachen, aber sie wollte es einfach nicht hören.“ Die Hand vor den Mund haltend, sieht die rothaarige Sklavin zu Maria, die sie nun beleidigt anfunkelt.

„Nancy, du wirst ja langsam ziemlich frech. Pass nur auf, sonst gibt’s für dich in den nächsten Tagen nur noch Haferbrei. Irgendwo habe ich sicher noch Haferflocken rumliegen, die ich mal aufbrauchen sollte.“ Trotz der drohenden Worte ist ein jetzt schelmisches Funkeln in ihren Augen zu sehen. Weshalb sie keiner am Tisch so wirklich ernst nimmt.

 

Trotzdem beugt sich Yami nun vor und greift nach Marias Hand. „Maria, das kannst du ihr doch nicht antun und wenn doch, dann werde ich mich opfern und das scheussliche Zeugs essen.“ Weil er in ihrer Muttersprache gesprochen hat, haben ihn die anderen nicht verstehen können, weshalb er nun verständnislos angesehen wird. Besonders als Maria nun anfängt breit zu grinsen. „So wie du redest, magst du diesen Brei genauso sehr, wie alle Sklaven und keine Sorge, ich habe die letzten Haferflocken schon vor Jahren aus meiner Küche verbannt.“

 

Als sich Yami nun wieder zurücklehnt, greift ihm Yugi von vorn an die Schulter und dreht sich gleichzeitig noch etwas weiter seitlich zu ihm, damit er ihm besser ins Gesicht sehen kann. „Was habt ihr beide denn gerade besprochen, was wir nicht wissen dürfen?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der ihn jedoch nur grinsend ansieht. „Kein Kommentar, aber ich weiss jetzt dafür, dass ich hier ganz sicher keinen Haferbrei essen muss.“ Als er das Stirnrunzeln seines Shariks sieht, kann Yami nicht länger widerstehen und haucht ihm, die anderen ignorierend, einen schnellen Kuss auf die Lippen.

 

Deutlich ist nun das scharfe Einatmen von Scott zu hören. „Er küsst ihn aus freien Stücken. Wo gibt’s denn sowas?“, ungläubig sieht er zu Maria, die den Blick grinsend erwidert. „Das ist Amore, mein Lieber. Ganz einfach Amore.“

 

Yugi will jetzt nur noch eins und zwar mit Yami ein wenig allein sein. Weshalb er kurzerhand nach dessen Hand greift und ihn von der Bank zieht. Was Yami auch ohne Widerstand zulässt. Ahnt er doch, was gerade in seinem Sharik vorgeht.

 

Als sie dann endlich in ihrem Zimmer sind, wird er von Yugi an die Wand gedrückt und mit einem todernsten Blick angesehen. „So und jetzt will ich endlich meinen Gute-Morgen-Kuss haben. Wenn ich wegen dir schon mitten in der Nacht aufstehen und in die Küche gehen muss.“

Über die Worte schmunzelnd legt Yami nun seine Hände auf Yugis Wangen und sieht ihm tief in die Augen. „Na, wenn das so ist…“, den Satz beendet er nicht mit Worten, sondern mit einem tiefen Kuss.

 

Unterdessen sitzen die anderen sprachlos in der Küche. „Maria, weisst du etwa etwas was wir nicht wissen? Wie kommst du auf die Idee, dass Yami und Yugi sich lieben könnten?“, findet Scott schliesslich seine Stimme wieder. „Der Junge ist immer noch ein Sklave und du weisst genau, dass die keine…“, der strenge Blick Marias lässt ihn mitten im Satz verstummen.

„Scott du bist jetzt seit dieci Jahren hier angestellt und bist immer noch dieser absolut unmöglichen Meinung?! Auch wenn sie es sich meistens nicht anmerken lassen, haben sie sehr wohl Sentimenti. Der Junge ist das beste Beispiel dafür. Ausserdem habe ich einfach Occhi im Kopf und wenn das Halsband nicht wäre, dann würdest du sofort die tiefen Sentimenti sehen können, die die beiden füreinander haben.“

Weil sie keine Lust auf noch mehr Diskussionen hat, steht Maria auf und beginnt den Tisch abzuräumen. Schliesslich sind sie schon seit einer Weile mit dem Frühstück fertig und so langsam sollten sie sich alle an ihre täglichen Aufgaben machen.

 

Die Botschaft verstehend stehen nun auch die anderen auf und verlassen nach und nach die Küche.

 

Währenddessen sitzt Rebecca in ihrem Zimmer nachdenklich auf dem Bett. Seit ihr Darling gestern gar nicht erst in das Esszimmer gekommen ist, fragt sie sich, ob sie sich ihm gegenüber wirklich richtig verhält.

Aber Veronica sagt doch immer, dass man dem Mann, den man liebt nur oft genug klarmachen muss, dass man die perfekte Frau für ihn ist, dann würde der schon irgendwann seine Meinung ändern. Das hätte bei ihr ja schliesslich auch geklappt.

 

Seufzend legt sie ihren Kopf auf die Arme, die sie auf ihren angezogenen Beinen liegen hat und sieht aus dem Fenster. Wenn nur dieser Yami nicht mitgekommen wäre, dann wäre es viel einfacher. Denn so abweisend wie jetzt hat sich ihr Darling noch nie verhalten. Bestimmt ist nur der Sklave daran schuld und wenn der nicht mehr da ist, dann wird sich ihr Darling bestimmt ihr zuwenden.

Einen Entschluss fassend, steht sie auf und holt diesmal wieder eines ihrer Lieblingskleider aus dem Schrank. Denn jetzt muss sie erst einmal zur Uni. Immerhin ist sie seit diesem Jahr eine Geschichtsstudentin und dann muss sie zwischen den Vorlesungen unbedingt mit Veronica sprechen und sie um Rat fragen. Zu dumm, dass diese ein Wirtschaftsstudium absolviert und sie so keine gemeinsamen Vorlesungen haben.

 

Irgendwann während des Kusses hat Yami sie beide zum Bett dirigiert, wo sie jetzt kuschelnd auf der Decke liegen. „Sag mal Sharik, was hast du heute noch so vor?“, neugierig mustert er Yugi, der sich nun seufzen aufsetzt. „Nachher wollte ich in die Stadt gehen, um die Zutaten für Grossvaters Salben und mein Lieblingsmassageöl zu kaufen.“ Kurz schielt Yugi zu seinem Liebsten, doch der liegt zu seiner Erleichterung mit hinter dem Kopf verschränkten Armen entspannt da. „Gibt es irgendeinen Duft bei Ölen, den du überhaupt nicht leiden kannst?“, wagt er es schliesslich vorsichtig zu fragen.

 

Über die Frage erstaunt, setzt sich Yami auf und sieht Yugi prüfend an. „Warum willst du das wissen?“

„Ähm, naja… ich dachte, dass ich dich ja mal massieren könnte und vielleicht könnten wir das Öl ja noch für was Anderes nehmen. Wenn du es irgendwann willst.“ Mit hochroten Wangen sitzt Yugi mit seinen Fingern spielend da und wartet bangend auf eine Antwort.

 

Tief einatmend fährt sich Yami durch die Haare. Es war ja klar, dass sie irgendwann zu dem Thema, was er am liebsten weit von sich weghaben möchte, kommen würden. „Es… gegen eine Massage habe ich nichts, aber bitte mit keinem Öl, das nach Lavendel oder Rosen duftet. Auch Moschus muss nicht wirklich sein.“ Weil er es auf dem Bett nicht mehr aushält, steht er auf und tritt, die Arme verschränkend ans Fenster. „Was das Andere angeht… dazu bin ich noch nicht bereit.“

 

Bedrückt, weil er ausgerechnet diese Frage gestellt hat, sieht Yugi zu seinem Liebsten. Zwar wird ihm der Rücken zugedreht, trotzdem kann er die Anspannung in Yami beinahe mit den Händen greifen.

Langsam steht Yugi nun auch auf und stellt sich so an die Wand neben dem Fenster, dass er in die rubinroten Augen sehen kann. „Das verlange ich auch nicht von dir. Weder jetzt noch in zehn Jahren. Es ist nur so, dass ich es mag, wenn ich meinen Partner massieren darf. Ganz ohne Hintergedanken und dafür habe ich ein Lieblingsöl, das Orangen und Zimt enthält.“ Leicht lächelnd streckt er seine Hand aus und wartet darauf, dass sie ergriffen wird.

 

Zweifelnd blickt Yami in die amethystfarbenen Augen. „Du willst das Öl nur dafür benutzen? Und was ist, wenn ich dich dann auch mal massieren möchte oder es mir nicht gefällt, massiert zu werden?“ Noch macht er keine Anstalten die ausgestreckte Hand zu ergreifen.

„Ja, wenn du nicht mehr willst, dann will ich das Öl nur dafür benutzen und ich würde mich freuen, wenn du mich auch mal massieren würdest. Wenn es dir nicht gefällt? Dann ist es halt so und wir lassen es bleiben. Denn wenn es dir nicht gefällt, dann macht es auch mir keinen Spass.“

Immer noch hält er Yami seine offene Hand hin, die nun zögernd ergriffen wird. Innerlich schmerzt es ihn schon, dass nur schon der Gedanke daran, mit ihm noch weiter intim zu werden Yami abschreckt. Doch er lässt sich seine Gefühle nicht anmerken. Vor allem, weil sie seinem Liebsten gegenüber extrem unfair sind.

 

Innerlich mit seinen zwei Seiten kämpfend sieht Yami auf ihre nun verschränkten Finger. Er weiss doch eigentlich, dass Yugi nie etwas von ihm verlangen würde, wozu er nicht bereit ist. Trotzdem ist sein Fluchtinstinkt geweckt worden, als Yugi angedeutet hat, dass sie irgendwann mal das Öl für etwas Anderes als Massagen verwenden könnten.

 

Geduldig wartet Yugi darauf, dass sich Yami wieder beruhigt. Kann doch auch er deutlich den Kampf, den dieser gerade mit sich selbst ausficht, sehen. Erst als er glaubt, dass sich der Sturm in seinem Liebsten gelegt hat, tritt er einen Schritt auf ihn zu. „Willst du in die Stadt mitkommen oder lieber hierbleiben?“, fragend sieht er Yami an, der den Blick nun deutlich gefasster erwidert. „Ich würde gern mitkommen.“ Seinem Bedürfnis nachgebend, zieht er Yugi in eine Umarmung. „Es tut mir leid. Ich weiss ja, dass du nichts von mir verlangen würdest, was ich nicht möchte. Es ist nur…“, ein Blick in die amethystfarbenen Augen und eine Hand auf seiner Wange lassen ihn verstummen.

„Yami, du musst dich nicht entschuldigen. Im Gegenteil, es ist nur normal, dass du so reagierst.“ Voller Liebe und Verständnis sieht Yugi seinen Liebsten an und haucht ihm dann einen kleinen Kuss auf die Lippen, ehe er sich vorsichtig aus dessen Armen löst. „Wir sollten jetzt aber langsam mal losgehen. Ich muss nämlich gestehen, dass ich lieber zu Fuss in die Stadt gehe, als zu reiten. Nur müssen wir beinahe eine Stunde laufen, bis wir die Apotheke Yakkyoku erreicht haben.“ Nach seiner Tasche greifend sieht er kurz zu Yami, der zwar das Gesicht verzieht, sich aber sonst nicht anmerken lässt, dass er von der Vorstellung so lange durch die Gegend zu latschen, nicht wirklich begeistert ist.

 

In aller Ruhe verstaut Yugi sein Notizbuch, in dem steht, was sein Grossvater möchte, in die schwarzgraue Tragetasche, die ihm May letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat. „Bist du bereit?“, auffordernd sieht er jetzt zu Yami, der bestätigend nickt. „Gut, dann lass uns losgehen.“ Grinsend schnappt er sich die Hand seines Liebsten, ehe sie sich auf den Weg machen.

 

Einen Teil des Weges, dem sie jetzt entlang gehen, kennt Yami schon von der Herfahrt. Trotzdem betrachtet er sich neugierig seine Umgebung, während er einen Schritt hinter Yugi die Strasse entlang läuft.

Nach einer Weile weichen die edlen Häuser den einfacheren Gebäuden der Mittelschicht des Volkes.

Deutlich ist der Unterschied zu sehen. Sind doch die Häuser deutlich kleiner und kaum eines hat einen Vorgarten, der die neugierigen Blicke der Vorbeilaufenden wenigstens ein wenig aus den Räumen des Erdgeschosses fernhält. Doch auch diese Häuser verfügen natürlich alle über einen Hinterhof und als sie jetzt in eine der Seitenstrassen einbiegen, kann Yami sehen, dass diese meistens so ähnlich aussehen wie Zuhause und anders als bei Hopkins in der Regel auch über eine Mauer mit einem grossen Tor verfügen.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit biegen sie wieder in die Hauptstrasse ein, die jetzt aber von Wohnhäusern mit Geschäften im Erdgeschoss gesäumt wird. Nun wird Yami auch klar, warum Yugi auf die Pferde verzichtet hat. Ist doch schon zu Fuss kaum ein Durchkommen möglich und die wenigen Pferde wirken extrem gestresst.

 

Auf einmal stösst etwas gegen ihn, was Yami verwirrt den Blick senken lässt. Vor ihm sitzt ein kleines Mädchen mit weissblonden Haaren und leuchtend blauen Augen, die ihn erschrocken ansehen.

Lächelnd geht er in die Knie. „Hast du dir wehgetan?“ Gerade will er die Hand nach dem Mädchen ausstrecken, um ihm auf die Beine zu helfen, als eine laute Frauenstimme ertönt. „Risa!“

Sofort springt das Mädchen auf und rennt zu seiner Mutter. „Mama!“

Als Yami dies sieht, richtet er sich wieder auf und sieht sich dann zu seiner Überraschung einer wütenden Frau gegenüber. „Du dreckiger Sklave, was fällt dir ein, meine Tochter…“ „Jetzt halten Sie mal die Klappe. Ihre Tochter ist in meinen Sklaven reingerannt und nicht umgekehrt!“ Mit festem Blick die Frau ansehend, stellt sich Yugi vor die Frau, als sie zu einem Schlag ausholen möchte. „Was fällt Ihnen ausserdem ein, einfach ohne Erlaubnis meinen Sklaven schlagen zu wollen!?“, deutlich ist die unausgesprochene Warnung in seiner Stimme zu hören. So, dass die Frau schliesslich mit einem letzten wütenden Blick auf sie beide, die Kleine an der Hand nimmt und wieder in der Menschenmenge verschwindet.

 

Kurz wird Yami nun prüfend von Yugi angesehen, was diesen leicht nicken lässt. Es ist alles in Ordnung. Teilt er ihm so wortlos mit, was ihm einen erleichterten Blick einbringt.

Nun deutlich aufmerksamer folgt er Yugi weiter durch die Menschenmenge, bis sie ein grün gestrichenes Haus erreichen.

„Das ist die Apotheke. Am besten hältst du dich im Hintergrund und versuchst nicht jedes Wort, das nun gesprochen wird, allzu ernst zu nehmen.“ Zwinkernd schielt Yugi kurz nach hinten, ehe er gefolgt von Yami durch die einladend offenstehende Tür geht.

 

Sofort werden sie von dem alten Apotheker entdeckt, der geschäftig auf sie zukommt. „Herr Muto, lange ist es her, dass Sie mich beehrt haben.“ Den Sklaven im Hintergrund nicht weiter beachtend, streckt er Yugi die Hand entgegen, die dieser natürlich sofort ergreift. „Herr Yakkyoku, es freut mich, Sie bei guter Gesundheit vorzufinden. Ist doch schon wieder ein Jahr vergangen, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin.“

Unter dem aufmerksamen Blick Yamis, gehen sie zu dem alten Tresen, wo Yugi nun sein Notizbuch aus der Tasche holt.

 

„Oha, hat Herr Muto Senior etwa wieder eine grössere Bestellung mitgegeben?“, breit grinsend sieht der alte Mann in das Notizbuch, während er darauf wartet, dass Yugi die richtige Seite aufschlägt.

 

„Ja, wir haben kaum noch Wund- und Schmerzsalben und Sie haben einfach die qualitativ besten Ingredienzien, die er für deren Herstellung benötigt.“ Endlich hat er die richtige Seite gefunden.

 

Gespielt geschmeichelt, senkt Herr Yakkyoku den Blick und legt sich die Hand auf die Brust. „Ich fühle mich geehrt.“ Nun hebt er den Kopf wieder an und sieht abwartend seinen jungen Kunden an. „Also, was kann ich für ihren werten Herrn Grossvater denn abfüllen?“

 

Schnell überfliegt Yugi noch einmal die Liste. „Also, ich brauche Ringelblumenöl, ihr selbst hergestelltes Harz-Öl Gemisch, Teebaumöl, Thymianöl, Spitzwegerichöl, Lavendelöl, Kamillenöl, Arnikaöl, einen Topf Bienenwachs und eine grosse Flasche Kokosöl.“ Während er vorgelesen hat, sind die einzelnen Öle vor ihm auf die Arbeitsplatte gestellt worden, da Yakkyoku diese beliebten Öle immer schon fertig abgefüllt in kleinen Glasfläschchen in einem Regal hinter dem Tresen aufbewahrt.

Nur für das Kokosöl und den Topf Bienenwachs muss der Apotheker in den hinteren Teil des Ladens gehen, so dass sie kurz allein in dem kleinen und zugleich auch überfüllten Raum stehen.

Mit dem Topf und der Flasche in den Armen kommt Yakkyoku schliesslich zurück und stellt seine Last zu den kleinen Fläschchen. „So, nun hätten wir alles. Brauchen Sie noch etwas?“, fragend blickt der alte Mann nun wieder seinen Kunden an, der nach einem Moment nickt. „Ja, ich bräuchte noch drei Flaschen von ihrem Orangen-Zimt Massageöl.“ Als er nun mit einem wissenden Blick angesehen wird, zieht er nur eine Augenbraue hoch und weigert sich standhaft die unausgesprochene Frage zu beantworten.

„Natürlich Herr Muto“, gibt der Apotheker schliesslich nach, weil er merkt, dass nichts aus dem jungen Mann herauszubekommen ist. „Dürfte ich dann noch dieses Rosen Massageöl oder auch das Lavendel Massageöl als Abwechslung für Zwischendurch empfehlen?“ Zuvorkommend werden auch diese beiden Massageöle auf den Tresen gestellt. Doch Yugi schiebt sie gleich wieder zu dem Apotheker. „Nein danke, ich bleibe lieber bei meinem Lieblingsmassageöl.“

 

Sich ganz ruhig verhaltend beobachtet Yami wie Yugi mit dem alten Apotheker nun über den Preis verhandelt und ist jetzt doch froh, dass sein Sharik ihn zuvor gefragt hat, welche Öle er gar nicht abkann.

Auf einmal bemerkt er, dass sich Yugi und dieser Yakkyoku auf einen Gesamtpreis von 42 Silbermünzen für den ganzen Einkauf geeinigt haben. Weshalb er nun einen Schritt nach vorn macht, um die Stofftasche mit den ganzen Sachen entgegen zu nehmen. Erst jetzt wird er von dem alten Mann wirklich angesehen. „Ach so, jetzt verstehe ich, warum sie so viel von dem Öl haben wollten. Bestimmt wollen Sie sichergehen, dass Sie ihren Sklaven möglichst oft nehmen können, ohne dabei Rücksicht auf eventuelle Verletzungen nehmen zu müssen.“ Zufrieden, dass er nun das Rätsel gelöst hat, grinst der Apotheker Yugi an, der sich nur mit Mühe beherrschen kann, ihm nicht deutlich die Meinung zu sagen. „Das ist zu privat, für ein öffentliches Gespräch, Herr Yakkyoku.“ Rutscht es ihm dann doch in einem relativ scharfen Tonfall heraus.

Dem Apotheker die Hand reichend sieht er ihm ernst in die Augen. „Ich danke für das gute Geschäft und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“

Immer noch grinsend erwidert der alte Mann den Händedruck. „Ich habe zu danken und Ihnen auch einen schönen Tag.“ Sich nun auf dem Tresen abstützend, sieht er Yugi und dem Sklaven nach, wie sie den Laden verlassen.

 

Auf der Strasse atmet Yugi erleichtert durch. Wie er die Gerüche in den Apotheken doch hasst und er fragt sich wirklich, wie es die Apotheker nur in ihren Geschäften aushalten, ohne mit Dauerkopfschmerzen rumzulaufen.

Jetzt hat er aber erst einmal Durst und Yami geht es bestimmt genauso, weshalb sich Yugi nun auf den Weg zu seinem Lieblingsteehaus macht. Liegt dieses doch nur ein paar hundert Meter die Strasse runter.

Auf einmal hört er eine bekannte Stimme seinen Namen rufen, weshalb er stehen bleibt und sich dann zu dem Rufenden umdreht. „Hallo Mamoru. Lange nicht gesehen.“ Sich wirklich freuend, seinen Ex-Freund wiederzusehen, lässt sich Yugi von ihm umarmen und erwidert die Geste natürlich auch.

 

Was Yami leicht mit den Zähnen knirschen lässt. Hat er doch deutlich gehört, wie Yugi den braunhaarigen Mann eben genannt hat.

 

Von dem nichts bemerkend mustert Mamoru seinen Ex und jetzt guten Freund mit ab und zu einigen Extras genau. „Lange nicht gesehen ist untertrieben. Verdammt, wieso tauchst du auch nur einmal im Jahr hier auf?“

 

Einen Schritt zurücktretend löst sich Yugi aus Mamorus Griff. Hat ihn dieser doch immer noch an den Schultern festgehalten. „Ganz einfach, es ist nur einmal im Jahr der grosse Markt und ich habe ein Geschäft zu führen.“ Kurz schielt er zu Yami, der seltsam ruhig dasteht, aber dann bemerkt er wie dieser Mamoru ansieht. UPPS! Der arme Kerl müsste jetzt eigentlich mindestens in Flammen stehen.

„Ähm, ich wollte mit Yami gerade ins Ikkaime gehen. Also…“ „Super, dann komme ich doch gleich mit. Schliesslich haben wir viel zu besprechen.“ Sich bei Yugi einhakend, zieht er ihn schon beinahe in die Richtung des Teehauses. „Ach wer ist denn Yami. Etwa dein Neuer?“ Suchend blickt er sich nun um, bis sein Blick auf dem Sklaven hängen bleibt. „Oder ist das etwa dein Sklave?“ Mitten auf dem Gehweg stehen bleibend mustert er diesen neugierig. „Nicht schlecht, aber das wundert mich ja nicht wirklich. Du hattest ja schon immer einen guten Geschmack, was Männer betrifft.“

 

Yugi ist so baff, dass ihm im ersten Moment wirklich nichts dazu einfällt. „Ähm, ja. Das ist Yami und jetzt lass bitte endlich meinen Arm los. Der ist schon ganz taub.“ Zu seinem Erstaunen wird er sogar sofort losgelassen. Sich jetzt demonstrativ den Arm reibend stellt sich Yugi direkt neben Yami. „Also, dann…“ „Gehen wir mal weiter. Sicher haben die jetzt noch das leckere Teegebäck und dann kann ich dir ja die neuesten Neuigkeiten erzählen“, fällt ihm Mamoru wieder ins Wort.

Was Yugi innerlich die Augen verdrehen lässt. So sehr er Mamoru als Freund immer noch schätzt, manchmal kann der Mann echt nerven.

Mit einem entschuldigenden Seitenblick zu Yami, der den Blick grummelnd erwidert, folgt er zusammen mit ihm Mamoru zu dem Teehaus Ikkaime.

 

Obwohl es gut besucht ist, finden sie noch einen Tisch für drei Personen, was Yugi kurz einen verwirrten Blick des anderen einbringt, weil er darauf besteht, dass Yami sich mit ihnen an einen Tisch setzen soll und zwar nicht auf den Boden, wie einige andere Sklaven hier, die das Glück haben, nicht stehen zu müssen.

 

Als sie sitzen kann sich Mamoru nicht mehr zurückhalten. „Sag mal, du verwöhnst deinen Sklaven ja ganz schön, wenn er sogar hier sitzen darf. Meinst du, das ist gut?“ Kritisch mustert er Yami, der mit gesenktem Blick dasitzt.

 

Die Arme verschränkend lehnt sich Yugi zurück und sieht Mamoru grimmig an. „Ich denke, das ist meine Sache. Ausserdem geht es dich nicht wirklich etwas an, wie ich mit Yami umgehe.“

Dieser ungewohnt scharfe Ton lässt Mamoru erstaunt seine Augenbraue hochziehen. So kennt er den immer freundlichen Yugi gar nicht. Gerade will er etwas sagen, als die Bedienung zu ihnen an den Tisch kommt. „Meine Herren, was darf ich Ihnen bringen?“, fragend sieht sie die beiden Männer an, während sie automatisch nach der kleinen Schiefertafel greift, die sie in einer kleinen Tasche, welche an ihren Hüften hängt, aufbewahrt.

 

„Also ich nehme einen Grünentee und einen der süssen Reiskuchen“, meldet sich Mamoru als erster zu Wort.

Nachdem sich die Bedienung das notiert hat, sieht sie fragend zu dem anderen Mann. „Und was kann ich Ihnen bringen?“

 

Einen Moment denkt Yugi, schnell zu Yami blickend, nach. „Ich hätte gern zwei Tassen Schwarztee und zwei der Reiskuchen.“ Sofort runzelt die Dame die Stirn. „Es tut mir wirklich leid, aber Sklaven dürfen wir nur Wasser servieren.“

 

Als Yugi das hört, will er schon auffahren, dass das doch seine Sache sei, aber dann spürt er eine Berührung an seinem Bein und zwar aus der Richtung, in der Yami sitzt.

„Na gut, dann einen Schwarztee und ein Glas Wasser, aber den Tee dann bitte mit Honig. Kriege ich dann wenigstens zwei Reiskuchen oder darf ich meinem Sklaven hier auch nichts zu essen kaufen?“, deutlich ist der spitze Ton in seiner Stimme zu hören.

Dieser lässt die Bedienung kurz unsicher auf ihre Schiefertafel schauen. „Naja, eigentlich nicht, aber ich bringe Ihnen einen extra grossen Reiskuchen.“ Erst als ihr bestätigend zugenickt wird, wendet sie sich ab und eilt erleichtert hinter die Bar, um das Bestellte herzurichten.

 

„Sag mal, seit wann trinkst du deinen Tee süss? Du hasst doch Honig im Tee?“, die Stirn runzelnd, sitzt Mamoru da und versucht hinter das seltsame Verhalten des anderen zu kommen.

 

Doch das Rätsel wird schneller gelöst, als er es gedacht hat. Denn kaum sind ihre bestellten Sachen vor ihnen hingestellt worden, vertauscht Yugi das Wasserglas mit der Teetasse und zerteilt dann sogar noch den Reiskuchen in zwei Hälften, ehe er den Teller genau zwischen sich und Yami hinstellt. „Du kannst ruhig essen und trinken.“ Kaum hat er das gesagt, greift Yami nach der Teetasse und hebt jetzt zum ersten Mal, seit sie das Teehaus betreten haben, den Blick. „Danke Yugi.“ Leicht lächelt er ihn an, bevor er einen Schluck von dem heissen Tee nimmt.

Auch wenn es ihm gegen den Strich geht, dass er so von dem Verhalten seines Shariks abhängig ist, ist er ihm doch gleichzeitig dankbar, dass dieser so an ihn denkt.

 

Über das Verhalten seines Freundes den Kopf schüttelnd, greift Mamoru nach dem Reiskuchen. Zwar erstaunt ihn dessen Verhalten, aber gleichzeitig ist es trotzdem nicht verwunderlich, dass Yugi seinen Sklaven so verwöhnt. Hat er doch schon früh in ihrer damaligen Beziehung mitbekommen, wie dieser wirklich zur Sklaverei steht. Deswegen sagt er auch nichts weiter dazu. Unter anderem auch, weil sich dieser Yami ja trotz der lockeren Behandlung vorbildlich verhält.

 

Zum Glück weiss Mamoru nicht, dass Yami nur so konsequent den Blick gesenkt hält, weil er sonst den Kerl mit seinen Blicken umgebracht hätte. Dafür konzentriert er sich nun darauf seinen Fuss bei Yugis zu belassen, um diesen dezent daran zu erinnern, zu wem er gehört.

 

„Also Yugi“, ergreift Mamoru nach einer Weile wieder das Wort. „Woher hast du denn die beiden Knutschflecke? Sag bloss, du bist wieder vergeben.“ Neugierig beugt er sich ein wenig nach vorn, will er doch jetzt kein Wort verpassen.

 

Grinsend greift sich Yugi an seinen Hals. „Ja, ich bin wieder vergeben und die Knutschflecke sind auch von meinem Partner. Du kannst dir also jede Hoffnung auf ein kleines Abenteuer abschminken. Ausserdem sehe ich da etwas Goldenes an deinem Finger blitzen.“ Vielsagend deutet Yugi auf den Ring an dem Finger seines Ex-Freundes.

Was diesen nun genervt aufstöhnen lässt. „Ja, ich war gezwungen eine der reichen Gören zu heiraten, weil mir das Geld für’s Studium ausgegangen ist.“ Auf Mitleid hoffend blickt er über den Tisch. Doch anscheinend ist er da bei Yugi an der falschen Adresse.

„Ach, ich habe es dir ja letztes Jahr schon gesagt, dass du dir eine Arbeit suchen sollst.“ Nun grinst Yugi fies. „Wer ist denn die glückliche Braut?“, diesen kleinen Seitenhieb hat sein Ex nun wirklich verdient.

 

Stöhnend greift sich Mamoru an die Stirn. „Es ist Veronica Kaiba. Die Göre, ist wirklich so blöd zu glauben, dass sie mich davon abbringen konnte schwul zu sein. Die ist echt dumm wie Stroh und das obwohl sie auch an der Universität studiert. Wirtschaft oder so. Damit sie später mal die Reederei ihres Vaters übernehmen kann.“

 

Augenblicklich versteift sich Yami. Veronica Kaiba, die Tochter von Gozaburo Kaiba ist mindestens genauso schlimm wie ihr Vater. Wenn nicht sogar schlimmer, denn sie versteckt ihre Grausamkeit hinter einem Verhalten, dass auf den ersten Blick freundlich zu sein scheint.

 

Ein leichtes Zusammenzucken an seinem Bein lässt Yugi nach links sehen. Sofort bemerkt er die weissen Knöchel an Yamis Hand, weil dieser die Tasse so fest umklammert. „Ähm, du ich muss dringend los. Ich habe noch eine Verabredung mit einem Bekannten meines Grossvaters.“ In Gedanken betet Yugi, dass Mehefin auch wirklich Zuhause ist. Blindlings greift er in seinen Geldbeutel und legt eine Handvoll Münzen auf den Tisch, ohne diese abzuzählen.

So schnell er kann ergreift er Yamis Hand und die Einkaufstasche und zieht ihn dann regelrecht aus dem Teehaus.

 

Zum Glück wohnt der alte Mehefin gleich um die Ecke in einer winzigen Wohnung. Immer wieder blickt er besorgt zu Yami, der sich so fest an seine Hand klammert, dass er schon glaubt, die Knochen knirschen zu hören.

 

Vor einer einfachen Tür, die ein paar Stufen unter dem Gehwegniveau liegt, bleibt er stehen und klopft laut gegen das stabile Holz. „Mehefin! Bist du da?“, es dauert nur Sekunden, bis die Tür geöffnet wird. „Yugi! Was für eine schöne Überraschung. Was führt dich denn zu mir? Du kommst doch sonst immer erst am Freitag.“

 

Yugi weiss, dass er jetzt gerade sehr unhöflich ist, aber er schiebt den alten Mann einfach zur Seite. Yami muss von der Strasse runter und das bevor er endgültig zusammenbricht.

An der Wand neben der Tür lässt er ihn einen Moment lang los um die Tasche mit den Ölen in einigem Abstand auf den einzigen Tisch zu legen. Sicher ist sicher.

 

Schwer atmend lehnt sich Yami an die Wand neben sich und versucht verzweifelt, seine Panik und die Erinnerungen weiter unter Kontrolle zu halten. Auf einmal taucht Yugi wieder in seinem Blickfeld auf und sagt irgendwas zu ihm.

 

Vollkommen ruhig beobachtet Mehefin, wie sich Yugi um den beinahe panischen Sklaven kümmert, der laut dem eingebrannten Wappen auf dem Halsband wohl ihm gehört. Wer hätte gedacht, dass der Junge sich mal einen Sklaven zulegen würde.

 

Yugi blendet den alten Mann vollkommen aus und konzentriert sich ganz darauf, Yami wieder ins hier und jetzt zurückzuholen. „Hast du gewusst, dass Blacky mal versucht hat, Star zu decken? Dabei war er da schon lange ein Wallach, aber das hat die beiden nicht wirklich interessiert.“

 

Yami konzentriert sich jetzt voll und ganz auf Yugis Stimme und das hilft ihm, trotz der unbekannten Umgebung wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen. An der Wand kauernd hebt er den, bis eben gesenkten Blick. „Halt... halt mich fest. Bitte.“ Seine Stimme ist so heiser, als hätte er stundenlang geschrien. Dabei ist bis eben kein Ton über seine Lippen gekommen.

Schutzsuchend krallt er sich in Yugis Oberteil, als ihn dieser in die Arme nimmt. Erst jetzt beginnen sich die Tränen, die schon die ganze Zeit hinter seinen Augenlidern gebrannt haben, einen Weg über seine Wangen zu bahnen.

Schluchzend vergräbt er sein Gesicht an der Brust seines Shariks.

 

Erst jetzt geht Mehefin zu dem alten Herd und beginnt diesen anzufeuern, um für sie drei einen Tee kochen zu können. Wenn der Junge jetzt weint, dann kann er sich, ohne Gefahr zu laufen ihn noch mehr zu verschrecken, wieder bewegen. Ist doch eine unbekannte Umgebung eigentlich alles andere als gut, wenn man in einer Panikattacke steckt.

 

Yugi ist erleichtert, dass Mehefin noch keine Fragen stellt, denn jetzt muss er sich wirklich erst um Yami kümmern, der sich zum Glück ganz langsam wieder zu beruhigen scheint. Zumindest sind die Schluchzer jetzt schon seit einiger Zeit verstummt und er lehnt sich jetzt mehr an ihn, als dass er sich an ihm festklammert.

 

Mit zwei Tassen in der Hand lässt sich der alte Mehefin langsam neben Yugi zu Boden gleiten. Was Yami erschrocken den Blick heben lässt. Hat er doch die plötzliche Bewegung deutlich wahrgenommen.

 

Sich von der Reaktion nicht beirren lassend, hält ihm Mehefin nun eine der beiden Tassen hin. „Hier, es ist leider nur Kamillentee, aber einen anderen habe ich gerade nicht hier.“

 

Weil Yami keine Anstalten macht, nach der Tasse zu greifen, nimmt Yugi sie entgegen und trinkt demonstrativ einen Schluck, ehe er den Tee an Yami weitergibt. Dabei verzieht er leicht das Gesicht, wie er doch Kamillentee hasst.

„Du kannst Mehefin vertrauen. Er hat mir damals das Leben gerettet, als ich mit meinem Vater den Reitunfall gehabt habe und sich dann so lange um mich gekümmert, bis ich nach drei Jahren wieder gesprochen habe, obwohl ihn Grossvater und Mutter damals schon seit zwei Jahren freigelassen hatten.“

 

Mit grossen Augen sieht Yami nun den alten Mann an, der den Blick grinsend erwidert. „Ja, Junge. Ich bin der ehemalige Sklave der Mutos und jetzt schon seit über 18 Jahren ein freier Mann.“ Weil der Junge ihn immer noch nur ungläubig ansieht, dreht er sich schmunzelnd um und zieht sich das einfache Hemd so über die rechte Schulter, dass das mit einer stilisierten Taube überbrannte Sklavenmal des römischen Reiches sichtbar wird.

„Na? Glaubst du mir jetzt?“, lächelnd dreht sich Mehefin wieder um und schliesst nun auch sein Hemd wieder. 

 

Nicht in der Lage etwas zu sagen, nickt Yami bloss und bemerkt auch jetzt erst, die Tasse, die er schon die ganze Zeit in den Händen hält. Vorsichtig nimmt er jetzt einen Schluck von der heissen Flüssigkeit. Kamillentee ist jetzt zwar nicht wirklich sein Lieblingstee, aber er ist trotzdem froh, dass er etwas Heisses trinken kann. Fröstelt es ihn doch nach dieser Attacke ein wenig.

 

Keiner der Drei weiss, wie lange sie auf dem Boden sitzen und den Tee aus zwei Tassen trinken, weil Mehefin nur diese beiden besitzt.

„Warum lebst du hier in diesen ärmlichen Verhältnissen? Ich bin sicher Yugi und Grossvater würden dich wieder mit offenen Armen aufnehmen.“ Spricht Yami plötzlich den Gedanken aus, der ihn nun schon seit einiger Zeit beschäftigt.

 

„Weil ich das nicht will. Ich habe zwar nicht viel, aber es reicht zum Leben. Ich bin ein freier Mensch und kann machen was ich will. Mehr will ich gar nicht und ich kann von den Handlangerarbeiten, die ich anbiete, ganz gut leben.“ Grinsend sieht er den jungen Mann an, der ihn immer noch ein wenig zweifelnd ansieht. „Weisst du, ich bin als Sklave geboren worden und nur dank Sugoroku und seiner Tochter habe ich gelernt, wie es ist als freier Mensch zu leben. Wenn sie mich nicht weiter bei sich hätten arbeiten lassen und mir nicht gezeigt hätten, was ich alles beachten muss, dann wäre ich gnadenlos untergegangen, als ich mich auf den Weg in die weite Welt gemacht habe. Ich brauche keine grossen Besitztümer, denn ich habe mehr als sich die meisten erträumen können. Wahre Freiheit. Denn ich kann sein, wer ich wirklich bin und muss mich nicht verstellen.“ Mit einem Blick aus dem Fenster steht Mehefin schliesslich mit einem leisen ächzen auf.

Die leeren Tassen nimmt er gleich mit zur Spüle und wäscht sie dann auch sofort ab, ehe er sie einfach auf dem Abtropfgitter stehen lässt, ehe er sich dann wieder zu seinen Gästen umdreht. „So leid es mir tut, aber ich habe noch ein Wohnzimmer zu streichen.“ Mit einer Tasche über der Schulter, geht er zur Tür. „Wenn ihr geht, dann schliesst einfach die Tür hinter euch. Es kommt hier eh kein Dieb rein, weil die wissen, dass es hier nichts zu holen gibt.“

Die offene Tür in der Hand sieht er noch einmal zu Yugi. „Ich hoffe, du kommst am Freitag dann noch ein bisschen weniger dramatisch vorbei, mein Junge und du natürlich auch. Auch wenn ich noch nicht einmal deinen Namen kenne.“ Zwinkernd sieht er den jungen Mann an, der sich jetzt wacklig erhebt und ihm die Hand hinhält. „Ich heisse... Yami. Es hat mich gefreut dich kennenzulernen, denn ich habe schon viel von dir gehört.“

 

Grinsend ergreift Mehefin die angebotene Hand und drückt diese kurz.  „Mehefin Muto und die Freude ist ganz auf meiner Seite, Yami Muto.“ Noch bevor Yami oder Yugi etwas darauf sagen können, ist er aus der kleinen Wohnung verschwunden.

 

Verwirrt blickt Yami nun zu Yugi, der sich nun auch aus seiner sitzenden Position am Boden erhebt. „Ihr habt ihm euren Familiennamen gegeben?“

Bei dieser ungläubig gestellten Frage kann sich Yugi ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Grossvater hat ihm den Namen gegeben, ich war damals nämlich noch ein Kind. Er fand es nämlich unmöglich, dass Mehefin sonst den Nachnamen Slave bekommen hätte und weil er mir damals das Leben gerettet hat, hat er es doch gleich doppelt verdient unseren Namen zu tragen.“

Gespannt wartet Yugi auf die nächste Frage und er wird nicht enttäuscht.

 

„Und warum hat er mich Yami Muto genannt? Ich meine, ich habe doch gar keinen Nachnamen“, fragend neigt er den Kopf ein wenig zur Seite und sieht seinen Sharik abwartend an.

 

„Naja“, beginnt Yugi. „Er geht davon aus, dass du erstens zur Familie gehörst und zweitens, dass ich dich über kurz oder lang freilassen und dir dann auch den Namen Muto geben werde. Darum hat er dich Yami Muto genannt.“ Ihre Hände miteinander verschränkend mustert Yugi seinen Liebsten prüfend. „Du siehst immer noch fix und fertig aus. Meinst du, du schaffst den Heimweg schon oder sollen wir noch ein wenig warten?“ Absichtlich erwähnt er nicht, dass sie eigentlich schon längst wieder auf dem Rückweg sein müssten, ist es doch schon kurz vor der Mittagszeit.

 

Einen Moment lang, blickt Yami auf ihre verschlungenen Finger, ehe er den Kopf hebt. „Ich schaffe den Heimweg und wenn was ist, dann sage ich es dir. Versprochen.“

 

Zweifelnd zögert Yugi einen Moment. „Na gut.“ Seine Hand aus Yamis lösend, tritt er einen Schritt zurück und geht dann zum Tisch, um die Taschen zu holen. Jetzt macht er das, was er vorhin schon gern gemacht hätte. Er holt den Topf mit dem Bienenwachs und die Kokosölflasche aus der Einkaufstasche und verstaut diese in seiner Schultertasche. Denn dafür hat er diese überhaupt mitgenommen. Ist es doch deutlich angenehmer, die schweren Sachen über der Schulter zu tragen und nicht in der Hand.

 

Die nun deutlich leichtere Tasche drückt er Yami in die Hand und hält ihm dann zuvorkommend die Tür auf, die er dann sorgfältig wieder hinter ihnen schliesst, nachdem sie ins Freie getreten sind.

 

Mit einem liebevollen Blick sieht ihn Yugi noch einmal an. „Also dann, machen wir uns auf den Weg zurück zu Hopkins.“

Während sie durch die vollen Strassen laufen, wendet er sich immer wieder leicht zu Yami um, damit er sehen kann, wie es ihm geht. Doch zu seiner Erleichterung scheint dieser die Panikattacke relativ gut überstanden zu haben.

 

Den Kopf anscheinend demütig gesenkt, folgt Yami Yugi durch die Strassen. In Wahrheit versucht er so die vielen Menschen um sich herum auszublenden und ist daher auch unglaublich erleichtert, als sie in die ruhigeren Strassen einbiegen. Allerdings hebt er seinen Blick erst wieder wirklich von der Strasse und Yugis Beinen, als sie das Haus erreicht haben.

 

Froh, wieder hier zu sein, zieht er sich die Strassenschuhe aus und die Hausschuhe an. Die sie seltsamerweise auch im Hof tragen dürfen. Obwohl sein Magen inzwischen deutlich knurrt, geht Yami nicht in die Küche, sondern nimmt Yugi dessen Tasche ab und flüchtet schon beinahe in ihr gemeinsames Zimmer.

Denn auch wenn er Hunger hat, fühlt er sich nicht in der Lage, Marias herzliche Art jetzt zu ertragen.

 

Besorgt blickt Yugi seinem Liebsten nach. Scheint es ihm doch nicht so gut zu gehen, wie er gedacht hatte. Deswegen geht er jetzt auch in die Küche wo die Köchin ihn schon zu erwarten scheint. „Yugi, da bist du ja endlich. Das Pranzo ist schon lange vorbei und wo ist Yami?“, besorgt sieht sie ihn an und wäre wahrscheinlich noch auf der Suche nach Yami an ihm vorbeigelaufen, wenn er nicht im Weg gestanden wäre.

„Wir haben noch einen alten Freund besucht. Darum sind wir ein wenig zu spät dran. Hast du eventuell trotzdem noch etwas zu essen für uns? Ich nehme es auch gleich mit nach oben, weil ich mit ihm noch in Ruhe einiges besprechen möchte, bevor ich zum Markt aufbreche.“ Bittend sieht er Maria an und legt sogar die Handflächen wie zum Gebet aneinander. Weiss er doch ganz genau, dass sie es hasst, wenn man nicht in der Küche oder im Esszimmer isst.

 

Murrend geht sie zum Herd und füllt zwei Schüsseln mit einem einfachen Gemüseeintopf. Dann fällt ihr ein, dass Yugi ja nur zwei Hände hat, weshalb sie ein Tablett hervorholt und neben den Schüsseln auch noch zwei Gläser mit Wasser und Besteck darauf legt.

„Hier, der Herr. Aber wehe ich finde nachher Flecken auf den Laken oder dem guten Teppichboden.“ Resolut drückt sie ihm das Tablett in die Hände und dreht sich dann ohne ein weiteres Wort wieder um. Diese Jugend von heute! Einfach auf dem Zimmer essen, das geht doch nicht!

 

Als Yugi das Tablett auf einer Hand balancierend, weil er die Tür selbst aufmachen musste, ins Zimmer kommt, sieht er Yami mit dem Rücken zur Tür eingerollt daliegen.

„Maria hat uns einen Gemüseeintopf hochgegeben”, versucht er auf sich aufmerksam zu machen, als er das Tablett auf den Schreibtisch stellt. Nur kommt keine Reaktion, weshalb er nun wirklich besorgt zum Bett geht. 

„Yami, ich habe doch gehört, dass du Hunger hast. Komm etwas essen.“ Als dieser nun den Kopf schüttelt, holt er eine der Schüsseln zusammen mit einem Löffel vom Schreibtisch und setzt sich dann neben ihm auf die Matratze.

 

„Yugi, lass mich bitte in Ruhe.“ Genervt sieht Yami nun hoch, weil plötzlich ein gefüllter Löffel vor seinem Mund auftaucht.

Zu seiner Erleichterung verschwindet der Gemüseeintopf wieder, aber er hat sich zu früh gefreut. Denn stattdessen legt sich Yugi nun vor ihm hin und sieht ihm ernst in die Augen. „Ich lasse dich in Ruhe, sobald du etwas gegessen hast. Denn dass du Hunger hast, kann ich deutlich hören.“

 

Nun dreht sich Yami auf die andere Seite und setzt sich auf. Wenn er hier schon keine Ruhe findet, dann vielleicht in Rockys Box. Auf einmal wird er von hinten umschlungen, was ihn sich unwillkürlich verspannen lässt.

 

Zwar kann Yugi die Anspannung deutlich spüren, aber er hat das Gefühl, dass er jetzt nicht nachgeben darf. Ohne ein Wort zu sagen, hält er ihn fest und wartet einfach nur ab.

Auf einmal passiert es. Mit einem erstickten aufschluchzen lässt sich Yami endlich gegen ihn sinken.

 

Er kann nicht mehr. Seinen letzten Rest an Selbstbeherrschung verlierend, lässt sich Yami fallen und er wird aufgefangen. Ohne ihn zu drängen etwas zu sagen, gibt ihm Yugi den Halt, den er jetzt braucht, um sich den aufkommenden Gefühlen und Erinnerungen noch einmal zu stellen. Nur diesmal versucht er nicht sie zu unterdrücken, sondern lässt zu.

So schwer ihm dies auch fällt, so tut es auf eine verrückte Art und Weise auch gut.

 

Stumm hält Yugi seinen Yami fest und hilft ihm dann sich wieder hinzulegen, so dass er ihn besser in seinen Armen halten kann. Er weiss nicht, wie lange es dauert, bis die Atmung seines Liebsten endlich ruhiger wird und er erkennt, dass dieser vollkommen erschöpft eingeschlafen ist.

Leise seufzend lässt er seinen Blick zum Fenster gleiten, wo ihm der Stand der Sonne zeigt, dass er sich eigentlich schon längst auf den Weg zum Markt machen müsste. Nur wie soll er Yami jetzt nur allein lassen? Denn begleiten kann dieser ihn in diesem Zustand sicher nicht.

Weshalb sich Yugi schliesslich dazu entscheidet, heute den Markt, Markt sein zu lassen.

 

Besorgt sieht Maria immer wieder zur Küchentür, während sie dabei das Gemüse wäscht. Ist doch Yugi schon seit einer kleinen Ewigkeit mit dem Essen nach oben verschwunden und bis jetzt nicht wieder aufgetaucht und auch hat sie nicht gehört, wie dieser das Haus durch die Hintertür verlassen hat. Sich die Hände an ihrer Schürze abtrocknend, verlässt sie die Küche und geht in den Hinterhof. „Jim? Lenny? Ist Yugi schon weg?“, auf der obersten Stufe der Hintertreppe stehen bleibend, wartet sie auf eine Reaktion der beiden Männer. Lange muss sie das auch nicht, denn schon kommt Lenny aus dem Stall und sieht sie verwundert an. „Ich weiss es nicht, aber wenn er schon weg ist, dann hat er keines der Pferde mitgenommen. Blacky und Rocky stehen nämlich immer noch in ihren Boxen und auch Star ist noch hier. Warum fragst du?“, den Striegel immer noch in der Hand haltend, schliesslich ist er eigentlich gerade dabei ein Pferd nach dem anderen zu putzen, lehnt er sich an einen der Stützpfosten, die zu dem kleinen Vordach des Stalles gehören.

 

„Ach nur so. Geh du jetzt aber lieber wieder weiterarbeiten, du weisst ja, dass Jim Faulenzerei hasst“, dem anderen zuzwinkernd dreht sie sich wieder um und geht zurück ins Haus.

Allerdings steuert sie nicht direkt die Küche an, sondern klopft nach einigem Zögern an die geschlossene Tür des Arbeitszimmers. Denn eigentlich möchte Arthur um diese Zeit nicht gestört werden.

Erst, als sie seine Stimme vernimmt, öffnet Maria die Tür und betritt das Reich ihres Geliebten. Dieser hebt nun erstaunt seinen Blick von den Unterlagen, die er gerade am Studieren ist. „Maria, was ist denn los?“

 

Direkt vor seinem Schreibtisch stehen bleibend, sieht ihn ernst an. „Könntest du bitte nach Yugi und Yami sehen? So wie es aussieht sind sie immer noch in ihrem Zimmer und das obwohl der Junge doch eigentlich schon längst auf den Mercato gehen wollte.“

 

Sich in seinem Stuhl zurücklehnend, verschränkt Arthur seine Finger ineinander. „Meinst du nicht, dass das ihre Sache ist? Ausserdem dauert der Markt bis Freitag, da kann Yugi ja auch mal einen Tag ausfallen lassen.“ Zwar findet auch er es seltsam, nur versteht er nicht, warum sich Maria solche Sorgen macht. Ausserdem, wer weiss, was die beiden in ihrem Zimmer machen.

„Du verstehst nicht, Yugi geht immer auf den Mercato. Dann kommt noch dazu, dass er für sich und Yami das Mittagessen mit auf’s Zimmer genommen hat. Das ist alles nicht normal und dann hat er noch gesagt, dass er noch auf den Mercato gehen will und das ist schon über eine Stunde her.“ Händeringend sieht sie Arthur an, der nun mit einem ergebenen Seufzen aufsteht. „Na gut, aber wenn ich die beiden bei etwas störe und du nur wieder Gespenster gesehen hast, dann musst du dich bei ihnen entschuldigen.“ Trotz seiner Worte haucht er ihr einen kleinen Kuss auf die Wange, ehe er hinter ihr das Arbeitszimmer verlässt. Denn in einem Punkt hat sie Recht. Wenn Yugi sagt, dass er etwas machen wird, dann ist es nicht normal, wenn er ohne offensichtlichen Grund von diesem Plan abweicht.

 

Vor ihrem Zimmer zögert er dann aber doch noch einmal und horcht erst auf verdächtige Geräusche. Erst als er sich sicher ist, dass er die beiden nicht in einer peinlichen Situation stören wird, hebt er die Hand und klopft leise an das dunkle Holz.

 

Erstaunt wendet Yugi sich, auf dem Bett sitzend, zur Tür um, als er das leise Klopfen hört. „Herein!“ Zwar sagt er das Wort nicht allzu laut, will er doch Yami nicht aufwecken, da dieser den Schlaf doch dringend zu brauchen scheint, aber er wird trotzdem, gehört. Denn nun öffnet sich die Tür und gibt so die Sicht auf Hopkins frei, der nach einem kurzen Blick das Zimmer betritt. „Arthur, was ist los?“ Seinen Arm immer noch um seinen Liebsten gelegt, sieht er ihn fragend an.

 

Leise, weil er sieht, dass Yami schläft kommt Hopkins zum Bett und mustert sie beide genau. Jetzt aus der Nähe kann er auch erkennen, wie sehr sich die Hände Yamis in Yugis Oberteil krallen und dass dieser wohl geweint haben muss.

„Maria schickt mich. Sie macht sich Sorgen um euch, weil du noch nicht auf dem Markt bist und vermutlich auch, weil Yami noch nicht wieder in der Küche aufgetaucht ist.“ Als Yugi nun den Kopf senkt, beginnt auch er sich ernsthaft Sorgen zu machen. „Ist etwas passiert? Braucht Yami eventuell einen Heiler?“

 

Bedrückt erwidert Yugi den besorgten Blick. „Wenn, dann könnte ihm nur ein Psychomagus helfen.“ Als er nun von Hopkins fragend angesehen wird, atmet er tief ein. „Wenn du Details wissen willst, dann musst du ihn dann schon selbst fragen. Es ist nur so, dass er in den letzten Jahren mehrmals durch die Hölle und wieder zurückgegangen ist und es eigentlich an ein Wunder grenzt, dass er nicht nur noch am Leben ist, sondern inzwischen auch wieder eine gewisse Nähe zulassen und auch geniessen kann.“ Mit einem traurigen Lächeln streicht er sanft eine Strähne aus Yamis Stirn. „Noch vor ein paar Monaten ist er sogar vor einer einfachen Berührung zurückgeschreckt und auch jetzt kann er es nur mit Mühe ertragen, wenn ihn Leute auch nur an der Schulter anfassen, die er nicht sehr gut kennt, geschweige denn wenn sie ihn umarmen.“

 

Geschockt hört Hopkins zu. Dabei wandert sein Blick wieder zu dem Schlafenden. Nie hätte er vermutet, dass es so schlimm ist. Natürlich hat ihn Sugoroku grob aufgeklärt, damit er seine Leute vorwarnen konnte, dass sie dem jungen Sklaven nicht zu sehr auf die Pelle rücken sollten, aber das hier übersteigt alles. Besonders, weil er ihn bis jetzt als sehr selbstbewusste Person kennen gelernt hat.

„Und warum geht es ihm denn jetzt so schlecht?“, wagt er es dann doch zu fragen, auch wenn es ihm vor der Antwort graust.

 

Weil Yami nun unruhig wird, legt ihm Yugi den Arm wieder um die Schultern. Was ihn beinahe sofort wieder ruhiger werden lässt. „Wir sind in der Stadt Mamoru begegnet und der hat uns oder besser gesagt mir erzählt, dass er inzwischen verheiratet ist und auch mit wem. Das hat dazu geführt, dass Yami eine Art Panikattacke bekommen hat.“ Freudlos grinst er Hopkins nun mit einem traurigen Ausdruck in den Augen an. „Sie ist nämlich die Tochter von seinem ersten Besitzer und der hat ihn mit Hilfe von äusserst brutalen Methoden beinahe gebrochen. Ich will jetzt nichts behaupten, aber wenn ich daran denke, wie er reagiert hat, dann hat diese Veronica nicht einfach nur dabei zugesehen.“

Die Augen kurz schliessend, atmet er tief ein und aus. „Zum Glück war Mehefin Zuhause. Ich konnte ihn nämlich gerade noch bis zu dessen Wohnung bringen, ehe er zusammengebrochen ist und hier hatte er nochmals einen Zusammenbruch. Darum bin ich auch noch hier und nicht auf dem Markt. Denn er ist mir wichtiger als irgendwelche Stoffballen, die mir durch den einen ausfallenden Tag durch die Lappen gehen könnten.“

 

Am liebsten würde sich Hopkins nun hinsetzen. Dass ausgerechnet Rebeccas Studienfreundin in so einer Verbindung zu Yami steht, das ist ja wohl ein schlechter Scherz des Schicksals. Dazu drängt sich ihm jetzt noch eine Frage, die er aber entschieden wieder in den hintersten Winkel seines Verstandes verbannt. Denn noch ist er sich ja nicht sicher, dass der junge Mann wirklich der verstorbene Pharao sein könnte. „Kann ich euch irgendwie helfen? Mit einem Psychomagus kann ich leider nicht dienen, aber vielleicht irgendwie anders?“

 

Prüfend sieht Yugi nun Hopkins an. Hat er doch mit so einer Frage nicht gerechnet. „Ich wäre froh, wenn du ihn nicht mehr wie einen Sklaven behandeln würdest.“ Zu seinem Erstaunen nickt Hopkins. „Natürlich, wenn du willst, kann er auch mit uns im Esszimmer essen. Ich müsste dann nur Maria Bescheid geben, aber das Halsband bleibt an.“ Diesen einen Punkt wird er nicht ändern, denn dies wäre den anderen gegenüber dann wirklich unfair und ausserdem hat er immer wieder Fremde im Haus, die eine der Antiquitäten kaufen, aber das lieber hier in Ruhe und nicht im Laden in der Stadt machen möchten. Obwohl sie dort von seinen Angestellten auch sehr gut beraten werden.

 

Yugi ist nun wirklich überrascht, kennt er doch Hopkins eher als Mensch, der nicht von seinen Prinzipien abweicht. „Dann noch eine Bitte. Benutze das Wort“, schnell sieht er nach unten zu Yami, doch der schläft immer noch tief und fest, „Liebe nicht im Zusammenhang mit uns beiden, wenn er in der Nähe ist und auch Kaiba sollte nicht unbedingt erwähnt werden. Dass du Rebecca nach Möglichkeit von uns fernhalten sollst, kann ich ja schlecht verlangen.“ Diesen letzten Satz sagt Yugi mehr zu sich selbst, als zu dem anderen.

 

Jetzt die Reaktion Yamis, vom Vortag verstehend, nickt Hopkins. Anscheinend ist das Wort wohl eine Art Trigger und dass Kaiba nicht erwähnt werden sollte ist auch logisch. „Natürlich, ich werde darauf achten, aber mit Rebecca hast du Recht, aber sie wird schon noch verstehen, dass sie bei dir keine Chance hat. Schliesslich ist sie ja keine 12 mehr.“ Leicht beugt er sich nach vorn und legt Yugi die Hand auf die Schulter, um ihn ein wenig aufzumuntern. „Ich glaube dein Yami ist auf dem besten Weg, dass er das Erlebte verarbeiten kann. Denn sonst würde er sich nicht so an dich kuscheln. Alles was du jetzt brauchst, ist Geduld und nochmals Geduld.“ Sich wieder aufrichtend, verschränkt er seine Hände hinter dem Rücken. „Soll ich Maria nun sagen, dass sie für Yami im Esszimmer mitdecken soll?“, fragend sieht er Yugi an, der nach einem Moment des Nachdenkens nickt. „Das wäre sehr nett, aber wenn Yami nicht will, dann essen wir in der Küche.“ Deutlich zeigt sein Gesichtsausdruck, dass er es todernst meinst.

 

Seufzend nickt Hopkins daraufhin. „Ist gut, dann lasse ich euch mal wieder in Ruhe. Ich würde sagen, dass wir uns spätestens beim Abendessen wiedersehen.“ Mit diesen Worten geht er zur Tür. Dort dreht er sich dann aber noch einmal um. „Pass gut auf ihn auf. Denn so wie ich das sehe braucht er dich, mehr als du denkst und es ist wichtig, dass er wieder gesund wird.“

 

Über diesen Satz sprachlos, sitzt Yugi da und blickt Hopkins nach, wie dieser das Zimmer verlässt. Wie hat er denn das gemeint? Da diese Frage wohl kaum beantwortet werden wird, blickt er wieder zu Yami, der immer noch zu schlafen scheint und das obwohl er doch sonst bei dem kleinsten ungewohnten Geräusch die Angewohnheit hat aufzuwachen.

Dies zeigt ihm mehr als alles andere es könnte, wie fertig sein Liebster gerade ist.

 

Anders als Yugi denkt, ist Yami kurz mehr oder weniger wach gewesen, aber da er sich so sicher und geborgen gefühlt hat, ist er trotz der fremden Stimme wieder in den so sehr benötigten Tiefschlaf gefallen.

 

Nun findet er sich im Palast wieder, neben sich sein jüngeres Ich, der mit einem traurigen Ausdruck in den Augen auf dem Balkon steht und ein etwa 10-jähriges Mädchen beim Spielen beobachtet. „Wer ist das?“, fragend sieht er Atemu an, der ihn nun mit einem traurigen Ausdruck im Gesicht ansieht. „Das ist unsere kleine Schwester Kisara.“

Wieder sieht Yami auf das Mädchen, das nun mit ihrem Kindermädchen fangen spielt. „Das ist der Abend, an dem wir sie das letzte Mal gesehen haben. Oder?“, mit einem plötzlich wehmütigen Gefühl in der Brust, betrachtet sich Yami das Kind genauer. „Du hast ihr dann später an diesem Abend Osis anvertraut, damit sie auf ihn aufpasst, bis du wieder von deiner Reise ins römische Reich zurück bist.“ Zwar weiss er nicht, was er dort gewollt hat, aber Yami ist sich sicher, dass er genau das gemacht hat.

„Wie ich sehe, erinnerst du dich an immer mehr aus unserem früheren Leben. Das ist gut, dann wird wohl bald die Zeit kommen, in der wir wirklich wieder eine Persönlichkeit sein werden.“

 

Den Blick nicht von dem weissblonden Mädchen nehmen könnend, nickt Yami abwesend. „Ja, aber wieso habe ich so gemischte Gefühle, wenn ich sie ansehe? Ich weiss instinktiv, dass sie meine Schwester ist und ich sie auch sehr geliebt habe, aber trotzdem spüre ich, dass ich sie kaum gekannt habe“, fragend richtet er seinen Blick nun wieder auf seine jüngere Version. Der auf einmal mit einem grimmigen Zug um den Mund dasteht. „Weil es so ist.“ Abrupt wendet er sich ab und geht ins Zimmer, das zu dem Balkon gehört. Verwirrt will ihm Yami folgen, doch kaum hat er einen Schritt in das Zimmer gemacht, löst sich um ihn die Welt auf.

 

Abrupt schlägt Yami die Augen auf und richtet sich so schnell in eine sitzende Position auf, dass ihm kurz schwarz vor Augen wird. „Verdammt, jedes Mal wenn ich kurz davor bin, mehr herauszufinden, zieht sich der Mistkerl zurück.“

 

„Ähm Yami? Wovon redest du? Wer ist ein Mistkerl?“ Ihn verwirrt ansehend, legt ihm Yugi eine Hand auf die Schulter.

Erst jetzt scheint dieser zu bemerken, dass er nicht allein im Zimmer ist. „Yugi?! Was machst du denn noch hier? Müsstest du nicht auf dem Markt sein?“ Erschrocken lässt er seine Augen erst zu Yugi und dann zum Fenster wandern, ehe er wieder zu seinem Sharik blickt.

 

Schief grinsend kratzt sich Yugi am Hinterkopf. „Hast du etwa gedacht, dass ich dich wegen ein paar blöder Stoffballen allein lasse, wenn du mich brauchst? Ausserdem hätte ich mich nur mit Gewalt aus deinem Griff befreien können, als du geschlafen hast.“ Nun wieder ernst sieht er Yami an, der beschämt den Kopf senkt. „Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben, dass du weggehst. Eben weil ich doch weiss, dass du eigentlich auf den Markt musst.“

 

Jetzt lächelnd beugt sich Yugi so weit vor, dass ihm sein Liebster in die Augen sehen muss. „Dann solltest du das nächste Mal daran denken, dass dich der Ausdruck in deinen Augen verraten wird. Denn ja, mit deinem Körper und mit Worten hast du gesagt, dass ich gehen soll, aber deine Augen haben eine vollkommen andere Sprache gesprochen und auf diese habe ich gehört.“

In dem Moment, als Yami etwas darauf sagen möchte, durchbricht ein lautes Knurren die kurzzeitige Stille.

„Upps, ich denke, wir sollten endlich etwas essen.“ Mit plötzlich roten Wangen legt sich Yugi die Hand auf den Bauch. „So langsam habe ich nämlich einen Bärenhunger und auch Durst.“

Eilig rutscht er nun vom Bett und reicht Yami die Schüssel vom Nachttisch, ehe er zum Schreibtisch geht und die Zweite holt, sowie das eine Glas Wasser leer trinkt. Sich mit dem anderen Glas wieder neben seinem Liebsten auf das Bett setzend, sieht er ihn schmunzelnd an. „Das Essen ist jetzt sicher kalt und das Wasser eklig warm, aber ich denke, das ist uns beiden egal.“

 

Das Glas entgegennehmend nickt Yami zustimmend. „Danke und ja, kaltes Essen ist immer noch besser als kein Essen.“ Nach einem grossen Schluck stellt er das Glas auf den Nachttisch und beginnt hungrig zu essen.

Deutlich merkt er jetzt, dass er schon seit Monaten keinen Hunger mehr leiden musste, denn früher hätte erst nach über einem Tag ohne Nahrung so ein Hungergefühl verspürt, wie er es jetzt tut.

 

Nachdem sie fertig gegessen haben, stellt Yugi die leeren Schüsseln zurück auf das Tablett und geht kurz mit der leeren Karaffe aus dem Zimmer um diese im Bad wieder aufzufüllen. Als er wieder zurückkommt, hat Yami sein Glas auch komplett geleert und wieder auf den Schreibtisch gestellt. Jetzt am Fenster stehend dreht er sich leicht zu ihm um.

„Danke, dass du bei mir geblieben bist.“ Sich auf die Lippen beissend, senkt er kurz seinen Blick, ehe er wieder zu Yugi schaut. „Ich habe eine kleine Schwester, sie heisst Kisara und ist jetzt vermutlich so um die 16 Jahre alt.“ Er weiss nicht wieso, aber musste es jetzt einfach sagen und als er nun in die Arme genommen wird, weiss er, dass er sich richtig entschieden hat.

 

An der Art, wie Yami den Kopf auf seine Schulter legt, weiss Yugi, dass er das Richtige macht. Er kann sich zwar nur schwer vorstellen, wie es sein muss sich plötzlich wieder an die eigene Schwester zu erinnern, aber bestimmt ist das alles andere als leicht zu verkraften.

„Ich bin sicher, dass du sie eines Tages wiedersehen wirst.“ Mehr weiss er beim besten Willen nicht zu sagen, aber mehr scheint auch nicht nötig zu sein. Löst sich Yami doch jetzt wieder ein wenig von ihm und sieht ihn aus müden Augen an. „Können wir noch ein wenig in den Stall gehen? Und vielleicht reicht ja die Zeit noch, auf den Markt zu gehen.“ Bittend sieht er seinen Sharik an. Will er doch gerade nicht allein durchs Haus laufen und sich den eventuellen Fragen der anderen stellen.

 

„Natürlich können wir das. Ach ja und du kannst ab heute mit mir im Esszimmer essen, wenn du es möchtest und sonst machen wir es uns in der Küche gemütlich.“ Grinsend bemerkt er, wie Yami ihn nun erstaunt anblickt. „Wie? Wieso denn das? Ich dachte, dass Hopkins das nicht möchte.“ Vollkommen verwirrt folgt Yami Yugi aus dem Zimmer und die Treppe nach unten.

„Ach weisst du“, schielt Yugi während sie durch den unteren Flur gehen zu ihm rüber. „Ich habe ihn darum gebeten, dass er dich nicht mehr wie einen Sklaven behandeln soll und dann hat er angeboten, dass du bei uns essen kannst. Maria weiss vermutlich auch schon Bescheid, du musst es ihr also nur noch sagen, wenn du doch lieber bei den anderen in der Küche essen möchtest.“

Weil Yami plötzlich stehen bleibt, dreht sich Yugi nun zu ihm um. „Yami?“

 

Die Arme verschränkend, sieht ihm dieser fest in die Augen. „Also, wenn ich schon bei dir essen kann, ohne dass du extra in die Küche kommen musst, dann ist die Antwort doch wohl klar. Vor allem kann ich dann auch gleich ein Auge auf die Göre haben.“ Mit ausgreifenden Schritten geht er jetzt an Yugi vorbei. Wendet sich dann aber mit einem fragenden Blick zu ihm um. „Kommst du jetzt? Oder willst du Maria sagen gehen, dass wir in Zukunft immer beide in der Küche essen werden?“

 

Mit offenem Mund starrt Yugi regelrecht Yami an, der nun wieder auf ihn zukommt und ihm die Hand unter das Kinn legt. Seinen Mund so wieder schliessend grinst er ihn nun frech an. „Mund zu, sonst darfst du plötzlich noch Fliegen essen.“ Ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen gebend, lässt er ihn wieder los und greift dafür nach seiner Hand. „Na komm, Blacky und Rocky fragen sich sicher schon, ob wir sie vergessen haben.“

 

Kopfschüttelnd über die plötzlichen Stimmungswechsel seines Liebsten, lässt sich Yugi mitziehen. Dabei grinst er im Vorbeigehen nur kurz Maria zu, die wohl wegen ihres Gespräches aus der Küche gekommen ist. „Ich bringe dann nachher noch das Tablett mit dem Geschirr runter.“ Gerade noch so kann er ihr den Satz zurufen, denn schon sind sie an der Hintertür angelangt.

 

Schmunzelnd sieht Maria den beiden Jungs nach. Anscheinend scheint es Yami wieder besser zu gehen. Wenn dieser Yugi schon wieder durch den Flur ziehen kann.

Weil sie es jedoch hasst, wenn irgendwo gebrauchtes Geschirr rumsteht, geht sie nach oben um das Tablett selbst zu holen. In dem Zimmer schüttelt sie dann aber erst einmal entrüstet den Kopf. Wie kann man ein Bett nur so unordentlich hinterlassen.

Erst nachdem sie die Bettdecke und die Kissen wieder ordentlich hingelegt hat, geht sie zum Schreibtisch und nimmt das Tablett in die Hände. Die Gläser lässt sie jedoch schweren Herzens stehen, weil in diesen noch Wasser ist und sonst nur die Karaffe hier oben wäre.

 

Unterdessen stehen Yugi und Yami vor den Boxen ihrer Pferde und kraulen die beiden an ihren Lieblingsstellen. „Also morgen Nachmittag musst du mich dann zum Markt begleiten, da ich beide Pferde mitnehmen werde. Dafür hast du den Morgen frei, da ich mit Hopkins am Mittwoch immer kurz die Buchhaltung seines Geschäftes durchsehe und darum vermutlich den ganzen Morgen mit ihm im Arbeitszimmer sitzen werde.“ Zu seinem Erstaunen nickt Yami grimmig. „Also kann ich mich den Morgen über langweilen. Denn auch wenn Jim und Lenny nichts sagen, kann ich ihnen hier nicht wirklich helfen, da sie alles schon so gut wie perfekt unter sich aufgeteilt haben.“

 

Tröstend legt Yugi nun die Hand auf Yamis Schulter. „Du Armer, aber ich bin sicher, dass du dir eins der Bücher nehmen kannst, die in dem Regal im Wohnzimmer stehen. Am besten fragst du Hopkins heute Abend oder morgen früh.“ Als Yami ihn nun zweifelnd ansieht, seufzt Yugi leise auf. „Ist ja schon gut. Ich frage ihn.“ Innerlich schüttelt Yugi den Kopf über seinen Liebsten. Einerseits Rebecca zusammenstauchen und dann bei so einer einfachen Frage plötzlich wieder der unsichere Mann sein.

 

Als es langsam Zeit für’s Abendessen wird, gehen sie sich die Hände waschen, ehe sie zurück ins Haus gehen.

 

Natürlich runzelt Rebecca missbilligend die Stirn, als sich Yami nach einem kurzen Nicken in ihre Richtung vor das vierte Gedeck setzt. Zwar hat ihr Grossvater schon gesagt, dass Yami nun hier mit ihnen am Tisch essen wird, aber bis jetzt konnte sie nicht glauben, dass der Sklave wirklich die Frechheit dazu haben würde. Schnell blickt sie zum Kopfende des Tisches, wo sie ein warnender Blick aus grauen Augen trifft. Weshalb sie sich einen spitzen Kommentar verkneift.

 

Die Hände verschränkend stützt Hopkins die Ellbogen auf der Tischplatte ab. „Ich freue mich, dass du das Angebot mit uns zu Essen angenommen hast, Yami. Fühlst du dich denn auch wieder ein wenig besser, als heute Nachmittag?“, versucht er dem jungen Mann die Nervosität ein wenig zu nehmen, die er deutlich an dessen Körperhaltung erkennen kann.

Unsicher, wie er sich nun Verhalten soll, hebt Yami seinen Blick, der bis jetzt leicht gesenkt gewesen ist und sieht den alten Mann offen an. „Ja, danke der Nachfrage, Sir Hopkins. Auch bedanke ich mich, dass ich hier mit Ihnen Speisen darf.“ Leicht neigt er nun seinen Kopf zur Seite.

 

Diese auf einmal so gehobene Sprache und die stolz ausgeführte Geste lassen Hopkins leer schlucken. „Nichts zu danken. So und nun sollten wir langsam anfangen, bevor das Essen noch kalt wird“, wendet er sich mit dem letzten Satz an alle, ehe er Yami wieder ansieht. „Du kannst dir übrigens auch von allem etwas nehmen.“ Das scharfe Einatmen seiner Enkelin ignoriert er gekonnt. Wenn es ihr nicht passt, dann soll sie ihm das gefälligst nach dem Abendessen sagen.

 

Geduldig wartet Yami ab, bis sich alle ihre Teller gefüllt haben, ehe auch er sich von den hausgemachten Spaghetti und dem gedünsteten Gemüse nimmt. Bei dem Braten zögert er dann jedoch, trotz der Worte von Hopkins. Erst als ihm Yugi leicht zunickt, legt er sich das kleinste der Stücke auf seinen Teller.

Erst jetzt fällt ihm auf, dass die anderen wohl auf ihn gewartet haben, denn kaum hat er das Schöpfbesteck wieder hingelegt, räuspert sich Hopkins. „Ich wünsche euch allen einen guten Appetit.“

Sofort erwidern sie die Worte und beginnen dann schweigend zu essen.

 

Immer wieder blickt Rebecca dabei zu ihrem Darling und dann zu dessen Sklaven, der neben ihm sitzt. Gern würde sie ja etwas sagen. Doch Veronica meinte, dass sie ihn heute mal nicht beachten sollte und morgen würde sie dann vorbeikommen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. Denn schliesslich habe sie sich ja auch einen Mann angeln können, der zuvor von sich behauptet hat, nur auf Männer zu stehen.

 

Darauf hoffend, dass sich dieser Yami durch unmögliche Tischmanieren blamiert, beobachtet sie genau, wie er sich verhält. Doch zu ihrem Unmut kommt der sogar mit den langen Spaghetti ohne Probleme zurecht. Im Gegenteil sind seine Manieren sogar deutlich besser, als die mancher Personen aus den oberen Schichten des Volkes oder sogar der Oberschicht. Wenn diese sich mal dazu herablassen mit ihnen nach einem abgeschlossenen Geschäft zu speisen.

 

Deutlich spürt Yami die bohrenden Blicke von Rebecca auf sich ruhen, aber ignoriert sie einfach. Solange die Göre nichts sagt, wird auch er nichts sagen. Ausserdem sitzt er ja nur wegen Yugi hier, der schon vor einer Weile seinen Fuss von den anderen unbemerkt so hingestellt hat, dass sie sich nach einem Entgegenkommen von seiner Seite aus berühren können.

 

Auch Hopkins beobachtet den jungen Mann genau, ist aber im Gegenzug zu Rebecca nicht wirklich überrascht, dass dieser perfekte Tischmanieren besitzt. Zumindest wenn sich sein Verdacht wirklich bestätigen sollte.

Nur bereitet es ihm schon Sorgen, dass Yami psychisch so extrem angeschlagen ist, dass nur schon ein falsches Wort eine fatale Wirkung haben kann.

 

Nach dem Hauptgang legt Yugi sein Besteck das wohl erste Mal so hin, wie es liegen muss, wenn er damit anzeigen möchte, dass er nichts mehr essen möchte. Dafür hat er kurz auf Yamis Teller geschielt, der sein Besteck mit einer eleganten Bewegung in die 20 nach 4 Position gelegt hat.

Weil hier in der Regel die Teller erst nach dem ganzen Essen abgeräumt werden, schieben sie diese einfach ein wenig in die Tischmitte, so dass sie Platz für die kleinen Kuchenteller haben, auf denen je ein Stück Torta della Nonna liegt. Diese Tellerchen haben bis jetzt leicht nach innen versetzt neben den grossen Tellern gestanden, nun nehmen sie diese aber und stellen sie vor sich hin.

 

Geschockt blickt Rebecca auf den Teller des Sklaven. Woher zum Teufel weiss der, wie man das Besteck hinlegen muss und das bestimmt nicht nur so ungefähr, sondern zu allem Überfluss wohl auch noch perfekt ausgerichtet.

 

Für Hopkins ist diese kleine aber feine Tatsache, nur ein weiteres Stück, dass das Geheimnis, das diesen jungen Mann umgibt noch ein wenig weiter aufklärt. Schmunzeln muss er allerdings darüber, wie Yugi nach einem kleinen Seitenblick die Position seines Besteckes unauffällig korrigiert hat.

 

Nachdem sie auch den Kuchen gegessen haben, blickt Yugi zu Hopkins. „Arthur, wenn wir morgen die Buchhaltung am Kontrollieren sind. Kann sich dann Yami eins der Bücher aus dem Wohnzimmer nehmen?“

Von der Frage überrascht, sieht der Angesprochene nun zu Yugi. „Natürlich, er soll es dann einfach wieder zurückstellen oder vielleicht auch gleich im Wohnzimmer lesen.“

 

Auf einmal hören sie ein gemurrtes. „Wenn er denn Lesen kann. Bilderbücher haben wir nämlich keine.“ Von der Situation vollkommen angepisst, sitzt Rebecca mit verschränkten Armen da.

 

„Yami kann vermutlich besser lesen, als du es kannst.“ Von der Unterstellung, dass sein Liebster nicht lesen könne angestachelt, sieht Yugi Rebecca an dem heutigen Abend das erste Mal direkt an.

 

„Ach ja? Wollen wir wetten? Ich bin sicher wir besitzen ein Buch, das er nicht lesen kann.“ Herausfordernd streckt sie ihr Kinn nach vorn.

 

Grinsend lehnt sich nun Yami nach vorn. „Die Wette gilt und wenn Sie verlieren, Miss Rebecca, dann lassen Sie Yugi in Zukunft in Ruhe und nennen ihn nicht mehr Darling.“

 

Siegessicher streckt Rebecca ihm die Hand hin. „Wenn ich gewinne, dann tust du einen ganzen Tag lang genau das, was ich von dir verlange. Egal, was es ist.“ Bestimmt wird der Sklave jetzt einen Rückzieher machen, aber zu ihrer Überraschung schlägt der doch tatsächlich ein. „Einverstanden und jetzt holen Sie ein Buch ihrer Wahl und das werde ich dann vorlesen. Miss Rebecca.“

 

Kaum ist Rebecca rausgegangen, sieht Yugi Yami geschockt an. „Sag mal spinnst du? Die haben Bücher mit uralten Schriften, die nur von Gelehrten gelesen werden können!“

 Gerade will auch Hopkins etwas sagen, als Rebecca mit zwei Büchern zurückkommt. „So, das hier wirst du lesen und zwar die Seiten, die ich markiert habe und Grossvater wird mit Hilfe der Übersetzung kontrollieren, ob du auch wirklich richtig liest.“ Immer noch siegesgewiss und sich in Gedanken schon ausmalend, zu was sie ihn dann alles zwingen wird, überreicht sie ihm das Buch.

 

Vollkommen ruhig betrachtet sich Yami den Einband und schlägt es dann auf der ersten markierten Seite auf.

Deutlich hört er dabei, wie Yugi scharf den Atem einzieht. Doch davon lässt er sich jetzt nicht beirren.

„Also, zur Kontrolle, das ist die Seite 4. Sind Sie bereit, Sir Hopkins?“, fragend blickt er zu dem alten Mann, der kreidebleich das Übersetzungsbuch aufgeschlagen in den Händen hält und jetzt bestätigend nickt.

„Gut“, noch einmal räuspert er sich und beginnt dann zu lesen. „HR MRJ-MAAT.T NB.TI IT schl-TAW-NBW HR NWB HWI-PDschW.T-PSDsch NSWT BIT AA-ChPR-KARA SA RA DschHWTI-MS“

 

Bei jedem Wort, das Yami fliessend vorgelesen hat ist Hopkins noch blasser geworden. „Das ist alles korrekt“, ungläubig blickt er immer wieder auf die aufgeschlagenen Seiten. „Verdammt, der hat gerade Hieroglyphen vorgelesen!“

 

Wütend kneift Rebecca nun die Augen zusammen. „Und was heisst das in unserer Sprache? Das kannst du sicher nicht übersetzen!“

 

Vollkommen ruhig, blickt ihr Yami in die Augen. „Der Horus Geliebt-von-Maat, die beiden Herrinnen Der–alle-Länder-erobert, der Goldhorus Der-die-Neunbogen-schlägt, der König von Ober- und Unterägypten Gross-an-Gestalt-und-Ka-wie-Re, der Sohn des Toth ist geboren.“ Ohne nur einmal in das Buch zu schauen sagt er die Worte und sieht dann zu Hopkins, der mit offenem Mund fassungslos nickt. „Jedes Wort ist korrekt.“

 

Vor Wut beinahe schon kochend, deutet Rebecca wieder auf das Buch. „Da ist noch eine Markierung und diesmal übersetzt du gefälligst direkt das, was du liest. Erst dann hast du die Wette gewonnen.“

 

Yugi will schon auffahren, wird aber von einer Hand auf seinem Arm zurückgehalten. „Ganz ruhig, lass dich von ihr nicht reizen.“ Zwinkernd sieht er ihn an und greift dann wieder nach dem Buch.

Als er die markierte Stelle gefunden hat, sieht er wieder zu Hopkins, der sich gerade einen Schluck Rotwein gönnt. Dann aber bestätigend nickt.

 

Kurz überfliegt Yami die Hieroglyphen, was Rebecca schon siegesgewiss grinsen lässt. Der Text ist nämlich deutlich schwerer zu lesen, als dieser blöde Pharaonentitel.

 

„Also, wir sind jetzt auf Seite 20.“ Kurz blickt Yami wieder zu Hopkins, ehe er anfängt. „Du, der du als Gott erschienen bist, höre auf das, was ich dir sagen werde, damit du als König herrschst und die Länder regierst und ein Übermass an Wohlsein erhältst. Halte dich fern von deinen Untergebenen, die nichts sind und deren Schrecken keine Beachtung zuteil wird. Nähere dich ihnen nicht in deiner Einsamkeit. Fülle nicht das Herz mit einem Bruder, kenne keinen Freund, schaffe dir keine Vertrauten, denn es kommt nichts dabei heraus. Wenn du schläfst, behüte dir selbst dein Herz, denn ein Mann hat keine Anhänger am Tag des Unheils. Ich gab den Armen und zog die Waise auf. Ich liess Erfolg haben den, der nichts hatte, wie den der etwas besass. Aber -wer meine Speise ass, der stellte Truppen auf- Der, dem ich meine Arme gereicht hatte, der schuf Schrecken damit. Die mein Leinen trugen, sahen auf mich wie Gras. Wer sich mit meiner Myrrhe salbte, spuckte vor mir aus...“, äusserlich ruhig schliesst er das Buch.

Jetzt fest in Rebeccas Augen sehend, wartet er auf eine Reaktion von Hopkins. Die er eigentlich gar nicht braucht, denn er hat den Text vollkommen korrekt und ohne den kleinsten Fehler übersetzt.

 

Sprachlos sieht Hopkins zu Yami. Nein Atemu Nesut! Der für tot geglaubte Pharao Nesut-anch-Ra lebt! Denn nur ein Mitglied der Herrscherfamilie lernt diese Hierglyphen, in denen dieser spezielle Text geschrieben ist, zu lesen. Erst als er zum wohl wiederholten Mal von Rebecca angesprochen wird, erwacht er aus seiner Starre. „Jedes einzelne Wort ist korrekt. Rebecca, so leid es mir tut, du hast verloren und zwar haushoch.“

 

Vor Wut kochend reisst sie ihrem Grossvater das Buch aus der Hand und liest sich den Text selber durch, ehe sie es auf den Tisch knallt. Sich dann allerdings doch noch an ihre gute Erziehung erinnert.

„Ich gratuliere, du hast gewonnen.“ Zähneknirschend reicht sie ihm die Hand, die auch mit einem festen Griff angenommen wird. „Grossvater, Darl... Yugi ich ziehe mich jetzt zurück.“ Die beiden Bücher wieder an sich nehmend, dreht sie sich mit einem letzten tödlichen Blick zu Yami um und verschwindet ohne ein weiteres Wort aus dem Esszimmer.

 

Sich nicht anmerken lassend, was dieser Brief eines Pharaos an seinen Sohn bei ihm ausgelöst hat, greift Yami mit jetzt leicht zitternden Fingern nach seinem Wasserglas.

Immer wieder hört er in seinem Bewusstsein die Worte seines Vaters.

 

„Mein Sohn. In deiner Position kannst du dir keine Freunde oder Vertrauten leisten. Sogar die Liebe muss dir unbekannt sein, denn du wirst nie wissen können, ob deine Schwäche nicht ausgenutzt wird. Sei ein einsamer Falke, der über allen thront und lasse niemanden deine wahren Gefühle, dein wahres Befinden sehen.“

 

Das Glas wieder hinstellend schliesst er die Augen. „Yugi, Sir Hopkins, ich entschuldige mich, aber ich würde mich jetzt gern auch zurückziehen.“ Zu seiner Erleichterung nickt Hopkins ihm sofort zu, weshalb er sich mit einem schnellen Blick zu Yugi erhebt und aus dem Raum eilt.

 

Als er endlich in ihrem Zimmer ist, sinkt er mit einem Aufschluchzen zu Boden. Die Hand an den Mund gepresst, um auch ja keinen Laut von sich zu geben kniet er da. Ist ihm doch nach Schreien und Toben zu mute.

Warum, warum hat ihm sein Vater diese Worte gesagt? Warum muss sich sein Verdacht immer mehr erhärten. Warum nur, kann er sich trotzdem nicht sicher sein? Und wieso hofft er inständig, dass es nicht so ist?

 

Besorgt, weil er das Flackern in Yamis Augen gesehen hat, will Yugi ihm folgen. „Lass ihn.“ Vereitelt Hopkins mit diesen Worten sein Vorhaben. „Wieso denn? Es geht ihm nicht gut!“ Bereit jeden Moment aufzuspringen sieht er den alten Mann an, der ihn ernst mustert.

„Du weisst es auch. Du weisst auch, wer er einst gewesen ist. Oder?“ Er braucht gar keine Bestätigung von Yugi. Denn sein Gesichtsausdruck gibt ihm die Antwort. „Yugi, lass ihm ein paar Minuten, um sich wieder ein wenig zu fangen. Denn auch wenn er dich braucht, so benötigt er doch auch mal ein wenig Zeit für sich.“

 

Bedrückt blickt Yugi auf den Tisch. „Ich weiss es schon länger, aber Yami kann sich noch nicht erinnern und ich will ihm die Zeit geben, die er braucht.“ Nun hebt er wieder den Kopf. „Was war das für ein Text? Wer schreibt denn so etwas auf?“

 

Tief einatmend fährt sich Hopkins durch die Haare. „Das ist gut, dass du ihm die Zeit gibst, die er braucht. Denn das ist wichtig.“ Nun die Augen kurz schliessend sammelt er seine Gedanken. „Der Text ist der einzige jemals übersetzte Brief eines vor tausenden von Jahren amtierenden Pharaos, den er für seinen Sohn und Thronfolger geschrieben hat. Kurz gesagt, nur ein Mitglied der königlichen Familie kann diesen Text einfach so lesen, aber das ist nur den wenigsten bekannt. Die meisten übersetzen ein Kauderwelsch, weil sie den Hieroglyphen die falsche Bedeutung zusprechen.“ Nun sieht er Yugi fest an. „Diese Worte werden in dieser oder ähnlicher Form jedem zukünftigen Pharao eingebläut. Kurz gesagt bedeuten sie, dass er niemals Freunde haben darf, dass er nicht lieben darf, dass er niemandem vertrauen darf. Sie sprechen von einem Leben in Einsamkeit, obwohl man von Menschen umgeben ist.“

 

Schockiert sitzt Yugi einfach nur da. So ein Leben hat sein Yami geführt? Das ist ja schrecklich! Jetzt versteht er auch, was sein Grossvater damit meinte, als er von einem Leben im goldenen Käfig gesprochen hat.

 

Erst als er sich wieder gefangen hat, steht Yugi auf. „Ich gehe dann jetzt auch schlafen. Gute Nacht Arthur und bitte erzähle niemandem davon, was du weisst. Wenn er sich dann nämlich erinnert, soll er selbst entscheiden können, was für ein Leben er in Zukunft führen möchte.“ Erst als Hopkins ihm dies verspricht, geht Yugi nun auch hoch in sein und Yamis Schlafzimmer.

 

Dort liegt Yami schon mit dem Rücken zur Tür im Bett, dreht sich dann aber um, als er spürt, dass sich Yugi neben ihn legt. Schon beinahe verzweifelt klammert er sich an ihn. „Yugi, darf ich Gefühle haben? Darf ich dir mein Herz schenken oder muss ich wirklich ohne Gefühle leben, so wie es mir mein Vater gesagt hat?“, im Licht der untergehenden Sonne sieht er seinen Sharik an und ist sich dabei nicht bewusst, dass Yugi gar nicht weiss, wovon er spricht.

 

Das Gesicht seines Liebsten mit den Händen sanft umfassend, erwidert Yugi den Blick lächelnd. „Du darfst und sollst Gefühle haben.“ Leicht küsst er ihn auf die Lippen. „Du darfst mir dein Herz schenken und ich werde es hüten wie den wertvollsten Schatz, den es gibt.“ Wieder legt er seinen Mund wie einen Hauch auf Yamis. „Lebe mit Gefühlen, lasse sie zu. Auch wenn es dir manchmal schwerfallen wird, weil du am liebsten alles kurz und klein schlagen möchtest.“

 

In Gedanken fügt er hinzu: Denn du bist kein Pharao mehr, der jedem Menschen misstrauen sollte. Was sowieso ein riesen Blödsinn ist.

 

Gern würde er diese Worte aussprechen, aber Yugi weiss, dass er es nicht tun darf. Denn noch ist es dafür viel zu früh.

Stattdessen zieht er Yami noch ein bisschen näher zu sich heran, legt seine Lippen sanft auf Yamis und beginnt nach einer Weile den Kuss langsam zu vertiefen. Denn nicht nur sein Liebster ist mit den Nerven am Ende. Auch er ist es und dies scheint Yami zu spüren. Denn inzwischen vereinen sich ihre Lippen mit einer beinahe verzweifelten Intensität, bis sie sich schwer atmend wieder von einander trennen.

„Lass uns noch ein wenig kuscheln und dann schlafen“, lächelnd streift Yugi die Strähne wieder aus Yamis Gesicht, die sich immer wieder so hartnäckig auf dessen Wange legt.

 

Kaum hat sein Sharik diese kleine Bewegung beendet, schmiegt sich Yami an ihn ran. „Ja“, mehr sagt er nicht und es ist auch nicht nötig. Denn seine Hände beginnen ihre eigene Sprache zu sprechen.

 

Mit einem Whiskyglas in der Hand betrachtet Hopkins den Sonnenuntergang. So viel ist an diesem Abend geschehen, was er kaum glauben kann. Erinnert er sich doch immer noch an die Worte Shimons, als er ihm Amaras Brief für den jungen Pharao übergeben wollte, dass dieser vor vier Wochen bei einem schrecklichen Absturz von dessen privatem eisernen Vogel auf tragische Weise ums Leben gekommen ist.

„Was soll ich nur tun. Der Junge lebt, ist aber niemals in der Verfassung den Thron wieder zu besteigen.“

„Am besten machst du gar nichts, sondern lässt den Dingen einfach ihren Lauf. Das Schicksal wird seine Strada gehen. Machen kannst du sowieso nichts, solange er selbst sich nicht erinnert.“ Ihren Arthur von hinten umarmend haucht sie ihm einen Kuss in den Nacken. „Komm mit ins Letto, du hast morgen einen anstrengenden Tag vor dir.“ Geschickt nimmt sie ihm das schon seit einiger Zeit leere Whiskyglas aus der Hand und führt ihn dann aus dem Wohnzimmer.

 

 

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Ich glaube diesen Tag wird niemand so schnell vergessen. Besonders Yami hat heute leider sehr viel aushalten müssen. Ich vermute so langsam, dass sich Yugi wohl inzwischen wünscht, dass er Yami nicht mitgenommen hätte.

 

Die altägyptischen Texte gibt es wirklich, ich habe vor Jahren eine Arbeit über das alte Ägypten geschrieben und diese damals mit eingebaut und sie jetzt einfach abgeschrieben.

Weil ich für den zweiten Text keine Version in der Originalsprache habe, musste Yami diesen einfach direkt übersetzen.

 

So ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Veronica

Hallo zusammen,

 

zwar mit ein bisschen Verspätung, aber das Kapitel ist jetzt fertig.

 

Ich möchte jetzt auch nur noch zwei Sachen loswerden, bevor ich es euch lesen lasse.

 

Ich freue mich wirklich über Kommis, aber wenn der Kommibereich zum Chatten benutzt wird, finde ich es nicht mehr wirklich lustig. *In die Richtung von zwei bestimmten Personen sieht*

Das ist nicht hier passiert, aber trotzdem sage ich es auch hier. Wenn ich so etwas wieder mitkriege, dann werde ich die Unterhaltung in Zukunft löschen. *Wieder zwei bestimmte Personen ansieht*

 

So und jetzt noch eine kleine Sache: Nächsten Sonntag fahre ich für zwei Wochen in den Urlaub. Es kann also sehr gut sein, dass an den nächsten drei Sonntagen keine Kapitel kommen werden.

 

 

So und jetzt lasse ich euch nicht länger warten und wünsche euch viel Spass.

 

 

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Kapitel 46: Veronica

 

 

Die Sonne ist gerade erst dabei aufzugehen, als Yugi verschlafen die Augen öffnet. Was ihn geweckt hat, kann er nicht sagen, aber eins ist ihm klar, jetzt ist er eindeutig zu wach, um wieder einschlafen zu können.

Noch will er aber auch nicht aufstehen, weshalb er sich zur Seite dreht, so dass er sich an den auf dem Rücken liegenden Yami kuscheln kann. Seinen Kopf vorsichtig auf dessen Brust ablegend, seufzt Yugi nun leise auf. „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir wünschen, dass du mich niemals verlässt.“ Obwohl er nur leise und für sich selbst gesprochen hat, legt sich ein Arm um seine Schulter. „Das werde ich nicht, Sharik. Wieso glaubst du das denn?“

Auf die Worte hin versteift sich Yugi kurz, ehe er sich lächelnd ein wenig aufrichtet, wobei er sich leicht auf dem Oberkörper seines Liebsten abstützt. „Du bist ja wach. Habe ich dich etwa aufgeweckt?“

Als Antwort schüttelt Yami leicht den Kopf. „Nein, ich habe nur noch gedöst.“ Zärtlich streicht er nun eine der Strähnen aus Yugis Gesicht. „Also, warum glaubst du, sollte ich dich verlassen? Nachdem ich endlich erkannt habe, dass mein Herz und meine Seele wirklich dir gehören.“ Fragend sieht er Yugi nun an, der ihm traurig lächelnd die Hand auf die Wange legt. „Ich weiss es nicht, aber bis auf Grossvater habe ich immer alle Menschen verloren, die mir etwas bedeutet haben. Vielleicht habe ich ja darum diesen Wunsch.“ Um weitere Fragen, die er nicht beantworten möchte, zu umgehen, beugt sich Yugi leicht nach vorn, um seinem Liebsten einen zärtlichen Kuss auf die Lippen zu hauchen.

Was auch funktioniert, denn nach einem Moment beginnt Yami den Kuss ebenso sanft zu erwidern.

 

Keiner der beiden weiss, wie lange dieser unglaublich gefühlvolle Kuss gedauert hat, als sie diesen aus Luftmangel enden lassen müssen. „Mein Herz und meine Seele gehören dir auch“, lächelnd lässt Yugi seine Fingerspitzen über Yamis Wange gleiten. „Ich werde dein Herz und deine Seele hüten, wie den wertvollsten Schatz der Welt.“ Diese Worte spricht Yugi wie einen Hauch und nur Millimeter von den verlockenden Lippen entfernt aus. So kann er auch gut den erstaunten Ausdruck in den Augen seines Liebsten erkennen, der sich nun in einen Blick voller Liebe wandelt.

 

Yugi die Hände auf die Wangen legend, lächelt Yami seinen Sharik warm an. „Ich werde dieses wunderschöne Geschenk von dir auch wie den wertvollsten Schatz der Welt hüten und solange ich es beeinflussen kann, werde ich immer an deiner Seite sein. Das schwöre ich dir.“ Um seine Worte noch zu unterstreichen, überbrückt er die letzten Millimeter.

Auch wenn seine Lippen nicht von Yamis verschlossen worden wären, hätte Yugi darauf nichts mehr erwidern können. Viel zu sehr ist er von den Worten seines Liebsten überwältigt, weshalb er irgendwie froh ist, ihm durch diesen Kuss antworten zu können.

Gleichzeitig zieht sich sein Herz schmerzhaft zusammen, weiss er doch ganz genau, dass die Zukunft ganz anders aussehen kann, als sie beide es sich wünschen. Doch noch ist es nicht soweit und wenn es nach ihm geht, dann wird dieser Tag niemals kommen, an dem sich Yami entscheiden muss.

Weshalb Yugi seinen Liebsten voller Liebe in die Augen sieht, nachdem sie sich schwer atmend wieder von einander gelöst haben.

„Magst du noch ein wenig weiterkuscheln?“ Als Antwort auf die Frage, wird er von starken Armen umfasst und auf den Körper unter sich gezogen. „Das fragst du noch?“ Seine eine Hand gleichzeitig über Yugis Körper wandern lassend, flüstert Yami die Frage schmunzelnd in dessen Ohr.

Was Yugi unterdrückt aufkeuchen lässt. „Ich meinte eigentlich wirklich nur kuscheln“, seufzend schliesst er die Augen und geniesst das Gefühl der Lippen auf seinem Hals.

 

Während Yami seinen Yugi so langsam um den Verstand bringt, sitzen Maria, die anderen Angestellten und Sklaven in der Küche am Tisch.

„Sag mal, isst Yami etwa schon wieder mit den Herrschaften im Esszimmer?“, stirnrunzelnd blickt Scott auf den freien Platz neben Nancy, während er die Frage in die Runde wirft.

Ihr Brot auf den Tisch legend, sieht Maria ihn ernst an. „Ja, denn Yugi hat Arthur darum gebeten, dass er Yami wie einen normalen Menschen behandelt und darum darf er als Gast des Hauses und Yugis Begleiter mit den Herrschaften, wie du es so schön ausdrückst, zusammen essen. Beantwortet das deine Frage?“

Auf diese Frage hin öffnet Scott schon den Mund, um etwas zu sagen. Schliesst ihn aber dann wieder, als er einen Fuss auf dem Seinen spürt.

Verwirrt blickt er nun zu Jim, der ihn kopfschüttelnd ansieht. „Lass es gut sein. Auch wenn es dir nicht passt, dass der Junge jetzt ein Privileg besitzt, das du gern hättest.“

 

Grummelnd verschränkt Scott jetzt seine Arme. „Das ist es doch nicht. Ausserdem mag ich den Jungen. Er ist nämlich freundlich und gut erzogen. Es wundert mich nur, dass Sir Arthur ausgerechnet bei ihm so eine riesen Ausnahme macht.“

 

Vielsagend blicken sich während des Gespräches der drei Angestellten Nancy und Lenny an. Wenn nämlich Scott nicht eifersüchtig ist, dann dreht sich morgen die Welt andersherum. Ist es doch ein offenes Geheimnis, dass der Hausangestellte gern mal mit den Herrschaften zusammen eine Mahlzeit einnehmen würde.

 

Yugi weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, seit er von Yami in den siebten Himmel geschickt worden ist. Es ist ihm eigentlich auch egal, denn noch immer rast sein Herzschlag, während er sich nach Atem ringend, aber dafür glücklich, an seinen Liebsten kuschelt. „Ich hoffe, dass ich dir irgendwann auch zeigen kann, wie schön es sein kann, wenn du von mir so verwöhnt wirst.“ Lächelnd sieht er mit geröteten Wangen in die rubinroten Augen, die den Blick sanft erwidern. „Ich weiss nicht, wann ich so weit sein werde, aber ich freue mich schon darauf.“ Lächelnd fährt er mit den Fingerspitzen über die weiche Haut an Yugis Hals. „So langsam wird es nämlich etwas unangenehm, wenn mein Körper reagiert, ich ihm die Erlösung aber verwehre.“

 

Über die Worte glücklich greift Yugi nach der Hand an seiner Wange und haucht leichte Küsse auf die Fingerspitzen. „Ich freue mich auch schon darauf und ich verspreche dir, dass wir nur das machen werden, was dir auch gefallen wird und was du wirklich geniessen kannst.“ Wieder küsst er die Fingerspitzen und bemerkt dabei, wie sein Liebster ihm gebannt zusieht. Beinahe so, als könne er nicht glauben, wie schön diese kleinen Liebkosungen sein können.

 

Yami kann es wirklich kaum glauben, was für Gefühle die Lippen seines Shariks in ihm auslösen und das nur durch das Küssen seiner Fingerspitzen. Hat er doch jedes Mal, wenn ihn die Lippen berühren, das Gefühl von kleinen angenehmen Stromschlägen, die sich mit einem Kribbeln in ihm auszubreiten scheinen. Unbewusst schliesst er die Augen ein wenig, was Yugi leicht schmunzeln lässt. Offenbar ist er nicht der einzige, der an den Fingerspitzen sehr empfindlich ist. „Gefällt es dir?“

Als Yami nun nur ungläubig nickt, knabbert Yugi aus einem Impuls heraus etwas am Mittelfinger, was seinen Liebsten regelrecht zusammenzucken lässt. Woraufhin er entschuldigend einen kleinen Kuss auf die Fingerspitze haucht, ehe er die Hand loslässt.

 

Mit grossen Augen mustert Yami nun seine Finger. „Wie... ich meine...“, nicht wissend, wie er seine Frage aussprechen soll, blickt er nun zu Yugi, der es sich jetzt wieder halb auf seiner Brust liegend bequem gemacht hat und ihn nun zufrieden grinsend ansieht. „Frag am besten nicht, warum es dir gefällt. Sondern freue dich einfach darüber, dass es so ist. Ich finde es übrigens auch sehr schön, wenn man das bei mir macht. Da haben wir wohl etwas gemeinsam.“ Am liebsten würde er vor Freude über diese kleine Entdeckung in die Luft springen, aber so mit seinem Liebsten noch ein wenig zu kuscheln ist auch sehr schön.

 

„Okay“, wieder sieht Yami seine Hand an, während er mit dem anderen Arm Yugi umfasst. Nie wäre er auf die Idee gekommen, dass sich Liebkosungen an seinen Fingern so anfühlen könnten.

Nun greift er aber nach Yugis Hand auf seiner Brust und verschränkt ihre Finger miteinander.

 

So liegen sie aneinander gekuschelt da, bis es Zeit wird aufzustehen.

Widerwillig löst sich Yugi aus Yamis Armen und kniet sich dann neben ihm hin. „Wenn es dich nicht stört, dann gehe ich zuerst unter die Dusche oder willst du vielleicht mitkommen?“, die Frage meint er natürlich nicht wirklich ernst.

Darum ist er schon beinahe sprachlos, als sich sein Liebster mit einem Blitzen in den Augen aufrichtet. „Na, wenn du so fragst? Komme ich doch gern mit.“ Breit grinsend schnappt er sich Yugis Hand und zieht ihn, nur mit seinen Shorts bekleidet aus dem Zimmer.

 

Innerlich sämtlichen Göttern dankend, dass er sich nach seinem Höhenflug die Shorts wieder hochgezogen hat, weil sich Yami so immer noch wohler fühlt, als wenn er sich nackt an ihn kuschelt, lässt sich Yugi von ihm mitziehen.

Hat er doch nicht wirklich viel Lust, die paar Schritte über den Flur, so wie vor ein paar Jahren, nackt zurückzulegen.

 

Als sie dann im Bad stehen sieht er seinen Liebsten besorgt an. „Bist du wirklich sicher? Ich meine, bis auf die Nacht im Gasthof...“ „Ja, ich bin sicher. Denn gegen ein bisschen Hilfe von dir beim Rückenwaschen, hätte ich nichts einzuwenden und du vermutlich auch nicht. Oder soll ich wieder gehen und dich allein lassen.“ Yugi nun fragend ansehen, neigt er den Kopf ein wenig zur Seite.

Dieser Blick lässt Yugi einknicken, wenn Yami ihn so ansieht, hat er ja sowieso keine Chance. Da ist er schlimmer als ein Kätzchen, das einen um Milch bettelnd ansieht. Da kann ja auch keiner Nein sagen. „Na dann komm, aber beschwer dich nicht, dass wir unter der Dusche beide nackt sind.“

Yami die ganze Zeit unauffällig im Auge behaltend zieht sich Yugi die Shorts aus und stellt sich dann in die Duschkabine, die sich direkt neben der Badewanne befindet.

 

Kaum hat das Wasser die richtige Temperatur erreicht, stellt sich Yami mit einem tiefen Atemzug zu Yugi unter den warmen Wasserstrahl. Zu lange hatte er nur eiskaltes Wasser zur Verfügung, als dass er sich jetzt freiwillig unter das kalte Wasser stellt und so darauf wartet, dass es eine angenehme Wärme erreicht hat.

Natürlich hat Yugi das bemerkt und schüttelt nur innerlich den Kopf über das Verhalten seines Freundes. Als wenn er ihn nach dem Fiasko damals am Fluss mit dem noch kalten Duschwasser anspritzen würde.

Die Wasserschlacht im Hof, hatte ja sein Liebster begonnen, das war also etwas vollkommen anderes.

 

Mit klopfendem Herzen greift Yami nach der Seife und schäumt sich seine Hände sorgfältig ein, bevor er diese sanft über Yugis Rücken gleiten lässt. Dies lässt Yugi geniessend die Augen schliessen, bis die streichelnden Bewegungen auf seinem Rücken aufhören.

Etwas enttäuscht, dass es schon vorbei ist, hätte er doch ewig so dastehen können, öffnet er seine Augen wieder und dreht sich dann zu Yami um. „Danke, soll ich dir jetzt auch gleich den Rücken einseifen oder willst du noch ein wenig warten?“, fragend sieht er Yami an, der sich nach einem kurzen Zögern ganz unter den Wasserstrahl stellt.

„Wenn es dir nichts ausmacht, dann bitte jetzt gleich.“ Zu seinem eigenen Erstaunen nervös, wendet er sich um und stützt sich mit den Händen an der Wand ab.

 

Natürlich bemerkt dies Yugi, weshalb er mit der Seife in der Hand innehält. „Ganz ruhig, ich mache nichts, was du nicht willst.“ Nachdem er sich die Hände nun eingeseift hat, stellt er sich so hin, dass er prüfend in Yamis Augen sehen kann. „Soll ich es lieber sein lassen? Du musst nicht, wenn du nicht willst. Ich bin dir ganz sicher nicht böse, wenn du jetzt lieber darauf verzichtest.“

Einen Moment lang sehen sie sich nur an. „Ich will es. Ich weiss auch nicht, warum ich jetzt so reagiere, denn ich vertraue dir ja.“ Mit einem zittrigen Lächeln nickt er seinem Sharik leicht zu, um seine Worte noch zu unterstreichen.

Zögernd stellt sich Yugi nun wieder hinter seinen Liebsten. „Ich lege meine Hände jetzt auf deine Schultern“, warnt er ihn mit möglichst ruhiger Stimme vor, ehe er die weiche Haut berührt.

Mit sanften Bewegungen lässt er seine Hände über dessen Schultern und den oberen Rücken gleiten. „Soll ich auch dich auch noch etwas weiter unten waschen?“, in der Bewegung verharrend, versucht er einen Blick auf Yamis Gesicht zu erhaschen. Doch dieser hält den Kopf leicht gesenkt, so dass es von den Schultern verdeckt wird. „Ja, mach weiter“, sich auf seine Atmung konzentrierend, verfolgt Yami jede Bewegung der Hände auf seinem Rücken, die nun langsam weiter nach unten gleiten, bis sie in seinem Kreuz angelangt sind.

Innerlich bereitet er sich schon darauf vor, dass sie noch tiefer gleiten werden, aber Yugi arbeitet sich jetzt wieder nach oben vor.

Im ersten Augenblick ist er erleichtert, aber dann. „Gehe bitte wieder weiter runter und zwar etwas tiefer als vorher.“ Über sich selbst erstaunt beisst er sich leicht auf die Lippen.

 

Doch nicht nur er ist überrascht, sondern auch Yugi. Zögernd kommt er nach ein paar Sekunden der Bitte nach und lässt seine Hände wieder nach unten gleiten. Allerdings hält er in Yamis Kreuz inne. „Bist du dir wirklich sicher?“ Ganz ruhig lässt er seine Hände liegen und seufzt dann leise auf, als ein deutlich unsicheres Nicken als Antwort kommt. „Na gut, ich gehe jetzt mit meiner linken Hand ein wenig tiefer.“ Nun wirklich ganz genau auf jede Regung seines Liebsten achtend, bewegt er wie angekündigt seine Hand etwas weiter in Richtung Gesäss. Nur ein paar Zentimeter, aber die reichen schon, dass sich sämtliche Muskeln in Yami verspannen.

Sofort, nimmt Yugi seine Hände weg und stellt das Wasser ab, ehe er eilig aus der Dusche steigt und ein grosses Handtuch holt.

 

Vorsichtig schlingt er es seinem Liebsten um die Schultern, der inzwischen zitternd auf dem Boden kniet und sich selbst zu umarmen scheint. „Ganz ruhig, dir passiert nichts. Ich zieh mir jetzt nur schnell meine Shorts an und dann bin ich voll und ganz bei dir.“ Fest schlingt er das Handtuch um den zitternden Körper und legt dann sanft seine Hand unter Yamis Kinn. Leicht hebt er so sein Gesicht an und lächelt ihm liebevoll zu. „Ich bin nur ein paar Sekunden weg und gehe auch nicht raus, aber du wirst mich so nicht sehen können. Okay?“ Erst als Yugi das leichte Nicken sieht, steht er auf und geht zu dem kleinen Wäscheberg, wo er so schnell wie möglich in seine Shorts schlüpft.

 

Unterdessen versucht Yami seine Erinnerungen an fremde Hände, die ihn überall anfassen wieder in den tiefen seines Bewusstseins zu verbannen. Doch es gelingt ihm nicht, weshalb er sich erleichtert in Yugis Arme kuschelt, als dieser endlich wieder bei ihm ist. „Warum? Warum kann ich es nicht? Ich will es doch! Warum nur kommen immer wieder diese Bilder in mir hoch?“ Am liebsten würde er schreien oder um sich schlagen, aber er kann es nicht, ist sein Körper doch wie betäubt. Nicht einmal weinen kann er. Was ihn nur noch mehr verzweifeln lässt.

 

Sich Vorwürfe machend, dass er auf Yamis Bitte eingegangen ist, obwohl er gesehen hat, dass dieser so unsicher und nervös ist, hält Yugi ihn in einer schutzgebenden Umarmung fest. „Yami, es ist noch zu früh und dann noch der ganze Stress, dem du in den letzten Tagen ausgesetzt gewesen bist. Da ist es kein Wunder, dass deine Seele laut Stopp schreit. Gib dir Zeit, diese ganzen Eindrücke zu verarbeiten und mache dann erst den nächsten Schritt.“ Sanft beginnt er ihn im Nacken zu kraulen, weiss er doch, dass dies seinem Liebsten nicht nur gefällt, sondern ihn auch beruhigt. „So werden wir es schaffen, diese Bilder ganz langsam zu vertreiben, aber du darfst dich nicht überfordern und du musst auch auf dein Unterbewusstsein hören. Auch wenn dies bedeutet, dass wir vielleicht einen oder mehrere Schritte zurückmachen müssen, weil wir beim letzten Mal ein wenig zu weit gegangen sind und du dies noch nicht verarbeitet hast.“

Erleichtert, dass sich Yami jetzt noch ein wenig mehr an ihn kuschelt und sich langsam zu beruhigen scheint, hält er ihn fest. Auch wenn seine Knie so langsam aber sicher zu schmerzen beginnen und es ihm inzwischen doch ziemlich kalt ist.

Auf einmal merkt er jedoch, wie sich sein Liebster aus seinen Armen löst. Im ersten Moment ist er besorgt, doch dann wird er von starken Armen und dem Badetuch umschlungen. „Yami, was?“, verwirrt sieht er jetzt in die rubinroten Augen.

 

Seine Stirn an Yugis legend, schliesst Yami die Augen. „Danke.“ In diesem einen Wort verbergen sich so viele Sätze, die er gerade nicht aussprechen kann, aber trotzdem will er seinem Sharik zeigen, was er fühlt. Weshalb er ihm einen sanften Kuss gibt. Dies kann er ja zum Glück inzwischen, ohne dass sich Erinnerungen in sein Bewusstsein drängen.

Nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt haben, sieht er ihn mit einem schiefen Grinsen an. „Ich denke, es wird langsam Zeit, dass wir weiter duschen. Sonst meint Hopkins noch, dass du ihn mit seiner Buchhaltung im Stich lassen möchtest.“

Vorsichtig steht er nun auf und hält Yugi die Hand hin, um ihm aufzuhelfen.

„Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern allein und zuerst...“, nicht wirklich wissend, wie er den Satz beenden soll, senkt Yami den Blick. Trotzdem kann er sehen, wie Yugi verständnisvoll nickt. „Natürlich, soll ich auch lieber rausgehen?“, fragend sieht er Yami an, der nun erstaunt wieder den Kopf hebt. „Nein, das ist nicht nötig und es wäre ja auch unsinnig, wenn du rausgehst, nur um in ein paar Minuten wieder zurückzukommen.“ Ausserdem möchte er jetzt nicht unbedingt alleine sein, aber dies möchte er irgendwie nicht zugeben.

 

In Yamis Augen seine wahren Gefühle lesend, nickt Yugi. „Ist gut, dann setze ich mich auf den Toilettendeckel und warte, bis du fertig bist.“ Absichtlich sagt er nichts weiter, sondern setzt sich in aller Ruhe auf den Toilettendeckel nachdem er sich ein Badetuch gegriffen und darin eingewickelt hat. Als er nun den fragenden Blick seines Liebsten sieht, grinst er ihn schief an. „Es ist etwas kühl.“

 

„Ach so“, mit einem letzten Blick zu seinem Sharik dreht sich Yami wieder um und steigt vorsichtig zurück in die Dusche, stellt sich aber so hin, dass ihn das Wasser nicht direkt treffen kann. Erst als es die richtige Temperatur hat, bewegt er sich unter den Wasserstrahl und schliesst geniessend die Augen. Weiss er doch, dass er sich auf Yugis Schutz verlassen kann. Spürt er doch dessen Blick auf sich ruhen und das obwohl er von ihm nicht einmal einen Mucks hört.

 

Tatsächlich sitzt Yugi ganz ruhig da und geniesst es, dass er seinen Yami mal in Ruhe so betrachten kann.

Das eingebrannte Ankh sticht ihm jetzt noch mehr ins Auge und bei dem Gedanken, was sein Liebster wegen diesem Zeichen durchmachen musste und dass er am Tag seiner Freilassung noch einmal so einen Schmerz wird aushalten müssen, zieht sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Doch die Vergangenheit kann man nicht ändern und die Brandmarkung Yamis als freigelassener Sklave liegt noch in ferner Zukunft.

 

Als Yami aus der Dusche steigt und nach dem Badetuch greift, steht er auf und legt das Badetuch auf den Badewannenrand, ehe er sich die Shorts wieder auszieht und sich nun selbst unter den Duschkopf stellt.

 

Nun ist es Yami, der sich kurz seinen Yugi betrachtet, ehe er sich vor das Waschbecken stellt um seine Morgentoilette mit Zähneputzen, Kämmen und Rasieren zu vervollständigen. Auf die Toilette wird er jetzt sicher nicht gehen, denn so ungern er momentan allein ist, aber dafür braucht er wirklich seine Ruhe.

 

Yugi beeilt sich, dass er schnell fertig wird, denn so langsam sagt ihm sein Zeitgefühl, dass es Zeit fürs Frühstück ist. Naja, eigentlich ist es eher sein knurrender Magen.

Ohne darauf zu achten, wo Yami ist, steigt er schon nach für ihn relativ kurzer Zeit wieder aus der Dusche und erschrickt sich beinahe zu Tode, als ihm das Badetuch um die Schultern gelegt wird. „Verdammt Yami, ich wollte eigentlich nicht jetzt schon einen Herzkasper haben.“ Trotz seiner Worte grinst er ihn breit an und beginnt sich gleichzeitig abzutrocknen. „Wieso bist du überhaupt noch hier? Ich dachte, dass du schon längst wieder in unserem Zimmer bist“, fragend sieht er über die Schulter zu seinem Liebsten, der sich hinter ihm auf den Wannenrand gesetzt hat. „Ach, ich dachte, ich warte noch auf dich. Ausserdem wollte ich dich eigentlich noch Bitten mich jetzt einen Moment allein zu lassen. Ich weiss, es ist vielleicht unverschämt, aber...“ „Ich bin schon draussen und ziehe mich schon mal an.“ Innerlich den Kopf schüttelnd verlässt Yugi das Bad und betritt nach ein paar Schritten das Schlafzimmer. Dort sucht er sich in Gedanken versunken seine Kleider zusammen und ist auch schon fertig angezogen, als Yami die Tür öffnet. „So und jetzt bin ich wieder drüben.“

 

Kaum ist Yami allein, lässt er sich auf das Bett fallen. „Verdammt Atemu, etwas mehr Geduld. Ich kann langsam nicht mehr.“ Zu sich selbst sprechend sieht er an die Decke und kann dort direkt über dem Bett eine kleine Spinne sehen, die in aller Ruhe dabei ist, ihr Netz zu spinnen.

Weil er sich noch gut an die Reaktion seines Shariks erinnern kann, als plötzlich eine Spinne aus einem der grossen Stoffballen gekrochen ist, steht er lieber auf und holt sich eins der Gläser. Zum Glück ist das entstehende Netz direkt über dem Bett, sonst würde er das Tierchen nicht erreichen können. So aber kann er auf der Matratze stehend, bequem das Glas über den Achtbeiner stülpen und diesen vorsichtig dazu bringen in das Innere des Glases zu fallen. Kaum ist das passiert, nimmt er es wieder von der Decke und legt sogleich das Notizbuch auf die offene Seite.

„Na du, da hast du aber Glück, dass ich dich noch vor Yugi entdeckt habe. Der hätte nämlich sonst mindestens das halbe Haus zusammengeschrien und wir beide hätten einen Tinitus.“ Grinsend sieht er das schön gezeichnete Tier an, ehe er zu dem Fenster geht dort die Spinne dazu bringt auf die Aussenwand zu laufen.“

 

Erst als er das Glas wieder auf den Schreibtisch gestellt hat, wendet er sich seinen Kleidern und dem Halsband zu und zieht sich jetzt auch an. Hat er doch bis gerade eben nur seine Schlafshorts getragen.

 

Kurz darauf kommt Yugi auch schon ins Zimmer und sieht ihn grinsend an. „Na, bist du bereit für das Frühstück?“

Nun wird sein Blick jedoch verwirrt, als er sieht, dass sich Yami eines der Gläser nimmt. „Das brauchst du doch nicht mitnehmen. Wir haben doch im Esszimmer Gläser und Tassen.“

Schmunzelnd stellt sich Yami vor ihm hin. „Das weiss ich, aber ich habe gerade eine Monsterspinne von vielleicht einem Zentimeter Grösse mit Hilfe des Glases aus dem Fenster befördert und darum will ich es unten schnell abwaschen.“ Als sich nun die Augen seines Shariks vor lauter Schreck weiten, greift er nach seiner Hand. „Keine Sorge, sie ist ja weg und jetzt lass uns nach unten gehen.“ Sanft aber bestimmt zieht er Yugi aus dem Zimmer, was sich dieser immer noch leicht unter Schock, dass er mit einem dieser Monstertiere in einem Raum gewesen ist, gefallen lässt.

 

Unten im Flur lässt Yami Yugis Hand wieder los. „Ich bringe schnell das Glas in die Küche, geh du schon mal ins Esszimmer“, zwinkernd dreht er sich um und lässt einen inzwischen wieder etwas ruhigeren Yugi im Flur zurück. Der sich jedoch nicht von der Stelle bewegt, bis sein Liebster wieder zurückkommt.

Dies bemerkt Yami mit einer hochgezogenen Augenbraue, sagt aber nichts dazu, sondern legt nur seine Hand auf die Schulter seines Shariks und dirigiert ihn so in Richtung Esszimmer.

Das nächste Mal wird er sich irgendeine Geschichte ausdenken, statt die Wahrheit zu sagen. Nur wie konnte er auch ahnen, dass Yugi sogar im Nachhinein so extrem reagiert. Naja, zum Glück sieht man es ihm ja nicht wirklich an, dass er gerade erst knapp der Begegnung mit einem achtbeinigen Monster von einem Zentimeter Grösse entkommen ist.

 

Im Esszimmer werden sie schon von Hopkins und Rebecca erwartet. „Guten Morgen. Sir Hokpkins. Miss Rebecca.“ Respektvoll, so wie es von ihm erwartet wird, neigt Yami leicht den Kopf, ehe er Yugi unauffällig zu dessen Stuhl lenkt. „Verzeiht die Verspätung, aber wir waren noch ein wenig beschäftigt.“

Auf diesen Satz hin, räuspert sich Hopkins vernehmlich. „Das war ja nicht zu überhören.“ Vielsagend blickt der alte Mann Yugi an, der den Blick allerdings nicht bemerkt, da er gerade dabei ist, sein Lebenselixier namens Schwarztee zu trinken.

 

Unauffällig sieht Yami jetzt zu Rebecca, die jetzt mit hochrotem Kopf dasitzt, dabei hatte sie vor ein paar Sekunden noch eine vollkommen normale Gesichtsfarbe. Deswegen entschliesst er sich dafür, die Feststellung von Hopkins, dass sie wohl deswegen zu spät sind, nicht zu korrigieren.

 

Während sie frühstücken herrscht am Tisch eine schon beinahe unheimliche Stille, bis diese von Rebecca unterbrochen wird. „Ach ja, Veronica kommt mich nachher besuchen. Wir wollen gemeinsam für die Uni lernen und nebenbei noch ein wenig über die neuesten Stofftrends reden.“ Während sie gesprochen hat, ist ihr Blick von ihrem Grossvater zu Yugi gewandert. „Darl... Yugi, dürfen wir uns die Stoffballen ansehen?“, bittend sieht sie ihren Darling an, der sich nun mit verschränkten Armen zurücklehnt. „Nein, als du das letzte Mal den Stoffballen zu nahe gekommen bist, musste ich einen Verlust von mehreren hundert Silbermünzen verbuchen. Also haltet euch gefälligst von den Stoffballen und besonders von Yami fern.“ Mit einem strengen Blick, der keinen Widerspruch duldet, blickt er ihr fest in die Augen. Was sogar funktioniert, denn sie senkt nur enttäuscht ihren Kopf. „Schade“, am liebsten würde sie noch mehr sagen. Vor allem, weil sie damals ja gerade mal 14 Jahre alt gewesen ist, als sie aus Versehen ihren Kakao über dem Seidenballen ausgeschüttet hat, als sie sich heimlich die schönen Stoffe angesehen hat.

 

Von allen unbemerkt hat sich Yami bei der Information, dass diese Frau bald hier auftauchen wird, verspannt. Zumindest denkt er dies, denn auf einmal spürt er eine Hand auf seinem Oberschenkel. „Ist alles in Ordnung? Soll ich die Buchhaltung auf morgen verschieben?“, besorgt mustert Yugi seinen Liebsten, der jedoch lächelnd den Kopf schüttelt. „Nein, das ist nicht nötig. Ich werde einfach zu Maria in die Küche gehen oder Jim und Lenny im Stall ein wenig helfen.“

Nur minimal beruhigt nickt Yugi. „Na gut, aber wenn was ist, dann komm ins Arbeitszimmer. Egal wann.“ Beschwörend sieht er seinen Liebsten an, bis dieser ihm die Hand auf den Oberarm legt. „Das werde ich machen. Doch es wird sicher nicht nötig sein, da ich nicht vorhabe, ihr über den Weg zu laufen.“

 

Keiner der beiden achtet dabei auf Rebecca, mit zusammengezogenen Augenbrauen dasitzt und sich fragt, was dieses seltsame Gespräch der beiden wohl zu bedeuten hat.

Doch sie fragt nicht nach, sondern greift wieder nach ihrem Kakao, den sie eindeutig dem Tee vorzieht.

 

Nach dem Frühstück verlassen alle, bis auf Yami das Esszimmer, der schon mal anfängt das Geschirr aufeinander zu stapeln. Wenn er schon hier essen darf, dann kann er Nancy und Maria ja auch beim Aufräumen helfen. Mit den Frühstückstellern beladen geht er in die Küche, wo er seine Last vorsichtig in die Spüle stellt. „Aber Yami, das wäre doch non nötig gewesen.“ Lächelnd sieht Maria ihn am Tisch sitzend und Kartoffeln schälend an. „Trotzdem, mille grazie.“

Sich rücklings an die Arbeitsplatte lehnend, erwidert Yami ihren Blick. „Ich finde schon, denn schliesslich darf ich im Esszimmer essen und ihr nicht. Da kann ich wenigstens ein wenig beim Aufräumen helfen“, widerspricht er ihr in ihrer Muttersprache. Was auch sie automatisch in diese verfallen lässt.

 

Während sie am Plaudern sind, kommt Nancy mit den restlichen Sachen aus dem Esszimmer in die Küche.

Natürlich hilft Yami ihr dabei das Geschirr abzuwaschen, da Maria ja mit den Vorbereitungen für das Mittagessen beschäftigt ist und wenn er sich schon hier in der Küche versteckt, kann er ja auch ein wenig mithelfen.

Dabei fällt ihm auf, dass ihn Nancy immer wieder mit leicht geröteten Wangen aus den Augenwinkeln heraus ansieht. „Was hast du denn Nancy?“, fragend blickt er sie den Teller hinlegend an.

Diese Frage lässt sie nur noch etwas mehr Erröten. „Naja, ich... danke, dass du mir hilfst. Das würde keiner der anderen Männer hier machen. Das sei ja schliesslich Frauenarbeit und Lenny hilft auch nicht mit, weil er im Stall ja so sehr beschäftigt ist.“

 

Jetzt nach der Tasse greifend, die sie ihm frisch abgewaschen hinhält schüttelt Yami den Kopf. „Das denke ich nicht. Zuhause sind wir ja nur drei Männer und wir gehen sicher nicht los und fragen May, ob sie den Abwasch macht, sondern erledigen alles selbst.“

Als sie Yami so reden hört, sieht Nancy vielsagend zu Maria, die grinsend nickt. Hat sich Yami doch so endgültig selbst verraten, dass er bei den Mutos nicht als Sklave lebt. Sonst hätte er nämlich vollkommen anders gesprochen.

 

Nachdem alles abgewaschen ist, verräumt Nancy das Geschirr, weil Yami ja gar nicht weiss, wo alles hinkommt. Erst danach geht sie wieder aus der Küche, um sich um die Zimmer der Herrschaften zu kümmern. Dabei nimmt sie auch zwei neue Gläser mit, denn es kann laut Maria ja nicht angehen, dass die Gäste mehrere Tage lang aus den gleichen Gläsern ihr Wasser trinken müssen.

 

Sich nun zu Maria setzend, sieht ihr Yami zu, wie sie die Kartoffeln jetzt mit der Reibe in grobe Flocken reibt. Dabei fällt ihm auf, dass diese ja schon gekocht sind. „Was machst du denn heute?“, neugierig mustert er den wachsenden Haufen aus Kartoffelflocken.

„Ach, es gibt heute mal ein Ricetta aus einem bergigen Regiona, des römischen Reiches. Das nennt sich Rösti und Würstchen. Dafür müssen die Kartoffeln aber mindestens einen Giorno vorher gekocht werden. Sonst schmeckt es nicht gut.“ Angewidert über den Gedanken, dass es Leute gibt, die dieses Rezept mit rohen Kartoffeln machen, verzieht sie das Gesicht.

 

Eine Weile lang sitzen sie schweigend da, bis Maria auch noch die letzte Kartoffel gerieben hat. „Sag mal Yami, könntest du bitte schnell einen Bund Bananen und zwei Gläser Joghurt aus dem Vorratskeller holen? Die Porta ist gleich die erste auf der linken Seite. Du kannst sie also nicht verfehlen.“ Bittend sieht sie Yami an, der zögernd nickt. „Natürlich, sind die Sachen denn leicht zu finden?“ Noch während er fragt steht er auf. Denn je schneller er wieder hier ist, desto geringer ist die Chance, dass diese Frau sich schon im Haus befindet. Ist es doch für die höheren Klassen des Volkes noch ziemlich früh am Morgen.

„Ja, du findest die Bananen auf dem Tisch und Joghurtgläser habe ich gestern auch schon dazugestellt. Nur ist es hier oben einfach zu warm.“ Die Schüssel mit den geriebenen Kartoffeln in der Hand haltend, sieht sie Yami nach. Dabei fragt sie sich, wieso der Junge plötzlich so angespannt gewirkt hat.

 

Nach der Tür schauend geht er die paar Schritte über den Flur, bis er sie erreicht hat. Obwohl er so schnell wie möglich wieder aus dem Flur verschwinden möchte, zögert er nach dem Öffnen, in den Keller zu gehen. Auch wenn es kein dunkler Keller, wie aus seinen Erinnerungen ist, da dieser über schmale Fenster unter der Decke verfügt, ist es doch ein verdammter Keller.

Sich Mut zusprechend und dass ihm nichts passieren kann, steigt Yami nach ein paar tiefen Atemzügen die Stufen nach unten.

Zu seiner Erleichterung entdeckt er die Bananen und den Joghurt beinahe sofort und eilt mit grossen Schritten zu dem Tisch.

Gerade hat er die Bananen in die Hand genommen, als er Schritte auf der Treppe hört. „Hast du noch etwas vergessen, Maria?“, als keine Antwort kommt, dreht er sich mit einem unguten Gefühl in der Magengegend um.

 

Geschockt, lässt er die Bananen fallen als er eine junge schwarzhaarige Frau am Fuss der Treppe stehen sieht. Die er überall wiedererkennen würde, obwohl sie damals, vor den inzwischen beinahe 4 Jahren, gerade mal 17 Jahre alt gewesen ist, als er sie das letzte Mal gesehen hat.

 

Mit einem eiskalten Lächeln nähert sich Veronica Kusaka-Kaiba dem Sklaven. „Habe ich es mir doch gedacht, dass du das bist, als ich dich vorhin im Flur gesehen habe.“ Direkt vor ihm bleibt sie stehen und mustert ihn nun ausgiebig. „Du siehst gut aus, sogar noch besser als damals. Dabei warst du da schon ein echter Hingucker.“ Leicht fährt sie mit den Fingerspitzen über das Gesicht des ehemaligen Sklaven ihres Vaters.

 

Bei der Berührung zuckt Yami unwillkürlich zusammen. Er will zurückweichen. Doch hinter ihm ist der Tisch und auch sonst könnte er sich nicht bewegen. Starr vor Angst und Grauen sieht er in die eiskalten dunkelbraunen Augen, die sie mit ihrem Vater gemeinsam hat.

Zwar sagt er kein Wort, aber innerlich ist er am Schreien, dass sie ihre Hand wegnehmen soll, dass sie kein Recht hat, ihn so zu berühren, da er nicht mehr ihrem Vater gehört. Doch so sehr er es auch möchte, er kann keinen Ton über seine Lippen zwingen.

Das einzige, was er machen kann, ist seine Finger in der Tischplatte zu verkrallen und zu hoffen, dass sie bald von ihm ablässt.

 

Sich dem Sklaven noch einen Schritt weiter nähernd, legt sie ihm die Hand auf die Brust. „Hast du mich denn gar nicht vermisst? Oder unsere schönen Spielchen in Vaters Keller? Oder dann später in der Nacht in meinem Zimmer?“ Als sie nach seiner Hand greifen möchte, fällt ihr Blick auf die Bananen. „Nana, wolltest du etwa mit den Bananen rumspielen? So wie ich und Vater es damals mit dir gemacht haben?“, tadelnd bewegt sie den Finger vor dem Gesicht des Sklaven hin und her, ehe sie sich schon beinahe an ihn schmiegt.

 

Vor Ekel ist Yami richtiggehend schlecht. Dazu kommt die Wut über sich selbst, dass ihm sein Körper nicht gehorchen möchte. Wenigstens kann er den Kopf zur Seite drehen, als sie ihm ihre Lippen auf den Mund pressen möchte.

 

In dem Moment ertönt eine Stimme.

 

„Was ist denn hier los? Veronica, was machst du hier mit Yami? Du wolltest doch auf die Toilette gehen!“, sich am Treppengeländer festhaltend steht Rebecca auf der untersten Stufe und sieht ungläubig auf die Szenerie, die sich ihr bietet.

 

Lächelnd dreht sich Veronica halb um, so dass sie ihre Freundin ansehen kann. „Was ich hier mache? Ich habe mit dem ehemaligen Sklaven meines Vaters etwas Spass und löse so auch gleich dein Problem. Denn bestimmt ist dein Yugi nicht dazu bereit ihn zu behalten, wenn er erfährt, was der Sklave mit mir oder dir hier unten getan hat.“

 

Geschockt hört Yami jedes einzelne Wort, das seine Peinigerin sagt. Doch bevor er etwas machen könnte, dreht sie sich wieder zu ihm um und legt nun ihre Hand auf seinen Schritt. Gepeinigt dreht er nun den Kopf noch mehr zur Seite. „Bitte nicht.“ Kommt es endlich über seine Lippen.

 

Rebecca weiss nicht, warum sie das jetzt tut. Denn schliesslich kann sie Yami nicht leiden, aber das was Veronica vorhat, geht eindeutig zu weit. Dazu noch der gepeinigte Ausdruck in seinem Gesicht.

Entschlossen schiebt sie sich zwischen ihn und Veronica. „Hör auf! Das geht eindeutig zu weit. Siehst du denn nicht, dass er nicht will? Ausserdem hast du gar kein Recht, ihn ohne Yugis Erlaubnis zu benutzen.“ Die Arme in die Seiten gestützt, sieht sie ihre beste und auch einzige Freundin an, die sie jetzt mit zusammengekniffenen Augen mustert.

„Was fällt dir ein, so mit mir zu reden. Ausserdem, gehörst du etwa zu diesen verachtenswerten Sklavenfreunden? Ich habe jedes Recht, mir von ihm zu nehmen, was ich will“, angewidert spricht sie diesen Vorwurf aus. Ist es doch eine der grössten Beleidigungen die es gibt. Sklavenfreund!

 

Bei den Worten und dem Tonfall zuckt Rebecca regelrecht zusammen. Trotzdem bleibt sie bestimmt vor Yami stehen, der gar nicht glauben kann, was hier gerade geschieht.

„Veronica, wenn du das so siehst, dann geh. Denn ich lasse nicht zu, dass du in diesem Haus einen Sklaven quälst. Egal wem er gehört! Hast du mich verstanden?“, das Kinn nach oben reckend fixiert sie ihre Freundin die sich jetzt wütend abwendet. Hat sie sich doch ein wenig Spass mit dem Sklaven erhofft. „Wenn das so ist, sind wir die längste Zeit Freundinnen gewesen! Denn mit einer Sklavenfreundin will ich nichts zu tun haben.“

 

Als Yami hört, wie oben die Haustür zugeschlagen wird, sackt er am ganzen Körper zitternd zusammen. Was Rebecca erschrocken herumfahren lässt, ist sie doch schon mehr oder weniger wieder auf dem Weg nach oben gewesen. Geschockt sieht sie nun, wie sich der sonst so stark wirkende Yami die Hand vor den Mund schlägt und mit den Tränen zu kämpfen scheint.

„Was hast du? Soll ich Yugi holen?“, besorgt geht sie wieder zu ihm und will ihm die Hand auf den Oberarm legen. Doch er zuckt mit schreckgeweiteten Augen zurück. „Nicht, bitte. Bitte nicht anfassen.“

Sofort lässt sie ihre Hand sinken und macht auch noch zusätzlich einen Schritt zurück. Was wohl richtig zu sein scheint, denn er entspannt sich wieder etwas. Wenn auch nur minimal. „Was haben sie dir nur angetan, dass du solche Angst hast. Du warst vorhin ja regelrecht erstarrt.“

 

Um seine Selbstbeherrschung wieder zu erlangen, schliesst Yami die Augen. So verrückt es sich anhört, ist er doch froh, dass die Göre noch hier ist. „Nimm das Schlimmste, was du dir Vorstellen kannst und multipliziere es mit unendlich. Das ganze fünf Jahre lang. Dann hast du ungefähr eine Vorstellung.“ Er ist sich nicht bewusst, dass er Rebecca gerade duzt, aber ihr fällt es auf.

Sagen tut sie aber nichts dazu, denn auch wenn sie, wie ihr Grossvater, auf die korrekte Anrede besteht, kann sie Yami doch jetzt nicht dafür tadeln. Ausserdem ist sie gerade auch viel zu schockiert über diese Information, als dass sie jetzt die unausstehliche Miss Rebecca sein könnte.

Auf einmal fällt ihr Blick auf die Bananen, die immer noch auf dem Boden liegen. „Solltest du die für Maria holen? Will sie vielleicht ihr Bananen-Honig-Joghurt Dessert machen?“, fragend sieht sie Yami an, nachdem sie die Bananen vom Boden aufgehoben hat.

„Kann sein, ich sollte auch noch die beiden Joghurtgläser mit hochnehmen.“ Mit zitternden Fingern will er nach den Gläsern greifen, doch sie werden schon von Rebecca genommen. „Dann bringe ich ihr das und du setzt dich ins Wohnzimmer“, bestimmend sieht sie ihn an, bis er leicht nickt. „Okay, könnten Sie ihr dann bitte auch sagen, dass ich kein Dessert möchte, Miss Rebecca? Ich kriege beim besten Willen keine Bananen runter.“ Hoffend, dass sie jetzt nicht nachfragt, sieht er sie an.

 

Es dauert einen Moment, in dem Rebecca wirklich nachfragen möchte, aber dann nickt sie bloss. „Ist gut und jetzt ab mit dir an die Wärme. Du zitterst ja immer noch und hier unten ist es wirklich sehr kühl.“

Um sicher zu gehen, dass er den Weg nach oben wirklich schafft, geht sie hinter ihm die Treppe nach oben schiebt dann die Tür mit dem Fuss zu. Denn so wie Yami wirkt, ist er nicht einmal dazu wirklich in der Lage. „Geh jetzt ins Wohnzimmer. Ich komme gleich nach und schaue nach dir.“ Zu ihrem Erstaunen nickt er bloss und geht dann tatsächlich in Richtung Wohnzimmer.

 

Jetzt bringt sie aber erst einmal die Lebensmittel in die Küche. Dort wird sie von einer erstaunten Maria empfangen, die ihr ihre Last schnell aus den Händen nimmt. „Cosa ist passiert?“, besorgt blickt Maria nun zur Tür. In der Hoffnung, dass Yami auftaucht und ihr alles erklärt.

„Ach, ich habe ihm die Sachen abgenommen, weil er dringend zur Toilette musste und ich soll dir sagen, dass er keine Bananen isst.“

Über den vollkommen ungläubigen Gesichtsausdruck Marias ist sie ja schon ein wenig beleidigt. Man könnte ja beinahe glauben, dass sie nie etwas Nettes tun würde.

Deswegen geht sie jetzt auch schnell aus der Küche, bevor Maria noch etwas sagen könnte, was sie trotz der Affäre die sie mit ihrem Grossvater hat, bereuen würde.

 

In der Wohnzimmertür bleibt Rebecca still stehen und beobachtet Yami, der zusammengesunken auf dem Sofa sitzt. Erst jetzt wird ihr wirklich bewusst, was im Keller passiert wäre, wenn sie Veronica nicht aufgehalten hätte. Dazu noch das, was er ihr gesagt hat. Mit den Tränen kämpfend lehnt sie sich nun im Flur an die Wand neben der Tür.

Wie konnte er das nur Überleben und jetzt noch so normal sein? Jeder andere Mensch wäre doch sicher durchgedreht oder hätte sich das Leben genommen. Nicht umsonst gibt es ja kaum Sklaven, die über 30 Jahre alt werden und Lustsklaven sterben meist noch deutlich früher.

Mit einem plötzlich schlechten Gewissen, dass sie ihm seit seiner Ankunft hier das Leben so schwer gemacht hat, fasst Rebecca einen Entschluss. Zwar kann sie das was sie getan hat nicht Rückgängig machen, aber von jetzt an wird sie etwas freundlicher zu ihm sein.

 

Sich einmal mit der Hand über die Augen fahrend, richtet sie sich wieder auf und atmet einmal tief durch. Mit einem künstlichen Lächeln geht sie jetzt ins Wohnzimmer und mit einem Blick auf Yami zu dem kleinen Tisch, auf dem ihr Grossvater seinen guten Whisky und ein paar Gläser stehen hat. Sorgfältig giesst sie einen Fingerbreit der goldgelben Flüssigkeit in zwei der Gläser.

 

Von all dem bemerkt Yami nichts, ist er doch durch die vorhergehende Stille im Wohnzimmer viel zu sehr in seinen Gedanken gefangen, so dass erschrocken zusammenzuckt, als plötzlich das Glas vor seinem Gesicht auftaucht.

„Hier nimm. Grossvater trinkt auch immer einen Whisky, wenn er etwas zur Beruhigung braucht oder ihn etwas extrem beschäftigt.“

Weil Yami sie nur verständnislos ansieht drückt sie ihm das Glas regelrecht in die Hände, ehe sie sich mit einem tiefen Seufzen in den Sessel rechts von dem Sofa fallen lässt.

Vorsichtig trinkt sie einen kleinen Schluck, mag sie doch eigentlich den starken Alkohol nicht so besonders, aber jetzt braucht auch sie einen Drink.

 

Erst jetzt erwacht Yami aus seiner Erstarrung und nimmt auch einen Schluck. Sofort breitet sich ein warmes Gefühl in seinem Inneren aus und vertreibt die Kälte. Zwar nicht so gut wie Yugi, aber im Moment ist es besser als gar nichts.

 

Schweigend sitzen sie da. Die leeren Gläser in den Händen haltend, bis Rebecca plötzlich die Stille durchbricht. „Warum hast du dich nicht gewehrt? Ich meine, du bist doch viel Stärker als sie“, fragend sieht sie Yami an, der jetzt den Kopf auf der einen Hand abstützend, tief durchatmet, ehe er sie ansieht. „Ich konnte nicht. Es... war, als würde mir mein Körper nicht mehr gehorchen. Kurz gesagt, ich war von dem Moment an, als ich sie gesehen habe, wie erstarrt.“ Kurz schliesst er die Augen, ehe er den Blick wieder auf sie richtet. „Warum haben Sie mir geholfen, Miss Rebecca? Das wäre doch die Möglichkeit gewesen, mich endgültig loszuwerden.“ Sie keinen Moment aus den Augen lassend, fixiert er sie mit seinem Blick, während er sich auf dem Sofa zurücklehnt. So entgeht ihm auch nicht die kleinste Regung von ihr.

 

Mit einem bitteren Ausdruck lehnt sich Rebecca zurück. „Du musst ja eine hohe Meinung von mir haben, wenn du wirklich glaubst, dass ich dich so am Boden sehen will.“ Kurz lacht sie humorlos auf. „Es ist ja ehrlich gesagt auch kein Wunder, so wie ich mich in den letzten Tagen verhalten habe.“

Erst jetzt sieht sie ihn direkt an, wundert sie sich doch, dass er bis jetzt nichts gesagt hat. Fest rechnet sie damit, einen abwertenden Ausdruck in seinem Gesicht zu lesen. Doch sie kann nur ehrliche Neugier erkennen.

„Weisst du, ich bin sonst nicht so, aber ich kann einfach nicht verstehen, dass ein einfacher Sklave, so wie du es bist, das Herz von Yugi erobern konnte. Dabei liebe ich ihn doch schon seit er für sein Studium hier gewohnt hat und jetzt kommst du und nimmst ihn mir weg."

 

Ruhig hat Yami ihr zugehört. Sich mit den Ellbogen auf seinen Knien abstützend sitzt er jetzt nach vorn gebeugt da. „Miss Rebecca, ich kann Ihnen nichts wegnehmen, das ihnen niemals gehört hat. Ausserdem ist es wohl eher so, dass Yugi mich erobert hat, aber das tut jetzt nicht wirklich etwas zur Sache. Nur frage ich mich wirklich, ob es nicht eher eine Art Vernarrtheit ist, die Sie fühlen und einfach nicht von der Vorstellung, ihn zu heiraten, loskommen wollen." Einen Moment schweigt er, um ihr die Zeit zu geben, etwas darauf zu erwidern. Doch sie schweigt. „Miss Rebecca. Sie scheinen mir eine intelligente junge Frau zu sein, auch wenn Sie zu Anfang eher den Eindruck einer einfältigen und dummen Person auf mich gemacht haben. Bitte verzeihen Sie mir meine direkten Worte, aber das ist nun mal die Wahrheit." Fügt er noch schnell hinzu, als er ihren empörten Gesichtsausdruck sieht.

 

Rebecca ist zu ihrer eigenen Überraschung nicht wirklich wütend auf ihn. Denn wenn sie ehrlich zu sich selbst ist, hat sie sich ja auch wirklich so verhalten, dass dieser Eindruck entstehen musste.

„Es ist nur, Yugi war der Erste, der freundlich zu mir gewesen ist. Auch wenn er mir öfters mal fiese Streiche gespielt hat, als wir beide noch Kinder gewesen sind. Ausserdem hat er mir bei meinen Hausaufgaben geholfen, als er hier gewohnt hat. Das macht man doch nicht, wenn man nichts für den anderen fühlt und dann hat mir Veronica noch gesagt, dass dieses Schwulsein nur eine Phase ist. Ausserdem hat sie ja auch einen Mann geheiratet, der von sich immer behauptet hat, dass er nur Männer will und der ist ja sogar früher mal mit Yugi zusammen gewesen. Also..." „Miss Rebecca", fällt ihr Yami nun ins Wort. „Als erstes ist das einfach Yugi. Er ist ein hilfsbereiter Mensch und vielleicht hat er ja damals noch versucht eine Freundschaft zu Ihnen aufzubauen, als er hier gewohnt hat. Wenn sie allerdings so weitermachen, werden Sie sich auch die Chance darauf, dass er Sie als PLATONISCHE Freundin betrachtet, verbauen." Absichtlich betont er das eine Wort besonders. Nicht, dass sie sich doch noch Hoffnungen auf mehr macht.

„Was diese Veronica angeht. Ich denke, vorhin haben Sie einen Blick auf ihr wahres Gesicht werfen können und so wie ich Ihre Reaktion darauf deute, haben Sie diese Seite von ihr zuvor nicht gekannt. Ausserdem hat dieser Mamoru sie nur geheiratet, weil er Geld für sein Studium gebraucht hat und nicht, weil er sie als Person mag. Ich weiss zwar nicht was er studiert, aber so wie ich das sehe, hat er es mit dem Studium nicht so besonders eilig. Sonst wäre er doch sicher schon längst fertig." Ernst sieht er in ihr Gesicht und erkennt, dass seine Worte sie wohl zum Nachdenken bringen.

 

„Was ist denn hier los?", ertönt plötzlich Yugis Stimme von der Tür her, als Rebecca etwas auf Yamis kleine Rede erwidern möchte. Erstaunt blicken die beiden nun in Richtung Flur.

„Yugi!" Mit einem erfreuten Lächeln im Gesicht, das auch in seiner Stimme hörbar ist, will Yami aufstehen. Doch noch bevor er sich erheben kann, steht Yugi vor ihm und sieht ihm besorgt in die Augen. „Was ist passiert? Was hat Rebecca mit dir gemacht?" Schon will er sich mit einem wütenden Blick zu ihr umwenden, doch eine Hand in seinem Nacken hält ihn davon ab. „Yugi, sie hat gar nichts mit mir gemacht. Im Gegenteil, sie hat mich im wahrsten Sinne des Wortes vor ihrer besten Freundin gerettet." Beruhigend lächelt er seinen Sharik an. Der ihn schockiert anblickt.

 

„Was? Was ist passiert? Was hat diese Frau dir angetan?" Nach Verletzungen suchend, lässt Yugi seine Augen über Yami wandern. Doch zu seiner Erleichterung kann er nichts entdecken, nur muss dies ja nichts heissen, denn die schlimmsten Verletzungen sind ja leider nicht immer zu sehen.

Hopkins, der inzwischen auch eingetreten ist und Rebecca ignorierend, kniet sich Yugi vor Yami hin und nimmt ihm das Glas aus der Hand, das er nun blind hinter sich auf den niedrigen Tisch stellt.

Erst jetzt legt er seine Hände auf die Wangen seines Liebsten, der daraufhin die Augen schliesst. „Sie hat mich nur angefasst. Zu mehr ist sie glücklicherweise nicht gekommen." Kaum hat er das gesagt schlingen sich die Arme seines Shariks um ihn und ziehen ihn in eine trostspendende Umarmung.

Hat Yami bis jetzt nicht gemerkt, wie sehr ihn das Geschehene doch aus der Bahn geworfen hat, so merkt er es jetzt. Mit einem unterdrückten Schluchzen legt er seinen Kopf auf Yugis Schulter und verkrallt seine Hände regelrecht in dem Stoff auf dem Rücken seines Shariks.

 

Leise tritt Hopkins auf Rebecca zu und legt ihr die Hand auf die Schulter. „Na komm. Lassen wir die beiden etwas allein." Lächelnd sieht er seine Enkelin an, die mit einem traurigen Blick zu den beiden nickt und aufsteht." Ihr Glas nun auch auf den Tisch stellend, folgt sie ihrem Grossvater aus dem Wohnzimmer und dann ins Esszimmer, wo schon das Geschirr für das Mittagessen steht.

 

Sich rücklings an das Fensterbrett lehnend sieht er Rebecca nun ernst an. „Du wirkst anders, als in den letzten Tagen. Was ist passiert und warum trinken du und Yami von meinem guten Whisky?"

 

Mit einem Seufzen lässt sich Rebecca auf einen der Stühle fallen. „Veronica hat Yami bedrängt und ich will nicht wissen, was noch passiert wäre, wenn ich nicht dazugekommen wäre.“ Jetzt sieht sie ihren Grossvater bedrückt an. „Sie hat mich als Sklavenfreundin beschimpft und unsere Freundschaft gekündigt. Was vielleicht auch besser ist. Oder?“

 

Traurig nickt Hopkins. „Ich habe ehrlich gesagt nur darauf gewartet, dass eure Freundschaft zerbricht. Denn es ist bekannt, dass ihr Vater zu den wohl brutalsten Sklavenbesitzern gehört und sie scheint auch nicht viel besser als er zu sein. Darum finde ich es ehrlich gesagt wirklich besser, dass du nicht mehr unter ihrem Einfluss stehst.“ Nachdenklich mustert er seine Enkelin. „Also darum habt ihr Whisky getrunken, um euch wieder zu beruhigen.“

 

Auf diese Feststellung hin nickt Rebecca zustimmend. „Ja, ich musste mich irgendwie beruhigen und dachte, dass es ihm auch guttut.“ Auf ihre Hände blickend denkt sie einen Moment lang nach. „Wir haben geredet. Bin ich wirklich dabei, Yugi durch mein Verhalten, als Freund zu verlieren?“, fragend und zugleich bangend sitzt sie da.

 

Ernst blickt Hopkins nun zur Seite, ehe er wieder die Augen auf seine Enkelin richtet. „Wenn ich ehrlich bin, ja. Wenn du Glück hast, dann gibt er dir noch eine Chance, aber nur, wenn du dich von jetzt an wirklich anders verhältst und endlich akzeptierst, dass er dich niemals lieben wird.“ Zu seinem Erstaunen wird ihm nicht widersprochen.

„Ich denke, ich habe es verstanden. Nur muss ich damit erst fertig werden.“ Erst jetzt hebt sie ihren Blick wieder an. „Sie lieben sich wirklich. So wie Yugi ihn angesehen und wie Yami auf ihn reagiert hat. Denn als ich ihn berühren wollte, da ist er nämlich zurückgewichen, aber Yugi darf ihn anfassen und er scheint es zu geniessen.“ Nachdenklich spielt sie mit einer der Servietten, die auf dem Tisch liegen.

 

Eine Weile herrscht Stille im Raum, bis sich Hopkins leise räuspert. „Ich habe etwas mit Yugi darüber gesprochen und ich denke, es hilft dir zu verstehen, wie tief die Verbindung der beiden ist.“ Erst als er sich sicher ist, dass seine Enkelin ihm wirklich aufmerksam zuhört, spricht er weiter. „Das was du vorhin gesehen hast, wäre vor ein paar Wochen noch nicht möglich gewesen. Du musst dir Yamis Zustand nämlich wie einen zerbrochenen Spiegel vorstellen, den er jetzt dabei ist, Stück für Stück und sehr langsam wieder zusammenzusetzen. Jeder Tag ist ein Kampf für ihn und Yugi ist dabei sein einziger Halt. Sie lieben sich auf einer Ebene, die du nur sehr selten antriffst und auch darum habe ich angeboten, dass Yami hier bei uns isst und nicht mehr in der Küche.“

 

Über die Worte nachdenkend, sieht Rebecca nun aus dem anderen Fenster. „Dabei wirkte Yami auf mich bis heute so selbstbewusst und stark.“ Sie bemerkt nicht, wie ihr Grossvater sich vom Fensterbrett löst und auf sie zukommt. Erst als sie seine Hand auf der Schulter spürt, wendet sie sich wieder um.

 

Lächelnd sieht Hopkins seine Enkelin an. „Das ist er auch, denn sonst hätte er all die Jahre nicht überlebt. Allerdings musst du auch bedenken, dass er seelisch sehr schwer verletzt worden ist. Dies macht ihn gleichzeitig auch sehr verletzlich und diese Seite hast du heute das erste Mal wirklich wahrgenommen, weil du ihn mal nicht mit Hass angesehen hast. Denn sonst hättest du diese Seite schon bemerkt, als er uns den Schokoladenpudding gebracht hat und auch gestern, nachdem er den Text übersetzt hatte.“

Nun ernst geht er vor ihr ein wenig in die Knie, so dass er ihr besser ins Gesicht sehen kann. „Darum sage ich dir jetzt eins. Vermeide in Yamis Anwesenheit das Wort Liebe. Besonders wenn es sich auf ihn bezieht und sprich nicht mehr von Veronica oder Kaiba“, beschwörend sieht er sie an, bis sie nickt. Zwar wirkt sie ziemlich verwirrt deswegen, aber sie fragt nicht weiter nach.

 

Unterdessen hat es sich Yugi im Wohnzimmer mehr oder weniger auf Yamis Schoss bequem gemacht, weil es auf dem Boden auf Dauer doch etwas unbequem geworden ist. Sanft krault er ihn im Nacken, während sein Liebster das Gesicht immer noch in seinem Oberteil vergraben hält.

 

Yami ist froh, dass er nicht reden muss und ihn sein Sharik trotzdem versteht. Dazu kommt noch die Erleichterung, dass er dies immer noch geniessen kann. Hatte er doch befürchtet, dass nun wieder die Angst in ihm hochkommt.

Nach einer Weile hebt er seinen Kopf und sieht Yugi voller Liebe an, ehe er ihm einen sanften Kuss gibt.

„Danke, dass du immer für mich da bist. Selbst wenn ich es nicht einmal bemerke, dass ich dich brauche.“

 

Lächelnd streicht ihm Yugi die übliche hartnäckige Strähne aus dem Gesicht. „Du bist halt manchmal etwas blind, wenn es um dich selbst geht. Mein liebster, ab und zu etwas dummer Schatz.“

Wie auf Kommando beginnt ihn Yami nun durchzukitzeln. „Hey...“, lachend windet er sich auf Yamis Schoss hin und her.

 

Grinsend hält Yami seinen Sharik fest. „Nennst du mich immer noch dumm?“ Als nun ein Kopfschütteln als Antwort kommt, drückt er noch einmal seine Lippen auf Yugis.

 

Erst als sie ein lautes Räuspern hören, lösen sie sich wieder von einander. Neugierig, wer das denn nun ist dreht sich Yugi auf Yamis Schoss um. Erst jetzt kann auch der sehen, dass Maria grinsend in der Tür steht. „Ich störe zwar nur ungern, aber das Pranzo steht auf dem Tavolo.“ Sich schon wieder abwendend blickt sie noch einmal zu Yami. „Ach ja und dein Bananen-Honig-Joghurt Dessert habe ich mit Apfelstücken gemacht. Hoffentlich schmeckt er dir.“ Ihm zuzwinkernd dreht sie sich ganz um und lässt zwei sprachlose Männer zurück.

 

Nachdem sie sich wieder etwas erholt haben, stehen sie auf und gehen Hand in Hand ins Esszimmer.

Dort ist wirklich schon das Essen auf dem Tisch. Weshalb sie sich schnell hinsetzen.

„Entschuldigt, dass ihr warten musstet. Wir haben gar nicht bemerkt, dass es schon so spät ist“, spricht Yugi für sie beide an Hopkins und Rebecca gewandt. Ist dann allerdings überrascht, als auch Rebecca lächelnd nickt und nicht wie gestern böse zu Yami blickt.

„Das macht doch nichts, Yugi. Maria und Nancy haben das Essen gerade erst gebracht.“ Kommt es dann sogar von ihr, was ihn nun wirklich vollends verwirrt. Die Augenbraue hochziehend sieht er Rebecca an und fragt sich, ob sie nicht vielleicht krank ist?

 

Doch es kommt jetzt noch dicker, denn jetzt wandert ihr Blick zu Yami. „Geht’s dir wieder ein wenig besser?“ Immer noch freundlich lächelnd sieht sie ihn an.

Was Yugi und Yami einen erstaunten Blick tauschen lässt, ehe sich Yami leicht mit den Schultern zuckend ihr zuwendet. „Ja, es geht mir wieder besser. Miss Rebecca.“ Aufmerksam mustert er ihr Gesicht und auch ihre Körperhaltung. Doch abgesehen davon, dass sie ein wenig angespannt wirkt, kann er nichts Verdächtiges feststellen, weshalb er ihr Verhalten erst mal als Folge ihres Gespräches ansieht.

 

Schmunzelnd beobachtet Hopkins die Reaktionen der beiden jungen Männer. Vor allem bei Yugi kann er deutlich, das Erstaunen über das Verhalten Rebeccas sehen. Bei Yami ist es deutlich schwieriger, aber auch der scheint gerade nicht zu wissen, was er von der ganzen Situation halten soll.

Nun wird es allerdings wirklich Zeit, dass sie mit dem Essen beginnen. „Ich würde sagen, wir fangen langsam mal an, bevor alles kalt wird“, grinsend sieht er in die Runde. „Ich wünsche einen guten Appetit.“

Als hätten die Anderen nur darauf gewartet, greifen sie nun nach den beiden Platten und der Salatschüssel.

 

Geduldig wartet Yami wieder ab, bis sich alle anderen von der ersten Platte bedient haben. Erst dann nimmt auch er sich von der Rösti und sucht sich dann ein kleineres der Schweinswürstchen aus. Kaum hat er das auf den Teller gelegt, hält ihm Rebecca die Salatschüssel hin. „Hier bitte und nimm dir viel von der Salatsauce. Ich sage dir eins, Maria macht die beste italienische Sauce die es gibt.“

Erstaunt nimmt er ihr die Schüssel ab und stellt sie neben seinem Teller hin. „Danke, Miss Rebecca.“

Wie von ihr geraten tut er sich noch etwas Extrasauce auf die Salatblätter, ehe er die Schüssel wieder in die Mitte des Tisches stellt.

 

Diese kleine Geste von ihm, dass er ihren Rat angenommen hat freut sie ungemein. Was sie selbst erstaunt, denn nie hätte sie gedacht, dass es ihr wichtig sein könnte, dass ein Sklave auf sie hört.

 

Nach dem Hauptgang, schieben sie wieder die Teller etwas weiter nach innen, so dass genug Platz für die kleinen Dessertschalen ist.

Kritisch beäugt Yami die weisse Masse mit den Apfelstücken oben drauf, ehe er vorsichtig ein wenig davon probiert. Leicht säuerlich und doch süss, dazu noch ein Hauch von einem Gewürz, das er jetzt nicht wirklich benennen kann, aber es schmeckt.

 

Neugierig blickt Yugi zu Yami, der mit seiner Apfelvariante, ganz zufrieden zu sein scheint. „Willst du es vielleicht doch mal mit Banane versuchen?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der mit zusammengekniffenen Lippen den Kopf schüttelt. „Nein danke, mit Äpfeln ist es mir lieber.“

Verstehend nickt Yugi, hat er sich doch schon so was gedacht. Denn auch wenn Yami ihm nichts erzählt hat, kann er sich doch denken, was es mit den Bananen auf sich hat. Schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass Yami sich rigoros weigert, diese zu essen. Nur hat er damals dazu noch beinahe panisch reagiert, als er sie gesehen hat, weshalb Grossvater diese schon seit Monaten aus der Küche verbannt hat. Was er nicht wirklich schade findet. Erstens sind sie verdammt teuer und zweitens kann er ihnen auch nicht wirklich viel abgewinnen, wenn sie nicht wie hier mit Joghurt gemischt sind.

 

Schliesslich ist auch der Nachtisch aufgegessen und nach einem Blick aus dem Fenster steht Yugi auf. „Es tut mir leid, aber Yami und ich müssen nun los. Der Markt ruft und ich will möglichst früh da sein.“ Im Augenwinkel bemerkt er, dass auch Yami sich erhoben hat, jedoch darauf wartet, dass er sich als Erster vom Tisch entfernt.

 

Weil Yugi ihn abwartend ansieht, nickt Hopkins nach einem Moment. „Ist gut, dann wünsche ich dir gute Geschäfte und sage einfach mal bis heute Abend.“

 

„Ja, bis heute Abend“, erwidert Yugi sich schon abwendend und sieht dann zu Yami. „Kommst du oder willst du lieber hierbleiben?“ Auf die Antwort muss er nicht lange warten, denn sofort verlässt dieser auch den Tisch und eilt an seine Seite.

 

Gemeinsam gehen sie durch den Flur bis zur Treppe, dort trennt sich Yugi von Yami, weil er ja noch seine Tasche und den Geldbeutel holen muss. Da findet er die kühleren Jahreszeiten schon praktischer, weil er den Geldbeutel dann bequem in einer der Jackentaschen verstauen kann, wenn dieser wegen den ganzen Silbermünzen etwas grösser ausfällt und deswegen nicht mehr in seine Hosentasche passt.

 

Unterdessen geht Yami schon mal in den Stall, um die Pferde für den Gang auf den Markt vorzubereiten. Doch dazu kommt es nicht, denn Lenny eilt schon auf ihn zu, als er den Stall betritt. „Lass mich raten, ihr nehmt beide Pferde mit? Ich habe sie schon geputzt und muss ihnen nur noch die Tragegeschirre anziehen. Du kannst es dir also ruhig gemütlich machen und auf Yugi warten.“

Von dem Überfall total perplex nickt Yami nur und weiss gar nicht wirklich, was er denn jetzt machen soll.

Nach einigen Sekunden folgt er dann Lenny zum Anbindebalken, wo jetzt schon beide Pferde angebunden dastehen und ihn mit einem lauten Wiehern, respektive Brummeln begrüssen.

Darüber schmunzelnd, wie unterschiedlich die beiden trotz ihres beinahe gleichen Aussehens doch sind, stellt er sich zwischen die beiden und krault sie ausgiebig. „Na ihr Racker, haltet ihr Lenny und Jim auch schön auf Trab? Ich darf ja offensichtlich nichts mehr machen und muss gelangweilt zusehen, wie sich Lenny abrackert.“

 

So findet ihn auch Yugi vor, der sich jetzt schmunzelnd an die Wand lehnt und zusieht, wie Lenny gekonnt, die Gurte festzieht. „Kann es etwa sein, dass Lenny dich nicht mehr arbeiten lässt?“

 

Murrend blickt Yami über Blackys Rücken zu Yugi. „Nein, das sieht nur so aus. Ich langweile mich ja gern, während andere arbeiten.“

 

Über den Sarkasmus in Yamis Stimme lachend geht Yugi jetzt noch die letzten Schritte auf ihn und die Pferde zu. „Ich nehme mal an, das liegt daran, dass du jetzt bei uns isst und nicht mehr in der Küche. Tja, mein Schatz, du bist jetzt halt in seinen Augen auch etwas Besseres. Ich darf im Stall übrigens auch keine Finger krumm machen und wehe ich habe mich mal nicht daran gehalten und eins der Pferde selbst gesattelt, weil ich Ausreiten wollte.“

 

Stöhnend legt sich Yami nun die Hand an die Stirn. „Na toll und was soll ich denn dann machen? Da langweile ich mich doch zu Tode und Maria kann ich auch nicht wirklich helfen.“

 

Auf diese Frage scheint Lenny gewartet zu haben. „Du kannst dich um Yugi kümmern und auf ihn aufpassen, wenn er irgendwo hingeht“, wirft der jetzt nämlich ein, was Yami nur die Augen verdrehen und Yugi unterdrückt kichern lässt.

„Super, also muss ich dir jetzt den ganzen Tag hinterherlaufen und dich wohl morgens am besten nicht mehr aus dem Zimmer lassen, bis es Zeit für den Markt wird.“ Bewusst zweideutig sieht er jetzt zu Yugi, der auch prompt rot anläuft.

 

Doch zu Yugis Glück ist Lenny nun fertig und erspart ihm so, sich eine passende Antwort zu überlegen.

Er selbst greift sich jetzt Blackys Zügel und überlässt Yami Rocky.

Schweigend verlassen sie dann den Hof und biegen in die Hauptstrasse zum Markt ein.

 

Wieder betrachtet sich Yami seine Umgebung genau und ist auch diesmal überrascht, wie unterschiedlich die kleinen Vorgärten doch aussehen. So kommt es, dass sie auf der ganzen Strecke kein Wort sagen und als sie in Sichtweite des Marktes kommen, sind dann auch so viele Leute unterwegs, dass es besser ist, wenn Yugi ihn wieder wie einen normalen Sklaven behandelt.

 

Deswegen drückt ihm Yugi jetzt Blackys Zügel in die Hand und geht mit seinem üblichen professionellen Gesichtsausdruck über den Markt.

Den Kopf nun leicht gesenkt haltend, folgt ihm Yami mit ein paar Schritten Abstand, an den Ständen vorbei. Trotzdem mustert er seine Umgebung genau und staunt jetzt darüber, wie viele Händler jetzt hier ihre Stoffe und auch Snacks anbieten.

 

Wie auch am ersten Tag, steuert Yugi erst einen Marktstand an, als er einmal über den ganzen Markt gegangen ist.

 

Mit etwas Abstand dastehend beobachtet Yami, wie Yugi mit dem Händler über den Preis für gleich drei Baumwollstoffe verhandelt.

 

„Auf keinen Fall zahle ich für diese drei Ballen 90 Silbermünzen. Dafür ist die Qualität nicht gut genug. Ich zahle maximal 80 Silbermünzen und keine einzige mehr.“ Fest sieht Yugi den Händler aus Yamagata an, der nun mit den Zähnen knirschend nickt. „Na gut. 80 Silbermünzen, Sie sind echt ein harter Verhandlungspartner, Herr Muto.“

 

Jetzt winkt Yugi Yami zu sicher heran, während die Stoffballen in Leinen eingewickelt werden. „Binde die auf Rockys Rücken fest.“ Erst als dieser bestätigend nickt, holt er seinen Geldbeutel aus der Tasche und beginnt die Silbermünzen in die kleine Schale abzuzählen, die für diesen Zweck zwischen den Stoffen steht.

 

Erst als auch der Händler vor seinen Augen die Münzen abgezählt hat, ist der Kauf für beide Seiten abgewickelt. „Vielen Dank, Herr Muto und bis zum nächsten Mal.“ Mit einem professionellen Lächeln reichen sie sich die Hände. „Ich muss Ihnen danken Herr Aichi und bis zum nächsten Jahr.“ Zufrieden, dass er so ein gutes Geschäft gemacht hat, wendet sich Yugi jetzt um und steuert zielsicher den nächsten Stand mit edler Baumwolle aus Hokkaido an.

 

Nicht einmal geht Yugi zu einem der chinesischen Händler, was Yami wirklich erstaunt.

Nur kann er ihn ja jetzt schlecht Fragen, denn auch hier kommen immer wieder Bekannte seines Shariks auf ihn zu, um mit ihm ein paar Worte zu wechseln. Was ihn dann noch die Zähne knirschen lässt, als einer der Typen seinem Yugi eindeutig zu nahe kommt. Wieso zum Teufel muss der ihm auch die Hand auf den Hintern legen und dann ein eindeutig zweideutiges Angebot machen, das nur noch schlimmer wird, als der Kerl merkt, dass er Yugis Sklave ist.  

Doch zum Glück wimmelt Yugi ihn mit dem eindeutigen Hinweis, dass er glücklich vergeben ist, ab und schielt dann grinsend zu ihm.

 

Nachdem sie zwölf Stoffballen sicher auf den Pferden verteilt haben, treten sie endlich den Heimweg an, ohne diesmal bei einem der Snackverkäufer eine Pause zu machen, dafür ist es Yugi eindeutig zu voll. Ausserdem hat er bei Hopkins zur Sicherheit noch eine Flasche Wasser eingepackt.

Die er nun, wo sie wieder im deutlich ruhigeren Teil ihres Heimweges sind aus der Tasche holt. Nachdem er den Deckel abgeschraubt hat, nimmt er Yami Blackys Zügel aus der Hand und hält ihm dafür die Flasche hin. „Aber bitte lass mir auch noch einen Schluck übrig“, zwinkert er ihm noch zu, was Yami grinsend den Kopf schütteln lässt, ehe er durstig zu trinken beginnt, bis die Flasche zur Hälfte geleert ist.

„Hier bitte, da hast du die Hälfte.“ Lachend nimmt ihm Yugi die Flasche ab und stillt nun auch seinen Durst. Diese ewige Rederei macht schon verdammt durstig. Erst als die Flasche leer ist, schraubt er den Deckel wieder drauf und verstaut sie wieder sicher in der Tasche.

 

Als sie jetzt weitergehen, führt er Blacky weiter am Zügel, der ihn jetzt immer wieder mit dem Kopf anstösst, weil er gekrault werden will. Irgendwann gibt Yugi genervt nach und beginnt ihn unter der Mähne am Hals zu kraulen.

 

Dies beobachtet Yami mit einem breiten Grinsen. Da hatte wohl Blacky diesmal eindeutig mehr Ausdauer. Weil Rocky nun aber beginnt, genervt zu Schnauben, krault auch er ihn ein wenig am Hals, was den Wallach sofort wieder zufriedener stimmt. Es kann ja auch nicht angehen, dass er als der Ranghöhere nicht gekrault wird.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit biegen sie endlich in den Hinterhof von Hopkins Haus ein, aber jetzt kommt noch die Schlepperei. Während sich Lenny schon mal daran macht, die Pferde zu tränken, tragen sie einen Stoffballen nach dem anderen ins Haus und sind dann wirklich fix und fertig, als sie die letzten beiden Ballen in den Raum tragen.

 

Jetzt ist Yami doch froh, dass er sich nicht auch noch um die Pferde kümmern muss und eilt hinter Yugi die Treppe nach oben, denn sie beide wollen eigentlich nur noch eins. Unter die Dusche und dann zu Abend essen.

Natürlich will Yugi aber zuerst die Zahlen in sein Notizbuch eintragen, weshalb Yami als Erster ins Badezimmer geht.

Dort lässt er sich so viel Zeit, dass Yugi in dem Moment fertig ist, als er wieder zurück ins Zimmer kommt. Dabei hatte der ja wirklich viel einzutragen.

 

Es sich mit frischen Sachen auf dem Bett bequem machend, wartet er nun auf Yugi, der nach überraschend kurzer Zeit und natürlich mit nassen Haaren wieder zurückkommt.

„Wieso hast du heute die Chinesen ausgelassen?“, richtet sich Yami wieder auf und sieht seinen Sharik nun fragend an. Der den Blick grinsend erwidert. „Das hat zwei Gründe. Einerseits habe ich eigentlich schon alles Seidenstoffe die ich nicht blind bei dem Händler in Domino bestellen möchte und andererseits sind die Preise am Freitag deutlich günstiger, als sie es jetzt sind. Da die armen Chinesen auf ihre eigenen Stoffe Einfuhrzölle bezahlen müssen, wenn sie wieder ins chinesische Reich einreisen.“ Sich neben Yami auf das Bett setzend schliesst er müde die Augen. Allerdings nur für einen Moment, denn es ist schon Zeit fürs Abendessen. „Bist du bereit, dich Hopkins und Rebecca zu stellen?“ Als jetzt Yamis Magen laut knurrt, lacht Yugi leise auf. „Ich denke, die Antwort ist eindeutig. Na komm, ab in die Höhle des Löwen.“

Kaum sind sie vom Bett aufgestanden, greift Yugi nach der Hand seines Liebsten und denkt auch gar nicht daran, diese wieder loszulassen.

 

Unten im Esszimmer werden sie schon von den anderen beiden erwartet. Was wohl so langsam zur Gewohnheit wird.

 

Zu Yugis Überraschung verläuft das Essen schweigend, denn Rebecca scheint so einiges zu beschäftigen und Hopkins hat wohl schon auf den ersten Blick gesehen, dass sie beide ziemlich erschöpft sind.

 

So kommt es, dass sie nach einem erstaunlich schnellen Abendessen wieder in ihrem Zimmer sind, wo sich Yugi mit einem erleichterten Seufzen, nur mit seinen Shorts bekleidet, auf das Bett legt. Allerdings bleibt er nicht lange liegen, denn Yami steht in Gedanken versunken da und betrachtet sich eine der Ölflaschen. „Was ist los?“, leicht besorgt steht Yugi wieder auf und geht zu seinem Liebsten.

 

Erst jetzt, wo Yugi neben ihm steht, hebt Yami seinen Blick. „Würdest du... würdest du mich die Hände dieser Frau vergessen lassen und... mich massieren?“, unsicher sieht er in die Augen seines Shariks, die ihn jetzt überrascht anblicken.

„Natürlich, wenn du das willst? Aber zwing dich nicht wie heute Morgen zu etwas, wozu du nicht wirklich bereit bist.“ Ernst sieht er seinen Liebsten an, bis dieser nickt. „Ich werde mich zu nichts zwingen. Versprochen.“

 

Nur ein wenig beruhigter, geht Yugi zum Schrank und holt ein grosses Badetuch daraus hervor, die Nancy für ihn immer darin verstaut. Nachdem er die Decke zurückgeschlagen hat, breitet er dieses auf der Matratze aus.

Dabei wird er ganz genau von Yami beobachtet, wie er jetzt bemerkt, als er sich zu ihm umwendet. „Dann zieh dich am besten bis zu deinen Shorts aus und wenn dir das zu viel ist, dann nur das Oberteil.“ Als er merkt, dass Yami nun doch nervös zu werden scheint, greift Yugi nach seiner eigenen Hose und zieht sie sich wieder an. „Ich denke, das ist besser so und jetzt leg dich einfach bequem auf den Rücken.“

 

Nur noch mit seinen Shorts bekleidet, legt sich Yami auf das Badetuch und sieht nun genau zu wie Yugi neben ihm kniend etwas von dem Öl in seine Hand giesst, ehe er die offene Flasche auf den Nachttisch stellt. „Noch eine kleine Frage, darf ich mich über deinen Unterkörper knien? So würde das massieren für mich besser gehen. Es ist aber kein Muss“, fragend sieht Yugi Yami an, der nach ein paar Sekunden nickt.

„Gut, aber wenn es für dich nicht gut ist, dann gehe ich wieder runter.“ Vorsichtig und im Zeitlupentempo kniet er sich unter dem aufmerksamen Blick seines Liebsten über dessen Oberschenkel und reibt seine Hände aneinander. Bevor er mit langsamen, aber festen Bewegungen ihn zu massieren beginnt.

Dabei fängt er bei den Schultern an und lässt seine Hände dabei immer tiefer wandern, dabei achtet Yugi auf wirklich jede Regung Yamis und geht auch nicht tiefer, als bis zum Bauchnabel.

Von dem aus arbeitet er sich wieder nach oben vor und beginnt dann auch Yamis Arme mit in die Massage mit einzubeziehen. Erst nimmt er sich den linken Arm und sogar die Hand vor. Wo er dann deutlich sanfter auch die Finger verwöhnt.

 

Inzwischen hat sich Yami vollkommen entspannt und liegt mit geschlossenen Augen die Massage geniessend da.

Nie hätte er gedacht, dass dies so schön sein kann und er mal mit Öl nichts Schlimmes erleben würde.

Als nun Yugi seine rechte Hand erreicht hat, fasst er einen Entschluss. Die Augen wieder öffnend greift er nach Yugis Hand und betrachtet sie sich eingehend.

Ja, dafür fühlt er sich bereit.

 

Abwartend überlässt ihm Yugi seine Hand, hält dann aber erschrocken den Atem an, als Yami sie sich auf den Schritt legt. „Yami, was...?“, sich nicht bewegend sieht er auf seinen schwer atmenden Liebsten, der ihn jetzt unsicher und zugleich ungläubig anlächelt. „Das ist bei dir ja gar nicht schlimm. Nur beweg dich bitte nicht.“

Denn noch kämpfen seine beiden inneren Stimmen miteinander und diesen Konflikt muss er jetzt durchstehen, das spürt Yami instinktiv.

Darum ist er Yugi wirklich unglaublich dankbar, dass sich dieser bis auf ein Nicken wirklich vollkommen ruhig verhält.

Auf einmal wird seine panische Stimme immer leiser und verstummt schliesslich, was Yami erleichtert aufatmen lässt. Erst jetzt hebt er die Hand seines Shariks wieder an und lässt sie los. „Danke.“

 

Nicht wirklich wissend, was er von der Aktion seines Liebsten halten soll, beugt sich Yugi nach vorn und küsst ihn sanft auf den Mund. „Gern geschehen. Was hältst du davon, wenn ich dir jetzt noch den Rücken massiere?“, lächelnd sieht er in die rubinroten Augen.

 

Es dauert einen Moment, doch dann nickt Yami. „Ja, gern.“ Kaum ist Yugi von ihm runter gestiegen, dreht er sich auf den Bauch und legt seinen Kopf entspannt und doch gespannt, auf seine verschränkten Arme.

Allerdings verspannt er sich wieder, als er spürt, wie sich Yugi über ihn kniet. Doch da dieser nur sehr wenig Gewicht auf ihn legt, kann er sich unter den massierenden Händen sehr schnell wieder fallen lassen und schliesst die Augen.

 

Froh, dass er seinen Liebsten auf diese Art berühren kann und dieser es auch geniesst, lässt Yugi seine Hände über den Rücken gleiten. Auf einmal merkt er, wie die Atemzüge Yamis sich verändern und kann sich dann ein Schmunzeln nicht verkneifen. Da ist wohl jemand unter seinen Fingern eingeschlafen.

Ganz langsam lässt er nun den Druck sanfter werden, mit dem er die Muskeln bearbeitet, bis er seine Hände schliesslich zurückzieht und vorsichtig aus dem Bett steigt.

 

Nicht einmal dabei wacht sein Liebster auf, weshalb er ihn jetzt zudeckt und dann rüber ins Bad geht, um sich die Hände zu waschen. Mit so öligen Händen will er nämlich nur in Ausnahmefällen schlafen und das hier ist keiner.

 

Als er wieder ins Zimmer kommt, hat sich Yami keinen Millimeter bewegt, weshalb er sich nun möglichst leise wieder die Hose auszieht und sich zu ihm ins Bett legt. Doch kaum liegt er neben seinem Liebsten, schmiegt sich dieser, immer noch schlafend, an ihn.

 

 

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Was soll ich sagen, Yami überfordert sich ganz eindeutig. Da ist es kein Wunder, dass sein Unterbewusstsein Nein schreit, als es zu viel wird.

 

Und Rebecca durfte sich mal von ihrer gtuen Seite zeigen.

 

Nun noch eine kleine Sache: Es ist der Wunsch geäussert worden, dass ich die Rezepte für ihr Essen erwähne. Da ich dafür aber zu faul bin, hier die Links.

 

Das Dessert:

 

http://www.chefkoch.de/rezepte/69141025617416/Bananen-Dessert.html

 

Der Hauptgang:

 

https://www.bettybossi.ch/de/Rezept/ShowRezept/BB_CHCH090801_0107A-40-de

 

Die Salatsauce:

 

https://migusto.migros.ch/de/rezepte/italienische-salatsauce

 

 

So, das war es jetzt auch und hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

 

 

50 Goldmünzen

Hallo zusammen,

 

ja ich habe gesagt, dass es voraussichtlich wegen meinem Urlaub keine Kapitel geben wird, aber da mich meine Muse schon am Montag wieder genervt hat, ist es schon gestern Abend fertig geworden und musste heute von mir nur noch betagelesen werden. Darum habt ihr jetzt das Glück doch noch eins lesen zu können.

 

Eine Entschuldigung an die Leser von Yami to Hikari, irgendwie fehlte mir die Zeit diese Woche für ein neues Kapitel zu sorgen.

 

So, genug gelabert.

 

Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 47: 50 Goldmünzen
 

Gozaburo Kaiba ist gerade dabei sein Frühstück mit einer Tasse Kaffee zu beenden, als die Türglocke betätigt wird. Aufstehen tut er allerdings nicht, denn warum sollte er sich dazu herablassen, die Tür selbst zu öffnen, wenn er dafür genügend Personal und Sklaven besitzt.

Nur ist es wirklich ärgerlich, dass der Besuch vor seinem morgendlichen Vergnügen mit dem Lustsklaven kommen muss. Weshalb er nicht wirklich gut gelaunt zur Tür blickt, als diese nach einem kurzen Klopfen geöffnet wird. „Sir Kaiba, Ihre Tochter ist hier“, kündet der Diener, dessen Namen er als so unwichtig ansieht, dass er sich nicht die Mühe macht, ihn in seinem Gedächtnis abzuspeichern, den Besuch mit einer demutsvollen Verbeugung an.

Kaum ist der Diener zur Seite getreten, rauscht auch schon Veronica in einem feuerroten Kleid durch die Tür. „Guten Morgen Vater, ich brauche dringend deine Hilfe.“ Ihren Hut auf den Tisch legend, setzt sie sich auf den Stuhl, der rechts von ihrem Vater an der langen Seite des Tisches steht. Denn natürlich sitzt dieser an Kopfseite des Tisches. So wie es sich für den Herrn des Hauses gehört.

 

Die Stirn runzelnd lehnt sich Gozaburo zurück. „Guten Morgen Veronica. Was führt dich zu dieser frühen Stunde zu mir? Du weisst doch genau, dass ich mich um diese Zeit eigentlich anderweitig beschäftige.“ Die Hände miteinander verschränkend sieht er seine Tochter ernst an.

 

Beschämt, weil sie dies wirklich vergessen hatte, senkt Veronica den Blick, ehe sie ihren Vater entschuldigend ansieht. „Verzeih, aber ich habe gestern Yami wieder entdeckt und will ihn mir kaufen. Aber Mamoru will mir die Münzen dafür nicht geben. Darum bitte ich dich darum, mir 50 Goldmünzen zu leihen.“

 

Sich die Serviette von der edlen Stoffhose nehmend und auf den Tisch legend unterbricht Gozaburo den Blickkontakt. „Nein, ich habe ihn damals nicht umsonst verkauft und werde dir jetzt sicher nicht hinter dem Rücken deines Mannes die Münzen für ihn geben.“ Weil er dieses Gespräch damit für beendet ansieht, steht er auf und geht aus dem Esszimmer. Doch leider folgt ihm seine Tochter, da ist sie noch nerviger als ihre Mutter, wenn diese denn mal hier im Stadthaus weilt.

 

Im Arbeitszimmer setzt sich Gozaburo hinter seinen Schreibtisch, während seine Tochter davor stehen bleibt. „Bitte Vater, ich werde Mamoru auch dazu bringen, dir die Münzen zurückzuzahlen, aber ich muss Yami unbedingt haben.“ Sich nun auf der Tischplatte abstützend, sieht sie ihren Vater schon beinahe bettelnd an.

 

Doch der reagiert nicht wie erhofft, sondern steht mit einem wütenden Gesichtsausdruck auf. „Nein! Deine Vernarrtheit in diesen Sklaven ist ja schon krankhaft und denke daran, dass du nicht unschuldig daran bist, dass ich ihn verkauft habe. Hättest du ihm nämlich nicht hinter meinem Rücken und trotz meines Verbotes, Sulave gespritzt, dann würde er noch immer mir gehören und ich könnte mit ihm züchten. Aber nein, du hattest dich ja nicht unter Kontrolle und musstest unbedingt deine Jungfräulichkeit, was übrigens das Wertvollste an dir war, an ihn verlieren! Ein Glück, dass du nicht schwanger geworden bist!“, mit jedem Wort wird seine Stimme lauter.

„Aber, Vater...“ „Kein aber, wegen dir hatte ich nur die Möglichkeit ihn entweder zu kastrieren oder zu verkaufen und da ich mir sicher keinen kastrierten Sklaven halte, musste ich mich von ihm trennen und jetzt ist er zu alt, um noch zur Zucht verwendet zu werden. Denn wer weiss, wie die Qualität seines Samens in den letzten Jahren unter den sicher zahlreichen Sulavegaben gelitten hat. Denn ich kann mir nur schwer vorstellen, dass jeder seiner Besitzer diesen speziellen Eintrag in den Papieren gelesen hat, bevor ihm das Zeug gespritzt worden ist und was für Krankheiten er unterdessen in sich trägt.“ Mit der Faust auf den Schreibtisch schlagend, sieht er seine Tochter inzwischen stinksauer an. „Also verschwinde jetzt zu deinem Mann und überzeuge ihn davon, dir das Geld zu geben oder komm endlich von dem Sklaven los und suche dir ein kastriertes Exemplar, wenn dieser Nichtsnutz von Mamoru dich nicht ausreichend befriedigt!“

 

Einen Schritt zurückweichend, sieht Veronica ihren Vater geschockt an. „Aber Vater, ich sagte doch, dass er daran schuld war. Er hat mich doch verf...“ „Ein ans Bett gefesselter Mann, der dazu noch Sulave braucht, um beim Anblick eines weiblichen Körpers überhaupt hart zu werden, der kann dich wohl schlecht verführen! Und jetzt raus, bevor ich mich endgültig vergesse und du mit einer heissen Wange nach Hause gehst!“ Diese Drohung scheint endlich zu wirken, dreht sich seine Tochter doch mit Tränen in den Augen um und eilt regelrecht, aus dem Arbeitszimmer.

 

Sich wieder auf seinen bequemen Lederstuhl setzend, schliesst Gozaburo die Augen. Es ist wirklich eine Schande, dass er den Sklaven nicht mehr besitzt, dabei hatte er so viel Spass dabei, diesen mit Veronicas Hilfe zu erziehen und zu brechen, aber jetzt wird er ihn sicher nicht zurückkaufen. Ist ein Lustsklave so weit jenseits der zwanzig doch in der Regel zu nichts mehr zu gebrauchen. Besonders wenn dieser kein Sulave verträgt.

Die Augen wieder öffnend greift Gozaburo nach der silbernen Glocke auf der rechten Seite des Tisches und klingelt nach seinem Hausdiener. Der auch nur Sekunden später sich verbeugend im Zimmer steht.

„Hol mir Ifan her und er soll gefälligst diesmal richtig angezogen sein!“ Sich schon auf die nächste halbe Stunde freuend, legt er grinsend die Finger aneinander.

 

Es dauert nicht lange, da betritt ein rothaariger Sklave, von gerade mal 18 Jahren das Zimmer.

Zufrieden betrachtet Gozaburo den schlanken, ja beinahe mageren Körper des Jungen, der nur einen einfachen Lendenschurz trägt. „Das hat zu lange gedauert, du weisst, was das bedeutet.“ Mit Genugtuung registriert er, wie der Sklave zusammenzuckt, ehe dieser mit grossen Schritten auf ihn zueilt und sich vor ihm über den Tisch beugt.

 

Unterdessen in einem vollkommen anderen Haushalt, in dem die Sklaven, trotz ihres Statuses wie Menschen behandelt werden, lehnt sich Hopkins nach dem Frühstück zufrieden zurück. So ein friedliches Zusammensein ist doch für alle viel schöner, als diese gespannte Stimmung der letzten Tage.

 

„Also Yugi, was habt ihr beide denn heute Morgen noch so vor? Am Nachmittag geht es ja bestimmt wieder zum Markt“, fragend sieht er zu Yugi und Yami, die heute Morgen mal wirklich entspannt auf ihn wirken.

 

Seine nun dritte geleerte Teetasse auf den Tisch stellend wendet Yugi sich zu Hopkins um. „Ich dachte, wir beide machen uns einen entspannten freien Morgen, der nicht verplant ist.“ Als er nun zu Yami blickt, nickt der nur zustimmend. Etwas Entspannung kann nämlich wirklich nicht schaden und so ein wenig Zweisamkeit mit seinem Sharik wird er sich sicher nicht entgehen lassen, wenn er hier schon nicht bei den Pferden mithelfen darf.

„Yugi, ich habe im Wohnzimmer ein Schachspiel gesehen, was hältst du von einer oder zwei Partien?“, schmunzelnd erwidert er Yugis Blick, der sich stöhnend zurücklehnt. „Du meinst wohl eher zwei Partien, die du schon nach je drei Zügen für dich entscheidest.“

„Ach, dir zuliebe verdopple ich die Zuganzahl auf sechs. Dann kannst du dir vielleicht noch eine Strategie überlegen, wie du länger durchhältst.“

 

Als Rebecca das hört, richtet sie sich sofort kerzengerade auf. „Du spielst Schach? Können wir beide denn nicht mal eine Partie spielen? Ich bin wirklich gut, sogar noch besser als Grossvater“, bittend sieht sie Yami an, der nach einem Moment zustimmend nickt. Wobei er gleichzeitig Yugi die Hand auf die Schulter legt, weil dieser schon hochfahren möchte. „Sehr gern, Miss Rebecca. Ich werde allerdings sicher nicht absichtlich verlieren.“ Gespannt was sie nun sagt, sieht er sie an. Doch zu seiner Überraschung nickt sie augenscheinlich begeistert. „Super, ich suche schon lange einen guten Gegner. Gehen wir gleich rüber?“, hochmotiviert springt sie vom Stuhl auf, blickt dann aber zu ihrem Grossvater, der grinsend nickt und auch aufsteht. „Ich denke, die Partie wollen wir alle sehen.“

 

Grummelnd folgt Yugi mit Yami an seiner Seite den anderen ins Wohnzimmer. „Dass du auch keine Herausforderung mehr ablehnen kannst. Ich hatte mich doch schon auf ein faules Herumliegen in der Sonne gefreut.“

Daraufhin legt ihm Yami tröstend die Hand auf die Schulter. „Keine Sorge. Ich spiele nur eine Partie mit ihr und dann bin ich voll und ganz für dich da.“ Ihm zuzwinkernd zieht er seine Hand wieder zurück und geht zu dem kleinen Tisch unter dem Fenster, auf dem das edle Schachspiel steht.

„Miss Rebecca, ich überlasse Ihnen den ersten Zug.“ Zuvorkommend dreht er das Brett um, weil er vor den weissen Figuren sitzt.

 

Sich schon überlegend, wie lange sie wohl brauchen wird, um ihn zu schlagen bewegt Rebecca den ersten Bauern zwei Felder nach vorn. Denn schliesslich hat sie ja bei einem Schachmeister gelernt.

Erstaunt zieht sie nun die Augenbraue hoch, als Yami nach seinem Springer greift und ihn nach vorn bringt.

Doch davon lässt sie sich ganz sicher nicht verunsichern und bringt nun den zweiten Bauern ins Spiel.

 

Einen Moment zögert Yami jetzt, aber dann greift auch er nach dem Bauern schräg vor dem Läufer und setzt diesen ein Feld nach vorn. Wenn sie jetzt nach dem Springer greift, dann weiss er welche Taktik sie anwendet und kann sie in maximal 10 Zügen schlagen. Wenn er denn keinen Fehler macht.

Die Arme verschränkend lehnt er sich zurück und wartet einfach mal ab. Als sie nun wirklich ihren Springer nach vorn bringt, kann er sich ein leichtes Grinsen nicht mehr verkneifen. Erwischt!

 

Dieses Grinsen kennt Yugi schon, weshalb er jetzt fragend zu Yami blickt, der zwei Mal die Finger der rechten Hand ausstreckt. Was jetzt auch Hopkins bemerkt, der verwirrt die Stirn runzelt weshalb sich Yugi zu ihm beugt. „Yami sagt, dass er sie in maximal 10 Zügen schlagen wird.“ Darauf achtend, dass ihn Rebecca nicht hört, spricht er möglichst leise, so dass ihn der alte Mann gerade noch so verstehen kann.

Als er nun dessen erstaunten Blick sieht, grinst er nur breit und setzt sich gespannt, ob sein Liebster Recht behält, auf die Armlehne des Sofas.

 

Geschockt sieht Rebecca 8 Züge später auf das Spielfeld. „Ich habe verloren. Mit dieser Taktik habe ich doch noch nie verloren.“ Jetzt hebt sie den Blick und sieht zu Yami, der aufsteht und zu Yugi geht. „Mist, wenn ich einmal nicht den Turm, sondern die Dame genommen hätte, dann hätte ich sie schon vor 2 Zügen gehabt.“

 

Als Yugi dies hört, kann er sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Kopfschüttelnd legt er Yami die Hand auf den Arm. „Du bist mir einer. Da beschwerst du dich noch, dass du die zwei Züge verloren und länger gebraucht hast. Dabei hast du gerade die Landesschachmeisterin von diesem und auch vom letzten Jahr haushoch geschlagen.“

Grummelnd verschränkt Yami die Arme. „Ja, aber so habe ich jetzt weniger Zeit mit dir.“

 

„Yami, ich will noch eine Partie. Das lasse ich doch nicht so einfach auf mir sitzen und diesmal fängst du an.“ Tönt es plötzlich vom Tisch her, was Yami die Augen verdrehen lässt. Bevor er sich jedoch umwendet, beugt er sich zum Ohr seines Shariks vor. „Ich setze von Anfang an maximal 8 Züge. Was meinst du?“, dies spricht er nur flüsternd, so dass ihn Rebecca nicht hören kann. Diese Ankündigung wird er sich noch für später aufsparen, wenn es ihm zu langweilig wird.

 

Sich wieder an den Tisch setzend sieht er seine Gegnerin prüfend an. Aha, da wird wohl jemand diesmal eine aggressive Taktik wählen. Deswegen macht er jetzt die ganz klassische Eröffnung mit einem seiner Bauern.

 

Was jetzt Rebecca kurz zögern lässt, hat sie doch mit der gleichen Eröffnung wie vorher gerechnet. Entschlossen, sich diesmal nicht schlagen zu lassen, zieht sie ihren Bauern schräg vor der Dame zwei Felder nach vorn.

Was Yami leise Seufzen lässt. „Wollen Sie nicht jetzt gleich aufgeben, Miss Rebecca? In spätestens sieben Zügen werden Sie ja sowieso Schachmatt sein.“

 

Jetzt wird er nicht nur von Rebecca, sondern auch von Hopkins geschockt gemustert. „Wie bitte?“, hustend hält sich der alte Mann die Hand vor den Mund. Nur Yugi erhebt sich jetzt grinsend von der Armlehne und stellt sich hinter Yami hin. „So viele? Bist du dir sicher, dass du nicht weniger brauchst?“ Sich auf seinen Schultern abstützend beugt er sich nach vorn und sieht zu, wie Yami nun den Springer ins Spiel bringt. „Das ist vorsichtig geschätzt. Es könnten auch fünf Züge sein, aber ich kenne die Spielweise von Miss Rebecca noch nicht so gut, weshalb ich lieber etwas grosszügiger schätze.“ Schmunzelnd sieht er jetzt zu Yugi. „Sie wird jetzt die Dame vorrücken lassen“, flüstert er ihm leise zu und tatsächlich macht dies Rebecca.

 

Nachdem er seinen Zug gemacht hat, sagt er Yugi wieder erfolgreich ihren nächsten Zug voraus und nach dem nächsten wird seine Stimme deutlich lauter. „Wenn das so ist, noch 2 Züge.“

 

Schockiert sieht Hopkins zu, wie seine Enkelin tatsächlich nach den letzten beiden Zügen den König schachmattgesetzt umstösst und sich seufzend zurücklehnt. „Verdammt und ich nenne mich Landesschachmeisterin. Dabei bist du der wahre Schachmeister.“ Auf einmal fängt sie breit zu grinsen an und hält Yami ihre Hand hin, die dieser auch ergreift. „Ich gratuliere dir. So einen guten Spieler habe ich wirklich noch nie gesehen und ich weiss jetzt was mein Ziel für die Zukunft sein wird. Nämlich noch besser zu werden und dich eines Tages schlagen zu können.“ Ihre Hand wieder zurückziehend steht sie auf. „Ich danke dir Yami. So einen Spass hatte ich beim Schach schon lange nicht mehr.“

 

Jetzt steht Yami auch auf und legt seine Hand auf Yugis Schulter. „Gern geschehen, aber jetzt würde ich wirklich gern ein wenig Zeit mit Yugi allein verbringen.“ Lächelnd sieht er seinen Sharik an, der den Blick ebenso lächelnd erwidert. „Das hört sich doch nach einem guten Plan an.“

Nach Yamis Hand greifend will er schon mit ihm aus dem Wohnzimmer gehen, als die Türglocke betätigt wird und nur Sekunden später Scott reinkommt und ihnen den Weg versperrt. „Yugi, da ist ein Herr Mamoru Kusaka mit seiner Gattin. Er will dich sprechen.“ Deutlich ist ihm anzusehen, dass er die beiden am liebsten wieder rauswerfen würde, aber er als einfacher Hausdiener darf dies ja nicht entscheiden.

 

Sofort blickt Yugi besorgt zu Yami, der sich von ihm löst und einen Schritt zurücktritt. „Ich bleibe, aber ich werde mich wie der perfekte Sklave verhalten. Also wundere dich bitte nicht.“ Auch wenn es ihm vor einem weiteren Zusammentreffen mit dieser Frau graust, wird er Yugi ganz sicher nicht mit dessen Ex allein lassen. Wer weiss, auf was für Ideen der Typ noch kommt.

 

Widerstrebend wendet sich Yugi wieder Scott zu. „Bring die beiden bitte her und Arthur, bleibst du bitte auch hier? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es besser ist, wenn Yami und ich nicht allein mit den beiden in einem Raum sind.“ Während er spricht sieht er zu Hopkins der zustimmend nickt und auch Rebecca setzt sich wieder an den Schachtisch. „Ich bleibe auch.“

 

Erleichtert, blickt er die beiden dankbar an und bemerkt jetzt, wie sich Yami an die am weitesten entfernte Wand stellt und den Blick augenscheinlich demütig senkt. Dieser Anblick schmerzt ihn trotz der Warnung Yamis, denn dies passt einfach nicht zu ihm und es ist schon schlimm genug, dass er sich draussen so verhalten muss.

 

Doch hat er jetzt keine Zeit sich weiter über seinen Liebsten Gedanken zu machen, denn schon betreten Mamoru und diese Veronica das Wohnzimmer. „Guten Morgen Yugi, Herr Hopkins, Fräulein Rebecca“, grüsst dieser respektvoll die anwesenden Personen, ehe er sich wieder seinem Ex-Freund zuwendet, der ihn mit verschränkten Armen dastehend ansieht.

 

„Hallo Mamoru. Guten Morgen Frau Veronica“, kalt und mit nur mühsam unterdrückter Wut im Bauch mustert Yugi die schwarzhaarige Frau, die trotz der edlen und auffälligen Kleidung sehr unscheinbar wirkt. „Was wollt ihr?“ Absichtlich bietet er den beiden keinen Sitzplatz an und auch Hopkins scheint sich nicht einmischen zu wollen, denn er bemerkt, wie sich dieser zu Rebecca an den Schachtisch setzt.

 

Bei dem kalten Tonfall kneift Mamoru die Augen zusammen. „Wir sind wegen deinem Sklaven hier.“ Als Yugi nun nur die Augenbraue hochzieht und sonst keine Regung zeigt, seufzt er tief auf. „Verdammt, mach es mir doch nicht so schwer.“ Jetzt macht er einen Schritt auf Yugi zu und will ihm die Hand auf die Schulter legen. Doch dieser weicht zurück. „Sag was du willst und dann geht wieder. Deine Frau hat gestern nämlich schon genug angerichtet.“ Mit dem Kinn deutet er auf Veronica, die bei den Worten nun hinter ihrem Mann hervorkommt.

„Ich? Ihr Sklave hat sich mir gegenüber...“ „Er hat sich so verhalten, wie es sein Recht und mein Wille ist. Denn ich dulde nicht, dass sich ihm jemand auf diese Art und Weise nähert, wie Sie“, das ‚Sie’ speit er beinahe aus, „es getan haben und ihr könnt beide froh sein, dass ich keine Anzeige mache und darauf verzichte auch ich nur, weil ich Mamoru als Freund immer geschätzt hatte.“ Den Blick wieder auf seinen Ex richtend sieht er ihn jetzt abwartend an.

 

„Yugi, deswegen bin ich hier. Ähm... würdest du mir denn gefallen machen und mir deinen Sklaven verkaufen?“ Mit den Augen versucht er ihm den Grund zu übermitteln. Nämlich, dass er dann endlich seine Ruhe vor den ehelichen Pflichten hätte und ihn seine Gattin schon seit gestern mit dem Thema nervt.

 

„RAUS!“ Mit der Hand auf die Tür deutend, macht Yugi nun stinksauer einen Schritt auf Mamoru zu und will ihn rückwärts wegstossen. Doch in dem Moment, stellt sich Veronica vor ihm hin. „Herr Muto. Wir bieten Ihnen 50 Goldmünzen für ihn an oder was auch immer Sie für ihn wollen.“ Mit einem siegessicheren Lächeln sieht sie ihn an. Denn welcher einfache Bürger kann schon dem Angebot von Goldmünzen widerstehen und dann noch in dieser Menge.

 

Ungläubig sehen sich Hopkins und Rebecca an. Denn auch wenn Goldmünzen den vierfachen Wert von Silbermünzen besitzen, werden sie oft noch deutlich wertvoller gehandelt, weil sie so selten sind.

 

Äusserlich vollkommen ruhig, steht Yami da und kann es kaum glauben, was er da hört. Das ist der verdammte Preis für den er damals von Kaiba verkauft worden ist! Am liebsten würde er den Kopf anheben und diesen Subjekten seine Meinung ins Gesicht schleudern, weil sie seinem Yugi so ein Angebot machen und dann auch noch glauben, dass er es annehmen wird.

 

Die Arme verschränkend kneift Yugi die Augen zusammen, als er in das triumphierende Gesicht dieser Frau sieht. „Nein. Yami ist unverkäuflich und jetzt... VERSCHWINDET ENDLICH AUS MEINEN AUGEN!“

 

Fest greift Mamoru nun nach dem Arm seiner Gattin. „Komm gefälligst. Yugi hat ganz eindeutig klargemacht, dass er den Sklaven nicht verkauft. Ich kaufe dir einen anderen Sklaven, der zudem sicher schon kastriert ist.“ Erst jetzt blickt er zu Yugi und will sich entschuldigen, dass sie gestört haben, aber als er dessen Gesichtsausdruck sieht, schluckt er leer. So viel Hass und Abscheu hat er bei seinem Ex noch nie gesehen und mit einem Schlag wird ihm klar, dass es ein riesen Fehler gewesen ist, hierher zu kommen.

Ohne ein Wort des Abschieds, zieht er Veronica grob aus der Tür und durch den Flur. Auch auf der Strasse lässt er sie trotz ihrem Rumgezeter nicht los, dreht sich dafür aber mit einem warnenden Blick zu ihr um. „Halt verdammt nochmal deine Klappe! Wegen dir habe ich ihn jetzt wirklich endgültig verloren, du dumme Kuh!“, schreit er ihr direkt ins Gesicht, was sie schockiert verstummen lässt.

Wie eine willenlose Puppe kann er sie jetzt mitziehen und verflucht sich dabei dafür, dass er den angeblich leichteren Weg einer Ehe gewählt hat, als Arbeiten zu gehen. Hätte er doch nur auf Yugi gehört.

 

Unterdessen genehmigt sich Yugi, immer noch vor Wut kochend einen Whisky, der ihm von Hopkins eingeschenkt worden ist. „Dieses verfluchte Weib! Was fällt der eigentlich ein, mir so ein unverschämtes Angebot zu machen!“ Im Raum umherlaufend, macht er sich Luft und weil er dabei immer mehr den Eindruck macht, dass er das Glas in den nächsten Sekunden an die Wand schmeissen wird, nimmt ihm Yami dieses vorsorglich aus der Hand und stellt es auf den Tisch.

 

Obwohl es auch in ihm brodelt, umschlingt er Yugi mit seinen Armen und hält ihn einfach mal fest. Im ersten Moment wehrt sich sein Sharik noch gegen ihn. Doch dann lässt er sich fallen und erwidert die Umarmung. „Warum? Warum wollen dich mir nur alle wegnehmen oder dir wehtun?“, seine Tränen nun nicht mehr zurückhalten könnend, vergräbt Yugi sein Gesicht schluchzend in Yamis Oberteil.

 

Ohne ein Wort zu sagen, hält Yami ihn fest und sieht auffordernd zu Hopkins, der die stumme Bitte versteht und sich Rebecca zuwendet. „Komm, lassen wir die beiden allein, damit sich Yugi wieder ein wenig beruhigen kann“, auffordernd sieht er seine Enkelin an, die nach einem Blick zu Yugi zögernd aufsteht. Zu gern wäre sie jetzt an Yamis Stelle und würde ihren Darling trösten. Doch inzwischen hat sie schweren Herzens akzeptiert, dass sie sich jahrelang umsonst Hoffnungen gemacht hat und Yugi sie nie so lieben wird, wie sie es sich wünscht. Auch wenn es schon verdammt weh tut, die beiden so innig zu sehen.

 

Die Gefühle seiner Enkelin auch ohne Worte verstehend, legt Hopkins ihr den Arm um die Schultern. „Komm, gehen wir ein wenig spazieren, damit du auf andere Gedanken kommst“, lächelnd sieht er sie an, während er sie aus dem Wohnzimmer führt.

 

Erst als sie allein sind lotst Yami seinen Yugi vorsichtig zum Sofa und drückt ihn sanft aber nachdrücklich auf die Sitzfläche. Seinen Sharik bei den Händen fassend, kniet er sich jetzt vor ihm hin, so dass er ihm trotz des gesenkten Kopfes in die Augen blicken kann. „Sharik, so beruhige dich doch. Sie können mich dir nicht wegnehmen und eines Tages werden sie es alle bereuen, dass sie sich mir genähert haben.“ Zärtlich wischt ihm Yami die Tränen von den Wangen, ehe er sich nach oben streckt, um seine Lippen auf die seines Shariks zu legen.

Ohne den Kuss zu unterbrechen, steht er langsam auf und kniet sich über Yugis Beine. Erst jetzt trennt er ihre Münder voneinander um tief in die amethystfarbenen Augen sehen zu können.

„Ich muss gestehen, dass mir kurz der Atem stockte, als ich gehört habe, dass sie dir 50 Goldmünzen für mich geben wollten, aber nicht, weil ich Angst hatte, dass du das Angebot annimmst, sondern weil das genau der Preis gewesen ist, für den mich Kaiba damals schweren Herzens an seinen Freund oder Geschäftspartner verkauft hat.“ Deutlich ist die Abscheu bei den letzten Worten in seiner Stimme zu hören.

Als sich Yugis Augen nun erstaunt weiten, kann sich Yami ein schiefes Grinsen nicht mehr verkneifen. „Ich hatte irgendwie ein kleines Déjà-vu und hätte zu gern das Gesicht von ihr gesehen, als du nicht darauf eingegangen bist. Nur durfte ich ja den Kopf nicht heben.“

 

Auf einmal fängt Yugi an zu grinsen. „Die hat die Welt nicht mehr verstanden, dass ich sie statt das Angebot anzunehmen, einfach rauswerfe.“ Grinsend sehen sich die beiden an, bis Yugi auf einmal nachdenklich wird. „Du musst mir die Fragen nicht beantworten, aber warum bist du denn damals verkauft worden und warum wollte sie dich jetzt unbedingt haben? Das ist doch nicht normal.“

 

Mit einem schweren Seufzer lässt sich Yami nun neben ihm auf das Sofa fallen. Seine Ellbogen auf den Knien abstützend, sitzt er nach vorn gebeugt da. „Ach Yugi“, entkommt es ihm unwillkürlich, ehe er ihn von der Seite her ansieht. „Veronica hatte damals schon einen ziemlichen Narren an mir gefressen und sich dann irgendwann über die Anweisungen ihres Vaters hinweggesetzt.“ Tief atmet Yami ein und aus, denn es fällt ihm schwer über das, was damals geschehen ist zu sprechen. „Weisst du, es war relativ schnell klar, wie ich auf Sulave reagiere, weshalb Kaiba das Verbot aussprach, es mir zu spritzen, bis ich für einen anderen Zweck verwendet werden sollte. Nur hat sich Veronica nicht daran gehalten, weil sie unbedingt mit mir schlafen wollte und damit meine ich nicht die Varianten, die ich dir erklärt habe. Ich weiss nicht wirklich was passiert ist, aber anscheinend hat Kaiba sie dabei erwischt, wie sie mich benutzt hat und da er mich nicht kastrieren wollte und nicht darauf vertraut hat, dass sie es nicht mehr tut, hat er mich verkauft.“ Zu seiner eigenen Überraschung klingt seine Stimme vollkommen emotionslos und auch den Schrecken, den er jetzt verspüren sollte, fehlt vollkommen. Es ist sogar eher so, als würde er die Geschichte einer anderen Person erzählen, die er nur entfernt kennt.

 

In Gedanken wiederholt Yugi die Worte und kann es trotzdem kaum glauben, was er da hört. Diese Frau hat was? Wie rücksichtslos und blöd muss man denn sein, um so etwas zu tun und dann noch zu glauben, es kommt nicht raus.

„Verstehe oder besser gesagt, ich verstehe nicht alles. Was hatte denn Kaiba noch mit dir vor, dass er dir später wieder dieses Zeugs spritzen wollte und was hat das mit dem Kastrieren auf sich?“ Nicht wissend, ob er die Antwort wirklich wissen will, sieht er Yami an, der den Blick bar jeder Emotion erwidert.

„Es hat sich damals relativ schnell rausgestellt, dass sich bei mir so gut wie gar nichts regt, wenn ich es mit einer Frau zu tun habe. Kaiba wollte mit mir aber später züchten, wenn ich ihm zu alt für sein Vergnügen geworden wäre und da ich nach meiner Zeit bei Kaiba auch auf die physischen Reizungen meines Körpers durch einen Mann kaum noch reagiert habe, wäre das nur unter dem Einfluss von Sulave möglich gewesen. Obwohl, das vermutlich auch nicht allzu lange, denn so wie ich es mitbekommen habe, werden Sklaven, die das Zeugs regelmässig bekommen, mit der Zeit zeugungsunfähig.“ Bei der Erinnerung an das Gespräch, das er damals belauscht hat, schüttelt Yami ungläubig den Kopf, ehe er sich an die zweite Frage seines Shariks wagt. „Was das Kastrieren angeht, ist das so. Wenn ein männlicher Sklave seine Besitzerin in jeder Hinsicht bedienen soll, dann wird er kastriert, um Schwangerschaften zu verhindern und das wollte Kaiba natürlich nicht tun, weil ich dann auch an Verkaufswert verloren hätte. Allerdings wollte er auch nicht riskieren, dass sein geliebtes Töchterchen von mir schwanger wird, weil sie sich nicht unter Kontrolle hatte.“ Erst jetzt wird Yami klar, was ihm vermutlich geblüht hätte, wenn sich Kaiba damals nicht für den Verkauf entschieden hätte.

 

Geschockt sitzt Yugi, mit zu Fäusten geballten Händen da. „Verdammt! Ich hätte diesem Weibsbild meine Faust ins Gesicht schlagen und sie nicht nur rauswerfen sollen! Und dieser Kaiba sollte sich hüten, mir unter die Augen zu treten! Züchten? Kastrieren? Sag mal seid ihr Sklaven denn Tiere, die man einfach mal...“, vor Wut versagt ihm die Stimme, weshalb er mitten im Satz verstummt. Doch auch so versteht Yami, was in seinem Sharik vorgeht.

„Ganz ruhig, jetzt bin ich ja bei dir und eins kann ich dir mit Sicherheit sagen. Nach den Kaibas hat mir niemand mehr Sulave gespritzt oder davon gesprochen mit mir züchten oder mich kastrieren zu wollen.“ Obwohl sich Yugi dagegen wehrt, nimmt er ihn in die Arme und zieht ihn an seine Brust. Spürt er doch, dass dies sein Sharik jetzt braucht und tatsächlich lässt sich dieser plötzlich gegen ihn sinken. Wenn Yami ehrlich zu sich selbst ist, dann braucht er diese Nähe allerdings gerade genauso. Hat er doch gerade das Gefühl, als würde sich ein riesiger Knoten in ihm lösen, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er existiert.

 

Schweigend sitzen sie da und geben sich gegenseitig das, was sie gerade brauchen. Die Gewissheit, dass sie einander haben und aufgefangen werden, wenn sie fallen. Auf einmal löst sich Yugi aus Yamis Armen. „Lass uns nach oben gehen.“ Ohne auf eine Erwiderung zu warten steht er auf und zieht Yami mit sich. Der dies auch ohne Widerstand zulässt.

 

Während sie durch den Flur gehen, sieht Yami, wie Hopkins und Rebecca von draussen reinkommen und teilt ihnen mit einem Kopfschütteln wortlos mit, dass sie Yugi noch in Ruhe lassen sollen. Was sie zum Glück auch ohne nachzufragen verstehen und akzeptieren.

 

Oben in ihrem Zimmer angekommen, bleibt Yugi vor dem Bett stehen und sieht seinen Liebsten fragend an. „Nur noch eins. Ein Sklave wird nicht gefragt, ob der das will und ich nehme mal an, eine Betäubung gibt es auch nicht. Oder?“ Als Yami nun nur ernst nickt, schlingt er seine Arme um dessen Nacken und zieht ihn nach unten auf die Matratze. „Zum Glück ist dir wenigstens das erspart geblieben.“ Erst jetzt bemerkt er den unterdrückten Schmerz in den rubinroten Augen. Was ihn leer schlucken lässt. „Verzeih, ich hätte dich das alles nicht fragen sollen.“ Mit schlechtem Gewissen sieht er seinen Liebsten an, der jedoch nur den Kopf schüttelt. „Ist schon gut und irgendwie hat es auch gut getan, mal darüber zu sprechen. Auch wenn es mir ehrlich gesagt ziemlich schwergefallen ist.“ Seinen Sharik in die Arme ziehend, dreht er sich auf den Rücken.

 

Mit einem Seufzen legt Yugi seinen Kopf auf Yamis Schulter und umschlingt ihn nun auch mit seinen Armen. „Es tut mir leid, dass du hier so viel Stress hast. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn du bei Grossvater geblieben wärst.“ Bedrückt schielt er nach oben, weil er seinen Kopf nicht von seinem bequemen Kissen nehmen möchte.

Trotzdem kann er den entrüsteten Gesichtsausdruck Yamis erkennen, als dieser ihm sein Gesicht zuwendet. „Ganz sicher nicht. Es stimmt, es ist stressig, aber trotzdem auch schön, mal was Neues zu sehen. Ausserdem, hätte ich mich an meine Schwester erinnert oder an die Worte meines Vaters, wenn ich Zuhause geblieben wäre? Wohl kaum!“ Einen Moment schweigt Yami, in dem er an die Decke blickt. „Zudem hätte ich dich dann nicht gegen die Göre verteidigen können.“

Als Yugi nun die Stirn runzelt, kann er sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. „Nur, weil sie mir geholfen hat und sich endlich benimmt, heisst das noch lange nicht, dass ich sie mag oder respektiere. Ich bin einfach nur freundlich zu ihr, weil ich keinen Bock auf unnötigen Streit oder Diskussionen habe.“

 

Nun fängt Yugi auch an zu Grinsen. „Und ich dachte schon, dass du deine Meinung über sie geändert hast, weil die so nett zu ihr gewesen bist und sogar mit ihr Schach gespielt hast.“ Auf einmal dreht sich Yami zur Seite und sieht ihm jetzt tief in die Augen. „Ich habe nicht mit ihr Schach gespielt. Ich habe sie fertiggemacht. Mit Grossvater spiele ich Schach, indem ich mir in der Regel mehr Zeit lasse, bis ich ihn Schachmatt setze. Ausserdem hat sie versucht dich mir wegzunehmen und das werde ich ihr sicher nicht verzeihen.“

Über den Ausdruck in Yamis Augen erschrocken, schnappt Yugi unwillkürlich nach Luft. „Lass sie aber bitte am Leben. Auch wenn sie meistens nervt, ist sie doch Hopkins Enkelin.“

„Ach, ich werde sie zusammen mit Mamoru und diesem Kerl vom Markt nur Vierteilen und dann Teeren und Federn lassen. Zumindest in meiner Phantasie.“ Bei dem Gedanken daran, fängt Yami unwillkürlich an zu grinsen. Rebecca in einem Federkleid, das vielleicht auch noch blau ist? Das wäre wirklich mal was.

 

Obwohl Yugi nicht wirklich weiss, woran sein Liebster gerade denkt, ist er doch froh, dass der mordlüsterne Ausdruck aus Yamis Augen verschwunden ist.

Auf einmal fällt ihm etwas ein, was er sich schon bei dem Schachspiel gefragt hat. „Sag mal? Wieso konntest du ihre Züge voraussagen? Das ist doch vollkommen unmöglich“, neugierig auf die Antwort sieht er Yami an, der jetzt plötzlich ein Pokerface draufhat, als hätte er ein wichtiges Geheimnis zu hüten. „Tja, also eigentlich wird das ja nicht verraten, aber bei dir mache ich eine Ausnahme.“ Kurz legt er eine dramatische Pause ein. „Sie ist ganz einfach durchschaubar und spielt immer schön nach Schema F. Auf diesen Zug reagiere so und auf den nächsten so. Ganz wie aus dem Lehrbuch und wenn man herausgefunden hat, nach welcher Taktik sie spielt, kann man sie ganz einfach schlagen, indem man sich daran anpasst und sie vielleicht zusätzlich noch ein wenig reizt“, zwinkert er Yugi schelmisch grinsend zu.

Weil er jetzt überhaupt keine Lust mehr hat, weiter über die Göre zu reden, überbrückt Yami den Abstand zwischen ihnen und verwickelt Yugi in einen langen Kuss. Ist dies doch der beste Weg seinen Sharik von weiteren Fragen abzulenken.

 

Als sie sich wieder voneinander lösen, kommt Yugi plötzlich ein Gedanke, weshalb er ein Kichern nicht mehr unterdrücken kann. Sich die Hand vor den Mund haltend, dreht er sich auf den Rücken. Hilft doch der verdutzte Ausdruck seines Liebsten nicht gerade dabei, dass er sich wieder beruhigen kann.

Zu Yugis Erstaunen wartet Yami relativ geduldig ab, bis er sich wieder so halbwegs beruhigt hat. „Entschuldige“, nach Luft schnappend sieht er Yami an, der den Blick stumm fragend, was denn los sei, erwidert. „Aber mir kam nur gerade der Gedanke, dass wir noch nie so viel Zeit im Bett verbracht haben, wie hier.“ Wieder fängt Yugi an zu kichern, wird jetzt aber von seinem Liebsten an dessen Brustkorb gezogen.

 

Die plötzliche gute Laune seines Shariks ist so ansteckend, dass auch Yami sich ein leises Lachen nicht verkneifen kann. „Stimmt, aber hier ist auch der einzige Ort, an dem wir wirklich ungestört sind.“ Mit funkelnden Augen sieht er Yugi an, der jetzt gespielt die Stirn kraust. „Stimmt, Zuhause ist ja nur Grossvater da, der allerdings seine Ohren überall hat.“

Kaum sind die Worte ausgesprochen worden, prusten die beiden regelrecht los. Sich den schmerzenden Bauch halten, japst Yami nach einer Weile regelrecht nach Luft. „Am besten kaufen wir ihm für später gute Ohrenstöpsel, dann muss er nicht alles mitanhören, was wir so machen.“ Bei der Erinnerung wie ihr Grossvater in den letzten Tagen vor ihrer Abreise manchmal mit einem ziemlich roten Gesicht herumgelaufen ist, grinst er Yugi breit an.

Der dreht sich jetzt auf den Bauch und stützt den Kopf mit beiden Händen ab. „Die Münzen können wir uns sparen. Die Dinger hat er schon mal von mir bekommen und sie nicht benutzt. Darum ist es mir inzwischen auch wieder egal, wenn er uns hört. Auch wenn ich mich erst wieder daran gewöhnen musste, dass das Haus so ringhörig ist.“ So auf dem Bauch liegend und die Beine hin und her bewegend, sieht Yugi seinen Liebsten an, der sich jetzt auf seinen Ellbogen abstützt. „Dann ist er wirklich selbst schuld, wenn ihm das Blut in Zukunft regelmässig ins Gesicht schiessen wird.“ Den Kopf in den Nacken fallen lassend erwidert Yami den Blick, bis er sich ganz aufrichtet und auf die Bettkante setzt.

„Wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, dann ist es bald Zeit fürs Mittagessen. Sollen wir schon mal runtergehen oder willst du warten, bis uns einer der Anderen holt?“, fragend sieht er über die Schulter zu Yugi, der sich nun mit einem leisen Seufzen auf den Rücken dreht, ehe er sich neben ihm auf die Bettkante setzt. „Gehen wir lieber runter, sonst dürfen wir uns wieder ihren vielsagenden Blicken stellen.“ Synchron verdrehen die beiden die Augen, als sie daran denken, wie sie am Morgen angesehen wurden, als sie im Flur Jim und Scott begegnet sind, die gerade auf dem Weg nach draussen waren und Hopkins ist auch nicht viel besser gewesen, als die beiden.

 

Unter anderem deswegen, stehen sie auf und gehen nach unten ins Esszimmer und sind sogar die Ersten. Kurz darauf kommt Nancy mit einer grossen Schüssel Pilzrisotto rein, die ihr Yami spontan abnehmen möchte, aber sie schüttelt nur lächelnd den Kopf. „Du musst mir nicht helfen, Yami. Schliesslich isst du hier bei den Herrschaften.“

Auf diese Antwort hin ist Yami so perplex, dass er gar nicht weiss, was er darauf sagen soll und ihr nur stumm zusieht, wie sie das Risotto auf den Tisch stellt und wieder rausgeht.

Erst als sie wieder allein sind, dreht er sich mit einem verzweifelten Blick zu Yugi um. „Was soll das denn? Ich bin doch auch nur ein Mensch, wie die anderen und jetzt darf ich gar nichts mehr machen, nur weil ich hier mit dir esse? Das ist so unfair!“ Über das Verhalten der anderen enttäuscht, lässt er sich seitlich auf seinen Stuhl fallen und sitzt vornübergebeugt da, bis er von hinten umschlungen wird. Seinen Oberkörper jetzt wiederaufrichtend lehnt er sich an seinen Sharik.

„Ach Yami, das ist leider so, dass sie so denken. Sobald du hier isst, bist du etwas Besseres und das egal, ob du ein Sklave oder freier Mensch bist. Darum wollen sie dich nichts mehr helfen lassen.“ Verstehend, wie sich sein Liebster fühlt, sieht er ihm in die Augen. „Soll ich mit ihnen reden?“, bietet er Yami schliesslich an. Doch dieser schüttelt nur den Kopf. „Nein, das wäre ihnen gegenüber unfair und sie meinen es ja nur gut.“ Den Kopf einen Moment senkend sieht Yami auf seine Hände, ehe er wieder zu Yugi hochsieht. „Es ist ja nur noch morgen und dann fahren wir zum Glück wieder nach Hause. So lange werde ich es schon noch aushalten, nichts tun zu können.“

Weil Yugi hört, dass sich wieder Schritte nähern, löst er die Umarmung, lässt aber die Hände auf Yamis Schultern ruhen. Wieder ist es Nancy, die mit einer Schüssel Salat reinkommt. Hinter ihr folgt aber auch gleich Maria, die ein Tablett mit vier Desserttellern trägt. „Ciao ihr beiden. Habt ihr es in eurem Stanza nicht mehr ausgehalten, dass ihr schon hier seid?“ Keine Antwort erwartend lächelt sie die beiden an, während sie das Dessert neben den Tellern auf den Tisch stellt. „Oggi gibt es Panna Cotta mit Beerensauce.“ Den beiden zuzwinkernd geht sie mit Nancy raus und nur kurz darauf können sie hören, wie Maria lautstark Hopkins und Rebecca mitteilt, dass das Essen fertig auf dem Tisch steht.

 

Bei dem Tonfall sehen sich die beiden grinsend an und denken ganz klar dasselbe. Nämlich, dass hier Maria die heimliche Herrin im Haus ist.

 

Kurz darauf kommen die anderen beiden ins Esszimmer, weshalb Yami wieder aufsteht und zusammen mit Yugi darauf wartet, dass sich Hopkins hinsetzt. Erst als dies passiert ist, nehmen auch sie wieder Platz.

 

Nach dem Essen machen sie sich mit Rocky, der schon von Lenny geschirrt worden ist, wieder auf den Weg zum Markt. Heute hat sich Yugi vorgenommen, Stoffe mit traditionellen Motiven für Kimonos und Schultertücher zu kaufen. Was sich als ziemlich zeitaufwendig herausstellt, da er diesmal jeden der Ballen noch ausführlicher prüft, bis er sich für einen entscheidet. Schliesslich hat er einen Ruf als Stoffhändler zu verlieren.

 

Beim ersten Stand hat Yami noch aufmerksam zugehört. Doch jetzt hört er nur noch mit einem halben Ohr zu, ist es doch eigentlich das gleiche Prozedere, wie in den letzten Tagen. Gelangweilt krault er Rocky am Hals, bis ihn Yugi dazu auffordert, den Ballen am Tragegeschirr festzubinden und dann auch schon zum nächsten Marktstand eilt, an dem Schultertücher in den verschiedensten Farben und Mustern verkauft werden.

 

Yugi kennt den Händler schon von den letzten Jahren und weiss, dass dieser die Tücher am liebsten bündelweise verkauft. Ausserdem sind sie so trotz hervorragender Qualität günstiger, als wenn er sie einzeln kaufen würde.

„Guten Tag Herr Oita. Was haben Sie denn dieses Jahr schönes anzubieten?“, fragend sieht er den Mann aus Hiroshima an.

„Herr Muto! Guten Tag, was für eine Freude, dass Sie wieder hier sind. Einen Moment, ich habe extra etwas für Sie zur Seite gelegt.“

Geschäftig holt Oita gleich vier Bündel mit je zwanzig Tüchern aus einer grossen Holzkiste, die hinter dem Marktstand auf einem kleinen Podest steht. „Schauen Sie mal, das sind beste Tuchwaren, die von den Weberinnen aus meiner Heimatpräfektur mit viel Liebe hergestellt worden sind.“ Weil er weiss, dass sich der junge Mann die Ware gern genauer ansieht und dann erst die Bündel kauft, löst er vorsichtig den Knoten des Bandes und breitet die Tücher auf dem Tisch aus. Schliesslich hat er nichts zu verbergen.

 

Um den Mann nicht zu enttäuschen begutachtet sich Yugi die mit edlen Motiven gewebten und bestickten Tücher. Erst nachdem er sich auch noch ein zweites Bündel angesehen hat, nickt er dem Händler zu. „Gut ich nehme die vier Bündel, wenn der Preis stimmt.“ Mit diesem Satz eröffnet Yugi nun, wie jedes Jahr an diesem Stand, die Verkaufsverhandlungen.

 

Zufrieden schnürt Herr Oita die Tücher wieder zu einem Bündel zusammen. „ich will für alle vier Bündel 160 Silbermünzen haben.“

Wie es nicht anders zu erwarten ist, schüttelt Yugi den Kopf. „Auf keinen Fall, ich biete 120 Silbermünzen. Schliesslich sind nicht alle der Tücher leicht zu verkaufen.“ Mit unleserlicher Miene sieht er den Händler an, der nun seinerseits abwehrt. „Auf keinen Fall, ich gehe aber runter auf 150 Silbermünzen. Was halten Sie davon?“, sich auf der Platte abstützend sieht er seinen Kunden abwartend an.

„Nein, das ist immer noch zu viel. Ich erhöhe aber auf 130 Silbermünzen.“ Die Arme verschränkend, entlastet Yugi sein linkes Bein. So langsam schmerzen ihm nämlich von dem vielen herumlaufen und stehen die Füsse.

Bedauernd schüttelt Oita den Kopf. „Das kann ich nicht machen, aber ich mache einen Vorschlag. Treffen wir uns doch in der Mitte. Sprich, bei 140 Silbermünzen. Sind Sie damit einverstanden, Herr Muto?“, geduldig wartet er nun auf eine Antwort, die diesmal etwas länger auf sich warten lässt. Schliesslich nickt Yugi. „Ich schlage ein. 140 Silbermünzen sind ein guter Preis.“ Um den Handel zu besiegeln reichen sie sich die Hände, ehe der Händler die Bündel in stabiles Leinen einwickelt und Yugi die Münzen abzählt.

 

Als Yami diese Bündel nun auf Rocky festschnallen soll, steht er vor einem Problem. Wie zum Teufel soll er das denn machen, dass sie auch ja nicht runterfallen? Hilfesuchend blickt er zu Yugi, der ihm das eine Bündel lächelnd abnimmt. „Schau, ich zeige es dir.“ In aller Ruhe legt er das Bündel auf Rockys Rücken so hin, dass es auf dem einen Stoffballen aufliegt und legt dann das Zweite auf die andere Seite, ehe er diese mit Hilfe eines breiten Lederriemens fixiert. „Siehst du? Darum habe ich auch zuerst die beiden Ballen gekauft und jetzt versuch du es mit den anderen beiden Bündeln.“ Auffordernd blickt er Yami an, der sich sofort an die Arbeit macht und zwar nicht ganz so geschickt, aber doch sicher die Handgriffe seines Shariks nachmacht.

 

Erstaunt, dass der junge Mann, seinem Sklaven geduldig erklärt und auch noch zeigt, wie die Bündel auf dem Pferderücken befestigt werden müssen, sieht Herr Oita Yugi an. „Sie haben ja wirklich Geduld mit ihm. Denn der sollte doch wissen, wie man die Bündel richtig befestigt.“

Empört stützt Yugi seine Hände in die Seiten. „Herr Oita, Yami ist das erste Mal mit mir hier und hatte früher nichts mit all dem hier zu tun. Woher soll er also wissen, wie er die Stoffbündel auf diesen speziellen Tragegeschirren richtig befestigen soll!“, fest sieht er den Händler an, der bei dem scharfen Tonfall unwillkürlich den Kopf einzieht.

 

Auf einmal hören sie ein lautes Lachen vom benachbarten Marktstand. „Herr Oita, der Sklave weiss vielleicht nicht, wie man die Bündel richtig verschnürt, aber dafür hat der am Montag die Chinesen auf Trab gehalten, weil er fliessend Chinesisch spricht.“

„Oh ja“, mischt sich nun auch der Verkäufer des Verpflegungsstandes auf der anderen Seite ein. „Der hat für den Muto übersetzt, als würde der nie was Anderes machen und die da“, nun zeigt der Händler zu den Chinesen rüber, „sind dadurch richtig nervös geworden, weil die Preisverhandlungen für sie so schwerer geworden sind. Ich habe sogar von einem Freund, der Chinesisch versteht gehört, dass sie darüber diskutiert haben, dass sie Muto ein Kaufangebot machen wollen, aber dann meinte wohl einer, dass er den Händler im Hafen von Domino kennt und dass der Muto schon vor Monaten dessen Angebot abgelehnt hat und jetzt wohl kaum anderer Meinung sein wird, so wie der auf den aufpasst. Da war die Diskussion wohl dann ganz schnell wieder vorbei.“

 

Während die beiden Händler weiter über die chinesischen Händler ablästern, sehen sich Yugi und Yami peinlich berührt an. Ist ihnen doch nicht bewusst gewesen, dass sie für so viel Aufruhr gesorgt haben. „Was meinst du, sollen wir langsam mal abhauen und die beiden allein weiterlästern lassen? Für heute habe ich nämlich alles eingekauft“, beugt sich Yugi flüsternd zu Yami, welcher erleichtert nickt. „Oh ja.“

 

Möglichst unauffällig ziehen sie sich zurück, atmen aber erst erleichtert auf, als sie den Marktplatz schon ein ganzes Stück hinter sich gelassen haben. „Verdammt, war das peinlich“, schief grinsend dreht sich Yugi, während sie durch die Strassen laufen, zu Yami um, der mit etwas hinter ihm geht.

„Das kannst du laut sagen, aber du solltest jetzt lieber wieder nach vorn sehen, sonst lernst du plötzlich noch eine der Strassenlampen näher kennen, als es dir lieb ist.“ Schnell greift er nach dessen Arm und zieht ihn zur Seite, weil genau das jetzt beinahe passiert wäre.

Diese Aktion erweckt die Aufmerksamkeit von ein paar Passanten, weil jedoch Yami Yugi sofort wieder loslässt und respektvoll den Kopf senkt, verlieren diese schnell wieder das Interesse und gehen weiter.

Dankbar, dass ihm Yami eine schmerzhafte Beule erspart hat, nickt Yugi ihm nur kurz zu, weil er die neugierigen Blicke sehr wohl bemerkt hat und nicht noch einmal die Aufmerksamkeit auf sie beide lenken möchte. Sobald sie im Hof sind, wird er sich dann richtig bei ihm bedanken und dies teilt er ihm auch mit den Augen mit. Was seinem Liebsten ein kleines Lächeln entlockt.

Nun wieder auf den Weg achtend, läuft Yugi, gefolgt von Yami, weiter die Strasse entlang, ohne sich einmal nach ihm umzudrehen.

 

Doch kaum sind sie im Hof angekommen, dreht er sich um und schlingt seine Arme um Yamis Nacken. „Danke, dass du mich gerettet hast“, bevor dieser etwas erwidern kann, gibt er ihm einen innigen Kuss, den er anfängt zu vertiefen, als sich ein Arm um seinen Rücken schlingt.

 

„Hey, Jim, Scott kommt mal her“, ruft Lenny leise und grinsend den beiden Männern zu, die sich gerade im Stall darüber unterhalten, dass die Rosen mal wieder etwas Mist gebrauchen könnten.

Im ersten Moment wirken sie zwar etwas verwirrt, aber dann kommen sie zum Tor. „Oh là là. Na das nenne ich mal einen Kuss.“ Die Arme verschränkend sieht sich Jim breit grinsend das Schauspiel an, während Scott nur den Kopf schüttelt. „Sagt mal, brauchen die nicht mal langsam wieder Luft? Und warum müssen die das hier machen? Dafür gibt es doch Schlafzimmer.“

Vielsagend blicken sich die anderen beiden an und stecken dann ihre Köpfe zusammen. „Wann hat ihm Nancy noch einmal klipp und klar gesagt, dass sie nichts von ihm will?“, flüstert Jim für Lenny gerade noch so hörbar, was den anderen kurz nachdenklich die Augenbrauen zusammenziehen lässt. „Ich glaube, das war am Dienstag und weil es Sir Hopkins ja nicht gern sieht, wenn wir sexuell bedrängt werden und Scott dazu auch noch ein Gentleman ist, hat er das zähneknirschend akzeptiert. Ist aber schon hart, wenn er jetzt Yugi und seinen Yami so verliebt sehen muss.“

 

Von ihren Beobachtern bekommen Yugi und Yami nichts mit. Sehen sie sich doch nach dem Kuss tief in die Augen und sind in ihrer eigenen Welt versunken, bis sich ein Pferdekopf mit einem deutlichen Brummeln zwischen sie schiebt. „Mann, Rocky!“ Sanft, aber dennoch bestimmt, drückt Yami den Wallach zur Seite, krault ihn dann aber doch am Hals. „Du hast aber Recht, wir sollten uns wirklich erst um dich kümmern und dich von deiner Last befreien.“

Beinahe so, als hätte Lenny nur darauf gewartet, taucht er plötzlich neben ihnen auf und nimmt ihm den Führstrick ab.

„Danke Lenny“, nickt ihm Yami kurz zu, ehe er beginnt die Lederriemen zu lösen, welche die Bündel sicher fixieren.

„Gib mir bitte schon mal zwei der Bündel, dann trage ich die schon mal rein“, auffordernd sieht Yugi seinen Liebsten abwartend an.

 

Hoffend, dass jetzt nicht gleich noch einer der anderen kommt und ihm auch diese Arbeit wegnimmt, reicht Yami die Tuchbündel an Yugi weiter und schnappt sich die anderen beiden Bündel. „Wir holen gleich noch die Stoffballen. Gibst du Rocky schon mal Wasser?“, fragend sieht er Lenny an, der ihm bestätigend zunickt. „Natürlich, schliesslich soll der Gute ja nicht verdursten. Ach Yugi, nimmst du morgen dann Star mit?“, dann bewege ich sie am Morgen nämlich nicht.“ Obwohl Yugi das jedes Jahr so macht, um seinen eigenen Pferden vor der anstrengenden Heimreise noch einen freien Tag zu gönnen, fragt Lenny doch lieber nach.

 

„Ja, so wie in den letzten Jahren auch. Meine beiden werden dann Samstag und Sonntag noch mehr als genug Bewegung haben“, ruft ihm Yugi über die Schulter blickend, von der Hintertür her zu.

 

Im Lagerraum legt er die Bündel zu den immer noch sicher in Leinen eingewickelten Ballen und nimmt dann auch Yami dessen Last ab. „Holst du gleich noch die beiden Stoffballen?“, bittend sieht Yugi ihn an, ehe er sich den schon eingelagerten Stoffen zuwendet. Will er doch kurz kontrollieren, ob hier immer noch alles in Ordnung ist.

So bemerkt er nicht, wie Yami nickt und dann schweigend aus dem Raum geht, weil er ihn nicht in seiner Konzentration stören möchte.

 

Im Hof sieht er dann nachdenklich zu Lenny. „Hilfst du mir mal schnell? Dann kann ich gleich beide Ballen auf einmal reintragen.“

Natürlich tut dies der andere, weshalb er schon nach kurzer Zeit die beiden Stoffballen auf den Armen hat und diese ins Haus schleppt.

 

Als Yami dann ins Lager kommt, sieht Yugi gerade in seine Richtung. „Sag mal spinnst du? Zwei Ballen auf einmal sind doch viel zu schwer!“ Sofort nimmt ihm sein Sharik den oberen Stoffballen ab und legt ihn zu dem schon ziemlich grossen Stapel auf den Tisch, ehe Yami den anderen nun auch ablädt und dann seinen schmerzenden Rücken durchdrückt.

„Das kommt davon. Was musst du dich auch so überheben“ Mit ihm schimpfend stellt er sich neben seinen Liebsten und legt seine Hand auf dessen Kreuz. Sein Gesicht genau im Auge behaltend, beginnt er seine Hand mit Druck hin und her zu bewegen.

 

Im ersten Moment hält Yami angespannt den Atem an. Doch dann stützt er sich mit den Händen an der Tischplatte ab und schliesst geniessend die Augen. Nur leider hört Yugi viel zu schnell wieder auf, was ihn leise protestierend grummeln lässt.

 

„Wenn du willst, dann massiere ich dich heute Abend wieder ein wenig, wenn dir das so gut gefällt“, grinsend zieht Yugi seine Hand zurück, als ihn sein Liebster ansieht. „Oh ja, das gestern war so schön entspannend.“ Mit einem Lächeln legt er die Arme um seinen Sharik.

„Müssen wir wirklich noch mit den anderen zu Abend essen?“ Auch wenn Yami die Frage nicht wirklich ernst meint, hofft er doch, dass Yugi verneinend darauf eingeht.

 

Nur leider nickt dieser bedauernd mit dem Kopf. „Maria wird nicht noch einmal zulassen, dass wir in unserem Zimmer essen, aber wir haben ja noch ein wenig Zeit, bis wir ins Esszimmer müssen.“ Vielsagend sieht er Yami an. Welcher ihn sofort aus der Umarmung entlässt, dafür aber nach seiner Hand greift und ihn aus dem Raum zieht. Im Flur lässt Yami ihm aber dann doch noch die Zeit, die Tür wieder abzuschliessen, ehe er ihn regelrecht nach oben in ihr Zimmer schleppt.

 

Dort angekommen dreht sich Yami zu seinem Sharik um und sieht ihn mit einem schelmischen Ausdruck in den Augen an. „Ich würde sagen, während ich mich langweile, machst du deine täglichen Eintragungen, damit wir nach dem Abendessen gleich Zeit für uns haben.“

Von den Worten vollkommen überrascht, hat er doch eigentlich etwas ganz Anderes erwartet, nickt Yugi nur und geht zu dem Schreibtisch. Erst als er sich hingesetzt hat, sieht er wieder zu Yami, der es sich nun auf dem schmalen Fensterbrett möglichst bequem gemacht hat und nun aus dem offenen Fenster sieht.

Kopfschüttelnd nimmt Yugi sein Notizbuch und beginnt die bezahlten Preise für die Stoffballen und Tuchbündel einzutragen.

Heute geht das ziemlich schnell, weshalb er noch kurz ihre verbleibenden Münzen abzählt und eigentlich sehr zufrieden ist. Dadurch, dass er dank Yamis Sprachkünsten für die chinesischen Seidenballen wirklich deutlich weniger als sonst bezahlt hat, sind noch mehr Münzen, als in den letzten Jahren übrig. Was ihm für den morgigen Tag einen etwas grösseren finanziellen Spielraum lässt, wenn er doch noch das ein oder andere Schnäppchen machen möchte.

 

Nun den Rücken durchstreckend steht Yugi auf und gesellt sich zu Yami. Ihm gegenüber setzt er sich auch auf das schmale Fensterbrett und sieht hinaus in den kleinen Rosengarten.

„Magst du Rosen?“, wendet er sich nach einer Weile des gemeinsamen Schweigens an Yami, der seinen Blick ernst erwidert. „So aus der Ferne, sehe ich sie gern, aber ich kann ihren Duft nicht mehr ausstehen.“ Seinen Hinterkopf an die Wand lehnend, beobachtet er wieder in Gedanken versunken, die kleinen Schäfchenwolken an dem sonst kitschig blauen Himmel.

 

Yugi spürt, dass sein Liebster nicht reden möchte. Weshalb er ihn einfach nur stumm beobachtet, ehe er wieder nach draussen sieht, um die Uhrzeit abzuschätzen. „Na komm, sicher wird uns Maria gleich rufen.“

Nachdem er sich erhoben hat, ergreift er Yamis Hand und haucht einen Kuss auf die weiche Haut der Handfläche.

„Ich bin noch schnell im Bad. Du kannst aber ruhig schon runtergehen, wenn du nicht auf mich warten möchtest.“

 

Einen Moment denkt Yami nun über diese beiden Möglichkeiten nach. „Ich warte hier auf dich. Ich muss nämlich auch noch ins Bad.“ Nachdem Yugi ihm zugenickt und das Zimmer verlassen hat, sieht er auf seine Hand, ehe er sie zur Faust ballt. Nur leider kann er auch so das Gefühl, das Yugis Lippen auf seiner Haut hinterlassen hat, nicht festhalten.

 

So findet ihn auch Yugi vor, als er wieder ins Zimmer kommt. Gern würde er seinen Liebsten fragen, woran er denn denkt. Doch eilt dieser schon an ihm vorbei ins Bad. Während er auf ihn wartet, legt Yugi schon mal das Badetuch bereit, das er nachher auf das Bett legen möchte, wenn Yami dann wirklich die Massage haben will und platziert auch die Ölflasche vorsorglich auf dem Nachttisch.

 

Nach dem Abendessen darf er dann wirklich noch Yami ein wenig mit seinen Massagekünsten verwöhnen. Allerdings mit dem Unterschied, dass es diesmal ohne Überraschungen abläuft und sein Liebster zwar schläfrig wird, als er wieder dessen Rücken massiert, aber nicht unter seinen Händen einschläft. So, dass Yugi sogar noch das Badetuch aus dem Bett räumen und über den Stuhl beim Schreibtisch hängen und die Ölflasche wieder sicher verstauen kann, ehe er sich todmüde wieder ins Bett und dann an seinen Yami rankuschelt und schon kurz darauf auch schon eingeschlafen ist.

 

 

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So, jetzt haben wir mal einen etwas anderen Kapitelanfang gehabt. Ich hoffe, er hat euch trotz der arschigen CHaraktere gefallen und huete durfte mal Yugi ausrasten und sich von Yami trösten lassen.

 

Also dann, wenn es vor dem 25. Juni noch ein Kapitel geben sollte, dann kommt das aus Wales. ;-)

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto
 

PS: Das Panna Cotta Originalrezept, das ich leider nur in diesem Forum gefunden habe:
 

http://www.chefkoch.de/forum/2,25,424856/Panna-Cotta-ohne-Gelatine-oder-Agar-Agar.html?page=all
 

Und hier noch ein anderes Rezept leider mit Gelatine. Ach ja, Rahm nennen wir in der Schweiz die Sahne. Es ist also KEIN Sauerrahm gemeint!
 

https://www.swissmilk.ch/de/rezepte/HWL_CFuM2001_11/panna-cotta-rahmkoepfli/
 

Und hier das Pilzrisotto:
 

https://www.gutekueche.ch/pilzrisotto-rezept-5340

Höhenflug 1/2

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Höhenflug 2/2

So, weil Animexx der Meinung ist, dass das Kapitel Adult ist, hier der Teil ohne den "Sex"
 

Für diejenigen, die den ersten Teil nicht lesen können, kurz eine Info, was passiert ist.
 

Yami hat einen etwas heisseren Traum, in welchem er von Yugi mit Händen und Mund verwöhnt wird und wacht mittendrin extrem erregt auf. Da er sich noch nicht selbst anfassen kann, bietet ihm Yugi seine Hilfe an.

Weil Yami aber immer noch Panik bekommt, wenn er in diesem Zustand im Schritt angefasst wird, macht Yugi den Vorschlag, dass er sich auf ihn legen soll und so kommt es, dass sie sich mit angezogenen Shorts aneinander Reiben, bis sie beide den Höhepunkt erreichen.
 

Weil Yami dabei jedoch kurz vor einer Panikattacke steht, nennt ihn Yugi bewusst Atemu und schafft es so, dass sich Yami so weit fallen lassen kann, dass dieser seinen ersten freiwilligen Höhepunkt seit Jahren geniessen kann.
 

So und jetzt geht's weiter...
 

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Schwer atmend liegt Yami nach seinem Höhenflug in Yugis Armen und findet so langsam wieder zurück in die Wirklichkeit. Auf einmal überrollen ihn die Gefühle und er beginnt heftig zu schluchzen. Sein Gesicht an Yugis Halsbeuge vergrabend kann er seine Tränen nicht mehr zurückhalten und ist unglaublich erleichtert, als er die schützende Umarmung spürt. Die er durch seine jetzt noch empfindlichere Haut, viel intensiver als sonst wahrnimmt.
 

Von seinem eigenen Höhepunkt noch vollkommen ausser Atem streichelt Yugi sanft über Yamis Rücken und legt eine Hand in dessen Nacken, um ihn dort beruhigend zu kraulen. Sagen tut er nichts, denn er kann sich nur zu gut vorstellen, was gerade in seinem Liebsten vorgeht.
 

Die Sonne ist schon dabei den dunklen Nachthimmel zu erhellen, als sich Yami langsam wieder beruhigt. Sich etwas aufrichtend, hat doch bis gerade eben, sein ganzes Gewicht auf Yugi gelastet, sieht er ihn an. „Wieso...“, sich leicht räuspernd versucht er einen zweiten Anlauf. „Wieso ist es so?“, fragend sieht er seinen Sharik an, der ihm lächelnd die Strähne hinters Ohr streicht. „Das kann ich dir auch nicht sagen. Nur eins weiss ich, wenn es dir gefallen hat, dann war es genau so, wie es sein sollte.“
 

Sich nun hinkniend mustert Yami Yugis Gesicht. „Du bist auch... geflogen. Oder?“, eigentlich muss er die Frage gar nicht stellen, kennt er den verräterischen Gesichtsausdruck doch inzwischen, den sein Sharik immer hat, wenn dieser gekommen ist.
 

Ertappt grinst Yugi schief, während er sich mit einem leisen Ächzen aufsetzt. So langsam ist sein Liebster nämlich schon ziemlich schwer geworden. „Ja, du hast mich sozusagen mitgerissen, mein Liebster.“ Mit geröteten Wangen sieht er ihn nun prüfend an. „Wie geht es dir? Hat es dir denn gefallen?“ Darauf hoffend, dass ihn sein Gefühl nicht täuscht, sieht er in Yamis nachdenkliches Gesicht.

„Ja, ich denke es hat mir gefallen. Es war so anders. Ich dachte, ich werde wie von einer Feuerwalze verschlungen und das hat mir Angst gemacht, aber gleichzeitig wusste ich, dass du da bist und das hat mir den Mut gegeben, es einfach zuzulassen. Ich denke es geht mir gut.“ Fügt er dann noch ziemlich zusammenhanglos hinzu, als ihm plötzlich etwas einfällt. „Woher kennst du meinen früheren Namen? Ich habe ihn dir nie...“, als ihn die Erkenntnis trifft, sieht Yami Yugi geschockt an. „Ich habe ihn nur einmal in deiner Gegenwart ausgesprochen, aber da hast du doch geschlafen. Ich meine...“
 

Leicht schüttelt Yugi nun den Kopf. „Nein, ich habe da schon unbewusst so sensibel auf dich reagiert, dass ich immer beinahe sofort aufgewacht bin, wenn bei dir etwas nicht in Ordnung gewesen ist. Ich war damals wach und habe jedes Wort gehört, darum habe ich auch nichts gesagt. Nur heute... naja... es erschien mir einfach besser und richtig, dich Atemu zu nennen und nicht Yami.“ Auf einen Wutausbruch gefasst, zieht Yugi den Kopf ein. Doch zu seinem Erstaunen bleibt der aus.
 

Stattdessen legt Yami den Kopf leicht schief und sieht ihn nachdenklich an. „Vermutlich hast du das Richtige getan, denn ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich hätte loslassen können, wenn du mich Yami genannt hättest. Zu viele schlechte Erfahrungen hängen mit diesem Namen zusammen.“

In Gedanken versunken blickt er nun zum Fenster, wo sich der Himmel schon rot zu verfärben beginnt. „Trotzdem bin ich noch nicht bereit, diesen Namen ausserhalb unseres Zimmers zu benutzen.“ Wieder zu Yugi blickend, sieht er ihn bittend an. „Nenn mich darum bitte weiterhin Yami, wenn wir nicht in so einer Situation wie gerade eben sind. Ich...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.
 

„Ich verstehe dich und eigentlich wollte ich auch warten, bis du mir deinen Namen wirklich nennst. Darum werde ich dich weiterhin Yami nennen, bis du bereit bist, deinen Wunsch einzulösen. Auch wenn du ihn nicht dafür verwenden musst, denn es wird mir dann eine Ehre sein, dich Atemu zu nennen.“ Leicht haucht er ihm einen Kuss auf die Lippen, ehe er sich lächelnd wieder zurücklehnt. „Ich freue mich aber, dass es dir gefallen hat.“
 

Das Gesicht verziehend sieht Yami nach unten. „Ja, aber ich werde jetzt ganz klar duschen gehen und mir eine frische Hose anziehen. Das ist ja ein verdammt ekliges Gefühl, wenn der Stoff so auf der Haut klebt.“ Ohne weiter auf Yugi zu achten, der sich ein breites Grinsen beim besten Willen nicht mehr verkneifen kann, geht es ihm selbst mit seiner nassen Shorts doch auch nicht viel besser, steigt Yami aus dem Bett und schnappt sich seine Kleider. Wenn er denn schon duschen geht und seine Shorts vollgesaut sind, dann kann er sich dann ja auch gleich anziehen.
 

Einen immer noch grinsenden Yugi, der sich nun auch auf die Bettkante gesetzt hat, zurücklassend eilt Yami ins Bad, wo er sich als erstes vor den Spiegel stellt. Ganz genau mustert er jetzt sein Gesicht und fragt sich dabei, ob man ihm so wie seinem Sharik ansehen kann, was heute Morgen passiert ist.

„Verdammt, wenn Yugi mich Yami genannt hätte, dann...“, sich deutlich bewusst sein, dass er dann vermutlich eine Panikattacke gehabt hätte, fährt sich Yami durch die Haare, ehe er sich abwendet und endlich die Shorts auszieht.

Mit einem erleichterten Seufzer stellt er sich nach einem Moment des Wartens unter den angenehm warmen Wasserstrahl und schliesst geniessend die Augen. Erst nach einer ganzen Weile öffnet er sie wieder und greift nach der Seife, um sich die Spuren seiner Lust vom Körper zu waschen.
 

Unterdessen hat sich Yugi wieder rücklings auf die Matratze fallen lassen und legt sich mit einem unglaublichen Glücksgefühl, die Fingerspitzen auf die Lippen. Nie hätte er zu hoffen gewagt, dass sich Yami so schnell wirklich wird fallen lassen können. Auch wenn es für ihn selbst schon irgendwie seltsam gewesen ist, wie das ganze nun abgelaufen ist.

Als er hört, dass die Tür geöffnet wird, setzt er sich wieder auf, um seinen Liebsten besser ansehen zu können. Denn auch wenn dieser vorhin noch überraschend ruhig gewirkt hat, kann er seine Sorge um ihn doch nicht so ganz zur Seite schieben. „Wie geht es dir? Hat dir die Dusche gut getan?“ Mit einem fragenden Blick folgt er seinen Schritten mit den Augen, bis dieser sich nun neben ihn auf die Matratze setzt.
 

„Das hast du mich schon einmal gefragt, Sharik“, erwidert Yami, ihn lächelnd ansehend, lässt seine Augen dann aber nach oben zur Decke gleiten. „Ich muss aber gestehen, dass ich mich schon etwas überfordert fühle und noch Zeit brauchen werde, um das alles zu verarbeiten.“ Weil er es auf dem Bett sitzend nicht mehr aushält, steht Yami wieder auf und tritt mit verschränkten Armen vor das Fenster. „Ich bin haarscharf an einer Panikattacke vorbeigeschrammt und wenn du mich nicht Atemu genannt hättest, dann...“, auf einmal wird er von hinten umarmt und spürt dann Yugis Stirn auf seiner Schulter. „Ich weiss. Ich habe es in deinen Augen gesehen und ich bin wirklich erleichtert, dass wir es gemeinsam geschafft haben.“
 

Ganz ruhig stehen die beiden da und betrachten den Sonnenaufgang, bis sich Yugi mit einem leisen Seufzen von Yami löst. „Ich gehe dann auch mal langsam unter die Dusche und werde diese ekligen Shorts los.“ Schnell haucht er seinem Liebsten einen Kuss auf die Wange, ehe er sich frische Sachen schnappt und mit einem letzten Blick zurück, aus dem Zimmer geht.
 

Nur zu seinem Leidwesen kann er nicht einfach ins Bad verschwinden, ist doch Hopkins gerade auf dem Weg nach unten und entdeckt ihn natürlich sofort. „Yugi! Guten Morgen.“ Mit einem breiten Grinsen kommt dieser jetzt sogar auf ihn zu.
 

„Guten Morgen Arthur. Du ich bin gerade auf dem Weg ins Bad, also...“, vielsagend deutet Yugi zu der Tür und will eigentlich auch gleich verschwinden, doch der Blick des anderen lässt ihn innehalten. „Was ist?“, hält er in der Bewegung inne und sieht Hopkins fragend an, der ihn besorgt mustert.
 

„Ich habe euch beide gehört. Wie vermutlich das ganze Haus.“ Als Yugi nun etwas erwidern möchte, hebt er seine Hand. „Ich will nichts Genaueres wissen. Noch euch beiden reinreden. Alles was ich wissen möchte, ist, wie es dir und vor allem Yami jetzt geht.“ Geduldig auf eine Antwort wartend, mustert er den junge Mann vor sich, der jetzt mit gesenktem Kopf dasteht, ehe dieser den Blick hebt und fest in seine Augen blickt.

„Es geht ihm gut. Keine Sorge, aber löchert ihn bitte nicht mit persönlichen Fragen. Sonst werde ich ungemütlich!“, drohend sieht er Hopkins an, der unwillkürlich einen Schritt zurückweicht. Kennt er diesen drohenden Ausdruck in Yugis Augen, der eigentlich so gar nicht zu dem sanften jungen Mann passen möchte, doch zu gut und weiss daher, dass nun äusserste Vorsicht geboten ist.

„Dann bin ich ja beruhigt und lasse dich nun in Ruhe. Bis nachher beim Frühstück.“
 

Die Klinke schon in der Hand, sieht Yugi Hopkins nach. Zwar freut es ihn ja schon irgendwie, dass sich dieser Sorgen um Yami macht. Nur kann er sich den üblen Nachgeschmack des Gefühls nicht verwehren, dass es dieser nur tut, weil Yami höchstwahrscheinlich der rechtmässige Pharao des ägyptischen Grossreiches ist. Dieses Gefühl ist es, dass ihn Hopkins gegenüber doch etwas misstrauisch macht, denn eins ist klar, er wird ganz sicher nicht zulassen, dass sein Yami zu irgendetwas gezwungen wird.
 

Von alledem ahnt Yami zum Glück nichts, während er in Gedanken versunken den Sonnenaufgang betrachtet. Noch immer glaubt er den Nachhall seines Höhenfluges in sich zu spüren und ist erstaunt, dass dieser sich so gut angefühlt hat und auch jetzt der gewohnte Ekel sich immer noch nicht einstellt, den er doch sonst nach einem erzwungenen Orgasmus immer empfunden hat.
 

Als Yugi wieder ins Zimmer kommt, steht Yami immer noch mit verschränkten Armen aus dem Fenster blickend da, dreht sich jetzt aber zu ihm um und sieht ihn mit einem Blick an, den er nur zu gut kennt.

Weshalb er sich mit ergeben seufzend mit unterschlagenen Beinen auf das Bett setzt. „Na komm“, klopft er nun mit seiner Hand auf die Matratze. „Ich sehe doch, dass es hinter deiner Stirn wie verrückt arbeitet und du vermutlich viele Fragen hast.“ Lächelnd lehnt er sich zurück, bis er sich bequem am Kopfteil des Bettes anlehnen kann und wartet jetzt auf die unvermeidlichen Fragen.
 

Nachdem es sich Yami im Schneidersitz vor Yugi bequem gemacht hat, sieht er ihn nachdenklich an.

„Warum? Warum hast du zugelassen, dass ich die Kontrolle habe? Hattest du denn keine Angst, dass ich etwas mache, was du nicht willst?“, schiesst es plötzlich aus ihm heraus.

Was Yugi doch erstaunt, dass sein Liebster ausgerechnet solche Fragen stellt. „Ähm, warum sollte ich dir die Kontrolle nicht überlassen? Ausserdem vertraue ich dir so sehr, wie du mir vertraust und weiss auch genau, dass du nichts machen würdest, was ich nicht möchte. Ausserdem konntest du es so ebenso sehr geniessen, wie ich es getan habe.“ Keine Sekunde senkt Yugi seinen Blick. Will er doch, dass Yami in seinen Augen lesen kann, dass er jedes Wort vollkommen ernst meint.
 

Über die Worte nachdenkend, legt sich Yami unbewusst den Finger auf die Lippen, während er gleichzeitig den Kopf leicht zur Seite neigt. „Also hat es dir ebenso gefallen“, murmelt er jetzt mehr zu sich selbst.

„Wieso hast du nicht mit der Hand weitergemacht? Ich meine, dann wäre es doch einfacher für dich gewesen, mich... naja“, beendet Yami seine Erklärung abrupt, weil ihm nun doch die Worte fehlen.
 

Etwas über diese Frage empört richtet sich Yugi nun ein wenig auf. „Yami, glaubst du ernsthaft, ich hätte nicht bemerkt, dass du dich vollkommen verspannt hast und am liebsten weggerannt wärst. Da wäre es ein Wunder gewesen, wenn du dich hättest fallen lassen können und wenn doch, dann wäre es für dich sicher keine schöne Erfahrung gewesen, sondern eine, die du wie durch einen Zwang gemacht hättest und das will ich weder dir noch mir antun.“
 

Über die heftige Reaktion seines Shariks überrascht, braucht Yami einen Moment, bis auch er sich wieder gefangen hat. „Entschuldige, ich wollte dich nicht...“, Yugis Hand auf seiner lässt ihn wieder verstummen. „Ist schon gut. Du hast mich nicht verärgert“, lieb lächelnd sieht er seinen Liebsten an, bis dieser leicht nickt und tief durchatmet.

„Kann ich dich noch mehr fragen?“, unsicher ob er nicht doch zu weit gegangen ist, blickt er Yugi an und schliesst dann einen Moment erleichtert die Augen, als dieser immer noch lächelnd nickt. „Natürlich, frag nur.“ Gespannt, was jetzt als nächstes kommt, lehnt sich Yugi wieder zurück.
 

„Wie war es für dich? Ich meine, wie hat sich für dich dein Höhepunkt angefühlt?“ Kurz verstummt er. „Und warum fühle ich keinen Ekel? Und warum habe ich immer noch so einen angenehmen Nachhall in mir? Und warum hat es nicht geschmerzt, als ich gekommen bin? Und warum war es so intensiv?“ Abrupt, hört Yamis Frageschwall auf. Dafür sitzt er jetzt gespannt auf die Antworten seines Shariks da.
 

Bei den Fragen muss Yugi erst einmal tief durchatmen, ehe er sich überhaupt daran wagen kann, diese zu beantworten. „Ähm, wie er sich für mich angefühlt hat. Ähm... naja... . Also er war unbeschreiblich... ähm... ich dachte ich explodiere und löse mich auf und da war noch so eine... Spannung in mir, die sich plötzlich gelöst hat und das war einfach unglaublich schön.“ Hoffend, dass die erste Frage damit beantwortet ist, sieht Yugi seinen Liebsten mit hochroten Wangen an.
 

Der scheint jedes Wort geradezu in sich aufzusaugen und wirkt im Moment wie ein sehr aufmerksamer Schüler, der auch ja kein Wort verpassen möchte. „Also fühlst du keinen Ekel?“
 

Verneinend schüttelt Yugi nun den Kopf. „Nein, wenn es freiwillig passiert und auf eine Art und Weise die für einen schön ist, dann fühlt man keinen Ekel. Im Gegenteil, wenn es noch mit der Person des Herzens passiert, dann ist es wie der Himmel auf Erden. Darum fühlst du jetzt auch keinen Ekel, so wie es früher der Fall gewesen ist. Da war dein Höhepunkt eine erzwungene körperliche Reaktion, die durch ausreichende Stimulation oder Drogen herbeigeführt worden ist und auch wenn es für einen Teil von dir heute vielleicht noch etwas zu früh gewesen ist, so war es offensichtlich für eine andere Seite von dir genau das, was sie gebraucht hat. Denn sonst würdest du jetzt nicht so ruhig hier sitzen und mit mir darüber reden können.“ Innerlich dankt Yugi sämtlichen ihm bekannten Göttern, dass er sich in den letzten Wochen ein wenig an solche Gespräche gewöhnt hat.

Sonst wäre er sicher schon vor Scham in der Matratze versunken oder hätte sich durch die Antworten gestottert.

Nun kommen allerdings die schwierigeren Fragen an die Reihe, denn woher zum Teufel soll er denn wissen, wie genau es sich für seinen Liebsten angefühlt hat? „Warum es nicht geschmerzt hat“, wagt er sich nach einigem Überlegen an diese Frage. „Ich nehme mal an, dass du dich früher dagegen gewehrt hast. Oder?“, fragend sieht er Yami an, der nach einem Moment grimmig nickt. „Ja, denn ich wollte es nicht, aber was sollte ich denn machen? Irgendwann gibst du einfach auf, weil du den Druck nicht mehr aushältst, aber schön ist wirklich etwas Anderes.“

Auch wenn Yugi mit der Antwort gerechnet hat, ist er doch schockiert, weshalb er erst einmal leer schluckt. „Verstehe, daher kamen dann wohl auch die Schmerzen, die du dabei hattest. Denn wenn man es will und sich auch fallen lassen kann, dann fühlt man keinen Schmerz, sondern einfach ein unglaubliches Glücksgefühl, das einen durchströmt. Dieses kann sogar noch sehr lange in einem nachhallen, besonders wenn der Höhenflug so intensiv gewesen ist, wie es offensichtlich bei uns beiden der Fall gewesen ist.“

Um Yami Zeit zu geben, die Worte zu verarbeiten, schweigt Yugi eine Weile, ehe er sich an die letzte, noch offene Frage wagt, als dieser ihn stumm und zugleich fragend anblickt. „So und jetzt noch, die wohl schwierigste Frage. Wieso du es als so intensiv empfunden hast“, nachdenklich blickt er an die Decke und dann aus dem Fenster, ehe er wieder zu seinem Liebsten sieht. „Ich vermute mal, dass da bei dir mehrere Faktoren zusammengespielt haben. Einerseits konntest du dich fallen lassen und du wolltest es auch mit mir gemeinsam erleben. Dann warst du in den letzten Wochen immer wieder leicht erregt, wenn ich mich in deinen Armen selbst befriedigt habe und ich glaube in den letzten Tagen wurde es noch extremer, weil du angefangen hast, mich mit deinen Händen in den Wahnsinn zu treiben.“
 

Erstaunt über die Antworten sitzt Yami mit offenem Mund da und kann es kaum glauben, was er da hört. Ist es wirklich so einfach? „Also wenn alles freiwillig passiert und mit dir, dann ist es immer so? Also kein Ekel, danach und keine Schmerzen, weil ich mich bei dir ohne Angst fallen lassen kann?“ Als Yugi nun nickt, schlingt er ihm spontan die Arme um den Oberkörper und zieht seinen Sharik sanft aber nachdrücklich auf seinen Schoss.

Wobei ihm Yugi, nachdem er seine Überraschung überwunden hat, nur zu gern behilflich ist und seine Beine links und rechts von seinem Liebsten positioniert, so dass er breitbeinig, die Arme locker auf den Schultern abstützend, auf dessen Schoss sitzt.

„Na du? Was hast du denn jetzt vor?“, lächelnd sieht er in die rubinroten Augen, bis Yami das Gesicht an seiner Schulter vergräbt.

„Danke Sharik. Danke für alles.“ Seine Arme fester um Yugi schlingend, geniesst er die innige Umarmung, welche er gerade so dringend braucht.
 

Erst als der Stand der Sonne Yugi anzeigt, dass es höchste Zeit fürs Frühstück ist, löst er sich langsam aus Yamis Umklammerung. Was diesen dazu bringt, den Kopf wieder anzuheben und ihn fragend anzusehen. „Es ist Zeit nach unten zu gehen. Die Anderen warten sicher schon mit dem Essen auf uns.“ Lächelnd fährt er seinem Liebsten noch kurz über die Wange, ehe er vorsichtig von dessen Schoss rutscht und vom Bett klettert.

Sich sein Oberteil glattstreichend, wartet er darauf, dass auch Yami so weit ist und das elendige Halsband angezogen hat, ehe er mit ihm zusammen das Zimmer verlässt und sie nach unten ins Esszimmer gehen.
 

Dort werden sie schon von Hopkins erwartet, der Yami mit einem besorgt aufmerksamen Blick mustert. „Guten Morgen ihr beiden.“ Gern würde er mehr sagen, allerdings hält er sich zurück, weil ihn Yugi wieder mit einem drohenden Funkeln in den Augen ansieht.

„Guten Morgen“, kommt es auch deutlich grimmiger von Rebecca. Was nicht nur Yami erstaunt die Augenbrauen hochziehen lässt, sondern auch Yugi. Der sich jedoch dazu entscheidet nichts dazu zu sagen, solange sie sich seinem Liebsten gegenüber anständig verhält.

„Guten Morgen Arthur, Rebecca“, nickt er den beiden zu, während er sich gleichzeitig auf seinen Platz setzt und sich dann zu Yami umwendet, der nun neben ihm Platz nimmt. „Ich wünsche auch einen guten Morgen Sir Hopkins, Miss Rebecca“, beendet dieser die morgendliche Begrüssungsrunde, indem er den beiden mit einem kurzen neigen des Kopfes den verlangten Respekt erweist.
 

Mit einem abschätzenden Blick nimmt Rebecca die Respektsbekundung zur Kenntnis und würde gern einen spitzen Kommentar in Yamis Richtung loswerden, hat es sie doch schwer getroffen, als sie heute nicht nur Yugi, sondern auch ihn gehört hat. Was in den letzten Tagen eindeutig nicht der Fall gewesen ist und nur der Gedanke daran, dass sie sogar noch die Freundschaft ihres Darlings verlieren könnte, lässt sie schweigen.
 

Natürlich bemerkt Yami, dass die anderen beiden anders sind als sonst und er kann sich auch denken, warum das so ist. Darum blickt er hilfesuchend zu seinem Sharik, der ihm beruhigend die Hand auf den Oberschenkel legt und ihn kurz lächelnd ansieht.
 

Erst, als Yugi merkt, dass sein Liebster wieder ruhiger ist, nimmt er seine Hand wieder weg und stellt dafür sein Bein so hin, dass er ihn immer noch unauffällig berühren kann.
 

Sie sind schon beinahe mit dem Frühstück fertig, als sich Hopkins räuspert. „Sag mal Yugi, was hast du denn heute noch so vor? Immerhin geht es morgen früh ja schon wieder zurück nach Domino“, wendet er sich mit einem fragenden Blick an Yugi.
 

Der jedoch erst den letzten Bissen runterschluckt, ehe er zu Hopkins sieht, während er sich gleichzeitig die Hände an der Serviette abwischt. „Ich werde mit Yami zusammen Mehefin besuchen gehen und dann am Nachmittag noch einmal mit ihm über den Markt gehen. So wie jedes Jahr.“ Als er nun dessen missbilligenden Blick sieht, runzelt er unwillkürlich die Stirn. „Was ist denn?“
 

Ernst legt Hopkins nun auch die Serviette neben seinem Teller auf den Tisch. „Ich kann nicht verstehen, dass du jedes Jahr diesen alten Nichtsnutz besuchst. Den dein Grossvater damals unnötigerweise freigelassen hat.“
 

Bei den Worten steht Yugi unwillkürlich auf. „Mehefin ist kein Nichtsnutz, sondern ein freier Mann, der sich seinen Lebensunterhalt durch harte Arbeit selbst verdient. Anders als andere Personen, die auf den Strassen um Almosen betteln. Also sprich nicht so abwertend über ihn. Nur weil er ein ehemaliger Sklave ist“, wütend funkelt er Hopkins an, der sich nun mit verschränkten Armen zurücklehnt.

„Yugi, kein geborener Sklave der freigelassen worden ist, ist jemals ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft geworden. Selbst Sklaven, die zuvor freie Menschen gewesen waren, sind nach ihrer Sklavenzeit kaum in der Lage wieder in der Gesellschaft zu bestehen. Darum wäre es meiner Meinung nach besser, diese elendige Möglichkeit, abzuschaffen oder sie sollte nur noch in absoluten Ausnahmefällen erlaubt sein.“

Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, dreht sich Yugi zu Yami um, der dem Gespräch aufmerksam gefolgt ist. „Kommst du auch mit oder willst du noch etwas hierbleiben? Dann warte ich im Wohnzimmer auf dich. Bei diesem Heuchler halte ich es nämlich nicht länger aus.“

Sofort steht Yami auch auf und folgt Yugi nach einem letzten Schluck aus seiner Teetasse nach draussen.
 

Erst als sie im Flur sind, umgreift er Yugi von hinten und zieht in an seine Brust. „Reg dich nicht auf. Das ist er nicht wert und morgen reisen wir ja eh ab. Ausserdem vertritt er nur die Meinung, die die meisten Leute haben. Da ist er offensichtlich nicht so viel anders als die anderen.“
 

Bedrückt legt Yugi seine Hand auf Yamis Unterarm über seiner Brust. „Das ist es nicht. Es ist nur... ach vergiss es.“ Wie soll er Yami denn erklären, dass Hopkins mit ihm am Mittwoch über ihn gesprochen und schon beinahe verlangt hat, dass er ihn so schnell wie möglich freilässt, damit er von einem Psychomagus behandelt werden und dann den neuen Pharao stürzen kann. Mit einem Lächeln, dass seine Gedanken überspielen soll, dreht er sich in Yamis Armen um. „Er ist sowieso unwichtig denn alles was zählt, sind unsere Gefühle und dass wir ehrlich zueinander sind.“ Sanft küsst er Yami auf die Lippen, was dieser mit einem Stirnrunzeln zulässt. Stimmen ihn die Worte und der Ausdruck in den Augen seines Shariks doch nachdenklich.
 

Unterdessen sitzt Hopkins über den Abgang der beiden sprachlos da. Er und ein Heuchler? Wie kommt Yugi denn auf diese Idee? Es ist nun mal eine Tatsache, dass die meisten Sklaven in der Freiheit kaum lebensfähig sind.

„Tja, Grossvater, das hast du wirklich toll hinbekommen. Das ist glaube ich das erste Mal, dass Yugi wegen dir abgehauen ist und nicht wegen mir.“ Vorwurfsvoll sieht Rebecca ihren Grossvater an, der den Blick nur verwirrt erwidert. „Wie meinst du denn das?“
 

Theatralisch seufzt Rebecca nun auf. „Ganz einfach, einerseits behandelst du Yami besser als Jim, Scott oder auch deine Geliebte Maria, indem du ihn hier mit uns zusammen essen lässt. Dabei ist er wie Nancy und Lenny nur ein einfacher Sklave. Fällt dir etwas auf? Du verhältst dich wirklich wie ein Heuchler, indem du den Mann, den Yugi liebt, wie einen gleichgestellten behandelst, andererseits aber so abwertend über Sklaven im Allgemeinen sprichst.“ Kopfschüttelnd steht jetzt auch sie auf. „Und dabei dachte ich immer, ich sei hier diejenige mit der langen Leitung.“ Mit diesen Worten verlässt nun auch sie das Esszimmer und sieht im Flur die beiden eng umschlungen dastehen.
 

Mit einem traurigen Lächeln wendet sie sich ab, um zur Treppe zu gehen. Dort dreht sie sich noch einmal um. „Ich hoffe, dass ihr beide irgendwie glücklich werdet“, spricht sie die Worte so leise aus, dass niemand sie hören kann, ehe sie die Stufen nach oben geht, um sich für die Uni umzuziehen.
 

Über die Worte seiner Enkelin nachdenkend stellt sich Hopkins ans Fenster. Ist er wirklich ein Heuchler, nur weil er Atemu anders behandelt? Verdammt, der Mann ist der rechtmässige und gesalbte Pharao! Eigentlich müsste er sich vor ihm in den Staub werfen und ihn um Vergebung anflehen, dass er ihn so... auf einmal sieht er, wie Yugi mit Yami aus dem Haus geht und ihn noch einmal lächelnd ansieht und etwas zu ihm sagt, ehe sie auf den Gehweg treten. Mit Erstaunen beobachtet er, wie sich Atemu sofort zwei Schritte hinter Yugi fallen lässt und demütig den Kopf gesenkt hält, während sie den Weg entlanggehen.

Das ist nicht mehr Atemu! Das ist jetzt Yami, der Sklave! Der trotz allem noch eine unglaubliche Ausstrahlung besitzt.

Ist es das, was ihn zum Heuchler macht? Dass er in dem jungen Mann nicht den Sklaven sieht, der er jetzt ist? Sondern das, was er mal gewesen ist?
 

„Ich sage dir eins, mio Caro. Du bist einfach unmöglich!“, ertönt plötzlich Marias Stimme hinter ihm. Weshalb er sich erstaunt umdreht und sie fragend ansieht. „Kannst du mir das dann bitte erklären? Wieso ist Yugi so sauer, weil ich meine Meinung zum Thema freigelassene Sklaven ausspreche?“
 

Mit einem leichten Kopfschütteln verschränkt Maria die Arme. „Mio Caro, einerseits behauptest du, dass Sklaven nicht freigelassen werden sollen und andererseits kannst du es bestimmt kaum erwarten, dass er seinen Yami freilässt. Siehst du da den Widerspruch? Nein?“, beantwortet sie die Frage gleich selbst und stellt sich direkt vor ihm hin. „Dann sage ich es anders. Es ist completamente ugualmente, wer er mal gewesen ist. Jetzt ist er ein Sklave und nichts anderes sonst. Wenn wir Yugis Gefühle mal aussen vor lassen. Also hör endlich auf, in ihm den Erlöser des ägyptischen Grossreiches zu sehen. Denn das ist er nicht. Er ist ein junger versklavter Mann, der länger überlebt hat, als die meisten anderen es in seiner Situation getan hätten und der jetzt darum kämpft wieder irgendwie zu sich selbst zu finden.“

Über die Worte seiner Geliebten sprachlos senkt Arthur den Blick auf ihren Finger, der sich schon beinahe schmerzhaft in seine Rippen drückt. „Aber...“ „No Aber! Scusarsi dich bei Yugi und Yami und zwar richtig. Denn das, was ich mir da mit angehört habe, bevor ich mich um die Angolo verdrücken musste, war ganz eindeutig unmöglich von dir!“

Ihren Arthur stehen lassend, geht sie zum Tisch und beginnt das benutzte Geschirr abzuräumen. Wenn sie schon mal hier ist, dann kann sie Nancy auch einen Teil ihrer Arbeit abnehmen. Hat die Kleine doch heute auch so schon genug damit zu tun, die Wäsche zu waschen und morgen kommt dann noch die Bettwäsche von Yugi und Yami dazu. Na hoffentlich ist diese dann nicht voller Flecken! Die gehen nämlich schlecht wieder raus, wenn man nicht weiss wie man die Laken vorbehandeln muss oder sie zu spät sieht.
 

Inzwischen sind Yugi und Yami schon ein gutes Stück gelaufen, als sich Yugi zu ihm umdreht. „Stört es dich, wenn wir noch einmal in die Apotheke gehen? Ich will mehr von dem Öl kaufen, damit wir auch genug haben, wenn dir die Massagen so gut gefallen und ich will nicht plötzlich ohne dastehen.“
 

Im ersten Moment ist Yami überrascht, weil er das von Yugi auf offener Strasse gefragt wird, aber dann sieht er, dass sie im Moment ganz alleine sind und es so ungefährlich ist, dies zu tun. „Nein, es stört mich nicht und das Öl hat auch wirklich einen angenehmen Geruch.“ Sich schnell umblickend macht er einen grossen Schritt auf Yugi zu und haucht ihm einen sekundenschnellen Kuss auf die Lippen. „Und jetzt weiter. Nicht, dass wir dann nur ein paar Minuten bei Mehefin haben.“
 

Nickend wendet sich Yugi über die Aktion sprachlos um und geht einfach weiter, was Yami leicht schmunzeln lässt. Das ist sein Yugi... so leicht aus dem Konzept zu bringen und dann wieder so unglaublich...

Wieder seinen Platz schräg hinter ihm einnehmend, folgt er seinem Sharik wieder mit gesenktem Kopf. Allerdings so, dass er die Umgebung noch sehr genau erkennen kann. Nicht, dass er wieder von einem Kind umgerannt wird.
 

Ohne Zwischenfälle erreichen sie die Apotheke und werden von dem erstaunten Yakkyoku natürlich sofort entdeckt. „Herr Muto, was ist denn los? Ist etwas mit den Ölen nicht in Ordnung?“

„Erst einmal guten Tag Herr Yakkyoku. Nein, keine Sorge. Es ist alles in Ordnung, aber ich wollte fragen, ob sie noch etwas von dem Massageöl haben, das ich so sehr liebe.“
 

Deutlich ist erkennbar, wie die Sorge von den Schultern des Apothekers im wahrsten Sinne des Wortes abfällt. „Natürlich, ich habe davon immer eine ausreichende Menge an Lager. Fünf Flaschen habe ich sogar schon fertig abgefüllt da. Wie viele wollen Sie denn haben?“ Bereit die geforderten Flaschen sofort zu holen sieht er seinen Kunden fragend an, der zufrieden nickt. „Dann nehme ich die fünf Flaschen. Man kann ja schliesslich nie genug von dem Zeug haben.“
 

Über diese grosse Menge erstaunt, zieht Yakkyoku kurz die Augenbraue hoch. Sind das doch insgesamt 2.5 Liter Öl. „Na, Sie wollen es ja wissen. Haben Sie doch erst am Dienstag drei Flaschen gekauft.“ Sich bei dem undurchdringlichen Ausdruck des jungen Mannes jeden weiteren Kommentar verkneifend, holt er die fünf Flaschen aus dem Regal und stellt sie auf den Tresen.
 

Amüsiert über den Gesichtsausdruck des alten Mannes beobachtet Yami, wie die beiden wieder anfangen zu feilschen. Sich dann aber doch relativ schnell auf 20 Silbermünzen einigen. So wie er es erwartet hat. Wenn Yugi bei 15 Münzen anfängt und der Apotheker bei 25. Hat er doch inzwischen rausgefunden, dass man sich in der Regel immer in der Mitte trifft. Es sei denn, einer der beiden ist ein schlechter Verhandlungspartner oder hat im Gegenteil sehr gute Argumente. Dann kann das Ergebnis schon mal anders aussehen.
 

Als er dann mit der Stofftasche in der Hand, hinter Yugi auf die Strasse tritt, kann er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Zu gern würde er Yugi jetzt mit der Menge Öl aufziehen, aber das kann er jetzt ja leider noch nicht machen, weshalb er es sich für später vornimmt.
 

In aller Ruhe folgt Yami Yugi durch die Strassen, bis ihn dieser plötzlich am Arm packt und hinter sich her in eine Seitengasse zieht. Erschrocken darüber lässt er sich von seinem Sharik an die Wand drücken und nickt dann nur verwirrt, als ihm dieser mit dem Finger an seine eigenen Lippen gelegt andeutet, dass er ruhig sein soll.
 

Nicht wissend, was er von der ganzen Aktion halten soll, beobachtet er jetzt, wie Yugi vorsichtig um die Ecke schielt und sich dann mit einem erleichterten Seufzen ihm gegenüber an die Wand lehnt. „Moment noch“, bewegt er lautlos seine Lippen. Weiss er doch inzwischen, dass Yami deutlich gesprochene Worte zur Not auch von den Lippen ablesen kann.
 

Still stehen sie da bis Mamoru mit dieser Veronica streitend an ihnen vorbeigelaufen ist. Jetzt wird Yami auch klar, wieso sein Sharik so reagiert hat. „Du wolltest nicht, dass sie uns sehen. Oder?“, fragt er dann doch noch nach, weil er seinen Verdacht lieber bestätigt haben möchte. Nicht, dass er noch falsche Vermutungen anstellt.
 

Bestätigend nickt Yugi mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. „Ja. Nur leider ist es auch kein Wunder, dass sie hier sind, denn die Universität liegt am anderen Ende der Strasse und wenn ich mich nicht täusche, beginnen bald die Vorlesungen.“ Sich nun von der Wand abstossend, stellt sich Yugi wieder gerade hin. „Na komm, die beiden sollten jetzt weit genug weg sein und ich will auch etwas Zeit bei Mehefin verbringen und ihm nicht nur kurz Hallo sagen.“ Sich wieder zur Hauptstrasse umdrehend, sieht er Yami mit einem auffordernden Blick an, bis dieser sich auch wieder aufgerichtet hat. Erst als er sieht, dass dieser bereit ist, tritt er wieder aus der Seitengasse raus auf die Hauptstrasse und wendet sich wieder nach rechts um, um gefolgt von Yami, weiter zu Mehefins Wohnung zu laufen.
 

Als sie dann vor der alten Tür stehen, klopft Yugi nach einem Blick zu seinem Liebsten an das stabile Holz, woraufhin nur Sekunden später das breit grinsende Gesicht von Mehefin erscheint. „Yugi, da bist du ja wieder und du hast wieder Yami mitgebracht. Das freut mich aber. Na los, kommt rein.“ Mit einer einladenden Geste tritt er zur Seite. So, dass die beiden eintreten können. „Ich habe extra noch eine dritte Tasse besorgt, weil ich mir schon gedacht habe, dass ihr beide wieder vorbeikommt und diesmal habe ich auch leckeren Pfefferminztee da, den mir die gute Frau Corey als Dankeschön dafür, dass ich ihr immer die schweren Taschen nach Hause trage, geschenkt hat.“ Vor sich hinplappernd, lässt er seine Gäste gar nicht zu Wort kommen, bis er ihnen je eine Tasse dampfenden Tee in die Hand gedrückt hat. „Na los, setzt euch ruhig auf das Bett, eine andere Sitzmöglichkeit habe ich neben dem Stuhl leider nicht.“ Resolut schiebt er sie schon beinahe zu dem alten Möbelstück und nickt erst zufrieden, als sie sich brav darauf niedergelassen haben.

Sich nun mit seinem eigenen Tee in der Hand auf den einzigen Stuhl setzend, sieht er die beiden jungen Männer grinsend an. „So und nun erzählt doch mal, wie ihr euch kennengelernt habt.“
 

Schmunzelnd sieht Yugi zu Yami, ehe er sich zu Mehefin umwendet. „Also, erst einmal will ich dir Hallo sagen, alter Mann.“ Einen Schluck von dem wirklich leckeren Tee trinkend, wartet Yugi ab, bis auch Yami etwas zur Begrüssung gesagt hat, ehe er ihn fragend ansieht. „Wer fängt an. Du oder ich?“

Nach einem Moment beugt sich Yami etwas vor. „Fang du an und dann erzähle ich mal meine Version.“
 

„Oh ja, beide Seiten zu hören ist immer spannend.“ Wirft Mehefin noch gespannt dazwischen. Hört dann aber schweigend zu, als Yugi von dem Sklavenmarkt erzählt und wie er durch das wütende Geschrei des Händlers auf Yami aufmerksam geworden ist.

„Ich konnte einfach nicht anders. Ich musste ihn von dem Kerl wegholen und habe nur gehofft, dass er den Heimweg auch schafft, so schlecht wie es ihm damals gegangen ist, hätte es mich nämlich nicht gewundert, wenn er unterwegs zusammengebrochen wäre.“ Nun blickt Yugi zu Yami. „Doch du hast durchgehalten, bis wir Zuhause gewesen sind und ich dir dein Zimmer gezeigt hatte.“
 

Mit einem Lächeln beobachtet Mehefin, wie sich die beiden verliebt ansehen. „Was für eine schöne Geschichte und wie hast du das erlebt? Ich kann mich nämlich noch gut daran erinnern, was für ein Scheissgefühl es immer gewesen ist, wenn man auf diesen Märkten zur Schau gestellt worden ist und nicht gewusst hat, was einen als nächstes für ein Besitzer erwartet.“ Seine Tasse auf den klapprigen Tisch stellend, beugt er sich ein wenig nach vorn, um auch ja kein Wort zu verpassen.
 

Sich räuspernd denkt Yami an den Tag zurück, als er Yugi das erste Mal begegnet ist. „Naja, ich bin direkt nach einer Sklavenparty bei dem Händler gelandet, weil meine Besitzer gemerkt hatten, dass ich Fieber hatte und wer will schon einen kranken Sklaven haben. So stand ich also immer noch blutend und schwach auf dem Podest und konnte mich irgendwann nicht mehr auf den Beinen halten. Was ich eigentlich auch nicht mehr wollte. So habe ich es zugelassen, dass ich zusammenbreche und es war mir auch egal, dass ich deswegen Schläge kassiert habe.“ Nachdenklich blickt Yami zu einem der Fenster, die ein wenig Tageslicht in das Zimmer lassen. „Ich wollte nicht mehr leben und ich muss gestehen, dass ich Yugi im ersten Moment verflucht habe, als er den Händler angesprochen hat. Doch dann habe ich in seine Augen gesehen und die waren so anders, als ich es kannte. Nur deswegen habe ich meine letzten Kräfte mobilisiert und mich wieder auf die Beine gekämpft und dann auch so lange durchgehalten, bis wir schliesslich bei ihm Zuhause angekommen sind.“

Nun blickt er wieder zu Yugi, der jedem seiner Worte genauso gespannt lauscht, wie es Mehefin tut. „Weisst du, ich habe jederzeit damit gerechnet, dass du mich für irgendein Fehlverhalten bestrafst oder mir befiehlst, dir zu Willen zu sein oder für das gute Essen, das Zimmer und die freundliche Behandlung eine Gegenleistung verlangst. Doch es kam nichts dergleichen und das hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Ich wusste gar nichts mehr. Weder, wie ich mich verhalten soll, noch sonst irgendetwas. Doch mit eurer Geduld haben du und Grossvater es geschafft, langsam aber sicher mein Vertrauen zu gewinnen und mit der Zeit habe ich dann auch gemerkt, dass ich für dich mehr fühle, als ich es jemals für möglich gehalten habe, dass ich so empfinden könnte.“ Während er erzählt hat, hat Yami nach Yugis Hand gegriffen und sieht ihn jetzt lächelnd an.
 

Nicht nur Yugi ist von Yamis Erzählung sprachlos, sondern auch Mehefin. Der sich allerdings nach ein paar Minuten räuspert, um seine Fassung irgendwie wieder zu erlangen. „Na, das nenne ich mal eine glückliche Fügung des Schicksals, dass Yugi genau an dem Tag mit Jonouchi auf dem Markt gewesen ist.“ Einen Moment mustert er die beiden nachdenklich, ehe er direkt Yami anspricht. „Weisst du Junge, auch wenn du durch die Hölle gegangen bist, so hat all das, was dir widerfahren ist, doch auch etwas Gutes.“ Als er nun die geschockten und zugleich auch fragenden Blicke von beiden sieht, lächelt er sie traurig an. „Wenn du diesen Weg nicht hättest gehen müssen, dann wärst du Yugi vermutlich nie begegnet. So aber bist du im wahrsten Sinne des Wortes in seinen Armen gelandet.“

An die weit entfernte Vergangenheit denkend, als er selbst noch ein Sklave gewesen war und auch noch nicht bei den Mutos gelebt hat, lässt er seinen Blick ins Leere schweifen. „Jeder Sklave, trägt die Hoffnung in sich, dass er irgendwann aus der Hölle entkommen kann. Wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten. Das lässt sie alle durchhalten und du hast es geschafft, den Weg aus der Dunkelheit ins Licht zu finden und ihn auch noch zu gehen. Vergiss das niemals. Egal, was in der Zukunft noch auf dich zukommen mag. Halte dieses Licht fest und du wirst alles schaffen können.“
 

Nach dieser überraschend langen Rede, spricht er doch sonst nie so viel an einem Stück, steht Mehefin auf und geht zu dem alten Herd. „Wollt ihr noch einen Tee? Wenn ich das richtig sehe, gibt es für jeden noch eine Tasse“, fragend blickt er über seine Schulter und kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als beide ihm ihre Tassen hinhalten. „Ich deute das mal als ein eindeutiges Ja.“

Mit dem Teekrug in der Hand geht er zu ihnen und füllt vorsichtig ihre Tassen, ehe er sich den Rest einschenkt.
 

„Naja, der Tee ist auch wirklich ausgezeichnet. Er ist viel aromatischer, als der, den Grossvater immer auf dem Markt kauft“, gibt Yugi nach einem genüsslichen Schluck zu.
 

„Na, wenn das so ist, dann leite ich dein Lob an Frau Corey weiter. Sie hat so eine Minzpflanze auf ihrem Balkon stehen und hegt sie wie ihr eigenes Kind. Da darf sich niemand dran vergreifen.“ Gemütlich setzt sich Mehefin wieder hin und betrachtet sich Yami genauer. „Du bist kein geborener Sklave, das merkt man deutlich an deiner ganzen Art.“ Als Yami ihn nur abwehrend anschaut, sich aber sonst keine Reaktion entlocken lässt, nickt er verstehend. „Du willst nicht darüber reden, das akzeptiere ich.“ Nun sieht er zu Yugi, der sich aus der Unterhaltung bewusst raushält.

„Nun erzähl mal. Wie geht es Sugoroku? Und was gibt es sonst noch so Neues zu berichten?“, neugierig beugt er sich wieder etwas vor. Ist er doch immer an Neuigkeiten aus seiner alten Heimatstadt interessiert.
 

Erleichtert, dass der alte Mann nicht weiter in ihn dringt, lehnt sich Yami zurück und lässt Yugi erzählen. Dabei hört auch er genau zu und kann sich das ein oder andere Schmunzeln auch nicht verkneifen. Besonders wenn Yugi wieder von ihrer herzallerliebsten Tratschtante erzählt, die Mehefin auch kennt, weil sie schon damals, als er noch bei den Mutos gelebt hat, ihren schlechten Stoffgeschmack in ihrem Laden befriedigt hat.
 

So vergeht die Zeit wie im Flug und zu ihrer aller bedauern müssen sie dann auch wieder aufbrechen, um noch rechtzeitig fürs Mittagessen wieder bei Hopkins zu sein.

Was sie beide leicht grummeln lässt, nachdem was der sich heute geleistet hat.
 

„Also Mehefin, pass gut auf dich auf und wenn was ist, dann schick uns eine Nachricht oder komm vorbei. Du weisst ja, dass du immer willkommen bist.“ Fest umarmt Yugi den alten Mann, der ihm damals den Vater schon beinahe ersetzt hat und für ihn dagewesen ist, als niemand sonst ihn verstehen konnte.
 

Gerührt von den Worten erwidert Mehefin die Umarmung und wuschelt Yugi dann durch die Haare. So wie er es immer gemacht hat, als dieser ihm als Kind auf Schritt und Tritt gefolgt ist. „Das mache ich und viele Grüsse an Sugoroku. Er soll auch ja schauen, dass er fit bleibt und sich nicht überanstrengen und pass auf der Heimreise gut auf dich und Yami auf. Hast du mich verstanden, mein Junge?“ Yugi an den Schultern festhaltend sieht er ihn an, bis dieser nickt. „Ja, das mache ich.“
 

Erst jetzt ist er zufrieden und sieht zu Yami und hält ihm die Hand hin. „Ich würde dich ja auch umarmen, aber ich vermute mal, dass du davon nicht so begeistert wärst“, grinsend schüttelt er dessen Hand, lässt sie dann aber nicht gleich los. „Pass mir gut auf dich und Yugi auf und lass ihn nicht so schnell wieder los. Denn so einen wie ihn findest du so schnell nicht wieder, aber ich denke, das weisst du selbst am besten.“
 

Ernst erwidert Yami den nun wirklich festen Händedruck. „Keine Sorge. Ich denke nicht daran, ihn wieder loszulassen und ich werde auch gut auf ihn aufpassen“, verspricht er dem alten Mann und er meint jedes Wort todernst. Was auch Mehefin zu merken scheint, denn er nickt zufrieden und lässt ihn jetzt auch wieder los.
 

„Dann wünsche ich euch beiden noch eine gute Zeit und hoffe mal, dass ich euch nächstes Jahr wiedersehen werde.“ Wie es von einem guten Gastgeber erwartet wird, hält er den beiden nun sogar die Tür auf.

„Danke Mehefin. Ich spreche jetzt einfach mal für uns beide. Wir wünschen dir auch eine gute Zeit. Bis nächstes Jahr am letzten Markttag,“ hält Yugi kurz in der Tür inne, bevor er mit Yami die wenigen Treppenstufen nach oben geht, um auf den Gehweg zu kommen. Kurz sehen die beiden noch einmal zurück und winken Mehefin zu, ehe sie sich auf den Heimweg machen.
 

Diesen legen sie ohne irgendwelche Zwischenfälle schweigend zurück, weil sie beide ihren Gedanken nachhängen.

Yami denkt über die wirklich weisen Worte des ehemaligen Sklaven nach, während Yugi immer wieder daran denken muss, wie Yami ihre erste Begegnung erlebt und wie dieser sich dann in den ersten Tagen bei ihnen gefühlt hat.
 

Als sie dann das Haus betreten, kommt schon Hopkins auf sie zu. „Yugi, kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?“

Auf diese Bitte hin runzelt Yugi nur die Stirn. „Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann in der Anwesenheit von Yami. Ansonsten haben wir uns nichts zu sagen und ich informiere dich schon mal darüber, dass ich mir für nächstes Jahr eine andere Unterkunft suchen werde.“ Die Arme verschränkend sieht er Hopkins an, der bei den harten Worten erstaunt die Augenbraue hebt.

„Na gut, ich wollte mich entschuldigen. Denn ich habe noch einmal über meine Worte und auch mein Verhalten in den letzten Tagen nachgedacht und muss gestehen, dass ich wohl so einiges noch einmal überdenken muss.“ Die Hände hinter seinem Rücken verschränkend, sieht er Yugi an, der den Blick fest erwidert.

„Ich nehme die Entschuldigung an, aber verziehen habe ich dir dein Verhalten aus den letzten Tagen noch nicht.“
 

Nach einem kurzen Moment des Zögerns nickt Hopkins verstehend. „Das verstehe ich. Willst du wirklich die Münzen für eine überteuerte Unterkunft rauswerfen? Du bist hier wirklich jederzeit willkommen und dein Yami natürlich auch, wenn du ihn wieder mitbringen willst.“
 

Bei dieser Frage halten eine Ecke weiter gleich mehrere Personen die Luft an, die sich gegenseitig ständig mit Gesten ermahnen auch ja ruhig zu sein. Sie halten sogar Scott zu zweit den Mund zu, als dieser niesen muss. „Verdammt, Scott. Du verrätst uns noch“, zischt Jim leise, als er gleichzeitig mit Lenny seine Hand zurückzieht. Sogar Nancy und Maria nicken zustimmend, deuten dann aber gleich auch an, dass es wohl gleich weitergeht.
 

Auch oben hinter dem Geländer kniend, wartet Rebecca gespannt auf Yugis Antwort. Ist sie doch kurz vor den beiden auch nach Hause gekommen, um ihre Mittagspause hier zu verbringen.
 

Yugi zögert lange, dabei schaut er auch zu Yami, der ihn vielsagend ansieht und eine eindeutige Geste macht, erst dann kann er sich dazu durchringen, Hopkins zu antworten. „Ich werde unter einer Bedingung wieder hier wohnen. Wenn ich sage, dass ich mit Yami zusammen in der Küche essen möchte, dann ist das zu akzeptieren. Wenn ich will, dass er mit mir gemeinsam im Esszimmer oder auf unserem Zimmer isst, dann ist das zu akzeptieren und ich verbitte mir jede Einmischung, wie ich mich ihm gegenüber zu verhalten habe und ich will auch keine besorgten Blicke mehr sehen oder private Fragen beantworten. Wir akzeptieren deine Einstellung Arthur und die Hausregeln, also akzeptiert ihr alle auch die meinige. Ich weiss, dass Yami und ich hier Gäste sind, aber alles müssen wir uns nicht gefallen lassen. Habt ihr mich auch da hinter der Ecke und oben auf der Treppe auch gut verstanden?“ Als es nun deutlich hinter der Ecke rumst und Rebecca mit einem lauten Keuchen hinter dem Treppengeländer auftaucht, kann sich Yugi nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen. Erwischt!
 

Verdutzt sieht sich Hopkins jetzt um. „Was soll denn das sein? Habt ihr etwa nichts zu arbeiten?“, scheucht er die Lauscher hinter der Ecke auf und sieht dann kopfschüttelnd zu Rebecca.

Erst als diese mit einem entschuldigenden Lächeln die Treppe heruntergekommen ist, sieht er wieder zu Yugi. „Das ist zwar mehr als eine Bedingung, aber ich akzeptiere deine Wünsche und ich werde mich auch nicht mehr einmischen, wenn du das nicht willst“, lenkt Hopkins, den Kopf leicht neigend, ein.

„Gut und gibt es sonst noch etwas? Oder können wir beide uns noch kurz zurückziehen, bevor es das Mittagessen gibt?“ Die Arme immer noch verschränkt haltend, wartet er auf eine Reaktion seines Gegenübers, die auch sofort folgt. „Nein, das war alles und ich entschuldige mich noch einmal für meine Worte.“ Nun dreht sich Hopkins um und geht zusammen mit Rebecca, die das alles schweigend beobachtet hat, ins Wohnzimmer.
 

Erleichtert, dass dieses Gespräch vorbei ist, sieht Yugi zu Yami und deutet ihm an, dass er ihm nach oben folgen soll. Was dieser ja sowieso vorgehabt hatte, trägt er doch immer noch die Tasche mit den Ölflaschen.
 

Oben in ihrem Zimmer lehnt sich Yugi mit einem breiten Grinsen an die geschlossene Tür. „Sagst du mir jetzt, woher du gewusst hast, dass wir Zuhörer haben?“
 

Mit einem geheimnisvollen Gesichtsausdruck dreht sich Yami zu ihm um, nachdem er die Tasche neben die andere auf den Tisch gestellt hat. „Ganz einfach. Die Göre habe ich gesehen, als wir reingekommen sind und während du mit Hopkins geredet hast, waren die anderen so extrem laut leise, dass sie mir einfach auffallen mussten. Schliesslich musste ich mich ja nicht auf das Gespräch konzentrieren.“ Sich jetzt direkt vor Yugi hinstellend, stützt er sich links und rechts von ihm mit den Händen an der Wand ab. „Weisst du, ein Psst und ein unterdrücktes Niesen können sehr auffällig sein, wenn es still ist und das war es in dem Moment und du hast auf meine Blicke und Gesten ja auch super reagiert.“ Die letzten Worte spricht er direkt an Yugis Ohr aus, was diesen abrupt einatmen lässt.

„Verdammt, hör auf mit so einer Stimme zu sprechen, sonst verpasse ich noch das Mittagessen.“ Obwohl seine Worte ablehnend klingen, schlingt er seine Arme um den Nacken seines Liebsten und sieht ihm tief in die Augen. „Jetzt küss mich endlich. Das willst du doch eh schon die ganze Zeit.“
 

Dies lässt sich Yami natürlich nicht zwei Mal sagen. Schmunzelnd beugt er sich nun vor, hält dann aber kurz vor Yugis Lippen inne. „Wie du wünschst.“ Die letzten Millimeter überwindend, schliesst er die Augen.
 

Genüsslich erwidert Yugi den langsamen Kuss und würde jetzt am liebsten die Zeit einfach stillstehen lassen. Sind diese Momente mit seinem Liebsten für ihn doch unglaublich wertvoll.

Nur leider kann er die Zeit nicht anhalten, weshalb sich Yami viel zu schnell wieder von ihm löst. Ihm jedoch dafür mit den Fingerspitzen zärtlich über die Wange fährt. „Na komm, gehen wir in die Höhle des Löwen, um unsere knurrenden Mägen zu beruhigen.“ Über das mürrische Gesicht seines Shariks schmunzelnd, tritt Yami einen Schritt zurück, so dass dieser von der Tür wegtreten kann.
 

Obwohl auch ihm der Magen knurrt, würde Yugi am liebsten hier oben bleiben, aber leider hat er wohl keine andere Wahl, wenn er sie beide nicht hungern lassen möchte. „Gut, gehen wir nach unten.“ Weil er ja sowieso die Tür blockiert, greift Yugi nach der Klinke und dreht sich erst dann um, um diese zu öffnen. „Nach dir, mein Liebster“, lächelt er Yami an, der ihn bei dieser Bezeichnung mit einer hochgezogenen Augenbraue ansieht, als er an ihm vorbei in den Flur geht. „So hast du mich schon einmal genannt. Ist das jetzt mein neuer Spitzname?“, fragend sieht er Yugi an, als dieser neben ihm herläuft.
 

Lächelnd erwidert Yugi den Blick. „Wenn er dir gefällt? Dann ja.“ Oben an der Treppe bleibt er stehen und wendet sich zu Yami um, welcher einfach mitten im Flur stehen geblieben ist, als er diese Antwort gehört hat. „Yami?“
 

Todernst steht Yami bewegungslos da. „So hat...“, auf einmal fängt er an zu lächeln. „So hat mich noch niemand genannt und es gefällt mir.“ Mit grossen Schritten eilt er jetzt auf Yugi zu und drückt ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen, während er gleichzeitig dessen Gesicht mit den Händen umfasst.

Mit einem warmen Ausdruck in den Augen sieht er Yugi an und greift dann nach seiner Hand. „Gehen wir weiter, Sharik.“
 

Als sie in das Esszimmer kommen, steht Hopkins gleich von seinem Stuhl auf und sieht ihnen mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck entgegen. „Da seid ihr ja. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ihr kommen werdet.“

Stehen bleibend wartet er ab, bis Yugi und Yami zu ihren Plätzen gegangen sind. Erst jetzt setzt er sich wieder hin, so dass auch seine Gäste Platz nehmen können.
 

Mit gesenktem Blick wartet Yami darauf, dass die anderen sich bedient haben, will er doch nicht noch mehr Unruhe an den Tisch bringen, indem er sich auch nur ansatzweise zu selbstbewusst verhält.

Trotzdem bemerkt er, dass ihn Hopkins stirnrunzelnd ansieht, was ihn doch verwundert, kennt er doch dessen Einstellung zu Sklaven und wie diese sich eigentlich zu verhalten haben.
 

Ohne auf das Verhalten von Hopkins einzugehen oder etwas zu dessen Worten zu sagen, nimmt Yugi von Rebecca die Schüssel mit dem Gemüseeintopf entgegen. „Danke“, freundlich nickt er ihr kurz zu, ehe er sich und auch gleich Yami je eine Portion auf die Teller gibt.

Dies bringt ihm einen erstaunten Blick von seinem Liebsten ein. „Was denn? Wenn ich schon dabei bin, dann kann ich deinen Teller doch auch gleich füllen.“ Mit den Augen teilt ihm Yugi gleichzeitig mit, dass er dies absichtlich macht, um Hopkins ein wenig zu ärgern.

Was Yami leicht den Kopf schütteln lässt. „Na wenn das so ist, Dankeschön, aber es wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Von den anderen unbemerkt, legt er seine Hand kurz auf Yugis Oberschenkel, bevor er nach der Schale mit den Würsten greift und nun seinerseits eine davon auf den Teller seines Shariks legt, ehe er sich selbst wieder die kleinste Wurst nimmt.
 

Immer wieder versucht Rebecca während des Essens ein Gespräch mit einem von ihnen zu beginnen. Doch weder Yugi noch Yami gehen wirklich darauf ein, weshalb sie sich schliesslich an ihren Grossvater hält, der ihr geduldig zuhört und schon beinahe erleichtert wirkt, dass sie die drückende Stille am Tisch so durchbricht.
 

Erleichtert, dass das Mittagessen vorbei ist, legt Yugi seinen Löffel in die Dessertschale, nachdem er die wirklich leckere Vanillecreme mit Ananasstücken drin fertig gegessen hat.

Kurz blickt er zu Yami, will er ihn doch nicht dazu zwingen sich zu beeilen oder einen Rest stehen zu lassen, was dieser ja wie die Pest hasst. Doch zu seinem Glück ist auch sein Liebster fertig und nickt ihm jetzt unauffällig zu.

Ohne weiter zu zögern, steht Yugi nun auf und geht mit Yami aus dem Esszimmer.
 

Dies lässt Hopkins verärgert die Stirn runzeln, aber dann legt ihm Rebecca ihre Hand auf die seine. „Wenn du jetzt etwas sagst, dann hast du es dir endgültig mit ihm verspielt. Denn du hast dich ihm gegenüber genauso respektlos verhalten, so wie ich seine Worte von heute Morgen und von vorhin interpretiere. Also akzeptiere die Lektion, die er dir so erteilt und lerne die gleiche Lektion wie ich. Nämlich, dass es nicht immer nach deinem Kopf geht, Grossvater.“ Von seinem Verhalten enttäuscht sieht Rebecca ihn an. Kann sie doch nicht verstehen, warum er sich in den letzten Tagen so seltsam verhält und dann auch noch diese unmöglichen Worte heute Morgen.

Ist doch Mehefin ein wirklich netter Kerl, der trotz seines niedrigen Statusses bei den meisten Leuten in der Stadt wegen seines Fleisses und seiner Hilfsbereitschaft sehr beliebt ist.
 

Während Rebecca ihrem Grossvater den Kopf wäscht, hat Yugi seine Tasche geholt und ist jetzt mit Yami auf den Weg in den Stall, um Star zu holen.
 

Insgeheim hofft Yami ja, dass er die hübsche Stute noch vorbereiten muss, aber zu seinem Leidwesen hat Lenny alles schon erledigt, als sie in den Hof treten.

Offenbar sind ihm seine Gefühle deswegen deutlich vom Gesicht abzulesen, denn Yugi legt ihm tröstend eine Hand auf den Arm. „Keine Sorge, am Sonntagabend kannst du die beiden wieder persönlich umsorgen und mit deiner Zuneigung überschütten.“
 

Mit einem leidenden Seufzen folgt Yami ihm nun zu Star, die sich sofort an ihn ran kuscheln möchte.

„Achtung, sie hat einen rossigen Anfall. Pass also auf, dass du sie nicht plötzlich auf dem Arm hast“, warnt Lenny ihn mit einem breiten Grinsen vor.

Weshalb Yami die Stute nun sanft aber bestimmt wieder etwas von sich wegschiebt, um ihr zu zeigen, dass schmusen zwar erlaubt ist, aber nur zu seinen Bedingungen. „Danke Lenny, dann weiss ich ja, was ich zu tun habe.“

Wieder schiebt er Stars Kopf bestimmt zur Seite, was der Guten nicht wirklich zu passen scheint. Zumindest wenn man ihren Blick als beleidigt interpretiert.
 

Zweifelnd, ob Yami wirklich mit der Stute umgehen kann, wenn diese so drauf ist, sind doch Blacky und Rocky Wallache, die sich in der Regel von rossigen Stuten und nervösen Hengsten nicht aus der Ruhe bringen lassen, beobachtet Yugi die beiden, ehe sie losgehen.

Deswegen sieht er auch auf dem Weg zum Markt immer wieder zu Yami und Star, doch sein Liebster scheint nach den anfänglichen Diskussionen mit der Stute überraschend gut klarzukommen.
 

Selbst auf dem Markt, benimmt sich Star beinahe vorbildlich, wenn man davon absieht, dass sie öfters mal ihre Meinung laut und deutlich kundtut.

Weil Yugi allerdings auf das Können Yamis vertraut, lässt er sich davon nicht beirren und schlendert in aller Ruhe über den Markt, bis er bei einem Stand stehen bleibt, der edle Baumwolle verkauft, welche auf den ersten Blick aussieht wie gemusterte Seide.

Interessiert und zugleich kritisch mustert Yugi diese ungewöhnlichen Stoffe, ehe er den jungen Mann ansieht, der maximal zwanzig Jahre alt ist. „Hallo, ich sehe dich hier zum ersten Mal.“ Spricht er den anderen gleich mit der persönlicheren Anrede an, da ihn dieser an sich selbst erinnert, als er das erste Mal alleine hier auf den Markt gehen musste.
 

Verlegen senkt der Junge daraufhin den Blick. „Ich sein auch das erste Mal hier. Wir sein Weber von Norden von Aomori.“

Verstehend nickt Yugi nun. „Dann gehörst du zu dem Volk der Ainu oder?“
 

Sich unwillkürlich anspannend, weil er nun eine ablehnende Bemerkung erwartet und dass der mögliche Käufer nun wieder geht, reisst der junge Händler die Augen auf. Als er aber weiterhin nur freundlich angesehen wird, entspannt er sich wieder ein wenig. „Ja, mein Name sein Kaneto Kawamura. Du haben immer noch Interesse an Stoffen?“, wagt er es dann zu fragen. Werden ihre Stoffe doch in der Regel als minderwertig betrachtet und das nur, weil sie Ainu sind.
 

Prüfend reibt Yugi den Stoff zwischen seinen Fingern, hat er doch schon viel Negatives über die Güter der Ainu gehört. Doch so auf den ersten Blick kann er beim besten Willen nichts entdecken.

„Kommt darauf an, wie der zweite Eindruck aussieht. Kannst du mir etwa einen so breiten Streifen von dem Stoff abschneiden und ein paar der Ballen etwas weiter aufrollen?“, mit den Fingern deutet er die ungefähre Breite des gewünschten Streifens an und ist dann wirklich überrascht, als der Junge eine Schere hervorholt und tatsächlich von sechs komplett verschiedenen Ballen je einen Streifen abschneidet und ihm diese dann reicht. „Bitteschön. Nur warum wollen Sie die Streifen haben?“, fragend sieht Kaneto den möglichen Kunden an, der nun jeden einzelnen Streifen auf’s genaueste untersucht.
 

„Du kannst mich ruhig duzen und ich heisse Yugi Muto und ich kann so besser die Qualität des Stoffes prüfen. Siehst du?“, lächelnd zeigt Yugi wie er den Stoff gegen die Sonne hält. „So kann ich Webfehler und kleine Löcher besser erkennen.“ Nun beginnt er an dem Stück Stoff rumzureissen, ihn zwischen seinen Händen zu reiben und Fäden aus dem Rand zu zupfen. „So kann ich die Stabilität, die Farbechtigkeit und Reissfestigkeit besser erkennen. Ebenso, wie er sich an den Körper anpassen wird und sogar, wie er sich auf der Haut anfühlt.“ Demonstrativ legt er den Stoff nun um seinen Arm und reibt mit diesem ein paar Mal hin und her. „Darum ist es von Vorteil, wenn du in deinen ersten Jahren hier von jedem Ballen ein oder zwei solche Streifen abschneidest, bis dich die Stoffhändler kennen und wissen, dass du gute Ware verkaufst.“ Innerlich grinsend, bemerkt Yugi, wie der Junge jedes einzelne Wort von ihm regelrecht in sich aufzusaugen scheint.
 

„Ich verstehe. Was meinen du, Stoffe sein von guter Arbeit. Meine Mutter sein beste Weberin von ganzen Dorf und mein Vater sein Künstler, der machen die Muster für Stoffe“, gespannt, was dieser Yugi nun sagen wird, verschränkt Kaneto die Hände hinter dem Rücken.
 

Zufrieden mit dem was er bei den wirklich fein gewebten Stoffstreifen gesehen hat, legt Yugi den letzten Streifen, den er geprüft hat, wieder hin. „Also bist du für den Verkauf zuständig?“, fragend sieht er den jungen Händler an, der jetzt heftig nickt. „Ja, meine Eltern sprechen nur Muttersprache, darum ich hier sein und versuchen zu verkaufen. Ich wollen für einen Stoffballen 20 Silbermünzen.“
 

Bei der Preisansage runzelt Yugi die Stirn. Hört sich das doch eher nach einem Endpreis an, als nach einem Preis, der noch verhandelt werden kann. „Und was machst du, wenn ich dir 15 Silbermünzen für einen Ballen anbiete?“, fragt er dennoch nach, um die Reaktion des jungen Händlers zu überprüfen.

Der verzieht tatsächlich das Gesicht, nickt dann aber widerstrebend. „Wenn du mir 15 Silbermünzen geben, dann ich akzeptieren Preis, weil du der Erste sein, der mir geben die Chance, etwas zu verkaufen.“
 

Nun schüttelt Yugi den Kopf. „Du musst noch viel lernen. Ich nehme mal an, das 20 Silbermünzen der Preis ist, den du mindestens haben musst, um nicht nur die Materialkosten zu decken, sondern auch noch etwas an dem einzelnen Ballen zu verdienen. Oder?“

Als dieser Kaneto nun den Kopf senkt, weiss Yugi, dass er Recht hat. „Kaneto, wenn du erfolgreich Handel treiben willst, dann darfst du niemals deinen Mindestpreis sagen, denn jeder hier wird versuchen mit dir über den Preis zu verhandeln und du darfst auch niemals auf das erste Angebot eingehen. Hast du das verstanden?“
 

Überrascht, dass Yugi ihm all das erklärt, nickt Kaneto. „Also dann ich sollen sagen 30 Silbermünzen?“, fragend sieht er seinen Kunden an, der jetzt bestätigend nickt.
 

„Genau und jetzt tun wir mal so, als hätte ich die 20 Silbermünzen vorher nicht gehört und üben mal ein wenig, aber egal was rauskommt, ich bezahle dir am Ende die 20 Silbermünzen und nehme dann auch diese 6 Stoffballen, von denen du mir die Streifen abgeschnitten hast. Ist das ein Deal?“, lächelnd hält er dem Jungen die Hand hin, der erleichtert, dass er nicht nur etwas verkauft hat, sondern jetzt noch ein wenig Unterricht bekommt, einschlägt. „Ja das sein Deal. Ich geben dir die Ballen für 120 Silbermünzen. Egal, welchen Preis wir verhandeln.“
 

„Gut, dann los. Du willst für den Ballen hier 30 Silbermünzen? Das ist mir zu viel. Ich biete dir für diesen 17 Silbermünzen.“ Deutet Yugi auf den Ballen, der in diversen sanften Rottönen gehalten ist.
 

Im ersten Moment will Kaneto wieder nicken, aber dann schüttelt er den Kopf. „Nein, das sein zu wenig ich bieten dir aber 28 Silbermünzen“, gespannt sieht er Yugi jetzt an. Will er doch keine Regung in dessen Gesicht verpassen.

Dieser schüttelt jetzt den Kopf. „Auf keinen Fall, 28 Silbermünzen ist dieser Stoff niemals wert. Ich erhöhe aber auf 19 Silbermünzen.“
 

Erstaunt, dass auch Yugi seinen Preis verändert hat, zögert Kaneto kurz. „Nein, das sein immer noch zu wenig. Ich gehen aber runter auf 26 Silbermünzen.“ Irgendwie macht ihm die Sache jetzt sogar richtig Spass. Besonders, weil er immer noch nicht, auf seinen Mindestpreis runtergehandelt worden ist.
 

Bei dem Vorschlag überlegt Yugi jetzt, so wie er es in einer richtigen Verhandlung auch tun würde. „Nein, das ist immer noch zu teuer. Schliesslich kenne ich den Weber ja nicht. Ich bin aber interessiert und gebe darum mein letztes Gebot ab. 23 Silbermünzen für den Stoffballen, der natürlich auch gut eingepackt werden muss.“
 

Als Kaneto jetzt diesen Preis hört, muss er leer schlucken, das wären ja drei Silbermünzen mehr, als sein ursprünglich verlangter Preis. „Ich sein mit Angebot einverstanden. Nur kleine Frage, du das jetzt absichtlich machen? Oder hätten du wirklich diesen Preis bezahlt?“
 

Nun grinst Yugi breit, während er gleichzeitig die Arme verschränkt. „Ich hätte sogar bis auf 25 Silbermünzen erhöht, wenn du mir nicht von Anfang an 20 Silbermünzen geboten hättest. Denn so viel sind diese Stoffballen wirklich wert. Nur musst du dir bewusst sein, dass je nachdem, mit wem du verhandelst, du so mal mehr, mal weniger für deine Ware bekommst.“
 

Überrascht, dass sich Yugi die Zeit nimmt, diesem jungen Händler zu erklären, wie man handelt, beobachtet Yami still das Gespräch zwischen den beiden. Dabei achtet er aber immer noch auf Star, die schon wieder einem anderen Pferd schöne Augen macht. Das aber ziemlich erfolglos, da sich der schwarze Wallach von ihr gänzlich unbeeindruckt zeigt.
 

Erst als er sieht, wie die Stoffballen in stabiles Leinen eingepackt werden, tritt er mit Star nach vorn und beginnt diese geschickt auf deren Rücken zu verteilen und sorgfältig mit den Lederriemen festzubinden.
 

Lächelnd reicht Yugi Kaneto nun die Hand. „Es war mir ein Vergnügen mit dir Geschäfte zu machen und wenn deine Stoffe bei meinen Kunden gut ankommen, dann wird es mir eine Freude sein, nächstes Jahr wieder bei dir einzukaufen und wenn du mal nach Domino kommen solltest, dann frag nach dem Stoffladen von Muto und komm dann vorbei.“
 

Stolz, dass er so viele Ballen auf einmal verkauft hat, nickt der Junge. „Ja, das werden ich machen und nächstes Jahr ich werden wieder sein hier.“ Strahlend sieht Kaneto Yugi wie einen Heiligen an. „Wenn du brauchen neue Stoffe, dann schreiben mir und ich kommen so schnell ich können und dir Stoffe immer zum Preis von 20 Silbermünzen geben.“

Das Angebot kann Yugi natürlich nicht abschlagen, weshalb er sofort sein Notizbuch und den Bleistift zückt. „Dann schreibe mir mal deine Adresse auf.“ Auffordernd hält er die beiden Sachen Kaneto hin, der daraufhin sorgfältig seine Anschrift auf die aufgeschlagene Seite schreibt. „Hier bitte und wenn ich in Domino, ich fragen dann einfach nach dein Laden.“
 

Nachdem Yugi das Geschriebene durchgelesen hat, steckt er sein Notizbuch zufrieden wieder ein. „Gut, wenn die Stoffe sich gut verkaufen und ich neue Ballen brauche, bevor das Jahr um ist, werde ich mich melden. Also dann wünsche ich dir noch gute Geschäfte.“ Mit einem Heben seiner Hand wendet sich Yugi jetzt um.

„Danke und dir auch gute Geschäfte und vielen Dank, dass du mir geben Chance und Unterricht.“ Wild winkt Kaneto dem netten Kunden hinterher, ehe er den Rat befolgt und von den anderen Ballen jetzt je einen Streifen abschneidet, damit er diese schon bereitliegen hat, falls ihm noch jemand eine Chance gibt und Interesse an seinen Stoffen hat.
 

Weil er nun wirklich mehr als genug Stoffe eingekauft hat, verzichtet Yugi darauf, noch weiter über den Markt zu gehen und wenn sich diese Stoffe so gut verkaufen werden, wie er es vermutet, dann hat er heute ein wirklich gutes Geschäft gemacht. Ergibt so ein grosser Stoffballen doch geschätzt 50 bis 60 kleine Ballen für den Verkauf, die er dann für einen Anfangspreis von vielleicht 30 Silbermünzen im Laden anbieten wird, dann noch sein üblicher Spielraum von 10 Silbermünzen...
 

Kaum sind sie von der belebten Strasse weg, kann Yami seine Neugier nicht mehr zügeln. „Was sind die Ainu für ein Volk und warum war der Händler so überrascht, dass du bei ihm eingekauft hast und warum hast du ihm geholfen?“, gegen jede Regel schliesst er zu Yugi auf, der ihn jetzt schmunzelnd ansieht.

„So viele Fragen?“, theatralisch seufzt er auf. „Die Ainu gelten als die Ureinwohner Japans und stehen nur knapp eine Stufe über den Sklaven, wenn du so willst. Sie sprechen eine eigene Sprache und haben auch nur begrenzten Zugang zu Schulen oder Ausbildungsstellen und leider werden ihre Produkte als minderwertig angesehen und das obwohl sie keine schlechteren Waren als andere haben. Im Gegenteil, diese Baumwollstoffe sind ziemlich sicher von besserer Qualität, als die, die ich bis jetzt gesehen habe und teilweise auch als so fein wie Seide verkaufe.“ Kurz hält Yugi inne, ehe er mit einem bedrückten Lächeln fortfährt. „Ich habe ihm geholfen, weil er mich an mich selbst erinnert hat. Weil ich damals auch mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen worden bin, als ich das erste Mal allein auf den Markt musste und dann danach sogar so spontan den Laden von Grossvater übernommen habe.“
 

Verstehend nickt Yami nun nachdenklich, während er gleichzeitig Star davon abhält seinen Ärmel als Kaugummi zu missbrauchen. „Ich habe von den Ainu noch nie gehört, aber der Stoff muss wirklich super sein, so begeistert wie du bist.“

Als Yugi nun begeistert nickt, kann er sich ein breites Grinsen nicht mehr verkneifen. „Wenn du also verschweigst, dass du die Stoffe von einem Ainu gekauft hast, dann kannst du ein riesen Geschäft machen. Sehr clever“, fügt er nach einem Moment noch nachdenklich hinzu.
 

Stolz dass es Yami verstanden hat, legt ihm Yugi die Hand auf den Unterarm. „Genau, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.“
 

Schweigend laufen sie nach diesem kurzen Gespräch weiter, ehe Yugi noch etwas einfällt. „Ach ja, wir laden dann die Stoffballen gleich auf den Wagen und holen auch die anderen aus dem Lager. Dann müssen wir das morgen früh nicht mehr machen und decken einfach alles sehr gut ab.“
 

Erstaunt nickt Yami. „Ist das denn kein zu grosses Risiko? Ich meine, was ist mit der Göre oder wenn die Ballen aus der Scheune gestohlen werden? Und dann gibt es da doch auch noch Mäuse, fressen die die Ballen nicht an?“
 

Zustimmend nickt Yugi nun. „Ja, es ist schon ein kleines Risiko, aber Lenny hat seine Kammer direkt in der Scheune und über Nacht ist das Tor verschlossen, so dass man nur durch die Tür seiner Kammer in die Scheune kommt. Was Rebecca angeht, die hat Angst vor Mäusen, darum bleibt sie auch so gut wie möglich von den Stallungen weg und lässt ihr Pferd immer von Lenny oder Jim satteln. Da sind die Viecher wenigstens zu etwas gut und anfressen tun sie die Stoffe in der Regel auch nicht, da sie dieses mit Öl behandelte Leinen nicht mögen, aber ich will nicht zu lange darauf vertrauen, darum lagere ich die Stoffe bis zum letzten Markttag immer im Haus und decke sie für die Rückfahrt auch immer noch zusätzlich ab. Denn wer weiss, wie gut die Ölschicht wirklich ist und nasse Ballen kriegst du dazu kaum noch trocken.“ Bei der Erinnerung daran, wie ihm das mal passiert ist, dass eben so ein Leinen nicht komplett wasserundurchlässig gewesen ist und er daher beinahe den ganzen Ballen hatte entsorgen können, regt sich Yugi immer noch auf.
 

Als sie im Hof ankommen, stehen die Tore von der Scheune schon offen und das grosse Öltuch liegt auch schon vorbereitet da. Was Yugi aber am meisten überrascht, ist die Tatsache, dass auch die Ballen schon auf dem Wagen liegen. „Was ist denn hier los?“

Kaum hat er das gesagt, kommen schon Jim und Scott aus der Scheune. „Ah Yugi, da bist du ja wieder und sind das die letzten Ballen? Gut, dann laden wir die auch gleich auf“, ruft ihm Scott entgegen.
 

Unter dem Blick des sprachlosen Yugis, schnappt sich Jim den Führstrick und geht mit Star zu der Scheune, wo er sie kurzerhand anbindet und dann mit Lenny zusammen, der vorhin beim Wagen geblieben ist, die Ballen auf den Wagen räumt.
 

Unterdessen bleibt Scott breit grinsend vor Yugi und Yami stehen. „Ach, ich habe einfach meinen Zweitschlüssel genommen und dann haben wir alle mit vereinten Kräften den Wagen beladen und da Lenny dir ja jedes Jahr dabei geholfen hat, konnte er uns ja auch sagen, wie wir es machen müssen.“
 

Weil Yugi immer noch sprachlos ist, springt Yami ein. „Die Frage ist jetzt aber, warum ihr das getan habt oder besser gesagt immer noch tut. Denn so, wie ich Yugis Reaktion deute, ist dies das erste Mal, dass ihr das macht.“ Seinem Sharik die Hand auf die Schulter legend, sieht er Scott an, der sich nun verlegen am Hinterkopf kratzt. „Naja, seht es als kleine Entschuldigung dafür an, dass wir euch das Leben mit unseren Vermutungen und so weiter, unnötig schwer gemacht haben und wir hoffen wirklich alle, dass ihr beide nächstes Jahr wiederkommt und nicht in irgendein Gasthaus oder Hotel geht.“
 

Das alles kaum glauben könnend, schüttelt Yugi unwillkürlich den Kopf, ehe er mit grossen Schritten zum Wagen geht, um zu kontrollieren, dass auch ja alles richtig verstaut wird.

Was nun Scott erstaunt, weshalb er Yami fragend anblickt.

„Keine Sorge, ihr habt ihn nur gerade komplett überrascht. Das ist alles und ich denke, spätestens heute Abend nach dem Abendessen, wird er sich bei euch bedanken.“ Lächelnd sieht Yami nun zu Yugi, der gerade dabei ist, Lenny und Jim dabei zu helfen, das grosse Öltuch straff über die Ladefläche zu spannen.
 

Yamis Blick folgend, sieht Scott nun auch zu der Scheune, wo Yugi gerade Lenny und Jim umarmt und wohl irgendwas zu ihnen sagt.
 

„So wie es aussieht, musst du nicht bis zum Abendessen warten“, kommentiert Yami mit einem breiten Grinsen, das was sie sehen und tritt dann einen Schritt zur Seite, als Yugi wieder zu ihnen zurückkommt und Scott ernst anblickt. „Eigentlich müsste ich ja sauer sein, dass ihr euch einfach an den Stoffen vergriffen habt.“ Die Arme verschränkend steht Yugi da, bis er anfängt breit zu grinsen und den vollkommen überrumpelten Scott in die Arme schliesst. „Doch dafür freue ich mich zu sehr über die Geste. Dankeschön.“ Den Hausangestellten jetzt an den Schultern greifend, sieht er ihn an. „Haben Nancy und Maria etwa auch mitgeholfen? Heute ist doch Waschtag!“
 

Kurz nickt Scott. „Sie haben die Tuchbündel rausgetragen, ehe sie sich wieder an ihre Aufgaben machen mussten.“

„Verstehe, dann gehe ich mich bei den beiden auch noch kurz bedanken“, nun sieht er zu Yami. „Kann ich dich allein lassen?“
 

Bei der Frage beugt sich Yami grinsend etwas vor. „Natürlich, ich bin ja schliesslich keine drei Jahre mehr alt.“

Als Antwort schnippt ihm Yugi gegen die Stirn. „Hey“, empört richtet er sich wieder auf und reibt sich dabei über die Stelle.

Nun streckt ihm Yugi auch noch die Zunge raus und dreht sich dann breit grinsend weg, als Yami nach ihm greifen möchte. Was dieser mit zusammengekniffenen Augen bemerkt. „Na warte! Wenn ich dich erwische!“
 

Auf diese Drohung hin rennt Yugi lachend los, lässt sich dann aber von Yami fangen. Dabei dreht er sich in den starken Armen um und schlingt seine Arme um dessen Nacken.

Nur Sekunden später spürt er Yamis Lippen auf den seinen, übernimmt aber gleich darauf die Kontrolle über den Kuss und erobert die Mundhöhle seines Liebsten mit seiner Zunge.
 

Dies beobachten nicht nur die Männer mit einem Grinsen, sondern auch Maria und Nancy, die wegen des Trubels auch in den Hof gekommen sind, um zu sehen, was denn los ist.

„Die beiden sind einfach süss. Oder was meinst du?“, fragend sieht Nancy zu Maria. „Ja, die beiden fühlen viel Amore füreinander.“

Mit einem Seufzen lehnt sich Nancy nun an den Türrahmen. „Eigentlich ist es ja schon eine Schande. Yami ist so ein gut aussehender und dazu noch netter Mann und dann interessiert er sich nur für Yugi.“

Tröstend legt Maria daraufhin ihre Hand auf Nancys Schulter. „Ach Kleines, irgendwann kommt auch noch dein Traummann vorbei. Denk daran, dass du sogar das Herz von unserem Scott erobert hast und das will schon was heissen.“

Auf diese Worte hin, sieht Nancy zu dem Hausangestellten, der auch gerade in ihre Richtung blickt und sie leicht anlächelt. „Er ist nur schon so alt. Maria, der Mann ist über 40 Jahre alt und ich bin gerade mal 25. Obwohl das für eine Sklavin ja auch schon alt ist.“ Bedrückt legt sie die Hand auf das Halsband und geht wieder zurück ins Haus.

„Ach Kleines“, blickt ihr Maria seufzend hinterher, ehe sie erschrocken aufschreit. Haben sich doch gerade zwei Arme um sie geschlungen. „Danke Maria, dass ihr mir die Ballen eingeladen habt.“ Breit grinsend lässt Yugi sie wieder los und eilt ins Haus, um sich auch noch bei Nancy zu bedanken.
 

„Tja, du hast halt zu lange mit Nancy geredet, so hast du das Ende unseres Kusses verpasst.“ Ernst sieht Yami Maria an, die jetzt mit leicht geröteten Wangen dasteht. „Wenn Yugi mich suchen sollte, ich bin in unserem Zimmer und packe schon mal alles zusammen, was wir nicht mehr brauchen.“
 

Noch bevor sich Maria wieder fangen kann, ist er an ihr vorbei ins Haus gegangen.
 

Oben im Zimmer räumt er wirklich schon mal alles ein, worauf sie verzichten können und legt im Gegenzug schon mal frische Sachen bereit, damit sie diese dann nicht aus ihren Taschen nehmen müssen, wenn schon alles andere darin verstaut ist.

„Du hättest das doch nicht allein machen müssen.“ In der Tür stehend sieht Yugi Yami an, der sich bei den Worten umdreht. „Ich wollte es aber und wenn du jetzt noch deine kleine Buchhaltung machst, dann müssen wir nach dem Abendessen nur noch die Sachen einräumen, die wir morgen nicht mehr tragen wollen.“
 

Mit einem verschmitzten Grinsen salutiert Yugi nun. „Zu Befehl, Herr Yami!“ Erst als auch sein Liebster lacht, setzt er sich an den Schreibtisch und konzentriert sich darauf, die letzten Beträge einzutragen.
 

Wie auch das Mittagessen verläuft das Abendessen zum grössten Teil schweigend. Yugi informiert Hopkins nämlich nur kalt darüber, dass sie beide am nächsten Morgen möglichst früh aufbrechen wollen und darum wohl mit den Angestellten in der Küche essen werden.

Dies und dass er diesmal wieder darauf wartet, dass Hopkins das Essen für beendet erklärt, ist der einzige Unterschied zum Mittag. Denn noch kann er dem Mann nicht verzeihen, wie der über Mehefin gesprochen hat, nachdem er von ihm am Mittwoch schon beinahe nachdrücklich verlangt hatte, dass er Yami so schnell wie möglich freilassen müsse.
 

Erst als sie im Bett liegen, entspannt sich Yugi und kuschelt sich verschmust an seinen Liebsten, bis sie eng umschlungen eingeschlafen sind.
 

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*grummel* Diese Szene im gesperrten Teil sollte erst so nach Wladiwostok kommen. *grummel*
 

Es ist schon interessant, was die Charaktere für ein Eigenleben entwickeln. Yugi fängt an sich zu wehren und seine Meinung zu sagen und Rebecca? Ja, die wäscht ihrem Grossvater plötzlich den Kopf, weil der diesmal den Mist gebaut hat.
 

Zu unserem Yami/Atemu muss ich glaube ich nichts sagen, der macht nämlich schon lange, was der will und nicht, was ich möchte.
 

Ich starte mal einen kleinen Aufruf: Wem ist ein junger Ainu abhanden gekommen? Der hat es sich hier gemütlich gemacht und möchte vielleicht wieder abgeholt werden.
 

So, ich hoffe euch hat das kleine Urlaubskapitel gefallen.
 

Eure mrs_ianto

Abfahrt nach Domino

Hallo,

 

da ich morgen am packen und dann den ganzen Sonntag unterwegs bin und dazu das neue Kapitel schon fertig ist, gibt es das heute schon für euch.

 

Was soll ich sagen, es ist mal wieder etwas kürzer, aber dafür geht es für unsere Jungs endlich wieder nach Hause.

 

So, genug gelabert....

 

Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 49: Abfahrt nach Domino

 

 

Am nächsten Morgen erwacht Yami mit den ersten Strahlen der Sonne. Eigentlich würde er ja noch gern etwas dösen, aber da sie ja heute endlich wieder nach Hause fahren, dreht er sich vorsichtig zu Yugi um. Befindet sich sein Sharik doch noch im Tiefschlaf und hat dabei seinen Arm von hinten um ihn geschlungen.

Als er es endlich geschafft hat, fährt er mit den Fingerspitzen sanft über Yugis Wange, um ihn so aufzuwecken. Nur bewirkt das nur, dass dieser leicht das Gesicht verzieht und sich jetzt richtiggehend an ihn kuschelt. „Yugi, du wolltest heute doch früh los.“ Schmunzelnd löst er sich wieder von ihm und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Hmmmm... mehr“, murmelt Yugi so langsam aufwachend.

Dieser Bitte kommt Yami nur zu gern nach und beginnt leichte Küsse auf dessen Gesicht zu hauchen. Dies so lange, bis er seine Lippen schliesslich auf die seines Shariks legt, was diesen genüsslich aufseufzen lässt.

In den Kuss schmunzelnd bemerkt Yami, wie sich Yugis Arm um seinen Nacken schlingt und dieser sich noch näher an ihn schmiegt. Offensichtlich ist sein Sharik noch nicht wirklich wach.

Bevor der Kuss aber zu intensiv werden kann, löst er ihren Lippenkontakt. Fährt nun jedoch stattdessen mit seinen Fingerspitzen wieder über Yugis Gesicht, bis dieser widerwillig die Augen öffnet.

„Sharik, aufwachen. Die Sonne geht schon auf.“ Lächelnd sieht er Yugi an, der nun missmutig das Gesicht verzieht. „Nur noch ein bisschen kuscheln und dösen, bitte.“ Die Augen wieder schliessend, versucht er sich wieder an ihn anzukuscheln, aber Yami setzt sich einfach auf. „Hey! Das ist fies.“

Auf einmal liegt sein Liebster aber auf ihm und sieht ihn mit einem todernsten Blick an. „Du wolltest doch so früh wie möglich losfahren. Darum dachte ich, dass ich dich aufwecke, bevor ich duschen gehe.“

 

Nach dem ersten Schreckmoment, legt Yugi seine Arme um Yami und sieht ihn immer noch leicht murrend an. „Ist ja schon gut, aber kriege ich jetzt wenigstens noch einen Kuss von dir?“

 

Gespielt nachdenklich erwidert Yami den Blick. „Naja, eigentlich hast du ja schon einen bekommen, aber ich will mal nicht so sein“, lächelnd beugt er sich nach unten und verwickelt Yugi in einen hauchzarten Lippenkontakt. Den sie erst wieder lösen, als die Luft knapp wird.

Mit einem warmen Ausdruck in den Augen sieht er in die amethystfarbenen Tiefen. „Ich freu mich schon auf Zuhause.“ Nachdem er sich aufgerichtet hat, drückt er kurz Yugis Hand, ehe er aufsteht und ins Bad geht.

 

Kaum ist Yugi allein, setzt er sich seufzend auf. Wie er es doch hasst, so früh am Morgen aufstehen zu müssen. Allerdings würde er auch gern öfters so geweckt werden.

Während er darauf wartet, dass sein Liebster zurückkommt, sucht sich Yugi seine Sachen zusammen und geht dann mit einem schnellen Schmatzer an Yami vorbei, als dieser mit noch nassen Haaren wieder ins Zimmer kommt.

 

Als sie dann in die Küche kommen, werden sie schon von allen mit prüfenden Blicken angesehen. „Es war heute Morgen so ruhig. Habt ihr euch etwa gestritten?“, wagt es schliesslich Scott die Frage aller Fragen zu stellen, die wohl gerade alle beschäftigt.

 

Natürlich läuft Yugi wie auf Kommando knallrot an, während sich Yami mit einem breiten Grinsen, das seine wahren Gefühle überdeckt neben Nancy hinsetzt und seinen Sharik neben sich auf die Bank zieht. „Nein, haben wir nicht, aber für solche Tätigkeiten fehlt uns heute leider die Zeit. Die sparen wir uns für Zuhause auf. Ausserdem hattet ihr in den letzten Tagen sicher genug Theater für die Ohren. Oder?“

 

Nun ist es Scott, der rot anläuft und sich verlegen räuspert, während die anderen ihn breit grinsend ansehen. „Touché, würde ich sagen. Ich glaube so schnell kommst du nicht gegen Yami an.“ Kann sich nun Jim einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen, während dieser gleichzeitig nach seiner Teetasse greift.

 

Immer noch sprachlos und knallrot sieht Yugi zu Yami, der sich jetzt in aller Ruhe eines von den Eierbroten nimmt und ihm dann die Teetasse in die Hand drückt. „Hier, damit du auch wach wirst.“

Ohne darüber zu murren, dass er selbst nur Wasser bekommt, greift sich Yami seinen Becher und nimmt einen tiefen Schluck von dem angenehm kühlen Wasser, ehe er hungrig anfängt sein Eierbrot zu essen.

 

Dies erstaunt die anderen wohl ziemlich, dass er einfach so, ohne etwas Besseres zu verlangen, dasitzt und sein Frühstück geniesst.

Nur Yugi wundert sich nicht darüber. Kennt er doch seinen Yami und beneidet ihn auch schon beinahe darum, dass er diese leckeren Eierbrote essen kann, während er selbst sich mit den Wurstbroten begnügen muss. Immer wieder schielt er dabei auf Yamis Teller, der die Blicke schmunzelnd bemerkt und ihm dann einfach die Hälfte seines Eierbrotes rüberschiebt und sich dann ein anderes nimmt.

 

Sofort fängt Yugi an zu strahlen. „Danke“, spontan gibt er Yami einen Kuss auf die Wange und hält ihm dann dafür seinen dritten Tee hin. „Ist zwar ohne Honig, aber wenn du willst, dann kannst du ihn haben.“

Die missbilligenden Blicke von Scott ignorierend, nimmt Yami lächelnd die Tasse entgegen. „Danke.“

 

Mit einem breiten Schmunzeln beobachtet Maria die beiden Jungs. „Hach, Amore ist doch was Schönes.“ Zwar findet sie es nicht wirklich in Ordnung, dass Yami so vor den Augen von Lenny und Nancy verwöhnt wird, aber dies ist ihrer Meinung nach Yugis Angelegenheit und nicht die ihre.

Ausserdem verhält sich Yami wie immer vorbildlich, indem er einfach ohne zu murren nach den Speisen für die Sklaven greift und nicht einmal versucht, an die anderen Sachen zu kommen.

 

Natürlich bemerkt auch Yugi die Blicke von Scott und Maria, aber da er ja gestern ganz klar gesagt hat, dass er sich jede Einmischung verbittet, ignoriert er sie einfach und geniesst dafür sein halbes Eierbrot.

Trotzdem ist er erleichtert, als sie endlich fertig gegessen haben und nach draussen gehen können. 

 

Weil Lenny natürlich wieder vor ihnen rausgerannt ist, kann Yami zu seinem Verdruss nur noch mit Yugi dastehen und auf die Pferde warten. „Verdammt, ich dachte, dass ich wenigstens heute...“, vor sich hingrummelnd steckt er seine Hände in die Hosentaschen. Stehen ihre Taschen und der wieder reichlich gefüllte Picknickkorb doch sicher neben ihm auf dem Boden.

Hinter ihnen stehen Maria und die anderen schon bereit, um sie auch gebührend zu verabschieden. Sogar Hopkins und Rebecca haben sich inzwischen zu der kleinen Gruppe gesellt.

 

Als Lenny mit den Pferden kommt, dreht sich Yugi zu den anderen um. „Ich danke euch für die Gastfreundschaft, die ihr mir und Yami habt zuteil werden lassen.“ Als er nun die fragenden Blicke sieht, setzt er noch mit einem tiefen Seufzen hinzu. „Und ja, wir kommen nächstes Jahr wieder, wenn nichts dazwischen kommt, natürlich.“ Kaum hat er zu Ende gesprochen, findet er sich in der schraubstockartigen Umarmung Marias wieder. „Mio Yugi, ich freu mich so, dass dich das unmögliche Comportamento der beiden da“, jetzt sieht sie vorwurfsvoll zu Arthur und Rebecca, „nicht vergrault hat und du ihnen noch eine Possibilità gibst.“ Mit feuchten Augen nimmt sie Yugis Gesicht in ihre Hände und sieht ihn mit einem mütterlichen Lächeln an. „Pass bene auf dich und deinen Yami auf und bring ihn auch ja wieder mit. Sì?“

Gerührt nimmt Yugi ihre Hände in die seinen. „Ja, das werde ich machen und danke für den Proviant, wir werden ihn geniessen.“

 

Zufrieden mit der Antwort wendet sich Maria nun Yami zu, der sich schon innerlich wappnet, dass er jetzt wieder umarmt wird. Doch zu seiner Überraschung legt sie ihm nur die Hände auf die Schultern. „Ich weiss ora, dass du das nicht magst.“

Zu seinem Erstaunen lächelt sie ihn jetzt ebenso mütterlich an, wie zuvor Yugi. „Ich habe mich gefreut, dass ich dich kennenlernen konnte. Du bist so ein eccezionale junger Mann und das obwohl du ‚solo’ ein Sklave bist.“

Nun legt sie ihre Hände auch auf seine Wangen. „Pass du mir auch bene auf dich und auch auf Yugi auf. Er braucht nämlich ab und zu eine forte Schulter zum Anlehnen.“

 

„Si Maria, ich werde gut auf ihn aufpassen“, erwidert Yami in ihrer Muttersprache, was ihm einen sanften Tätschler auf die eine Wange und einen Schmatzer auf die andere Wange einbringt. Was ihn unwillig das Gesicht verziehen lässt. Er ist doch kein kleiner Junge mehr und ausserdem darf das nur Yugi. Weil er Maria jedoch nicht verärgern will, sagt er nichts dazu, sondern sieht jetzt vielsagend zu Nancy, die wohl schon darauf wartet, dass die Köchin von ihm ablässt.

 

Nur widerwillig tritt Maria nun zurück und überlässt so Nancy das Feld, die sich mit leicht geröteten Wangen nun vor Yami hinstellt.

 

Immer wieder blickt Yugi besorgt zu Yami, der von der ganzen Freundlichkeit wieder wie erschlagen scheint. Doch solange er nicht bemerkt, dass sein Liebster Hilfe braucht, wird er sich nicht einmischen.

Deswegen konzentriert er sich wieder auf Hopkins und Rebecca. „Ich danke euch für eure Gastfreundschaft und wir werden nächstes Jahr wiederkommen. Allerdings hoffe ich, dass es dann weniger Probleme geben wird.“ Ernst sieht er die beiden an, die sogar tatsächlich beschämt dreinschauen.

 

„Yugi“, beginnt Rebecca schliesslich, „es tut mir wirklich leid, was passiert ist und wie ich mich zu Anfang verhalten habe und ich hoffe, dass wir trotzdem noch Freunde sein können.“ Unsicher sieht sie ihn an und ist dann erleichtert, als er sie in eine lockere Umarmung zieht, die er aber gleich wieder löst.

„Wenn du dich in Zukunft benimmst, dann können wir vielleicht Freunde werden. Allerdings nur, wenn du wirklich akzeptierst, dass da niemals mehr sein wird.“ Mit einem todernsten Gesichtsausdruck sieht er Rebecca an.

Diese wird bei den harten Worten ein wenig blasser, aber trotzdem lächelt sie mit zittrigen Lippen. „Ich habe es schon akzeptiert. Keine Angst und bring Yami nächstes Jahr wieder mit. Schliesslich muss ich ihn noch beim Schach besiegen.“ Vielsagend blickt sie zu Yami, der sich gerade mit Jim über etwas am unterhalten ist.

 

Lächelnd folgt Yugi ihrem Blick. Soll er ihr sagen, dass Yami sie konsequent als Göre bezeichnet? Besser nicht. Lieber den Frieden geniessen. „Das werde ich machen, aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen. Grossvater versucht schon seit Monaten ihm wenigstens ein Remis abzuringen.“

 

Nun wendet er sich Hopkins zu, der bis jetzt schweigend dagestanden ist. „Arthur, ich...“

„Du musst nichts sagen, Yugi. Ich habe Mist gebaut, indem ich zu viel in deinem Sklaven gesehen habe. Es ist natürlich deine Entscheidung, was du mit ihm machst und auch wenn ich der Meinung bin, dass du Yami freilassen solltest, werde ich meine Einstellung zu den anderen Sklaven nicht ändern. Auch wenn sie für dich unter diesen Umständen vielleicht heuchlerisch ist.“ Kurz blickt er zu Yami, der jetzt von Scott in Beschlag genommen wird. „Pass gut auf ihn auf und nächstes Jahr kann er dann von Anfang an mit uns im Esszimmer speisen, wenn du das möchtest.“

 

Bei diesen Worten kneift Yugi missbilligend die Augen zusammen, geht aber nicht weiter darauf ein. „Genug geredet, wir müssen langsam wirklich los, sonst kommen wir erst mitten in der Nacht beim Gasthof an.“ Mit diesen Worten reicht er Hopkins die Hand und dreht sich dann zu Yami um, der ihn schon abwartend ansieht.

 

Lächelnd geht Yugi auf ihn zu und legt ihm die Hand auf den Oberarm. „Lass uns nach Hause fahren.“

Über diese Worte erleichtert, nickt Yami zustimmend. „Endlich.“ Sofort schnappt er sich die Taschen und den Picknickkorb und eilt auf die Kutsche zu, um diese drei Sachen auch noch auf der Ladefläche zu verstauen. Erst als er die Plane wieder sicher befestigt hat, dreht sich Yami wieder um und sieht jetzt das erste Mal bewusst zu Hopkins und der Göre, die jedoch keine Anstalten machen, sich auch von ihm zu verabschieden.

Was er ehrlich gesagt auch nicht erwartet hat. Schliesslich ist er in ihren Augen vermutlich nur ein Sklave.

Deswegen wendet er sich wieder ab und kontrolliert jetzt, ob die Schirrung auch wirklich richtig an den Pferden sitzt. Nicht, dass die beiden noch Scheuer- oder Druckstellen bekommen.

Zufrieden stellt er nach ein paar Minuten fest, dass Lenny wirklich an alles gedacht hat und krault die beiden noch kurz, ehe er sich neben Yugi auf den Kutschbock setzt.

Sich gegenseitig anlächelnd nicken sie sich zu, bevor Yugi die Zügel aufnimmt und die Handbremse löst.

Die Pferde nun aus dem Hof lenkend winkt er den anderen noch einmal zu, während Yami nur kurz die Hand hebt und schon sind sie um die Hausecke verschwunden.

 

Weil es trotz der langen Verabschiedung immer noch sehr früh ist, sind die Strassen für Edo verhältnismässig leer, weshalb sie zügig vorwärtskommen und schon nach relativ kurzer Zeit durch das grosse Stadttor fahren können.

Erst jetzt lässt Yugi die Pferde in einen lockeren Trab fallen, achtet dabei aber genau darauf, dass sie nicht zu schnell werden.

 

Schweigend betrachtet Yami seine Umgebung und denkt an die vergangenen Tage zurück.

„Du Yugi?“, rutscht es ihm dann plötzlich heraus.

Erstaunt, dass Yami auf einmal die Stille unterbricht, sieht Yugi zu ihm rüber. „Was ist denn?“

„Was würdest du machen, wenn ich mich wieder an alles erinnern könnte? Würde sich für dich dann etwas ändern?“ Yami weiss nicht, woher diese Fragen auf einmal kommen und warum sie ihm so wichtig sind, aber sie sind es. Deswegen sieht er jetzt gebannt zu Yugi, der den Blick nachdenklich wieder nach vorn auf die Strasse gerichtet hält.

„Was soll ich denn jetzt darauf antworten? Weisst du, es hängt eigentlich nur von dir ab. Also, das was du dann möchtest, denn für mich persönlich wird sich rein von meinen Gefühlen her gar nichts ändern und wenn du dann auch nichts ändern möchtest, dann muss es ja auch nicht sein. Verstehst du, was ich dir sagen möchte?“, fragend schielt Yugi nun zu Yami, weil er den Blick nicht zu lange von der Strasse nehmen möchte.

 

Nun ist es an Yami, nachdenklich auf die Strasse zu blicken. „Ja, ich denke, dass ich dich verstehe. Nur woher soll ich wissen, was ich dann möchte? Ich weiss doch im Moment nur eines und das ist, dass sich meine Gefühle für dich sicher nicht ändern werden. Denn dafür gehen sie viel zu tief in mein Herz.“ Spontan legt er seinem Sharik die Hand auf den Oberschenkel und weil es sich irgendwie richtig anfühlt, lässt er sie auch da.

 

Über die Antwort erleichtert, stösst Yugi seinen angehaltenen Atem aus. „Das ist doch gut und gemeinsam werden wir sowieso alles schaffen.“ Lächelnd legt er seine Hand kurz auf Yamis, ehe er wieder mit beiden Händen die Zügel greift.

 

Nach etwa zwei Stunden lenkt Yugi die Pferde das erste Mal von der Strasse zu einem kleinen Fluss. Dort lässt er sie anhalten und zieht die Handbremse an. „Hier mache ich auf dem Rückweg immer die erste Pause und tränke die Pferde. Futter gibt’s aber erst bei unserem nächsten Halt und danach gibt’s dann noch eine Pause, bevor wir beim Gasthof ankommen“, erklärt er Yami auf dessen erstaunten Blick hin.

„Ach so. Na dann werde ich mich endlich mal wieder ein wenig um die beiden kümmern.“ Voller Tatendrang springt Yami regelrecht runter und schnappt sich die beiden Wassereimer.

 

Was Yugi schmunzelnd beobachtet. Eigentlich würde er ihm ja jetzt gern helfen, aber so wie sein Liebster gerade wirkt, würde er ihm damit keinen Gefallen erweisen. So holt er in aller Ruhe zwei Flaschen Wasser aus dem Picknickkorb und zwei der ziemlich vielen Äpfel, die Maria für sie eingepackt hat.

So beladen steigt er in aller Ruhe vom Kutschbock und stellt sich neben Yami hin, der aufpasst, dass die beiden die Eimer nicht umwerfen.

 

„Hier mein Liebster, sonst verdurstest du mir noch und danach füllen wir sie wieder auf.“ Sich ein wenig an ihn anlehnend reicht ihm Yugi eine der Flaschen und dann auch einen Apfel, wobei er bemerkt, dass beide Pferde schon diesen speziellen Ausdruck im Gesicht haben. „Achtung, wenn du auch was von dem Apfel haben willst, dann solltest du aufpassen.“

Schon hebt Blacky seinen Kopf und will Yami den Apfel wegschnappen, doch dieser hält ihn sofort zur Seite und sieht den Wallach streng an. „Blacky, NEIN! Du kriegst nachher den Rest, so wie Rocky.“

 

Nur mit Mühe kann sich Yugi jetzt ein breites Grinsen verkneifen und ist wirklich froh, dass er Yami den Apfel in die andere Hand gegeben hat, denn sonst hätte er sicher eine Kopfnuss oder so bekommen, als Blacky nach dem Apfel geschnappt hat.

 

Im Stehen essen sie die Äpfel und geben dann die Reste wie versprochen den Pferden, die zufrieden darauf herumkauen. Erst danach trinken sie ihre Flaschen leer und füllen sie anschliessend mit dem klaren Flusswasser wieder auf.

 

Nachdem sie die Eimer wieder auf der Ladefläche verstaut haben, setzen sie ihre Fahrt auch schon wieder fort. Denn mehr als je eine halbe Stunde möchte Yugi die beiden zusätzlichen Pausen nicht andauern lassen.

 

Als sie wieder auf der Strasse sind, kann sich Yami ein Gähnen nicht mehr verkneifen.

„Bist du müde?“, fragend sieht Yugi zu seinem Liebsten, der nach einem kurzen Zögern nickt. „Ja, ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und konnte dann ewig nicht mehr einschlafen.“ Wieder gähnt er ausgiebig ist doch zudem auch die Landschaft nicht gerade die Spannendste, besonders wenn man sie schon einmal gesehen hat.

 

„Na dann komm. Lehn dich ein wenig an mich du hast ja schon mal an meiner Schulter geschlafen.“ Um seine Worte noch zu unterstreichen, nimmt er die Zügel in eine Hand und legt den Arm um seinen Liebsten.

 

Mit einem ergebenen Seufzen lehnt sich Yami an Yugis Schulter und schliesst die Augen.

 

Um sich herum sieht Yami nur die Weite der unendlich scheinenden Wüste. Sich suchend umblickend dreht er sich um die eigene Achse, bis er sein breit grinsendes Ebenbild entdeckt.

„Du!“ Mit ausholenden Schritten geht er auf ihn zu und packt ihn am Kragen des schwarzen Hemdes. „Du verdammtes Arschloch! Weisst du eigentlich, wie knapp ich an einer Panikattacke vorbeigeschrammt bin?! Und das nur, weil du deine verdammte Libido nicht unter Kontrolle halten konntest. Dabei ist es MEIN Körper und nicht deiner!“ Mit jedem Wort wird seine Stimme lauter und was ihn noch mehr aufregt, ist die Tatsache, dass ihn sein jüngeres Ebenbild weiterhin nur grinsend ansieht.

 

„Na endlich kommst du mal aus dir raus Atemu und bist nicht mehr so sklavenmässig drauf.“ In aller Ruhe löst Atemu die Hände von seinem Hemd und tritt, die Arme verschränkend, einen Schritt zurück. Dabei sieht er sein älteres Ebenbild ernst an.

 

„Erstens!“, streckt er jetzt einen Finger in die Höhe. „Es war NICHT meine Libido, die verrückt gespielt hat, sondern DEINE.“

 

Nun wandert der zweite Finger in die Höhe. „Zweitens! Sind wir beide ein UND dieselbe Person. Ich bin nämlich nur ein Abbild deines Unterbewusstseins, das DU erschaffen hast, um mit DEINEN zurückkehrenden Erinnerungen fertig zu werden.“

 

Der dritte Finger wird ausgestreckt. „Drittens! War dieser Schritt schon beinahe überfällig. Denn nur, wenn DU dich selbst und deinen Körper wieder annimmst und akzeptierst, kannst du mit DEINER Vergangenheit fertig werden.“

 

Jetzt fängt Atemu breit zu grinsen an und streckt den vierten Finger aus. „Viertens! Jetzt endlich hast du diesen verdammten Sklavenmodus abgelegt und wirkst schon beinahe wieder so Selbstbewusst wie früher.“

 

Nun hält er Yami die Hand mit allen fünf ausgestreckten Fingern vor die Nase. „Und Fünftens! Erst JETZT bist du bereit wieder mit mir EINE Person zu werden. Also freu dich doch. Schon bald wirst du wohl oder übel wissen, wer DU mal gewesen bist.“

 

Vollkommen sprachlos steht Yami da und kann nicht glauben, was hier gerade passiert. „Du...“, nicht wissend wie er weitersprechen soll, verstummt er wieder.

„Jaaaa... ich. Oder vielleicht doch DU?“ Langsam beginnt sich der Körper des jüngeren Atemus aufzulösen. Doch anders als sonst treibt er nicht von dem anderen weg, sondern auf ihn zu. „Wie ich sehe, brauchst du mich in dieser Art und Weise nicht mehr.“ Nun klingt seine Stimme doch ein wenig wehmütig. „Darum sage ich einfach mal. Willkommen zurück im Leben, Atemu.“

 

„Aber...“, wieder fehlen Atemu die Worte, als er sieht, wie sich der nun in glitzernde Teile auflösende Körper des anderen auf ihn zubewegt. Innerlich macht er sich schon auf Schmerzen gefasst, aber es durchströmt ihn nur ein angenehm warmes Gefühl, als diese glitzernden Punkte in ihn eindringen.

Auf einmal wird es dunkel um ihn....

 

Keuchend wacht Yami an Yugis Schulter auf und setzt sich schlagartig hellwach kerzengerade hin.

 

„Yami, was...?“, erschrocken lässt Yugi die Pferde mitten auf der Strasse anhalten und sieht zu seinem Liebsten der sich jetzt stöhnend vorbeugt. „Nichts, wie lange habe ich geschlafen?“ Den Kopf mit seinen Händen abstützend sitzt er da und kann nicht glauben, was er da eben geträumt hat. Oder war es etwa gar kein Traum, sondern irgendetwas anderes?

 

Nach einem kurzen Blick zur Sonne richtet Yugi seine Aufmerksamkeit wieder auf Yami. „Etwas mehr als eine Stunde. Brauchst du eine Pause? Sonst, in etwa einer Stunde kommt der nächste See, da wollte ich sowieso für unsere Mittagspause anhalten.“ Besorgt legt er ihm die Hand auf den Rücken und ist gleichzeitig froh, dass er sich auf seine Pferde verlassen kann, die geduldig dastehen und einfach nur mit ihren Schweifen schlagen, um die lästigen Fliegen zu vertreiben.

 

Nachdem sich Yami endlich ein wenig gefangen hat, richtet er sich wieder auf und lächelt Yugi beruhigend an. „Nein, ich brauche keine Pause. Fahr du nur weiter bis zum See.“ Schnell haucht er seinem Sharik einen kleinen Kuss auf die Stirn, ehe er sich in Gedanken versunken zurücklehnt.

 

Zweifelnd sieht Yugi ihn noch einen Moment lang an, ehe er mit einem stummen Aufseufzen, die Zügel wieder aufnimmt und mit einem Zungenschnalzen die Pferde wieder antreibt. Erst lässt er sie eine Weile in einem gemütlichen Schritt gehen. Doch schon bald merkt er, dass sie schneller laufen möchten und erfüllt ihnen den Wunsch. Weiss er doch ganz genau, dass die beiden spüren, dass der See und somit auch das leckere Gras, das sie dort immer fressen dürfen, nicht mehr weit entfernt sind.

 

Yami bemerkt kaum, wie die Landschaft an ihm vorbeizieht. So sehr ist er in seinen Gedanken versunken.

Erst als Yugi die Pferde zu dem See lenkt und auf der Wiese anhalten lässt, kehrt er in das Hier und Jetzt zurück.

Unter dem besorgten Blick seines Shariks steigt er ab und schnappt sich dann die Wassereimer, um für die Pferde frisches Wasser zu holen.

 

Unterdessen nimmt Yugi zwei von den vier Futtersäcken und geht nach vorn, um sie Blacky und Rocky hinzuhalten. Denn auch wenn es hier leckeres Gras gibt, will er, dass sie zuerst etwas Heu und den Hafer fressen, bevor sie sich anderweitig den Bauch vollschlagen. Zuerst bekommen die beiden aber frisches Wasser, das sie auch durstig saufen.

 

Erst als die Eimer beinahe leer sind, widmen sich Blacky und Rocky den Futtersäcken und versenken gierig ihre Mäuler in dem Heu. Wissen sie doch ganz genau, das auch leckerer Hafer in den Säcken versteckt ist.

 

Weil sie beide aufpassen müssen, dass ihnen die Säcke nicht aus den Händen gerissen werden, verzichten die beiden darauf zu reden und auch als die Säcke leer sind, verständigen sie sich mehr oder weniger stumm darauf, wer nun was macht.

 

Erst als die beiden Pferde zufrieden grasend mit der Kutsche im Schlepptau über das Gras schlendern, setzen auch sie sich hin und greifen hungrig nach den Broten, die Maria gemacht hat.

„Willst du mir jetzt sagen, was dich so durcheinander gebracht hat?“, fragend sieht Yugi kauend zu Yami, der den Blick jedoch auf den See gerichtet hält. „Ich habe nur verrückt von einer jüngeren Version von mir geträumt, die sich mit mir verbunden hat.“ Bewusst spielt er seinen Traum herunter und als er jetzt zu Yugi blickt, lächelt er ihn warm an. „Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, der Traum hat mich nur ein wenig verwirrt und dazu noch das, was in den letzten Tagen passiert ist...“, absichtlich lässt er den Satz so offen enden.

 

Mit gerunzelter Stirn erwidert Yugi Yamis Blick. So ganz glaubt er ihm nämlich nicht, dass der Traum so harmlos gewesen ist, aber gleichzeitig kennt er diesen speziellen Ausdruck in den Augen seines Liebsten ganz genau.

Deswegen beugt er sich nun lächelnd zu ihm rüber. „Na wenn das so ist, dann hast du sicher nichts gegen ein wenig kuscheln einzuwenden. Oder?“ Noch bevor er eine Antwort bekommt, setzt er sich breitbeinig auf ihn und legt seine Arme um Yamis Nacken. „Ich habe nämlich heute ganz eindeutig noch zu wenig mit dir gekuschelt.“

 

Im ersten Moment ist Yami vollkommen überrumpelt, aber dann legt er grinsend die Hände auf Yugis Taille. „Na wenn das so ist...“, vielsagend blickt er jetzt auf Yugis Hals. „Meine Markierung muss ich auch dringend wieder erneuern.“

 

Innerlich die Augen verdrehend, weil seinem Liebsten gerade das jetzt in den Sinn kommt, neigt Yugi den Kopf zur Seite, um ihm so mehr Platz zu geben. Keuchend geniesst er die Liebkosung an seinem Hals und wenn sie jetzt Zuhause wären...

Doch sie sind es nicht und eigentlich wollte er Yami ja nur vom Grübeln ablenken und das scheint ja auch zu klappen, zumindest driftet dieser mit den Gedanken nicht mehr in die Ferne, als sie sich im Gras dann doch aneinander kuscheln.

 

Sie bleiben über eine Stunde im Gras liegen, bis sich Yugi wieder aufsetzt. „Es wird langsam Zeit, dass wir weiterfahren.“ Schmunzelnd beobachtet er seinen Liebsten, der sich jetzt murrend auch aufrichtet. „Dabei war es gerade so gemütlich.“ Mit diesen Worten steht Yami auf und schnappt sich die Eimer, um für die Pferde noch einmal Wasser zu holen, damit diese vor der Weiterfahrt noch einmal trinken können.

 

Yugi räumt unterdessen ihr Picknick wieder zusammen und trägt den Korb zu der Kutsche, wo er ihn sicher auf der Ladefläche verstaut. Die Zügel muss er ja nicht selbst wieder an den Trensenringen einhängen. Denn dies macht Yami gerade, so steigt er schon mal auf den Kutschbock und wartet geduldig darauf, dass sich sein Liebster wieder neben ihn gesetzt hat.

 

Nach einem schnellen Kuss, löst Yugi die Handbremse ganz und lenkt die Pferde zurück auf den Weg, der sie nach etwa hundert Metern wieder auf die Hauptstrasse führt. Erleichtert stellt er fest, dass Yami wirklich nicht mehr so am Grübeln ist, sondern die Umgebung jetzt wieder aufmerksam betrachtet.

 

Die Sonne ist schon am Untergehen, als sie nach über acht Stunden reine Fahrtzeit auf dem Hof des Gasthofes Resutoranuto ankommen.

Wieder eilt sofort der Stallknecht herbei. „Herr Muto, wir haben Sie schon erwartet.“ Die Pferde an den Zügeln festhaltend wartet der Stallknecht, bis der Gast und dessen Sklave von dem Kutschbock gestiegen sind und auch die Taschen sowie den Picknickkorb von der Ladefläche genommen haben.

Zwar wundert es ihn, dass Muto die eine Tasche selbst nimmt, als dann aber der Sklave diese sofort entgegennimmt, stempelt er es als Handlung zur Zeitersparnis ab. „Wir haben für die beiden wieder die gleichen Boxen hergerichtet, sie müssen sich also keine Sorgen machen, dass sich die Pferde nach dem anstrengenden Tag nicht erholen können.“

 

Erst jetzt blickt Yugi den Stallknecht direkt an. „Danke und ich vertraue darauf, dass die beiden Morgen wieder fit sind und so gegen acht Uhr bereitstehen.“

 

Als Yami das hört, zieht er kurz die Augenbraue hoch. Ist das doch eine Stunde früher, als beim letzten Mal. Na, wenn das mal gut geht und er ihn auch früh genug aus dem Bett bekommt, damit sie sich nicht abhetzen müssen. Das war ja heute Morgen schon schwer genug.

Sagen tut er vor dem Stallknecht allerdings nichts, sondern sieht nur mit einem sehnsüchtigen Blick den Pferden hinterher, als er mit den Taschen und dem Korb beladen seinem Sharik zum Haus folgt.

 

Mitleidig lächelnd sieht Yugi seinen Yami an. Irgendwie kann er ihn ja auch verstehen. Ist es ihm zu Anfang ihrer Bekanntschaft ja auch nicht gerade leicht gefallen, die Versorgung der Pferde in dessen Hände abzugeben. Auch wenn es für ihn eine Erleichterung gewesen ist, dies neben dem Laden nicht mehr erledigen zu müssen.

 

An der Rezeption werden sie schon von Kagayama erwartet. „Herr Muto, ich habe mir schon Sorgen gemacht, dass etwas passiert sein könnte.“ Mit einem Grinsen breitet er seine Arme aus, so als würde er den jungen Mann umarmen wollen. Natürlich ist das nicht möglich, steht er doch weiterhin hinter der Rezeption, aber die Geste sieht wirklich danach aus.

 

„Herr Kagayama! Ja, es ist etwas später geworden, da ich unterwegs ein wenig gebummelt habe, um die Pferde zu schonen.“ Entschuldigend sieht er den Mann an, weiss er doch, dass es dieser eigentlich nicht so gerne sieht, wenn man erst bei Sonnenuntergang ankommt.

 

„Ach kein Problem. Ich habe wieder eine extragrosse Portion von unserem Gulasch für Sie zur Seite stellen lassen und werde es für Sie hochbringen lassen, sobald Sie oben sind. Nur für den Sklaven ist nichts mehr da, aber Sie haben ihn ja schon beim letzten Mal hungern lassen. Was natürlich auch verständlich ist und ein Sklave kann ja locker auch mal ein paar Tage ohne Nahrung auskommen.“

Als Muto nichts dazu sagt, runzelt er kurz die Stirn, schiebt es dann aber auf die Erschöpfung und nimmt ohne weiteren Kommentar dazu, den Schlüssel vom Haken. „Die Regeln muss ich Ihnen ja nicht noch einmal erklären.“ Den Schlüssel auf den Tresen legend sieht er den jungen Mann an. „Dann hätte ich jetzt noch gern die 45 Silbermünzen und ausserdem müsste ich noch wissen, wann Sie ihr Frühstück einnehmen möchten.“ Immer noch professionell lächelnd sieht er zu, wie sein Gast die Münzen abzählt und auf den Tresen legt.

„Ich hätte das Frühstück gern so um sieben Uhr, da ich gegen acht Uhr schon wieder aufbrechen möchte. Ihr Stallknecht weiss übrigens schon Bescheid.“ Nur mühsam kann sich Yugi beherrschen, um Kagayama nicht die Meinung zu sagen. Weshalb er vorhin auch nichts auf dessen Worte erwidert hat.

„Ich bin übrigens sehr erschöpft und werde mir dann nach dem Essen, nur noch von meinem Sklaven unter der Dusche helfen lassen. Nur damit sie Bescheid wissen, falls es Fragen geben sollte, warum er sich in der Dusche für die Gäste aufhält.“ Den Schlüssel nun in die Hand nehmend, sieht er den älteren Mann ernst an, der jetzt verständnisvoll nickt. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen entspannenden Abend und eine erholsame Nacht. Die Sklavin wird dann gleich Ihr Essen hochbringen.“

 

Darauf nickt Yugi nur noch, ehe er sich zu Yami umdreht, der das alles schweigend und wie der perfekte Sklave dastehend, beobachtet hat. „Na komm“, mehr sagt er nicht zu ihm, sondern deutet nur noch mit der Hand an, dass dieser ihm folgen soll.

Ohne weiter auf ihn zu achten, macht sich Yugi auf den Weg zu den Treppen. Weiss er doch ganz genau, dass er sich auf seinen Liebsten verlassen kann.

 

Als sie endlich in ihrem Zimmer sind, lässt sich Yugi mit einem erschöpften Seufzen auf das schmale Bett fallen. „Na endlich, ich dachte schon, Kagayama hört gar nicht mehr auf zu reden.“ Die Augen schliessend, lässt er seinen Kopf nach hinten fallen.

 

Schmunzelnd stellt Yami die Taschen und den Korb ab, ehe er sich auf Yugis Beine kniet und sanft anfängt dessen Nacken zu massieren. „Lass den Kerl einfach reden. Wir beide wissen ja, wie es wirklich ist.“ Unaufhörlich lässt er seine Finger mit einem leichten Druck hin und her gleiten.

Was nun dazu führt, dass sich sein Sharik mit einem leisen Stöhnen ein wenig aufrichtet, so dass dieser den Kopf auf seine Schulter legen kann.

„Ich weiss, trotzdem nervt es mich, dass sie so über dich denken und ich kann nicht einmal etwas dagegen tun.“

Die Augen geschlossen haltend, geniesst Yugi die Massage seines verspannten Nackens, während er nun gleichzeitig seine Arme locker um die Hüften seines Liebsten legt.

Diese Worte lassen Yami traurig lächeln. Zu gern würde er seinem Yugi etwas von der Last abnehmen, aber ihm sind noch mehr die Hände gebunden als seinem Sharik. „Das macht mir nichts aus, was die anderen von mir denken, die Hauptsache ist doch, dass wir beide wissen, wie es wirklich ist. Auch wenn es mich ein wenig verwundert, dass du den Typen so genau über deine Duschaktivitäten aufgeklärt hast. Das ist doch sonst nicht deine Art.“ Bewusst lässt Yami seine Stimme ganz ruhig klingen, damit sich sein Sharik noch weiter entspannt.

 

Nun atmet Yugi tief durch. „Ich habe das absichtlich gesagt, weil ich im Flur einen meiner wenigen männlichen Kunden gesehen habe. Hong könnte man als eine männliche Ausgabe der Aino bezeichnen und ich bin sicher, spätestens zwei Tage nachdem der wieder in Domino ist, wird die halbe Stadt wissen, dass ich dich unterwegs hungern lasse und mich mit dir in der Dusche vergnüge. Plus noch das ein oder andere dazu gedichtete Detail.“ Nun hebt er seinen Blick und grinst Yami schief an. „Aber das ist ja auch egal.“

 

Darüber nachdenkend, ob er den Mann schon mal im Laden gesehen hat, hält Yami inne, aber er kann sich beim besten Willen nicht an den Rothaarigen erinnern. Weshalb es gut sein kann, dass er diesem noch nie begegnet ist.

Den Typen jetzt aber zur Seite schiebend, legt er seine Lippen auf Yugis, um ihn etwas auf andere Gedanken zu bringen.

Was auch funktioniert, denn sein Sharik geht sofort auf den Kuss ein und lässt dann sogar die Hände über seinen Rücken wandern.

 

Gerade als Yugi den Kuss vertiefen möchte, klopft es an der Tür, woraufhin sich Yami murrend löst. „Das ist sicher unser Abendessen.“ Geschmeidig erhebt er sich von den Beinen seines Shariks und geht zur Tür.

Als er diese öffnet sieht er direkt in das vorsichtig lächelnde Gesicht von Anna. „Hallo Yami. Der Koch schickt mich mit“, kurz blickt sie sich im Flur um, „eurem Abendessen und einer Karaffe Wasser.“

Das Lächeln erwidernd nimmt ihr Yami das voll beladene Tablett ab, wobei ihm auffällt, dass unter dem gut gefüllten Teller noch einer steht und auch Besteck für zwei Personen vorhanden ist. Sogar an zwei Gläser hat sie gedacht. „Hallo Anna und danke. Kommst du noch kurz mit rein?“ Zur Seite tretend sieht er sie auffordernd an.

 

Zögernd kommt Anna der Aufforderung nach und sieht sich dann aufmerksam nach Herrn Muto um. Zu oft hat sie schon unschöne Überraschungen erlebt, wenn sie ein Zimmer betreten musste.

„Hallo Anna“, kopfschüttelnd sieht Yugi sie an, als sie erschrocken herumfährt. „Keine Angst, ich beisse schon nicht.“ Lächelnd geht er an ihr vorbei und hilft Yami dabei das Tablett abzuräumen.

 

Dieser wendet sich nun dem Picknickkorb zu und holt einen Apfel heraus. Lächelnd hält er diesen nun Anna hin, die ihn, nach einem Blick zu Herrn Muto, zögernd annimmt. „Dankeschön, aber wofür?“, fragend sieht sie Yami ungläubig an, weil sie schon wieder so eine Leckerei bekommt.

Die Hände in den Hosentaschen vergrabend, erwidert er ruhig ihren Blick. „Ganz einfach, ich bin mir ziemlich sicher, dass es wieder keine Reste geben wird, aber ich will dich auch nicht hungern sehen. Darum der Apfel und du kannst ja auch alle Vitamine, die du bekommen kannst, gut gebrauchen.“

 

Während Yami sich mit Anna unterhält, verteilt Yugi schon mal das Gulasch auf die beiden Teller und giesst ihnen Wasser ein. Diesmal gibt er Yami gleich etwas mehr von dem Essen, weil er keinen wirklichen Hunger hat.

Nun sieht er zu, wie Yami Anna zur Tür begleitet und sie ihr zuvorkommend aufhält.

 

Als sein Liebster sich nun zu ihm an den Tisch setzt, blickt Yugi ihn fragend an. „Wie hast du das gemeint, dass sie alle Vitamine gut gebrauchen kann?“

Die Gabel schon in der Hand haltend, erwidert Yami seinen Blick. „Sag bloss, dir ist nicht aufgefallen, dass sie schwanger ist?“

Während sein Sharik den Schock verdaut, beginnt er schon mal zu essen. Denn dass ihn diese kleine Information geschockt hat, kann Yami ihm deutlich ansehen.

 

„Aber... wie? Ich meine... ja, sie hat einen etwas runderen Bauch, aber das muss doch nichts heissen.“

 

Die Augen verdrehend lehnt sich Yami nun zurück. „Yugi, wenn eine Sklavin auf Reste angewiesen ist, dann hat sie sich ganz sicher keinen Bauch angegessen. Ausserdem ist sie für ihren Besitzer im richtigen Alter, um entweder für die nächste Sklavengeneration zu sorgen oder um Schwangerschaften für immer zu unterbinden.“ Mit einem todernsten Ausdruck in den Augen, sieht er Yugi nun an. „Ich will jetzt nichts behaupten, aber entweder hat ihr Besitzer sie gezielt mit einem Sklaven zusammengebracht oder sie ist von ihm oder einem Gast geschwängert worden und da das nie sicher geklärt sein wird, wird ihr Kind natürlich als Sklave aufwachsen.“

 

Immer noch sprachlos über Yamis Worte greift Yugi nun nach der Gabel und beginnt auch zu essen.

Nachdem sie fertig gegessen haben, lehnt er sich nachdenklich zurück. „Ich weiss so vieles nicht, weil ich vor dir nie einen eigenen Sklaven besessen habe. Das wird mir immer bewusster, je mehr du mich aufklärst. Diese Anna ist doch gerade mal sechzehn oder achtzehn Jahre alt. Wenn sie nicht sogar jünger ist und dann erzählst du mir so etwas.“

 

Weil er nichts darauf zu sagen weiss und sein Sharik sowieso mehr zu sich selbst gesprochen hat, erwidert Yami darauf nichts. Dafür stapelt er ihr Geschirr auf das Tablett und steht dann auf, um es vor die Tür zu stellen.

 

Als er wieder ins Zimmer kommt, hat sich Yugi noch keinen Millimeter bewegt, weshalb er ihm einfach von hinten umarmt. „Sharik, nimm es nicht so schwer. Die Welt ist nun mal ungerecht und du wirst sie auch nicht ändern können.“ Leicht legt er seine Wange an die seines Shariks, während dieser mit den Händen seine Arme umfasst, die er vor dessen Brust verschränkt hält.

„Ich weiss es ja, nur ist Anna doch noch so jung und ach...“, sich in die Arme seines Liebsten kuschelnd verstummt Yugi und geniesst einfach nur dessen stummen Trost.

 

Erst nach einer ganzen Weile richtet er sich wieder gerade auf und dreht sich mit einem müden Gesichtsausdruck zu Yami um. „Lass uns duschen gehen und dann ins Bett, damit wir morgen auch fit sind.“

 

Sich unauffällig sein schmerzendes Kreuz reibend, ist er doch die ganze Zeit vornübergebeugt dagestanden, nickt Yami zustimmend. „Ja und wenn du willst, massiere ich dir dann heute noch ein wenig den Rücken.“

Sich ihre Badetücher über den Arm legend sieht er Yugi lächelnd an, der bei dem Gedanken schon ein wenig bessere Laune zu haben scheint. „Das wäre schön, aber bitte nicht so eine, wie du sie immer bei Grossvater machst. Das sieht nämlich immer ziemlich schmerzhaft aus.“ Bei dem Gedanken daran, verzieht Yugi unwillkürlich das Gesicht.

 

Lachend schliesst Yami seinen Sharik nun wieder in die Arme. „Keine Sorge, du wirst von mir eine ganz sanfte Massage bekommen. Schliesslich hast du keinen kaputten Rücken, so wie Grossvater.“

 

Erleichtert erwidert Yugi kurz die Umarmung, ehe er sich von Yami löst und stattdessen nach seiner Hand greift. „Lass uns jetzt rüber ins Bad gehen.“

Seinen Liebsten hinter sich herziehend, geht Yugi zur Tür und lässt ihn dann auch nicht los, als sie über den Flur zum Bad gehen.

Erst als die Tür hinter ihnen abgeschlossen ist, lässt er ihn wieder los. Was Yami leicht den Kopf schütteln lässt.

Sagen tut er dazu allerdings nichts, sondern beginnt sich jetzt auszuziehen und wartet dann bei der Dusche auf Yugi, während er schon mal das Wasser laufen lässt.

 

Mit einem strengen Ausdruck in den Augen tritt Yugi nach einem Moment zu ihm unter den Wasserstrahl. „Heute gibt es aber keine Experimente. Du hast dich in den letzten Tagen nämlich oft genug beinahe überfordert. Hast du mich verstanden?“ Mit dem Finger tippt er auf Yamis nassen Brustkorb, der ihn amüsiert ansieht.

„Ja, ich habe es verstanden und mir ist heute auch nicht danach meine Grenzen auszutesten, aber ich werde dir jetzt trotzdem den Rücken waschen und du mir hoffentlich auch den meinen.“ Lieb lächelnd neigt Yami seinen Kopf ein wenig zur Seite, was Yugi spontan aufstöhnen lässt.

„Wenn du mich so ansiehst, dann kann ich ja gar nicht Nein sagen.“ Kurz drückt er seinem Liebsten noch einen Kuss auf die Lippen, ehe er sich mit dem Rücken zu ihm hinstellt.

 

Einen Moment lang lässt Yami seine Augen über Yugis Körper wandern, ehe er nach der Seife greift und beginnt dessen Rücken sorgfältig einzuseifen. Dabei drückt er an manchen Stellen etwas fester zu, was ihm dann immer ein genüssliches Seufzen seines Shariks einbringt.

Für Yugis Geschmack viel zu schnell ist Yami mit dem Waschen seines Rückens fertig und hält ihm nun die Seife hin.

Vorsichtig, damit sie nicht auf den Boden fällt, nimmt er sie seinem Liebsten aus der Hand, der sich nun seinerseits umdreht und sich mit den Händen an der Wand abstützt.

Im Stillen fragt sich Yugi, warum dieser das macht. Doch er fragt jetzt noch nicht nach, sondern beginnt nun äusserst sanft mit seinen Händen über dessen Haut zu fahren. Absichtlich bleibt er dabei in den sicheren Bereichen, die er dafür aber umso intensiver bearbeitet. Was diesmal seinem Liebsten immer wieder ein leises Stöhnen entlockt.  

 

Geniessend steht Yami mit geschlossenen Augen da und würde jetzt am liebsten seinen Vorsatz, keine Experimente zu machen, aufgeben. Doch er bittet Yugi nicht darum, seine Hände weiter nach unten gleiten zu lassen. Eine Panikattacke wäre hier nämlich das schlimmste, was passieren könnte, weshalb er sich nach einer Weile umdreht und die Arme um seinen Sharik schlingt.

„Lass uns hier fertig werden, so dass ich dich noch richtig massieren kann.“ Yugi einen Kuss auf die Stirn hauchend, greift er gleichzeitig wieder nach der Seife um ihm nun die Haare einzuseifen, was seinen Sharik unwillkürlich kichern lässt. „Wie du meinst.“ Immer noch kichernd greift er nun trotz der Hände in seinen Haaren, ebenfalls nach der Seife und beginnt nun im Gegenzug, seinem Liebsten die Haare zu waschen.

Kichernd schäumen sie sich so gegenseitig ein, bis Yami seinen Sharik bestimmt wieder unter den Wasserstrahl schiebt. „Du zuerst und dann bin ich dran.“

 

Über den Befehlston innerlich den Kopf schüttelnd, wäscht sich Yugi die Seife aus den Haaren, ehe er aus der Dusche steigt und nach dem Badetuch greift.

Während er sich abtrocknet, fällt ihm wieder ein, wie sich Yami vorhin an der Wand abgestützt hat und das ja nicht zum ersten Mal. „Du Yami, warum hast du dich vorhin eigentlich so hingestellt, als würdest du erwarten, dass ich dich nehme? Ich kann mir ja denken, dass du auch unter der Dusche nicht sicher gewesen bist, aber warum machst du es auch jetzt noch?“, fragend sieht er seinen Liebsten an, der sich jetzt schon beinahe erschrocken zu ihm umdreht.

 

Stumm sieht Yami seinen Sharik angespannt an, aber er kann keinen Vorwurf in dessen Gesicht lesen, was ihn dann wieder beruhigt und weil er ja sowieso fertig mit duschen ist, steigt nun auch er aus der Duschkabine und schlingt sich das Handtuch um die Schultern, ehe er sich mit geschlossenen Augen an die Wand lehnt. „Ja, ich hatte einen Besitzer, der mich gern unter der Dusche genommen hat und ja ich habe mich dann auch immer an der Wand abgestützt. Es ist dann irgendwie wie eine Art Reflex geworden, aber ich mache es jetzt nicht, weil ich glaube, dass du es tun würdest, sondern weil ich eine Art Halt oder Fixpunkt brauche, wenn wir gemeinsam unter der Dusche stehen und ich dich nicht sehen kann.“

Weil er die Augen immer noch geschlossen hält, kann er nicht sehen, wie sich Yugi ihm nähert, weshalb er sich beinahe zu Tode erschreckt, als er plötzlich Hände an seinem linken Bein spürt.

Nicht wissend, was ihn nun erwartet, sieht er nach unten und kann so sehen und nicht nur spüren, wie ihn Yugi sanft abtrocknet.

 

Lächelnd erwidert Yugi am Boden kniend seinen Blick, während er das Badetuch sanft über die Haut seines Liebsten gleiten lässt. „Wenn ich eine verbotene Zone erreiche, dann sag etwas oder schiebe meine Hände einfach weg.“

Ihren Blickkontakt keine Sekunde lang unterbrechend, lässt Yugi seine Hände an Yamis Bein weiter nach oben gleiten, ehe er sich um das andere kümmert und dort wieder unten beim Knöchel anfängt.

„Nein, sieh mich weiterhin an, damit du weisst, dass wirklich ich es bin“, sagt Yugi betont sanft, als sein Liebster die Augen schliessen möchte.

 

Yami weiss gar nicht wirklich, wie ihm geschieht. Er steht hier, mit dem Rücken an die Wand gelehnt da und sein Sharik trocknet ihn ab, als wäre dieser sein Sklave und nicht er. Deutlich spürt er, wie das Badetuch über seinen Körper gleitet und auch, wie Yugis Hände nun, immer noch von dem Tuch bedeckt, auch seine Körpermitte unglaublich sanft abtrocknet.  

„Ich dachte, heute keine Experimente“, schafft er es schliesslich kaum hörbar zu flüstern. Was Yugi leicht Lächeln lässt. „Das ist kein Experiment. Ich zeige dir nur etwas.“ Während er das sagt, lässt er seine Hände auf Yamis Oberkörper nach oben wandern, bis auch noch der letzte Wassertropfen verschwunden ist. „Stell dich bitte gerade hin und halte das Badetuch vor deinen Körper.“ Geduldig wartet er darauf, dass sein Liebster der Bitte nachkommt.

 

Zögernd stösst sich Yami von der Wand ab und hält wie verlangt das Badetuch fest. „Was...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. „Sag einfach Stopp und ich höre auf.“ Unglaublich ruhig nimmt Yugi nun das Handtuch von den Schultern seines Liebsten und muss sich jetzt gegen ihn lehnen, weil er jetzt von vorn dessen Rücken abtrocknet. Darum ja auch das Badetuch, zwischen ihnen.

 

Die Augen fest auf die seines Shariks gerichtet haltend, steht Yami da und geniesst es, wie das Tuch über seinen Rücken gleitet. Als er die bedeckten Hände dann jedoch unterhalb seines Kreuzes spürt, will er Yugi reflexartig stoppen. Doch da das Gefühl der Angst ausbleibt, lässt er ihn weitermachen.

 

Langsam geht Yugi vor Yami wieder in die Knie und obwohl die Beine ja schon rundherum trocken sind, lässt er seine Hände noch einmal abwechselnd über sie gleiten, ehe er sich lächelnd wiederaufrichtet und einen Schritt zurücktritt.

„So, jetzt bist du, bis auf die Haare wieder trocken, aber ich denke, die schaffst du auch allein. Oder?“

 

Vollkommen baff, dass Yugi ihn überall anfassen konnte, steht Yami da und weiss nicht, was er sagen soll. Erst nach einer Weile, kommen Yugis Worte in seinem Gehirn an, was ihn nun schief grinsen lässt. „Ja, die Haare schaffe ich alleine.“

Weil er das Badetuch gerade so praktisch in den Händen hält, beginnt er sich damit die Haare trocken zu reiben, obwohl er dafür eigentlich das kleinere Handtuch bevorzugt. „Warum hast du das gemacht?“, fragend sieht er Yugi an, der sich mit dem Oberteil in seinen Händen umdreht.

„Weil ich dir etwas zeigen wollte.“ Absichtlich sagt er nicht mehr dazu. Denn sein Liebster soll sich nun seine eigenen Gedanken machen.

 

Nun vollständig angezogen wartet Yugi geduldig darauf, dass auch Yami fertig wird, wobei er ihm am liebsten das blöde Halsband wegnehmen würde, aber da er nicht weiss, auf welcher Etage Hong sein Zimmer hat, sagt er nichts dazu, als es sich Yami mit geschickten Bewegungen anlegt.

 

Erst jetzt schliesst Yugi die Tür wieder auf und tritt auf den nun nur noch durch Öllampen erhellten Flur hinaus. Seinen Liebsten wieder an der Hand haltend, geht er mit ihm zu ihrem Zimmer, das jetzt beinahe vollkommen im Dunkeln liegt. Trotzdem macht Yugi die Öllampe auf dem Nachttisch nicht an, sondern wartet nur einen Moment ab, bis sich seine Augen an das schwache Licht, das durch das Fenster hereinfällt gewöhnt haben.

Erst dann geht er vorsichtig durch den Raum bis zum Tisch und legt die Badetücher, die er diesmal getragen hat, über eine der Stuhllehnen.

Nachdem er sich bis auf die Shorts ausgezogen hat, sieht er zu Yami, der noch immer bei der Tür steht. „Soll ich für dich die Öllampe anzünden?“, langsam geht er nun zum Bett und setzt sich hin. „Die Massage verschieben wir am besten auf später. Oder was meinst du?“

 

Tief Luft holend geht Yami nun auch zum Tisch und zieht sich bis auf die Shorts aus, ehe auch er zum Bett geht. „Nein, das ist nicht nötig und du hast leider Recht. Durch deine Aktion im Bad ist es jetzt doch schon ganz schön spät und da ich dich morgen ja aus den Federn werfen muss, bin ich auch dafür, dass ich dich dann Zuhause massiere.“

Bestimmt drückt er Yugi nun in die Rückenlage und küsst ihn tief, bis sie sich aus Luftmangel trennen müssen. „Schlaf gut, Sharik.“

 

Trotz der Dunkelheit kann Yugi sehen wie ihn Yami anlächelt, während dieser sich neben ihm an der Wand hinlegt.

Kaum liegt sein Liebster richtig da, kuschelt er sich eng an ihn ran und schliesst die Augen. „Schlaf gut, Liebster.“

 

 

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Was soll ich gross sagen... es gibt eigentlich gar nichts zu sagen. Darum nur viele Grüsse aus dem kühlen (19 Grad) Cardiff.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Ankunft in Domino

Hallo zusammen,

 

jetzt kommt der letzte Reisetag der beiden. Ich denke so viel Spoiler kann ich bei dem Titel schon schreiben.

 

Viel mehr kann ich dazu jetzt auch nicht schreiben. Ausser, viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 50: Ankunft in Domino

 

 

Hellwach liegt Yami mit hinter dem Kopf verschränkten Armen da und beobachtet, wie sich der Himmel langsam von schwarz in ein dunkles Rot verändert. Die halbe Nacht ist er wach gelegen, weil ihn seine Reaktion oder besser gesagt Nichtreaktion auf Yugis Zärtlichkeiten in der Dusche nicht losgelassen hat.

Was hat ihm sein Sharik zeigen wollen? Und was noch wichtiger ist. Wieso hat er zu keinem Zeitpunkt wirklich das Gefühl gehabt, dass er ihn stoppen muss, sondern im Gegenteil die Berührungen genossen?

 

Als der Himmel in einem leuchtenden Rot erstrahlt, wendet er sich dem noch tief schlafenden Yugi zu. Schmunzelnd, weil dieser wirklich keine Anstalten macht, von allein aufzuwachen, fährt er ihm mit den Fingern über die Wange. „Sharik, aufwachen.“ Nur denkt der Schlafende gar nicht daran, aufzuwachen. Auch dann nicht, als er etwas nachdrücklicher wird und nicht mehr ganz so sanft an dessen Schulter rüttelt.

Mit einem Seufzen, weil er genau das Befürchtet hat, windet er sich nun unter Yugi hervor, was diesen leise murren lässt. Kopfschüttelnd sieht Yami ihn neben dem Bett stehend an, ehe er ins Badezimmer geht, um seine Morgentoilette zu erledigen.

 

Nachdem er sich mit dem Lappen gewaschen hat, macht er diesen mit kaltem Wasser ordentlich nass und geht dann mit diesem zurück in den Schlafbereich, wo Yugi immer noch friedlich auf der Seite liegend am Schlafen ist.

„Sharik aufwachen“, versucht er es noch einmal auf die sanfte Art und schüttelt ihn leicht an der Schulter. Doch sein Sharik dreht sich einfach auf den Rücken und reagiert sonst nicht und weil die Decke wegen der Hitze im Zimmer irgendwann in der Nacht auf dem Boden gelandet ist, fällt die Option Decke wegziehen leider weg. Deswegen hebt Yami mit einem tiefen Seufzen den Lappen und lässt ihn schweren Herzens mitten auf Yugis Gesicht fallen.

 

Mit einem unterdrückten Schrei richtet sich Yugi schlagartig auf, was dazu führt, dass der nasse Lappen in seinem Schoss landet. Von dem Schrecken nach Luft schnappend, sieht er wütend zu Yami, der mit verschränkten Armen dasteht und den Blick ruhig erwidert. „Guten Morgen Sharik. Wenn du dich vor dem Frühstück noch in Ruhe frisch machen willst, dann solltest du jetzt wirklich aufstehen. Es ist nämlich schon deutlich nach sechs Uhr.“

Mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck, nimmt Yugi nun den Lappen in die Hand. „Musste es denn ausgerechnet ein nasser Lappen sein? Du weckst mich doch sonst auch immer sanfter auf.“

 

Seufzend, stützt Yami nun die Hände in seine Seiten. „Yugi, ich habe versucht dich sanfter zu wecken, aber du wolltest einfach nicht aufwachen und für ewige Streicheleinheiten haben wir wegen deines Wunsches um acht Uhr loszufahren keine Zeit. Übrigens genauso wenig für ewige Diskussionen.“ Mit diesen Worten wendet er sich ab und geht zu seinen Kleidern, um sich endlich anzuziehen.

 

Murrend steigt Yugi aus dem Bett und geht ins Bad, wo er den nassen Lappen gleich wieder nass macht, diesmal aber mit warmen Wasser und sich einer schnellen Katzenwäsche unterzieht.

Noch während er im Bad ist, hört er, wie es an der Zimmertür klopft und dann Annas und Yamis Stimmen, die sich offensichtlich noch kurz unterhalten, ehe die junge Frau wieder geht.

 

Absichtlich geht er erst jetzt zurück ins Zimmer, seine nassen Shorts will er nämlich nicht wirklich wieder anziehen, weshalb er diese in der Hand haltend nackt zu seinen Kleidern geht. Dabei ist er sich deutlich bewusst, dass ihn sein Liebster aufmerksam mustert, was ihn dazu bringt, schelmisch zu grinsen und sich zu ihm runterzubeugen.

 

Schon auf seinem Stuhl sitzend erwidert Yami den Kuss. Allerdings nicht lange, denn es ist ihm deutlich bewusst, dass ihnen die Zeit im Nacken sitzt. „Na komm, dein Tee wird kalt.“ Warm lächelnd sieht er Yugi an, der sich erst jetzt mit einem leidenden Seufzen anzieht.

„Du bist heute ja wirklich unerbittlich.“ Sich insgeheim jedoch darüber amüsierend, setzt er sich hin und greift natürlich als erstes nach seinem Tee. Erst danach nimmt er sich eines der noch warmen Brötchen.

 

„Ich habe Anna noch einmal zwei Äpfel gegeben, wofür ich dir von ihr einen herzlichen Dank ausrichten soll.“ Durchbricht Yami nach einer Weile die Stille, während er sich gleichzeitig mit der Tasse in der Hand zurücklehnt.

 

Nicht wirklich darüber überrascht, dass Yami ihr noch einmal etwas von ihrem Proviant gegeben hat, nickt Yugi. Dabei schluckt er gleichzeitig den letzten Bissen seines Frühstücks runter. „Danke. Ich nehme mal an, dass sie sich wieder riesig darüber gefreut hat?“, obwohl es sich wie eine Frage anhört, ist es eher eine Feststellung.

Trotzdem nickt Yami bestätigend. „Ja, denn so eine Leckerei bekommt sie sonst nicht und bevor du fragst, auch als Schwangere wird sie nicht anders behandelt oder bekommt besseres Essen. Denn es herrscht leider die Meinung vor, entweder wird das Kind gesund geboren oder dann verliert es die Sklavin halt. Sie kann sich höchstens etwas Hilfe von den anderen Sklaven erhoffen. Das ist aber auch schon alles.“ Ernst erwidert er Yugis Blick, der nun ungläubig den Kopf schüttelt. „Ich hatte irgendwie gehofft, dass es wenigstens noch so viel Menschlichkeit gegenüber den Sklaven gibt.“ Mit einem bedrückten Seufzen steht er auf und beginnt ihr Geschirr auf dem Tablett zusammenzustellen.

Weil Yami spürt, dass Yugi nun etwas Zeit braucht, sagt er nichts weiter, sondern beginnt nun damit, ihre Sachen in die Taschen zu packen.

 

Noch immer schweigend verlassen sie das Zimmer und während Yugi das Tablett neben der Tür auf den Boden stellt, geht Yami mit ihrem Gepäck schon mal bis zur Treppe vor und wartet dann dort darauf, dass sein Sharik kommt und vor ihm die Treppe runtergeht. An dessen Blick kann er sehen, dass dieser ihm gern etwas von seiner Last abnehmen würde, nur geht das leider nicht. So folgt er ihm vorsichtig die Stufen nach unten und wartet dann geduldig darauf, dass Yugi mit dem Gasthofbesitzer alles geklärt und auch den Aufenthalt für das nächste Jahr gebucht hat.

 

Während Yami wartet, lässt er den Blick unauffällig durch den Raum schweifen und bemerkt dabei diesen Hong, der die Treppe runterkommt.

 

In dem Moment, als sich Yugi zufrieden umdreht, sieht er den rothaarigen Mann. „Herr Hong, guten Tag.“ Freundlich neigt er den Kopf ein wenig und möchte eigentlich gleich weitergehen. Doch leider stellt sich ihm Hong in den Weg.

„Herr Muto! Guten Tag, was für ein Zufall, dass ich Sie hier antreffe. Was führt Sie denn in diesen wunderschönen Gasthof?“ Gespannt, was er nun Neues erfahren wird, sieht er seinen liebsten Stoffhändler an.

„Ich bin auf der Rückreise von Edo, Herr Hong und muss jetzt wirklich los.“ Freundlich aber bestimmt beantwortet Yugi die Frage. Wobei er ganz genau darauf achtet, dass er auch ja nicht zu viel sagt.

Herrn Hong nun professionell anlächelnd wartet er darauf, dass dieser aus dem Weg tritt. Nur denkt dieser gar nicht daran.

„Von Edo? Ich bin gerade auf dem Weg dahin. Wissen Sie, meine Schwester hat ja einen Hotelbesitzer aus dieser wunderschönen Stadt geheiratet und...“ „Herr Hong, das ist ja wirklich sehr interessant. Allerdings stehen meine Pferde schon fertig vor den Wagen gespannt im Hof. Ich freue mich aber schon darauf, mit Ihnen zu sprechen, wenn Sie mal wieder bei mir im Laden vorbeischauen werden. Darum wünsche ich Ihnen noch eine gute Weiterreise und einen schönen Tag.“ Nun schiebt er sich nachdrücklich an Hong vorbei, der widerwillig zur Seite tritt. „Na gut. Dann bis zum nächsten Mal, Herr Muto.“ Enttäuscht, dass er nichts aus dem anderen herausgekriegt hat, sieht er ihm und dem Sklaven nach. Erst als die beiden abgefahren sind, wendet er sich dem Mann hinter der Rezeption zu.

 

Erleichtert, dass er Hong so leicht entkommen konnte, lässt Yugi die Pferde auf der Strasse locker antraben. Nach einer Weile lässt er die Zügel länger und überlässt ihnen so die Kontrolle über das Tempo.

Nach einer Weile sieht er rüber zu Yami, weil dieser so extrem ruhig ist und kann sich dann ein breites Schmunzeln nicht verkneifen. Sitzt sein Liebster doch mit geschlossenen Augen neben ihm und scheint kurz vor dem Einschlafen zu sein. „Also bevor du mir noch vom Kutschbock kippst, lehn dich wieder an mich. Nur frage ich mich, warum du nicht in der Nacht schläfst, sondern jetzt.“

 

Müde schlägt Yami nun die Augen auf und wendet sich zu seinem Sharik um. „Das hätte ich ja gern, aber ich konnte es einfach nicht, weil ich die ganze Zeit darüber nachgedacht habe, was du mit deiner Aktion in der Dusche bezwecken wolltest.“ Eigentlich wollte er ja vorwurfsvoll klingen, aber das unterdrückte Gähnen während des letzten Satzes, vernichtet die gewünschte Wirkung.

„Ach Yami“, seufzt Yugi leise. „Ich wollte dir damit nur zeigen, dass du die Wand als Halt nicht brauchst, solange du dir nur die ganze Zeit ins Bewusstsein rufen kannst, dass ich es bin, der dich anfasst und darum habe ich auch gewollt, dass du mich die ganze Zeit über ansiehst und so nebenbei hast du dabei auch gemerkt, wie weit du schon gekommen bist.“ Lächelnd blickt er kurz in die rubinroten Augen seines Liebsten, in denen plötzlich die Erkenntnis aufleuchtet.

 

Sich gedanklich an die Stirn schlagend, weil er nicht selbst auf diese einfache Antwort gekommen ist, unterbricht Yami den Blickkontakt, indem er die Augen schliesst.

Doch nur Sekunden später öffnet er sie wieder und haucht seinem Sharik einen Kuss auf die Wange. „Danke und jetzt bist du wieder mein Kopfkissen.“ Noch bevor Yugi etwas dazu sagen kann, hat er seinen Kopf müde auf dessen Schulter gelegt und die Augen geschlossen.

 

Yugi hat zwar schon den Mund geöffnet, um etwas zu erwidern. Doch er schliesst ihn wieder und lässt seinen Liebsten in Ruhe schlafen. Das wird auf dieser Reise wohl zur Gewohnheit, dass er zeitweise als Kopfkissen benutzt wird. Kann er sich doch nur an einen Tag erinnern, an dem Yami den Morgen nicht zum grössten Teil verschlafen hat.

 

Tatsächlich wacht Yami erst wieder auf, als sich die Kutsche nicht mehr bewegt und das rhythmische Klackern der Hufeisen verstummt ist. „Wo sind wir?“, verwirrt blickt er sich die Umgebung an und kann einen kleinen Bach erkennen, der an einer Stelle etwas breiter wird und sich danach wieder schneller fliessend verengt.

 

„Wir sind etwa fünf Minuten von der Hauptstrasse entfernt auf einem Feldweg und machen hier die erste Pause.“ Sanft dreht Yugi Yamis Gesicht zu sich und haucht ihm einen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen. „Holst du für die Pferde Wasser? Oder soll ich das machen?“, fragend blickt er seinen Liebsten an. Der sich jedoch sofort umwendet und von dem Kutschbock steigt. „Also Nein.“ Leicht den Kopf schüttelnd hebt Yugi den Korb auf den Kutschbock und sieht nach, wie es mit ihren Vorräten aussieht. Zu seiner Freude entdeckt er noch vier Äpfel. Wie auch am Tag zuvor, nimmt er zwei der Äpfel und die Wasserflaschen aus dem Korb, ehe er diesen wieder auf die Ladefläche stellt und sich zu Yami gesellt. Der vorne bei den Pferden steht und aufpasst, dass diese die Eimer nicht umwerfen.

„Hier“, hält er ihm die Flasche und dann einen der Äpfel hin.

Mit einem dankbaren Nicken nimmt Yami sie entgegen. „Danke, so langsam habe ich schon ziemlich Durst.“ Bevor er jedoch trinkt, isst er den Apfel und hält die Reste dann Blacky hin, nachdem Yugi den seinen auch bis auf das Kerngehäuse gegessen hat und dieses dann Rocky vor die Nase hält.

Während die Pferde zufrieden kauen, trinken sie das Wasser aus ihren Flaschen und füllen diese dann am Bach wieder auf.

Bevor sie sich jedoch wieder auf den Weg machen, gehen sie sich nacheinander noch in den Büschen erleichtern.

 

Geduldig wartet Yugi schon auf dem Kutschbock sitzend darauf, dass Yami wieder zurückkommt. In der Zwischenzeit nimmt er schon mal die Zügel in die Hand, so dass er nur noch die Handbremse lösen muss, nachdem sich sein Liebster neben ihn gesetzt hat.

Zum Glück muss er die Kutsche auf dem schmalen Weg nicht wenden, weil der Feldweg nach ein paar hundert Metern wieder zur Hauptstrasse führt. Langsam lässt er die Pferde auf dem unebenen Weg im Schritt laufen und treibt sie dann erst zu einem etwas schnelleren Schritt an, als sie wieder auf der Hauptstrasse sind. Zwar merkt Yugi, dass die beiden gern etwas schneller laufen würden, doch die nächste Stunde lässt er sie nicht antraben, damit sie sich nicht überanstrengen.

Erst danach erlaubt er es den beiden in einen gemächlichen Arbeitstrab zu fallen. Den sie auch beibehalten, bis sie kurz vor der Stelle sind, an der sie die Mittagspause machen wollen.

Nur widerwillig fallen Blacky und Rocky wieder in den Schritt. Als sie dann jedoch merken, wo sie sich befinden, steuern sie schon beinahe von alleine den Weg an, der sie nach ein paar Metern zu dem kleinen See führt, an dem sie schon auf dem Weg nach Edo eine Pause gemacht haben.

 

Wieder lässt es sich Yami nicht nehmen, das Wasser für die Pferde selbst zu holen, während Yugi sich um die Futtersäcke kümmert, bis er mit den vollen Eimern zurückkommt und seinem Sharik einen abnimmt, um diesen Rocky hinzuhalten.

 

„Weisst du Yugi, ich bin wirklich froh, dass du das gemacht hast, auch wenn es mir eine schlaflose Nacht eingebracht hat.“ Nun grinst Yami schief zu seinem Sharik rüber. „Und ich habe gemerkt, dass ich wunderbar schlafen kann, wenn ich mich an dich anlehnen kann und dass das Geklapper der Hufe und die Bewegungen des Wagens unglaublich einschläfernd auf mich wirken.“

 

Nun kann sich Yugi ein breites Grinsen nicht mehr verkneifen. „Ich habe es gemerkt. So schnell wie du gestern und heute eingeschlafen bist, konnte ich nämlich gar nicht schauen.“ Als er jetzt den beleidigten Gesichtsausdruck seines Liebsten sieht, fängt er an laut zu lachen.

Irgendwie schafft er es, den Futtersack während seines Lachanfalls ruhig zu halten, so dass Blacky trotzdem in Ruhe fertig fressen kann.

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtet Yami, wie sich sein Sharik köstlich amüsiert. Allerdings wartet er geduldig ab, bis die Pferde fertig gefressen haben und löst dann die Zügel von den Trensen, so dass sie bequem grasen können und geht erst dann zu Yugi, der mit dem Korb neben sich auf der Decke, die er im hohen Gras ausgebreitet hat, sitzt und immer noch am Grinsen ist.

 

Mit einem Funkeln in den Augen setzt er sich direkt auf den Schoss seines Shariks und sieht ihn gespielt ernst an. „Ich mag es nicht, wenn man über mich lacht.“ Nun beugt er sich vor und bringt seine Lippen direkt neben Yugis Ohr. „Was soll ich denn jetzt mit dir machen?“, einen Moment hält er inne. „Ich glaube, ich gebe dir jetzt einen Grund zu lachen.“ Als er sich jetzt wieder zurücklehnt, sieht er, wie Yugi ihn mit grossen Augen anstarrt.

 

Noch bevor Yugi aus seiner Starre erwachen kann, wird er von Yami gepackt und in das Gras gedrückt. Doch anders als erhofft, gibt es jetzt keine Knutscherei, sondern eine Kitzelattacke. Lachend windet er sich unter den Fingern seines Liebsten. „Yami.... hahaha bitte, hab…. hahaha Mitleid mit mir.“ Es dauert noch einen Moment, doch dann liegen die Finger ruhig auf seinen Seiten.

 

Mit einem vergnügten Funkeln in den Augen sieht Yami seinen Sharik an, der nun schwer atmend unter ihm liegt. Von den leicht geöffneten Lippen magisch angezogen, beugt er sich nach unten und verwickelt Yugi in einen gemächlichen Kuss. Sanft stuppst er mit seiner Zunge Yugis Lippen, um Einlass bittend an.

Diesen gewährt ihm Yugi nur zu gern und seufzt dann gleichzeitig mit Yami in den Kuss, als sich ihre Zunge zu einem sinnlichen Spiel treffen.

Unbewusst schlingt er seine Arme um seinen Liebsten und zieht ihn noch ein wenig mehr an sich ran.

 

Nach einer Weile zieht sich Yami aus Yugis Mundhöhle zurück und heisst nun dafür dessen Zunge in seinem Mund willkommen.

 

Erst als die Luft endgültig zu knapp wird, unterbricht Yugi ihr Zungenspiel und löst bedauernd ihren Lippenkontakt. Nach Atem ringend sehen sie sich in die Augen.

Dabei krault Yugi seinen Liebsten im Nacken, während dieser ihm mit den Fingerspitzen seiner linken Hand immer wieder hauchzart über die Schläfe fährt.

 

Yugi wünscht sich, dass er diesen Moment der Zweisamkeit, in dem sie die einzigen Menschen auf der Welt zu sein scheinen, für immer festhalten zu können oder noch besser, den Lauf der Zeit zu stoppen. Nur leider ist das nicht möglich und ewig können sie auch nicht hier bleiben. „Na komm. Lass uns etwas essen und trinken.“ Lächelnd fährt er Yami nun über die Wange, ehe er sich langsam aufrichtet und es schon beinahe bedauert, als sein Liebster nun von ihm runtergeht und sich neben ihm ins Gras setzt.

 

Weil er nun näher am Korb sitzt, übernimmt es Yami, die Brote mit dem Trockenfleisch, die noch Maria für sie gemacht hat, herauszunehmen und auch die Flaschen landen zwischen ihnen auf der Decke.

Obwohl die Brote schon ein wenig trocken sind, schmecken sie zum Glück noch gut. Nach dem Essen lässt sich Yugi wieder auf den Rücken fallen und verschränkt die Arme hinter dem Kopf. „So. Und jetzt noch eine halbe Stunde in Ruhe verdauen, bevor wir weiterfahren.“

Mit geschlossenen Augen liegt er da und öffnet sie auch nur, als er merkt, wie Yami den Kopf auf seinen Bauch legt. „Ich glaube, ich ändere meine Berufsbezeichnung von Stoffhändler in ‚privates Kissen von Yami’ ab.“ Schmunzelnd fährt er seinem Liebsten durch die Haare, der wohl schon wieder am Dösen ist. Zumindest bekommt er als Antwort nur ein Brummeln zu hören.

Yami döst nicht, aber er will die angenehme Stille nicht durch Worte zerstören und ausserdem sind diese kleinen Streicheleinheiten gerade viel zu schön, als dass er riskieren möchte, dass sie aufhören, nur weil er jetzt etwas sagt.

 

Seinen Liebsten weiter sanft streichelnd, beobachtet Yugi die vereinzelten Wolken, die über ihnen vorbeiziehen, bis sich plötzlich ein Pferdekopf in sein Blickfeld schiebt. Haben sich doch von ihnen unbemerkt die Pferde mitsamt Kutsche genähert. „Blacky, Rocky!“

 

Als Yami den Ausruf hört, öffnet er die Augen und sieht, wie Rocky gerade dabei ist, den Deckel des Picknickkorbes zu öffnen. Sofort steht er auf und bringt den Korb unter den empörten Blicken des Wallachs in Sicherheit. Dabei kann er sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen. „Also das heisst wohl, dass wir wieder aufbrechen sollten, wenn die beiden schon nach uns sehen. Oder was meinst du?“ Um seinem noch am Boden sitzenden Sharik zu helfen, hält er ihm die Hand hin, die Yugi auch sofort ergreift und sich ohne Widerstand auf die Beine ziehen lässt.

 

Kopfschüttelnd sieht Yugi nun zu den Pferden, die mit ihrem unschuldigsten Gesichtsausdruck den Blick zu erwidern scheinen. „Ja, sieht ganz so aus.“ Jetzt wendet er sich zu Yami um, der schon dabei ist, ihre Sachen zusammenzupacken. „Gibst du den beiden noch einmal Wasser? Dann kümmere ich mich um den Rest.“

 

„Ja, ist gut.“ Noch schnell faltet Yami die Decke fertig zusammen und legt sie auf den Korb, ehe er die Eimer holt und sie an dem kleinen See noch einmal auffüllt und sie dann vor die beiden Racker stellt. Die scheinen genau zu wissen, dass sie jetzt wieder für ein paar Stunden nichts werden trinken können, denn sie senken sofort die Köpfe.

Geduldig wartet er darauf, dass sie fertig sind und befestigt die Zügel erst wieder an den Trensen, als sie wieder mit erhobenen Köpfen vor ihm stehen.

 

Unterdessen hat Yugi sowohl ihre Wasserflaschen frisch gefüllt, als auch die Picknicksachen wieder sicher auf der Ladefläche verstaut und wartet jetzt geduldig darauf, dass Yami mit den Pferden fertig wird und sich neben ihm auf den Kutschbock gesetzt hat.

 

Nachdem sein Liebster sicher sitzt, treibt Yugi die Pferde mit einem Zungenschnalzen an. Sofort setzt sich die Kutsche in Bewegung und schon bald sind sie wieder auf der Hauptstrasse in Richtung Domino unterwegs.

 

Nach der letzten kurzen Pause am Nachmittag merkt Yami, dass sie sich langsam aber sicher Domino nähern. Sind doch immer mehr Kutschen, Reiter und auch Händler mit kleinen Rückenläden unterwegs. Deswegen sitzt er jetzt hauptsächlich mit demütig gesenktem Blick neben Yugi. Den er auch nur minimal hebt, als sie durch das Stadttor fahren und sich auf einmal mitten im dichten Stadtverkehr befinden.

 

Obwohl Yugi den Pferden ansehen kann, dass sie nach der langen Fahrt erschöpft sind, spürt er dennoch deutlich, wie sie nach Hause drängen und am liebsten schneller laufen würden. Dennoch lässt er sie nur im Schritt gehen, weil schneller zu fahren wäre bei dem starken Verkehr viel zu riskant.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit auf der überfüllten Hauptstrasse kann Yugi die Pferde endlich in eine der Seitenstrasse lenken, die sie zu ihrem Haus führt. Im Augenwinkel kann er sehen, wie sein Liebster schon beinahe anfängt auf dem Sitz herumzuhibbeln, als sie sich dem grossen Tor nähern.

 

Yami kann es wirklich kaum noch erwarten, bis sie endlich durch das Tor gefahren sind und springt regelrecht vom Kutschbock, kaum dass die Kutsche steht. „Endlich wieder Zuhause.“ Noch bevor er beginnt die Pferde auszuspannen, zieht er sich das elende Halsband aus und schiebt es in die Hosentasche, wo es seiner Meinung nach hingehört.

 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku im Türrahmen stehend, wie sich Yami freut. Allerdings steigt er erst die Stufen runter, als auch Yugi vom Kutschbock gestiegen ist. „Jungs! Da seid ihr ja endlich! Wir haben uns schon Sorgen gemacht.“ Mit ausgebreiteten Armen geht er auf seine beiden Enkel zu und nimmt erst Yugi in den Arm, ehe er sich zu Yami umwendet und diesen ebenfalls in eine herzliche Umarmung zieht.

Danach legt er auch wieder einen Arm um Yugi und sieht sie beide abwechselnd an. „Ihr seht gut aus. Etwas müde zwar, aber das ist nach so einer langen Reise ja normal.“ Strahlend mustert er seine beiden Enkel, bis sie ein deutliches Räuspern hören. „Können wir die beiden Reisenden jetzt auch mal begrüssen?“, grinsend kommt Jonouchi gefolgt von Rishido zu ihnen und zieht Yugi in eine schraubstockartige Umarmung, ehe er ihn auf Armeslänge von sich hält. „Willkommen zurück Kumpel.“

Schmunzelnd erwidert Yugi den Blick seines besten Freundes. „Hallo Jono.“

 

Während sich Yugi und Jonouchi kurz unterhalten, geht Rishido zu Yami. „Salam Yami.“ Weil er sich noch deutlich daran erinnern kann, dass dieser Berührungen nicht wirklich mag, verschränkt er seine Hände hinter seinem Rücken.

„Salam Rishido“, erwidert Yami die Begrüssung. Nach einem kurzen Zögern streckt er seine Hand aus. „Du kannst mir ruhig die Hand geben. Ich denke, das wird jetzt kein Problem mehr für mich sein.“

 

Neugierig beobachtet Sugoroku die beiden Ägypter. Nur leider sprechen die ja mal wieder in ihrer Muttersprache miteinander. So, dass er leider nichts verstehen kann.

 

Erstaunt über die Worte ergreift Rishido vorsichtig Yamis Hand. „Shukran. Es freut mich, dass es dir offensichtlich besser zu gehen scheint.“

Ernst erwidert Yami den Blick und den leichten Druck von Rishidos Hand. „Nem, das tut es. Aber jetzt muss ich mich um die Pferde kümmern.“ Schief grinst er ihn an und will schon zu den Pferden gehen, um sie endlich von der Kutsche zu befreien, als ihn Rishido noch kurz aufhält.

„Meister Jonouchi und ich sind schon eine Weile hier. Ich habe darum schon mal das Stroh wieder aufgeschüttelt und den beiden ihr Futter gegeben. Wenn du willst, dann helfe ich dir auch noch, sie zu putzen und...“ „Nein, ich mach das schon.“ Vor sich hingrummelnd, dass ihm schon wieder Arbeit weggenommen worden ist, beginnt Yami die Lederriemen zu lösen.

 

Über den Ausbruch erstaunt, folgen ihm drei Augenpaare, während Yugi nur den Kopf schüttelt. „Rishido, ich nehme mal an, dass du ihm deine Hilfe bei den beiden angeboten hast?“, fragend sieht er den grossen Ägypter an, der sprachlos nickt. „Dann ist es kein Wunder, dass er so reagiert. Er durfte nämlich beinahe die ganze Woche über, die beiden nicht ein einziges Mal versorgen oder sonst irgendwas im Stall machen. Nimm es also nicht so schwer. Er leidet an schwerstem Blacky und Rocky Versorgen-Entzug.“

 

„Ich habe jedes Wort gehört Sharik!“, grummelnd sieht Yami kurz zu Yugi, der jedoch nur breit grinst. „Ihr könnt euch ja um den Wagen und die anderen Sachen kümmern, während ich mich um meine beiden Lieblinge kümmere!“

 

Nur mit Mühe kann sich Yugi ein breites Grinsen verkneifen. „Jawohl, Herr Ph... Yami“, salutiert er spasseshalber, ehe er sich wieder den anderen zuwendet. „Ihr habt ihn ja gehört und er hat ja auch Recht. Der Wagen lädt sich leider nicht von allein ab.“

Sofort geht Jonouchi darauf ein und reibt sich nun voller Tatendrang die Hände. „Na dann. Rishido, wenn du dich schon von den Vierbeinern fernhalten musst, dann kannst du ja uns helfen. Denn deswegen sind wir ja schon den halben Nachmittag hier.“

 

Nun ist es an Sugoroku die Augenbraue zweifelnd hochzuziehen. „Natürlich und wegen des Abendessens, das es nachher noch geben wird.“ Weil er genau weiss, dass ihn Yugi die Stoffballen nicht tragen lassen wird, nimmt er den Picknickkorb und die beiden Taschen von der Ladefläche und trägt diese ins Haus. Während die Jungs sich um den Rest kümmern, kann er sich ja an das Abendessen machen und zur Rückkehr der beiden, wird es heute mal wieder Yugis und Yamis Lieblingsessen geben. Kartoffelsalat mit Würstchen und danach den Brotauflauf, den er unter Rishidos Anleitung gemacht hat.

 

Weil Yami weiss, dass es die Pferde kaum noch erwarten können, in die Boxen zu kommen, kratzt er ihnen nur schnell die Hufe aus und nimmt ihnen die losen Lederteile ab, ehe er sie zu ihrem Heu lässt. Kann er doch den Rest auch machen, während die beiden am Fressen sind. Tatsächlich lassen sich weder Blacky noch Rocky davon stören, dass er ihnen noch die restliche Schirrung abnimmt und sie dann geduldig putzt.

In aller Ruhe fressen sie ihre Handvoll Hafer und zupfen danach ihr Heu aus den Netzen und zwischendurch stillen sie auch noch ihren Durst.

Dabei ignorieren sie den Menschen vollkommen. So, dass Yami mehr als einmal zur Seite treten muss, wenn sie sich kurzfristig dazu entscheiden, zwischendurch einen Schluck Wasser zu trinken.

 

Immer wieder blickt Rishido zu Yami, wenn er am Stalltor vorbeigeht. Dabei kann er nur amüsiert den Kopf schütteln, wie sich der andere um die Pferde kümmert. Da hat wohl wirklich jemand die Arbeit mit den Tieren vermisst.

 

Im Lager stapeln sie die Ballen für heute nur auf den Tisch. Denn um diese jetzt gleich in die Regale zu sortieren und auf der Tafel einzutragen, fehlt Yugi ganz klar die Energie. Nachdem auch die Tuchbündel reingetragen sind, strecken sie alle die Rücken durch. „Danke, dass ihr mir und Yami geholfen habt. Sonst wären wir noch ewig am Abladen gewesen.“

 

Breit grinsend legt Jonouchi seinem kleineren Freund den Arm um die Schultern. „Das war doch selbstverständlich, aber jetzt habe ich Hunger. Also lass uns in die Küche gehen und nachsehen, was uns Sugoroku Leckeres gezaubert hat.“

 

Unterdessen ist Yami mit dem Versorgen der Pferde fertig und hat auch schon die Kutsche mit einigem Kraftaufwand in den Unterstand geschoben. Jetzt steht er da und blickt hoch zu den einzelnen Wolken, die sich langsam rötlich verfärben. Tief atmet er durch und hat dabei endlich wieder das Gefühl, dies auch wirklich frei tun zu können.

Bitter lacht Yami dann nach einem Moment auf, während er gleichzeitig die Augen schliesst und den Kopf senkt. Ja, in diesem Haus ist er frei, solange er nicht in den Laden geht oder sich Fremde hier aufhalten. Nur ist diese Freiheit eine schöne Illusion, die nur so lange besteht, wie er hier ist. Dies ist ihm in dieser Woche schmerzhaft wieder bewusst geworden und jetzt, in diesem Moment, in dem er allein im Hof steht, scheint ihn diese Tatsache beinahe zu erdrücken.

Auf einmal fühlt er, wie ihn zwei Arme umschlingen. Instinktiv spürt er, dass dies sein Sharik ist, weshalb er sich ohne die Augen zu öffnen gegen ihn sinken lässt.

 

Ohne zu fragen, was los ist, hält Yugi Yami im Arm und wartet geduldig darauf, dass sich sein Liebster wieder gefangen hat.

Es dauert lange, bis ihm ein tiefes Einatmen zeigt, dass der Zusammenbruch wohl vorbei ist. Weshalb er nun langsam seinen festen Griff ein wenig lockert, um in die rubinroten Augen sehen zu können. „Hey, geht’s wieder?“, fragend neigt er seinen Kopf lächelnd ein wenig zur Seite. Als Yami leicht nickt, legt er ihm sanft seine Hand auf die Wange. „Dann lass uns langsam reingehen, die anderen warten sicher schon ungeduldig mit dem Abendessen auf uns.“ Er fragt nicht, was seinen Liebsten bedrückt hat. Weil er inzwischen genau weiss, dass dieser von sich aus anfangen muss zu reden und er ihn nicht dazu drängen darf.

 

Froh, dass sein Sharik keine Fragen stellt, löst sich Yami aus dessen Armen. „Na dann, lass uns reingehen.“ Mit einem leichten Lächeln ergreift er Yugis Hand, ehe er mit ihm ins Haus geht, wo er diese zu seinem Bedauern wieder loslassen muss.

 

Irgendwie hat Yugi das Gefühl, dass sein Liebster ihn noch braucht. Deswegen wartet er neben ihm stehen bleibend ab, bis sich dieser die Hände fertig gewaschen hat. Während Yami dann das Wasser in den Hof schüttet, füllt er für ihn den Krug im Bad wieder auf. Weil dies natürlich etwas länger dauert, als das Ausschütten, nimmt ihm Yami den Krug direkt an der Badezimmertür ab. „Danke, Sharik.“ Kurz legt er seine Hand auf Yugis, ehe er sich umwendet und zu der kleinen Kommode geht und den Krug mit dem Wasser wieder neben die Waschschüssel stellt.

 

Als sie in die Küche kommen, werden sie wirklich schon von allen erwartet. „Da seid ihr ja. Wir haben mit dem Essen gewartet und sieh mal Yami, wir haben extra noch einen Stuhl aus dem Wohnzimmer geholt, damit Yugi nicht wieder auf deinem Schoss sitzen muss.“ Grinsend deutet Jonouchi zu den beiden freien Stühlen, die ihm gegenüber auf der anderen Seite des Tisches stehen.

 

„Danke Jonouchi, das wäre aber wirklich nicht nötig gewesen“, zwinkert Yami ihm zu und zieht Yugi nun beinahe die paar Schritte zum Tisch. Zwar hätte er nichts dagegen gehabt, seinen Sharik wieder auf dem Schoss zu haben, aber so lässt es sich schon einfacher essen und als er neben dem Kartoffelsalat und den Würstchen noch eine Schüssel mit Um Ali auf dem Tisch stehen sieht, fangen seine Augen vor Freude schon beinahe zu leuchten an.

 

Mit einem versteckten Schmunzeln folgt Sugoroku Yamis Blick, der wie er es nicht anders erwartet hat, direkt auf den Brotauflauf gerichtet ist. „Ich schlage vor, wir verteilen mal langsam den Kartoffelsalat und die Würstchen. Oder was meint ihr?“ Kaum hat er die Worte ausgesprochen, werden die beiden Schalen herumgereicht, bis jeder seinen Teller gefüllt hat.

Nach einem vielstimmigen „Guten Appetit“, ist für eine ganze Weile nur noch das Klappern des Bestecks zu hören.

Sugoroku ist nicht wirklich verwundert, dass am Ende nicht einmal ein kleiner Rest zurückbleibt. Nur der Um Ali steht jetzt noch unangetastet auf dem Tisch.

„Also Jungs, dann erzählt doch mal ein wenig, was ihr in Edo so erlebt habt.“ Auffordernd sieht er die beiden an, die nun ihrerseits untereinander Blicke austauschen, bis Yugi sich mit einem Seufzen geschlagen gibt.

Während er Yami den Um Ali reicht, beginnt er zu erzählen. „Naja, die Hinreise war vollkommen unspektakulär und die Begrüssung wie immer sehr herzlich und der Abschied dafür eher ernst. Du kennst die Truppe ja. Ich soll dich übrigens noch von Hopkins und den anderen Grüssen und natürlich auch von Mehefin.“ Schweift Yugi kurz ab und wartet dann darauf bis sein Grossvater dankend nickt, ehe er weitererzählt. „Du kannst dir ja vorstellen, dass sie alle auf Yami neugierig gewesen sind und du weisst ja wie Hopkins und Rebecca sind.“ Nun fängt er breit an zu grinsen. „Schon an unserem ersten Morgen, meinte sie, dass sie mich mitten in der Nacht aus dem Bett schmeissen muss, um mit ihr den Sonnenaufgang zu betrachten. Doch Yami hat sie so dermassen zusammengestaucht, dass sie dann vollkommen sprachlos wieder gegangen ist. Du musst dir das mal vorstellen, Grossvater. Er sagt vollkommen unverblümt, dass sie sich gefälligst einen anderen fürs Bett suchen soll und nennt sie dabei die ganze Zeit Miss Rebecca.“

 

Geschockt und gleichzeitig amüsiert, hört Sugoroku zu, was passiert ist und es verwundert ihn auch nicht als sein Enkel dann erzählt, dass Hopkins dann mit Yami sprechen wollte. Als er dann jedoch hört, dass sich dieser nach dem Gespräch Yami gegenüber vollkommen anders verhalten hat, sieht er fragend zu dem jungen Mann, der jedoch in aller Ruhe den Um Ali am Geniessen ist. „Yami, was hast du zu ihm gesagt?“

 

Erst jetzt erwidert Yami den Blick Sugorokus. „Ach nicht viel. Ich habe ihm nur direkt ins Gesicht gesagt, was ich von Respekt halte, den man einfordern muss. Nämlich, dass dieser überhaupt nichts wert ist.“ Nun beginnt er schelmisch an zu schmunzeln. „Und dass du und Yugi und auch unsere Freund hier in Domino euch meinen Respekt durch euer Verhalten verdient habt und dass dieser im Gegenzug unbezahlbar ist. Ach ja und ich habe ihm und der Göre die ganze Zeit über den VERLANGTEN Respekt entgegengebracht. Mehr aber auch nicht und nachdem ich gegen die Göre eine Wette gewonnen hatte, hat sie dann endlich auch mit diesem ewigen Darling aufgehört.“ Nun blickt er stolz zu seinem Sharik, der bei der Erinnerung daran nur den Kopf schüttelt. „Du musst dir das mal vorstellen Grossvater“, ergreift nun Yugi wieder das Wort. „Da sitzt er seelenruhig neben mir im Esszimmer und wettet einfach so mit ihr, dass er jedes Buch lesen kann und der Einsatz ist, dass sie mich in Ruhe lässt und dass er im Gegenzug einen Tag lang alles macht, was sie verlangt.“ Noch immer spürt er den Schrecken, der ihm bei diesem Wetteinsatz in die Glieder gefahren ist. „Und dann bringt sie ein Buch mit Hieroglyphen und was macht er? Er liest und übersetzt einfach so die beiden verlangten Texte und das perfekt.“ Noch immer kann er es kaum glauben, was sein Liebster da geschafft und somit unwissentlich leider seine frühere Identität preisgegeben hat.

 

Nicht wirklich überrascht nickt Sugoroku, hat er doch den Brief von Hopkins, der in dem Picknickkorb gelegen hat, schon gelesen. „Das hat Rebecca sicher nicht gefallen. Ich habe jetzt aber nur noch eine Frage, was hat Yami bei dir im Esszimmer gemacht?“, auf die Antwort gespannt, sieht er seinen Enkel an.

 

„Naja“, nun blickt Yugi zu Yami, der lächelnd nickt. „Naja, Hopkins hat es selbst angeboten, nachdem ich ihn darum gebeten hatte, Yami nicht wie einen Sklaven zu behandeln. Fragt mich aber bitte nicht warum er das getan hat.“ Nun blickt er auch zu Jono, der schon den Mund geöffnet hat, um etwas zu sagen, diesen jetzt aber wieder schliesst, während Rishido nur mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck Yami mustert, der es sich jedoch nicht anmerken lässt, ob er den Blick bemerkt.

 

Jetzt sieht Yugi wieder zu seinem Grossvater. „Das wichtigste ist aber, dass ich auf dem Markt sehr gute Stoffe kaufen konnte. Seidenballen aus China, sowie Baumwolle und sogar einen Ballen edles Leinen von japanischen Webern, Tücher und dann am letzten Tag habe ich noch bei einem jungen Händler aus Aomori so fein gewebte Baumwollstoffe gekauft, die man deswegen auf den ersten Blick sogar für Seide halten könnte.“

 

Nachdenklich runzelt Sugoroku nun die Stirn. „Aomori? Sag bloss, du hast bei einem Ainu gekauft, der sich nach Edo verirrt hat.“ Als sein Enkel nun grinsend nickt seufzt er schwer auf. „Yugi, du weisst doch genau, wie die Waren der Ainu angesehen werden.“

„Grossvater! Die Stoffe...“, eine erhobene Hand lässt Yugi wieder verstummen.

Ernst blickt Sugoroku ihn an. „Ich will damit nicht sagen, dass sie schlechte Waren haben. Nur erzähl um Himmelswillen niemandem, woher die Stoffe sind. Denn wenn das rauskommt, verkaufst du von den Stoffen keinen einzigen Ballen und das egal, wie gut die Qualität ist.“

 

Seufzend beginnt Yugi nun endlich von seiner Um Ali Portion zu essen. Die er bis jetzt vor lauter erzählen, vollkommen ignoriert hatte. „Das weiss ich, Grossvater und wenn die Stoffe nicht von so ausgezeichneter Qualität wären, dann hätte ich sie auch nicht gekauft.“ Erklärt er sich noch, ehe er sich schweigend seinem Nachtisch widmet.

 

Nach einer Weile in der sie noch über dieses und jenes plaudernd am Tisch gesessen haben, stehen Jonouchi und Rishido auf. „Also dann, Rishido und ich müssen dann mal langsam wieder los. Cheyenne und Merlin wollen schliesslich auch noch ihr Nachtheu haben.“ Fest schlägt er Yugi auf die Schulter. „Ihr müsst nicht aufstehen. Wir kennen ja den Weg den Flur runter.“

 

Sich murrend die schmerzende Schulter reibend, sieht Yugi seinen besten Freund an. „Nach der Aktion, würde ich das auch nicht mehr machen. Verdammt, wann lernst du endlich, dass du nicht so stark zuschlagen sollst.“ Trotz seiner harten Worte steht er nun auf und zieht Jonouchi in eine feste Umarmung, ehe er Rishido die Hand reicht. „Ich danke euch beiden, dass ihr uns heute geholfen habt und auch, dass ihr Grossvater in den letzten Tagen unterstützt habt.“

 

Jetzt steht auch Yami auf und reicht Jonouchi die Hand. „Ja, danke für die Hilfe.“ Nun sieht er zu Rishido und wechselt in ihre gemeinsame Muttersprache. „Dir danke ich auch, dass du für die Pferde alles vorbereitet hast und auch sonst für deine Hilfe.“ Sich verlegen den Hinterkopf kratzend senkt er kurz den Blick, ehe er Rishido wieder ansieht. „Entschuldige bitte, dass ich im Hinterhof so heftig reagiert habe, es...“ „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich hätte vermutlich ähnlich reagiert, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre.“ Vorsichtig legt er Yami die Hand auf die Schulter. Bereit, sie jederzeit wieder zurückzuziehen, sieht er Yami ernst an. „Ich habe eine Bitte. Halte dich in Zukunft zurück, was deine Fähigkeiten angeht und solltest du dich jemals an deine Herkunft erinnern, dann verbirg sie gut.“ Beschwörend blickt er in die Augen des kleineren Mannes, in denen er deutlich die Verwirrung über seine Worte lesen kann. „Irgendwann wirst du es verstehen.“

 

Yami will fragen, was das soll, aber bevor er etwas sagen kann, hat sich Rishido umgedreht und ist aus der Küche gegangen. Weil er aber wissen will, was der andere gemeint hat, macht er einen Schritt in Richtung Tür, um ihm zu folgen. Doch auf einmal wird sein Arm ergriffen. „Grossvater, ich...“ „Nein Yami, wenn er mehr zu dir hätte sagen wollen, dann hätte er das getan. Also dränge ihn nicht dazu.“ Ernst sieht er ihn an. Denn auch wenn er nicht verstanden hat, was Rishido gesagt hat, kann er sich denken, dass der grosse Ägypter aus gutem Grund so plötzlich aus der Küche gegangen ist.

Resigniert senkt Yami nun den Kopf. „Okay.“

 

Mitleidig sieht Yugi seinen Liebsten an und zu gern würde er wissen, was Rishido zu ihm gesagt hat, dass dieser nun so aufgewühlt ist.

Doch der Blick und das kurze Kopfschütteln seines Grossvaters halten ihn davon ab, etwas zu sagen. Stattdessen beginnt er den Tisch abzuräumen und dann das Geschirr zu spülen.

 

Als Yami merkt, was Yugi macht, schnappt er sich das Geschirrtuch und geht ihm zur Hand. Zum einen, weil er sich so wenigstens ein wenig ablenken kann und zum anderen, weil er seinem Sharik und Grossvater einfach helfen muss.

Da Sugoroku das abgetrocknete Geschirr in die Schränke und Regale räumt, sind sie schnell fertig, weshalb sich Yami nun den Stuhl schnappt und ihn nach oben ins Wohnzimmer trägt, wo dieser ja auch hingehört.

 

Gähnend streckt er seine Arme in die Luft, ehe er sich umwendet und aus dem Wohnzimmer geht. Im Flur beugt er sich über die Brüstung, um das Schild an der Badezimmertür erkennen zu können. Doch zu seinem Verdruss zeigt die rote Seite nach vorn. Naja, dann räumt er halt zuerst seine Tasche aus, bevor er sich unter die Dusche stellt, um sich den Staub der langen Fahrt vom Körper zu waschen.

 

Bis Yugi endlich mit nassen Haaren ins Zimmer kommt, hat er nicht nur seine Tasche ausgeräumt, sondern auch die von Yugi. „Ist das Bad jetzt frei?“, fragend sieht er seinen Sharik an, der schmunzelnd nickt. „Ja, aber du hättest vorhin auch ruhig reinkommen können. Du weisst ja, dass es mich nicht stört.“ Erwidert Yugi schmunzelnd den Blick, während er an Yami vorbei zum Schrank geht, um sich neue Shorts aus dem Schrank zu holen.

 

So schnell wie möglich, eilt Yami nun nach unten. So langsam drückt ihn nämlich seine Blase. Nachdem er sich erleichtert hat, stellt er sich unter die Dusche und geniesst das warme Wasser, das langsam seine Muskeln entspannt.

 

Deutlich ruhiger steigt er nach einer Weile wieder aus der Wanne und trocknet sich sorgfältig ab. Sich dann das Handtuch um die Hüften schlingend, geht Yami zum Spiegel und mustert sich prüfend. „Also Atemu, was ist dein oder besser gesagt mein Geheimnis und was zum Teufel weiss Rishido.“ Natürlich gibt ihm sein Spiegelbild keine Antwort.

Seufzend öffnet er nach einer Weile die verspiegelte Tür und greift nach seinem Rasierer, um sich die lästigen Bartstoppeln zu rasieren, die seit gestern ungestört gewachsen sind.

Nach der Rasur klatscht er sich noch etwas kaltes Wasser ins Gesicht und nach dem Zähneputzen fühlt er sich wieder wie ein richtiger Mensch.

 

Weil Yami vergessen hat, sich eine frische Hose mit ins Bad zu nehmen, schlüpft er wieder in die alte, das verschwitzte Oberteil zieht er allerdings nicht mehr an, sondern läuft mit nacktem Oberkörper nach oben, wo Yugi schon im Bett liegt, sich jetzt aber wieder aufrichtet.

„Wie ich sehe, bin ich heute ausnahmsweise Mal nicht der Einzige, der ohne frische Sachen ins Bad gegangen ist.“ Grinsend sieht er seinen Liebsten an, der ihn jetzt ebenso grinsend ansieht. „Nicht frech werden, Sharik. Wenn ich nicht so müde wäre, dann...“, absichtlich beendet er seinen Satz nicht. Stattdessen geht er in aller Ruhe zum Schrank, um sich dort eine frische Shorts anzuziehen.

Als er dann zu Yugi ins Bett kommt gibt ihm dieser einen zärtlichen Kuss und sieht ihn dann liebevoll an. „Schade, dass mir schon jetzt beinahe die Augen zufallen und dir geht es offensichtlich nicht anders.“ Lächelnd legt er sich wieder hin und zieht Yami mit sich, der sich mit einem müden „Hmhm“, an ihn schmiegt und die Augen schliesst.

 

Es dauert nicht lange, bis beide eingeschlafen sind.

 

 

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Die beiden sind jetzt also endlich wieder Zuhause und Yami kann 'seine' Pferde nun wieder selbst versorgen und ohne das blöde Halsband rumlaufen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

 

Lagerchaos

Hallo zusammen,

 

es ist jetzt seit wenigen Minuten Sonntag, also bin ich diesmal nicht zu früh mit Hochladen dran.

 

So, mehr habe ich wirklich nicht zu sagen und wünsche nur noch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 51: Lagerchaos

 

 

Die Sonne geht gerade auf, als Yami aus seinem von wirren Träumen unruhigen Schlaf hochschreckt. Trotzdem bleibt er ruhig liegen, weil Yugi ihn mal wieder als Kopfkissen benutzt und er ihn nicht aufwecken möchte.

Nur kann er beim besten Willen nicht mehr einschlafen, weshalb er zum Fenster sieht und beobachtet, wie die Sonne langsam den Himmel in ein leuchtendes Rot taucht. Ohne es zu merken, streichelt er dabei immer wieder leicht über die Seite seines Shariks.

 

Dies lässt Yugi aus seinem Tiefschlaf aufwachen. „Yami, es ist noch mitten in der Nacht“, murrend dreht er sich um und zieht sich die leichte Decke über den Kopf.

 

Im ersten Moment ist Yami über die Reaktion etwas enttäuscht, hat er sich doch insgeheim etwas anderes erhofft. Allerdings kann er seinen Sharik ja auch verstehen, hat dieser doch zwei anstrengende Tage hinter sich. Deswegen steht er jetzt möglichst leise auf und geht mit seinen Kleidern auf dem Arm hinunter ins Bad.

 

Dort legt er sie auf den Hocker, ehe er sich vor das Waschbecken stellt und sich eingehend mustert. „Verdammt, was ist nur mit mir los?“ Sich die Nasenwurzel reibend senkt Yami den Blick und wendet sich dann um. Vielleicht hilft ja eine heisse Dusche dabei, seine Gedanken wenigstens ein wenig zu ordnen.

Als er unter dem heissen Wasserstrahl steht, wird das Kreisen der Bilder in seinem Kopf wirklich ein wenig besser, so dass er schliesslich nicht nur erfrischt, sondern auch deutlich ruhiger wieder aus der Wanne steigt und sich mit kräftigen Bewegungen abtrocknet. Dabei muss er daran denken, wie ihn Yugi abgetrocknet hat, was ihn unwillkürlich lächeln lässt.

 

Erst als auch der letzte Wassertropfen von seiner Haut verschwunden ist, greift Yami nach seinen Kleidern, um sich in aller Ruhe anzuziehen, ehe er sich wieder vor das Waschbecken stellt und seine Morgentoilette fortsetzt.

Nachdem er diese beendet hat, verlässt Yami das Badezimmer und bringt seinen Schlafanzug ins Wohnzimmer, um Yugi nicht aus Versehen noch einmal aufzuwecken. Trotzdem kann er es sich nicht verkneifen und blickt so noch einmal ins Schlafzimmer. Was er nun da aber sieht, lässt ihn unterdrückt auflachen. Hat sein Sharik sich doch so hingelegt, dass dieser die Decke mit Armen und Beinen umschlungen hält. „Offenbar leidest du an Klammerattacken, Sharik“, murmelt Yami leise vor sich hin, als er leise die Tür wieder schliesst. Noch immer vor sich hin schmunzelnd geht er in den Stall, um sich endlich mal wieder richtig um seine Racker zu kümmern.

Tatsächlich wird er schon von den beiden erwartet und sogar mit lautem Gewieher begrüsst. „So Jungs und jetzt ist die ganze Nachbarschaft wach und weiss jetzt endgültig, dass ihr wieder Zuhause seid.“ Grinsend krault er die beiden kurz, bevor er ins Heulager geht. Dort nimmt Yami die Netze von den Haken neben der Tür und trägt sie dann zu den Boxen. Natürlich kriegt Rocky als erster sein Heu in die Box gehängt.

Einen Moment lang bleibt er bei den Boxen stehen und beobachtet, wie die beiden zufrieden ihr Heu aus den Netzen zupfen. Dann schnappt er sich den Wassereimer und füllt die Tränken mit frischem Wasser, ehe er zurück in das Lager geht, um die Netze für die nächste Fütterung zu füllen.

 

Weil er danach noch Zeit hat, setzt sich Yami auf die Stufen vor der Hintertreppe. Den Blick in den Himmel gerichtet, beobachtet er die Wolken, die noch immer leicht rötlich über ihm hinweg ziehen. Erst als auch der letzte Schimmer des Sonnenaufgangs vom Himmel verschwunden ist und die Schatten ihm verraten, dass es langsam Zeit fürs Frühstück ist, steht er auf. Bevor er jedoch zurück ins Haus geht, kontrolliert er noch einmal die Tränken und füllt sie noch einmal mit frischem Wasser. Nicht, dass die beiden Pferde durstig in ihren Boxen stehen müssen.

 

Als er sich die Hände wäscht, wundert sich Yami, dass er aus der Küche keine Stimmen hört. Trotzdem ist er überrascht, dass Sugoroku allein am Tisch sitzt. „Guten Morgen Grossvater, wo ist denn Yugi?“ Nachdem er sich seinen Tee eingeschenkt hat, dreht er sich zu dem alten Mann um und sieht ihn fragend an, während er sich rücklings an die Arbeitsplatte neben Herd lehnt.

 

„Guten Morgen mein Junge, ich lasse Yugi heute ausschlafen und öffne für ihn den Laden“, grinsend lehnt er sich auf seinem Stuhl zurück. „Weisst du, nach so einer anstrengenden Reise sollte man ihn nicht zu früh wecken, denn dann ist er noch schlimmer drauf, als sowieso schon.“

„Ja, ich habe es gemerkt“, murmelt Yami mehr zu sich selbst, während er sich nun von der Arbeitsplatte abstösst und sich zu Sugoroku an den Tisch setzt, um sich endlich einen Löffel Honig in den Tee zu tun. Endlich kann er das wieder machen, denn auch wenn es bei Hopkins Honig gegeben hat, hat er dort lieber darauf verzichtet, sich etwas von der Süssigkeit in den Tee zu tun.

 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie Yami mit geschlossenen Augen seinen Tee geniesst. „Hast du bei Hopkins keinen Honig bekommen?“ Er selbst greift schon mal nach einem Brötchen, während er auf eine Antwort wartet.

 

Seufzend stellt Yami seine Tasse hin. „Es gab schon Honig, aber ich wollte die Situation, dass ich trotz meiner Position als Sklave im Esszimmer essen durfte, nicht ausnutzen. Also habe ich auf den Honig verzichtet und mich auch sonst eher von den Luxuslebensmitteln ferngehalten oder dann nur ganz wenig davon genommen.“ Nun nimmt auch er sich ein Brötchen und bestreicht es sich dick mit Honig. „Es kam mir nämlich schon komisch vor, dass ich auf einmal so anders behandelt worden bin. Denn dieser Hopkins hat auf mich nämlich nicht den Eindruck gemacht, dass er von seinen Prinzipien abweicht und darum habe ich versucht, mich so perfekt wie möglich zu verhalten.“ Jetzt beginnt er schief zu grinsen. „Okay, die Wette mit der Göre war nicht gerade die beste Idee und dass ich sie dann auch noch haushoch im Schach geschlagen hatte, war vielleicht auch nicht gerade so super von mir, aber sie hatte es nicht anders verdient.“

 

Schmunzelnd hört Sugoroku Yami zu, obwohl er das meiste schon aus dessen Brief kennt. „Ja, das war wirklich nicht gerade das beste Verhalten für einen Sklaven, aber damit hast du bei den beiden auch Eindruck hinterlassen. Nur eine Frage hätte ich noch, warum nennst du Rebecca immer Göre? Was hat sie denn getan, dass du so von ihr sprichst?“, auf diese Antwort gespannt, lehnt er sich vor.

 

Nun verschränkt Yami grimmig die Arme. „Ganz einfach. Die Göre ist respektlos und ignoriert die Wünsche von anderen komplett, wenn sie ihr nicht passen. Zwar hat sie mir geholfen, aber das hat nur einen Bruchteil von dem, was sie zuvor angestellt hat, wieder wettgemacht und wenn sie gegen mich diese Wette nicht verloren hätte, dann würde sie MEINEN Yugi jetzt immer noch mit ihrem Darling nerven und sich ihm aufdrängen. Warum sollte ich sie also anders als Göre nennen?“, fest sieht er Sugoroku an, der bei dem Tonfall unwillkürlich leer schluckt. „Na, das nenne ich mal direkte Worte und sie ist wirklich ein wenig verwöhnt.“

„Ein WENIG?! Grossvater, ein wenig Verwöhnt ist die Untertreibung des Jahrtausends! Man hätte ihr schon viel früher ihre Grenzen aufzeigen sollen! Dass Yugi zu freundlich dafür ist, ist klar, aber dieser Hopkins hat bei ihrer Erziehung ganz klar versagt, wenn es um das Thema Respekt geht! Das hätte ich mir schon als Kind niemals erlauben dürfen, so die Grenzen meiner Mitmenschen zu missachten. Ausserdem hat ihr Yugi gleich zu Anfang klar und deutlich gesagt, dass er vergeben ist und trotzdem hat sie sich ihm aufgedrängt und dann noch behauptet, dass Homosexualität eine Phase sei!“ Während er spricht, beginnt Yami mit seinen Händen zu gestikulieren, was die Botschaft hinter seinen Worten noch verdeutlicht.

 

Versuchend ihn ein wenig zu beschwichtigen legt Sugoroku seine Hand auf Yamis Schulter. „Ganz ruhig, ich habe dich ja verstanden. Du kannst weder Rebecca noch Hopkins leiden und das ist auch dein gutes Recht.“ Fest sieht er ihn an. „Nur will ich dir eins sagen, Rebecca lebt bei ihrem Grossvater, weil ihre Eltern schon nicht mehr mit ihr klargekommen sind, als sie noch ein Kind von vier Jahren gewesen ist. Sie ist nämlich hochintelligent und darum lebt sie bei ihm, weil er sie fördern kann.“

 

Mit zusammengekniffenen Augen erwidert Yami den Blick. „Sie ist vielleicht hochintelligent, aber trotzdem ist sie respektlos.“ Weil er jetzt der Meinung ist, dass er zu dem Thema Göre alles gesagt hat, unterbricht Yami den Blickkontakt und schmiert sich noch ein Brötchen.

 

Seufzend akzeptiert Sugoroku die stumme Botschaft. Offensichtlich hat sich Yami seine Meinung über Rebecca gebildet und die Gute wird noch viel Arbeit vor sich haben, um diese wieder zu ändern. Eigentlich grenzt es ja schon beinahe an ein Wunder, dass sich Yami so gut beherrschen konnte, wenn er Rebecca so wenig leiden konnte. Hat doch Hopkins ihm geschrieben, dass sich Yami bis auf die direkten Worte, wenn es um Yugi ging und der Wette, nach ihrem Gespräch unter vier Augen immer vorbildlich verhalten hat.

So wie es von einem Herrscher nun einmal erwartet wird. Unauffällig mustert er Yami und fragt sich dabei, ob der Junge inzwischen wohl ahnt, wer er mal gewesen ist? Denn laut seinem Freund gibt es keinen Zweifel, dass Yami der verstorbene Pharao ist und die Begründungen für dessen Überzeugung klingen leider auch noch logisch.

 

Nach dem Frühstück steht Sugoroku auf. „Spülst du bitte das Geschirr?“, fragend sieht er Yami an, der nach einem Moment nickt. „Ja, das kann ich machen.“

Auf diese Worte hin legt er Yami die Hand auf die Schulter. „Danke. Ich bin dann jetzt im Laden und du lass Yugi so lange schlafen, wie er will. Die Stoffe könnt ihr ja dann auch noch am Nachmittag richtig ins Lager einordnen.“

 

Noch bevor Yami etwas darauf sagen kann, geht Sugoroku aus der Küche. Zurück bleibt ein junger Mann, der nun kopfschüttelnd aufsteht und sich fragt, ob Yugi wirklich so lang schlafen kann. In aller Ruhe beginnt er dann den Tisch abzuräumen, nachdem er seinen inzwischen kalten Tee leergetrunken hat. Obwohl er es nicht gewohnt ist, die Küche alleine aufzuräumen, ist Yami überraschend schnell fertig und weil es ihn stört, alles auf den Tisch stehen zu lassen, legt er für Yugi ein paar Brötchen auf den Teller und stellt die Marmelade und dessen Tasse daneben. Den Rest verräumt er wieder in die Vorratskammer.

Zufrieden betrachtet Yami dann die wieder saubere Küche, ehe er zu Sugoroku geht. Noch im Flur zieht er sich das Halsband an und betritt schliesslich mit gesenktem Kopf den Laden, weil er hört, dass schon eine Kundin da ist.

 

Obwohl sich Sugoroku auf die junge Dame konzentriert, bemerkt er sofort, dass Yami hinter ihm steht und dreht sich mit einem ernsten Gesichtsausdruck zu ihm um. „Yami?“, abwartend verschränkt er dabei die Arme. Muss er doch vor der Kundin wie der strenge Besitzer wirken.

 

Erst als er seinen Namen hört, hebt Yami den Blick, versucht aber weiterhin unterwürfig zu wirken. „Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass die Küche aufgeräumt ist und ich jetzt wieder in den Stall gehe.“ Weil er auf die Antwort von Sugoroku warten muss, verschränkt er seine Arme hinter seinem Rücken, steht aber ansonsten vollkommen ruhig da.

 

Im ersten Moment ist Sugoroku irritiert. Doch dann fängt er sich wieder. „Ja, ist gut. Ich gebe dann Yugi Bescheid, wenn er dich suchen sollte.“ Ohne ihn noch weiter zu beachten, wendet er sich wieder der Kundin zu, die mit einem seltsamen Glanz in den Augen Yami nachsieht. „Da haben sie sich aber einen wirklich gut aussehenden Sklaven zugelegt. Trägt er die Stoffballen gegen einen kleinen Aufpreis auch zu den Kunden nach Hause?“, lächelnd neigt sie den Kopf und ignoriert dabei, dass sie ja einen Sklaven hinter sich stehen hat, der die Einkäufe für sie trägt.

 

„Mademoiselle, Yami ist nicht direkt mein Sklave, sondern der von meinem Enkel und der kann es gar nicht leiden, wenn man solche Angebote macht.“ Trotz seiner harten Worte, lächelt er die junge Frau weiterhin freundlich an, während er jetzt um den Verkaufstresen herumgeht. „Was halten Sie davon, wenn wir uns jetzt die in Frage kommenden Stoffe ansehen? Leider ist mein Enkel erst gestern am späten Abend von seiner Geschäftsreise zurückgekommen, darum kann ich Ihnen die neuesten Stoffe noch nicht zeigen, aber ich denke, dass wir auch aus unseren anderen Stoffen einen für Sie passenden Stoff finden werden.“

 

Yami hat gerade noch so die Worte von dieser Frau mitbekommen. Weshalb er nun immer noch über die Tatsache, dass die alle so scharf auf ihn sind, den Kopf schüttelt als er die Seile vor das Tor spannt. Bevor er die Pferde allerdings rauslässt, ändert er spontan seinen Fütterungsplan und verteilt ihr zweites Frühstück grosszügig im Hof.

Erst nachdem er sein Werk zufrieden begutachtet hat, geht er zu ihnen und öffnet die Boxentüren. Sofort spazieren Blacky und Rocky zufrieden schnaubend in den Hinterhof und drehen ein paar langsame Runden, ehe sie sich auf die vielen kleinen Heuberge stürzen.

 

Eine Weile lang beobachtet Yami schmunzelnd die beiden Wallache, die zufrieden umherwandern und sich die Bäuche vollschlagen. Erst als er sich sicher ist, dass sie nichts anstellen werden, schliesslich sind sie eine ganze Woche lang nicht wirklich frei herumgelaufen, wenn man die Weide beim Gasthof ausser Acht lässt, geht er zurück in den Stall, um die Boxen auszumisten.

 

Pünktlich zum Mittagessen ist er mit seinen Aufgaben bis auf die Fütterungen für heute fertig und holt jetzt die Pferde auch wieder rein indem er sie mit leckeren Äpfeln lockt, die er für alle Fälle sicher in der Sattelkammer versteckt hatte.

 

Als Yami in die Küche kommt, sieht er zu seinem Erstaunen Yugi am Herd stehen. „Sharik? Kochst du heute für uns?“ Freudig umarmt er ihn von hinten und schielt dabei in die Pfanne. „Was ist das eigentlich?“, neugierig versucht er den Inhalt zu identifizieren. Als ihm das jedoch nicht gelingt, legt er seinen Kopf einfach auf der Schulter seines Shariks ab. „Das ist aber nichts Giftiges oder?“

 

Bei der vorsichtigen Frage kann sich Yugi nicht mehr zurückhalten und beginnt leise zu kichern. „Erste Frage. Ja, ich koche heute für uns, weil mich Grossvater im wahrsten Sinne des Wortes wieder aus dem Laden geschmissen hat, als ich ihn ablösen wollte. Zweite Frage: Ich nenne das immer Wochenrückblick. Es ist nämlich eine Art Eintopf aus allen möglichen Sachen und deine dritte Frage“, nun holt er erst einmal Luft. „Es ist nichts Giftiges und auch wenn es nicht so aussieht, schmeckt es überraschend gut.“ Vorsichtig nimmt er mit dem Holzlöffel ein wenig von dem Eintopf heraus und hält ihn Yami vor den Mund. „Keine Sorge, ich habe vorhin schon probiert. Du bist also nicht mein Versuchskaninchen“, kann er es sich nicht verkneifen zu sagen, als er den zweifelnden Gesichtsausdruck seines Liebsten bemerkt.

Zögernd öffnet Yami den Mund und probiert dann äusserst vorsichtig von dem suppenähnlichen Eintopf.

„Und? Schmeckt es dir?“, gespannt dreht sich Yugi jetzt um, damit er auch ja jede Regung seines Liebsten deutlich erkennen kann.

Doch dieser schluckt erst einmal runter. „Naja, noch ein bisschen mehr Salz und dann schmeckt es wirklich gut. Jetzt ist es nämlich noch ein wenig fad.“ Wagt er es nach einem Moment ehrlich zu sagen. Kann sich dann aber ein Schmunzeln nicht verkneifen, als sein Sharik mit einem gespielt leidenden Seufzen noch etwas Salz in den Topf wirft und dann kräftig umrührt.

„So, da du ja reklamiert hast, kannst du jetzt auch noch einmal probieren.“ Auffordernd hält Yugi ihm wieder den Holzlöffel vor den Mund.

Sorgfältig prüft Yami den Geschmack und nickt dann zufrieden. „Jetzt schmeckt dein Wochenrückblick wirklich lecker.“ Zur Belohnung beugt er sich vor und gibt Yugi einen sanften Kuss auf die Lippen. „Ach ja und guten Morgen, Sharik. Hast du gut geschlafen?“

 

Diese Frage lässt Yugi unwillkürlich grinsen, während er Yami seine freie Hand in den Nacken legt. „Ich habe sehr gut geschlafen. Nur bin ich ziemlich einsam aufgewacht und jetzt darf ich auch noch kochen.“ Den letzten Teil des Satzes grummelt er mehr, als dass er ihn spricht.

 

Todernst lehnt Yami nun seine Stirn an Yugis und sieht ihm so direkt in die Augen. „Tut mir leid, aber ich konnte doch Blacky und Rocky nicht hungern lassen und Grossvater meinte, dass ich dich schlafen lassen soll, weil du sonst unausstehlich wärst.“ Ohne Vorwarnung zieht er Yugi nun an sich und verwickelt ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.

Nur zu gern lässt sich Yugi darauf ein, allerdings nicht für lange, weil er nicht riskieren möchte, dass das Mittagessen anbrennt. Deswegen löst er sich schweren Herzens wieder von seinem Liebsten und wendet sich wieder dem Topf zu. „Deckst du bitte den Tisch?“, lieb lächelnd blickt er über seine Schulter und kriegt sofort wieder einen Kuss.

„Natürlich Sharik. Soll ich dann auch gleich die Brötchen aus der Vorratskammer holen?“ Die Teller schon in der Hand sieht er Yugi an, der nach einem Moment zustimmend nickt. „Ja gern, Liebster.“ Wie erhofft bekommen Yamis Augen wieder diesen warmen Schimmer, den er so sehr liebt.

 

Kaum hat Yami den Tisch zu ende gedeckt, kommt Sugoroku in die Küche und trinkt als erstes einen grossen Schluck Wasser, ehe er sich seufzend auf den Stuhl fallen lässt. „Yugi, der allerletzte Ballen von dem neongrünen Stoff ist endlich verkauft. Wie lange lag der jetzt rum? Fünf Jahre?“

 

Den Topf auf den Tisch stellend, nickt Yugi. „Ja, der gehörte zu den ersten Paketen, die ich kaufen musste, um das Lager wieder zu füllen. Sag bloss, die Aino war da und du hast ihn ihr aufgeschwatzt.“ Das Grinsen seines Grossvaters ist Antwort genug, so dass er sich nur kopfschüttelnd hinsetzt.

 

Bevor sich auch Yami hinsetzt, füllt er ihre Becher noch einmal auf. „Was hat die olle Tratschtante denn heute wieder zu erzählen gehabt?“, fragend sieht er Sugoroku an, der jetzt noch breiter grinst, als zuvor.

„Naja, hast du gewusst, dass du auf der Reise nach Edo hungern musstest? Und dass Yugi so unersättlich ist, dass du noch nicht einmal in die Sklavenunterkünfte gekommen bist?“

 

Vor lauter Schock, dass das in Domino herumerzählt wird, lässt Yugi den Schöpflöffel wieder in den Topf fallen. „Was?! Woher hat sie denn das schon wieder? Hong ist uns doch erst gestern begegnet und der war doch auf dem Weg nach Edo!“

 

Lachend wischt sich Sugoroku nun eine Träne aus dem Augenwinkel. „Du hast wohl noch nicht bemerkt, dass die Gute ihre Spione überall hat. Anscheinend war vor einer Woche ihr Sohn in dem Gasthof, als ihr dort angekommen seid und der hat dein Gespräch mit Herrn Kagayama mitangehört.“

 

Nachdenklich blickt Yami nun zum Fenster. „Da war wirklich so ein kleiner Typ, der in einem Sessel in der Ecke neben der Tür gesessen hat.“ Als er nun ein seltsames Geräusch hört, sieht er wieder zu Yugi, der sich wohl mit der Hand an die Stirn geklatscht hat. „Na toll, dann bin ich ja mal wieder das Stadtgespräch Nummero Uno. Es ist ja auch schon eine Weile her, dass ich das wegen meiner lauten Trennung von Linus gewesen bin, die Hong ja leider mitbekommen musste“, genervt verdreht er die Augen. Ringt sich dann zu einer Erklärung durch, als er den fragenden Blick seines Liebsten bemerkt. „Wir waren bei Jono in der Schmiede und wir haben uns aus irgendeinem Grund, den ich aber wirklich nicht mehr weiss gefetzt und dabei ist glaube ich ein Hufeisen herumgeflogen. Besser gesagt, ich habe es an die Wand geschmissen. Tja, am Ende hiess es, wir haben Jonos ganze Schmiede demoliert und die Leute haben sich gewundert, dass dieser deswegen nicht schliessen musste.“ Kopfschüttelnd sitzt er da, als er an diesen Tag zurückdenkt. „Naja, auf jeden Fall waren wir nach dem Streit getrennt und Linus ist dann auch zwei Tage später in die nächste Stadt weitergezogen. Das war aber schon länger geplant gewesen.“

 

Verstehend nickt Yami. Zwar fragt er sich dabei, wie man mit einem Hufeisen eine ganze Schmiede demolieren kann, aber da müsste er vermutlich diesen Hong fragen und das wird er ganz sicher nicht tun. Ist ihm der Typ doch wirklich unsympathisch. „Na, dann hast du jetzt wenigstens gute Gerüchte. Denn wenn so etwas rumgeht, gilt man in der Regel als guter Sklavenhalter.“ Als er nun die erstaunten Blicke bemerkt hebt er kurz die Schultern ein wenig an. „Es ist leider so. Yugi wird jetzt als streng gelten und auch als Person, der seinen Sklaven nicht verwöhnt und so weiter.“ Erst jetzt bemerkt er den geschockten Gesichtsausdruck, seines Shariks und wird sich bewusst, dass er wohl etwas Falsches gesagt hat.

Ohne auf Grossvater zu achten, steht er auf und geht um den Tisch herum, bis er neben Yugi in die Hocke gehen kann. Sanft legt er ihm die Hand auf die Wange und zwingt ihn so, in seine Augen zu sehen. „Yugi, das ist gut, weil die Leute nun nicht mehr so sehr darauf achten werden, wie du dich mir gegenüber verhältst, wenn ich im Laden bin. Denn dann denken sie einfach nur, dass du deine wahre Strenge vor ihnen nicht zeigen möchtest.“ Weil er in dieser Position kleiner als sein Sharik ist, zieht er ihn leicht zu sich runter, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. „Das Wichtigste ist doch, dass wir drei und unsere Freunde wissen, wie es wirklich ist. Also nimm dir die Gerüchte nicht so zu Herzen, wenn es gar nicht nötig ist.“

Es dauert einen Moment, doch dann nickt Yugi. „Du hast ja Recht, es ist nur so, dass mich deine Worte gerade ziemlich schockiert haben.“ Zärtlich fährt er kurz über Yamis Wange. „Na komm, wenn wir nicht langsam mit dem Essen anfangen, wird mein Wochenrückblick noch kalt.“ Erleichtert, dass sein Sharik wieder lächelt, steht Yami auf und geht zu seinem Platz zurück.

 

Stumm hat Sugoroku alles beobachtet und wartet jetzt darauf, dass sich Yami wieder auf seinen Platz setzt. Erst dann greift er nach dem Topf und verteilt das Essen auf die Teller, die er sich frecherweise einfach nimmt und dann gut gefüllt wieder vor den Jungs hinstellt. „Also dann, ich wünsche euch einen guten Appetit.“ Weil er die Kochkünste seines Enkels kennt, nimmt Sugoroku extrem vorsichtig den ersten Bissen, stellt dann aber erleichtert fest, dass das Essen weder versalzen, noch zu fad ist. „Yugi, das hast du wirklich gut gekocht“, lobt er ihn dann nach einem weiteren Bissen.

 

Sofort fängt Yugi an zu strahlen, wenn nämlich sein Grossvater so ein Lob ausspricht, dann ist das Essen wirklich lecker. „Danke, aber Yami hat auch mitgeholfen, er hat nämlich probiert und noch mehr Salz verlangt.“

Als Yami nun den Kopf in seine Hand stützt und diesen leicht schüttelt, fangen beide Mutos an zu lachen. Schliesslich ist Yami der wohl schlechteste Koch, den es gibt, aber sofort rausschmecken, wenn etwas Salz fehlt, das tut er dafür sofort.

 

So wird das Mittagessen noch eine ziemlich lustige Angelegenheit, denn beide können sie es nicht lassen, Yami damit aufzuziehen, was dieser natürlich nicht auf sich sitzen lässt und gekonnt kontert.

 

Nach dem Essen verschwindet Yami dann noch schnell in den Stall, um nach den Pferden zu sehen. Weshalb Yugi und Sugoroku gemeinsam die Küche aufräumen. „Yami hat sich in der Woche ja massiv verändert. Er wirkt viel ausgeglichener als vorher.“

Auf die Worte seines Grossvaters hin, nickt Yugi zustimmend. „Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Dabei hat er wirklich viel aushalten müssen. Denn die Tochter seines ersten Besitzers ist zu allem Übel auch noch aufgetaucht und hat ihn bedrängt und dann hat sie die Frechheit besessen am nächsten Tag wieder aufzutauchen! Die hat mir doch tatsächlich 50 Goldmünzen für ihn geboten! Kannst du dir das vorstellen!? So eine Frechheit, als würde ich Yami einfach so verkaufen und das ausgerechnet an sie!“

Weil Yugi mit dem Teller in der Hand herumfuchtelt, nimmt ihm Sugoroku diesen sicherheitshalber ab und bringt ihn in Sicherheit. „Tja, damit musst du leider immer wieder rechnen, dass du solche Angebote bekommst.“ Beruhigend legt er seinem Enkel die Hand auf die Schulter und sieht ihn ernst an. „Also reg dich nicht zu sehr auf und lehne diese Angebote freundlich, aber bestimmt ab.“

 

Widerwillig nickt Yugi zustimmend. „Trotzdem muss es mir nicht gefallen. Yami ist ja schliesslich kein Gegenstand, den man einfach mal so verkauft, weil man ein gutes Angebot bekommt. Ausserdem ist er unbezahlbar!“ Noch immer gereizt schnappt er sich den nächsten Teller und beginnt ihn heftig abzutrocknen.

 

Seufzend widmet sich Sugoroku wieder dem Abwasch. Dabei schielt er immer mal wieder zu seinem Enkel und hofft, dass das Geschirr die harte Behandlung irgendwie überlebt.

 

Wie durch ein Wunder geht wirklich nichts zu Bruch und als Yami wieder in die Küche kommt, beginnt Yugi wieder verliebt zu lächeln. Vergessen ist sein ganzer Ärger über diese Angebote, als er die Arme um seinen Liebsten schlingt und ihn in einen Kuss verwickelt.

Über das Verhalten seines Shariks erstaunt, erwidert Yami den Kuss und die Umarmung. Blickt ihn dann aber fragend an, als sie sich wieder ein wenig voneinander lösen.

Seufzend lehnt Yugi die Stirn an die Schulter seines Liebsten. „Es ist nichts, ich habe mich nur ein wenig aufgeregt, das ist alles.“

Weil Yami merkt, dass Yugi nicht mehr sagen möchte, sieht er zu Sugoroku der mit verschränkten Armen an die Arbeitsplatte gelehnt dasteht. „Er hat mir von dem Kaufangebot von dieser Frau erzählt. Mach dir also keine Sorgen.“ Sich nun wieder gerade hinstellend streicht er sich das Hemd glatt. „Ich gehe jetzt wieder in den Laden und hoffe, dass ich bald die neuen Stoffe zu Gesicht bekomme.“ Yami zuzwinkernd, geht er aus der Küche und kurz darauf ist die kleine Ladenglocke zu hören.

Offenbar hat Sugoroku die Tür geöffnet, um ein wenig frische Luft reinzulassen.

 

Weder Yugi noch Yami wissen, wie lange sie noch in der Küche gestanden haben, bis sie sich schliesslich loslassen. „Na komm, lass uns die Stoffe ins Lager räumen. Darum bist du doch wieder reingekommen. Oder?“, den Kopf leicht zur Seite neigend, sieht Yugi in die rubinroten Augen seines Liebsten.

„Du hast mich ertappt“, schmunzelnd beugt sich Yami nun ein wenig vor. „Ich muss nur noch ab und zu raus um die Pferde zu füttern und ihnen zwischendurch frisches Wasser geben, aber sonst habe ich schon alles erledigt. Nur der Mistkarren muss dann noch auf die Strasse gestellt werden, also achte bitte auch darauf, dass ich nachher nicht zu spät dran bin.“ Schnell haucht er seinem Sharik einen Kuss auf die Nasenspitze, ehe er nach dessen Hand greift und ihn zum Lager zieht.

 

Zum ersten Mal, seit über zwei Wochen betritt Yami das Lager und kann es kaum glauben. CHAOS! „Sag mal, warum haben wir das Lager sortiert? Soviel ich weiss, gehört das Leinen nicht in das Regal E, sondern in das Regal A!“, mit der Fussspitze auf den Boden tippend, sieht er Yugi an, der unwillkürlich den Kopf einzieht. „Entschuldige, aber ich war an dem Freitag in Eile und habe den Ballen einfach in das nächste freie Fach gestopft, ohne auf die Nummer zu achten.“

Die Hände in die Seiten gestützt, schüttelt Yami den Kopf. „Yugi! Wenn ihr euch nicht an die Lagerordnung haltet, dann ist die ganze Mühe umsonst! Und eins sage ich dir, wir räumen jetzt als erstes die Stoffe wieder an die richtigen Plätze und erst dann, werden die neuen Stoffe ausgepackt und es ist mir egal, wie neugierig Grossvater auf deine Einkäufe ist!“ Noch bevor Yugi etwas darauf sagen kann, geht Yami zu dem Regal und holt den Leinenballen hervor. Kurz blickt er dann an die Tafel neben der Tür und legt den Ballen dann in das Fach A2. Da gehört der schliesslich hin!

 

Ergeben geht Yugi nun auch zu den Regalen und beginnt die Ballen, die er vor ihrer Reise nach Edo einfach irgendwo reingelegt hat, wieder in die richtigen Lagerfächer zu legen. Dabei murrt er leise vor sich hin. „Typisch, das wird jetzt wohl zur Gewohnheit, dass er so pingelig ist. Was ist daran denn so schlimm, wenn ich nicht immer alles penibel einordne. Also echt!“

„Yugi, ich kann dich deutlich hören und es ist wichtig. Wie willst du sonst wissen, was hier an Geld rumliegt und wie viel Platz du hier noch hast?“ Die Arme vor der Brust verschränkt steht Yami direkt hinter Yugi, was diesen erschrocken herumfahren lässt. „Erschrecke mich doch nicht so! Verdammt, wegen dir kriege ich noch einen Herzkasper!“ Die Hand auf seinen Brustkorb drückend, sieht er Yami an, der nun lachend wieder zu dem Regal auf der anderen Seite geht. „So schnell kriegst du keinen Herzkasper. Ausserdem hör auf zu murren und räume weiter auf, damit wir Platz für die neuen Stoffe haben.“

 

Die Arme jetzt in die Seite stemmend, baut sich Yugi vor ihm auf. „Jetzt hör auf mich herumzukommandieren! Ich bin nicht dein Untertan und ich habe den Laden in den letzten Jahren ohne Probleme ohne dich geführt. Also pass auf, was du sagst, sonst darfst du den Scheiss hier allein machen und ich leiste in der Zeit Grossvater im Laden Gesellschaft.“ Fest sieht er Yami in die Augen, der den Blick nach ein paar Sekunden senkt. „Sorry, ich...“, tief atmet er jetzt durch. „Du bestimmst, wie wir weiter vorgehen und ...“, weil ihm die Stimme versagt, bricht Yami mitten im Satz ab.

Dies lässt Yugi sofort hellhörig werden und über die letzten Minuten nachdenken.

„Yami“, beginnt er schliesslich, „lass uns hier weitermachen und ich werde dich jetzt ganz sicher nicht... naja, du weisst schon.“ Hilflos fährt er mit seiner rechten Hand durch die Luft, ehe er sie auf die Schulter seines Liebsten legt.

 

Erst jetzt hebt Yami den zuvor gesenkten Blick wieder an. „Ja, lass uns weitermachen“, nur mit Mühe kriegt er ein leichtes Lächeln zustande. „Und es tut mir wirklich leid, ich wollte dich nicht herumkommandieren, aber irgendwie ist wohl mein Temperament mit mir durchgegangen.“ Noch immer hat er Mühe in Yugis Augen zu blicken, als er dann in ihnen aber nur Wärme erkennen kann, schlingt er die Arme um seinen Sharik, nur um ihn gleich wieder loszulassen und sich den nächsten Ballen zu schnappen, der in einem falschen Fach liegt.

 

Dies alles geht so schnell, dass Yugi gar nicht wirklich reagieren kann, weshalb er sich nun auch wieder daran macht, die falsch eingelagerten Stoffballen an die richtigen Plätze zu verfrachten. Als sie es schliesslich geschafft haben, ist wirklich wieder deutlich mehr Platz in den Regalen vorhanden. Was ihn erleichtert aufatmen lässt.

Nun bleiben noch die neuen Stoffballen, zu denen er jetzt geht. „Also Yami, hilfst du mir sie auszuwickeln? Ich lege sie dann in eines der Fächer und sage dir, was du aufschreiben sollst.“

 

Sofort kommt Yami der Aufforderung nach und mit vereinten Kräften wickeln sie den ersten Ballen aus. Dies ist schon beinahe wie Geschenke auspacken, denn durch das Leinen können sie nicht erkennen, welchen Stoff sie hier vor sich haben.

„Also, das ist weinrote Winter-Baumwolle“, erklärt Yugi nach einem Moment und trägt dann den Ballen zu den anderen roten Baumwollstoffen. „Yami, die weinrote Winter-Baumwolle kommt ins Fach C5.“ Kaum hat er das gesagt, geht Yugi zurück zu dem Stoffhaufen und faltet sorgfältig das Öltuch, in das der Ballen eingewickelt gewesen ist, zusammen. Schliesslich kann er diese Tücher selbst noch zuschneiden und zum Einpacken der kleineren Stoffballen benutzen.

 

Sobald Yami den Stoff auf der Tafel eingetragen hat, geht auch er zu dem Stoffhaufen und hilft Yugi mit dem zweiten Ballen.

 

So Hand in Hand arbeitend, kommen sie gut voran, obwohl Yami zwischendurch nach den Pferden sieht. Diese Momente nutzt Yugi dazu kurze Pausen zu machen und die Stoffballen auch in das Buchhaltungsbuch einzutragen. Schliesslich muss für die Steuern alles seine Richtigkeit haben.

 

Am frühen Abend haben sie es endlich geschafft. Sogar die Tücher haben sie noch sortiert und nach Farben geordnet in die Regale geräumt.

 

Vollkommen geschafft lässt sich Yugi auf den Stuhl fallen, während sich Yami auf die Tischplatte neben ihm setzt. „Ich wusste gar nicht, dass du so viel gekauft hast“, kommentiert er die wieder deutlich volleren Regalfächer und lässt dabei seine Beine entspannt hin und her baumeln.

 

Stöhnend lehnt sich Yugi auf dem Stuhl zurück. „Das ist noch gar nichts. Der Markt in Wladiwostok ist noch viel grösser und wenn es so läuft, wie in den letzten Jahren, dann werde ich dort mindestens doppelt so viel kaufen, wie in Edo.“ Nun grinst er Yami schelmisch an. „Und du darfst dir schon mal überlegen, wo du die Ballen dann unterbringen wirst. Wenn dir die Ordnung hier drin so wichtig ist.“

Sofort bekommt er einen kleinen Schlag gegen die Schulter. „Hey!“, gespielt entrüstet steht Yugi auf und stellt sich direkt vor Yami hin. „Fängst du mir jetzt auch noch so an, wie Jono?“, mit dem ausgestreckten Finger wedelt er direkt vor dem Gesicht seines Liebsten herum.

 

Grinsend schnappt sich Yami die Hand und zieht Yugi an sich ran, so dass er ihn mit seinen Armen umschlingen kann. „Das ist ganz einfach. Gleiche Stoffe und gleiche Farbe bedeutet gleiches Lagerfach. Ich bin mir nämlich sicher, dass du hauptsächlich Stoffe kaufen wirst, die du schon hast und nur wenige Neue. Ausserdem hast du mir auch jetzt auch manchmal einfach nur gesagt, dass Fach sowieso jetzt doppelt belegt ist, weil du von dem alten Ballen noch einen Rest hattest. Hast du das etwa schon vergessen?“, schmunzelnd legt er seine Stirn an Yugis und sieht ihm tief in die Augen.

 

Yugi weiss nicht wieso, aber es wird ihm immer wärmer und er glaubt zu spüren, wie sich sein Herzschlag beschleunigt, als er den Blick erwidert und die Hände auf seinen Hüften spürt. „Yami, ich...“, er hält es nicht mehr aus. Verlangend legt er die Arme um seinen Liebsten, während er gleichzeitig ihre Lippen in einem verlangenden Kuss vereint.

Vorsichtig fährt er mit seiner Zunge um Einlass bittend an Yamis Lippen entlang. Bis dieser sie mit einem unterdrückten Stöhnen öffnet.

Im Zeitlupentempo dringt er in die schon vertraute Mundhöhle vor und stuppst Yamis Zunge so lange mit der seinen an, bis dieser auf die sinnliche Spielaufforderung eingeht.

 

Während sich ihre Zungen umspielen, lässt Yami seine Hände über Yugis Körper wandern, bis er sie unter dessen Shirt schieben kann. Deutlich kann er unter seinen Fingerspitzen die Schauer spüren, als er sie den Rücken hinaufgleiten lässt. Unwillkürlich zieht er ihn noch näher an sich heran, was seinem Sharik ein unterdrücktes Stöhnen entlockt.

 

Mit einem Keuchen unterbricht Yugi ihren Kuss. „Verdammt Yami, wenn du so weitermachst kriege ich in meiner Hose noch ein Problem.“ Nach Luft ringend, blickt er in die rubinroten Augen, in denen sich zu seinem Erstaunen eine leichte Erregung widerspiegelt.

 

Selbst ausser Atem kämpft Yami schon beinahe um seine Selbstbeherrschung. „Yugi... darf ich dich etwas fragen?“

Verdutzt über diese Frage nickt Yugi. „Natürlich, du weisst doch, dass du mich alles Fragen kannst.“ Leicht legt er seine Hände auf Yamis Oberschenkel und lässt dann seine Finger kreisen, ohne sie dabei allerdings gross von der Stelle zu bewegen.

 

Um sich zu sammeln, schliesst Yami kurz die Augen, öffnet sie dann jedoch gleich wieder, um in Yugis Augen sehen zu können. „Ich bin zwar noch nicht so weit, dass du mich wirklich anfassen kannst, wenn wir intimer werden, nur hat es mir doch auch gefallen, als wir es gemacht haben. Darum wollte ich dich fragen, ob wir eventuell so wie da...“, mit hochroten Wangen bricht Yami mitten in seiner Erklärung ab. Den Kopf leicht gesenkt haltend, schielt er zu seinem Sharik.

 

Yugi braucht einen Moment, um zu verstehen, was Yami meint. Doch dann fängt er glücklich an zu lächeln. Sanft legt er ihm nun die Hand auf die Wange. „Natürlich können wir es wieder so machen, wenn du das möchtest und uns dann einfach ganz langsam steigern, wenn du soweit bist.“ Hauchzart legt er seine Lippen wieder auf Yamis, dieser reagiert allerdings erst nach ein paar Sekunden.

 

Genauso zart wie Yugi ihn begonnen hat, erwidert Yami den Kuss. Dabei fühlt er deutlich die Erleichterung in sich, dass ihn sein Sharik verstanden hat.

Auf einmal reisst er sich schon beinahe aus der Umarmung, in die ihn Yugi gezogen hat. „Scheisse, ich muss den Mistkarren auf die Strasse stellen!“ Hektisch springt er vom Tisch und rennt in den Flur.

Er ist schon durch die Hintertür getreten, als er wieder umdreht, um die Kupfermünze aus der kleinen Box zu nehmen.

Als er dann beim Mistkarren ist, hört er schon die entfernten Hufschläge des Pferdes von Monk. So schnell er kann schiebt er den Karren durch das Tor und will die Münze gerade in die Aussparung legen, als er die Stimme des Mistsammlers hört.

„Na, das nenne ich mal einen seltenen Anblick. Ich weiss ja gar nicht mehr, wann ich dich das letzte Mal gesehen habe.“ Grinsend lässt Monk sein Pferd anhalten und mustert Yami neugierig, der sich bei den Worten steif umgedreht hat. „Also es ist schon eine Schande, dass dich Yugi so versteckt hält und nicht teilen möchte.“

 

Bei diesen Worten schluckt Yami schwer, beobachtet aber gleichzeitig, wie dieser Noah den Mistkarren hinter die grosse Transportkutsche befördert. „Ja, Yugi ist sehr streng, was das angeht.“ Schafft er es mit Müh und Not herauszuquetschen.

 

„Hey, Noah! Hast du das gehört? Er spricht ja sogar!“, ruft Monk laut und deutlich nach hinten, während er Yami nicht aus den Augen lässt. „Naja, aber man kann es nicht ändern, aber wenn es sich Yugi anders überlegen sollte, sage ich sicher nicht Nein.“

 

„Was sollte ich mir anders überlegen?“, mit einem fragenden Blick tritt Yugi durch das Tor und stellt sich leicht vor Yami hin. „Monk, lange nicht gesehen. Hier ist deine Kupfermünze.“ Mit einem freundlichen Lächeln geht er auf den Mistsammler zu und lässt die Münze in dessen ausgestreckte Hand fallen.

 

„Danke Yugi und das kommt halt davon, wenn man den Stall seinem Sklaven überlässt. Nur schade, dass ich den auch nur selten zu Gesicht bekomme.“ Nebenbei lässt er die Münze in seine Tasche gleiten, als er den Blick wieder zu Yami schweifen lässt. „Ich habe vorhin nur gesagt, dass ich nicht Nein sagen werde, wenn du dich doch noch dazu entscheiden solltest, ihn zu teilen. Denn es würde sicher auch meiner lieben Frau gefallen, wenn er uns mal etwas unterhalten würde. Wenn du verstehst, was ich meine.“ Bei der Vorstellung fängt Monk lüstern an zu grinsen.

 

Was Yugi und Noah einen genervten Blick tauschen lässt. „Vater“, beginnt Noah, „wir sollten langsam mal weiter und du kennst Yugi, wenn der sagt, dass er seinen Sklaven nicht teilt, dann ist das so.“ Um seine Worte noch zu unterstreichen, greift er seinen Vater am Arm und nimmt diesem dann die Zügel ab. „Also dann Yugi, sei uns bitte nicht böse, aber du kennst Vater ja.“

 

Die Hände hinter seinem Rücken zu Fäusten geballt nickt Yugi. „Nein und wir werden weiter euch als Mistsammler bevorzugen.“ Mit den Zähnen knirschend sieht er den beiden nach, bis sie um die Ecke vom nächsten Haus verschwunden.

„Komm rein Yami. Nicht, dass die Nachbarn noch auf dumme Gedanken kommen.“ Mit eckigen Bewegungen dreht sich Yugi um und geht zurück in den Hinterhof, wo er sich auf die Hintertreppe setzt.

 

Nachdem Yami den Karren wieder an seinen Platz gestellt und den Pferden ihr letztes Heu gegeben hat, geht er zu Yugi und lässt sich neben ihm auf die Stufen sinken. „Danke, ich...“ „Du musst dich sicher nicht bei mir bedanken. Ausserdem hätte dir Monk bis auf weitere blöde Sprüche nichts getan.“ Nun fängt Yugi an zu grinsen. „Allerdings weiss ich nicht, was du als nächstes getan hättest. So wie du dagestanden bist, musste ich einfach eingreifen, um dich von einem Mord durch deine Blicke abzuhalten.“

 

Sich nun zurücklehnend, erwidert Yami den Blick seines Shariks. „Tja, anders darf ich mich ja nicht verteidigen. Aber was hast du eigentlich mit deinem letzten Satz zu diesem Noah gemeint? Monk ist doch der einzige Mistsammler.“

Seufzend fährt sich Yugi nun durch die Haare. „Nicht ganz, am Morgen kommt hier immer ein anderer vorbei. Nur der verlangt 2 Kupfermünzen und du müsstest dann den Karren schon vor Sonnenaufgang rausstellen, damit der den Mist auch sicher mitnimmt.“

„Ach so. Na dann lasse ich ihn lieber noch ein wenig am Leben und stelle den Karren wieder früher raus.“

Mit einem Seufzen steht Yami wieder auf und reicht Yugi die Hand. „Na komm, ich habe langsam Hunger und müde bin ich auch.“

 

Verwirrt über diese Aussage lässt sich Yugi von seinem Liebsten hochziehen und folgt ihm dann ins Haus.

 

Nach dem Abendessen, das sehr ruhig verlaufen ist, verschwinden Yugi und Yami möglichst schnell nach oben in ihr Zimmer.

Dort verschliesst Yami sofort die Lippen seines Shariks, während er ihn gleichzeitig rückwärts zum Bett dirigiert.

 

Yugi bekommt das so gar nicht wirklich mit, so dass er sich unheimlich erschreckt, als er plötzlich rücklings auf der Matratze landet. „Verdammt, warne mich das nächste Mal bitte vor!“ Gespielt empört greift er nach dem Stoff von Yamis Oberteil und zieht ihn zu sich runter. „Und was hast du jetzt vor?“, spricht er mit deutlich tieferer Stimme, was Yamis Augen leicht aufleuchten lässt.

 

„Ich würde sagen, wir schauen mal, was so passiert...“, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, greift er nach dem Saum von Yugis Oberteil und zieht es ihm über den Kopf. „Zieh dir die Hose aus. Leg dich auf den Bauch und dann massiere ich dich ein wenig.“ Über die plötzliche Röte seines Shariks schmunzelnd richtet sich Yami wieder auf und nimmt die Ölflasche, die seit gestern Abend auf dem Nachttisch steht.

 

So schnell wie möglich zieht sich Yugi bis auf die Shorts aus und legt sich dann wie von seinem Liebsten verlangt auf den Bauch.

 

Nun zögert Yami doch. Nach einem Moment stellt er dann die Flasche wieder hin und zieht sich nun auch bis auf seine Shorts aus.

Vorsichtig kniet er sich jetzt, die Flasche wieder in der Hand haltend, über Yugis Beine. So wie es sein Sharik bei ihm gemacht hat, giesst er eine gute Portion von dem Öl auf die Handfläche. Sich vorbeugend stellt er dann die Flasche wieder auf den Nachttisch, ehe er das Öl zwischen seinen Händen verreibt.

 

Sanft, aber trotzdem kräftig beginnt Yami die Schultern seines Shariks zu massieren, was Yugi genüsslich aufseufzen lässt. Langsam lässt er seine Hände über den Rücken gleiten, bis er den Saum der Shorts erreicht hat.

Nun beugt er sich nach vorn, bis sich seine Lippen neben Yugis Ohr befinden. „Dreh dich um.“ Um das seinem Sharik zu ermöglichen, kniet er sich nun neben ihm hin.

 

Enttäuscht, dass diese zärtliche Massage schon aufgehört hat, dreht sich Yugi auf den Rücken. Doch zu seinem Erstaunen greift Yami nun nach seiner Hand und beginnt diese und den Arm zu massieren. Geniessend schliesst Yugi die Augen und als dann auch noch seine andere Hand und der Arm auf diese Art verwöhnt wird, kann er sich ein genüssliches Seufzen nicht mehr verkneifen.

 

Diese Reaktionen sind es, die Yami dazu bringen, sich wieder über seinen Sharik zu knien. Zwar sind seine Hände inzwischen ziemlich trocken, trotzdem greift er nicht mehr nach der Ölflasche.

Während er nun die Brust massiert, beugt er sich nach vorn und verwickelt Yugi in einen leidenschaftlichen Zungenkuss. Leider kann er ihn jetzt nicht mehr wirklich massieren, aber das scheint seinen Sharik nicht zu stören.

 

Sich dem Kuss hingebend schlingt Yugi seine Arme um Yami und zieht ihn noch weiter zu sich runter. Immer wieder lässt er seine Finger sanft über die weiche Haut gleiten, bis er den Stoff spürt. Nun deutlich vorsichtiger, legt er seine eine Hand auf den Stoff, was seinen Liebsten scharf einatmen lässt. „Soll ich...“ „Nein, mach weiter“, unterbricht Yami seine Frage und bewegt gleichzeitig seine Hüften gegen Yugis.

Deutlich kann er die fiese kleine Stimme in sich hören, die ihn dazu bringen will, aufzuhören. Doch Yami schiebt sie entschlossen zur Seite. Das hier ist sein Sharik und dieser würde die Situation niemals ausnutzen, dass er gerade mit gespreizten Beinen über ihm kniet. Ausserdem tragen sie beide immer noch ihre Shorts.

 

Yugi kann nicht anders, als sich Yami wieder gegen ihn bewegt, hebt er seine Hüften an, was seinen Liebsten unwillkürlich aufstöhnen lässt.

 

Immer wieder bewegen sie sich gegeneinander und lassen ihre Lippen zu leidenschaftlichen Küssen verschmelzen, bis sich Yami plötzlich in den Hüften seines Shariks verkrallt und sich mit einem lauten Stöhnen so heftig gegen ihn bewegt, dass auch Yugi über die Klippe gestossen wird.

 

Schwer atmend lässt sich Yami auf Yugi fallen. „Wow“, mehr kann er beim besten Willen nicht sagen, aber das Lächeln seines Shariks, sagt mehr als tausend Worte, dass dieser ihn verstanden hat.

„Ja. Wow.“ Sanft streicht Yugi eine der verschwitzten Strähnen aus Yamis Gesicht und vereinigt ihre Lippen dann zu einem hauchzarten Kuss.

 

 

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So, Yami hat wohl wieder etwas Neues entdeckt, was ihm Spass macht.

 

Ach ja im eigentlich Nachwort findet ihr noch das Rezept für den Um Ali. Das ich netterweise von Dyunica bekommen habe.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

16 Shorts!

Hallo zusammen,

 

es ist wieder Sonntag und natürlich habe ich ein neues Kapitel für euch. Allerdings ist es diesmal ziemlich kurz, aber irgendwie wollten es nicht mehr Worte werden.

 

Bevor ich euch auf das Kapitel loslasse, möchte ich noch ein paar Gedanken loswerden, die mich in den letzten Tagen beschäftigt haben. Es ist nichts gegen euch, denn ihr seid die tollsten Leser die man sich wünschen kann.

 

Nur Frage ich mich, wie kann jemand auf die Idee kommen, Geschichten von anderen zu kopieren und sie dann irgendwo reinzustellen? Dazu auch noch in einem Forum, in dem die Geschichte schon existiert? Liegt es daran, dass die eigenen Arbeiten nicht so gut ankommen? Nur, sollte man sich dann nicht überlegen, warum sie nicht so gut ankommen und dann an sich selbst arbeiten, um sich zu verbessern? Ich kann es einfach nicht verstehen, denn was ist ein Lob oder ein Kommi oder ein Favoeintrag wert, wenn man ihn sich nicht selbst erarbeitet hat?

 

Ich weiss es einfach nicht, ich weiss nur eins. Seit letzten Sonntag habe ich Angst, dass meine Geschichten und auch die der anderen Autoren von irgendjemandem kopiert werden und irgendwo im Netz landen, wo wir es nicht wollen. Das macht mich traurig.

 

Doch etwas habe ich gemerkt. Dass, auch wenn wir alle mit unseren Geschichten unser eigenes Süppchen kochen und meistens nur über unsere Geschichten miteinander im Kontakt stehen, wir doch zusammenhalten, wenn unsere Geschichten in "Gefahr" sind und das beruhigt mich. Denn, um bei der Suppe zu bleiben. In solchen Momente kochen wir alle zusammen eine grosse Suppe.

 

So, und jetzt habe ich euch genug mit meinem Geschwafel genervt und wünsche euch viel Spass mit dem Kapitelchen.

 

 

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Kapitel 52: 16 Shorts!

 

 

Seufzend legt Sugoroku die nächste Shorts auf den Haufen für die Wäsche, die er vorbehandeln muss. Es reicht ja nicht, dass er schon seit über einer Woche jede Nacht die Ohrstöpsel benutzen muss. Nein, jetzt hat er auch noch mindestens 14 Paar Shorts vorzubehandeln! Was treiben die beiden da nur?

Gerade als er die letzte Shorts in den Eimer mit dem kochenden Wasser und der Kernseife geworfen hat, kommt Yami mit der Bettwäsche in die Waschküche. „Bitte sag mir, dass man euer Laken nicht auch vorbehandeln muss.“ Schon beinahe verzweifelt sieht Sugoroku ihn an.
 

Die Stirn runzelnd erwidert Yami den Blick, während er zu der Waschmaschine geht, um diese nun mit den Kleidern, die nicht aussortiert worden sind, zu befüllen. „Wieso sollte man die vorbehandeln...“, mitten im Satz bricht er ab, als ihm klar wird, worauf Sugoroku hinaus möchte. Woraufhin seine Wangen nun tatsächlich leicht rot werden. „Nein, auf dem Laken sind keine Flecken“, presst er schliesslich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während er hektisch die Wäsche regelrecht in das Fass pfeffert.
 

Von der heftigen Reaktion Yamis überrascht hält Sugoroku kurz inne, ehe er weiter in dem Eimer herumrührt, um die Wäsche in Bewegung zu halten. „Junge, das ist kein Grund so angepisst zu sein. Es war nur eine normale Frage, weil ich das wissen muss. Mich wundert es nur, dass ihr beide diese Flecken in den Shorts habt und dazu hattet ihr auch noch nie so viele in der Wäsche. Das ist alles.“ Vorsichtig nimmt er mit dem grossen Holzlöffel, den er immer für diese Arbeit in der Waschküche aufbewahrt, die erste Shorts aus dem kochenden Wasser. „Ja, das sollte reichen. Hast du in der Waschmaschine noch Platz? Oder hast du schon einen Teil der Bettwäsche eingefüllt?“, fragend dreht er sich zu Yami um, der gerade dabei ist, Seifenstücke in das Fass zu schneiden. „Ich habe nur noch auf die Shorts gewartet.“ Zwar ist er immer noch ziemlich sauer, weil sich Sugoroku seiner Meinung nach wieder zu sehr in ihr Privatleben einmischt, trotzdem kommt er nun äusserlich ruhig mit dem Wäschekorb zu ihm und hilft dabei, die beinahe kochend heisse Wäsche aus dem Eimer zu nehmen. Hat er sich doch schon mal beinahe selbst die Hände verbrannt, als er damals ein Laken unvorsichtig aus dem heissen Wasser genommen hat.
 

Froh, dass er sich jetzt ein wenig ausruhen kann, setzt sich Sugoroku mit einem unterdrückten Stöhnen auf die Bank an der Wand. Dabei reibt er sich den schmerzenden Rücken und beobachtet, wie Yami nun das Fass mit einem gleichmässigen Rhythmus zu drehen beginnt.

„Weisst du, ich freue mich, dass Yugi und du inzwischen so weit gekommen seid. Nur wäre es vielleicht von Vorteil, wenn ihr statt der Shorts ein Tuch benutzen würdet, um zu verhindern, dass das Laken Flecken bekommt. Obwohl das nicht so schlimm wäre. Ein Laken schneidert May nämlich innerhalb von zwei Stunden und wenn wir ihr den Stoff schon fertig zugeschnitten vorbeibringen, dauert es sogar nur halb so lang.“
 

Über den Vortrag genervt, verdreht Yami die Augen. Sagen tut er aber nichts dazu, um endlose Erklärungen und Diskussionen zu vermeiden. Doch dann erinnert er sich an die letzte Nacht, in der er das erste Mal unter Yugi gelegen ist und das ohne Panik. Wie er es sogar nach einer Weile genossen hat, sich einfach fallen zu lassen und seinem Sharik die Kontrolle zu überlassen. Vielleicht bedeutet dies ja, dass er schon bald ihre Zärtlichkeiten auch ohne den schützenden Stoff zwischen ihnen geniessen kann?

In diesen Gedanken versunken, dreht er das Fass automatisch weiter.
 

Als das Gesicht von Yami auf einmal richtiggehend verträumt wird, lehnt sich Sugoroku grinsend zurück. Offensichtlich denkt der Junge wohl gerade an etwas Schönes und dabei will er ihn nicht stören.

Zudem, was sind schon 16 vollgesaute Shorts, wenn sich Yami endlich so weit erholt hat, dass dieser wieder langsam ein normaleres Verhältnis zu seinem Körper und seinen Bedürfnissen entwickelt. Auch wenn er es hasst, wenn er die Wäsche so vorbehandeln muss und das wohl in Zukunft zur Regel werden wird.
 

Unterdessen ist Yugi im Laden damit beschäftigt seine neuesten Stoffe zuzuschneiden. Was sich besonders bei diesen fein gewebten Stoffen von den Ainu als ziemlich schwierig herausstellt. „Na, da wird sich May dann aber freuen, wenn sie diese Stoffe zu einem Kleid verarbeiten darf. Die sind ja beinahe so schlimm wie Seide.“ Vor sich hinmurmelnd faltet er die nächste Stoffbahn zu einem kleinen Ballen zusammen und legt diese zu den anderen in den Korb neben der Verkaufstheke, ehe er sich an die nächste macht.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen, Sharik?“, schmunzelnd lehnt Yami mit verschränkten Armen im Türrahmen, als Yugi regelrecht zu ihm herumwirbelt. „Yami! Musst du mich so erschrecken? Was hättest du gemacht, wenn jetzt ein Kunde gekommen wäre?“

Über den geschockten Gesichtsausdruck seines Shariks leise lachend, stösst sich Yami ab und kommt auf ihn zu, bis er direkt vor ihm steht und sich mit einem Blitzen in den Augen etwas runterbeugt. „Dann wäre ich wie der perfekte Sklave reingekommen und du siehst ja, dass ich ganz brav das Sklavenhalsband trage.“ Für einen Wimpernschlag vereint er ihre Lippen, ehe er sich wieder aufrichtet. „Grossvater schickt mich. Er braucht mich in der Waschküche nicht mehr und die Pferde sind soweit versorgt, dass sie eine Weile ohne mich klarkommen. Also, soll ich dir jetzt helfen?“ Obwohl er fragt, stellt sich Yami schon neben den Stoffballen und beginnt diesen vorsichtig abzurollen. „Der Stoff ist ja wirklich beinahe so weich wie Seide.“ Erstaunt lässt er seine Hände noch einmal über den Ballen gleiten, ehe er von Yugi das Ende entgegennimmt und es vorsichtig auf die Markierung legt.

Weil er jedoch merkt, dass es schwierig ist, eine gerade Kante abzuschneiden und Yugi offensichtlich nicht reissen möchte, hält er für ihn den Stoff auf Spannung. So, wie sie es sonst immer bei der Seide machen.

„Soll ich wieder in den Stall gehen? Oder dir weiter hier helfen?“, fragend sieht er Yugi an, welcher sofort den Kopf nach oben reisst und ihn anfunkelt. „Wehe, du gehst jetzt wieder in den Stall. Der Stoff hat mich vorhin den letzten Nerv gekostet!“

Als Yami das Funkeln in Yugis Augen bemerkt, stellt er sich kerzengerade hin und salutiert todernst. „Wie Sie wünschen, Sharik!“

Weil die Situation so komisch ist, bekommen sie beide einen regelrechten Lachanfall. Sich die Bäuche haltend, krümmen sie sich dabei regelrecht.
 

Auf einmal taucht Yami blitzschnell hinter der Verkaufstheke ab und hält sich krampfhaft die Hände vor den Mund, um auch ja keinen Laut von sich zu geben. Hat er doch durch das Fenster gesehen, dass sich ein Kunde auf die Tür zubewegt und ihm das Risiko, dass dieser einen lachenden Sklaven vorfindet zu gross, weshalb er sich lieber versteckt. Auf die Idee, dass er einfach aus dem Laden gehen könnte, kommt er erst, als sich die Tür schon öffnet.
 

Verwirrt blickt Yugi auf seinen Liebsten und will schon fragen, was denn los ist, als die kleine Glocke über der Tür bimmelt.

Sofort richtet er seine Aufmerksamkeit auf den eintretenden Kunden und würde am liebsten laut losfluchen. „Herr Hong, was verschafft mir die Ehre?“ Mit einem professionellen Lächeln seine Gedanken und Gefühle überspielend, geht Yugi um die Verkaufstheke herum und reicht diesem die Hand.
 

Breit grinsend schüttelt Hong die Hand des jungen Stoffhändlers. „Herr Muto, ich musste unbedingt vorbeikommen und Ihnen von den neuesten Ereignissen in Edo berichten. Ausserdem brauche ich dringend einen schwarzen Samtstoff und Sie verkaufen einfach den besten in der ganzen Präfektur.“

Erleichtert, dass er seine Hand wieder heil zurückbekommen hat, führt Yugi den rothaarigen Mann zu dem Regal, in dem er die wenigen Samtstoffe, die er um diese Jahreszeit im Laden verkauft, aufbewahrt. „Natürlich Herr Hong, dieser schwarze Samt hier ist wie für Sie gemacht.“ Vorsichtig nimmt er einen der Ballen heraus und trägt ihn zu der Verkaufstheke. Den anderen Stoff schiebt er einfach zur Seite. So, dass er den Samt ein wenig darauf ausbreiten kann.

„Also Herr Hong, wie Sie sehen können, ist dieser Samt von ausgezeichneter Qualität und das zu einem Preis von nur 40 Silbermünzen.“ Unauffällig stellt er sich so hin, dass Hong auf keinen Fall Yami sehen kann, der jetzt grinsend an der Theke lehnt.
 

Irgendwie findet er es saukomisch, dass er nun hier unten sitzt und sich vor dieser männlichen Tratschtante versteckt und würde am liebsten so richtig kindisch hochspringen und laut „buh“ rufen.
 

Äusserst penibel prüft Hong den Samt, ehe er zustimmend nickt. „Ja, der ist wirklich von guter Qualität. Allerdings werde ich sicher nicht diesen Preis bezahlen. Ich biete Ihnen... 25 Silbermünzen.“ Die Arme verschränkend, blickt Hong direkt in die Augen seines Gegenübers.
 

Immer noch lächelnd schüttelt Yugi den Kopf. „Das geht auf keinen Fall. Herr Hong, wenn Sie einen so billigen Stoff wollen, dann müssen Sie zur Konkurrenz gehen.“
 

Vor sich hin murrend unterbricht Hong den Blickkontakt, indem er wieder auf den edlen Samt hinunter sieht. „Na gut, dann halt 30 Silbermünzen.“ Auf einmal beginnt er breit zu grinsen. „Jetzt aber mal etwas anderes. Sie waren doch auch in Edo. Haben Sie da vielleicht von dem Skandal gehört? Die Tochter von Gozaburo Kaiba hat doch tatsächlich versucht, den alten Sklaven ihres Vaters für sage und schreibe 50 GOLDMÜNZEN zu kaufen. Stellen Sie sich das mal vor! Dabei hat das damals schon einen riesen Skandal gegeben, weil sie sich angeblich von dem hat nehmen lassen! Und jetzt kommt noch der Hammer!“, nun legt Hong eine dramatische Pause ein. „Es wird erzählt, dass sie sogar schwanger von dem gewesen ist, das Kind dann aber relativ schnell verloren hat! Können Sie sich das vorstellen, Herr Muto? Das wäre der Skandal des Jahrzehnts gewesen! Ganz Edo hat sich damals den Mund über sie zerrissen!“
 

Geschockt hört Yugi zu. „Ähm, das ist ja alles sehr interessant, aber warum erzählen Sie mir das? Ich meine...“ „Herr Muto! Der Besitzer des Sklaven hat das Angebot abgelehnt! Stellen Sie sich das VOR! 50 GOLDMÜNZEN und der lehnt ab. Zu schade, dass ich nicht weiss, wem der Sklave gehört. Ich würde dem Herrn so gern ein paar Fragen stellen“, bedauernd fährt Hong mit der Hand über den Samt.

„Also, ich biete Ihnen 35 Silbermünzen. Was meinen Sie, Herr Muto?“, erwartungsvoll hebt er seinen Blick wieder an.
 

Nur mit Mühe, kann sich Yugi zurückhalten, nicht loszuschreien. „Ja, 35 Silbermünzen sind ein guter Preis. Ich packe Ihnen den Stoff gleich ein.“ Während er den Samt vorsichtig in das Leinen einwickelt, schielt er kurz zu Yami, der stocksteif und mit zu Fäusten geballten Händen dasitzt.

Nur leider kann er nichts tun. Ausser, den Typen schnell loszuwerden.
 

Gegen seine plötzliche Wut auf diesen Kerl ankämpfend, sitzt Yami da und kann sich nur mit Mühe beherrschen nicht aufzustehen und dem Typen die Meinung zu geigen. Nur der Gedanke, dass sein Sharik und Grossvater dann darunter zu leiden hätten, bringt ihn dazu, sich zu beherrschen.
 

Erstaunt, dass Muto nicht weiter verhandelt, zählt Hong die Münzen ab und wartet dann darauf, dass der Stoffballen seinem Sklaven übergeben wird. „Ich würde ja wirklich noch gern ein wenig mit Ihnen plaudern, Herr Muto. Nur wartet die gute Frau Aino auf mich, da ich ihr doch versprochen habe, sie mit den neuesten Neuigkeiten aus Edo zu versorgen und das ist ja wirklich eine Neuigkeit wert. Wer bietet denn schon 50 Goldmünzen für einen Sklaven, der weit jenseits der zwanzig Jahre ist. Das ist doch für einen Lustsklaven uralt und dann ist der Besitzer auch noch so blöd und schlägt das Angebot aus. So einen guten Preis, wird der für den Sklaven doch nie mehr bekommen. Oder was meinen Sie, Herr Muto?“, gespannt sieht er sein Gegenüber an.

Doch zu seiner Enttäuschung, erwidert dieser den Blick nicht, sondern konzentriert sich darauf, den Ballen dem Sklaven zu übergeben. „Also ich hätte das Angebot sicher nicht ausgeschlagen. Schliesslich ist ja jeder Sklave durch ein besseres Exemplar ersetzbar“, versucht er noch einmal die Aufmerksamkeit des anderen zu bekommen.
 

Innerlich brodelnd lächelt Yugi den Typen professionell an. „Da müssten sie den Besitzer des Sklaven schon selbst fragen, warum dieser das Angebot abgelehnt hat.“ Auffordernd streckt er Hong jetzt die Hand entgegen. „Sind das die 35 Silbermünzen?“

Sofort wandern diese in seine Handfläche. Weil er weiss, dass Hong in der Regel sogar darauf besteht, dass die Münzen vor dessen Augen abgezählt werden, legt Yugi sie einzeln in die Kasse. Sobald die Letzte abgezählt ist, schliesst er den Deckel und sieht seinen Kunden jetzt auffordernd an. „Wie immer perfekt abgezählt und ich bin sicher, Frau Aino wird sich über Ihren Besuch freuen.“ Mit steifen Bewegungen geht er um die Verkaufstheke herum und begleitet den Mann zur Tür. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag Herr Hong und grüssen Sie Frau Aino von mir.“
 

„Natürlich werde ich das, Herr Muto. Sie sind ja schliesslich unser liebster Stoffhändler. Die anderen kann man nämlich nicht gebrauchen, die wollen einem ja immer nur das Schlechteste zum teuersten Preis verkaufen. Oh, ich muss los. Auf Wiedersehen.“ Ohne auf seinen Sklaven zu achten, eilt Hong aus dem Laden und dann die Strasse entlang.
 

Erleichtert, dass er den Typen endlich losgeworden ist, schliesst Yugi die Tür und dreht auch gleich den Schlüssel um. Bis zum Mittagessen will er keine Kunden mehr sehen. Nachdem auch das Schild anzeigt, dass der Laden geschlossen ist, geht er langsam zu Yami, der immer noch mit zu Fäusten geballten Händen auf dem Boden sitzt.

„Yami,“ vorsichtig geht er vor ihm in die Knie, um ihn nicht zu erschrecken.
 

„Als ihr Vater damals ins Zimmer geplatzt ist, war sie schon seit zwei Monaten schwanger“, leise spricht Yami die Worte aus. „Allerdings hat sie es ihrem Vater nicht gesagt und das Kind heimlich abgetrieben. Schliesslich geht es ja nicht, dass sie, als Tochter eines Kaibas, den Balg eines Sklaven austrägt. Kurz darauf, bin ich dann verkauft worden, weil Kaiba befürchtete, dass seine Tochter irgendwann schwanger von mir werden könnte und sich somit die Gerüchte verspätet bestätigen würden. Was für eine Ironie.“ Er weiss nicht mehr, ob er deswegen wütend oder erleichtert gewesen ist. Nur jetzt schmerzt die Erinnerung an damals nur noch.

Mit einem unterdrückten Aufschluchzen schmiegt er sich an seinen Sharik, der ihn tröstend umarmt. Immer wieder sieht er sich an der Tür zum Wohnzimmer stehen, in dem Veronika und ihre Freundin sich damals unterhalten haben und er so erfahren hat, dass diese Person von ihm schwanger ist. Schon damals hatte es ihn geschockt, denn auch wenn er wusste, dass diese Frau ihn benutzt hatte, so war ihm bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen, WIE sie mit ihm geschlafen hatte. Da war es schon beinahe eine Erleichterung gewesen, zu hören, dass sie das Kind bei der nächstmöglichen Gelegenheit abtreiben würde.
 

„Ach, Yami.“ Leicht fährt Yugi mit seinen Händen immer wieder über den bebenden Rücken seines Liebsten. Nur schwer kann er sich vorstellen, wie es in ihm jetzt aussehen muss und nicht zum ersten Mal wünscht er sich, dass er es diesen Mistkerlen heimzahlen könnte, die Yami so gequält haben.
 

Sich fragend, wo die beiden Jungs bleiben, schliesslich ist es schon längst Zeit fürs Mittagessen, geht Sugoroku in den Laden. Als erstes fällt ihm auf, dass das Schild auf geschlossen steht, erst danach sieht er die beiden auf dem Boden knien, beziehungsweise sitzen.

Besorgt eilt er auf sie zu. „Was ist passiert?“ Mit knackenden Kniegelenken geht er neben Yami in die Hocke, der sein Gesicht jedoch in Yugis Oberteil vergraben hält.

Ohne seinen Griff zu lockern hebt Yugi den Blick. „Hong war hier und hat erzählt, dass wir in Edo wohl Gesprächsthema Nummer eins wären, weil bekannt geworden ist, dass jemand fünfzig Goldmünzen für einen Sklaven ausgeschlagen habe und dabei hat er auch noch etwas weiter ausgeholt und davon erzählt, dass dieses Miststück von Yami schwanger gewesen sein soll, das Kind jedoch verloren hat.“ Weil sich Yami nun noch mehr an ihn drückt, senkt Yugi kurz den Blick, ehe er mit brechender Stimme weiter erzählt.

„Daran ist sogar etwas Wahres dran. Der Unterschied ist nur, dass sie das Kind ohne das Wissen ihres Vaters abgetrieben hat und der wohl bis heute nicht weiss, dass sie tatsächlich schwanger gewesen ist.“ Nun kommen auch ihm die Tränen, die er jedoch sofort wieder versucht zu unterdrücken. Schliesslich muss er jetzt für Yami stark sein und ihn trösten.
 

Geschockt stützt sich Sugoroku am stabilen Holz der Verkaufstheke ab. Nie hat er so eine... ihm fehlen dafür die Worte, gehört.

Es dauert ziemlich lange, bis er sich zumindest wieder so weit gefangen hat, dass ihm seine Stimme wieder gehorcht. „Ich... muss gestehen, dass ich sprachlos bin.“ Mit einem leisen Ächzen steht er auf und legt seine Hand beruhigend auf Yugis Schulter. „Ich gehe dann mal den Pferden ihr Heu in die Boxen hängen und koche uns dann mal Kakao. Auf den Schock hin, können wir den sicher gebrauchen.“ Mit einem leichten Lächeln, das seinen Enkel ein wenig aufmuntern soll, zieht er seine Hand wieder zurück und geht zur Tür. „Wenn ihr soweit seid, dann kommt in die Küche. Egal, wie lange es dauert, gib Yami die Zeit, die er jetzt braucht, um sich wieder ein wenig zu fangen.“
 

In der Küche setzt sich Sugoroku allerdings zuerst an den Tisch und stützt seinen Kopf auf seine Hände. „Das Schicksal ist wirklich ein Bastard zu dem Jungen. Obwohl, vielleicht ist es ja ganz gut, dass das Kind nie geboren worden ist.“

Seufzend steht er wieder auf. Schliesslich kocht sich der Kakao nicht von allein.

Die Milch ist gerade heiss geworden, als Yugi mit einem sichtlich blassen Yami in die Küche kommt, der sich schon beinahe krampfhaft an dessen Hand festhält und diese auch nicht loslässt, als er sich an den Tisch setzt.

Ohne ein Wort zu sagen, stellt Sugoroku für seinen Enkel einen Stuhl neben Yamis.

„Danke“, mit einem Blick zu seinem Liebsten, setzt sich Yugi hin und nimmt dann auch den Kakao mit einem dankbaren Nicken entgegen. Denn auch ihn hat die ganze Sache geschockt, weshalb er froh ist, dass er seine Nerven mit dem heissen Getränk wenigstens ein bisschen beruhigen kann.
 

Nur von fern nimmt Yami seine Umgebung wie durch einen dicken Nebel wahr und auch der süsse Geschmack des Kakaos dringt nicht wirklich zu ihm durch. Automatisch leert er seine Tasse und isst die gute Gemüsesuppe, die schon seit dem frühen Morgen auf dem Herd vor sich hin geköchelt hat.
 

Voller Sorge wird er dabei von Sugoroku gemustert, der dann nach dem Essen aufsteht und ins Bad geht, um die Baldriantinktur zu holen. Anders wird der Junge diesmal wohl nicht aus seinem Tief herausfinden. Auch wenn er ihm nur ungern von dieser Medizin gibt. Könnte es von ihm doch so aufgefasst werden, dass er ihn wie seine Vorbesitzer unter Drogen setzen möchte.
 

Wieder in der Küche blickt er prüfend zu Yami und entscheidet sich dann schweren Herzens dafür ihm die doppelte Menge zu geben, damit dieser auch wirklich ein wenig schlafen kann.

Nach einem Blick zu Yami gibt er eine gute Menge in einen Teelöffel und hält ihm diesen vor den Mund. „Aufmachen. Es schmeckt schrecklich, aber es hilft.“ Zu seiner Überraschung wird die bittere Medizin ohne zu murren geschluckt. „So und jetzt gehst du dich hinlegen. Yugi übernimmt heute den Stall für dich und ich koche dir noch einen beruhigenden Tee und stelle mich dann in den Laden.“

Jetzt rechnet er wirklich mit einem Widerspruch, denn so schnell lässt sich Yami die Pferde in der Regel nicht wegnehmen. Doch auch jetzt sagt Yami nichts, sondern steht nur wie ferngesteuert auf und verlässt die Küche.

Als sie dann auch noch kurz darauf die Treppe knarren hören, sehen sie sich geschockt an. „Es muss ihm wirklich schlecht gehen, wenn er ohne etwas zu sagen, einfach auf dich hört.“ Durchbricht Yugi nach einer Weile die Stille.

„Ja, das tut es. Weisst du, bis jetzt war es ihm zwar bewusst, dass damals sein ungeborenes Kind umgebracht worden ist, aber erst jetzt ist es ihm auch emotional klar geworden und das in Kombination mit den ganzen Umständen...“, nicht wissend, wie er es weiter erklären soll, bricht Sugoroku ab.
 

Trotzdem versteht Yugi, was ihm sein Grossvater sagen möchte. Mit einem Seufzen, reibt er sich die Schläfen. „Obwohl es schlimm ist, ist es vielleicht besser so. Wer weiss, was sonst aus dem Kind geworden wäre.“ Weil er etwas tun muss, steht Yugi auf und beginnt die Teller zusammenzuräumen.
 

Oben im Zimmer liegt Yami unter der Decke und kuschelt mit seinem Osis. Dabei spürt er, wie er sich langsam beruhigt und seine Augenlider immer schwerer werden. Noch kämpft er dagegen an, will er doch nicht riskieren wieder Albträume zu bekommen. Besonders weil immer wieder die Ereignisse von damals vor seinem inneren Auge an sich vorbeiziehen.

Schliesslich fällt er trotz seiner Gegenwehr in einen unruhigen Schlaf, aus dem er auch nicht aufwacht, als am Abend Yugi ins Bett kommt.
 

Mit einem traurigen Lächeln fährt Yugi noch auf dem Bett sitzend seinem unruhig schlafenden Liebsten sanft über die Wange. „Ach Yami.“

Seufzend legt er sich nach einer Weile auf den Rücken und blickt mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an die Decke, bis er auf einmal neben sich eine Bewegung wahrnimmt. Immer noch schlafend kuschelt sich Yami mit dem roten Drachen im Arm an seine Seite, was Yugi nun trotz seiner Wut und Trauer darüber, was seinem Liebsten und dem ungeborenen Leben angetan worden ist, leicht schmunzeln lässt. Vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, legt er seinen Arm um die Schultern seines Liebsten und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut und morgen wird die Welt hoffentlich wieder ein wenig besser aussehen.“

Zu seiner Erleichterung wird Yamis Schlaf langsam aber sicher deutlich ruhiger. Weshalb er nach einer gefühlten Ewigkeit auch die Augen schliesst und in einen traumlosen Schlaf hinübergleitet.
 

 

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Ich hoffe, ich habe euch nicht mit meinen Gedanken am Anfang abgeschreckt.

 

Tja, so ein Zusammenbruch war leider mal wieder überfällig. So einfach kann Yami seine Vergangenheit leider nicht hinter sich lassen. Naja, im nächsten Kapitel wird es dann hoffentlich wieder besser aussehen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitelchen gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

 

Spielenacht

Hallo zusammen,

 

erst einmal eine ganz grosse Entschuldigung, dafür dass das letzte Kapitel nicht so gut gewesen ist, wie gewohnt. Darum habe ich es nach einem Hinweis von Seelendieb, noch einmal durchgelesen und mit Schrecken bemerkt, dass ich Yamis Part so ziemlich vernachlässigt habe.

 

Darum habe ich das Kapitel noch einmal überarbeitet und noch am selben Tag korrigiert hochgezogen. Das war kurz nach 21 Uhr. Darum lest das Kapitel doch noch einmal. Natürlich nur, wenn ihr wollt, wenn ihr es vor 21 Uhr gelesen habt.

 

Noch einmal eine riesen Entschuldigung und einen grossen Dank an Seelendieb, die so ehrlich zu mir gewesen ist und mir die Augen geöffnet hat.

 

Deswegen ist dieses Kapitel allen Kommischreibern gewidmet, die auch ehrlich kritisieren, wenn sie der Meinung sind, dass etwas nicht gut ist.

 

 

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Kapitel 53: Spielenacht

 

 

Obwohl es mitten in der Nacht ist, liegt Yami hellwach im Bett. Schon seit einer ganzen Weile liegt er ruhig da und betrachtet durch das Fenster den Vollmond.

Als sich nun aber Yugi im Schlaf an ihn kuscheln möchte, setzt er sich auf und nach einem Moment des Überlegens steigt er sogar aus dem Bett und verlässt das Zimmer. Denn auch wenn es vermutlich erst kurz vor drei Uhr morgens ist, verspürt er jetzt das dringende Bedürfnis nach einer heissen Dusche.

So leise wie möglich schleicht Yami durch den dunklen Flur ins Wohnzimmer, um dort die Öllampe auf dem kleinen Schachtisch zu holen. Will er doch nicht Yugi aus Versehen aufwecken, indem er noch im Schlafzimmer eine Lampe anzündet.

 

Als das warme Licht der Flamme den Raum erhellt, atmet Yami tief durch, ehe er die Öllampe nimmt und nach unten geht. Wobei er versucht den knarrenden Brettern so gut wie möglich auszuweichen. Nachdem er die Tür des Badezimmers hinter sich zugezogen hat, stellt er die Öllampe auf den Hocker neben der Tür. Will er doch nicht riskieren, dass die Lampe durch verirrtes Wasser ausgeht und er sich dann hier in dem stockdunklen Raum herumtasten muss.

 

Mit einem Seufzen hält Yami sein Gesicht mit geschlossenen Augen in den warmen, ja beinahe heissen Wasserstrahl. Noch immer glaubt er den Ekel und den Schock von damals zu spüren, nur dass es sich jetzt seltsamerweise um ein vielfaches schlimmer anfühlt.

Er weiss nicht, wie lange er so dagestanden hat, bis er nach der Seife greift. Zwar kann die Seife sein Inneres nicht reinigen, trotzdem tut es ihm gut, dass er sich mit der duftenden Seife waschen kann. Erst als seine Haut sich schon beinahe wund anfühlt, legt er die Seife wieder zur Seite und steigt dann vorsichtig aus der Wanne.

 

Obwohl seine Haut nach dem Abtrocknen immer noch leicht feucht ist, zieht sich Yami seine Shorts wieder an.

 

Oben vor dem Schlafzimmer zögert er dann und geht dann rüber ins Wohnzimmer, wo er sich mit hochgezogenen Beinen auf das Sofa setzt.

 

Gähnend steht Sugoroku auf und verflucht mal wieder seine Blase, die ihn wie immer mitten in der Nacht aus dem Bett treibt. Im Flur sieht er dann überrascht, dass im Wohnzimmer wohl eine Öllampe brennt. Allerdings drückt ihn seine Blase inzwischen ziemlich nachdrücklich, weshalb er erst nach unten ins Bad geht.

Dort bemerkt er erstaunt, dass die Wand hinter der Badewanne leicht feucht ist, so als ob jemand vor kurzem geduscht hat.

Nur wer von den beiden Jungs ist denn um diese Zeit schon wach und duscht auch noch?

Sich das fragend, geht Sugoroku wieder nach oben, aber statt in sein Zimmer zu gehen, steuert er das Wohnzimmer an und sieht dann erstaunt, wer da auf dem Sofa sitzt. „Yami? Was machst du denn hier? Kannst du nicht mehr schlafen?“

Langsam, weil er nun richtiggehend verschreckt angesehen wird, stellt Sugoroku seine Lampe auf die Kommode neben der Tür und geht dann zum Sofa, wo er die leichte Wolldecke von der Armlehne nimmt. Noch immer achtet er darauf, keine zu hektischen Bewegungen zu machen, als er sich nun hinter das Sofa stellt und die Decke leicht um Yamis Schultern legt. „So fühlst du dich nicht so nackt“, beruhigend lächelnd sieht er ihn an, als sich dessen Blick erstaunt auf die Decke richtet.

 

Kaum liegt die Decke um seine Schultern, fühlt sich Yami in der Gegenwart seines Grossvaters gleich viel ruhiger. Weshalb er nun auch nicht mehr jede Bewegung des alten Mannes mit den Augen verfolgt.

 

Bewusst ruhig setzt sich Sugoroku neben Yami auf das Sofa und mustert ihn nun genau. „Was ist los?“, absichtlich fragt er nicht genauer nach, um ihm die Möglichkeit zu geben, ihm auszuweichen.

 

Lange denkt Yami über die Frage nach. Will er sie wirklich beantworten? „Ich war damals geschockt, als ich erfahren habe, wie diese Person mich unter dem Einfluss von Sulave benutzt hat. Bis zu dem Zeitpunkt war es mir nämlich nicht klar gewesen, da ich mich danach immer nur daran erinnern konnte, wie sie mich ans Bett gefesselt hat und mir das Zeug gespritzt hat.“ Bricht es plötzlich aus ihm heraus, ehe er bitter auflacht. „Weisst du, die Wirkung tritt nämlich schon nach ein paar Minuten ein und so lange hat sie immer gewartet.“ Lange schweigt Yami nun und wundert sich dabei, dass sein Grossvater nichts sagt.

 

Sugoroku weiss genau, dass auf irgendeine Reaktion von ihm gewartet wird, aber er verkneift sich absichtlich jeden Kommentar und seine Geduld wird belohnt.

 

„Ich fühle mich so schmutzig und auch schuldig, weil ich damals nichts unternommen habe, weil ich mich nicht gewehrt habe und einfach zugelassen habe, dass sie mein Kind umbringt.“ Ohne dass er es verhindern kann, beginnt Yami wieder zu schluchzen. „Warum? Warum habe ich nicht mehr gekämpft? Wieso habe ich irgendwann einfach aufgehört zu kämpfen und mich einfach ergeben?“

 

Sugoroku kann nicht anders. Obwohl er nicht weiss, ob es das Richtige ist, schlingt er seine Arme um Yamis Oberkörper und zieht ihn sanft an sich ran. „Ist ja gut. Lass es raus.“ Wie ein Kind wiegt er ihn sanft hin und her. Spürt er doch instinktiv, dass Yami jetzt den Trost eines Vaters braucht und nicht den eines Freundes oder Geliebten.

Erst als das Schluchzen verstummt, hört er auf ihn hin und her zu wiegen. „Mein Junge, du hast nichts falsch gemacht. Du hast überlebt und wenn du damals weiter offen weitergekämpft hättest, dann wärst du jetzt nicht hier.“

 

Aufmerksam hört Yami in Sugorokus Arme gekuschelt zu. „Bin ich denn kein schlechter Mensch, weil ich irgendwie sogar froh bin, dass sie mein Kind umgebracht hat?“, deutlich ist aus seiner Stimme herauszuhören, wie sehr er an sich selbst zweifelt.

 

Tief seufzt Sugoroku nun auf. „Ach Yami, du bist doch kein schlechter Mensch. Im Gegenteil, es zeigt doch, was für ein guter Mensch du bist. Denn unbewusst weisst du, dass dein Kind als Sklave oder Bastard in diesem Haus kein schönes Leben gehabt hätte.“ Leicht drückt er Yami von sich weg und legt dafür seine Hände auf dessen Wangen. Lächelnd sieht er nun in die Augen, die schon zu viel Leid gesehen haben. „Denk immer daran, dass wir immer für dich da sind. Du bist ebenso mein Enkel, wie es Yugi ist und ich bin unglaublich stolz auf dich.“

Spontan zieht er Yami wieder in eine Umarmung.

 

Diese Worte lassen eine schwere Last von Yamis Herzen fallen, von der er bis jetzt gar nicht wirklich gewusst hat, dass er sie mit sich rumgetragen hat. „Grossvater. Ich hatte noch nie einen Grossvater, sondern immer nur Tante Amina.“

 

Mit wehen Herzen denkt Sugoroku nach dessen Worten an seine Amara. Wie gern würde er Yami erzählen, was er weiss, aber dafür ist es leider noch viel zu früh.

„Was hältst du von einem kleinen Spiel? Ich denke nämlich, dass wir beide heute Nacht nicht mehr schlafen werden. Oder?“, lächelnd sieht er Yami an, als dieser sich mit einem erstaunten Gesichtsausdruck von ihm löst. „Was willst du denn spielen? Ich glaube nämlich nicht, dass ich mich momentan auf Schach konzentrieren könnte.“ Darauf wettend, dass sein Grossvater nun genau das vorschlagen wird, wartet er gespannt auf eine Antwort.

Doch Sugoroku steht nur mit einem breiten Grinsen auf und holt einen Stapel Karten aus der obersten Schublade der Kommode.

 

Verwirrt blickt Yami auf die Spielkarten, die Sugoroku auf den Tisch legt, ehe auch die zweite Öllampe auf den Couchtisch gestellt wird.

„Also, auch wenn ich jetzt vermutlich das erste Mal im Schach eine richtige Chance gegen dich haben würde, spielen wir jetzt ein ganz leichtes Kartenspiel.“ Kurz durchsucht er den Stapel nach den richtigen Karten, um Yami das Spiel zu erklären. „Also, wir haben beide gleich viele Karten in der Hand, so dass wir sie nicht sehen können. Dann decken wir abwechselnd die oberste Karte auf und sobald die erste zehn aufgedeckt wird, legt man sie hin und darf dann weitermachen. Erst wenn die zehn liegt, darf man die nächsten Karten aufsteigend oder absteigend, der Reihe nach dazulegen, aber auch nur die Farben, von denen die zehn schon liegt. Sobald man nicht mehr ablegen kann, kommt der andere Spieler wieder dran und wer zuerst keine Karten mehr hat, der hat gewonnen. Hast du das verstanden?“, fragend blickt er zu Yami, der nach einem Moment nickt.

„Das ist also ein reines Glücksspiel, keine Taktik, rein gar nichts. Das sollte ich hinkriegen.“ Sobald Sugoroku die Karten wieder sorgfältig gemischt hat, bekommt er von diesem die eine Hälfte des Stapels in die Hand gedrückt. „Du kannst anfangen, Yami.“

Auffordernd nickt er Yami zu, der nun gespannt die erste Karte umdreht. „Mist ein Ass“, enttäuscht, dass er noch nicht ablegen kann, schiebt Yami die Karte unten in seinen Stapel zurück.

Schmunzelnd deckt Sugoroku nun seine Karte auf. „Eine sechs. Du bist wieder dran.“

 

Im Flur zieht sich Yugi erleichtert, dass sich Yami bei Grossvater ausgeweint hat, leise wieder zurück. Hat er doch beinahe das ganze Gespräch der beiden mitbekommen, nachdem er auf der Suche nach seinem Liebsten das Licht im Wohnzimmer entdeckt und leise Stimmen gehört hat.

Allerdings geht er nicht zurück ins Bett, sondern nach unten in die Küche, wo er den Herd anfeuert, um für sie alle Tee zu kochen.

Damit es ein wenig schneller geht, hängt er das gefüllte Teeei schon ins Wasser, ehe er den Topf auf die jetzt endlich heisse Platte stellt.

Während Yugi darauf wartet, dass das Wasser kocht, stellt er drei Tassen auf den Tisch und gibt in die blaue Tasse, die Yami immer benutzt, einen grossen Teelöffel Honig.

Als dann endlich der Tee fertig ist, füllt er diesen vorsichtig in die drei Tassen und geht wieder nach oben.

Schon im Flur kann Yugi seinen Grossvater jubeln hören, weil dieser wohl gerade gewonnen hat.

 

Kopfschüttelnd beobachtet Yami, wie sich Sugoroku darüber freut, dass dieser als erster keine Karten mehr in der Hand hält.

Dabei kommen ihm auf einmal die Worte seines Vaters in den Sinn. „In deiner Position kannst du es dir niemals erlauben zu verlieren. Du musst immer auf den Sieg hinarbeiten, was er dich auch kosten mag.“ Sich nun die Nasenwurzel reibend, versucht sich Yami daran zu erinnern, wann er diese Worte gehört hat und was noch wichtiger ist, warum ihm diese sein noch namenloser Vater gesagt hat.

 

Auf einmal bemerkt er bei der Tür eine Person, was ihn unwillkürlich lächeln lässt. „Sharik, was machst du denn hier?“ Aufmerksam beobachtet er, wie Yugi mit den drei Tassen zu ihnen kommt und rutscht sofort zur Seite, damit dieser sich neben ihn setzen kann.

 

Kaum hat sich Yugi hingesetzt, drückt er seinem Grossvater und dann auch Yami ihre Tassen in die Hand. „Hier, wenn wir schon mitten in der Nacht zusammensitzen und eine Spielerunde machen, dann können wir auch Tee trinken.“ Bewusst erwähnt er nicht, dass er das Gespräch der beiden mit angehört hat.

 

Die blaue Tasse in der Hand haltend, gibt Yami ihm einen hauchzarten Kuss. „Danke, magst du auch mitspielen? Grossvater schuldet mir jetzt nämlich eine Revanche.“ Schmunzelnd sieht er zu Sugoroku, der gerade einen Schluck Tee nimmt und dann die Stirn runzelnd in die Tasse blickt. „Sag mal Yugi, hast du das Teeei wieder ins kalte Wasser getan, um Zeit zu sparen? Du weisst doch, dass der Tee langsam im heissen Wasser ziehen muss, um wirklich gut zu schmecken.“ Eine Augenbraue tadelnd hebend, mustert er seinen Enkel, der ertappt den Kopf einzieht. „Ja, aber sonst geht es doch immer so lange und ich wollte schnell hier sein, um euch Gesellschaft zu leisten.“

 

Neugierig, was Sugoroku meint, nimmt Yami nun auch einen Schluck von seinem Tee, der zu seiner Freude von Yugi sogar mit Honig gesüsst worden ist. „Ja, es schmeckt etwas anders, als sonst, aber der Tee ist trotzdem lecker.“ Wieder gibt er Yugi ein Küsschen, diesmal aber auf die Wange. „Danke für den Honig.“

 

Mit leicht geröteten Wangen nimmt Yugi nun auch einen Schluck und muss leider innerlich zugeben, dass sein Grossvater Recht hat. Der Tee schmeckt wirklich nicht so gut, wie sonst. Trotzdem trinkt er die Tasse leer, ehe er sie auf den Tisch stellt und sich dann leicht an seinen Liebsten lehnt. Erst jetzt fällt ihm bewusst auf, dass um dessen Schultern die leichte Wolldecke liegt und das obwohl es im Zimmer ziemlich warm ist.

 

Natürlich bemerkt Yami den erstaunt fragenden Blick seines Shariks, als dieser die Decke mustert. „Grossvater war so nett und hat sie mir um die Schultern gelegt, weil ich sonst nur in meinen Shorts hier sitzen würde...“

Um sich irgendwie zu beschäftigen stellt er seine Tasse neben Yugis und schiebt dann die Karten zusammen, um sie für eine weitere Spielrunde sorgfältig zu mischen.

Erst, als er der Meinung ist, dass die Karten wirklich gut gemischt sind, verteilt er sie gerecht auf drei Stapel.

„Yugi, du fängst an“, bestimmt Yami dann einfach über den Beginn des Spiels. Was sowohl Yugi als auch Sugoroku zum Schmunzeln bringt.

 

Immer wieder drehen sie nun die Karten um und legen sie nach Möglichkeit ab, bis sich der Tisch deutlich gefüllt hat.

Je weniger Karten Yami in der Hand hält, desto mehr spannt er sich an, weil er nur darauf wartet, dass er wieder ablegen kann. Weiss er doch ganz genau, dass von den anderen beiden nur noch eine bestimmte Karte abgelegt werden muss, damit er in der nächsten Runde direkt ablegen und dann auch gleich mehrere Karten hintereinander loswerden kann. Doch dann legt Yugi eine Karte nach der anderen ab und platziert dann sogar als letztes das Ass am Ende der Herzreihe.

 

„Ha, ich habe gewonnen“, klatscht Yugi vor Freude in die Hände, ehe er sich grinsend zurücklehnt. „So, jetzt bin ich aber gespannt, wer von euch beiden den zweiten Rang belegt.“ Doch zu seiner Überraschung, sitzt sein Liebster nur vollkommen ruhig da, als dieser nach Sugoroku an die Reihe kommen würde. „Yami? Du bist dran.“

 

Auf einmal lässt Yami die Karten fallen und rennt schon beinahe aus dem Zimmer. „Was?“, erschrocken sehen sich Yugi und sein Grossvater an, bis Sugoroku ihm zunickt. „Geh ihm nach, ich räume hier auf.“

Sofort springt Yugi auf, schnappt sich eine der Lampen und geht rüber in das Schlafzimmer, weil er vermutet, dass sich sein Liebster da aufhält.

 

Tatsächlich findet er Yami in dessen eigenem Zimmer im Dunkeln auf dem Bett sitzend vor und klettert, nachdem er die Lampe auf den Tisch gestellt hat, einem Instinkt folgend einfach neben ihm auf die Matratze. Sich wie sein Liebster mit dem Rücken an die Wand lehnend, mustert er ihn. „Was hast du denn? Es war doch nur ein Spiel.“ Leicht umgreift er eine von Yamis Händen, was zu seinem Erschrecken dazu führt, dass sich dieser komplett verspannt.

 

Angespannt sitzt Yami da und versucht die Bilder aus seiner Kindheit wieder loszuwerden. „Ich durfte nie gegen andere verlieren!“, bricht es plötzlich aus ihm heraus. In dem Versuch die Bilder zu vertreiben, schliesst er die Augen. Nur sieht er sie jetzt noch deutlicher und spürt nun auch regelrecht, wie seine Wange brennt.

Unwillkürlich legt Yami die Hand auf diese Stelle. „Ich habe es darum immer vor meinem Vater verheimlicht, weil ich damals Angst hatte, dass ich dann nicht mehr spielen darf. Nur hat er es wohl irgendwie herausgefunden. Er hat getobt und mir dann sogar noch eine Ohrfeige verpasst, weil ich im Schach gegen jemanden verloren hatte.“

Geschockt hört Yugi zu und kann es nicht glauben, was er da gerade hört. „Wie alt warst du da?“, rutscht es ihm nach ein paar Sekunden heraus. Was seinen Liebsten die Schultern kurz anheben lässt. „Vielleicht so neun oder zehn. Ich weiss es nicht mehr genau. Ich weiss nur eins. Ich durfte nur gegen meinen Lehrer oder meinen Vater verlieren, wenn dieser denn mal Zeit für mich hatte, weil sie mir Schach ja beigebracht haben.“

Auf einmal wird er von den Armen seines Shariks umschlungen. Sich an ihn lehnend, seufzt er traurig auf. „Wenn mein Leben vor meiner Versklavung auch so scheisse gewesen ist, wie danach, dann will ich mich gar nicht daran erinnern und nur mit dir und Grossvater im Hier und Jetzt leben.“

 

Tröstend hält Yugi seinen Liebsten im Arm und krault ihm sanft den Nacken. „Ach Yami. Es war doch sicher nicht alles schlecht. Denk nur an deine Tante Amina. So wie du es mir erzählt hast, war sie immer wie eine Mutter zu dir. Willst du dich wirklich nicht noch mehr an sie erinnern? Oder an deine Schwester?“ Kaum hat Yugi die Worte ausgesprochen, beginnt Yami zu schluchzen. Über die Reaktion erschrocken, verstärkt er sofort seine Umarmung.

 

Seine Tränen nicht mehr zurückhaltend lässt Yami seiner Wut über seinen Vater freien Lauf. Wieso hat ihm dieser Mann nur all das angetan? Wieso durfte er nicht wie ein normales Kind aufwachsen?

 

Nachdem er sich wieder beruhigt hat, lässt er seine Gedanken zu Tante Amina und Kisara schweifen. Ja, er will sich wieder richtig an diese beiden Menschen erinnern und nicht nur so bruchstückhaft, wie es bis jetzt der Fall ist.

„Yugi, darf ich wirklich verlieren, ohne dass es Konsequenzen hat?“, fragend hebt er nun seinen Kopf von der Schulter seines Shariks und sieht ihn aus verweinten Augen an.

Lächelnd erwidert Yugi den Blick, während er ihm sanft über die immer noch feuchten Wangen streichelt. „Natürlich darfst du verlieren. Das tue ich gegen Grossvater und dich doch andauernd. Weisst du, es muss immer Gewinner und Verlierer geben und das ist doch auch gut so. Denn das macht die Spiele interessant.“

Nachdenklich senkt Yami nun die Augen auf seine Hände. Widersprechen die Worte seines Shariks doch denen, die er als Kind verinnerlichen musste und die ihm so mit der Zeit die Freude an Spielen, bei denen es ums Gewinnen geht, genommen haben.

Innerlich schüttelt er den Kopf. An so vieles erinnert er sich inzwischen, aber noch immer ist es ihm ein Rätsel, wer er wirklich gewesen ist. Denn nur bei den Erinnerungen, die mit Tante Amina zusammenhängen, ist er wenigstens bei seinem Vornamen genannt worden. Sonst nie! Was hat das nur zu bedeuten?

Sich seine Gedanken nicht anmerken lassend, hebt Yami seinen Blick wieder an und lächelt Yugi nun leicht an. „Die Sonne wird gleich aufgehen, was hältst du davon, wenn wir rausgehen und uns das Schauspiel auf der Hintertreppe sitzend ansehen?“ Leicht neigt er den Kopf ein wenig zur Seite und sieht seinen Sharik dabei so verführerisch an, dass dieser unwillkürlich aufstöhnt.

 

Yugi würde nun spontan lieber etwas ganz anderes machen, als sich diesen blöden Sonnenaufgang anzusehen. Trotzdem nickt er zustimmend und lässt sich sogar von seinem Liebsten aus dem Bett ziehen.

 

Kaum stehen sie beide neben dem Bett, schlingt Yami die Arme um seinen Sharik und zieht ihn an sich ran. „Danke, dass du immer für mich da bist, wenn ich dich brauche.“ Wie einem Schmetterling gleich, haucht er einen Kuss auf Yugis Lippen, ehe er ihn wieder loslässt, nun jedoch dafür nach dessen Hand greift. „Na komm, bevor wir den Sonnenaufgang noch verpassen.“

 

Nicht wissend, was er sagen soll, lässt sich Yugi ohne ein Wort zu sagen von seinem Liebsten mit nach unten ziehen.

 

Schliesslich setzen sie sich nebeneinander auf die Hintertreppe. Sofort lehnt sich Yugi an Yami, der daraufhin lächelnd den Arm um ihn legt.

So dasitzend geniesst er das erste Mal den Anblick des Sonnenaufgangs. Hat er doch sonst nicht wirklich viel für dieses Naturschauspiel übrig, da es für ihn viel zu früh am Morgen stattfindet. Doch so mit Yami dasitzend, ist es schon etwas ganz anderes, weshalb er den Kopf nun auf dessen Schultern legt und genüsslich aufseufzt, als er spürt, wie sich nun Fingerspitzen leicht über seine nackte Haut bewegen.

 

Yami liebt diese ruhige Zeit, in der die Nacht in den Tag übergeht und jetzt hier mit seinem Sharik gemeinsam zu sitzen, macht diesen magischen Moment noch schöner. Besonders weil er weiss, dass Yugi sonst eigentlich nicht wirklich viel für Sonnenaufgänge übrig hat.

Den Blick auf den nun in einem leuchtenden Rot erstrahlenden Himmel gerichtet, lässt er seine Finger immer wieder über Yugis nackten Oberkörper gleiten. Trägt doch dieser wie er nur Shorts.

 

Im Flur lehnt sich Sugoroku erleichtert, dass sich Yami wieder beruhigt hat, seitlich an die Wand. Dabei verflucht er in Gedanken den Vater des jungen Mannes. Wie kann man ein Kind nur bestrafen, weil es in einem Spiel verliert?

Allerdings wird ihm jetzt auch klar, weshalb Yami so perfekt Schach spielt, dass nicht einmal Rebecca, die schon seit Jahren nicht mehr in diesem Spiel besiegt worden ist, eine Chance gegen ihn hatte. Der Junge muss ja geradezu auf Perfektion getrimmt worden sein!

Auf einmal kommen ihm die Worte wieder in den Sinn, die Amara einst zu ihm gesagt hat.

 

„Atemu war schon mit gerade mal sechs Jahren oft so ernst wie ein Erwachsener. Viel zu selten habe ich ihn lachen oder entspannt spielen gesehen. Nur wenn ich ihm vorgelesen habe, war er immer wie der kleine Junge, der er eigentlich gewesen ist. Dann haben seine Augen immer regelrecht geleuchtet.“

 

Mit einem traurigen Blick auf seine beiden Enkel geht Sugoroku in die Küche, um dort das Frühstück vorzubereiten.

 

Als das Rot des Sonnenaufgangs schon beinahe verblasst ist, steht Yami auf. „So langsam sollte ich mich wohl duschen und anziehen gehen.“ Sanft hilft er Yugi auf die Beine und gibt ihm dann einen zarten Kuss. „Es war schön, hier mit dir zu sitzen und wenn du wieder einmal so früh wach bist oder du am Abend zum Sonnenuntergang Zeit hast, würde ich mich freuen, wenn wir dieses kleine Date wiederholen könnten.“

 

Erst jetzt wird Yugi wirklich bewusst, was dieses kleine Zusammensitzen und dabei den Sonnenaufgang zu beobachten, für seinen Liebsten bedeutet hat. „Ja, das war es wirklich.“ Die Hand in Yamis Nacken legend, zieht er ihn ein wenig zu sich runter und verwickelt ihn in einen Kuss voller Liebe.

Als sie sich wieder von einander lösen, lächelt er ihn an. „Mein Herz gehört dir.“ Die Hand nun auf die nackte Brust seines Liebsten legend, sieht er ihn an. „Ich wiederhole das gern mit dir und so ein Date ist wirklich schön.“ Dabei stolpert er beinahe über den ungewohnten Ausdruck, den er zwar kennt, aber selbst noch nie benutzt hat.

Lange versinken sie in den Augen des jeweils anderen, bis sich Yami bedauernd abwendet. „Ich muss mich jetzt wirklich fertig machen und mich um die Pferde kümmern.“ Schnell gibt er Yugi noch einen Kuss, ehe er sich umwendet und ins Haus geht.

 

Yugi folgt ihm nach einem Blick in den Himmel deutlich langsamer ins Haus. Dabei fragt er sich, wie es ihm bis jetzt nicht bewusst sein konnte, auf was sie alles verzichten müssen, was für andere Pärchen selbstverständlich ist. Nur schon eine einfache Verabredung ist ihnen verwehrt, weshalb er in Zukunft wirklich diese kleinen Momente, wie es jetzt dieser Sonnenaufgang gewesen ist, für sie beide bewusst ermöglichen muss und will.

 

Während des Frühstücks unterhalten sie sich darüber, was sie noch alles erledigen müssen. Mit keinem Wort werden die Ereignisse des frühen Morgens erwähnt, worüber Yami wirklich dankbar ist, denn auch wenn er es vom Verstand her begriffen hat, was ihm Grossvater und Yugi alles gesagt haben, so braucht er noch Zeit, um diese Erkenntnisse auch wirklich zu verarbeiten.

Deswegen zieht er sich danach auch gleich wieder in den Stall zurück um in Ruhe nachdenken zu können und natürlich auch, um die Pferde zu versorgen, die er ja am Vortag schändlich vernachlässigt hat.

 

Auch Yugi denkt über das, was er heute von Yami erfahren hat nach. Dabei fragt er sich immer wieder, wieso es so schlimm gewesen ist, wenn sein Liebster in einem Spiel verloren hat. Verlieren gehört doch zum Spielen ebenso dazu, wie das Gewinnen und nur, wer ein guter Verlierer ist, der ist seiner Meinung nach auch ein guter Sieger.

 

Selbst als er dann im Laden steht, denkt er in ruhigen Momenten über die Ereignisse des Morgens nach, die so unterschiedlich nicht hätten sein können. Erst die Erkenntnis, dass sein Liebster wohl durch eine sehr strenge Erziehung gegangen ist und dann dieses unglaublich schöne kleine Date, das sie auf der Hintertreppe hatten.

 

Beim Mittagessen würde er deswegen gern etwas mit Yami reden und diesen auch bitten, ihm wieder beim Zuschneiden der Stoffe zu helfen, als er jedoch dessen nachdenkliches Gesicht sieht und ihm auf seine Fragen nur einsilbig geantwortet wird, lässt es Yugi schweren Herzens bleiben.

 

Auch Sugoroku ist es aufgefallen, dass es in Yami am Arbeiten ist, weshalb er sich eigentlich schon darauf eingestellt hat, seinen Enkel zu bremsen, wenn es nötig sein sollte. Doch zu seiner Erleichterung ist dies nicht nötig, da dieser die Zeichen diesmal wohl selbst richtig gedeutet hat.

Dies macht ihn unglaublich stolz auf Yugi.

 

Von seiner Umwelt bekommt Yami wirklich nur am Rande etwas mit, weil er tatsächlich immer noch damit beschäftigt ist, all die Eindrücke des Morgens zu analysieren und irgendwie in seinen immer grösser werdenden Erfahrungsschatz einzuordnen.

So kommt es, dass er nach dem Mittagessen einfach ohne ein Wort zu sagen aufsteht und die Küche verlässt.

 

„Yami...“, besorgt will Yugi ihm folgen, wird jedoch von Sugoroku zurückgehalten, indem ihm dieser die Hand auf den Oberarm legt. „Mach dir keine Sorgen, er hat heute viel Erfahren und das muss er jetzt verarbeiten. Wenn du Glück hast, wird er heute Abend schon wieder normal sein. Es kann aber auch gut sein, dass er ein paar Tage an dem, was gestern und heute passiert ist, zu knabbern haben wird.“ Beruhigend sieht er seinen Enkel an, der sich auf dem Stuhl seufzend nach hinten gegen die Lehne sinken lässt. „Ich mache mir aber Sorgen um ihn.“

 

Lächelnd zieht Sugoroku seine Hand zurück, um sich nun auch zurückzulehnen. „Das ist ja auch gut so. Nur ist es diesmal meiner Meinung nach nicht nötig. Denn Yami geht es soweit gut, er muss das ganze einfach nur in Ruhe verarbeiten. Also gib ihm die Zeit und wenn er dich oder mich braucht, dann wird er schon zu uns kommen.“

 

Den Blick auf die Tischplatte gesenkt haltend, nickt Yugi nach einer Weile. „Ich hoffe, dass du Recht hast.“

 

Unterdessen ist Yami dabei die Heunetze zu stopfen und schnappt sich dann, nach einem missbilligenden Blick auf den Lagerboden, den Besen und beginnt diesen zu fegen. Denn auch wenn das hier nur das Lager ist, so kann er doch dafür sorgen, dass dieses sauber ist. Während er dies macht, lässt Yami seine Gedanken wieder zu seinem Gespräch mit Sugoroku wandern. Je länger er darüber nachdenkt, desto mehr wird ihm bewusst, dass dieser mit seinen Worten wirklich Recht gehabt hat. Er hat überlebt und wenn er zu sich selbst ehrlich ist, hat er auch nie wirklich aufgehört zu kämpfen.

Er hat nur auf eine andere Art gekämpft, indem er anders als die meisten, die in seiner Situation gewesen sind, überlebt hat und jetzt sogar dabei ist, sich selbst wieder zu finden. Auf einmal fängt Yami an zu grinsen. Ja, er hat sich seinen Besitzern immer auf seine Art und Weise subtil widersetzt, nur schon dadurch, dass er keinen einzigen von ihnen mit Meister oder Mistress angesprochen hat, sondern immer nur mit Sir oder Miss. Was Sklaven ja eigentlich nur bei Fremden tun.

Nun wandern seine Gedanken zu Rishido. Warum nennt der auch Yugi und Sugoroku Meister? Denn das ist schon wieder ungewöhnlich demütig.

                           

Während Yami in Gedanken versunken ist, fegt er den gesamten Boden des Lagers, ohne wirklich zu registrieren, wie die Zeit vergeht. Weshalb er plötzlich überrascht feststellt, dass der Boden so sauber ist wie noch nie und schon die Zeit für die nächste Fütterung der Pferde gekommen ist.

 

Sich nun auf das Hier und Jetzt konzentrierend, hängt er die frischen Heunetze in die Boxen der beiden Wallache und holt dann den Mistkarren, um in aller Ruhe die Boxen auszumisten. Weder Blacky, noch Rocky lassen sich davon stören, dass er nun mit der Mistgabel vorsichtig das alte Stroh aus den Boxen befördert.

Im Gegenteil. Sie fressen in aller Ruhe ihr Heu und machen immer nur dann einen Schritt zur Seite, wenn sie von Yami dazu aufgefordert werden.

Dafür beobachten sie dann sehr aufmerksam, wie das frische Stroh in ihren Boxen verteilt wird. Doch diesmal scheint er es für Blacky nicht richtig zu machen, denn unter Yamis amüsierten Blick, beginnt dieser das Stroh mit den Hufen selbst in seiner Box zu verteilen, bis der Wallach zufrieden schnaubt. „Ach Blacky, du bist mir ja einer.“ Lachend krault er ihn zwischen den Ohren, ehe er sich daran macht, den vollen Mistkarren zum Tor zu schieben.

 

Weil er jetzt für den Moment alles erledigt hat, setzt sich Yami nun auf die Treppenstufen und schliesst die Augen. Die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht geniessend, lehnt er sich nach hinten, bis er sich mit den Armen auf der oberen Stufe hinter sich abstützen kann.

Auf einmal spürt er, wie ihn zwei Arme von hinten umschlingen und sich zwei Füsse links und rechts neben ihm auf die Stufe stellen, auf der er sitzt.

Lächelnd öffnet er nun seine Augen und sieht direkt in Yugis Gesicht, das sich direkt über dem seinen befindet. „Na du? Geniesst du das schöne Wetter? Grossvater meinte, dass es morgen oder in den nächsten Tagen einen Wetterwechsel geben wird.“ Leicht drückt Yugi seine Lippen auf Yamis Stirn, ehe er sich so hinsetzt, dass sich sein Liebster bequem mit dem Rücken an ihn lehnen kann.

 

Die Hand seines Shariks in der seinen Haltend kuschelt sich Yami an dessen Körper. Um die schöne Stille, die durch das Zwitschern der Vögel und die Geräusche der Pferde lebendig wirkt, nicht zu zerstören, sitzen sie schweigend da und betrachten, sich eng umschlungen haltend, die vorbeiziehenden Wolken.

 

Erst als sie hören, wie sich der Wagen des Mistsammlers nähert, löst sich Yami von Yugi und steht auf. „Ich gebe den Pferden mal ihr letztes Futter für heute. Bis nachher, Sharik.“ Als dieser lächelnd nickt, küsst er ihn kurz, ehe er sich umwendet und zum Heulager geht.

 

Nachdem Yugi sich noch einmal in dem blitzsauberen Hinterhof umgesehen hat, steht auch er auf und geht zurück ins Haus, um seinem Grossvater noch ein wenig bei den Vorbereitungen fürs Abendessen zu helfen, während sein Liebster noch mit den Pferden beschäftigt ist.

 

Während des Abendessens mustert Sugoroku Yami unauffällig und bemerkt erleichtert, dass sich dessen Ausstrahlung im Vergleich zu vorher wieder deutlich gebessert hat. Was für ihn bedeutet, dass dieser wieder zu seinem fragilen inneren Gleichgewicht zurückgefunden hat.

 

Später, als sie im Bett liegen, kuschelt sich Yugi an seinen Liebsten und streichelt ihm hauchzart über die Brust und die Seiten. Doch auf einmal werden seine Hände festgehalten, was ihn fragend in Yamis Gesicht blicken lässt.

Dieser atmet tief durch. „Yugi, ich... bist du mir böse, wenn wir heute keinen Sex haben? Mir ist im Moment nicht wirklich danach“, um das enttäuschte Gesicht seines Shariks nicht sehen zu müssen, senkt Yami den Blick. Hebt ihn jedoch sofort wieder an, als er eine Berührung auf seiner Wange spürt.

 

Liebevoll lächelt Yugi seinen Liebsten an. „Natürlich bin ich dir nicht böse. Wieso sollte ich das, Liebster? Niemand sagt, dass wir nun jeden Abend miteinander schlafen müssen.“ Leicht lässt er seine Fingerspitzen über Yamis Wange gleiten, der ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen mustert. „Weisst du, mit dir zu kuscheln oder einfach nur zusammen zu sein, ist genauso schön und für mich sogar noch wichtiger, als alles andere. Also setz dich nicht unter Druck und du musst dich auch ganz sicher nicht schuldig fühlen oder dich entschuldigen, nur weil du keine Lust auf Sex hast.“ Langsam beugt er sich nun vor, um ihre Lippen in einem Kuss zu verschmelzen.

 

Von den Worten vollkommen überrascht, braucht Yami einen Moment, bis er den langsamen Kuss seines Shariks zu erwidern beginnt. Deutlich spürt er in diesem, dass Yugi jedes seiner Worte ernst meint, was in ihm ein angenehm warmes Gefühl auslöst, das sich bis in jeden noch so kleinen Winkel seines Körpers auszubreiten scheint.  

Als sich ihre Lippen wieder von einander trennen, zieht er seinen Sharik an seinen Körper und hält ihn so fest, wie es ihm nur möglich ist. „Mein Herz gehört dir, Sharik.“ Kaum hat er diese Worte ausgesprochen, wird auch er von dessen Armen umschlungen. „Ich dich auch, Liebster.“

 

 

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Was soll ich gross dazu sagen. Yami hatte es wohl als Kind auch nicht wirklich leicht, was vielleicht überrascht.

 

Wieder ist es eher ein ruhiges Kapitel, das aber dafür viel Zwischenmenschlisches enthält und uns wieder einen kleinen Einblick in die Gefühlswelt unserer Jungs zeigt.

 

Ach ja, ich habe gesehen, dass eins meiner Kapitel plötzlich auf Adult steht, ich habe deswegen auch schon Animexx angeschrieben und nach dem Grund gefragt. Wenn es bis nächsten Sonntag immer noch auf Adult steht, dann teile ich es in drei Teile, damit auch die unter 18-jährigen Leser dieses wieder lesen können.

 

So und nun bleibt nur noch meine übliche Verabschiedung.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

 

Letzter Sonntag vor Wladiwostok 1/3

Hallo zusammen,

 

da dieses Kapitel ganz klar rote Stellen enthält, gibt es heute mal ein ein dreigeteiltes Kapitel für euch.

 

Da ich nicht zu viel ausplaudern möchte, nur noch ein Hinweis. Am Anfang des dritten Teils wird es eine kleine Zusammenfassung geben, damit auch diejenigen, die den roten Teil nicht lesen können, ungefähr wissen, was passiert ist.

 

So und jetzt viel Spass mit dem Kapitelchen.

 

 

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Kapitel 54: Letzter Sonntag vor Wladiwostok

 

 

Sich in die Arme von Tante Amina kuschelnd sitzt Atemu auf ihrem Schoss und blickt in das Buch, aus dem sie ihm vorliest. „Duuuuu..... das Wort hast du falsch gelesen. Das heisst Mondenkind und nicht Blumenkind.“ Mit dem ausgestreckten Finger deutet er auf das Wort.

 

Lächelnd wuschelt ihm Amina durch die Haare. „Danke, ihr lest so viel besser als ich, Atemu.“ Noch einmal liest sie den Satz und diesmal scheint sie es richtig zu machen, denn der Kleine nickt zufrieden und blättert dann höchstpersönlich die Seite um, als sie das letzte Wort vorgelesen hat.

 

Mit einem Lächeln auf den Lippen wacht Yami auf. Damals muss er so um die sieben Jahre alt gewesen sein, als er so auf ihrem Schoss gesessen und sie ihm vorgelesen hat.

Weil es ihm auf dem Rücken liegend langsam etwas zu unbequem wird, dreht er sich auf die Seite und blickt nun in das schlafende Gesicht seines Shariks. Vorsichtig, weil er ihn nicht aufwecken möchte, streckt er seine Hand aus und streichelt über dessen Wange. Dabei denkt er wehmütig daran, dass dies der letzte Sonntag ist, den sie miteinander verbringen können, ehe Yugi mit May nach Wladiwostok aufbricht.

 

Obwohl sich sein Liebster wirklich Mühe gibt, ihn nur ganz sanft zu berühren, ist Yugi schon bei den ersten Streicheleinheiten aufgewacht. Allerdings öffnet er erst jetzt seine Augen, weil sich die Finger auf seiner Wange nicht mehr bewegen. „Morgen oder besser Nacht“, lächelt er Yami an. „Kannst du nicht schlafen?“

Zu seinem Erstaunen bekommt er als Antwort eine Kuschelattacke. Schmiegt sich sein Liebster doch nun so fest an ihn ran, als würde dieser in ihn reinkriechen wollen. „Yami? Was hast du denn?“ Besorgt legt er seine Arme um ihn und streichelt ihm sanft über den Rücken.

 

Yami weiss selbst nicht, was mit ihm los ist. Hat er doch einfach gerade das drängende Bedürfnis sich so eng wie möglich an seinen Sharik zu kuscheln und ihn am liebsten nie wieder loszulassen. „Musst du heute wirklich so viel erledigen? Kann das nicht bis morgen warten?“, rutscht es plötzlich aus ihm heraus.

 

Schwer seufzt Yugi nun auf. Das ist es also, was seinen Liebsten beschäftigt und eigentlich hat dieser ja auch Recht, nur wollte er ihn doch überraschen und diese braucht nun mal Zeit, um vorbereitet zu werden. „Yami, ich...“, nicht wissend, wie er fortfahren soll, bricht Yugi ab.

 

Fragend hebt Yami nun seinen Blick. „Was? Yugi, das ist unser letzter gemeinsamer Sonntag für über einen Monat.“ Er weiss, dass er sich kindisch verhält, aber es ist ihm gerade so etwas von egal.

 

Lächelnd legt Yugi seine Hand auf Yamis Wange. „Ich muss heute nur die Buchhaltung machen, aber danach will ich eine Überraschung für dich vorbereiten und darum habe ich dir gesagt, dass ich noch sehr viel zu tun habe. Was zwar schon auch stimmt, aber das kann ich bis auf das Packen alles tagsüber machen, wenn keine Kunden im Laden sind.“

 

Mit jedem Wort werden Yamis Augen grösser. „Und darum hast du mich angelogen? Yugi, du hättest mir nur sagen müssen, dass ich für eine Weile im Stall bleiben soll, weil du etwas vorbereiten willst.“ Mit beiden Händen umfasst er die Wangen seines Shariks. „Nur, brauchst du dafür wirklich den ganzen Tag? Ich meine, wenn ich mich bei den Pferden beeile, dann muss ich immer nur zum Füttern raus und ausmisten tue ich ja inzwischen eh meistens schon am Morgen und muss den Karren dann nur noch rausstellen und...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.

 

„Yami, was ist denn mit dir los? So kenne ich dich doch gar nicht.“ Den Finger nun von Yamis Lippen nehmend, streicht er ihm eine Strähne aus der Stirn. „Wenn du aber willst, dann kannst du mir Gesellschaft leisten, während ich die Buchhaltung mache, aber nach dem Mittagessen musst du mich dann wirklich allein lassen, damit ich die Überraschung vorbereiten kann.“

Langsam beugt er sich vor, bis nur noch Millimeter zwischen ihren Lippen liegen. „Und wenn du den Mistkarren wieder reingeholt hast, dann geh ins Bad, stell dich gemütlich unter die Dusche und zieh dir dann die Sachen an, die für dich auf dem Hocker bereitliegen werden. Wenn du das alles gemacht hast, kommst du hoch und klopfst an die geschlossene Tür.“ Zwar wollte er das alles eigentlich seinem Grossvater sagen, damit dieser es am Abend dann an Yami weitergibt, aber so wie sein Liebster gerade wirkt, ist es so sicher besser für dessen Nerven.

 

Mit weit aufgerissenen Augen sieht Yami in Yugis Augen. Doch dann überbrückt er stürmisch den kleinen Abstand zwischen ihnen.

Es ist kein leidenschaftlicher Kuss, den sie teilen. Trotzdem atmen sie schwer, als sich ihre Lippen schliesslich wieder voneinander lösen. „Sharik, das werde ich machen, aber sobald Monk weg ist, stelle ich mich sicher nicht lange unter die verdammte Dusche.“

 

Diese Aussage lässt Yugi unwillkürlich schmunzeln. „Ist gut und ich freue mich schon darauf.“ Sanft zieht er seinen Liebsten wieder an seine Brust. „Na komm, es ist noch mitten in der Nacht. Lass uns noch ein wenig schlafen.“

 

Seinen Kopf auf Yugis Brustkorb ablegend, lauscht Yami dem beruhigenden Herzschlag. Deutlich spürt er, wie sich seine innere Unruhe nun langsam wieder ein wenig beruhigt. Mit einem leisen aufseufzen schliesst er seine Augen und obwohl er es nicht wirklich geglaubt hat, schläft er nach einer Weile wirklich ein.

 

Erst als Yugi merkt, dass sein Liebster eingeschlafen ist, schliesst auch er seine Augen. Trotzdem braucht er noch eine ganze Weile, bis sich seine Gedanken soweit beruhigt haben, dass auch er wieder einschlafen kann.

 

Als ein vorwitziger Sonnenstrahl direkt in sein Gesicht scheint, will sich Yami genervt umdrehen. Nur kommt er nicht weit, weshalb er verschlafen seine Augen öffnet und erstaunt feststellt, dass er beinahe komplett auf dem schlafenden Yugi liegt und von diesem festgehalten wird. Weil er ihn nicht aufwecken möchte, legt er sich wieder bequem hin und hört dem ruhigen Herzschlag seines Shariks zu. Dabei lässt er sich ihr Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen und fragt sich nun, was ihn wohl für eine Überraschung erwarten wird.

Ohne dass er es bemerkt, beginnt er in seinen Überlegungen versunken die Finger auf Yugis nackten Oberkörper hin und her zu bewegen. Dies führt dazu, dass nun auch dieser aufwacht und nach Yamis Hand greift. „Guten Morgen.“ Sanft haucht er seinem Liebsten einen Kuss auf die Stirn, ehe er sich vorsichtig unter ihm hervorwindet.

 

Sofort hebt Yami seinen Oberkörper ein wenig an und wartet geduldig ab, bis es sich sein Sharik neben ihm auf der Seite liegend gemütlich gemacht hat. „Guten Morgen.“ Anders als Yugi küsst er ihn nicht auf die Stirn, sondern auf die Lippen.

Nur warten sicher schon die Pferde auf ihn und weil er lieber vor dem Stall seine Morgentoilette erledigt, als danach, beendet er den Kuss nach einem viel zu kurzen Moment wieder. „Ich bin dann mal unten.“

 

„Ist gut, bis später.“ Sich wieder in die Kissen kuschelnd, beobachtet Yugi, wie sein Liebster aus dem Bett steigt und durch das Zimmer zum Stuhl läuft, um die Kleider von der Lehne zu nehmen.

 

Deutlich ist sich Yami der Blicke seines Shariks bewusst und irgendwie geniesst er sie sogar, weshalb er auf dem Weg zur Tür noch einmal zum Bett blickt und verschmitzt grinsend dem Deckenberg zu zwinkert, ehe er in den Flur hinausgeht.

 

Obwohl sein Liebster ihm so zugezwinkert hat, beschleicht Yugi das Gefühl, dass es immer noch in dessen Inneren arbeitet. Nun deswegen auch unruhig werdend, schlägt Yugi mit einem Seufzen die Decke zurück und setzt sich auf die Bettkante. „Verdammt, es ist Sonntag, die Sonne ist erst aufgegangen und ich bin wach“, leise vor sich hinmurmelnd fährt er sich durch die Haare, ehe er nach einem langen Blick aus dem Fenster schliesslich aufsteht und sich frische Kleider aus seiner Schrankhälfte holt.

Dabei fällt sein Blick auf einen Stapel neu genähter Kleider, was ihn unwillkürlich lächeln lässt, als er sich vorstellt, was er für den heutigen Abend geplant hat.

 

Unterdessen hat Yami seine Morgentoilette beendet und betrachtet sich nachdenklich im Spiegel. „Verdammt, was ist nur mit mir los? Warum zum Seth habe ich so ein Problem damit, dass Yugi in ein paar Tagen für einen ganzen Monat verreisen wird?“ Sich die Nasenwurzel reibend, schliesst er kurz die Augen, ehe er sich umwendet und nach seinen Shorts greift, die er einen Moment lang nachdenklich mustert, bevor er das Badezimmer verlässt und wieder nach oben geht, um die Shorts in ihrem Zimmer in den Wäschekorb zu legen.

In der Tür bleibt er dann jedoch stehen, weil er Yugi in Gedanken versunken beim Schrank stehen sieht. „Sharik? Ist alles in Ordnung?“

Kaum hat er seine Frage gestellt, schlägt dieser die Schranktür erschrocken zu und sieht ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Verdammt Yami, erschrecke mich doch nicht so.“ Sich die Hand auf die Brust legend, atmet Yugi ein paar Mal tief durch. „Ja, es ist alles in Ordnung, ich war nur in Gedanken.“ Lächelnd geht Yugi mit seinen Kleidern auf dem Arm zu seinem Liebsten und legt ihm sanft die Hand auf die Wange. „Schau nicht so besorgt. Ich war wirklich nur in Gedanken und habe dich einfach nicht kommen gehört.“

Als sein Liebster nun, ihn dabei weiterhin aufmerksam musternd, zögernd nickt, gibt er ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. „Ich bin dann jetzt im Bad. Bis nachher.“

 

„Okay“, deutlich ist Yami anzuhören, dass er immer noch leicht besorgt ist. Weil er aber inzwischen diesen Ausdruck in den Augen seines Shariks kennt, fragt er nicht weiter nach, sondern sieht ihm nur kurz hinterher, ehe er zu dem Wäschekorb, welcher wie immer neben dem Schrank steht, geht und die Shorts in diesen reinfallen lässt.

Nach einem letzten Blick durch das Zimmer, verlässt er dieses wieder und geht in den Stall, wo er schon ungeduldig erwartet wird. „Ja, Jungs. Ich bringe euch ja schon euer Heu. So spät bin ich jetzt wirklich nicht dran, dass ihr am Verhungern seid.“

Kurz krault er die beiden am Hals und zwischen den Ohren, bevor er weiter ins Lager geht, um die vorbereiteten Heunetze zu holen.

Kaum hat er diese in die Boxen gehängt, zupfen die beiden Racker zufrieden die Halme zwischen den Maschen hervor, was ihn nun leicht schmunzeln lässt. Besonders weil Rocky dabei immer wieder das eine Ohr regelrecht zur Seite fallen lässt, nur um es kurz darauf wieder aufzustellen.

 

Während die beiden ihr Frühstück fressen, geht Yami mit den leeren Netzen ins Lager um diese für das zweite Frühstück der beiden zu stopfen. Dabei fällt ihm auf, dass schon wieder ein guter Teil der Heu- und Strohballen aufgebraucht sind. Was ihn schon beinahe gepeinigt aufseufzen lässt. Glaubt er doch schon beinahe wieder seine schmerzenden Muskeln von der letzten Einlagerungsaktion zu spüren.

Nachdem er beide Netze an die Haken gehängt hat, verlässt Yami das Lager wieder und sieht, dass die beiden schon beinahe das ganze Heu gefressen haben. Weshalb er nun noch die Wassertröge füllt und nach einem Blick zum Himmel wieder zurück ins Haus geht.

Irgendwie hat er heute wohl für diese Arbeiten ein wenig länger als sonst gebraucht, weshalb er darauf verzichtet, sich noch eine Weile auf die Hintertreppe zu setzen.

 

Während er sich die Hände wäscht, hört Yami, dass in der Küche geredet wird. Allerdings kann er bis auf ein paar Wortfetzen nicht wirklich etwas verstehen. Trotzdem weiss er, dass es wohl um die Reise nach Wladiwostok gehen muss, weil dieses Wort vorhin gefallen ist.

 

Entspannt lehnt Yugi an der Arbeitsplatte. „Also, wenn du Stoff von den grossen Ballen zuschneiden musst, dann lass das bitte Yami machen. Er kann inzwischen sogar mit der teuren Seide sicher umgehen und ich will nicht, dass du dich überhebst und lass die schweren Arbeiten wirklich von ihm erledigen. Bitte versprich mir das Grossvater. Ich will dich nämlich nicht wieder im Heilerhaus besuchen müssen, wenn ich aus Wladiwostok zurückkomme.“ Die Arme verschränkend sieht er seinen Grossvater an, der sich mit einem schon beinahe trotzigen Gesichtsausdruck auf seinem Stuhl zurücklehnt. „Yugi, ich bin letztes Jahr gestürzt und darum hatte ich mir den Rücken verrenkt. Also tu bitte nicht so, als ob ich ein unvorsichtiger alter Mann wäre. Wenn du dir so viele Sorgen machst, dass ich mich überarbeite, warum bringst du dann Blacky und Rocky nicht wieder zu Jono? So, wie du es in den letzten Jahren gemacht hast. Dann kann sich Yami voll und ganz auf den Haushalt und die anderen schweren Arbeiten konzentrieren.“

 

Gerade als Yugi etwas darauf erwidern möchte, sieht er Yami in der Tür stehen. Mit einem Lächeln stösst er sich von der Arbeitsplatte ab und geht zu seinem Liebsten. Die Arme locker um dessen Taille legend, schmiegt er sich an ihn. „Keine Sorge, die Pferde bleiben hier bei uns.“

Durch die Worte seines Shariks beruhigt, umschliesst Yami ihn nun auch mit den Armen. „Gut, denn das würde ich auch nicht zulassen und ich werde gut auf Grossvater aufpassen, dass er keinen Blödsinn macht. Also mach dir keine Sorgen, die absolut unnötig sind.“

 

Vor sich hin murrend, verschränkt Sugoroku die Arme. „Na toll, als ob ich schon ein alter Tattergreis wäre, dabei könnte ich ohne Probleme alles allein erledigen.“

Dabei sieht er zu seinen beiden Enkeln, die eng umschlungen dastehen und wird jetzt auf einmal von Yami gemustert.

 

Sich nun von Yugi lösend stellt sich Yami mit hinter dem Rücken verschränkten Armen aufrecht hin. „Grossvater, du bist sicher kein alter Tattergreis, aber du hast nicht nur einen kaputten Rücken, sondern auch Asthma. Also hat Yugi vollkommen Recht, wenn er sich Sorgen um dich macht. Also hör auf vor dich hinzumurren und sicher könntest du alles allein erledigen, aber ich bin dann derjenige, der sich wieder um deine Rückenschmerzen kümmern darf.“

Todernst sieht er Sugoroku direkt ins Gesicht, was diesen einmal leer schlucken lässt. Spielt Yami doch auf den letzten Waschtag an, an dem er sich ganz klar überschätzt hatte und ihn dieser durch eine ziemlich schmerzhafte Massage regelrecht wieder einrenken musste.

 

Nur mit Mühe kann sich Yugi bei den Worten und Grossvaters Gesichtsausdruck ein breites Grinsen verkneifen. Hat Yami ihm durch diese regelrecht den Wind aus den Segeln genommen. „Na kommt, es wird langsam Zeit fürs Frühstück.“

Sofort hat er mit diesem einen Satz die Aufmerksamkeit von den beiden, die wohl in den letzten Minuten vollkommen vergessen hatten, dass er sich auch noch im Raum befindet.

 

Wie auf Kommando knurrt nun Yamis Magen laut und deutlich, was besonders Sugoroku nun breit grinsen lässt. „Ich denke, das ist Antwort genug oder mein Junge?“

 

Mit nun leicht geröteten Wangen setzt sich Yami an den Tisch und greift nach seinem Tee, der ihm vermutlich von Yugi schon eingeschenkt worden ist. Doch schon nach dem ersten Schluck verzieht er das Gesicht und greift nach dem Honigglas.

 

Dies lässt Yugi unwillkürlich schmunzeln. Das war ja so etwas von abzusehen, denn er hat ihm vorhin wirklich nur den Tee eingeschenkt, weil er sich nicht mehr sicher gewesen ist, wie viel Honig sein Liebster nun nimmt, weil das je nach Stimmung extrem variiert.

Der Rekord, liegt bis jetzt bei drei Löffeln, aber den bricht Yami gerade mit dem fünften Löffel Honig der in der Tasse verschwindet.

 

Mit weit aufgerissenen Augen hat Sugoroku beobachtet, wie sich der Tee gerade zu Honigtee verwandelt und Yami sich dann auch noch ein Brötchen so dick mit Honig bestreicht, dass dieser schon beinahe am Rand wieder runterläuft.

 

Nach einem Schluck Tee, lehnt sich Yami mit dem Brötchen in der Hand zurück und atmet tief durch.

 

Vielsagend sehen sich Sugoroku und Yugi an, sagen jedoch kein Wort zu Yamis Verhalten. Weil sie das ja schon von ihm gewohnt sind und in den letzten Tagen hatte sich der Honigverbrauch ja auch schon spürbar gesteigert, weshalb Sugoroku gestern extra noch einmal zum Markt gegangen ist, um unter anderem noch ein paar Gläser zu besorgen.

 

Nach dem Frühstück räumt Yami zusammen mit Yugi den Tisch ab und schnappt sich dann das Geschirrtuch und stellt sich neben Sugoroku, um diesem beim Abwasch zu helfen.

 

Während er den sauberen Teller an Yami weiterreicht, mustert Sugoroku ihn aufmerksam. „Ist dir von dem ganzen Honig nicht schlecht? Der Tee muss ja schon beinahe abartig geschmeckt haben und dann noch die drei Honigbrötchen.“

Erstaunt sieht Yami ihn nun an. „Nein, mir ist nicht schlecht und ja, der Tee war ein wenig süss, aber da wir uns ja keine Schokolade leisten können...“, mit den Schultern zuckend stellt er den Teller ins Regal und greift nach dem nächsten, um diesen nun auch abzutrocknen.

 

Die Augenbraue hochziehend, nickt Sugoroku kurz. „Ah ja, ein wenig süss... Na, wenn du das sagst, wird das schon stimmen.“

 

Unterdessen hat es sich Yugi im Lager am Schreibtisch mit seinen Unterlagen und den Münzsäckchen bequem gemacht und beugt sich nun konzentriert über das grosse Buch, um die Wocheneinnahmen und -ausgaben von den kleinen Büchern in dieses zu übertragen.

 

Auf einmal geht die Tür auf und nur Sekunden später schlingen sich zwei Arme von hinten um ihn. „Stört es dich wirklich nicht, wenn ich dir Gesellschaft leiste?“, während er das fragt, legt Yami seinen Kopf auf Yugis Schulter und blickt neugierig auf die Zahlenreihen.

Nach dem ersten Schreckmoment, lehnt sich Yugi entspannt nach hinten. „Es stört mich wirklich nicht, allerdings ist es etwas schwierig zu schreiben, wenn du mich so festhältst.“ Schmunzelnd dreht er seinen ein wenig zur Seite, um seinen Liebsten besser ansehen zu können. „Weisst du, dann ist mir nämlich mehr nach schmusen zumute, als nach Arbeit.“

Kaum hat er das ausgesprochen, hellt sich Yamis Miene, die sich vorher leicht verdüstert hatte, auf. „Na gut, dann setze ich mich hier neben dir auf die Tischplatte und sehe dir zu.“ Nachdem er ihm ein kleines Küsschen auf die Wange gegeben hat, lässt er Yugi bedauernd los.

Vorsichtig, um nichts durcheinander zu bringen, setzt er sich nun auf die Tischplatte und mustert die verschiedenen Säckchen.

„Also, die gelben Bänder sind das Haushaltsgeld und die blauen Bänder kennzeichnen die Beutel in denen die Münzen für die Stoffe und Tücher sind. Doch da sind auch noch Beutel mit schwarzen, grünen, roten und lilanen Bändern. Wofür sind denn die?“, mit einem fragenden Blick zu Yugi deutet er auf die Beutel, neben denen kleine Haufen aus Silbermünzen liegen.

 

Lächelnd folgt Yugi mit seinem Blick Yamis ausgestrecktem Arm zu den Beuteln. Den Füllfederhalter zur Seite legend, lehnt er sich entspannt zurück. „Der Beutel mit den schwarzen Bändern ist für die Steuern, die alle vier Monate fällig sind. Darum ist der Beutel auch so leer, da die Steuereintreiber in der Woche, als wir in Edo gewesen sind, die Steuern abgeholt haben. Der Beutel mit dem grünen Band ist Grossvaters privater Geldbeutel, der mit dem lilanen Band ist meiner und der mit dem roten Band ist deiner. Wir machen es nämlich so, dass wir jeden Monat zehn Silbermünzen für persönliche Sachen zur Verfügung haben und immer am letzten Sonntag im Monat, gebe ich die zehn Münzen für den nächsten Monat in die Beutel und trage das auch in die Buchhaltung so ein, dass ich dann nur noch unter Ausgaben angeben muss, dass so und so viele Münzen für private Zwecke ausgegeben worden sind.“

Weil ihn Yami nun mit grossen Augen ansieht, nimmt er den Beutel mit dem roten Band in die Hand und gibt die zehn Münzen hinein, ehe er ihn seinem Liebsten in die Hand drückt. „Das ist wirklich deiner und weil du seit März bei uns bist, haben sich auch schon so einige Münzen angesammelt. Wenn du also etwas für dich kaufen möchtest, dann sag es einfach Grossvater oder mir und wir gehen es dann mit dir besorgen, weil du ja leider selbst keine Einkäufe machen darfst.“

 

Ungläubig mustert Yami den Beutel in seiner Hand. „Und das sind wirklich meine Silbermünzen und ich darf damit machen, was ich will?“ Unsicher sieht er zu Yugi, der lächelnd nickt. „Ja, du darfst damit machen, was du willst. Du kannst die Münzen weiter sparen oder dir auch mal etwas leisten. Ach ja, Kleider, Schuhe und Hygieneartikel bezahlen wir vom Haushaltsgeld. Die privaten Münzen musst du also wirklich nur für deinen kleinen Luxus zwischendurch verwenden.“

 

Immer wieder wandert Yamis Blick zwischen Yugi und dem Beutel hin und her. „Also, wenn ich genug Münzen habe, dann könnte ich Grossvater oder dich bitten, für mich Nussschokolade zu kaufen?“

 

Schmunzelnd nickt Yugi. „Ja, das könntest du. Allerdings haben wir nicht umsonst keine Schokolade im Haus. Eine Tafel gute Nussschokolade kostet nämlich so um die vierzig Silbermünzen.“ Als er nun schockiert angesehen wird, legt er ihm die Hand in den Nacken und zieht ihn so sanft zu sich runter. „Du kannst ja mal nachzählen, ob du schon genug Münzen hast und wenn du willst, kann dir ja dann Grossvater eine Tafel vom Markt mitbringen, wenn er am Dienstag wieder hingeht.“ Leicht legt er seine Lippen auf Yamis, ehe er ihn wieder loslässt. „So, jetzt muss ich aber die Buchhaltung weiter machen und du kannst übrigens jederzeit an den Tresor. Den Zahlencode kennst du ja. Gib uns aber bitte Bescheid oder trage es in dieses Buch hier ein, wenn du dir Münzen rausnimmst.“ Den Füllfederhalter in die Hand nehmend, lächelt er seinen Liebsten noch einmal an, bevor er sich konzentriert an die letzte Zahlenreihe macht.

 

Eine Weile sitzt Yami noch mit dem Beutel in der Hand auf dem Tisch. Doch dann überwiegt die Neugier. Deswegen steht er auf und setzt sich in einigem Abstand zu dem konzentriert arbeitenden Yugi auf dem Boden hin. Mit äusserster Vorsicht öffnet er den Beutel und lässt die Silbermünzen auf den Boden fallen. Ungläubig sieht er nun auf den Haufen. Das sind doch sicher mehr als vierzig Münzen. Oder? Langsam beginnt er zu zählen und schiebt dabei immer zehn Münzen auf einen eigenen kleinen Stapel. Nachdem er vier solcher Stapel hat, beginnen seine Augen zu leuchten, als dann noch drei Stapel hinzukommen, kann er ein glückliches Strahlen nicht mehr unterdrücken. „Ich kann mir Nussschokolade leisten. Yugi, ich kann mir eine Tafel Nussschokolade leisten und wenn ich sonst nichts ausgebe, dann im Oktober oder November noch eine!“

 

Sich für seinen Liebsten freuend, dreht sich Yugi lächelnd zu ihm um. „Das ist toll! Dann gib Grossvater einfach Bescheid. Dann nimmt er nämlich deinen Beutel mit und bezahlt die Schokolade gleich mit deinen Münzen.“

Innerlich schmunzelnd bemerkt Yugi, wie nun Yamis Augen regelrecht zu leuchten beginnen und dieser dann mit äusserster Vorsicht die Münzen wieder in seinem Beutel verstaut. Nachdem Yami diesen dann wieder mit dem roten Band verschlossen hat, sieht er wieder nachdenklich zu Yugi. „Wann hast du eigentlich Geburtstag und wie alt wirst du dann?“ Den Kopf leicht zur Seite neigend sieht er seinen Sharik fragend an.

Sich nun auf seinen Knien abstützend beugt sich Yugi etwas vor. „Ich habe mich schon gefragt, wann du das fragen wirst. Ich habe am 10. Oktober Geburtstag und werde dieses Jahr 25. Wenn ich also mit dem Wetter viel Pech habe, dann darf ich meinen Geburtstag auf dem Schiff feiern, aber das ist zum Glück erst einmal der Fall gewesen.“

 

Nun nachdenklich nickt Yami, während er gleichzeitig zu überlegen beginnt, was er seinem Sharik zum Geburtstag schenken könnte. „Verstehe. Gibt es denn etwas, was du dir wünschst?“ Noch immer auf dem Boden sitzend, mustert er aufmerksam die Mimik von Yugi.

„Ich wünsche mir nichts zu meinem Geburtstag. Weisst du, ich habe ja alles, was ich mir nur wünschen kann. Ich habe dich und Grossvater und meine Freunde, was gibt es für ein schöneres Geschenk? Ich würde nur gern meine Eltern wiedersehen, aber das ist ja leider unmöglich.“ Bedrückt senkt Yugi seinen Blick. „Weisst du, ich habe nicht mal ein Bild von ihnen. Zwar wollte mein Vater wohl damals ein Familienbild anfertigen lassen, aber dazu ist es nie gekommen und wer hätte gedacht, dass meine Mutter auch früh sterben wird.“

Auf einmal spürt er, wie er in eine tröstende Umarmung gezogen wird. „Manchmal vermisse ich sie so sehr und ich habe solche Angst, dass ich auch Grossvater viel zu früh verlieren könnte oder dass ihm etwas passiert, wenn ich nicht da bin.“ Seine Arme um Yami schlingend, vergräbt er sein Gesicht an dessen Oberkörper und beginnt leise zu schluchzen.

 

Tröstend fährt Yami immer wieder über Yugis Rücken, während er ihm das gibt, was er sonst immer von ihm bekommt. Halt, Sicherheit und Trost.

Erst als das Schluchzen verstummt ist, beginnt er zu sprechen. „Ich bin ja da und ich werde so gut ich kann auf Grossvater aufpassen. Das verspreche ich dir.“

 

Das Gesicht immer noch in Yamis Hemd vergraben haltend, nickt Yugi. „Ich weiss und darum bin ich auch froh, dass du bei ihm bist, während ich in Wladiwostok bin.“

Es dauert lange, bis er sich von seinem Liebsten lösen und ihm ins Gesicht sehen kann. „Danke, dass du da bist. Ich bin so froh, dass ich dich getroffen habe und...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.

„Sharik, du musst dich nicht bedanken. Ich bin übrigens auch froh, dass ich dich getroffen habe.“ Lächelnd beugt er sich runter und vereint ihre Lippen in einen langsamen Kuss.

Erst als sie wieder richtig atmen müssen, löst er sich widerstrebend von seinem Sharik. Ihm nun zärtlich mit den Daumen über die Wangen streichelnd, sieht Yami tief in Yugis Augen. „Mein Herz gehört dir, Sharik.“

 

Diese Worte lassen Yugis Herz unwillkürlich höher schlagen. „Mein Herz gehört dir auch, Liebster.“ Nun greift er nach Yamis Handgelenken und zieht dessen Hände von seinem Gesicht. Einem Schmetterling gleich, lässt er seine Lippen über dessen Fingerspitzen gleiten, ehe er aufsteht und nun seinen Liebsten in einen Kuss verwickelt, mit dem er ihm zu zeigen versucht, wie sehr er ihn liebt.

 

Erst ein Räuspern lässt ihn sich zurückziehen. „Grossvater, was ist los?“, fragend sieht er zur Tür, während er sich gleichzeitig langsam aus Yamis Armen löst.

„Ich will ja nicht stören, aber in ein paar Minuten gibt es Mittagessen und ich vermute mal, dass Yami vorher die Pferde noch füttern möchte.“ Schmunzelnd beobachtet er, wie Yami nun zum Fenster blickt und sich dann leise fluchend umdreht.

 

Yami will schon an Sugoroku vorbei gehen, als er plötzlich inne hält. „Grossvater, könntest du mir bitte beim nächsten Mal, wenn du auf den Markt gehst, von meinen Münzen eine Tafel gute Nussschokolade kaufen?“, innerlich schon ein Nein erwartend, sieht er ihn an. „Natürlich, ich nehme dann einfach deinen Beutel gleich mit, dann musst du Yugi nur noch aufschreiben, wie viele von deinen Münzen ausgegeben worden sind“, nickt Sugoroku ihm zu, was Yami erleichtert aufatmen lässt.

„Danke, dann bin ich jetzt die Pferde am Füttern.“ Von der positiven Antwort leicht überfordert, rennt Yami schon beinahe in den Stall.

 

Dies lässt Yugi und Sugoroku einander kopfschüttelnd ansehen. „Du hast ihm aber schon gesagt, dass gute Nussschokolade so um die vierzig Silbermünzen kostet?“ Die Arme vor der Brust verschränkend, blickt er seinen Enkel ernst an.

 

„Ja, ich habe es ihm gesagt, aber wenn er sich diese Schokolade leisten möchte, dann verbiete ich es ihm sicher nicht. Schliesslich kann er mit seinen Münzen machen, was er will.“ Mit den Schultern zuckend setzt sich Yugi wieder hin und stützt sein Kinn in die Hand. „Warum glaubst du, ist er vorhin schon beinahe geflüchtet? Das hat er doch schon ewig nicht mehr gemacht.“

 

Seufzend fährt sich Sugoroku durch die Haare. „Ich vermute, diese ganze Sache, dass er eigene Münzen besitzt und diese wirklich so ausgeben kann, wie er will, hat ihn gerade etwas überfordert. Denn ich glaube kaum, dass er in den letzten Jahren auch nur einen Kupferling sein eigen nennen konnte.“

 

Verstehend nickt Yugi. „Er hat vorhin jede einzelne Münze genau abgezählt und voller Ehrfurcht behandelt und du hättest sehen sollen, wie seine Augen vor Freude geleuchtet haben, als er gemerkt hat, dass er genug Münzen für die Schokolade hat.“ Bei dem Gedanken daran, beginnt Yugi leicht zu lächeln.

 

Weil sein Enkel nun in einer eigenen Welt zu sein scheint, geht Sugoroku leise wieder aus dem Lager und lässt ihn allein weiterträumen.

 

Pünktlich zum Mittagessen erscheint Yugi in der Küche. „Das riecht ja lecker.“ Weil sein Grossvater noch dabei ist, den letzten Pilzpfannkuchen in der Pfanne zu wenden, greift er sich die Karaffe und füllt diese mit frischem Wasser.

In dem Moment, als er den letzten Becher mit Wasser füllt, kommt auch Yami in die Küche. „Entschuldigt, musstet ihr warten?“

 

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. „Nein, der letzte Pilzpfannkuchen ist gerade fertig geworden. Du bist also genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen.“ Mit Hilfe eines Topflappens nimmt er den gefüllten Teller von der heissen Herdplatte und stellt diesen vorsichtig auf den Tisch.

 

Kritisch beäugt Yami die Pfannkuchen und nimmt sich dann zögernd einen. Vorsichtig probiert er einen Bissen, nachdem er gesehen hat, dass Yugi die wohl ganz lecker findet. Pfannkuchen mit Pilzen und Schnittlauch, also so wirklich schmecken tut ihm das nicht. Allerdings ist es essbar, weshalb er ihn aufisst, sich dann aber keinen weiteren nimmt.

 

Dies lässt Sugoroku leicht die Stirn runzeln. „Magst du die Pfannkuchen so nicht?“, fragend sieht er Yami an, der nach einem Moment zögernd den Kopf schüttelt. „Sorry Grossvater, aber ich mag Pfannkuchen lieber süss.“ Verlegen senkt er den Kopf auf seinen leeren Teller.

Deswegen sieht er nicht, wie Sugoroku aufsteht und zur Arbeitsplatte geht, um von dort einen Teller mit zwei Pfannkuchen ohne alles, zu holen.

„Hier, dann iss du die beiden Pfannkuchen mit Honig oder Marmelade. Ich wollte sie zwar morgen für eine Suppe verwenden, aber diese kann ich auch ohne sie machen.“

 

Es dauert einen Moment, bis Yami wirklich realisiert hat, dass vor ihm nun ein gefüllter Teller steht. Erstaunt sieht er nun zu Sugoroku, der den Blick grinsend erwidert. „Die Marmelade oder den Honig musst du allerdings schon selbst holen.“

Noch immer sprachlos steht Yami auf und holt sich aus der Vorratskammer die Marmelade. Erst als er dann schon den ersten Bissen im Mund hat, fällt ihm ein, dass er sich noch gar nicht bedankt hat, weswegen er schnell runterschluckt. „Danke Grossvater, so schmecken die Pfannkuchen viel besser.“

 

Schmunzelnd nimmt sich Sugoroku einen weiteren der Pilzpfannkuchen. „Nichts zu danken. Wenn du etwas nicht magst, dann musst du es auch nicht essen und in der Regel findet sich ja immer irgendeine Alternative.“

 

Grinsend hat Yugi schweigend alles beobachtet, während er nun schon seinen zweiten Pfannkuchen am Essen ist. „Na, wenn du deinen zweiten Pfannkuchen nicht essen willst, dann nehme ich mir noch einen.“ Zwar ist er eigentlich schon satt, aber diesen einen Pfannkuchen kann er beim besten Willen nicht liegen lassen.

 

Kopfschüttelnd sieht Sugoroku zu seinem Enkel, der sich doch jetzt tatsächlich noch den letzten Pfannkuchen einverleibt. „Sag mal Yugi, bist du mit der Buchhaltung fertig?“

 

Noch mit vollem Mund nickt Yugi, schluckt dann aber doch zuerst runter, ehe er richtig antwortet. „Ja, die Buchhaltung ist fertig.“ Nun blickt er über den Tisch zu Yami, der verstehend den Kopf neigt. „Ja, ich weiss, du willst die Überraschung vorbereiten, weshalb ich den Nachmittag im Stall verbringen und erst reinkommen werde, wenn Monk den Mist geholt hat.“ Leise vor sich hingrummelnd schiebt er sich das nächste Pfannkuchenstück in den Mund.

Er will sich nicht von seinem Sharik fernhalten. Sondern so viel Zeit wie nur möglich mit ihm verbringen, um dann die Zeit ohne ihn besser überstehen zu können.

 

Nachdem sie gemeinsam die Küche aufgeräumt haben, geht Yami in den Hinterhof und versperrt als erstes das Tor mit den beiden Seilen, ehe er Blacky und Rocky aus ihren Boxen lässt. Obwohl er noch kein Heu auf dem Boden verteilt hat, laufen die beiden voller Elan hin und her, was in ihm eine Idee reifen lässt.

Doch zuerst mistet er die Boxen aus und löst die Wassertröge aus ihren Halterungen, um diese im Hof mal wieder gründlich zu putzen. Dabei wird er aufmerksam von den beiden Pferden beobachtet, die immer wieder ihre Köpfe über seine Schultern strecken und ihm dabei in die Ohren schnauben, was ihn jedes Mal leise kichern lässt.

„Mensch Jungs, das kitzelt doch.“ Sanft aber dennoch nachdrücklich schiebt er die beiden Pferdeköpfe zur Seite, so dass er aufstehen kann. Zufrieden mustert er die nun wieder blitzblanken Tröge, ehe er sie zurück in den Stall trägt und sie wieder in ihren Halterungen befestigt.

Gefolgt von Blacky und Rocky läuft er nun mit dem Wassereimer hin und her und füllt so die Tröge wieder mit frischem Wasser.

 

Doch auf einmal sind die Pferde nicht mehr hinter ihm, was ihn sich erstaunt umsehen lässt. Dann sieht er die beiden an der Pumpe stehen, die sie immer wieder mit ihren Nasen anstupsen. So als würden sie herausfinden wollen, wie sie denn nun an das Wasser kommen.

Kopfschüttelnd beobachtet er die beiden lächelnd, ehe er ins Lager geht und dort seine Arme mit Heu belädt, um es für die beiden auf dem Boden des Hinterhofes zu verteilen, bevor er sich daran macht, die Boxen mit frischem Stroh auszulegen.

Hatte er doch bis jetzt darauf verzichtet gehabt, weil er vorhin das alte Wasser aus den Trögen einfach ausgeleert hatte und er das Stroh nicht auf den nassen Böden hatte verteilen wollen.

 

Unterdessen ist Yugi dabei, das Schlafzimmer nach seinen Vorstellungen für die Überraschung herzurichten. Dabei ist er wirklich froh, dass Amara damals aus den unverkäuflichen Stoffresten immer Kissen und sogar mal eine Picknickdecke genäht hatte. Sorgfältig drapiert er die Kissen auf dem Boden um die Decke herum. So, dass sie es dann wirklich bequem haben werden. Nachdem er mit seinem Werk zufrieden ist, holt er die Teelichter aus seinem Nachttisch und verteilt diese gleichmässig im Zimmer.

 

Nach einem Blick zum Fenster, geht Yugi zum Schrank und holt dort die Kleider heraus, die May auf seine Bitte hin geschneidert und die er gestern bei ihr abgeholt hatte.

 

Zusammen mit den neuen Schuhen trägt er sie nun nach unten und legt sie ihm Badezimmer auf den Hocker, ehe er in die Küche geht, um aus der Vorratskammer den Korb mit den Speisen zu holen. Nach kurzem Suchen findet er in der hintersten Ecke eines der Schränke sogar die Weingläser, welche sie sonst nie benutzen und legt diese auch in den Korb, nachdem er sie kurz gespült hat.

 

Inzwischen versucht sich Yami darin, mit den beiden Pferden gleichzeitig freie Bodenarbeit zu machen, was zu seinem Erstaunen sogar sehr gut funktioniert. Wenn man davon absieht, dass die beiden ihm öfters als sonst ausbrechen und er sie dann wieder zurück in den grossen Kreis um sich herum lenken muss. Mit zwei Pferden gleichzeitig ist es wirklich viel schwieriger, als wenn er sich nur auf einen der beiden konzentrieren muss.

Dann ist es endlich soweit. Nach einem Blick zum Himmel bringt Yami die beiden zurück in ihre Boxen und schiebt dann den Mistkarren auf die Strasse. Nachdem er die Kupfermünze, welche er schon den ganzen Nachmittag über in der Tasche gehabt hatte, in die Vertiefung gelegt hat, geht er die letzten Heunetze für den heutigen Tag holen und hängt diese in die Boxen der beiden. Jetzt nur noch schnell den Hafer in die Futtertröge legen und dann kann er endlich zurück zu seinem Sharik, denn Monk hat inzwischen den Mist abgeholt.

 

Voller Vorfreude geht Yami ins Haus und vergisst beinahe, sich die Hände zu waschen. So sehr ist er in Gedanken schon bei dem, was ihn später wohl erwarten wird.

Als er ins Badezimmer kommt, sieht er als erstes den Kleiderstapel auf dem Hocker liegen und die schwarzen Lederschuhe auf dem Boden stehen.

Im ersten Moment will er schon rübergehen und sich die Sachen genauer betrachten. Doch dann entscheidet er sich dagegen. Stattdessen zieht er sich eilig aus und stellt sich unter die Dusche. Das kühle Wasser geniessend, seift er sich mit langsamen Bewegungen ein. Allzu lange steht er jedoch nicht unter der Dusche, sondern stellt das Wasser beinahe sofort ab, als er sich den Schaum restlos vom Körper gewaschen hat.

 

Als er sich dann endlich fertig abgetrocknet hat, geht Yami zu dem Kleiderstapel und nimmt das weisse Hemd in die Hand. „Ein Hemd? Was hat Yugi denn geplant?“, murmelt er fragend vor sich hin, ehe er es anzieht und dabei das Gefühl des weichen Stoffes auf seiner Haut geniesst. Beim nächsten Kleidungsstück kann er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, hat sein Sharik doch sogar an eine neue Shorts gedacht. Denn dunkelblaue Shorts haben sich bisher nicht in seinem Besitz befunden, genauso wenig wie die schwarze Stoffhose, in die er nun steigt.

Nachdem er sich auch die Schuhe angezogen hat, stellt sich Yami vor den Spiegel und mustert sich so weit es geht. Erstaunt stellt er dabei fest, dass er jetzt richtig elegant aussieht und der edle Stoff, der seine Haut schon beinahe zu umschmeicheln scheint, lässt ihn sich unglaublich gut fühlen.

Nach einem Moment beginnt Yami schelmisch zu grinsen, während er die beiden oberen Knöpfe seines Hemdes wieder öffnet. Ja, so ist es noch besser.

Nun muss er sich nur noch richtig fertig machen, weshalb er jetzt die Tür des Spiegelschrankes öffnet und nach seiner Rasierklinge greift.

 

Kaum dass er sich auch die Zähne geputzt und die Haare gekämmt hat, verlässt Yami das Badezimmer. Seine anderen Sachen lässt er für den Moment zurück, da er nicht mit einem Kleiderbündel auf dem Arm vor Yugi stehen möchte.

 

Vor der Schlafzimmertür zögert er nun jedoch, ehe er langsam die Hand hebt und anklopft.

 

Dabei bemerkt er nicht, dass er von Sugoroku beobachtet wird, der lächelnd in der Tür zum Wohnzimmer steht und sich des Gedankens nicht erwehren kann, dass Yami in diesen Sachen wie ein Herrscher wirkt. Als er dann hört, dass sein Enkel die Tür öffnet, zieht er sich wieder zurück. Will der die beiden doch nicht bei ihrem Rendezvous stören.

 

Lächelnd sieht Yugi seinen Liebsten an. „Da bist du ja. Komm rein.“ Auffordernd tritt er zur Seite und lässt Yami so eintreten.

„Du siehst gut aus. Die Sachen stehen dir.“ Weil sich Yami nun mit grossen Augen in dem, von den Teelichtern sanft erhellten Zimmer umsieht, wartet er geduldig ab, bis sich dieser wieder ein wenig gefangen hat.

 

Yami kann es kaum glauben. Yugi trägt ebenfalls ein weisses Hemd und edle schwarze Hosen, sowie Schuhe aus schwarzem Leder.

Sprachlos sieht er sich nun in dem Zimmer um. Betrachtet sich die vielen Teelichter und die Kissen auf dem Boden, die sorgfältig um eine Decke drapiert sind, auf der sich lauter Schalen mit Köstlichkeiten den Platz mit einer Weinflasche und zwei Gläsern teilen. „Yugi, was?“, vollkommen verwirrt sieht er zu seinem Sharik, der nun lächelnd nach seiner Hand greift und ihn zu den Kissen führt.

 

„Weisst du. Da wir ja nicht in ein Restaurant gehen können, habe ich mir gedacht, dass ich dich mit einem Rendezvous hier Zuhause überrasche und da so ein Picknick doch viel romantischer ist, als einfach nur am Tisch zu sitzen, habe ich mir gedacht, dass ich...“, weiter kommt er nicht. Denn schon legen sich zwei Lippen auf die seinen. Seufzend schmiegt er sich an seinen Liebsten und ist schon beinahe enttäuscht, als der Kuss schon nach ein paar Sekunden endet.

 

„Sharik, das ist... einfach überwältigend.“ Leicht fährt er mit seinen Fingerspitzen über Yugis Wange, bevor er sich von ihm löst und sich auf eines der Kissen sinken lässt. Kaum hat er sich hingesetzt, zieht er sich die Schuhe aus. Nicht, dass die Kissen noch schmutzig werden.

Neugierig betrachtet er sich nun die Auswahl an Speisen. Oliven, Trauben, Melonenschnitze, aber auch diverse Antipasti und Brötchen, die ganz eindeutig von Grossvater gebacken worden sind. Nun gespannt, was sein Sharik für einen Wein ausgesucht hat, greift er nach der kleinen Weinflasche. „Ein Montepulciano? Warst du kurzfristig im römischen Grossreich, um das alles hier zu besorgen?“, lächelnd sieht er Yugi an, der sich inzwischen auch auf die Kissen gesetzt hat.

„Nein, aber May kennt da ein Restaurant, das von einem Herrn, der aus dem römischen Grossreich stammt, neu eröffnet worden ist und der verkauft auch solche Leckereien und den Wein habe ich von der guten Frau Hirami. Zum Glück verkauft sie auch kleine Flaschen, denn eine grosse würden wir beide nie schaffen, ohne einen Rausch zu bekommen und das möchte ich ehrlich gesagt weder dir noch mir zumuten.“

Verstehend nickt Yami und macht sich nun daran den Korken mit Hilfe eines guten alten Korkenziehers aus der Flasche zu holen. Vorsichtig füllt er die beiden Gläser, ehe er die Flasche wieder verschliesst.

Seinem Yugi tief in die Augen blickend, lässt er ihre beiden Gläser leicht aneinander stossen. „Danke für den jetzt schon wunderschönen Abend, Sharik.“ „Ich danke dir, dass du mir dein Herz geschenkt hast, Liebster.“

Ihren Blickkontakt nicht einen Moment unterbrechend, nehmen sie beide einen kleinen Schluck von ihrem Wein.

 

Sein Glas nun hinstellend, lässt Yami den Blick über die Leckereien gleiten und entscheidet sich dann für eine der Oliven. „Hmmm, lecker. Hier, probier mal.“ Lächelnd hält er seinem Sharik nun eine der Oliven hin.

 

Vorsichtig legt Yugi seine Lippen um Yamis Fingerspitzen und nimmt ihm so die Olive aus den Fingern. „Ja, die ist wirklich lecker.“ Nun sucht er sich etwas aus und nimmt sich einen der Melonenschnitze, die er zuvor in mundgerechte Happen geschnitten hat. Geniessend lässt er sich diesen regelrecht im Mund zergehen, ehe auch er seinem Liebsten einen hinhält. „Hier, das ist richtig süss.“

 

Einen kurzen Moment zögert Yami. Doch dann macht er das gleiche und umschliesst Yugis Finger mit seinen Lippen. „Hmmm, wie Honig...“, genussvoll schliesst er seine Augen und seufzt genüsslich auf.

 

So kommt es, dass sie sich mehr gegenseitig die Leckereien hinhalten, als dass sie selbst essen. Was sie immer wieder kichern lässt, weil einige der Sachen in Öl eingelegt sind und sie sich einen Spass daraus machen, die Finger auch jedes Mal möglichst sauber zu bekommen.

Nur die Brötchen halten sie einander nicht hin, sondern knabbern an diesen herum, während eine neue Leckerei ausgesucht wird.

 

Schliesslich lehnt sich Yami mit einem zufriedenen Seufzen zurück. „Was für ein schöner Abend. Das ist noch viel schöner, als es in einem Restaurant je sein könnte.“

 

Lächelnd rutscht Yugi um die Decke herum und setzt sich auf den Schoss seines Liebsten. Als er nun erstaunt angesehen wird, beugt er sich nach vorn und legt seine Lippen sanft auf Yamis. Der Kuss beginnt langsam und zärtlich. Doch dann beginnen sich ihre Lippen plötzlich leidenschaftlicher gegeneinander zu bewegen und als er dann um Einlass bittet, wird er beinahe sofort eingelassen. Mit ruhigen Bewegungen erkundet er die Mundhöhle seines Liebsten und fordert schliesslich dessen Zunge zu einem sinnlichen Spiel auf.

 

Den Kuss geniessend lässt sich Yami in den Kuss fallen, während er sich langsam etwas aufrichtet, um seine Hände besser wandern lassen zu können.

 

Als Yugi merkt, wie sich die Hände seines Liebsten am Saum seines Hemdes zu schaffen machen, löst er seine Lippen von Yamis und lässt sie zu dessen Ohr wandern. „Ich würde dich gern so verwöhnen, wie du mich immer verwöhnst.“ Deutlich ist nach diesen Worten zu hören, wie Yami scharf die Luft einzieht.

 

Die Augen geschlossen haltend, klammert sich Yami in das Hemd seines Shariks, während er die Panik, die sich nach dieser Bitte in ihm ausbreitet, wieder in den hintersten Winkel seines Bewusstseins zurückdrängt.

Schliesslich löst er seinen verkrampften Griff und sieht Yugi mit einem zittrigen Lächeln an. „Wenn du aufhörst, wenn es mir zu viel wird... dann würde ich es gern versuchen.“

 

 

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Letzter Sonntag vor Wladiwostok 2/3

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Letzter Sonntag vor Wladiwostok 3/3

Kurze Zusammenfassung:

 

Yugi verwöhnt Yami mit unglaublicher Zärtlichkeit. So dass dieser sich fallen lassen kann und Yugi ihn das erste Mal direkt und dazu noch ohne schützenden Stoff zwischen ihnen verwöhnen darf und das bis zum wunderschönen Ende.

 

 

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Als er von Yami aus befriedigt schimmernden Augen angesehen wird, küsst ihn Yugi sanft auf die Stirn. „Liebster, das war vermutlich das Schönste, was ich bis jetzt erleben durfte.“ Leicht legt er ihm nun die Fingerspitzen auf die Stelle am Hals, an der er ihn zuvor wohl etwas zu heftig bearbeitet hat. „Entschuldige, ich habe dir wohl einen Knutschfleck verpasst.“

 

Sich noch mehr in die Arme seines Shariks kuschelnd schlingt Yami seine Arme um dessen Oberkörper. „Ist doch egal. Er ist von dir und das macht ihn zu etwas Besonderen.“ Die Augen schliessend, möchte er jetzt am liebsten einschlafen.

Doch dann fällt ihm etwas ein. „Was ist mit dir? Du bist doch noch nicht...“, Yugis Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen.

„Das ist egal. Dieser Abend war nur für dich und ich werde es schon überleben, wenn ich mal nicht komme.“

Vorsichtig löst er sich nun von Yami und steht auf, um einen der Lappen zu holen, die er schon seit Ewigkeiten in seinem Nachttisch aufbewahrt.

Sich nun wieder neben seinen Liebsten kniend, reinigt er ihn sanft von den Spuren der Lust und schmeisst das Tuch dann einfach in eine der Ecken. Morgen muss er das Zimmer sowieso aufräumen, da ist es doch auch egal, wenn noch etwas mehr herumliegt.

„Was hältst du davon, wenn wir uns jetzt ins Bett legen? Auf dem Boden zu schlafen hatte ich nämlich nicht unbedingt vor.“

 

Als Antwort richtet sich Yami langsam auf, dabei hat er das Gefühl, dass er kaum in der Lage ist, sich wirklich zu bewegen. „Der Vorschlag ist verlockend, nur weiss ich nicht, ob ich schon aufstehen kann“, schief lächelnd sieht er seinen Sharik verlegen an.

Dieser hält ihm nun die Hand hin und als er sie nun ergreift, wird er langsam auf die Beine gezogen. Sofort schlingt er seine Arme um Yugi, der die Umarmung augenblicklich erwidert.

 

„Na komm, gehen wir schlafen.“ Schritt für Schritt dirigiert er seinen Liebsten rückwärts zum Bett, bis sich dieser auf die Matratze fallen lassen kann.

Die Hand nun auf Yamis Wange legend, sieht er ihn nun voller Liebe an. „Ich lösche nur noch kurz die Teelichter.“

 

Auch wenn Yami seine Augen kaum noch offen halten kann, beobachtet er genau, wie Yugi von einem Teelicht zum anderen geht und diese ausbläst.

Erst jetzt wird ihm bewusst, dass er noch vollkommen nackt ist. „Kannst du mir bitte meine Shorts geben?“, bittend sieht er seinen Sharik an.

 

„Natürlich.“ Auf dem Weg zu den letzten Teelichtern auf dem Tisch am Fenster, bückt er sich und hebt die Shorts auf. Nachdem er auch diese ausgepustet hat, setzt er sich zu Yami aufs Bett und hält ihm das Kleidungsstück hin.

 

Während sich Yugi nun unter die leichte Sommerdecke kuschelt, zieht sich Yami den schützenden Stoff an, ehe auch er sich hinlegt und an seinen Sharik kuschelt. „Danke, Sharik.“

Die Augen schliessend, legt er seinen Kopf auf dessen Schulter und ist nur Minuten später auch schon eingeschlafen.

 

Seinen Liebsten im Arm haltend, liegt Yugi noch lange wach und denkt über das überraschende Ende ihres Rendezvous nach, ehe auch ihn schliesslich der Schlaf übermannt.

 

 

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Yami hat wieder einen entscheidenden Schritt in seiner Entwicklung gemacht und was gibt es schöneres als so ein romantisches Picknick als erstes Rendezvous.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Tag der Erkenntnisse

Hallo zusammen,

 

ist euch aufgefallen dass das erste Kapitel am 31.7.2016 hier hochgeladen worden ist? Seit über einem Jahr schreibe ich nun an der Geschichte, die eigentlich nie so lange hätte werden sollen, jetzt aber schon 513 A4 Seiten umfasst.

 

Nun ja, dieses Kapitel ist mir besonders schwer gefallen, bedeutet es doch einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte.

 

So und jetzt wünsche ich euch viel Spass mit diesem Kapitel...

 

 

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Kapitel 55: Tag der Erkenntnisse

 

 

Gähnend schlägt Sugoroku kurz vor Sonnenaufgang die Decke zurück. Sich auf die Bettkante setzend streckt er seinen Rücken durch und nimmt sich dann die Ohrstöpsel aus den Ohren. „Oh Mann, die beiden...“

Die Augen noch nicht ganz offen habend, schlüpft Sugoroku in seine Pantoffeln, ehe er die Öllampe auf dem Nachttisch entzündet. Liegt sein Zimmer doch in Richtung Hinterhof und wird deswegen nicht durch eine der Strassenlampen erhellt. Worüber er auch froh ist, bevorzugt er es doch, in einem möglichst dunklen Raum zu schlafen.

Mit einem Seufzen steht Sugoroku auf und verlässt mit der Öllampe das Zimmer, um runter ins Bad zu gehen, bevor er Yugi und Yami weckt.

 

Was er nicht weiss, ist, dass Yami schon lange wach ist und auf dem Tisch sitzend aus dem Fenster sieht. In Gedanken versunken fährt er sich immer wieder über die Stelle an seinem Hals, an der ihm Yugi gestern Abend einen weiteren Knutschfleck verpasst hat, als sie sich gegenseitig mit den Händen erkundet und verwöhnt haben.

Nie hätte er gedacht, dass es sich für ihn so gut anfühlen kann, wenn er auf diese Art und Weise berührt wird und es gleicht für ihn an ein Wunder, dass er sich bei seinem Sharik inzwischen immer leichter und ohne eine drohende Panikattacke, einfach nur fallen lassen kann.

 

Nur am Rande nimmt er das leise Klopfen wahr, dennoch sieht er zur Tür, die sich nun langsam öffnet. „Jungs? Es wird langsam Zeit aufzustehen, wenn wir rechtzeitig zum Postkutschenhof kommen wollen.“ Die Öllampe in der Hand haltend, beugt sich Sugoroku ins Zimmer und sieht zu seinem Erstaunen, dass ihn Yami auf dem Tisch sitzend beobachtet. „Du bist schon wach?“ Besorgt stösst er die Tür nun ganz auf und geht auf ihn zu.

 

Leicht schüttelt Yami den Kopf. „Ich habe gar nicht wirklich geschlafen und weil ich Yugi nicht aufwecken wollte, habe ich mich hier hin gesetzt.“ Bei den Worten sieht er zu Yugi, der immer noch tief und fest schläft. „Ich wollte...“, nicht wissend, wie er seine Gefühle in Worte fassen soll, verstummt er mitten im Satz und wendet sich nun wieder dem Himmel zu, der langsam anfängt von schwarz in ein dunkles Rot zu wechseln.

 

Verstehend nickt Sugoroku, kann er sich doch denken, wie der Satz weitergegangen wäre. Schliesslich hat auch er bemerkt, dass Yami mit jedem Tag unruhiger geworden ist und deutlich mehr Zeit bei Yugi im Laden verbracht hat als sonst.

Versuchend, ihm Trost zu spenden, legt er leicht die Hand auf seinen Unterarm. „Ich weiss. Mir fällt es auch nie leicht, ihn gehen zu lassen. Nur muss es leider sein.“ Als Yami nun den Kopf senkt, seufzt Sugoroku schwer auf. „Weckst du ihn auf oder soll ich das machen?“

 

Bei der Frage sieht Yami unwillkürlich zum Bett. „Ich mach das. Dann ist er vielleicht nicht ganz so schlecht gelaunt.“ Langsam, um die Öllampe nicht aus Versehen vom Tisch zu stossen, rutscht er zur Kante und lässt sich dann zu Boden gleiten.

Erst jetzt blickt er wieder zu Sugoroku. „Lässt du uns bitte noch ein wenig allein? Ich würde gern...“, wieder bricht er mitten im Satz ab.

 

Lächelnd nickt Sugoroku. „Natürlich, nur lasst euch nicht zu viel Zeit.“ Nun nach der Öllampe greifend, blickt er kurz zum Fenster, ehe er zur Tür geht. „Ich bereite dann schon mal das Frühstück und den Proviant vor, aber spätestens wenn die Sonne ganz aufgegangen ist, müsst ihr unten in der Küche sein.“ Mit diesen sanft ausgesprochenen Worten, verlässt er das Zimmer und schliesst die Tür hinter sich.

 

Kaum sind sie allein, setzt sich Yami auf das Bett und zündet nun die Öllampe auf Yugis Nachttisch an. Im warmen Licht der Flamme blickt er auf das friedliche Gesicht seines Shariks.

Er will es nicht, aber weil es sein muss streckt er widerstrebend seine Hand aus und lässt seine Finger sanft über dessen Wange gleiten. „Sharik, es wird Zeit aufzustehen.“ Sich seitlich neben ihm hinlegend sieht er in die, sich nur einen spaltbreit öffnenden Augen.

 

„Yami, es noch mitten in der Nacht“, murrend vergräbt Yugi sein Gesicht im Kissen und will sich auch noch die Decke über den Kopf ziehen, nur leider wird ihm diese in diesem Moment von seinem Liebsten weggezogen. „Yamiiii...“, maulend sieht er wieder hoch.

Dies wird auch sofort ausgenutzt. Legen sich doch nun weiche Lippen auf die seinen.

 

Innerlich schmunzelnd merkt Yami, wie sich sein Sharik in den Kuss fallen lässt und sich unwillkürlich an ihn drängt. Wie einen Hauch lässt er seine Finger über die vom Schlaf noch warme Haut gleiten, ehe er ihn an sich zieht.

 

Dieser plötzliche Hautkontakt lässt Yugi unwillkürlich aufkeuchen, was leider auch ihren Kuss unterbricht. „Verdammt Yami, wenn du so weiter machst, dann...“, eine Hand auf seinem nackten Hintern lässt ihn verstummen.

„Was dann?“ Absichtlich lässt Yami seine Stimme verführerisch klingen, was zu seiner Freude eine deutliche Röte auf Yugis Wangen zaubert.

 

Während Yami Yugi aufweckt, ist Sugoroku in der Küche dabei das Frühstück vorzubereiten. Er ist gerade dabei die Brötchen im Ofen zu kontrollieren, als er eindeutige Geräusche hört. Kopfschüttelnd schliesst er die Backofentür wieder und wirft auch noch gleich ein Holzscheit ins Feuer, ehe er das inzwischen kochende Wasser zu dem Teeei in den Teekrug giesst und diesen auf die kühlste Herdplatte stellt.

 

Nachdem er den Tisch fertig gedeckt hat, ist auch der Tee fertig, weshalb er sich nun seine Tasse füllt und sich dann mit dieser auf seinen Stuhl setzt. „Na hoffentlich denken die beiden daran, dass sie bald aufstehen müssen.“ Einen Schluck trinkend, lehnt er sich zurück und schliesst die Augen.

 

Kuschelnd liegen Yami und Yugi atemlos im Bett. Am liebsten würden sie ewig so liegen bleiben, nur ist ihnen beiden nur zu gut bewusst, dass sie nicht mehr viel Zeit haben. „Musst du wirklich fahren? Kann nicht May für dich die Stoffe kaufen? Oder Grossvater?“, obwohl er weiss, dass es sinnlos und egoistisch ist, kann Yami einfach nicht anders, als diese beiden Fragen zu stellen.

„Yami. May ist zwar eine hervorragende Schneiderin, aber vom Stoffhandel hat sie keine Ahnung und Grossvater ist für diese anstrengende Reise einfach nicht mehr fit genug. Es ist ja nur ein Monat und ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück.“ Mit einem traurigen Lächeln greift er nach Yamis Hand und führt sie an seine Lippen. 

 

Diese kleine Zärtlichkeit löst ein angenehmes Kribbeln in Yamis Fingerspitzen aus, was ihn ein wenig von dem Gedanken, dass sein Sharik in wenigen Stunden weg sein wird, ablenkt.

Trotzdem löst er sich widerstrebend von ihm und steigt aus dem Bett. „Ich gehe jetzt ins Bad.“ Yugi ignorierend, schnappt er sich seine Sachen und eilt aus dem Zimmer. Dabei vergisst er vollkommen, dass er nackt ist.

Erst unten im Badezimmer fällt es ihm auf, weil er sich die Shorts ausziehen will und diese nicht da ist. Im ersten Moment ist er darüber erschrocken, aber dann schüttelt er über sich selbst den Kopf. „Verdammt, so weit bin ich also schon, dass ich nackt durchs Haus laufe und es nicht einmal bemerke.“

 

Während Yami im Bad unter der Dusche steht, hat sich Yugi auf die Bettkante gesetzt und fährt sich immer wieder mit den Fingern über den Knutschfleck an seinem Hals.

Mit einem Seufzen steht er schliesslich auf und geht zu seinem Schrank. Dort stellt er sich vor den Spiegel und betrachtet sich seinen Hals. „Hoffentlich bleibt der auch schön lange sichtbar, wenn ich dann in Wladiwostok bin.“ Traurig lächelt er sich selbst an, schmerzt sein Herz doch jetzt schon, wenn er nur daran denkt, dass er sich schon bald für einen ganzen Monat von seinem Liebsten trennen muss.

Auf einmal schlingen sich von hinten zwei Arme um ihn. „Sharik, du solltest jetzt ins Bad gehen, wenn du noch in Ruhe frühstücken willst.“ Es fällt Yami schwer, diese Worte auszusprechen. Nur hat er Yugi zuvor schon eine Weile beobachtet und gesehen, dass ihnen der bevorstehende Abschied offensichtlich gleich schwerfällt.

Sanft haucht er noch einen Kuss auf die Schulter seines Shariks, ehe er ihn mit einem gespielten Lächeln loslässt. „Na komm, es ist ja nur für einen Monat und ehe du dich versiehst, bist du wieder hier und liegst in meinen Armen.“

 

Mit einem dicken Kloss im Hals nickt Yugi. „Ja, es ist nur ein Monat.“ Gern würde er mehr sagen. Nur kann er es nicht, weshalb er nun nach seinen Kleidern greift und dann zu seinem Liebsten geht, der inzwischen bei der Tür stehend auf ihn wartet.

„Begleitest du mich noch bis zum Bad?“, zwingt sich Yugi zu einem amüsierten Tonfall und lächelt nun ebenso gespielt, wie es sein Liebster tut.

 

„Da das Bad auf dem Weg zur Hintertür liegt, ja.“ Den Arm um die Schulter seines Shariks legend, dirigiert Yami ihn sanft hinaus in den Flur und auch die Treppe hinunter.

Erst als sie direkt vor dem Badezimmer stehen, löst er sich von ihm und eilt nun so schnell er kann in den Hinterhof.

Kaum hat sich die Tür hinter Yami geschlossen, schliesst er gepeinigt seine Augen. Doch beinahe sofort reisst er sie wieder auf. „Verdammt, Yugi ist noch nicht einmal weg und ich mutiere schon zur Heulsuse.“ Sich mit der Hand über die Augen fahrend, atmet er ein paar Mal tief durch, ehe er zum Lager geht, um die Heunetze für die Pferde zu holen.

 

In der Küche packt Sugoroku die letzten Brote in den kleinen Beutel aus Leinen und legt diesen neben Yugis Teller auf den Tisch. In dem Moment kommt sein Enkel mit noch nassen Haaren in die Küche. „Guten Morgen.“ Aufmerksam beobachtet er, wie sich Yugi einen Tee einschenkt und sich dann mit ernstem Gesicht an den Tisch setzt.

 

„Guten Morgen, Grossvater.“ Nachdem er einen Schluck getrunken hat, seufzt Yugi tief auf. „Das ist das erste Jahr, in dem ich nicht nach Wladiwostok möchte.“ Betrübt sieht er seinen Grossvater an, der sich inzwischen auch wieder hingesetzt hat. „Ich habe Angst, dass Yami nicht klar kommt, wenn ich weg bin“, fasst er zum ersten Mal seine Sorgen in Worte. „Und verdammt, ich vermisse ihn jetzt schon“, rutscht es dann noch aus ihm heraus.

 

Gerade als Sugoroku etwas sagen möchte, kommt Yami in die Küche. Weshalb er sich seinen Kommentar verkneift. Stattdessen mustert er ihn nun und kann deutlich erkennen, dass eine beinahe perfekt sitzende Maske dessen wahre Gefühle verdeckt. Nur die leicht geröteten Augen verraten, dass dieser nicht so ruhig ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. „Hallo Yami. Na, schlagen sich die beiden Racker wieder die Bäuche voll?“, lächelnd sieht er zu Yami, der den Blick verwirrt erwidert. „Natürlich, ich habe sie ja schliesslich wie jeden Morgen gefüttert.“

Deutlich ist in dessen Augen für Sugoroku nun zu erkennen, dass sich dieser fragt, was diese Frage denn nun sollte, weshalb er sich jetzt zurücklehnt, um ihn nicht zu beunruhigen. „Ich wollte nur ein wenig Konversation machen. Das ist alles.“

Als er dann nach einem der Brötchen greift, scheint das ein Signal für seine beiden Enkel zu sein. Zumindest wirkt es auf ihn so, denn erst jetzt beginnen auch sie nach den Sachen auf dem Tisch zu greifen.

Weil Sugoroku merkt, dass keiner der beiden wirklich reden möchte, verzichtet er schweren Herzens darauf, weitere Fragen zu stellen.

 

Yami ist gerade dabei, seine zweite Brötchenhälfte mit Honig zu bestreichen, als er den Abstand zwischen sich und Yugi nicht mehr aushält. Er muss ihn jetzt einfach berühren. Nur glaubt er nicht, dass er in Yugis Armen seine mühevoll aufgesetzte Maske aufrecht erhalten könnte. Deswegen streckt er unter dem Tisch sein Bein aus, bis er mit seinem Fuss an den seines Shariks stösst, was ihm einen erstaunt fragenden Blick einbringt und ihn selbst sofort ein wenig ruhiger werden lässt.

 

Verwirrt, weil Yami ihn unter dem Tisch berührt, sieht Yugi seinen Liebsten an und erkennt, dass sein Liebster diese kleine Berührung gerade braucht, weshalb er nun auch sein Bein etwas nach vorne bewegt, um ihren Kontakt noch ein wenig zu verstärken.

 

Viel zu schnell ist das Frühstück vorbei und die Küche aufgeräumt. Was bedeutet, dass sie nun zum Postkutschenhof aufbrechen müssen. Doch bevor sie das Haus verlassen, greift Yugi nach der Hand seines Liebsten und zieht ihn ein wenig zur Seite.

„Sharik, was...?“, verwirrt blickt Yami in die amethystfarbenen Augen.

„Liebster, ich... kann mich nachher beim Postkutschenhof nicht richtig von dir verabschieden, sondern muss wieder den normalen Besitzer spielen und darum möchte ich das jetzt tun.“ Mit einem traurigen Blick lässt er seinen Daumen sanft über Yamis Handrücken gleiten, während er gleichzeitig seine andere Hand in dessen Nacken legt und ihn so sanft zu sich zieht, bis ihre Gesichter nur noch Millimeter voneinander entfernt sind.

„Liebster, ich werde die Tage zählen, bis ich wieder bei dir sein kann.“ Wie einen Hauch legt er nun seine Lippen auf Yamis, der den Kuss sofort erwidert.

Nur leider haben sie wirklich kaum noch Zeit, weshalb sie den sanften Lippenkontakt für ihren Geschmack viel zu schnell wieder lösen müssen.

„Sharik, pass gut auf dich auf und komme heil wieder zurück.“ Mit beiden Händen umfasst Yami das Gesicht Yugis und sieht ihm tief in die Augen. „Ich werde hier auf dich warten und ...“, weil ihm die Worte fehlen, gibt er seinem Sharik einen Kuss, in den er all seine Gefühle legt. Angst, Sehnsucht, Liebe und so viele mehr.

 

Geduldig wartet Sugoroku bei der Tür darauf, dass sich seine Enkel von einander lösen. Will er ihnen doch die Zeit, die sie für ihren Abschied brauchen, geben. Als sie dann schliesslich zu ihm kommen, lächelt er sie nachsichtig an. „Na kommt, es wird Zeit.“ Etwas zur Seite tretend lässt er die beiden an sich vorbei auf die Strasse treten, ehe er selbst rausgeht und die Tür hinter sich abschliesst.

 

Weil sie nicht wollen, dass Yami hinter ihnen gehen muss, nehmen sie ihn in ihre Mitte. Es ist ja schon schlimm genug, dass dieser die grosse Tasche von Yugi tragen muss, weil sie nicht mit der Kutsche fahren möchten. Sind die wenigen öffentlichen Kutschenparkplätze und auch die Stellplätze für die Reitpferde doch immer überfüllt.

 

Die Reisetasche seines Shariks über der Schulter tragend, nimmt Yami nur am Rande wahr, dass sie sich nach etwa einer halben Stunde langsam einem grossen Platz mit einem weissen Gebäude nähern, vor dem sich unzählige grosse und kleine Postkutschen befinden.

Erst als sie die Stimmen von May und Jonouchi hören, die ihnen rufend zuwinken, hebt er seinen bis jetzt gesenkten Blick und sieht sich um, während sie zu den anderen gehen. Sogar Rishido ist dabei, was ihn nun doch überrascht.

„Rishido, was machst du denn hier?“, rutscht es ihm auf Ägyptisch heraus, kaum dass sie bei der kleinen Gruppe angekommen sind.

 

Kurz blickt sich Rishido um, ehe sich ein kleines Schmunzeln auf sein Gesicht schleicht. „Erst einmal Hallo“, erwidert er nun auch auf Ägyptisch, weil sich keine Leute in ihrer direkten Nähe befinden. „Ich habe Meister Jonouchi darum gebeten, dass ich ihn hierher begleiten kann, weil ich mich auch von Mistress May und Meister Yugi verabschieden möchte.“

 

Verstehend nickt Yami, während er nun die Tasche von seiner Schulter gleiten lässt, ehe er dann zu Yugi sieht, der sich gerade mit einer Umarmung von Sugoroku verabschiedet und sich dann auch von Jonouchi drücken lässt. „Ich will ihn nicht gehen lassen...“, er weiss nicht, warum er sich ausgerechnet Rishido anvertraut. Doch als dieser nun verstehend nickt, fühlt er zu seiner eigenen Überraschung ein klein wenig besser.

 

„Das ist verständlich. Mir ist es damals auch schwer gefallen, dass Meister Jonouchi mich nicht mit ins Gefängnis genommen, sondern mich stattdessen zu euch gebracht hat. Dabei ist er für mich nur ein freundlicher Besitzer, der mich so gut, wie noch keiner meiner früheren Besitzer behandelt. Da ist es kein Wunder, dass dir der Abschied von Meister Yugi noch viel schwerer fällt.“ Gern würde er ihm die Hand auf die Schulter legen, was sogar möglich wäre, da solche Gesten bei Sklaven untereinander auch von der übrigen Bevölkerung in der Regel geduldet werden. Weil er aber nicht weiss, wie Yami darauf reagieren würde, lässt er es bleiben.

 

Yami will gerade etwas sagen, als er überraschend von May in eine Umarmung gezogen wird. Sofort versteift er sich und würde sich am liebsten von ihr befreien, aber weil er das hier in der Öffentlichkeit nicht darf, lässt er sie über sich ergehen.

 

Die missbilligenden Blicke der anderen Leute ignorierend, löst May nach ein paar Sekunden die Umarmung und sieht ihn lächelnd an. „Mein Ruf ist durch die Ehelosigkeit in meinem reifen Alter von 29 Jahren sowieso schon ruiniert, da kann ich auch ruhig den Sklaven meines Freundes umarmen, ohne dass ich dessen Erlaubnis habe.“ Kommentiert sie ihr tun für alle gaffenden Leute laut und deutlich, ehe sie die Stimme senkt. „Keine Angst, ich passe gut auf ihn auf und bringe ihn dir heil und an einem Stück wieder zurück, aber den Knutschfleck musst du dann selbst wieder erneuern. Das mache ich nämlich nicht“, zwinkert sie Yami kurz zu, ehe sie sich abwendet und nach ihrer Tasche greift.

 

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck stellt sich Yugi nun vor seinem Liebsten hin. „Yami... du weisst Bescheid?“, fragend sieht er ihn mit einem besorgten Ausdruck in den Augen an, bis Yami leicht den Kopf neigt. „Ja, ich weiss Bescheid.“

Kurz schliesst Yugi die Augen. „Gut, dann...“, um die Fassung nicht zu verlieren bricht Yugi ab und greift nun nach seiner Tasche, ehe er sich umdreht und May kurz zunickt. „Gehen wir, die Kutsche wartet ja schliesslich nicht auf uns.“ Noch einmal winkt er den anderen zu, bevor er in seiner kleinen Schultertasche nach den Reisedokumenten kramend, mit May zu einer der grossen Postkutschen geht, vor der sechs Pferde eingespannt sind.

 

Als Yami sieht, wie Yugi in die Postkutsche steigt, macht er unwillkürlich einen Schritt nach vorn, wird aber sofort von Rishido am Handgelenk gepackt, als er noch einen machen möchte. „Yugi...“, mit weit aufgerissenen Augen muss er tatenlos mit ansehen, wie sich die Postkutsche mit seinem Sharik nun in Bewegung setzt. Plötzlich fühlt er sich wieder wie ein zwölfjähriges Kind, als sich nun ein Bild von seiner Tante Amina vor seine Augen schiebt, wie sie von ihm weggeführt wird. Gepeinigt schliesst er die Augen. „Geh nicht, komm wieder...“

 

Die Szene lässt einen Passanten auf die kleine Gruppe zu treten, hat Rishido doch inzwischen sogar seine zweite Hand auf Yamis Schulter gelegt, um ihn besser zurückhalten zu können.

„Ihr Sklave ist seinem Besitzer gegenüber ja sehr anhänglich. So etwas sieht man wirklich selten. Mein Kompliment, das muss ja einiges an Erziehungsarbeit gekostet haben, bis dieser ihn so weit hatte.“ Neugierig mustert der Mann Yami, der den Blick gar nicht wahrnimmt, weil seine Augen immer noch auf die sich entfernende Kutsche gerichtet sind.

 

Todernst stellt sich Sugoroku nun vor dem Mann hin. „Das geht Sie gar nichts an, wieso unser Sklave so an meinem Enkel hängt und nun lassen Sie uns in Ruhe. Guten Tag.“ Mit diesen Worten wendet er sich von dem Mann ab und greift nach Yamis halb ausgestrecktem Arm. „Na komm, gehen wir nach Hause. Blacky und Rocky warten sicher schon auf ihr Futter.“ Mit ihm fühlend sieht er ihn an, ehe er Rishido und Jonouchi zunickt. „Wir gehen jetzt nach Hause, da kann er sich wieder ein wenig beruhigen und danke für die Hilfe, Rishido.“

Sanft zwingt er Yami, sich von der schon längst aus ihrem Sichtfeld verschwundenen Postkutsche abzuwenden.

 

Den Blick immer wieder zurückwerfend, lässt sich Yami von Sugoroku unter den neugierigen Blicken der Leute vom Postkutschenhof führen. Erst als er das weisse Gebäude nicht mehr sehen kann, lässt er den Blick zu Boden gleiten. „Er kommt doch wirklich wieder? Oder?“, kann er seine Sorgen schliesslich nicht mehr zurückhalten, obwohl sie noch nicht zu Hause sind.

 

Stehen bleibend sieht Sugoroku in das gesenkte Gesicht Yamis. „Ja, er kommt zurück. Mach dir keine Sorgen.“ Weil er nicht glaubt, dass dieser den Weg in dem Zustand alleine schafft, lässt er ihn nicht los, sondern führt ihn nun weiter an dessen Arm durch die Strassen, bis sie direkt vor ihrer Haustür angekommen sind.

 

Kaum sind sie im Haus, rennt Yami in den Stall und verkriecht sich in Rockys Box. Sich in die Ecke kauernd schlingt er sich seine Arme um die Beine und beginnt haltlos zu schluchzen. „Er ist weg, Rocky. Er hat mich allein gelassen.“

Vorsichtig schiebt Rocky seine Nase neugierig zu dem am Boden kauernden Menschen und schnaubt leicht in dessen Gesicht.

„Rocky..“, nach Trost suchend schlingt Yami seine Arme um den Hals des grossen Wallachs und vergräbt sein Gesicht an dessen Hals. Was sich dieser geduldig gefallen lässt.

 

Von Yami unbemerkt und das obwohl Blacky laut gewiehert hat, ist Sugoroku in den Stall gekommen und sieht nun mit einem tiefen Seufzen auf das Bild, welches sich ihm bietet. „Ach Yami.“

 

Unterdessen ist die Postkutsche schon ziemlich weit von Domino entfernt, weshalb sich den acht Fahrgästen nun eine wunderschöne Aussicht auf Wälder und Felder bietet, wenn sie denn Augen dafür haben und zu denen gehört Yugi ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Seinen Yami jetzt schon vermissend und voller Sorge um ihn, blickt er zwar aus dem Fenster, aber er würde es wohl nicht einmal bemerken, wenn sie plötzlich durch eine Wüste fahren und Pyramiden auftauchen würden.

 

Schon vor einer gefühlten Ewigkeit hat es May aufgegeben mit Yugi eine Unterhaltung zu führen. Hat ihr doch dieser immer nur mit Ja geantwortet. Sogar als sie ihn gefragt hat, ob es bei dem strahlenden Sonnenschein draussen regnet, hat sie nur ein Ja bekommen, was die anderen Fahrgäste deutlich schmunzeln liess. Deswegen wirft sie ihm jetzt nur immer wieder besorgte Blicke zu, während sie sich mit den anderen Fahrgästen unterhält und sich dabei fragt, wie das nur in den nächsten Tagen und Wochen werden wird, wenn es schon jetzt so schlimm um Yugi steht.

 

Die Zeit für die zweite Morgenfütterung ist schon längst vorbei, als sich Yami endlich wieder soweit beruhigt hat, dass er sich von Rocky lösen kann. Mit einem leichten Lächeln streichelt er ihm über das Fell. „Danke, Grosser.“ Sich an der Boxenwand abstützend, steht er nun langsam auf. Als er nun zur Stalltür blickt, bemerkt er mit Schrecken, wie hoch die Sonne schon stehen muss.

So schnell wie möglich holt er die beiden Heunetze aus dem Lager und hängt sie in die Boxen. „Entschuldigt, ihr beiden. Ich wollte euch nicht hungern lassen.“ Weil er sieht, dass sie auch nicht mehr viel Wasser haben, füllt Yami noch schnell die Wassertröge, ehe er ins Lager geht, um die Netze für die nächste Fütterung der beiden zu stopfen.

 

Als er nun wieder in den Hof tritt, sieht er Sugoroku bei der Tür stehen. „Grossvater, was ist los?“, fragend sieht er den alten Mann an, der nun leicht lächelt. „Nichts ist los, aber es gibt gleich Mittagessen.“

Erstaunt blickt Yami nun noch einmal bewusst auf den Stand der Sonne achtend in den Himmel. Tatsächlich, es ist schon so spät. Was sein schlechtes Gewissen den beiden Pferden gegenüber noch grösser werden lässt, dass er sie so lange auf ihr zweites Frühstück hat warten lassen. „Ja, ist gut. Ich komme.“ Noch einmal kontrolliert er, ob er den Riegel von Rockys Box auch wirklich blockiert hat, ehe er ins Haus geht und sich die Hände wäscht.

 

Inzwischen hat Sugoroku die Tomatenspaghetti und den Salat auf den Tisch gestellt. Nun ist er dabei die Gläser mit kühlem Wasser zu füllen, als Yami in die Küche kommt. „Da bist du ja. Setz dich hin und bedien dich. Sonst wird das Essen noch kalt.“ Betont fröhlich setzt er sich nun auch hin und greift nach der Salatschüssel.

 

Wie immer füllt sich Yami seinen Teller, obwohl er eigentlich gar keinen Hunger hat. Doch kaum hat er einen Bissen runtergewürgt, schiebt er das Essen auf dem Teller nur noch hin und her, bis er es schliesslich nicht mehr aushält. Mit einer gemurmelten Entschuldigung eilt er aus der Küche und flüchtet sich wieder zurück in den Stall.

 

Kopfschüttelnd sieht Sugoroku auf den noch vollen Teller, den Yami zurückgelassen hat. „Na hoffentlich geht das jetzt nicht die ganze Zeit so weiter. Nicht, dass mir der Junge vor lauter Kummer noch krank wird.“

Nachdem er sein Mittagessen beendet hat, räumt er die Küche auf und wirft schweren Herzens die Reste von Yamis Teller in den Müll. Wie er es doch hasst, wenn er Essen wegwerfen muss, aber Tomatenspaghetti mit Salat und Salatsauce kann er beim besten Willen nicht mehr aufwärmen.

 

Den Nachmittag über sieht er Yami nicht ein einziges Mal. Was vor allem daran liegt, dass er nun wieder vorne im Laden stehen und sich um die Kunden kümmern muss, während sich Yami vermutlich bei den Pferden ablenkt.

 

Am Abend isst Yami wenigstens ein halbes Honigbrötchen und knabbert an ein paar Stückchen seiner Nussschokolade rum, die er vor ein paar Tagen für ihn gekauft hat.

Innerlich schmunzelnd denkt Sugoroku an die Szene zurück, als er ihm die Tafel in die Hand gedrückt hat. Ist er von Yami doch angestrahlt worden, als hätte er ihm einen Schatz überreicht und dann ist dieser auch noch hingegangen und hat die Tafel in lauter kleine Stücke zerschnitten, die nun sicher in einer alten Dose aus Metall aufbewahrt werden.

Nur, wenn der Junge so weiter isst, dann wird auch die kleine Stücke-Taktik nicht lange funktionieren.

 

Nach dem fünften Stück seiner Schokolade schliesst Yami den Deckel der Dose wieder sorgfältig, ehe er sie in die Vorratskammer zurückbringt und auf eines der Regalbretter stellt.

 

In der Zwischenzeit hat Sugoroku den Tisch abgeräumt und ist jetzt dabei das Geschirr zu spülen. „Ich helfe dir, Grossvater.“ Mit dem Geschirrtuch in der Hand stellt er sich neben dem alten Mann an die Arbeitsplatte und schnappt sich den ersten Becher. Schweigend arbeiten sie Hand in Hand, bis auch die Küche fertig aufgeräumt ist.

 

Von der schlaflosen Nacht und dem ganzen emotionalen Stress erschöpft lehnt sich Yami nun an die Arbeitsplatte.

„Willst du Baldrian, Yami?“, fragend und zugleich besorgt wird er nun von Sugoroku angesehen. Trotzdem schüttelt er den Kopf. „Nein, ich glaube es geht auch so.“ Sich wieder aufrichtend lächelt er seinen Grossvater nun an. Nur erreicht dieses nicht seine Augen. „Ich gehe jetzt schlafen. Gute Nacht.“

 

„Gute Nacht, mein Junge.“ Nicht wirklich sicher, ob es die richtige Entscheidung ist, Yami den Baldrian nicht aufzuzwingen, sieht er ihm nach, als dieser die Küche verlässt.

 

Als sich Yami nach einer erfrischenden Dusche in das leere Bett legt, kommen ihm beinahe wieder die Tränen. Nur mit Mühe kann er sie unterdrücken, greift nun dafür aber nach Yugis Kopfkissen und drückt es sich an seine Brust. „Sharik...“

 

Es dauert lange, aber dann fordert Yamis Körper den benötigten Schlaf ein und er gleitet langsam aber sicher in einen unruhigen Schlaf hinüber, der ihn zurück in seine Vergangenheit führt.

 

Sorgfältig führt der knapp zwölf Jahre alte Atemu die Handgriffe aus, die ihm Tante Amina vor ein paar Tagen erklärt hatte. Schliesslich will er dem Sklaven nicht noch mehr Schmerzen zufügen, als dieser sowieso schon, durch die eingeklemmten Nerven im Rücken hat.

„Das macht Ihr sehr gut Atemu. Wenn Ihr spürt, dass Ihr die richtige Stelle gefunden habt, dann übt einen kontinuierlichen Druck aus, bis euch Elias sagt, dass der Schmerz nachlässt oder ihr merkt, dass sich die Muskeln unter euren Fingern entspannen.“ Geduldig korrigiert Amina die Position seiner Hände, als plötzlich die Tür zu der einfachen Kammer aufgerissen wird.

 

Erschrocken blicken Atemu und Amina zur Tür, in der sie den Hohepriester Akunadin mit zwei Wachen stehen sehen.

Äusserlich ruhig steht Atemu mit vor Schreck wild klopfendem Herzen auf. „Hohepriester Akunadin, was führt Euch hierher?“, beunruhigt mustert Atemu seinen Onkel der ihn mit einem eiskalten Blick mustert. „Das Gleiche könnte ich Euch auch fragen, mein Prinz. Dieser Ort ist eines zukünftigen Pharaos unwürdig.“ Drohend tritt Akunadin auf Atemu zu, der jetzt unsicher einen Schritt zurück tritt.

Nur leider wird dadurch Akunadins Aufmerksamkeit auf Tante Amina gelenkt. „Wachen, nehmt die Frau und den Sklaven fest und bringt sie zu Pharao Nesut-anch-Amun.“ Mit gefühlloser Stimme gibt der Hohepriester den Befehl, während er selbst Atemu am Arm packt und diesen regelrecht neben sich her schleifend persönlich zum Pharao bringt.

 

Als sie in den Thronsaal kommen, knien Amina und Elias schon vor Pharao Nesut-anch-Amun auf dem Boden und werden von den Wachen mit traditionellen Speeren, deren Spitzen sie leicht in ihre Rücken drücken, in Position gehalten.

 

„Tante Amina!“, Atemu beginnt sich gegen den Griff seines Onkels zu wehren. Allerdings hat er keine Chance gegen den festen Griff. Hilflos blickt er zu seinem Vater der fragend zu Akunadin sieht. „Hohepriester, was ist hier los?“, als die autoritäre Stimme ertönt, stellt Atemu instinktiv seine Gegenwehr ein.

 

„Pharao Nesut-anch-Amun“, respektvoll senkt Akunadin den Kopf vor seinem Bruder. „Schon seit längerer Zeit hatte ich vermutet, dass die ehemalige Sklavin Amara Amina, die wie Ihr wisst, das Kindermädchen des Prinzen ist, einen schlechten Einfluss auf ihn hat. Heute habe ich endlich den Beweis für meine Vermutung gefunden. Habe ich den jungen Prinzen doch zusammen mit dieser Person und diesem Sklaven bei den Sklavenunterkünften gefunden. Schockiert musste ich feststellen, dass sie die göttliche Gabe des Prinzen dazu missbraucht haben, diesem unwürdigen Subjekt“, abwertend deutet Akunadin auf den Sklaven, „zu dienen.“

 

Geschockt sieht Atemu seinen Onkel an, dessen Griff sich inzwischen schmerzhaft um seinen Oberarm schlingt. „Das ist nicht wahr. Sie haben mir gezeigt, wie ich Elias bei seinen Rückenschmerzen helfen kann. Sie haben mich nicht missbraucht oder zu irgendwas gezwungen“, vor lauter Wut überschlägt sich seine Stimme regelrecht. Beschwörend sieht er seinen Vater an und hofft inständig, dass dieser den Worten Akunadins nicht glaubt.

Doch mit Schrecken muss er feststellen, wie sich das Gesicht des Pharaos verschliesst. „Es ist eines zukünftigen Pharaos nicht würdig, sich um die Sklaven zu kümmern und dazu noch die Finger an diesen dreckigen Subjekten zu entehren.“

 

„Aber Vater, ich will doch gar nicht Pharao werden. Sondern ein Heiler oder Medimagus“, ruft Atemu schon beinahe verzweifelt in Richtung des Pharaos.

 

Daraufhin wird Pharao Nesut-anch-Amuns Blick eiskalt. „Dein Schicksal ist es eines Tages die Geschicke dieses Reiches als dessen Pharao Nesut-anch-Ra zu lenken und ich werde nicht zulassen, dass das Kindermädchen Amina dir weiterhin Flausen in den Kopf setzt.“

Mit der Hand deutet der Pharao auf die beiden Personen, die immer noch vor ihm auf dem Boden knien. „Die ehemalige Sklavin Amara Amina wird per sofort aus dem Reich verbannt und auf das nächste Schiff verfrachtet. Egal, was dieses für ein Ziel hat. Schafft sie aus meinen Augen!“

 

Mit vor Schock geweiteten Augen sieht Atemu seinen Vater an. „Das könnt Ihr doch nicht machen! Vater bitte, nehmt mir Tante Amina nicht weg.“ Mit beinahe übermenschlicher Kraft reisst sich Atemu von seinem Onkel los und stürmt zu Amina, die nun zwischen zwei Wachen steht, die sie gerade wegführen wollen. „Tante Amina“, schluchzend schlingt Atemu seine Arme um sie. „Atemu, Ihr müsst jetzt sehr tapfer sein“, obwohl Aminas Augen feucht glänzen, klingt ihre Stimme sehr sanft. „Vergesst nie, was ich euch beigebracht habe. Egal was andere sagen. Ihr seid ein normaler Mensch, der eine grosse Verantwortung auf seinen Schultern tragen wird. Seid immer weise, gerecht und stark.“

Atemu will gerade etwas erwidern, als er von ihr weggerissen wird. „Tante Amina“, schluchzend will er wieder zu ihr. Doch sie wird nun regelrecht aus dem Thronsaal gezerrt und er hat keine Chance, sich gegen die Wache, die ihn nun am Arm festhält zu behaupten.

 

Wütend blickt er zum Pharao, der die ganze Szene mit ausdrucksloser Miene beobachtet hat, sich nun aber dem Sklaven zuwendet. „Der Sklave wird den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben, sondern bei lebendigen Leib den heiligen Krokodilen geopfert. Als Wiedergutmachung dafür, dass er meinen Sohn entehrt hat.“ Unter schreien und bitten nach Gnade wird nun auch Elias gepackt und aus dem Thronsaal geschleift.

Schockiert steht Atemu einfach nur da und blickt starr auf die Stelle, an der Elias vorher noch gekniet hatte.

Nur am Rande bekommt er mit, wie sein Vater mit ihm redet. „Und du mein Sohn, wirst die nächsten Wochen dein Zimmer nicht verlassen, ausser zur Opferung des Sklaven heute Abend und zu deinen Studien. Dafür wird Hohepriester Akunadin persönlich Sorge tragen.“

 

Willenlos lässt sich Atemu aus dem Thronsaal und in sein Zimmer führen. Kaum ist er in dem luxuriös eingerichteten Schlafzimmer allein, wirft er sich schluchzend auf sein Bett.

 

Schwitzend und mit vor Verzweiflung verzerrten Gesicht, windet sich Yami auf dem Bett hin und her, wacht aber wie durch ein Wunder nicht auf. Im Gegenteil, sein Unterbewusstsein führt ihn zu einer anderen Begebenheit, die Jahre später auf ihre Art und Weise ebenso traumatisch gewesen ist.
 

„Hoheit, Euer Vater ist soeben bei einer Ministerversammlung überraschend verstorben“, wirft sich der Hohepriester vor Atemu in den Staub. Dieser vernimmt zwar die Worte, kann sie jedoch noch nicht wirklich verstehen, weshalb er sich von seinem Schreibtisch erhebt und nun in die Augen seines Onkels blickt, der soeben mit einer purpurnen Robe über dem Arm den Raum betritt. „Hohepriester Akunadin, was ist passiert?“, eine Antwort verlangend sieht er fest in dessen Augen.

 

„Hoheit, der Pharao Nesut-anch-Amun ist vor wenigen Minuten überraschend vermutlich an einem Schlaganfall verstorben. Ihr müsst euch jetzt sofort dem Volk als der neue Pharao zeigen, um Unruhen zu verhindern.“ Leicht verneigt sich Akunadin vor seinem noch nicht einmal 19-jährigen Neffen, ehe er auf ihn Zutritt und ihm die Robe über die Schultern und das dunkelblaue Hemd legt und diese so drapiert, wie es die Tradition vorschreibt. „Nun kommt, mein Pharao“, fordert er ihn nun mit einer eindeutigen Geste auf.

 

Immer noch nicht wirklich realisierend, was hier gerade passiert, folgt Atemu seinem Onkel bis zu dem Balkon, auf dem sein Vater immer die Reden für das Volk zu halten pflegt. Noch bevor er diesen betritt, hört er das aufgeregte Gemurmel, der Leute, die sich wohl unten auf dem Platz schon versammelt haben und auch die Kamera scheint eingeschaltet zu sein, wenn er das rote Licht richtig deutet.

 

Noch bevor er auf den Balkon treten kann, stellt sich Akunadin ans Mikrophon. „Volk des ägyptischen Grossreiches. Unser geliebter Pharao Nesut-anch-Amun ist vor wenigen Minuten überraschend während er Ausübung seines Amtes verstorben. Doch habt keine Sorge, sein Sohn ist sogleich informiert worden und wird schon in Kürze seinen Platz einnehmen. Lang lebe der zukünftige Pharao Nesut-anch-Ra.“

 

Kaum hat Atemu die Worte vernommen und diese nun auch endlich wirklich realisiert, wird er von Shimon regelrecht nach vorne geschoben, bis er vollkommen schockiert vor der tosenden Menge steht.

 

Mit einem lauten Schrei schreckt Yami aus seinem unruhigen Schlaf hoch. „Nein! Tante Amina! Nein!“ Die Arme um seinen Oberkörper schlingend beginnt er vor Verzweiflung und Schmerz zu schluchzen.

 

Von dem Schrei alarmiert, rennt Sugoroku ohne anzuklopfen in das Zimmer und findet einen vollkommen aufgelösten Yami vor. Sofort setzt er sich neben ihm auf die Matratze und nimmt ihn vorsichtig seitlich in die Arme. „Schsch, ist ja gut. Es war nur ein Traum.“

 

Sich an Sugorokus Armen festklammernd lässt Yami seinen Tränen freien Lauf, während er immer wieder in seiner Muttersprache vor sich hinmurmelt.

 

Von den Worten versteht Sugoroku nur Amina. Trotzdem kann er sich denken, dass Yami wohl gerade eine sehr schmerzhafte Erinnerung gehabt haben muss. Weshalb er ihm sanft immer wieder über die Haare streichelt.

 

Nur am Rande nimmt Yami in seiner Verzweiflung die Anwesenheit Sugorokus wahr, auch wenn sie ihn ein wenig beruhigt. Doch kaum ist der Schock über den Verlust seiner Tante Amina ein wenig abgeklungen, schiebt sich eine weitere schreckliche Erkenntnis in sein Bewusstsein, was ihn geschockt die Augen aufreissen lässt. Sich an den Arm seines Grossvaters festkrallend, begreift er zum ersten Mal die Wahrheit und spricht sie in seiner Muttersprache geschockt aus.

 

Erstarrt hört Sugoroku die sogar für ihn verständlichen Worte.

 

„Ich bin der Pharao!“

 

 

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Ich wollte hier noch so viel sagen, aber mir fehlen die Worte.

 

Darum danke ich euch einfach mal, dass ihr alle die Geschichte nun schon so lange mit mir zusammen leben lasst.

 

Eure mrs_ianto

Der erste Tag ohne Yugi

Hallo zusammen,

 

es ist geschafft! Das erste Kapitel ohne Yugi ist geschrieben und ich habe jetzt schon graue Haare, weil Yami am ausrasten ist.

 

Warum musste er sich auch ausgerechnet jetzt an alles erinnern. *arrgh*

 

Also dann, ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 56: Der erste Tag ohne Yugi

 

 

„Ich bin der Pharao!“

 

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku einen deftigen Fluch verkneifen. Warum muss sich Yami ausgerechnet jetzt an seine wahre Identität erinnern! Sich nicht anmerken lassend, dass er die auf Ägyptisch gesprochenen Worte verstanden hat, verstärkt er seine Umarmung, um den vollkommen schockierten Yami wenigstens etwas zu beruhigen. „Ist schon gut, lass es raus. Ich bin ja da.“

 

Die Augen nun zusammenkneifend, lässt Yami sich zitternd an Sugorokus Schulter sinken. Er weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als sich plötzlich die ersten Tränen aus seinen Augen stehlen. „Warum? Warum haben sie das getan?“, aufschluchzend presst er sich die Faust gegen den Mund, um die immer heftiger aufsteigenden Schluchzer zu unterdrücken.

 

Weil Yami jetzt Japanisch spricht, versteht Sugoroku diese beiden Fragen, was ihn leise Seufzen lässt. „Ich wünschte, ich könnte es dir sagen. Nur weiss ich es leider nicht.“ Leicht wiegt er ihn hin und her und lässt ihn sich ausweinen.

Es dauert lange, bis sich Yami mit geschlossenen Augen nur noch erschöpft an Sugoroku lehnt. Noch immer herrscht in seinem Inneren ein Chaos und die Verzweiflung droht ihn zu zerreissen. Doch das leichte Streicheln durch seine Haare, beruhigt ihn wenigstens so weit, dass er nicht mehr das Gefühl hat, alles kurz und klein schlagen zu müssen.

 

Geduldig hält Sugoroku Yami in den Armen und streichelt diesem immer wieder durch die Haare, wie er es immer bei Yugi gemacht hat, als dieser noch ein kleiner Junge gewesen ist und sich bei ihm ausgeweint hat.

 

Auf einmal richtet sich Yami auf und setzt sich kerzengerade hin. Tief Luft holend, schliesst er kurz die Augen, ehe er sich äusserlich vollkommen ruhig zu Sugoroku umdreht. „Danke, Grossvater. Es geht mir jetzt wieder besser. Du kannst also ruhig wieder ins Bett gehen.“ Fest erwidert er den zweifelnden Blick der alten Augen, ist jedoch erleichtert, als Sugoroku leicht nickt. „Na gut, aber wenn etwas ist, dann ruf mich.“ Obwohl er Yamis Maske durchschaut und daher weiss, dass diese Ruhe nur gespielt ist, steht er nach einem Moment auf und entfacht die Öllampe auf dem Nachttisch. Haben sie sich doch bis jetzt nur im schwachen Licht der Strassenlampe angesehen. In dem plötzlich hellen Raum, kann er noch deutlicher das unruhige Flackern in den rubinroten Augen erkennen. „Ich bin dann in meinem Zimmer. Versuch noch etwas zu schlafen.“ Die Öllampe in der Hand haltend geht Sugoroku zur Tür, wo er sich dann noch einmal zu Yami umdreht. „Schlaf gut und wenn du reden willst, kannst du jederzeit zu mir kommen.“ Einen Moment wartet er ab, als aber keine Reaktion kommt, verlässt er kopfschüttelnd das Zimmer.

 

Kaum hat Sugoroku ihn allein gelassen, greift Yami nach seinem Osis und lässt sich zurück ins Kissen sinken. Er fühlt sich so allein und würde am liebsten sofort zu Grossvater gehen, aber gleichzeitig konnte er vorhin die Nähe des alten Mannes nicht mehr ertragen.

Das Stofftier an seine Brust drückend, vergräbt er sein Gesicht in Yugis Kissen und atmet tief ein. Zuerst will er die wieder aufsteigenden Tränen unterdrücken, aber dann lässt er sie zu.

 

Am nächsten Morgen wird Yami von einem Sonnenstrahl geweckt, der ihm mitten ins Gesicht scheint. Noch im Halbschlaf will er sich an seinen Sharik kuscheln. Allerdings findet er nur einen leeren Platz vor. Sofort hellwach öffnet er seine Augen und erkennt, dass es kein schrecklicher Traum gewesen ist. Yugi ist wirklich auf dem Weg nach Wladiwostok und hat ihn hier allein gelassen.

Tief einatmend setzt sich Yami auf und schliesst gepeinigt die Augen, als nun auch noch die Ereignisse der Nacht auf ihn einstürzen. „Sharik... ich brauche dich doch.“

Erst als er glaubt, dass er sich wieder unter Kontrolle hat, setzt er Osis neben dem Kopfkissen auf die Matratze, ehe er langsam aufsteht und zu dem Tisch geht, wo er am Abend zuvor seine Kleider über die Stuhllehne gelegt hat.

 

In dem Moment, als Yami nach seinen Kleidern greift, landet ein kleiner Vogel auf dem Fensterbrett und hüpft fröhlich von einer Seite auf die andere, bis dieser die Flügel wieder spreizt und davonfliegt.

 

Sehnsüchtig sieht Yami dem kleinen Tierchen nach. „Ich wünschte, ich wäre so frei, wie du es bist.“ Eine Weile lang sieht er noch aus dem Fenster, ehe er sich umdreht und mit schnellen Schritten runter ins Badezimmer geht.

Dort legt er seine Kleider auf den Hocker und zieht sich die Shorts aus. Bevor er jedoch unter die Dusche steigt, erleichtert er sich noch kurz und aus lauter Gewohnheit wäscht er sich dann noch die Hände. Dabei fällt sein Blick auf sein Spiegelbild und die Narbe über dem Auge. Mit plötzlich zitternden Fingern fährt er über diese. Dabei steigen vor seinen Augen die Bilder des Flugzeugabsturzes wieder hoch. Wie er in den hinteren Teil des Flugzeuges geschleudert wurde und dann mit Schmerzen aufgewacht ist. „Stopp! Ich kann nicht mehr!“, schreiend schlägt er mit der Faust auf den Rand des Waschbeckens, was einen stechenden Schmerz durch seinen Arm jagen lässt.

Dieser lässt die schrecklichen Bilder endlich wieder verschwinden. Trotzdem braucht er noch einige tiefe Atemzüge, um sich wieder so weit unter Kontrolle zu bringen, dass er sicher in die Wanne steigen kann.

Als er das heisse Wasser auf seiner Haut spürt, schliesst er die Augen, während er versucht sein inneres Gleichgewicht mit Gewalt wieder herzustellen.

 

Unterdessen steht Sugoroku besorgt in der Küchentür und sieht zum Badezimmer. Hat er doch den Schrei und auch den dumpfen Schlag gehört, weshalb er vorhin beinahe nachgesehen hätte, ob es Yami gut geht. Nur das plötzliche Rauschen des Wassers hat ihn davon abgehalten, an die Tür zu klopfen.

Hoffend, dass er das Richtige macht, wenn er sich zurückhält, geht er zurück in die Küche und setzt eine Kanne beruhigenden Kräutertee auf. Der ist jetzt vermutlich besser für Yami, als der übliche Schwarztee.

Während er die Brötchen in den Ofen schiebt, hört Sugoroku, wie zuerst die Tür vom Badezimmer geöffnet wird und wie Yami kurz darauf in den Hinterhof geht. „Na, vielleicht können ihm wenigstens die beiden Racker ein wenig helfen.“

 

Im Stall wird Yami schon mit einem lauten Wiehern begrüsst, was ihn unwillkürlich leicht Lächeln lässt. „Hey, ihr beiden Lausbuben.“ Kurz krault er sie zwischen den Ohren und am Hals, woraufhin sie zufrieden schnauben. „So und jetzt hole ich euch euer Frühstück.“

Unter den aufmerksamen Blicken von Blacky und Rocky geht Yami die Heunetze der beiden holen und tauscht sie gegen die leeren aus.

 

Dabei sieht er, dass die beiden nicht mehr wirklich viel Wasser haben und da er weiss, dass besonders Blacky beim fressen sehr gern zwischendurch einen Schluck Wasser säuft, legt er die leeren Netze zur Seite und schnappt sich den Eimer.

Eigentlich will er ja ruhig sein, aber während er das Wasser hochpumpt, kommt in ihm wieder die Wut hoch. So kommt es, dass er den Hebel heftiger als nötig bewegt und das Wasser nur so in den Eimer schiesst.

Darüber wütend, dass so gefühlt die Hälfte über den Rand schwappt und er so länger pumpen muss, nimmt er den gefüllten Eimer und trägt ihn mit so viel Schwung über den Platz zum Stall, dass er unterwegs doch tatsächlich noch mehr Wasser verliert, so dass dieser am Ende nur noch knapp über die Hälfte gefüllt ist.

„Na toll! Jetzt muss ich wohl auch noch doppelt so oft hin und her latschen. Verdammt, was habt ihr nur alle gegen mich?!“ In den Himmel blickend, stemmt er die Hände in seine Hüften. „Was habe ich euch denn getan? Kann mir das vielleicht mal jemand erklären? Ja, ich habe nie an euch geglaubt und tue es auch jetzt noch nicht und habe diese verdammten Zeremonien nur dem Volk zuliebe mitgemacht, aber das ist noch lange kein Grund, mich zu einem verdammten Sklaven zu machen!“

 

Nur der Gedanke an die Pferde, die jetzt schon nervös schnauben, hält ihn davon ab, den Eimer quer über den Hof zu pfeffern. Stattdessen atmet er ein paar Mal tief durch und reisst sich Blacky und Rocky zuliebe zusammen. Er schafft es sogar, nicht immer beinahe die Hälfte des Wassers zu verlieren, während er die Wassertröge füllt.

Als diese dann endlich voll sind, nimmt er die leeren Heunetze und geht ins Lager. Wo er endlich seinen angestauten Gefühlen freien Lauf lässt und das Heu fluchend und schimpfend regelrecht malträtiert.

 

Von der Hintertür aus hat Sugoroku alles still beobachtet und fragt sich nun, wie er das nur schaffen soll. Ein Blick in den Himmel zeigt ihm, dass es vielleicht noch früh genug für einen Eilkurier wäre. Nur will er diese Entscheidung nicht ohne Yami treffen, denn schliesslich geht es ja um ihn, weshalb er sich wieder ins Haus zurückzieht.

 

Gerade als er die Rosinenbrötchen auf den gedeckten Tisch stellt, kommt Yami mit einem erschreckend ruhigen Gesichtsausdruck in die Küche. Aufmerksam beobachtet er, wie sich dieser einen Tee einschenkt und dann verwirrt in die Tasse blickt. „Grossvater, was?“

Lächelnd setzt er sich hin und nimmt einen Schluck von der leckeren Kräutermischung. „Erst einmal guten Morgen, mein Junge. Das ist ein Kräutertee. Ich dachte, der wäre heute besser für uns, als der Schwarztee.“

 

Die Stirn runzelnd blickt Yami ihn an, ehe er nun auch einen Schluck probiert. „Igitt, der schmeckt ja nach Fenchel.“ Das Gesicht verziehend nimmt er das Honigglas und gibt sich gleich drei Löffel Honig in die Tasse.

Nachdem er gut umgerührt hat, versucht er noch einmal ein wenig von dem Tee und findet ihn jetzt zumindest trinkbar. „Also mir wäre der Schwarztee ganz klar lieber, Grossvater“, vorwurfsvoll sieht er den alten Mann an, der den Blick ruhig erwidert.

„Das glaube ich dir, aber trotzdem denke ich, dass dieser Tee im Moment besser für dich ist. Wie geht es dir eigentlich?“

Auf diese Frage hin zuckt Yami nur gespielt gelassen mit den Schultern und greift nach einem Rosinenbrötchen. „Es geht mir gut.“

 

Zweifelnd runzelt Sugoroku nun die Stirn. „Yami, du kannst ruhig...“, „Ich habe doch gesagt, dass es mir gut geht!“, fällt ihm Yami barsch ins Wort, dass er dabei das Brötchen in seiner Hand beinahe zermalmt bemerkt er gar nicht.

 

Seufzend nimmt sich Sugoroku nun auch eines der Brötchen. „Na gut, trotzdem mache ich dir jetzt noch einen Vorschlag. Wenn ich jetzt gleich losgehe, könnte ein Eilkurier eventuell noch rechtzeitig Wladiwostok erreichen und Yugi mitteilen, dass er wieder nach Hause kommen soll. Es ist aber deine Entscheidung, ob ich es mache oder nicht“, dass diese Kuriere ein kleines Vermögen kosten, verschweigt er ihm wohlweislich.

 

Die Augen auf das Brötchen in seiner Hand richtend, denkt Yami über die Worte nach. Ja, er würde seinen Sharik gern wieder hier bei sich haben und er braucht ihn. „Das ist nicht nötig, ich komme klar und wir brauchen die Stoffe“, hört er sich zu seiner Überraschung selbst sagen. Im ersten Moment will er die Worte wieder zurücknehmen, aber dann steht er ohne ein weiteres Wort zu sagen auf und geht zur Tür. „Es geht mir gut und ich habe mich unter Kontrolle. Es gibt also wirklich keinen Grund, dem Geschäft zu schaden, indem du einen teuren Eilkurier hinter Yugi herschickst.“ Ohne sich noch einmal umzudrehen, verlässt er die Küche und geht zurück in den Stall, wo er sich daran macht, den Platz für den Freilauf der Pferde vorzubereiten.

 

In der Küche sieht Sugoroku auf das zerdrückte Brötchen und seufzt tief auf. „Verdammt, was soll ich nur machen? Wenn du jetzt nur hier sein könntest, Amara. Du kanntest den Jungen doch am besten.“ Hin und her gerissen überlegt er, ob er nicht doch einen Kurier nach Toyama schicken soll, aber dann entscheidet er sich schweren Herzens dagegen.

Nachdem er sein Frühstück beendet hat, legt Sugoroku für Yami zwei Brötchen auf den Teller und räumt dann die Küche auf.

 

Mit dem Teller in der Hand verlässt er dann die Küche und geht in den Hinterhof. Dort wird er sofort lautstark von Blacky begrüsst, der freudig auf ihn zugetrabt kommt. „Hallo Blacky. Na, weisst du wo Yami ist?“, sanft krault er den Wallach zwischen den Ohren und hört plötzlich ein lautes Poltern im Lager. „Ich denke, ich habe ihn gerade gehört oder was meinst du?“, Blacky einen leichten Klaps auf den Hals gebend, schickt er ihn fort. Nur folgt ihm dieser sofort auf dem Fusse, als er sich umdreht und in Richtung des Lagers geht.

Im Türrahmen stehen bleibend, wartet Sugoroku ab, bis Yami, auf dem Strohballenstapel stehend, den nächsten Strohballen zu Boden befördert hat. Erst als auch sein Enkel wieder sicher auf dem Boden steht, betritt er das Lager und tritt lächelnd auf ihn zu. „Hier, du hast so gut wie gar nichts gegessen und du liebst doch diese Rosinenbrötchen.“ Sich seine Sorgen nicht anmerken lassend hält er ihm den Teller entgegen, der nach einigen Sekunden sogar von Yami ergriffen wird. „Danke, Grossvater. Doch ich habe eigentlich gar keinen...“ „Papperlapapp, du hast schon gestern kaum etwas gegessen und auch heute Morgen das Brötchen nur zermanscht. Also tu mir bitte den Gefallen und iss bis zum Mittagessen diese beiden Brötchen. Du kannst ja in der Küche auch den Honig holen, aber iss sie.“ Streng sieht er Yami an, der bei dem Blick leicht zusammenzuckt und zögernd nach einem der Brötchen greift. Mit Müh und Not schafft er es sogar zwei Bissen runterzuwürgen.

„Na, bist du jetzt zufrieden?“, das angebissene Brötchen wieder auf den Teller legend, blickt er Sugoroku an. Dieser schüttelt seufzend den Kopf. „Yami, es geht mir doch nicht darum. Nur mache ich mir nach gestern Sorgen um dich. Deswegen bitte ich dich einfach nur darum, diese Brötchen zu essen, wenn du schon nicht mit mir reden möchtest.“

Widerstrebend dreht sich Sugoroku um und geht zur Tür, bevor er jedoch das Lager verlässt, sieht er noch einmal zu Yami. „Weisst du, mir ist es egal, wer du mal gewesen bist. Du bist mein Enkel und das ist für mich alles was zählt.“ Mit diesen Worten lässt er ihn allein.

 

Sprachlos sieht Yami Sugoroku nach und kann nicht glauben, was dieser gerade zu ihm gesagt hat. Weil er auf einmal das Gefühl hat, dass ihn seine Beine nicht mehr tragen, lässt er sich auf den Strohballen sinken.

Mit leerem Blick sitzt er in Gedanken versunken da und bemerkt nicht einmal, dass sich Blacky und Rocky reinschleichen und sich genüsslich an den Heuballen bedienen. Erst, als sich ein kauendes Pferdemaul in sein Blickfeld schiebt, kehrt seine Aufmerksamkeit in das Heulager zurück. „Rocky! Blacky! Was macht ihr denn hier?“ Aufspringend lässt er den leeren Teller beinahe fallen und fragt sich dabei unwillkürlich, wo denn die Brötchen sind und warum sich sein Magen so voll anfühlt. Als er nun bemerkt, dass sich Blacky immer noch genüsslich am Heu bedient, schiebt er diese Frage allerdings zur Seite und beginnt die Pferde zu jagen.

 

Während sich Yami im Lager mit den beiden Pferden rumschlägt, steht Sugoroku im Laden und versucht sich auf die Kundin zu konzentrieren, die gerade vor ihm steht und ihm mit ausufernden Worten zu erklären versucht, dass sie einen aussergewöhnlichen Stoff haben möchte, aber leider keine Ahnung hat, was es denn für einer sein soll.

„Madam Hino, können Sie mir bitte wenigstens sagen, ob sie einen einfarbigen oder einen Stoff mit Muster haben möchten?“, schon beinahe verzweifelt sieht er die Dame an, die bei der Frage tatsächlich für eine Weile nachdenklich verstummt.

„Naja“, beginnt sie dann wieder zu sprechen. „So einfarbige Stoffe sind ja wirklich langweilig und wenn Sie einen Stoff mit einem aussergewöhnlichen Muster haben, dann würde ich diesen gern sehen“, lächelt sie ihn jetzt sogar an.

 

Innerlich die Augen verdrehend, geht Sugoroku zu einem der Regale, um von dort zwei der Stoffe zu holen, die Yugi in Edo gekauft hat. Auf dem Verkaufstresen breitet er sie nebeneinander aus und lässt sie von der Frau eine Weile begutachten, ohne dass er ein Wort dazu sagt. Erst nachdem er sich sicher ist, dass sie die Muster genug bewundert hat, ergreift er das Wort. „Also Madam Hino, dies sind zwei Stoffe von einem vollkommen neuen Händler auf den mein Enkel in Edo zufälligerweise gestossen ist.“

Nun nimmt er den Stoff in die Hand, der ein Wellenmuster in verschiedenen warmen Sandtönen besitzt. „Nehmen Sie doch den Stoff mal in die Hand und Sie werden sehen, dass die Baumwolle beinahe so zart wie Seide ist.“

 

Zweifelnd, ob das wirklich so ist, schliesslich können diese Stoffhändler ja viel erzählen, kommt Frau Hino der Aufforderung nach, nur um ihr Gegenüber dann mit ungläubigen Erstaunen anzusehen. „Herr Muto, das ist doch ganz klar Seide!“

 

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. „Es tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss, Madam Hino. Doch dies ist wirklich edelste Baumwolle aus dem Nordosten und Sie werden diese bei keinem anderen Händler finden. Genauso wenig wie diesen anderen Stoff hier.“ Nun deutet er auf den Stoff in zartem grün, der von hauchdünnen blauen Streifen durchzogen ist, die sich dezent von dem grün abheben.

„Wenn Sie mich fragen, dann würde besonders dieser grüne Stoff perfekt zu Ihnen passen, aber auch der sandfarbene Stoff ist sehr aussergewöhnlich und würde ihre Ausstrahlung unterstützen, ohne jedoch aufdringlich zu wirken.“

Als er nun den Blick von Frau Hino bemerkt, reibt er sich in Gedanken die Hände.

 

„Ähm, wie viel würden denn die beiden Ballen zusammen kosten? Ich kann mich nämlich einfach nicht entscheiden.“ Die Hände auf beide Stoffe legend sieht sie ihn fragend an.

 

Gespielt nachdenklich reibt sich Sugoroku das Kinn. „Also für beide zusammen verlange ich 80 Silbermünzen.“ Kaum hat er den Preis genannt, holt die gute Dame tief Luft. „Also Herr Muto, das ist viel zu viel. Ich biete Ihnen für beide Ballen 60 Silbermünzen und keine einzige Münze mehr.“

 

Innerlich grinst Sugoroku nun triumphierend. Genau den Preis wollte er haben und sie ist wie immer auf diesen uralten Trick reingefallen.

Schwer seufzend sieht er auf die beiden Stoffe. „Also Madam Hino, Sie machen mich zu einem armen Händler, aber weil Sie es sind, gebe ich Ihnen die Stoffe für 60 Silbermünzen. Verraten Sie das aber niemandem.“ Verschwörerisch zwinkert er ihr jetzt zu, was sie hinter vorgehaltener Hand kichern lässt. „Aber Herr Muto, das würde ich doch nie tun. Schliesslich ist Ihr Laden mein kleiner Geheimtipp. Denn nicht mal in Atami findet sich ein Geschäft, das mit ihrem mithalten kann und das will ja schon etwas heissen, wenn ich bedenke, dass mein Mann ein hoch angesehener Technomagus im Ruhestand ist.“

 

Nickend nimmt Sugoroku das Verpackungsleinen von dem kleinen Stapel. „Dann können wir uns ja wirklich freuen, dass Sie den beschwerlichen Weg von der Magistadt hierher auf sich nehmen.“

 

Während sie nun die Münzen aus ihrem Beutel herauszählt, wickelt er die beiden Stoffballen in das Leinen ein und reicht sie dann an den Sklaven weiter, der die Hino heute begleitet. „So dann macht das jetzt 60 Silbermünzen, Madam Hino.“

 

Mit einem theatralischen Seufzen lässt sie die schon abgezählten Münzen auf den Tresen fallen und legt dann noch die restlichen Münzen auf den kleinen Haufen, den Sugoroku nun immer in Fünferpaketen in die Kasse verfrachtet, ehe er um den Verkaufstresen herumgeht und die Dame zur Tür begleitet. „Madam Hino, es war mir wie immer ein Vergnügen und ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag.“ Zuvorkommend hält er ihr die Tür auf und verneigt sich leicht, als sie, gefolgt von dem Sklaven, hocherhobenen Hauptes an ihm vorbeirauscht.

 

Kaum hat auch dieser den Laden verlassen schliesst Sugoroku die Tür und dreht das Schild auch gleich von Offen auf Geschlossen.

„Endlich ist die Schnepfe weg. Also echt, nur weil die aus dieser supertollen Magistadt Atami kommt, hat sie das Gefühl etwas Besseres zu sein. Wie ich diese verdammten Oberschichtler doch...“, seine Lästerei in Gedanken fortsetzend, geht er durch den Flur in die Küche, um ein schnelles Mittagessen vorzubereiten.

 

Inzwischen ist die Postkutsche mit ihren Insassen in Toyama angekommen, was May erleichtert aufatmen lässt. Sind sie doch bis auf die Pferdewechselstopps die ganze Nacht durchgefahren und weil sie in Kutschen einfach nicht schlafen kann, ist sie nun todmüde und wünscht sich nur noch in ihrer Koje auf die schmale Pritsche fallen zu können.

Kaum hat die Postkutsche auf dem zentralen Postkutschenhof, der zum Glück nur einen kurzen Fussweg vom Hafen entfernt liegt, angehalten, öffnen sich auch schon die Türen.

„Yugi, kommst du? Wir sind da.“ Schon auf dem Fussbrett stehend, sieht sie Yugi auffordernd an, der erst jetzt zu bemerken scheint, dass sich die Postkutsche nicht mehr bewegt.

 

„Was?“, verwirrt blickt Yugi aus dem Fenster, was er zwar schon zuvor die ganze Zeit gemacht hat, nur hat er wirklich nicht bemerkt, dass sie schon ihr erstes Etappenziel erreicht haben. „Wir sind schon da? Das ging ja schnell.“ Sich den Riemen seiner Tasche über die Schulter legend, steht er von seinem Platz auf und steigt hinter May aus der Kutsche.

„Yugi, wir sind die ganze Nacht durchgefahren und jetzt haben wir es kurz vor zwölf Uhr. Wir sind also über 24 Stunden unterwegs gewesen und das nur mit kurzen Pausen, um die Pferde zu wechseln.“ Kopfschüttelnd sieht sie ihren Freund an und wundert sich dabei, dass dieser nach dem Pinkeln überhaupt wieder rechtzeitig in die Kutsche steigen konnte.

 

Sich nun verlegen am Hinterkopf kratzend, lächelt Yugi sie schief an. „Das habe ich irgendwie gar nicht bemerkt. Entschuldige.“ Verlegen meidet er den direkten Blickkontakt mit May, die immer noch mit in die Seiten gestemmten Händen dasteht.

 

„Ach Yugi...“, setzt sie wieder zu sprechen an, bemerkt aber im Augenwinkel, dass gerade ihr Gepäck vom Kutschendach geladen wird. „Na komm, sonst ist unser Gepäck noch weg.“ Ihren Freund aufmunternd anlächelnd, legt sie ihm die Hand auf die Schulter und dirigiert ihn so zu der Stelle, wo jetzt ihre Taschen neben der Kutsche auf dem Boden liegen.

 

Ganz der Gentleman, nimmt Yugi nicht nur seine eigene Tasche, sondern auch die von May und wundert sich dabei mal wieder, dass diese deutlich schwerer als seine eigene ist. „Oh Mann, hast du wieder deinen halben Kleiderschrank eingepackt? May, wir können unsere Kleider im Hotel waschen lassen, warum packst du also immer so viel ein?“, fragend blickt er zu seiner Freundin, die ihn nun geschockt ansieht. „Sag mal, was glaubst du denn, wie klein mein Schrank ist? Das ist nur das nötigste an Kleidern, was ich brauche und dann noch meine Schönheitsprodukte.“

 

Die Augen verdrehend schultert Yugi die Taschen und wendet sich dann dem westlichen Ausgang des Platzes zu. Mit May an seiner Seite verlässt er den überfüllten Postkutschenhof.

Während sie durch die Strassen zum Hafen laufen, macht sich Yugi so seine Gedanken. „Glaubst du, dass es Yami gut geht?“ Deutlich ist die Sorge um seinen Liebsten aus den Worten herauszuhören, was May genervt aufstöhnen lässt. Hat sie diese Frage in den letzten Stunden doch gefühlte tausend Mal gehört. „Ja, ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht. Sonst hätte Sugoroku uns doch sicher einen Eilkurier hinterher geschickt.“

Nicht wirklich überzeugt nickt Yugi minimal. „Ja, sicher.“

Nur am Rande nimmt er die schmutzigen Häuser wahr, die davon zeugen, dass nicht nur die Handelsschiffe des Volkes in dieser Stadt anlegen, sondern auch die mit magischen Motoren betriebenen Schiffe der Magi hier einen Hafen haben und mit ihrem schwarzen Rauch die Luft verschmutzen.

 

Als sie am Hafen ankommen, sehen sie schon den Dreimaster Neko, der mit seinen grossen weissen Segeln das momentane Bild des Hafens bestimmt. „Super, unser Schiff ist schon da“, freut sich May nicht zu Unrecht, mussten sie doch schon stundenlang auf das Schiff warten, weil zuerst das Wetter ein Einlaufen in den Hafen verhindert und dann Ebbe geherrscht hat.

 

Vor dem Aufgang zum Schiff steht ein in blau und weiss gekleideter Offizier, der die Papiere von den Reisenden kontrolliert und sich auch gleich Notizen in einem grossen Buch macht.

Während May nur in ihre Taschen greifen muss, um an ihre Reisepapiere zu kommen, stellt Yugi die Reisetaschen ab und holt dann den Umschlag mit seinem Ausweis und den Tickets, sowie der Hotelbuchung hervor. Kurz sucht er nun nach den richtigen Papieren und als er sie in dem Papierchaos gefunden hat, atmet er erleichtert auf. Auch wenn er immer alles mindestens zwei Mal kontrolliert, bevor die Reise losgeht, nagt doch immer der Zweifel an ihm, dass er eines der Dokumente vergessen haben könnte.

 

Da nun May ihr Gepäck selbst trägt, hat er auch keine Probleme die Papiere in der Hand zu behalten und sie dem Offizier mit dem Namen Barc hinzuhalten, als sie endlich an der Reihe sind. „Ah, der Herr Muto und Frau Kujaku.“ Nur kurz blickt er auf die Papiere, ehe er von diesen an der vorgesehenen Stelle eine Ecke abreisst und dann die Namen im Buch abhakt, ehe er diese an May und Yugi zurückreicht. „Sie beide haben wie immer die Koje 34 im hinteren Teil des Schiffes und wie ich sehe, haben Sie beide für die Rückfahrt auch schon gebucht und wie immer gleich mit zwei Lagerraumplätzen und dem Auftrag, die Waren dann auch an ihre jeweiligen Heimatadressen zu liefern. Ist das so korrekt?“, fragend sieht er die beiden so unterschiedlichen Passagiere an.

 

„Ja, das ist wie jedes Jahr korrekt“, übernimmt es Yugi zu antworten, während May nur zustimmend nickt und mit Mühe ein Gähnen unterdrückt.

Zufrieden nickt Offizier Barc und deutet ihnen endlich mit der Hand an, dass sie auf das Schiff gehen können. „Dann wünsche ich Ihnen beiden noch eine angenehme Überfahrt.“

 

Mit einem erleichterten Seufzen lässt sich May in der kleinen Koje auf ihre Pritsche fallen. „Endlich, ich dachte schon, der will uns noch ewig ausfragen.“

Auf der Pritsche gegenüber, hat es sich Yugi bequem gemacht und sieht sich nun in der winzigen Koje um. Die gerade mal so breit ist, dass sie zwischen den Pritschen durchlaufen können und unter dem kleinen Bullauge ihre Taschen hinstellen können. Nicht einmal eine eigene Toilette haben sie hier, geschweige denn eine Waschmöglichkeit.

Es grenzt ja schon an Komfort, dass sie auf einer kleinen Ablage zwei Becher und einen Krug für frisches Wasser haben, den sie an einem zentralen Wasserspender auffüllen können, der sich mehr oder weniger direkt neben den Sanitären Anlagen des Schiffes befindet.

 

„Ach May, das macht Barc doch jedes Mal so und nie gibt es Probleme.“ Schmunzelnd betrachtet Yugi seine Freundin, die sich nun rücklings ganz auf ihre Pritsche sinken lässt und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen die Augen schliesst. „Weck mich, wenn es Zeit für das Abendessen ist und keine Sekunde früher.“

Leise vor sich hin kichernd schüttelt Yugi den Kopf, ehe er sich seine Tasche nimmt und das letzte der Brote und einen Apfel herausnimmt, die ihm sein Grossvater eingepackt hat. So wirklich Lust, jetzt in die Messe zu gehen und dort etwas zu essen, hat er nämlich auch nicht wirklich.

In seinen Gedanken wieder bei seinem Liebsten, sieht er aus dem Bullauge, während er den ersten Bissen des belegten Brotes kaut.

 

Inzwischen sitzen Sugoroku und Yami am Tisch und essen die angebratenen Tomatenspaghetti und den Blumenkohl mit Bechamelsauce.

Wobei Yami seine Portion mehr am runterwürgen ist, hat er doch immer noch das Gefühl einen Knoten im Magen zu haben, der ihm jeden Appetit raubt. Nur der strenge Blick von Sugoroku hält ihn am Tisch und bringt ihn dazu die Gabel immer wieder gefüllt zu seinem Mund zu führen.

Als er endlich seinen Teller geleert hat, legt er erleichtert die Gabel hin. „Wie hast du das gemeint, dass es dir egal ist, wer ich mal gewesen bin?“, rutscht es plötzlich aus ihm raus. Unsicher, ob er die Antwort wirklich wissen möchte, sieht er zu Sugoroku, der seinen ebenfalls leeren Teller von sich schiebt und den Blick ruhig erwidert.

„So, wie ich es gemeint habe.“ Sich zurücklehnend mustert er den jungen Mann, der nicht wirklich zu begreifen scheint, was er ihm durch die Blume mitteilen möchte. Weshalb er nun eine ziemlich riskante Entscheidung trifft. „Atemu“, deutlich sieht er, wie dieser nun zusammenzuckt. „Ja, Yugi hat mit mir geredet und ich spreche zwar kein Ägyptisch, aber ein paar Brocken kann ich ehrlich gesagt verstehen. Was ich dir jedoch sagen will. Ja, ich weiss, wer du einst gewesen bist, aber es spielt für mich keine Rolle. Du bist für mich ebenso ein Enkel und ein Familienmitglied, wie es Yugi ist und ich bin immer für dich da. Denn Familie besteht nicht nur aus Blutsbande, sondern ist so viel mehr und ich denke, dass du das weisst. Denn gestern hast du nicht nach deinem Vater oder deiner Mutter gerufen, sondern nach deinem Kindermädchen Amina.“ Abwartend, ob Yami etwas sagt, schweigt er eine Weile. Als dieser jedoch nur auf den Tisch blickt, legt er ihm sanft die Hand auf den Arm. „Sie war für dich wie eine Mutter und sie hat dir mehr bedeutet, als deine Eltern. Oder?“

 

Sich die Hand vor den Mund haltend, nickt Yami mit den Tränen kämpfend. „Ja, aber dann hat sie mich verlassen und ich habe nie wieder etwas von ihr gehört und bei Yugi wird das genau gleich sein!“ Auf einmal wütend springt er so heftig auf, dass der Stuhl mit einem lauten Knall auf den Boden scheppert und stürmt nach draussen.

 

Zurück bleibt ein vollkommen schockierter Sugoroku, der kaum glauben kann, was er da gerade gehört hat. „Du hast die Briefe nie erhalten...“

Jetzt endlich glaubt er zu verstehen, warum Yami so extrem reagiert hat, als Yugi gegangen ist. „Verdammt, was haben die dir nur schon damals angetan!“ Vor Wut schlägt er mit der geballten Faust auf den Tisch, was das Geschirr leise klirren lässt.

Am liebsten würde er die Eltern von dem Jungen gründlich in die Mangel nehmen, aber die sind ja leider beide schon lange tot.

Immer noch sauer, beginnt er die Küche aufzuräumen

 

Schluchzend kauert Yami in der Ecke von Rockys Box.

 

Verwirrt, weil er nicht verstehen kann, warum der kleine Mensch in letzter Zeit so seltsam ist und so oft in seiner Box kauert, stuppst ihn Rocky vorsichtig mit der Nase an und rechnet schon damit, dass er nun wieder am Hals umschlungen wird. Doch sein Gesicht wird nur von zwei Händen umfasst und der Mensch schmiegt dann auch noch das Gesicht an seines. Das mag er eigentlich nicht so besonders, aber er spürt, dass es der traurige Mensch nicht böse meint und beginnt deswegen nur leise zu brummeln.

                         

Yami weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als er sich schliesslich von Rocky löst und sich aufrichtet. Immer noch schluchzend, aber deutlich ruhiger, streichelt er den grossen Wallach unter der Mähne. „Danke, dass du mich getröstet hast.“

Sich mit dem Arm über das Gesicht fahrend, wischt er sich die Tränen aus dem Gesicht, ehe er die Box verlässt und das Nachmittagsheu für die beiden Racker holt.

 

Erst am Abend geht er wieder ins Haus und setzt sich zu Sugoroku an den gedeckten Tisch. Deutlich spürt er den fragenden Blick des alten Mannes, aber er ignoriert ihn und würgt mühsam ein Brot und eine Tomate runter, ehe er aufsteht und zur Tür geht. Dort bleibt er mit dem Rücken zu Sugoroku stehen und fixiert die gegenüberliegende Wand des Flurs, als er eine Entscheidung trifft. „Wenn du schon weisst, wer ich bin und meinen Namen kennst… dann hör auf mich Yami zu nennen!“ Mit diesen Worten stürmt er aus dem Haus.

 

Tief aufseufzend reibt sich Sugoroku die Nasenwurzel. „Wie soll das nur weitergehen und warum zum Teufel habe ich den Eilkurier nicht losgeschickt, als ich noch die Gelegenheit dazu gehabt habe?“

Weil er irgendetwas tun muss, um seine strapazierten Nerven zu beruhigen, beginnt er den Tisch abzuräumen.

 

Als er das Geschirr spült kommt ihm auf einmal Yamis Befehl in den Sinn, denn etwas anderes ist es bei dem Tonfall, in dem der Junge die Worte ausgesprochen hat, nicht gewesen. „Na, wenn du darauf bestehst, dann werde ich dich in Zukunft Atemu nennen, wenn keine fremden Leute in der Nähe sind.“

 

 

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Ich weiss nicht, wer mir gerade mehr Leid tut. Yami, weil er so am durchdrehen ist. Sugoroku, eben weil Yami durchdreht. Oder Rocky, der nun der Tröster Nummer 1 ist.

Oder ist es doch May, die sich jetzt mit Yugi rumschlagen muss?

Ehrlich gesagt weiss ich es nicht...

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Sonntag ohne Yugi

Hallo zusammen,

 

es gibt einfach Kapitel, die möchte ich schon gern etwas im voraus planen und dies ist eines davon. Nur hat mal wieder ein gewisser Herr alles über den Haufen geworfen und somit mehr oder weniger meine ganzen Pläne für die Zeit in der Yugi nicht da ist.

Manchmal könnte ich den Herrn wirklich an die Wand klatschen.

 

Aber naja, ich wünsche euch jetzt viel Spass beim lesen.

 

 

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Kapitel 57: Sonntag ohne Yugi

 

 

Mit Osis im Arm sitzt Yami auf dem Tisch und lehnt sich an den Fensterrahmen. In die Nacht hinausblickend, versucht er seine schon wieder wild kreisenden Gedanken irgendwie in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken. Doch immer wieder springen sie von einem Erinnerungsfetzen zum anderen, vermischen seine Zeit als Pharao mit dem Horror, den er als Sklave erlebt hat. Nur um dann bei Yugi und Tante Amina zu landen.

Dieses Chaos ist es auch, dass ihn nun schon zum zweiten Mal hintereinander den Schlaf raubt, denn kaum schliesst er seine Augen, beginnen ihn die wirrsten Albträume zu quälen.

 

Als dann endlich die Sonne aufgeht, atmet Yami erleichtert auf und rutscht von der Tischplatte. Endlich kann er ohne eine Erklärung abgeben zu müssen, wenn ihm Sugoroku über den Weg laufen sollte, den Tag beginnen.

Seine Kleider schon auf dem Arm tragend, setzt er Osis neben dem Kopfkissen auf das Bett, ehe er nach unten ins Badezimmer geht, um sich die Müdigkeit aus dem Körper zu waschen, bevor er in den Stall geht.

Dort wird er schon von den Pferden erwartet, die ihn aufmerksam beobachten. So als wollten sie abschätzen, wie es ihm geht.

„Ach Jungs. Es geht mir schon wieder besser und schmeisse auch keine Sachen mehr durch die Gegend. Versprochen.“ Einen Moment lang krault er die beiden, bevor er wie jeden Morgen die Heunetze holt und diese in die Boxen hängt.

 

Unterdessen holt Sugoroku die frisch gebackenen Brötchen aus dem Ofen und legt sie zum Auskühlen auf das Gitter, ehe er sich daran macht, den Tisch für das Sonntagsfrühstück zu decken.

Gerade ist er dabei, den Tee in die Tassen zu giessen, als Yami in die Küche kommt. „Guten Morgen, Atemu. Hast du gut geschlafen?“, zu seinem Erstaunen bemerkt Sugoroku, wie sein Gegenüber schon wieder leicht zusammenzuckt, als er ihn bei seinem Namen nennt.

Nachdenklich mustert er den jungen Mann. Denn entweder sieht ihn dieser mit einem leicht fragenden Blick an oder zuckt zusammen, wenn er ihn Atemu nennt.

 

Von dem musternden Blick Sugorokus bemerkt Yami nichts, ist er doch viel zu sehr damit beschäftigt, sich zu beherrschen und sich nicht anmerken zu lassen, dass es ihn jedes Mal ziemlich aus der Bahn wirft, wenn er bei seinem wahren Namen genannt wird. Fühlt er sich doch trotz seiner zurückgekehrten Erinnerungen immer noch mehr wie Yami als wie Atemu.

Erst als er glaubt, dass er sich wieder so weit unter Kontrolle hat, dass man ihm seine Gefühle nicht ansieht, blickt er zu Sugoroku und zwingt sich zu einem kleinen Lächeln. „Guten Morgen, Grossvater. Ja, ich habe gut geschlafen und du?“, verschweigt er ohne mit der Wimper zu zucken, dass er schon die zweite Nacht in Folge mehr oder weniger komplett auf dem Tisch sitzend verbracht hat.

 

Obwohl Sugoroku deutlich die Augenringe und die Müdigkeit in Yamis Gesicht sehen kann, sagt er nichts zu der offensichtlichen Lüge. „Ich konnte zwar lange nicht einschlafen, aber dann habe ich doch noch gut geschlafen“, beantwortet er möglichst ehrlich die Frage, um dem Jungen zu zeigen, dass er ihn jetzt sicher nicht anders behandelt, als noch vor ein paar Tagen.

 

Leicht die Stirn runzelnd, öffnet Yami den Mund, um nach dem Grund für die Einschlafprobleme zu fragen, aber dann schliesst er ihn wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben.  

 

Schweigend sitzen sie nun am Tisch und essen die noch leicht warmen Brötchen. Wobei es bei Yami eher ein runterwürgen ist. Hat er doch eigentlich überhaupt keinen Hunger, aber er will mit Sugoroku nicht schon wieder darüber diskutieren, warum er nichts isst, weshalb er sich dazu zwingt, wenigstens eins der Brötchen in seinen Magen zu befördern.

 

Besorgt beobachtet Sugoroku, wie sich Yami regelrecht quält und jeden einzelnen Bissen nicht nur runterwürgt, sondern auch noch mit dem übertrieben gesüssten Tee runterspült. Nur mit Mühe kann er sich zurückhalten, nicht doch noch etwas zu sagen oder Fragen zu stellen.

 

Kaum hat Yami den letzten Schluck seines Tees ausgetrunken, steht er auf und flüchtet regelrecht aus der Küche. Erst als er draussen die warmen Strahlen der Sonne auf seinem Gesicht spürt, kann er wieder ein wenig freier durchatmen. Hat er doch in der Küche immer mehr das Gefühl bekommen, dass er jeden Moment erstickt.

In den Himmel blickend, sieht er den Vögeln und Wolken nach, die über den Himmel ziehen. „Sharik… warum bist du jetzt nicht hier…“

 

Yugi ist derweil damit beschäftigt, möglichst ruhig auf seiner Pritsche zu liegen und sich nicht zu viel zu bewegen. Protestiert sein Magen doch so schon bei jeder Welle und die sind zu allem Unglück momentan nicht gerade klein. „Oh Mann, mir ist so schlecht. Können die Wellen nicht einmal anhalten?“ Mit einem mitleidheischenden Blick sieht er zu May, die mit unterschlagenen Beinen auf ihrer Pritsche sitzt und in einem Buch liest.

„Yugi, du weisst genau, dass das nicht geht und letztes Jahr waren die Wellen noch deutlich höher, als heute. Also stell dich nicht so an und wehe du kotzt hier in die Koje“, mit einem strengen Ausdruck im Gesicht, hebt sie ihren Blick von den Buchseiten hoch.

„Meinst du, Yami geht es gut? Wir waren ja noch nie so…“ „Ja, ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht und er ist ja kein kleiner Junge mehr und Sugoroku ist ja auch noch bei ihm“, unterbricht sie genervt die gejammerten Worte von Yugi.

So langsam kann sie den Namen Yami in dem Zusammenhang mit dieser Frage echt nicht mehr hören.

Entweder jammert ihr Reisebegleiter rum, hört nicht zu und beantwortet jede Frage mit Ja oder spricht nur von seinem Yami.

 

In Domino versucht sich Yami derweil darin, mit Rocky vom Boden aus zu arbeiten. Nur denkt der Wallach gar nicht daran, auf ihn zu hören und dreht ihm jedes Mal, wenn er etwas von ihm möchte, den Hintern zu und läuft davon. „Verdammt, Rocky! Steh!“, genervt läuft er zu dem Wallach und bleibt dann schockiert stehen, weil ihm dieser deutlich zeigt, dass er sich ihm nicht nähern soll.

„Aber Rocky, was ist denn mit dir los?“, vollkommen ratlos, weil sich das Verhalten des Wallachs nicht erklären kann, sieht er ihn an und hofft, dass dieser zu ihm kommt.

 

Doch Rocky denkt gar nicht daran, zu dem Menschen zu gehen, solange dieser so eine seltsame Ausstrahlung hat und sich andauernd selbst widerspricht.

 

Schliesslich gibt Yami mit einem leisen Seufzen auf. Wenn Rocky nicht mitarbeiten will, dann kann er sich ja jetzt um Blacky kümmern. Mit einem letzten Blick zu dem Wallach holt er Blacky aus der Box und führt diesen in die Mitte des Platzes. An der Longe lässt er diesen im Schritt um sich herum laufen, während Rocky es sich in der Sonne gemütlich macht.

Zufrieden, dass Blacky auf ihn hört, macht er die Longe ab und will ihn dann nach ein paar Schritten antraben lassen. Doch statt in den Trab zu wechseln, bleibt dieser auf der Stelle stehen und macht keinen einzigen Schritt mehr vorwärts. „Verdammt, Blacky! Nicht du auch noch! Was ist denn heute mit euch beiden los?“ Um den Wallach dazu zu bringen, nun wenigstens in die andere Richtung zu gehen, will er ihn zu sich rufen. Doch noch immer schaltet Blacky auf stur und als er sich diesem nun nähern möchte, beginnt dieser sogar mit dem Kopf zu schlagen.

Anders als Rocky wendet ihm dieser nicht den Hintern zu, aber dadurch, dass er ihm nun auch noch mit dem Kopf den Weg zur Schulter versperrt, zeigt Blacky ihm deutlich, dass er nicht mehr weiter mit ihm arbeiten möchte.

 

Über das Verhalten der beiden wütend, schmeisst Yami die aufgerollte Longe auf den Boden. „Ihr undankbaren Biester! Da mache ich mir die Mühe und so dankt ihr es mir!“ Je lauter er wird, desto mehr legen Blacky und Rocky ihre Ohren an. Nur registriert er das nicht und will schon zu den beiden stapfen, um sie zurück in ihre Boxen zu bringen, als er Sugoroku auf sich zukommen sieht.

 

Genau zwischen ihm und den Pferden stehen bleibend, fixiert Sugoroku Yami mit einem mahnenden Blick. „Wenn du dich den beiden jetzt näherst, dann machst du sehr viel kaputt. Sag mal, merkst du eigentlich nicht, dass du sie vollkommen verwirrst? Du willst sie zu dir rufen, aber alles an deiner Körpersprache schreit danach, dass sie von dir weg bleiben sollen und du weisst ganz genau, dass freie Bodenarbeit nur klappt, wenn man selbst im Gleichgewicht ist und das bist du momentan ganz sicher nicht!“

 

Im ersten Moment will Yami ihm eine in seinen Augen passende Antwort geben. Als sich Sugoroku nun allerdings umdreht und die Pferde nur mit einer Handbewegung dazu bringt, dass sie ihm zu den Boxen folgen, fühlt er einen schmerzhaften Stich des Versagens in seiner Brust.

 

Bei den Boxen stehen bleibend, beobachtet Sugoroku, wie Yami mit gesenktem Blick ins Heulager geht und kurz darauf mit den gefüllten Netzen wieder herauskommt.

„Atemu“, wieder zuckt Yami zusammen, weshalb er sich mit der Hand nun seufzend durch die Haare fährt. „Yami, die beiden sind wie ein Spiegel. Ich habe euch eine Weile beobachtet und so undeutlich wie du gewesen bist, grenzt es schon an ein Wunder, dass die beiden dir nicht gleich schon zu Anfang abgehauen sind.“

Leicht berührt er ihn an der Schulter, um ihn dazu zu bringen, den gesenkten Blick zu heben. „Sortiere dich und versuche dein inneres Gleichgewicht wieder zu finden und dann klappt es auch wieder mit den beiden Rabauken“, lächelnd sieht er Yami an, der den Blick mit einem hilfesuchenden Ausdruck in den Augen erwidert. Sich jedoch sofort wieder verschliesst.

„Ja, du hast sicher Recht.“ Kurz blickt Yami zu den Schatten im Hof. „Es ist ja schon Zeit für’s Mittagessen. Ich gehe mir mal die Hände waschen.“ Beinahe schon fluchtartig verlässt er den Stall, was Sugoroku leise Seufzen lässt. „Ach Junge, warum lässt du dir von mir nicht helfen…“, deutlich langsamer geht er nun auch zurück ins Haus und ist dabei froh, dass es heute nur eine leichte Gemüsesuppe und Brot zum Mittagessen gibt. Wäre doch alles andere in der Zwischenzeit sicher schon vollkommen verkocht oder angebrannt.

Als er in die Küche kommt, hat Yami den Suppentopf schon neben den Brötchen auf den Tisch gestellt und ist jetzt dabei, ihre Becher mit Wasser zu füllen. Was ihn nun doch leicht schmunzeln lässt. „Danke dir, dass du den Tisch gedeckt hast“, setzt sich Sugoroku an seinen Platz und kann sich dann nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen, als ihm jetzt auch noch der Suppenteller gefüllt wird.

„Also gut, was ist los? Du bist doch sonst nicht so drauf, dass du für mich den Teller füllst, aber trotzdem danke.“ Musternd beobachtet er nun, wie sich auch Yami eine kleine Portion Suppe nimmt und ein Brötchen in zwei Hälften zerteilt.

 

Erst, als er keinen Grund mehr findet, nicht zu Sugoroku sehen zu müssen und dessen Frage zu beantworten, erwidert Yami dessen Blick. „Gar nichts ist los. Ich dachte nur, dass ich dir ja ein wenig von der Küchenarbeit abnehmen kann und nach dem Essen werde ich in Zukunft hier aufräumen. Du hast ja schliesslich schon genug mit dem Laden zu tun und jetzt einen guten Appetit.“ Auch wenn seine Worte auf den ersten Blick freundlich klingen, ist in seinem Tonfall doch ganz klar die Botschaft, dass er keine weiteren Fragen will, zu hören.  

 

„Na wenn das so ist, dann bedanke ich mich bei dir und nehme das Angebot gern an und ich wünsche dir auch einen guten Appetit.“ Innerlich seufzend, nimmt Sugoroku den Löffel in die Hand und verzichtet schweren Herzens darauf, weitere Fragen zu stellen. Obwohl ihm so viele regelrecht auf der Zunge liegen.

Während sie schweigend Essen, blickt er immer wieder besorgt zu Yamis Teller, der sich nicht wirklich zu leeren scheint.

 

Trotz seines Knotens im Magen, schafft es Yami nach einer gefühlten Ewigkeit auch den letzten Löffel Suppe runterzuschlucken, was ihn erleichtert durchatmen lässt. Nie hätte er vermutet, dass er sich mal so zum Essen zwingen muss, wenn es sich nicht um Haferflockenzeugs handelt. Nur seit Yugi weg ist, kommt er einfach nicht zur Ruhe. Dies ist auch der Grund, weshalb er nun regelrecht aufspringt und beginnt den Tisch abzuräumen, obwohl Sugoroku noch gar nicht fertig gegessen hat.

Kopfschüttelnd, schnappt sich dieser noch eins der Brötchen, ehe auch der Brotkorb vom Tisch verschwindet und sieht dann kauend zu, wie Yami das Wasser ins Spülbecken laufen lässt.

 

„Kann ich dir vielleicht helfen?“, schon nach dem Geschirrtuch greifend, stellt sich Sugoroku neben Yami ans Spülbecken. Doch dieser nimmt es ihm beinahe sofort wieder weg. „Nein, ich habe gesagt, dass ich das mache und das meinte ich auch so!“ Die Arme verschränkend sieht er den alten Mann streng an, bis dieser schliesslich die Arme hebend zurücktritt. „Na gut, dann gehe ich jetzt ein Buch lesen“, gibt Sugoroku schliesslich nach. „Wenn aber was ist, dann rufe mich bitte.“ Erst als Yami nickt, dass dieser verstanden hat, verlässt er die Küche und geht nach oben ins Wohnzimmer, wo er sich mit Macbeth auf das Sofa setzt.  

 

Nachdem Yami die Küche wieder auf Vordermann gebracht hat, sieht er sich zufrieden um, ehe er hinaus in den Flur tritt. Eigentlich würde er ja jetzt noch etwas mit den Pferden arbeiten oder einfach etwas mit ihnen im Hinterhof abhängen, aber da die beiden ihn schon zuvor regelrecht abgewiesen haben…

So in seinen Überlegungen vertieft, merkt er gar nicht, dass er ihn seine Schritte ins Lager führen. Erst als er direkt vor dem braunen Vorhang steht, der die Tür zum Safe verdeckt, realisiert er, wo er ist.

Mit sich ringend sieht er auf den schweren Stoff, aber dann siegt sein innerer Drang und so schiebt er den Vorhang zur Seite.

 

Mit nun doch leicht zitternden Fingern stellt er an dem Einstellrad die Zahlenkombination ein und dreht dann den Hebel zur Seite. Tief einatmend öffnet Yami die Tresortür und greift dann nach der Mappe, von der er weiss, dass in dieser seine Sklavenpapiere drin sind.

Mit einem wild klopfendem Herzen geht er mit der Mappe zu dem Tisch, wo er sie vorsichtig auf das stabile Holz legt.

Als er nun die Mappe aufschlagen will zittert seine Hand so stark, dass er sie erst einmal zur Faust ballen muss, bevor sie sich seinem Willen beugt und er die erste Seite aufschlagen kann.

 

 

Sklavenpapiere für aus dem ägyptischen Grossreich eingeführte Sklaven:

 

 

Name bei Einführung durch Händler: Unbekannt

 

Nach erster Registrierung durch Halter: Yami

 

Geburtstort: Unbekannt

 

Geburtstag: Unbekannt; vermutlich 1991

 

Alter: Unbekannt

 

Status: rechtmässig versklavt

 

Datum der Brandmarkung: 07.01. 2011

 

Ort der Brandmarkung: Qattara Depression

 

Status: Lustsklave; Unkastriert

 

Besonderes: Massive Sulave und Salave Unverträglichkeit, daher wird von der Gabe dieser Mittel abgeraten.

 

Besitzer:

 

Gozaburo Kaiba

 

 

Den zweiten Namen kann er schon nicht mehr lesen. Mit einem von Tränen verschleierten Blick, schlägt er mit der geballten Faust laut schreiend auf den Tisch.

 

Im Wohnzimmer springt Sugoroku alarmiert auf, als er den Schrei hört. So schnell ihn seine alten Beine tragen, rennt er die Treppe nach unten und will schon raus in den Hinterhof, als er die offene Lagertür und das unterdrückte Schluchzen hört.

Sich fragend, was Yami da macht, geht er zum Lager und bleibt erst mal schockiert stehen. Mitten in auf dem Boden liegenden Papieren kniet der Junge schluchzend auf dem Boden und dann ist auch noch die Tür des Tresors offen.

„Atemu, was ist los?“, er will schon zu ihm eilen, als ihn ein erschrockener Blick aufhält.

 

„Grossvater… ich… es tut mir leid… ich wollte nicht…“, unbewusst macht sich Yami kleiner und beginnt hektisch die verstreuten Papiere zusammenzuraffen, bis er plötzlich eine warme Hand auf seinem Unterarm spürt.

Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen sieht er hoch und blickt geradewegs in das lächelnde Gesicht Sugorokus.

„Atemu, das macht doch nichts.“ Auf Widerstand gefasst schlingt er seine Arme um den zitternden Körper und zieht ihn sanft zu sich heran. Im ersten Moment spürt er deutlich, wie sich die Muskeln unter seinen Händen versteifen, aber dann gibt Yami nach und krallt sich regelrecht in den Stoff seines Oberteiles.

Ihn festhaltend und leicht hin und her wiegend, hält er den verzweifelt schluchzenden Yami fest und blickt dabei auf die Papiere die immer noch auf dem Boden liegen. Was zum…

 

Erst als ihm die Tränen ausgehen, schafft es Yami sich so weit zu beruhigen, dass er seinem Bedürfnis endlich zu reden nachgeben kann.

„Die haben mir alles genommen. Dabei hat mindestens der Anführer der Bande gewusst, wer ich bin.“ Erwartend, dass Sugoroku nun etwas sagt oder fragt, verstummt er, während er sich weiter Trost suchend an ihn lehnt. Doch es kommt nichts.

„Immer musste ich schon als Kind perfekt sein und jeden Fehler hat der Pharao sofort bestraft. Das waren die einzigen Momente, in denen er mich bei meinem Namen genannt hat. Sonst war ich immer sein Sohn oder der Kronprinz Nesut-anch-Ra. Nur Tante Amina hat mich immer Atemu genannt und er hat sie mir weggenommen, als ich zwölf Jahre alt gewesen bin.“

 

Schockiert hört Sugoroku zu, nachdem er den plötzlichen Gedankensprung verarbeitet, dabei fährt er unbewusst immer wieder mit seiner Hand leicht über Yamis Haare, so wie er es bei Yugi immer macht, wenn dieser seinen Trost sucht. Wie kann man das als Vater seinem Kind nur antun?!

„Was ist denn mit deiner Mutter. Hat sie sich nie um dich gekümmert?“ Zu seinem Erschrecken, schüttelt Yami nun den Kopf. Denn auch wenn ihm Amara damals viel erzählt hatte, konnte er es damals nicht so wirklich glauben, wie herzlos Eltern sein können.

 

„Ich habe meine Mutter nur zu den Mahlzeiten gesehen. Wenn sie denn mal im Palast gewesen ist. Das einzig Gute, was sie jemals für mich getan hat, war die Freilassung von Tante Amina. Denn als ihre persönliche Sklavin hätte sie sich nicht um mich kümmern dürfen.“ Nun schnaubt Yami regelrecht auf. „Eine Sklavin darf sich schliesslich nicht um den Thronfolger kümmern, eine freigelassene Sklavin aber schon. Dabei war allen klar, wer sie ist, weil sie ja eigentlich Amara Amina heisst. Weisst du, wenn beide Namen mit dem gleichen Buchstaben beginnen, bedeutet dies das Gleiche, wie hier der Nachname Slave.“ Obwohl er nicht aufhören möchte zu reden, muss er abbrechen und ein paar Mal leer schlucken, ehe er weiter erzählen kann.

„Ich war neun Jahre alt, als mir mein Vater erzählt hat, dass ich eine kleine Schwester bekommen habe, aber meine Mutter die Geburt leider nicht überlebt hatte.“

 

„Das muss hart für dich gewesen sein“, kann es sich Sugoroku nicht verkneifen zu sagen. Obwohl er sich eigentlich geschworen hat, nichts zu sagen, solange Yami endlich redet.

 

„Der Verlust von Tante Amina war für mich viel schlimmer. Ja, ich war traurig, aber ich konnte nicht um sie trauern, wie es alle von mir erwartet haben und meine kleine Schwester habe ich auch kaum gesehen. Dabei haben wir im gleichen Palast gelebt, bis sie mit vier Jahren in ein Internat gekommen ist. Erst als ich den Thron bestiegen hatte, konnte ich sie mehr sehen, aber auch nur, weil ich sie damals so schnell wie möglich aus dem Internat geholt habe und mich dann so gut wie möglich um sie gekümmert habe. Dabei hatte ich doch kaum Zeit für sie und das Einzige, was ich für sie tun konnte, war ihr eine möglichst normale Kindheit zu ermöglichen und darum habe ich sie auch auf eine normale Schule gehen lassen und für sie ein Kindermädchen eingestellt, dass selbst eine Tochter im etwa gleichen Alter hatte, damit sie eine Spielgefährtin hatte.“

Nun plötzlich von Schuldgefühlen überrannt schluchzt er erstickt auf. „Ich habe ihr Osis gegeben und ihr versprochen, dass ich bald wiederkomme, aber ich habe mein Versprechen wie Tante Amina nicht halten können.“

 

Den Griff um Yami wieder verstärkend, versucht Sugoroku ihm den Trost zu geben, den dessen gepeinigte Seele jetzt so dringend braucht. Zu gern würde er ihm jetzt von Amara erzählen, nur spürt er instinktiv, dass dies nicht der richtige Moment ist.

 

Auch nachdem er sich wieder beruhigt hat, lehnt sich Yami weiterhin erschöpft an Sugoroku. Zu gut tut, der väterliche Trost, den er bis vor kurzem noch gar nicht gekannt hat. Innerlich mit sich ringend, kämpft er um eine Entscheidung. Zu gern würde er wieder wie Atemu sein, nur ist seine Seele noch immer nicht dazu bereit.

„Grossvater?“, nicht wirklich wissend, wie er seine Bitte formulieren soll, verstummt er wieder. Doch dann atmet er tief durch. „Nenn, mich bitte wieder Yami. Ich bin für Atemu noch nicht bereit.“ Sich von dem alten Mann lösend, sieht er ihn flehend an. Denn auch wenn er sich nichts mehr wünscht, als wieder seinen wahren Namen zu tragen, kann er es noch nicht.

 

Verstehend nickt Sugoroku. „Natürlich, Yami. Lass dir die Zeit, die du brauchst.“ Lächelnd legt er nun seine Hände auf Yamis Wangen, was diesen unwillkürlich die Luft anhalten lässt. „Niemand drängt dich hier zu irgendwas, wofür du nicht bereit bist. Also sortiere dich in Ruhe und dann sehen wir weiter.“

Mit knackenden Kniegelenken steht er jetzt auf und will dann die Papiere aufheben, aber Yami kommt ihm zuvor und rafft diese schon zusammen. „Ich muss sie noch sortieren und dann lege ich sie wieder in den Safe. Versprochen.“ Krampfhaft nur auf die am unteren Seitenrand stehenden Zahlen blickend, beginnt er die Seiten zu ordnen, ehe er sie wieder fein säuberlich in die Mappe legt und diese dann wieder sicher im Tresor einschliesst.

Den Vorhang wieder zurückschiebend, atmet er tief durch. „Grossvater? Ich… danke für alles.“

 

 

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Ich habe einen eigensinnigen Pharao an den Höchstbietenden abzugeben. Wo ist der geplante Wutausbruch im Lager? Wo ist die Souveränität, die Atemu eigentlich haben sollte?

 

Dass er wieder Yami genannt werden will, war NICHT geplant!

 

Da ist der kurze Abstecher zu Yugi eine Erleichterung. Wenigstens der hält sich wenigstens so halbwegs an meine Pläne.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Bernsteinphönix

Hallo zusammen,

 

puh ich muss zugeben, dass mir diese Kapitel unglaublich schwer fallen. Ich hätte nicht gedacht, dass das so ist, aber ich kann es beim besten Willen nicht abstreiten und ich denke, das merkt man auch wenn man es liest.

 

Trotzdem wünsche ich euch jetzt viel Spass.

 

 

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Kapitel 58: Bernsteinphönix

 

 

Vom Sonnenaufgang ist erst ein dunkelroter Streifen am Himmel zu sehen. Dennoch steht Yugi fröstelnd auf dem Deck der Neko und blickt auf die langsam auftauchende Küste. Auch wenn er eigentlich noch todmüde ist, so hat ihn nichts mehr in der Koje gehalten, weshalb er mitten in der Nacht hier hochgeschlichen ist.

Auch wenn das nicht wirklich seine Tageszeit ist, beobachtet er, wie die Sonne über dem Meer aufsteigt und stellt sich vor, dass Yami zu Hause gerade den selben Sonnenaufgang betrachtet. Sein Blick wandert nun zu der Küste, wo er schon den Hafen von Wladiwostok erkennen kann und ist froh, dass sie schon heute dort einlaufen werden und nicht erst am Sonntag, wie im letzten Jahr.

 

„Herr Muto? Das ist aber ein ungewohnter Anblick so früh am Morgen.“ Mit einem leichten Kopfnicken stellt sich Barc neben den jungen Mann, der vor Schreck richtiggehend zusammenfährt und ihn nun aus weit aufgerissenen Augen ansieht. „Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken. Wollen Sie sich ansehen, wie wir im Hafen anlegen? Wir sollten ihn in etwa einer Stunde erreicht haben, wenn sich der Kapitän nicht verrechnet hat“, schmunzelnd mustert er Muto, der sich wohl nur langsam von seinem Schrecken zu erholen scheint.

 

Tatsächlich schlägt Yugis Herz immer noch deutlich schneller, als noch vor ein paar Minuten. Ausserdem weiss er nicht so wirklich, was er dem Mann antworten soll, weshalb er sich nun verlegen am Hinterkopf kratzt. „Ähm, naja. Wenn ich ehrlich bin kann ich es kaum erwarten von dem Schiff runterzukommen. Das Meer ist einfach nichts für mich.“ Erleichtert stellt er fest, dass sich dieser Barc mit seiner Antwort zufrieden gibt und richtet seinen Blick wieder auf den Sonnenaufgang. Dabei wandern seine Gedanken zu Yami und er fragt sich zum wohl millionsten Mal, wie es seinem Liebsten geht.

 

Aufmerksam folgt Barc dem sehnsüchtigen Blick des jungen Mannes und kann sich nun denken, was diesen wohl beschäftigt. „Wenn Sie jemanden vermissen, im Hafenbüro haben wir seit kurzem eine Eilsendungsstation, die von einigen Technomagi betrieben wird. Es ist zwar sehr teuer und Sie können nur kurze Nachrichten verschicken, aber es ist besser als gar nichts.“

 

Nachdenklich nickt Yugi. Von solchen Eilsendungsstationen, die von verarmten Magi betrieben werden hat er schon gehört. Nur findet er es eigentlich eine Frechheit, dass diese für eine kurze Nachricht teilweise über 10 Silbermünzen verlangen. So wie er es gehört hat, ist es eine Silbermünze für zehn Zeichen und dazu zählen wohl auch Leerstellen und Satzzeichen. „Mal sehen, aber danke für den Hinweis.“ In Gedanken fragt er sich allerdings, warum ihm der Offizier das gesagt hat. Als er ihn aber darauf ansprechen möchte, ist dieser schon weg, weshalb er sich mit einem leichten Schulterzucken wieder dem Sonnenaufgang zuwendet.

 

Immer deutlicher ist nun die Hafeneinfahrt zu sehen, die aus einer Lücke in der steinernen Hafenmauer besteht und so den eigentlichen Hafen vom offenen Meer abtrennt. Langsam gleitet die Neko zu ihrem Liegeplatz und kaum ist sie nah genug, werden Seile zu den Männern an Land geworfen, die diese an den Gurten der Zugpferde befestigen.

Aufmerksam beobachtet Yugi, wie die Pferde alle gleichzeitig zu ziehen beginnen und so das Schiff langsam aber sicher seitlich bis an die Mauer bewegen.

 

Erst als das Schiff sicher vertäut ist, löst sich Yugi von der Reling und geht nach unten in die Koje, um einerseits seine Tasche zu holen, aber auch um May zu wecken, falls diese noch nicht wach sein sollte.

 

Zuhause lehnt sich Yami nach dem Tränken und Füttern der Pferde todmüde in Rockys Box an die Wand. Seit Yugi weg ist, hat er keine Nacht mehr wirklich geschlafen und so langsam merkt er den Schlafmangel immer deutlicher. Sich neben dem fressenden Rocky an der Boxenwand nach unten gleiten lassend, schliesst er erschöpft die Augen. Vielleicht hilft das ein wenig gegen die bleierne Schwere in seinen Gliedern.

 

Besorgt blickt Sugoroku immer wieder von der Küchentür zum Fenster. Yami müsste doch schon längst aus dem Stall kommen. Vor sich hinmurmelnd, dass dem Jungen hoffentlich nichts passiert ist, geht er nach draussen und wundert sich, dass ihn Blacky nicht lautstark begrüsst, sondern nur leise brummelt, als er sich den Boxen nähert. „Blacky, was ist denn los?“, besorgt krault er den Wallach zwischen den Ohren und sieht dann zu Rocky rüber, der ungewöhnlich ruhig dasteht und nur leise schnaubend zu ihm blickt.

Neugierig geht er zu dessen Box rüber und blickt hinein. Als er in der Ecke jedoch den schlafenden Yami sieht, muss er zweimal hinsehen, um es glauben zu können. Erleichtert, dass der Junge endlich schläft und selbst wenn es hier im Stall ist, zieht sich Sugoroku leise wieder zurück, um den Schlafenden nicht zu stören. „Passt mir gut auf ihn auf, ihr beiden“, raunt er den Pferden noch zu, ehe er zurück ins Haus geht.  

 

Nachdem er allein gefrühstückt hat, räumt er die Küche auf und will schon in den Laden gehen, als es dort an der Tür klopft. Stirnrunzelnd öffnet er diese und steht nun einem Mann in einem grauen Anzug gegenüber. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragend sieht er den Unbekannten an, der ihm nun einen grauen Umschlag entgegen hält. „Ich habe eine Eilbotschaft von ihrem Enkel für Sie. Auf Wiedersehen.“ Kaum hat der Mann dem vollkommen überraschten Sugoroku den Umschlag in die Hand gedrückt, dreht sich dieser um und geht mit schnellen Schritten davon.

 

Kaum, dass Sugoroku die Tür hinter sich geschlossen hat, öffnet er den Umschlag und holt einen einzelnen Zettel hervor.

Schmunzelnd liest er die paar Worte. „Ich denke, das ist wohl eher für Yami gedacht. Trotzdem bin ich froh, dass er und May gut angekommen sind.“

 

Den Zettel wieder in den Umschlag steckend, geht er zurück in die Küche, wo er diesen neben Yamis Platz auf den Tisch legt.

 

Inzwischen sind Yugi und May in ihrem Zimmer und lassen sich erschöpft auf das breite Doppelbett fallen. „Also, dass die das nie hinkriegen, uns ein Zimmer mit getrennten Betten zu geben, das verstehe ich einfach nicht.“ Sich wieder in eine sitzende Position aufrichtend, sieht sie breit grinsend zu Yugi rüber, der mit geschlossenen Augen neben ihr liegt. „Ist doch auch egal. Solange wir zwei Bettdecken haben, du Bettdeckendiebin“, ist sein einziger Kommentar darauf, was sie den Kopf schütteln lässt. „Na zum Glück bist du nur auf Männer scharf, sonst würde ich das und deine nächtlichen Kuschelattacken nämlich nicht jedes Jahr mitmachen.“

Als May nun von ihm empört angesehen wird, knufft sie ihm lachend in die Schulter, ehe sie aufsteht und in das winzig kleine Badezimmer geht, das hier wenigstens über eine eigene Dusche verfügt.

 

Sich nun auch aufsetzend sieht Yugi zu dem Fenster, das einen schönen Ausblick auf das Meer ermöglicht. Was auch das einzig schöne in dem grau in grau gehaltenem Raum ist und wenn er ehrlich ist, würde er sofort ein anderes Hotel buchen, nur gehört dieses hier der Schifffahrtsgesellschaft, so dass sie sich keine Sorgen darum machen müssen, wo sie schlafen sollen, wenn die Neko nicht pünktlich einlaufen kann.

„Hoffentlich hat Yami meine Nachricht bekommen…“, murmelt er leise vor sich hin, während er aufsteht und ans Fenster tritt.

                

Es ist schon kurz vor Mittag, als Yami mit einem steifen Nacken aufwacht, weil er sanft angestuppst wird. Gähnend schiebt er Rockys Kopf zur Seite und steht mit knackenden Gelenken auf. „Verdammt, wie konnte mir denn das passieren?“

Den Rücken durchdrückend sieht er auf den Hof hinaus und flucht dann lauthals los. „Scheisse, ihr habt sicher Hunger!“ So schnell wie möglich holt er die Netze aus dem Lager und hängt diese in die Boxen, ehe er die beinahe leeren Wassertröge wieder auffüllt.

„Verzeiht ihr beiden, dafür gibt’s nachher zwei schöne grosse Äpfel.“ Sanft fährt er Rocky über den Hals und krault dann Blacky noch zwischen den Ohren, ehe er sich umwendet und ins Haus geht. So langsam knurrt sein Magen nämlich ziemlich laut, weil er heute wirklich noch gar nichts gegessen hat. Dafür fühlt er sich nicht mehr so extrem erschöpft wie zuvor, weshalb er seinen knurrenden Magen im Gegenzug dafür gern in Kauf nimmt.

 

Als er in die Küche kommt, steht Sugoroku schon am Herd und kocht ein Risotto. „Hallo Grossvater, entschuldige, dass ich das Frühstück verpasst habe.“ Verlegen kratzt sich Yami am Hinterkopf, dabei fällt sein Blick auf den grauen Umschlag, der neben seinem Teller liegt.

Neugierig nimmt er diesen in die Hand und mustert ihn von allen Seiten, öffnen tut er ihn jedoch nicht. „Was ist das?“, fragend sieht er Sugoroku an, der ihn schmunzelnd ansieht.

 

„Der ist heute Morgen per Eilboten gekommen und obwohl mein Name darauf steht, ist er offensichtlich für dich.“ Den Topf auf den Tisch stellend sieht er Yami streng an. „Aber jetzt iss erst mal etwas. Nicht, dass du mir noch umkippst.“ Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, gibt er ihm eine ordentliche Portion von dem Risotto auf den Teller und stellt diesen vor Yami hin. „Alles aufessen und dann den Brief lesen!“

Deutlich kann er sehen, dass Yami am liebsten Aufbrausen würde, sich dann aber zusammenreisst und nickt. Das macht ihn einerseits stolz, aber andererseits bereitet es ihm auch Sorgen. Denn seit dem Zusammenbruch hat Yami keinen Ton mehr über seine Vergangenheit verloren. Dafür hat sich in den letzten Tagen deutlich gezeigt, dass Yami immer mehr Mühe damit hat, Befehle entgegen zu nehmen und das ist nicht gut, solange dieser noch offiziell als Sklave geführt wird.

 

Vor sich hin murrend, dass die Portion viel zu gross ist, beginnt Yami zu essen und schafft es auch nur mit Müh und Not den Teller komplett leer zu essen. „Zufrieden? Kann ich jetzt endlich den Brief lesen?“, herausfordernd sieht er Sugoroku an, der jedoch nur lächelnd nickt.

Auf einmal nervös, dabei hat er doch früher gefühlt hunderte solcher Briefe am Tag bekommen, nimmt er den Umschlag in die Hand und holt das einzelne Blatt Papier heraus.

 

Eilnachricht an Sugoroku Muto, Hakabastrasse 34, 413-0002 Domino:

 

Hallo Y.,

 

ich bin gut in Wladiwostok angekommen. Ich denke an dich und vermisse dich. Ich freue mich schon darauf, wieder nach Hause zu kommen.

 

Gruss Yugi

 

Immer wieder liest Yami die wenigen Worte, ehe er mit Tränen in den Augen hochblickt. „Er kommt wirklich wieder…“

Obwohl er Sugoroku anschaut, bemerkt er nicht, wie dieser aufsteht, bis sich dessen Arme um ihn legen und ihn in eine beruhigende Umarmung ziehen. Erleichtert, dass alles schweigend erfolgt, lehnt er sich an den alten Mann und lässt es zu, dass ihm dieser auf diese Art beisteht. Während er mit seinen aufgewühlten Gefühlen kämpft.

Erst, als er sich wieder beruhigt hat, löst er sich aus den Armen und steht auf. „Danke, ich…“, den Blick senkend überlegt er, wie er seine wirren Gefühle aussprechen soll. „Ich konnte es wohl bis jetzt nicht wirklich glauben, dass Yugi wirklich wieder zurückkommt.“ Sugoroku jetzt anblickend, drückt er das Blatt an seine Brust. „Kann ich das behalten? Oder könnte es zu Problemen führen?“

Wie er es doch inzwischen hasst, dass er in solchen Momenten wie ein Sklave denken muss und sich nicht einfach wie ein normaler Mensch verhalten darf.

 

„Natürlich kannst du den Brief behalten und wenn ihn doch mal jemand entdecken sollte, der ihn nicht sehen darf, dann überlege ich mir einfach eine Ausrede.“ Lächelnd legt Sugoroku ihm die Hand auf den Oberarm und ist wirklich erleichtert, dass der leicht gehetzte Ausdruck, der in den letzten Tagen immer in den rubinroten Augen gelegen hat, endlich wieder verschwunden ist.

 

Tatsächlich fühlt Yami zum ersten Mal seit Tagen wieder eine Ruhe in sich, von der er schon ganz vergessen hatte, wie sich diese anfühlt. „Danke, ich bringe den Brief kurz nach oben und dann räume ich hier auf.“

Das Papier wieder sorgfältig in dem Umschlag verstauend, kommt ihm nun eine Idee. „Sag mal, Yugi hat ja bald Geburtstag, kannst du mir vielleicht beschreiben, wie seine Eltern ausgesehen haben und mir ein paar Bögen Papier und einen Bleistift besorgen?“, fragend sieht er Sugoroku an, der bei der Frage verwirrt die Augenbrauen hochzieht. „Ja, natürlich kann ich das. Yugi ist Kazuki wie aus dem Gesicht geschnitten, nur die Augen, die hat er von seiner Mutter geerbt.“

Mit einem traurigen Ausdruck in den Augen denkt er nun an seine Tochter. „Von ihr habe ich ein Portrait, als sie etwa zehn Jahre alt gewesen ist. Hilft dir das vielleicht? Und Zeichenmaterial findest du in der dunkelbraunen Truhe in dem Zimmer, das wir als Abstellkammer benutzen.“ So langsam wird ihm klar, was Yami wohl vorhat und hofft, dass es diesem auch gelingen wird.

Weil er jetzt jedoch wieder in den Laden muss, schickt er sich an, aus der Küche zu gehen, bleibt dann aber noch einmal stehen. „Wenn du das vorhast, was ich vermute, dann vergiss uns beide nicht“, dem verblüfften jungen Mann zuzwinkernd, verlässt er breit grinsend die Küche und zweifelt heute zum ersten Mal seit Yugis Abreise nicht mehr daran, dass sie diese Wochen heil überstehen werden.

 

Wie versprochen räumt Yami die Küche auf, nachdem er den Brief neben dem Bett auf den Nachttisch gelegt hat und sucht dann in der Vorratskammer nach zwei besonders schönen Äpfeln, um sie den beiden Rackern zu bringen.

 

Unterdessen ist Yugi mit May in den von bunten Häusern gesäumten Strassen von Wladiwostok unterwegs, um sich schon mal nach Kleinigkeiten für seinen Grossvater und Yami umzusehen. Als sie an einem kleinen Stand vorbeikommen, entdeckt Yugi zwei goldene Kettchen, mit kleinen Anhängern aus Bernstein, die wie Phönixe in einem Kreis aussehen.

„Guten Tag. Wie viel wollen Sie für die beiden Ketten haben?“, mit einem fragenden Blick deutet er auf die besagten Ketten, was den Händler unwillkürlich strahlen lässt. „Hallo, 18 Silbermünzen die beiden zusammen kosten. Das super Preis.“

Sofort schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, das ist viel zu teuer. Immerhin nehme ich gleich beide Ketten. Ich biete Ihnen daher 12 Silbermünzen.“ Kann er es sich nicht verkneifen, trotz des wirklich guten Preises zu handeln, was May genervt die Augen verdrehen lässt.

„Das viel zu wenig ist. 16 Silbermünzen ich Ihnen anbiete.“

Yugi muss wirklich zugeben, dass der Preis mehr als bloss gerechtfertigt ist und da er ein fairer Käufer ist, streckt er dem Händler die Hand hin. „Einverstanden, ich nehme die Ketten zu dem Preis.“

Sofort schlägt sein Gegenüber ein und während er die Münzen abzählt, wird sein Einkauf sorgfältig in dünne Leinenstreifen eingewickelt.

 

Als sie weitergehen, sieht May ihn fragend an. „Wofür hast du denn die Ketten gekauft?“ Doch nur Sekunden später bereut sie die Frage auch schon.

„Na für Yami und mich. Er kriegt eine und die andere trage ich. Was hast du denn gedacht?“, blickt Yugi zu seiner Freundin und wundert sich über den leicht genervten Gesichtsausdruck. „Was ist denn los? Glaubst du, das wird Yami nicht gefallen?“

 

Kopfschüttelnd schlägt sich May die Hand an die Stirn. „Sicher wird es ihm gefallen, aber bitte, ich kann den Namen nicht mehr hören. Verdammt Yugi, jeder zweite Satz enthält Yami und nochmals Yami. Kennst du denn kein anderes Thema mehr?“, verzweifelt hebt sie die Hände in Richtung Himmel. „Bitte, nur ein Tag ohne dass er von Yami spricht“, ruft sie gen Himmel.

 

Verlegen blickt sich Yugi um und zieht unwillkürlich den Kopf ein, als er die Blicke der anderen Leute bemerkt. „Entschuldige, ich werde heute nichts mehr wegen ihm sagen. Versprochen.“ Dabei legt er sich die Hand auf die Brust und verneigt sich leicht vor May, die nun unwillkürlich kichern muss. „Hör schon auf. Das ist ja peinlich.“

Sich jetzt den Arm ihres Freundes schnappend zieht sie ihn an den bunten Häusern vorbei, schliesslich ist es heute noch relativ ruhig, da viele erst am Wochenende oder sogar erst am Montag ankommen werden. Sie sind ja auch nur jetzt schon hier, weil das Schiff mal ausnahmsweise direkt in den Hafen einlaufen konnte und nicht wie in den letzten Jahren noch stunden- oder sogar tagelang warten musste und das will sie ausnutzen, indem sie mit ihm durch die Läden zieht und sich einfach mal wie eine Urlauberin verhält.

 

In Domino steht Yami am Abend in der Abstellkammer und sieht sich suchend um. Er will schon nach Sugoroku rufen, als er unter einer Patchworkdecke die Truhe entdeckt, in der er die Sachen finden sollte.

Sorgfältig legt er die Decke zur Seite und öffnet dann den schweren Deckel. Unwillkürlich zieht er die Luft ein, als er die Papiere und eine ganze Schachtel mit Bleistiften und sogar Kohlestangen entdeckt. Äusserst sorgfältig nimmt er die Schachtel heraus und sucht dann nach ein paar Papierbögen, die schon mehr oder weniger die richtige Grösse haben. Schliesslich will er nicht zu viel von dem teuren Papier durch zuschneiden verschwenden und tatsächlich, findet er nach einigem herumwühlen in der Truhe zwei Bögen, die er ohne Probleme halbieren kann, so dass sie dann die perfekte Grösse für Portraits haben.

Während er gesucht hat, hat er sogar ein paar Seiten von relativ billigem Papier gefunden, das er auch zur Seite legt, um darauf seine Skizzen zu machen, bevor er sich dann an die endgültigen Portraits wagt. Äusserst vorsichtig legt er die anderen Sachen, die er nicht benötigt wieder in die Truhe, ehe er den Deckel schliesst und die Decke wieder darüber legt. Erst als er zufrieden ist, schnappt er sich die rausgesuchten Papiere, sowie die Stiftebox und verlässt den Raum, den er bis heute noch nie betreten hatte.

 

In seinem Zimmer will er sich eigentlich schon an die ersten Skizzen setzen, aber ein Blick zum Fenster und das schon leicht düstere Licht sagen ihm deutlich, dass es heute dafür schon zu spät ist. Darum legt er die Sachen einfach neben das Kinderportrait von Yugis Mutter und geht nach unten ins Badezimmer, wo er sich für die Nacht fertig macht.

Als er wieder nach oben kommt, merkt er plötzlich wie müde er in Wirklichkeit schon wieder ist und das obwohl er ja den halben Tag in Rockys Box verschlafen hat.

Sich auf die Bettkante setzend, greift er nach dem Umschlag und holt die Nachricht heraus. Mit Tränen in den Augen liest er die wenigen Worte und fährt sogar mit den Fingerspitzen sanft über die Zeilen.

„Gute Nacht, Sharik.“ Obwohl es verrückt ist, drückt er seine Lippen auf das Blatt Papier, ehe er es wieder in den Umschlag steckt und diesen zurück auf den Nachttisch legt.

 

Erst jetzt legt er sich hin und kuschelt sich mit seinem Osis im Arm unter die Decke. Seine Finger noch einmal auf den Umschlag legend, schliesst er die Augen. „Ich vermisse dich so sehr.“

 

 

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Ich muss gestehen, dass ich bei den letzten beiden Abschnitten geweint habe, als ich sie geschrieben habe. Ich glaube so extrem ist es mir noch nie passiert. Feuchte Augen ja, aber ich habe bis heute beim Schreiben noch nie geweint.

 

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Amara

Hallo zusammen,

 

zuerst entschuldige ich mich, dass es letzten Sonntag kein Kapitel gegeben hat, aber ich hatte privat sehr viel zu tun und konnte mich einfach nicht auf das Kapitel konzentrieren.

 

Jetzt will ich euch aber auch nicht noch länger auf die Folter spannen und wünsche euch einfach nur viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 
 

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Kapitel 59: Amara

 

 

Im Bett liegend, beobachtet Yami wie die Sonne langsam aufgeht und den Himmel in ein leuchtendes Rot taucht. Es ist der zweite Sonntag, den er ohne seinen Sharik erlebt und er merkt deutlich, dass er ihn immer mehr vermisst.

Nur die Gewissheit, dass Yugi wirklich wieder zu ihm zurückkommt, gibt ihm die Sicherheit, die er im Moment so dringend braucht. Ist doch Sugoroku wirklich bemüht, ihm zu helfen, aber der alte Mann ist nicht Yugi.

Als der Tag komplett angebrochen ist, steht er auf und legt kurz seine Finger auf den Umschlag, ehe er nach unten ins Badezimmer geht, um sich für den Tag fertig zu machen.

 

Während Yami im Stall ist, bereitet Sugoroku wie jeden Morgen das Frühstück vor, aber diesmal stellt er noch eine kleine Holzkiste auf den Tisch. Geduldig wartet er dann darauf, dass Yami in die Küche kommt und ist dann doch nervös, als er ihn sieht. „Guten Morgen, Yami. Hast du gut geschlafen?“ Aufmerksam mustert er den jungen Mann, der zu seiner Erleichterung deutlich besser aussieht, als noch vor ein paar Tagen. Was so eine kleine Nachricht ausmachen kann, ist einfach unglaublich.

 

„Guten Morgen, Grossvater. Ja, ich habe gut geschlafen und du?“, Sugoroku zunickend setzt er sich hin. Erst jetzt fällt ihm die kleine Holzkiste auf dem Tisch auf, weshalb er die Antwort nur am Rande mitbekommt, weil er diese nun neugierig mustert. „Was ist das?“, fragend sieht er jetzt zu dem alten Mann, der den Blick lächelnd erwidert.

„Das ist die Schatzkiste von Amara, ich will dir heute von ihr erzählen, aber erst sollten wir frühstücken.“ Deutlich kann er sehen, dass Yami unglaublich neugierig und gleichzeitig auch verwirrt ist und es wundert ihn schon beinahe, dass er nichts weiter gefragt wird.

 

Yami würde am liebsten wirklich nachfragen warum Sugoroku ihm von dieser Amara erzählen möchte, aber er verkneift es sich und greift stattdessen in aller Ruhe nach einem Brötchen. „Wenn du meinst, aber zuerst werde ich dann den Pferden ihr zweites Frühstück bringen. Ist zwar noch etwas früh, aber dann muss ich nicht mitten in deiner Erzählung rausgehen, wenn es länger dauern sollte.“ Äusserlich vollkommen gelassen, schmiert er sich sein Brötchen mit Honig und beisst dann genüsslich hinein. Dabei schielt er immer wieder zu der unscheinbaren Kiste, verkneift sich aber stur jede Frage und isst auch bewusst nicht schneller als sonst.

Schliesslich soll Sugoroku nicht merken, wie neugierig er in Wirklichkeit ist. Nach dem Frühstück steht Yami betont gelassen auf. „Ich mache noch kurz die Küche, ehe ich in den Stall gehe.“ So als würde ihn die Kiste nicht interessieren, räumt Yami den Tisch ab und nur seine Blicke, verraten, dass er in Wahrheit unglaublich neugierig ist.

 

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku ein breites Grinsen verkneifen, als er Yami beobachtet. Denn zu deutlich ist diesem an der Nasenspitze abzulesen, dass der Junge alles andere als desinteressiert ist. Entspannt seinen Tee trinkend bleibt er sitzen und lässt Yami machen. Schliesslich werden seine Angebote zu Helfen immer abgelehnt.

Schliesslich steht er mit einem leisen Ächzen auf. Sind doch seine Knochen auch nicht mehr die Jüngsten und inzwischen merkt er schon deutlich, dass er es nicht mehr gewohnt ist jeden Tag im Laden zu stehen. „Ich gehe ins Wohnzimmer, komm du einfach hoch, wenn du im Stall fertig bist.“ Mit der Kiste in den Händen verlässt er die Küche und steigt die Treppe nach oben.

Im Wohnzimmer setzt er sich auf das Sofa und stellt die kleine Holzkiste auf den Tisch vor sich. „Amara, ich hoffe, dass ich jetzt das Richtige tue und er schon stark genug für die Wahrheit ist.“ In Gedanken versunken lehnt er sich zurück und wartet darauf, dass Yami aus dem Stall kommt und obwohl das noch eine Weile dauern kann, nimmt er sich kein Buch. Könnte er sich doch gar nicht auf das Geschriebene konzentrieren.

 

Im Stall mistet Yami schon mal die Boxen aus, was ihm verwirrte Blicke von den beiden Pferden einbringt. Hat er doch noch nie so früh ihre Boxen saubergemacht und als dann auch noch ihr zweites Frühstück früher als sonst in ihren Boxen auftaucht, schnauben sie endgültig verwirrt, ehe sie sich auf ihre Heunetze stürzen. „Sorry Jungs, aber Grossvater will mir noch etwas erzählen, darum ist heute alles etwas anders.“ Mit einem letzten Blick auf die Pferde geht er wieder ins Heulager und füllt die leeren Netze für das Mittagessen der beiden Racker, ehe er ins Haus geht und sich die Hände wäscht.

Es vor Neugierde kaum noch aushaltend, steigt er jetzt die Treppe nach oben und steuert zielstrebig das Wohnzimmer an. Sich dann auf den Sessel setzend, sieht er Sugoroku ruhig an. „Du wolltest mir von Amara erzählen?“

 

Schmunzelnd mustert Sugoroku den jungen Mann, der vor Neugierde beinahe zu platzen scheint, wird dann aber ernst und räuspert sich. „Ich habe Amara kennengelernt, da war Yugi gerade mal 15 Jahre alt und extrem schwierig. Sie kam in den Laden und hat nach einer Arbeitsstelle gefragt. Ich wollte sie ja eigentlich wegschicken, aber sie wirkte so verloren und da ich dachte, dass es Yugi vielleicht gut tun würde, wenn wieder eine Frau im Haus ist, habe ich sie als Haushälterin eingestellt.“

Verträumt blickt Sugoroku nun auf eines der Kissen. „Das hat sie genäht“, murmelt er leise, ehe er sich wieder fängt.

„Amara hatte wirklich einen beruhigenden Einfluss auf Yugi. Doch sie wirkte immer so traurig und da habe ich sie gefragt, was los sei. Sie erzählte mir, dass sie im ägyptischen Grossreich als Kindermädchen gearbeitet hatte und sie den Jungen verlassen musste, weil sie aus dem Reich verbannt worden ist und ein Bild, das er mal für sie gemalt hat, war einer ihrer grössten Schätze.“

 

Aufmerksam hört Yami zu und fragt sich, warum ihm Sugoroku das alles erzählt, aber dann wird er doch hellhörig. „Grossvater, warum erzählst du mir das alles?“, plötzlich nervös lehnt er sich vor.

 

Leicht lächelnd sieht Sugoroku ihn an. „Sie hat jedes Jahr einen Brief an den Jungen geschickt, aber es kam nie eine Antwort und den letzten Brief habe ich immer noch bei mir.“ Mit diesen Worten öffnet er die kleine Holzkiste und holt einen Brief heraus, den er jetzt Yami hinhält. „Er ist an Atemu Nesut-anch-Ra adressiert.“

 

Auf einmal kreidebleich nimmt Yami den Brief mit zitternden Fingern entgegen. „Wie… wie hiess Amara mit vollem Namen?“ Obwohl er ahnt, was ihm Sugoroku die ganze Zeit sagen wollte, muss er ihn einfach hören.

 

„Vor unserer Hochzeit war ihr Name Amara Amina. Yami, sie hat dich nie vergessen und dir jedes Jahr geschrieben, aber du hast die Briefe wohl nie erhalten.“ Vorsichtig nimmt er nun ein Blatt Papier aus der Kiste und hält es ihm hin.

 

Mit feuchten Augen sieht Yami auf die Kinderzeichnung, die er mit 8 Jahren gezeichnet hat und ihn zusammen mit Tante Amina zeigt.

„Sie hat mir wirklich jedes Jahr geschrieben?“ Seine Finger verkrallen sich nun regelrecht in den Brief, während er gleichzeitig mit gesenktem Kopf dasitzt.

 

Mit einem traurigen Lächeln nickt Sugoroku. „Ja, das hat sie. Amara hat dich geliebt wie einen eigenen Sohn und sie hat so viel von dir erzählt und sie war unglaublich stolz auf dich.“ Weil er spürt, dass Yami nun Zeit für sich braucht, steht er auf und legt ihm die Hand auf die Schulter. „In der Kiste ist noch ihr Tagebuch. Wenn du mich brauchst, ich bin unten in der Küche.“

Ohne eine Antwort zu erwarten, bleibt er kurz so stehen, ehe er ihn loslässt und aus dem Wohnzimmer geht.

 

Nur am Rande bekommt Yami mit, dass Sugoroku ihn allein gelassen hat. Die ganze Zeit starrt er auf den Brief und weiss nicht, wie lange er so dagesessen ist, als er schliesslich tief durchatmet und den Umschlag vorsichtig aufreisst.

Nur mit Mühe kann er das eng beschriebene Papier herausnehmen, so sehr zittern seine Finger.

Kurz schliesst er seine Augen, ehe er seinen Blick auf die Zeilen richtet.

 

Atemu oder soll ich Euch jetzt mit Pharao ansprechen?

 

Ich weiss es nicht, deswegen bleibe ich einfach bei Atemu. Dies wird der letzte Brief sein, den ich Euch schreiben kann, da ich im Sterben liege. Ja, ich weiss, es ist hart das so zu lesen, aber ich sage es lieber direkt, als dass ich es lange umschreibe.

 

Vor einigen Wochen habe ich erfahren, dass Ihr schon den Thron besteigen musstet und dabei seid Ihr doch noch so jung. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass Ihr ein gütiger und gerechter Pharao für Euer Volk sein werdet.

 

Ich wünschte, ich hätte dabei sein und erleben können, wie ihr in den letzten Jahren zu einem jungen Mann herangewachsen seid.

Erinnert Ihr euch noch daran, was Ihr einst zu mir gesagt habt? Dass Ihr euch wünscht ein ganz normaler Junge zu sein? Dieser Wunsch wird für Euch vielleicht nie in Erfüllung gehen, aber wenn Ihr wollt, dann werdet Ihr es sicher schaffen, für Eure Schwester und Eure zukünftigen Kinder eine bessere Kindheit zu schaffen, als Ihr sie gehabt habt.

 

Atemu, ich weiss nicht, ob Ihr jemals einen meiner Briefe erhalten habt, aber vielleicht erreicht Euch ja dieser, jetzt wo Ihr selbst der Pharao seid. Ich habe kaum noch Kraft, um diesen Brief zu schreiben, aber eines möchte ich Euch noch sagen.

Ich habe Euch nie vergessen und Ihr wart für mich immer wie ein eigener Sohn, auch wenn es mir nicht zusteht, solche Gefühle zu haben.

 

Atemu, ich möchte Euch jetzt nur noch einen Rat auf den Weg geben. Hört immer auf Euer Herz, wenn Euer Verstand nicht weiter weiss. Dann werdet Ihr die richtige Entscheidung treffen und Euren wahren Weg finden.

 

Eure Tante Amina

 

Ohne dass es Yami bemerkt hat, sind immer wieder Tränen auf das Papier getropft und auch jetzt fällt wieder ein Tropfen auf das Geschriebene. Sich nun die Hand vor den Mund haltend, beginnt er hemmungslos zu schluchzen. „Ich habe nie einen Brief bekommen! Tante Amina, ich habe nie einen bekommen!“, schreit er jetzt vor Wut und Verzweiflung in den leeren Raum. Sich seine Arme um den Oberkörper schlingen kauert er sich nun auf dem Sessel zusammen und lässt seinen Tränen freien Lauf.

 

Unten in der Küche sitzt Sugoroku am Tisch und kann sich nur mit Mühe zurückhalten, nicht nach oben zu gehen, als er Yami schreien hört, aber weiss, dass Yami da nun allein durch muss. Der Junge muss trauern, um verarbeiten zu können und dabei kann er ihm nicht helfen.

Schliesslich hält er es nicht mehr aus. Weshalb er nun aufsteht und in die Vorratskammer geht, um die Kartoffeln und die Würstchen für ihr Mittagessen zusammenzusuchen. Nachdem er die Sachen auf den Tisch gelegt hat, holt er noch ein scharfes Messer und eines der Holzbretter.

Mit einem leisen Seufzer blickt Sugoroku noch einmal zur Tür, ehe er sich hinsetzt und beginnt die Kartoffeln zu schälen.

 

Im Wohnzimmer hat sich Yami irgendwann so weit beruhigt, dass er nach der Kiste greifen kann und diese nun auf seine Beine stellt.

Mit einem traurigen Lächeln fährt er mit seinen Fingerspitzen über die zerknitterte Zeichnung und nimmt sie dann heraus. „Du hast sie wirklich mitnehmen können und all die Jahre behalten?“ Lange sieht er die Zeichnung an, ehe er sie neben dem Brief auf den Tisch legt.

Sich auf die Unterlippe beissend, betrachtet er sich nun das Tagebuch und hadert mit sich selbst, ob er es lesen soll. Doch dann scheint sich seine Hand wie von selbst zu bewegen und ohne dass er es wirklich realisiert, nimmt er es vorsichtig heraus und öffnet es.

Lächelnd lässt er seine Fingerspitzen über die einzelnen Worte gleiten, ohne sie jedoch zu lesen. Das Buch wieder schliessend drückt er es an seine Brust und lehnt sich mit geschlossenen Augen zurück. Still laufen nun die Tränen über seine Wangen. Heilen den Teil seiner Seele, der vor all den Jahren zerbrochen ist und nie heilen konnte, weil er geglaubt hat, dass ihn Tante Amina vergessen hatte.

 

Yami weiss nicht, wie lange er so dagesessen ist, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. „Hat sie wirklich so viel von mir erzählt?“, will er leise und zögernd wissen.

 

Leicht den Griff um Yamis Schulter festigend nickt Sugoroku, obwohl dieser die Augen immer noch geschlossen hält. „Ja, das hat sie. Zwar nicht von Anfang an, aber als wir dann ein Paar geworden waren, hat sie sehr oft von dir gesprochen. Weisst du, sie hätte dich so gern noch einmal gesehen und dich uns vorgestellt. Sie hat immer wieder gesagt, dass du und Yugi richtig gute Freunde werden könntet, wenn ihr euch begegnen würdet.“

 

Als Yami das hört, kann er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir sind so viel mehr geworden. Meinst du, das hätte sie gefreut? Ich meine, dass Yugi und ich ein Paar sind?“, fragend sieht er jetzt zu Sugoroku, der den Blick lächelnd erwidert. „Das hätte sie sicher gefreut. Denn sie wollte immer nur, dass du glücklich wirst.“

Erleichtert schliesst Yami die Augen, öffnet sie aber gleich wieder und streichelt nun beinahe sanft über das Tagebuch in seinen Händen. „Sie war mir immer näher als meine Eltern. Darum hat es auch so geschmerzt, als ich nie etwas von ihr gehört habe.“ Lange schweigt er, ehe er wieder zu Sugoroku blickt. „Können… können wir zu ihrem Grab gehen?“, bittend ja beinahe flehend, sieht er ihn an, bis dieser lächelnd nickt. „Natürlich, wir gehen gleich nach dem Mittagessen zusammen auf den Friedhof.“ Seine Hand nun wieder von Yamis Schulter nehmend, blickt er zum Fenster. „Sobald du die Pferde gefüttert hast, gibt es Mittagessen.“

 

Beinahe sofort springt Yami nach diesen Worten auf und stellt die Holzkiste wieder auf den Tisch, ehe er äusserst vorsichtig, zuerst das Tagebuch und dann die Zeichnung, sowie den Brief zurück in die Kiste legt.

 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku, wie vorsichtig Yami mit den Sachen umgeht und dann im Gegenzug schon beinahe aus dem Wohnzimmer stürmt.

Sobald er allein ist, setzt er sich auf die Armlehne des Polstersessels und blickt auf die kleine Holzkiste. „Er hat es besser verkraftet, als ich es befürchtet hatte.“ Sich wieder aufrichtend legt er seine Hand auf den Deckel der Kiste und seufzt leise auf. „Er hat so viel mitgemacht, Amara.“ Mit diesen Worten dreht er sich um und verlässt nun auch das Wohnzimmer.

Doch anders als Yami geht er natürlich in die Küche und kümmert sich dort weiter um das Mittagessen.

 

Im Stall lehnt sich Yami, nachdem er die Pferde gefüttert und getränkt hat, an die Boxentür von Rocky und sieht ihm beim Fressen zu. „Amina hatte mich nicht vergessen, Rocky. Sie hat immer an mich gedacht und mir sogar Briefe geschrieben“, erzählt er dem Wallach mit einer Stimme, die zwischen Traurigkeit und Erleichterung hin und her schwankt. „Nur habe ich die Briefe nie bekommen…“, fährt er plötzlich grimmig fort und wendet sich ab. Im Hinterhof blickt er gedankenverloren in den blauen Himmel und dankt in Gedanken dem Schicksal, dass es ihn nach der Hölle hierher geführt hat.

Die Augen schliessend, senkt er den Kopf wieder und wendet sich dann in Richtung der Hintertür um. Sicher ist inzwischen das Mittagessen fertig und wenn er ehrlich ist, hat er auch einen ziemlichen Hunger.

 

In der Küche steht das Essen wirklich schon auf dem Tisch, als Yami in die Küche kommt. „Lecker, Bratkartoffeln und Würstchen“, entkommt es ihm unwillkürlich, als er sich hinsetzt und auch gleich nach der Schüssel mit den Kartoffelscheiben greift.

 

Sugoroku ist unglaublich erleichtert, dass Yami mit wirklichem Appetit isst und nicht nur das Essen runterzwingt, so wie es seit Yugis Abreise der Fall gewesen ist.

 

Nachdem alles aufgegessen ist, steht er auf und lässt sich auch von dem missbilligenden Blick, den Yami ihm zuwirft nicht davon abhalten, den Tisch abzuräumen. „Junge, zu zweit geht es schneller, also schau mich nicht so an“, kann er es sich dann doch nicht verkneifen zu sagen, als er ihm das Geschirrtuch in die Hand drückt.

 

Murrend nimmt Yami das Tuch und stellt sich neben Sugoroku an die Spüle. Denn auch wenn es zu zweit wirklich schneller geht, findet er es nicht so ganz richtig, dass der alte Mann kocht und dann auch noch die Küche aufräumt. Schliesslich übernimmt Sugoroku unter der Woche auch noch den Laden und es ist nicht zu übersehen, dass diese zusätzliche Arbeit nicht einfach so spurlos an ihm vorübergeht.

„Grossvater, ich will dich doch nur entlasten. Zumindest in den Bereichen, in denen ich es aufgrund meines Statusses kann. Du machst schon den Laden und kochst, da kann ich neben dem Stall auch ruhig den Rest machen“, versucht sich Yami zu erklären, während er gleichzeitig das Geschirr abtrocknet.

 

Kaum, dass sie die Küche fertig aufgeräumt haben, machen sie sich auf den Weg zum Friedhof. Dabei läuft Yami mit gesenktem Kopf hinter Sugoroku her, auch wenn es ihm inzwischen ziemlich schwer fällt, sich so demütig zu verhalten.

So konzentriert er sich darauf, sich so gut wie möglich die Umgebung zu betrachten, kennt er doch diesen Teil der Stadt noch nicht.

Obwohl, eigentlich gibt es nicht wirklich viel Neues zu sehen. Die Häuser sind wie in der ganzen Stadt entweder weiss oder grau und verfügen in der Regel über sichtbare Holzbalken, die teilweise mehr Schmuck zu sein scheinen, als dass sie eine tragende Funktion haben.

Doch dann kommen sie an einen grossen Park mit Bäumen. „Das ist unser Friedhof. Er ist wie ein Wald angelegt und die Gräber sind in die Umgebung eingefügt, so als würden sie zu den Bäumen gehören“, blickt Sugoroku kurz nach hinten, ehe er mit Yami durch das grosse Tor geht, das den Eingang zu dem Friedhof markiert.

 

Neugierig hebt Yami nun gegen jede Regel den Kopf und sieht sich um. Tatsächlich sind die Gräber so zwischen den Bäumen angeordnet, dass sie sich in die Umgebung einzufügen scheinen und beinahe so wirken, als würden sie in diesen Wald gehören.

Immer tiefer gehen sie, dem Kiesweg folgend in den Wald hinein, bis sie schliesslich bei einer grossen Eiche stehen bleiben, neben der ein Familiengrab liegt.

 

„Das ist das Grab der Familie Muto. Schon mein Urgrossvater ist hier beerdigt worden.“ Vor dem Stein in die Knie gehend, streicht Sugoroku schon beinahe sanft über den marmornen Stein, in dem die Namen der verstorbenen eingraviert sind. „Ich sollte mehr hierher kommen…“, murmelt er leise vor sich hin, ehe er zu Yami blickt. „Komm her, mein Junge und knie dich auch hin.“ Auffordernd deutet er auf den Platz an seiner Seite und wartet geduldig, bis sich Yami neben ihm hingekniet hat.

Erst dann blickt er wieder zu dem Stein. „Amara, Atemu ist hier. Das Schicksal hat ihn zu uns geführt…“

 

Nur am Rande bekommt Yami mit, was Sugoroku sagt. Ist doch sein Blick zu den Namen gewandert und liegt nun wie gebannt auf dem untersten Namen.

 

‚Amara Mutou-Amina’

 

Wie magisch von den Worten angezogen, streckt er seine Hand aus und berührt mit den Fingerspitzen die in den Stein gehauenen Schriftzeichen. „Tante Amina…“, rutscht es aus ihm heraus und dann verfällt er in seine Muttersprache. Unter Tränen beginnt er zu reden. Er erzählt ihr alles, was ihm auf der Seele brennt. Wie sehr er sie vermisst, dass er immer versucht hat gerecht zu den Sklaven zu sein, von seiner Zeit als Pharao und wie das Flugzeug abgestürzt ist….

Dabei bemerkt er nicht, wie sich Sugoroku erhebt und sich ein paar Schritte entfernt, um ihm Zeit für sich selbst zu geben.

 

Die Umgebung betrachtend, wartet Sugoroku geduldig ab, bis sich Yami am späten Nachmittag wieder aufrichtet und sich dann mit geröteten Augen neben ihn stellt. „Danke, dass du mich hierher gebracht hast.“

Lächelnd legt Sugoroku nun die Hand auf Yamis Schulter. „Du musst dich nicht bedanken, mein Junge.“ Tief seufzt er jetzt auf. „Na komm, lass uns nach Hause gehen.“

 

 

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Was soll ich gross sagen... endlich kennt Yami die Wahrheit und ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen, dass Yugi in diesem Kapitel nicht auftaucht, aber das hätte einfach nicht gepasst.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Kunst und Mode

Hallo zusammen,

 

ich kann es kaum glauben, aber ich habe es wirklich geschafft diesmal pünktlich ein Kapitel fertig zu haben. Habe ich doch erst gestern damit angefangen und irgendwie fallen mir diese Kapitel, wirklich schwer.

 

Naja, aber jetzt genug gelabert...

 

Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 60: Kunst und Mode

 

 

Hochkonzentriert sitzt Yami auf der Hintertreppe in der Morgensonne und versucht eine Skizze von Yugis Vater zu machen, während Blacky und Rocky den Hinterhof zufrieden schnaubend nach Leckereien und Heu absuchen.

Es ist nun schon der gefühlt hundertste Versuch, den er macht, nur ist es auch extrem schwer ein Bild von einer Person zu zeichnen, die man nie persönlich getroffen hat und von der man nicht wenigstens ein Foto oder zumindest eine alte Zeichnung, als Vorlage besitzt.

Naja, die Grundzüge kriegt er schon hin und laut Sugoroku muss er nur die Augen und die Nase noch abändern und dann habe er Kazuki auch schon getroffen, nur ist das leichter gesagt, als getan. „Also, er hat gesagt, dass die Augenbrauen kantiger als die von Yugi sind und die Nase etwas grösser und aristokratischer“, murmelt er leise vor sich hin, während er sich die Beschreibung weiter ins Gedächtnis ruft.

Als er dann so halbwegs zufrieden ist, legt er das Papier und den Bleistift zur Seite, ehe er aufsteht und die Pferde wieder zurück in ihre Boxen bringt.

Erst als er ihre Wassertröge gefüllt hat, nimmt er die Skizze und geht ins Haus, um sie Sugoroku zu zeigen. Nur leider ist dieser um diese Zeit im Laden, so dass er nach dem Händewaschen das Halsband aus seiner Hosentasche nimmt und es sich widerwillig anzieht. Verdammt, er ist oder besser gesagt war der Pharao und jetzt muss er diese Demütigung jedes Mal ertragen, sobald er sich in der Öffentlichkeit bewegt.

Tief einatmend senkt Yami den Blick, ehe er den Laden betritt und diesen dann am liebsten gleich wieder verlassen hätte. Ist doch keine andere Person als die Aino im Laden und die mustert ihn auch gleich wieder mit diesem herablassenden Blick, den er ihr so gern aus dem Gesicht schlagen würde.

 

Sofort als der Sklave durch die Tür kommt, richtet die Aino ihren Blick auf ihn. „Stimmt es also, dass Ihr Enkel seinen Sklaven nicht mitgenommen hat. Ist das nicht ungewöhnlich? Schliesslich kann er sich doch so nur an die öffentlichen Sklaven halten und das ist ja in der Regel keine gute Idee, wenn ich so daran denke, was die für Krankheiten verbreiten können.“ Mit jedem Wort wird ihr Tonfall herablassender, was Sugoroku besorgt zu Yami blicken lässt.

„Ach, wissen Sie Madam Aino, Yugi ist ja mit Frau Kujaku unterwegs und Yami ist mir hier eine viel grössere Hilfe, als dass es sich für meinen Enkel lohnen würde ihn mit nach Wladiwostok zu nehmen.“ Versucht er eine gute Erklärung zu finden, die nichtssagend genug, aber doch interessant genug ist, um die Aino zufriedenzustellen.

„Aber, aber Herr Muto. Der Sklave ist doch ausserdem viel zu schade, um ihn nur für die Arbeiten im Haus und Stall und für das private Vergnügen zu nutzen. Wenn der noch nicht kastriert ist, dann könnten Sie ihn doch wunderbar für die Zucht zur Verfügung…“

„Sagen Sie mal spinnen Sie eigentlich Sie unmögliche Schnepfe!? Auch Sklaven sind verdammt nochmal Menschen und keine Tiere! Was haben Sie für ein Recht…“ „YAMI! ES REICHT!“, unterbricht Sugoroku resolut den Ausbruch Yamis und sieht ihn streng an. „Geh zurück in den Stall und wenn ich hier fertig bin, dann kannst du was erleben!“ Ihn am Arm packend, zwingt Sugoroku ihn zurück in den Flur und schliesst dann die Tür, als er wieder im Laden ist.

„Bitte verzeihen Sie Madam Aino, aber seit Yugi weg ist, ist er ein bisschen schwierig.“

 

Während Sugoroku versucht die Aino wieder zu besänftigen, stürmt Yami in den Hinterhof und reisst sich das verhasste Halsband regelrecht vom Hals. „Diese verdammte dumme Kuh! Wie kann sie es nur wagen von mir zu sprechen, als wäre ich ein verdammter Zuchthengst!“ Nur schwer kann er sein Temperament zügeln, weshalb er ins Heulager stapft und dort so fest er kann gegen einen der Strohballen tritt und schlägt.

 

Im Laden schnappt die Aino immer noch regelrecht nach Luft. „Herr Muto, dieser Sklave gehört auf’s härteste bestraft! So eine Respektlosigkeit habe ich noch nie erlebt. Also nein auch.“

Beschwichtigen hebt Sugoroku die Hände. „Madam Aino, natürlich werde ich Yami bestrafen, das steht ausser Frage.“ Schon beinahe verzweifelt, sucht er nach einem Ausweg und dann fällt sein Blick auf die Schultertücher. „Madam Aino, dürfte ich Ihnen als Entschuldigung ein paar Schultertücher anbieten? Und dann hätte ich da noch einen wunderschönen Stoff…“, mit diesen Worten geht er die drei eigentlich unverkäuflichen, weil scheusslichen Schultertücher und einen grellpinken Stoffballen holen, der zum Glück als einziger noch übrig ist.

Unter den kritischen Blicken der Aino breitet er die Tücher und den Stoff aus. „Ich würde Ihnen diesen Stoff und die Tücher als Entschuldigung gern schenken, wenn Sie ihnen denn gefallen.“

 

Nun mit einem Leuchten in den Augen lässt die Aino ihre Finger über die Stoffe gleiten. „Die sind ja wirklich wunderschön, Herr Muto.“ Seufzend, blickt sie zur geschlossenen Tür die zum Flur führt. „Ich nehme die Entschuldigung und diese Geschenke an. Es wäre ja auch zu schade, wenn der Sklave durch Narben verunstaltet werden würde. Dennoch bestehe ich darauf, dass Sie ihn hart bestrafen.“

Sich seine Gedanken nicht anmerken lassend, nickt Sugoroku. „Natürlich, Madam Aino.“ Mit geübten Handgriffen wickelt Sugoroku die Stoffe in Leinentücher ein und übergibt diese dann der Sklavin, die so unauffällig dasteht, dass man sie gern vergisst und begleitet die beiden Frauen dann noch zur Tür. „Ich hoffe, dass ich sie trotz des unmöglichen Verhaltens von Yami wieder werde begrüssen dürfen, Madam Aino“, verbeugt er sich galant. „Ach, Herr Muto. Ich habe ja schon gehört, dass der Sklave regelrecht auf Ihren Enkel geprägt ist. Erziehen und bestrafen Sie ihn richtig und dann sollten Sie keine Probleme mehr mit ihm haben und natürlich werde ich Ihren Laden wieder besuchen. Schliesslich sind Sie der beste Stoffhändler der Stadt. Also dann, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“, lächelt sie Sugoroku an, ehe sie mit wehenden Röcken den Laden verlässt.

 

Erleichtert, dass er noch einmal so glimpflich davongekommen ist, schliesst Sugoroku die Tür ab und hofft einfach, dass sich der Klatsch wenigstens ein bisschen in Grenzen halten wird. Sich jetzt straffend verlässt er den Laden und geht in den Hinterhof, um Yami zu suchen. Was gar nicht nötig ist, ist dieser doch gerade dabei Rocky zu putzen.

Mit einem ernsten Gesichtsausdruck geht er zu ihm und verschränkt die Arme, nachdem er Rocky kurz gestreichelt hat. „Atemu, was sollte das vorhin im Laden? Du weisst ganz genau, dass du mit deinem Status nicht das Recht hast, so mit der Aino zu sprechen.“

 

Den Striegel in die Putzkiste legend, erwidert Yami den Blick. „Habe ich dich nicht gebeten, mich nicht Atemu zu nennen?“, stellt er eine Gegenfrage, statt die Frage von Sugoroku zu beantworten und sieht ihn nun äusserlich ruhig an.

Den Blick erwidernd schüttelt Sugoroku den Kopf. „Doch das hast du. Du hast dich aber nicht wie Yami, sondern wie Atemu verhalten! Und das geht nicht, Junge. Verdammt, die wollte dich wegen deines Verhaltens auspeitschen lassen und das nicht nur ein paar Hiebe, die kaum Spuren hinterlassen. Du kannst froh sein, dass ich sie umstimmen konnte, aber dafür musste ich ihr einen Stoff und drei Schultertücher schenken und zum Glück siehst du gut aus und dass würde durch die Narben ja zerstört werden.“

 

Bei den Worten zuckt Yami regelrecht zusammen, strafft sich aber gleich wieder und richtet sich jetzt auf. „Diese Person hatte kein Recht, so zu sprechen. Wenn sie schon keinen Respekt mir gegenüber hat, dann sollte sie dich und Yugi respektieren. Ebenso wie eure Entscheidungen und sich nicht immer ungefragt einmischen. Nur scheint ihr es nicht zu wagen, sie in ihre Schranken zu weisen.“ Jetzt die Arme verschränkend sieht er Sugoroku mit blitzenden Augen an. „Und? Willst du mich jetzt bestrafen? Und wenn ja, wie?“

                                                                

Seufzend schüttelt Sugoroku den Kopf. „Atemu, ich werde dich sicher nicht bestrafen. Ausser du siehst die Bitte, dass du bis zu Yugis Rückkehr und solange du dich nur mit Mühe beherrschen kannst, wenn möglich nicht in den Laden kommen solltest als Strafe an.“ Aufmerksam sieht er Yami an und bemerkt, dass sich dieser minimal entspannt und nickt. „Okay, ich werde nur im Notfall in den Laden kommen. Kann mir ja nur Recht sein, dann muss ich mich schon nicht den geifernden Weibern aussetzen.“ Rocky jetzt losbindend, blickt Yami Sugoroku ernst an. „Ist noch etwas? Wenn nicht, dann sieh dir bitte in der Küche die Skizze an, ob ich Yugis Vater getroffen habe.“ Den alten Mann jetzt ignorierend, bringt Yami Rocky zurück in die Box und holt dafür Blacky, der schon ungeduldig scharrend dasteht. Immerhin ist sein Lieblingsmensch da und ignoriert ihn, was nach der Meinung des Wallachs so gar nicht geht.

Schon beinahe tänzelnd lässt sich dieser jetzt von Yami zu dem Anbindebalken führen, drückt dann aber den Kopf fest an Sugorokus Brustkorb, statt sich schön so hinzustellen, dass er angebunden werden könnte.

Kopfschüttelnd legt Yami den Strick einfach mal über Blackys Hals und beginnt diesen schon mal zu striegeln, während Sugoroku den Wallach zwischen den Ohren krault und dabei Yami beobachtet. „Wie geht es dir überhaupt? Du bist in den letzten Tagen so ruhig und nachdenklich gewesen.“

 

Als Yami die Frage hört wird er nur noch nachdenklicher, striegelt aber weiterhin geduldig Blackys Fell, um die losen Haare zu entfernen. „Es geht mir gut, es war nur etwas viel in den letzten Tagen, das ist alles.“ Lange schweigt Yami jetzt, bis er leise seufzt. „Ich wünschte, ich hätte mich nie erinnert. Es ist hart zu wissen, wer man mal gewesen ist und zu sehen, wer man jetzt ist“, nur leise ist seine Stimme zu hören, trotzdem merkt er, dass Sugoroku ihn versteht. „Ich vermisse Yugi und habe manchmal das Gefühl durchzudrehen, weil ein Teil von mir nicht glauben kann, dass er wirklich wiederkommt“, gibt er dann noch widerstrebend zu.

 

Sich von Blacky lösend, bindet ihn Sugoroku nun an und stellt sich dann hinter Yami, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen. „Ich vermisse ihn auch immer, wenn er unterwegs ist. Das ist vollkommen normal, aber ich weiss, dass er immer alles tut um heil wieder zurückzukommen.“ Lächelnd denkt er an den Tag zurück, als er Yugi nach Edo geschickt hat, um dort zu studieren. „Weisst du, ich wollte ihn nicht zum Studium weglassen, aber Amara hat mir gut zugeredet, dass Yugi diese Chance nutzen muss. Also habe ich ihn gehen lassen und dann ist er zurückgekommen. Hat alles aufgegeben, nur um mir zu helfen, weil ich zu schwach gewesen bin…“, nicht wissend, wie er weitersprechen soll, verstummt Sugoroku mit gesenktem Kopf. Hebt diesen aber wieder an, als er eine Hand auf seiner spürt.

 

„Es ist nicht deine schuld gewesen, Grossvater. Jeder wäre an deiner Stelle zusammengebrochen und das nutzt dieses Scheisssystem aus. Wir in der Oberschicht haben Absicherungen, die uns auffangen, wenn es uns schlecht geht, wenn wir aus irgendwelchen Gründen nicht arbeiten können. Das wird dem einfachen Volk verwehrt. Ich wollte es ändern, wollte mehr Gerechtigkeit ins System bringen und zum Dank wurde mein Privatjet abgeschossen.“ Tief atmet Yami durch, dreht sich aber nicht um. „Wenn es mehr Gerechtigkeit geben würde, dann würde diese strikte Trennung von Volk und Oberschicht über kurz oder lang nicht mehr funktionieren. Ihr müsstet aufgeklärt werden, dass all diese Technologie keine Magie ist und dann würden irgendwann auch die Strafarbeiter oder besser gesagt die versklavten Menschen fehlen, die in den Kraftwerken und Firmen der Oberschicht schuften, um deren Lebensstandard zu sichern.“ Erst jetzt dreht sich Yami um und blickt Sugoroku ernst an, ehe er ihn in die Arme nimmt.

„Tante Amina hat immer gesagt, dass es immer einen Weg gibt und sich immer irgendwo eine Tür öffnet. Man muss sie nur finden und sich entscheiden durchzugehen. Yugi hat sich entschieden diesen Weg zu gehen und keinen anderen. Es hätte sicher auch noch andere Wege gegeben, aber die wollte er nicht gehen und jetzt warten wir gemeinsam, bis er von Wladiwostok zurück ist.“

 

Erstaunt, dass Yami nun ihn stützt, erwidert Sugoroku die Umarmung. In Gedanken wiederholt er das, was ihm gesagt worden ist und beginnt zu verstehen. Schliesslich löst er sich und legt eine Hand auf Yamis Wange. „Danke, mein Junge. So und jetzt gehe ich mir mal deine Skizze ansehen gehen, um dir dann beim Mittagessen sagen zu können, was du noch ändern musst.“

Noch einmal tätschelt er kurz dessen Wange, ehe er sich umdreht und zurück ins Haus geht, um sich die Skizze anzusehen und ein schnelles Mittagessen vorzubereiten.

 

Zurück bleibt ein nachdenklicher Yami. Hat er sich heute wirklich wie Atemu verhalten? Er hatte sich doch geschworen, Grossvater keine Probleme zu machen und jetzt hat er es doch getan…

In Gedanken geht er noch einmal das Geschehen im Laden durch und muss dann vor sich selbst zugeben, dass er wirklich die Kontrolle verloren hatte. Niemals hätte Yami sich so verhalten. Sich nun die Nasenwurzel reibend, flucht er leise vor sich hin, ehe er sich wieder Blacky widmet, der dösend dasteht.

 

In der Küche bewundert Sugoroku die Skizze und kann es kaum glauben, dass Yami es wirklich geschafft hat, ein beinahe perfektes Bild von Kazuki zu zeichnen.

Als Yami dann in die Küche kommt, sieht er ihn breit grinsend an. „Also eins muss man dir lassen, an dir ist wirklich ein Künstler verloren gegangen. Du hast Yugis Vater beinahe perfekt getroffen und ich bin schon gespannt, wie dann das fertige Bild aussehen wird.“

 

Bei dem Lob wird Yami unwillkürlich ein wenig rot um die Nase. „Danke“, murmelt er verlegen und setzt sich hin. „Weisst du, es ist ganz schön knifflig jemanden zu zeichnen, den man noch nie gesehen hat und von dem man auch keine Vorlage besitzt.“ Sich nun von dem Rührei nehmend, beugt er sich nach vorn und reicht Sugoroku dann die Schüssel.

 

Nach dem Essen räumt Yami die Küche auf, ehe er wieder in den Stall geht, um sich um die beiden Racker zu kümmern und sich dann mit den Skizzen an die endgültigen Zeichnungen zu setzen.

Am Abend hat er dann schon die Outlines für die Portraits fertig und geht nach dem Füttern der Pferde zufrieden mit dem was er heute geschafft hat, wieder zurück ins Haus.

 

In Wladiwostok stöhnt Yugi inzwischen gepeinigt auf, als er sich auf einen der Stühle setzt. Wieso hat er sich nach dem anstrengenden Markttag nur von May dazu breitschlagen lassen, sie auf eine Modeschau zu begleiten? Ihm ist jetzt schon langweilig und dabei hat der ganze Spass noch nicht einmal angefangen. Also wie zum Kuckuck soll er das zwei Stunden lang aushalten!?

 

Innerlich über Yugis Gesichtsausdruck, der wirklich Bände spricht lachend, holt May ihr Skizzenbuch aus der Tasche, um sich während der Show schon mal Notizen und schnelle Zeichnungen von besonders interessanten Modellen machen zu können. Wäre ja zu schade, wenn sie nachher mit den Gestaltern der Kleider ins Gespräch kommt und nicht mehr weiss, was sie zu den Kleidern sagen oder fragen soll.

Als es langsam zu dämmern beginnt, werden überall Fackeln entzündet, die den Laufsteg in ein warmes Licht tauchen und dann geht es auch schon los. Hochkonzentriert besieht sie sich die Modelle und macht sich eifrig Notizen. Besonders die Hosen, die auf den ersten Blick wie Röcke aussehen, findet sie besonders interessant. Da muss sie nachher den Gestalter unbedingt fragen, ob er ihr nicht eventuell sagen würde, wie er diese Modelle entworfen und genäht hat.

Eine Bewegung neben ihr, macht sie dann auf Yugi aufmerksam, der gerade hinter vorgehaltener Hand genüsslich gähnt. „Yugi, reiss dich zusammen und zeig ein bisschen mehr Respekt den Arbeiten hier gegenüber“, zischt sie leise in seine Richtung und sieht ihn dabei missbilligend und warnend zugleich an.

„May, ich bin Stoffhändler und kein Näher oder Gestalter. Für mich ist das hier todlangweilig und das einzige, was mich noch interessieren könnte ist die Frage, ob die üblichen Stoffballen für diese Kreationen ausreichen oder ob ich in Zukunft grössere Ballen verkaufen muss“, murrend lehnt sich Yugi nun mit verschränkten Armen zurück, was May die Augen verdrehen lässt.

„Ach ja und meinst du für mich ist es interessant dir bei den Preisverhandlungen zuzusehen oder mir jeden Tag auf’s neue anhören zu müssen, wie es Yami wohl geht?“, flüstert sie wohl etwas zu laut, denn von hinten kommt nicht nur ein deutliches „Psst“, sondern auch noch mehrere missbilligende Blicke.

Den Kopf unwillkürlich einziehend konzentriert sich May jetzt wieder auf das Geschehen vor sich und sieht auch nicht mehr zu Yugi rüber, um nicht noch einmal der Peinlichkeit ausgesetzt zu werden, dass man sie zur Ruhe ermahnen muss.

 

Je länger die Modeschau dauert, desto mehr Mühe hat Yugi nicht einzuschlafen, aber diese Blösse will er sich dann doch nicht geben, weshalb er nun anfängt seine Gedanken wandern zu lassen und natürlich bleiben die schon nach Sekunden bei Yami hängen. Er vermisst ihn mit jedem Tag mehr und würde am liebsten sofort wieder nach Hause fahren. Nur ist das leider nicht möglich.

Er ist so in Gedanken versunken, dass er erst merkt, dass die Modeschau zu Ende ist, als ihm May die Hand auf die Schulter legt.

„Erde an Yugi… Hallo…“, willst du hier sitzen bleiben oder noch mit zum Fest kommen?“, winkt sie nun noch zusätzlich vor seinem Gesicht herum.

„Hä? Hast du was gesagt, May?“, verwirrt blickt Yugi sie an, was May nun grinsend den Kopf schütteln lässt. „Wo warst du nur mit deinen Gedanken?“ Doch sie hebt sofort abwehrend die Hand, als Yugi antworten möchte. „Lass mich raten, du warst in Gedanken bei Yami. Wo denn auch sonst, aber jetzt sind wir hier und gehen auf das Fest. Ich muss noch mit einigen Gestaltern reden.“ Yugi am Arm regelrecht packend, zieht sie ihn mit zu dem Festsaal und dieser lässt sich murrend mitziehen, schnappt sich dann aber gleich ein Glas Wein, an dem er sich festhalten kann und das auch sicher das einzige heute Abend bleiben wird.

Kurz blickt er zu May, aber die ist sich schon angeregt mit einem dieser Gestalter am unterhalten, weshalb er nun in dem Festsaal herumschlendert und sich die Leute so ansieht. Dabei macht er sich einen Spass daraus, an deren Kleidung zu erraten, woher sie kommen, was ihn zumindest ein wenig ablenkt.

Trotzdem schleicht die Zeit nur so dahin und als dann endlich May zu ihm kommt, stöhnt er schon beinahe vor Erleichterung. „Können wir endlich ins Hotel gehen?“, sieht er May schon beinahe flehend an, was sie grinsend den Kopf schütteln lässt. „Ach Yugi, du hättest schon lange gehen können. Ich bin doch kein schwaches Mädchen, aber ja, gehen wir ins Hotel.“

 

 

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Ich weiss ehrlich gesagt weiss ich nicht so wirklich, was ich sagen soll...

 

Darum hoffe ich jetzt einfach mal, dass ich euch das Kapitel gefallen hat.

 

Eure mrs_ianto

Es geht nach Hause

Hallo zusammen,

 

es tut mir wirklich leid, dass es wieder 2 Wochen gedauert hat, bis ich euch ein neues Kapitel geben kann. Nur ist im Moment wirklich so viel los, dass ich mich kaum auf das Schreiben der schwierigen Kapitel konzentrieren kann.

 

Jetzt will ich euch nicht länger auf die Folter spannen und wünsche euch nur noch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Kapitel 61: Es geht nach Hause

 

 

Müde geht Yami am Morgen in den Stall. Hat er doch schlecht geschlafen und das liegt vermutlich daran, dass Yugi in ein paar Tagen wieder zurück kommt. Er freut sich riesig darauf, seinen Sharik wieder in die Arme schliessen zu können, aber gleichzeitig hat er auch Angst davor, dass Yugi ihn nicht mehr will. Schliesslich sind sie schon so lange getrennt, da können sich Gefühle doch verändern. Oder etwa nicht?

Seufzend fährt er sich mit der Hand durch die Haare und blickt dann in den Himmel, der zwar von Wolken verhangen ist, aber trotzdem nicht nach Regen aussieht. Er hofft auch, dass es so bleibt. Schliesslich müssen sie nach dem Mittagessen noch zu Jonouchi, um die beiden Racker neu beschlagen zu lassen.

 

Nachdem er Blacky und Rocky ihr Frühstücksheu in die Boxen gehängt hat, kontrolliert er die Hufe der beiden. Nicht, dass sich die Eisen schon gelockert haben und sie dann auf dem Weg zur Schmiede Probleme bekommen, weil er vorher nicht aufgepasst hat.

Zufrieden, dass die Eisen zwar abgenutzt sind, aber noch fest sitzen, geht Yami nach dem Tränken der beiden zurück ins Haus, wo er sich in Gedanken versunken die Hände wäscht und dann zu Sugoroku in die Küche geht. „Guten Morgen, Grossvater“, begrüsst er den alten Mann freundlich und giesst sich dann seinen Tee ein, ehe er sich an den gedeckten Tisch setzt. „Ich habe vorhin noch die Hufe kontrolliert. Die Eisen sitzen noch fest. Es sollte also auf dem Weg zu Jonouchi keine Probleme geben.“

 

Zufrieden nickt Sugoroku. „Zuerst, dir auch einen guten Morgen“, schmunzelt er leicht, um sich die Sorgen, die er sich wieder um Yami macht, nicht anmerken zu lassen. Sieht dieser doch wieder so aus, als wären die unruhigen Nächte zurückgekehrt. „Na das hört sich doch gut an. Es gibt nichts Mühsameres, als wenn man mit einem lahmen Pferd oder einem, das ein Hufeisen verloren hat, durch die Stadt laufen muss.“ Kritisch mustert er jetzt Yami. „Kannst du dich beherrschen und dich wie ein Sklave verhalten, wenn wir durch die Stadt laufen oder willst du lieber hierbleiben?“

 

Von dem Brötchen, das er gerade mit Honig bestreicht aufblickend, sieht Yami zu Sugoroku und legt es dann zusammen mit dem Messer wieder auf den Teller. Die Hände auf seinen Oberschenkeln zu Fäusten ballend, atmet er tief durch. „Ich werde den perfekten Sklaven spielen. Keine Sorge“, knirscht er mit den Zähnen und gönnt sich dann einen Schluck von dem Tee, ehe er wieder nach seinem Brötchen greift und hinein beisst.

 

Die Stirn runzelnd, beobachtet Sugoroku, wie sich Yami verhält und seufzt dann tonlos auf, ehe er sich auch seinem Frühstück widmet. Ist es doch deutlich zu sehen, wie sehr der Junge mit der Situation zu kämpfen hat. Was ja nicht verwunderlich ist. Als Pharao zu einem Sklaven zu werden ist das Schlimmste, was er sich vorstellen kann. Wobei er eigentlich ehrlich zugeben muss, dass er froh ist, dass das Schicksal doch noch eine halbwegs gute Wendung genommen und Atemu so zu ihnen geführt hat.

Nur wie soll es nach den zwei Jahren weitergehen? Wird er bei ihnen bleiben und sich an das einfache Leben eines freien Mannes des einfachen Volkes anpassen? Oder wird er in das ägyptische Grossreich zurückkehren und dort den Thron zurückfordern?

Wenn Sugoroku ehrlich ist, dann hofft er darauf, dass Atemu hierbleiben und einfach nur den Namen Yami ablegen wird. Das wäre in seinen Augen nämlich das Beste für seine beiden Enkel.

 

Sugoroku ist so in seine Gedanken vertieft, dass er gar nicht wirklich mitkriegt, wie die Zeit vergeht und so blickt er erstaunt hoch, als Yami aufsteht und beginnt den Tisch abzuräumen. Kurz blickt er zum Fenster. „So spät schon… dann gehe ich jetzt in den Laden. Bis nachher, Yami.“ Mit einem leisen Ächzen steht er auf und stellt dann trotz des protestierenden Blickes, sein Geschirr in die Spüle, ehe er aus der Küche geht, um den Laden wenigstens für den Vormittag zu öffnen.

 

In der Küche zurückbleibend stützt sich Yami mit den Händen auf der Arbeitsplatte ab und atmet mit geschlossenen Augen tief durch. „Verdammt, wieso musste ich mich nur erinnern und warum zum Seth musste sich meine Befürchtung bewahrheiten!“ Er bemerkt nicht, dass sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löst und blickt daher erstaunt auf den nassen Fleck auf seinem Handrücken. Wütend über sich selbst, dass er schon wieder die Kontrolle über sich verloren hat, wischt er sich energisch über die Augen und macht sich dann an den Abwasch.

Immer wieder grummelt er dabei leise in sich rein und trocknet das Geschirr so heftig ab, dass es schon beinahe einem Wunder gleicht, dass dieses bei der groben Behandlung nicht zerbricht und auch der Tisch kann froh sein, dass dieser aus stabilem Holz besteht.

 

Als Yami dann in der Küche fertig ist, atmet er ein paar Mal tief durch, um sich wieder zu beruhigen. Weiss er doch, dass Blacky und Rocky es ihm übel nehmen, wenn er so gereizt in den Stall geht. Erst als er sich wieder ruhiger fühlt, geht er nach draussen und spannt die Seile vor das Hoftor, bevor er das Heu im Hof verteilt und die beiden Racker aus ihren Boxen lässt.

Eine Weile lang sieht er ihnen schmunzelnd zu, wie sie zufrieden über den Platz traben und ihrem Bewegungsdrang nachgehen, ehe sie sich auf die verteilten Heuhaufen stürzen. Erst jetzt geht er wieder in den Stall und beginnt die Boxen auszumisten. In Gedanken ist er dabei bei Yugi und wenn er richtig gerechnet hat, wird dieser heute oder spätestens morgen in Wladiwostok auf das Schiff gehen.

 

Tatsächlich ist Yugi in Wladiwostok schon schwer damit beschäftigt die Stoffballen sicher auf das Schiff verladen zu lassen, die er in den letzten Wochen eingekauft und in den Lagerhallen der Reederei eingelagert hat. „Seien Sie vorsichtig. Das sind edle Stoffe!“ Genervt blickt er zu May, die sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen kann. Ist es doch jedes Jahr das gleiche Schauspiel, das sich ihr bietet. „Yugi, die wissen was sie tun. Schliesslich machen die das beinahe in jedem Hafen und hast du jemals etwas auszusetzen gehabt? Die Stoffe sind doch bis jetzt jedes Jahr heil in deinem Laden angekommen“, versucht sie ihn ein wenig zu beruhigen und so die armen Arbeiter ein wenig zu entlasten.

Nur leider funktioniert das so nicht, weshalb sie ihn dann einfach unter lauten Protesten von Seitens Yugi aus dem Lagerhaus zerrt. Erst als sie schon ein ganzes Stück weit weg sind, lässt sie ihn wieder los und stemmt jetzt ihre Hände in die Seiten. „Bevor du was sagst. Wenn du willst, dass das Schiff pünktlich ausläuft, dann komm jetzt mit und lass die Leute ihre Arbeit machen.“

 

Den schon zum Protest geöffneten Mund wieder schliessend, nickt Yugi nur noch. Bedeutet ein verspätetes Auslaufen des Schiffes doch, dass er noch länger von Yami getrennt sein wird. Noch einmal zu den Lagerhallen zurückblickend, folgt er May zurück zu ihrem Hotel. Schliesslich müssen sie noch packen und auschecken. Wie Yami sicher sagen würde.

„Also Yugi, du bist für das Gepäck zuständig und ich kümmere mich um unsere Schlüssel und reserviere für nächstes Jahr schon mal vor“, verschwindet May aus dem Zimmer und lässt den leise maulenden Yugi allein zurück.

 

Unten an er Rezeption lehnt sich May entspannt an den Tresen. „Sagen Sie mal Oleg. Wie viel würde ein Zimmer kosten, bei dem wir auch einen Sklaven mit unterbringen könnten? Für den Fall, dass wir nächstes Jahr einen dabei haben wollen.“ Lächelnd sieht sie den blonden Mann an, der sie nun erstaunt ansieht. „Wenn ich auch gleich wieder die Postkutsche und die Schiffspassage mit buchen soll, dann macht das für den Sklaven total 35 Silbermünzen mehr, wenn der im Laderaum mitreisst. Wenn er mit in die Koje kommt, muss diese natürlich etwas grösser sein und das wären dann mit dem Zimmer zusammen 55 Silbermünzen, die dazu kommen würden.“ Neugierig mustert er jetzt die hübsche junge Frau, die leider immer in Begleitung hier ist.

 

In dem Moment kommt Yugi auch runter und stellt sich neben May an die Rezeption. „Hast du schon alles geklärt?“, sieht er sie fragend an und wundert sich über ihren zufriedenen Gesichtsausdruck. „Gut dann nehmen wir das teurere Zimmer und auch die grössere Koje. Das mache ich nämlich nicht noch einmal mit“, bestimmt sie einfach für Yugi mit und sieht ihn vielsagend an.

 

Während sie zu Yugi blickt, notiert sich Oleg die neue Reservierung für das nächste Jahr und lässt die beiden dann unterschreiben. „So, dann kann ich Ihnen beiden nur noch eine gute Heimreise wünschen. Auf Wiedersehen im nächsten Jahr“, reicht er ihnen freundlich lächelnd die Hand und wendet sich dann wieder dem Reservierungsbuch zu.

 

Als sie auf der Strasse stehen, sieht Yugi May fragend an. „Warum hast du ein anderes Zimmer und eine grössere Koje gebucht?“, will er neugierig wissen und weicht dann unweigerlich einen Schritt zurück, als sie sich vor ihm aufbaut und die Hände in die Seiten stützt. „Ganz einfach! Nächstes Jahr kommt Yami mit! Das ist doch nicht zum Aushalten! Jeder dritte Satz hat mit ihm zu tun und das tue ich mir kein zweites Mal an. Da zahle ich gern die 55 Silbermünzen mehr und teile mir mit euch beiden ein Zimmer.“ Todernst funkelt sie ihn an und schnappt sich dann ihre Tasche und geht zum Schiff, wo sie dann allerdings auf Yugi warten muss, weil dieser die Buchungspapiere in seiner Tasche rumträgt, die ihnen jedes Jahr im November zugeschickt werden.

 

In Domino ist es inzwischen früher Nachmittag und Yami ist dabei Blacky und Rocky für den Gang zu Jono vorzubereiten. Geduldig striegelt er gerade Rocky und spricht dabei leise mit ihm, als Sugoroku in den Hinterhof kommt. Natürlich bemerkt Blacky das sofort und begrüsst ihn sofort mit einem lauten Wiehern.

„Ach, Blacky“, lacht Sugoroku und krault den jetzt brummelnden Wallach zwischen den Ohren. Prüfend blickt er dabei zu Yami und sieht, dass dieser das Halsband schon trägt. Es tut ihm regelrecht weh das zu sehen, wie sich dieser stolze junge Mann erniedrigen muss, aber er kann es leider auch nicht ändern.

Als Yami Rocky fertig gebürstet und die Putzkiste weggeräumt hat, nimmt er Blackys Strick und sieht nachdenklich zu dem jungen Mann. „Bist du bereit oder willst du lieber hierbleiben?“, will er dann doch besorgt wissen.

Giftig sieht Yami zu Sugoroku und packt den Strick von Rocky. „Ja, ich bin bereit“, erwidert er gereizt und senkt dann den Blick zu Boden.

 

Seufzend nickt Sugoroku und geht dann mit Blacky zum Tor. Kurz blickt er nach hinten, ob Yami ihm mit Rocky folgt, ehe er auf die Strasse hinaustritt. Immer wieder sieht er auf dem Weg durch die Stadt nach hinten, um zu sehen, was Yami macht. Zu seiner Erleichterung folgt ihm dieser mit gesenktem Blick und wirkt auf den normalen Beobachter wie ein gehorsamer Sklave. Nur wer genau hinsehen würde, könnte die verkrampften Kiefermuskeln erkennen.

 

Erleichtert sieht Yami hoch, als sie bei der Schmiede angekommen sind und er Jonos Stimme hört. „Hey, Sugoroku! Na, bringst du mir meine beiden Lieblingskunden?“, grinsend kommt Jono aus der Schmiede und schüttelt Sugorokus Hand, ehe er sich zu Yami umdreht. „Hallo Yami. Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“, fragend sieht er ihn an. Hat er doch Yami seit der Abreise von Yugi nicht mehr gesehen.

 

„Hallo Jonouchi. Es geht mir gut“, wiegelt Yami mit den Schultern zuckend ab und sieht dann Rishido im Tor zur Schmiede stehen. Dieser scheint ihn regelrecht zu beobachten und das lässt ihn eine Entscheidung treffen. „Kannst du eine Weile auf Rishido verzichten? Ich... würde gern mit ihm sprechen.“ Bittend sieht er Jono an, der ihn zwar erstaunt mustert aber zustimmend nickt. „Geht ruhig hoch in die Wohnung. Da habt ihr eure Ruhe.“

„Okay“, murmelt Yami leise, gibt Jono den Führstrick in die Hand und geht dann zu Rishido, der ihn kurz mustert und ihm dann nach oben in die Wohnung folgt.

 

Nachdenklich blickt Jono Yami nach und wendet sich dann zu Sugoroku um. „Was ist passiert? Yami wirkt ganz anders als sonst.“

Mit sich ringend, ob er es Jono sagen soll, sieht ihn Sugoroku an und seufzt dann tief auf. „Er hat sich noch in der ersten Nacht nach Yugis Abreise an seine Vergangenheit erinnert. Er weiss jetzt wieder, wer er vor seiner Versklavung gewesen ist und das hat ihn gelinde gesagt geschockt“, erklärt er mit leiser Stimme und legt dann seine Hand auf Jonos Schulter. „Stell keine weiteren Fragen. Yami wird erst mit Yugi sprechen wollen und wird vermutlich erst dann entscheiden, wie es weitergeht und ob er es dir und den anderen sagt.“

Schockiert sieht Jonouchi Sugoroku an und flucht dabei innerlich. Ausgerechnet jetzt, wenn Yugi nicht da ist, muss so etwas passieren. Obwohl er gern wissen würde, wer Yami einst gewesen ist, verkneift er sich die Frage und nimmt stattdessen auch den Strick von Blacky und führt die beiden Pferde zum Schmiedeplatz.

 

Oben im Wohnzimmer lehnt sich Yami plötzlich unsicher an die Lehne des Sofas und fixiert einen Punkt vor seinen Füssen. Er weiss nicht, was er sagen oder wie er beginnen soll und so breitet sich die Stille in dem Raum aus.

 

Die Arme verschränkend mustert Rishido Yami ganz genau und geht schliesslich zum Fenster. Aus dem Fenster blickend fasst er sich ein Herz. „Was wolltet Ihr mit mir besprechen, Hoheit?“, durchbricht er mit leiser Stimme die Stille und dreht sich dann um, als er das scharfe Einatmen hört. „Habe ich also wirklich richtig vermutet. Ihr habt damals das Attentat wie durch ein Wunder überlebt.“

 

Mit einem bitteren Zug um den Mund nickt Yami und fixiert Rishido dann mit eiskalten Augen. „Überlebt? Ja. Stellt sich nur die Frage wie! Ich bin ein Sklave! Ein Niemand! Ohne Erlaubnis darf ich ja noch nicht einmal das Haus verlassen. Ich...“, nicht wissend wie er weiter sprechen soll, bricht er ab.

 

„Was soll ich dazu sagen... Hoheit“, murmelt Rishido vor sich hin und blickt dann direkt in diese rubinroten Augen und fragt sich, wie er es nicht gleich bemerken konnte, als er den anderen das erste Mal gesehen hat. Sind diese Augen doch so ungewöhnlich und damals hat auch er die Rede über die magischen Bildschirme gesehen. „Ich weiss nicht, wie es ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich wurde als Sklave geboren und wenn ich ehrlich bin, hatte ich noch nie so viele Freiheiten wie jetzt hier bei Meister Jonouchi.“

 

Aufmerksam hört Yami zu und kann sich dann ein freudloses Grinsen nicht verkneifen. Zum Fenster blickend, denkt er nach. „Ich wollte langsame Veränderungen einführen. Das Leben für das einfache Volk verbessern und auch den Sklaven ein paar Rechte verschaffen.“ Tief einatmend sieht er Rishido wieder an. „Nenn mich nicht Hoheit. Ich trage immer noch den Namen Yami und bin wie du ein Sklave.“ Er zögert, aber dann entscheidet er sich weiterzusprechen. „Du bist nach mir hierher nach Japan gekommen. Kannst du mir sagen, wie es im ägyptischen Grossreich aussieht? Weisst du vielleicht, was damals passiert ist?“, stellt er schliesslich die Fragen, die ihn schon seit einigen Tagen beschäftigen.

 

„Na gut, Yami“, beginnt Rishido zögernd zu sprechen und kann es irgendwie immer noch kaum glauben, dass er hier wirklich dem totgeglaubten Pharao persönlich gegenübersteht und mit ihm sogar auf gleicher Augenhöhe sprechen darf. „Du kennst ja inzwischen den Sklavenbuschfunk und der sagt, dass sich Pharao Nesut anch Horus etwas zu sehr über den Absturz deines eisernen Vogels gefreut hat. Zwar hat er nach aussen hin alles getan, um die Absturzstelle zu finden, aber anscheinend war er nicht unglücklich darüber, als nur ausgebrannte Reste gefunden worden sind.“ Um Yami Zeit zu geben, das was er gesagt hat zu verarbeiten, hält Rishido in seiner Erzählung inne.

 

Auf einmal leichenblass starrt Yami an die Wand. Wenn der Sklavenbuschfunk stimmt und das tut dieser eigentlich immer, dann... dann hatte sein Onkel vermutlich... er kann den Gedanken nicht zu Ende führen. Zu gross ist der Schock. Denn auch wenn, sie nicht immer einer Meinung gewesen waren, hatte sein Onkel immer den Anschein gemacht ihm treu zur Seite zu stehen. So wie es dieser zuvor auch bei Aknamkanon getan hatte.

Von dem plötzlichen inneren Schmerz überwältigt, schliesst er die Augen und holt immer wieder tief Luft. „Was weisst du noch?“, zwingt er sich schliesslich zu fragen. Seine Stimme ist dabei plötzlich eiskalt.

 

Vorsichtig, weil er nicht weiss, wie Yami reagieren wird. Lehnt sich Rishido neben ihm an das Sofa. „Nicht mehr viel. Pharao Nesut anch Horus regiert mit strenger Hand. Deine schon gemachten Veränderungen hatte er damals schon kurz nach der Thronbesteigung wieder Schritt für Schritt rückgängig gemacht und wenn ich ehrlich bin, kannst du froh sein, dass du hierher verschleppt worden bist. Denn Pharao Nesut anch Horus hat damals eine Säuberungsaktion gestartet. Jeder junge Mann, der im richtigen Alter gewesen ist und dir auch nur entfernt ähnlich sah, musste um sein Leben fürchten. Das egal, ob freier Bürger oder Sklave. Wie es jetzt im ägyptischen Grossreich aussieht, kann ich dir nicht sagen. Tut mir leid.“ Nicht wissend, was er noch sagen soll, schweigt er nun und wartet ab.

 

Es dauert lange, aber dann stösst sich Yami von der Sofalehne ab und macht ein paar Schritte zum Fenster. Es rumort in ihm. Beinahe alles was er für wahr gehalten hatte, stellt sich jetzt als Lüge heraus.

Schliesslich dreht sich Yami wieder zu Rishido um und lächelt diesen traurig, aber ehrlich an. „Danke, für deine offenen Worte und... wenn es möglich ist, dann sag niemandem etwas von unserem Gespräch und wer ich einst gewesen bin.“

 

Sich nun auch wieder aufrichtend, nickt Rishido. „Ich werde schweigen. Nur, lass mich dir noch einen Rat geben. Versuche nicht dem Vergangenen nachzutrauern, sondern lebe im hier und jetzt. Blicke in die Zukunft und finde deinen Weg hier. Du hast die Möglichkeit, vielleicht nicht gleich jetzt, aber so wie ich Meister Yugi einschätze, wirst du so bald wie möglich ein freier Mann sein, dein Leben in Zukunft nach deinen Wünschen und Vorstellungen neu zu gestalten. Nutze diese Chance. Die den wenigsten zuteil wird.“ Aufmerksam beobachtet er Yamis Körpersprache, die so widersprüchlich ist. Einerseits ist da dieser unglaubliche Stolz zu sehen, aber gleichzeitig auch, dass dieser durch die Jahre gezeichnet und beinahe gebrochen worden ist.

 

Sich den Rat durch den Kopf gehen lassend, sieht Yami Rishido an und nickt dann leicht. „Ich werde es versuchen... kann aber nichts versprechen.“ Seinen Blick zum Fenster richtend, sieht er auf den Stand der Sonne. „Wir sollten langsam wieder runtergehen. Sicher ist Jonouchi schon lange mit dem Beschlagen fertig.“ Seine Stimme hört sich müde an und so fühlt er sich auch.

Ohne Rishido noch einmal anzusehen, verlässt er das Wohnzimmer und geht nach unten. Bevor er die Haustür öffnet, schliesst er kurz die Augen und trägt dann eine Maske der Ruhe und Gelassenheit zur schau, als er das Haus verlässt.

Tatsächlich stehen Sugoroku und Jono miteinander redend auf dem Vorplatz der Schmiede. Sehen jetzt jedoch zu ihm, als er zu ihnen tritt. „Danke Jonouchi, dass ich mit Rishido sprechen konnte“, wendet er sich an Jono und blickt dann zu Sugoroku. „Entschuldige, dass du warten musstest, Grossvater.“

 

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen. Ich habe mich noch sehr nett mit Jono unterhalten. Doch lass uns jetzt nach Hause gehen.“ Mit diesen Worten drückt er Yami Rockys Führstrick in die Hand, ehe er sich wieder zu dem jungen Schmied umwendet. „Also Jono, dann vielen Dank und wir sehen uns.“ Kurz umarmt Sugoroku Jonouchi und geht dann mit Blacky schon mal etwas vor. Damit sich Yami auch noch verabschieden kann.

 

Ernst sieht Yami Jono an. „Ich... auf Wiedersehen, Jonouchi.“ Anders als Sugoroku umarmt er ihn nicht, sondern hält ihm die Hand hin, die auch ergriffen und fest gedrückt wird. „Auf Wiedersehen, Yami und pass mir noch gut auf Sugoroku auf“, grinsend legt Jono ihm kurz die Hand auf die Schulter, ehe er sich wieder der Schmiede zuwendet.

 

Einen Moment lang sieht Yami ihm nach. „Ja, das werde ich“, murmelt er vor sich hin, bevor er zu Sugoroku geht und dann wieder, wie es seinem Stand entspricht den Kopf senkt und diesem dann durch die Stadt nach Hause folgt.

 

Zuhause gibt er Blacky und Rocky als erstes ihr Nachmittagsheu und geht dann rein. Schon kurz nach Yugis Abreise haben sie im Lager auf dem Schreibtisch ausgemessen, wie er die Stoffe legen muss, um sie in der richtigen Länge zuzuschneiden. In aller Ruhe kontrolliert er die Lagerbestände von den zugeschnittenen Stoffen und macht sich dann an die Arbeit, bis er wieder in den Stall muss, um den Pferden ihr letztes Heu zu geben und den Mistkarren raus auf die Strasse zu stellen.

 

Das Abendessen verläuft schweigend, weil er nicht reden möchte und Sugoroku dies akzeptiert. Yami bemerkt nicht einmal wirklich, was er isst, so ist er in Gedanken versunken. Lassen ihn die Worte von Rishido doch nicht los.

Sogar als er im Bett liegt, muss er an das Gespräch denken und langsam kommen ihm die Tränen. Die Erkenntnis, dass offensichtlich sein eigener Onkel hinter dem Attentat steckt, schmerzt und so greift er zu Osis und drückt ihn sich an die Brust. Bis er nach langer Zeit vom Weinen erschöpft einschläft.

 

 

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Also was soll ich sagen...

 

Rishido ist überraschend Weise und hat Recht. Yami hat eine Chance glücklich zu werden.

Was May angeht... gute Entscheidung, dass sie mehr Silbermünzen ausgeben möchte. Meine Nerven wären es mir auch wert.

 

So, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Heimkehr

Hallo zusammen,

 

ja es ist schon wieder zwei Wochen her und das Kapitel ist unglaublich kurz geworden. Nur ist das Ende so passend, dass ich es nicht noch länger machen konnte.

 

Ich muss zugeben, dass ich ganz andere Szenen im Kopf hatte, aber wie immer hat sich Yami vollkommen anders verhalten, als es von mir geplant gewesen ist.

 

Noch eine Kleinigkeit. Nächsten Sonntag fliege ich für zwei Wochen in den Urlaub. Keine Ahnung, was dann also kommen wird.

 

So und jetzt wünsche ich euch viel Spass mit dem Kapitelchen.

 

 

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Kapitel 62: Heimkehr

 

 

Die Sonne ist noch lange nicht aufgegangen. Trotzdem steht Yami in seine Jacke gehüllt im Hinterhof und blickt in den sternenklaren Himmel. Es ist kalt geworden, aber er spürt die Kälte nicht. Denn noch immer ist Yugi nicht zurück, dabei sollte er doch schon vor zwei Tagen wieder Zuhause sein. „Bitte Yugi... komm zurück. Ich brauche dich doch“, murmelt Yami immer wieder vor sich her, während er weiterhin in den Himmel starrt und dabei die Arme um sich schlingt.

Er weiss nicht, wie lange er ruhig so dagestanden ist, als sich der Himmel langsam rot verfärbt und die einzelnen vorbeiziehenden Wolken anfangen in den schönsten Rottönen zu leuchten.

 

Sich die Tränen abwischend, die sich in letzter Zeit immer wieder heimlich aus seinen Augen stehlen, setzt er sich in Bewegung und holt aus dem Heulager die gestopften Netze, um diese dann in die Boxen zu hängen. Was die Pferde überrascht schnauben lässt, ist doch die Sonne noch gar nicht wirklich aufgegangen. „Ich weiss, aber ich kann nicht schlafen und im Bett wollte ich auch nicht bleiben.“ Leicht über die beiden schmunzelnd lehnt er sich an die Tür von Blackys Box und sieht diesem jetzt zu, wie dieser genüsslich die Halme aus dem Netz zupft und ganz nach Feinschmeckermanier Halme fallen lässt, um sie dann später zu fressen, wenn die wirklich leckeren Stücke nicht mehr vorhanden sind.

Erst, als die Sonne schon ganz aufgegangen ist, kann er sich von dem Anblick der beiden lösen und füllt ihre Tröge mit frischem Wasser, ehe er ins Lager geht.

 

Unterdessen ist auch Sugoroku aufgestanden und bereitet das Frühstück vor. Dabei blickt er immer wieder aus dem Fenster und hofft, dass Yugi heute im Laufe des Tages ankommen wird. Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass die Schiffe und Postkutschen verspätet ankommen, aber Yami dreht so langsam aber sicher am Rad.

Als er hört, wie die Hintertür geöffnet wird, stellt er die gefüllten Teetassen auf den gedeckten Tisch und setzt sich dann auf seinen angestammten Platz. Geduldig wartet er darauf, dass Yami in die Küche kommt und mustert ihn dann aufmerksam. Sieht die müden Augen und die geröteten Wangen, die ihm sagen, dass dieser wieder länger, als nur für die üblichen Morgenarbeiten draussen gewesen ist.

Innerlich den Kopf schüttelnd erwidert er das ‚Gute Morgen’ und nimmt sich dann eins der Brötchen. Nur mit Mühe kann er sich die Fragen nach dem Befinden Yamis verkneifen. Hat er in den letzten Tagen doch festgestellt, dass dieser immer empfindlicher reagiert, wenn ihm persönliche Fragen gestellt werden.

 

Yami will nicht mit Sugoroku reden und so verläuft das Frühstück schweigend. So, wie auch schon in den letzten Tagen, seit es der alte Mann aufgegeben hat, ihm Fragen zu stellen.

Möglichst schnell isst er seine Brötchen und räumt dann die Küche auf, während Sugoroku in den Laden geht, um diesen zu öffnen und dabei hofft, dass Yugi schon vor der Tür steht.

 

Die Zeit vergeht für Yami unglaublich langsam. Jede Sekunde ist wie Minuten und jede Minute fühlt sich wie Stunden an. Immer wieder blickt er zum Tor dann wieder zur Hintertür und hofft jedes Mal, dass Yugi auftauchen wird.

 

Sugoroku will schon den Laden, für die Mittagspause schliessen als Yugi hereinkommt und einfach die Tasche fallen lässt. „Yugi!“ Mit grossen Schritten eilt er zu seinem Enkel und nimmt ihn in die Arme. „Endlich bist du wieder da.“

 

Erstaunt über die für seinen Grossvater stürmische Begrüssung erwidert Yugi die Umarmung. „Hallo, Grossvater. Das Schiff konnte erst nicht in den Hafen einlaufen und dann mussten wir auf die Flut warten. Was ist denn los? Ist irgendwas mit Yami passiert?“, besorgt sieht er seinen Grossvater an und lehnt sich dabei etwas zurück.

 

Sofort schüttelt Sugoroku den Kopf, als er Yugis Blick bemerkt. „Es geht ihm gut. Nur solltest du wissen, dass er sich an alles erinnert. Er ist geistig ziemlich fertig und hat dich unglaublich vermisst.“ Seine Hände nun auf Yugis Schultern legend, sieht er ihn ernst an. „Bevor du zu ihm gehst. Er hat sich verändert. Ist dabei sich zu verändern und trotzdem ist er immer noch Yami.“

 

Schockiert, dass sich sein Liebster ausgerechnet jetzt an alles erinnern musste, hört Yugi zu und würde am liebsten sofort zu ihm rennen. Doch er reisst sich zusammen und atmet ein paar Mal tief durch. „Gut. Danke, dass du es mir gesagt hast. Ich werde jetzt zu Yami gehen und ihn begrüssen.“

 

Jetzt doch leicht nervös, nimmt Yugi seine Tasche und geht nach hinten. Die Tasche lässt er allerdings einfach neben der Treppe stehen, während er weitergeht und dann langsam die Hintertür öffnet.

Sofort sieht er Yami mit dem Rücken zur Tür beim Brunnen stehen und die Pferde beobachten. Eine Weile beobachtet er ihn und bemerkt gleich die andere Ausstrahlung von ihm. Schon immer war sein Liebster stolz gewesen und das hatte man auch an der Haltung gemerkt. Doch jetzt ist dieser Stolz noch viel deutlicher zu sehen und das obwohl er mit dem Rücken zu ihm dasteht.

Schliesslich hält es Yugi nicht mehr aus und geht jetzt zu seinem Liebsten. „Yami? Ich bin wieder da.“ Nur leise kann er die Worte aussprechen, obwohl er am liebsten laut rufen würde.

 

„Bitte, lass es keine Einbildung sein“, schliesst Yami die Augen, als er Yugis Stimme hört. Im Zeitlupentempo dreht er sich um und erstarrt dann regelrecht. „Sharik...“, kommt es ungläubig und tonlos über seine Lippen. Vorsichtig, beinahe so als hätte er Angst, dass Yugi gleich wieder verschwinden könnte, legt er seine Hände auf dessen Wangen und spürt dann die warme Haut. Sieht das Lächeln und dann kann er nicht mehr.

Fest umschlingt er Yugi jetzt mit seinen Armen und zieht ihn an seinen Körper. Hält ihn fest umschlungen und vergräbt sein Gesicht in Yugis Haaren. „Du bist wieder da...“

 

Die Umarmung erwidernd nickt Yugi lächelnd. „Ja, ich bin wieder da und so schnell gehe ich nicht wieder weg. Versprochen.“

Sanft löst er sich nach einer Weile aus Yamis Armen und legt ihm nun die Hände auf die Wangen. Voller Liebe sieht er in die rubinroten Augen. „Ich habe dich vermisst.“

 

Den Blick erwidernd, muss Yami leer schlucken. „Ich dich auch. So sehr...“, haucht er regelrecht und zieht dann Yugi wieder an sich ran. „Sharik...“, sanft legt er seine Lippen auf die seines Shariks und küsst ihn mit all den Gefühlen, die gerade in ihm toben.

 

Sich regelrecht an seinen Liebsten schmiegend, erwidert Yugi den Kuss mit nicht weniger Gefühl und spürt regelrecht die gegenseitige Sehnsucht nach dem anderen raus. Aber auch, wie verwirrt Yami ist und auch dessen innere Zerrissenheit.

Keiner von ihnen weiss, wie lange dieser Kuss gedauert hat, als sie sich aus Luftmangel von einander trennen müssen.

Sich jetzt tief in die Augen sehend, stehen sie da und Yami fährt immer wieder mit seinen Händen über Yugis Gesicht, die Arme, den Rücken und verschränkt dann seine Finger mit denen seines Shariks.

„Du bist wirklich wieder da“, murmelt Yami immer wieder ungläubig. Was Yugi leicht schmunzeln lässt. „Ja, ich bin wirklich wieder da und laut May musst du nächstes Jahr unbedingt mitkommen, um ihre Nerven zu schonen.“

Als Yami das hört, zieht er unwillkürlich eine Augenbraue hoch. „Ach ja? Na, dann freue ich mich schon darauf, dich dann nach Wladiwostok zu begleiten.“ Schon liegen seine Lippen wieder auf Yugis und dann bittet er sanft um Einlass in dessen Mundhöhle. Er muss ihn einfach so spüren und schmecken.

 

Mit verschränkten Armen steht Sugoroku in der Hintertür und freut sich darüber, wie innig die beiden miteinander umgehen. Hatte er doch insgeheim schon befürchtet gehabt, dass Yami sich abweisend verhalten würde, was ihn bei der massiven Veränderung, die der Junge in den letzten Wochen durchgemacht hatte, auch nicht verwundert hätte.

Eigentlich wäre es ja Zeit für’s Mittagessen, aber er ruft die beiden nicht rein, sondern geht wieder ins Haus zurück und stellt den Topf mit der Gemüsesuppe auf die kühlere Herdplatte, ehe er sich einfach eine Portion rausnimmt. Anders als sonst wartet er nicht auf die beiden, sondern isst sein Mittagessen allein in der Küche sitzend.

 

Im Hinterhof hat Yami Yugi inzwischen ins Heulager gezogen und sich mit ihm auf dem Schoss auf einen der Strohballen gesetzt. Er hält ihn so fest er nur kann an sich gedrückt und will ihn keinen Millimeter von sich wegrutschen lassen. „Sharik... ich muss dir etwas gestehen“, beginnt er zögernd zu sprechen. Weiss nicht, ob er es ihm jetzt schon sagen soll, aber es muss nach all der Zeit einfach raus. „Ich erinnere mich an alles. Ich war mal Atemu Nesut-anch-Ra. Gesalbter Pharao des ägyptischen Grossreiches.“ Voller Angst, dass sich Yugi jetzt von ihm abwendet, lässt er ihn los und verkrallt sich dafür nun beinahe in den Strohballen, während er nun einen Punkt irgendwo an der Wand fixiert.

 

Aufmerksam hat Yugi zugehört und sieht jetzt auch deutlich die Angst in Yamis Augen. Ja sogar in dessen Körperhaltung. Äusserst sanft legt er ihm die Hand auf die Wange und zwingt seinen Liebsten so, ihn wieder anzusehen. „Yami oder soll ich Atemu sagen? Es ist für mich unwichtig, wer du mal gewesen bist. Für mich bist du als Person wichtig und nicht dein Titel oder Status.“ Mit einem warmen Ausdruck in den Augen sieht er ihn an.

 

Yami kann es kaum glauben, was er da hört. „Du... Ich... ich bin dir als Person wichtig?“ Deutlich ist der Unglaube in seiner Stimme zu hören. Als Yugi nun nickt und ihn dann unglaublich sanft küsst, reagiert er im ersten Moment gar nicht. Doch dann schlingt er seine Arme wieder um seinen Sharik und erwidert den sanften Kuss.

 

Einander festhaltend sitzen sie dann schweigend da. Geniessen die Nähe des anderen, bis auf einmal Rocky in das Lager spaziert kommt und anfängt sich am Heu zu bedienen. Verdutzt blicken die beiden zu dem zufrieden kauenden Wallach und fangen dann an zu lachen, als dann auch noch Blacky reinkommt und sie dann mit einem Maul voller Heu unschuldig ansieht.

„So wie es aussieht, haben die beiden Hunger. Wie spät ist es denn?“, fragt sich Yugi jetzt schmunzelnd und rutscht von Yamis Schoss.

Leicht murrend lässt das Yami zu und folgt Yugi dann zur Tür und blickt in den Hof hinaus. „Hmm, kein Wunder, dass sie Hunger haben. Es ist schon lange Zeit fürs Mittagessen.“ Seufzend blickt er die beiden Schlawiner jetzt an. „Hilfst du mir, sie einzufangen? So schnell werden die sich aus dem Pferdeparadies hier nicht vertreiben lassen.“

Über die Wortwahl schmunzelnd nickt Yugi. „Ja sicher, hol mal die Halfter und dann gibt’s eine kleine Rackerjagd.“

Sofort geht Yami raus und holt die Halfter, die er ja sonst nur fürs Longieren braucht und reicht dann Yugi das von Blacky. „Hier, mal sehen ob du Blacky schneller hast oder ich Rocky noch vor dir rausführen kann“, zwinkert er ihm jetzt zu und los geht die fröhliche Pferdejagd quer durch das Lager. Denn so schnell wollen die beiden wirklich nicht mehr aus dem Paradies hier raus und traben so immer wieder davon, wenn sie ihnen nahe genug zum Halfter anlegen kommen.

Deutlich sieht man nach einer Weile, dass die beiden Spass an der Sache haben und jetzt eher mit den Menschen spielen, als vor ihnen davonlaufen. Doch schliesslich wird es ihnen wohl doch zu langweilig, laufen sie doch einfach aus dem Lager und gehen in ihre Boxen, um zu saufen.

 

Kopfschüttelnd sehen sich Yami und Yugi an und folgen den beiden Rackern grinsend nach draussen und schliessen dann gleich die Boxentüren, ehe Yami zwei neue Heunetze mit weniger Heu als sonst stopft und den beiden in die Boxen hängt.  

 

Gemeinsam gehen sie nach dem Wiederauffüllen der Wassertröge ins Haus und waschen sich die Hände, ehe sie in die Küche gehen und die trotz der warmen Platte nur noch lauwarme Suppe essen.

Immer wieder greift Yami dabei nach Yugis Hand, würde ihn am liebsten ganz nah bei sich haben, aber er weiss, dass es sich so auf getrennten Stühlen besser essen lässt.

Nach dem Essen räumen sie gemeinsam die Küche auf und gehen dann die Tasche von Yugi ausräumen. „Na, zum Glück ist morgen sowieso Waschtag. Sonst müsste ich noch extra einen Tag dazu machen, um deine Sachen zu waschen. Man merkt, dass du über einen Monat weg gewesen bist“, schmunzelt Yami über den Wäscheberg, der sich schon nach kurzer Zeit vor ihm auftürmt.

„Tja, wir haben zwar immer mal wieder unsere Sachen im Hotel waschen lassen, aber es kommt halt schon einiges zusammen, wenn man dann über eine Woche auf dem Meer unterwegs ist.“ Lacht Yugi und setzt sich, eine kleine Schatulle in der Hand haltend, aufs Bett. „Ich habe dir etwas mitgebracht. Es ist nichts besonderes, aber ich dachte...“, verlegen bricht er ab und sieht seinen Liebsten jetzt mit gesenktem Kopf an.

 

Über die plötzliche Verlegenheit Yugis schmunzelnd setzt sich Yami neben ihm auf das Bett. „Was hast du denn gekauft, dass es dir so peinlich ist?“, will er sanft wissen und schon hält ihm Yugi die Schatulle hin.

Sich fragend, was da wohl drin ist, nimmt er sie entgegen und öffnet neugierig den Deckel. Sieht die Kette mit dem Anhänger und weiss nicht was er sagen soll. „Yugi...“, beginnt er dann nach einer Weile zu sprechen und da sieht er, wie dieser unter seinem Shirt den gleichen Anhänger hervorholt. „Ich... dachte, so können wir zeigen, dass wir zusammen sind.“

Yami kann die gemurmelten Worte kaum verstehen, so leise spricht Yugi sie aus, aber dann wird ihm deren Bedeutung klar. „Yugi... ich weiss nicht was ich sagen soll. Der Phönix ist wunderschön und ich fühle mich geehrt, dass wir beide ihn tragen.“

Vorsichtig nimmt er die Kette heraus und legt sie sich um den Hals. „Ich bin Atemu, einfach nur Atemu und würde mich freuen, wenn du mich so nennen würdest“, lächelt er Yugi jetzt unsicher an. Mit seinem Sharik an seiner Seite fühlt er sich nun bereit, diesen Namen endlich wieder zu tragen.

 

Gerührt legt Yugi seine auf Atemus Wange. „Nur zu gern, Atemu. Ich fühle mich geehrt, dass du den Anhänger jetzt nun auch trägst“, murmelt Yugi kurz vor dessen Lippen und küsst ihn dann innig und voller Liebe. „Mein Herz gehört dir.“

 

Seine Arme jetzt um Yugi schlingend schmiegt sich Yami an ihn und lässt sich einfach seitlich auf die weiche Matratze fallen. „Mein Herz gehört dir auch, Sharik.“

 

 

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Was soll ich sagen, es hat mich trotz der Kürze unglaublich viel Mühe gekostet das Kapitel zu schreiben und dazu ist noch viel privater Stress gekommen. Ich hoffe, es wird jetzt dann bald wieder etwas ruhiger werden.

 

 

Ich hoffe euch hat das Kapitelchen gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Halte mich, bitte ...

Hallo zusammen,

 

lange ist es her, seit das letzte Kapitel online gekommen ist und ich finde es unglaublich, wie mir das passieren konnte. Nur wenn das Leben nicht so mitspielen möchte, dann streikt auch schon mal die Muse.

 

Ich hoffe, ihr könnt es mir verzeihen und so widme ich das Kapitel allen meinen geduldigen und treuen Lesern.

 

Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 
 

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Kapitel 63: Halte mich, bitte…

 

 

Obwohl die Sonne noch lange nicht aufgehen wird, liegt Atemu wach neben Yugi im Bett und sieht ihm beim Schlafen zu. Zu gross ist auch in dieser zweiten Nacht seine Angst, dass sein Sharik plötzlich verschwindet, wenn er die Augen schliesst und das raubt ihm den eigentlich so dringend benötigten Schlaf, seit Yugi ihn im Laufe der Nacht losgelassen hat.

Eigentlich will er ihn ja nicht wecken, aber er kann einfach nicht anders und so lässt er sanft seine Finger über die weiche Haut auf dessen Wange gleiten. Hoffend, dass sein Sharik dennoch weiterschläft. Schliesslich hat dieser eine anstrengende Reise hinter sich und gestern mussten sie dann auch noch die unzähligen Stoffballen einräumen, die einen Tag nach Yugis Heimkehr bei ihnen eingetroffen waren.

 

Yugi schläft nicht so tief, dass er die Streicheleinheiten nicht bemerken würde. Verschlafen öffnet er die Augen und sieht seinen Liebsten an. „Was ist denn? Kannst du nicht schlafen?“

Sich zur Seite drehend, legt er seine Arme um Atemu und zieht ihn sanft zu sich heran. Sanft krault er ihn im Nacken, als dieser das Gesicht an seiner Brust vergräbt und die Arme um ihn schlingt. „Versuch noch ein wenig zu schlafen, ich bin da.“

 

Mit einem erleichterten Seufzen schmiegt sich Atemu regelrecht an seinen Sharik und schliesst die Augen. Er will nicht schlafen, auf gar keinen Fall! Dennoch ist er nach kurzer Zeit tief und fest eingeschlafen.

 

Müde lächelnd sieht Yugi seinen schlafenden Liebsten an und streichelt ihm noch einmal sanft durch die Haare, ehe auch er wieder die Augen schliesst, um noch ein wenig zu schlafen.

Als er am Morgen wieder aufwacht, liegt er allein im Bett und die Sonne steht schon hoch am Himmel. Mit einem schlechten Gewissen, dass sein Grossvater nun schon wieder den Laden für ihn geöffnet hat, steht Yugi auf und geht runter ins Badezimmer, um sich wenigstens schon mal unter die Dusche zu stellen, bevor er sich seinen Tee gönnt.

 

Als er nach einem schnellen Frühstück in den Laden kommt, sieht er seinen Grossvater mit einem entschuldigenden Lächeln an. „Danke, Grossvater. Warum hast du mich denn nicht geweckt? Oder Atemu?“, sieht er den alten Mann fragend an, der ihm jetzt lächelnd die Hand auf die Schulter legt. „Das haben wir versucht, aber du hast dich nur murrend wieder umgedreht und dir die Decke über den Kopf gezogen. Also haben Atemu und ich dich schlafen lassen“, schmunzelt Sugoroku und sieht dann kurz zur Ladentür. „Hast du eigentlich schon mit ihm gesprochen? Es wäre nämlich wirklich schlauer, wenn wir ihn in der Öffentlichkeit weiter Yami nennen würden. Zumindest wäre es für ihn unter den gegebenen Umständen sicherer.“

Mit einem entschuldigenden Lächeln schüttelt Yugi den Kopf. „Nein, ich wusste nicht, wie ich es ansprechen sollte. Atemu ist so stolz und es fällt ihm so schwer, dass er sich wie ein Sklave verhalten muss, sobald andere Leute in der Nähe sind. Ich will ihm nicht auch noch seinen Namen nehmen, jetzt, wo er ihn endlich bereit ist zu tragen.“ Bedrückt blickt Yugi zur Seite und reibt sich mit der Hand den Nacken. „Ich gehe mal mit ihm reden. Mal sehen, was er dazu meint, wenn du noch ein bisschen den Laden hüten würdest?“, bittend sieht er seinen Grossvater an und weiss nicht, ob er erleichtert sein soll, als dieser nickt. „Natürlich. Geh ruhig.“

 

Yugi ist nervös, als er in den Hinterhof kommt und kann sich dennoch ein glückliches Lächeln nicht verkneifen, als er Atemu beim Putzen von Blacky sieht. Mit langsamen Schritten geht er auf ihn zu und umarmt ihn dann spontan von hinten. „Hey, danke für’s schlafen lassen“, lächelt er seinen Liebsten an, als dieser sich nach einem kurzen Zusammenzucken zu ihm umdreht. „Entschuldige, ich weiss ja, dass du es nicht magst, wenn man dich so überfällt aber...“, ein Finger auf seinen Lippen lässt ihn verstummen. „Ist schon gut, ich weiss ja, dass es nur du sein kannst, Sharik“, haucht Atemu nun einen Kuss auf Yugis Lippen, ehe er ihn fragend mustert. „Du siehst aus, als würdest du etwas mit mir besprechen wollen und weisst nicht, wie du beginnen sollst. Was ist los?“

 

Schmunzelnd schüttelt Yugi nun den Kopf. „Vor dir kann man wirklich nichts verbergen, das ist ja schon beinahe unheimlich, wie gut du mich lesen kannst.“ Leicht knabbert er nun an seiner Unterlippe und denkt wirklich darüber nach, wie er anfangen soll. „Weisst du was? Putze du ruhig erst Blacky fertig und dann können wir ja in Ruhe reden, ohne dass dich immer eine ungeduldige Pferdenase anstuppst“, grinst er jetzt und tatsächlich verlangt Blacky in dem Moment nach Aufmerksamkeit, indem er Atemu anstuppst.

Die Augen gespielt genervt verdrehend dreht sich Atemu zu dem Wallach um. „Blacky, darf ich nicht mal fünf Minuten mit meinem Sharik reden?“, den Strick jetzt von dem Balken lösend, dreht er Yugi wieder den Rücken zu. „Ich bringe Blacky nur schnell in die Box und versorge die beiden noch mit Futter und Wasser, dann können wir reden.“

Nun leise mit Blacky redend, führt Atemu ihn nun in die Box, was Yugi amüsiert schmunzeln lässt. Was die beiden Racker wohl schon alles von seinem Liebsten wissen?

Geduldig darauf wartend, dass Atemu mit der Versorgung der beiden fertig ist, setzt sich Yugi auf die Stufen der Hintertreppe und geniesst die wenigstens noch halbwegs wärmenden Strahlen der morgendlichen Herbstsonne.

 

Als Atemu sich dann zu ihm setzt, blickt er ihn wieder mit einem glücklichen Lächeln an. „Ich bin wirklich froh, dass du wieder eine Vergangenheit jenseits der fünf Höllenjahre hast“, beginnt er nun vorsichtig sich an das Thema heranzutasten und seufzt dann leise auf. „Soll ich versuchen, dass die Versklavung rückgängig gemacht wird? Ich meine, du willst doch sicher wieder nach Hause und ...“ „Sharik“, unterbricht Atemu Yugi und legt ihm die Hand auf das Knie. „Ich... mein Zuhause ist hier. Ja, ich wäre lieber heute als morgen wieder ein freier Mensch. Nur... der Preis wäre zu hoch und ich könnte auch nicht wieder zu Atemu Nesut-anch-Ra werden. Dafür bin ich zu kaputt“, mit jedem Wort wird Atemus Stimme leiser und er blickt, die Hand wieder zurückziehend bedrückt zu Boden.

 

Nicht wissend, was Yugi darauf erwidern soll, schweigt er nachdenklich. Wie soll er jetzt nur den Übergang finden? Aus einem Impuls heraus, lehnt er sich dann an Atemus Schulter und legt den Kopf auf dieser ab. „Du musst auch nicht mehr Nesut-anch-Ra sein“, beginnt er zögernd und greift nach Atemus Hand und verschränkt ihre Finger miteinander. „Für mich bist du einfach nur Atemu. Der Mann, dem mein Herz gehört und den ich gern für immer an meiner Seite haben möchte.“ Ihre Hände anhebend haucht Yugi einen Kuss auf Atemus Handrücken und lächelt ihn dann voller Liebe an.

 

Den Blick von Yugi erwidernd legt Atemu seine freie Hand auf dessen Wange. „Das war immer mein grösster Wunsch. Jemanden zu finden, der mich bei meinem Namen nennt und mich so sieht, wie ich wirklich bin“, mit einem leicht wehmütigen Ausdruck in den Augen lächelt Atemu nun traurig. „Nur hätte ich nie gedacht, dass ich erst durch die Hölle muss, um so einen Menschen zu finden.“

 

Sanft haucht Yugi Atemu nun einen Kuss auf die Lippen und streichelt ihm dann sanft mit den Fingerspitzen über die Wange. „Das wichtigste ist doch, dass du die Hölle überlebt hast.“

 

Leise seufzt Atemu und schmiegt sein Gesicht an die Fingerspitzen. „Yugi... ich habe mit Rishido gesprochen. Offensichtlich war der Flugzeugabsturz kein Unfall“, beginnt Atemu plötzlich mit brüchiger Stimme zu erzählen. „Mein eigener Onkel... hat da wohl die Finger im Spiel gehabt... ich muss in der Öffentlichkeit Yami bleiben. Bitte, ich will nicht, dass dir oder Grossvater oder den anderen wegen mir etwas passiert. Auch wenn es mir schwer fällt... nenne mich weiter Yami, wenn wir nicht unter uns sind und unternimm bitte nichts. Ich werde es schon schaffen, weiter der gehorsame Sklave zu sein“, flehend sieht Atemu Yugi an, der den Blick sprachlos erwidert.

 

Schliesslich räuspert sich Yugi und nickt. „Ist gut. Ich wollte dir ehrlich gesagt das gleiche vorschlagen... wegen deiner Sicherheit...“, gibt er leise zu und senkt beschämt den Blick. Muss ihn jedoch gleich wieder heben, weil Atemu sein Kinn mit zwei Fingern anhebt. „Sharik...“, sanft legt Atemu seine Lippen nun auf Yugis und küsst ihn mit all der Liebe, die er für ihn fühlt.

Er weiss nicht, wie lange dieser Kuss schon andauert, als er sich von Yugi löst und ihm lächelnd in die Augen sieht. „Auch, wenn ich eines Tages vielleicht wieder ein freier Mann sein werde, mein Herz wird mich immer zu deinem Sklaven machen.“ Sanft zieht er Yugi in seine Arme und legt sein Gesicht auf dessen Schulter.

 

Es ist langsam Zeit für’s Mittagessen und so schliesst Sugoroku die Tür des Ladens ab und dreht das Schild auf „Geschlossen“, ehe er durch den düsteren Flur in die Küche geht und nach dem Eintopf sieht, der schon seit dem Morgen auf dem Herd vor sich hin köchelt. Dabei fällt ihm auf, dass weder Yugi noch Atemu in der Zwischenzeit reingekommen sein müssen. Sonst wäre der Tisch nämlich schon gedeckt und ein paar der Kekse würden fehlen, die er noch gebacken hat, bevor er in den Laden gegangen ist.

Über diese Tatsache den Kopf schüttelnd deckt er den Tisch, lässt den Eintopf aber noch auf dem Herd stehen, als er nach draussen geht, um die beiden zu holen.

Besser gesagt, er möchte nach draussen gehen, bleibt dann aber in der geöffneten Hintertür stehen. Sieht er doch, wie seine Enkel aneinander gekuschelt dasitzen. Einen Moment lang geniesst er das Bild, das sich ihm bietet, aber dann räuspert er sich und schon fahren Atemu und Yugi regelrecht auseinander und wirken irgendwie ertappt. „Jungs, ich störe zwar nur ungern, aber das Mittagessen ist fertig und Yugi, die Nachmittagsschicht übernimmst du dann. Ich habe nämlich noch anderes zu tun.“ Schmunzelnd kann er jetzt beobachten wie Yugi leicht rot um die Nase wird und sich Atemu im totalen Gegensatz vollkommen gelassen erhebt und ins Heulager geht, nur um kurz drauf mit zwei Heunetzen zu den Boxen zu gehen und diese dann Blacky und Rocky in die Boxen hängt.

 

Atemu ist froh, dass er noch rechtzeitig ins Lager verschwinden konnte. Hätte er wegen der süssen Reaktion von Yugi doch beinahe die Kontrolle über seine Gesichtsmuskeln verloren und breit gegrinst. Diese Blösse wollte er sich allerdings nicht geben und so eilt er nun mit den leeren Netzen zurück ins Lager, ehe er wieder zu Yugi und Sugoroku geht, die offensichtlich auf ihn gewartet haben.

„Ihr hättet ruhig schon reingehen können. An den Weg in die Küche kann ich mich nämlich noch erinnern“, grinst er seinen Sharik nun doch an und küsst ihn dann kurz, aber dafür umso sanfter auf die Wange, ehe er ihm die Hand auf den Rücken legt und so die Treppe nach oben geleitet.

Hilfsbereit hält Sugoroku ihnen noch die Tür auf und schliesst diese dann hinter ihnen. „Also, dann gehe ich mal den Eintopf anrichten, bis ihr beide eure Hände gewaschen habt. Lasst euch aber nicht zu viel Zeit, sonst wird er noch kalt“, lacht Sugoroku bei dem Anblick der beiden und verschwindet eilig in Richtung Küche, noch bevor Yugi oder Atemu etwas dazu sagen können.

So sehen sie sich nur kopfschüttelnd an und waschen sich dann die Hände. Obwohl Yugi das gar nicht tun müsste, hat er doch im Stall nichts angefasst. Aber es ist so eine schöne Gewohnheit und auf diese Art kann er noch etwas Zeit mit seinem Liebsten allein verbringen. Nur leider ist auch dieser Moment viel zu schnell vorbei und so gehen sie nebeneinander in die Küche und setzen sich an den gedeckten Tisch.

 

Schmunzelnd betrachtet Sugoroku seine beiden Enkel und füllt dann einfach deren Teller mit dem Eintopf, dabei sieht er Atemu mahnend an, als dieser wegen der Grösse der Portion schon protestieren möchte. „Es wird alles aufgegessen, mein Junge!“

Den fragenden Blick von Yugi ignorierend setzt er sich wieder hin und widmet sich nun seinem Essen. Wenn, dann soll es Atemu erklären, warum dieser abgenommen hat und beinahe wieder so extrem schlank ist wie damals, als er zu ihnen gekommen ist.

 

Weil Yugi wohl keine Antwort von seinem Grossvater bekommen wird, sieht er nun Atemu an. Doch der widmet sich nur leicht grummelnd dem Eintopf auf dem Teller und beachtet ihn nicht.

So beginnt er nun auch zu essen und dann fällt ihm nach einer Weile etwas ein. „Ach ja, ich habe mit Atemu geredet und er ist der gleichen Meinung, dass wir ihn in der Öffentlichkeit weiter Yami nennen sollen. Einfach weil es sicherer ist und weniger Fragen aufwirft, als wenn wir ihn plötzlich Atemu nennen würden“, teilt er nun Sugoroku mit, der sofort zu Atemu blickt. „Das ist gut und macht es wirklich einfacher. Ich will gar nicht wissen, wie das die Runde machen würde, wenn zum Beispiel die Aino oder der Hong deinen wahren Namen erfahren würden.“

 

Leicht verzieht Atemu bei dem Gedanken an diese beiden Personen das Gesicht. Er kann die noch weniger leiden, als die anderen Kunden, die regelmässig in den Laden kommen. Die einzige Ausnahme ist Frau Hirami, aber sie ist seit ihrem ersten Besuch Mitte Juli nicht mehr im Laden aufgetaucht und vermutlich ist inzwischen ja sicher auch das Kind geboren worden.

„Ja, nicht auszudenken...“, grummelt er leise als Antwort vor sich hin und schiebt sich den nächsten Löffel voller Eintopf in dem Mund.

 

Unterdrückt lacht Sugoroku nun auf und lässt Atemu jetzt in Ruhe. Dafür richtet er seine Aufmerksamkeit jetzt wieder auf Yugi. „Sag mal, du hast doch am Montag Geburtstag, willst du dann am Abend Jono, Rishido und May einladen? Dann koche ich einen Kartoffelauflauf und backe einen Apfelkuchen für euch.“

Kaum hat er das vorgeschlagen, beginnen die Augen und das Gesicht seines Enkels regelrecht zu leuchten und das ist ihm schon Antwort genug. „Dann ist das ja geklärt. Dann gehe ich morgen früh los und kaufe alles für dein Geburtstagsessen ein“, nickt er, ohne auf eine verbale Antwort zu warten.

 

Verdutzt sieht Yugi seinen Grossvater an, als er Atemu leise lachen hört und blickt nun deswegen zu seinem Liebsten. „Was ist denn? Weisst du etwa, wie Grossvater meine Antwort wissen konnte, ohne dass ich etwas gesagt habe?“

Immer noch breit grinsend nickt Atemu. „Du hast so gestrahlt, als er das vorgeschlagen hat. Da war die Antwort auch ohne, dass du etwas gesagt hast klar.“

Erstaunt lässt Yugi seinen Blick nun wieder zu Sugoroku gleiten, der wie Atemu breit grinsend nickt und den leeren Teller nun ein wenig von sich weg schiebt. „Wenn du nicht im Laden bist oder geschäftlich mit den Leuten zu tun hast, kann man dich sehr gut lesen.“

„Na toll, dann bin ich wohl wirklich ein offenes Buch für euch“, verschränkt er leise grummelnd die Arme und schielt dann wieder zu Atemu, der es wirklich geschafft hat, diese riesen Portion in der Zwischenzeit irgendwie aufzuessen. „Sag mal Grossvater, warum gibst du Atemu eigentlich so viel zu essen? Er schafft die Menge ja kaum.“

 

Nun ernst blickt Sugoroku zu Atemu und entschliesst sich nun doch zu antworten. „Ganz einfach, er hat in den letzten Wochen kaum geschlafen und auch nur sehr wenig gegessen. Jetzt kommt dann aber wieder die Grippesaison und da muss er bei Kräften sein. Also sorge du dafür, dass er genug schläft und ich achte darauf, dass er genug isst.“ Die zusammengekniffenen Augen von Atemu ignorierend, steht er jetzt in aller Ruhe auf und beginnt den Tisch abzuräumen.

 

Besorgt blickt Yugi seinen Liebsten nun an und steht sogar auf, um zu ihm zu gehen. Sich rücklings an den Tisch lehnend mustert er dessen jetzt verschlossenes Gesicht und seufzt dann auf, ehe er seine Hand auf dessen Schulter legt. „Dir hat der ganze Stress wohl auf den Magen geschlagen und den Schlaf geraubt. Oder?“, fragend und doch voller Verständnis sieht er in die leicht flackernden Augen und kann darin auch ohne Worte die Antwort erkennen.

Spontan setzt er sich deswegen auf dessen Beine und legt ihm seine Arme um den Hals. „Hey, das kann wirklich jedem so gehen und ich bin ja jetzt wieder da und so schnell werde ich auch nicht mehr verschwinden“, leicht krault er ihn im Nacken und auf einmal findet er sich in einer schraubstockartigen Umarmung wieder. Er will schon etwas sagen, als er jedoch das unterdrückte Schluchzen hört und Atemu das Gesicht an seiner Schulter vergräbt, schlingt er seine Arme wortlos um ihn und hält ihn fest.  

Manchmal muss man einfach weinen und auch wenn er nicht wirklich versteht, wieso sein Liebster jetzt so aufgewühlt ist, tröstet er ihn und gibt ihm die Zeit, die dieser benötigt, um sich wieder zu beruhigen.

Atemu weiss selbst nicht, was mit ihm los ist. Er weiss nur eins, dass es unglaublich gut tut, wie ihn Yugi hält. Nur widerwillig löst er sich nach einer Weile aus dessen Armen und sieht ihn mit tränenverschmierten Wangen an. „Es geht schon wieder. Entschuldige, ich weiss auch nicht, was mit mir los ist.“ Irgendwie schafft er es schief zu grinsen, nur erreicht es seine Augen nicht.

Yugi will etwas sagen, aber kaum hat er den Mund geöffnet, liegen Atemus Lippen sanft auf den seinen.

Deutlich kann er spüren, dass seinen Liebsten irgendwas beschäftigt, aber er kennt ihn gut genug, um keine Fragen zu stellen. So lächelt er ihn nur voller Liebe und Verständnis an. „Es ist schon gut. Jeder hat mal einen schwachen Moment und braucht dann eine Schulter zum Anlehnen oder jemanden der einen dann hält. Ich muss jetzt aber leider in den Laden. Wenn etwas ist, dann komm. Ich bin für dich da“, sanft haucht er ihm einen Kuss auf die Lippen und steht dann langsam auf.

Yugis Hand festhaltend, nickt Atemu. „Okay, ich komme, wenn etwas sein sollte.“ Kurz drückt er etwas fester zu, ehe er seinen Sharik loslässt und ebenfalls aufsteht.

 

Zusammen mit Yugi verlässt er die Küche und sieht ihm dann nach, als dieser in den Laden geht und wendet sich dann schnell um, damit er Sugoroku aus dem Weg gehen kann. So gern er den alten Mann auch mag, im Moment braucht er Zeit für sich. Widersprechen die Erfahrungen hier doch seiner ganzen Erziehung. Nie durfte er schwach sein oder Schwäche zeigen. Geschweige denn, sich fallen lassen. Nur bei Tante Amina konnte er es und die Konsequenzen hat er ja dann zu spüren bekommen.

Nachdenklich geht er ins Lager und beginnt die Netze für die Nachmittagsfütterung zu stopfen. Das ist inzwischen zu einer schönen Routine geworden, bei der er einfach mal abschalten kann.

 

Doch leider ist auch diese Arbeit schnell erledigt und so geht er rüber in die Sattelkammer, sicher braucht das Leder mal wieder etwas Pflege und dabei kann er ja die Jungs laufen lassen, denn um mit ihnen zu Arbeiten hat er heute echt keinen Nerv.

So räumt er alles, was er so braucht aus der Sattelkammer und geht dann das Tor absperren, ehe er einfach die Boxentüren öffnet und die beiden dann selbst entscheiden lässt, ob sie auf den Hof möchten und diese Entscheidung ist wie immer eindeutig und schnell gefällt. Zuerst verlassen sie gemächlich ihre Boxen und dann geht es los. Wie etwas schwerfällig gebaute Vollblutaraber traben die beiden über den Hof und geniessen diese kleine Freiheit.

Wie so oft, bringt dieses kleine Schauspiel der beiden Atemu dazu zu lächeln und so setzt er sich auf dem Hocker in die zum Glück nun angenehm warme Sonne und beginnt damit das sowieso schon saubere Lederzeug zu putzen und mit schützendem Fett zu behandeln.

 

So vergeht die Zeit und auch die Heunetze, werden durch im Hof ausgelegtes Heu ersetzt. Die Netze kann er ja dann den beiden als Abendessen in die Boxen hängen.  Schliesslich wird es langsam Abend und alles ist fertig geputzt und auch die Boxen sind frisch ausgemistet und mit Stroh ausgelegt. So fängt er die beiden Racker wieder ein und holt dann die Kupfermünze für Monk, ehe er den vollen Mistkarren rausstellt und dann wieder ins Haus geht, um sich die Hände zu waschen.

 

Als Atemu in die Küche kommt, sitzen Yugi und Sugoroku schon am Tisch und warten auf ihn. Was in leicht schmunzeln lässt. Wie sehr hatte er dieses Bild in den Wochen ohne seinen Sharik vermisst. Kurz haucht er Yugi einen Kuss auf dessen Lippen, bevor er zu seinem Platz geht und sich hinsetzt. „Ihr hättet doch nicht auf mich warten müssen.“

 

Sofort schüttelt Sugoroku den Kopf. „Jetzt fange nicht wieder damit an, Atemu. Natürlich warten wir mit dem Essen auf dich. Schliesslich gehörst du zur Familie und du kommst immer rein, sobald du den Karren rausgestellt hast und die paar Minuten können wir ruhig auf dich warten.“ Gespielt streng sieht er Atemu an und reicht ihm dann den Brotkorb. „Was ich dich noch fragen wollte. Wann hast du eigentlich Geburtstag?“

 

Sofort versteift sich Atemu und er atmet tief durch, um sich besser beherrschen zu können. „Ich habe am 7. Januar Geburtstag und bevor du fragst, ich werde den Tag sicher nicht feiern wollen“, eiskalt sieht er Sugoroku an und kann dann nicht mehr. Er steht auf und verlässt den Tisch. Geht zurück in den Stall, holt den gerade geleerten Mistkarren rein und gibt den Pferden ihr Heu, ehe er dann im Lager mit einem unterdrückten Aufschrei zu Boden sinkt.

 

In der Küche herrscht eine Totenstille, so dass man sogar das Fallen eines Fadens auf den Boden hören würde. Schliesslich durchbricht Yugi diese Stille mit einem unterdrückten Fluch. „Verdammt, diese Monster haben ihn an seinem Geburtstag versklavt.“ Mit Tränen in den Augen steht er auf und verlässt die Küche. Er kann sich denken, wo Atemu ist und tatsächlich findet er ihn nach einem Blick in die Boxen dann im Lager auf dem Boden zusammengekauert vor. Sofort eilt er zu ihm und nimmt seinen Liebsten trotz der halbherzigen Gegenwehr in den Arm. „Atemu, ich… wir wussten es wirklich nicht. Es tut mir so leid.“

 

Atemu will Yugi zuerst wegstossen, ihn von sich fernhalten, aber dann krallt er sich in dem Stoff auf dessen Rücken fest und klammert sich geradezu an ihn. Er vergräbt sein Gesicht an Yugis Brust und schreit seine ganze Wut und die anderen unterdrückten Gefühle heraus, bis seine Stimme vor Heiserkeit ganz rau geworden ist und nun kommen die Tränen. Schluchzend schüttelt er immer wieder den Kopf und lässt es nun nur zu gern geschehen, dass ihn Yugi sanft im Nacken krault. Es tut so gut und langsam, ganz langsam kann er sich wieder beruhigen. Doch es dauert noch lange, bis er sich von seinem Sharik lösen kann. „Bitte, zwingt mich nicht dazu… diesen Tag des Horrors zu feiern. Bitte…“, fleht er nun regelrecht und dann wird sein Gesicht von zwei sanften Händen umfasst.

Mit einem traurigen Lächeln sieht Yugi ihm sanft in die Augen und fährt mit den Daumen zärtlich über die Haut, um die Tränen wegzuwischen. „Keine Angst… du musst ihn niemals wieder feiern, wenn du das nicht möchtest. Suche dir irgendwann einen anderen Tag aus, damit ich ihn dann in deine Papiere eintragen kann. Doch das musst du nicht heute machen, komm erst mal wieder mit rein und dann gehen wir ins Bett. Was hältst du davon?“

Zögernd nickt Atemu nachdem er ein paar Mal tief durchgeatmet hat und steht dann mit wackligen Beinen auf. Sind sie doch von dem langen Knien auf dem kalten Boden eingeschlafen und wollen ihm nicht so wirklich gehorchen. Als er dann sicher steht, reicht er Yugi seine Hand und zieht ihn hoch. Loslassen tut er ihn allerdings nicht, sondern hält ihn weiter fest, als sie zum Haus gehen.

 

Nur leider muss er ihn zum Händewaschen loslassen und das fällt ihn unglaublich schwer, aber Yugis liebevoller Blick und dessen Hand auf seinem Rücken helfen ihm, so dass er zwar immer noch leicht zitternd, aber deutlich ruhiger seine Hände waschen kann und dann mit seinem Sharik den Platz tauscht.

Den Körperkontakt kann er aber einfach nicht abbrechen lassen und so umarmt er ihn von hinten und legt seinen Kopf auf dessen Schulter ab, was ihm ein warmes Lächeln seines Shariks einbringt.

 

Als sie dann oben im Schlafzimmer sind, zieht sich Atemu einfach aus und legt sich in seinen Shorts ins Bett und dann fällt sein Blick auf den Nachttisch. Dort steht ein Teller mit einem belegten Brot und Keksen und daneben ist eine Tasse mit noch warmen Kakao. Sich wieder aufsetzend greift er nach der Tasse und schnuppert genüsslich, bevor er einen Schluck trinkt und gerührt die Augen schliesst.

 

Lächelnd beobachtet Yugi, wie sein Liebster erst den Kakao trinkt und dann sogar langsam das Brot isst. Er kann Atemu ansehen, dass dieser nicht wirklich Hunger hat, sondern wohl nur aus Rücksicht auf Sugoroku so handelt, aber es ist immerhin etwas.  So sagt er nichts dazu, sondern legt sich nur neben ihm hin und nimmt ihn wieder in den Arm, als sich Atemu vermutlich auf der Suche nach Halt und Schutz an ihn kuschelt.

Sanft haucht er ihm noch einen Kuss auf die Stirn und streicht eine der hartnäckigen Strähnen aus dessen Stirn. „Schlaf, ich bin da und halte dich.“

 

 

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Das Schicksal ist wirklich fies, dass Atemu genau an seinem Geburtstag versklavt worden ist. Da ist es nur klar, dass er den Tag nicht feiern möchte.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Yugis Geburtstag

Hallo zusammen,
 

lange ist es her, dass ein neues Kapitel rausgekommen ist. Dafür ist es auch ein bisschen länger geworden.
 

Ihr fragt euch sicher, warum die Geschichte nun einen Doppeltitel hat. Was soll ich sagen, die Geschichte ist dabei über den Fanfictionbereich hinauszuwachsen. Sprich, ich werde sie als eigenständige Geschichte, mit eigenen Charakteren als Buch rausbringen und darum bekommt die Fanfic nun einen Titel. Spätestens wenn das E-Book im Handel erhältlich sein wird, wird diese Geschichte hier nur noch Sklave der Wüste heissen.

Sobald ich mehr weiss werde ich euch gern informieren, wenn ihr das möchtet.

Ach ja. Die Geschichte ist jetzt schon 5 Bände lang.
 

So und jetzt wünsche ich euch Frohe Weihnachten und viel Spass mit dem neuen Kapitel.
 

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Kapitel 64: Yugis Geburtstag
 

Die Sonne ist gerade dabei aufzugehen, als Atemu aus seinem endlich wieder ruhigen Schlaf aufwacht und verschlafen zum Fenster blickt. Leicht lächelt er, als er die rot leuchtenden Wolken sieht und kuschelt sich dabei, seine Hand auf Yugis Brustkorb legend, näher an den noch schlafenden Yugi.

Heute ist Montag und der Geburtstag seines Shariks. Zu schade, dass dieser dennoch den ganzen Tag im Laden wird stehen müssen.

Mit einem leisen Seufzen beginnt er sanft über die weiche Haut unter seinen Fingern zu streicheln und muss unwillkürlich Lächeln, als sich die amethystfarbenen Augen langsam öffnen und ihn noch vom Schlaf verschleiert ansehen. „Morgen…“, grummelt Yugi leise und kuschelt sich auf die Seite drehend an seinen Liebsten. Er ist wirklich noch nicht ganz wach und würde gern noch etwas schlafen.

„Guten Morgen Sharik“, raunt Atemu an Yugis Ohr und lässt seine Finger nun über dessen Rücken gleiten.

Als Antwort bekommt er nur noch ein leises Seufzen und das sagt ihm deutlich, dass er weitermachen soll. Mit einem versteckten Lächeln streichelt er weiter an der Wirbelsäule entlang über die weiche Haut und kann beobachten und spüren, wie sich Yugi an ihn schmiegt. „Wenn du so weiter machst, dann kriege ich ein kleines Problem in meiner Hose.“

Leise lacht Atemu nun und legt seine Lippen auf Yugis Ohr. „Vielleicht möchte ich das ja? Schliesslich habe ich dich noch nicht wirklich wieder willkommen geheissen und ausserdem hast du heute Geburtstag.“ Sanft küsst er nun das Ohrläppchen und gleitet dann weiter bis er Yugis Gesicht sanft mit seiner Hand anheben muss, um diesen zärtlich zu küssen.
 

Sofort erwidert Yugi seufzend den Kuss und geniesst die Hände die so vertraut und doch irgendwie neu über seinen Körper gleiten. Sie fühlen sich so selbstbewusst und dominant an und das war Yami nie. Nicht auf diese Weise. Erst jetzt wird ihm wirklich bewusst, wie anders Atemu eigentlich ist. Er ist wie eine andere Person, die sich erst jetzt wirklich zeigt.
 

Die Sonne steht schon deutlich höher und die Morgenröte ist einem klaren blauen Himmel gewichen, als sich Yugi immer noch ausser Atem an seinen Liebsten kuschelt, der ihn jetzt sanft über den Rücken streichelt und irgendwie zufrieden aussieht und dabei genauso atemlos ist, wie er selbst. Auf einmal fängt er an zu kichern und sieht Atemu mit einem Funkeln in den Augen an. „Grossvater wird sich wohl bald wieder beschweren, wenn er unsere Shorts wieder vorbehandeln muss.“
 

Leicht schmunzelt Atemu, als er das hört. Dabei ärgert er sich gerade über sich selbst, dass er es nicht geschafft hat, mit Yugi ohne den schützenden Stoff zwischen ihnen intim zu werden. Kann man das überhaupt schon Sex nennen? Oder Petting? Er ist sich da nicht so sicher und es ärgert ihn, dass er immer noch so schwach ist.

Nach einem Blick zum Fenster löst sich Atemu von Yugi und haucht ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe er aufsteht und zum Schrank geht, um frische Kleider zu holen.

Mit den Sachen auf dem Arm sieht er zum Bett, wo sich sein Sharik immerhin schon mal aufgesetzt hat. „Wir sehen uns später beim Frühstück.“
 

„Ja, wir sehen uns“, lächelt Yugi und blickt Atemu dann mit einem sehnsüchtigen Blick nach. Zu gern hätte er noch eine Weile mit ihm gekuschelt. Mit einem leisen Seufzen krabbelt er dann nach einer Weile aus dem Bett und stellt sich vor das Fenster. „Alles Gute zum 26. Geburtstag“, grinst er schief und sieht zu den vereinzelten Wolken, die über den morgendlichen Himmel ziehen. Eine Weile geniesst er den Anblick. Doch er muss ja den Laden auch heute pünktlich öffnen. Will er doch nicht, dass sein Grossvater den Laden schon wieder für ihn öffnen muss. Also holt er sich wie zuvor Atemu frische Sachen aus dem Schrank und geht dann nach unten ins Bad, wo er sich als erstes eine erfrischende Dusche gönnt.
 

Unterdessen steht Sugoroku in der Küche und deckt den Tisch für das Frühstück. Zur Feier des Tages hat er Yugis Lieblingsbrot gebacken. Ciabatta mit den kleinen Tomaten drin und legt dieses nun zu den normalen Brötchen auf den Tisch, ehe er sich einen heissen Tee gönnt und dann seinen Enkel mit einem breiten Lächeln begrüsst, als dieser in die Küche kommt. „Guten Morgen, mein Junge. Alles Gute zum Geburtstag“, zieht er Yugi in eine herzliche Umarmung, die dieser auch gleich erwidert.

„Guten Morgen Grossvater und danke“, murmelt er in dessen Schulter und löst sich dann sanft von dem alten Mann, um sich endlich eine Tasse Tee zu gönnen. Den braucht er jetzt dringend, um nun wirklich wach zu werden.

Nachsichtig betrachtet Sugoroku seinen Enkel, als dieser sich mit seinem Tee an den Tisch setzt und nun schweigend von diesem trinkt. Yugi wird sich wohl nie ändern und das soll er ja auch nicht. Es wäre ja richtig unheimlich, wenn dieser am Morgen schon hellwach und munter wäre. Obwohl es sich in den letzten Monaten ja deutlich gebessert hat, seit er mit Yami oder besser gesagt Atemu zusammengekommen ist.
 

Kurz nachdem Yugi seine zweite Tasse getrunken hat, kommt Atemu in die Küche und nimmt sich als erstes einen Tee. „Guten Morgen, Grossvater“, lächelt er den alten Mann an und setzt sich dann zu den beiden an den Tisch. „Es ist heute ziemlich kalt draussen. Man merkt, dass es inzwischen Herbst ist.“ Seine kalten Hände an der Tasse wärmend, sieht er zu Sugoroku der zustimmend nickt. „Ja, es wird wirklich langsam kühler. Darum wird May heute Abend dann auch gleich ein paar Pullover, dickere Hosen, Socken und eine warme Jacke für dich mitbringen. Damit du dann auch gut für den Winter gerüstet bist.“

Verblüfft sieht Atemu Sugoroku nun an. „Das wäre doch nicht nötig gewesen, meine Sachen sind doch wirklich warm genug“, versucht er zu widersprechen, obwohl er genau weiss, dass dies sinnlos ist. Wenn Sugoroku etwas für nötig hält, dann ist er wie Yugi stur wie ein Kamel, dass sich nicht von der Stelle bewegen möchte.
 

Die Hände ineinander verschränkend erwidert Sugoroku ernst Atemus Blick. „Es ist nötig. Du weisst, wie kalt die Winter werden können und ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass du dich nur durch die Arbeit warm halten kannst. Und jetzt trink deinen Tee und iss genug. Zum Mittag wird es nur eine Kleinigkeit geben, da wir am Abend mit den anderen feiern werden.“
 

Leise grummelnd gibt Atemu nach und nimmt sich nun eins der Brötchen und sieht dann erstaunt, dass es auch solche mit eingebackenen Tomaten gibt. Die sind doch sehr teuer, besonders um diese Jahreszeit. Fragend blickt er nun zu Yugi, der sich gerade so ein Ciabatta nimmt es auf den Teller legt. „Das sind meine absoluten Lieblingsbrote. Man könnte es auch so sagen. An Grossvaters Geburtstag sind wir im Onsen und ich habe dafür diese Tomatenciabatta zum Frühstück, wenn ich Geburtstag habe.“

Verstehend nickt Atemu nun und widmet sich wieder seinem Brötchen, dass er dick mit Honig bestreicht. Er mag es lieber süss, als so herzhaft mit Tomaten.
 

Nach dem Frühstück muss Yugi dann auch gleich aufstehen und den Laden öffnen, da er beim Essen etwas getrödelt hat. So hilft Atemu Sugoroku dabei die Küche wieder aufzuräumen, bevor er auch zurück in den Stall geht. Als er durch die Hintertür tritt, erwischt ihn der kühle Wind und unwillkürlich fröstelt er.

„Ich bin wohl in den letzten Monaten zu sehr verwöhnt worden“, murmelt er leise vor sich hin und eilt zu den Boxen, wo ihn schon die beiden Rabauken erwartungsvoll ansehen. „Jaja, ich lasse euch ja gleich raus“, sanft streichelt er sie, bevor er über den Hofplatz geht und das Tor mit den Seilen blockiert.

Kaum hat er die Pferde rausgelassen, traben sie vergnügt über den Hof und geniessen ihre Freiheit, was ihn jedes Mal aufs Neue schmunzeln lässt. Kurz sieht er den beiden zu, macht sich dann aber zügig daran die Boxen auszumisten und mit frischem Stroh auszulegen.

Bei der Arbeit wird ihm zum Glück wieder wärmer und so eilt er dann schnell ins Lager, um das Heu für Blacky und Rocky zu holen, das er wie üblich auf dem Hofplatz verteilt, damit die beiden während sie fressen nicht nur faul in der Gegend rumstehen.

Irgendwie tut es ihm ja schon leid, dass die beiden keine Weide zur Verfügung haben. Nur können Yugi und Sugoroku ja deswegen nicht extra auf’s Land ziehen.

Schon wieder wird ihm kalt und so rennt er zurück ins Lager und beginnt die Heunetze für das Mittagessen zu stopfen. Zum Glück wird ihm dabei wieder warm und er spürt die kalte Luft nicht mehr so sehr. Heute ist es auch wirklich kalt für Oktober.
 

Als er die Pferde wieder in ihre Boxen gebracht und das Wasser in den Trögen aufgefüllt hat, geht er ins Haus zurück und eilt ausnahmsweise ins Bad, um sich dort die kalten Hände mit warmen Wasser zu waschen.

Sorgfältig trocknet sich Atemu danach die Hände ab und geht dann zu Sugoroku in die Küche, aus der es schon verlockend nach Apfel-Honig-Kuchen duftet. Sofort wandert sein Blick zu dem Kuchen und unbewusst leckt er sich über die Lippen.

„Vergiss es, mein Junge! Der Kuchen ist für heute Abend. Also behalte schön deine Finger bei dir“, streng sieht Sugoroku zu Atemu und kann richtiggehend sehen, wie es in dessen Kopf rattert. Grinsend schüttelt er den Kopf und drückt ihm eine kleine Schale mit einem Apfel-Honig Gemisch in die Hände. „Der Rest von der Füllung. Geniesse sie und vergiss bis heute Abend den Kuchen“, schmunzelt er und muss sich dann abwenden, um nicht laut loszulachen. Strahlt Atemu doch nun beinahe wie ein Honigkuchenpferd und schiebt sich genüsslich einen gut gefüllten Löffel in den Mund. Vor lauter Genuss schliesst Atemu die Augen und seufzt leise. „Das ist gut...“

„Natürlich ist das gut. Das Rezept ist seit Generationen in der Familie“, lacht Sugoroku nun und widmet sich nun den Kartoffeln, die er schon für den Auflauf, den es dann als Abendessen geben wird, schält und in Scheiben schneidet.
 

Mit der Schüssel in der Hand setzt sich Atemu zu Sugoroku an den Tisch und sieht zu, wie dieser die Kartoffeln schneidet und staunt dabei darüber, dass alle Kartoffelscheiben genau gleich dick werden. Das würde er wohl in hundert Jahren nicht schaffen. Eine Weile sitzt er schweigend da und geniesst die Kuchenfüllung. Doch dann ist auch der letzte Löffel davon gegessen und er steht auf. „Ich decke den Tisch. Gibt es einfach Brot und so weiter?“, die Schüssel und den Löffel zur Spüle bringend, sieht er Sugoroku fragend an, der bestätigend nickt. „Ja, so wie wir immer zu Abend essen.“
 

„Ist gut.“ Die saubere Schüssel und den Löffel wegräumend, blickt Atemu noch einmal zu Sugoroku und legt ihm dann für einen Moment die Hand auf die Schulter, ehe er sich daran macht, den Tisch zu decken und ihr einfaches Mittagessen auf diesem zu platzieren.
 

Dankend nickt ihm Sugoroku zu und legt dann feinsäuberlich die geschnittenen Kartoffeln in die Auflaufform. „Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie wir jemals ohne dich klargekommen sind“, lächelt er Atemu an und zieht ihn in eine kurze, aber dafür innige Umarmung.
 

In dem Moment kommt Yugi in die Küche und lehnt sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen. „Indem wir mehr selbst gemacht und uns anders organisiert hatten“, schmunzelt er und stösst sich dann wieder ab, um auf seine beiden liebsten Personen zuzugehen.

Sanft küsst er Atemu auf die Lippen, ehe er Sugoroku in eine herzliche Umarmung zieht. „Ich bin so froh, euch beide zu haben“, murmelt er leise an dessen Ohr, bevor er ihn wieder mit einem liebevollen Ausdruck in den Augen loslässt.
 

In der Zwischenzeit hat sich Atemu aus der Küche geschlichen und sein Geschenk für Yugi geholt. Auch wenn sie eigentlich erst heute Abend feiern werden, so will er es ihm schon jetzt geben. Irgendwie hat er nämlich das Gefühl, dass es für seinen Sharik sehr emotional werden könnte. So steht er nun abwartend da, bis dieser seine Aufmerksamkeit wieder ihm zuwendet. „Ich weiss, wir feiern erst heute Abend. Aber ich will, dass du es jetzt schon erhältst.“ Nervös überreicht er ihm die kleine Holzschatulle, die Sugoroku netterweise für ihn besorgt hat, um die Portraits sicher verstauen zu können.
 

Erstaunt nimmt Yugi die Schatulle entgegen und mustert sie genau. Sie ist schlicht und doch wunderschön gearbeitet. Fragend schaut er Atemu an und als dieser lächelnd nickt, stellt er sie auf den Tisch und öffnet langsam den Deckel.

Zuerst sieht er das Portrait von seinem Grossvater. Das ihn richtiggehend aufmunternd anzuschmunzeln scheint. Vorsichtig nimmt er es heraus und betrachtet es sich genau, bevor sein Blick wieder in die Schatulle fällt.

„Papa...“, mit weit aufgerissenen Augen nimmt er das Bild leer schluckend heraus und fährt mit den Fingerspitzen schon beinahe zärtlich über die Gesichtszüge seines Vaters. „Oh mein Gott...“

Schon beinahe zögernd sieht er wieder in die Schatulle und mit Tränen in den Augen nimmt er das Bild seiner Mutter und legt es neben das seines Vaters.

Seine Eltern scheinen ihn mit einem liebevollen Blick anzulächeln und sich so, wie die Bilder jetzt daliegen, zugleich auch einander zuzuwenden. „Mama... Papa...“
 

Atemu fühlt sich irgendwie hilflos, aber ein Blick zu Sugoroku, der selbst leise am Schniefen ist, bringt ihn dazu, seine Arme von hinten sanft um Yugi zu legen. „Grossvater meinte, dass du gern Portraits von ihnen und auch von uns hättest“, raunt er sanft an dessen Ohr und nimmt dann für ihn die letzten beiden Bilder heraus. Vorsichtig legt er sie neben das Bild von Sugoroku. „Deine Familie...“, sanft streift er Yugi die Tränen von den Wangen und hält ihn dann einfach fest.
 

Es dauert ziemlich lange, bis sich Yugi wieder gefangen hat. In Atemus Armen dreht er sich so weit um, dass er ihn voller Liebe küssen kann. „Danke, ich... das ist das wohl schönste Geschenk, was ich je bekommen habe.“

Mit einem sanften Schimmer in den Augen erwidert Atemu den Kuss und sieht ihn dann mit einem scheuen Lächeln an. „Es freut mich, dass es dir gefällt. Ich wollte dich wirklich nicht zum Weinen bringen.“ Leicht wie eine Feder lässt er seine Fingerspitzen nun wieder über Yugis Wangen gleiten, um auch noch die letzten Tränen wegzuwischen.

„Na komm, essen wir noch eine Kleinigkeit, damit du mir bis zum Abend im Laden nicht umkippst, Sharik.“ Yugi noch einen letzten Kuss auf die Stirn hauchend, lässt Atemu ihn los und geht nun nachdenklich um den Tisch herum zu seinem Platz. Nie hätte er gedacht, dass sein Geschenk so eine Wirkung auf Yugi haben könnte. Hatte er selbst doch immer die Möglichkeit Fotos zu machen und sich diese dann anzusehen. Sogar von Tante Amina hatte er ein paar Fotos in seiner Schatzkiste unter dem Bett versteckt.
 

Vorsichtig legt Yugi seine neuen Schätze zurück in die Holzschatulle und schliesst dann den Deckel sorgfältig. Nicht, dass noch irgendwelche Flecken auf die Bilder kommen. Obwohl er keinen Hunger hat, schmiert sich Yugi ein Brot und beginnt dann langsam zu essen. Er muss sich zwar dazu zwingen, aber irgendwie schafft er es unter dem strengen Blick seines Grossvaters zwei Stücke Brot mit Fleisch und Käse zu essen. Nachdem er auch sein Wasser ausgetrunken hat, steht Yugi auf und geht um den Tisch herum zu Atemu. „Dankeschön, Liebster. Du hast mir meinen wohl grössten Wunsch erfüllt“, sanft küsst er ihn auf die Lippen und sieht ihm dann voller Liebe in die Augen.
 

Leicht lächelt Atemu Yugi an. „Und du hast mir mein Leben wieder geschenkt, Sharik.“ Hauchzart legt er seine Hand auf dessen Wange und neigt den Kopf ein wenig zur Seite. „War wohl wirklich ganz gut, dass ich dir dein Geschenk jetzt schon gegeben habe. Hmmm?“

Kaum hat er die Frage gestellt, beginnt Yugi zu schmunzeln. „Ich würde sagen ja, das war es. So vor Jono und May hätte ich dein Geschenk gar nicht richtig würdigen können“, schief grinst er Atemu nun an und blickt dann zum Fenster. „Ich muss wieder in den Laden. Bis heute Abend, ihr beiden.“ Mit einem tiefen Seufzen dreht sich Yugi um und nimmt die Schatulle in seine Hände. Er will sie noch an einen sicheren Ort bringen, bevor er den Laden wieder öffnet und der ist auf dem Nachttisch neben seinem Bett.
 

Als Yugi weg ist, sieht Atemu fragend zu Sugoroku. „Grossvater, warum hat Yugi geweint? Es sind doch nur Bilder, die ich ihm geschenkt habe.“ Er versteht es wirklich nicht so ganz, warum sein Sharik so extrem reagiert hat und das spiegelt sich auch deutlich in seinem Gesichtsausdruck wider.

Dies lässt Sugoroku nun ein wenig lächeln und er lehnt sich entspannt in seinem Stuhl zurück. „Du hast ihm durch diese Bilder seine Eltern wieder gebracht. Er hatte nur seine Erinnerungen an sie. Keine Bilder zum Anfassen oder Ansehen“, versucht er das Verhalten seines Enkels zu erklären und wartet dann darauf, wie Atemu nun reagieren wird. Er kann nämlich richtiggehend sehen, wie es in diesem arbeitet.

Auf einmal wendet Atemu seinen Blick wieder zu Sugoroku um, den er vor lauter nachdenken unbewusst zum Fenster hinter dem alten Mann gewendet hatte. „So wie es mir erging, als ich mich endlich von Tante Amina verabschieden konnte?“, will er nun vorsichtig wissen und als er dann ein bestätigendes Nicken bekommt atmet er auf. Hat er doch bis jetzt irgendwie befürchtet, dass er einen Fehler gemacht haben könnte.

Auf einmal steht Atemu auf und beginnt hastig den Tisch abzuräumen. „Ich muss mich noch weiter um die Pferde kümmern, ich mache aber noch zuerst hier sauber, dann kannst du weiter das Geburtstagsessen vorbereiten.“
 

Über die plötzliche Hektik des Jungen kann Sugoroku nur schmunzeln und er lässt ihn auch machen. In der Zwischenzeit kann er ja in Ruhe weiter die Vorbereitungen für den Abend treffen und sich auch um die Bowle kümmern, die aus Apfelsaft, diesem sprudelnden Wasser und eingelegten Kirschen besteht. Wobei er das sprudelnde Wasser ja erst am Abend dazugeben wird, damit diese Bläschen auch noch drin sind, wenn sie die Bowle trinken.
 

Atemu braucht den ganzen Nachmittag, bis er seine verwirrten Gedanken wieder beruhigen kann und so kann er sogar wieder ehrlich grinsen, als er May und Jono zusammen mit Rishido auf der Strasse sieht, als er den Mistkarren rausstellt. Da er jedoch in der Öffentlichkeit ist, senkt er nur demütig den Blick und geht wieder in den Hinterhof. Wo er erst einmal tief durchatmet und sich dann zu den anderen umdreht, als sie durch das Tor gekommen sind. „Hallo zusammen, lange nicht gesehen“, grinst er breit und geht auf die Drei zu. Nacheinander reicht er ihnen die Hand und natürlich wird er von May gleich in eine herzliche Umarmung gezogen. „Yami, wie schön dich trotz der kalten Temperaturen gesund und munter zu sehen. Ich habe dir natürlich die warmen Sachen, die Sugoroku bestellt hat auch schon mitgebracht. Das geht ja schliesslich nicht, dass du frierst, während wir uns warm einpacken.“

Minimal verspannt sich Atemu, als er seinen Sklavennamen hört. Doch er sagt nichts dazu. Schliesslich wissen May und Jono ja gar nicht, dass er sich wieder an alles erinnert und eigentlich einen anderen Namen hat. „Das ist toll, May. Dann kommt rein, ich habe hier alles fertig und muss nur noch kurz unter die Dusche, damit ich dann beim Festessen nicht nach Stall, Mist und Pferden dufte“, gespielt locker führt Atemu die Drei ins Haus und verschwindet nach dem Händewaschen sofort nach oben, um sich frische Sachen zu holen, damit er sich dann nach der Dusche gleich im Bad umziehen kann.
 

Während Atemu im Bad ist, gehen Jono, May und Rishido zu Sugoroku in die Küche und begrüssen den alten Mann mit herzlichen Umarmungen. „Hallo Kinder, setzt euch doch schon mal hin oder Nein, besser ihr bringt erst die Geschenke und Kleider für At... Yami nach oben.“ Gerade noch so kann sich Sugoroku korrigieren und flucht deswegen in Gedanken. Schliesslich wissen ihre Freunde doch noch gar nichts davon, dass sich Atemu wieder an alles erinnert. Obwohl er sich da bei Rishido nicht so sicher ist. Immerhin hat Atemu ja mit diesem bei ihrem letzten Besuch in der Schmiede geredet und war danach deutlich ruhiger und nachdenklicher als zuvor.

Kaum haben May und Jono die Küche verlassen, sieht Sugoroku Rishido ernst an. „Du weisst Bescheid, nicht wahr? Also wer er mal gewesen ist.“
 

Rishido nickt nur mit ernster Miene. Ist er doch der Meinung, dass eine verbale Bestätigung unnötig ist, denn schliesslich fragt ihn Meister Sugoroku ja nicht nach Details, die er sowieso nicht nennen könnte oder würde.

So beginnt er trotz seines heutigen Statusses als Gast den Tisch zu decken und geht Sugoroku dann ganz selbstverständlich bei den weiteren Vorbereitungen zur Hand.
 

Unterdessen sind May und Jono oben im Wohnzimmer dabei, ihre Geschenke auf dem niedrigen Tisch zu platzieren und sehen sich dann aufmerksam um. „Was meinst du Jono? Was wollte Sugoroku eigentlich anstelle von Yami sagen? Kann es vielleicht sein, dass Yami inzwischen mehr über seine Vergangenheit herausgefunden hat?“, spricht sie ihre Gedanken aus und sieht Jono dabei fragend an.

Der runzelt nachdenklich die Stirn. „Keine Ahnung, aber ganz sicher war es nicht Yami und es kann schon sein, dass er sich an seine Vergangenheit erinnert. Zumindest hat er beim letzten Mal, als er mit Sugoroku bei uns gewesen ist lange mit Rishido gesprochen und war danach ganz anders und Rishido wollte mir nicht sagen, worüber sie geredet haben.“ Sanft nimmt er May nun in den Arm und haucht ihr einen Kuss auf die Lippen. „Obwohl, es eigentlich auch gar nicht wichtig ist. Wir haben ihnen ja auch nicht gesagt, dass wir beide inzwischen ein Paar sind und wenn sie es wollen, werden sie es uns sicher sagen.“ Mit einem warmen Schimmer in seinen Augen sieht er sie nun an und geniesst den Moment der Zweisamkeit.
 

Atemu ist unterdessen mit Duschen und umziehen fertig geworden und hat von Sugoroku die Aufgabe bekommen, die beiden Stühle vom Schachtisch runterzuholen. So steht er nun im Türrahmen und verschränkt grinsend die Arme, als er die beiden Turteltauben, wie Sugoroku ihn und Yugi ja gerne betitelt, beobachtet. „Ich will ja nicht stören, aber ich muss die beiden Stühle da runtertragen. Oder macht ihr das, wenn ihr mit turteln fertig seid?“, grinsend deutet er zum Schachtisch und tut so, als würde er die plötzlich tiefrote Färbung der Gesichter der beiden nicht bemerken.

Als er keine Antwort bekommt, geht er in aller Ruhe die Stühle holen und verlässt dann das Wohnzimmer wieder. Bleibt dann im Flur jedoch noch einmal stehen. „Ach ja, Yugi und Grossvater freuen sich sicher, wenn ihr es ihnen sagt“, mit einem Zwinkern in Richtung der beiden wendet er sich dann ab und steigt mit seiner Last vorsichtig die Treppe nach unten.

Als er in die Küche kommt, ist er immer noch leicht am Schmunzeln, was ihm einen fragenden Blick von Sugoroku und Rishido einbringt. Doch erst, als er die Stühle an die langen Seiten des Tisches gestellt hat, wendet er sich zu den beiden am Herd stehenden Männern um. „Ich habe May und Jonouchi vorhin gerade knutschend im Wohnzimmer erwischt. Die Zwei sind echt ein süsses Pärchen.“
 

Lachend wendet sich Rishido daraufhin wieder dem Um Ali zu, den er auf Sugorokus Bitte hin, als Dessert zubereitet. Zum Glück hat der alte Mann schon alles soweit vorbereitet gehabt, so dass er nun nur noch den letzten Feinschliff machen muss, bevor er den Um Ali in den Ofen schiebt. „Sie sind kurz nach Mistress Mays Rückkehr aus Wladiwostok zusammengekommen. Es hat aber auch lange genug gedauert. So extrem wie sie seit Meister Jonouchis verlorener Wette um einander herumgeschlichen sind, hätten sie eigentlich schon viel früher ein Paar werden müssen.“
 

Kopfschüttelnd hört Sugoroku den beiden zu, sprechen sie doch gerade Japanisch miteinander, damit er sie auch verstehen kann. „Die beiden schleichen, glaube ich schon seit bald 3 Jahren um einander herum, aber keiner wollte den ersten Schritt machen oder es auch nur zugeben, dass da Gefühle im Spiel sind. Dabei konnte das ein Blinder mit Krückstock sehen, dass sie in einander verliebt sind.“
 

„Oh Mann und dabei dachte ich immer, dass sie mutiger sind und einfach noch nicht kapiert hatten, dass ihre Gefühle gegenseitig sind.“ Sich entspannt an den Tisch lehnend, beobachtet Atemu Sugoroku und Rishido bei den letzten Vorbereitungen und blickt dann zum Fenster. „Ich schaue mal nach, ob Monk den Mistkarren schon geleert hat. Dann muss ich nachher nicht noch einmal raus gehen.“ Mit diesen Worten richtet sich Atemu wieder auf und verlässt gemütlich die Küche. Eigentlich hatte er Sugoroku ja helfen wollen, aber da Rishido das schon macht und er selbst beim Kochen immer noch absolut talentfrei ist, überlässt er diesem nur zu gern diese Aufgabe.

Als er durch die Hintertür tritt, sieht er gerade wie Monk den Mistkarren wieder hinstellt und wartet geduldig ab, bis dieser sich so weit entfernt hat, dass er die Hufschläge des alten Pferdes kaum noch hören kann. Zwar weiss er, dass sich Monk und Noah an Yugis Ansage, dass sie ihn in Ruhe lassen sollen, halten. Trotzdem will er mit den beiden nicht zu viel zu tun haben, da er sich bei Monks Sprüchen immer so blossgestellt fühlt, weil er sich dann nur zu genau bewusst wird, welchen Stand er hat und wie ihn der Mann sieht.

So blickt er in den Himmel und beobachtet die vorbeiziehenden Wolken, bevor er die paar Stufen runtergeht und den Hinterhof überquert, um den Mistkarren zu holen. Vorsichtig, um seine Sachen nicht aus Versehen schmutzig zu machen, schiebt er ihn wieder zurück an seinen Platz und hängt den Pferden dann ausnahmsweise schon jetzt die letzte Mahlzeit in die Boxen. Was diese verwundert schnauben lässt, sie sich dann jedoch gemütlich daran machen, die ersten Halme durch die Maschen zu zupfen.

Mit einem sanften Streicheln verabschiedet sich Atemu für heute von den beiden und vergewissert sich noch einmal, dass die Boxen auch richtig verschlossen sind, bevor er zurück ins Haus geht und sich die Hände sorgfältig wäscht. Dabei sieht er, dass Yugi gerade aus dem Laden kommt und lächelt ihm voller Liebe zu, als dieser auf ihn zukommt und sich seufzend an ihn lehnt. „Die Leute scheinen alle zu wissen, wann ich Geburtstag habe. Zumindest kommt es mir immer so vor, da sie mir dann immer den Laden einrennen.“

Sanft legt Atemu seine Hand nun in Yugis Nacken und krault ihn ein wenig. „Mein armer Sharik. Ich vermute jedoch, dass es eher daran liegt, weil sie so scharf auf die neuen Stoffe sind, die du laut Grossvater immer aus Wladiwostok mitbringst.“ Hauchzart küsst er ihn auf die Stirn, bevor er seine Hand auf dessen Rücken legt und ihn zur Küche führt, wo schon die anderen auf sie beide warten. Als sie in die Küche kommen, schlägt ihnen gleich ein vierstimmiges „Alles Gute zum Geburtstag“ entgegen, was dazu führt, dass sich Yugi unwillkürlich noch mehr an ihn lehnt, was ihn glücklich lächeln lässt.

Kurz drückt er seinen Sharik noch ein wenig mehr an sich. „Alles Gute, Sharik“, raunt er leise an dessen Ohr, bevor er ihn loslässt und einen Schritt zur Seite macht.
 

Erst jetzt eilt Yugi zu seinen Freunden und umarmt sie nacheinander. Sogar Rishido muss daran glauben. Gehört der grosse Ägypter doch inzwischen seiner Meinung nach auch zu seinen Freunden. „Ihr seid alle so toll und nun lasst uns Grossvaters leckeres Essen geniessen, bevor es noch kalt wird“, strahlend sieht er seine Freunde... nein... seine Familie an. Dann geht er zu seinem Grossvater und zieht ihn nun auch ihn in eine herzliche Umarmung. „Ich danke dir schon jetzt für alles. Ich habe dich lieb.“
 

Mit einem warmen und zugleich auch sehnsüchtigen Ausdruck in den Augen beobachtet Atemu die beiden. Er hat sich nach so einer Familie immer gesehnt. Denn auch wenn Tante Amina für ihn immer wie eine Mutter gewesen ist, so hat er die Liebe seiner Eltern doch immer ersehnt und sie heimlich auch vermisst. Als sich der Blick von Sugoroku auf ihn richtet, versenkt Atemu diese Gefühle tief in seinem Innern und geht mit einem Lächeln auf den Lippen auf sie zu. „Wollen wir essen?“, überspielt er seine letzten Gedanken. Leicht runzelt Sugoroku die Stirn. Er spürt, dass Atemu eine Maske trägt, aber Yugi zuliebe, der gerade zu abgelenkt ist, um etwas zu bemerken, sagt er nichts dazu und nickt nur leicht. „Ja, essen wir und dann gehen wir nach oben und feiern ein wenig.“
 

Kaum hat Sugoroku das letzte Wort gesagt, setzen sich Jono und May an den Tisch und das an eine der langen Seiten. Was Yugi verdutzt zwischen den beiden hin und her schauen lässt. Seit wann sitzen die beiden freiwillig nebeneinander? Rishido hilft Sugoroku noch dabei das Essen auf den Tisch zu stellen, ehe er sich auf seinen Platz setzt, der seit seinem Aufenthalt hier an der einen kurzen Seite ist.

Nun greift Yugi nach Atemus Hand und führt ihn zu der anderen langen Seite und drückt ihn auf den einen Stuhl. „Bevor wir essen möchte ich euch noch etwas sagen. Yami hat sein Gedächtnis wieder erhalten und ich möchte euch bitten ihn in Zukunft Atemu zu nennen, wenn wir unter uns sind. Ansonsten nennt ihn weiterhin Yami, um Fragen zu vermeiden.“ Sanft drückt er nun die Schultern seines Liebsten. Spürt er doch, dass dieser sich nun verspannt, weil ihn die anderen jetzt neugierig mustern und Jono öffnet sogar schon den Mund um Fragen zu stellen. Zuckt jedoch plötzlich zusammen und blickt dann giftig zu May, die den Blick unschuldig erwidert und ihren Fuss nun von dem seinen nimmt. „Ich nehme mal an, dass ihr gute Gründe habt, dass nicht bekannt wird, dass du Atemu heisst. Habe ich Recht?“, lächelt sie Atemu und Yugi nun an und als beide synchron nicken, lehnt sie sich mit einem ernsten Gesichtsausdruck zurück. „Gut, dann werden wir es akzeptieren und nicht weiter nachfragen. Ich bin sicher, wenn die Zeit gekommen ist, werdet ihr uns die Gründe schon sagen.“
 

„Ja, das werden wir“, nickt Atemu erleichtert, dass sie keine Fragen stellen und greift nun nach Yugis Hand und drückt sie kurz, bevor er sie von seiner Schulter nimmt und sich zu ihm umwendet. „Na komm, Sharik. Es ist dein Geburtstag, also setz dich endlich hin und geniesse die Würstchen und den Kartoffelauflauf, den Grossvater extra für dich gekocht hat.“ Mit einem leichten Lächeln beobachtet er, wie sich sein Sharik nun hinsetzt und schiebt ihm dann auffordernd die Form mit dem Auflauf hin. „Hier, nimm du als Erster von dem Auflauf und den Würstchen.“

Verdutzt blickt Yugi auf den Auflauf und dann zu Atemu. Irgendwie fühlt es sich nicht richtig an, dass er seinen Geburtstag hier feiert, während sein Liebster den seinen am liebsten vergessen würde. So nimmt er nicht nur für sich eine Portion, sondern füllt auch gleich Atemus Teller mit und legt ihm dann noch zwei Würstchen rein.
 

Atemu beisst sich leicht auf die Lippen, als er sieht, wie viel ihm Yugi da auf den Teller packt, aber er beschwert sich nicht. Sondern greift nur nach seiner Gabel und wartet darauf, dass die anderen sich auch bedient haben.

Als dann alle ihre Teller gefüllt haben wünschen sie sich noch gegenseitig einen guten Appetit und beginnen hungrig zu essen.
 

Dabei beobachtet Jonouchi ganz genau Atemu und kann sich dann nicht mehr zurückhalten. „Wann hast du denn eigentlich Geburtstag Ya... Atemu?“, will er dann neugierig wie er ist wissen. Wenn sie schon nicht erfahren, warum sie ihn in der Öffentlichkeit weiter Yami nennen sollen, will er wenigstens das wissen. Nur dass dieser sich sogar für ihn sichtbar verspannt und dann die Gabel sogar klirrend auf den Teller sausen lässt, hätte er nicht erwartet.
 

Mit sich kämpfend hebt Atemu den Blick und sieht zu Jonouchi. „Ich... habe am... 14. März Geburtstag...“, zwingt er sich zu sagen und atmet dann tief durch. Auf einmal spürt er die Hand seines Shariks auf seinem Oberschenkel und sieht zu ihm. „Was...?“

Mit einem Lächeln auf den Lippen beugt sich Yugi zu ihm. „Das ist ein besonderes Datum, dass du dir ausgesucht hast“, raunt er nur für seinen Liebsten hörbar in dessen Ohr.
 

Lachend lehnt sich Jono nun zurück. „Was für ein Zufall. Du hast wirklich an dem Tag Geburtstag, als Yugi dich auf dem Markt gefunden hat. Das passt doch wirklich wie die Faust aufs Auge. Oder was meinst du Rishido?“, fragend blickt er nun mit einem breiten Grinsen zu dem grossen Ägypter, der mit ernster Miene Atemu und Yugi beobachtet. Jetzt dreht sich dieser jedoch zu ihm um und nickt. „Ja, das ist wirklich ein glücklicher Zufall, Meister Jonouchi“, stimmt er ihm zu und fragt sich, warum der junge Pharao sein wahres Geburtstagsdatum nicht genannt hat. Doch auf einmal kommt ihm ein schrecklicher Verdacht. Ist der junge Pharao etwa an dem Tag gebrandmarkt worden? Nun mit anderen Augen sieht er wieder zu dem anderen und verflucht nun noch mehr die Herzlosigkeit der herrschenden Klasse.
 

Atemu will eigentlich nur noch weg, aber er will seinem Sharik nicht den Geburtstag trüben und so lächelt er gespielt fröhlich in die Runde und beginnt wieder zu essen. Obwohl er eigentlich gar keinen Hunger mehr hat.

Dabei ignoriert er nun auch gekonnt die besorgten Blicke, die von vier Personen auf ihm ruhen.
 

May würde Jono am liebsten die Leviten lesen, dass dieser mal wieder in einen Fettsee gestapft ist und es natürlich noch nicht einmal bemerkt hat. Sie verschiebt diese Standpauke jedoch auf später und mustert nun nur besorgt Atemu und fragt sich, wann der Gute wohl wirklich Geburtstag hat. Denn so wie dieser reagiert hat, ist dies nicht sein richtiges Geburtsdatum.
 

Als alles aufgegessen ist und sogar vom Um Ali kein Krümel mehr in der Form oder auf den Tellern liegt, steht Atemu auf und legt seine Hand auf Yugis Schulter. „Leute, ich werde mich um den Abwasch kümmern. Geht ihr doch schon mal nach oben und ich komme dann nach.“ Hoffend, dass sie auf seinen Vorschlag eingehen werden, sieht er die anderen an. Er braucht jetzt nämlich dringend ein paar Minuten für sich allein.
 

Prüfend mustert Sugoroku Atemu und steht dann auf. „Das ist sehr nett von dir, mein Junge und wir nehmen dein Angebot sehr gern an.“ Streng sieht er die anderen nun an, bevor er sich an Yugi wendet. „Ich mache nur noch schnell die Bowle fertig. Bring du unsere Gäste schon mal nach oben ins Wohnzimmer.“

Sofort nickt Yugi und steht nun auch auf. „Einverstanden, also dann Leute. Gehen wir nach oben und machen es uns gemütlich.“ Einen der Stühle von oben nehmend geht Yugi zur Tür, stellt ihn dann aber wieder ab und geht zu Atemu zurück. Sanft legt er ihm die Hand in den Nacken und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. „Nimm dir die Zeit die du brauchst um dich wieder zu fangen“, raunt er so leise, dass die anderen ihn nicht verstehen können. Mit einem verständnisvollen Lächeln streichelt er seinem Liebsten sanft über die Wange, ehe er sich umdreht und mit dem Stuhl die Küche verlässt.

Rishido folgt ihm mit dem anderen Stuhl in der Hand. Nur May und Jonouchi zögern noch. Doch dann gehen sie auch aus der Küche.

Sugoroku macht sich derweil daran das sprudelnde Wasser in den Apfelsaft mit den eingelegten Kirschen zu giessen und schneidet dann noch ein paar Zitronenscheiben und lässt diese nun auf der Bowle schwimmen.

Nachdem er fertig ist, sieht er zu Atemu, der schon den Tisch abgeräumt hat und jetzt das Wasser in die Spüle laufen lässt. „Also mein Junge, ich bin dann jetzt auch bei den anderen. Bis nachher.“ Leicht legt er seine Hand auf dessen Schulter und drückt kurz zu, bevor er nun mit der Bowle und dem Apfelkuchen auch raus geht.

Kaum ist Atemu alleine lässt er sich erschöpft auf den Stuhl sinken und atmet tief durch. Er ist fix und fertig und muss sich nun erst einmal wieder sammeln. Er hätte nie gedacht, dass es für ihn so anstrengend werden würde, seine Gefühle so wie früher hinter einer Maske zu verstecken. Für einen Moment erlaubt er es sich die Augen zu schliessen. Steht jedoch kurz darauf tief durchatmend wieder auf und macht sich an den Abwasch. Dabei lässt er seine Gedanken hin und her wandern. Versucht sie zu sammeln und sein fragiles inneres Gleichgewicht wieder zu finden.

Doch erst, als er auch den letzten Teller und die Auflaufformen abgewaschen und alles verräumt hat, hat er das Gefühl, dass er nun wieder stark genug ist sich den anderen im Wohnzimmer anzuschliessen.
 

Noch einmal sieht er sich in der nun wieder perfekt aufgeräumten Küche um, bevor er diese mit einem tiefen Atemzug verlässt und nach oben ins Wohnzimmer geht. Vor der offenen Tür zögert Atemu jedoch noch einmal und beobachtet die anderen, wie sie lachend auf dem Sofa und den Stühlen sitzen. Soll er da wirklich reingehen? Er gehört doch eigentlich gar nicht wirklich dazu. Er ist ein Herrscher... er ist... ein Sklave.... wer ist er eigentlich? Ist er Yami oder Atemu? Er fühlt sich so zerrissen... was soll er nur tun...? Atemu kann seine Gedanken nicht weiter ausführen. Denn Yugi hat ihn entdeckt und kommt nun lächelnd zu ihm. „Atemu, grenze dich nicht aus und komm zu uns“, sanft nimmt er die Hand seines Liebsten in die seine und zieht Atemu mit sich zum Sofa, wo er ihn sanft auf das weiche Polster drückt, bevor er sich neben ihm hinsetzt. „Wir haben mit dem Geschenkeauspacken gewartet, bis du kommst und dabei sein kannst. May hat dir ja auch etwas mitgebracht“, Sicherheit vermittelnd drückt Yugi nun die erschreckend kalte Hand. Hat sein Liebster doch sonst immer warme Hände.
 

Entschuldigend lächelt Atemu, während sein Blick auf die Geschenke fällt. „Verzeiht bitte, dass ihr auf mich warten musstet.“ Tief atmet er noch einmal durch und blickt dann wieder zu seinem Sharik. „Dann würde ich sagen, dass du deine Geschenke auspackst“, deutet er gespielt fröhlich zu dem kleinen Stapel und lehnt sich dann betont entspannt zurück.

Yugi spürt, dass Atemu ihm die Fröhlichkeit vorspielt und er verflucht in Gedanken, dass er Jono und May nicht schon vorher zum Gespräch zur Seite genommen hatte. Doch er wollte es ihnen in der Anwesenheit seines Liebsten sagen, dass dieser sich an alles erinnert und hat dabei ganz vergessen, dass dieser im Moment sehr verletzlich auf gewisse Fragen oder Situationen reagiert.

Nun bleibt ihm nur übrig, es für Atemu nicht noch schwerer zu machen und so greift er nach dem ersten Geschenk, das nach dem Zustand des Geschenkstoffes zu urteilen von Jono stammt. Vorsichtig wickelt er es aus dem chaotisch drum herum gewickelten Stoff und zum Vorschein kommt ein eisernes Türschild für den Laden, das mit vielen kleinen Ornamenten kunstvoll verziert ist.

„Das ist von Rishido und mir. Er hat die Kette gemacht und daran befestigt, während der Schriftzug und die Verzierungen von mir sind“, kann es sich Jono nicht verkneifen zu sagen und blickt dabei mit einem stolzen Blick zu dem grossen Ägypter. Hatte dieser doch vor ein paar Monaten noch keinerlei Ahnung vom Schmiedehandwerk.

Aufmerksam mustert Yugi das Schild und legt es dann zur Seite, um die beiden Männer umarmen zu können. „Danke euch beiden. Es ist wirklich wunderschön und einmalig.“

Als er sich wieder hingesetzt hat, zeigt er Atemu das Geschenk und dieser nickt nur anerkennend. „Es ist wirklich schön.“

Mit einem breiten Grinsen legt Yugi das Schild nun zur Seite und nimmt das nächste Geschenk vom Tisch. Genauso vorsichtig wie das andere wickelt er es aus dem Geschenkstoff und hervor kommt ein dunkelblauer Schal aus weicher Wolle. „Den Schal habe ich in Wladiwostok auf dem Markt entdeckt, als du mal wieder am Träumen gewesen bist“, schmunzelt May und blickt Yugi dabei vielsagend an.

Leicht wird Yugi nun rot, sagt aber aus Prinzip nichts dazu, sondern steht nun wieder auf und umarmt sie. „Der Schal ist super schön und kuschelig weich. Danke...“, mit einem glücklichen Lächeln sieht er May an, als er sich von ihr löst und setzt sich dann wieder hin.

In der Zwischenzeit hat Atemu den Schal begutachtet und nickt anerkennend. Ist das doch wirklich eine herausragende Qualitätsarbeit.

Nun liegt nur noch ein Geschenk auf dem Tisch, das Yugi nun aber mit einem liebevollen Blick zu seinem Grossvater nimmt und es sorgfältig auspackt. Er weiss schon, was drin ist, bekommt er doch jedes Jahr zum Geburtstag ein neues Tagebuch geschenkt. Diesmal ist es eines mit einem weinroten Einband und einem blauen Stoffband, um es am plötzlichen Aufgehen zu hindern. „Danke Grossvater, es ist toll“, umarmt er ihn noch im Sitzen, weil Sugoroku direkt neben ihm auf dem Sofa sitzt.
 

Atemu hat das alles beobachtet und entspannt sich dabei langsam aber sicher immer mehr. Dabei ist er wirklich froh, dass er Yugi sein Geschenk schon am Mittag überreicht hat und so nicht einen Moment in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Zwar wundern sich die anderen sicher, warum Yugi von ihm kein Geschenk bekommt, aber sie fragen zum Glück nicht nach, sondern lehnen sich nach der Geschenkübergabe entspannt zurück und plaudern mit Yugi und Sugoroku über Gott und die Welt.

Nur einmal wird er kurz von May angesprochen, dass er ihr dann sagen soll, wie die Sachen passen, wenn er sie dann anprobiert hat. Doch das ist schon deutlich später am Abend, als sie aufgestanden sind, um nach Hause zu gehen.

Nach der herzlichen Verabschiedung mit vielen Umarmungen hilft Atemu Sugoroku noch dabei das Wohnzimmer aufzuräumen und die Gläser, sowie den Bowlenkrug, die Kuchenplatte und die Teller abzuwaschen, bevor er zu Yugi ins Schlafzimmer geht.

Mitten im Raum bleibt er stehen und beobachtet seinen Sharik nachdenklich dabei, wie dieser die Geschenke auf den Schreibtisch legt und sich dann bis auf die Shorts auszieht. Noch ist es warm genug, dass sie ohne Schlafanzug schlafen können, solange sie sich die Decke teilen und das tun sie ja sowieso jede Nacht.

Als Yugi ihn bemerkt geht er mit einem Lächeln auf den Lippen zu ihm und legt ihm sanft die Hände auf die Wangen. „Mein Herz gehört dir“, haucht er leise und küsst ihn dann innig. Bittet um Einlass in dessen Mund und als dieser ihm gewährt wird, fordert er seinen Sharik zu einem sinnlichen Spiel auf.

Erst als die Luft knapp wird, löst Atemu den Kuss wieder und sieht tief in diese unglaublichen amethystfarbenen Augen. Er wollte an diesem Abend... in dieser Nacht eigentlich noch viel weiter gehen, aber er spürt, dass er noch nicht bereit dazu ist... dass er innerlich noch viel zu aufgewühlt ist, um die Seite in sich zu unterdrücken, die Angst vor intimer körperlicher Nähe hat.

Deswegen lässt er seinen Sharik nun widerstrebend los und geht die paar Schritte zum Schreibtisch, wo er sich auszieht und seine Kleider sorgfältig zu Yugis Sachen über die Stuhllehne hängt.
 

In der Zwischenzeit hat sich Yugi schon ins Bett gelegt und hebt für seinen Liebsten nun die Decke an, damit dieser leichter zu ihm rutschen kann. Diese dann über sie beide ziehend, kuschelt er sich an ihn und legt seine Arme um dessen Schultern. „Danke, dass du dabei gewesen bist. Obwohl du dich nicht wohl dabei gefühlt hast“, küsst er ihn sanft auf die Lippen, bevor er Atemus Kopf auf seine Schulter drückt und ihn sanft im Nacken zu kraulen beginnt.
 

Mit einem leisen Seufzen schmiegt sich Atemu an seinen Sharik und schliesst genüsslich die Augen. Er merkt gar nicht, wie er langsam in den Schlaf hinübergleitet und ist kurz darauf tief und fest eingeschlafen.

Mit einem Lächeln beobachtet Yugi seinen schlafenden Liebsten und geniesst dessen Nähe. Irgendwann übermannt dann auch ihn die Müdigkeit und er schläft ein.
 

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Der Tag war für Atemu wirklich sehr schwer. Hat er doch gesehen, was er nie wirklich hatte und an seinem eigentlichen Geburtstag auch nie haben wird, da dieser für ihn kein Tag zum Feiern mehr ist. Aber es ist doch schön, dass er sich den Tag, an dem er zu den Mutos gekommen ist, als neuen Geburtstag ausgesucht hat.
 

Zu Yugi, der Gute ist von Atemus Geschenk ja ganz schön aus der Bahn geworfen worden. Ist schon hart, wenn man gar nichts von seinen Eltern hat, ausser Erinnerungen.
 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
 

Eure mrs_ianto

Der Brief

Hallo zusammen,

 

ja es ist lange her, dass ich ein neues Kapitel hochgeladen habe und dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen. Ich habe die Geschichte nie vergessen, sondern mich intensiv mit ihr befasst, um sie mit eigenen Charakteren als Buchreihe herauszubringen.

Nur leider hat das intensive bearbeiten der alten Kapitel dazu geführt, dass ich den Bezug zu Atemu aus den späteren Kapiteln verloren habe.

Nun bin ich aber in der Buchreihe genauso weit, wie in der Fanfiction und so geht es hier endlich weiter. Wie regelmässig ich neue Kapitel hochladen werde, kann ich nicht sagen, da das ja nun parallel mit dem Schreiben der Bücher passiert.

 

Ich habe eine kurze Übersicht für euch, wie es mit den Büchern aussieht. Mit diesem Kapitel schliesse ich den 5. Band der Wüstensklave Reihe ab und jedes Buch hat deutlich über 300 Seiten.

 

So und nun habe ich genug geschwafelt. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

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Der Brief
 

 

 

Fröstelnd tritt Atemu aus dem Stall und reibt sich die klammen Hände. Es ist richtig kalt geworden und das beinahe über Nacht. In Gedanken verflucht er sich, dass er nicht wenigstens einen der warmen Pullover angezogen hat. Nur sah es vom Schlafzimmer aus durch den klaren Himmel und den einladenden Sonnenschein viel wärmer aus. Eilig eilt er über den Hof zur Hintertür und betritt fröstelnd das Haus. Seine Hände sind so kalt, dass ihm sogar das kühle Wasser aus dem Krug warm vorkommt, als er sich die Hände wäscht.

Nachdem er das Wasser ausgeleert und den Krug wieder aufgefüllt hat, betritt er die Küche und steuert sofort den Herd an, um seine Hände über den heissen Herdplatten zu wärmen.

In dem Moment tritt Sugoroku aus der Vorratskammer und mustert kopfschüttelnd, aber auch schmunzelnd Atemu. »Guten Morgen, mein Junge. Hast du die Temperaturen etwa wärmer eingeschätzt, als sie wirklich sind?«

Den amüsierten Tonfall von Sugoroku nicht wirklich lustig findend, verdreht Atemu die Augen. »Guten Morgen, Grossvater und ja, es sah durch das Fenster wirklich wärmer aus, als es ist. Wie kann es nur so schnell, so kalt werden?« Murrend sieht er zu dem alten Mann, der gerade die Tassen auf den Tisch stellt und die Teekanne mit Wasser füllt. Sich neben Atemu stellend, platziert er diese auf der heissesten Herdplatte und legt dann noch etwas Holz nach. »Du lebst doch nicht erst seit diesem Jahr hier. Also müsstest du doch wissen, dass sich die Temperaturen im Herbst immer sehr schnell ändern. Zieh dir nachher aber etwas Wärmeres an oder stell dich noch schnell unter die Dusche und wärme dich wieder auf. Yugi ist noch unterwegs, um frische Brötchen zu holen, also hast du noch etwas Zeit.«

Besorgt mustert Sugoroku ihn, bis Atemu seufzend vom Herd zurücktritt. »Ist ja schon gut. Ich gehe duschen und danach ziehe ich mir einen warmen Pullover an.« Dem alten Mann einen vielsagenden Blick zuwerfend, dreht er sich um und eilt aus der Küche. Das zufriedene Grinsen seines Grossvaters sieht er nicht mehr.
 

Während Atemu unter der Dusche steht, deckt Sugoroku weiter den Tisch. Sie sind heute alle etwas spät dran, da das aus irgendeinem Grund feucht gewordene Mehl nicht mehr zu gebrauchen gewesen ist und Yugi sich deswegen spontan dazu entschlossen hat, zur Bäckerei Pan zu laufen.

Bis gerade eben hat er sich noch ihre anderen Vorräte angesehen, aber zum Glück ist wohl ausser dem Mehl nichts weiter feucht geworden.

Nachdenklich mustert er den Mehlsack und fragt sich, ob das wirklich bei ihnen passiert ist oder ob der Händler schlecht gelagertes Mehl mit gutem Mehl überdeckt hat. »Das nächste Mal kaufe ich wieder bei meinem üblichen Stand ein, auch wenn der teurer ist«, grummelt Sugoroku vor sich hin, als er den immer noch mehr als halb vollen Mehlsack in den Flur stellt. Gerade, als er den schmerzenden Rücken durchdrückt, kommt Yugi ausser Atem und mit von der Kälte geröteten Wangen vom Laden her herein. »Habe ich nicht gesagt, dass ich oder Atemu das nachher machen können? Grossvater, dein Rücken ist gerade um diese Jahreszeit noch schlimmer, als sonst. Also schone dich.« Tadelnd sieht er den alten Mann an, der den Blick jedoch gelassen erwidert. »Ach was. Ich schone mich ja schon, aber diese paar Kilos werde ich ja wohl noch die zwei, drei Meter tragen können.«

Als Yugi das hört, verdreht er die Augen. »Das sind etwa sieben oder acht Kilo, die noch in dem Sack sind. Nimm nachher auf jeden Fall Atemu mit, wenn du das Mehl wegbringst und neues kaufen gehst.« Yugi hat sehr bestimmend gesprochen, dennoch öffnet Sugoroku den Mund, um ihm zu widersprechen. Aber … »Yugi hat vollkommen recht. Du solltest nicht so schwer heben und ich werde auf jeden Fall mitkommen, wenn du nachher zum Müllsammelplatz und auf den Markt gehst.« Atemu tritt frisch geduscht auf die beiden zu. Jetzt trägt er einen kuschelig warmen moosgrünen Pullover, den ihm May erst vor drei Tagen gebracht hat.

Yugi kann sich nur mit Mühe ein Schmunzeln verkneifen, als er den schon beinahe beleidigten Gesichtsausdruck seines Grossvaters sieht. »Tja, nun sind wir zu zweit, um auf dich aufzupassen. Akzeptiere es doch einfach, dass wir dir helfen«, sagt er versöhnlich und legt die Hand auf Sugorokus Schulter. »Aber jetzt essen wir erst einmal. Ich habe inzwischen einen Bärenhunger und gegen einen heissen Tee hätte ich auch nichts einzuwenden.« Um seine Worte noch zu unterstreichen, hebt Yugi den Stoffbeutel an, aus dem es herrlich nach frischen Brötchen duftet. »Die Pans hatten heute Brötchen aus einem neuen Mehl, das sie erst vor kurzem aus dem römischen Grossreich geliefert bekommen haben. Sie nennen es Dinkelmehl und das Brot soll ganz anders schmecken, als das, was wir kennen. Darum habe ich neben den normalen Brötchen auch drei Dinkelbrötchen genommen.«

Atemu grinst breit, als er das hört und nimmt Yugi den Beutel ab. »Gut gemachte Dinkelprodukte sind wirklich lecker. Besonders mit Butter und Käse.«

Tief seufzt Sugoroku auf, als sie ihm in die Küche folgen. »Warum erstaunt es mich nicht, dass er diese Brötchen kennt?« Möchte er flüsternd von Yugi wissen, der daraufhin leise lacht. »Vielleicht, weil wir beide wissen, woher Atemu ursprünglich kommt? Vermutlich musste er damals alles Mögliche zumindest mal probieren, was in den einzelnen Regionen an Nahrungsmitteln produziert wird«, schlägt er ebenso leise vor, während er beobachtet, wie Atemu erst die Brötchen in den Brotkorb tut und dann ihre Tassen mit dampfendem Tee füllt.
 

»Ihr solltet nicht rumstehen und flüstern, sondern euch lieber an den Tisch setzen und essen. Wir sind mit dem Frühstück eh schon spät dran und du musst gleich den Laden öffnen, Sharik.« Mit gespielt strenger Miene sieht Atemu zu den beiden, die sich vielsagend ansehen, ehe sie sich an den Tisch setzen.

»Was hatte denn jetzt dieser Blickwechsel zu bedeuten?« Fragend sieht er zu seinem Sharik. Der gerade eins der Dinkelbrötchen aufschneidet. »Wir freuen uns einfach, dass du dich so verhältst, wie du es nun mal tust.« Versucht Yugi zu erklären, was ihm und Sugoroku in dem Moment durch den Kopf gegangen ist und das, ohne zu viel zu verraten.

»Ah ja«, murmelt Atemu, der sich einfach eins der Brötchen nimmt und es aufschneidet.

»Junge«, meldet sich nun Sugoroku zu Wort, »das ist wirklich so. Wir freuen wirklich, dass du wieder zu dir selbst gefunden hast und das merkt man an deinem Verhalten. Wir merken es sogar, dass du in der Öffentlichkeit nur oberflächlich zu Yami wirst.«

Verdutzt wird er nach diesen Worten angesehen. »Wirklich? Aber das ist doch nicht gut, wenn man das so leicht merkt.«

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. »Wer dich nicht wirklich kennt, der wird den Unterschied nicht merken. Du spielst deine Rolle sehr gut. Aber wir kennen dich einfach zu gut.«

Atemu schluckt, als er das hört. Er beisst sich auf die Lippen, überlegt, ob er etwas dazu sagen soll, aber schliesslich schmiert er sich schweigend sein Brötchen.

Dies erstaunt Yugi, der verwirrt zu seinem Grossvater blickt, aber dieser zuckt nur mit den Schultern und gibt ihm stumm zu verstehen, dass er ihn wohl besser in Ruhe lässt.

Tief seufzend nickt Yugi leicht und widmet sich nun wieder seinem Frühstück. Lange kann er jedoch nicht mehr sitzen bleiben. Nachdem er hastig den letzten Bissen seines Brötchens runtergeschluckt hat, leert er die Tasse und steht auf. »Ich bin dann mal im Laden. Bis später.« Schnell eilt Yugi aus der Küche, noch bevor Sugoroku oder Atemu etwas sagen können.

Trotz seiner Eile holt Yugi erst die Kasse aus dem Tresor und stellt sie auf den Verkaufstresen, ehe er die Tür aufschliesst und das Schild auf ‘Geöffnet’ dreht.

Kaum ist er wieder hinter dem Tresen, öffnet sich die Tür und die erste Kundin betritt den Laden.
 

Unterdessen ist auch Atemu mit essen fertig geworden und wartet nun geduldig darauf, dass auch Sugoroku zu Ende gefrühstückt hat. »Warum geben wir das alte Mehl nicht einfach den Müllsammlern mit? Die kommen in drei Tagen doch eh vorbei.« Neugierig sieht er den alten Mann an, der sich ernst zurücklehnt. »Die nehmen nicht alles mit. Für den Sack müssten wir ausserdem extra bezahlen, weil er zum einen schwer ist und wir nur einen Müllsack pro Woche umsonst von ihnen mitnehmen lassen können.«

Erstaunt sieht Atemu ihn an. »Das habe ich gar nicht gewusst, wie viel kostet das denn, wenn die den Sack extra mitnehmen müssen?«
 

Leicht schmunzelt Sugoroku, als er zwei Finger anhebt. »Die verlangen zwei Silbermünzen pro Sack, den sie extra mitnehmen und der auch noch so schwer ist. Bei der Müllsammelstelle bezahlen wir hingegen nur fünf Kupferlinge.«

»Was?«, ruft Atemu aus, als er das hört. »Das ist doch Wucher, wenn die zwei Silbermünzen dafür verlangen, nur weil sie noch einen Sack mehr mitnehmen müssen.«

Ernst nickt Sugoroku. »Ja, das ist es. Darum machen wir nachher auf dem Weg zum Markt auch den Umweg zur Müllsammelstelle und zum Münzenwechsler. Wir haben ja kaum noch Kupferlinge und Monk will seinen Kupferling ja auch haben, wenn er vorbeikommt.«

Bei dem Gedanken an den Mistsammler verzieht Atemu unwillkürlich das Gesicht. Er kann den Mann nicht leiden.
 

Mit einem lauten Seufzen steht Sugoroku auf und beginnt das Geschirr zusammenzustellen. Nur um es gleich darauf in die Spüle zu stellen. Auch Atemu ist aufgestanden und bringt die übrig gebliebenen Lebensmittel zurück in die Vorratskammer. Aufmerksam sieht er sich in dem kleinen Raum um, aber auch er kann keinen Grund für das feucht gewordene Mehl entdecken. Nachdenklich geht er zurück in die Küche, wo Sugoroku schon das schmutzige Geschirr abwäscht. Ohne ein Wort zu sagen, nimmt er das Geschirrtuch und beginnt das schon saubere Besteck abzutrocknen.
 

Nachdem auch der letzte Teller wieder an seinem Platz steht, legt Sugoroku noch ein paar Holzscheite in den Ofen und betätigt ein paar Hebel an der Wand. »Was machst du da?«, fragt Atemu neugierig, als er hört, wie sich das Geräusch des Feuers verändert.

»Ich leite die heisse Luft um. Sie strömt nun auf dem Weg nach oben auch am Wohnzimmer und an unseren Schlafzimmern vorbei. Das verhindert wenigstens, dass die Räume jetzt schon auskühlen. So sparen wir überraschend viel Holz ein, da wir dadurch die oberen Räume erst viel später zusätzlich einheizen müssen. Wobei wir das ehrlich gesagt auch nur sehr minimal machen, da wir ja eh meistens hier in der Küche zusammenkommen. Nur den Laden wird Yugi wohl schon bald anfangen zu heizen.«
 

Aufmerksam hat Atemu zugehört und nickt nun. »Verstehe. Ich habe nie gesehen, wie das gemacht wird. Ich musste mir meistens mit anderen Sklaven einen Schlafraum unter dem Dach teilen oder hatte eine ungeheizte Kammer zur Verfügung.« Während er erzählt runzelt Atemu die Stirn und schüttelt den Kopf.

»Was ist denn, mein Junge?«, fragt Sugoroku sanft, als er seine Reaktion sieht.

Leicht lächelt Atemu, als er zur Tür geht. »Es ist nichts. Es ist nur, dass es inzwischen so weit weg zu sein scheint, wie ich vor meiner Zeit bei euch gelebt habe. Ich gehe mal Blacky bereit machen, damit wir gleich los können.« Mit diesen Worten verlässt Atemu die Küche und nimmt auch gleich den Sack mit dem schlechten Mehl mit in den Hinterhof, wo er ihn neben dem Stall an die Wand lehnt, bevor er Blacky aus der Box holt und ihn sorgfältig putzt.

Erst, als das inzwischen dichte Winterfell in der Sonne glänzt, legt er den Striegel zur Seite und holt das Lederzeug aus der Sattelkammer. Mit der üblichen Sorgfalt legt er Blacky die Riemen an und befestigt die beiden Körbe mit der Hilfe von den dafür vorgesehenen Schnallen. Als auch das geschafft ist, holt Atemu den Mehlsack und legt ihn in einen der Körbe, was Blacky laut Schnauben lässt. »Ich weiss, das Gewicht ist einseitig. Aber der Sack ist schon offen und es ist ja nur eine Ausnahme. Versprochen.« Leises Lachen lässt ihn sich umdrehen. »Was ist denn so lustig?«, ruft er seinem Grossvater zu und hält sich reflexartig die Ohren zu, als Blacky direkt neben seinem Ohr laut wiehert.

Breit grinsend tritt Sugoroku auf ihn zu und legt dem grossen Wallach die Hand auf die Stirn. »Hat sich der Herr etwa beschwert?«

Nun ebenfalls schmunzelnd, weil Blacky nun leise brummelt, nickt Atemu. «Ja, der Herr hat ziemlich eindeutig dreingeschaut, als ich den Sack in den Korb getan habe.«

»Ja, das kann er wirklich gut. Wenn ich du wäre, würde ich noch die Jacke holen. Der Müllsammelplatz ist etwas ausserhalb und dort ist es immer sehr windig. Ich warte mit unserem Herrn hier auf dich.« Auffordernd sieht Sugoroku Atemu so lange an, bis dieser sich ergeben umdreht und ins Haus eilt. Kurz darauf kommt er mit der alten Jacke von Yugis Vater zurück. »Die andere Jacke ist jetzt noch zu warm«, erklärt er auf den fragenden Blick seines Grossvaters hin.

»Na ja, wie auch immer. Lass uns jetzt los gehen, sonst sind wir den ganzen Tag unterwegs.« In aller Ruhe löst Sugoroku den Strick vom Anbindebalken und drückt ihn Atemu in die Hand, ehe er sich umwendet und das Tor ansteuert.

Mit gesenktem Blick folgt Atemu Sugoroku auf die Strasse und beinahe sofort geht eine Wandlung durch ihn. Seine Haltung wird deutlich demütiger und sagt neben dem Sklavenhalsband um seinen Hals jedem Fremden, was für eine Position er innehat.
 

Immer wieder hebt Atemu auf dem Weg durch die Stadt den Blick. Diesen Teil Dominos kennt er nicht wirklich. Er hat ihn nur einmal gesehen, als er von einem Besitzer zum nächsten gebracht worden war. Leicht kräuselt er die Nase, als er den leicht fauligen Geruch wahrnimmt, der durch die Strassen weht, die von Häusern gesäumt werden, die schon deutlich bessere Zeiten gesehen haben und teilweise sogar leer stehen. »Was ist denn hier passiert?«, fragt er leise und deutet auf die teils sogar verfallenen Häuser.

Sugoroku sieht nun auch bewusst zu den Häusern und seufzt. »Erinnerst du dich noch daran, dass es vor ein paar Jahren ein schweres Erdbeben gegeben hat? Die Ruinen stammen noch davon. Der Teil der Stadt war schon immer der Ärmlichste von allen und viele Leute hier können es sich nicht leisten, ihre Häuser wieder aufzubauen.«

Geschockt sieht Atemu wieder auf die schwer beschädigten Häuser, die zwischen mehr oder weniger reparierten Gebäuden stehen. »Natürlich hält es niemand aus der Oberschicht für nötig, den Menschen aus dem einfachen Volk zu helfen.«

Ernst nickt Sugoroku, als er die leise gesprochenen Worte hört. »Einige hatten nach dem Erdbeben auch so hohe Schulden, dass sie mehr oder weniger direkt in die Sklaverei geraten sind.« Er flüstert nur, da sie schon neugierige Blicke auf sich gezogen haben.

Atemu hat es auch bemerkt und so nickt er nur leicht und senkt wieder demütig den Blick. Je näher sie dem Müllsammelplatz kommen, desto mehr Häuser sind unbewohnt und auch der Geruch wird immer intensiver und unangenehmer. Als sie dann endlich auf dem Gelände ankommen, versuchen die beiden möglichst flach zu atmen.

»Lade du schon mal den Sack ab«, befiehlt Sugoroku, ehe er zu dem kleinen Häuschen mit der Kasse geht und dort die fünf Kupferlinge bezahlt. Kaum haben die Münzen ihren Besitzer gewechselt, kommt auf ein Winken des Mitarbeiters hin, ein Sklave auf Sugoroku zugerannt und folgt ihm dann mit gesenktem Blick zurück zu Atemu, der inzwischen den Mehlsack aus dem Korb gehoben hat. Eifrig nimmt der Sklave den Sack entgegen und trägt ihn davon.

»Gehen wir, bevor wir hier vor lauter Gestank noch ersticken«, raunt Sugoroku, woraufhin sie eilig das Gelände verlassen. Nur weg hier.
 

Obwohl sie möglichst schnell laufen, dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich wieder frischere Luft atmen können. Tief zieht Atemu den Atem ein, während sie nun durch vertrautere Teile der Stadt in Richtung Markt und Münzwechselstube gehen.
 

***
 

Unterdessen ist Yugi im Laden schwer beschäftigt und er ist heilfroh, dass Atemu in den letzten Wochen und Tagen viele Stoffe für den Verkauf zugeschnitten hat, sodass er trotz der hohen Nachfrage nicht in die Verlegenheit kommt, dass er welche zuschneiden muss.

Er hat gerade die für den Moment letzte Kundin verabschiedet und trinkt einen Schluck Wasser, als die Tür sich öffnet und ein Junge eintritt. »Guten Tag. Was kann ich denn für dich tun?« Fragend sieht er den maximal zehn Jahre alten Knaben an, der sich unsicher umsieht. »Ich weiss nicht. Sind Sie Sugoroku Muto?«

Lächelnd stellt Yugi die Flasche hin und schüttelt den Kopf. »Nein, ich bin Yugi. Sugoroku ist mein Grossvater. Er ist aber gerade nicht da. Kann ich dir denn irgendwie helfen?«

Unschlüssig tritt der Junge von einem Bein auf das andere. »Ich habe hier einen Brief für ihn. Versprechen Sie mir hoch und heilig, dass Sie ihn Sugoroku Muto geben? Ich meine, wirklich hoch und heilig.«

Yugi kann sich nur mit Mühe ein amüsiertes Schmunzeln verkneifen, als er den plötzlich sehr ernsten Ausdruck in dem kindlichen Gesicht sieht. »Ja, ich verspreche es hoch und heilig«, schwört er mit erhobener Hand und tritt jetzt auf den Knaben zu, der noch einen Moment überlegt, dann aber einen Brief aus seiner Umhängetasche holt und ihn Yugi hinhält. »Gut, aber wenn er ihn nicht bekommt, sage ich Papa, dass er mit Ihnen schimpfen muss.«

Nun fällt bei Yugi die Silbermünze. »Du bist der Sohn von unserem Postboten«, rutscht es ihm über die Lippen, ehe er sich zurückhalten kann. »Entschuldige, ich werde meinem Grossvater den Brief geben und richte deinem Vater liebe Grüsse von mir aus.« Entschuldigend lächelt er den Kleinen an, als er den Brief entgegen nimmt.

»Werd ich machen.« Nickt der Junge und rennt dann wieder aus dem Laden. Amüsiert schliesst Yugi die Tür hinter ihm und geht dann zurück hinter den Verkaufstresen. Kurz zögert er, aber dann verlässt er den Laden und geht in die Küche, wo er den Brief gut sichtbar auf den Tisch legt und noch zwei Holzscheite in das nur noch schwach brennende Feuer wirft. Schon hört er wieder die kleine Glocke im Laden und eilt zurück in den Laden, wo er professionell lächelnd den nächsten Kunden begrüsst.
 

Es geht schon auf die Mittagspause zu, als Yugi endlich hört, wie die Hintertür geöffnet wird und er die Stimme seines Grossvaters hört, der Atemu wohl irgendetwas erklärt. Erleichtert, dass die beiden heil wieder zurück gekommen sind, atmet er auf. »Grossvater? In der Küche liegt ein Brief für dich!« Kann er gerade noch rufen, als auch schon die Ladentür wieder aufgeht.
 

»Ist gut, danke!«, ruft Sugoroku zurück, bevor er und Atemu in die Küche gehen, wo er auch sofort den Brief entdeckt. Neugierig nimmt er ihn in die Hand und liest den Absender. »Er ist von Hopkins. Anscheinend hat er ihn abgeschickt, bevor er mit Maria und Rebecca abgereist ist.« Kurzerhand reisst er den Umschlag auf und holt die wie immer eng beschriebenen Seiten hervor.
 

Unterdessen hat Atemu den neuen Mehlsack in der Vorratskammer verstaut. Nach einem letzten kontrollierenden Blick, ob auch alles in Ordnung ist, geht er zurück in die Küche, wo er Sugoroku am Tisch stehen und lesen sieht. »Was schreibt er denn?« Neugierig sieht er den alten Mann an, der jedoch nur den Kopf schüttelt. »Nichts Wichtiges. Er bedankt sich bei Yugi für die Informationen, die er ihm geschickt hat, schreibt, dass sie gleich aufbrechen werden und er mal schauen will, was sie im ägyptischen Grossreich für die grossen Stoffballen verlangen.«

Verwirrt runzelt Atemu daraufhin die Stirn. »Wieso denn? Ich meine, wegen den Preisen für die Stoffballen.«
 

Sugoroku verflucht sich innerlich, dass er sich gerade verplappert hat. Eigentlich hatten er und Yugi ihm nicht sagen wollen, dass da wohl etwas nicht ganz so mit rechten Dingen zugeht. »Yugi hat dieses Jahr nur wenig bei den Händlern aus dem ägyptischen Grossreich eingekauft, weil sie wohl alle plötzlich überhöhte Preise verlangt haben. Das habe ich Hopkins geschrieben und er will nun schauen, wie die Preise dort sind.«

»Ah ja«, murmelt Atemu daraufhin nachdenklich. Eigentlich will er noch mehr fragen, aber ein protestierendes Wiehern, das deutlich durch die offene Hintertür zu hören ist, drängt ihn zur Eile. »Ich komme ja schon.« Genervt verdreht er die Augen und eilt nach draussen zu Blacky und Rocky, die schon ungeduldig darauf warten, dass er sich wieder um sieh kümmert.
 

Sugoroku atmet erleichtert auf, als Atemu geht. Sorgfältig verstaut er die einzelnen Briefbögen wieder in dem Umschlag und legt ihn zur Seite. Es wird jetzt so langsam, aber sicher Zeit fürs Mittagessen. Zum Glück hat er schon fertige Brathähnchen auf dem Markt kaufen können. Dazu will er einen schönen frischen Salat machen.

Als Yugi in die Küche kommt, steht Sugoroku schon an der Spüle und rüstet den Kopfsalat. »Da bist du ja, lies bitte den Brief und dann sollten wir entscheiden, ob wir es Atemu nicht doch sagen wollen.« Ernst sieht er Yugi an der leer schluckt und nach dem Brief greift. Nachdem er ihn gelesen hat, steht er mit gesenktem Blick da. »Ich will ihn wie du doch nur schützen. Was ist, wenn Atemu sich dadurch zu irgendwas gezwungen fühlt?«

»Wozu soll ich mich gezwungen fühlen?« Ertönt die plötzlich die so geliebte Stimme hinter ihm. Erschrocken wirbelt Yugi herum. Hilfesuchend sieht er zu seinem Grossvater. Doch der zuckt nur mit den Schultern.

Sich auf die Lippen beissend, blickt er wieder zu Atemu, der den Blick geduldig abwartend erwidert. »Liebster, ich … habe dir nicht alles erzählt«, sagt er zögernd, wird aber nur weiter stumm angesehen. »Die Händler aus dem ägyptischen Grossreich sind alle von einem Soldaten oder Offizier überwacht worden.«

Nun runzelt Atemu die Stirn. »Sie sind von einem Militärangehörigen bewacht worden? Wie meinst du das? Und was hat das zu bedeuten?«

Hilflos zuckt Yugi mit den Schultern. »Das weiss ich nicht. Die gehörten zum Militär des ägyptischen Grossreiches und so wie ich von May erfahren habe, die das von einem Bekannten erfahren hat, durften auch lange nicht alle das Land verlassen, um zum Markt nach Wladiwostok zu reisen. Das habe ich Hopkins geschrieben und er meinte, dass er sich auf seiner Reise die Situation im Land ansehen wird.«

Tief den Atem einziehend verschränkt Atemu die Arme. »Warum hast du mir das nicht erzählt. Verdammt, Yugi! Ich habe echt langsam genug davon, dass du und Grossvater, mir andauernd Sachen verheimlicht!« Mit vor Wut und Enttäuschung blitzenden Augen sieht er Yugi an. Er widersteht dem Drang davonzulaufen. Yami, wäre davongerannt, aber er ist Atemu Nesut und ein Nesut rennt nicht weg!

Den Blick senkend, zerknüllt Yugi das Papier in seinen Händen. »Wir wollten dich nur schützen. Verdammt, du hast erst seit kurzem deine Erinnerung zurück. Ich wollte es dir ja sagen, aber noch nicht jetzt.«

Den Salat, Salat sein lassend, trocknet sich Sugoroku die Hände ab und geht zu Atemu. »Ja, wir wollten es dir sagen. Sobald wir mehr wissen. Was bringt es dir, wenn wir dir etwas erzählen, wovon wir noch nicht mal genau wissen, was es zu bedeuten hat? Du machst dir doch jetzt nur unnötige Sorgen oder Gedanken und was willst du machen? Dir sind wie uns die Hände gebunden.«
 

Atemu hat Sugoroku aufmerksam zugehört. Er ist immer noch enttäuscht, dass Yugi und auch Grossvater ihm mal wieder Sachen vorenthalten haben. Dennoch muss er widerwillig zugeben, dass der alte Mann recht hat. »Tut das nie wieder. Wie soll ich euch verdammt nochmal vertrauen, wenn ihr mir andauernd Sachen verheimlicht? Scheisse, ich bin nicht mehr Yami, der vor allem beschützt werden muss! Ich erinnere mich und glaubt mir, ich musste früher zu oft erleben, dass mir wichtige Fakten von meiner eigenen Familie und den Beratern vorenthalten worden sind.« Fest sieht er von Sugoroku zu Yugi, der den Blick mit flackernden Augen erwidert. »Bitte verzeih mir und Grossvater. Wir machen uns wirklich nur Sorgen um dich. Wir meinten es nicht böse und werden es dir in Zukunft gleich sagen, wenn wir etwas Neues erfahren. Wirklich!«
 

Ernst nickt Atemu. »Gut, da wir das geklärt haben, sollten wir langsam anfangen zu essen. Es ist schon spät.« Trotz seiner Versöhnlichen Worte, sieht er keinen der beiden Mutos an, als er anfängt den Tisch zu decken.

Nach einem langen Blick zu Yugi, dreht sich Sugoroku wieder zur Spüle um und rüstet weiter den Salat. »Yugi, machst du die Salatsauce?« Bittend sieht er kurz über die Schulter zu seinem Enkel, der noch immer bedrückt nickt und sich an die Arbeit macht.

Kurz darauf sitzen sie alle am Tisch. Schweigend essen sie das kalte Brathähnchen und den Salat mit der wirklich guten Sauce, aber dennoch ist die Stimmung weiterhin bedrückt.

Nach dem Essen steht Atemu auf und räumt weiterhin schweigend den Tisch ab, ehe er wieder zurück in den Stall geht.

Als er weg ist, sieht Yugi unsicher zu seinem Grossvater. »Ich habe Mist gebaut. Oder?« »Nein, wir haben Mist gebaut. Ich habe ihm ja schliesslich auch nichts gesagt. Gib ihm etwas Zeit. Er scheint zwar enttäuscht zu sein, aber ich glaube, dass er uns auch versteht.« Nicht wirklich überzeugt nickt Yugi. »Sollte ich nicht jetzt gleich zu ihm gehen?«

Sofort schüttelt Sugoroku den Kopf. »Nein. Geh in den Laden und kümmere dich um die Kunden. Das lenkt dich ab und ich bin sicher, heute Abend, spätestens Morgen, wird Atemu dir verziehen haben.«
 

***
 

Während des Nachmittags hat Atemu automatisch seine Pflichten im Stall erledigt und auch Rocky bewegt. Allerdings hat er ihn nicht frei gearbeitet, das hätte er heute nicht geschafft. Nun steht er auf der Treppe vor der Hintertür und wartet darauf, dass Monk den Mistkarren leert. In Gedanken versunken blickt er in den sich langsam verfärbenden Himmel und fragt sich, was in seiner alten Heimat los ist.

Er ist hin und her gerissen. Weiss nicht, ob er es wirklich wissen will.

Ob er hoffen soll, dass Hopkins ihnen etwas sagen kann oder ob er hoffen soll, dass er niemals erfahren wird, was im ägyptischen Grossreich los ist. Nein! Er ist nicht mehr länger für das Reich und die Menschen dort verantwortlich. Er ist nur noch ein einfacher Mensch und das wird auch so bleiben! Entschieden schiebt er jeden Gedanken, der in diese Richtung geht zur Seite und blickt wieder zum Tor.
 

Endlich hört er den Mistsammler kommen. Ungeduldig wartet er darauf, dass dieser den Mistkarren geleert hat und kaum sind die Hufschläge des alten Pferdes verklungen, holt er den Karren rein und geht zurück ins Haus.
 

Obwohl er beim Abendessen keinen wirklichen Hunger hat, isst er schweigend eins der Brötchen, die noch vom Frühstück übrig geblieben sind und geht danach eine heisse Dusche nehmen. Trotz der warmen Sachen ist er durch den Nachmittag, den er draussen verbracht hat, durchgefroren.

Wieder aufgewärmt geht Atemu nach oben ins Schlafzimmer und zieht sich das erste Mal seit langem mal wieder einen seiner Schlafanzüge an, ehe er sich neben Yugi ins Bett legt. Seufzend sieht er zu ihm. »Ich bin euch nicht mehr böse, aber gib mir bitte trotzdem Zeit, um das Ganze zu verarbeiten.«

Erleichtert nickt Yugi. »Ist gut, danke«, erwidert er leise. »Versuch zu schlafen.«

»Das tue ich, mach dir keine Sorgen, Sharik.« Sich die Decke bis zum Kinn hochziehend, dreht sich Atemu zur Seite und schliesst die Augen. Dennoch liegt er immer noch wach, als Yugi schon lange eingeschlafen ist.
 

 

 

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So, das war es auch schon mit dem neuesten Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen und ihr könnt es mir verzeihen, dass ich so lange nichts gepostet habe. Aber ich habe euch nie vergessen und hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht weiterschreiben konnte.

 

Eure mrs_ianto

Es schneit

Hallo zusammen,

 

ja ich weiss, das letzte Kapitel ist schon wieder viel zu lange her, aber irgendwie wollte sich dieses Kapitel nicht so schreiben lassen, wie ich es wollte.

 

Damit ihr einen kleinen Überblick habt, wie lange die Geschichte in Taschenbüchern mit je über 320 Seiten schon ist, das ist in der Buchvariante das erste Kapitel des sage und schreibe 6. Bandes.

 

So, nun habe ich aber genug gelabert und wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

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Es schneit

 

 

Müde reibt sich Atemu nach der Morgenfütterung mit dem Handrücken über die Augen. Ein Gähnen unterdrückend, lehnt er an Blackys Boxentür und blickt nach draussen in das Schneetreiben, das seit zwei Tagen Domino mit einer weissen Schicht überdeckt. Nur schon bei dem Anblick wird ihm trotz der warmen Wolljacke kalt und er schlingt fröstelnd die Arme um sich. Nach einem Blick auf die zufrieden mampfenden Pferde, schlägt er den Kragen der Jacke hoch und eilt über den Hofplatz zur Hintertür. Kaum ist er im Haus, zieht er sich die Jacke aus und hängt sie an den Kleiderständer, der seit einigen Tagen extra für die nassen Jacken im Flur steht. Eilig wäscht er sich die Hände, bevor er in die herrlich warme Küche geht, wo Sugoroku am Herd steht und Gemüse in einen grossen Topf gibt. »Guten Morgen, Atemu. Wie geht es denn unseren beiden Rackern?« Sich von dem Herd abwendend, sieht er ihn aufmerksam an. »Du siehst müde aus. Was ist denn los?« Besorgt legt Sugoroku seine Hand auf die Stirn seines Enkels. »Nein, Fieber hast du keines.«

 

Leicht lächelnd schüttelt Atemu den Kopf. »Guten Morgen, Grossvater«, erwidert er leise und senkt den Blick. »Es ist nichts. Ich frage mich nur, wann wir endlich etwas von Hopkins hören werden. Immerhin haben wir schon Dezember. Er müsste doch schon längst im ägyptischen Grossreich angekommen sein.«

»Ach, Junge«, seufzt Sugoroku auf. »Wir werden noch eine ganze Weile nichts von ihm hören. Normalerweise fährt er über die Feiertage und den Jahreswechsel nach Hause zu seiner Familie und selbst wenn er seine Pläne geändert haben sollte, musst du immer dran denken, dass der Brief genauso lange zu uns braucht, wie Hopkins für die Strecke gebraucht hat. Wir werden also frühestens im Januar etwas von ihm hören.«

Geschockt sieht Atemu seinen Grossvater an. »Was? Wie …?« Die Fragen nicht zu Ende stellend, hebt er die Hand. »Nein, sag es mir nicht. Ich verstehe schon, was du meinst.« Sich auf die Lippen beissend, sieht er zur Seite. Hebt jedoch sofort wieder den Blick, als er das Husten hört. »Das hört sich nicht gut an. Hast du dein Asthmaspray bei dir?«

Ausser Atem winkt Sugoroku ab. »Ach was. Ich habe nur einen trockenen Hals und ja, ich habe ihn bei mir in der Hosentasche.« Mit einem schiefen Grinsen greift in seine Tasche und holt das Medikament hervor. Mit einem tiefen Atemzug verabreicht er sich eine Dosis. »Sag es nicht Yugi. Er macht sich doch sonst nur unnötige Sorgen.«

Nur widerwillig nickt Atemu. Er will noch etwas sagen, jedoch kommt gerade Yugi fröstelnd in die Küche. »Guten Morgen. Also eins ist klar, wir müssen nun wirklich anfangen, den Laden zu heizen. Dort drin ist es eiskalt.« Den verwirrten Blick Atemus erwidernd, grinst Yugi schief. »Ja, ich bin schon wach und ansprechbar. Bei der Kälte da drüben, ist das auch kein Wunder.« Seinem Liebsten einen Kuss auf die Lippen hauchend, geht er an ihm vorbei zum Herd, wo er die Hände über den heissen Herdplatten aneinander reibt, um sie wieder warm zu bekommen.

Kopfschüttelnd beobachtet Atemu seinen Sharik. »Warum hast du nicht schon vorher angefangen den Laden zusätzlich zu heizen? Es war doch vollkommen klar, dass es nun mit jedem Tag kälter wird. Jetzt dauert es doch nur noch länger, bis es da drin wieder anständig warm ist.«

Ertappt zuckt Yugi zusammen. »Ähm, ja … ähm …«, stottert er los, was Sugoroku laut auflachen lässt. »Jetzt hast du ihn erwischt. Er verschläft es nämlich jedes Jahr, den Ofen im Laden rechtzeitig anzuheizen. Der Winter kommt ja auch immer so überraschend.«

»Haha, sehr witzig.« Yugi dreht sich grummelnd um und nimmt auch gleich den Teekrug vom Herd. »Will sonst noch jemand Tee? Wenn ich schon dabei bin.« Sofort hält Atemu ihm seine Tasse hin. »Da kann ich ja schlecht Nein sagen.« Er zwinkert seinem Sharik verschmitzt grinsend zu. »Ja, wie könntest du nur«, erwidert Yugi grinsend und giesst seinem Liebsten den heissen Schwarztee ein.

 

Unterdessen hat Sugoroku nun auch das Suppenhuhn in den Topf getan und legt jetzt noch einmal Holz nach. »Habt ihr beiden im Schlafzimmer eigentlich noch warm genug oder braucht ihr noch eine zusätzliche Decke?« Fragend blickt er zu den beiden, die sich kurz ansehen. »Wir haben noch warm genug und sonst nehmen wir einfach noch die Decke aus Atemus Zimmer«, antwortet Yugi nach einem Moment, mit doch leicht geröteten Wangen. Ist ihm doch gerade durch den Kopf gegangen, wie heiss es ihm in der letzten Nacht gewesen ist.

»Verstehe schon …« Sugoroku richtet sich lachend auf und setzt sich an den Tisch. »So schnell wird euch beiden wohl nicht kalt werden.« Er kann es sich einfach nicht verkneifen, seinen Enkel noch ein wenig zu necken.

Auch Atemu kann sich nur mit Mühe ein breites Grinsen verkneifen, als er sieht, wie Yugi noch mehr Farbe bekommt, sodass er immer mehr einer reifen Tomate gleicht.

»Du bist doch nur neidisch, dass wir es so herrlich warm haben.« Erbarmt er sich schliesslich und kommt so seinen Sharik zur Hilfe, der nun erstaunt zu seinem Grossvater blickt, der sich wohl an seinem Tee verschluckt haben muss.

Hustend hält sich Sugoroku die Hand vor den Mund. »Touché, mein Junge. Mit so einer Antwort habe ich jetzt wirklich nicht gerechnet«, keucht er schliesslich und trinkt einen weiteren Schluck.

»Ich glaube, ich gehe heute doch nicht zu Anzu, um die neuen Leinentücher zu holen. So wie du dich gerade anhörst, solltest du dich schonen, Grossvater.« Yugi mustert den alten Mann besorgt, der die Tasse wieder auf den Tisch stellt und den Kopf schüttelt. »Geh nur zur Masaki. Immerhin hast du es mit ihr so abgemacht, dass du die Ballen heute holst. Ausserdem geht es mir gut, ich habe mich nur gründlich verschluckt. Das ist alles.«

Nach einem Blick zu Atemu, nickt Yugi widerstrebend. »Na gut. Aber ich gehe erst heute Nachmittag und auch nur, wenn es ruhig ist und du nicht wieder so hustest. Denk dran, das Letzte, was du gebrauchen kannst, ist eine Erkältung.« Er sieht Sugoroku streng an, der mit einem schiefen Grinsen die Hand hebt. »Wie du willst. Aber du machst dir wirklich vollkommen umsonst Sorgen und jetzt sollten wir wirklich langsam frühstücken. Die Tage sind schon kurz genug, da solltest du nicht mehr Tageslicht als nötig verschwenden.«

Verwirrt runzelt Atemu die Stirn. »Wie meinst du das, Grossvater? Der Laden kann doch durch Öllampen beleuchtet werden.«

»Ja, schon. Doch die Leute halten sich bei ihren Einkäufen bei uns ans Tageslicht. Sobald es draussen dunkel wird, können wir den Laden schliessen, da eh keiner mehr kommt. Genauso am Morgen. Vor Sonnenaufgang kommt eh keiner in den Laden, der es nicht unbedingt muss«, erklärt Sugoroku mit einem Fingerzeig zum Fenster.

»Genau. Und darum gehe ich jetzt den Laden öffnen.« Yugi steht mit einem Brötchen in der Hand auf und leert hastig seine Tasse, ehe er kauend aus der Küche eilt.

»Ähm, was war jetzt das?«, fragend sieht Atemu zu Sugoroku, der breit grinst. »Yugi wird jetzt den Ofen im Laden anfeuern und dabei sein Brötchen essen, damit er dann gleich öffnen kann. Er hat ein bisschen zu lange hier bei uns rumgetrödelt. Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Je kürzer die Tage werden, desto kürzer wird er mit uns am Tisch sitzen.«

»Verstehe«, murmelt Atemu mit einem leichten Stich im Herzen. Ihm gefällt nicht, was ihm Sugoroku gerade erzählt hat.

 

Nach dem Frühstück hilft er Sugoroku beim Aufräumen der Küche und schnappt sich dann den Wassereimer und den Schrubber. »Ich werde heute den Flur oben und hier unten putzen. Du hast Yugi schliesslich gehört.« Mit diesen Worten eilt Atemu aus der Küche und geht direkt nach oben.

Vollkommen überrascht sieht Sugoroku ihm nach und seufzt leise auf. »Ich bin doch noch kein alter Tattergreis. Aber trotzdem, danke«, murmelt er, obwohl er gar nicht mehr gehört werden kann und schiebt noch ein paar Scheite in den Ofen.

 

In der ersten Etage wischt Atemu fleissig den Boden. Obwohl er die Arbeit nur sehr selten macht, geht sie ihm leicht von der Hand und irgendwie wirkt sie auf ihn auch entspannend. Als er an der offenen Wohnzimmertür vorbeikommt, fällt sein Blick auf das Fenster und den Schnee, der sich langsam auf der Fensterbank ansammelt. »Na toll, dann weiss ich ja, was ich nachher im Hinterhof noch zu machen habe.« Vor sich hin grummelnd wischt er weiter den Boden, bis er die Treppe erreicht hat und sich beim Runtergehen auch gleich um die Stufen kümmert.

Als er unten angekommen ist, holt er frisches Wasser aus der Küche, ehe er hier unten nicht nur den Flur, sondern auch um den Boden im Lager schrubbt.

Endlich hat er es geschafft und die alten Dielen blitzen nur so vor Sauberkeit. Erleichtert bringt er den Eimer und den Schrubber zurück in die Küche, wo ihm alles von Sugoroku abgenommen wird. »Na los, geh schon raus. Die beiden Racker warten sicher schon ungeduldig auf dich.« Mit einem schiefen Grinsen erwidert Atemu den Blick seines Grossvaters. »Bestimmt. Die wollen raus in den Schnee und ihn so richtig schön festtrampeln, damit ich ihn kaum noch vom Boden wegwischen kann. Sag mal, wie macht ihr das eigentlich, wenn es glatt wird? Nehmt ihr Asche oder Salz?«

Lachend deutet Sugoroku auf den Ascheeimer. »Wir nehmen die gute alte Asche dafür. Ich weiss, dass die reicheren Familien Salz nutzen und der Winzer nimmt sogar die getrockneten Reste von den Trauben.«

Nachdenklich sieht Atemu zu dem Ascheeimer. »Ja, meine vorherigen Besitzer haben uns immer Salz streuen lassen. Natürlich nur auf den Wegen, die sie benutzt haben, wir Sklaven und die Diener mussten rumrutschen oder eben mit Asche die wichtigsten Pfade streuen, wenn wir bei Schnee und Glatteis rausgehen mussten. Aber wird der Flur dann nicht extrem schnell schmutzig?«

»Ja, darum müssen wir im Winter noch genauer darauf achten, dass wir, wenn möglich überhaupt nicht mit den Schuhen ins Haus kommen. Egal, wie eilig wir es haben.«

 

Atemu hat aufmerksam zugehört. »Alles klar. Dann werde ich meine Hausschuhe noch näher an die Hintertür stellen. Also dann. Ich bin dann draussen und kümmere mich um die sicher schon halb verhungerten Pferde.« Sugoroku zuzwinkernd verlässt er die Küche.

 

Draussen wird er wirklich schon mit einem ungeduldigen Schnauben begrüsst, als er durch das Schneetreiben erst zum Tor eilt und dieses mit den Seilen blockiert, ehe er zum Stall geht. «Ja, ihr kommt ja gleich raus«, ruft er den beiden zu und holt die Heunetze aus dem Lager. Die Boxentüren bewusst offen stehen lassend, hängt er die Netze in die Boxen. »Na, der Hunger ist ja wirklich extrem gross.« Kopfschüttelnd beobachtet Atemu Rocky und Blacky, die das Heu in den Boxen ignorieren und lieber verspielt durch den Schnee traben und sich genüsslich wälzen. »Immerhin kann ich jetzt in aller Ruhe ausmisten.«

 

Irgendwann wird es auch den beiden Pferden zu langweilig oder der Hunger wird grösser als er Schneespass. Auf jeden Fall traben sie zurück in ihre Boxen und fangen an zu fressen.

Seufzend betrachtet sich Atemu nun den Hinterhof und holt die Schneeschippe. Je länger er den Schnee zusammenschiebt, desto wärmer wird ihm, sodass er nach einiger Zeit sogar die Knöpfe seiner Jacke öffnet.

Erleichtert stellt er nach getaner Arbeit fest, dass er noch keine Asche streuen muss und bringt die Schneeschippe zurück in die Sattelkammer, wo er sie seit dem Beginn des Schneefalls aufbewahrt.

 

Mit der Putzkiste geht Atemu zurück zu den Pferden und beginnt sie zu putzen, als er plötzlich eine gereizte Frauenstimme hört. »Wer hat denn hier das Tor mit Seilen versperrt? Das geht ja mal gar nicht! Also nein auch!« Fluchend hängt Anzu die Seile aus und lässt sie achtlos auf den Boden fallen, ehe sie sich in dem frisch geräumten Hinterhof umsieht. Gefolgt von ihrer schwer bepackten Sklavin, steuert sie zielstrebig die Hintertür an und stösst sie, ohne anzuklopfen, auf. »Herr Muto? Yugi? Ich bringe die bestellten Leinenballen«, ruft sie laut, während sie mit ihren nassen Schuhen und dem mit Schnee bedeckten Mantel einfach durch den frisch geputzten Flur geht. Auf halbem Weg kommt ihr Sugoroku aus der Küche entgegen. » Guten Morgen, Frau Masaki. Sie hätten uns die Stoffballen doch nicht selbst bringen müssen. Yugi wollte heute Nachmittag bei Ihnen vorbeischauen.«

»Guten Morgen, Herr Muto. Ach, ich habe sowieso gerade in der Gegend zu tun. Da macht es ja keine Umstände, die Ballen gleich mitzubringen. Ausserdem wollte ich mir mal diese neuen Stoffe ansehen, die inzwischen in der Stadt in aller Munde sind.« Sie sieht den alten Mann lächelnd an, runzelt aber die unwillkürlich die Stirn, als sie ein empörtes Schnauben hört.

»Miss, wir haben den Boden frisch geputzt. Ist es etwa zu viel verlangt, dass Sie sich die Schuhe zumindest abklopfen, wenn Sie sie schon nicht ausziehen?« Tadelnd sieht Atemu Anzu an, als er auf sie zu geht. Trotz des Sklavenhalsbandes ist seine Ausstrahlung eindeutig, was sie unwillkürlich einen Schritt zurücktreten lässt, ehe sie sich wieder fängt. »Sei nicht so frech, Sklave. Dann putzt du den Boden eben noch einmal. Das ist schliesslich deine Arbeit«, weist sie Atemu spitz zurecht und blickt dann zum alten Muto. »Sie sollten ihren Sklaven eindeutig besser erziehen. Er ist viel zu respektlos und muss dringend lernen, sein freches Mundwerk im Zaum zu halten.«

Nur mit Mühe kann sich Sugoroku ein breites Grinsen verkneifen. »Tut mir leid, aber Yami hat im Prinzip recht. Ausserdem ist es meine Aufgabe, den Boden hier zu putzen. Er ist für den Stall zuständig und hilft Yugi im Laden. Sie haben also jetzt mir zusätzliche Arbeit aufgehalst, Frau Masaki.«

Empört, schnappt Anzu unwillkürlich nach Luft. »Wie auch immer. Sie können ja dem Sklaven die Aufgabe geben, dass er den Boden putzt. Das ist ja schliesslich nicht mein Problem.« Ohne den Alten und den Sklaven noch weiter zu beachten, wendet sie sich um und stolziert weiter in Richtung Laden. Gefolgt von ihrer Sklavin, die den Blick demütig gesenkt hält, aber dennoch können die beiden Männer das amüsierte und eindeutig schadenfreudige Lächeln sehen.

Als die beiden Frauen verschwunden sind, blickt Sugoroku den Kopf schüttelnd zu Atemu. »Reisse dich das nächste Mal bitte etwas mehr zusammen. Die Masaki ist zum Glück relativ harmlos, aber wir wollen es doch nicht zu sehr herausfordern.«

Schnaubend verschränkt Atemu die Arme. »Warum sollte ich. Ihr bricht doch kein Zacken aus der Krone, wenn sie sich die Schuhe auszieht oder sie und den Mantel zumindest vom Schnee befreit.«

»Ach, Atemu. Sie war schon immer so. Also ärgere dich nicht zu sehr über sie.«

 

Von dem Gespräch bekommt Anzu zum Glück nichts mit, weil sie versonnen Yugi beobachtet, während dieser eine Kundin bedient. Als sie endlich allein im Laden sind, räuspert sie sich und tritt lächelnd auf Yugi zu. »Yugi, mein Lieber, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen. Wie geht es dir denn?«

Das Lächeln erwidernd reicht Yugi ihr die Hand. »Hallo, Anzu. Ja, es ist wirklich vier Wochen her, dass ich bei dir gewesen bin, um neues Leinen zu bestellen. Aber sag mal, was verschlägt dich denn hierher? Wir hatten doch damals ausgemacht, dass ich heute zu dir komme und die Leinenballen abhole.«

Mit einer Handbewegung befiehlt Anzu ihrer Sklavin, dass sie die Ballen auf den Tresen legen soll, während sie sich weiter auf Yugi konzentriert. »Ach, ich war sowieso gerade in der Gegend unterwegs und es macht mir ja keine Mühe, die Ballen gleich mitzunehmen. Ausserdem wollte ich mir deine neuen Stoffe mal ansehen, die du aus Edo mitgebracht hast. Vielleicht kann ich sie ja nachweben.«

 

Yugi blickt zu der Sklavin, die offensichtlich erschöpft ist und sich jetzt unauffällig in die Nähe des Ofens stellt. »Verstehe, dann zeige ich dir doch am besten gleich einen der Ballen, den ich gerade wieder wegräumen wollte«, schlägt er vor und zeigt zu dem Ballen, der neben dem Leinen liegt. Sofort richtet Anzu ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Stoff und untersucht ihn gründlich. »Das ist wirklich eine sehr gute Arbeit. Da war ein wahrer Meister am Werk.« Mit leuchtenden Augen streichelt sie den Stoff.

 

Den Moment nutzt Yugi, um der durchgefrorenen Sklavin unauffällig einen Becher von seinem noch warmen Tee zu geben. »Hier, trink den Tee. Er wärmt dich auch ein wenig von innen«, flüstert er ihr zu und stellt sich dann wieder neben Anzu. »Oh ja, ich bin auch wirklich froh, dass ich ihn auf dem Markt entdeckt habe. Allerdings ist es wohl schwer, ihn gut zu verarbeiten. May meinte, dass sie wohl eine der wenigen ist, die mit dem Stoff klarkommen«, erzählt er ihr freundlich, aber auch leicht distanziert.

»Das glaube ich ihr sofort. Aber jetzt mal etwas anderes. Hast du dich endlich dazu entschieden, zu heiraten? So langsam wird es nämlich schon Zeit, dass du unter die Haube kommst und für einen Nachfolger sorgst.« Mit einem vielsagenden Blick sieht sie Yugi an. Der seufzt jedoch nur und schüttelt den Kopf. »Anzu, was soll das? Du weisst doch genau, dass ich mich nicht für dich interessiere. Du bist eine nette Frau, aber schlag mich dir aus dem Kopf. Das habe ich dir schon damals in der Schule gesagt.«

»Aber, Yugi. Wir würden doch wunderbar zusammenpassen. Nur schon wegen unseren Geschäften. Ich webe die Stoffe und du verkaufst sie und wenn wir heiraten würden, dann würde es direkt in der Familie bleiben.«

»Anzu! Ich habe Nein gesagt. Ich bin nicht interessiert.« Nun nicht mehr ganz so freundlich, sondern eindeutig genervt, greift er in die Kasse und nimmt die schon zuvor abgemachten vierzig Silbermünzen heraus und reicht sie ihr. »Hier, deine Bezahlung. Ich danke dir, dass du die Ballen vorbeigebracht hast.«

Nun eindeutig verstimmt, nimmt Anzu die Münzen und steckt sie in ihren Beutel. »Danke. Dann würde ich sagen, bis zum nächsten Mal.«

Mit einer energischen Handbewegung befiehlt sie ihrer Sklavin, ihr die Tür zu öffnen und stolziert dann ohne ein weiteres Wort aus dem Laden. Dass sie dabei beinahe einen Kunden über den Haufen rennt, ist ihr egal.

 

Tief durchatmend, um sich wieder ein wenig zu beruhigen, tritt Yugi auf den Kunden zu und begrüsst ihn freundlich, während Atemu unauffällig durch die Hintertür reinkommt und ein paar Holzscheite neben dem Ofen in den Korb legt. Kurz nicken sie sich zu, ehe er die schweren Leinenballen nimmt und ins Lager trägt, wo er sie auf den Schreibtisch legt.

Kopfschüttelnd streckt Atemu den Rücken durch, als Sugoroku reinkommt und breit grinst. »So, wie ich das mitbekommen habe, hat die Masaki von Yugi mal wieder eine Abfuhr bekommen.«

Die Stirn runzelnd wickelt Atemu die Leinenballen aus. »Wie meinst du das? Ist sie etwa hinter ihm her?«, fragt er und sieht hoch. »Ach ja, könntest du mir sagen, in welches der Leinenfächer diese Ballen kommen müssen?«

 

»Die Ballen kommen in dieses Fach hier und ja, sie ist schon seit der achten Klasse hinter Yugi her und genauso lange weist er sie auch ab. Aber sie hat sich einfach in den Kopf gesetzt, dass sie als Weberin und er als Stoffhändler perfekt zusammenpassen würden und soviel ich weiss, versucht sie jedes Mal, wenn sie aufeinander treffen, ihn davon zu überzeugen.«

 

»Warum kauft er dann immer noch bei ihr ein? Ausserdem scheint er ja nur das Leinen bei ihr zu kaufen. Hat sie keine anderen Stoffe?« Möchte Atemu missbilligend wissen, als er die Ballen wegräumt und das Leinen, in das sie eingewickelt waren, zum Trocknen auf einer extra gespannten Wäscheleine aufhängt.

Tief seufzt Sugoroku auf und setzt sich hin. »Yugi kauft nur das Leinen bei ihr, weil die anderen Stoffe nicht seinen Qualitätsanforderungen entsprechen. Dafür ist sie günstig, für diese vier Ballen hat er nur vierzig Silbermünzen bezahlt. Dafür ist der Stoff auch nur zum Verpacken gut genug oder eben halt für die Leute, die sich nichts Besseres leisten können und für Sklaventuniken. Zudem akzeptiert sie ohne nachzufragen, dass er ab Herbst dickeres Leinen haben will als im Frühling oder Sommer.«

 

»Verstehe«, murmelt Atemu und sieht zu dem alten Mann. »Du siehst müde aus. Ruhe dich aus. Ich putze gleich den Flur noch einmal und wische auch gleich die Spuren im Laden weg, wenn ich schon dabei bin.«

 

Dankbar erwidert Sugoroku den Blick. »Du musst dir keine Sorgen um mich machen. Der erste Schnee macht mir jedes Jahr zu schaffen. Das ist ganz normal. Dennoch danke, mein Junge.«

»Du musst dich ganz sicher nicht bei mir bedanken, Grossvater. Das ist doch selbstverständlich, dass ich dir helfe, so gut ich kann.«

Atemu trägt die neuen Ballen noch schnell in der Tafel ein, ehe er raus geht und sich heute zum zweiten Mal den Flur vornimmt.

Als er auch im Laden die letzten Fusspuren beseitigt und diesmal das Putzwasser im Bad ausgeleert hat, kommt Sugoroku auf ihn zu und hält ihm ein Stück Apfelkuchen hin. »Hier, frisch aus dem Ofen und mit wirklich süssen Äpfeln gebacken.« Schmunzelnd beobachtet der alte Mann, wie Atemus Augen anfangen zu leuchten, als dieser den Teller mit dem Kuchenstück entgegennimmt und genüsslich ein Stück abbeisst. »Der ist ja lecker. Danke, aber gibt es nicht gleich Mittagessen?« Die Stirn leicht runzelnd reckt er den Hals, um einen Blick in die Küche werfen zu können.

»Doch, aber ich dachte, dass ich dir ausnahmsweise den Nachtisch als Vorspeise gebe, wenn du dank der Masaki den Boden schon zwei Mal putzen darfst.« Den Wischmopp und den Eimer nehmend, zwinkert Sugoroku seinem Enkel zu. »Ich räume dafür dein Putzzeug weg. Ich nehme mal an, dass du vor dem Essen noch einmal in den Stall gehen willst?«

Schon in die Küche gehend, nickt Atemu. »Ja, ich wusste ja nicht, dass ich für den Boden so lange brauche und habe ihnen ihr Mittagessen noch nicht gegeben.« Den leeren Teller in die Spüle legend, blickt er nachdenklich vor sich hin. »Ich werde mich in Zukunft noch mehr zusammenreissen müssen«, murmelt er vor sich hin und greift nach einem Becher. Er trinkt noch schnell einen Schluck Wasser, ehe er an Sugoroku vorbei wieder raus in den Flur geht, wo er sich hastig die Schuhe anzieht und nach draussen in das Schneetreiben geht.

 

Den Kopf schüttelnd sieht Sugoroku ihm nach. »Glaubst du denn wirklich, dass du das schaffen wirst? Du bist viel zu sehr wieder du selbst.« Obwohl er weiss, dass Atemu ihn natürlich nicht hören kann, spricht er seine Gedanken aus, ehe er das Putzzeug wegräumt und sich wieder der beinahe fertigen Suppe widmet.

Kurz darauf kommt Yugi in die Küche und nimmt sich seufzend eine Tasse Tee. »Anzu nervt mit jedem Jahr mehr. Wann kapiert sie endlich, dass ich nicht an ihr interessiert bin?«

Voller Mitgefühl sieht Sugoroku ihn an. »Wenn du verheiratet bist. Es sei denn, du sagst ihr, dass du auf Männer stehst.«

»Auf gar keinen Fall! Dann schleppt die mir noch Psychomagi oder Wunderheiler her, damit die mich von meiner angeblichen Krankheit des Schwulseins heilen! Du weisst ja, wie sie drauf ist …« Yugi fährt sich mit einer Hand durch die Haare. »Und das letzte Mal, als ich deswegen mit den Typen zu tun hatte, das hat mir wirklich gereicht.«

 

»Ja, das war wirklich nicht schön. Zum Glück hat May damals spontan die richtige Idee gehabt und sich als deine Geliebte ausgegeben.« Mit einem Schaudern erinnert sich auch Sugoroku daran zurück, als Yugi nicht nur seinen Liebeskummer verarbeiten, sondern dank des Geredes der Leute auch noch beweisen musste, dass er so wie alle normalen Männer ist … »Lass uns nicht mehr dran denken.«

»Woran wollt ihr nicht mehr denken?«, fragt Atemu, als er in die Küche kommt, da er nur den letzten Satz mitbekommen hat.

»Ach, nur an eine alte Geschichte, die sich nach meiner Trennung mit Linus zugetragen hat. Es ist nicht wichtig. Anzu hat mich nur daran erinnert.« Yugi lächelt seinen Liebsten voller Liebe an, als er auf ihn zutritt und ihm einen Kuss auf die Lippen haucht. »Danke, fürs Holz bringen.«

 

Atemu erwidert den Kuss und nickt leicht. »Okay und du musst dich nicht bedanken. Aber lass uns essen, bevor die Suppe kalt wird«, raunt er seinem Sharik zu und deutet auf den Tisch, wo Sugoroku schon ihre Suppenschalen füllt.

 

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So, das war es auch schon. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und ja ich weiss, Anzu nervt auch in dieser Geschichte, aber irgendwie wollte sie nicht netter sein.

 

Eure mrs_ianto

 

 

Weihnachten

Hallo zusammen,

 

eigentlich habe ich das Kapitel gestern oder sogar schon vorgestern veröffentlichen wollen, aber irgendwie haben mir meine Katzen und meine Muse einen Strich durch die Rechnung gemacht. Darum könnt ihr es heute lesen.

 

Falls ihr euch wundert, dass plötzlich unbekannte Namen auftauchen, das kommt daher, dass ich im Buch ja andere Namen verwende und jetzt beides parallel schreibe. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich mich vertue und es beim Gegenlesen auch nicht bemerke.

 

So, jetzt habe ich aber genug gequasselt und wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

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Weihnachten

 

 

Yugi räkelt sich genüsslich, als er die Augen öffnet. Es ist hell im Zimmer, aber das stört ihn überhaupt nicht. Heute bleibt der Laden den ganzen Tag über geschlossen und das will er ausnutzen, indem er mal wieder in aller Ruhe mit seinem Liebsten kuschelt.

Lächelnd dreht er sich um und schon verschwindet das Lächeln wieder aus seinem Gesicht. Er liegt allein im Bett. Von Atemu ist weit und breit keine Spur zu sehen.

Die Stirn runzelnd richtet er sich auf und schlägt die Decke zurück, nur um gleich darauf fröstelnd die Arme um sich zu schlingen. Es ist kalt im Zimmer. »Na toll. Müssen wir hier oben etwa auch schon heizen?«, murmelt er und steht auf. Hastig eilt er zum Schrank und holt warme Sachen heraus, die er sich aber nicht gleich anzieht. Er nimmt sie mit nach unten, wo er sie im herrlich warmen Badezimmer neben den Ofen legt, ehe er sich auszieht und gedankenverloren unter die Dusche steigt. Nur um gleich darauf beinahe wieder aus der Wanne zu springen, als ihn eiskaltes Wasser trifft. »Verdammte Scheisse«, fluchend wartet er neben dem Wasserstrahl stehend darauf, dass dieser endlich warm wird.
 

In der Küche lacht Atemu laut auf, als er Yugi fluchen hört. »Yugi ist wach«, stellt er breit grinsend fest, während er zusammen mit Grossvater einen Keks nach dem anderen aussticht und auf das Blech legt. »Warum backen wir eigentlich erst jetzt Weihnachtskekse? Oder besser gesagt, warum feiert ihr das Fest überhaupt?«

Auch Sugoroku ist am Grinsen, doch sein Blick wird jetzt wehmütig. »Meine erste Frau, also Yugis Grossmutter, hat diese Tradition eingeführt. Sie hat an den christlichen Gott geglaubt und irgendwie finde ich es eine schöne Tradition, auch wenn wir nicht die angebliche Geburt von diesem Jesus feiern. Wir backen Kekse und gehen dann später auf den Friedhof, um auch den Verstorbenen ein paar der Kekse zu bringen und am Abend sitzen wir mit unseren Freunden zusammen und geniessen das Zusammensein.«

Spontan legt Atemu den Arm um Sugorokus Schultern. »Das ist eine sehr schöne Tradition und es zeigt so viel mehr, was Weihnachten eigentlich sein sollte, als das, was die meisten Familien der Oberschicht tun, die sich Christen nennen.« Er hat nur leise gesprochen, irgendwie hatte er das Gefühl, dass lautere Worte den Moment gestört hätten.

Tief durchatmend lehnt sich Sugoroku kurz an ihn, ehe er sich wieder aufrichtet und den Keksen widmet. «Na komm, wir müssen uns beeilen, damit wir fertig werden.« Lächelnd sieht er den jungen Mann an, der in so kurzer Zeit einen so unglaublich weiten Weg, zurück zu sich selbst, geschafft hat.
 

Atemu erwidert das Lächeln, wendet sich dann aber gleich wieder dem Teig zu. Als sie das erste Blech voll haben, schiebt Sugoroku es in den heissen Ofen und legt wieder Holz nach, als Yugi in die Küche kommt. »Guten Morgen. Ihr habt schon angefangen? Warum habt ihr nicht gewartet?», fragt er leicht vorwurfsvoll und gibt seinem Liebsten einen schnellen Kuss. »Allein aufzuwachen ist nicht schön, wenn ich schon mal im Bett liegen bleiben und in Ruhe mit dir schmusen könnte.«

»Tut mir leid. Aber ich bin im Morgengrauen aufgewacht und wollte dich nicht aufwecken. Darum bin ich möglichst leise aus dem Zimmer gegangen und habe die Pferde versorgt«, raunt Atemu seinem Sharik zu und gibt ihm noch einen Kuss. »Magst du mit mir Kekse ausstechen? Grossvater will das Frühstück erst machen, wenn wir fertig sind.«

»Na, dann helfe ich wirklich lieber mit. Nicht, dass wir noch … ach, vergiss es.« Um seinen beinahe Patzer zu überspielen, nimmt sich Yugi eins der Keksförmchen und beginnt Herzen auszustechen. »Es ist schön, dass wir drei zusammen sind.«

Sugoroku platziert jetzt das zweite Blech auf dem Tisch und verteilt die ersten Kekse darauf. »Ja, das ist es.« Er legt die Hände auf Yugis und Atemus Schultern. »Wir sind eine Familie und ich bin stolz darauf, was ihr beide in diesem Jahr geschafft habt.«

»Nicht wir beide. Wir drei«, widerspricht Atemu sofort und Yugi nickt. »Er hat recht. Wir drei. Ohne dich wären wir nie so weit gekommen.«

Verlegen reibt sich Sugoroku das Kinn. »Wenn ihr meint. Dennoch bin ich stolz auf euch beide und jetzt sollten wir weiter machen. Sonst sind wir hier bis zum Neujahrsfest noch nicht fertig.«
 

Lachend schüttelt Yugi den Kopf und legt die letzten Herzen auf das Blech, ehe er zusieht, wie sein Grossvater den restlichen Teig wieder zu einer Kugel formt und dann mit dem alten Nudelholz ausrollt. »So, ihr könnt weitermachen.« Sugoroku zwinkert den beiden zu, als er sich abwendet und einen Topf mit Milch auf den Herd stellt.
 

Als dann das zweite Blech auch gefüllt ist, sind die ersten Kekse fertig gebacken und können aus dem Ofen genommen werden. Ein herrlicher Duft nach frisch gebackenen Keksen breitet sich in der Küche aus und Atemu kann es sich nicht verkneifen. Er stibitzt einen der noch heissen Kekse und schiebt ihn sich in den Mund. Obwohl er sich beinahe die Zunge verbrennt, schliesst er genüsslich die Augen. »Lecker«, murmelt er mit vollem Mund. Tadelnd hebt Sugoroku daraufhin den Finger. »Erstens: Man fragt, bevor man sich einen Keks nimmt. Zweitens: Man spricht nicht mit vollem Mund und jetzt macht weiter, damit wir auch die restlichen Kekse nachher in den Ofen schieben können.«

Runterschluckend nickt Atemu mit verlegen geröteten Wangen. »Tut mir leid, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.« Nachdem er sich ein neues Förmchen ausgesucht hat, landet auch schon bald der restliche Teig als Halbmonde und Sonnen auf dem Blech, das sich immerhin noch einmal bis zur Hälfte füllt.
 

Da die Kekse im Ofen noch nicht fertig sind, stellen sie das Blech auf die Arbeitsplatte. Während Atemu jetzt den Tisch von Mehl und Teigresten befreit, bereitet Sugoroku mit Yugis Hilfe das Frühstück vor.

Aber kein Duft nach Schwarztee mischt sich mit dem Keksduft. Nein, zur Feier des Tages hat Sugoroku den Kakao hervorgeholt und gibt sogar noch einen Klecks Sahne in die Tassen.
 

Mit leuchtenden Augen nimmt Atemu eine der Tassen und schnuppert an dem Kakao. »Das riecht so gut. Heute ist wirklich ein besonderer Tag.«

Leise lachend legt Yugi den Arm um seinen Liebsten. »Ja, heute ist ein besonderer Tag«, raunt er ihm zu. »Lass uns frühstücken. Wir haben noch viel vor.«

Wissend nickt Atemu. »Ja, Grossvater hat es mir gesagt, dass wir nachher noch zum Friedhof gehen.«
 

»Jungs, der Kakao wird nicht wärmer, wenn ihr weiter rumredet. Also setzt euch hin und esst.« Streng sieht Sugoroku die beiden an, aber das schelmische Blitzen in seinen Augen zeigt deutlich, dass er es nicht so meint. Dennoch setzen sie sich nun auch hin und greifen nach den Brötchen. Immer wieder sehen sich Yugi und Atemu tief in die Augen, während sie essen. Irgendwie ist die Stimmung heute anders als in den letzten Wochen. Sie ist entspannter …
 

Schmunzelnd beobachtet Sugoroku seine beiden Enkel, die ihn gerade mehr an Jugendliche erinnern, so wie sie einander ansehen. »Wenn wir dann mit dem Frühstück fertig sind, möchte ich nach dem Aufräumen gleich zum Friedhof aufbrechen.«
 

Aus seinen Gedanken gerissen, blickt Yugi fragend zu seinem Grossvater. »Warum die Eile? Ich meine, natürlich will ich auch zum Friedhof. Aber sonst hast du es nie so eilig gehabt.«

Seufzend deutet Sugoroku nun zu Atemu. »Willst du ihn zwingen hier zu bleiben? Du weisst doch genau, wie voll der Friedhof am fünfundzwanzigsten immer ist. Wir sind schliesslich nicht die einzigen, die heute die Verstorbenen besuchen.«

Beschämt senkt Yugi den Blick. »Du hast ja recht. Daran habe ich nicht gedacht, dass Atemu sich dann ja verstellen muss.«

Ernst nickt Sugoroku. »Genau und darum will ich möglichst früh los.« Leicht beugt er sich nun vor und legt die Hand auf den Arm seines Enkels. »Nun sei nicht so geknickt. Wir packen nachher gleich die Kekse ein und gehen los. Dann kann Atemu den Ausflug auch noch geniessen.«
 

Leise räuspert sich Atemu. »Wir müssen nicht stressen. Nur damit ich nicht so lange den perfekten Sklaven spielen muss. Es ist also alles gut.« Sanft lächelnd erwidert er den Blick seines Shariks. »Nein, Grossvater hat recht. Es ist nicht fair, wenn du nicht du selbst sein kannst, wenn wir auf den Friedhof gehen«, widerspricht Yugi sofort und steht auf. »Ich gehe den Stoffbeutel für die Kekse holen.« Unter den aufmerksamen Blicken seines Liebsten eilt er aus der Küche.

Im Wohnzimmer bewahren sie in einer Schublade neben den Räucherstäbchen auch die Stoffbeutel auf, die sie immer an Weihnachten benutzen. Nachdenklich mustert Yugi die Räucherstäbchen und nimmt zusätzlich zu dem Beutel, kurzerhand auch noch ein paar von ihnen mit nach unten.

Als er wieder in die Küche kommt, ist schon fast alles aufgeräumt. Atemu muss nur noch die letzten Teller abtrocknen. »Ich habe auch die Räucherstäbchen dabei. Mir ist heute danach.«

Mit einem wissenden Blick sieht Sugoroku zu seinem Enkel und nickt. »Gut, dann können wir ja gleich los.« Er nimmt Yugi den Beutel ab und gibt eine genau abgezählte Menge von den Keksen in diesen und zündet dann die Kerze, die er beim letzten Marktbesuch extra für den heutigen Tag gekauft hat, mit einem glühenden Holzspan an, ehe er sie in eine Laterne stellt.
 

Kurz darauf laufen die Drei warm eingepackt durch die weissen Strassen und bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Friedhof. Ihr Atem ist in der kalten Luft deutlich zu sehen und der frisch gefallene Schnee knirscht unter ihren Füssen.

Atemu läuft mit gesenktem Blick hinter den beiden Mutos her. Dennoch geniesst er den Spaziergang durch die wie unter einer weissen Decke schlafenden Stadt.

Als sie durch das Tor des Friedhofes treten, ändert sich die Atmosphäre auf eine Art, die er nicht benennen kann. Es kommt ihm noch stiller vor, obwohl viele Menschen auf den Wegen unterwegs sind oder vor den Gräbern stehen und sich in einem stillen Zwiegespräch mit ihren verstorbenen Lieben unterhalten.
 

Zum Glück ist in der Nähe des Familiengrabes der Mutos niemand da, sodass Atemu endlich den Blick heben kann und mit einem leichten Lächeln den Grabstein ansieht. Noch immer schmerzt es ihn, dass er Tante Amina nie wiedersehen kann, aber jetzt weiss er wenigstens, dass sie glücklich gewesen ist und ihn nie vergessen hat.
 

Mit andächtigen Bewegungen stellt Sugoroku die Kerze auf das Grab und legt die Kekse dazu. Er senkt den Blick und murmelt lautlos ein paar Worte, ehe er zurücktritt, sodass Yugi vortreten kann.

Yugi fährt mit der Hand schon beinahe sanft über den Grabstein, ehe er die Räucherstäbchen an die Kerze hält und sie dann in den Schnee steckt. »Mama, Papa, ich wünschte, ich könnte öfters herkommen. Aber ihr seid in meinem Herzen immer bei mir«, raunt er leise und tritt nun auch zurück. Mit einem warmen Blick sieht er seinen Liebsten an. »Nun du. Auch du hast hier jemanden, den du liebst«, sagt er leise zu ihm.

Leicht nickt Atemu und tritt nun auch vor. Er legt die Hand auf den Grabstein und schliesst mit gesenktem Kopf die Augen, ehe er wieder zurücktritt und sich zwischen Yugi und Sugoroku stellt. Lange stehen sie schweigend da.

Schliesslich räuspert sich Sugoroku leise. »Gehen wir nach Hause.« Als seine beiden Enkel nicken, wendet er sich um und geht langsam den verschneiten Weg entlang, auf dem inzwischen schon deutlich mehr Leute unterwegs sind als noch vor etwa einer Stunde. Yugi folgt ihm mit Atemu, der das Schlusslicht bildet.

Nachdem sie durch das Tor getreten sind, bleibt Sugoroku stehen und spricht leise die Worte, mit denen er immer um Schutz für seine Familie bittet. Lächelnd blickt er daraufhin zu seinen Enkeln, ehe sie sich auf den Weg nach Hause machen.
 

Durchgefroren betreten sie den Hinterhof, als Atemu stockt. »Es ist jemand hier«, stellt er erschrocken fest, als er Geräusche aus dem Stall hört, die sicher nicht nur von den Pferden stammen können. In dem Moment kommt Rishido aus dem Stall und tritt auf sie zu. »Verzeiht, ich wollte euch nicht erschrecken. Aber ich dachte, ich könnte mich im Stall nützlich machen, während Meister Jonouchi und Miss May das Haus schmücken und das Essen vorbereiten.« Leicht verneigt er sich vor den dreien.

»Das habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Bitte verzeih mir das, Atemu«, wendet sich Sugoroku zu ihm um. »Aber wir machen es jedes Jahr so, dass sie das Haus schmücken und kochen. Dafür richten wir dann die Neujahrsfeier in Jonos Schmiede aus. Sie sind dieses Jahr wohl einfach etwas früher dran, als sonst.«
 

Während Sugoroku Atemu alles erklärt, tritt Yugi auf Rishido zu und reicht ihm die Hand. »Hallo, Rishido. Schön, dass du heute auch mit von der Partie bist und Atemu etwas von der Arbeit abgenommen hast.«

Ohne eine Miene zu verziehen, erwidert Rishido den Händedruck. »Meister Jonouchi meinte, dass ich mit dabei sein solle, da ich auch dazugehöre. Ihr müsst euch nicht bei mir bedanken. Ich kann drinnen sowieso nichts machen, da sie die Arbeiten unter sich aufgeteilt haben.«

Lächelnd nickt Yugi und sieht jetzt seinem Liebsten nach, der direkt in den Stall geht. »Typisch für ihn. Er muss einfach nach den Pferden sehen, wenn jemand anders, als er bei ihnen gewesen ist.«

»Er muss alles unter Kontrolle haben«, stimmt Rishido zu. »Ich habe ihnen nur Heu gegeben und gemistet!«, ruft er Atemu zu, der sich nur kurz umwendet und ihm zunickt, ehe er endgültig aus ihrem Blickfeld verschwindet.
 

Nun fröstelnd die Arme um sich schlingend, deutet Sugoroku mit dem Kopf in Richtung Haus. »Lasst uns reingehen, bevor wir uns noch erkälten.«

Gemeinsam gehen sie über den Hinterhof zur Tür. Gerade als Sugoroku sie öffnet, kommt Atemu zu ihnen und nickt Rishido zu. »Danke, dass du dich um die beiden Racker gekümmert hast.«

»Nichts zu danken. Drinnen durfte ich nichts machen und faul rumzusitzen liegt mir nicht«, erwidert Rishido mit einem leichten Neigen des Kopfes.
 

Im Flur ziehen sie sich als erstes die Schuhe und die Jacken aus, ehe sie weiter in Richtung Küche gehen, aus der es schon verlockend duftet. Als sie den herrlich warmen Raum betreten, sehen sie, dass May am Herd steht, während Jonouchi ihn mit allerlei Tannenzweigen und breiten Stoffbändern schmückt. »Da seid ihr ja. Aber zu früh. Hättet ihr nicht noch etwas unterwegs sein können? Jetzt ist die Überraschung doch gar keine Überraschung mehr«, enttäuscht, dass sie umsonst so früh gekommen sind, sieht er die drei an.

»Jono, nicht so frech. Du könntest sie wenigstens anständig begrüssen und ich habe dir gesagt gehabt, dass wir früher hätten herkommen sollen, aber du wolltest ja nicht aufstehen.« Trotz der Rüge lächelt May ihn warm an, als sie die Hände an ihrer Schürze abwischt. Erst jetzt sieht sie zu den drei Hausbewohnern. »Wir sind vor etwa zwanzig Minuten angekommen und wollten euch mit dem fertig geschmückten Haus überraschen. Nun könnt ihr uns aber auch sagen, ob wir oben im Wohnzimmer zusammensitzen wollen oder hier unten in der Wärme bleiben.«
 

»Wir feiern oben. Ich gehe gleich den Kamin anfeuern, dann haben wir es im Wohnzimmer herrlich kuschelig warm«, bestimmt Yugi kurzerhand und geht mit einem kleinen Stapel Holz wieder aus der Küche.

»Dann werde ich noch mehr Holz reinholen«, murmelt Atemu und wendet sich auch um, um wieder nach draussen zu gehen. Da er ja nur kurz über den verschneiten Hinterhof rennen muss, verzichtet er auf seine Jacke und fröstelt, als er das Heulager betritt, wo er die gespaltenen Holzscheite aufgeschichtet hat. So schnell er kann, füllt er einen der Körbe mit den Scheiten und verflucht sich dabei dafür, dass er auf die Jacke verzichtet hat.

Durchgefroren betritt er mit dem vollen Korb wieder das Haus und tauscht die Schuhe gegen seine Hausschuhe ein, ehe er nach oben geht, wo Yugi im Wohnzimmerkamin schon ein herrlich prasselndes Feuer entfacht hat.

»Super, das kann ich gleich gebrauchen«, Yugi lächelt seinen Liebsten warm an, als dieser den Korb neben den Kamin stellt und nimmt gleich eins der Holzscheite und wirft es in das prasselnde Feuer. »Wir machen hier nur selten ein Feuer, aber so ein offenes Feuer ist immer wieder ein schöner Anblick.«
 

Atemu nickt nur und bringt etwas mehr Abstand zwischen sich und die prasselnden Flammen. Er schluckt schwer und ehrlich gesagt würde er lieber frieren, als in der Nähe eines so offenen Feuers zu sein. Was ihn erstaunt, hat er doch mit dem Feuer in der Waschküche auch kein Problem.

»Ich gehe mal schauen, was sie unten so machen«, murmelt er und flüchtet schon beinahe aus dem Wohnzimmer.

Im Flur läuft er jedoch Jonouchi über den Weg, der ihm einen Korb mit Tannenreisig und bunten Bändern in die Hand drückt. »Perfektes Timing. Du kannst mir beim Schmücken des Wohnzimmers helfen.« Er sieht Atemu breit grinsend an.

»Okay, hast du irgendeine Vorstellung, wie du das Wohnzimmer schmücken willst?», fragt dieser ergeben und folgt dem Blonden zurück ins Wohnzimmer, wo sich dieser mit nachdenklich geschürzten Lippen umsieht. »Nein, es soll einfach gut aussehen. Ich würde sagen, wir verteilen das Zeug auf den beiden Tischen und vielleicht auch noch über dem Kamin und beim Fenster.«
 

Verstehend nickt Atemu und mustert nachdenklich das Tannenreisig und die Bänder, ehe er kurzerhand anfängt sie zu kleinen Gestecken zusammenzustellen und diese dann auf die Tische und das Fensterbrett legt, während Jono einfach ein paar Zweige zusammenbindet und sie aufhängt.

Zufrieden sieht er sich schliesslich im Wohnzimmer um und nickt anerkennend. »Ich denke, das haben wir gut hingekriegt. Oder was meinst du, Yugi? Haben dein Schatz und ich nicht tolle Arbeit geleistet?«
 

Schmunzelnd sieht sich Yugi in dem wirklich schön geschmückten Wohnzimmer um. »Ja, das habt ihr wirklich gut gemacht. Aber sagt mal, warum seid ihr wirklich so früh gekommen? Und May scheint ja unten ein riesiges Festessen vorzubereiten«, fragend sieht Yugi Jonouchi an, doch der grinst nur breit. »Wie gesagt, wir wollten euch überraschen und da es ja für Rishido und Atemu das erste Weihnachtsfest ist, wollten wir es richtig gross machen. Ausserdem steht in Rishidos Papieren, dass er heute Geburtstag hat, darum wollten wir nicht, dass er uns hilft. Aber verrate es ihm nicht. Als ich ihn mal darauf angesprochen habe, wollte er davon nichts wissen.«

Erstaunt sieht Yugi seinen besten Freund an. »Das hättest du uns doch sagen können. Wir haben jetzt gar kein Geschenk für ihn!«

Grinsend schüttelt Jonouchi den Kopf. »Wir auch nicht, aber ich bin mir sicher, dass May und Sugoroku unten gerade ein Festmahl zaubern.«

Yugi will gerade noch mehr sagen, als Rishido reinkommt. »Wir haben belegte Brote gemacht. Kommt ihr essen?«

»Ja, wir kommen«, erwidert Jonouchi sofort erleichtert, dass er Yugis bohrenden Fragen entkommt.
 

Nach dem einfachen Mittagessen, nimmt Atemu Rishido mit nach draussen, wo er mit ihm zusammen die Pferde bewegt, damit die anderen drin in aller Ruhe weiter die offenbar geplante Überraschung vorbereiten können. Obwohl sie sich wirklich viel zu tun haben und auch den Hinterhof sorgfältig vom Schnee befreien, sind sie richtig durchgefroren, als sie bei Sonnenuntergang wieder ins Haus zurückgehen. Fröstelnd waschen sie sich die Hände, ehe sie dem verlockenden Duft nach oben ins Wohnzimmer folgen.

In dem Moment, als Rishido hinter Atemu das Wohnzimmer betritt, werden ihm bunte Stoffkonfettis angeworfen und ein «Alles Gute zum Geburtstag, Rishido«, schallt ihm entgegen. Vollkommen überfordert steht er da und blickt auf den Kuchen, der auf dem Schachtisch steht, da auf dem Sofatisch vor lauter herrlich duftenden Leckereien kein Platz mehr ist.

»Ich … ich … «, stottert er los und schluckt leer. »Gefällt dir die Überraschung?«, fragt May mit sanfter Stimme und lächelt warm, als Rishido sprachlos nickt. »Dann musst du auch nichts sagen. Puste die Kerzen aus und dann kann jeder das essen, worauf er Lust hat. Wir haben extra lauter kleine Häppchen zubereitet.«

Noch immer sprachlos nickt Rishido wieder und nimmt von Atemu den Teller entgegen und geht zum Kuchen. Er schluckt und atmet dann tief ein, ehe er alle Kerzen auf einmal auspustet. Vor Rührung muss er doch tatsächlich mit den Tränen kämpfen, als ihm Sugoroku dann ein Kuchenstück auf den Teller legt. »Danke, Meister Sugoroku«, schafft er es irgendwie zu sagen.

»Du musst dich nicht bedanken. Geniesse den Abend, Rishido.« Lächelnd tätschelt Sugoroku seinen Oberarm, ehe er ihn in Ruhe lässt.
 

Besorgt wendet sich Jonouchi an May. »Haben wir einen Fehler gemacht?«, fragt er sie leise. Sofort schüttelt sie den Kopf. »Nein, er ist nur gerade zu überwältigt davon, dass wir an seinen Geburtstag gedacht haben«, raunt sie ihm zu und nimmt sich nun eines der Häppchen.

Sich nun erleichtert entspannend atmet Jono auf. »Gut, dann können wir den Abend ja ab jetzt geniessen.« Breit grinsend schnappt er sich von Mays Teller ein Häppchen und schiebt es sich unter ihren protestierenden Blicken in den Mund. »Lecker.« Stellt er mit vollem Mund fest und nimmt sich diesmal ein Häppchen vom Tisch. Auf einmal fällt sein Blick auf Atemu, der es sich möglichst weit vom Feuer entfernt auf dem Sofa bequem gemacht hat und sich an Yugi lehnt. »Sag mal. Du bist doch immer so ein schlauer Kerl. Warum feiern wir überhaupt dieses Weihnachten?«
 

Erstaunt blickt Atemu auf und überlegt dann. »Also die Christen feiern heute die Geburt von Jesus. Jedoch geht das Fest an sich viel weiter zurück. Es ist einfach von den Christen übernommen worden.«

Mit grossen Augen sieht Jonouchi ihn an. »Erzähl!«, verlangt er und setzt sich doch tatsächlich vor Atemu auf den Boden.

»Also …«, beginnt Atemu und lehnt sich zurück. »Im ägyptischen Grossreich feiern wir zur Wintersonnenwende den Geburtstag unseres Sonnengottes. Das ist aber am 21. Dezember. Weihnachten feiern wir in dem Sinne nicht. Im römischen Grossreich ist es unterschiedlich. Diejenigen, die die römischen Götter verehren, feiern auch am 21. Dezember, während die Christen an den Tagen vom 24. bis zum 26. Dezember feiern, weil ihre Kirche ihnen das so vorgibt. Lange gab es darum auch Spannungen zwischen den einzelnen Religionen und auch heute noch kommt es zu Konflikten, aber Kaiser Hadrian hat die Situation ziemlich gut geklärt und greift auch hart durch, wenn sich die Menschen nicht an die Gesetze halten, die er wegen den unterschiedlichen Religionen in seinem Reich erlassen hat. Denn die Juden feiern wieder ganz anders als die Christen oder die anderen Religionen.«

Nachdenklich sieht Jonouchi ins Feuer. »Verstehe. Also haben die Christen das Fest einfach übernommen und angepasst. Sowas von verrückt.«

Daraufhin zuckt Atemu nur mit den Schultern. »So funktioniert Religion. Gib den Menschen etwas, was sie verstehen können und kennen und dann hast du es nicht mehr allzu schwer, sie für den Glauben zu gewinnen und so in die gewünschte Richtung zu lenken. Kaiser Hadrian hat das grösste Reich, nur darum hat er so viele von Grund auf verschiedene Glaubensvorstellungen, die er irgendwie unter einen Hut bringen muss.«
 

»Ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich kompliziert ist. Zum Glück haben wir ja damit nichts zu tun. Danke für die interessante Geschichte.« Mit diesen Worten steht Jonouchi wieder auf und geht zurück zu May, die er nun sanft auf die Lippen küsst.
 

Mit einem schiefen Grinsen sieht Yugi ihm nach. »Wenn er nur wüsste«, raunt er Atemu zu, der jetzt den Arm um ihn legt. »Wieso? Er hat recht. Ich habe nichts mehr damit zu tun. Also lass uns den Abend weiter geniessen.«
 

 

 

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So, das war es auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und wünsche euch noch einen guten Rutsch ins neue Jahr, wenn wir uns vor Silvester nicht mehr lesen sollten.

 

Eure mrs_ianto

 

Silvester

Hallo zusammen,

 

ja, ich habe schon wieder viel zu lange kein neues Kapitel mehr gepostet und eigentlich war das Kapitel ja für Anfang Januar gedacht gewesen, aber irgendwie wollte meine Muse nicht aktiv werden. Nun ist es endlich soweit. Ihr bekommt das neue Kapitel zu lesen.

 

Ich wünsche euch viel Spass.

 

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Silvester

 

 

Gähnend setzt sich Atemu im Bett auf, nur um gleich darauf fröstelnd die Arme um sich zu schlingen und sich wieder unter die Decke zu verkriechen. »Yugi, wir müssen anfangen zu heizen, es ist einfach zu kalt geworden«, beschwert er sich, als er sich an ihn kuschelt.

»Hm?« Yugi dreht sich noch halb schlafend zu seinem Liebsten um und schlingt die Arme um ihn.

»Wir müssen auch hier oben anfangen zu heizen. Es ist eiskalt im Zimmer.« Atemu erwidert die Umarmung seines Shariks. Dass er eigentlich aufstehen sollte, ist ihm egal.

Langsam wird Yugi wacher und er realisiert, was die Worte zu bedeuten haben. »Liebster, wir heizen hier oben immer nur sehr sparsam. Darum haben wir ja so warme Decken.« Erst jetzt öffnet er die Augen und lächelt seinen Liebsten warm an. »Wir können aber am Abend schon ein wenig anfeuern und ein Brikett reinlegen, wenn es dir zu kalt ist.«

»Ja, das wäre wirklich toll«, erwidert Atemu und löst sich nach einem Blick zum Fenster widerstrebend von seinem Sharik. »Ich muss in den Stall«, murrt er und steigt aus dem Bett. Fröstelnd rennt er zu seinen Kleidern und schnappt sie sich, ehe er aus dem Zimmer läuft.

Schmunzelnd hat Yugi seinen Liebsten beobachtet und kuschelt sich noch für einen Moment unter der warmen Decke ein. Er muss ja jetzt eh warten, bis das Bad wieder frei ist. »Du bist richtig verwöhnt geworden«, murmelt er amüsiert.

 

Als er nach einem Blick zum Fenster der Meinung ist, dass sein Liebster so langsam fertig sein sollte, steht er auf und geht mit der Decke um den Schultern zu seinen Kleidern. Mit den Sachen auf dem Arm bringt er die Decke zurück zum Bett und geht dann fröstelnd aus dem Zimmer. Auf der Treppe läuft er seinem Liebsten über den Weg. »Moment«, raunt er ihm zu und zieht ihn an sich. Sanft küsst er ihn, bis er sich atemlos von ihm lösen muss. »Guten Morgen, nachträglich.«

»Guten Morgen, Sharik.« Atemu zieht ihn noch einmal an sich und küsst ihn noch einmal voller Liebe. »Nun aber ab mit dir unter die Dusche. Sonst musst du wieder im Laden frühstücken«, neckt er ihn, bevor er seinen Sharik sanft die Treppe runterschiebt.

Lachend lässt sich Yugi schieben. »Was gar nicht mehr so schlimm ist, seit du mir das Frühstück bringst und für Feuerholz sorgst.« Grinsend sieht er über die Schulter in das geliebte Gesicht und quiekt dann erschrocken auf, als er einen kleinen Klapps auf den Hintern bekommt. »Du kleiner Frechdachs, nun aber ab mit dir.« Gespielt streng hebt Atemu den Finger. »Ich habe auch noch anderes zu tun.« Mit diesen Worten wendet er sich wieder zur Treppe um und bringt den Schlafanzug nach oben ins Schlafzimmer.

 

Seinem Liebsten verliebt nachblickend, seufzt Yugi auf. »Du hast dich so sehr verändert«, murmelt er vor sich hin, als er die Badezimmertür öffnet und das Schild umdreht. Im Bad ist es herrlich warm, was Yugi für einen Moment seufzend die Augen schliessen lässt.

Als er die Kleider neben dem Ofen auf den Hocker gelegt hat, kontrolliert er, ob er Holz nachlegen muss und wirft zur Sicherheit noch ein Holzscheit in die Flammen.

 

Unterdessen ist Atemu im Heulager und stopft noch etwas mehr Heu in die vorbereiteten Netze. Er hat in den letzten Tagen bemerkt, dass die Pferde mehr als sonst fressen. Die jetzt deutlich volleren Heunetze schleppt er aus dem Lager und wird schon von einem ungeduldigen Schnauben empfangen, als er den Stall betritt. »Ja, ich beeile mich ja schon.« Lachend hängt er die Netze in die Boxen und kontrolliert die Tränken. «Hmmm, ich denke, ich hole drinnen warmes Wasser für euch. Oder was meint ihr?«

Nur zufriedenes Kauen antwortet ihm. »Ich werte das mal als ein Ja.« Grinsend geht Atemu aus Blackys Box und schliesst sorgfältig die Tür, ehe er den Eimer nimmt und in Richtung Haus geht. Dabei bemerkt er zum ersten Mal, dass es unter dem Schnee ziemlich glatt ist, was ihn leise seufzen lässt.

 

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hat, zieht sich Atemu die Schuhe aus und geht mit dem Eimer in die Küche. »Guten Morgen, Grossvater. Ich hole für die Jungs nur warmes Wasser und brauche dann später die Asche. Der Hinterhof wird glatt.«

 

»Guten Morgen. Ach, darum holst du das Wasser hier und nicht im Bad. Du kannst den Ascheeimer sonst gleich mitnehmen. Die Asche drin ist noch von gestern und ich müsste ihn sowieso leeren.« Sugoroku deutet lächelnd mit einer Hand auf den Ascheeimer. »Yugi ist übrigens schon im Laden. Heute haben wir nur bis Mittag geöffnet, da wir dann nach dem Mittagessen gleich zu Jono gehen und uns dort um das Silvesteressen kümmern werden. Was ich dich noch fragen wollte. Wir gehen bei Sonnenuntergang immer in den Shinto-Tempel, um um Glück im neuen Jahr zu bitten. Willst du dann auch mitkommen oder in Jonos Haus bleiben?«

Nachdenklich blickt Atemu auf das in den Eimer fliessende Wasser. «Ich bleibe dann im Haus. Es würde sich falsch anfühlen. Tut mir leid.«

Lächelnd legt Sugoroku eine Hand auf die Schulter seines Enkels. »Du musst dich nicht entschuldigen. Wir gehen auch mehr aus Gewohnheit da hin.«

Dankbar sieht Atemu den alten Mann an. »Danke, für dein Verständnis.«

»Du musst dich nicht dafür bedanken. Das ist doch selbstverständlich.« Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf und wendet sich nun dem Ofen zu, um die Brötchen herauszunehmen.

 

Endlich ist der Eimer voll und Atemu stellt das Wasser ab. Da er vor dem Frühstück nicht unbedingt noch einmal in die Küche kommen will, nimmt er auch gleich den Ascheeimer mit nach draussen und stellt ihn neben der Hintertreppe ab. Das heisse Wasser verteilt er zu gleichen Teilen in den Tränken und giesst dann noch kaltes Wasser aus dem Brunnen nach und holt dann noch einmal heisses Wasser, das er wieder zu gleichen Teilen auf die Tränken verteilt.

 

Als er aus dem Stall tritt, blickt er zum Himmel. »Zeit fürs Frühstück«, murmelt er vor sich hin und geht ins Haus. Die vom Schnee feuchten Schuhe zieht er sich gleich hinter der Tür aus und schlüpft in die Hausschuhe, ehe er sich die Hände wäscht und dann in die Küche geht.

»Da bist du ja wieder. Hast du alles geschafft?« Fragend sieht Sugoroku zu Atemu der bedauernd den Kopf schüttelt. »Leider nein. Ich muss noch den Hof vom Schnee befreien und dann die Asche verteilen. Was ich noch fragen wollte. Kann ich den Jungs morgens eine zusätzliche Portion Hafer geben? Sie scheinen bei der Kälte die Energie zu brauchen.«

 

Sugoroku drückt Atemu eine Tasse Tee in die Hand. «Mach das ruhig. Wir können ja am nächsten Markttag noch extra Hafer kaufen gehen und vielleicht finden wir ja auch einen Sack Mais.«

Sich die kalten Finger an der Tasse wärmend, trinkt Atemu vorsichtig einen Schluck. »Das hört sich gut an. Auch wenn ich weiss, dass es für die Pferde besser ist, wenn der Stall nicht geheizt wird, tut sie mir doch auch ein wenig leid, dass sie in der Kälte stehen müssen. Ich gebe schon eine Extralage Stroh in die Boxen, damit sie es schön warm haben.« Noch einmal von dem Tee trinkend, geniesst er die Wärme, die sich langsam von innen in seinem Körper ausbreitet.

»Isst Yugi wieder im Laden?«

Ernst nickt Sugoroku und setzt sich hin. »Ja, die ersten Leute haben schon an die Tür geklopft, als er Holz nachgelegt und dann die Regale wieder aufgefüllt hat. »Dieses Jahr ist es ungewöhnlich kalt und die Menschen suchen nach warmen Stoffen und anscheinend sind wir einer der wenigen Händler, die noch welche haben. Besonders dieser Wollstoff ist trotz der heiklen Farbe heiss begehrt und wenn das so weitergeht, werden wir schon in einer Woche keinen mehr haben.« Während er gesprochen hat, hat er sich ein Brötchen genommen und schneidet es jetzt auseinander. »Ich habe ihm vorhin ein belegtes Brot und eine Kanne Tee gebracht, da standen schon drei Kunden im Laden und die beiden, die warten mussten, haben sich schon selbstständig umgesehen. Das ist wirklich selten, dass das passiert.«

Atemu hört aufmerksam zu, während er ein Honigbrötchen geniesst. »Was ich auch noch fragen wollte, können wir oben auch ein wenig heizen? Es ist so schrecklich kalt im Schlafzimmer.«

Sugoroku kann sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. »Das können wir machen. Wir müssen einfach den Kamin im Wohnzimmer auch anfeuern und die Schieber dementsprechend einstellen, dann wird es oben dann schnell kuschelig warm. Aber wir heizen nicht zu sehr, sonst müssen wir noch teuer Holz nachkaufen gehen und das möchte ich vermeiden.«

»Es muss ja nicht so warm wie hier unten werden, aber ein bisschen wärmer als draussen wäre schon schön oder hast du nicht kalt, wenn du aufstehst?«¨

Lachend lehnt sich Sugoroku zurück. »Doch natürlich habe ich auch kalt, wenn ich morgens aufstehe. Darum bin ich auch einverstanden, dass wir abends oben ein wenig den Kamin anfeuern und dann ein oder zwei Briketts einlegen.«

Grinsend mustert Atemu den alten Mann. »Du hast also nur darauf gewartet, dass einer von uns sagt, dass wir kalt haben und oben etwas heizen wollen?« Auch wenn er es wie eine Frage klingen lässt, ist es doch mehr eine Feststellung.

Ertappt reibt sich Sugoroku übers Kinn. »Du hast mich erwischt. Ich kann doch nicht zugeben, dass ich es wärmer haben möchte. Das geht gegen meinen Stolz.«

Kopfschüttelnd widmet sich Atemu wieder seinem Brötchen zu. Schweigend frühstücken sie zu ende und nachdem Atemu Sugoroku dabei geholfen hat, die Küche von den Spuren des Frühstücks zu befreien, geht er zurück in den Hof, wo er den Pferden nun je eine Handvoll Hafer gibt und ihnen auch gleich das nächste Heunetz in die Boxen hängt.

Als die Pferde zufrieden kauend dastehen, nimmt er die Schneeschaufel und befreit den Hofplatz vom Schnee, ehe er den Ascheeimer nimmt und die Asche auf dem Platz verteilt. Zwar ist der Boden nun von der Asche schmutzig, aber immerhin nicht mehr glatt. Dennoch verzieht Atemu das Gesicht, als er die graue Schicht sieht, die alles andere als appetitlich aussieht. »Also die Pferde füttere ich jetzt nur noch in den Boxen. Das kann doch auf Dauer nicht gesund sein.«

»Führst du Selbstgespräche?« Schmunzelnd lehnt Yugi im Türrahmen und beobachtet seinen Liebsten. »Musst du nicht im Laden stehen?« Mit dem leeren Eimer geht Atemu zu Yugi und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. »Das muss ich ja wohl oder übel. Schliesslich bin ich hier draussen allein. Was machst du überhaupt hier hinten? Ist im Laden nichts los?«

Seufzend lehnt Yugi die Stirn gegen die seines Liebsten. »Doch schon, aber ich musste kurz aufs Klo und dachte, ich schau mal nach dir. Grossvater steht im Moment im Laden, darum muss ich auch gleich wieder reingehen.«

»Wenn das so ist, kann ich dir dann gleich den Ascheeimer geben? Ich will die Pferde noch ein wenig laufen lassen und die Boxen ausmisten, bevor wir nach dem Mittagessen losgehen und bin ziemlich spät dran.« Als ihm sein Sharik den Eimer aus der Hand nimmt, lächelt Atemu ihn dankbar an und haucht ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. »Danke, Sharik.«

Schmunzelnd legt ihm Yugi die Hand auf die Wange. »Nichts zu danken, du solltest dann aber noch einmal duschen, bevor wir losgehen. Du bist voller Asche, mein Schatz.« Noch bevor sein Liebster etwas erwidern kann, dreht Yugi sich um und geht zurück ins Haus.

Die Stirn runzelnd blickt Atemu an sich runter und seufzt. «Na toll, sogar die Jacke ist voll.« Murrend geht er die Seile holen und blockiert das Tor, ehe er die Pferde rauslässt und die Boxen ausmistet. Dabei wird ihm richtig warm, obwohl die Kälte langsam durch seine Kleidung dringt.

 

Gute Zwei Stunden später, stehen Blacky und Rocky wieder in ihren Boxen und zupfen einzelne Heuhalme aus den neuen Netzen. Fressen tun sie allerdings nicht wirklich, da sie immer noch satt sind.

Zufrieden beobachtet Atemu das Verhalten der beiden und gibt ihnen noch einmal frisches Wasser, bevor er ins Haus geht und sich gleich unter die Dusche stellt. Im ersten Moment brennt das warme Wasser auf seiner kalten Haut, dennoch stellt er es nicht auf kälter, sondern geniesst das leichte Brennen und Kribbeln sogar, als das Gefühl in seine Glieder zurückkehrt.

Nur leider kann er es sich heute nicht leisten, zu lange unter der Dusche zu stehen, weshalb er schon nach ein paar Minuten bedauernd wieder aus der Wanne steigt und nach einem Frotteetuch greift.

Nachdem er sich abgetrocknet hat, wickelt er es sich um die Hüften. Vor dem Spiegel stehend, mustert er sich im Spiegel und mustert nachdenklich den Bart, der ihm in den letzten Tagen gewachsen ist. Eigentlich gefällt es ihm so, weshalb er ihn nur ein wenig in Form bringt.

Frisch geduscht und nur minimal rasiert verlässt er das Badezimmer und geht nach oben, wo er überrascht feststellt, dass es deutlich wärmer ist als noch am Morgen. Offenbar hat Grossvater schon den Kamin angefeuert.

Dennoch fröstelt es ihn, als er im Schlafzimmer steht, weshalb er eilig frische Kleider anzieht und diesmal einen besonders warmen Pullover auswählt und auch noch ein Shirt drunter zieht.

So warm eingepackt, geht Atemu nach unten und setzt sich zu Yugi und Sugoroku an den Tisch, die schon auf ihn warten. Eine herrlich duftende Kartoffelsuppe steht auf dem Tisch und wartet nur darauf, dass sie verspeist wird.

»Verzeiht, dass ihr warten musstet. Grossvater, meine Jacke ist leider voll Asche, wie kriege ich die schnell wieder sauber?«

Sugoroku ist schon dabei, die Suppe zu verteilen. »Reibe nicht an den Flecken, dann kannst du die Jacke noch bis zum Waschtag im Stall anziehen. Asche geht relativ gut wieder raus, wenn man sie nicht in den Stoff rein reibt.«

»Okay, dann passe ich in den nächsten Tagen besonders gut auf.« Erleichtert, dass die Jacke wieder sauber werden wird, atmet Atemu auf und nimmt sich zu der Suppe auch noch ein Brötchen.

 

Nach dem Essen brechen die Drei warm eingepackt und mit einem Korb mit den vorbereiteten Häppchen auf den Weg zu Jonouchis Schmiede.

Trotz der Flecken, hat Atemu wieder die warme Jacke aus dem Wollstoff angezogen und sein Sharik hat ihm sogar noch grinsend eine Mütze über den Kopf gezogen und einen Schal um den Hals gewickelt.

Mit gesenktem Köpfen gehen sie durch den stärker werdenden Schneefall durch die weissen Strassen. Ihre Schritte werden durch die Schneeschicht gedämpft und irgendwie wirkt es durch das graue Licht seltsam, an den eigentlich so vertrauten Häusern und Geschäften vorbeizugehen.

 

Als sie auf den Platz vor Jonouchis Schmiede ankommen, atmet Yugi auf. »Endlich, ich dachte schon, wir kommen gar nicht mehr an. Ist die Schmiede etwa weiter weg gewandert?«

Grinsend legt Sugoroku die Hand auf die Schulter seines Enkels. »Das denke ich nicht. Aber durch den Schnee ist dir die Strecke einfach weiter vorgekommen. Nun lass uns aber reingehen. Wir werden sicher schon erwartet.«

Yugi nickt und geht zur Tür, wo er die Hand hebt und anklopfen möchte, als diese schon geöffnet wird. »Da seid ihr ja. Ich dachte schon, dass euch der Schnee gefressen hat.« Grinsend lässt Jonouchi die Drei eintreten und nimmt Atemu den Korb ab. »Na los, ab nach oben mit euch. Wir haben im Wohnzimmer den Ofen angefeuert und einen kleinen Schrein aufgestellt. Wenn es euch recht ist, bitten wir an dem Schrein um Glück fürs neue Jahr und gehen nicht durch den Schneesturm zum Schrein«, erzählt Jonouchi ihnen, während sie nach oben in die Wohnung gehen, wo sie schon von May und Rishido erwartet werden.

«Jungs, ihr habt es also doch noch hergeschafft. Ich dachte schon, ihr bleibt bei dem Wetter Zuhause.« Stürmisch umarmt May Yugi und drückt ihn an sich, ehe sie auch Sugoroku umarmt und auch Atemu in eine schnelle Umarmung zieht.

Noch immer mag er es nicht wirklich von jemand anderen als Yugi oder auch Sugoroku umarmt zu werden, dennoch legt er die Arme schnell um sie, bevor er zurücktritt und sich in dem gemütlichen Wohnzimmer umsieht. »Ich dachte, wir sind heute mit dekorieren dran?«

Grinsend kratzt sich Jonouchi am Hinterkopf und zuckt dann mit den Schultern. »Ja, eigentlich schon, aber irgendwie waren wir nach dem Schreinaufstellen gerade so schön in fahrt und haben gleich weitergemacht.«

Vielsagend hebt Rishido nun eine Augenbraue an. »Meister Jonouchi, will nur nicht zugeben, dass Miss May ihn zum Aufräumen gezwungen hat, weil hier nach dem Aufbau ein riesen Chaos geherrscht hat«, flüstert er Atemu zu, der sich nur mit Mühe ein lautes Lachen verkneifen kann. »Wieso erstaunt mich das nicht?«, fragt er scherzend und zieht sich nun die Jacke aus.

»Grossvater, Sharik, gebt mir doch eure Jacken, wenn ihr jetzt doch hier bleibt.« Mit den Jacken geht er rüber ins Badezimmer, wo er sie in der Nähe des Ofens aufhängt, damit diese trocknen können. Da bemerkt Rishido die Flecken und nimmt die Jacke wieder vom Haken. »Ich wasche die schnell, dann ist sie wieder trocken, bis ihr wieder geht.«

Erstaunt nickt Atemu reflexartig. »Danke, aber das ist doch nicht nötig«, erwidert er perplex und stellt sich neben den anderen. »Grossvater wollte das beim nächsten Waschtag machen.«

Das Wasser in die Wanne laufen lassend, sieht Rishido zu ihm. »Das glaube ich dir. Aber erstens werden sie jetzt wohl gerade ihre Riten machen und zweitens ist die Jacke vom Schnee nass geworden, also kommt es jetzt auch nicht mehr darauf an und die Flecken gehen jetzt noch besser raus.«

 

»Verstehe«, murmelt Atemu und sieht nun zu, wie Rishido gekonnt einen Fleck nach dem anderen aus dem weissen Stoff wäscht und die Jacke dann sorgfältig noch einmal ausspült, ehe er sie neben dem Ofen aufhängt und noch einmal Holz nachlegt. »Es ist schon interessant. Meister Jonouchi ist nicht gläubig. Aber dennoch ist dieses Ritual an Silvester für ihn sehr wichtig und er war richtig betrübt, als sich das Wetter verschlechtert hat und Miss May meinte, dass sie hier bleiben sollten, da der Schrein ausserhalb der Stadt liege.« Rishido hat den Stoff noch einmal glatt gestrichen und dreht sich jetzt zu Atemu um. »Was ist mit dir? Glaubst du an die Götter? An Ra, dessen Sohn du bist? Und an die anderen Götter?« Fragend sieht er den Kleineren Mann an, der ernst zur Seite blickt und dann den Kopf schüttelt. »Nein, ich glaube nicht an sie. Für viele ist der Glaube an sie ein Trost, aber das war er für mich nie und ich habe zu viel gesehen, als dass ich an so eine höhere Macht glauben könnte.«

Ernst nickt Rishido. »Das tut mir für dich leid. Für mich waren sie in den schweren Zeiten immer ein Pol der Hoffnung und schliesslich haben sie meine Gebete erhört und mich zu einem gütigen Meister geführt. Dafür werde ich ihnen auf ewig dankbar sein.« Lächelnd legt Rishido die Hände auf Atemus Schultern. »Ich weiss, dass du durch deine Herkunft viel mehr weisst, als ich es tue und ich wohl nie verstehen werde, wie du wirklich zu den Göttern stehst, aber auch wenn du nicht an sie glaubst, sind sie bei dir. Sie haben dir eine schwere Prüfung auferlegt und werden dir noch mehr auferlegen.« Ernst sieht er in diese Augen, die ihn tief in seinem Innern mit Ehrfurcht erfüllen und in die er unter anderen Umständen nie hätte sehen dürfen.

Fest erwidert Atemu den Blick und legt die Hand auf die von Rishido. »Danke dir. Lass uns zu den anderen gehen.« Bewusst klärt er ihn nicht darüber auf, wie der Glaube des Volkes von seiner Familie über die Jahrhunderte hinweg instrumentalisiert worden ist und wie auch die früheren Pharaonen teilweise ihre Macht im Namen der Götter missbraucht haben.

Gemeinsam gehen sie ins Wohnzimmer, bleiben aber stehen, kaum dass sie den Raum betreten haben. Atemu und Rishido beobachten schweigend, wie ihre Freunde und Familie mit gesenkten Köpfen vor dem kleinen, improvisierten Altar stehen. Obwohl er weiss, dass keiner von ihnen gläubig ist kann er spüren, dass ihnen dieser Moment des Innehaltens unglaublich wichtig ist.

 

Schliesslich klatschen sie drei Mal in die Hände, ehe sie sich umwenden und lächelnd zu Atemu und Rishido blicken. »Da seid ihr ja wieder. Wir sind hier soweit fertig, wollen wir jetzt zu Abend essen?« Yugi tritt auf seinen Liebsten zu und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. »Ich weiss, dir bedeutet das nichts, aber vielleicht willst du auch einen Moment innehalten«, raunt er ihm leise zu und legt ihm dabei die Hand auf die Wange. »Es tut unglaublich gut. Selbst wenn man nicht an die Götter glaubt.«

Atemu schmiegt seine Wange in die warme Handfläche. »Sharik, ich weiss nicht, ob ich das kann. Ich weiss zu viel«, murmelt er betrübt, löst sich dann aber doch von ihm und geht zu dem kleinen Schrein, auf dem die Räucherstäbchen immer noch ihren wohlriechenden Rauch in die Luft steigen lassen. Lange blickt er auf die schon beinahe hypnotischen Bewegungen der kleinen Rauchsäulen und bemerkt nicht, dass die anderen ihn allein lassen und leise in die Küche gehen. Erst, als der Wind am Fenster rüttelt, erwacht Atemu aus seiner Trance und wendet sich um. Die Stirn runzelnd bemerkt er, dass er allein ist und geht zur Tür. Dort bleibt er stehen und neigt lauschend den Kopf. Leise hört er Stimmen aus der Küche und folgt ihnen, bis er den wärmsten Raum der Wohnung betritt. »Da seid ihr ja. Tut mir leid, ich wollte euch nicht aus dem Wohnzimmer vertreiben.« Mit einem schuldbewussten Blick geht er zu seinem Sharik und legt ihm die Hand auf die Schulter.

Lächelnd legt Yugi seine Hand auf die seines Liebsten und schüttelt den Kopf. »Du hast uns nicht vertrieben. Wir wollten dir einen Moment Ruhe gönnen und haben uns hier gut unterhalten. Jetzt sollten wir aber langsam mal die Häppchen von Grossvater zu Mays Köstlichkeiten stellen und es uns im Wohnzimmer am Kaminfeuer gemütlich machen.«

Mit einem schiefen Grinsen, da sein Magen wie auf Kommando knurrt, nickt Atemu und greift sich zwei der Teller, auf denen die herrlich duftenden Häppchen angerichtet sind.

Gemeinsam gehen sie mit den gefüllten Tellern zurück ins Wohnzimmer und setzen sich auf das Sofa und die Stühle, die in einem Halbkreis um den Kamin und den niedrigen Couchtisch, auf dem sie nun die Teller verteilen, aufgestellt worden sind.

Obwohl Atemu angesichts des Feuers nervös ist, lehnt er sich neben Yugi zurück und lauscht den Gesprächen der anderen, ohne die Worte jedoch bewusst wahrzunehmen. Nachdem er sich satt gegessen hat, lehnt er sich an seinen Sharik. Plötzlich müde legt er den Kopf auf dessen Schulter und ist kurz darauf eingeschlafen.

 

Yugi blickt schmunzelnd zu seinem schlafenden Liebsten. »Er war die ganze Zeit über so angespannt. Kein Wunder, dass er jetzt so müde ist«, murmelt er leise und konzentriert sich dann wieder auf Jonouchi. »Wir wissen nicht, wie es genau weitergeht. Jetzt, da er sich an seine Vergangenheit erinnert. Wir nehmen jeden Tag, so wie er kommt. Etwas anderes bleibt uns ja nicht übrig. Und noch kämpft Atemu ja mit den Erlebnissen nach seiner Versklavung.«

Ernst nickt Jono und nimmt einen Schluck von seinem Tee. »Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Kriegt er immer noch Panik, wenn man Liebe sagt?« Neugierig mustert er Atemu der im Schlaf so entspannt wirkt, wie er ihn noch nie gesehen hat.

Tief seufzend streicht Yugi eine Strähne aus dem Gesicht seines Liebsten. »Er vermeidet das Wort wo er nur kann und wir lassen es nicht darauf ankommen. Er bestimmt das Tempo und ehrlich gesagt, habe ich mich inzwischen daran gewöhnt, es in dem Zusammenhang, mit dem er Probleme hat, nicht zu benutzen.«

Ungläubig schüttelt Jonouchi den Kopf. »Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Wenn ich May nicht -Ich liebe dich- sagen könnte, dann würde ich verrückt werden. Wie macht ihr das denn?«

 

Leise lacht Sugoroku auf. »Sie haben eine ganz eigene Formulierung gefunden. Hast du etwa nie zugehört, wenn sie -Dir gehört mein Herz- oder -Mein Herz gehört dir- gesagt haben?«

 

Als Jono nun die Stirn runzelt, verdreht May die Augen. »Du hast nie zugehört, mein Lieber und wenn doch, dann hast du es wieder vergessen.« Lachend gibt sie ihm einen lauten Schmatzer auf die Wange, als die ersten Raketen mit einem Knall explodieren. »Schon so spät. Das habe ich gar nicht bemerkt. Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr und hoffen wir, dass das Jahr 2017 mindestens genauso gut oder noch besser wird, als das letzte Jahr.«

 

»Ja, und ruhiger«, fügt Yugi hinzu und als sie mit ihrem Tee lachend anstossen, wird Atemu wieder wach. »Was ist passiert? Bin ich etwa eingeschlafen?« Verwirrt blickt er sich im Wohnzimmer um und sieht dann fragend zu seinem Sharik, der ihm lächelnd einen Kuss auf die Lippen haucht. »Ja, das bist du. Du hast den Jahreswechsel verschlafen. Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr, mein Liebster.« Automatisch erwidert Atemu den gehauchten Kuss. »Das wünsche ich dir auch«, raunt er leise und mustert dann die anderen. «Natürlich wünsche ich euch auch ein frohes neues Jahr und viel Gesundheit.« Bei den letzten Worten sieht er vielsagend zu Grossvater, der den Blick ernst erwidert, dann aber schief grinst. »Ich werde mir Mühe geben, dass ich mich nicht mehr überarbeite.«

»Das will ich auch hoffen. Nicht, dass Atemu dich noch öfters wieder einrenken muss«, kommentiert Yugi trocken, was für lautes Gelächter sorgt. Vor allem, weil Sugoroku gespielt empört das Gesicht verzieht und mit dem erhobenen Zeigefinger vor Yugis Nase rumwedelt. »Nicht frech werden, mein Junge. Komm du erst mal in mein Alter und sei dann immer noch so fit, wie ich es bin.« Das breite Grinsen auf dem Gesicht des alten Mannes, lässt seinen strengen Tonfall Lügen strafen.

»Wir werden es ja dann sehen, wie fit Yugi noch ist und ob er dich dann endlich auch mal im Schach schlagen kann«, wirft Jonouchi gedankenlos ein, was eine plötzliche Stille hervorruft. Ist doch allen klar, dass Sugoroku den Tag unmöglich erleben kann.

 

Um die unangenehme Stille zu beenden, räuspert sich Sugoroku nun lautstark. »Es ist schon spät. Wir sollten langsam nach Hause gehen. Auch wenn Yugi morgen ausschlafen kann, haben wir viel zu tun.« Vielsagend blickt er zu Yugi, der bei dem Gedanken an die immer wieder verschobene Inventur das Gesicht verzieht. «Du hast ja recht«, murrt er und steht auf. »Ihr habt es ja gehört. Holen wir unsere Jacken und gehen raus in die kalte Nacht.«

 

Bei der Vorstellung, dass er raus in die Kälte muss, schaudert es Atemu unwillkürlich, als er aufsteht und die Jacken aus dem Badezimmer holt. »Ein Glück, sie ist trocken!« Erleichtert, schlüpft er in die durch den Ofen kuschelig warme Jacke, ehe er zurück zu den anderen geht, die schon unten an der Tür auf ihn warten und reicht seinem Sharik und Grossvater die herrlich warmen Jacken.

Nachdem sie sich alle von einander verabschiedet haben, machen sich Yugi, Sugoroku und Atemu auf den Heimweg, durch die inzwischen klare, aber dafür eiskalte Nacht. Die Hände tief in den Taschen vergrabend und mit hochgeklappten Kragen, laufen sie, im knirschenden Schnee die ersten Spuren hinterlassend durch die menschenleeren Strassen. Keiner sagt ein Wort, um auch ja möglichst wenig von der eisigen Luft in die Lungen zu bekommen. Endlich erreichen sie durchgefroren den Hinterhof und betreten den schneeweissen Platz, nur um gleich darauf von einem lauten Schnauben und Stampfen begrüsst zu werden, was Atemu die Stirn runzeln lässt. »Ich habe die Stalltüren doch geschlossen«, murmelt er besorgt und rennt nun zu der nur noch angelehnten Tür. Voller Sorge um seine Racker, betritt er den Stall und mustert die wachen Pferde, nur um gleich darauf scharf die Luft einzuziehen, als er in Blackys Box einen Schatten im Stroh liegen sieht. «Yugi, Grossvater! Kommt schnell her!«

 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und ich hoffe, dass ich alle Namen aus der Romanversion eliminiert habe.

 

Eure mrs_ianto

Familienzuwachs

Hallo zusammen,

es geht endlich weiter und es wird aufgelöst, wen oder was Atemu da in der Box gefunden hat. Ich muss gestehen, dass sich meine Muse mit dem Kapitel sehr schwer getan hat. Darum hat es so lange gedauert, bis es fertig war.

So, jetzt aber genug geschwafelt, ihr wollt ja schliesslich wissen, wie es weitergeht.

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Familienzuwachs

 

Ohne auf Yugi und Sugoroku zu warten, öffnet Atemu die Boxentür und geht langsam in die Box. Beruhigend krault er Blacky und schiebt ihn von dem Schatten weg, ehe er sich ins Stroh kniet und die Hand ausstreckt.

Nur am Rande nimmt er die leise gesprochenen Worte von Sugoroku wahr, der zu Yugi sagt, dass er Blacky festhalten soll, während er vorsichtig die offenbar bewusstlose Person im Stroh auf den Rücken dreht. Scharf zieht er die Luft ein, als er den Bewusstlosen erkennt. »Nino!«, ruft er geschockt aus, als er in das blasse Gesicht sieht.

Mühsam hatte sich Sugoroku neben Atemu ins Stroh sinken lassen und runzelt die Stirn. »Nino? Ist das nicht der Name von Bakuras Sklaven?« Möchte er wissen, während er ihm die Hand auf die Stirn legt. »Er schwitzt trotz der Kälte und die Haut ist eiskalt. Er muss sofort ins Haus«, stellt er voller Sorge fest und steht wieder auf. »Atemu, heb ihn hoch und trage ihn ins Wohnzimmer.«

 

Ernst nickt Atemu. »Ja, das ist Bakuras Sklave«, bestätigt er leise und hebt Nino nun vorsichtig hoch. «Gehen wir rein, bevor er in dieser dünnen Tunika noch richtig erfriert.« Noch immer geschockt verlässt er, gefolgt von Sugoroku, die Box, die Yugi dann hinter ihnen sorgfältig verschliesst. So schnell wie möglich eilen sie über den schneebedeckten Hof zur Hintertür, die Sugoroku aufhält, damit Atemu ohne Probleme durchgehen kann. »Wäre die Küche nicht besser?«, fragt Yugi mit einem Blick auf Nino. »Nein, er darf nicht zu schnell wieder warm werden. Sonst fliesst das kalte Blut in zu grosser Menge wieder zum Herzen und den anderen Organen. Daran könnte er sterben. Darum hoch ins Wohnzimmer, in eine Decke einwickeln und dann den Kamin anfeuern, damit sich der Raum langsam erwärmt«, erklärt Sugoroku ernst. Unterdessen ist Atemu schon weitergegangen und geht die Treppe nach oben.

»Du bist so erschreckend leicht«, murmelt er leise, als er Nino auf das Sofa sinken lässt und ihn in die kuschelige Wolldecke einwickelt. Erst danach sieht er zum Kamin, wo sein Sharik schon dabei ist, das Feuer wieder anzufachen. »Er ist nicht weggerannt. Sonst würde er das Halsband nicht mehr tragen.«

Leise tritt Yugi auf Atemu zu und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Aber was macht er dann hier? Ich meine, es ist eiskalt draussen und auch im Stall ist es nicht viel wärmer. Dazu trägt er nur die dünne Sklaventunika.«

Leer schluckend, wendet Atemu seine Aufmerksamkeit wieder Nino zu. »Vermutlich hat Bakura ihn verstossen. Was jetzt einem Todesurteil gleichkommt.«

Geschockt starrt Yugi seinen Liebsten an. »Was? Aber wieso denn? Ich meine, wenn er ihn nicht mehr will, dann kann er ihn doch verkaufen.«

Als Atemu das hört, lacht er bitter auf. »Sharik, sieh ihn dir an. Er schwitzt, obwohl er unterkühlt ist. Er leidet an einem Sulaveentzug. In dem Zustand wird ihn kein Händler kaufen. Im Gegenteil, wenn sie ihn übernehmen, dann nur gegen Bezahlung durch Bakura. Das ein kranker Sklave verstossen wird, ist leider keine Seltenheit.«

»Dann sollten wir schauen, dass der Junge wieder gesund wird und ich werde morgen zu Bakura gehen und ihm ein Angebot machen.«

Erstaunte Blicke treffen ihn aus zwei Augenpaaren. »Seht mich nicht so an. Offensichtlich ist er beim Ledergerber nicht mehr willkommen und ein weiteres Maul kriegen wir sicher gestopft.«

Hin und her gerissen beisst sich Atemu auf die Lippen. »Es wird nicht leicht werden. Salave ist nicht günstig und so ein kalter Entzug wird uns alle belasten. Darüber müsst ihr euch im Klaren sein.«

»Egal. Grossvater hat recht. Nino kann nicht zu Bakura zurück und draussen würde er innerhalb kürzester Zeit erfrieren. Was ist übrigens mit dir los? Du bist doch sonst so hilfsbereit.« Stirnrunzelnd sieht Yugi seinen Liebsten verwirrt an, der den Blick senkt und sich auf die Lippen beisst. »Es ist nichts. Ich wollte es nur gesagt haben. Dann werde ich in der nächsten Zeit wieder zu Yami, bis Ninos Schicksal entschieden ist.« Widerwillig gesteht er sich ein, dass sein Sharik recht hat. Er will Nino nicht hier haben. Einen Moment lang schliesst er die Augen, ehe er zu Grossvater sieht. »Geht schlafen. Ich kümmere mich um Nino. Ich nehme an, dass du heisses Wasser aufgesetzt hast?«

»Ja, der Krug steht auf dem Herd, falls du ihm Tee geben willst. Mehr wird er momentan kaum vertragen, wenn er denn aufwacht.« Mit einem wissenden Blick legt Sugoroku lächelnd die Hand auf Atemus Oberarm. »Ich werde schauen, dass ich morgen alles geklärt kriege, damit du dich nicht zu lange verstellen musst.«

Erst als sein Enkel nickt, zieht er die Hand zurück. »Yugi, er hat recht. Wir sollten schlafen gehen und wenn was ist, dann wird Atemu uns schon wecken«, sagt er mit einem leichten Lächeln. »Ich vertraue darauf, mein Junge und keine falsche Scheu, mich zu wecken, wenn es Probleme gibt. Verstanden?«

Atemu nickt und schiebt die beiden nun resolut aus dem Wohnzimmer. »Los, ab ins Bett ihr beiden. Ich habe ja schon geschlafen.«

Yugi will protestieren, als er aber das entschlossene Gesicht seines Liebsten sieht, verkneift er sich die Worte. Stattdessen legt er ihm die Hand in den Nacken und zieht ihn zu einem Kuss an sich ran. »Schlaf gut und wenn was ist, dann komme uns wecken, Liebster«, raunt er an dessen Lippen, ehe er sich widerwillig umdreht und in Richtung Schlafzimmer davongeht.

»Trotzdem eine gute Nacht, mein Junge.« Mit einem besorgten Blick sieht Sugoroku noch einmal zum Sofa, ehe auch er sich umdreht und zu seinem Zimmer geht.

 

Erst als die beiden aus seinem Sichtfeld verschwunden sind, geht Atemu runter in die Küche und bereitet einen frischen Kräutertee zu, der nach seiner Erfahrung Nino wenigstens ein wenig helfen wird.

In weiser Voraussicht nimmt er auch noch den Putzeimer mit, als er mit dem Teekrug und zwei Tassen wieder nach oben ins Wohnzimmer geht.

Nachdem er den Eimer neben das Sofa gestellt und den Krug und die Tassen auf dem Tisch platziert hat, legt er noch einmal Holz nach und setzt sich dann auf die Kante des Sofas.

Vorsichtig, um Nino nicht zu wecken oder zu erschrecken, legt er ihm die Hand auf die Stirn und bemerkt erleichtert, dass sich die Haut schon nicht mehr ganz so kalt anfühlt, wie noch zuvor. »Das wird schon wieder, Nino«, murmelt er leise und zieht die Hand zurück. Er will gerade aufstehen, als sich die Augen flatternd öffnen und ihn erst verwirrt und dann erschrocken ansehen.

Als Nino sich ruckartig aufsetzen will, drückt ihn Atemu sanft wieder zurück in die Kissen. »Bleib liegen. Keine Angst, du bist hier in Sicherheit.« Obwohl ihm nicht danach zumute ist, lächelt er warm, um Sicherheit zu vermitteln. Es scheint zu wirken, denn Nino wehrt sich nicht mehr gegen den Griff, sondern legt sich zögernd bequemer hin. Dennoch beobachtet er misstrauisch, wie zwei Tassen mit Tee gefüllt werden. »Du … bist Yami?«

Bei der Frage beisst sich Atemu kurz auf die Lippen. »Ja, ich bin Yami«, bestätigt er leise und hält Nino nun eine der Teetassen hin. »Kannst du allein trinken?«

Langsam streckt Nino die Hände nach der Tasse aus, aber sie zittern so stark, dass der Tee überzuschwappen droht, als er sie umfasst. Sofort festigt Atemu den Griff und nimmt Nino die Tasse wieder aus der Hand. »Ich helfe dir. Sonst verteilen wir den Tee nur auf dem Boden«, sagt er bewusst sanft und hilft Nino nun, sich aufzurichten. Er setzt sich so ihn, dass er ihn stützen kann, während er ihm die Tasse an die Lippen hält. »Vorsicht, der Tee ist heiss«, warnt er ihn noch vor als Nino gierig trinken möchte. Sofort wird der Jüngere vorsichtiger und beginnt nur mit kleinen Schlucken zu trinken, obwohl er am Verdursten ist.

Erst als die Tasse leer ist, lehnt sich Nino erschöpft zurück. »Warum?«, fragt er leise, während er sich zitternd in die Decke einkuschelt.

»Was meinst du mit warum?«, fragt Atemu zurück und stellt die Tasse auf den niedrigen Sofatisch.

»Warum bist du so freundlich? Und darf ich überhaupt hier sein? Haben deine Besitzer das erlaubt, dass du dich um mich kümmerst?« Ninos Worte werden immer undeutlicher, als er langsam in den Schlaf abdriftet.

Obwohl Atemu das bemerkt, lächelt er leicht. »Du brauchts Hilfe und ja, Grossvater und Yugi haben es nicht nur erlaubt, sondern sie bestehen sogar darauf, dass du hier bleibst«, antwortet er mit leisen Worten. »Und jetzt schlaf, solange du es kannst.« Das meiste hat Nino vermutlich gar nicht mehr gehört, ist er doch schon kurz nach seiner Frage eingeschlafen.

Mit einem tiefen Seufzen setzt sich Atemu mit seinem Tee in den Sessel und macht es sich gemütlich.

 

Er ist wohl eingedöst, als er ein leises Stöhnen hört und die Augen öffnet. Schlagartig hellwach springt Atemu auf und beugt Nino über den Eimer, als dieser sich auch schon krampfend übergibt. Obwohl sein Magen offensichtlich leer ist, würgt er immer wieder und spuckt Galle und Magensäure in den Eimer, bis er sich schliesslich schwer atmend etwas aufrichtet und sich dann mit Atemus Hilfe wieder hinlegt. »Tut mir leid«, murmelt er kraftlos und mit geschlossenen Augen.

Den Eimer zur Seite stellend, schüttelt Atemu den Kopf. »Du musst dich nicht entschuldigen. Du bist erstens immer noch unterkühlt und zweitens leidest du an Entzugserscheinungen. Wie lange hast du schon kein Sulave oder Salave mehr bekommen?« Fürsorglich deckt er Nino wieder zu, der beschämt den Kopf zur Seite dreht. »Vor fünf Tagen, war ich … bei einer Sklavenparty, da hat mir mein Meister Sulave gespritzt. Normalerweise … geht es mir dann nur einen … oder zwei Tage lang schlecht, aber diesmal wollte … es nicht aufhören. Er hat mich … davongejagt und da ich gehört habe, dass die Mutos Sklaven gut behandeln, bin ich … hierher gekommen. Aber ich habe es dann nicht gewagt zu klopfen, weil … ich bin doch nur ein Sklave und es war schon spät … und darum habe ich mich in die Box gelegt.« Nur stockend kann Nino sprechen und fängt dann an zu schluchzen. Als er plötzlich starke Arme um sich spürt, verspannt er sich. Doch dann merkt er, dass es nur Trost ist, der ihm angeboten wird. So lässt er sich fallen und lehnt sich an die starke Brust. Immer wieder wird er von Schluchzern durchgeschüttelt, während er seine Hände in den Stoff krallt und das Gesicht in dem Oberteil vergräbt.

 

Trotz seines Widerwillens wegen des engen Körperkontaktes, hält Atemu Nino fest mit den Armen umschlungen. Dabei wiegt er ihn wie ein Kind leicht hin und her. Bewusst sagt er nichts. Hat er doch am eigenen Leib erfahren, dass stummer Trost in solchen Momenten viel besser ist, als Worte. Geduldig wartet er ab, bis sich der Jüngere wieder beruhigt hat und sich von selbst von ihm löst. »Du bist hier sicher. Grossvater und Yugi werden dir helfen. Nun versuch wieder zu schlafen und wenn es dein Magen dann am Morgen mitmacht, kannst du etwas Brot oder so essen.«

»Du nennst einen deiner Meister Grossvater? Ist er darüber nicht böse?«, fragt Nino verunsichert nach, als er sich langsam wieder richtig hinlegt und die Decke bis zum Kinn hochzieht.«

»Er hat es mir sogar angeboten und jetzt versuche wieder zu schlafen. Dein Körper braucht die Ruhe, damit er gesund werden kann.« Er will schon aufstehen, als eine kalte und zugleich schweissnasse Hand seinen Arm umfasst. »Bitte bleib.« Mit einem flehenden Blick sieht Nino ihn an. Lächelnd streicht Atemu nun sanft mit den Fingerspitzen über dessen Stirn. »Keine Sorge, ich setze mich nur wieder in den Sessel. Ich gehe nicht weg.« Vorsichtig löst er sich aus dessen Griff und setzt sich wieder auf seinen vorherigen Platz. »Wenn die Sonne aufgegangen ist, werde ich in den Stall müssen, um die Pferde zu versorgen, aber bis dahin werde ich hier bleiben.«

Nino nickt zögernd. Obwohl es im Raum warm ist, zittert er vor Kälte und zieht sich die Decke noch enger um die Schultern.

 

Müde schliesst Atemu wieder die Augen, als er bemerkt, dass Nino wieder eingeschlafen ist. Er weiss nicht, wie lange er gedöst hat, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. Leicht zusammenzuckend öffnet er die Augen und sieht ihn Sugorokus lächelndes Gesicht. »Ich übernehme jetzt. Der Kleine hat Fieber, ich passe auf ihn auf, bis du wieder da bist.« Als er den besorgten Blick seines Enkels sieht, der zum Sofa wandert, drückt er die Schulter noch ein bisschen fester. »Keine Sorge, er schläft tief und fest und das ist auch gut so. So bemerkt er den Entzug nicht so stark und sein Körper kann sich besser erholen.«

Zwar immer noch besorgt, aber doch erleichtert, nickt Atemu. »Gut. Er wird ein paar Wochen schwer zu kämpfen haben. Er scheint Sulave ja wirklich regelmässig bekommen zu haben.« Langsam steht er auf und streckt den Rücken durch. «Dann gehe ich schnell zu den Pferden. Soll ich nachher noch das Frühstück machen?«

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. »Danke, aber das ist nicht nötig. Yugi kann sich darum kümmern. Er sollte ja auch gleich aufstehen.«

»Gut. Danke, Grossvater.« Kurz zieht Atemu den alten Mann in eine lockere Umarmung, ehe er aus dem Wohnzimmer eilt.

Als er weg ist, geht Sugoroku zum Kamin und legt noch einmal Holz nach. Nachdenklich blickt er in die Flammen, als er vom Sofa ein Geräusch hört. Langsam dreht er sich um und lächelt beruhigend, als er das verschreckte Gesicht von Nino sieht. »Guten Morgen, Junge. Keine Angst, ich tue dir nichts.« Bewusst ruhig spricht er die Worte aus und setzt sich auf den Sessel. »Ich heisse Sugoroku. Und du bist Nino. Richtig?« Geduldig wartet er darauf, dass der Junge sich entspannt und zögernd nickt. »Wie lange warst du gestern im Stall? Du warst eiskalt, als wir dich gefunden haben.«

Unsicher beisst sich Nino auf die Lippen und verkriecht sich zitternd mehr unter der Decke. »Ich weiss nicht. Meister Bakura hat mich nach Sonnenuntergang aus dem Haus gejagt, nachdem er mit einem neuen Sklaven wiedergekommen ist.« Er spricht so leise, dass er kaum zu verstehen ist. »Irgendwann habe ich den Weg hierher gefunden und mich in der Box versteckt. Ich habe gehört, dass Sie gut zu Sklaven sind.« Mit jedem Wort verkriecht sich Nino noch weiter unter der Decke.

 

Ruhig hatte Sugoroku zugehört und atmet nun tief durch. »Verstehe. Möchtest du denn hier bleiben, wenn du wieder gesund bist?«, fragt er mit möglichst sanfter Stimme. Als er sieht, wie sich die schwarzen Haare, die er als einziges noch sehen kann, bewegen und er so ein Nicken erahnt, reibt er sich nachdenklich das Kinn. »Gut, das sollte möglich sein. Ich mache mich nach dem Frühstück den Weg zum Ledergerber und rede mit ihm. Da er dich ja offensichtlich loswerden wollte, sollte es ja kein Problem sein, dass er dich uns überlässt.«

Ungläubig, dass er nicht gleich wieder aus dem Haus geworfen wird, wagt es Nino ein wenig unter Decke hervorzukommen. »Ihr werft mich nicht raus?« Voller Angst wagt er es mit gesenktem Blick zu Sugoroku zu blicken.

»Ja, du darfst bleiben. Wir werden zwar etwas zusammenrücken müssen, aber das geht schon.« Langsam beugt er sich vor und legt die Hand auf Ninos Stirn. «Du hast Fieber. Vermutlich hast du dir gestern in der Kälte was eingefangen. Ich mache dir noch einen Tee und eine einfache Brotsuppe.« Natürlich hat er bemerkt, dass der Junge leicht zusammengezuckt ist, als er ihn berührt hat. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, zieht er die Hand zurück und steht auf. »Ich bin gleich wieder da.« Unter den aufmerksamen Blicken Ninos verlässt er das Wohnzimmer und geht nach unten in die Küche, wo Yugi schon den Tisch deckt.

Dieser blickt sofort hoch und mustert Sugoroku aufmerksam. »Guten Morgen, Grossvater. Wie geht es Nino?«

»Er hat sich wohl etwas eingefangen, wenn das Fieber nicht vom Entzug kommt. Psychisch ist er wohl besser dran, als Atemu damals, aber er wird trotzdem Zeit brauchen, bis er sich erholt hat.«

Ernst nickt Yugi und beobachtet seinen Grossvater, wie dieser einen grossen Topf auf den Herd stellt und die Zutaten für eine Brotsuppe aus dem Vorratsraum holt. »Warum hast du ihn allein gelassen? Sollte nicht immer jemand bei ihm sein?«

Tief seufzt Sugoroku auf. »Eigentlich schon, aber ich hatte das Gefühl, dass er sich wohler fühlen würde, wenn ich ihn allein lasse.«

Leicht runzelt Yugi die Stirn. »Willst du heute wirklich zum Ledergerber gehen. Ich meine, es schneit wie verrückt und morgen ist doch auch noch Zeit dafür.«

»Nicht wirklich. Bakura hat Nino zwar aus dem Haus gejagt, aber wenn er nun zu den Behörden geht, dann kann er ihn als entlaufen melden und dann wird Nino zum Freiwild und kann froh sein, wenn sie ihn nicht direkt umbringen, sondern zu Bakura zurückbringen und auch das wäre über kurz oder lang sein Todesurteil.« Beantwortet Atemu die Frage, als er die Küche betritt. »Im Prinzip geht es nun darum, dass wir schneller sind, als Bakura und er kann erst morgen zu den Behörden gehen.«

Yugi starrt seinen Liebsten ungläubig an. »Aber warum sollte er das tun? Er hat Nino doch in die Kälte gejagt, damit dieser erfriert.«

Bitter lacht Atemu auf. »Wenn Nino getötet oder tot aufgefunden wird, dann bekommt Bakura eine Entschädigung für den Verlust seines Sklaven.«

Sprachlos lässt sich Yugi auf seinen Stuhl sinken. »Das ist einfach unglaublich. Wie kann man nur so skrupellos sein«, murmelt er vor sich hin.

»Du glaubst nicht, wie viele so sind, wenn ihre Sklaven nicht mehr an einen Händler verkäuflich sind, sie die aber loswerden wollen und immerhin beträgt die Entschädigung fünf Silbermünzen.«

Mit grossen Augen sieht Yugi seinen Liebsten an und schüttelt dann den Kopf. »Unglaublich. Aber gut, dann begleite Grossvater bitte zu Bakura. Ich will ihn nicht allein losziehen lassen.«

Leicht legt Atemu nun die Hand auf die Schulter seines Shariks. »Ich hatte nichts anderes vor. Also mach dir keine Sorgen.«

 

Leise schnaubt Sugoroku auf. »Aber dann wirst du ab und zu nach Nino schauen müssen, bis wir wieder da sind.« Er nimmt den Teekrug vom Herd und füllt alle Tassen auf. »Jetzt wird aber erst einmal gefrühstückt.« Streng sieht er seine beiden Enkel an, die sich ansehen und dann synchron nicken. «Ja, Grossvater«, erwidern sich gleichzeitig. Nachdem sich alle hingesetzt haben, beginnen sie hungrig zu essen und Atemu gönnt sich gleich zwei Tassen heissen Tee, um sich nach seiner Arbeit um Stall wieder ein wenig aufzuwärmen.

»Wann willst du denn los?« Möchte Yugi zwischen zwei Brötchen wissen, während er nach der Marmelade greift.

»Ich gehe los, sobald die Suppe fertig ist und ich Nino eine Schale davon hochgebracht habe. Ich schätze mal direkt nachdem wir die Küche aufgeräumt haben.«

»Du meinst, nachdem Yugi und ich die Küche aufgeräumt haben«, korrigiert Atemu breit grinsend und als Sugoroku ihn unschuldig ansieht, lacht er laut auf. »Versuch es gar nicht erst. Ich kenne dich inzwischen gut genug, um dich zu durchschauen.«

»Erwischt. Ich will sicher gehen, dass Nino etwas isst, aber auch nicht zu spät losgehen.«

»Alles klar, Grossvater«, lacht nun auch Yugi auf, ehe er einen herzhaften Bissen von seinem Brötchen nimmt.

 

Nach dem Frühstück kontrolliert Sugoroku die Suppe und probiert sie zur Sicherheit, ehe er eine Suppenschale füllt und diese mit einem frischen Krug Tee nach oben zu Nino bringt.

Als er das Wohnzimmer betritt, springt Nino erschrocken vom Kamin weg, wo er gerade ein neues Holzscheit ins Feuer geworfen hatte. »Tut … tut … mir leid. Ich … hatte kalt und … wollte …«, stottert er los, bricht aber ab, als Sugoroku lächelnd den Kopf schüttelt. »Du musst dich nicht entschuldigen, mein Junge. Wenn dir kalt ist, dann fache das Feuer ruhig an«, erklärt er mit sanfter Stimme und stellt den Teekrug und die Suppe auf den niedrigen Tisch. »Nun iss und trink erstmal etwas. Oder musst du erst ins Bad?«

Sich die Lippen leckend, blickt Nino auf die Suppe. Er zögert, aber dann … »Ich müsste mal aufs Klo.« Gibt er kaum hörbar zu, woraufhin Sugoroku sich lächelnd umwendet. »Dann komm mit. Ich zeige dir das Bad.«

Langsam, damit Nino ihm gut folgen kann, geht Sugoroku nach unten und öffnet für ihn die Badezimmertür. »Wenn du im Bad bist, dann drehe das Schild auf Rot. Dann stört dich niemand aus Versehen«, erklärt er und dreht das Schild um. »Ich gehe mal schauen, ob wir für dich noch eine Zahnbürste und so weiter haben. Komm nachher einfach wieder hoch ins Wohnzimmer und fange auch an zu essen, wenn ich noch nicht da sein sollte. Verstanden?«

Unsicher nickt Nino und geht ins Badezimmer. Dort sieht er sich mit grossen Augen um und kann es nicht glauben, dass er das gleiche Bad wie die Mutos benutzen darf. Nervös und immer darauf gefasst, dass die Tür aufgerissen und er bestraft wird, setzt er sich auf die Toilette.

 

Während Nino im Bad ist, geht Sugoroku in den Vorratsraum und schaut nach, was er noch so da hat und findet tatsächlich eine Zahnbürste und eine kleine Schale mit Zahnpasta. Nur der Kamm und Rasierzeug fehlt, aber das kann er ja beim nächsten Einkauf leicht besorgen.

Mit den gefundenen Sachen geht er zurück zum Bad und wartet darauf, dass Nino rauskommt.

 

Als dieser Sugoroku vor der Tür stehen sieht, zuckt er zusammen und duckt sich instinktiv, in Erwartung einer Bestrafung, weil er zu lange gebraucht hat. Doch dann taucht in seinem Blickfeld eine Zahnbürste und ein kleines Döschen auf. Verwirrt hebt er den Blick, greift aber nicht nach den Sachen.

»Wenn du die Sachen jetzt nicht nehmen willst, dann lege ich sie in das Spiegelschränkchen über dem Waschbecken«, sagt Sugoroku mit besonders sanfter Stimme, um Nino nicht noch mehr zu verängstigen. Dennoch macht dieser überhaupt keine Anstalten, ihm die Sachen abzunehmen. Leise seufzt Sugoroku auf. »Geh schon mal nach oben und iss deine Suppe. Ich lege die Sachen in dein zukünftiges Fach.«

Besorgt blickt er Nino nach, als dieser unsicher zur Treppe geht. Immer wieder scheinen dem Jungen die Beine versagen zu wollen.

Erst, als er sich sicher ist, dass Nino die Treppe sicher geschafft hat, geht er ins Badezimmer und räumt das Spiegelschränkchen so um, dass er nun fünf Fächer zur Verfügung hat und beschriftet eins mit dem Namen Nino. »Wer hätte gedacht, dass ich das so schnell noch einmal machen muss«, murmelt er vor sich hin, als er die Türen des Schränkchens wieder schliesst.

 

Unsicher sitzt Nino mit der Suppenschüssel auf dem Sofa und isst zögernd. Nervös blickt er zu Sugoroku, der langsam auf ihn zu kommt und sich in den Sessel setzt. Leer schluckend sieht er auf seine Suppenschüssel und weiss nicht, ob er weiter essen darf.

»Iss ruhig weiter. Ich gehe mit Atemu gleich los, um dich von Bakura wegzukaufen«, erklärt Sugoroku leise, beisst sich dann aber auf die Lippen, als er den verwirrten Blick von Nino sieht. »Yami heisst eigentlich Atemu. Wir nennen ihn nur noch in der Öffentlichkeit Yami.«

»Verstehe«, murmelt Nino, obwohl er es nicht wirklich versteht und wagt es langsam wieder zu essen, hört aber sofort auf und springt auf, als sich Sugoroku erhebt.

»Setz dich wieder hin. Ich gehe jetzt mit Atemu zu deinem Besitzer. Wenn etwas sein sollte, dann zögere nicht, Yugi um Hilfe zu bitten.« Lächelnd sieht er den Jungen an, bevor er das Wohnzimmer verlässt. Im Flur sieht er noch einmal zu Nino und lächelt erleichtert, als er sieht, dass sich dieser nicht nur wieder hingesetzt hat, sondern auch die Suppe isst.

 

Schnell geht Sugoroku in sein Zimmer und zieht sich noch einen zweiten Pullover an, ehe er nach unten geht, wo Atemu schon auf ihn wartet. »Ich komme gleich, ich muss nur noch ein paar Münzen aus dem …« »Nicht nötig. Yugi hat mir schon einen Beutel mit 30 Silbermünzen und euren Wappenstempel gegeben«, fällt ihm dieser ins Wort und deutet auf die Tasche in seiner Hand. »Wir können also gleich los.«

Erstaunt hebt Sugoroku eine Augenbraue an. »Na, wenn das so ist. Dann ab in die Kälte.« Schon bei dem Gedanken fröstelnd, geht Sugoroku zur Tür und nimmt dort die dicke Winterjacke vom Haken. Nachdem er sich auch noch eine Mütze, Schal und Handschuhe angezogen hat, sieht er zu dem ebenso warm eingepackten Atemu, der ihm leicht zunickt. »Gehen wir«, meint dieser, mit einer durch den Schal, den er über Mund und Nase gezogen hat, dumpfen Stimme.

Gemeinsam treten sie durch die Hintertür und ziehen trotz den Mützen die Köpfe ein, als der kalte Wind sie trifft.

»Immerhin schneit es nicht mehr«, murrt Sugoroku, als sie durch die weisse Stadt stapfen. »So einen kalten Winter hatten wir schon ewig nicht mehr.«

Die Stirn runzelnd sieht Atemu zu Sugoroku rüber. »Das kann ich nicht beurteilen. Aber in den letzten fünf Jahren war es wirklich nicht so kalt«, stimmt er zu und zieht sich den Schal noch mehr über die Nase. Trotz der Kälte fühlt er sich hier draussen gerade sehr wohl und sogar beinahe normal, da durch den Schal niemand das Sklavenhalsband sehen kann.

 

Schweigend gehen sie weiter durch die menschenleeren Strassen. Nur ab und zu hören sie Stimmen aus den Häusern am Strassenrand, während sie sich langsam dem Viertel nähern, in dem Bakura lebt und arbeitet.

»Irgendwie scheint die Luft heute besser zu sein«, stellt Atemu erstaunt fest, als sie durch das heruntergekommene Viertel gehen und nur ein leichter Gestank in der Luft liegt.

Daraufhin lacht Sugoroku leise auf. »Das ist um diese Jahreszeit immer so. Die meisten Gerber sind jetzt in ihren Häusern ausserhalb des Viertels und in der Zeit zwischen den Jahren wird hier so gut wie nicht gearbeitet.«

»Hmmm. Werden wir den Kerl dann überhaupt hier antreffen?« Besorgt, dass sie umsonst hergelaufen sind, sieht er zu seinem Grossvater.

»Wir werden ihn antreffen. Er macht sich nichts aus der Zeit und arbeitet durch. Das hat er von seinem Lehrmeister damals übernommen, als er die Gerberei von ihm geerbt hat.«

»Verstehe, dann bereite ich mich mal vor«, murmelt Atemu und zieht sich die Mütze und die Handschuhe aus. Obwohl es ihm sofort kalt wird, zieht er auch den Schal aus und stopft alles in die Tasche. Zur Sicherheit legt er den Beutel mit den Münzen und den Wappenstempel auf die Sachen, ehe er den Deckel wieder umklappt.

Den Kopf einziehend geht er nun ein paar Schritte hinter Sugoroku her, der sich nicht anmerken lässt, dass es ihm überhaupt gefällt, dass sein Enkel nun noch mehr der Winterkälte ausgesetzt ist.

Je mehr sie sich Bakuras Gerberei nähern, desto intensiver wird der Gestank nach Harnstoff, was sowohl Sugoroku als auch Atemu leicht die Nase rümpfen lässt.

Schliesslich kommen sie vor dem Haus an, aus dessen Kamin eine helle Rauchwolke steigt und vor dem ein nur leicht bekleideter junger Sklave sitzt und das Leder mit einem Schaber bearbeitet.

Als Atemu das sieht, verfinstert sich sein Blick. »Er könnte ihm wenigstens eine Jacke geben oder ein Feuer«, murrt er tonlos, senkt aber sofort den Blick, als Bakura aus der Tür tritt.

»De’ alt’ Muto. Was führt dich de’ her?«, ruft dieser aus und kommt breit grinsend auf sie zu. Als er vor Sugoroku steht, ergreift er dessen Hand und schüttelt sie heftig. »Ledergerber Bakura. Es freut mich, dich bei guter Gesundheit anzutreffen.« Freundlich, aber dennoch reserviert lächelnd zieht Sugoroku seine Hand zurück. »Mich führt etwas Geschäftliches hierher«, erklärt er und nimmt den Beutel mit den Münzen aus der Tasche, die über Atemus Schulter hängt.

»G’schäftlich’s? Was könnt’ de’ das sein?« Verwirrt, aber doch mit einem Blitzen in den Augen sieht Bakura auf den Beutel in Sugorokus Hand. »Woll’n wir reingeh’? Da is’ es wärmer.«

Sugoroku zögerte kurz. »Gut, aber Yami kommt mit rein. Er trägt immerhin die Tasche.«

Erst jetzt sieht Bakura zu dem Sklaven neben dem alten Mann. »Ach, de Sklav’ hab i’ gar nich’ b’merkt. Gut, wenn du unb’dingt willst, kann er mit rein kommen.« Mit diesen Worten dreht er sich um und geht zurück zum Haus. Als er an dem Sklaven vorbei geht, duckt sich dieser mehr über seine Arbeit, dennoch schlägt ihm der Ledergerber auf den Kopf und fährt ihn an, dass er gefälligst schneller arbeiten soll.

Nur mit Mühe kann sich Atemu zurückhalten, als er das sieht. Er kann deutlich das Zittern des Jungen erkennen, das von der Kälte und der Angst vor Bakura kommt. Zu gern würde er ihm wenigstens den Schal geben, aber das Wissen, dass dieser nicht lange in dessen Besitz sein und er dafür noch bestraft werden würde, hält ihn davon ab.

Mit gesenktem Kopf folgt er Sugoroku in das relativ warme Innere des Hauses und muss sich zusammenreissen, nicht zu würgen, als ihn der Gestank der Gerbflüssigkeiten beinahe erschlägt. Ohne den Kopf zu heben, schielt er zu Sugoroku. Dieser sieht mit ausdrucksloser Miene nach vorn, während sie Bakura in einen angrenzenden Raum folgen, der wohl einst eine Küche gewesen ist, nun aber eher einem schmutzigen Abstellraum mit einer Feuerstelle gleicht.

»So, was kann i’ für di’ mache’?«, fragt Bakura, als er sich auf einen wackligen Stuhl setzt und mit der linken Hand auf einen anderen Stuhl deutet.

Sugoroku lässt sich nicht anmerken, dass er lieber stehen bleiben würde, als er sich hinsetzt. Er mustert Bakura genau. »Ich will dir deinen Sklaven Nino abkaufen.« Kommt er gleich zur Sache und damit scheint er Bakura etwas überrumpelt zu haben, denn der starrt ihn eine ganze Weile lang nur an. »Nino ist weg. Er ist gestern abg’haun und ich werd’ ihn morg’n bei den Behörd’ melde’.«

Leicht grinst Sugoroku nun. »Nino haben wir gestern Nacht in unserem Stall gefunden und wie ich sehe, hast du ja schon einen neuen Sklaven.«

Schweigend sieht Bakura den alten Mann vor sich an. »Wieso willst de’ Sklav’hab’n? Er ist krank und zu nichts zu gebrauch’n.«

Sugoroku zuckt gespielt gelangweilt mit den Schultern. »Er gefällt mir und da sich Yami hauptsächlich um Yugi kümmert, würde ich ihn für mich wollen. Weisst du, Yugi hat mir einen Sklaven meiner Wahl geschenkt und wollte mich nächsten Samstag zum Sklavenmarkt begleiten.« Ohne mit der Wimper zu zucken erzählt Sugoroku die Lüge. »Also, da du Nino offensichtlich nicht mehr brauchst, wie viel willst du für ihn?«

Mit zusammengekniffenen Augen mustert Bakura Sugoroku. »Ich hätt’ nie ‘dacht, dass du mal’n Sklav’ willst«, meint er nachdenklich. »Ich will für de’ Nino fünfzehn Silbermünz’ hab’n.«

Bei dem Preis schüttelt Sugoroku nur den Kopf. »Du würdest von den Behörden fünf Silbermünzen bekommen, wenn sie ihn tot auffinden und in dem Zustand wird dir kein Händler den Sklaven abkaufen.« Ernst sieht er den Ledergerber an. »Ich biete dir die fünf Silbermünzen an. Dafür hast du keine Rennerei zu den Behörden, wenn wir gleich hier alles erledigen. Das Überschreiben des Sklaven auf mich, übernehme ich morgen auch gleich.«

Trotz des doch guten Angebots, schüttelt Bakura den Kopf. «Nein. De Sklav’ is’ mehr wert. Du kriegst ihn für zehn Silbermünz’.«

Laut lacht Sugoroku auf. »Vergiss es. Du hast selbst gesagt, dass Nino krank und zu nichts zu gebrauchen ist. Ich gehe auf sieben Silbermünzen hoch, aber dafür will ich direkt hier ein neues Lederhalsband für ihn haben. Ich weiss, dass du welche herstellst.«

Mit sich ringend beisst sich Bakura auf die Lippen. »Acht Silbermünz’. Keine Münz’ weniger.«

Nachdenklich reibt sich Sugoroku das Kinn. »Na gut. Hol die Papiere und das Lederhalsband. Ich habe den Wappenstempel hier.«

Leise murrend steht Bakura auf. »Wart’ hier. I’ bi’ gleich z’rück’.«

Als Bakura weg ist, lehnt sich Sugoroku zurück. »Das ging leichter als gedacht. Jetzt noch schnell alles erledigen und dann ab an die frische Luft«, raunt er Atemu zu, der blass hinter ihm steht und nickt. »Ja, so langsam wird mir wirklich schlecht«, antwortet er leise und da kommt auch schon Bakura mit einer Mappe und einem braunen Lederhalsband zurück. »Ich hab nur’n braun’s Halsband.« Er legt die Papiere auf den Tisch und sieht Sugoroku auffordernd an. Dieser nimmt nun den Wappenstempel aus der Tasche und überreicht ihn Bakura. »Zähl du die Silbermünz’. I’ mach des Halsband fertig.«

»Als ob das so schwer zu zählen wäre«, murrt Atemu tonlos, während Sugoroku die acht Münzen aus dem Beutel nimmt und die Papiere an sich nimmt. Kurz darauf kommt Bakura mit dem frisch gebrannten Lederhalsband zurück und legt es mit dem Wappenstempel auf den Tisch. »So, de’ Nino g’hört jetz’ dir. Prügel in reg’lmäss’g. Sonst hat er kei’ Respekt.«

Ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen, steht Sugoroku auf und nimmt das Lederhalsband an sich. »Danke, Bakura. Es ist wie immer ein Vergnügen gewesen, mit dir ein Geschäft zu machen.«

»Ich bi’ de’ Nichtsnutz los. Ich wünsch der viel Spass mit ihm«, erwidert dieser nur und führt die beiden wieder nach draussen.

Nachdem sich Sugoroku von ihm mit einem Handschlag verabschiedet hat, gibt er Atemu ein Zeichen und sie machen sich auf den Rückweg.

Tief zieht Atemu die deutlich frischere Luft ein. Obwohl sie auch hier draussen noch deutlich nach den Gerbstoffen riecht, kommt sie ihm nach dem Gestank in Bakuras Haus unglaublich rein vor.

»Die Gerber nehmen den Geruch schon gar nicht mehr wirklich wahr. Sie sind ihn gewohnt«, erklärt Sugoroku, während sie an den Häusern vorbeilaufen.

»Kaum zu glauben. Ich dachte, ich ersticke da drin«, murrt Atemu und holt den Schal aus der Tasche. Eilig schlingt er ihn um seinen Hals und zieht sich dann noch die Mütze und die Handschuhe an.

Von nun an schweigend, gehen sie durch die nur minim belebteren Strassen. Kaum einer wagt sich heute aus dem Haus, obwohl die Sonne inzwischen kalt vom Himmel scheint.

 

Endlich haben sie es geschafft. Unter dem lauten Wiehern von Rocky und Blacky betreten sie den Hinterhof. »Was meinst du? Sollten wir für Nino eine Liege in die Küche stellen?«, schlägt Atemu nachdenklich vor. »Dann hat er es schön warm und muss nicht die Treppe runter, um ins Bad zu kommen. Ausserdem sparen wir dann Feuerholz.«

»Das wäre unfair. Du hast dein eigenes Zimmer und Nino soll in der Küche schlafen? Ich werde das kleine Zimmer neben meinem Schlafzimmer ausräumen. Dann kann er da schlafen.«

»Ich meine nur. Seine Entzugserscheinungen werden sicher noch schlimmer werden und dann könnte es sein, dass er mit der Treppe Probleme bekommt. Ausserdem wird er sicher Schüttelfrost bekommen und über die Wärme in der Küche froh sein.«

»Verstehe. Dann machen wir es so, bis er den schlimmsten Entzug hinter sich hat. Bereitest du alles vor und hilfst du mir dann beim Ausräumen des Nebenzimmers?«

»Natürlich. Ich habe auf dem Dachboden eine alte Liege gefunden, die hole ich runter und ich brauche mein Bett ja nicht mehr. Ich werde es Nino überlassen.«

»Danke. Es wird sich einiges ändern.« Leicht lächelnd sieht Sugoroku zu seinem Enkel, als er die Hintertür öffnet und sie das Haus betreten.

»Sharik, wir sind wieder da!«, ruft Atemu laut, als er die Jacke und die Schuhe auszieht.

»So schnell?«, ertönt es aus dem Lager und Yugi streckt den Kopf heraus. »Ihr wart doch nur zwei Stunden weg. Gabs Probleme?«

»Nein, Nino gehört jetzt uns. Oder besser gesagt, mir. Bakura hat schon einen neuen Sklaven und schien nicht böse zu sein, ihn loszuwerden.«

Erleichtert atmet Yugi auf. »Gut. Ich hatte schon befürchtet, dass er Probleme machen könnte. Musstest du hart verhandeln?«

Grinsend schüttelt Sugoroku den Kopf. »Nein, da er sich mit seinen eigenen Worten ein Eigentor geschossen hat, konnte ich ihn ohne Probleme auf 8 Silbermünzen inklusive Sklavenhalsband herunterhandeln. Die Papiere habe ich auch gleich bekommen und werde ihn morgen gleich bei den Behörden auf unseren Namen ummelden. Nicht, dass Bakura doch noch auf dumme Gedanken kommt und ihn als entlaufen meldet.«

»Das wird besser sein. Aber ich werde zu den Behörden gehen. Ich will nicht, dass du dich überanstrengst, indem du morgen schon wieder durch den Schnee und die Kälte läufst. Es reicht mir schon, dass ich dich nicht davon abhalten kann, zum Markt zugehen.«

 

Sugoroku öffnet schon den Mund, um etwas zu sagen, als Atemu ihm die Hand auf die Schulter legt. »Yugi hat recht. Er sollte das erledigen, damit du dich erholen kannst.«

Murrend verschränkt der alte Mann die Arme. »Ja ja … ich bleibe morgen Zuhause. Aber du gehst gleich nach Sonnenaufgang los, mein Junge.« Streng sieht er Yugi an, der seufzend die Augen verdreht und dann nickt. »Ja, ich gehe dann gleich los. Zur Not auch vor dem Frühstück.«

»Braver Junge«, neckt Sugoroku seinen Enkel und drückt ihm die Papiere in die Hand. »Hier, mach dich mal schlau, auf was wir uns bei Nino einstellen müssen. Ich gehe mal zu Nino hoch und gebe ihm das neue Sklavenhalsband.«

Die beiden Jungs zurücklassend geht Sugoroku die Treppe nach oben. Als er das Wohnzimmer betritt springt Nino vom Sofa aus, muss sich dann aber gleich festhalten, als er das Gleichgewicht zu verlieren droht. »Meister Sugoroku, ich … tut mir leid, dass ich nicht unten bin und mitarbeite. Ich … «

Lächelnd hebt Sugoroku die Hand. »Niemand hat von dir verlangt, dass du schon mitarbeitest. Werde erst einmal gesund und dann schauen wir weiter.« Bewusst hat Sugoroku mit sanfter Stimme gesprochen. Erst als sich Nino etwas entspannt, geht er auf ihn zu und hält ihm das neue Sklavenhalsband hin. «Hier, du gehörst ab heute uns«, sagt er lächelnd und wartet geduldig ab, bis Nino zögernd das neue Halsband nimmt und es misstrauisch ansieht. »Komm, ich ziehe dir das alte Halsband aus. Das neue musst du im Haus nicht tragen. Nur wenn du in den Laden gehst oder das Grundstück verlässt, musst du es anziehen. Atemu trägt es hier im Haus auch nicht.«

Vorsichtig öffnet Sugoroku die Schnalle an dem alten Halsband und zieht es ihm aus. »Oh, die Haut ist ganz wund. Also lass das neue Halsband wirklich erst einmal ganz weg.«

»Das würde ich auch sagen. Es ist unsinnig, wenn du das Halsband hier im Haus trägst. Besonders, wenn du dabei Schmerzen hast«, mischt sich Atemu ein, der gerade ins Wohnzimmer kommt. »Grossvater, hast du noch eine Decke und ein Kissen übrig? Ich will die Sachen gleich mit der Liege in die Küche schaffen.«

»Ja, schau mal in meinem Schlafzimmer im Schrank nach. Dort solltest du alles finden, was du brauchst.«

Verwirrt sieht Nino von einem zum anderen. Er versteht gerade die Welt nicht mehr.

»Du wirst noch heftigere Entzugserscheinungen bekommen. Mit starkem Schüttelfrost und so weiter. Darum wirst du die erste Zeit in der Küche schlafen, da dies momentan der wärmste Raum im Haus ist und du dann die Treppe nicht benutzen musst. In der Zwischenzeit werden wir dir ein eigenes Zimmer herrichten.«

Vollkommen überfordert nickt Nino und muss sich gleich darauf hinsetzen, da ihm schwarz vor Augen wird. Fürsorglich legt ihm Atemu daraufhin die Decke um die Schultern. »Das wird schon wieder. Hier bei den Mutos bist du sicher«, spricht er mit leiser Stimme und hilft Nino sich hinzulegen, der dann auch sofort wieder einschläft.

 

»Lassen wir ihn erst mal wieder in Ruhe«, murmelt Sugoroku flüsternd und verlässt zusammen mit Atemu das Wohnzimmer.

 

 

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So, das war es jetzt auch schon. Tja, ab heute sind die Mutos nun zu viert.

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Neue Probleme?

Hallo zusammen,

 

es gibt wieder ein neues Kapitel. So langsam geht's vorwärts und meine Muse hat wieder etwas mehr Spass am schreiben.

 

Tja, was soll ich sagen, mit Nino kommen wohl neue Herausforderungen auf unsere Helden zu.

 

Aber nun genug gelabert, ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

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Neue Probleme?

 

 

Gähnend streckt sich Yugi, als er noch vor Sonnenaufgang wach wird. Entspannt dreht er sich zu seinem schlafenden Liebsten um und streichelt ihm über die Wange. Es ist so selten, dass er vor ihm aufwacht. Vorsichtig kuschelt er sich an ihn und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen.

Flatternd öffnet Atemu die Augen und sieht seinen Sharik verschlafen an, der in den himmelblauen Augen zu versinken droht. »Guten Morgen«, nuschelt er undeutlich und schliesst die Augen wieder.

»Du bist ja ganz schön verschlafen. Sonst bist du doch um diese Zeit schon wach.« Schmunzelnd beobachtet Yugi seinen Liebsten, der das Gesicht im Kissen vergräbt. »Ich war bis etwa drei Uhr morgens bei Nino in der Küche.«

Nur undeutlich kann er die kaum hörbaren Worte verstehen. »Du bist doch mit mir ins Bett gegangen. Bist du noch einmal aufgestanden? War es so schlimm?«, fragt Yugi mit sanfter Stimme und krault ihn zärtlich im Nacken.

»Ja, ich bin noch einmal aufgestanden, als Grossvater mich gerufen hat. Nino hat sich die ganze Zeit übergeben müssen und die Küche gleicht einer Sauna. Zumindest war es so, als er endlich eingeschlafen ist und ich wieder ins Bett gegangen bin.« Müde dreht Atemu das Gesicht zu Yugi, der ihm nun einen Kuss auf die Stirn haucht. »Dann schlaf noch etwas weiter. Ich gehe die Pferde füttern.« Sanft lächelnd sieht er seinen Liebsten an, der schon wieder die Augen geschlossen hat.

Leise, um ihn nicht noch einmal zu wecken, steht Yugi auf und schleicht mit den Kleidern auf dem Arm nach unten ins Badezimmer.

Nach einer erfrischenden Dusche und seiner Morgentoilette, geht er fertig angezogen in die Küche und sieht kurz nach Nino, der zum Glück friedlich auf seiner Liege unter einem Stapel Decken schläft.

»Wie kannst du in der Hitze nur unter den Decken liegen?«, murmelt Yugi und geht wieder aus der tatsächlich einer Saune gleichenden Küche. Obwohl ihm immer noch zu warm ist, zieht er seine Winterjacke und die gefütterten Stiefel an, ehe er nach draussen in die eisige Kälte geht. Eilig, aber doch vorsichtig, läuft er über den mit einer knirschenden Schneeschicht bedeckten Platz zum Stall, wo ihn zwei Pferde verwirrt ansehen. »Ja, heute gebe ich euch mal wieder das Frühstück. Mein Schatz muss noch etwas schlafen.« Schmunzelnd streichelt er den beiden kurz über die Stirn, bevor er ins Heulager geht. Tief atmet er dort die nach Heu und Stroh duftende Luft ein, als er sich in dem peinlichst aufgeräumten Lager umsieht. »So sauber war es hier früher nie«, stellt er kopfschüttelnd fest und nimmt jetzt die Netze vom Haken.

Als er wieder zu den Boxen zurückkommt, wird er schon ungeduldig erwartet. Blacky kickt mit dem Vorderhuf sogar schon gegen das Holz der Tür. »Nicht so ungeduldig, ihr beiden«, lacht Yugi auf und tauscht die leeren Netze gegen die vollen aus. Als er dann aber die Blicke der Pferde in ihre Futtertröge sieht, schüttelt er den Kopf. »Atemu hat euch ja ganz schön verwöhnt«, murmelt er vor sich hin und geht für die beiden je eine Portion Mais holen.

Eine Weile lang beobachtet er die zufrieden kauenden Pferde, ehe er den Eimer nimmt und zum Brunnen geht. Fluchend muss er allerdings gleich darauf feststellen, dass die Handpumpe festgefroren ist. Grummelnd geht er mit dem Eimer ins Haus und holt aus dem Bad warmes Wasser. Mehrmals muss er so hin und her laufen, bis er die Wassertröge in den Boxen gefüllt hat. »Jetzt weiss ich, warum Atemu in den letzten Tagen immer so geflucht hat.« Ausser Atem stellt er den Eimer zurück an seinen Platz und kontrolliert dann noch einmal die Riegel an den Boxentüren. »So, Jungs. Atemu wird später nach euch sehen.« Als die Pferde kurz den Kopf heben und ihn mit aus dem Maul hängenden Heuhalmen schnaubend ansehen, lacht er laut auf.

Noch immer breit grinsend geht er zurück ins Haus, wo er sich die Jacke und die Schuhe auszieht, bevor er sich gründlich die Hände wäscht. Dabei sieht er, wie Nino in eine Decke gewickelt aus dem Badezimmer kommt. Besorgt beobachtet er, wie dieser leicht schwankend in die Küche zurück geht. Bewusst wartet er einen Moment, bevor er den Wasserkrug im Bad wieder füllt und ihn wieder neben die Waschschüssel stellt. Dabei fällt sein Blick auf das Wasser in der Schüssel. »Na toll, ich habe eindeutig zu lange nicht mehr im Stall gearbeitet.« Seufzend leert er das Schmutzwasser neben der Treppe in den Hinterhof und stellt die Schüssel wieder hin, als er in die Küche geht. Noch bevor er die Tür erreicht hat, hört er die Stimme seines Grossvaters, der in sanftem Tonfall mit Nino redet. Verstehen kann er nicht, was gesagt wird, aber als er durch die Tür tritt, sitzt Nino neben Atemu am Tisch und trinkt langsam eine Tasse Tee. »Guten Morgen.« Lächelnd sieht er in die Runde, runzelt dann jedoch die Stirn, als sein Liebster nur leise grummelt und ihn sonst nicht beachtet.

Fragend sieht er zu Sugoroku, der jedoch nur den Kopf schüttelt. »Lass ihn«, sagt er die Worte lautlos, nur mit den Lippen formend. »Guten Morgen, mein Junge. Was machen unsere Racker?«, erwidert er dann bewusst gut gelaunt und füllt dabei Yugis Tasse mit dem frisch aufgebrühten Schwarztee. Dankbar lächelnd setzt sich Yugi hin und greift nach der Tasse. »Sie sind putzmunter und flauschig.« Während er antwortet, sieht er zu seinem Liebsten, der den Blick aber ignoriert und sich schweigend ein Brötchen nimmt.

Ohne ein Wort zu sagen, steht Atemu auf und verlässt die Küche. Gerade kann er die Anwesenheit der anderen nicht ertragen, weshalb er sich warm anzieht und trotz der Kälte in den Stall geht und sich zu Rocky in die Box setzt, der immer noch an seinem Heu zupft und nur leise schnaubt. »Ja, ich weiss«, murmelt er und beisst lustlos in sein Brötchen.

 

Yugi ist seinem Liebsten gefolgt, ist aber in der Hintertür stehen geblieben. Voller Sorge blickt er zum Stall. Hin und her gerissen, ob er hingehen soll, beisst er sich auf die Lippen.

»Lass ihn in Ruhe, mein Junge«, sagt Sugoroku, als er hinter seinen Enkel tritt und ihm die Hand auf die Schulter legt.

»Aber was ist denn los? Ich meine, als ich aufgestanden bin, da war er zwar müde, aber sonst war alles in Ordnung«, murmelt Yugi mit gesenktem Blick. Zwar ist ihm kalt, da er ohne Jacke in der offenen Tür steht, aber irgendwie nimmt er das momentan nur am Rande seines Bewusstseins wahr.

»Ach, Yugi. Hast du schon mal überlegt, was heute für ein Tag ist?«, fragt Sugoroku mit sanfter Stimme, schüttelt dann aber den Kopf, als sein Enkel ihn nur ratlos ansieht. »Heute ist sein Geburtstag und gleichzeitig der Tag, an dem er versklavt worden ist.«

Geschockt starrt Yugi seinen Grossvater an. »Verdammt, das habe ich vollkommen vergessen!« Ruckartig dreht er den Kopf wieder in Richtung Stall und macht einen Schritt nach vorn, als er auch schon am Arm festgehalten wird. »Grossvater! Lass mich los! Ich muss zu ihm!«

»Nein, lass ihn in Ruhe. Er wird schon kommen, wenn er dazu bereit ist.«

»Aber …«

»Kein Aber. Er braucht jetzt Zeit für sich. Sonst wäre er nicht gegangen.« Ernst sieht Sugoroku in Yugis Augen, die ihn voller Sorge und Angst ansehen. »Glaube mir. Er wird schon kommen. Ich kann mir vorstellen, dass er im Moment menschliche Gesellschaft nicht ertragen kann.« Sanft, aber doch nachdrücklich zieht er seinen Enkel von der Tür weg und schliesst sie. »Du kannst nicht ewig so in der offenen Tür stehen. Erstens musst du den Laden aufmachen und zweitens lässt du so die Kälte ins Haus. Geh in den Laden und lenke dich ab. Die Kunden wollen sicher auch heute wieder warme Stoffe kaufen.«

Mit gesenktem Blick hatte Yugi zugehört. Er weiss das doch selbst, aber alles in ihm zieht ihn zu seinem Liebsten. »Gut, aber wenn was ist, dann hole mich. Egal, ob Kunden da sind oder nicht«, murmelt er geschlagen und löst sich aus dem festen Griff.

»Natürlich, du kennst mich doch. Nun geh schon, du bist eh schon zu spät dran, ich bringe dir gleich ein paar belegte Brötchen nach vorn.« Mit einem verständnisvollen Lächeln sieht Sugoroku seinen Enkel an und legt ihm die Hände auf die Schultern. Sanft schiebt er ihn in Richtung Laden, bis Yugi von allein den Flur entlang geht.

Seufzend sieht Sugoroku ihm nach und blickt dann zur Hintertür. Er hofft, dass er Atemus Verhalten richtig einschätzt und dieser wirklich einfach nur Zeit für sich braucht.

Sich mit einer Hand durch die grauen Haare fahrend, geht er zurück in die Küche, wo Nino schon wieder zitternd auf der Liege unter dem Deckenstapel liegt und ihn aufmerksam beobachtet. »Ist dir wieder kalt?«, möchte Sugoroku mit sanfter Stimme wissen, als er auf ihn zutritt und ihm die Hand auf die Stirn legt. »Immerhin hast du kein Fieber mehr. Das ist ja schon mal etwas.« Beruhigend lächelt er Nino an, der ihn aus dunklen Augen beobachtet, die schon beinahe schwarz wirken. »Warum seid ihr so nett, Meister?«, fragt er leise und richtet sich mühsam auf. »Ich sollte euch dienen. Stattdessen kümmert ihr alle euch um mich.«

Sugoroku drückt Nino sanft wieder zurück auf die Liege. »Du bist krank. Ausserdem gehörst du jetzt zur Familie und wir haben dir auch schon gesagt, dass du uns nicht Meister nennen sollst. Ich bin Sugoroku, also nenne mich auch so oder du kannst auch Grossvater sagen, wenn du willst.«

Als er den geschockten Gesichtsausdruck sieht, wuschelt er schmunzelnd durch die schwarzen Haare. »Ich denke, du solltest dich erst mal daran gewöhnen, dass du uns beim Vornamen nennst, mein Junge. Nun ruhe dich aus.« Mit diesen Worten wendet er sich um und geht zum Herd, wo er noch einmal Holz nachlegt. Zwar ist es immer noch sehr warm in der Küche, aber er hat deutlich sehen können, dass Nino immer noch friert. Als er sich wieder umdreht, kann er sich ein väterliches Lächeln nicht verkneifen. »Schon schläfst du wieder, Kleiner«, murmelt er leise. Eilig schmiert er für Yugi noch ein Brötchen und bringt es ihm. Als er wieder zurück kommt, geht er in die Vorratskammer, um die Zutaten für einen deftigen Eintopf zu holen.

Sorgfältig legt er das Gemüse auf den Tisch und sucht noch die Utensilien zusammen, die er braucht, um den Eintopf zuzubereiten. Kaum hat er angefangen, die Karotten in Würfel zu schneiden, kommt Atemu mit gesenktem Blick und geröteten Wangen in die Küche. Wortlos setzt er sich neben Sugoroku hin und greift nach einer der Kartoffeln. Immer wieder rollt er sie zwischen den Handflächen hin und her.

Aufmerksam beobachtet ihn Sugoroku, widmet seine Aufmerksamkeit nun jedoch wieder seiner Arbeit zu.

Lange ist in der Küche nur das Geräusch des Messers zu hören. Bis Atemu zu plötzlich zu reden beginnt. »Ich konnte heute Morgen einfach nicht mehr. Ich konnte eure Anwesenheit nicht mehr ertragen. Sogar Rocky war beinahe zu viel für mich«, murmelt Atemu, auf die Kartoffel in seinen Händen blickend. »Ich weiss nicht, was schlimmer ist, das Gefühl der Verzweiflung, dass mich an diesem Tag immer befällt oder das Wissen, dass ich noch nie einen Geburtstag wirklich feiern konnte. Seit ich mich erinnern kann, wurde mein Geburtstag öffentlich gefeiert. Mit Riten und Umzügen. Ich habe es immer gehasst, aber dann am Abend habe ich es geliebt, wenn ich mit Tante Amina allein in meinem Zimmer war und sie mir etwas geschenkt hat. Osis war ein Geschenk von ihr, aber ich weiss nicht mehr, ob ich ihn zu meinem Geburtstag bekommen habe. Jetzt fühle ich mich schuldig, dass ich es ihr nie gesagt habe, wie wichtig es mir damals gewesen ist, dass ich meinen Geburtstag mit ihr feiern konnte.«

Ruhig hört Sugoroku den Worten zu und lässt seinen Enkel weiter erzählen, wie die Paraden und Riten abgelaufen sind und wie es für ihn dann mit jedem Jahr schlimmer geworden ist, als seine Tante Amina weg war. Als wieder das Schweigen zwischen ihnen einkehrt, lehnt er sich seufzend zurück. »Du musst dich deswegen nicht schuldig fühlen, dass du es ihr nie gesagt hast. Sie hat es gewusst, das weiss ich genau«, mit einem wehmütigen Lächeln denkt Sugoroku an Amara und wie sie ihm von dem kleinen einsamen Jungen im goldenen Käfig erzählt hat. »Du hast nie so leben können, wie du es wolltest. Es ist ganz normal, dass du die Paraden und Riten gehasst hast, da es nicht deinen Wünschen entsprach, dass dein Geburtstag so gefeiert wird.« Mit einem warmen Blick sieht er Atemu an, der mit den Schultern zuckt. »Ich weiss nicht, aber dass ich ausgerechnet an meinem Geburtstag versklavt worden bin, kann kein Zufall sein. Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie die Götter und das war meine Strafe, da ich die Riten nur als Last empfunden habe.«

Sich vorbeugend legt Sugoroku die Hand auf Atemus Unterarm. »Denk nicht so etwas. Das waren rücksichtslose Monster, die dir das angetan haben. Das hat nichts mit Göttern oder irgendeiner anderen höheren Macht zu tun.« Eindringlich sieht er Atemu an, der den Blick jedoch nicht erwidert, sondern ruckartig aufsteht und die Kartoffel hinlegt. »Ich bin wieder im Stall. Der Hinterhof muss vom Schnee befreit und gegen das Eis behandelt werden.« Atemu hat die Worte hart ausgesprochen und geht nun mit steifen Schritten aus der Küche. Zurück lässt er einen ratlosen alten Mann, der sich gerade nichts sehnlicher, als den Rat seiner geliebten Amara wünscht.

»Er war mal ein König?« Von der Frage aus seinen Gedanken gerissen, sieht Sugoroku ertappt zu Nino. »Du ist ja wach! Wie fühlst du dich?« Sofort geht er zu ihm und legt wieder die Hand auf die zum Glück wieder normal warme Stirn.

»Es geht mir gut», erwidert Nino und es stimmt sogar. Zumindest im Moment. Leicht richtet er sich auf und sieht mit beinahe kindlicher Neugier in die alten Augen. »War er mal ein König?» Wiederholt er seine Frage und gerade erinnert nichts daran, dass er ein Sklave ist, der an Entzugserscheinungen leidet.

 

Leises seufzt Sugoroku auf und setzt sich auf den Stuhl, der der Liege am nächsten ist. »Ja, das war er. Eigentlich sollte er tot sein, aber er hat überlebt und lebt jetzt hier bei uns. So wie du jetzt bei uns lebst.«

Verwirrt sieht Nino ihn an. »Aber wenn er mal ein König gewesen ist, dann kann er doch jetzt nicht ein Sklave sein. Ein König ist doch etwas ganz Besonderes.«

Betrübt nickt Sugoroku daraufhin. »Ja, es sollte nicht so sein. Aber das Schicksal wollte es anders. Stelle keine Fragen. Weder wir, noch er können sie zurzeit beantworten. Alles, was wir tun können, ist abwarten. Atemu ist ein Mensch wie du und ich.« Leicht lächelnd sieht er Nino an, der den Mund öffnet, um etwas zu fragen, ihn dann aber wieder schliesst, ohne etwas zu sagen. Er beisst sich auf die Lippen und legt sich dann wieder hin. »Ich schlafe noch etwas«, murmelt er leise. Doch obwohl er die Augen schliesst, kann er nicht einmal mehr dösen. Zu viel geht ihm im Kopf herum, während er den Geräuschen lauscht, die der alte Mann macht, während dieser das Essen zubereitet.

Auf einmal wird ihm schlecht und er springt stolpernd von der Liege hoch und rennt, die Hand vor den Mund pressend aus der Küche.

Seufzend sieht Sugoroku ihm nach und setzt Wasser für einen neuen Kräutertee auf, der den Magen beruhigen soll.

Noch während aus dem Bad würgende Geräusche zu hören sind, kommt Yugi in die Küche. »Ist Nino schon wieder schlecht?«, fragt er überflüssigerweise, während er sich einen Becher mit Wasser füllt. Durstig trinkt er gleich alles aus und setzt sich dann hin. »Die Aino war wieder da. Hast du gewusst, dass Bakura seinen Sklaven an Silvester aus dem Haus geworfen hat, weil dieser einen ganzen Bottich mit Gerbflüssigkeit ausgeleert hat?« Müde reibt er sich die Schläfen und wünscht sich gerade, dass Atemu hier wäre und das für ihn macht.

»Ja, Nino ist wieder schlecht geworden«, erwidert Sugoroku und stellt das fertige Essen auf den Tisch. »Die Aino weiss ja mal wieder alles. Weiss sie auch, wo er jetzt ist?« Grinsend sieht er seinen Enkel an, der den Kopf schüttelt. »Nein, das weiss sie interessanterweise nicht. Laut ihr ist der Sklave spurlos verschwunden.«

»Wer ist verschwunden?«, möchte Atemu wissen, der gerade in die Küche kommt und nur die letzten Worte im Flur hatte verstehen können. »Nino umarmt im Bad übrigens gerade die Kloschlüssel.«

Nach einem Blick zu Yugi stellt er sich hinter ihn und legt ihm die Fingerspitzen auf die Schläfen. Sanft massiert er sie und blickt zu seinem breit grinsenden Grossvater. Leicht runzelnd sieht er wieder zu seinem Sharik. »War die Aino da?«

Laut prustet Sugoroku los. »Du hast richtig geraten. Wie bist du drauf gekommen?«

»Yugi braucht eine Schläfenmassage und du grinst breit. Ausserdem würde es mich nicht erstaunen, wenn sie genau weiss, dass Bakura Nino rausgeworfen hat und dass er jetzt bei uns ist.«

»Fast, mein Junge. Sie weiss nicht, dass er hier ist«, korrigiert ihn Sugoroku grinsend, wird dann aber ernst. »Wie geht es dir?«

Ohne die Massage zu unterbrechen zuckt Atemu mit den Schultern und ist froh, dass er seinen Sharik gerade nicht in die Augen sehen muss. »Es geht mir gut. Im Stall bin ich jetzt auch soweit fertig, dass ich nur noch raus muss, um sie zu füttern. Den Mistkarren habe ich schon rausgestellt. Der stört heute bei dem Schnee ja keinen.«

Geniessend hat Yugi die Augen geschlossen, dennoch hört er voller Sorge zu. Er kann trotz des gespielt lockeren Tonfalls in der Stimme Liebsten den Unterton heraushören, der ihm eindeutig zeigt, dass es ihm eben nicht gut geht. Nur mit Mühe unterdrückt er den Drang, sich zu ihm umzudrehen, aber er ergreift dessen Hände und hält sie sanft fest.

Atemu stockt, als er den Griff spürt. Er zögert, aber dann gibt er dem Drang nach und schlingt von hinten die Arme um seinen Sharik. Das Gesicht an dessen Hals vergrabend, zieht er tief, den für Yugi so eigenen Geruch ein.

»Ich bin da«, raunt dieser und umfasst die Arme seines Liebsten.

 

Von der Tür aus beobachtet Nino alles und fühlt sich gerade so allein und verlassen, ja sogar wie ein Fremdkörper hier in diesem Haus. Leise tritt er zurück und schleicht zur Hintertür. In dem Moment, als er sie öffnen möchte, zögert er jedoch. Sich auf die Lippen beissend, wischt er sich die Tränen von den Wangen und fragt sich, wo die denn jetzt auf einmal herkommen. Schniefend steht er da, als er plötzlich in eine feste Umarmung gezogen wird. Kurz verspannt er sich, aber dann krallt er sich in dem weichen Stoff fest und vergräbt das Gesicht an dem warmen Brustkorb.

 

Sugoroku wollte eigentlich nur nachsehen, wo Nino bleibt, als er ihn an der Hintertür hatte stehen sehen. Er weiss nicht, was mit dem Jungen los ist, aber anscheinend braucht er das auch gar nicht zu wissen, um ihn trösten zu können. Sicher hält er ihn im Arm und streichelt über die bebenden Schultern. »Ist ja gut, mein Junge. Lass es raus«, raunte er ihm zu. Obwohl das Mittagessen auf dem Tisch steht, wartet er geduldig ab, bis sich Nino mit gesenktem Blick von ihm löst. »Komm, gehen wir essen. Du brauchst es.« Sanft lächelnd führt er den immer noch schniefenden Jungen zurück in die Küche und zum ersten Mal hat er wirklich das Gefühl einen siebzehn jährigen Knaben vor sich zu haben. Als sie wieder bei den anderen sind, drückt er ihn auf den freien Stuhl und füllt den Teller vor ihm mit dem Eintopf. »Nun iss«, verlangt er leicht befehlend und tatsächlich fängt Nino zögernd an zu essen.

Zufrieden setzt sich Sugoroku daraufhin auch an den Tisch. »Lasst es euch schmecken, Jungs.« Warm lächelnd sieht er in die Runde und wartet geduldig darauf, dass auch Atemu und Yugi ihre Teller gefüllt haben, ehe er sich bedient.

 

Obwohl Atemu nicht wirklich Hunger hat, isst er langsam seine Portion auf. Allerdings vermeidet er es peinlichst, einen der anderen anzusehen. Zu sehr hat er gerade mit sich selbst zu tun, als dass er sich an dem Gespräch zwischen Sugoroku und Yugi beteiligen könnte, die sich über den Laden unterhalten. Immer wieder spürt er regelrecht die besorgten Blicke seines Shariks auf sich ruhen, aber er ignoriert sie, genauso wie er Nino ignoriert. Am liebsten würde er wieder aufstehen und rausgehen. Doch diesmal reisst er sich zusammen, auch weil es ihm draussen inzwischen doch zu kalt geworden ist.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sind alle satt und er kann aufstehen. Schweigend räumt er den Tisch ab und beginnt das Geschirr zu spülen.

 

Mit einem blutenden Herzen beobachtet Yugi das Verhalten seines Liebsten und steht auch schon auf, um zu ihm zu gehen, als er von einer Hand auf seinem Unterarm aufgehalten wird. Fragend sieht er zu seinem Grossvater, der den Kopf schüttelt. »Lass ihn.« Leise spricht er diese beiden Worte aus und deutet mit seinem Blick auch kurz zu Nino, der sich mit beiden Händen an einer Tasse Tee festhält und schon wieder mit einem Zitteranfall zu kämpfen hat. Yugi folgt dem Blick und atmet tief durch. »Ich muss wieder in den Laden.« Leicht lächelnd nickt er Nino zu, der ihn aus grossen, beinahe kindlichen Augen ansieht. Die ihn zu fragen scheinen, ob er etwas für ihn tun kann. »Wenn du magst, dann kannst du mir ja vorne helfen kommen. Ich habe noch Stoffe, die wieder in die Regale eingeräumt werden müssen.«

Erfreut und doch unsicher, sieht Nino zu Sugoroku, der lächelnd nickt. »Geh nur, wenn du dich dafür fit genug fühlst.« Er hat noch nicht ganz fertig gesprochen, als der Junge auch schon aufspringt, sich dann aber auf dem Tisch abstützen muss.

Seine Sorge nicht zeigend, geht Yugi zu Nino und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Dann los. Wenn du aber eine Pause brauchst, dann machst du eine Pause. Verstanden?« Ernst sieht er ihn an und zieht die Hand erst zurück, als er ein bestätigendes Nicken bekommt. Noch einmal blickt er zu seinem Liebsten, ehe er mit Nino die Küche verlässt.

 

Innerlich atmet Atemu auf, als Nino weg ist. Zu sehr hat ihn die Anwesenheit des Jüngeren seit dem Mittagessen belastet. Er ist so mit sich selbst beschäftigt, dass er erschrocken zusammenfährt, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. »Du musst dich nicht zusammenreissen. Du darfst schwach sein. Auch wenn Nino jetzt da ist und wenn du für dich sein willst, dann kannst du auch nach oben gehen und ich mache dir im Kamin ein Feuer.«

Sich an Rand der Arbeitsplatte festhaltend, zieht Atemu zitternd die Luft ein. »Nicht nötig. Ich hole mir ein Buch und setze mich unter die Decke, bis ich wieder in den Stall muss. Wir müssen nicht noch mehr Holz verbrauchen, nur weil ich heute irgendwie spinne.«

»Wie du meinst. Dann geh hoch und zieh dich zurück. Ich mache das hier fertig«, sagt Sugoroku mit bewusst sanfter Stimme. Er rechnet schon mit Widerspruch, als sich sein Enkel auch schon umwendet und die Küche verlässt. »Dir muss es wirklich schlecht gehen, wenn du so einfach auf mich hörst«, murmelt er vor sich hin, als er ihm nachsieht.

 

Ohne sich noch einmal umzublicken, geht Atemu nach oben. Allerdings holt er sich kein Buch, sondern geht direkt ins Schlafzimmer, wo er sich aufs Bett setzt und in die Decke einwickelt. Seinem inneren Bedürfnis nachgebend, nimmt er Osis und drückt den kleinen Stoffdrachen an seine Brust. Auch wenn sich ein Teil von ihm nach Yugis Nähe sehnt, ist er doch erleichtert, dass er gerade allein sein kann. Sich tiefer in die Decke kuschelnd blickt er gedankenverloren zu den Eisblumen, die sich auf dem Fensterglas gebildet haben. Ohne dass er es bemerkt, laufen ihm die Tränen über die Wangen, als er sich an die schönen Momente erinnert, die er an seinen Geburtstagen mit Tante Amina erleben durfte. Er erinnert sich an ihren leckeren Pudding, den sie ihm immer gemacht hatte und den er ausnahmsweise im Bett essen durfte, während sie ihm eine Geschichte vorgelesen hat. Warum ihm ausgerechnet dieses Detail einfällt, das weiss er nicht. Genauso wenig weiss er, wieso er sich wieder so zerrissen fühlt, wie in der Zeit, als er sich noch nicht an seine Vergangenheit erinnern konnte. Gepeinigt schliesst er die Augen und legt den Kopf auf seine angezogenen Knie.

Immer wieder atmet er zittrig ein und aus, als sich plötzlich ein Schrei den Weg aus seinem Inneren bahnt. Durch die Stofflagen gedämpft schreit er los und kann nicht mehr aufhören, als er plötzlich von zwei Armen umfangen wird und an eine warme Brust gezogen wird. Einen Moment lang wehrt er sich gegen den Griff, aber dann gibt er nach und lehnt sich in Yugis Arme. »Musst du nicht im Laden sein?«, fragt er müde, ohne aufzublicken.

»Grossvater hat mich abgelöst, als er dich schreien gehört hat. Warum kommst du denn nicht zu mir, wenn es dir schlecht geht? Ich bin doch für dich da, Liebster«, erwidert Yugi mit sanfter Stimme, während er den Fingerspitzen zärtlich über die Wange seines Liebsten streichelt.

Leise seufzend schmiegt sich Atemu gegen seinen Sharik. »Ich konnte nicht. Ich wollte es, aber ein Teil von mir hätte die Nähe nicht ertragen können. Ich fühle mich so zerrissen und schuldig.«

»Es ist in Ordnung. Heute ist für dich ein schwerer Tag und dann ist noch Nino da.« Yugi spricht ohne Vorwurf in der Stimme, dennoch spürt er, wie sich die Muskeln unter seinen Händen verspannen. »Wir müssen uns auch erst an ihn gewöhnen. Das ist ganz normal. Als du zu uns gekommen bist, mussten wir uns auch erst daran gewöhnen, dass wir plötzlich zu dritt sind und jetzt ist es das Gleiche. Wir müssen uns erst dran gewöhnen, dass wir zu viert sind und dass es für dich noch schwerer ist, das ist ganz normal, wenn man bedenkt, was für eine Vergangenheit ihr teilt.«

Langsam entspannt sich Atemu wieder und löst sich schliesslich aus der sicheren Umarmung. »Danke.« Irgendwie schafft er es, sogar ein wenig zu lächeln. Auch wenn es zittrig ausfällt. »Geh wieder in den Laden. Grossvater hat schon genug zu tun und ich muss die Pferde füttern gehen.«

Zwar sieht Yugi seinen Liebsten zweifelnd an, aber er wiederspricht nicht. Er haucht ihm stattdessen einen Kuss auf die Lippen, ehe er aufsteht. »Gut, dann sehen wir uns beim Abendessen. Wenn aber etwas ist. Egal was, dann komm zu mir.«

Auch Atemu steht auf und legt die Decke wieder sorgfältig hin. »Das mache ich. Versprochen.« Sie beide wissen, dass er es nicht tun wird. Wissend sehen sie sich an, ehe sie gemeinsam das Zimmer verlassen und wieder nach unten gehen. Am Fuss der Treppe trennen sich ihre Wege. Während Yugi zurück in den Laden geht, wendet sich sein Liebster um und macht sich auf den Weg in den Stall.

Als er in den Laden kommt, verabschiedet sein Grossvater gerade eine Kundin, die offensichtlich überaus zufrieden durch Tür hinaus in den kalten Winternachmittag tritt.

»Was hast du ihr denn verkauft?« Möchte Yugi breit grinsend wissen, während er gleichzeitig Nino beobachtet, der das Leder im Regal sortiert.

»Weichstes Ziegenleder. Dank Nino konnte ich sie perfekt beraten, da sie das Leder für neue Schuhe haben wollte und ich mich da zu wenig auskenne«, antwortet Sugoroku und deutet zu Nino, der doch tatsächlich rot wird.

»Ich wusste gar nicht, dass wir Leder für Schuhe haben.« Erstaunt sieht Yugi seinen Grossvater an, der breit grinst. »Ich auch nicht. Wir verkaufen das Leder sonst für Westen und so. Aber laut Nino eignet es sich auch für Schuhe und wir sind anscheinend der einzige Laden, den sie finden konnte, der noch genug von dem Leder hatte. Sie hat nicht einmal gehandelt, so froh war sie darüber, dass sie hier fündig geworden ist.«

Kopfschüttelnd lacht Yugi auf. »Na, ein Glück, dass wir jetzt Nino in unserer Familie haben. So können wir die Kunden beim Lederkauf noch besser beraten.« Eigentlich möchte er noch mehr dazu sagen, aber die plötzlich verunsicherte Haltung ihres neuesten Familienmitglieds hält ihn davon ab. »Wie auch immer. Ich löse dich jetzt wieder ab, Grossvater. Atemu geht es wieder besser und er ist jetzt im Stall die Pferde versorgen.« Auf einmal kommt ihm eine Idee. »Sag mal, könntest du zum Abendessen einen Um Ali machen? Rishido hat dir doch das Rezept gegeben. Oder?«

Erstaunt nickt Sugoroku. Er will schon fragen, warum ihn Yugi darum bittet, als ihm klar wird, was Yugi bezweckt. »Er wird zwar nicht so gut werden, wie der von Rishido, aber ich werde mich bemühen. Also dann, bis später.« Nachdem er seinem Enkel kurz die Hand auf die Schulter gelegt hat, verlässt Sugoroku den Laden und geht in die Küche, um das gewünschte zuzubereiten.

 

In dem Moment, als er den fertigen Um Ali aus dem Ofen holt, kommt Atemu in die Küche und schnuppert. »Rieche ich hier etwa Um Ali?«, fragt er mit glänzenden Augen und geht zur Arbeitsplatte, wo die dampfende Auflaufform steht. »Du … hast … aber warum?« Verwirrt sieht er seinen Grossvater an der warm lächelt. »Yugi hat mich drum gebeten und da ich es eine gute Idee fand, habe ich mich an die Arbeit gemacht. Ich weiss aber nicht, wie gut er mir gelungen ist.«

Obwohl es gegen seine Prinzipien ist, nimmt Sugoroku einen Schöpflöffel und legt etwas von dem Um Ali auf einen Teller, den er ihm zusammen mit einer Gabel in die Hand drückt. »Hier. Er ist etwas trockener geworden, als der von Rishido, aber ich hoffe, das ist nicht schlimm.«

Sprachlos starrt Atemu auf den Teller in seiner Hand, ehe er vorsichtig etwas von dem noch heissen Auflauf probiert. »Es ist köstlich!«, lobt er mit leuchtenden Augen und schiebt sich gleich die nächste Portion in den Mund.

Schmunzelnd wendet Sugoroku sich ab und beginnt den Tisch fürs Abendessen zu decken. »Das freut mich, aber iss jetzt nicht alles auf, wir wollen auch noch was davon haben«, zieht er seinen Enkel auf, der natürlich sofort eine Schnute zieht. »Du hast so viel gemacht, das schaffe nicht mal ich.« Demonstrativ schiebt sich Atemu noch eine weitere gefüllte Gabel in den Mund.

»Du unterschätzt deinen Magen«, murmelt Sugoroku vor sich hin, während er gleichzeitig Becher aus dem Regal holt.

»Hast du was gesagt?«, fragt Atemu sofort und stellt den leeren Teller an seinen Platz. »Ja, könntest du Yugi und Nino aus dem Laden holen?« Unschuldig sieht Sugoroku über die Schulter.

»Natürlich« Mit diesen Worten geht er zur Tür, aber da kommen schon sein Sharik und Nino herein. »Da seid ihr ja. Ich sollte euch gerade holen. Grossvater hat Um Ali gemacht.« Spontan zieht er seinen Sharik an sich und küsst ihn kurz, aber innig auf die Lippen. »Danke, Sharik.«

 

Verwirrt beobachtet Nino das Verhalten der beiden und sieht dann fragend zu Sugoroku, der erleichtert lächelt. »Sie sind ein Paar auf Augenhöhe. Nur wenn Fremde da sind, spielen sie ihre Rollen als Sklave und Besitzer. Das gilt übrigens auch für dich. Du bist hier kein Sklave, sondern ein Familienmitglied. Egal, was auf den Papieren steht«, erklärt er ihm mit sanfter Stimme, räuspert sich dann aber, als seine beiden Enkel in ihrer eigenen Welt versinken. »Jungs, es ist Zeit fürs Abendessen. Also los, setzt euch hin und bedient euch.«

 

 

Später am Abend liegt Nino allein in der Küche auf seiner Liege und blickt nachdenklich an die Decke. Heute hat er so viel gesehen und erfahren, dass er es kaum glauben kann, dass es nicht nur ein Traum ist, der jederzeit wie eine Seifenblase platzen kann. Sich fester unter die Decken kuschelnd, dreht er sich zur Seite und greift sich an den Hals. Noch immer trägt er das Halsband, das er für die Arbeit im Laden hat anziehen müssen. Yugi hatte ihm zwar gesagt, dass er es ausziehen kann, sobald er den Laden verlässt, aber im Moment braucht er die Gewissheit, die es ihm vermittelt, dass er wirklich diesen Menschen gehört.

Er ist so müde, dass er nicht merkt, wie ihm die Augen zufallen und er in seinen ersten ruhigen Schlaf seit sehr langer Zeit hinübergleitet.

 

 

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Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und auch, dass nicht zu viele Taschentücher dran glauben mussten.

Dann wünsche ich mal alles Gute und bis zum nächsten Kapitel.

 

Eure mrs_ianto

Umzug in ein neues Zimmer

Hallo zusammen,

 

fast hätte ich es vergessen, das neue Kapitel für euch hochzuladen. Ja, es geht weiter und zwar vorerst wieder regelmässiger. Band 6 ist fertig geschrieben und liegt beim Lektor, was bedeutet, dass ich jetzt ein paar Kapitel auf Lager habe.

 

So und jetzt genug geredet: Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

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Umzug in ein neues Zimmer

 

 

 

Leise steht Nino auf und geht zum Herd, um das in der Nacht erloschene Feuer wieder zu schüren. Die Sonne ist noch nicht ganz aufgegangen und ein Blick zum Fenster in den trüben Morgen verrät ihm, dass es heute wohl auch nicht wirklich hell werden wird. Noch immer schläft er in der Küche und wenn es nach ihm geht, würde das auch so bleiben, aber seine Meister sind der Meinung, dass er heute aus der Küche ausziehen muss. Bedrückt sieht er in die auflodernden Flammen. Wo wird er in Zukunft schlafen? Im Stall? Im Heulager? Oder in der Sattelkammer? Oder … vielleicht wird er in der Waschküche schlafen dürfen? Das wäre schön und sicher nicht ganz so kalt, wie an den anderen Plätzen. Um seine Besitzer möglichst gnädig zu stimmen, holte er alle Zutaten, die er für ein Sonntagsbrot braucht, aus dem Vorratsraum und tut sie in eine Schüssel. Noch immer hat er Zitterattacken und Anfälle von Schüttelfrost, aber es geht ihm besser und seit er vor drei Wochen das erste Mal im Laden hatte helfen dürfen, kann er es erst glauben, dass er hier bleiben darf. Seit dem Tag, macht er sich nützlich, wo er nur kann. Nur in den Stall darf er noch nicht und die Stoffe werden auch nur von seinen Meistern und Atemu zugeschnitten, aber sonst darf er überall helfen und er hofft, dass er weiter in der Küche helfen darf.

Während er so seinen Gedanken nachhängt, in die sich die kleinen Wünsche mischen, die er sich als Sklave nicht erlauben darf, knetet er sorgfältig den Teig, bis dieser geschmeidig ist. Mit seinem Werk zufrieden, legt er ihn in die Schüssel und stellt diese neben den warmen Herd, ehe er das Teewasser aufsetzt und Holz nachlegt.

Als das Wasser kocht nimmt er den Teig und legt ihn auf das Backblech, das er in den kühleren Teil des Ofens schiebt. Dieses Brot muss nicht lange ruhen, aber dafür langsam backen, um schön luftig zu werden und eine schöne Kruste zu bekommen.

Langsam breitet sich der Duft nach frisch gebackenem Brot in der Küche aus, was Sugoroku genüsslich schnuppern lässt, als er durch die Tür tritt. »Guten Morgen. Das riecht köstlich. Hast du etwa Sonntagsbrot gebacken?« Möchte er lächelnd wissen, als er sich hinsetzt und Nino beobachtet, der geschäftig in der Küche herumwuselt und ihm gleich darauf eine Tasse Tee hinstellt. »Es ist noch im Ofen und braucht noch eine Weile. Ich habe zu lange geschlafen, um pünktlich fertig zu sein, Meister Sugoroku«, erklärt Nino mit gesenktem Blick. Er beisst sich auf die Lippen, wird das nun dazu führen, dass er im Stall in den Boxen wird schlafen müssen?

Lächelnd schüttelt Sugoroku den Kopf. »Ich habe dir in den letzten Wochen so oft gesagt, dass du mich nicht mit Meister Sugoroku ansprechen musst. Sugoroku oder Grossvater reicht vollkommen aus.« Da Nino nun noch kleiner zu werden scheint, legt er ihm die Hand auf die Schulter. »Es macht nichts, dass du noch nicht fertig bist. Atemu ist sicher noch eine Weile im Stall und Yugi schläft momentan am Sonntag sowieso länger. Also alles gut.« Bewusst hat er die Worte besonders nachsichtig und sanft ausgesprochen. Dass er gar nicht erwartet hat, dass Nino das Frühstück zubereitet, erwähnt er nicht. Ahnt er doch, dass dies den Jungen nur noch mehr verunsichern würde.

Vorsichtig hebt Nino den Blick wieder ein wenig an. »Danke, für eure Nachsicht, Mei… Sugoroku«, murmelt er und wendet sich um. »Ich schaue nach dem Brot.« Er flüchtet schon beinahe die paar Schritte zum Herd, wo er den Ofen öffnet. »Es braucht noch eine Weile.« Enttäuscht, dass das Brot noch nicht fertig ist, obwohl er es eigentlich gewusst hat, dass es noch zu früh ist, schliesst er die Ofentür wieder. Er zögert, aber dann nimmt er sich seine Tasse und füllt sie mit Tee. Nervös setzt er sich auf die Kante des Stuhles, den er seit seinem ersten Frühstück hier in der Küche benutzt. »Warum wollt ihr nicht, dass ich euch Meister nenne?«, wagt er es schliesslich zu fragen, nachdem er seine Tasse zur Hälfte geleert hat und ihm das Schweigen unangenehm wird.

 

Lächelnd lehnt sich Sugoroku daraufhin zurück. »Weil du zur Familie gehörst. Ausserdem bist du ein Mensch wie Yugi oder ich oder Atemu.« Er hat es ihm schon so oft erklärt, aber es stört ihn nicht, es noch einmal zu sagen und er würde es noch so oft tun, bis es der Junge wirklich verstanden hatte.

»Aber warum kann ich dann nicht weiter hier in der Küche schlafen? Es gefällt mir hier«, rutscht es Nino unkontrolliert heraus, woraufhin er sich erschrocken die Hand vor den Mund schlägt. »Tut mir leid. Ich …« »Du musst dich nicht entschuldigen. Sieh dir dein Zimmer dann erst einmal an und wenn es dir überhaupt nicht gefällt, dann kannst du weiter auf dieser unbequemen Pritsche hier unten schlafen«, fällt ihm Sugoroku ins Wort und trinkt noch einen Schluck Tee. »Ach ja, May Kujaku, sie ist eine gute Freundin von uns und Schneiderin, wird uns heute noch besuchen und deine Masse nehmen. Du brauchst dringend anständige warme Kleider. Sonst holst du dir irgendwann noch den Tod, wenn du bei der Kälte nach draussen gehen willst.«

Verwirrt sieht Nino direkt in Sugorokus Gesicht. »Warme Kleidung? Aber ich bin doch nur ein Sklave und habe nicht das Recht, etwas anderes als die Tunika zu tragen.«

»Nino, trägt Atemu die Tunika?«, fragt Sugoroku mit sanfter Stimme, woraufhin der Junge vor ihm zögernd den Kopf schüttelt. »Nein, aber er ist doch eigentlich auch ein König. Ausserdem teilt er das Bett mit Mei … Yugi.« Wieder beisst er sich auf die Lippen. Es fällt ihm so schwer, dem Wunsch seines Meisters nachzukommen, das Wort Meister nicht auszusprechen.

Tief einatmend schliesst Sugoroku die Augen und schüttelt den Kopf. »Junge, Atemu wurde zwar als Kronprinz geboren und zum Pharao gekrönt, aber auch er ist nur ein Mensch wie du und ich. Er hat den gleichen Stand wie du. Er trägt wie du das Brandzeichen auf der Schulter, das ihn als Sklaven kennzeichnet. Ihr habt beide die gleichen Rechte.«

Obwohl Nino das nicht glaubt, widerspricht er dem alten Mann nicht. Es steht ihm nicht zu und er will die Geduld des anderen nicht zu sehr strapazieren. Was, wenn dieser plötzlich der Meinung ist, dass er schon zu viel geredet hat? Wird er ihm dann das das Sprechen verbieten?

Um sich auf eine andere Sache zu konzentrieren, steht er auf und geht wieder zum Herd. Endlich ist das Brot fertig und kann aus dem Ofen genommen werden. Erleichtert, dass er wieder etwas zu tun hat, holt er es aus dem Ofen und stellt es zur Seite, ehe er in die Vorratskammer geht. Mit Marmelade, Honig und Butter beladen, kommt er wieder zurück und stellt die Sachen auf den Tisch. Sorgfältig platziert er alles so, wie er es für richtig hält. Seine Meister bevorzugen die Marmelade, während Atemu den Honig bevorzugt, also muss das alles doch in Reichweite der jeweiligen Person dastehen. Oder?

 

Amüsiert beobachtet Sugoroku, wie Nino den Tisch fertig deckt und dabei offenbar einem festen System folgt. »Wie ich sehe, hast du dir schon gemerkt, wer von uns was am liebsten hat.« Als Nino das hört, wird er leicht rot um die Nase. »Es ist nicht schwer. Atemu ist der einzige, der Honig jeden Tag zum Frühstück möchte und … Yugi mag Butter unter der Marmelade, während ihr die Marmelade am liebsten direkt auf dem Brot habt.« Nino spricht die Worte nur leise aus und kratzt sich dabei am Hinterkopf.

»Das stimmt alles. Was isst du denn am liebsten?«, fragt Sugoroku mit einem aufmerksam musternden Blick, so entgeht ihm auch nicht, wie der Junge zusammenzuckt. »Mir reicht Brot und Wasser ich brauche sonst nichts.« Abwehrend hebt Nino die Hände und will noch etwas sagen, als hinter ihm eine Stimme ertönt. »Hier duftet es ja köstlich.« Breit grinsend betritt Yugi die Küche und geht zum Herd, wo er sich eine Tasse nimmt und sie mit Tee füllt. »Guten Morgen, ihr beiden.«

Verwirrt runzelt Sugoroku die Stirn, als er seinen Enkel so gut gelaunt und vor allem VOR dem ersten Tee ansprechbar erlebt. »Guten Morgen. Wieso bist du schon so wach?«

Wie auf Kommando wird Yugi knallrot und er hebt hastig die Tasse, um zu trinken. Nur um sich dabei die Zunge zu verbrennen.

Laut lacht Sugoroku auf. »Da wart ihr beide aber sehr leise. Ich habe euch gar nicht gehört.«

»Das liegt nur daran, weil ich ihn im richtigen Moment geküsst habe«, meldet sich Atemu zu Wort und geht direkt zu dem inzwischen einer Tomate gleichenden Yugi und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. »Dass du auch immer so schnell rot wirst«, raunt er ihm zu und küsst ihn noch einmal.

»Sind die beiden nicht süss zusammen?«, fragt Sugoroku Nino breit grinsend und sieht Atemu unschuldig an, als dieser ihn mit einem warnenden Blitzen in den ansieht. »Was denn? Ihr beide seid einfach süss zusammen. Das ist doch nichts schlimmes.«

»Ich bin nicht süss, das sind nur Frauen oder Kinder«, murrt Atemu und verschränkt die Arme.

»Ich habe auch nicht gesagt, dass du süss bist. Sondern, dass ihr beide zusammen süss seid. Das ist ein grosser Unterschied, mein Junge«, erwidert Sugoroku gelassen und muss sich ein Grinsen verkneifen, als Yugi Atemu einfach mit einem weiteren Kuss daran hindert, noch etwas zu sagen. »Lass uns jetzt frühstücken. Ich habe Hunger«, haucht Yugi in den Kuss. »Ja, aber wir sind trotzdem nicht süss«, murrt Atemu wieder und sieht zum Tisch, auf dem nun auch das in Scheiben geschnittene Brot liegt. »Also dann, los geht’s. Sonst sind wir immer noch am Essen, wenn May kommt.«

Lachend setzt sich Yugi hin und nimmt sich eine der noch warmen Brotscheiben. »Wer hat heute denn gebacken?«, fragt er und schmunzelt dann warm, als Nino verlegen den Blick senkt und sein Grossvater auf den Jungen deutet. »Dann vielen Dank an den fleissigen Bäckermeister.«

 

Atemu gefällt das warme Schmunzeln seines Shariks überhaupt nicht. »Ja, danke«, murrt er plötzlich schlecht gelaunt und verteilt mit heftigen Bewegungen den Honig auf seinem Brot.

Schlagartig sackt Nino in sich zusammen. Seine Hoffnung auf einen halbwegs warmen Schlafplatz verflüchtigt sich im Nichts.

»Atemu! Ich dachte, du hast diese Eifersuchtsanfälle überwunden!« Scharf und zugleich warnend sieht Sugoroku seinen Enkel an. »Ich bin nicht eifersüchtig. Wieso auch?«, erwidert Atemu giftig und mit einem Blitzen in den Augen.

»Das frage ich dich. Du verhältst dich gerade beinahe so, wie damals, als Rishido hier gewesen ist und das ist genauso unsinnig und sinnfrei, wie Rishido gegenüber.« Streng erwidert Sugoroku den Blick aus den rubinroten Augen.

»Liebster. Nino ist keine Konkurrenz für dich. Er ist eher wie ein kleiner Bruder.« Sanft lächelnd sieht Yugi seinen Liebsten an und legt ihm die Hand auf den Unterarm.

Lange sieht Atemu auf die Hand. In seinem Innern kämpfen gerade zwei Seiten um die Vorherrschaft. Schliesslich nickt er kurz und abgehackt. »Ihr habt ja recht«, gibt er widerwillig zu und wendet sich jetzt zu Nino um. »Tut mir leid. Danke, für das Frühstück.« Er versucht sich an einem freundlichen Tonfall, den er schon als Prinz immer angewendet hatte und es wirkt. Nino entspannt sich wieder sichtlich. »Dafür musst du dich doch nicht bedanken. Das ist doch ganz normal, dass ich das Frühstück mache«, erwidert er leise und nimmt sich nun endlich auch ein Stück Brot. Er will es schon ohne Belag essen, als ihm Yugi die Butter hinschiebt. »Hier. Du magst es doch am liebsten mit Butter und Honig.« Aufmunternd lächelt er ihm zu und erst, als Nino wirklich sein Stück Brot schmiert, widmet er sich wieder seinem eigenen Frühstück.

»Was hat May vorgestern eigentlich gesagt, wann sie heute kommen will?«, fragend sieht er seinen Grossvater an, der kurz zum Fenster blickt. »Sie meinte, dass sie pünktlich zum Mittagessen hier sein wird.«

Tief atmet Yugi durch. »Gut, ich muss noch die Stoffe im Lager durchsehen und die Ballen für Ninos Kleider raussuchen. Da bin ich gestern nicht mehr dazu gekommen.«

«Das glaube ich dir. So lange musst du an einem Samstag den Laden selten offen lassen. Es kamen ja sogar noch nach Sonnenuntergang Leute. Hast du irgendwas gratis angeboten?« Zwinkernd sieht er Yugi an, der genervt die Augen verdreht. »Nein, aber es hat sich rumgesprochen, dass wir noch Leder und sehr warme Filzstoffe haben. Auf jeden Fall werde ich dieses Jahr dann in Wladiwostok deutlich mehr Ballen von dem Wollstoff kaufen. Der wird jetzt noch nachgefragt, dabei habe ich vor über einer Woche den letzten Rest verkauft.«

Sugoroku seufzte tief auf. »Das erstaunt mich nicht. Der Winter ist immer noch viel zu kalt und kaum einer hat für so ein kaltes Wetter die passende Kleidung zur Hand. Ich kann mir vorstellen, dass die Schneider jetzt gerade in Arbeit versinken.«

Ernst nickt Yugi. »Ja, darum bin ich May nur noch dankbarer, dass sie sich heute die Zeit nimmt und vorbeikommt. Dabei hätte ich mit Nino ja auch zu ihr gehen können.«

Unwillkürlich lacht Sugoroku auf. »Mein Junge, glaubst du wirklich, dass May es zulässt, dass du mit Nino quer durch die Stadt läufst, solange dieser keine anständigen Schuhe und Kleider hat? Eher würde sie dich einen Kopf kürzer machen, wenn sie nur schon davon hört, dass du auch nur an so etwas gedacht hast.«

Während Yugi seinen Grossvater ungläubig anstarrt, prustet Atemu los. »Grossvater hat recht und Nino sind selbst deine Sachen hoffnungslos zu gross.«

Unwillkürlich sieht Yugi zu Nino, der sie nur mit grossen Augen beobachtet. »Ja, du bist wirklich deutlich schmaler gebaut und auch kleiner als ich.«

Unsicher beisst sich Nino auf die Lippen. Was soll er dazu sagen? Fieberhaft überlegt er, was für eine Reaktion wohl von ihm erwartet wird, als Atemu aufsteht. »Sag einfach gar nichts. Keiner erwartet von dir, dass du auf so eine Aussage antwortest.«

Erstaunt, dass er ihm so einen Rat gibt, nickt Nino dankbar. »Wo gehst du hin? Hast du schon genug gegessen?«

»Ja, ich bin satt. Dein Brot ist sehr lecker und nahrhaft«, erwidert Atemu ruhig. »Ich muss noch dein Zimmer fertig vorbereiten. Schliesslich sollst du es heute beziehen.« Als sich das Gesicht des Jüngeren verfinstert und dieser den Kopf senkt, legt er ihm die Hand auf die Schulter. »Hey, es wird dir sicher gefallen. Das Bett ist deutlich bequemer, als die Liege hier unten und du hast einen Raum, in den du dich zurückziehen kannst.« Aufmunternd drückt er kurz etwas fester zu, ehe er die Hand zurückzieht und raus in den Flur geht. Kaum hat er die Küche verlassen, schliesst Atemu die Augen und atmet tief durch, um seine angespannten Nerven wieder ein wenig zu beruhigen. Jedes Mal, wenn sein Sharik jemanden so anlächelt, würde er am liebsten ausrasten.

Noch einmal tief durchatmend, strafft er sich und geht zur Treppe, die er nach einem Blick zur Hintertür erklimmt.

Als er Sugorokus Zimmer betritt grinst er schief. »So oft, wie in den letzten Wochen war ich vorher nie hier drin«, murmelt er vor sich hin, als er zu der Tür neben dem alten Schrank geht und sie öffnet. Den kleinen Raum, den Sugoroku immer als Abstellkammer benutzt hatte, hat er in den letzten Wochen komplett ausgeräumt und geputzt. Irgendwie war es ihm dabei manchmal ganz anders geworden, wenn er ein Erinnerungsstück von Tante Amina gefunden hatte. Auch jetzt noch fühlt er sich wieder wie eine Art Eindringling, als er zu dem auseinander gebauten Bettgestell in der Ecke geht und die Bettpfosten hochhebt. Er trägt sie zu dem Platz an der Wand, die an den Flur grenzt und stellt sie hin. In aller Ruhe holt er die langen Latten und verschraubt sie mit den Bettpfosten. Auch wenn diese Arbeit nicht gerade seine Stärke ist, hilft sie ihm, seine Gedanken und Gefühle wieder zu ordnen.

Immer mehr nimmt das Bett Gestalt an, während er eine Schraube nach der anderen anzieht. Zum Schluss legt er noch den einfachen Lattenrost in das Bettgestell. Zufrieden sieht er auf sein Werk und nickt. »So, jetzt nur noch die Matratze«, murmelt er schon ein wenig stolz, dass er das ohne Hilfe geschafft hat.

Die Matratze muss er vom Dachboden runterholen. Als er die Tür nach oben öffnet, strömt ihm kalte Luft entgegen, die ihn sofort frösteln lässt. Die Arme um sich schlingend geht er die steile und schmale Treppe nach oben und sieht sich um. In dem Dämmerlicht ist es schwierig, etwas zu erkennen, aber dann hat er die helle Matratze entdeckt.

Aufpassend, dass er nicht über eine der zahlreichen Truhen und Jutesäcke hier oben stolpert, geht er auf sie zu und mustert sie, ehe er sie packt und zur Treppe schleppt. Dort angekommen, steht er vor dem Problem, wie er sie da runter schaffen soll, ohne einen Unfall zu bauen.

Schliesslich macht er kurzen Prozess und lässt sie einfach die Treppe runterrutschen. Zwar nicht gerade die schöne Art, aber effektiv. Als er die wenigen freien Stufen nach unten geht, bis er die Matratze erreicht hat. Irgendwie schafft er es, sich an ihr vorbei zu quetschen. Dennoch atmet er erleichtert auf, als er wieder im relativ warmen Flur steht und sie endlich ganz runterbefördern kann. Eilig schliesst er die Tür, um nicht noch mehr von der kostbaren Wärme zu verlieren.

Mühsam schleppt er die Matratze nun in das kleine Zimmer und legt sie auf das Bett. Kurz überlegt er, ob er sie schon mit einem frischen Laken beziehen soll, entscheidet sich dann aber dagegen und legt die frische Bettwäsche einfach auf die Matratze. Sie soll erst noch etwas an der Luft liegen, ausserdem kann Nino das später dann ja selbst machen.

Erleichtert, dass er fertig ist, drückt Atemu seinen Rücken durch. »Endlich«, murmelt er vor sich hin und verlässt das Zimmer. Bewusst lässt er die Tür auf, um eine kleine Luftzirkulation zu ermöglichen. Nach einem Blick aus dem Fenster, flucht Atemu leise und eilt hinaus in den Flur und die Treppen hinunter.

Hektisch wechselt er an der Hintertür seine Hausschuhe gegen die warmen Winterschuhe und zieht sich seine Winterjacke an, bevor er in den Stall rennt oder besser gesagt, schlittert.

Im Stall wird er mit einem ungeduldigen Schnauben und vorwurfsvollen Blicken empfangen. »Ja, ja, jetzt tut nicht so. Ich bin maximal eine halbe Stunde zu spät dran«, ruft Atemu den beiden Pferden im Vorbeigehen zu, als er direkt das Heulager ansteuert.

Allerdings bleibt er stehen, als er ein Räuspern hört, das eindeutig menschlich ist. Langsam dreht er sich um und hebt eine Augenbraue an, als der die vermummte Gestalt sieht. »May, geh ruhig schon rein. Ich glaube, Yugi und die anderen erwarten dich schon.« Breit grinsend sieht er sie an, was sie warm auflachen lässt. »Und ich hatte schon gedacht, dass du mich so nicht erkennst.« Mit der, in einem pinken Handschuh steckenden, Hand, zieht sie sich den gestreiften Schal von der unteren Gesichtshälfte und gibt so den Blick auf ihr breites Grinsen frei. »Ich gehe auch gleich rein. Hier draussen ist es mir eindeutig zu kalt, um die Masse eures neuen Mitbewohners zu nehmen. Ausserdem will ich alle Details davon hören, wie er zu euch gekommen ist und woher ihr ihn kennt. Also dann, bis später.« Da sie sich beim letzten Satz schon umwendet und Atemu nicht mehr direkt ansieht, bemerkt sie nicht, wie dieser zusammenzuckt und blass wird. »Ja, dann bis später«, murmelt Atemu gepresst und eilt ins Lager, wo er sich schwer atmend gegen die Tür lehnt. Innerlich verflucht er sich und kann doch nicht die Bilder aus seiner Vergangenheit mit Nino abstellen, die vor seinem inneren Auge an ihm vorbeirasen. Dabei sind sie aber so klar, als wäre das alles erst gestern gewesen und nicht schon vor bald einem Jahr. Dazu vermischen sich die Erinnerungen an die Sklavenparty mit dem Tag, als er bei May gewesen ist und sie seine Masse genommen hat. Ihn berührt hat, was für ihn nach all den Erlebnissen kaum zu ertragen gewesen ist.

Was so ein einzelner Satz, im falschen Moment ausgesprochen, auslösen kann, erschreckt ihn immer wieder aufs Neue. Mehrmals atmet er tief durch, bis sich sein rasender Herzschlag wieder halbwegs beruhigt. Die Augen öffnend, sieht er zu Boden und wischt sich mit dem Handrücken über die schweissnasse Stirn. Erstaunt bemerkt er die Nässe auf der Haut und auch, dass die Kleider an seinem Körper zu kleben scheinen. »Na toll. Es ist eiskalt und ich schwitze mir hier einen ab.« Fluchend stapft er zu den vorbereiteten Heunetzen und reisst sie regelrecht von den Haken.

Als er das Heulager mit seiner Last verlässt, zieht er schaudernd die Schultern hoch, als ein eiskalter Wind ihn streift. So schnell wie möglich hängt er die Netze in die Boxen und kontrolliert die Tränken. »Super«, murrt er mit einem Blick in die leeren Behälter und rennt zum Eimer. Er hat es schon vor Tagen aufgegeben, das Wasser aus der Pumpe im Hof zu holen, sondern geht direkt zur Hintertür und betritt das Haus. Allzu weit will er mit den Schuhen nicht ins Haus gehen, weshalb er direkt das Bad ansteuert und da den Eimer in die Wanne stellt, um ihn mit warmen Wasser zu füllen.

 

Während Atemu damit beschäftigt ist, sitzt May mit Yugi und Sugoroku in der Küche und unterhält sich mit ihnen. Nino haben sie ins Lager geschickt, wo dieser die Stoffe kontrolliert. Eigentlich hatte ja Yugi das machen wollen, aber der Junge war so unsicher gewesen und mit jeder Sekunde nervöser geworden, dass sie ihn irgendwie beschäftigen wollten. Weshalb er nun im Lager rumwuselt. »Also ist euch der Kleine im wahrsten Sinne des Wortes zugelaufen. Aber warum habt ihr ihn behalten? Es war ja schon ein Wunder, dass du dir auf dem Sklavenmarkt einen Sklaven gekauft hast.« Neugierig sieht sie Yugi an der hilfesuchend zu seinem Grossvater sieht.

Der hebt die Schultern und lässt sie wieder sinken, bevor er nach seiner Teetasse greift und einen grossen Schluck trinkt und sich dann erst einmal räuspert. »Was hätten wir denn sonst machen sollen? Ihn wieder zu Bakura zurückschicken? Dann wäre der Junge jetzt tot. Ausserdem ist er kein schlechter Mensch und hat in seinem Leben schon genug gelitten.« Ernst sieht er May an, die leer schluckt. »Verstehe, das ist ja dann logisch, dass ihr ihm helfen, wollt. Ich hätte wohl das Gleiche gemacht, wenn ich ihn in meinem Stall gefunden hätte.

»Abgesehen davon, dass du zu dem einen Prozent der Bevölkerung ohne eigenen Stall und Pferde gehörst, stimme ich dir zu«, erwidert Yugi trocken. Als er in der Tür ein Geräusch hört, wendet er sich um und lächelt aufmunternd. »Nino, komm ruhig rein. Bist du im Lager fertig?«

Zögernd betritt Nino den Raum und sieht nervös zu May, die ihn aufmerksam mustert. »Ja, ich bin fertig und ich habe auch schon die Ballen für Mistress Kujaku auf den Tisch gelegt«, antwortet er mit leiser Stimme und nun gesenktem Blick.

»Danke, Nino. Woher hast du denn gewusst, welche Stoffe sie bei mir bestellt hat?« Möchte Yugi erstaunt wissen.

»Ich habe es gehört, als … Sugoroku es ihnen erzählt hat«, murmelt Nino und zieht schon den Kopf ein, da er instinktiv eine Strafe erwartet. Schliesslich war ihm nicht erlaubt worden, den Gesprächen der Herrschaften zuzuhören.

»Wow, du bist sehr aufmerksam. Dann komme ich doch gleich mit und schaue nach, ob du alles rausgesucht hast.« Lächelnd steht May auf und trinkt im Stehen noch schnell ihren Tee aus, ehe sie die Tasse auf den Tisch stellt und zu dem Jungen geht. »Dann führ mich mal in das Allerheiligste von Yugi.« Als sie den verwirrten Blick von Nino bemerkt, lacht sie freundlich auf. »Ich meine damit sein Stofflager«, fügt sich schmunzelnd hinzu und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Danach nehme ich hier deine Masse und wir schauen uns die Mustersachen an, die ich dir mitgebracht habe, damit du dir einen Schnitt aussuchen kannst.«

Mit grossen Augen sieht Nino sie an und dann blickt dann zu Sugoroku. »Ich darf mir Aussuchen, was mir am besten gefällt?« Wagt er es unsicher und nervös zu fragen. Er bemerkt gar nicht, dass er die Luft anhält, bis der alte Mann mit einem warmen Gesichtsausdruck nickt. »Natürlich darfst du dir die Schnitte aussuchen. Schliesslich musst du die Sachen dann ja auch anziehen.«

Schlagartig stösst Nino die Luft aus und wankt gefährlich, sodass May ihn reflexartig festhält. »Hey, was hast du denn?«, fragt sie ihn besorgt.

Auch Yugi ist aufgestanden und legt jetzt die Hand auf Ninos Stirn. Zu seiner Erleichterung, hat der Junge aber keine erhöhte Temperatur. »Alles gut. Sein Kreislauf spielt nur manchmal etwas verrückt und dazu noch die ganzen neuen Eindrücke, der letzten Minuten.« Beruhigend lächelt er May an, die seinen Blick kritisch erwidert. »Wenn du meinst. Ist das Lager beheizt?«, fragend sieht sie Yugi an, der leise seufzt. »Du weisst genau, dass wir hier unten in drei Räumen einen Ofen haben. Im Laden, in der Küche und im Bad.«

»Na dann ist es ja klar, wo ich Ninos Masse nehme«, erwidert May und sieht zu Nino. »Du zeigst mir jetzt die Stoffe, die mein lieber Freund hier rausgesucht hat und du Yugi, holst aus deinem Zimmer die Schranktür mit dem Spiegel.« Noch während sie die Anweisungen gibt, nimmt sie Ninos Arm und dreht ihn um. »Komm, mein Hübscher, wir suchen für dich ein paar schöne Stoffe aus und du zeigst mir, was Yugi für mich bereitgelegt hat.« Noch bevor irgendjemand etwas sagen kann ist sie mit dem komplett überforderten Nino am Arm aus der Küche verschwunden.

Sprachlos sieht Yugi ihr nach und dreht sich dann zu seinem Grossvater um. »Du kennst sie doch. Wenn sie das Gefühl hat, die Kontrolle übernehmen zu müssen, dann macht sie das und ich denke, das wird Nino gerade gut tun, wenn nicht nur wir ihn wie einen normalen Menschen behandeln.«

»Vielleicht, aber wie zum Teufel soll ich die Schranktür hier runter schaffen?«

»Mit meiner Hilfe«, meldet sich Atemu zu Wort, der ziemlich durchgefroren im Flur steht und die Frage seines Shariks mitbekommen hat. Sofort sieht Yugi zu seinem Liebsten und runzelt die Stirn. »Zuerst solltest du dich mit einer heissen Dusche und einem Tee wieder aufwärmen. Du siehst aus wie ein Eismann.« Voller Sorge geht er auf ihn zu und legt ihm die Hand auf die Wange. »Was ist passiert? Du bist nicht nur eiskalt, sondern auch kreidebleich.«

Einen kleinen Moment, nur für den Bruchteil einer Sekunde, schmiegt Atemu seine Wange in die herrlich warme Hand, ehe er einen Schritt zurücktritt und den Kopf langsam schüttelt. »Es ist nichts. Lass uns diese Schranktür holen. Wofür die auch immer hier unten sein muss.« Weitere Fragen verhindern wollend, geht er mit steifen Schritten zur Treppe.

»Heute scheint kein guter Tag zu sein, dabei hat er so gut angefangen«, murmelt Yugi vor sich hin, als er seinem Liebsten folgt.

 

Im Lager steht Nino hilflos da, während May mehrere Ballen Stoff aus den Regalen nimmt und sie auf den Tisch legt. »So, diese Stoffe sind für deine Sachen genau die Richtigen.« Resolut legt sie zwei Ballen aus tannengrünem, dickem Stoff auf den Tisch und holt dann noch einen dunkelblauen Ballen aus dem Regal und einen Ballen Leinen. Beides legt sie zu den tannengrünen Ballen und grinst dann breit. »Das brauchen wir für deine Sachen und jetzt sehe ich mir mal an, ob Yugi bei meiner Bestellung an alles gedacht hat.«

»Aber … aber … Mistress … müssen das nicht Yugi und Sugoroku entscheiden, was ich bekomme?« Wagt es Nino vorsichtig einzuwenden, zuckt dann aber zusammen, als May die Hand hebt. »Zwei Dinge. Erstens: Ich heisse May und nicht Mistress. Also nenne mich bitte auch so. Zweitens: Ich nehme nichts, was nicht auch Sugoroku oder Yugi für dich aussuchen würden. Vermutlich hätten sie an meiner Stelle genau die gleichen Stoffe für dich ausgesucht. Du bist einfach ein tannengrün und mitternachtsblau Typ. Sie haben damals schon bei unserem Atemu bewiesen, dass sie wissen, was einem Mann steht und gut aussieht, ohne übertrieben zu wirken.«

Es nicht mehr wagend, ihr zu widersprechen, nickt Nino und deutet auf den Stoffstapel. »Ich habe alles rausgelegt, was Yugi mir gesagt hat. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen.« Aufmerksam beobachtet er, wie May den Stapel kurz durchsieht und dann zufrieden nickt. »Ja, es ist alles da. Auf die beiden kann man sich einfach verlassen.« Lächelnd sieht sie zu Nino. »Nun sollten wir aber mal nachschauen, ob Yugi seine Aufgabe erledigt hat und ich brauche deine Masse. Sag mal, wie alt bist du?« Nachdenklich mustert sie Nino, der bei dem Blick den Kopf senkt und mit dem Fuss scharrt. »Meist… Sugoroku meint, dass ich sechzehn Jahre alt bin. Zumindest habe ich gehört, wie er das zu den anderen gesagt hat. Ob es stimmt, das weiss ich nicht.«

»Dann wird er das in deinen Sklavenpapieren gelesen haben. Ich bin sicher, dass das stimmt, wenn er das so gesagt hat«, erwidert May und macht sich gedanklich die Notiz, die Sachen so zu nähen, dass sie die später leicht grösser machen kann.

 

Während May und Nino im Lager beschäftigt waren, haben es Yugi und Atemu nicht geschafft, die Schranktür mit dem integrierten Spiegel auszubauen und nach unten zu schaffen. Nun lehnen sie gegenüber der Küchentür an der Flurwand. »Wenn ich dran denke, dass ich letztes Jahr mit dir zu ihr in ihre Schneiderei gegangen bin, ist das hier jetzt etwas ganz anderes.« Nachdenklich mustert Atemu die Tür zum Stofflager.

»Ja, ich wäre auch lieber mit Nino zu ihr in den Laden gegangen. Aber du hast ja selbst gesehen, dass ihm überhaupt nichts passt, was wir hier haben und in der Kälte schicke ihn ganz sicher nicht nach draussen, solange er keine anständigen Kleider und Schuhe hat.« Ernst sieht Yugi seinen Liebsten an. »Und du solltest jetzt wirklich eine heisse Dusche nehmen. Trotz der Anstrengung eben, siehst du immer noch durchgefroren aus.« Als Atemu etwas dagegen sagen will, hebt Yugi die Hand. »Bitte, ich möchte nicht, dass du krank wirst. Also tu es mir zuliebe, wenn du es schon nicht für dich machen willst.« Flehend sieht er ihn an, bis sein Liebster ergeben seufzt. »Na gut, wenn du wirklich darauf bestehst, dann stelle ich mich jetzt unter die Dusche.« Murrend dreht sich Atemu um und geht ins Bad. Dort zieht er sich komplett aus und steigt unter die Dusche. Wie immer stellt er das Wasser auf seine gewohnte Temperatur ein, nur um dann zusammen zu zucken, als das warme Wasser auf seiner immer noch kalten Haut brennt. Erst jetzt wird ihm bewusst, wie sehr die Kälte in seine Knochen gekrochen ist. Vorsichtig lässt er das Wasser über seine eiskalten Glieder fliessen und irgendwie fühlt sich das Kribbeln sogar gut an, als sein Körper langsam wieder warm wird. Endlich wieder aufgetaut, stellt Atemu das Wasser ab und steigt aus der Wanne. Noch während er sich abtrocknet, kann er die Stimme von May hören. Schmunzelnd hört er zu, wie sie Yugi aufzieht, dass er nicht mal einen Spiegel die Treppe runtertragen kann. Auf einmal fällt ihm auf, wie klamm sich seine Kleider auf seiner Haut anfühlen. Nach einem Moment entscheidet er sich kurzerhand dazu, nur die Hosen anzuziehen. Mit dem Pullover über dem Arm, verlässt er das Bad und sieht sich May gegenüber stehend, die ihn mit hochgezogener Augenbraue mustert. »Ja, ich habe geduscht und stehe nun halbnackt vor dir. Übrigens ist es so, dass sich die Tür des Schrankes erstens nicht so leicht aushängen lässt, ausserdem ist es oben im Schlafzimmer nicht so kalt, dass wir nicht oben schauen können, welche Schnitte für Nino die Besten sind«, sagt er mit möglichst ernster Stimme, ehe er an ihr vorbei zur Treppe geht.

Sprachlos sieht ihm May nach, nur um dann anerkennend zu pfeifen. »Yugi, dein Schatz hat sich ja ganz schön gemausert. Fein definierte Muskeln und dann noch dieses Auftreten. Du bist echt zu beneiden.«

»May, du hast Jonouchi. Soviel ich weiss, ist er auch ganz gut bemuskelt. Muss er ja, bei seiner Arbeit.« Breit grinsend und doch auch etwas stolz, sieht er May an, die den Blick gespielt ernst erwidert und den Finger hebt. »Ja, das stimmt allerdings und ich würde ihn auch nicht mehr hergeben. Dennoch habe ich Augen im Kopf«, kontert sie und da kommt Atemu auch schon wieder die Treppe runter. »Du hättest ruhig oben ohne bleiben können.« Kann May es sich nicht verkneifen zu sagen. »Obwohl … der Pullover steht dir auch wunderbar.«

Breit grinsend beugt Atemu sich vor. »Danke, aber pass nur auf, dass Jonouchi nicht mitkriegt, dass du mir schöne Augen machst«, raunt er ihr zu und geht dann an ihr vorbei zu seinem Sharik, um ihn innig zu küssen. Erleichtert spürt er, dass sein Kuss erwidert wird. Genau das braucht er jetzt, um sein momentan ziemlich fragiles, inneres Gleichgewicht zu erhalten, das von Mays Kommentaren mal wieder ziemlich stark erschüttert worden ist.

Vorsichtig löst Yugi den Kuss und sieht seinem Liebsten tief in die Augen. Natürlich hat er gespürt, dass der Kuss einen gewissen Unterton hatte. »Alles gut, ich bin da«, flüstert er ihm zu und nimmt ihn in den Arm. »Kommt. Gehen wir in die Küche, damit May die Masse nehmen kann, ohne dass Nino Gefahr läuft, zu erfrieren.«

Als May schnaubend an ihnen vorbeiläuft, kann er sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Hat sie wieder etwas gesagt oder getan, das dir Probleme bereitet?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen, kaum dass sie allein im Flur stehen.

Mit einem bedrückten Lächeln schüttelt Atemu den Kopf. »Es ist schon gut. Sie weiss ja nicht, wie die Vergangenheit von mir und Nino aussieht. Ausserdem kann sie auch nicht wissen, was ihre Worte bei mir auslösen.«

 

Während Yugi und Atemu im Flur stehen, packt May in der Küche ihr Massband und ihr unbezahlbar wertvolles Notizbuch aus. Sugoroku steht unterdessen am Herd und kümmert sich ums Mittagessen. Nebenbei sieht er zu Nino, der doch ziemlich nervös wirkt. »Ganz ruhig, Nino. May weiss genau, was sie tut. Am besten machst du dich obenrum frei, damit sie deine Masse gut nehmen kann.«

Bevor Nino dem Vorschlag nachkommen kann, schüttelt May den Kopf. »Das ist nicht nötig. So halbnackt, wie er in der Tunika ist, kann ich seine Masse auch so nehmen.«

Lächelnd stellt sie sich vor Nino hin. »Spreize deine Arme seitlich ab und dabei kann Sugoroku mir ja mal erzählen, was es mit der Liege hier unten auf sich hat.«

Dies lässt Sugoroku die Stirn runzeln. Sie hatten doch schon darüber gesprochen. Leicht verwirrt sieht er zu ihr und Nino und bemerkt, wie angespannt der Junge ist. »Nino hat bis heute hier unten geschlafen, weil er durch den Sulave Entzug extrem gefroren hat und die Küche der wärmste Raum im Haus ist.« Kurz stockt er in seiner Erzählung, weil er sich auf das Essen konzentrieren muss. »Heute zieht er in das kleine Zimmer neben meinem Schlafzimmer, das wir in den letzten Wochen extra für ihn hergerichtet haben. Er muss nur die Decken und das Kissen mit hoch nehmen und das Bett frisch beziehen, ansonsten ist so gut wie alles fertig. Was noch fehlt, wird sich zeigen, wenn er dann oben eingezogen ist.«

Aufmerksam hat Nino zugehört, während er genau das Messen beobachtet hat. Aber so ganz kann er es nicht glauben, dass er wirklich in das Zimmer einziehen darf, an dem Atemu gearbeitet hat. Denn natürlich hat er die Gespräche mitbekommen und auch, dass viele Sachen wohl in einen anderen Teil des Hauses geschafft worden sind.

Nervös beisst er sich auf die Lippen, als er sich auf Mays Anweisung hin umdreht und so zu Sugoroku blickt. »Ich kriege wirklich ein eigenes Zimmer?« Möchte er mit unsicherer Stimme wissen, woraufhin Sugoroku sich am Herd stehend umdreht. »Ja, du kriegst ein eigenes Zimmer. Es ist nur so, dass es nur durch mein Zimmer erreichbar ist. Aber das sollte ja kein Problem sein. Bei Yugi und Atemu hat es ja auch wunderbar funktioniert, bevor sie zusammengekommen sind. Wo sind die beiden überhaupt?«

»Ich habe vorhin die Treppe knarren gehört. Vielleicht sind sie nach oben gegangen«, antwortet Nino mit leiser Stimme und gesenktem Blick.

»Man merkt, dass du noch die jüngeren Ohren hast. Ich habe nichts gehört«, schmunzelt Sugoroku, obwohl ihm das Verhalten seiner Enkel Sorgen bereitet.

 

Tatsächlich haben sich die beiden in ihr Zimmer zurückgezogen und sitzen jetzt unter der Decke im Bett. Die Arme um seinen Liebsten gelegt, lehnt sich Yugi ans Rückenteil, während Atemu sich an ihm festhält und leise Tränen weint. Sie hatten gerade in die Küche gehen wollen, als sie Mays Stimme gehört hatten, wie sie Nino Anweisungen gab und das war für seinen Liebsten irgendwie zu viel gewesen. Er war kreidebleich geworden und so hatte Yugi ihn nach oben ins Schlafzimmer gebracht und jetzt sitzen sie hier. Sanft krault er ihn im Nacken und spürt, wie sich der bebende Körper, der sich an ihn schmiegt, langsam beruhigt. »Geht’s wieder etwas besser?« Durchbricht er die bis jetzt nur von leisen Schluchzern erfüllte Stille.

Als Atemu die nur flüsternd gestellte Frage hört, strafft er sich und richtet sich langsam auf. Mit vom Weinen glasigen Augen sieht er Yugi an und kann sich trotz allem ein warmes Lächeln nicht verkneifen, da dieser ihm mit den Fingern sanft über die tränenfeuchten Wangen wischt. »Es wird gehen. Es tut mir leid, dass ich so überreagiert habe«, murmelt er und schmiegt sich unbewusst in die sanft über sein Gesicht streichelnden Finger.

»Es wird sicher gleich Mittagessen geben. Willst du hier oben bleiben?«, fragt Yugi mit leiser Stimme und voller Sorge um seinen Liebsten.

»Nein, ich komme runter. May kann es ja nicht wissen, was los ist und es wäre Nino gegenüber unfair«, erwidert Atemu und richtet sich auf. Er gönnt sich einen Moment, um tief durchzuatmen, ehe er aufsteht und sich mit einem aufgesetzten Lächeln umdreht. »Ich hole noch einen Stuhl. Geh du schon mal runter und sag ihnen, dass ich gleich komme.« Noch bevor sein Sharik reagieren kann, verlässt er das Zimmer und geht hinüber ins Wohnzimmer, wo er sich beim Schachtisch auf einer der Stuhllehnen abstützt und tief durchatmet. »Du schaffst das. Du hast diese Maske früher tagtäglich getragen«, spricht er sich selbst gut zu. Mit geschlossenen Augen steht er da, bis er sich sicher ist, dass er die Kontrolle über seine Mimik wieder erlangt hat. Sich straffend öffnet er die Augen und blickt kurz zum Fenster, bevor er mit dem Stuhl den Raum verlässt und nach unten zu den anderen geht.

»Tut mir leid, dass ihr warten musstet.« Sich seine Gefühle nicht anmerken lassend, sieht er alle kurz an, während er sich neben Yugi hinsetzt und das Reisgericht mustert, das Grossvater heute zubereitet hat.

 

Aufmerksam mustert Sugoroku seinen Enkel. Er kann ohne Probleme sehen, dass es ihm nicht so gut geht, wie er es ihnen weissmachen will. »Du bist ja jetzt da. Also, greift zu und lasst es euch schmecken.« Kaum hat er das gesagt, wird der Topf herumgereicht und die Teller gefüllt.

Jeder ist während des Essens in Gedanken oder geniesst einfach nur das leckere Gericht, sodass sie schweigend dasitzen und nur das Kauen und die Geräusche des Bestecks die Stille durchbrechen.

Schliesslich hat Atemu auch noch den letzten Bissen seiner kleinen, aber irgendwie doch viel zu grossen Portion geschafft und lehnt sich, das Besteck in den Teller legend, zurück. Geduldig wartet er darauf, dass auch die anderen fertig werden, dabei fällt ihm auf, dass Nino immer wieder zu den Sachen schielt, die May als Muster mitgebracht hat. »Hast du dir schon etwas ausgesucht, was dir besonders gut gefällt?« Sofort dreht sich Nino zu ihm um und wird leicht rot. »Ich würde gern solche Sachen tragen, wie du. Das sieht so toll aus, aber sie hat nichts mitgebracht, das so aussieht.« Bedrückt sieht Nino auf seinen leeren Teller, hebt den Blick aber sofort wieder, als er eine Hand auf seinem Oberarm spürt. Auf eine Zurechtweisung gefasst, erwidert er Mays Blick, doch sie lächelt nur warm. »Dann mache ich dir solche Kleider. Als Sugoroku mir sagte, dass du noch sehr jung bist, habe ich mir einfach gedacht, dass du einen anderen Stil bevorzugst als Atemu. Darum habe ich nichts in der Richtung mitgebracht.«

Ungläubig weiten sich Ninos Augen. »Ich kriege wirklich solche schönen Sachen?«

»Natürlich. Die zu dir passenden Farben haben wir ja schon ausgesucht und dieser leicht elegante Schnitt wird auch wunderbar zu dir passen. Du hast einen sehr guten Geschmack und sobald ich mit Yugi alles geklärt habe, gehe ich nach Hause und mache mich an die Arbeit, damit du möglichst schnell raus an die frische Luft kannst, ohne dass du dir gleich eine Lungenentzündung holst.«

 

Deutlich räuspert sich Sugoroku nun. »Natürlich kriegst du Sachen, die dir gefallen und sobald du die Sachen hast, gehen wir zum Schuhmachergeschäft und holen dir passende Schuhe. Natürlich wird dir May auch eine warme Jacke nähen. Wolle ist leider keine mehr da, aber ich bin sicher, sie hat einen anderen warmen Stoff für dich rausgesucht.«

»Selbstverständlich habe ich das!«, mischt sich nun May wieder ein und grinst breit. »Ich weiss auch schon, was dir stehen und gefallen wird. Also lass dich bei der Jacke bitte überraschen.«

Zwischen Sugoroku und May hin und her blickend, nickt Nino zögernd. »Danke. Ich … kann ich jetzt mein neues Zimmer sehen?«

Sofort steht Atemu auf und legt die Hand auf die Schulter des Jungen. »Natürlich kannst du das. Komm mit. Wir müssen noch die Matratze mit einem frischen Laken beziehen und die Decken und das Kissen nach oben schaffen.« Kaum hat er die Hand weg gezogen, springt Nino auf und schnappt sich die Sachen von seiner Liege. »Ich bin bereit.«

 

Trotz allem kann sich Atemu ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er mit Nino die Treppe nach oben geht. Irgendwie kann er es kaum glauben, dass der Junge derselbe ist, wie damals bei der Sklavenparty.

Nach einem Blick über die Schulter, führt er ihn durch Sugorokus Schlafzimmer in das kleine Zimmer. »Das ist es. Du kannst es dir noch so einrichten, wie du möchtest.«

Aufmerksam beobachtet er, wie der Junge die Decken und das Kissen auf das Bett legt und sich dann mit grossen Augen umsieht. »Das ist für mich allein?«

»Ja, das ist dein Zimmer. In der Nacht wirst du eine Lampe brauchen, da das Fenster zum Hinterhof rausgeht, darum habe ich dir die Öllampe hingestellt«, erklärt Atemu geduldig. »Hier oben heizen wir nur sehr sparsam, wie du es ja sicher mitbekommen hast.«

»Es ist toll. Mit den Decken und dem tollen Bett habe ich … habe ich …«, sprachlos bricht Nino ab und streicht mit seiner rechten Hand ehrfürchtig über die Matratze und das Bettgestell, ehe er auch den kleinen Tisch und den Stuhl mit beiden Händen anfasst.

Atemu weiss, was gerade in ihm vorgeht, weshalb er sich an die Tür zurück zieht. »Ich lasse dich jetzt allein. Das Laken da, ist der Bezug für die Matratze. Mache es dir gemütlich und komm wieder runter, wenn du fertig bist.« Langsam wendet er sich um und lässt den anderen allein. Er ahnt, dass Nino das jetzt braucht.

Gerade, als er die letzten Stufen der Treppe erreicht, sieht er, wie sein Sharik und May ins Lager gehen und die Tür hinter sich schliessen. Die Stirn runzelnd geht er zu Sugoroku in die Küche und hilft ihm spontan den Tisch abzuräumen. »Wieso machen sie die Tür zum Lager zu? Haben sie etwas zu verbergen?« Fragend sieht er seinen Grossvater an, der den Kopf schüttelt. »Nein, aber Nino soll nicht wissen, wie viel seine neuen Kleider kosten werden. Das könnte ihn zusätzlich verunsichern und wir denken, dass er das gerade heute nicht gebrauchen kann.«

»Verstehe. Er freut sich gerade über sein eigenes Zimmer. Es ist sicher das ist das erste Mal, dass er einen Raum für sich allein hat.« Neben seinem Grossvater stehend, stellt er das Geschirr in die Spüle und lässt möglichst warmes Wasser reinlaufen. »Ich weiss, wie er sich gerade fühlt. Man ist überwältigt und fühlt sich überfordert. Es ist alles so toll und man hat Angst, dass man aus dem Traum aufwacht und zitternd auf einem Strohsack in einem kalten Raum liegt und nicht weiss, wann man wieder etwas zu essen bekommt.«

»Das ist verständlich. Mir würde es auch so gehen, wenn ich an seiner Stelle wäre. Weisst du, Mehefin hatte sein Zimmer in der Waschküche. Der Raum war mal zweigeteilt, aber als er gegangen ist, haben wir die Wand rausgenommen, um mehr Platz für die Wäscheleinen zu haben.«

Erstaunt sieht Atemu zu seinem Grossvater. »Das wusste ich gar nicht. Warum haben wir den Raum jetzt nicht einfach wieder umgebaut?«, fragt er, nur um gleich darauf die Hand mit dem Waschlappen zwischen den Fingern zu heben, als Sugoroku etwas sagen möchte. »Ich kenne die Antwort schon. Dafür muss ich nur aus dem Fenster sehen.«

»Ja, auch. Aber ich möchte ihn auch hier im Haus wohnen haben, weil ich ihn hauptsächlich hier im Haus beschäftigen und ihn auch etwas mehr im Auge behalten möchte.« Da er den fragenden Blick seines Enkels bemerkt, atmet er tief durch. »Er wird sein Leben lang mit seiner Sucht zu kämpfen haben. Auch wenn er das ziemlich sicher nicht wahrhaben will.«

Wieder auf den Abwasch blickend, nickt Atemu. »Das stimmt leider. So abhängig wie er ist …« Mitten im Satz bricht er ab und schrubbt den Topf so heftig, dass der wohl unter seinen Händen zerbrechen würde, wenn er nicht aus Gusseisen wäre.

Gerade als sie mit dem Aufräumen fertig sind, kommen Yugi und May mit mehreren Stoffballen in die Küche. »Grossvater, kannst du May einen Korb oder Stoffbeutel leihen? Sie hat ziemlich viel mitzunehmen.«

Grinsend nickt Sugoroku. »Das musst du doch nicht fragen. Im Laden hats unter der Theke doch noch Beutel, wenn du diesen Stoffberg auf ihren Armen nicht nur in Leinen einpacken willst.«

Unwillkürlich kratzt sich Yugi verlegen am Hinterkopf. »Stimmt. An die habe ich gar nicht mehr gedacht.« Mit hochrotem Kopf dreht sich Yugi um und murmelt irgendetwas unverständliches. Es ist ihm so peinlich, dass er die Beutel vergessen hat.

Kichernd läuft May Yugi nach, bis sie im Laden sind und sie die Stoffe auf den Verkaufstresen legen kann. Mit verschränkten Armen lehnt sie sich dann rücklings an den Tresen und beobachtet Yugi, wie dieser tatsächlich einen grossen Stoffbeutel hervorkramt. »Du hast wirklich vergessen, dass du diese Beutel noch da hattest?«

Grummelnd nickt Yugi, während er die Stoffballen für Ninos Kleider in Leinen einwickelt. »Ich brauche die so gut wie nie. Den Kunden reicht es völlig, wenn ich alles in Leinen einwickle.« Er macht noch ein zweites grosses Leinenbündel, ehe er alles in den Beutel schiebt und ihn May reicht. »Hier, soll ich dich gleich hier rauslassen? Sicher haben sie inzwischen die Hauptstrasse zumindest halbwegs geräumt. Dann musst du nicht durch den tiefen Schnee laufen.«

»Weisst du eigentlich, wie es mich ankotzt, wieder in die Kälte raus zu gehen? Warum können wir nicht in einem Land ohne Winter leben?« Beschwert sie sich und deutet zum Fenster, durch das man leichten Schneefall sehen kann. »Und jetzt schneit es auch schon wieder!«

Seufzend hört Yugi ihr zu und sieht dabei auch zum Fenster, als sie darauf deutet. »Sei froh, dass wir nicht weiter nördlich leben. Da scheinen sie noch mehr in Schnee und Eis zu ertrinken, als wir.« Voller Mitgefühl legt er ihr die Hand auf die Schulter. »Ich hole deine Sachen und ziehe mich dabei auch warm an. Ich begleite dich nach Hause. Bei dem Wetter will ich nicht, dass du noch einmal allein durch die Stadt läufst.« Noch bevor May protestieren kann, hat Yugi den Laden verlassen. »Du bist einfach zu gut für diese Welt«, murmelt sie vor sich hin und geht zum Fenster. So vom Inneren des Hauses aus, sieht die Winterlandschaft ja schon schön aus. In den Anblick vertieft bemerkt sie nur am Rande, dass Yugi wieder zurück kommt und so braucht sie einen Moment, bis sie sein Räuspern registriert und sich umdreht. »Du bist ja ein richtiger Gentleman.« Sie zwinkert im neckend zu, als sie sich den Schal um Kopf und Hals wickelt. »Ach was. Du bist meine Freundin. Ausserdem würde es mir Jono nie verzeihen, wenn dir etwas passieren würde.« Grinsend sieht er sie an und hilft ihr sogar in den Mantel, aus weissem Schafswollstoff.

Während sie die Knöpfe schliesst, nimmt er den Beutel und geht zur Tür. »Also dann los. Ab in die Kälte«, sagt er immer noch grinsend und verlässt kurz darauf mit ihr den Laden.

 

 

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So, das war es jetzt auch schon. Nino hat ja schon seine Probleme, mit der kleinen, aber feinen Veränderung seines Schlafortes.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure

 

mrs_ianto

Ankunft

Hallo zusammen,

 

ja, es geht weiter mit unseren Helden. Oder doch nicht? Wer weiss, was das neue Kapitel uns jetzt bringen wird. Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spass beim lesen.

 

 

 

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Ankunft

 

 

 

Müde verlässt Arthur Hopkins zusammen mit Rebecca und Maria das Schiff, das in den letzten Wochen ihr Zuhause gewesen ist. Fröstelnd schlingen sie die Arme um ihre Oberkörper, als der eisige Wind sie trifft, der so früh im Frühling oder auch späten Winter immer noch durch den Hafen pfeift. »Maria, Rebecca, geht schon mal vor und organisiert eine Kutsche. Ich warte auf unsere Gäste«, sagt Arthur, während er sich in dem alten Hafen umsieht, dessen dunkle Holzgebäude vom steten Wind schief geworden zu sein schienen. Aufmerksam sieht er auf die emsig vorbeieilenden Menschen aus den verschiedensten Kulturen, während er mit den neben ihm abgestellten Reisetaschen dasteht und versucht, den kalten Wind irgendwie zu ignorieren. Jetzt fällt ihm auch wieder ein, warum er sonst eigentlich einen oder manchmal sogar zwei Monate später von seiner Reise zurückkehrt.

Endlich kommt Maria wieder zurück und sieht ihn lächelnd an. »Noi haben eine Kutsche. Rebecca wartet auf uns, damit sie noi nicht weggeschnappt wird.« Mit einem warmen Blick zieht Arthur ihr die Mütze etwas weiter über die Ohren. Da hört er endlich die Stimme seines alten Freundes, der sich lauthals über die kalten Temperaturen beschwert und dann die ruhige Stimme des jüngeren Mannes, der ihm lachend antwortet, dass er die Beschwerde bei Seth vorbringen solle und nicht bei ihm.

»Unsere Mitreisenden sind da«, raunt er Maria zu, die besorgt zu den dick eingepackten Männern blickt die mit ihren relativ kleinen Reisetaschen auf sie zu treten. »Ich hoffe, dass eure Worte wirklich wahr sind und wir nicht umsonst mit diesem primitiven Schiff in dieses kalte Land gereist sind und uns jetzt in diesem schmutzigen und heruntergekommenen Hafen wichtige Körperteile abfrieren.« Mit blitzenden, eisblauen Augen wird Hopkins kalt angesehen, was ihn leicht schlucken lässt. »Meine Enkelin und Maria haben eine Kutsche organisiert. Folgt uns bitte.« Leicht verneigt er sich vor den beiden Männern, während Maria zwei der Reisetaschen nimmt. Die restlichen beiden Taschen hebt er hoch und nickt ihr dann lächelnd zu, dass sie bereit sind.

Erleichtert, dass sie endlich aus dem schneidenden Wind kommen kann, läuft Maria los. Ohne Probleme schlängelt sie sich über die vom Schneematsch rutschigen Wege durch die Menschenmassen, die mit hochgezogenen Schultern und gesenkten Schultern an ihnen vorbeieilen. Viele sind in warme Kleider eingepackt, aber immer wieder sieht man Sklaven, die zitternd und schlotternd nur mit dünnen Tuniken und Sandalen bekleidet ihren Besitzern folgen.

»Come kann man nur mit seinen Sklaven so schlecht umgehen«, murrt Maria, als sie an einem hustenden Sklaven vorbeilaufen, der schwer beladen seiner Besitzerin folgt.

»Warum sollten diese Nichtsnutze besser behandelt werden? Sie sind ein wertloser Teil der Bevölkerung und verdienen nichts besseres«, erwiderte der blauäugige Mann kalt und rümpfte dabei die Nase, als sie an einer Latrine vorbeikommen, die trotz der Kälte ihren typischen Geruch verbreitet.

Nur mit Mühe kann sich Maria eine scharfe Antwort verkneifen und auch Hopkins muss sich auf die Zunge beissen. Vor allem, weil ihm bewusst ist, dass er selbst bis zum Auftauchen von Yami ebenso gedacht hat.

Endlich können sie zwischen den schmutzig braunen Gebäuden den Kutschenhalteplatz entdecken, wo Rebecca schon ungeduldig auf sie wartet. Als sie von ihr entdeckt werden, hebt sie die Hand und winkt ihnen hektisch zu. »Da seid ihr ja endlich. Ich musste schon hunderte von Leuten wegschicken, die die Kutsche haben wollten«, ruft sie ihnen laut zu, was die Pferde unruhig schnauben lässt. »Mamma mia, Rebecca. Du machst mit deinem Verhalten die Cavalli noch ganz scheu«, sagt Maria streng, als sie bei ihr ankommen.

»Das ist doch nicht der Ernst dieser Leute, dass wir in dem Ding durch die Stadt fahren«, raunt der Blauäugige dem älteren Mann angewidert zu. Worauf hat er sich da nur eingelassen, als er zugestimmt hat, der fantastischen Geschichte von diesem Hopkins zusammen mit dem Alten auf den Grund zu gehen.

»Mein Prinz, das einfache Volk hat an Land drei Möglichkeiten der Fortbewegung. Sie laufen, reiten oder fahren mit einer Kutsche. Wir sollten dankbar sein, dass sie eine Kutsche für fünf Personen auftreiben konnten.« Der Alte sieht ihn ernst an. »Ausserdem war das Schiff des einfachen Volkes für uns die einzige Möglichkeit, ohne Aufsehen zu erregen das Land zu verlassen und mit ihm zu reisen. Denk dran, dem einfachen Volk ist es verboten, die Flughäfen zu betreten oder andere technische Geräte zu besitzen und zu benutzen.« Die letzten Sätze hat der Alte nur noch flüsternd ausgesprochen und dazu noch auf ägyptisch. »Also hört jetzt lieber auf, euch zu beschweren, wenn ihr nicht als Angehöriger der Oberschicht erkannt werden wollt«, raunt er ihm noch zu und nickt dem Kutscher mit einem ernsten Blick zu, ehe er einsteigt und sich mit dem Rücken entgegen der Fahrtrichtung hinsetzt. Als auch die anderen eingestiegen sind, schliesst der Kutscher die Tür und obwohl der Innenraum der Kutsche nicht beheizt ist, haben sie durch den fehlenden, beissenden Wind das Gefühl, dass es jetzt deutlich wärmer ist als draussen.

Kaum hat sich die Kutsche in Bewegung gesetzt, wird Hopkins scharf gemustert. »Wir haben durch diese langsame Nussschale Wochen verloren. Wann werden wir ihn sehen?«

Ernst, aber vollkommen ruhig erwidert Hopkins den Blick aus den eisblauen Augen. »Ich gehe noch heute Abend los und besorge uns Karten für die nächste Postkutsche. Die Fahrt dauert dann mindestens einen Tag.«

»Was für eine Zeitverschwendung. Kein Wunder, dass aus den Angehörigen des Pöbels nichts werden kann. Alles dauert eine unnötige Ewigkeit.«

Nun beugt sich Maria vor und mustert ihn streng. »Principe oder nicht, euer Comportamento ist unmöglich.  Gebt uns die Opzioni der Magi und dann werdet ihr sehen, zu was wir fähig sind. Sebbene, das wollt ihr vermutlich gar nicht. Wir könnten ja sonst zu mächtig werden.«

»Maria! Lass es gut sein. Denk dran, mit wem du redest und noch sind wir nicht Zuhause.« Warnend sieht Arthur sie an, dass sie es nicht übertreiben solle, woraufhin sich Maria schnaubend wieder zurück lehnt und in ihrer Muttersprache gereizt vor sich hin murmelt.

Er kann sie ja verstehen. Ihm geht es ja auch nicht anders, aber ändern kann an der Situation keiner etwas. Also was bringt es, wenn sie ihre beiden Gäste wütend macht, indem sie ihrem Temperament freien Lauf lässt und zu offen ihre Meinung kund tut.

»Mein Freund, wie lange werden wir noch unterwegs sein, bis wir dein Haus erreicht haben?«, fragend sieht der Ältere ihn an und er lächelt sogar in Marias Richtung.

Kurz blickt Hopkins aus dem Fenster. »Wir brauchen etwa eine halbe Stunde durch die Stadt, wenn wir auf schwach befahrene Strassen treffen. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.«

Abschätzig schnaubt der Jüngere der beiden und mustert voller Abscheu das Innere der Kutsche. »Wie primitiv und heruntergekommen dieses Vehikel ist. Wir hätten wenigstens in diesem Land nach einem Auto verlangen können.«

Geduldig schüttelt der Ältere den Kopf. »Mein Prinz, ihr wisst ganz genau, dass wir auch hier aufpassen müssen, dass wir nicht auffallen. Wer weiss, wo euer Vater überall seine Spione hat und wenn der Sklave nicht derjenige ist, den Sir Hopkins vermutet, dann würden wir eine unbeteiligte Familie mit zu viel Aufmerksamkeit in Gefahr bringen.«

Murrend verschränkt der Blauäugige die Arme und sieht aus dem Fenster. »Tokio ist viel schöner und deutlich besser gepflegt als dieses Edo«, stellt er nach einer Weile fest.

»Hoheit, das stimmt so nicht. Die Stadt ist wunderschön. Nur jetzt nach dem Winter braucht sie etwas, bis ihre wahre Schönheit wieder sichtbar ist.« Rebecca hat in den letzten Wochen wirklich alles geschluckt, was dieser unsympathische Mann so von sich gegeben hat, aber genug ist genug. »Denkt dran, wenn wir die Möglichkeiten der Magi hätten, dann würden unsere Städte auch ganz anders aussehen. Ausserdem solltet ihr uns dankbar sein, dass wir euch geholfen haben, das Land zu verlassen und hierher zu gelangen.« Mit jedem Wort steigert sich Rebecca stärker in ihre unterdrückte Wut hinein und sie hätte noch weiter gemacht, aber der eiskalte Blick aus diesen unheimlichen eisblauen Augen, lässt sie verstummen. Leer schluckend zwingt sie sich, den Blick nicht abzuwenden und auch nicht zurückzuweichen, als sich der andere auch noch zu ihr vorbeugt. »Rebecca, so heisst ihr doch. Was wisst ihr schon, was für Möglichkeiten ich gehabt hätte. Ich habe mich nur dieser primitiven Art zu reisen ausgesetzt, weil mein Mentor das verlangt hat, da er die Sorge hat, dass es sonst zu sehr auffallen würde, wenn wir wie gewohnt fliegen würden. Ausserdem wäre es sinnlos gewesen, da wir dann schon Wochen vor euch hier angekommen wären und Sir Hopkins es nicht riskieren wollte, uns noch im ägyptischen Grossreich zu sagen, um welche Familie es sich handelt, von der er uns im Vertrauen erzählt hat.« Leicht lächelnd zeigt er seine perfekten Zähne, was der Geste etwas leicht Bedrohliches verleiht, ehe er sich wieder zurücklehnt und wieder aus dem Fenster blickt.

Erleichtert, dass er sie nicht mehr ansieht, atmet Rebecca heimlich auf und erlaubt es sich, kurz die Augen zu schliessen.

»Rebecca, die Herren sind mehr Komfort und Geschwindigkeit gewohnt. Also sei etwas nachsichtig, wenn sie mit den Bedingungen, die für uns normal sind, Probleme haben.« Mit einem nachsichtigen Blick sieht Hopkins seine Enkelin an. Er kann sie ja verstehen, dass sie von dem Verhalten der beiden genervt ist, ihm geht es trotz des jahrzehntelangen Kontaktes zur Oberschicht nicht anders. Heimlich schielt er aus dem Fenster der Kutsche und atmet innerlich auf, als er sieht, dass sie sein Stadthaus beinahe erreicht haben. Er hofft, dass sein Brief, den er noch im ägyptischen Grossreich abgeschickt hat, Scott schon erreicht hat. Sonst wäre es für die Angestellten und Sklaven eine Überraschung, dass sie jetzt schon zurück sind.

Kaum hat er die Gedanken zu Ende gedacht, hält die Kutsche neben dem Gehsteig direkt vor der Haustür an. Er kann es nicht erwarten, aus dem beengten Raum zu kommen. Kaum ist auch die letzte Bewegung verklungen, öffnet er selbst die Tür und steigt aus. Sofort fröstelt es ihn wieder, als der kalte Wind ihn trifft, der auf der relativ geraden Strecke ungehindert um seine Ohren pfeift. Er will schon zur Haustür gehen, um zu schauen, ob Scott oder einer der anderen da ist, als diese aufgeht. Lenny, Jim und Scott kommen heraus und eilen auf die Kutsche zu. »Sir Hopkins, willkommen zurück«, begrüsst sie Scott mit einem leichten Neigen des Kopfes. »Geht schon rein. Im Wohnzimmer hat Nancy Tee und Gebäck aufgetischt.«

Erleichtert, dass der Brief offensichtlich rechtzeitig angekommen ist, atmet Arthur auf. Er wendet sich zur Kutsche um, um Maria und Rebecca beim Aussteigen zu helfen. Aber das erledigen schon Lenny und Jim, die den beiden Frauen zuvorkommend die Hand reichen. »Scott, erledige du das mit der Bezahlung des Kutschers«, befiehlt er müde und doch muss er lächeln, als Maria sich bei ihm einhakt und ihn mit ihren warmen Augen ansieht.

»Natürlich kümmere ich mich darum, Sir Hopkins.« Mit einem leichten Grinsen beobachtet Scott den Blickwechsel der beiden, ehe er sich umwendet. »Es ist schon erstaunlich, was sich seit dem Aufenthalt von Yugi und Yami so verändert hat«, murmelt er vor sich hin, als zum Kutscher geht und mit ihm über den Preis für die Fahrt verhandelt.

Währenddessen geht Hopkins mit den anderen ins Haus und führt sie ins Wohnzimmer. »Arthur, setz dich hin«, fordert Maria ihn auf, als er sich schon wieder zum Gehen anschickt, kaum, dass sich die anderen hingesetzt haben. Mit einem sanften Lächeln haucht er ihr einen Kuss auf den Handrücken. »Ich muss für morgen noch eine Kutsche organisieren, die uns nach Domino bringt. Ich werde reiten und sicher nicht lange brauchen.«

»Na gut, mio Liebster. Aber beeil dich wirklich und lasse dich nicht in unnötige Conversazioni verwickeln. Voller Sorge sieht sie ihm nach, als er aus dem Wohnzimmer geht, bevor sie sich ihren Gästen zuwendet. »Wer möchte uno Tee haben?« Fragend sieht sie in die Runde und als alle nicken, füllt sie bis die Tassen mit heissem Schwarztee und reicht diese, ganz die perfekte Gastgeberin, den beiden Männern, die sich möglichst nah ans Feuer gesetzt haben, das vom Kamin aus den Raum mit einer angenehmen Wärme erfüllt. »Vielen Dank, Maria. Es freut mich, dass wir uns jetzt endlich offen und ohne uns um mögliche Lauscher zu Sorgen, miteinander unterhalten können.« Lächelnd sieht der alte Mann sie an, als er eine der Tassen entgegen nimmt. Vorsichtig trinkt er einen Schluck und für einen Augenblick erlaubt er es sich, die Augen zu schliessen. Dann sieht er sie und Rebecca mit einem um Verzeihung bittenden Lächeln an. »Jetzt, da wir unter uns sind, werde ich euch sagen, warum ihr eure Reise verkürzen musstet und wer wir in Wirklichkeit sind.« Leicht verneigt er sich. Bleibt dabei aber auf dem Sofa sitzen und hält auch die Teetasse weiter fest. »Mein junger Begleiter ist nicht nur irgendein Prinz des ägyptischen Grossreiches, er ist der Kronprinz Seto Nesut. Der erstgeborene Sohn des grossen Pharaos Nesut-anch-Horus, der das Reich seit sechs Jahren regiert.« Mit einem versteckten Schmunzeln beobachtet er die beiden Frauen, die geschockt zu seinem Schützling blicken, der mit undefinierbarer Miene an seinem Schwarztee nippt.

Mit einem leisen Hüsteln fängt sich Maria als erste wieder. »Mamma mia, verzeiht uns unseren mangelnden Respekt, Hoheit. Wir ahnten nicht, dass Ihr von so hoher Geburt seid.« Voller Ehrfurcht verneigt sie sich vor ihm, was Seto nur arrogant eine Augenbraue heben lässt. »Wenn ihr das geahnt oder gewusst hättet, dann wäre diese ganze Scharade, die wir bis gerade eben gespielt haben, ad absurdum geführt worden. Es reichte, dass ihr wusstet, dass ich aus der pharaonischen Familie und mein Mentor aus der Oberschicht stammen und auch schon das waren zu viele Informationen, die ihr von Sir Hopkins erhalten habt.«

»Selbst wenn wir es ihnen nicht gesagt hätten, hätten sie es spätestens am zweiten Tag gewusst, so wie ihr euch über die Unterbringung auf dem Schiff beschwert habt, mein Prinz.« Grinsend sieht er seinen Schützling an, bis sein Blick auf Rebecca fällt, die ihn aus zusammengekniffenen Augen mustert. »Dann seid ihr also tatsächlich Shimon Marukosu?«, stellt sie in einem fragenden Tonfall fest, der ihn mit einem grossväterlichen Lächeln nicken lässt. »Das habt ihr richtig erkannt, junge Dame. Arthur und ich sind seit Jahrzehnten befreundet und ich bereue es, dass wir uns nicht schon früher vorgestellt worden sind. Euer Grossvater hat mir immer voller Stolz von euch erzählt, wenn er mich auf seinen Reisen durch das ägyptische Grossreich aufgesucht hat.«

»Ah ja«, erwidert Rebecca nicht wirklich von seinen Worten überzeugt. »Tut mir leid, wenn ich euren Worten nicht so ganz glauben kann. Wenn er so stolz auf mich wäre, dann hätte er mich schon lange zu einem Treffen mit euch mitgenommen.«

Nachsichtig sieht Shimon sie aus seinen alten weisen Augen an. »Rebecca, ich darf doch Rebecca sagen?« Als sie nickt fährt er fort. »Rebecca, eine Freundschaft über die Schranken der Gesellschaften hinaus ist nie einfach und auch nicht ganz ungefährlich. Auch wenn ich nur ein einfacher Hohepriester bin, so habe ich doch direkten Zugang zur Pharaonenfamilie. Ich gehörte lange zum inneren Kreis der Berater des Pharaos Nesut-anch-Ra und zuvor habe ich auch dessen Vater beraten. Ausserdem bin ich für die Ausbildung der Prinzen und Prinzessinnen zuständig. Ihr seht, ich befinde mich in einer sehr angreifbaren Position und wenn zu vielen meine Freundschaft zu eurem Grossvater bekannt wäre, dann könnten sie mich erpressen, indem sie drohen, ihm oder euch etwas anzutun. Darum haben wir davon abgesehen, uns einander vor eurer Grossjährigkeit vorzustellen.« Ruhig sieht er Rebecca an, die den Blick verständnislos erwidert. »Was hat meine Grossjährigkeit damit zu tun?« Stellt sie die Frage, die sich ihr jetzt am meisten aufdrängt.

»Das ist relativ leicht erklärt. Sobald Ihr die Grossjährigkeit erreicht habt, habt Ihr die Grenze vom Kind zur erwachsenen Frau überschritten. Was bedeutet, dass ihr von dem Moment an nicht nur unter dem Schutz von Bastet steht, sondern auch unter dem Schutz von Hathor. Dieser doppelte Schutz der beiden Göttinnen, bewirkt, dass Ihr nicht angerührt werden dürft.« Geduldig abwartend sieht er Rebecca an, aber sie stellt keine weiteren Fragen.

»Auch ich wurde Shimon nie vorgestellt, il mio Amore. Arthur hat sich veramente immer allein mit ihm getroffen.« Mischt sich nun auch Maria in das Gespräch ein, die bis jetzt schweigend zugehört hat.

»Aber du bist doch eine erwachsene Frau. Müsstest du dann nicht auch unter dem Schutz von dieser Bastet und dieser Hathor stehen?« Nun wirklich verwirrt sieht Rebecca zu Maria, die wehmütig lächelt. »Ich bin nur eine semplice Haushälterin.« »Ja und? Unterscheiden diese Götter etwa unter uns Frauen?«

»Nicht die Götter, aber die Menschen. Maria ist aufgrund ihrer Position als Arthurs Angestellte und Geliebte wieder angreifbar, da sie durch ihr Verhältnis gegen die Unantastbarkeit der heiligen Ehe verstossen.« Der Alte hat durch seine Erlebnisse unter drei Pharaonen eine Engelsgeduld entwickelt, die nur durch kaltes Wetter erschüttert wird.

»Hä?«, sagt Rebecca nun wenig einfallsreich und blitzt dann Seto regelrecht an, als dieser leise lacht. »Tut mir leid. Aber ich kenne euren Glauben nicht und verstehe nicht, wo das Problem ist.«

»Ganz einfach. Mit ihrem Verhältnis verstossen die beiden in der primitiven Vorstellung eurer Schicht gegen die Gesetze der Götter. Darum steht Maria in ihren Augen nicht unter dem Schutz der beiden Göttinnen. Ausserdem ist sie, wie sie es richtig gesagt hat, nur eine Haushälterin. Sie steht also in der Vorstellung eurer Schicht, in der Gunst der Götter noch weiter unten, als du.« Bewusst duzt Seto die junge Frau, die in seinen Augen mehr ein Kind, als eine Erwachsene ist. »Nur Sklaven sind komplett ohne die Gunst der Götter, aber die sind ja auch nichts wert.« Diesen letzten Satz spricht er so abfällig aus, dass Rebecca explodiert. »Nichts wert? Du hast ja überhaupt keine Ahnung! Mach mal die Augen auf und du siehst, was für tolle und warmherzige Menschen sie sind! Ja, ich war auch lange blind, was das angeht, aber ich habe eins gelernt! Kein Mensch ist mehr wert als ein anderer! Egal, wie seine Herkunft ist!« Wütend knallt sie die zum Glück leere Tasse auf den niedrigen Tisch und stürmt aus dem Wohnzimmer. Dabei rennt sie beinahe Lenny über den Haufen, der einen Stapel Holz ins Wohnzimmer bringen will. Doch sie bemerkt es nicht, sondern stapft voller Wut die Treppe nach oben und kurz darauf ist der Knall ihrer Zimmertür im ganzen Haus zu hören.

Entschuldigend lächelnd erhebt sich Maria. »Bitte verzeiht. Yami hat sie sehr beeindruckt und sie zum Nachdenken gebracht.« Ernst sieht sie jetzt Seto an. »Ihr solltet forse auch mal darüber pensare, was ihr gerade gesagt habt. Denn wenn unsere Assunzioni stimmen dann …« Sie bricht ab, als Lenny das Wohnzimmer betritt und mit einem Stapel neuer Holzscheite zum Kamin geht, wo er sie in den grossen Holzkorb legt. »Lass dich durch mich nicht stören Maria. Glaubst du wirklich, wir wissen nicht schon längst, dass Sir Hopkins glaubt, dass Yugis Yami eigentlich ein Pharao ist?« Mit hochgezogener Augenbraue sieht er Maria an und nur das lederne Halsband verrät, dass er ein Sklave ist. »Ich bin mich al Momento wohl nur am Scusarsi.« Schief grinsend sieht Maria Lenny an, in dessen Haaren sich immer mehr graue Strähnen zeigen. »Glaube scusate nicht, dass wir euch nicht fiducia, aber …« »Je weniger wir wissen, desto besser ist es für uns. Keine Sorge, Maria. Uns ist bewusst, dass es für uns alle gefährlich werden kann, wenn sich die Vermutung des Herrn bestätigt und wir zu viel darüber wissen.«

Erleichtert, dass Lenny ihr nicht böse ist, umarmt Maria ihn kurz. »Grazie, für dein Verständnis. Ich wollte es euch schon längst dire. In diesem Haus sollte es keine Segreti geben.«

Lenny erwidert die Umarmung und sieht Maria dann wissend an. »Wenn ihr es genau wisst, dann redet mit uns. Yami ist auch uns ans Herz gewachsen.« Grinsend lässt er sie wieder los und tritt einen Schritt zurück. »Ach ja, ich soll dir von Nancy und den anderen sagen, dass es schön ist, dass ihr wieder da seid. Das Haus ist so leer, wenn ihr unterwegs seid.« Noch bevor Maria etwas darauf erwidern kann, dreht er sich um und verlässt schnellen Schrittes das Wohnzimmer. Er hat noch viel zu tun und durch das Tauwetter sind seine Aufgaben, vor allem im Stall, nicht weniger geworden.

Irgendwie erleichtert, dass die anderen Bescheid wissen, setzt sich Maria wieder hin. Vergessen ist, was sie sagen wollte und dass sie eigentlich Rebecca hatte folgen wollen.

 

Schweigend haben Prinz Seto und Shimon die Szene beobachtet. »Dir ist klar, was sie sagen wollte?«, möchte der Alte in ihrer gemeinsamen Muttersprache wissen, woraufhin sein Schützling ihn verständnislos ansieht. »Wenn dieser Yami, wirklich unser wahrer Pharao ist, dann hast du ihn vorhin als wertlos bezeichnet. Denk dran, im Moment hat er den Status eines Sklaven inne. Er hat nicht mehr Rechte, als dieser Lenny und ist von der Gunst seiner Besitzer abhängig. So wie jeder andere Sklave auch.«

Schnaubend verschränkt Seto die Arme. »Hohepriester«, bewusst verwendet er den Titel des Alten, »Du glaubst doch nicht wirklich daran, was dieser Hopkins gesagt hat? Er mag zwar dein Freund sein, aber er ist auch immer noch ein Angehöriger des einfachen Volkes. Ausserdem war ich bei der Bestattung von Pharao Nesut-anch-Ra persönlich anwesend und habe als Vertretung für seine Schwester die Riten abgehalten, um ihm einen reibungslosen Übergang ins Totenreich zu ermöglichen.« Fest sieht Seto seinen Mentor an. In seinem Blick ist deutlich die Warnung zu sehen, dass er keine weiteren Widerworte oder Diskussionen zu dem Thema zulassen wird.

 

Ein Seufzen unterdrückend, wendet Shimon nach einem Moment den Kopf und unterbricht so den Blickkontakt. Er kennt seinen Schützling schon seit dieser mit drei Jahren zu ihm geschickt worden ist, um die Fertigkeiten eines Hohepriesters und Beraters zu erlernen. Ausserdem spekulierte der Bruder des damaligen Pharaos heimlich darauf, dass dieser kinderlos und somit ohne Nachfolger bleiben würde, sodass er oder sein Sohn den Thron beerben würden. Doch dann wurde zu dessen Verdruss der Kronprinz geboren und sämtliche Hoffnungen zerplatzten in dem Moment wie eine Seifenblase, als der erste Schrei des Neugeborenen Prinzen erklang.

Mit einem wehmütigen Seufzen erinnert sich Shimon daran, wie die Königin sich in der ersten Zeit liebevoll um ihren Sohn kümmerte, ihn aber abschob, sobald die drei Monate Ruhephase für sie vorbei waren und sie wieder ihren Pflichten nachgehen musste.

Die Königsgemahlin … er hatte sie geliebt und gleichzeitig dafür gehasst, wie sie mit ihrem Sohn umgegangen war.

Ein Räuspern reisst ihn aus seinen Erinnerungen und er sieht in die wissenden Augen Marias. Unwillkürlich muss er leer schlucken. »Ja?« Ist seine Stimme wirklich so heiser, wie er sie gerade empfindet?

»Ich habe euch gefragt, ob ihr euch bis zum Cena etwas ausruhen möchtet. Nancy sollte die Camera inzwischen hergerichtet haben. Ich kann sie rufen, damit sie euch eure Camera zeigt.« Innerlich schmunzelnd sieht Maria den alten Mann an und fragt sich, an wen er wohl gerade gedacht hat. Von Arthur weiss sie, dass der Hohepriester nie verheiratet gewesen ist, aber vielleicht hat er ja sein Herz dennoch an eine Dame verloren?

Erleichtert, dass sie keine indiskreten Fragen stellt, nickt Shimon lächelnd. »Sehr gern. Ich fühle mich wirklich etwas erschöpft und würde mich gern hinlegen.« Kaum hat er das gesagt, steht Maria auf. »Ich bin pari wieder da.« Kurz neigt sie respektvoll den Kopf, ehe sie das Wohnzimmer verlässt und die beiden Männer allein zurücklässt.

Kaum ist sie weg, sieht Seto mit einem stechenden Blick zu Shimon. »Du solltest nicht so oft mit offenen Augen träumen, alter Mann. Wer weiss, was du dann verpasst.«

»Lass mich alten Mann doch ab und zu etwas von besseren Zeiten und wärmeren Temperaturen träumen.« Grinsend sieht er seinen Schützling an. Er kennt ihn inzwischen zu gut, als dass er das leichte schelmische Blitzen in den meist eiskalten blauen Augen nicht bemerken würde. »Du solltest dich übrigens auch etwas ausruhen. Das wird keine luxuriöse und kurze Reise werden, die wir voraussichtlich morgen antreten werden.«

Genervt verdreht Seto die Augen. »Und der ganze Unsinn nur, weil du dich an dem Gedanken festklammerst, dass mein Cousin noch leben könnte.«

»Wir Menschen brauchen einen Glauben. Ich staune ja, dass du so von den Göttern gesprochen hast. Du glaubst ja überhaupt nicht an die Überlieferungen und vertraust nur auf die Wissenschaft und Technik.« Mit einem versteckten Lächeln sieht er seinen Schützling an und gerade, als dieser etwas darauf erwidern möchte, kommt Maria zurück und verneigt sich leicht vor ihnen. »Meine Uomini? Nancy hat mir gesagt, welche Camera sie für euch hergerichtet hat. Wenn ihr mir scusate folgen würdet«, auffordernd sieht sie die beiden an und wendet sich dann um, als sie aufstehen.

Sie führt die beiden die Treppe nach oben und bis zu dem Zimmer, das vor ein paar Monaten von Yugi und Yami bewohnt worden war. »Das ist das eine Camera und das daneben das andere. Das Bagno befindet sich hier gegenüber.« Lächelnd öffnet sie die Tür zu dem einen Zimmer und lässt die beiden Männer eintreten. »Die Camera da letto werden durch die Kaminfuoco im Erdgeschoss beheizt, ihr müsst euch also nicht darum kümmern, dass ihr es schön warm habt.«

 

Angewidert sieht sich Seto in dem Zimmer um. »Es wird genügen müssen. Zum Glück verbringen wir ja nur eine Nacht hier.« Eiskalt sieht er Maria an. »Nun lass uns allein!« Diese vier Worte spricht er in so einem unnachgiebigen befehlenden Ton aus, dass Maria regelrecht zusammenzuckt und sich dann eiligst zurückzieht. Kaum hat sie die Tür hinter sich geschlossen, hört sie die laute Stimme des Prinzen.

»Shimon! Diese Abstellkammer ist kleiner als mein Kleiderschrank im Palast. Du hast mir gesagt, dass dieser Hopkins zu den wohlhabenden Leuten der Unterschicht gehört! Erst diese Zumutung von einer Kabine auf diesem Kahn, der sich Postschiff schimpft und jetzt das hier!«

So schnell wie möglich geht Maria zur Treppe. Ihr tut der Alte irgendwie richtig leid, dass dieser sich mit so einem unfreundlichen, arroganten, verwöhnten Menschen abgeben muss.

Kurz darauf betritt sie die Küche und atmet erleichtert auf, nur um dann wie vom Schlag getroffen das Chaos in IHRER Küche anzustarren. »Nancy! Scott! Jim! Lenny!« Wütend stapft sie zum Esstisch und bleibt dort mit verschränkten Armen stehen.

Mit der Fussspitze immer wieder auf den Boden tippend, wartet sie darauf, dass die anderen auftauchen und sie weiss ganz genau, dass sie gehört worden ist.

Tatsächlich tauchen nach ein paar Minuten die Vier auf und stellen sich mit betretenen Blicken vor ihr auf. »Wie ich sehe, wisst ihr Avviso. Ich gebe euch eine Ora Zeit, um das Caos hier zu beseitigen und wenn ich dann auch nur noch einen Briciole finde, dann bekommt heute keiner von euch etwas anderes als Acqua und Pagnotta! Habt ihr mich verstanden?« Marias Tonfall macht dem von Seto Konkurrenz, als dieser Rebecca zurechtgewiesen hat.

Wie begossene Pudel sehen die Vier sie an und nicken betreten. »Ja, Maria«, ergreift schliesslich Scott kleinlaut das Wort.

»Gut, eine Ora!«, wiederholt Maria noch einmal und stapft aus der Küche. Die Tür knallt lautstark hinter ihr zu.

Also sie weg ist, atmen die Vier erleichtert auf. »Ich habe Maria noch nie so sauer erlebt?«, murmelt Jim und fährt sich mit der leicht zitternden Hand durch die roten Haare.

»Ich auch nicht. Das war unheimlich und absolut furchteinflössend.« Blass wie eine weisse Wand nickt Scott, während Nancy und Lenny die Spüle ansteuern. Während Nancy das Wasser einlaufen lässt, sucht Lenny nach einem Geschirrtuch. »Tut nicht so. Maria hat vollkommen recht, sauer zu sein. Seht euch nur mal hier um. Hier sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Dabei wussten wir ganz genau, dass sie diese Wochen ankommen. Also hört auf zu Jammern und holt das Putzzeug. Wir waschen ab und kümmern uns um den Herd und die Arbeitsfläche, während ihr den Boden wischt und den Tisch und die Regale aufräumt.« Streng sieht Nancy die beiden Männer an. Die den Blick verwirrt erwidern. »Ist das, was Maria hat, ansteckend?«, flüstert Jim Scott zu. »Nancy redet doch sonst nicht so mit uns. Das passt gar nicht zu ihr.«

Grinsend sieht Scott zu ihm. »Keine Ahnung. Aber es gefällt mir, dass sie mal etwas mehr Temperament zeigt, das ist heiss.« Genervt verdreht Jim die Augen. »Du mit deiner rosaroten Brille, seit sie dich ranlässt.« Als er plötzlich von einem nassen Lappen an der Brust getroffen wird, weicht er die Hände hebend einen Schritt zurück. »Ist ja schon gut, wir gehen ja schon alles holen.« Kurzerhand packt er Scotts Hand und zieht ihn zu dem Schrank, in dem Maria ihre Putzsachen aufbewahrt und den sie seit mindestens 4 Wochen nicht mehr geöffnet haben.

 

Genau eine Stunde später betritt Maria wieder die Küche und sieht sich aufmerksam um. »Geht doch, ihr seid ja doch nicht so grosse Pigs, dass ihr nicht wisst, wie man eine Cucina putzt.« Streng sieht sie die Vier an, die wie kleine Kinder, die etwas angestellt haben, dastehen und es nicht wagen, auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen.

Um sie noch ein wenig auf die Folter zu spannen, läuft sie langsam und mit einem prüfenden Blick durch die Küche. Nicht nur das, sie fährt an den besonders exponierten Stellen sogar mit den Fingerspitzen über die Flächen und reibt sie dann aneinander. Die Augen verengend blickt sie dabei prüfend auf ihre Finger. Schliesslich hat sie ihre Runde durch die Küche beendet und stellt sich vor ihnen hin. »Bene, ihr habt gerade so bestanden. Nun ab an eure Arbeit und du Nancy, hilfst mir beim Zubereiten des Cena. Wir haben zwei sehr anspruchsvolle Gäste zu bewirten, die nur il migliore vom migliore gewohnt sind. Und ihr beiden Uomini, seid dafür zuständig, dass bis zu unserer Abreise morgen, die Fuoco in den Kaminen nicht eine Sekunde lang ausgehen. Habt ihr mich verstanden?«

Vorsichtig hebt Scott die Hand. »Maria, das ist doch nicht dein Ernst? Wir haben noch nie die Nacht über durchgeheizt. Das ist doch eine absolute Holzverschwendung, wenn doch eh alle in ihren Betten und unter dicken Daunen- und Wolldecken schlafen.« Natürlich überschlägt er in Gedanken schon die zusätzlichen Kosten für das Feuerholz, die anfallen könnten, wenn ihre Gäste länger bleiben sollten.

Die Hände in die Seiten stützend, sieht Maria ihn mit blitzenden Augen an. »Das weiss io selbst, Scott. Aber unsere Gäste sind rund um die Uhr warme Camera gewohnt. Zudem kommen sie aus dem ägyptischen Grossreich und sind sich die hier herrschenden Temperature nicht gewohnt. Corto gesagt, sie frieren schneller als noi.« Mit einem Blick, der jede Widerrede verbietet, sieht sie die Männer an, die leer schlucken und sich dann ansehen. »Gut, dann wechseln wir uns in der Nacht ab, die Feuer zu hüten.

Nun endlich zufrieden, wendet sich Maria um. Sie winkt Nancy zu, dass diese sich mit ihr an den Tisch setzen soll und beginnt dann mit ihr zu besprechen, was es zum Abendessen für ein Menu geben soll.

 

Es ist draussen schon dunkel, als Hopkins endlich wieder das hell erleuchtete Haus betritt. Müde zieht er sich die Schuhe aus und schlüpft in seine Hausschuhe. Jetzt im Winter, da die Strassen von Schlamm und Schneematsch bedeckt sind, zieht er sich direkt bei der Tür die schmutzigen Schuhe aus, statt wie gewohnt in seine Räume zu gehen und dort in die bequemen zu schlüpfen. Gerade stellt er sie auf das Gitter des kleinen Schuhschranks, als Nancy auf ihn zutritt. «Sir Hopkins. Die anderen sind schon im Esszimmer und warten auf sie«, sagt sie freundlich und mit leicht gesenktem Blick. »Danke, Nancy. Ich werde morgen mit meinen Gästen um neun Uhr das Haus verlassen. Ich vertraue darauf, dass wir vorher ein leckeres Frühstück und einen gefüllten Proviantkorb für etwa einen Tag vorfinden werden.«

»Natürlich, Sir Hopkins. Ich werde mich persönlich darum kümmern. Nur, Maria hat davon gesprochen, dass sie mit euch reisen wird.«

Bedrückt schüttelt Arthur den Kopf. »Ich werde das nach dem Abendessen mit ihr klären. Ich werde nur mit unseren Gästen nach Domino reisen.« Für einen kurzen Moment legt er ihr die Hand auf die Schulter, als er an ihr vorbei zum Esszimmer geht.

Ernst sieht Nancy ihm nach. »Das wird Maria überhaupt nicht gefallen«, murmelt sie vor sich hin und geht zurück in die Küche, um Maria Bescheid zu geben, dass das Abendessen serviert werden kann.

 

 
 

***
 

 
 

Yugi will gerade den Laden schliessen, als die Tür aufgerissen wird und ein atemloser Mann, gekleidet in schmutzige Reisekleidung, hereinplatzt. »Guten Abend. Ist Sugoroku Muto hier?«, fragend sieht er sein Gegenüber ab und will sich schon umwenden, als dieser den Kopf schüttelt. »Er ist hinten und kümmert sich um das Abendessen. Kann ich denn etwas für Sie tun? Soll ich ihm etwas ausrichten?«, freundlich lächelnd sieht er den älteren Herrn an, der daraufhin den Kopf schüttelt. »Ich habe eine Nachricht für ihn, die ich ihm persönlich überbringen muss. Ich darf sie keinem anderen geben. Wenn Sie also so freundlich wären …«

»Natürlich.« Yugi deutet mit einer Hand zur Hintertür. »Ich gehe ihn kurz holen. Warten Sie bitte so lange und wärmen Sie sich doch dort am Ofen ein wenig auf. Es ist bestimmt schon wieder eisig kalt draussen. So klar, wie der Himmel ist.«

Dankbar nickt der Fremde und stellt sich an den Ofen, der eine angenehme Wärme verbreitet und hält die gefühlt eingefrorenen Hände über die heisse Abdeckplatte, während Yugi ihn noch einmal mustert. »Was soll ich ihm denn sagen, wer ihn sprechen möchte?«

»Sagen Sie ihm einfach, dass ich eine Nachricht von einem alten Freund für ihn habe«, erwidert der Fremde, ohne sich zu Yugi umzudrehen. Allerdings sieht er ihn über die Schulter hinweg an.

»Gut, dann nur einen Moment Geduld.« Als sich der Mann wieder komplett dem Ofen zuwendet, verlässt Yugi den Laden durch die Hintertür, die er sicherheitshalber offen stehen lässt. Eilig geht er durch den Flur bis in die Küche, wo Sugoroku schon mit Atemu und Nino am gedeckten Tisch sitzt und auf ihn wartet. »Grossvater, da ist ein Fremder gekommen, der sich mit dir allein Unterhalten möchte. Die Stirn runzelnd steht dieser auf und geht zu seinem Enkel. »Weisst du, wer es ist?« Möchte er mit wissen, woraufhin Yugi den Kopf schüttelt. »Er hat nur gesagt, dass ich dir sagen soll, dass er Nachrichten von einem alten Freund hat. Mehr wollte er nicht ins Detail gehen.«

Sugoroku blickt nachdenklich zur Küchentür. »Gut, dann rede ich unter vier Augen mit ihm. Hast du den Laden schon geschlossen?«

Wieder schüttelt Yugi den Kopf. »Nein. Ich wollte es gerade machen, als er reingekommen ist.«

»Gut, dann erledige ich das. Beginnt ihr schon mal mit dem Abendessen. Wer weiss, wie lange das Gespräch dauert.«

Zögernd nickt Yugi und sieht dann seinem Grossvater nach, bis dieser die Tür zum Laden hinter sich schliesst.

»Na toll. Er denkt auch an alles«, murrt er vor sich hin, als er sich wieder zu seinem Liebsten und Nino umwendet.

Breit grinsend sieht Atemu seinen Sharik an. »Lass mich raten. Du wolltest lauschen, aber er hat gemeinerweise die Tür geschlossen.«

Immer noch vor sich hin murrend verdreht Yugi die Augen. »Wie schlau du doch bist. Grossvater lauscht doch auch andauernd, wenn ich mich im Laden mit Besuchern unterhalte.«

Nun todernst zieht Nino nun eine Augenbraue hoch. »Nicht nur mit Besuchern. Mit Kunden, insbesondere mit dieser Frau Aino, wenn ich mir den Namen richtig gemerkt habe und natürlich hört er immer zu, wenn ihr beide euch im Laden unterhaltet oder wenn ihr euch in der Nacht ...«

»Nino!«, fällt ihm Yugi mit hochrotem Kopf ins Wort. »So genau wollte ich das gar nicht wissen. Ehrlich gesagt, will ich es gar nicht wissen, wobei er uns alles belauscht. Es reicht schon, wenn er mich immer so wissend oder grinsend ansieht.«

Unwillkürlich zieht Nino den Kopf ein. »Tut mir leid. Ich wollte nicht …« Als Yugi die Hand hebt, verstummt abrupt. »Du musst dich nicht entschuldigen. Ich weiss es ja selbst, dass Grossvater seine Ohren überall hat.«

Ernst nickt Atemu. »Oh ja, aber gleichzeitig kann er gekonnt das überhören was ihm nicht passt. Das habe ich erst letztens festgestellt, als ich ihm mal wieder gesagt habe, dass er mit seinem Rücken nicht immer so schwer heben soll. Vor allem wo er ja jetzt in Nino einen fleissigen Helfer im Haus hat, selbst wenn ich im Stall beschäftigt bin und du im Laden stehst und nicht weg kannst.«

Unwillkürlich lacht Yugi auf und setzt sich jetzt endlich hin. »Musstest du ihm mal wieder mit deinen magischen Händen den Rücken einrenken?«

Ernst nickt Atemu. »Ja und zwar gefühlt jeden einzelnen Wirbel. Er musste ja unbedingt selbst die Treppe schrubben und als ich ihn gefragt habe, warum er das nicht Nino machen lässt, meinte er nur, dass dieser gerade das Schreiben der nächsten zehn Hiraganas am üben ist.« Als er sieht, dass Nino mit gesenktem Blick und hochgezogenen Schultern dasitzt, beugt er sich rüber und legt ihm die Hand auf den Oberarm. »Kleiner, das ist kein Grund, dass du dich schuldig oder so etwas in der Art fühlen musst. Grossvater ist es einfach gewohnt, dass er alles selbst macht und wenn du ihn auf sein Asthma, sein Alter oder allgemein auf seine Gesundheit ansprichst oder auch nur andeutest, dass er sich schonen soll, stellt er sich konsequent auf taub oder wahlweise stur.«

Ernst nickt Yugi. »Oh ja, bevor Atemu zu uns gezogen ist, hat er trotz der Anweisungen des Heilers, sich zu schonen immer wieder im Stall gearbeitet. Es glich da schon einem Wunder, dass ich die Boxen ausmisten durfte. Also sei ruhig stur, wenn du ihm helfen willst und lass dich nicht abwimmeln.« Mit grossen Augen hat Nino Yugi zugehört. Er hat jedes einzelne Wort regelrecht in sich aufgesogen. »Ich werde es beachten und ihm helfen, wo ich nur kann«, sagt er eifrig, was Yugi leicht schmunzeln lässt. »Das ist gut, aber denke daran, deine Schreib- und Leseübungen nicht zu vernachlässigen.« Er hat mit sanfter Strenge in der Stimme gesprochen und das scheint bei Nino gut anzukommen. So eifrig wie dieser nickt. »Ich kann schon zwanzig Hiraganas lesen und schreiben.« Stolz sieht er Yugi an. »Das ist super. Dabei übst du sie ja erst seit einer Woche. Schon bald wirst du sie alle lesen und schreiben können.«

Wieder nickt Nino eifrig. »Oh ja und dann kommen die Katakanas dran, hat Sugoroku gesagt und dann die Kanjis und Atemu bringt mir die lat… lata… ach diese anderen Dinger bei, die du im Lager benutzt, um die Regale anzuschreiben.«

»Du meinst die lateinischen Buchstaben, Nino.« Meldet sich nun Atemu wieder zu Wort. »Genau, lataleinische Buchstaben. Die meine ich.«

»Super, dann kann ich dich ja bald allein ins Lager schicken, wenn ich etwas brauche und Atemu keine Zeit hat.« Sanft lächelt Yugi den Jungen an und verzichtet wie sein Liebster darauf, ihn zu korrigieren.

Laut schnaubt dieser nun. »Sharik, du musst es nicht so diplomatisch formulieren. Ich weiss selbst, dass ich von Stoffen und Farben keine Ahnung habe, wenn es um feine Details geht. Rot ist rot und Baumwolle ist Baumwolle. Diese ganzen Unterscheidungen, die du machst, die sind mir zu hoch. Wenn Nino da eher ein Händchen dafür hat, ist es gut und recht, wenn er dir hilft.« Er sieht seinen Sharik an, der den Blick lächelnd erwidert. »Mach dich nicht kleiner, als du bist. Du schneidest die Stoffe deutlich besser zu, als ich es könnte. Besonders die Seidenstoffe oder die feinen Baumwollstoffe, die wir in Edo auf dem Markt zufälligerweise entdeckt haben. Da macht dir so schnell wirklich keiner etwas vor. Ausserdem bin ich nie auf die Idee gekommen, den Tisch im Lager so zu markieren, dass du darauf die Ballen in Ruhe zuschneiden kannst, während ich vorne im Laden stehe und Kunden bediene.«

Nun ist es an Atemu leicht rot zu werden. »Du übertreibst. Du und Grossvater seid einfach betriebsblind geworden. Das ist ganz normal, wenn man etwas seit Jahren macht und das System an sich gut funktioniert.«

»Ähm, sollten wir nicht langsam mit dem Abendessen anfangen? Sugoroku hat doch gesagt, dass wir das sollen. Nicht, dass er noch auf uns wütend wird, wenn er zurück kommt.« Unsicher sieht Nino Yugi an, wagt es aber nicht, ihm in die Augen zu sehen. Als dieser sich ihm wieder zuwendet, richtet er sofort den Blick auf die Tischplatte. »Du hast recht. Also los. Lasst es euch schmecken, was ihr hier so Leckeres aufgetischt habt.« Yugi weiss genau, dass sein Grossvater nicht wütend werden würde, wenn sie noch nicht angefangen haben, weil sie sich verquatscht haben.

Auch Atemu widerspricht Nino nicht, sondern greift nach den frisch gebackenen Brötchen, die sogar noch leicht warm sind. »Guten Appetit«, wünscht er den beiden und beginnt dann hungrig zu essen. Auch sein Sharik und Nino wünschen noch einen guten Appetit, ehe auch sie zugreifen.

 

Gerade, als sie fertig sind, kommt Sugoroku rein und setzt sich schweigend an den Tisch. Auf den fragenden Blick seiner Schützlinge hin, schüttelt er nur den Kopf. »Es ist nichts Wichtiges. Aber ich habe jetzt einen ganz schönen Kohldampf.« Mehr sagt er nicht, sondern greift nach den Brötchen und dem Käse. Die weiterhin neugierigen Blicke der anderen ignorierend, beginnt er in aller Ruhe zu essen.

»Wir bekommen voraussichtlich in den nächsten Tagen Besuch von Hopkins.«

Verwirrt runzelt Yugi die Stirn. »Er ist schon zurück? Sonst kommt er doch immer erst wieder zurück, wenn die Kirschblüten blühen.«

Ernst nickt Sugoroku. »Ja, er hat seine Reise verkürzt. Er hat auch zwei Gäste dabei, die er uns vorstellen möchte und er hat Neuigkeiten, die er uns unbedingt persönlich mitteilen muss.« In aller Ruhe greift Sugoroku nach seiner Tasse und trinkt einen Schluck Tee.

Zweifelnd sehen seine Enkel ihn an. »Das ist alles? Du hast über eine Stunde lang mit dem Fremden geredet.« Fasst Atemu ihre Gedanken in Worte.

»Wir haben noch etwas über früher geredet. Der Fremde ist ein Reisender, mit dem ich vor Yugis Geburt unterwegs gewesen bin. Wir haben uns ganz einfach verquatscht. Ihr wisst ja, wie alte Leute sein können.«

Vielsagend sehen sich Yugi und Atemu an. Sie beide wissen ganz genau, dass ihr Grossvater ihnen etwas verheimlicht. Nur ist ihnen beiden auch nur zu genau bewusst, dass sie von ihm nichts erfahren werden.

»Wenn du meinst. Aber wenn ihr euch von früher kennt, dann hättest du ihn doch noch zum Abendessen einladen können.« Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yugi ihn an. Doch Sugoroku lässt sich davon nicht im Geringsten beeindrucken. »Er musste schon weiterziehen. Weisst du, er überbringt wohl öfters Nachrichten aus fernen Ländern. Denn er ist angeblich deutlich zuverlässiger als der Postversand zwischen den einzelnen Reichen.«

Als seine Enkel noch etwas sagen wollen, hebt Sugoroku die Hand. »Jungs, ich werde euch jetzt sicher nichts von meiner privaten Unterhaltung erzählen. Also seht mich nicht so an.«

Nun scheinen Yugi und Atemu einen stummen Gedankenaustausch durchzuführen. Schliesslich räuspern sie sich synchron. »Gut, aber spätestens, wenn Hopkins dann da ist, wirst du es uns sagen müssen.« Fest sieht Yugi seinen Grossvater an, der ernst nickt. »Dann wird es auch Sinn machen. Nun sollten wir aber die Küche aufräumen und dann ins Bett gehen. Es ist schon spät und wir werden morgen wieder früh raus müssen.«

Ergeben nicken die Jungs und Nino springt sogar auf und beginnt den Tisch abzuräumen.

 

Später liegen Yugi und Atemu aneinander gekuschelt unter der warmen Daunendecke. »Grossvater verheimlicht uns irgendwas, das ihm Sorgen bereitet«, murmelt Yugi besorgt, während er es geniesst, wie ihm sein Liebster mit den Fingerspitzen über den Rücken gleitet.

»Mach dir keine Sorgen. Er wird es uns schon sagen, wenn die Zeit gekommen ist. Du kennst ihn doch. Je mehr du ihn nervst, desto weniger redet er und wenn es wirklich mit Hopkins zusammenhängt, dann werden wir es in nicht allzu ferner Zukunft sowieso erfahren. Also versuch jetzt zu schlafen. Du hast morgen einen sehr anstrengenden Tag vor dir, wenn ich dran denke, dass du nicht nur zum Schuhmacher willst, sondern auch noch zum Ledergerber und das bei den Temperaturen.

Leise lacht Yugi und haucht Atemu einen Kuss auf die Lippen. »Das wird schon gehen. Nino braucht endlich anständige Schuhe und er hat per Zufall die gleiche Schuhgrösse wie ich. Also muss ich ihn zum Glück nicht mitnehmen. Das wäre dann schon etwas zu heftig, ihn mit Sandalen rauszuscheuchen und der Winter will dieses Jahr irgendwie nicht enden und er muss endlich mal wieder raus an die frische Luft.«

»Wenn du meinst, Sharik«, raunt Atemu und haucht einen Kuss auf dessen Lippen. »Wir sollten jetzt schlafen.«

Lächelnd erwidert Yugi den Kuss und kuschelt sich noch mehr an seinen Liebsten. »Schlaf gut, mein Schatz«, raunt er ihm zu und ist dann sogar kurz darauf eingeschlafen.

Doch Atemu kann nicht einschlafen. Hellwach liegt er da und blickt in die eisige, sternenklare Nacht hinaus, die durch die einzelne Öllampe auf der Strasse erhellt wird. Er weiss nicht, wie spät es ist, als er endlich merkt, wie ihm die Lider schwer werden und die Müdigkeit seine wild kreisenden Gedanken bremst. Sanft gleitet er langsam in den Schlaf hinüber, dabei seinen geliebten Sharik einem Versprechen gleich festhaltend.

 

 

 

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So, das war es jetzt auch schon. Was die Ankunft der Fremden wohl zu bedeuten hat? Wer weiss, wir werden es sicher bald erfahren.

 

Ach ja, ich vermisse einige meiner liebgewonnen Stammleser, die mich und die Geschichte über eine lange Zeit begleitet haben. Seid ihr noch da?

 

Also dann, bis zum nächsten Kapitel.

 

Eure mrs_ianto

Ein primitives Vehikel

Hallo zusammen,

 

es geht weiter und ja, Seto wird sich wohl noch so manches mal wünschen, dass er auf ein Auto zurückgreifen könnte.

 

Ich habe mich sehr über eure Kommentare gefreut und wünsche euch jetzt viel Spass beim neuen Kapitel.

 

 

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Ein primitives Vehikel

 

Entgeistert sieht Seto zu Shimon, als sie aus dem Haus treten und keine Kutsche auf sie wartet. »Moment! Du hast das beim Frühstück ernst gemeint, dass wir zu diesem … diesem … Postkutschenhof laufen werden?« Mit jedem Wort wird er lauter, sodass sich der alte Mann demonstrativ das Ohr reibt. »Ich bin nicht taub und ja, ich habe jedes Wort ernst gemeint, als ich euch die Botschaft von Arthur überbracht habe, weil ihr ja nicht mit uns unten im Esszimmer essen wolltet.«

»Es war eisig kalt im Zimmer. Da hätte ich mir ja den Tod geholt, wenn ich zu euch runtergekommen wäre.« Grimmig sieht Seto zu Hopkins, der ein paar Schritte vor ihnen läuft und dabei eine Reisetasche trägt. »Und das soll Luxus sein! Warum nimmt er seine Sklaven nicht mit? Er hat ja genug und Pferde hat er auch! Warum nutzt er die nicht?«

Tief seufzt Shimon auf. »Im Esszimmer war es herrlich warm und so kalt war es in den Schlafzimmern auch nicht. Die Angestellten haben die Kaminfeuer die ganze Nacht über nicht ausgehen lassen und das nur wegen uns.« Auf den Rest der Tirade seines Schützlings geht Shimon gar nicht erst ein. Er kennt ihn inzwischen lange genug, um genau zu wissen, dass es sowieso nichts bringen würde, ihm zu erklären, dass bei dem Wetter die Pferde nur mit speziellen Hufeisen auf die Strasse sollten und dass die Tiere von Hopkins diesen Beschlag eben nicht haben, da hier in Edo die Winter eigentlich nicht so hart sind.

Abschätzig schnaubt Seto, während er fröstelnd den Umhang enger um sich schlingt. »Natürlich. Im Schlaf sollen wir erfrieren, um dann beim Frühstück wieder aufzutauen. Ausserdem ist es eine Zumutung, dass wir unser Gepäck selbst tragen müssen. Jetzt, da ihnen bekannt ist, wer ich bin, hätten sie vor mir auf dem Boden kriechen und mir jeden Wunsch von den Augen ablesen müssen!«

Nun doch genervt, verdreht Shimon die Augen. »Sie haben sich genau richtig verhalten. Denkt dran, wir sind immer noch inkognito unterwegs. Also stellt euch nicht so an. Es ist noch niemand daran gestorben, eine Stunde lang zu einem sogenannten Postkutschenhof zu laufen. Ausserdem haben wir nicht so viel Gepäck dabei, dass wir es nicht selbst tragen könnten.«

Wieder schnaubt Seto und stapft besonders heftig in einen kleinen Schneehaufen, der vor ihm auf dem Gehweg liegt und verzieht dann das Gesicht, als er spürt, wie eiskaltes Wasser in seinen Schuh läuft. »Wir hätten vorher wissen müssen, was hier für ein Klima herrscht«, murrt er vor sich hin.

»Nicht mal Arthur hat es gewusst, dass es dieses Jahr so extrem ist. Denkt dran, das einfache Volk hat nicht die Möglichkeit einfach mal kurz irgendjemanden anzurufen und zu fragen, wie es wettertechnisch aussieht.« Ernst sieht Shimon seinen Schützling an und hebt die Hand, als dieser etwas erwidern möchte. »Ich weiss. Wie primitiv. Wie zurückgeblieben und so weiter. Nur bedenkt, dass ihr Herrscher dafür sorgt, dass sich das Volk auf diesem Niveau hält.«

Wieder schnaubt Seto, sagt jetzt aber nichts mehr. Immer noch vor sich hin murrend, geht er neben seinem Mentor her. Noch immer ist er der Meinung, dass sie es übertreiben. Denn schliesslich ist es eindeutig, dass sich dieser Hopkins irrt.

Schliesslich hatte er mit eigenen Augen das Flugzeugwrack gesehen und so einen Absturz kann niemand überleben. Das ist einfach unmöglich!

Nur nebenbei bemerkt er, wie sich die Umgebung langsam verändert. Wohnhäuser weichen immer mehr Lagerhäusern und Stallungen. Sogar einige Hufschmiede sind in dieser Strasse zu finden und mehrere Wagner. Obwohl sich hier alles zu konzentrieren scheint, ist der Konkurrenzkampf nur gering. Auch jetzt ist überall das Hämmern und Schleifen aus den diversen Werkstätten zu hören, als sie an den Gebäuden vorbeigehen.

Innerlich wird Arthur immer angespannter, je näher sie dem Postkutschenhof kommen. Er hat wenig Lust auf die Laune des Prinzen, die sich seit gestern nur noch mehr verschlechtert zu haben scheint. Das obwohl sie die Zimmer über Nacht weiter geheizt haben. Dazu noch die endlosen Diskussionen mit Maria und Rebecca, weil er sie hier in Edo zurücklässt.

Schliesslich erreichen sie einen grossen, relativ neuen Stall, der Fahrten der Luxusklasse anbietet. »Yato?«, ruft Arthur in den Stall hinein, da er genau weiss, dass es der andere nicht ausstehen kann, wenn Fremde ungefragt seinen Stall betreten. Sofort kommt ein Mann in seinem Alter aus dem Stall und grinst breit. »Hopkins. Pünktlich wie die Handwerker. Wie nicht anders zu erwarten, wenn man es mit so einem angesehenen Herrn wie Ihnen zu tun hat.«

»Nun tu nicht so, nur weil wir nicht allein sind«, grinst Arthur breit und schlägt dem Mann die Hand auf die Schulter. »Das sind meine Freunde aus der Fremde. Ich habe dir ja gesagt, dass wir möglichst schnell und so komfortabel wie möglich nach Domino müssen.«

»Was kein Problem ist. Du weisst doch. Für meine Freunde und ihre Freunde, nur das Beste. Allerdings werden wir bei dem Wetter trotz Pferdewechsel mindestens vierundzwanzig Stunden unterwegs sein. Ich habe aber um dieser Jahreszeit zur Sicherheit auf halber Strecke immer Zimmer reserviert, um dort die Nacht zu verbringen, wenn es zu gefährlich werden sollte, nachts weiterzufahren«, erwidert Yato, während er die beiden Fremden mustert. »Die Pferde sind schon eingespannt, wir können also sofort los.« Leicht nickt Arthur und da wird auch schon eine edle Kutsche, gezogen von zwei kräftigen Pferden, um die Ecke gefahren. »Das ist meine neueste Errungenschaft. Eine der komfortabelsten Langstreckenkutschen, die ihr hier in Edo finden könnt. Ausgelegt auf vier Personen und so gross, dass man auch während der Fahrt bequem darin schlafen kann.«

Beeindruckt mustert Arthur die Kutsche. »Du hast nicht zu viel versprochen, als wir uns gestern unterhalten haben.«

Anders, als Arthur, ist Seto von der Kutsche überhaupt nicht beeindruckt. Im Gegenteil, als er hört, wie dieses Ding angepriesen wird und sieht, wie begeistert Hopkins ist, will er gar nicht erst wissen, wie die normalen Langstreckengefährte aussehen. Er ist so in seine Überlegungen vertieft, dass er gar nicht registriert, wie die wohl am Tag zuvor vereinbarte Bezahlung getätigt wird. Erst, als er Shimons Hand an seinem Arm spürt, blinzelt er und sieht zu ihm. »Wir können einsteigen und schaut nicht so schockiert. Es tut euch vielleicht mal ganz gut, zu sehen, was hier als Luxus angesehen wird.« Amüsiert sieht der Alte seinen Schützling an und bemerkt, wie der Muskel an dessen linken Auge zuckt. Da steht wohl einer ziemlich unter Spannung. Resolut und sämtliche Standesregeln missachtend, zieht er ihn zur Kutschentür und schiebt ihn mit einer Hand in dessen Kreuz schon beinahe die paar Stufen nach oben.

Seto will keine Szene machen und so steigt er widerwillig ein. Als er sich auf die Sitzbank sinken lässt, muss er widerstrebend zugeben, dass die Polster doch sehr hochwertig und bequem sind. Natürlich lässt er sich davon nichts anmerken, das wäre ja noch schöner, wenn man ihm ansehen würde, dass hier in der Gosse doch nicht alles so schlecht ist. Doch als sein Blick zu Shimon wandert, der ihm gegenüber sitzt, wird ihm klar, dass der Alte genau weiss, woran er gerade gedacht hat. »Sag jetzt nichts«, zischt er ihm zu und blickt dann zu Hopkins, der sich gerade neben Shimon setzt. »Es ist alles geklärt. Wir werden sicher die Nacht in einem Gasthaus verbringen und nur bei Tageslicht fahren. Alles andere wäre bei den Witterungsbedingungen schlichtweg zu gefährlich.«

Leicht runzelt Shimon die Stirn. »Ist es so schlimm?«

Ernst nickt Arthur. »Ja, die Strassenverhältnisse sind wohl sehr schwierig und in der Nacht wird es immer noch eisig. Er wäre das Risiko eingegangen und die Nacht durchgefahren, aber in meinen Augen kommt es auf die paar Stunden auch nicht mehr an, wenn wir dafür sicher ankommen.«

Tief atmet Shimon durch. »Ich würde zwar gern so schnell wie möglich ankommen, aber du hast sicher recht. Ihr kennt die Strassen, die ihr nutzt, besser als wir.«

Gerade, als auch Seto etwas sagen will, geht ein Ruck durch die Kutsche. Ruckelnd setzt sie sich in Bewegung.

Eine grosse Kurve fahrend, lenkt Yato die Pferde in Richtung Hauptstrasse und lässt die Tiere im Schritt durch die vom schmelzenden Schnee schlammigen Strassen laufen. Regelmässig knirscht es unter den kräftigen Hufen, wenn sie auf eine dünne Eisschicht treten und diese unter dem Gewicht nachgibt.

Immer wieder müssen sie gestürzten Leuten oder umgekippten Kutschen ausweichen, weshalb Yato darauf verzichtet, die Pferde antraben zu lassen. So kommt es, dass sie beinahe eine Stunde brauchen, bis sie durch das Haupttor der Stadt fahren und sich die immer noch winterliche Landschaft vor ihnen ausbreitet.

Mit einem tiefen Atemzug lehnt sich Arthur zurück. »Endlich. So ein Chaos habe ich selbst in Edo noch nie gesehen.«

Erstaunt sieht Shimon ihn an. »Wie meinst du das? Ist das nicht normal?« Auf die Frage seines Freundes hin, schüttelt er den Kopf. »Nein. Das ist nicht normal. Es ist immer viel los, aber diese ganzen Unfälle sind nicht normal, was für die Aussergewöhnlichkeit dieses Winters spricht.«

Humorlos lacht Seto auf. »Vielleicht wollen die Götter ja gar nicht, dass wir in dieses Kaff fahren und uns diesen Sklaven ansehen.« Mit einem spöttischen Blitzen in den Augen sieht er Hopkins an, der den Blick gelassen erwidert. »Mein Prinz, ich weiss, dass Ihr mir kein Wort glauben wollt. Dennoch seid Ihr jetzt hier, also scheint ein Teil von euch doch die Hoffnung zu hegen, dass ich die Wahrheit sage.«

Fest sehen sich die beiden Männer in die Augen, bis sich Seto schnaubend abwendet und aus dem Fenster sieht. Innerlich grinst Arthur, als er die Reaktion des Jüngeren registriert. Lang lebe die jahrzehntelange Berufserfahrung.

Über sich selbst fluchend, dass er den Blickkontakt zuerst unterbrochen hat, beobachtet Seto die an ihnen vorbeiziehende Landschaft. Die kahlen Bäume und brachen Felder erinnern ihn an die verwüsteten Landschaften, die er in den letzten Monaten zu oft hatte sehen müssen. Immer wieder sieht er auch Menschen auf den Feldern arbeiten. »Was machen die da?«

Sich vorbeugend sieht Arthur aus dem Fenster und kann gerade noch sehen, was Seto meint. »Sie kontrollieren den Boden und legen nach Möglichkeit sogar schon die ersten Ackerfurchen.«

»So früh im Jahr?«, fragt Seto erstaunt nach.

»Natürlich. Es gibt sogar Pflanzen, die schon im Herbst ausgesät werden müssen und die Bauern kontrollieren jetzt auch, wie viel Schaden auf den entsprechenden Feldern von den Wildtieren angerichtet worden ist.«

»Das ist wirklich interessant. Wer hätte das gedacht, dass die Arbeit auf den Feldern so früh losgeht.« Mischt sich nun auch Shimon ein, der nun auch aus dem Fenster sieht.

»Es kann sogar noch deutlich früher losgehen, wenn das Wetter dementsprechend ist«, erwidert Arthur geduldig. Dabei ist er erstaunt, dass auch sein alter Freund so wenig über Landwirtschaft weiss.

»Bei uns richtet sich alles nach der Nilflut. Da vorher viel zu machen, das bringt nichts, da erst nach den Überschwemmungen die Felder bestellt werden können.« Shimon sieht Hopkins mit einem wissenden Grinsen an. »So unterschiedlich sind unsere Landwirtschaften.«

 

Abschätzig schnaubt Seto. »Faule Säcke sind sie. Hängen die meisten Zeit nur rum, während andere Leute arbeiten.« Wieder sieht er aus dem Fenster. »Was haben sie nachher denn auch zu tun? Ausser zu warten, dass ihre Pflanzen wachsen. Da ist unser System mit der Arbeit auf den Baustellen, wenn sie auf die Flut warten wenigstens eine für das Land sinnvolle Sache.« »Wenn Ihr meint«, erwiderte Arthur gedehnt und lehnte sich wieder entspannt zurück. »Wie auch immer. Wir werden noch ein paar Stunden unterwegs sein. Nur mit Pausen, um die Pferde zu tauschen, für ein paar Minuten die Beine zu strecken und etwas herumzugehen.«

Als Seto das hört, sieht er mit einem entrüsteten Blick zu Shimon. »Mit einem Auto hätten wir die Strecke in 2 Stunden zurücklegen können und das ...«, in dem Moment werden sie durchgeschüttelt, da sie ein grosses Schlagloch erwischen. »… deutlich komfortabler und wärmer als in diesem Vehikel.«

Für einen Moment schliesst Arthur die Augen und schickt ein Stossgebet, mit der Bitte um viel Geduld gen Himmel.

 

Stunden später, die Sonne geht schon unter, hält Yato die Kutsche vor dem Gasthof Resutoranuto an und springt vom Kutschbock. In den letzten beiden Stunden war es verdächtig still in der Kutsche geworden, sodass er sich schon ein wenig Sorgen macht. Er will gerade zu der Tür gehen, als der Stallbursche, dessen Namen er sich einfach nicht merken kann auf ihn zu kommt. »Guten Abend. Ich habe eine Dauerreservierung auf Yatos Kutschenreisen. Sobald meine Gäste ausgestiegen sind, brauchen die Pferde ihre Box und eine anständige Versorgung.« Ernst sieht er den Stallburschen an, der sofort nickt und dann einem Sklaven Befehle zuruft, dass dieser die beiden Boxen ganz rechts aussen vorbereiten soll und das vorgestern.

In der Zwischenzeit ist Yato zur Kutschentür getreten und klopft an, bevor er diese öffnet. Nun weiss er auch, warum es so ruhig gewesen ist. Der junge Mann schläft tief und fest. Dabei ist er in mindestens drei Decken eingewickelt. »Meine Herren, wir sind bei unserem Nachtquartier angekommen. Ich gehe schon mal rein und lasse die Zimmer vorbereiten.«

Mit einem müden Lächeln nickt Arthur. »Danke, Yato. Wir kommen gleich nach, sobald wir ihn geweckt haben.«

Kurz neigt der Kutscher den Kopf, ehe er sich umwendet und zur Tür des Gasthofes geht.

Tief seufzt Shimon auf und sieht zu Seto, der es sich unter den Decken richtig gemütlich gemacht hat und schon vor Stunden durch das beruhigende Schaukeln der Kutsche eingeschlafen ist. »Ich wecke ihn.« Einem Opferlamm gleich, greift er nach der obersten Decke und zieht sie weg, was seinen Schützling leise murren lässt. Doch er wacht nicht auf. »Wäre auch zu einfach gewesen«, murmelt er vor sich hin und zieht nun die zweite Decke weg. Als auch das nichts hilft, holt er tief Luft. »Mein Prinz, aufwachen«, sagt er streng in seiner Muttersprache und da öffnet Seto langsam die Augen. Verschlafen sieht er seinen Mentor an. »Du weisst genau, dass du mich nicht zu wecken hast, alter Mann!«, grollt er mit drohend blitzenden Augen. »Ich weiss, aber sicher wollt ihr lieber in einem Bett weiterschlafen. Oder etwa nicht?« Die Augenbraue hochziehend, erwidert Shimon den Blick und deutet zur offen stehenden Kutschentür, wo Hopkins schon mit dem Gepäck auf sie wartet. »Kommt ihr? Die Stallburschen wollen die Pferde versorgen.«

»Ihr seid alle lebensmüde oder todesmutig«, grollt Seto. Schält sich aber aus der letzten Decke und greift nach seiner Tasche, ehe er aussteigt. Sofort zieht er zischend den Kopf ein, als ihn ein eisig kalter Windstoss trifft. »Nun mach schon, alter Mann. Ich will hier nicht erfrieren«, ruft er gereizt, als der Alte auch schon neben ihn tritt. »Ich bin nicht taub und jetzt ab ins Haus.« Mit weit ausgreifenden Schritten, die sein Alter und die Stunden in der Kutsche Lügen strafen, eilt Shimon zur Tür und öffnet diese. »Nun kommt schon.« Auffordernd sieht er die beiden an, bis sie zu ihm aufschliessen.

Als sie den Empfangsbereich betreten, schlägt ihnen eine angenehme Wärme entgegen. An dem Empfangstresen steht schon wartend Yato neben dem Besitzer des Gasthofes. «Da seid ihr ja. Herr Kagayama und ich haben gerade über die Kosten für die Übernachtungen in seinen beiden besten Zimmern verhandelt. Die Kosten belaufen sich auf insgesamt zweihundert Silbermünzen. Dafür bekommt ihr die wärmsten und luxuriösesten Zimmer des gesamten Hauses. Sie verfügen sogar über ein eigenes Badezimmer mit Duschen und Toiletten.« Stolz, dass er diese Hochstufung erreicht hat, sieht er seine Fahrgäste an.

»Das hört sich perfekt an«, erwidert Hopkins erleichtert. Er will gar nicht wissen, wie Seto reagiert hätte, wenn sie Zimmer mit einem Gemeinschaftsbad auf dem Flur bekommen hätten. Mit von der langen Reise steifen Gelenken tritt er vor und legt die zuvor genannten zweihundert Münzen auf den Tresen. »Können wir dann auch das Abendessen auf unsere Zimmer geliefert bekommen?« Fragend sieht er Kagayama an der schon beinahe entrüstet wirkt, als er nickt. »Natürlich. Das ist schliesslich im Preis inbegriffen.«

»Gut und wo sind die Zimmer?« Will Arthur nun müde wissen.

Sofort wird ihm mit der rechten Hand der Weg den Flur hinunter gewiesen. »Gleich hier den Flur runter. Die Zimmer befinden sich auf der rechten Seite und verfügen über je einen eigenen Kamin. Ich habe meine Sklaven schon angewiesen, dort die Feuer zu entfachen, damit sich die Räume aufwärmen, bis ihr sie bezieht. Ein leichtes Abendessen sollte auch schon bereitstehen.«

»Vielen Dank.« Leicht verneigt sich Hopkins vor Kagayama und nimmt die Schlüssel entgegen.

Mit diesen geht er zurück zu Shimon und Seto. »Folgt mir bitte«, fordert er sie mit ruhiger Stimme auf.

Gemeinsam gehen sie den Flur entlang zu den Zimmern mit den Nummern zehn und elf. Die selbst er noch nie von innen gesehen hat. Er weiss nur eins, dass sie durch ein gemeinsames Badezimmer miteinander verbunden sind.

Nun doch gespannt, was ihn erwartet, steckt Arthur den Schlüssel ins Schloss von dem Zimmer mit der Nummer zehn und stösst die Tür auf. Trotz seiner Neugier überlässt er Shimon und Seto den Vortritt, ehe auch er das Zimmer betritt und sich umsieht. Beeindruckt betrachtet er die Wände, die von Motivstoffen bedeckt sind, um die Räume noch wärmer zu machen. Im Kamin, der sich gegenüber des grossen Bettes befindet, knistert ein Feuer fröhlich vor sich hin und verbreitet eine angenehme Wärme. Sogar ein Tisch für bis zu vier Personen hat in der einen Ecke einen Platz gefunden und dennoch wirkt der Raum nicht klein. Auf das Bad gespannt, öffnet er die Tür und bleibt mit offenem Mund stehen. Das Bad wird durch zwei Öllampen erhellt, die mit ihrem warmen Licht die Wandmalereien beleuchten, die eine Wasserlandschaft darstellen. Langsam geht er an der grossen Dusche vorbei, die locker Platz für zwei Personen bietet und öffnet die zweite Tür. Sie führt in das angrenzende Zimmer, das wie eine gespiegelte Version des anderen Schlafzimmers aussieht. Nur mit dem Unterschied, dass hier ein herrlich duftender Eintopf und frisch gebackenes Brot auf dem Tisch stehen. »Shimon? Mein Prinz? Das Abendessen ist hier drüben!«, ruft er ihnen kurzerhand durch die offenen Badezimmertüren zu und zuckt dann zusammen, als er den Prinzen lauthals schimpfen hört. »Na toll. Es ist ihm nicht gut genug«, murmelt er vor sich hin und geht zum Tisch, wo er sich gemütlich hinsetzt und abwartet.

Kurz darauf kommt Shimon rein und setzt sich hin. »Er hat bemerkt, dass wir Drei uns die beiden Zimmer und das Bad teilen. Bis zu dem Moment war es in seinen Augen in Ordnung.« Seufzend fährt er sich mit der Hand durch die schon lange ergrauten Haare. In seinen alten Augen ist die Anstrengung der letzten Tage deutlich abzulesen.

»Er kommt halt aus einer vollkommen anderen Welt. Da ist es verständlich, dass er mit den Bedingungen hier seine Probleme hat.« Aufmunternd legt Arthur seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Ich denke, am besten teilen wir uns das Zimmer hier auf dieser Seite. Dann kannst du dich nachher gleich hinlegen.«

Leicht nickt Shimon und sieht zu dem riesigen Bett das mit cremefarbenen Laken bedeckt ist. »Wenn es dich nicht stört, mit mir altem Mann das Bett zu teilen, nehme ich das Angebot gern an.«

 

Kurz darauf kommt Seto rein und setzt sich mit grimmiger Miene zu ihnen. »Das ist eine Zumutung. Ein Bad für zwei Zimmer und dann sind sie noch so winzig!« Als er den Eintopf und das Brot sieht, verzieht er angewidert das Gesicht. »Wir sollen doch nicht allen Ernstes dieses Hundefutter essen?«

Tief atmet Arthur ein, ehe er den Prinzen ernst ansieht. »Dies sind besten Räume im ganzen Gasthof. Normalerweise nehme ich mir eins der Einzelzimmer in den oberen Stockwerken, die sich pro Flur eine Dusche teilen. Das Essen hier, ist vorzüglich. Denkt dran, was wir für eine Jahreszeit haben. Das ist ein saisonales Gericht, aber ich kann auch gern in die Küche gehen und fragen, ob noch etwas von dem Haferbrei übrig ist, den die Sklaven jeden Tag essen müssen.« Fest erwidert er den Blick aus diesen eisblauen Augen. Unwillkürlich fragt er sich dabei, wie es sein kann, dass zwei so unterschiedliche Menschen wie Yami und der Prinz aus der gleichen Familie stammen können.

Empört steht Seto wieder auf und wendet sich auf dem Absatz um. »Ich bin in meinem Zimmer. Mir ist der Appetit vergangen. Gute Nacht!« Hoch erhobenen Hauptes rauscht er zur Tür hinaus, die lautstark ins Schloss fällt. Gleich darauf hören sie das gleiche Knallen, nur etwas gedämpfter, noch einmal.

»Selbst schuld, wenn er mit knurrendem Magen ins Bett will.« Hopkins zuckt gelassen mit den Schultern und nimmt sich nun eine Portion von dem Eintopf. Wie er es gerne macht, nimmt er noch ein Stück Brot und tunkt es in den gefüllten Teller. Als sich dann eine Geschmacksexplosion in seinem Mund ausbreitet, schliesst er geniessend die Augen. »Einfach köstlich. Er weiss gar nicht, was ihm entgeht.«

Leise lacht Shimon auf, der inzwischen auch von dem Eintopf probiert hat. »Es ist wirklich köstlich. Aber weisst du, Seto würde das nie zugeben. Eher beisst er sich die Zunge ab, als dass er so ein einfaches Gericht als gut bezeichnet.«

»Warum überrascht mich das nicht? Ich meine, er hat seit wir Alexandria verlassen haben, kein gutes Wort über irgendwas verloren, was er gesehen hat. Warum ist er überhaupt mit uns mitgekommen, wenn er doch jeden einzelnen Tag ausserhalb des Palastes hasst?« Nachdenklich sieht Arthur aus dem Fenster, das ihnen einen guten Blick auf die vom Schnee bedeckten Koppeln ermöglicht.

Shimon folgt dem Blick und kann sich ein kaum merkliches Schmunzeln nicht verkneifen, als er ein paar Pferde durch den Schnee toben sieht.

»Er ist kein schlechter Mensch. Aber er ist durch eine harte Schule gegangen und auch wenn ich mich bemüht habe, so konnte ich ihm doch nicht die Familie ersetzen, die er gebraucht hätte.« Er hebt die Hand, um seinen Freund darum zu bitten, zu schweigen. »Die Prinzen und Prinzessinnen haben kaum Kontakt zu ihren Eltern. Seto musste sogar Termine vereinbaren, um seinen Vater wenigstens einmal im Monat mal zu Gesicht zu bekommen. Er wurde von Lehrern und Hohepriestern grossgezogen und unterrichtet. Ich war für ihn verantwortlich und dennoch konnte ich nicht so viel Zeit mit ihm verbringen, wie es das Kindermädchen Amara Amina bei dem Kronprinzen konnte.«

Arthur hat seinem alten Freund zugehört und atmete nun tief durch. »Er hat doch einen jüngeren Bruder, wenn ich mich nicht täusche. Oder etwa nicht?«

Ernst nickt Shimon. »Ja, sein Bruder heisst Mokuba. Aber er hat ihn so gut wie nie gesehen, als sie noch Kinder waren und auch in den letzten Jahren, hat ihr Vater es verhindert, dass sie viel Zeit miteinander verbringen. Er ist der Meinung, dass nur die Pflicht zählt und emotionale Bindungen seinen Ältesten nur behindern und davon abhalten, eines Tages in seine Fusstapfen zu treten. Sie leben nicht einmal im selben Gebäude und du kannst dir ja vorstellen, wie weitläufig die Anlagen der pharaonischen Palastanlagen sind.«

Geschockt sitzt Arthur da und kann es irgendwie nicht glauben, was er da gerade gehört hat. »Aber, das ist doch unmenschlich. Geschwister brauchen einander. Sie sollen gemeinsam aufwachsen und spielen. Zusammen die Welt entdecken …« Er verstummt, als wieder eine Hand gehoben wird. »Du verstehst nicht. Die Kinder der pharaonischen Familie spielen nicht. Sie haben keine Freizeit, die sie frei gestalten können. Jeder Tag ist durchgeplant. Von morgens bis abends. Teilweise sogar bis in die Nacht hinein. Du weisst gar nicht, wie gut es eure Kinder trotz teilweiser Armut und Hunger haben. Sie können noch Kinder sein. Seto musste, kaum dass er selbstständig sitzen konnte, wie ein Erwachsener funktionieren.«

 

Ernst nickt Arthur und blickt dann auf seinen Teller. »Ich verstehe. Aber es ist doch erwiesen, dass Kinder eine … ach vergiss es einfach. Sie werden schon wissen, was sie tun und was sie ihren Kindern zumuten können.« Ohne noch einmal hochzusehen, greift er nach einem weiteren Stück Brot und beginnt wieder zu essen.

 

Im anderen Zimmer liegt Seto auf dem Bett und starrt an die Decke. Er fragt sich, wie es seinem Bruder wohl geht und ob … entschieden zwingt er sich dazu, nicht weiter in diese eine, gefährliche Richtung zu denken. Er kann es sich nicht leisten, jetzt schwach zu werden. Müde und hungrig zieht er die Decke bis über seine Schultern. Obwohl ihm der Magen knurrt, verbietet es ihm sein Stolz, zurück zu den beiden alten Männern zu gehen und sich zu ihnen zu setzen.

Als er die Tür hört, die sich leise öffnet, verbietet er es sich konsequent, sich umzudrehen und nachzusehen, welcher der beiden Männer es wagt, ungefragt sein Zimmer zu betreten. Leise knarren die Dielen unter den flauschigen Teppichen, die den Boden bedecken und so die Kälte des Bodens zumindest etwas abschwächen.

Angespannt hört er zu, wie die Person zum Tisch geht und etwas darauf abstellt, ehe das Knarren verrät, dass sich die Person wieder entfernt und dann hört er die Tür ins Schloss fallen. Er will schon die Augen schliessen, als ein köstlicher Duft seine Nase erreicht. Schnuppernd setzt er sich auf und sieht zum Tisch, wo ein mit Eintopf gefüllter Teller steht und auch zwei Stücke Brot liegen da.

Unschlüssig ballt er die Hände zu Fäusten, nur um dann kurzerhand aufzustehen. Trotz des Teppichs fühlt sich der Boden unter seinen nackten Füssen kühl an. Unwillkürlich rollt er die Zehen ein, bevor er sich in Bewegung setzt und mit weit ausgreifenden Schritten zum Tisch geht. Erstaunt stellt er fest, dass hier das Zimmer irgendwie wärmer zu sein scheint, als er sich auf den Stuhl sinken lässt, der dem Kamin am nächsten steht.

Dieses Zeug, das sich da auf dem Teller befindet, sieht ja wirklich nicht gerade einladend aus, aber dennoch duftet es irgendwie köstlich.

Kurzerhand greift er nach dem Löffel, zögert dann aber. Doch da knurrt wieder lautstark sein Magen, weshalb er sich überwindet und etwas von dem Zeug probiert. Zu seiner Überraschung ist es gar nicht mal so schlecht. Im Gegenteil. Es ist köstlich und in seinem Mund scheinen die verschiedenen Aromen geradezu zu explodieren.

Kurz blickt er versichernd zu den beiden Türen. Sie sind geschlossen. Auf gar keinen Fall will er, dass sein alter Mentor sieht, wie er sich auf dieses einfache Mahl stürzt. Denn nichts anderes macht er jetzt. Seit dem Frühstück in Edo hat er nichts mehr gegessen und so schiebt er sich einen gefüllten Löffel nach dem anderen in den Mund. Er geht sogar so weit, dass er mit dem Brot den Teller sauber auswischt.

Satt lehnt er sich auf seinem Stuhl zurück reibt sich den Bauch. Nun hat er aber Durst und so greift er nach der bereitstehenden Karaffe und füllt ein Glas mit Wasser. Nach dem abgestandenen Wasser auf dem Schiff, schmeckt dieses Wasser herrlich frisch und rinnt wohltuend seine trockene Kehle hinunter.

Sich endlich wieder richtig satt fühlend geht er ins Bad und schält sich aus den ungewohnten Mengen an Kleidung, die er sorgfältig zusammenlegt und auf den Hocker neben der Dusche legt. Eine Weile lang testet er aus, wie er diese primitive Dusche zu bedienen hat. Schliesslich hat er es geschafft, die richtige Temperatur zu finden. Kaum steht er unter dem herrlich heissen Wasserstrahl, schliesst er die Augen. Leise seufzend geniesst er das über seinen Körper fliessende Wasser und lässt die Hände mit sanftem Druck über seinen Oberkörper gleiten. In seinem Kopf entstehen Bilder einer jungen Frau mit so unglaublich blauen Augen und weissblonden Haaren … Die Augen aufreissend nimmt er schlagartig die Hände von seinem Körper. Keuchend steht er da und starrt an die Wand. »Das darf nicht sein. Das ist nicht richtig!« Immer wieder wiederholt die beiden Sätze, bis sich sein glühender Körper wieder etwas beruhigt hat. Erst jetzt stellt er das Wasser ab und steigt aus der Dusche. Nur um gleich darauf zu fluchen, da er nun pitschnass nach den Frotteetüchern suchen muss. Endlich hat er sie gefunden. Mit ruckartigen Bewegungen trocknet er sich grob ab, ehe er wieder in seine Kleider schlüpft und sich vor das Waschbecken stellt und sich aufmerksam im Spiegel mustert. »Nein, alles normal.« Stellt er nach einem Moment fest und wendet sich von seinem Spiegelbild ab.

 

Zurück in seinem Zimmer kriecht er unter die Decke und schliesst die Augen. Wieder taucht dieser lebensfrohe Blondschopf mit den unglaublichen blauen Tiefen vor ihm auf. Aber diesmal wehrt er sich nicht mehr dagegen. Er hat einfach nicht die Kraft dazu und so schläft er mit einem unbemerkten Lächeln auf den Lippen ein.

 

Im Zimmer nebenan haben es sich Shimon und Arthur im Bett gemütlich gemacht. »Glaubst du wirklich, dass er die Portion, die du ihm gebracht hast, gegessen hat?« Zweifelnd sieht Hopkins seinen alten Freund an, der breit grinsend nickt. »Ich glaube es nicht nur, ich weiss es. Ich kenne ihn inzwischen seit achtundzwanzig Jahren und glaube mir, so stolz und stur er auch ist, wenn er sich unbeobachtet fühlt, gibt er auch schon mal nach. Wir werden morgen einen leeren Teller in seinem Zimmer vorfinden. Schliesslich musste er sich nicht zu uns an den Tisch setzen und mit uns gemeinsam essen.«

Verwirrt runzelt Arthur die Stirn. »Ich verstehe nicht.«

Leise lacht Shimon auf. »Das musst du auch nicht. Wie gesagt, ich kenne ihn schon lange und kann ihn darum doch auch ein wenig einschätzen.« Herzhaft gähnt er hinter vorgehaltener Hand. »Und ich bin nicht mehr der Jüngste. Gute Nacht, mein Freund.« Seine Decke höher ziehend, dreht sich Shimon um.

»Gute Nacht«, erwidert Arthur und ist kurz darauf auch schon beinahe eingeschlafen, als ein lautes Schnarchen ihn hochfahren lässt. Entgeistert sieht er zu seinem Bettnachbarn, bevor er sich mit einem bemitleidenswerten Stöhnen wieder in die Kissen fallen lässt.

 

 

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Arthur kann einem ja schon leid tun, dass er die Nacht offensichtlich neben einem Bäume fällenden Shimon verbringen muss. Tja, das hätte er sich wohl vorher überlegen müssen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

LG mrs_ianto

Unruhige Nacht

Hallo zusammen,

 

es ist wieder Wochenende und das heisst, es geht jetzt mit dem nächsten Kapitel weiter. Noch treffen die Herren nicht aufeinander. ;-)

 

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Unruhige Nacht

 

 

 

Es ist noch dunkel, als Seto aufwacht, weil er ein Weinen hört. Die Stirn runzelnd setzt er sich auf und sieht sich in dem nur noch durch die Glut schwach erleuchteten Raum um. Fröstelnd steigt er aus dem Bett und geht zum Kamin. Vorsichtig legt er neues Holz nach und endlich flammt das Feuer wieder auf und erhellt den Raum mit seinem flackernden Licht.

Wieder hört er das Weinen. »Na toll«, murrt er und greift nach seinem Mantel. Da fällt sein Blick auf eine Kerze, die er kurzerhand anzündet. Ihr Licht nutzend, verlässt er das Zimmer und geht leise durch den dunklen Flur, bis er beim Empfangstresen ankommt, wo er diesen Kagayama sieht, der mit einem Stock vor einer Person steht, die am Boden kniet und ein weinendes Baby an sich drückt. »Gib mir den Balg, du undankbares Miststück!«, verlangt dieser mit eiskalter Stimme und holt mit dem Rohrstock aus, um ihn wieder auf den nur durch einen dünnen Stoff geschützten Rücken treffen zu lassen. Doch so weit kommt es nicht, denn Seto war unbemerkt hinter ihn getreten und hält nun kurzerhand das Handgelenk fest. »Was geht hier vor? Ihr raubt mir meinen Schlaf!« Mit unnachgiebigem Blick, der Antworten verlangt, fixiert er den älteren Mann, der unwillkürlich schluckt und die Hand mit dem Rohrstock sinken lässt, sobald diese losgelassen worden ist. »Es ist nichts. Die Sklavin gehorcht mir nicht. Ihr Balg schreit die Gäste wach und dem will ich ein Ende bereiten«, erwidert er hastig und schwer atmend.

Die Stirn runzelnd sieht Seto zu der jungen Frau, die das Kind schützend an sich drückt. »Warum weint das Baby? Antworte, Weib!«

Zögernd hebt Anna den Blick. »Sie hat Hunger, aber ich habe keine Milch mehr.« Sie flüstert mit tränenerstickter Stimme und wagt es nicht, den Fremden direkt anzusehen.

Nun blickt Seto wieder zu dem Mann. »Also ist die Lösung doch ganz einfach. Gebt ihr Milch für das Kind und es herrscht wieder Ruhe.«

Alles vergessend, stemmt Kagayama seine Hände in die Seiten. »Das ist ein wertloser Sklavenbalg. Warum sollte ich die teure Milch an ihn verschwenden? Ich werde ihn entsorgen und das Problem ist gelöst«, sagt er mit eiskalter Stimme.

Als Seto das hört, verschlägt es ihm beinahe den Atem. Er selbst hält ja schon nicht viel von Sklaven, aber unschuldige Kinder einfach … er will den Gedanken gar nicht erst zu Ende denken. »Wie viel?«, fragt er mühsam die Ruhe bewahrend.

»Wie bitte?«, verwirrt sieht Kagayama den jungen Mann an.

»Ich will wissen, wie viel Sie für die beiden Sklaven wollen«, zischt Seto und beugt sich mehr zu dem Kerl runter. »Also. Ich erwarte eine schnelle Antwort.«

Leer schluckt der Gasthofbesitzer. »Ähm für sie und das Kind zwanzig Silbermünzen«, antwortet er eingeschüchtert.

»Gut, aber ich will noch Milch für das Kind und etwas zu Essen für die Mutter.« Als der Kerl nickt, richtet sich Seto wieder auf und sieht zu Anna. »Ich nehme an, du weisst, wo meine Räume sind. Gib mir das Kind und hole in der Küche Milch für sie und etwas zu Essen für dich«, befiehlt er ihr und hält ihr die Hände hin. »Und Sie machen die Papiere fertig. Ich habe die geforderte Anzahl Münzen in meinem Zimmer und erwarte Sie in zehn Minuten.« Eiskalt sieht er den Gasthofbesitzer an, der sich nun immer wieder verbeugt, während er sich rückwärtsgehend von ihm entfernt. Da das Kind immer noch nicht in seinen Armen liegt, wendet sich Seto nun wieder der Sklavin zu. »Ich sagte, gib mir das Kind. Oder willst du es noch länger hungern lassen?« Auffordernd und unnachgiebig sieht er sie an. Dennoch zögert Anna, ehe sie ihm widerwillig ihre kleine Tochter überlässt. Sie befürchtet schon, dass er die Kleine sofort fallen lässt, aber …

Vorsichtig hält Seto die Kleine auf dem Arm und sieht sie mit einem warmen Blick an. »Geh nun die Milch für sie holen und vergiss dich nicht«, befiehlt er mit einer kaum wahrnehmbaren Spur Wärme in der Stimme, ehe er sich abwendet. »Ich bewohne die Nummer zehn«, ruft er der Sklavin noch zu, als er auch schon die zuvor auf dem Tresen abgestellte Kerze nimmt und dann den Flur entlang zu seinem Zimmer geht.

Dort angekommen setzt er sich in der Nähe des zum Glück immer noch brennenden Feuers auf einen Stuhl und wiegt das Baby sanft hin und her, das ihn aus müden Augen neugierig mustert. Das Schreien scheint sie erschöpft zu haben.

»Gleich bekommst du etwas zu Essen, meine Kleine«, raunt er ihr zu und kann sich ein warmes Lächeln nicht verkneifen.

Als er ein zögerliches Klopfen hört, verschliesst sich seine Miene sofort wieder. »Komm rein!«, ruft er laut genug, dass er durch die geschlossene Tür gehört werden muss. Diese wird nun auch sofort geöffnet und Anna betritt mit einem Tablett das Zimmer, auf dem sich ein Fläschchen mit Milch und eine Schüssel Haferbrei befinden.

Unsicher bleibt sie stehen und macht einen kleinen Knicks. »Hier sind die Sachen, die Sie verlangt haben, Meister.« Mit gesenktem Blick steht sie abwartend da, was Seto genervt aufseufzen lässt. »Wie willst du dein Kind füttern, wenn du da an der Tür stehst?« Will er mit strenger Stimme wissen, erwartet aber keine Antwort. »Komm her und setz dich neben mich. Deine Tochter hat Hunger.« Ungeduldig wartet er ab, bis sie das Tablett auf den Tisch gestellt und sich neben ihn gesetzt hat. Kaum sitzt sie, drückt er ihr das Kind in die Arme. »Ich nehme an, du weisst, was du zu tun hast?«

Zu seiner Überraschung nickt die Sklavin sogar und drückt ihr Kind schützend an sich, ehe sie nach dem Fläschchen greift. Kurz darauf erfüllen die Geräusche eines hungrig saugenden Kindes die Luft des Zimmers.

Entspannt lehnt sich Seto zurück und verkneift es sich, auf die Uhr an seinem Handgelenk zu sehen. Wie er leider schnell herausfinden musste, hat das einfache Volk zwar die gleichen Begriffe für Zeit, aber sie nehmen es nicht ganz so genau, wie er es gern hätte.

Während er wartet, legt er noch ein Holzscheit in die langsam schwächer werdenden Flammen, die daraufhin gierig auflodern und ihr Opfer zu umschliessen scheinen.

Endlich hört er wieder ein Klopfen an seiner Tür und diesmal steht er sogar auf. Mit einem grimmigen Blick öffnet Seto die Tür und lässt den älteren Mann eintreten. »Wurde auch Zeit. Ich dachte schon Ihr kneift.« Kalt sieht er Kagayama an und deutet zu dem Tisch an dem auch Anna sitzt und immer noch ihre kleine Tochter füttert. »Ich hole schnell die Münzen, setzen Sie sich doch schon mal so lange. Genug Sitzmöglichkeiten sind ja in diesem mickrigen Raum vorhanden.«

Ohne darauf zu achten, ob seinem Befehl nachgekommen wird, dreht er sich um und geht zu seiner Tasche, aus der er erst seine gewohnte Börse nimmt, diese dann aber unauffällig wieder zurücksteckt und stattdessen nach diesem primitiven Beutel greift, in dem er die Münzen für seine Reise aufbewahrt. In aller Ruhe zählt er die zwanzig Münzen ab und steckt den Beutel dann wieder zurück in die Tasche, bevor er zum Tisch geht, auf dem neben dem Tablett nun auch diverse Papiere liegen. Ohne ein Wort zu sagen, legt er die Münzen vor Kagayama hin und widmet sich dann den Papieren, die sowas von primitiv sind, dass er sie selbst mit verbundenen Augen und gefesselten Händen ohne Probleme fälschen könnte.

Nachdem er sie durchgelesen hat, setzt er, ohne zu zögern, die Unterschrift auf die vorgesehene Linie und zieht Anna das Sklavenhalsband aus. In Ermangelung eines Wappenstempels zieht er sich den Siegelring aus und hält ihn so lange an die Kerzenflamme, bis er sich beinahe die Finger verbrennt. Schwungvoll drückt er ihn auf das Leder und zu seiner eigenen Überraschung ist der Ring wirklich heiss genug, einen bleibenden Abdruck des Wappens der Nesuts zu erzeugen. »So, die Sklavin und das Kind gehören ab jetzt mir. Nun verschwinden Sie aus meinem Zimmer. Morgen erwarte ich, dass auch für die Sklavin und das Kind ein Frühstück gebracht werden und dass auch für die beiden Proviant eingepackt wird. Haben Sie mich verstanden?« Ungeduldig sieht er den älteren Mann an, der hektisch aufspringt und sich tief verbeugt. »Ich habe es verstanden. Haben Sie noch eine angenehme Nacht.« Schon wieder rückwärtsgehend, bewegt sich Kagayama in gebückter Haltung zur Tür und erwischt den Rahmen, was ihn das Gesicht verziehen lässt, als ein fieser Schmerz von der Stelle an seinem Ellbogen bis in seine Hand ausstrahlt.

Als der Kerl endlich verschwunden ist, wendet sich Seto wieder zu Anna um und legt ihr schon beinahe sanft das Halsband an. »Sobald wir wieder in meinem Heimatland sind, werde ich dir ein anständig gebranntes Halsband anlegen.«

Kaum merklich nickt Anna, den Blick nicht von ihrem Kind nehmend. Endlich scheint die Kleine satt zu sein. Sie stellt das Fläschchen auf den Tisch und legt ihre Tochter dann an ihre Schulter. Mit leichtem Druck massiert sie ihr den Rücken, bis die Kleine vor Erschöpfung eingeschlafen ist.

 

In der Zwischenzeit hat sich Seto wieder ins Bett gelegt. »Du kannst den Rest der Nacht hier verbringen oder in deinem Zimmer. Mir ist es egal, aber stör mich einfach nicht«, seine Stimme ist vollkommen emotionslos. Nichts deutet darauf hin, dass er es selbst kaum glauben kann, was er in der letzten Stunde getan hat.

»Ja, Meister. Ich bleibe gern hier. Das ist für meine Toshi besser als die kalten und feuchten Unterkünfte, die uns zur Verfügung stehen.« Anna hat so leise und scheu gesprochen, dass Seto sie kaum verstanden hat. Aber eigentlich kann er es sich ja denken, was sie zu ihm sagt. »Wie du meinst.« Sie jetzt nicht weiter beachtend, zieht er die Decken bis zu seinem Kinn hoch und dreht ihr den Rücken zu. Mit der Vorstellung, wie sich Mokuba über die junge Frau freuen wird, wenn er ihm sagt, dass er sie ihm zum Geburtstag schenkt, sucht er vor sich selbst eine Entschuldigung für diesen reinen Mitleidskauf. Kurz darauf ist er auch schon wieder eingeschlafen.

 

Ganz ruhig sitzt Anna da und versucht zu verstehen, was gerade passiert ist. Gerade wollte ihr Kagayama doch noch das Kind wegnehmen, um es in der Kälte der Nacht auszusetzen und sich selbst zu überlassen. Die Kleine mit einem leisen Summen hin und her wiegend, blickt sie durch das Fenster in die dunkle Leermondnacht hinaus. Dabei versucht sie, ihren neuen Besitzer zu ignorieren, der so laut atmet, dass es schon beinahe einem leisen Schnarchen gleicht.

Was weiss sie noch über ihn? Angestrengt denkt Anna nach und muss sich schliesslich eingestehen, dass sie überhaupt nichts über ihn weiss. Ja noch nicht einmal, wo er herkommt oder was sein Reiseziel ist.

Sich vollkommen ruhig verhaltend horcht sie auf die weiteren Geräusche der Nacht. Da ist ein durch die Wand gedämpftes Schnarchen zu hören, was sie unwillkürlich schmunzeln lässt. »Na, hoffentlich hat sein Zimmernachbar einen guten Schlaf«, flüstert sie ihrer kleinen Toshi zu, die immer noch friedlich und mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck in ihren Armen schläft.

 

Im anderen Zimmer herrscht Schlaflosigkeit vor. Nicht bei Shimon, der tief und fest schläft und das zum Leidwesen Hopkinss, der langsam nicht mehr weiss, was er noch tun soll. Nichts hat bis jetzt geholfen. Er hat nur erreicht, dass sein Freund sich auf die andere Seite gedreht und sich so noch mehr in die Decke eingewickelt hat.

Hoffend, dass er morgen in der Kutsche den fehlenden Schlaf nachholen kann, verschränkt er die Arme unter dem Kopf und starrt an die Decke.

Er wüsste zu gern, wie es Yami in den letzten Wochen und Monaten ergangen ist. Ob er sich inzwischen daran erinnert, wer er einst gewesen ist? Das würde einiges erleichtern. Zu gern würde er jetzt mi Sugoroku sprechen, um ihn besser vorwarnen zu können. So bleibt ihm nur zu hoffen, dass der ihnen beiden bekannte Bote, den er schon im ägyptischen Grossreich ausgeschickt hatte, wirklich wie versprochen schon vor ihm in Domino angekommen ist. »Bist du informiert worden, Sugoroku? Verstehst du, wie dringend es ist, dass euer Yami in seine Heimat zurückkehrt und das so schnell wie möglich?« Leise spricht er die für ihn drängendsten Fragen in die schwarze Nacht hinein aus. Die Worte werden jedoch von dem lauten Schnarchen seines Zimmerpartners übertönt. Trotz allem kann er sich plötzlich ein breites Grinsen nicht mehr verkneifen, als er merkt, dass sein Freund sich wieder auf den Rücken legt. Kurz kommt der konstante Lärmpegel neben ihm ins Stocken, nur um dann genauso laut wie zuvor wieder zu erklingen.

Immer noch breit grinsend streckt er die Hand aus und hält ihm die Nase zu. Zu seinem Erstaunen, dauert es relativ lange, bis sich sein Freund murrend wieder zur Seite dreht.

Eine plötzliche Stille breitet sich im Zimmer aus. Unwillkürlich blinzelt Arthur in die Dunkelheit. Doch dann wird ihm klar, dass er die Chance nutzen muss. Er legt sich wieder bequem hin, dreht sich zur Seite und schliesst die Augen. Er ist schon beinahe eingeschlafen, als ein Grunzen die Ruhe stört. »Bitte, nicht«, murmelt er, gleichzeitig in Gedanken ein Stossgebet gen Himmel schickend. Doch es ist vergebens. Noch einmal grunzt Shimon und murmelt etwas im Schlaf, ehe der erste laute Schnarcher die erst ein paar Minuten andauernde Stille wieder beendet.

Halblaut vor sich hin fluchend, zieht sich Arthur die Decke über den Kopf, aber das nützt natürlich nichts. Sogar das Kissen, dass er seitlich daliegend über seinen Kopf zieht, kann den Lärm nur unzureichend dämpfen.

»Es ist nur diese eine Nacht. Dann kannst du morgen in der Kutsche schlafen und nächste Nacht, liegst du allein in deinem Zimmer in meinem Bett und geniesst die Ruhe«, spricht er sich selbst gut zu, als er angestrengt versucht, mit geschlossenen Augen das Schnarchen zu ignorieren.

 

 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Ja, ich weiss. Ihr brennt darauf zu lesen, wie Atemu und Seto aufeinander treffen, aber das dauert noch etwas.

 

Eure mrs_ianto

 

Weiterreise

Hallo zusammen,

 

es geht weiter. Ja, ich weiss, ihr brennt darauf, dass die Jungs endlich aufeinander treffen, aber noch ist es nicht soweit. Zuerst müssen die Herrschaften weiterreisen.

 

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Kapitel 10: Weiterreise

 

Ein Klopfen an der Tür lässt Hopkins die Augen öffnen. Irgendwann in der Nacht hatte er es doch noch geschafft, in einen leichten Dämmerschlaf zu fallen. Mühsam kämpft er sich aus dem Bett und steht schwankend auf. Einen Moment lang muss er die Augen schliessen, weil sich der Raum um ihn zu drehen scheint, aber dann hat sich sein Gleichgewichtssinn stabilisiert. Schon wieder wird gegen das stabile Holz der Tür geklopft. »Ich komme ja schon!«, ruft er genervt, als er auch schon zur Tür geht und diese öffnet. Vor ihm steht Kagayama mit zwei jungen Sklaven, die bis zum Rand gefüllte Tabletts tragen. »Guten Morgen. Ihr Frühstück und wie von Ihrem Begleiter befohlen, die Milch für das Baby.« Ohne auf eine Antwort seines Gegenübers zu warten, dreht er sich zu den Sklaven um und schnippt mit den Fingern. »Hopp, hopp. Macht schon und deckt den Tisch für die Herrschaften und wehe, ihr verschüttet auch nur einen Tropfen des Tees!« Mit kaltem Blick beobachtet er die beiden Männer, wie sie mit gesenkten Köpfen den Tisch decken und dabei peinlichst darauf achten, dass auch ja kein Tröpfchen Tee aus der Kanne entwischt.

»Vergesst das Feuer nicht!«, grollt Kagayama, als sie auch schon wieder an ihm vorbei huschen wollen. Mit eingezogenen Köpfen rennen sie schon regelrecht zum Kamin und fachen das Feuer wieder an, bis die Flammen hoch auflodern und wieder eine angenehme Wärme im Raum verbreiten. Erst jetzt wagen sie es, mit gesenkten Blicken das Zimmer zu verlassen. Kaum, dass sie weg sind, dreht auch Kagayama sich um. »Sagen Sie ihrem jungen Begleiter, dass ich auch in ihrem Reiseproviant Milch für das Baby einpacken lasse.« Freundlich, aber sehr distanziert sieht er Hopkins eine Antwort erwartend an. »Ähm ja, dankeschön. Ich werde es ihm sagen«, erwidert dieser verwirrt und atmet erleichtert auf, als der Gasthofbesitzer ihm kurz zunickt und dann, die Tür hinter sich zuziehend, geht.

Die Stirn runzelnd blickt Arthur zum Tisch und fragt sich, wie zur Hölle Kagayama auf die Idee kommt, dass sie Milch für ein Baby brauchen.

»Warum stehen da zwei Fläschchen?« Ertönt plötzlich die Stimme von Shimon, der mit tropfnassen Haaren aus dem Badezimmer kommt.

»Gute Frage. Da müssen wir wohl Seto fragen, wenn er dann zum Frühstück rüber kommt.« Nur mit Mühe kann Arthur es verhindern, dass er trotz des spannenden Rätsels gähnt. Die schlaflose Nacht macht sich schon jetzt bemerkbar.

Kurzerhand geht er zum Tisch und füllt eine der Tassen mit dem heissen Tee. Vorsichtig trinkt er einen Schluck und setzt sich dann hin.

 

Nachdenklich mustert Shimon seinen alten Freund und neigt dabei den Kopf zur Seite. »Sag mal, hast du die Nacht durchgemacht? Du siehst aus, wie einmal durchgekaut und wieder ausgespuckt.« Die Arme verschränkend tippelt er mit der einen Fussspitze auf den Boden. »Dabei haben wir laut dir heute noch einen anstrengenden Reisetag vor uns. Zumindest hast du uns das gestern in der Kutsche gesagt, dass der zweite Tag immer anstrengender ist als der Erste.«

 

Gereizt verengt die Arthur die Augen. »Ich hätte ja gern geschlafen. Doch du hast so laut geschnarcht, dass es mich erstaunt, dass Seto nicht rübergekommen ist und sich beschwert hat.«

Laut lacht Shimon auf, als er das hört. »Ich schnarche doch nicht. Das wüsste ich nämlich.«

»Und wie du schnarchst. Mich erstaunt es, dass die Bäume draussen noch stehen, so wie du gesägt hast.«

»Ich wiederhole mich nur ungern. Das weisst du!«, murrt Shimon und da hören sie, wie die Badezimmertür geöffnet wird.

»Könnt ihr etwas leiser streiten? Ihr weckt das Baby noch auf.« Seto funkelt die beiden Männer mit warnend blitzenden Augen an, während er zum Tisch geht und sich hinsetzt. Er nimmt sich einen Tee und nimmt einen Schluck. »Was würde ich nicht alles für einen anständigen Kaffee geben …«, murmelt er vor sich hin, während er vorsichtig trinkt.

Entgeistert starrt Arthur den Jüngeren an. »Was habt ihr gerade gesagt? Ein Baby? Gibt es da vielleicht etwas, das wir wissen müssen?«

Mit einem unschuldigen Blick sieht Seto ihm an. »Nein, da gibt es nichts, was ihr wissen müsstet. Ich habe nur in der Nacht eine Sklavin mit ihrem Baby gekauft. Sie wird uns begleiten.«

»Ihr habt was!?«, ruft Shimon aus und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Was an nicht auffallen und inkognito reisen habt ihr nicht verstanden?« Am liebsten würde er ihn packen und durchschütteln.

 

Vollkommen ruhig hebt Seto eine Augenbraue an. »Ich bin nicht dumm! Also pass auf, was du sagst! Dieser Kagayama hat keine Ahnung, mit wem er es zu tun hat«, grollt er drohend und wie auf Kommando hören sie durch die offenen Badezimmertüren das Weinen eines Babys.

»Anna! Komm mit der Kleinen rüber! Hier gibt es Frühstück für euch beide!«, ruft Seto befehlend, ehe er zu Shimon blickt. »Diese Anna hat das richtige Alter für Mokuba. Ausserdem wollte dieser Kagayama das Kind töten, weil es vor lauter Hunger geweint hat. Ich habe mit meinem Siegelring das Wappen in ihr Halsband eingebrannt und auf den Papieren mit Seto Nesut unterschrieben«, erklärt er mit gefährlich ruhiger Stimme, die sein Gegenüber leer schlucken lässt.

»Verstehe.« Tatsächlich versteht Shimon jetzt schlagartig, warum sein Schützling so gehandelt hat. Auch wenn er von Sklaven keine hohe Meinung hat und sie eher als Abschaum ansieht, als als Menschen, so kann er es doch nicht mit ansehen, wenn kleine Kinder leiden müssen. Die einzige Schwäche des Prinzen.

Nun doch neugierig, wie diese Anna aussieht, blickt er zur Tür und zieht dann anerkennend eine Augenbraue hoch. »Ihr habt recht. Sie könnte eurem Bruder wirklich gefallen. Was habt ihr mit dem Kind vor?«

Kaum hat er die Frage gestellt, kann er sehen, wie die Sklavin ihr Kind schützend fester an sich drückt und sich versteift.

»Es bleibt bei der Mutter. Sicher mal, bis es alt genug ist, um selbstständig überleben zu können, vielleicht aber auch länger. Es ist ein Mädchen und frisches Blut in unserer Sklavenpopulation hat noch nie geschadet.« Ohne auch nur eine Gefühlsregung zu zeigen, hat Seto gesprochen und erst jetzt sieht er zu Anna, die mit gesenktem Blick dasteht. »Was stehst du so rum? Hörst du nicht, dass dein Kind weint? Komm her und setz dich. Wir haben hier sogar Milch für die Kleine.« Kaum zu hören ist der leicht sanftere Unterton in seiner Stimme, als er von dem Kind spricht. Doch Anna hat ihn registriert und kommt nun unsicher näher. Die beiden älteren Männer beunruhigen sie. Dennoch setzt sie sich mit gesenktem Blick auf den letzten freien Stuhl. Auf einmal taucht ein Fläschchen vor ihren Augen auf, was sie erstaunt den Blick heben lässt. Sie sieht direkt in das Gesicht von Hopkins, der sie leicht anlächelt. »Hier, die Kleine will sicher nicht noch länger auf ihr Frühstück warten.«

Unsicher nimmt sie das Fläschchen entgegen. »Danke, Meister.« Sie wagt es kaum, die Worte laut genug zu sagen, dass sie zu verstehen gewesen wären, dennoch nickt ihr der ältere Mann zu. »Du musst dich nicht bedanken. Aber jetzt gib ihr das Fläschchen oder willst du sie noch länger weinen lasen?«

Vollkommen überfordert nickt Anna und hält dann der Kleinen das Fläschchen an die Lippen. Es dauert einen Moment, aber dann öffnet Toshi den Mund und beginnt gierig zu trinken. Nur die geröteten Wangen und die Tränenspuren auf ihrem Gesichtchen erinnern noch daran, dass sie kurz zuvor noch geweint hat. Mit einem unglaublich glücklichen Lächeln beobachtet Anna ihre süsse kleine Tochter, die doch erst vor ein paar Stunden auf den Befehl ihres früheren Besitzers hin, hätte sterben sollen.

Zufrieden, dass die Kleine trinkt, lehnt sich Seto zurück und sieht jetzt erst Hopkins und Shimon wirklich bewusst an. »Als erstes. Du schnarchst und das extrem laut. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, alter Mann. Als zweites, die beiden werden bei uns in der Kutsche mitfahren und nicht draussen sitzen. Es ist für das Baby viel zu kalt. Sogar in der Kutsche wird es kühl genug für beide sein, so dünn wie ihre Sachen sind.«

Shimon öffnet schon den Mund, um zu protestieren, als ihm Arthur zuvor kommt. »Natürlich fahren die beiden bei uns in der Kutsche mit«, stellt er klar und sieht zu Anna. »Wir haben Decken in der Kutsche, die kuschelig warm sind. Deinem Kind sollte es also nicht zu kalt werden.« Er spricht bewusst mit sanfter Stimme, da er ahnt, dass sie von der Situation überfordert ist. »Wie heisst dein Kind eigentlich?«

»Toshi«, erwidert Anna scheu und drückt die Kleine noch fester an sich. »Warum tut ihr das? Warum behandelt ihr mich so gut? Warum darf ich hier sitzen?« Verwirrt sieht sie von einem zum anderen.

»Ganz einfach. Du gehörst jetzt Prinz Seto Nesut. Er bestimmt, was mit dir und deinem Kind passiert und wenn er will, dass du hier sitzt und mit uns in einer Kutsche reist, dann passiert das auch so«, mischt sich Shimon ein und mustert sie nun genauer. »Es wird eine anstrengende Zeit auf dich zukommen. Wir sind auf einer Reise, die noch lange dauern wird. Du wirst Dinge hören und sehen, die niemanden etwas angehen. Wenn du auch nur ein Wort darüber verlierst, was du erfährst, dann kriegst du sehr grosse Probleme. Hast du mich verstanden?« Kühl sieht er Anna an, die auf ihrem Stuhl zu schrumpfen scheint. »Ich habe verstanden, Meister.« Eingeschüchtert sieht sie zu ihrem neuen Besitzer, der ihren Blick ernst erwidert. »Shimon hat recht. Wir müssen uns darauf verlassen, dass du schweigst, wie ein Grab.«

Leer schluckend nickt Anna und senkt den Blick wieder auf ihr Töchterchen, die aufgehört hat zu trinken, weshalb sie das Fläschchen auf den Tisch stellt und dann die Kleine so an die Schulter legt, dass sie ihr den Rücken tätscheln kann. Es dauert nicht lange, da macht Toshi ihr Bäuerchen und schläft noch in der Position ein.

»Du solltest sie aufs Bett legen, damit du in Ruhe essen kannst«, meint Seto ruhig, während er sich gleichzeitig ein Brot schmiert. Er sieht gar nicht erst zu der Sklavin, die jetzt aufsteht und das Kind aufs Bett legt und es vorsichtig zudeckt.

»Ist er krank?«, fragt Arthur Shimon flüsternd. »Er hat sich noch gar nicht über das Frühstück beschwert. Dabei ist es sehr einfach gehalten.«

Nur mit Mühe kann sich sein Freund ein Lachen verkneifen. »Keine Ahnung. Vielleicht reisst er sich zusammen, um das Kind nicht zu erschrecken«, erwidert er ebenso leise und schielt zu seinem Schützling, der mit verkniffenem Blick ins Brötchen beisst. »Er reisst sich zusammen«, sagt er nun vollkommen überzeugt.

»Ich kann euch beide hören und verstehen. Auch wenn ihr flüstert. Ich bin schliesslich nicht taub«, grollt Seto und sieht die beiden mit einem warnenden Blick an. »Es ist eine Zumutung, was uns hier vorgesetzt wird. Das Etablissement ist eindeutig nicht zu empfehlen. Es gibt nicht einmal Kaffee, von den anderen Mängeln will ich erst gar nicht anfangen.«

»Er ist gesund. Den Göttern sei dank«, ruft Shimon spontan auf, nur um gleich darauf von zwei Seiten je eine Hand auf dem Mund zu haben. »Nicht so laut! Oder willst du Toshi aufwecken?« Mit einem vielsagenden Blick deutet Arthur mit einer Kopfbewegung zum Bett, wo die Kleine in einem Nest aus Decken und Kissen liegt. Neben ihr sitzt Anna, die sie unsicher beobachtet.

»Komm her und setz dich wieder hin. Du musst essen, um genug Kraft für die Reise zu haben.« Ohne den Kopf zu sehr zu bewegen, sieht Seto Anna befehlend an, die sofort aufspringt und sich hastig wieder an den Tisch setzt. Unsicher sieht sie sich die Auswahl an Speisen an und greift schliesslich zögernd nach einem Brötchen. Hungrig beisst sie ein Stück ab und schliesst für einen Moment vor Genuss die Augen.

Zu selten hat sie unter den Essensresten Brot gefunden und selbst wenn, dann war es meistens schon mit irgendeinem Belag bestrichen gewesen. So pur konnte sie es bis jetzt kaum essen und es schmeckt köstlich. Schnell nimmt sie noch einen zweiten Bissen und schluckt diesen hastig runter. Sie wird immer hektischer, verfällt in die Angewohnheit schnell zu essen …

Auf einmal spürt sie eine Hand auf ihrer Schulter und sieht erschrocken zu ihrem neuen Herrn. »Iss langsamer. Es nimmt dir niemand weg. Ausserdem haben wir noch mehr als genug Zeit, bis wir aufbrechen müssen und ich will nicht, dass dir schlecht wird.« Mit einem versteckten Schmunzeln sieht Seto Anna an, während er die Worte streng ausspricht.

Den letzten Bissen runterschluckend nickt Anna eingeschüchtert. »Ja, Meister. Ich werde dran denken. Bitte, verzeiht.« Den Blick senkend sieht sie auf das Brötchen in ihren Händen, das sie schon zur Hälfte aufgegessen hat, als sich plötzlich ein Hickser den Weg nach aussen bahnt. Beschämt hält sie sich die Hand vor den Mund. Schon seit Ewigkeiten hatte sie keinen Schluckauf mehr. Auf einmal taucht eine Tasse mit dampfendem Tee vor ihrer Nase auf. »Hier, trink.« Auffordernd drückt Seto ihr die Tasse in die Hand. Verwirrt sieht Anne auf die goldbraune Flüssigkeit. Sie kann sich nicht erinnern, dass sie jemals Schwarztee getrunken hat. Vorsichtig trinkt sie einen Schluck und verzieht leicht das Gesicht. Sie mag den Geschmack nicht besonders. Aber der heisse Tee wärmt sie von innen und so hebt sie die Tasse wieder an ihre Lippen. In kleinen Schlucken leert sie die Tasse und sieht dabei immer wieder zu den drei Männern, die sich ernst unterhalten. Sie fragt sich, wer die Männer überhaupt sind und was sie hierher führt. Sie versucht zu verstehen, was sie sagen, aber sie unterhalten sich in einer Sprache, die sie nicht beherrscht.

Kurz zögert sie, aber dann greift sie nach einem weiteren Brötchen und diesmal wagt sie es, sich auch ein winziges Stück Käse zu nehmen. Sie bricht das Brötchen in der Mitte auseinander und legt das Stück Käse hinein. Jederzeit damit rechnend, dass man ihr befiehlt, das Käsebrötchen sofort wieder hinzulegen, beisst sie hinein. Doch niemand sagt etwas zu ihr. Im Gegenteil, sie unterhalten sich weiter in dieser seltsamen Sprache, die sie noch nie gehört hat. Langsam fühlt sie sich immer sicherer und isst auch nicht mehr so hektisch. Zum ersten Mal in ihrem Leben kann sie das Essen der freien Menschen geniessen und muss es nicht heimlich runterschlingen.

Auf einmal stellt ihr einer der älteren Männer einen Teller mit Rühreiern hin. »Hier, iss das auch noch. Wir haben heute eine lange und anstrengende Reise vor uns.« Leicht lächelt Arthur sie an, als sie ihn mit grossen Augen ansieht. »Aber, Meister …«, ihr fehlt leider das Wissen über seinen Namen, weshalb sie stockt. »… das ist zu gütig von Ihnen.« Verlegen senkt sie den Blick und greift ungeschickt nach der Gabel. Diese in ihrer Faust haltend, sticht sie in das Rührei und schafft es, etwas davon bis zu ihrem Mund zu balancieren.

»Anna, nimm die Gabel so in die Hand und nimm noch das Messer in die andere Hand«, erklärt ihr Arthur und zeigt ihr, was er meint. Als sie es nachmacht, nickt er zufrieden. »So und jetzt benutzt du die Gabel und das Messer so.« Langsam zeigt er ihr bei seinem eigenen Rührei, wie sie es machen muss und schiebt sich dann eine deutlich grössere Portion als zuvor sie in den Mund.

Sich konzentriert auf die Lippen beissend, macht sie die Bewegungen nach und schafft es sogar, eine grössere Menge auf die Gabel zu befördern.

 

Mit einem amüsierten Blick beobachtet Seto, wie Anna langsam den Teller leert. »Hopkins, wann will dieser Yato eigentlich weiterfahren?« Fragend sieht er den älteren Mann an, der sich nachdenklich den Schnurrbart zwirbelt. »Gute Frage. Ich nehme mal an, sobald die Sonne etwas höher steht.«

»Je schneller wir aufbrechen können, desto besser. Lange halte ich es in dieser Absteige nicht mehr aus. Hoffentlich ist dein Anwesen in diesem Kaff dann grosszügiger als das, was du uns in Edo zugemutet hast.«

Unbeeindruckt erwidert Arthur den Blick des Prinzen. »Tut mir leid. Es ist sogar kleiner als mein Anwesen in Edo. Ich bin eigentlich nur zur Theatersaison dort. Es leben zwei Angestellte dort, die sich auch in meiner Abwesenheit um alles kümmern und die beiden Pferde versorgen. Wenn wir Glück haben, haben sie meine Nachricht, dass wir auf dem Weg sind, schon erhalten und bereiten gerade alles für unseren Aufenthalt vor.«

Murrend lehnt sich Seto zurück und verschränkt die Arme. »Shimon! Wenn wir umsonst diese primitive Umgebung auf uns nehmen, dann hast du dann Zuhause die Konsequenzen zu tragen.« Seine Stimme ist eiskalt und obwohl Anna nichts verstanden hat, läuft ihr ein Schauer über den Rücken.

Auf einmal ertönt vom Bett her ein leises Wimmern. Sofort springt sie auf und will zu ihrem Kind eilen, als sie eine Hand ihrer Schulter aufhält. »Bleib sitzen und iss weiter. Ich kümmere mich schon«, befiehlt ihr Seto, der auch aufgestanden ist. Obwohl sie am liebsten widersprechen würde, senkt sie gehorsam den Blick. »Ja, Meister Seto«, sagt sie leise und setzt sich widerwillig wieder hin. Obwohl sie wieder nach dem Besteck greift, beobachtet sie gegen jede Regel genau, was mit ihrem Kind gemacht wird.

Vorsichtig hebt Seto die kleine Toshi aus ihrem Nest aus Decken und Kissen. Sie sicher im Arm haltend, wiegt er sie leicht hin und her. »Was hast du denn?«, fragt er sie raunend und stockt dann. »Oha, die Windel ist voll«, stellt er die Nase rümpfend fest, als ihm ein eindeutiger Geruch in die Nase steigt.

Noch bevor er mehr sagen kann, ist Anna gegen jeden Befehl zu ihm geeilt und nimmt ihm die Kleine ab. »Ich gehe sie gleich wickeln und waschen«, sagt sie hastig und eilt, jede Vorsicht vergessend, durch das Bad ins angrenzende Zimmer. In der Nacht hatte sie heimlich ihre Tasche aus den Sklavenquartieren geholt, in der sie die wenigen Babysachen aufbewahrt, die sie von den anderen Sklaven bekommen hat.

Bevor sie ihre Kleine hinlegen kann, muss sie den Tisch abdecken. Mit einer Hand breitet sie geschickt eine weiche Decke auf der Tischplatte aus. Inzwischen weint Toshi wimmernd in ihrem Arm. »Ja, ich weiss. Eine volle Windel ist nicht schön«, raunt sie ihr beruhigend zu, als sie die Kleine hinlegt und die zu grosse Tunika löst, die sie ihr in Ermangelung von passender Kleidung um den Körper gewickelt hat. Zum Vorschein kommt eine Windel, die sie aus einem alten Bettlaken geschneidert hat, die sie heimlich aus der Wäschekammer genommen hat, um wenigstens Windeln für ihre Kleine zu haben.

»Ach, Toshi. Ich hoffe, dass wir nicht an einen noch schlimmeren Ort kommen«, flüstert sie ihr zu, als sie sie hochhebt und ins Bad trägt. »Du bist so voll, dass ich dich duschen muss. Tut mir leid.« Kaum hat sie das Wasser eingestellt, fängt Toshi an zu weinen. Schon in ihrem erst drei Monate altem Leben, hat sie gelernt, das Wasser im Winter zu hassen. Sie schreit immer lauter und da kommt Seto rein und nimmt den Duschkopf in die Hand. In aller Ruhe stellt er das Wasser auf eine angenehme Temperatur ein und drückt ihn dann Anna in die Hand. »Wasche dein Kind nicht mit kaltem Wasser. Kein Wunder, dass es schreit!« Streng sieht er Anna an, die den Blick demütig senkt. »Verzeiht. Wir haben nur kaltes Wasser zur Verfügung. Wir dürfen kein Wasser für uns erhitzen.«

Streng dreinblickend, hebt Seto eine Augenbraue an. »Dann merke dir für die Zukunft, dass du warmes Wasser für deine Tochter nutzen kannst. Sie sollte nicht krank werden.« Ohne auf eine weitere Reaktion von ihr zu warten, dreht er sich um und geht zurück zu den anderen.

 

«Hast du gehört? Du musst nie mehr mit kaltem Wasser baden«, flüstert Anna ihrer Toshi zu und hält den warmen Wasserstrahl an ihre Beinchen. Immer noch weint die Kleine und zieht die Beine an. Aber dann merkt sie, dass das Wasser nicht kalt ist und hört auf zu weinen. Dafür hat sie jetzt einen Schluckauf und schiebt sich das Fäustchen in den Mund. Mit grossen Augen sieht sie ihre Mama an. Mit Tränen in den Augen, lässt Anna das warme Wasser nun über den ganzen Körper ihrer Tochter fliessen. »Gefällt dir das? Das ist doch wirklich viel schöner als das kalte Wasser.«

 

Seto hat sich wieder an den Frühstückstisch gesetzt und greift noch einmal nach einem Brötchen. Obwohl er satt ist, bestreicht er es mit Butter und Marmelade. »Wenn wir in dem Kaff angekommen sind. Will ich, dass Anna und das Kind dem Wetter angepasste Kleidung bekommen. Wenn sie krank werden, halten sie uns nur auf und das können wir uns nicht leisten.«

Vielsagend sehen sich Shimon und Arthur an. »Natürlich, mein Prinz. Ich werde mich sofort darum kümmern, sobald wir in meinem Haus angekommen sind.«

In dem Moment klopft es an der Tür und ohne, dass sie etwas sagen, wird sie geöffnet. Yato tritt ein und sieht die drei Männer mit undurchdringlicher Miene an. »Die Kutsche ist in einer halben Stunde abfahrtbereit. Der Proviant wird gerade vorbereitet. Nur, warum werden von den Angestellten auch Milch und ein Fläschchen eingepackt?« Fragend sieht er Hopkins an, der sich mit einem schiefen Grinsen am Hinterkopf kratzt. »Wir sind ab heute zu viert oder besser gesagt zu fünft unterwegs. Mein junger Begleiter hat Herrn Kagayama eine Sklavin mitsamt Baby abgekauft.«

»Und wann wolltet ihr mir das mitteilen? In dem Fall muss ich auf dem Kutschbock noch einen Platz vorbereiten«, erwidert Yato mit leisem Vorwurf in der Stimme.

»Sie werden bei uns im Fahrgastraum mitfahren. Das Wetter ist für das Baby zu kalt und ich habe keine Lust, die ganze Zeit ein schreiendes Kind im Arm zu halten.« Mit einem Blick, der jeden Widerspruch im Keim erstickt sieht Seto den Kutscher an.

»Das entspricht zwar nicht den gesellschaftlichen Normen, aber wenn ihr das wünscht, werde ich die Kutsche für 4 Erwachsene herrichten.« Leicht neigt Yato den Kopf und wendet sich schon um, um das Zimmer wieder zu verlassen.

»Und plant ein paar längere Pausen ein, damit das Kind in Ruhe gewickelt werden kann!« Fügt er noch ruhig, aber mit eiskalter Stimme hinzu.

»Natürlich«, sagt Yato nur noch, ehe er raus geht und die Tür hinter sich schliesst.

Als sie wieder allein sind, verschränkt Seto schnaubend die Arme. »Unglaublich, wie wenig Verstand der Kerl hat! Will ein Baby stundenlang der Kälte und dem Fahrtwind aussetzen!«

 

Leise lacht Hopkins auf. »Tja, die Sklaven sind ja nichts wert und entweder überleben die Kinder oder sie sterben halt.« Als Seto ihm ins Wort fallen will, hebt er die Hand. »Lasst mich kurz weiter erklären«, bittet er und tatsächlich schliesst der Jüngere den schon zum ersten Wort geöffneten Mund wieder. »Die Leute hier im Land sind der Meinung, dass so schon eine Art natürlicher Auslese stattfindet, wenn man die Kinder schon von Anfang den gleichen Umständen aussetzt, wie ihren Eltern. So, jetzt könnt ihr euch aufregen.« Gelassen lehnt er sich mit seinem Tee zurück und mustert den Prinzen, der ihn anstarrt und schon den Mund wieder öffnet, als …

»Mein Prinz. Das ist auch bei uns so üblich. Kaum einer kann es sich leisten, alle Sklavenkinder, die geboren werden, durchzufüttern. Nur die Stärksten überleben und das sind von zehn Kindern vielleicht eins oder zwei, die das Alter erreichen, um von ihren Müttern getrennt und verkauft werden zu können.« Ernst sieht Shimon seinen Schützling an, der den Blick gefährlich ruhig erwidert. »Das ist mir schon bewusst. Ich bin schliesslich nicht dumm, alter Mann! Nur haben wir keine Temperaturen, bei denen einem Mann die wertvollen Teile abfrieren! Diese Temperaturen da draussen überlebt kein Kind von gerade mal ein paar Monaten.«

In dem Moment kommt Anna mit einer sauberen Toshi wieder zurück und setzt sich mit gesenktem Blick an den Tisch.

Sofort wird Setos Blick weicher, als er das Baby sieht, das an seiner Faust nuckelt und einfach nur zufrieden mit sich und seiner Umwelt wirkt. »Wir brechen in etwa einer halben Stunde auf. Bereite alles vor, was du brauchst!«

Leer schluckt Anna, als sie das hört. »Ich habe nur eine Tasche und die steht fertig gepackt drüben. Nur die frisch gewaschene Windel hängt draussen. Die muss ich so mitnehmen, Meister Seto.«

 

Schmunzelnd beugt sich Shimon zu seinem Freund rüber. »Er liebt Kinder. Nur würde er das niemals zugeben«, flüstert er ihm zu. »Einige Kinder im Palast haben das schon bemerkt und halten sich zum Selbstschutz in seiner Nähe auf, wenn sie etwas angestellt haben.«

Nur mit Mühe kann sich Arthur ein Lachen verkneifen. Da ist es auch nicht gerade hilfreich, dass er zu unkontrollierten Lachanfällen neigt, wenn er zu wenig geschlafen hat. »Bring mich nicht zum Lachen. Dank dir habe ich die richtige Stimmung um …« In dem Moment öffnet sich nach einem kurzen Klopfen die Tür. »Meine Herren? Die Kutsche wartet auf Sie.« Leicht verneigt sich Kagayama. Dennoch kann er nur mit Mühe die Grimasse des Abscheus verbergen, als er sieht, wo Anna mit ihrem Balg sitzt.

»Gut, wir kommen gleich.« Schnell trinkt Arthur noch den letzten Schluck Tee und steht dann auf. »Ich würde vorschlagen, dass wir alle noch einmal aufs Klo gehen, bevor wir losfahren«, meint er trocken und geht ins Bad.

»Ach, auf die Idee wäre ich jetzt nie gekommen!«, murrt Seto und schiebt sich noch den letzten Bissen seines Marmeladenbrötchens in den Mund. Er ignoriert Kagayama, der nach einem weiteren Blick voller Abscheu in Annas Richtung das Zimmer verlässt.

 

Kurz darauf hilft Arthur Anna, die auch jetzt nur eine einfache Tunika trägt, in die Kutsche. Als letzter steigt auch er ein und setzt sich ihr gegenüber hin. Kaum ist die Tür geschlossen worden, setzt sich die Kutsche auch schon schaukelnd in Bewegung. Es ist kühl, ja sogar kalt im Fahrgastraum und anders als die Männer, hat Anna keine warmen Kleider an. Nur mit Mühe kann sie ein Zittern unterdrücken und drückt die kleine Toshi fester an sich, die sie so gut wie möglich in die zu grosse Tunika eingewickelt hat.

Auf einmal spürt sie, wie ihr eine warme Decke um die Schultern gelegt wird. Verwirrt blickt sie hoch und dann landet noch eine Decke über ihren Beinen. »Na los, mach es dir so gemütlich wie möglich. Wir müssen lange in diesem primitiven Vehikel sitzen und ich habe keine Lust, dass du dir eine Lungenentzündung holst.« Streng sieht Seto sie an, während er die Decken fester um sie zieht. »Ausserdem musst du an dein Baby denken. Es darf nicht zu sehr auskühlen.«

Von der ungewohnten Freundlichkeit verunsichert, nickt Anna und zieht nun selbst die herrlich kuscheligen Wolldecken fester um sich und Toshi, die friedlich in ihren Armen schläft.

Müde beobachtet Arthur, wie Seto mit den beiden umgeht und nimmt sich dann auch noch eine Decke. Er wickelt sich in sie ein lehnt sich gemütlich zurück. Er schliesst gerade die Augen, als … »Du willst doch wohl jetzt nicht schlafen?« Entgeistert sieht Shimon seinen alten Freund an. »Wir sind gerade erst losgefahren. Es ist noch mitten am Morgen!«

Mit einem tödlichen Blick wendet sich Arthur zu ihm um. »Ja, ich will jetzt schlafen. Dank dir habe ich die ganze Nacht über kaum ein Auge zugemacht!«

»Wenn ihr beide vielleicht noch etwas lauter sein könntet? Dann weckt ihr Toshi ganz sicher noch auf.« Mischt sich nun auch Seto mit ein. Die Arme verschränkt sitzt er da und sein tödlicher Blick straft seinen trockenen Tonfall lügen. »Gute Nacht«, meint Arthur nur noch und dreht sich so gut wie möglich im Sitzen zur Seite. Er zieht die Decke bis zu seinem Kinn hoch und schliesst die Augen.

 

Er hat das Gefühl, dass er gerade erst eingeschlafen ist, als ihn das Schreien eines Kindes aufweckt. Alarmiert schreckt er hoch und sieht sich verwirrt in der Kutsche um. »Was … wie …?« So langsam wird ihm klar, wo er sich befindet und dass er Toshi weinen hört.

»Alles in Ordnung. Sie hat nur Hunger und eine volle Windel. Ich habe Yato schon Bescheid gegeben. Er meinte, dass wir gleich an eine Stelle kommen, wo er anhalten kann«, erklärt Shimon immer noch leicht eingeschnappt, dass sein Freund lieber geschlafen hat, statt sich mit ihm zu unterhalten.

»Ah ja. Also müssen wir dann raus in die Kälte, damit die beiden Damen ihre Ruhe haben.« Gähnend streckt sich Arthur und schält sich aus der Decke. »Immer noch kühl, aber deutlich wärmer als bei der Abfahrt«, stellt er fest und blickt aus dem Fenster. »Schön, die Sonne scheint.«

»Ja, schon seit Stunden, aber der Herr hat es ja vorgezogen, zu schlafen«, erwidert Shimon und verschränkt die Arme. »Du hast gut drei Stunden geschlafen, bevor du fragst, wie spät es ist.«

 

Die Augenbraue hochziehend, mustert Arthur seinen alten Freund. »Warum bist du sauer? Weil ich noch eine Weile geschlafen habe? Du hast dich doch sicher mit Anna und dem Prinzen unterhalten können. Es ist ja nicht so, dass wir beide allein unterwegs sind.«

Shimon murrt irgendwas Unverständliches vor sich hin.

»Kannst du das bitte wiederholen? Mein Arabisch ist zwar gut, aber Gemurrtes kann ich trotzdem nicht verstehen.«

Erst jetzt wird er wieder angesehen. »Ich habe gesagt, dass ich dich viel zu selten sehe und mich darum lieber mit dir unterhalte als mit dem Prinzen, den ich beinahe täglich sehe und was soll ich mit einer Sklavin schon besprechen?«

Tief seufzt Arthur auf. »Ihr vielleicht mal erklären, mit wem sie es überhaupt zu tun hat? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass sie weiss, was es mit den Nesuts auf sich hat.«

»Ich glaube kaum, dass sie das nicht weiss. Schliesslich ist die pharaonische Familie jedem bekannt.« Mischt sich nun Seto ins Gespräch ein und sieht Arthur dabei mit schon beinahe beleidigten Blicken an.

»Im ägyptischen Grossreich vielleicht und vielleicht auch noch bei dem Teil des einfachen Volkes, das eine etwas höhere Bildung genossen hat. Ausserdem widersprichst du dir gerade selbst. Hast du nicht heute Morgen noch gesagt, dass Kagayama unmöglich wissen kann, wer die Nesuts sind?« Ruhig sieht er den Prinzen an, der unwillkürlich zu Anna und der weinenden Toshi blickt, die gleichzeitig an einem Finger ihrer Mutter nuckelt.

»Weisst du, wer ich bin?«, fragt er sie ernst, was sie unwillkürlich den Kopf einziehen lässt. »Ein Mitglied der Oberschicht und ihr heisst Seto Nesut, Meister Seto«, antwortet sie gehorsam.

Mit einem vielsagenden Blick sieht Arthur den Prinzen an, der offenbar nicht weiss, was er davon halten soll, dass jemand nicht weiss, wer er ist.

Er will gerade noch etwas mehr Salz in die Wunde streuen, als die Kutsche schwankend anhält. »Wir haben die Stelle wohl erreicht.« Stellt er mit einem leichten Bedauern in der Stimme fest, als auch schon die Tür aufgerissen wird und Yato sie mit von der Kälte geröteten Wangen ansieht. »Wir machen eine kurze Pause.« Informiert er seine Fahrgäste und geht dann weg, ohne die Tür wieder zu schliessen, sodass kühle Luft ins Innere strömt. »Dann sollten wir aussteigen, bevor es zu kalt wird.« Mit einem leisen Stöhnen steht Shimon auf und steigt mit steifen Gliedern aus der Kutsche. Gefolgt von Hopkins und dem Prinzen. Kaum sind sie draussen, schliessen sie die Tür wieder und geben Anna so einen Moment der Ruhe, um Toshi zu wickeln. Gemächlich spazieren sie in der kalten Luft herum und geniessen die Sonnenstrahlen, die ihre Gesichter wenigstens ein wenig wärmen.

Es dauert nicht lange, da steigt Anna mit der Kleinen im Arm aus der Kutsche und sieht sich aufmerksam um. Ihren ganzen Mut zusammen nehmend, geht sie zu einem Gebüsch und verschwindet dahinter.

»Wir sollten es ihr gleichtun und uns auch erleichtern. Wer weiss, wann wir das nächste Mal anhalten werden.« Ernst sieht Arthur die beiden anderen Männer an, die nach einem Moment nicken. »Du hast recht.« Stimmt Shimon zu und steuert zielstrebig einige Bäume an, die etwas abseits stehen.

Den Kopf schüttelnd, geht Arthur zu einem nahen Baum. Er ist so oft unterwegs, dass es ihm nichts ausmacht, in der Nähe von anderen sein Geschäft zu verrichten. Zwar sind die Zeiten der ganz grossen Entdeckungsreisen für ihn schon lange vorbei, aber alte Angewohnheiten legt man nicht so schnell ab.

 

Im Gegensatz zu den alten Männern, hat Seto da schon etwas mehr Mühe. Es ist kalt und er will verdammt nochmal eine richtige Toilette und Privatsphäre haben. Dennoch schlägt er sich in die Büsche, bis er die Kutsche zwischen den Zweigen nur noch undeutlich erkennen kann.

 

Frierend eilt Anna wieder zur Kutsche und steigt hastig ein. Sie hofft einfach, dass sie sich richtig verhält und nicht dafür bestraft wird, dass sie ohne Erlaubnis einsteigt. Kaum sitzt sie wieder auf ihrem Platz, fällt ihr Blick auf ihre Tasche und sie kann ein Lächeln nicht unterdrücken. Die anderen hatten ihr spontan einen Beutel aus Öltuch gemacht, damit sie auf der Reise die benutzten Windeln drin verstauen konnte. »Ihr wart so gut zu uns. Ohne euch, wären wir beide schon bei Toshis Geburt gestorben«, murmelt sie vor sich hin und wischt sich eine Träne von der Wange, die sich heimlich einen Weg aus ihrem Augenwinkel gebahnt hat.

Auf einmal geht die Tür wieder auf und die drei Männer steigen in die Kutsche. »Brrr, es wird Zeit, dass der Frühling wirklich kommt.« Mit einem schiefen Grinsen sieht Hopkins Anna an, die zögernd nickt. »Ja, dieses Jahr ist der Winter wirklich ungewöhnlich kalt und hartnäckig«, stimmt sie zögernd und mit leiser Stimme zu. Mühsam legt sie wieder die Decken um sich und Toshi, die schon wieder an ihrer Faust nuckelt.

»Was meinst du, hat sie vielleicht Hunger?« Mit einem leichten Lächeln reicht er Anna ein Fläschchen mit Milch. »Es ist leider kühl.«

»Probieren wir es aus«, erwidert sie und hält den Schnuller an Toshis Lippen. Diese nimmt ihn auch in den Mund und fängt gierig an zu trinken. »Langsam, meine Kleine. Es ist genug da.« Sanft haucht sie ihr einen Kuss auf die Stirn.

Kurz darauf geht ein Ruck durch die Kutsche und sie setzen sich schwankend wieder in Bewegung. Müde lehnt sich Anna an das Rückenpolster. Sie hat in der Nacht kaum geschlafen, was sich jetzt langsam bemerkbar macht. Nur mit Mühe kann sie ein Gähnen unterdrücken. »Komm, ich nehme dir das Baby ab, dann kannst du eine Runde schlafen«, grummelt Seto und nimmt ihr kurzerhand das Kind aus den Armen. Ungeübt, aber dennoch geschickt, hält er die Kleine fest und gibt ihr wieder das Fläschchen.

Anna würde gern widersprechen, aber sie wagt es nicht. Schliesslich ist er doch ihr Meister. So beobachtet sie nur genau, was er mit Toshi macht und bemerkt nicht einmal, wie ihr die Augen zufallen.

»Sie muss todmüde sein«, stellt Hopkins fest, als er ihr die Decke fester um die Schultern legt. »Vermutlich. Ich kann mir vorstellen, dass sie in den letzten Monaten kaum ruhig geschlafen hat. Vor lauter Angst, dass ihr Kind weg ist, wenn sie aufwacht.« Bitter sieht Seto auf das Bündel in seinen Armen. Die Kleine ist während des Trinkens eingeschlafen. Kurzerhand drückt er Shimon die halbleere Flasche in die Hand, ehe er die Decke nimmt und sich und das Baby darin einwickelt. »Es ist eine Zumutung, dass man bei diesen Temperaturen stundenlang in einer ungeheizten Kutsche sitzen muss.« Vor sich hin grummelnd setzt er sich gemütlicher hin und streckt so gut es geht die Beine aus.

Tief seufzt Shimon auf. »Das haben wir doch in den letzten Stunden genug durchgekaut, mein Prinz. Wir reisen sogar sehr luxuriös, wenn man bedenkt, dass wir uns auf die Möglichkeiten des einfachen Volkes beschränken müssen.« Nun grinst er breit. »Ihr könnt ja nach unserer Rückkehr versuchen, etwas an den Umständen zu ändern und dem Volk zum Beispiel Zugang zu unseren Transportmöglichkeiten ermöglichen.«

»Wovon träumst du nachts? Wenn wir ihnen den kleinen Finger reichen, wollen sie am Ende die ganze Hand und dann den ganzen Arm haben.« Von dem Gedanken angewidert verzieht Seto unwillkürlich das Gesicht.

»Wie ihr meint«, murmelt Shimon daraufhin und blickt aus dem Fenster.

 
 

***
 

 
 

»Versuche es noch einmal.« Geduldig deutet Atemu auf das Wort, das Nino solche Mühe bereitet. »Ich schaffe es einfach nicht. Diese Zeichen ergeben für mich keinen Sinn.« Wütend wischt Nino mit der Handfläche über die Schiefertafel und verschmiert so die Kanji, die für ihn absolut unsinnig sind. Er springt auf will aus der Küche stürmen.

»Setz dich wieder hin, Nino!« Streng sieht Atemu ihn an und tatsächlich gehorcht ihm der Jüngere und setzt sich mit zu Fäusten geballten Händen wieder an den Tisch. »Das lerne ich nie«, jammert er schniefend.

»Doch, das schaffst du. Schau nur, was du schon kannst. Du hast alle Hiraganas gelernt und bist jetzt an den Katakanas dran. Das hast du in so kurzer Zeit geschafft. Was jetzt noch fehlt, das sind die Kanjis und glaube mir, nicht einmal Sugoroku oder Yugi können alle Kanjis lesen. Das können die wenigsten und die Kinder lernen die Schriftzeichen jahrelang in der Schule. Also gib jetzt nicht auf. Ich erkläre dir noch einmal, wie die Kanjis angewendet werden und dann versuchen wir es noch einmal mit dem Lesen des Wortes.« Leicht legt Atemu die Hand auf Ninos Rücken und streichelt ihn aufmunternd. Noch nie ist es so deutlich zu sehen gewesen, dass Ninos wahres Wesen durch die Drogen vollkommen unterdrückt worden ist. Er ist nur ein normaler Jugendlicher, der noch viel Führung und Halt braucht.

Mit dem Handrücken wischt sich Nino übers Gesicht. »Na gut«, murmelt er die Nase hochziehend und greift nach dem Lappen. Sorgfältig wischt er die verschmierte Kreide von der Tafel. Erst, als sie wieder komplett sauber ist, greift er nach dem Kreidestift. Abwartend sieht er zu Atemu, der leicht lächelt.

»Schreibe als erstes die drei Kanjis und dann erkläre ich dir noch einmal, was es mit ihnen auf sich hat.«

 

Schmunzelnd zieht sich Sugoroku wieder zurück. Er ist gerade aus dem Bad gekommen, als er Ninos wütende Stimme gehört hat und wollte gerade reingehen, um zwischen den beiden zu vermitteln, aber Atemu hat mal wieder bewiesen, dass er auch mit den immer häufiger auftretenden Wutanfällen Ninos gut klar kommt. Um die beiden nicht zu stören geht er leise an der Tür vorbei und betritt kurz darauf den Laden, wo Yugi gerade dabei ist, die Verkäufe des Morgens in sein Buch zu übertragen. »Na, hast du gerade nichts zu tun?« Schmunzelnd lehnt er sich neben seinem Enkel an den Verkaufstresen und schielt auf die dicht an dicht beschriebene Tafel. Erstaunt, dass Sugoroku nach vorne gekommen ist, hebt Yugi den Blick von seiner Arbeit. »Ja, es ist gerade ruhig, aber vorhin war einer da, der hat gleich zwanzig verschiedene Stoffe gekauft und dann noch immer mindestens zwei Ballen pro Stoffart. Das muss ich jetzt eintragen, bevor ich den Überblick verliere.« Wieder senkt er den Blick auf die eng beschriebenen Buchseiten. »Was machst du hier vorn? Haben dich Atemu und Nino aus der Küche vertrieben?«

»Nein, die beiden sind konzentriert am Kanjis üben und Atemu kommt so gut zurecht, dass ich die beiden nicht stören will.« Grinsend lehnt sich Sugoroku weiter rüber und liest, was sich sein Enkel notiert hat. »Das liest sich wie die Liste einer Erstausstattung für eine erwachsene Person oder eine Aussteuer. Auf jeden Fall nur das Beste vom Besten. Seide, feinstes Leinen, edles Leder, dicke Baumwolle und du hast auch Ballen von dem Ainu Händler verkauft. Die liefen doch jetzt bei den kalten Temperaturen nicht ganz so gut, wenn ich mich nicht täusche.«

Ohne den Blick zu heben, nickt Yugi. »Du täuschst dich nicht. Wobei es mich auch nicht erstaunt hat, dass die Leute eher zu den wärmeren Stoffen gegriffen haben. Aber trotzdem werde ich nächsten Monat eine Nachricht an ihn schreiben, dass er mir Ballen liefern muss. Ich müsste nachschauen, aber wenn ich mich nicht täusche, habe ich nur noch eine Handvoll Ballen an Lager und ich will genug da haben, wenn im Mai die Saison für die Bälle und Hochzeiten wieder losgeht.«

Erstaunt hebt Sugoroku eine Augenbraue an. »Ich dachte, wir haben noch mehr von den Stoffen an Lager. So kann man sich täuschen. Aber willst du ihm nicht früher schon schreiben? Wer weiss, wie lange er von Hokkaido hierher braucht.«

Nun legte Yugi den Stift doch zur Seite. »Doch, das wollte ich eigentlich. Aber ich habe mir sagen lassen, dass frühestens in drei Wochen wieder Briefe nach Hokkaido gebracht werden. Also bringt es rein gar nichts, wenn ich den Brief jetzt schon zum Postamt bringe. Am Ende würde er noch verloren gehen, bis die Postkutsche das erste Mal wieder da hoch fährt.«

Nachdenklich nickt Sugoroku. »Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht. Die haben da oben doch auch in normalen Jahren teilweise noch Schnee bis weit in den März hinein, wenn ich mich richtig erinnere. Du könntest ihn dann ja auch gleich fragen, ob sie auch Stoffe für den Winter herstellen. Bei der Qualität ihrer Arbeit, kann ich mir vorstellen, dass die Kunden sich darauf stürzen werden.«

Breit grinst Yugi seinen Grossvater an. »Was glaubst du, was ich vorhabe? Ausserdem habe ich gehört, dass sie auch sehr hochwertige Felle herstellen. Ich dachte daran, ihn zu fragen, ob er mir nicht eine Auswahl zur Begutachtung mitbringen kann. Nino kann ja dann sagen, ob die Qualität stimmt.«

Mit einem warmen Lächeln legt Sugoroku die Hand auf die Schulter seines Enkels. »Wie hatte ich nur auf die Idee kommen können, dass du da nicht schon dran gedacht hast? Schliesslich bist du mein Enkel.« »Ja, wie hast du das nur annehmen können?«, scherzt Yugi, wird dann aber ernst. »Du bist seit dem Besuch des Fremden anders. Grossvater, was verheimlichst du uns?«

Schlagartig wird Sugorokus Gesichtsausdruck verschlossen. »Das soll Hopkins erzählen, wenn er angekommen ist. Das kann jeden Tag der Fall sein, wenn das Postschiff unterwegs keine Probleme hatte.«

»Grossvater! Ich kann es dir ansehen, dass du besorgt bist. Auch Atemu sieht es dir an. Er sagt nur nichts, weil er genau weiss, dass du das nicht willst. Aber ich muss es wissen!« Flehend sieht Yugi ihn an, aber wieder wird nur der Kopf geschüttelt. »Er hat mich gebeten, nichts zu sagen, da er selbst keine genaueren Angaben hatte. Er wurde von Hopkins geschickt, noch bevor dieser genaueres wusste, damit er uns sicher vor ihm erreicht.«

«Ach, und warum hat er ihn dann geschickt? Verdammt, da wäre es mir lieber gewesen, wenn er ihn nicht geschickte hätte! Und sei bitte ehrlich, du kennst ihn doch gar nicht. Oder?« Erregt läuft Yugi nun hinter dem Tresen auf und ab.

»Doch, ich kenne ihn. Als ich noch ein junger Mann war, bin ich mit Hopkins mal ins ägyptische Grossreich und dann auch ins römische Grossreich gereist. Wir waren ein Jahr lang gemeinsam unterwegs und er hat uns etwa sechs Monate lang begleitet, bis sich unsere Wege wieder getrennt haben. Seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen.«

Angespannt hat Yugi zugehört. Es tut ihm jetzt schon leid, dass er seinen Grossvater so angegangen ist. »Du hast mir nie erzählt, dass du als junger Mann so lange auf Reisen gewesen bist«, sagt er mit gesenktem Blick.

Leicht legt Sugoroku die Hand auf die Schulter seines Enkels. »Du musst kein schlechtes Gewissen haben. Mir würde es an deiner Stelle auch so gehen. Es fällt mir auch schwer, euch nichts zu sagen, aber es ist halt einfach so, dass wir beide nicht sicher sind, ob es wirklich so ist, wie es zu dem Zeitpunkt den Anschein hatte. Bitte habe noch etwas Geduld und stelle keine Fragen mehr, bis Hopkins da ist.« Bittend sieht er Yugi an und atmet dann erleichtert auf, als dieser zögernd nickt.

»Nur eine Frage werde ich dir jetzt noch stellen. Warum hast du mir nie von deinem Bekannten erzählt?«

Tief atmet Sugoroku durch und blickt zum Fenster. »Ich habe schon seit Jahren nicht mehr an ihn gedacht. Ich wusste ehrlich gesagt nicht einmal, dass er noch als Bote arbeitet.«

In dem Moment geht die Tür auf und eine junge Frau in Begleitung eines älteren Sklaven betritt den Laden. Sofort setzt Yugi ein professionelles Lächeln auf und geht um den Tresen herum. »Guten Tag, Mademoiselle. Was kann ich für Sie tun?«

 

Während Yugi die Kundin begrüsst, zieht sich Sugoroku zurück und geht in Gedanken versunken den Flur entlang. Dabei bemerkt er gar nicht, dass jemand aus der Küche kommt und stösst mit ihm zusammen. Mit einem erschrockenen Aufschrei kippt er nach hinten, nur um sich gleich darauf in zwei starken Armen wiederzufinden, die ihn sicher festhalten. »Grossvater, was ist denn los? Du bist doch sonst nicht so unaufmerksam.« Besorgt mustert Atemu ihn, als er ihm hilft, sich wieder aufzurichten. Er staunt gerade über sich selbst, dass er so schnell reagiert hat und den alten Mann noch auffangen konnte. Erst, als Sugoroku wieder sicher steht, lässt er ihn los. Doch kaum muss dieser sein Gewicht wieder selbst tragen, geben seine Knie nach und wieder findet er sich in Atemus Armen wieder. Diesmal aber mit schmerzverzerrtem Gesicht. Unterdrückt keucht er vor Schmerz und klammert sich an dem Pullover seines Enkels fest. »Mein Rücken«, presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Ich schaue es mir sofort an!«, erwidert Atemu voller Sorge und hebt ihn vorsichtig hoch. »Nino, kannst du bitte die Pferde füttern gehen und ihnen bei Bedarf frisches Wasser geben?«, ruft er fragend in die Küchen hinein.

Sofort kommt Nino in den Flur und sieht, dass Atemu Sugoroku auf den Armen trägt. »Natürlich, was ist passiert?«

»Wir sind zusammengestossen. Ich vermute, dass er sich dabei einen Nerv eingeklemmt hat. Ich bringe ihn nach oben ins Bett und kümmere mich darum. Du bist also für den Rest des Tages für alles zuständig. Schaffst du das?« Ernst sieht Atemu den Jüngeren an, der sich unter dem Blick strafft und nickt. »Natürlich. Verlasse dich auf mich, ich schaffe das!«

»Gut, noch vor Sonnenuntergang muss der Mistkarren vors Tor gestellt werden. Da in der kleinen Holzschatulle findest du die Kupfermünzen. Eine musst du neben Tor in den kleinen Vorsprung legen. Monok erledigt dann den Rest.«

Schief grinst Nino. »Ich schaffe das schon. Ich weiss auch, dass du den Pferden immer noch jeden Abend eine Portion Mais und Hafer gibst.«

Erleichtert nickt Atemu. »Gut, ich verlasse mich auf dich.« Die ganze Zeit über hängt Sugoroku in seinen Armen und hat die Augen geschlossen. Er atmet möglichst flach, um den Schmerz halbwegs auszuhalten. Dennoch stöhnt er unterdrückt auf, als er die Treppe hochgetragen wird. Jede Bewegung, die sein Körper erfährt, verursacht einen stechenden Schmerz in seinem Rücken, der ihm die Tränen in die Augen treibt.

Vorsichtig legt Atemu ihn auf das Bett. Es tut ihm selbst weh, seinen Grossvater so zu sehen. »Ich muss dir den Pullover ausziehen und dich auf den Bauch legen. Das wird noch einmal sehr weh tun.«

»Mach nur, ich halte das aus«, erwidert Sugoroku gepresst kann sich aber dennoch ein schmerzgepeinigtes Stöhnen nicht verkneifen, als er sich mit Atemus Hilfe aufrichtet und er die Arme hebt, um es seinem Enkel zu erleichtern, ihm den Pullover auszuziehen.

Dann endlich kann er sich auf den Bauch legen. Er hört noch, wie Atemu das Zimmer verlässt, öffnet aber nicht die Augen. Vermutlich holt sein Enkel das Massageöl, das er gern benutzt, wenn er ihm den Rücken massiert.

Kurz darauf senkt sich neben ihm die Matratze und der Duft des Öls steigt in seine Nase. »Wie schlimm ist es?« Möchte er, ohne die Augen zu öffnen wissen.

»Das kann ich dir gleich sagen. Ich denke, du hast dir mal wieder einen Nerv eingeklemmt. Zumindest vermute ich das, so wie du dich in meinen Armen nach hinten gebogen hast.« Atemu giesst sich eine grosszügige Portion des Öls auf die Handfläche und stellt dann die Flasche zur Seite. Die Hände aneinander reibend, wärmt er es auf, ehe er Sugorokus Rücken berührt. Sanft verteilt er das Öl auf der Haut und tastet dabei die Muskeln ab. »Ich sehe schon, du hast dir den üblichen Nerv eingeklemmt. Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du deine Übungen machen sollst, um die Muskeln hier zu stärken?«, fragt er mit leichtem Vorwurf in der Stimme, als er anfängt die Stelle mit leichtem Druck zu massieren, um den Nerv wieder freizubekommen.

»Aber das mache ich doch!« Beschwert sich Sugoroku und schreit dann unterdrückt auf, als der Schmerz zu stark wird. »Aua! Verdammt, sei etwas sanfter«, keucht er gepresst.

In aller Ruhe bearbeitet Atemu die verhärtete Stelle. »Wenn du die Übungen gemacht hättest. Würde ich jetzt hier mehr Muskeln spüren. Du wirst nicht jünger und so langsam solltest du wirklich etwas für deinen Rücken tun. Dann klemmst du dir auch nicht mehr so schnell die Nerven ein oder renkst dir die Wirbel aus.« Langsam erhöht er den Druck auf die verspannten Muskeln, als er merkt, dass sie sich unter seinen Fingern entspannen. »Du wirst heute und ziemlich sicher auch morgen im Bett bleiben müssen. Nino wird dir in der Nacht mit der Bettpfanne helfen müssen, wenn du aufs Klo musst. So schlimm hast du dir den Nerv noch nie eingeklemmt und die Muskeln sind auch steinhart.«

 

Die ganze Zeit über schweigt Sugoroku. Er hat genug damit zu tun, nicht andauernd aufzustöhnen, wenn der Schmerz zu stark wird. Dennoch beschwert er sich nicht, denn er merkt, wie ihm die Behandlung trotz allem gut tut. »Du hast gut reden. Werde erst mal so alt, wie ich«, presst er dann aber doch hervor. »Ausserdem kann ich es mir nicht leisten, im Bett zu bleiben. Ich muss noch das Abendessen zubereiten und morgen ist Waschtag.«

»Du bleibst im Bett. Nino kann das Abendessen zubereiten und morgen waschen wir beide gemeinsam die Wäsche. Das ist kein Problem. Du wirst dich mit einem guten Buch hier im Bett zurücklehnen und entspannen.« Streng sieht er seinen Grossvater an, der leise grummelt.

»Ich bleibe sicher nicht im Bett!« Stellt er klar und dreht leicht den Kopf, um seinen Enkel besser ansehen zu können. »Ich werde aufstehen und faul im Wohnzimmer sitzen und dort mein Buch lesen. Du kannst es mir nicht verbieten, mein Junge.«

Genervt zieht Atemu die Luft ein. »Dann setzt du dich halt aufs Sofa. Aber du machst morgen keinen Finger krumm. Wir kümmern uns um alles und wenn du auch nur einmal in der Küche am Herd stehst, kriegst du Ärger mit mir! Hast du mich verstanden?«

»Ja, ich habe verstanden! Aua! Sei doch nicht so grob!«, ruft Sugoroku aus und presst die Augen zusammen.

Mit festem Druck massiert Atemu die verhärteten Muskeln. »Ich bin nicht grob, aber ich muss so viel Druck ausüben, um diese Steine zu lösen, die sich hier in deinem Rücken tummeln.« Immer wieder drückt er seine Finger in die Akkupressurstellen und endlich merkt er, wie sich nun etwas in den tieferen Muskelebenen tut und sich diese unter seinen Fingern entspannen. »Du hast es gleich hinter dir. Aber heute musst du wirklich liegen bleiben.«

Ergeben nickt Sugoroku leicht. »Gut, ich bleibe heute im Bett und lasse mich von euch umsorgen und morgen werde ich mir einen angenehmen Tag machen, bis Hopkins kommt.«

Zufrieden nickt Atemu und deckt ihn jetzt vorsichtig zu. »So ich hole dir jetzt etwas zu trinken und gebe Yugi Bescheid, was passiert ist.« Warm lächelt er, als er sich umwendet und das Zimmer verlässt.

 

 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Tja, Sugoroku sollte halt schon etwas besser auf seinen Rücken achtgeben. Schliesslich ist er nicht mehr der Jüngste.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Treffen

Hallo zusammen,

 

es geht weiter. Ich wünsche euch viel Spass mit dem lange erwarteten Kapitel.

 

 

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Treffen

 

 

 

Müde deckt Nino den Frühstückstisch. Er hat kaum geschlafen, da er die ganze Nacht über in eine Decke gewickelt, auf einem Stuhl sitzend, an Sugorokus Bett gewacht hat. Immer wieder hat er ihm den Rücken so massiert, wie es ihm Atemu nach dem Abendessen gezeigt hatte, wenn der Schmerz für den alten Mann zu stark geworden ist.

Ein Gähnen unterdrückend erlaubt er sich eine Tasse Schwarztee und gönnt sich sogar einen kleinen Löffel Honig. So viel wie Atemu tut er nicht hinein, aber so ein bisschen macht den Tee für ihn doch aromatischer.

Sich an seinen üblichen Platz setzend, trinkt er einen Schluck und atmet tief durch. Es hat ihn auch getroffen, den alten Mann so zu sehen. Was ihn doch überrascht. Ihm ist bis gestern gar nicht bewusst gewesen, wie sehr er ihn inzwischen mag.

Langsam trinkt er den Tee und geniesst den für ihn immer noch ungewohnten Geschmack des Getränks. Immer wieder muss er es sich bewusst machen, dass er nicht träumt. Schon beinahe ehrfürchtig fährt er mit der Hand über den weichen Stoff seines Pullovers. Was für ein Luxus, solche schönen Kleider zu haben, die ihn warm halten.

»Guten Morgen, Nino.« Yugi nickt ihm leicht zu und geht zum Herd, wo er den Teekrug von der heissen Platte nimmt und sich einen Tee eingiesst. Ohne ihn weiter zu beachten, setzt er sich, die Tasse in beiden Händen haltend, hin.

»Guten Morgen«, erwidert Nino leise und mustert, sich hinter seinem Tee versteckend, den anderen Mann. Inzwischen hat er gelernt, dass dieser am Morgen in der Regel vor seinem ersten Tee nicht wirklich ansprechbar ist.

Auf einmal hebt Yugi den Blick und sieht ihn direkt an. »Wie geht es Grossvater? Konnte er in der Nacht wenigstens halbwegs ruhig schlafen?« Deutlich ist in seiner Stimme die Sorge, um den alten Mann herauszuhören.

»Mehr oder weniger. Er ist immer wieder aufgewacht, wenn er sich im Schlaf zu stark bewegt hat. Ich habe ihm dann immer die schmerzende Stelle massiert und ihm geholfen, sich so bequem wie möglich hinzulegen.« Nino sieht es nicht ein, warum er ihn anlügen sollte, weshalb er ehrlich antwortet. »Hat er das öfters, dass er solche Schmerzen hat?«

Tief seufzt Yugi auf. »Ja und Nein. Bevor Atemu zu uns gekommen ist, hatte er das wirklich regelmässig. Der Heiler war sicher zwei bis drei Mal im Jahr hier, weil die Schmerzen zu schlimm geworden sind.« In Gedanken versunken, trinkt Yugi einen Schluck seines Tees. »Letztes Jahr hatten wir einmal im Sommer so viele Kunden, dass Grossvater mir den ganzen Tag über im Laden helfen musste. Atemu hat sogar direkt vor den Kunden neue Stoffballen zuschneiden müssen. Da hatte Grossvater am Abend dann auch wieder extrem starke Rückenschmerzen und da hat Atemu dann das erste Mal eine … wie heisst das nochmal? Ach ja, Akkupressur! … bei ihm gemacht und seitdem ist es deutlich besser geworden. Nur scheint es Grossvater mit den Rückenübungen nicht ganz so genau zu nehmen, wie er es sollte.«

»So wie du es mit dem Selbstverteidigungstraining nicht so genau nimmst, Sharik«, mischt sich Atemu ein, der gerade die Küche betritt und sich auch einen Tee eingiesst. »Guten Morgen, ihr beiden.« Die Tasse in der rechten Hand haltend, beugt er sich runter und haucht Yugi einen Kuss auf die Lippen. Sanft lächelt er ihn an, als er sich danach wieder aufrichtet. »Grossvater schläft im Moment«, sagt er leise und blickt dann zu Nino. Spontan wuschelt er ihm durch die kurzen schwarzen Haare. »Du hast heute Nacht gut auf ihn aufgepasst. Dafür danke ich dir.«

»Hey!«, ruft Nino empört aus und duckt sich weg. Murrend richtet er sich wieder die Haare, was Atemu gutmütig auflachen lässt. »Ich glaube, wenn May wieder mal zum Haare schneiden kommt, wird sie ihre Freude mit deiner dicken Mähne haben.«

Verwirrt starrt Nino ihn an und sieht dann zu Yugi, der breit grinsend nickt. »Du hast schon richtig gehört. May schneidet uns die Haare. Ich denke mal, dass es in zwei oder drei Wochen soweit ist.«

Unbewusst fährt sich Nino noch einmal durch die Haare. »Und wenn ich keine kurzen Haare mehr haben will?«

»Dann soll sie dir die Haare so schneiden, dass du sie gut wachsen lassen kannst.« Zuckt Yugi mit den Schultern und greift nach einem Brötchen. »Das ist ja noch warm! Hast du etwa heute Morgen extra gebacken?«

Plötzlich verunsichert nickt Nino. »Ja, aber den Teig habe ich gestern Abend nach dem Abendessen noch gemacht. War das etwa falsch?«

»Überhaupt nicht. Mein Sharik fragt sich wohl nur gerade, wann du aufgestanden bist, um das zu schaffen. Weisst du, man kriegt ihn vor Sonnenaufgang nämlich nur mit Mühe aus dem Bett. Das ist jedes Mal ein Drama, wenn wir zum Hafen müssen, um bestellte Stoffe zu holen.«

»Hey!«, ruft nun Yugi aus und boxt seinen Liebsten leicht gegen den Oberarm. »Es können nicht alle solche Frühaufsteher sein, wie du und Grossvater! Obwohl, du gar nicht so grosse Töne raushauen musst. Wenn du nicht unbedingt aufstehen musst, dann schläfst du inzwischen nämlich auch gern mal aus.«

Die Augenbraue hochziehend sieht Atemu seinen Sharik an. »Was ich bis maximal kurz nach Sonnenaufgang kann. Denk dran, den Pferden ist es egal, was für ein Wochentag ist. Sie wollen pünktlich ihr Futter haben und frisches Wasser bekommen.«

«Ja ja, nun setz dich aber hin und iss etwas, bevor Grossvater wach wird und auf die Idee kommt, dass er runterkommen muss. Du kennst ihn ja.« Um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen, drückt Yugi ihm noch ein Brötchen in die Hand.

Einen Moment bleibt Atemu noch stehen, ehe er zu seinem Platz geht und sich hinsetzt. Demonstrativ stellt er die Tasse hin und legt das Brötchen auf seinen Teller. »Ich habe gestern Grossvater das Versprechen abgenommen, dass er sich heute mit einem Buch aufs Sofa setzt und keinen Finger krumm macht. Das bedeutet, dass wir beide heute die Wäsche waschen werden, Nino. Ich glaube, das hast du bis jetzt noch nicht gemacht. Oder irre ich mich?« Fragend sieht er den Jüngeren an, der den Blick mit grossen Augen erwidert. »Wirklich? Ich darf dir bei der Wäsche helfen?« Deutlich ist ihm die Freude über die neue Aufgabe ins Gesicht geschrieben.

»Ja, wirklich. Zu zweit geht es deutlich schneller, als allein und bei den kühlen Temperaturen ist es nur von Vorteil, wenn wir nicht zu lange draussen in der Waschküche sitzen müssen«, erwidert Atemu breit grinsend.

Verwirrt runzelt Nino die Stirn. Er fragt sich gerade, warum sein Gegenüber gerade von Sitzen gesprochen hat. Ein Waschbrett kann man doch gar nicht richtig im Sitzen benutzen …

»Du wirst es dann schon sehen«, murmelt Yugi mit einem wissenden Grinsen, während er sich ein Marmeladenbrötchen macht.

Zwar ist Nino mit der Antwort nicht zufrieden, trotzdem nickt er und beginnt hastig zu essen. »Ich bringe Sugoroku aber zuerst noch sein Frühstück hoch«, stellt er zwischen zwei Bissen klar und trinkt noch einen Schluck Tee.

»Gut, dann kannst du dann gleich auch die Wäsche mitnehmen, wenn du wieder runter kommst und ach ja, kannst du im Wohnzimmer bitte auch den Kamin anfeuern?«, sagt Atemu und nimmt sich noch ein Brötchen. »Die sind sehr gut. Du machst Grossvater langsam wirklich Konkurrenz, was das Kochen und Backen angeht.«

Immer noch machen solche Komplimente Nino verlegen und auch diesmal wird er leicht rot um die Nase. »Danke«, nuschelt er undeutlich und steht auf. Noch bevor die anderen beiden etwas sagen können, richtet er einen Teller mit Käsebrötchen her und legt noch ein paar Scheiben Speck dazu, den Sugoroku vom letzten Marktbesuch mitgebracht hat. »Soll ich Sugoroku noch extra Tee kochen?« Möchte er von Yugi wissen der kauend nickt. »Ja, tu das. Er freut sich sicher darüber, wenn er oben eine volle Kanne Tee hat.« Er hat noch nicht fertig geredet, da springt Nino zur Spüle und lässt Wasser in einen Topf laufen, den er auf die heisseste Herdplatte stellt und legt dann sogar noch extra Holz nach. Da er aber nicht warten will, bis das Wasser kocht, füllt er eine Tasse mit dem zuvor aufgebrühten Tee und stellt sie auf das Tablett. Nun zögert er jedoch.

»Geh ruhig, ich kümmere mich um den Tee, wenn du länger brauchst.« Atemu nickt ihm lächelnd zu. »Danke, ich bin dann oben!«, ruft Nino aus und rennt mit dem gefüllten Tablett aus der Küche.

 

Schmunzelnd schüttelt Yugi den Kopf, kaum dass sie allein sind. »Es ist schon unglaublich, wie motiviert er ist, seit er mehr Aufgaben übernehmen darf. Ich glaube, du hast ihm eine riesige Freude gemacht, als du ihm gesagt hast, dass er mit dir die Wäsche waschen soll.«

Leise lacht Atemu auf. »Es ist so«, bestätigt er und gönnt sich eine Scheibe Speck. »Es ist für ihn unglaublich wichtig, dass er möglichst viel machen darf. Es gibt ihm Sicherheit, wenn er etwas zu tun hat und sich gebraucht fühlt. Rumsitzen und mal nichts tun, ist für ihn das Schlimmste, was ihm passieren kann. Darum lernt er auch so fleissig lesen und schreiben.«

»Verstehe«, murmelt Yugi und atmet tief durch. »Ging es dir auch so? Also, dass du dich sicherer gefühlt hast, wenn du immer etwas zu tun gehabt hast?«

Ernst nickt Atemu und lehnt sich jetzt satt zurück. »Ja, es hat mir Sicherheit gegeben. Aber anders, als Nino kann ich mir meine Arbeit selbst aussuchen. Besser gesagt, ich bin in der Lage zu sehen, was im Stall gemacht werden muss, auch wenn es nicht offensichtlich ist, dass sie gemacht werden muss. Wie das Leder einfetten, zum Beispiel. Ich mache es regelmässig, einfach weil ich weiss, dass es dem Material gut tut, wenn es gar nicht erst austrocknet und rissig wird. Ich glaube nicht, dass er das von selbst erkennen kann, solange das Leder nicht offensichtlich nach Fett verlangt.«

Nachdenklich nickt Yugi. »Meinst du das liegt an seinem Alter? Oder wird er das nicht mehr lernen?«

»Ich bin überzeugt, dass es an seinem Alter liegt. Er ist noch ein Teenager, auch wenn er schon Dinge tun musste, die man nicht einmal einem Erwachsenen zumutet. Bei der Sklavenparty war er gerade mal fünfzehn und wirkte damals deutlich älter, als er es jetzt tut. Es ist zwar anstrengend, seine wechselnden Launen aufzufangen, aber ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass er sich immer öfters seinem Alter entsprechend verhält.« Schief grinst Atemu bei den letzten Worten, da ihm der gestrige Tag in den Sinn kommt, als Nino doch tatsächlich einen Trotzanfall hatte.

Yugi will gerade fragen, warum sein Liebster so grinst, als sein Blick aus dem Fenster wandert. »Ich muss in den Laden.« Mit einem tiefen Seufzen steht er auf und trinkt im Stehen seinen Tee aus. »Heute Abend musst du mir unbedingt erzählen, was so lustig gewesen ist.« Für eine Sekunde legt er die Lippen, auf die seines Liebsten und dann, ist er auch schon aus der Küche verschwunden.

 

Atemu bleibt noch einen Moment sitzen, bis das Wasser auf dem Herd kocht. In aller Ruhe steht er auf und nimmt den Topf von der Platte, als ihm auffällt, dass das Teeei noch gar nicht mit frischen Teeblättern gefüllt ist. »Das wäre was gewesen«, murmelt er vor sich hin und tauscht die alten Teeblätter gegen neue aus, ehe er das Teeei in den zweiten Teekrug hängt und dann das kochende Wasser hineingiesst.

Da der Tee jetzt erst einmal ziehen muss, beginnt er den Tisch abzuräumen. Als erstes bringt er die Reste vom Essen zurück in den Vorratsraum und legt die Brötchen in den Brotkorb. In aller Ruhe stellt er das benutzte Geschirr in die Spüle. Von oben kann er undeutlich die Stimmen von Nino und Grossvater hören, die sich relativ friedlich über irgendwas unterhalten. Anscheinend ist der alte Mann dem Jungen gegenüber deutlich friedlicher als bei ihm und Yugi. »Welpenschutz«, stellt er für sich selbst fest und lässt jetzt das Wasser in die Spüle laufen. In Gedanken versinkend, hört dem Rauschen zu und fragt sich, wann sie wohl endlich erfahren werden, was es mit dem Fremden auf sich hatte, und was Grossvater ihnen verheimlicht. Er hat ihn seit dem Abend beobachtet und bemerkt, wie der alte Mann immer wieder gedankenverloren aus dem Fenster geblickt und dabei extrem besorgt gewirkt hat. Beinahe vergisst er das Wasser wieder auszustellen. Hektisch dreht er den Hahn zu und atmet auf, dass er nicht auch noch den Boden putzen muss.

In aller Ruhe beginnt er abzuwaschen und da kommt auch Nino wieder in die Küche. »Da bist du ja wieder. Der Tee sollte jetzt fertig sein.« Lächelnd sieht er zu ihm rüber. »Wie hat sich Grossvater verhalten? War er auch nicht zu anstrengend?«

Sofort sieht Nino nach dem Tee und nimmt das Teeei raus. »Ja, er ist perfekt.« Stellt er fest und schielt dann zu Atemu rüber. »Es lief gut. Ich habe ihm mit der Bettpfanne geholfen. Er kann endlich wieder halbwegs normal sitzen und hat es sich jetzt im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Ich sollte ihm ein Buch geben. ‘Stolz und Vorurteil’ und ich konnten den Titel sogar alleine lesen.« Stolz auf seine Leistung strahlt er ihn an.

»Das ist super. Das Buch ist ja mit den lateinischen Buchstaben geschrieben, die du gerade erst gelernt hast.« Lobend legt er ihm die Hand auf die Schulter. »Dann bring ihm jetzt den Tee nach oben und komm dann mit der Wäsche wieder runter. Kannst du Yugis und meine Sachen auch gleich mit runter nehmen?«

Eifrig nickt Nino und nimmt schwungvoll den Teekrug vom Herd. »Natürlich, ich bin gleich wieder da.«

»Lass dir ruhig Zeit. Ich muss ja den Abwasch machen und Grossvater freut sich sicher, wenn du noch ein paar Minuten bei ihm sitzt.« Er weiss nicht, ob der Junge noch alles gehört hat. Ist dieser doch schon nach den ersten Worten wieder aus der Küche verschwunden und deutlich kann er jetzt die Stufen der Treppe knarren hören.

In aller Ruhe wäscht er nun einen Teller nach dem anderen ab, ehe er sich um die Tassen und dann um das Besteck kümmert. Auf einmal sieht im Augenwinkel eine Bewegung und blickt von seiner Arbeit hoch. Neben ihm steht Nino der ein Geschirrtuch in der Hand hält und nach dem ersten Teller greift. »Sugoroku ist mit dem Tee zufrieden. Er meinte, man merkt, dass du für den Tee frische Blätter genommen hast.« Verwirrt schielt er zu Atemu rüber. »Merkt man da wirklich einen Unterschied? Bei Meister Bakura musste ich für seinen Tee die Blätter immer mindestens drei Mal verwenden.«

Angewidert verzieht Atemu das Gesicht sieht aber nicht von der Spüle hoch. »Man merkt einen grossen Unterschied. Der Tee bekommt einen widerlichen Geschmack, wenn man die Teeblätter mehrfach verwendet. Du kannst es ja gleich ausprobieren. Koche noch etwas Wasser und giesse dir eine Tasse Tee mit den benutzten Blättern auf. Schon beim zweiten Mal merkst du einen deutlich anderen Geschmack.« Das nasse Besteck hinlegend deutete er mit einem Kopfnicken zu dem kleinen Teller, auf dem das noch gefüllte Teeei von Grossvaters Tee liegt.

»Aber müssen wir nicht die Wäsche waschen?« Hin und her gerissen, zwischen seiner Neugier und seinem Pflichtbewusstsein, beisst sich Nino auf die Lippen.

»Doch schon, aber eine kleine Tasse Tee dauert ja nicht lange und die paar Minuten, um dir etwas Neues beizubringen, haben wir schon noch Zeit.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, füllt Atemu einen kleinen Topf mit Wasser und stellt ihn auf den Herd.

Gespannt wartet Nino dann darauf, dass das Wasser kocht und man könnte meinen, dass er mit seinem Blick das Wasser schneller zum Kochen bringen will, so wie er auf den Topf starrt, was Atemu amüsiert schmunzeln lässt. »Ich sehe noch schnell nach Grossvater.« Als der Jüngere ohne den Blick vom Topf zu nehmen nickt, verlässt er die Küche und geht die Treppe nach oben. Dabei achtet er darauf, dass die Stufen nicht zu sehr knarren und macht sogar einen grossen Schritt über die immer knarrende Stufe hinweg, die ihn sonst verraten hätte. Auf leisen Sohlen schleicht er dann zum Wohnzimmer und schielt hinein. Er kennt den alten Mann zu gut, um blind darauf zu vertrauen, dass sich dieser auch wirklich wie angeordnet schont. Doch zu seiner Überraschung sitzt er brav auf dem Sofa und liest in seinem Buch.

Mit einem warmen Lächeln betritt Atemu das Wohnzimmer und setzt sich auf den Sessel neben dem Sofa. »Guten Morgen. Wie geht es dir? Ist der Rücken besser geworden?«, fragt er mit sanfter Stimme, woraufhin Sugoroku das Buch mit einem Finger als Lesezeichen zwischen den Seiten, schliesst. »Dir auch einen guten Morgen, mein Junge«, erwidert er mit einem schiefen Grinsen. »Er ist so weit besser geworden, dass ich wieder mit Hilfe von dem Stock halbwegs aufrecht gehen kann. Ich denke, wenn ich das nächste Mal auf die Toilette muss, dann schaffe ich sogar die Treppe, wenn ich mir Zeit lasse.«

Zufrieden nickt Atemu, ist aber doch leicht misstrauisch. »Warum bist du so lammfromm? Das ist doch sonst nicht deine Art, wenn du dich umsorgen lassen sollst.« Aufmerksam beobachtet er den alten Mann, der den Blick empört erwidert. »Also so schlimm bin ich auch wieder nicht. Ich mag es nur nicht, tatenlos rumzusitzen, wenn Arbeit erledigt werden muss.« Mit einem ernsten Gesichtsausdruck lehnt sich Sugoroku vorsichtig zurück. »Ich gebe zu, dass es mich schon extrem erschreckt hat, als es mich gestern so schwer erwischt hat. Ich danke dir, dass du mir so sehr geholfen hast und Nino hat die ganze Nacht auf mich aufgepasst. Er ist ein guter Junge.«

Zustimmend nickt Atemu und blickt zum Fenster. »Ja, das ist er und er ist sehr neugierig und intelligent. Er will lernen und das ist gut so.« Tief atmet er durch und steht wieder auf. »Dann schaue ich mal nach, ob er sein Experiment mit dem Tee schon beendet hat.«

Sofort wird Sugoroku hellhörig und in seinem Blick ist die Neugier deutlich zu erkennen. »Ein Experiment?«

»Ja«, lacht Atemu auf. »Er wollte wissen, ob Tee wirklich besser schmeckt, wenn man die Teeblätter nicht mehrmals verwendet. Also lasse ich ihn noch eine Tasse Tee mit den benutzten Teeblättern kochen.«

»Gute Idee, dann sieht er gleich selbst, was einen guten Tee ausmacht und kommt nicht in Versuchung, es doch mal zu probieren, wenn er es nicht sollte. Nun aber los. Ihr habt heute viel zu tun oder soll ich euch helfen kommen?« Sugoroku macht schon anstalten, aufzustehen, als ihm eine Hand auf die Schulter gelegt wird. »Du bleibst hier sitzen. Wir schaffen das auch ohne dich.« Streng sieht er den alten Mann an, bis dieser ergeben nickt. Erst dann zieht er die Hand zurück und geht zur Tür. »Wenn was ist, die Tür zum Laden ist wie immer offen. Rufe nach Yugi, wenn wir noch in der Waschküche sein sollten.« Noch einmal blickt er zu seinem Grossvater, ehe er das Wohnzimmer wirklich verlässt und wieder nach unten geht.

Am Fussende der Treppe wird er schon von Nino erwartet, der ungeduldig sein Gewicht von einem Fuss auf den anderen verlagert. »Können wir?« Eifrig sieht er Atemu an, der schmunzelnd nickt. »Ja, gehen wir.« Er nimmt ihm einen der beiden Wäschekörbe ab und geht zur Hintertür. Geschickt schlüpft er von den Hausschuhen in die leichten Strassenschuhe, die er seit zwei Tagen anzieht, wenn er nur kurz in den Stall geht. Ohne die Jacke anzuziehen, öffnet er die Hintertür und tritt nach draussen. »Verdammt, ist das kalt.« Scharf zieht er den Atem ein und rennt dann mit seiner Last über den Hof, bis er die Tür zur Waschküche erreicht hat. Kurz blickt er sich zu Nino um und sieht zufrieden, dass der Junge direkt hinter ihm ist. Erst jetzt stösst er die Tür auf und betritt den kühlen Raum, in dessen Mitte die Waschmaschine steht, die Yugis Vater einst gebaut hat.

»Was du jetzt siehst, darfst du niemandem erzählen. Das ist eines der grössten Geheimnisse unserer Besitzer.« Ernst sieht er Nino an und tritt einen Schritt zur Seite, sodass Nino die aus einem Fass und Rollen gebaute Maschine sehen kann.

Mit grossen Augen starrt Nino das Konstrukt an und geht langsam darauf zu. Neugierig umrundet er es und stellt den Wäschekorb ab. Jetzt hat er beide Hände frei und fasst neugierig die Rollen an, ehe er den Hebel umfasst und langsam das Fass dreht, bis er in die Öffnung blicken kann. »Damit macht ihr die Wäsche? Wird sie denn in dem Ding überhaupt sauber?«

Grinsend nickt Atemu. »Ja, die Wäsche wird da drin sauber. Nur bei starken Verschmutzungen müssen wir sie vorkochen oder das Waschbrett benutzen, um diese anzulösen.« Er hat inzwischen seinen Wäschekorb auch hingestellt und schichtet nun das Holz in der Feuerstelle auf. »Mache du schon mal das Feuer, während ich das Wasser aus der Küche hole und dann zeige ich dir, wie unsere Waschmaschine funktioniert.«

Sofort lässt Nino von der Untersuchung der ungewöhnlichen Maschine ab. »Verstanden!« ruft er aus und schon bevor Atemu auch nur die Tür erreicht hat, ist er schon dabei das Feuer zu entfachen.

Die Arme zum Schutz vor der Kälte um sich schlingend, rennt er über den Hof zum Haus und greift nach den Eimern, die schon seit dem Einfrieren des Brunnens neben der Hintertür stehen. Das Metall der Henkel liegt kalt in seiner Hand, als er sie ins Haus trägt. Kurzerhand zieht er sich die Schuhe aus und läuft auf Socken in die Küche, wo er die Eimer mit warmem Wasser füllt, um Zeit zu sparen. Es dauert länger als draussen beim Brunnen, aber noch ist dieser nicht ganz aufgetaut und er will es nicht riskieren, den Mechanismus zu beschädigen, indem er ihn zu früh benutzt.

Endlich sind beide Eimer gefüllt. Vorsichtig, um kein Wasser zu verschütten, läuft er mit seiner Last zurück zur Hintertür. Er schlüpft in seine Schuhe und diesmal zieht er sich seine Jacke an. Er weiss genau, dass trotz des Feuers, die Waschküche noch lange nicht so warm sein wird, dass er es da drin ohne Jacke bis zum Ende aushalten könnte.

 

Unterdessen hat Nino geschickt das Feuer geschürt und kaum, dass Atemu mit den Eimern zurückgekommen ist, hängt einer davon auch schon über den Flammen. »So und während das Wasser heiss wird, füllen wir das Fass. Dafür müssen wir die Wäsche grob vorsortieren und kontrollieren, ob wir sie vorbehandeln müssen«, erklärt Atemu und geht mit Nino zum Fass, wo er ihm zeigt, worauf er zu achten hat und teilt dabei die Wäsche auch in hell und dunkel auf. Die helle Wäsche gibt er gleich ins Fass und erklärt dabei geduldig, dass sie so ein Verfärben der hellen Stoffe vermeiden können.

Während sie alles vorbereiten, wird das Wasser im Eimer heiss. »So und jetzt schneidest du noch etwas Seife und gibst die Flocken ins Fass und dann giesst du das heisse Wasser hinein.« Bewusst lässt er den Jüngeren die Anweisungen allein ausführen und hilft ihm erst wieder, als sie die Öffnung verschliessen müssen.

 

Nino saugt jedes einzelne Wort regelrecht in sich auf und führt eifrig die gestellten Aufgaben aus. Dann ist es endlich soweit! Er darf sich auf den Hocker setzen und diese Waschmaschine anfassen. Überrascht, wie einfach es doch ist, dieses unglaubliche Gerät zu bedienen. Erst jetzt versteht er, was Atemu gemeint hat, als dieser sagte, dass sie in der Waschküche sitzen werden.

Hochkonzentriert zählt er bis hundert und ändert dann die Drehrichtung des Fasses. Er fühlt sich gerade so unglaublich besonders. Wie jemand, dem sich gerade eine Welt der Wunder öffnet.

 

Mit einem warmen Blick beobachtet Atemu, wie Nino dasitzt und stolz darüber ist, diese eigentlich einfache Aufgabe erledigen zu dürfen. Beim Richtungswechsel hängt er den zweiten Eimer über das Feuer und legt noch einmal Holz nach.

Schliesslich ist auch der vierte Durchgang fertig und er geht wieder zum Fass. Geduldig zeigt und erklärt er Nino jetzt, was er machen muss. Während sie die Wäsche aus dem Fass nehmen, kontrollieren sie, ob die wenigen Flecken auch wirklich rausgegangen sind. Dann liegt auch das letzte Wäschestück im Korb und Atemu dreht das Fass um, sodass das Wasser rausläuft. »Jetzt müssen wir im Bad die Seife aus der Wäsche waschen. »Ich vertraue dir die zweite Wäscheladung an, während ich das erledige. Traust du dir das zu?« Fragend sieht er Nino an, der eifrig nickt. »Na klar. Ich schaffe das und dann machen wir noch die Bettwäsche. Oder?«

Leicht neigt Atemu anerkennend den Kopf. »Du hast es erfasst. Als letztes Waschen wir die Bettwäsche. Das wird vermutlich noch einmal zwei volle Fässer ergeben. Aber zu zweit ist das ja kein Problem.«

»Ich kann das auch alleine machen. Du musst doch noch die Pferde versorgen und die Boxen ausmisten und Yugi beim Stoffe zuschneiden helfen.« Eifrig sieht Nino Atemu an. Er weiss selbst nicht warum, aber es ist ihm gerade extrem wichtig, dass er es ihm beweisen kann, dass er das allein kann.

Nachdenklich mustert Atemu den Jüngeren. Er ahnt instinktiv, was in ihm vorgeht. »Na gut. Die Bettwäsche machst du dann alleine und bei der musst du nur zwei Durchgänge machen. Aber du darfst nicht vergessen, dass du heute auch für das Mittagessen zuständig bist. Also denk dran, dass du dann noch etwas Einfaches zubereitest, das schnell geht.« Als er sieht, wie die Augen seines Gegenübers zu strahlen beginnen, weiss er, dass er richtig gehandelt hat, ihm so viel Verantwortung zu übertragen.

Den Wäschekorb hochhebend versteckt er sein Schmunzeln. »Dann bis nachher.« Er nickt ihm zu und verlässt mit seiner Last die Waschküche. Draussen sieht er in den Himmel, wo sich die Sonne immer mehr durch die Wolken kämpft. Die teils noch gefrorenen Böden glitzern in den Sonnenstrahlen und verleihen der Umgebung eine schon beinahe magische Atmosphäre. Tief atmet er die kalte Luft ein, während er über den Hofplatz geht.

 

Unterdessen steht Yugi im Laden und bedient die Leute, die auch heute wieder in grosser Zahl in den Laden strömen. Auch wenn es so aussieht, dass endlich der Frühling kommt, fragen sie nach warmen Winterstoffen und zwischen den Zeilen hört er heraus, dass diese wohl bei vielen Stoffhändlern inzwischen restlos ausverkauft sind. Auch bei ihm im Laden ist die Auswahl stark geschrumpft. Aber noch kann er für jede Kundin und sogar für die wenigen Herren einen Stoff aus dem Regal holen, der den Wünschen und Vorstellungen entspricht. In den wenigen ruhigen Momenten überträgt er die Zahlen von der Schiefertafel in sein Geschäftsbuch, das er seit einigen Tagen in einer der Schubladen des Verkaufstresens aufbewahrt, wenn er den Laden geöffnet hat. Dabei ist ihm schon mehr als einmal der Gedanke gekommen, dass er die Preise ja anheben könnte. Den hat er aber immer gleich wieder verworfen, da er das den Kunden gegenüber als unfair empfunden hätte. Ausserdem wäre das sicher nicht gut für den Ruf seines Geschäfts, wenn sich die herumsprechen würde, dass er noch teurer geworden ist.

Gerade ist so ein ruhiger Moment und er steht mit gesenktem Blick da und überträgt die Einkünfte des Morgens in sein Buch, als er hinter sich Schritte hört. Lächelnd hebt er den Blick und sieht zu seinem Liebsten, der auf ihn zu kommt. »Was machst du denn hier? Seid ihr mit der Wäsche schon fertig?« Sanft haucht er ihm einen Kuss auf die Lippen und sieht ihn dann voller Liebe an.

»Nein, aber Nino will die Bettwäsche allein waschen. Es scheint ihm so wichtig zu sein, uns zu beweisen, dass er das kann, dass ich ihn machen lasse«, erzählt Atemu mit leiser Stimme, während er die Arme um seinen Sharik legt. »Ich wollte schon mal schauen kommen, was ich heute Nachmittag dann für Stoffe zuschneiden soll. Das Lager ist ja ziemlich leer geworden. Du wirst viel nachkaufen müssen.«

Seufzend schmiegt sich Yugi an den herrlich kuscheligen Pullover, der den kräftigen Oberkörper seines Liebsten bedeckt. »Müssen wir jetzt übers Geschäft reden? Wir haben kaum Zeit für einander, da ich so viel zu tun habe«, murmelt er undeutlich, hebt dann aber doch den Blick. »Du hast recht. Das Lager ist so leer, wie schon sehr lange nicht mehr. Jeden Tag schreibe ich Rekordumsätze in mein Geschäftsbuch. Man könnte meinen, die Leute hätten auch jetzt immer noch keine warmen Kleider.« Leicht schmunzelt er, als er sich vorzustellen versucht, wie sich diese Personen durch den Winter gefroren haben.

»Kann ja gut sein, aber ich weiss immer noch nicht, was ich zuschneiden soll.« Amüsiert mustert Atemu seinen Sharik und haucht ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. »Also, sag mir, was ich zu tun habe.«

»Schneide einfach alles zu, was wir an dicken Stoffen noch da haben. Was wir in den nächsten Wochen nicht verkaufen, das bleibt dann halt bis zum nächsten Winter zugeschnitten im Regal liegen.« Breit grinsend sieht er in die geliebten rubinroten Augen.

»Wie du wünschst, Sharik. Dann schneide ich nach Lust und Laune zu«, scherzt Atemu und küsst ihn noch einmal innig auf die Lippen, ehe er sich von ihm löst und sich umwendet. »Dann bis nachher beim Mittagessen.« Verschmitzt grinsend zwinkert er ihm zu und verlässt dann mit selbstbewussten Schritten den Laden. Kaum ist er verschwunden, hört Yugi, wie die kleine Glocke über der Ladentür bimmelt.

Sein professionelles Lächeln aufsetzend, dreht er sich um, nur um dann gleich darauf innerlich zu fluchen. An der Tür steht breit grinsend die Aino und das verheisst nichts Gutes. »Madam Aino, ich heisse Sie wie immer in meinem bescheidenen Laden herzlich willkommen. Was kann ich denn diesmal für Sie tun?« Nur mit Mühe kann er verhindern, dass sich sein Gesicht vor Ekel verzieht, als sie in einem neongelben Kleid, mit leuchtend roten Streifen und einer strahlend blauen Jacke auf ihn zu kommt. »Herr Muto. Sie sind wie immer zu freundlich.« Strahlend sie ihn an. »Ich bin hier, weil ich gehört habe, dass Sie jetzt auch Leder für herrlich weiche Schuhe verkaufen und dann muss ich Ihnen noch unbedingt erzählen, was ich gehört habe.«

In Gedanken zählt Yugi bis zehn, als er auch schon zum Regal mit dem Leder geht und ein Bündel weiches Kalbsleder herausholt, das er zum Tresen trägt. »Ja, ich verkaufe jetzt auch Leder«, bestätigt er lächelnd und fügt in Gedanken hinzu: »Wie auch schon in den letzten vier Jahren.« Natürlich hütet er sich, diesen Satz laut auszusprechen.

»Das ist ja wunderbar. Dieser scheussliche Winter hat alle meine Schuhe nahezu ruiniert und der Schuhmacher hat kein Leder mehr, das meinen Qualitätsansprüchen entspricht.« In ihrer typischen Art zu gehen, stöckelt sie zum Verkaufstresen und nimmt eine Ecke des Leders zwischen zwei Fingerspitzen. »Das ist ja wirklich von herausragender Qualität. Das hätten Sie schon viel früher ins Sortiment aufnehmen sollen. Ach ja, apropos früher: Haben Sie gewusst, dass Sir Arthur Hopkins seit gestern Abend in der Stadt ist? Die Kutsche soll ja mitten in der Nacht bei seinem Stadthaus angekommen sein und angeblich hat er zwei Gäste aus der Fremde mit dabei und eine Sklavin mit Kind. Stellen Sie sich das mal vor!«

Yugi wollte ihr eigentlich gar nicht wirklich zuhören, aber als sie Hopkins sagt, hat sie sofort seine ganze Aufmerksamkeit. »Hopkins? Sind Sie sich sicher? Und er hat wirklich Gäste dabei?«

Als er ihr so viel Aufmerksamkeit schenkt, grinst die Aino breit. »Ja, natürlich bin ich sicher. Schliesslich habe ich so meine Quellen. Er hat zwei Männer mit dabei, die eine seltsame Sprache sprechen, wie ich gehört habe. Ich frage mich, was er hier tut. Um diese Jahreszeit ist er sonst nie hier. Haben Sie vielleicht eine Idee?« Gespannt beugt sie sich vor. »Ich gehe ja davon aus, dass es wegen der Sklavin ist. Besser gesagt, wegen dem Kind. Bestimmt ist es von ihm oder von einem seiner Gäste. Warum sonst, sollten sie diese Person mit dem Baby IN der Kutsche mitfahren lassen. Stellen Sie sich das mal vor. Eine Sklavin, die mit ihnen in der Kutsche sitzt. Der arme Herr Yato, wird die Polster bestimmt neu beziehen lassen müssen. Das ist der Skandal schlechthin!« Vor Aufregung über diese unglaubliche Tat verwirft die Aino die Arme.

Yugi hingegen ist es so ziemlich egal, wo diese Sklavin in der Kutsche gesessen hat. Er hat die Information bekommen, die für ihn interessant ist, ihm aber gleichzeitig ein mulmiges Gefühl in der Magengegend verursacht. Er hat Mühe sich weiter professionell zu verhalten, weshalb er den Blick hastig auf das Leder richtet. »Madam Aino. Wollen Sie das Leder jetzt kaufen?« Hoffend, dass sie sich wieder auf das Wesentliche konzentriert, lässt er seine Hand über das weiche Leder gleiten, während er sie nun wieder mit seinem Verkäuferlächeln ansieht.

»Herr Muto, Sie sollten sich wirklich etwas mehr dafür interessieren, was in der Stadt so vorgeht«, tadelt sie ihn mit erhobenem Finger, ehe sie tief aufsetzt. »Aber gut. Dann kommen wir zum Geschäft. Was wollen Sie für diesen Lederballen haben? Ich biete Ihnen zweiundzwanzig Silbermünzen an.«

Im ersten Moment ist Yugi von ihrem Vorstoss irritiert. Verwirrt blinzelt er ein paar Mal, ehe er seine Contenance wieder gefunden hat. »Madam Aino, es freut mich, dass Ihnen das Leder so gut gefällt, aber ich bitte Sie, das Leder ist mindestens zehn Silbermünzen mehr wert.« Abwartend, was sie jetzt sagen wird, sieht er sie an.

Nachdenklich blickt sie auf das Leder. »Also das geht gar nicht! Ich zahle ganz sicher nicht mehr als dreissig Silbermünzen. Ich … biete Ihnen stattdessen fünfundzwanzig Silbermünzen an.« Mit einem breiten Lächeln sieht sie Yugi an, der jedoch nur ernst den Kopf schüttelt. »Madam Aino, wir wissen beide, dass ich das nicht machen kann. Das Leder ist von herausragender Qualität und soviel ich weiss, finden Sie in der ganzen Stadt kein Kalbsleder mehr, das diesem hohen Standard entspricht. Ich bin aber bereit, Ihnen bis auf dreissig Silbermünzen entgegen zu kommen. Sie haben ja selbst gesagt, dass sie bereit wären den Preis zu bezahlen.« Bewusst legt er ihre zuvor unbedacht ausgesprochenen Worte so aus, wie es ihm gerade gelegen kommt.

Ertappt beisst sich die Aino auf die Unterlippe. »Verdammt, Sie haben mich erwischt. Na gut, ich gehe auf neunundzwanzig Silbermünzen hoch. Aber das ist mein letzter Preis.«

Innerlich grinst Yugi, als er mit einem Nicken sein Einverständnis signalisiert. »Gut, mit dem Angebot von Ihnen bin ich einverstanden.« Er nimmt schon das Verpackungsleinen zur Hand. »Ich verpacke es für Sie auch extra gut. Damit es auch ja nicht zu Schaden kommt.« Während er das Leder in das Leinen einwickelt, zählt die Aino die Münzen aus ihrem Beutel und legt sie mit leisem Klirren auf den Verkaufstresen. »Herr Muto, ich hoffe, ihrem werten Herrn Grossvater geht es gut? Dieses böse Wetter hat ja schon viele Opfer gefordert. Besonders die Alten und Kranken sind ihm zum Opfer gefallen. Das ist richtig beängstigend, an wie viele Beerdigungen ich diesen Winter schon gehen musste.«

Yugi schluckt, ansonsten lässt er sich nicht anmerken, wie sehr ihn ihre Worte erschüttern. Vor allem, weil er mitbekommen hat, wie oft sein Grossvater in den letzten Monaten zum Asthmaspray hatte greifen müssen, weil ihm durch den Aschestaub und den Rauch die Luft weggeblieben ist.

»Es geht ihm zum Glück gut. Er hat nur gerade etwas mit seinem Rücken zu kämpfen.« Er zwingt sich zu einem professionellen Lächeln, als er ihrem Sklaven das Bündel gibt und dann die Münzen in die Kasse zählt. »Das erleichtert mich zu hören, dass es Ihrem werten Herrn Grossvater bis auf den Rücken gut geht.« Gibt sie ehrlich zu und sieht sich noch einmal im Laden um. »Ohne ihn wäre es nicht mehr der gleiche Laden, auch wenn er nur noch selten hier vorn ist.«

»Ja, ich bin auch froh, Madam Aino«, stimmt ihr Yugi zu und geht um den Tresen herum. »Ich begleite Sie noch zur Tür.« Er kann es nicht erwarten, sie wieder loszuwerden, dennoch drängt er sie nicht, als sie ihm betont langsam folgt. »Heute ist es wieder so ekelhaft kalt. Aber es wird jetzt bald wärmer werden. Das habe ich im Urin«, sagt sie, als Yugi ihr die Tür aufhält und ein kalter Luftstoss sie trifft. »Da bin ich überzeugt von. Schliesslich haben wir schon Anfang März.« Vielsagend blickt er nach draussen, wo inzwischen die Sonne beinahe alle Wolken vertrieben hat.

»Da haben Sie natürlich recht. Also dann, Herr Muto, grüssen Sie mir ihren werten Herrn Grossvater von mir.« Ohne eine Antwort von ihm abzuwarten, rauscht sie jetzt an ihm vorbei nach draussen.

Erleichtert, dass sie endlich wieder weg ist, schliesst Yugi die Tür und dreht das Schild auf ‘Geschlossen’. Jetzt braucht er die Mittagspause wirklich und nicht nur, weil es Zeit dafür ist. Bevor er jedoch den Laden verlässt, schreibt er noch den Verkauf an die Aino auf seine Schiefertafel und stellt die Kasse zurück in die Schublade. Schliesslich soll man die nicht gleich vom Fenster oder der Tür aus sehen.

Erschöpft reibt er sich mit der rechten Hand übers Gesicht und durch die Haare, als er durch den Flur in Richtung Küche geht. Er hat sie noch nicht betreten, als Nino mit einem voll beladenen Tablett durch die Tür kommt und ihn bemerkt. »Ich dachte, wir essen oben im Wohnzimmer. Dann muss Sugoroku nicht extra zum Essen runterkommen. Oder ist das keine gute Idee?« Auf einmal unsicher, ob es von ihm richtig gewesen ist, diese Entscheidung auf eigene Faust zu treffen, beisst sich Nino auf die Lippen, was Yugi dazu bringt, auf ihn zuzugehen und ihm das Tablett abzunehmen. »Die Idee ist super. Ich trage das schon mal nach oben, dann musst du nicht zwei Mal laufen.« Mit einem beruhigenden Lächeln sieht er den Jungen an, der das Lächeln zögernd erwidert. »Danke, aber das ist doch nicht nötig. Ich meine … ich bin doch dafür da, euch zu dienen.«

»Du bist hier, weil du ein Mitglied unserer Familie geworden bist und das bist du in dem Moment, als Grossvater dich von Bakura abgekauft hat und dann auch wirklich offiziell, als ich dich bei den Behörden auf unseren Namen habe registrieren lassen. Wir helfen einander, wenn wir es können. Denn das tut man in einer Familie«, erklärt Yugi mit Nachdruck in der Stimme und wendet sich um. Es ist schon eine Weile her, dass er ein so volles Tablett getragen hat, weshalb er besonders vorsichtig zur Treppe geht und dann auch sehr langsam eine Stufe nach der anderen überwindet. Deutlich kann er dabei die Blicke spüren, die ihm Nino immer noch zuwirft. Irgendwie kann er ihn ja verstehen. Er ist sich von Bakura eine ganz andere Behandlung gewohnt und jetzt wird er plötzlich wie ein Mensch behandelt. Zu gut kann sich Yugi noch daran erinnern, wie sein Liebster am Anfang mit den Veränderungen in seinem Leben zu kämpfen gehabt hatte. Noch immer blutet sein Herz, wenn er an diese ersten Wochen und Monate zurückdenkt, als er ihn noch nicht einmal hatte berühren können, ohne Panik in den rubinroten Augen zu sehen.

Oben an der Treppe angekommen, blickt er für einen Moment nach unten und sieht, wie Nino zum Lager geht und die Tür öffnet. Nachdenklich runzelt er die Stirn, dann fällt es ihm wieder ein. »Stimmt, Atemu schneidet die Stoffe zu«, murmelt Yugi vor sich hin und fragt sich, wie er das hatte vergessen können. Langsam geht er jetzt zum Wohnzimmer und trägt das Tablett zum Sofatisch. Auf den erstaunten Blick seines Grossvaters hin grinst er breit. »Nino hatte die Idee, dass wir alle hier oben essen. Dann musst du nicht extra runterkommen oder allein essen.«

»Er ist ein guter Junge. Er muss nur noch lernen, seine Launen wieder etwas mehr zu kontrollieren. Manchmal erinnert er mich an dich, als du in seinem Alter gewesen bist. Du konntest auch von einer Sekunde zur anderen zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt hin und her springen.« Schmunzelnd erinnert sich Sugoroku an diese Zeit zurück. Auch wenn die Pubertät seines Enkels ihn manchmal beinahe zur Weissglut getrieben hatte, wünscht er sich manchmal diese Zeit zurück, als Yugi noch halbwegs unbeschwert gewesen ist und nicht so viel Last auf den Schultern hatte tragen müssen.

Während sein Grossvater mit offenen Augen zu träumen scheint, deckt Yugi den Tisch und da kommen auch schon Nino und Atemu mit den restlichen Sachen für ein einfaches Mittagessen herein. Es gibt wirklich nur ein einfaches Mahl aus Pfannkuchen, und einer Sahnesauce und mit Lauch. Neugierig mustert Sugoroku das Essen und beobachtet dann Nino, wie dieser einen Pfannkuchen auf den Teller legt und diesen mit der Sauce und den Lauch bedeckt, die wiederum von einem zweiten Pfannkuchen abgedeckt werden.

»Hier, Sugoroku«, sagt Nino scheu und hält ihm den Teller hin. »Das musste ich früher oft kochen, bevor ich zu Bakura gekommen bin.«

Mit einem Neigen des Kopfes nimmt Sugoroku den Teller entgegen. »Na, dann muss es ja köstlich sein. Ich bin gespannt, wie dieses Mahl schmeckt.« Unter den aufmerksamen Blicken des Jungen probiert er einen Bissen. »Sehr gut. Ich muss sagen, das könnte zu meiner neuen Leibspeise werden.« Lobt er das einfache Gericht in den höchsten Tönen und woraufhin der Junge vor ihm gleich um ein paar Zentimeter zu wachsen scheint.

»Na, dann müssen wir es auch unbedingt probieren«, lacht Yugi auf und füllt sich den Teller auf die gleiche Art, wie es zuvor Nino getan hatte. Auch Atemu nimmt sich so eine grosszügige Portion und setzt sich dann auf den Sessel neben dem Sofa, während sich Yugi neben seinen Grossvater setzt. Unter den gespannten Blicken Ninos probieren sie das unbekannte Gericht und nicken ihm dann anerkennend zu. »Wirklich gut. Ich hatte schon oft Pfannkuchen, aber noch nie in Kombination mit Sahnesauce und Lauch. Das passt überraschend gut zusammen.« Yugi sieht Nino anerkennend an und das scheint ihn aus einer Art Starre zu reissen. Erst jetzt nimmt auch er sich seine Portion und setzt sich auf dem Sofa hin.

Während sie essen, fällt Yugi plötzlich etwas ein. »Ich muss dich noch von der Aino grüssen. Sie ist froh, dass es dir bis auf deinen Rücken gut geht.« Mit einem breiten Grinsen bemerkt er das erstaunte Gesicht seines Grossvaters, der ihn mit der gefüllten Gabel in der Hand dasitzt und irgendwie vergessen zu haben scheint, dass er sie zu seinem Mund bewegen sollte. »Die Aino? War sie heute etwa hier und warum grüsst sie mich?«

Immer noch grinsend nickt Yugi, wird dann aber ernst. »Ja, sie war heute hier und du wirst es nicht glauben, aber sie hat ganz normales Kalbsleder gekauft.«

»Ah ja«, meint Sugoroku daraufhin nur und schiebt sich die volle Gabel in den Mund, nur um gleich daraufhin zu stocken. Allerdings muss er erst runterschlucken, ehe er seine Gedanken laut aussprechen kann. »Normales Kalbsleder? Keine unmöglichen Stoffe, die wir sonst nie losbringen würden?« Als Yugi nickt, starrt er ihn geschockt an. »Ist sie krank?«

Amüsiert schüttelt Yugi den Kopf. »Nein, sie ist nicht krank, aber sie braucht wohl neue Schuhe und der Schuhmacher hat anscheinend kein Leder mehr, das für sie gut genug ist. Sie scheint dich zu mögen. Sie meinte, der Laden wäre nicht mehr derselbe, wenn du nicht mehr wärst. Laut ihr sind diesen Winter viele kranke und ältere Leute gestorben. Darum hat sie sich Sorgen um dich gemacht«, erklärt Yugi nun schlagartig ernst und lehnt sich zurück.

»Ah ja. Und sie hat keinen Klatsch und Tratsch erzählt? Das glaube ich dir nicht.« Hakt Sugoroku nun nach, woraufhin sich sein Enkel ertappt am Hinterkopf kratzt. »Doch natürlich. Du kennst sie doch. Anscheinend ist Hopkins gestern mit zwei Fremden und einer Sklavin mit Kind in Domino angekommen. Ich denke, das ist der Teil, der für uns wichtig ist. Den Rest erspare ich dir lieber. Denn so einen Mist hat sie vermutlich noch nie erzählt. Zumindest kann ich mich nicht dran erinnern.«

Ernst nickt sein Grossvater nun. »Dann müssen wir damit rechnen, dass wir heute, spätestens aber morgen Besuch von Hopkins und seinen Gästen bekommen.«

Vielsagend sieht er zu Atemu und Nino, der seinerseits nun auch zu Atemu sieht. »Das bedeutet, dass wir jederzeit darauf vorbereitet sein müssen, die Sklavenhalsbänder auch im Haus anzuziehen. Hopkins ist in Ordnung und er würde es vermutlich bei einem Kommentar belassen. Allerdings wissen wir nicht, wie seine Gäste drauf sind und du kennst ja die Regeln, Nino.«

Unwillkürlich fasst sich dieser an den Hals. »Ja, ich kenne sie«, murmelt er und holt das Lederhalsband aus seiner Gesässtasche. Er hat sich ein Beispiel an dem Älteren genommen und es vor drei Wochen endgültig abgelegt und es seitdem nur noch getragen, wenn er im Laden helfen musste oder Sugoroku zum Markt begleitet hat.

Er will es sich gerade anziehen, als er eine Hand auf seinem Unterarm spürt. »Du musst es nicht gleich jetzt anziehen, aber sobald es an der Tür klopft, müssen wir schnell sein oder wenn wir von draussen reinkommen, dann aufmerksam hinhören, ob wir fremde Stimmen hören, die nicht aus dem Laden kommen. Hast du mich verstanden.« Mit einem nachsichtigen Blick sieht Atemu Nino ernst an, der ihn ungläubig ansieht, dann aber nickt. »Ich habe es verstanden. Aber was ist, wenn wir von draussen reinkommen und uns der Gast sieht, bevor wir uns das Halsband anlegen können?«7

»Dann sagen wir einfach die Wahrheit, und zwar, dass ihr das Halsband bei der Arbeit im Stall nicht tragen müsst. So einfach ist das. Dass ihr sie auch sonst nicht tragt, das müssen sie ja nicht wissen«, mischt sich nun Sugoroku ein. »Wir haben hier immer noch das Hausrecht und wenn ihr die Halsbänder dann sofort anzieht, dann hat auch ein Gast keinen Grund sich zu beschweren oder uns bei den Behörden zu melden.«

Nicht wirklich überzeugt nickt Nino. »Ich muss noch eine Maschine Bettwäsche waschen. Atemu kannst du bitte den Abwasch erledigen?« Bittend sieht er den Älteren an und wäre ihm dann beinahe um den Hals gefallen, als dieser leicht den Kopf neigt. »Natürlich kann ich das erledigen. Geh du nur und kümmere dich um die Wäsche. Kannst du dafür gleich die Netze bei den Pferden austauschen? Sie hängen schon fertig gestopft im Heulager.«

»Na klar kann ich das machen! Es ist mir eine Ehre dies für dich erledigen zu dürfen«, wie eine Feder springt Nino auf und stürmt aus dem Wohnzimmer. Er poltert lautstark die Treppe nach unten und Sekunden später fällt mit einem dumpfen Knall die Hintertür ins Schloss.

Leise lacht Yugi auf. »Er verehrt dich regelrecht, mein Liebster. Ich glaube, du könntest von ihm sogar verlangen, vom Dach zu springen und er würde es tun.«

»Nur warum wäscht er die Wäsche allein. Wolltet ihr das nicht zusammen machen?« Missbilligend runzelt Sugoroku die Stirn, als er zu Atemu sieht, woraufhin dieser die Hände hebt. »Er wollte es so. Es war ihm so wichtig, dass er die Bettwäsche allein machen kann, dass ich ihm diesen Wunsch nicht abschlagen konnte.«

»Grossvater, Nino will sich beweisen«, meldet sich nun auch Yugi wieder zu Wort. »Wir sollten ihn machen lassen, solange er sich nicht übernimmt und so schlimm ist es ja auch nicht, dass er mit der Wäsche noch nicht ganz fertig ist. Sie braucht bei dem Wetter ja eh länger, bis sie trocken ist.«

Beruhigend legt er seinem Grossvater die Hand auf die Schulter, als dieser noch einmal etwas sagen will. »Ich weiss, aber mein Schatz weiss schon was er tut und ich kann mir vorstellen, dass er ihm auch bewusst die Zubereitung des Mittagessens überlassen hat.«

Während Yugi mit Sugoroku redet, stapelt Atemu das Geschirr auf eins der beiden Tabletts. »Ja, ich habe ihn bewusst so viel machen lassen. Es ist für ihn wichtig, dass er merkt, dass er gebraucht wird und wir es ihm zutrauen, dass er alles zuverlässig erledigen kann.« Bestätigt er und hebt das gefüllte Tablett hoch. »Er muss aber auch verstehen, dass er auch Arbeit abgeben kann, ohne dass ihm ein Strick draus gedreht wird.« Vielsagend sieht er auf das Tablett in seinen Händen. »Und er scheint es langsam zu verstehen. Sonst hätte er mich nicht gefragt, ob ich den Abwasch machen kann.«

Widerwillig nickt Sugoroku zu Atemus Worten. »Du hast recht, auch wenn es mir nicht gefällt«, stimmt er seufzend zu. »Nun geh schon, sonst meint er, dass er den Abwasch doch noch machen muss.« Er greift wieder nach seinem Buch. »Morgen sitze ich aber nicht mehr faul hier oben rum und lasse mich bedienen.« Stellt er noch klar, als seine beiden Enkel schon beinahe zur Tür raus sind.

Kopfschüttelnd geht Atemu weiter, während Yugi stehen bleibt und sich noch einmal zu seinem Grossvater umdreht. »Warum hast du so ein Problem damit, dass du umsorgt wirst und einfach mal die Beine hochlegen kannst? Geniesse es doch einfach.« Kaum hat er das letzte Wort gesagt, wird er mit einem tödlichen Blick angesehen. »Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet und nur weil ich nicht mehr so jung bin, wie ihr es seid, heisst das noch lange nicht, dass ich zum alten Eisen gehöre und meine Zeit faul auf dem Sofa sitzend verbringen muss!«, fährt er seinen Enkel an.

Yugi ist bei der wütenden Antwort regelrecht zusammengezuckt. Mit hängendem Kopf verlässt er das Wohnzimmer und geht in die Küche zu seinem Liebsten. Dieser ist schon dabei einen Teller nach dem anderen abzuwaschen. »Warum ist Grossvater so laut geworden?«, fragt er nach einem Blick zu seinem Sharik, der seine Fussspitzen wohl gerade besonders interessant findet. »Ich habe ihn gefragt, was er denn für ein Problem damit hat, dass er umsorgt wird.«

Tief seufzt Atemu auf. »Er hat Angst, dass er nicht mehr gebraucht wird. Dass er nur noch ein nutzloser alter Mann ist, der uns zur Last fällt. Ist dir das bis jetzt nicht bewusst gewesen?« Sanft spricht er die Worte aus und trocknet sich die Hände ab. Erst jetzt geht er die paar Schritte zu seinem Sharik und zieht ihn in eine feste Umarmung. »Viele alte Leute haben diese Ängste. Vor allem wenn sie mal nicht so können, wie sie es wollen und Grossvater kann im Moment nicht so, wie er will. Wenn es wärmer wird und wieder trockener, dann wird er sich auch wieder besser fühlen nicht mehr das Gefühl haben, dass er langsam nutzlos wird.«

Yugi lehnt sich an die starke Brust seines Liebsten und vergräbt das Gesicht an dessen Schulter. »Ich hoffe es«, murmelt er in den weichen Stoff des Pullovers. »Lass mich jetzt bitte einen Moment lang schwach sein«, bittet er tonlos und schlingt die Arme nach Halt suchend um ihn. »Du kannst jederzeit schwach sein. Ich bin da und halte dich«, raunt Atemu und verstärkt den Griff um ihn.

Keiner von ihnen weiss, wie lange sie sich gegenseitig festgehalten haben, als sich Yugi strafft und widerwillig aus den Armen seines Liebsten löst. »Ich muss zurück in den Laden.« Mit einem schiefen Grinsen sieht er in das geliebte Gesicht. »Danke, fürs Kraft geben.« Sanft legt er ihm die Hand auf die Wange, ehe er sich abwendet und die Küche verlässt.

Mit einem bedrückten Lächeln sieht Atemu ihm nach. »Nicht dafür«, sagt er tonlos, sodass man die Worte nur an den Lippen ablesen könnte. Tief atmet er einmal durch und wendet sich dann wieder dem Abwasch zu.

 

Yugi schliesst gerade die Ladentür auf, als er eine ihm bekannte Person durch das Glas erkennen kann. Am liebsten würde er den Schlüssel sofort wieder umdrehen und sich verstecken, bis die Person weg ist, aber dennoch öffnet er die Tür. »Hopkins, was führt dich denn hierher?«, fragt er mit einem unguten Gefühl in der Magengegend, das sich noch verstärkt, als er die beiden Fremden hinter ihm entdeckt.

»Yugi, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich Arthur nennen sollst?«, erwidert Arthur statt einer Antwort mit einem nachsichtigen Lächeln, das jedoch verschwindet, als er bemerkt, dass Yugi seine beiden Begleiter gesehen hat. »Dürfen wir reinkommen? Es ist kalt hier draussen und ich muss mit dir, Yami und Sugoroku sprechen.« Deutlich kann er das Widerstreben im Blick des jungen Mannes erkennen und er rechnet insgeheim schon damit, dass dieser ihn abweist, aber dann tritt er zur Seite. »Natürlich, kommt rein, bevor ihr euch noch erkältet. Grossvater sitzt im Wohnzimmer. Ich … werde Yami sagen, dass er Tee kochen soll.«

Leicht neigt Hopkins den Kopf. »Danke, du … solltest den Laden heute Nachmittag besser geschlossen lassen, wenn du es dir erlauben kannst.« Er betritt langsam den Laden. Gefolgt von seinen beiden Begleitern, die sich aufmerksam in dem penibel aufgeräumten Geschäft umsehen. Er rechnet schon damit, dass zumindest von Seto ein abfälliger Kommentar kommt, aber dieser schweigt zu seiner Überraschung. »Dann gehen wir schon mal nach oben zu Sugoroku. Und … Yugi … Es tut mir leid, dass ich …« Als Yugi die Hand hebt, verstummt er mitten im Satz. »Ich will es nicht hören. Geh zu Grossvater. Ich komme gleich mit … Yami nach.« Fest sieht er Hopkins an. Seine wahren Gefühle versteckt er hinter einer Maske der Professionalität, als er sich zu einem Lächeln zwingt. »Er freut sich bestimmt, dich zu sehen. Schliesslich habt ihr euch fast ein Jahr lang nicht gesehen.« Da er nicht weiss, wie lange er sich noch beherrschen kann, wendet sich Yugi um und geht zur Tür, die in den Flur führt. »Folgt mir bitte«, murmelt er als er im Türrahmen steht und geht dann einfach weiter, ohne sich nach den drei Männern umzusehen. Diese folgen ihm bis zur Treppe. »Ich denke, jetzt findest du den Weg allein, Hopkins. Ich komme gleich nach.« Leicht nickt ihm der Ältere zu und deutet dann seinen Begleitern, ihm zu folgen.

Erst jetzt sieht Yugi die Fremden wirklich an. Der ältere von den beiden macht auf ihn einen ganz sympathischen Eindruck, während der Jüngere auf ihn wie die Verkörperung des Arschlochs wirkt. So wie dieser sich mit einem von Ekel erfüllten Blick umsieht, so als würde er etwas Schmutziges sehen, dabei blitzt der Flur, trotz der nassen Jahreszeit, beinahe vor Sauberkeit.

Sich seine Gedanken nicht anmerken lassend, erwidert er dessen Blick, als dieser an ihm vorbei geht und ihn dabei abschätzig mustert. Erst als sie alle auf der Treppe sind, dreht er sich um und geht zur Küche, wo Atemu sich gerade mit zitternden Fingern das Sklavenhalsband anlegt. »Ich habe die Stimme von Hopkins gehört. Du solltest Nino Bescheid geben, dass wir Gäste haben. Ich mache inzwischen Tee.« Seine ruhige Stimme straft seine zitternden Hände Lügen, die Yugi nun mit festem Griff umfasst. »Es tut mir leid. Ich konnte ihn und die beiden Männer nicht wegschicken. Ich … habe sie zu Grossvater geschickt.«

Sanft entwindet Atemu seine Hände dem Griff und legt die Hände auf Yugis Wangen. »Irgendwann musste es soweit kommen, dass wir Besuch haben und ich wieder den gehorsamen Sklaven spielen muss. Es ist in Ordnung. Ich kümmere mich um den Tee und es hat auch noch ein paar Kekse, die ich auf einem Teller anrichten kann. Also mach dir keine Gedanken. Geh zu Nino und gib ihm Bescheid und dann geh nach oben zu Grossvater und kümmere dich mit ihm um die Gäste.« Fest sieht er in die amethystfarbenen Augen, bis sein Sharik den Blickkontakt unterbricht und sich abwendet. »Gut, dann … bis nachher.« Mit unglaublich schweren Beinen geht Yugi aus der Küche. Zurück lässt er einen Atemu, der gepeinigt die Augen schliesst. Er hatte einen kurzen Blick auf die Hopkins und die anderen beiden Männer erhaschen können und glaubt, in dem älteren einen der Hohepriester erkannt zu haben. Den Jüngeren hatte er leider nicht richtig erkennen können.

Langsam dreht er sich um und greift nach dem Topf, den er mit heissem Wasser füllt und dann auf den Herd stellt. Automatisch legt er zwei Holzscheite in die zum Glück noch nicht ganz erloschenen Flammen und schürt das Feuer neu, ehe er die Tür schliesst und den Blick auf das leuchtende rot und gelb versperrt.

 

Oben im Wohnzimmer tritt Arthur gerade mit ausgebreiteten Armen auf Sugoroku zu, der sich mühsam vom Sofa erhebt. »Hopkins, ich habe dich schon erwartet«, ruft Sugoroku aus und erwidert steif die Umarmung, in die er gezogen wird. Natürlich entgeht seinem alten Freund nicht, dass er sich vorsichtig bewegt. »Mein Rücken macht mir mal wieder zu schaffen. Du musst dir keine Sorgen machen.« Mit einem schiefen Grinsen setzt er sich wieder hin. »Setz dich doch und deine Begleiter natürlich auch.« Auffordernd deutet er auf die freien Plätze neben sich und auf den Sessel.

»Ich stehe lieber. Ich glaube nicht, dass wir lange hier bleiben werden, dies alles ist doch nur eine Farce«, meldet sich nun Seto mit deutlichem Abscheu in der Stimme zu Wort. »Das ist keine Farce«, erwidert Arthur und setzt sich demonstrativ neben seinem Freund hin. »Ich nehme an, du ahnst schon, warum wir hier sind?«, fragt er leise, beinahe so als würde ab jetzt ein zu lautes Wort Schaden anrichten. Ernst nickt Sugoroku. »Ihr seid hier, um zwei Menschen das Herz zu brechen und ihr Leben zu zerstören«, spricht er unverblümt seine Gedanken aus. Sichtbar zuckt Arthur zusammen. »Ich hoffe du weisst, dass ich das nicht will. Aber …« »Komm mir jetzt nicht mir Erklärungen. Die Weltpolitik geht mir ehrlich gesagt am Allerwertesten vorbei! Was für mich zählt ist das Glück meiner Familie, die du jeden Moment zerstören wirst!« Vorwurfsvoll sieht er seinen alten Freund an, der seinem Blick aber ausweicht.

Da kommt Yugi ins Wohnzimmer. Seine Miene ist versteinert, als er zu den Fremden blickt. »Hier in diesem Haus stellt man sich vor. Ich bin Yugi Muto und das ist mein Grossvater Sugoroku und wer seid ihr?« Auffordernd sieht er die beiden mit einem kühlen Blick an.

Shimon hat bis jetzt kein Wort gesagt und sich bewusst im Hintergrund gehalten, nun jedoch, tritt er vor und verneigt sich leicht vor Yugi. »Ich bin Hohepriester Shimon Marukosu und mein junger Begleiter ist Kronprinz Seto Nesut.« Stellt er sich mit freundlicher und respektvoller Stimme vor. »Wir sind hier, weil Arthur meinte, dass hier die wohl letzte Hoffnung auf Frieden zu finden ist.«

Kaum hat er die Worte ausgesprochen, hören sie vom Flur her ein Scheppern und Klirren. Alarmiert drehen sich alle zur Tür um, wo ein kreidebleicher Atemu steht. Zu seinen Füssen das Tablett mit einer Teelache, die sich zwischen den Scherben, die mal Tassen und ein Teekrug gewesen sind, ausbreitet.

Keiner bewegt sich. Die Stille ist so umfassend, dass jeder Atemzug überdeutlich zu hören ist. Die Zeit scheint still zu stehen, als plötzlich ein Ruck durch Atemus Körper geht und er sich in Bruchteilen einer Sekunde umdreht und verschwindet. Nur das zersprungene Teeservice deutet noch darauf hin, dass er gerade noch dagestanden hatte.

Aus seiner Erstarrung gerissen, stürmt Yugi los. »Atemu!«, ruft er laut. Vergessend, dass sie Fremde im Haus haben. Er ahnt, wo sein Liebster hin ist und tatsächlich findet er ihn in ihrem Zimmer hinter dem Bett auf dem Boden kauernd vor. Osis fest an sich gedrückt, starrt er leer vor sich hin. »Atemu«, haucht er voller Sorge und kniet sich neben ihm auf den Boden. Er weiss nicht, was er tun soll und so legt er einfach nur die Arme um ihn und zieht ihn an sich. Doch sein Liebster reagiert nicht. Ja, er lehnt sich an ihn, aber auch nur, weil er ihn festhält. Es ist, als würde er eine leblose Puppe in den Armen halten. Es bricht ihm das Herz …

 

Im Wohnzimmer drehen sich langsam drei Männer zu Sugoroku um, der äusserlich ruhig dasitzt und auf die Teelache sieht, die sich immer noch auf dem Holzboden ausbreitet. »Ja, er ist es und ja, er erinnert sich an alles.« Durchbricht er die Stille, die wie Blei im Raum zu liegen scheint und ihm den Atem zu nehmen droht.

»Wie … wie lange?«, fragt Arthur zögernd. Er will es eigentlich gar nicht wissen und doch zwingt ihn ein innerer Drang, diese Frage zu stellen. Ein leerer Blick trifft ihn. »Seit Yugi nach Wladiwostok abgereist ist.«

»Ihr lügt! Das ist niemals Pharao Nesut-anch-Ra! Ich habe selbst die Totenriten durchgeführt! Er liegt im pharaonischen Grab der Nesuts! Das da, war nur ein Sklave, der so aussieht wie er! Niemals wäre er weggerannt! Er hat sich immer allem gestellt! Das da, war nicht der Pharao!«, zischt Seto und nähert sich drohend Sugoroku, der ihn unbeeindruckt ansieht. »Ihr habt recht, Prinz Nesut. Das da war nicht der Pharao. Das war Atemu Muto, den ich wie meinen eigenen Enkel liebe und der für meine verstorbene Frau Amara Amina wie ein eigener Sohn gewesen ist.« Mühsam steht er auf und stellt sich auf den Stock gestützt direkt vor Seto hin. »Der Pharao, den ihr kanntet, der ist bei dem Anschlag vor sechs Jahren gestorben.« Nun blickt er zu Shimon, der immer noch wie erstarrt zu sein scheint. »Dennoch seid ihr hier, um ihn aus seiner neuen Familie zu reissen. Wollt ihn wieder zurück in ein Leben zwingen, das ihn beinahe zerstört hat.«

Ohne Seto noch einmal anzusehen, geht er an ihm vorbei und mustert Shimon nun eindringlich. »Überlegt euch gut, ob es das wert ist.« Diesen letzten Satz hat er mit so kalter Stimme ausgesprochen, dass immer noch kalte Schauer über den Rücken des Hohepriesters jagen, als Sugoroku schon auf dem Weg zum Schlafzimmer seiner Enkel ist. Im Flur sieht er Nino, der gerade ins Haus kommt. »Nino, im Wohnzimmer ist ein Tablett mit Teegeschirr runtergefallen. Kannst du bitte neuen Tee für unsere drei Besucher kochen? Und nimm ruhig noch einmal die gleichen Teeblätter.« Als er den erstaunten Blick des Jungen sieht, zwingt er sich zu einem Lächeln. »Ich erkläre es dir später.« Langsam geht er in das Schlafzimmer und setzt sich neben seinen Enkeln auf das Bett. Sanft legt er ihnen die Hände auf die Schultern.

»Grossvater, Atemu reagiert nicht. Er sitzt einfach nur da«, schluchzt Yugi verzweifelt. »Er steht unter Schock. Ich habe mit so etwas gerechnet, aber ich hatte gehofft, dass er es besser verkraftet.« Seine Wut auf das Schicksal zur Seite schiebend, lächelt Sugoroku warm und streichelt leicht über die Yugis tränennasse Wange. »Nicht weinen. Jetzt ist nicht die Zeit dafür. Jetzt müssen wir stark sein. Für Atemu.«

Zögernd nickt Yugi und senkt wieder den Blick zu seinem Liebsten. Auf einmal löst sich aus dessen Augenwinkel eine einzelne Träne. Schon beinahe mit morbider Faszination beobachtet er, wie sie über die leicht gebräunte Haut fliesst und eine nasse Spur hinterlässt. »Liebster«, raunt er ihm zu. »Bitte, komm zurück.« Ein Blinzeln antwortet ihm und eine weitere Träne schleicht sich aus dem Augenwinkel.

Auf einmal schliessen sich dich rubinroten Augen und der Körper in seinen Armen verspannt sich. Er krümmt sich, kämpft um Kontrolle, versucht die Selbstbeherrschung wieder zu erlangen. Ein Schrei löst sich aus seiner Kehle, bahnt sich den Weg nach draussen. »NEEEEIIIIINNNN!« schluchzend bricht Atemu in den Armen seines Shariks zusammen, als alle Gefühle, die er in sich verschlossen hatte, auf ihn einstürzen.

Ein Teil von ihm will weg. Will sich aus der schützenden Umarmung reissen. Doch ein anderer Teil will bleiben. Sich noch mehr in diese Umarmung fallen lassen. Verzweifelt, innerlich zerrissen, krallt er sich in Yugis Pullover fest … seine Vergangenheit hat ihn eingeholt …

Schluchzend und schreiend windet er sich in den Armen seines Shariks. Versucht instinktiv in ihn reinzukriechen. Doch so sehr er es auch versucht, es ist ihm nicht möglich.

Keiner von ihnen bemerkt die Gestalt, die im Türrahmen steht und sie beobachtet. Unbemerkt wendet sich die Person ab und geht die Treppe nach unten. Kurz blickt er sich um und geht dann zur Hintertür hinaus in den Hof, wo er mit nachdenklichem Blick vor sich hin starrt, ohne etwas von seiner Umgebung wahrzunehmen. Seto will es nicht glauben. Es kann nicht sein … es darf nicht sein, dass dieser Hopkins die Wahrheit gesagt hat. Es darf nicht sein, aber wenn es eine Lüge ist … wieso ist der Sklave dann zusammengebrochen? Warum haben diese Mutos so reagiert? Und die Reaktion war ehrlich, das konnte er deutlich erkennen. Es darf nicht sein … denn dann hätte er vor sechs Jahren … Nein, es kann nicht sein …

Ohne es zu bemerken, sinkt er auf die Knie. Mit beiden Händen stützt er sich auf dem kalten Boden ab. »Nein, es kann nicht sein, dass alles eine Lüge gewesen ist! Dass wir in den letzten sechs Jahren eine Lüge gelebt haben!«, schreit er seine Verzweiflung oder auch Wut in die kalte Luft. Er weiss nicht, welches der beiden Gefühle stärker ist. Auf einmal spürt er einen Arm um seinen Rücken. »Mein Prinz, kommt wieder rein. Ihr erkältet euch sonst noch.« Mit sanftem Nachdruck zwingt ihn Shimon dazu, aufzustehen. »Nenne mich wieder bei meinem Namen. Wenn das da drin wirklich mein Cousin ist, dann bin ich nicht mehr der Kronprinz«, sagt Seto mit matter Stimme und hebt jetzt den Blick zu seinem Mentor. »Warum bist du so ruhig? Es scheint dich nicht zu schockieren, dass da … dass er …«

Leicht schüttelt Shimon den Kopf. »Ich bin genauso schockiert. Aber nicht, weil er noch lebt, sondern wegen seiner Reaktion. Anders, als ihr, habe ich Arthur Hopkins geglaubt, was er gesagt hat. Ich … habe mir ausgemalt, wie sich unser Pharao an uns erinnert und sich freut, uns zu sehen.  Uns, seine engsten Vertrauten und Berater.« Trauer ist in den alten Augen zu sehen und wohl zum ersten Mal ist Shimon anzusehen, dass er auf die Achtzig Jahre zusteuert. Plötzlich um den alten Mann besorgt, drängt Seto ihn in Richtung Haus. »Reden wir drin. Wir holen uns sonst noch den Tod.« Seine Stimme ist wieder kühl und überheblich, so als hätte es seinen Zusammenbruch nur ein paar Minuten zuvor nicht gegeben.

Trotz allem kann sich Shimon ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Sein Schützling kann einfach nicht aus seiner Haut. Als sie das Haus betreten kommt Hopkins mit ernster Miene auf sie zu. »Ich schlage vor, dass wir gehen und morgen wiederkommen. Atemu hat laut Sugoroku einen schwereren Zusammenbruch, als er dachte und braucht Ruhe.«

Aufmerksam mustert er Seto und Shimon, die beide zwar gefasst wirken, aber doch auch blass wie die Wand neben ihnen sind. »Und wir können auch etwas Ruhe gebrauchen. Wenn ich gewusst hätte, dass, er sich erinnert, dann wäre alles anders verlaufen.« Voller Sorge blickt er nach oben, aber die Tür des Schlafzimmers ist zu, sodass kein Ton aus dem Raum zu hören ist.

Ernst mustert Seto Hopkins und Shimon. »Wir kommen morgen wieder. Ich brauche keine Pause, aber ihr beide seht aus, als würdet ihr gleich umfallen. So schwach hätte ich euch nicht eingeschätzt.« mit weit ausgreifenden Schritten geht er an ihnen vorbei und durchschreitet, ohne innezuhalten, die Tür zum Laden.

»Müssen wir ihnen nicht noch Bescheid geben?« Fragend sieht Shimon Arthur mit einem müden Blick an. »Das habe ich schon. Wir kommen morgen Nachmittag wieder. So viel Zeit müssen wir ihnen einfach geben und jetzt lass uns gehen. Sie nehmen es uns nicht übel, wenn wir uns nicht verabschieden.«

Shimon weiss nicht wieso, aber er ist irgendwie erleichtert als er das hört. Gemeinsam folgen sie Seto und verlassen gleich darauf das Haus der Mutos, in das sie innerhalb kürzester Zeit so viel Leid und Verzweiflung gebracht haben.

 

 

 

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Ja, endlich sind die Herren aufeinander getroffen. Ich weiss nicht, was ich erwartet habe, aber es ist ganz anders geworden, als ich es mir vorgestellt habe.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Gespräche

Hallo zusammen,

 

es tut mir leid, ich habe ganz vergessen, das neue Kapitel hochzuladen.

Aber jetzt kommt es noch und ich wünsche euch viel Spass damit.

 

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Gespräche

 

 

 

Voller Sorge liegt Yugi hellwach neben seinem Liebsten im Bett. Es ist mitten in der Nacht, er ist todmüde und doch kann er nicht schlafen. Bis vor etwa einer Stunde, hatte er ihn im Arm gehalten, hatte ihn getröstet und ihm beruhigende Worte zugeraunt, bis er eingeschlafen ist. Im Schlaf hat sich Atemu irgendwann umgedreht und jetzt liegt er auf dem Rücken. Sein Schlaf ist unruhig, aber Yugi zögert, ihn zu berühren und aus dem so dringend benötigten Schlaf zu reissen.

 

Es ist dunkel um ihn herum und doch wird die Dunkelheit immer wieder durch Blitze erhellt. Suchend dreht sich Atemu um seine eigene Achse. »Sharik! Grossvater! Wo seid ihr?« Immer wieder ruft er laut nach ihnen, aber sie zeigen sich ihm nicht. Auf einmal glaubt er einen Schemen zu erkennen, als wieder ein Blitz die Dunkelheit kurz erhellt. »Sharik? Grossvater?« Die Hand ausstreckend, geht er, sich Schritt für Schritt vortastend, in die Richtung der nur knapp zu erahnenden Person.

Wieder erhellt ein Blitz die Dunkelheit und er prallt zurück, als er die Gestalt erkennt. »Vater … ihr? Was hat das zu bedeuten?« Unwillkürlich weicht er immer weiter zurück, während ihm der verstorbene Pharao folgt. »Du bist schwach! Eine Schande für unser Geschlecht! Läufst vor deinem Schicksal davon!« Wie ein Donner hallen die Worte in seinen Ohren wider, die sich Atemu mit beiden Händen zuhält. »Hör auf!«, schreit er auf. Schlagartig findet er sich in seinem Bett sitzend vor. Er zittert und erst langsam realisiert er die Arme, die ihn sanft festhalten.

»Liebster, alles ist gut. Ich bin ja da. Es war nur ein Traum. Es ist alles gut.« Sanft streichelt Yugi über den Rücken seines Liebsten, der sich jetzt endlich an ihn lehnt und ihm den Kopf auf die Schulter legt. »Das schon, aber Seto und Shimon waren kein Traum«, murmelt Atemu bedrückt und mit einer kaum hörbaren Verzweiflung in der Stimme. »Ja, sie waren kein Traum. Aber das muss nichts zu bedeuten haben, dass sie hier gewesen sind. Vielleicht wollten sie dich nur besuchen, weil Hopkins ihnen von dir erzählt hat.« Yugi weiss selbst, dass das so nicht stimmt, aber er will es einfach glauben, dass es so ist. Doch nun löst sich sein Liebster leicht aus seinen Armen und sieht ihn ernst an. »Yugi, hast du überhaupt eine Ahnung, wer die beiden sind?«, fragt er ihn mit einem unglaublich ernsten Blick.

Auf einmal unsicher, schüttelt Yugi den Kopf. »Menschen, die dich kennen und lieben?« Schlägt er hilflos vor, was Atemu laut aufseufzen lässt. »Shimon Marukosu ist Hohepriester und er war der erste Berater meines Vaters und auch von mir. Seto Nesut ist mein Cousin und sein Vater ist der amtierende Pharao. Er ist der Kronprinz des ägyptischen Grossreiches. Glaubst du wirklich, dass zwei der mächtigsten Männer am Hof einfach so zu Besuch kommen?« Ernst sieht er seinen Sharik an, der den Blick ungläubig erwidert. »Du machst Scherze. Du willst mir nicht ernsthaft weissmachen, dass die beiden keine Scherze …« Nicht wissend, wie er weiter sprechen soll, bricht er ab. So langsam wird ihm bewusst, was das Auftauchen der beiden Männer wirklich bedeutet. »Du meinst, dass sie dich wieder mit ins ägyptische Grossreich nehmen wollen?« Obwohl er die Antwort nicht hören will, kann er es nicht verhindern, dass er die Worte ausspricht.

Hilflos zuckt Atemu mit den Schultern. »Ich weiss es nicht, aber es muss einen triftigen Grund geben, dass Seto sich dazu herablässt, sich mit dem einfachen Volk abzugeben.« Einem inneren Bedürfnis folgend, zieht er die Beine an und legt die Arme um seine Knie. »Wir hatten nie viel Kontakt zueinander. Nur bei den Mahlzeiten haben wir uns gesehen. Gesprochen haben wir bis zu meiner Thronbesteigung kaum miteinander«, erzählt er mit leiser Stimme. »Als ich dann den Thron bestiegen hatte, habe ich ihn zu meinem zweiten Berater gemacht, da ich neben den älteren Hohepriestern noch einen jungen Berater haben wollte, der nicht so in der Vergangenheit verhaftet ist und neue Ideen und Sichtweisen in die Diskussionen mit reinbringt.«

Den Blick auf die Bettdecke senkend hört Yugi zu. »Das war eine gute Idee. Erfahrung ist wichtig, aber manchmal behindert sie auch, wenn etwas geändert werden muss. Es braucht immer einen guten Mix der Generationen, aber auch der Volksschichten, um sich ein möglichst gutes Bild machen zu können.«

Trotz allem muss Atemu schmunzeln. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt glauben, dass du eine Ausbildung in der Richtung absolviert hast.« Leicht legt er den Arm um die Schultern seines Shariks. »Es tut mir leid, dass ich gestern so zusammengebrochen bin. Ich hätte stärker sein müssen.«

Sofort sieht Yugi zu ihm und legt ihm die Hand auf die Wange. »Nein, du hast nichts falsch gemacht. Es ist doch ganz normal, dass du zusammenbrichst, wenn du plötzlich mit sowas konfrontiert wirst. Also mach dir keine Vorwürfe, wegen einer vollkommen normalen Reaktion.«

»Trotzdem hätte ich stärker sein müssen. Ich bin so erzogen worden, keine Schwäche zu zeigen.« Widerspricht Atemu und blickt zum Fenster. »Es ist mir eingetrichtert worden.«

Yugi will ihm widersprechen, aber er weiss, dass es nichts bringen würde, so folgt er nur dem Blick seines Liebsten. »Es ist noch mitten in der Nacht. Lass uns noch einmal versuchen zu schlafen.« Leicht legt er ihm die Hände auf die Schultern und drückt ihn zurück aufs Bett. Als sie liegen, zieht er ihn an sich, bis Atemu den Kopf auf seine Schulter legt. »Ich habe Angst«, gibt er leise zu und vergräbt das Gesicht in Yugis Schlafanzug. Gleichzeitig ballt er die Hand auf dem Brustkorb seines Shariks zur Faust. Er spürt, wie er im Nacken gekrault wird und irgendwie ist diese kleine Zärtlichkeit so beruhigend. Müde schliesst er die Augen und entspannt sich langsam in der sicheren Umarmung. Ohne es zu merken, schläft er wieder ein.

Auch als sein Liebster schon eingeschlafen ist, krault Yugi ihn weiter sanft im Nacken. Es ist nicht nur weil es den Schlafenden beruhigt. Auch für ihn ist es irgendwie beruhigend. Langsam fallen ihm die Augen zu und endlich kann er schlafen.

 

Die Sonne ist gerade dabei aufzugehen, als Nino die frisch gebackenen Brötchen aus dem Ofen holt. Er weiss, dass er nicht so früh aufstehen müsste, das hat ihm Sugoroku schon mehrmals gesagt, aber er hält es einfach nicht länger als bis um kurz nach vier Uhr im Bett aus. Stolz sieht er auf die schön gleichmässig gebräunten Brötchen, die ihren köstlichen Duft in der Küche verbreiten. Er will sich beherrschen, aber dann gibt er dem Drang nach und nimmt sich eines. Obwohl er sich beinahe die Finger verbrennt, bricht er es entzwei und schnuppert daran. Das Wasser läuft ihm im Mund zusammen und so beisst er vorsichtig hinein. »Heiss … heiss … heiss«, keucht er auf und schluckt schnell runter. Doch dann wird es die Speiseröhre runter heiss. So schnell er kann rennt er zur Spüle und lässt das Wasser laufen. Hastig trinkt er ein paar Schlucke und atmet dann auf, als das Brennen aufhört.

Ein leises Lachen lässt ihn sich zur Tür umdrehen. Dort steht Sugoroku auf seinen Stock gestützt. Noch immer hat er Rückenschmerzen, was ihn nicht erstaunt, so schlimm wie es ihn vorgestern erwischt hat. »Konntest du dich nicht beherrschen und hast zu früh genascht?«, fragt er ihn immer noch sanft lächelnd, als er langsam in die Küche kommt. Mit einem erleichterten Seufzen lässt er sich auf seinen Stuhl sinken. »Ich wollte mich noch für gestern bedanken. Du hast das so toll gemacht, wie du dich in dieser Krise verhalten hast. Du warst eine wahre Stütze für mich und Yugi.«

Verlegen wendet sich Nino um und nimmt den Topf von Haken neben dem Herd. »Ich habe nur gemacht, was nötig war.« Mit fahrigen Bewegungen lässt er das Wasser in den Topf laufen und stellt ihn dann auf den Herd.

»Du hast viel mehr getan.« Tief atmet Sugoroku durch. »Nino, du bist gestern über dich hinaus gewachsen. Du hast selbstständig die Versorgung der Pferde übernommen und gleichzeitig hier den Haushalt geschmissen und dann auch noch weiter Stoffe zugeschnitten.«

Noch immer verlegen zuckt Nino mit den Schultern, während er das Wasser im Topf beobachtet. »Wie gesagt, ich habe nur gemacht, was nötig war. Das ist ja schliesslich meine Aufgabe.« Nino blickt zu Sugoroku und jetzt ist auch zu sehen, dass er einen knallroten Kopf hat. »Ich wusste, dass Atemu Stoffe am Zuschneiden gewesen ist und habe dann einfach nachgesehen und bemerkt, dass er nicht ganz mit allen bereitgelegten Ballen fertig geworden ist und da ich gerade Zeit hatte ...« Vielsagend hebt er die Hände mit den Handflächen nach oben ein wenig an, statt weiter zu reden.

»Wie du meinst.« Gibt Sugoroku nach. Er würde den Kleinen gern noch etwas mehr necken, aber er lässt es schweren Herzens bleiben. »Heute Nachmittag kommen sie wieder vorbei. Kannst du mir helfen, dafür ein paar Kekse zu backen? Ich dachte da an Haferkekse. Dafür sollten wir noch alles da haben.«

Sofort nickt Nino und schüttelt dann den Kopf. »Ich backe und du sagst, was ich zu tun habe.« Fest sieht er Sugoroku an, auch wenn es ihn seinen ganzen Mut kostet, sich so zu verhalten. »Bleibt denn der Laden heute zu?« Wagt er es noch zu fragen, als nicht sofort eine Ohrfeige als Strafe für seine Frechheit folgt.

»Du verbringst eindeutig zu viel Zeit mit Yugi und Atemu. So wie du mich umsorgst. Aber gut, ich gebe die Anweisungen und du backst.« Theatralisch seufzt Sugoroku auf, wird dann aber gleich ernst. »Ich nehme es mal an, dass Yugi den Laden heute geschlossen lässt. Es würde mich auch nicht erstaunen, wenn er diese Woche den Laden gar nicht mehr öffnet, wenn es nicht unbedingt nötig ist.« Bedrückt sieht er auf die Tischplatte. »Ich wusste, dass Hopkins Leute aus dem ägyptischen Grossreich mitbringen wird, aber ich wusste nicht, wer das sein wird. Ich wünschte, ich hätte die Jungs vorgewarnt.«

Nino beisst sich unsicher auf die Lippen. Er zögert, aber dann legt er die Arme um Sugoroku und drückt ihn leicht an sich. »Du bist nicht schuld. Du hast es nicht wissen können und wer weiss, ob es etwas geändert hätte. Ich wäre wohl auch davongerannt, wenn da plötzlich jemand dagestanden hätte, der mein ganzes Leben verändern könnte.«

Mit geschlossenen Augen lehnt sich Sugoroku an Nino an. Es ist ungewohnt, dass er mal gehalten wird. Sonst ist immer er derjenige, der Trost spendet. »Danke«, murmelt er undeutlich und richtet sich dann wieder auf. »Du bist ein guter Junge. Ich bin froh, dass du den Weg zu uns gefunden hast.« Leicht legt er die Hand auf Ninos Wange, zieht sie dann aber gleich wieder zurück, als dieser leicht zusammenzuckt. »Das Wasser kocht.« Mit einem leichten Lächeln deutet er zum Herd, wo das Wasser im Topf brodelt.

»Danke, Sugoroku.« Sofort dreht sich Nino um und geht zum Herd. Erst jetzt fällt ihm auf, dass er den Teekrug noch gar nicht vorbereitet hat. Schnell stellt er den Krug hin und holt das Teeei aus der Schublade und stopft ein paar Blätter hinein, die er aus der Dose nimmt, die er schon früher am Morgen neben den Herd gestellt hatte. Nachdem er das Teeei in den Krug gehängt hat, giesst er vorsichtig das kochende Wasser hinein. »Du musst dich nicht bei mir bedanken. Ich bin ein Sklave und wir sind auch dafür da, dass es unseren Besitzern gut geht.« Sogar in seinen Ohren hören sich die Worte falsch an. Es stimmt zwar, was er sagt, aber dennoch war es gerade etwas anderes. Er hatte Sugoroku trösten wollen und nicht auf einen Befehl reagiert.

Als er sich umdreht, bemerkt er, dass er von dem alten Mann verletzt angesehen wird. »Es tut mir leid. So war es nicht gemeint. Ich … verdammt … Ich hab dich umarmt, weil ich es wollte und nicht, weil ich das Gefühl hatte, dass ich es muss.« Nino geht zu ihm und kauert sich hin. »Es ist seltsam, aber hier fühle ich mich hier nicht als Sklave. Es ist so fremd, ich weiss nicht, wie ich das Gefühl beschreiben soll.« Hilflos sieht er Sugoroku an, der ihm mit einem nachsichtigen Lächeln die Hand auf die Schulter legt. »Ich kann es mir denken, wie du dich fühlst. So ging es Atemu am Anfang auch. Er war überfordert, weil er nicht wusste, wie er sich verhalten soll. Er hatte Angst, dass wir ihm eine Falle stellen, damit wir ihn dann bestrafen können, weil er unwissentlich einen Fehler gemacht hat.« Leicht drückt er die Schulter und zieht dann die Hand zurück. »Bringst du mir schon mal einen Tee, bitte?«

Sofort springt Nino auf. »Natürlich.« Eifrig giesst er den frisch aufgebrühten Tee in eine Tasse und stellt sie dann vor Sugoroku hin. »Ich gehe dann mal in den Stall und schaue nach den Pferden oder helfe Atemu, wenn er draussen sein sollte.«

»Ja, tu das. Er ist sicher froh, wenn du ihm etwas unter die Arme greifst, aber sei auch nicht enttäuscht, wenn er dich wieder rein schickt. Wenn er so labil ist, sucht er auch gern mal die Nähe der Pferde und will dann auch niemanden sonst um sich haben.« Kaum hat er zu ende gesprochen, rennt Nino auch schon aus der Küche.« Kopfschüttelnd sieht er ihm nach und greift dann nach der Teetasse. »Du bist einfach unglaublich«, murmelt er vor sich hin und trinkt dann vorsichtig einen Schluck. »Und dein Tee wird auch immer besser.«

 

Im Stall trifft Nino auf Atemu, der an Rockys Boxentür lehnt und den Pferden beim Fressen zusieht. »Du bist ja wach. Ich dachte, dass du noch bei Yugi bist und …« »Nein, ich bin wach. Die Pferde und du sollen nicht ausbaden müssen, dass mein Leben gerade nicht so einfach ist.« Erst jetzt sieht er zu Nino, der fröstelnd dasteht. »Komm her, hier ist es ein wenig wärmer. Du hattest Glück, dass die Pferde in der Nacht nicht spazieren gegangen sind. Rocky kann Türen öffnen, darum musst du die Box hier immer besonders gut verschliessen und wenn er dann draussen ist, lässt er eben auch Blacky raus und in der Regel findet man sie dann im Heulager wieder.«

Erschrocken sieht Nino zu den beiden Pferden. »Das wusste ich nicht. Sonst hätte ich den Riegel sicher zwei Mal kontrolliert. Das schwöre ich dir.« Um Verzeihung bittend sieht er Atemu an, der ihm aber nur die Hand auf die Schulter legt und leicht den Kopf schüttelt. »Keine Angst. Ich weiss, dass du es nicht wissen konntest, was übrigens meine Schuld ist. Ich habe es dir nie gesagt, also warum solltest du auch dran denken, den Riegel extra zu sichern? Normalerweise reicht es ja vollkommen aus, ihn einfach nur zu schliessen.« Leicht lächelt er Nino an, aber dann wird sein Blick bedrückt und er wendet sich ab. »Wer weiss, vielleicht bist du ja bald für die beiden verantwortlich.« Ohne sich noch einmal umzudrehen, geht er ins Heulager, wo er sich eins der leeren Netze schnappt. Als er merkt, dass Nino ihm gefolgt ist, bleibt er mit dem Rücken zu ihm stehen. Er dreht nur den gesenkten Kopf etwas in seine Richtung. »Lass mich bitte allein. Ich brauche das jetzt.«

 

Nino schluckt leer. Er hatte ihn doch trösten wollen. »Na gut. Wenn du meinst.« Zögernd macht er einen Schritt zurück und dreht sich dann langsam um. »Wenn du reden willst. Ich kann gut zuhören.« Als keine Reaktion kommt, verlässt er mit hängenden Schultern das Heulager und geht zu den Boxen. Sanft krault er Blacky, der ihm neugierig den Kopf entgegen streckt. »Du bist ein ganz lieber. Weisst du das?« Spontan gibt er ihm einen Kuss auf die Nüstern. »Passt mir gut auf ihn auf.« Noch einmal sieht er zum Heulager, in dem eine gespenstische Stille herrscht. Es widerstrebt ihm, aber er dreht sich um und geht zurück ins Haus, wo er sich gründlich die Hände wäscht und wieder in die Hausschuhe schlüpft.

Als er sich der Küche nähert, hört er die aufgeregte Stimme von Yugi. »Verdammt, Grossvater, warum hast du uns nichts gesagt? Dann hätten wir uns seelisch darauf vorbereiten können!« Den Tränen nahe, sieht Yugi Sugoroku an, der den Blick ernst erwidert. »Aus zwei Gründen. Er hat mich darum gebeten, dass ich nichts sage und weil ich nicht wusste und es auch immer noch nicht weiss, ob die Situation wirklich so schlimm ist, wie er es angedeutet hat.« Bemüht ruhig redet er mit seinem Enkel, der aufgeregt auf und ab geht. »Was sollte schon so schlimm sein, um sein Leben, unser Leben, zu zerstören? Verdammt! Wir waren bis gestern Nachmittag glücklich und jetzt geht es ihm schlechter als damals, als er zu uns gekommen ist! Er hat Albträume und ist verzweifelt. Wir haben die halbe Nacht nicht geschlafen und ich habe Angst, dass wenn ich mich umdrehe, er weg ist.« Mit jedem Wort ist Yugi lauter geworden und Sugoroku ist erstaunt, dass der Boden noch keine Laufspuren hat. »Yugi, lass uns den Nachmittag abwarten, dann werden wir es sehen, ob das, was sie uns zu sagen haben, so schlimm ist oder nicht und nun beruhige dich. Es bringt nichts, wenn du dich jetzt so aufregst.«

Da betritt Nino vorsichtig die Küche. »Er hat recht. Es bringt nichts, wenn du dich jetzt so aufregst. Im Gegenteil, du machst es euch nur schwerer.«

Erstaunt sieht Yugi Nino an. »Wie meinst du das?« Will er überrascht, dass sich Nino einmischt, wissen.

Dieser scheint nun plötzlich kleiner zu werden. »Na ja … ähm … Was bringt es, wenn du dich jetzt über etwas aufregst, das du nicht ändern kannst. Es ist nun mal so und du brauchst deine Kraft doch eher, um Atemu zu helfen. Es geht ihm nicht gut. Auch wenn er es zu verstecken versucht.«

Tief atmet Yugi durch. »Du hast ja recht. Es macht mich nur wahnsinnig, ihn so zu sehen und ich weiss, dass es ihm nicht gut geht. Aber er muss selbst auf uns zu kommen. So wie er jetzt drauf ist, würde er auch von mir alles abblocken.« Bedrückt senkt Yugi den Blick und reibt sich den Nacken. »Wir helfen ihm jetzt am besten, wenn wir ihn so wie immer behandeln.«

Bestätigend nickt Sugoroku. »Yami war anders. Er hat sich zurückgezogen, auch wenn er uns gebraucht hätte. Da mussten wir auf ihn zu gehen und ihm zeigen, dass wir für ihn da sind, wenn er uns braucht.«

Nun sieht Nino den alten Mann erstaunt an. »Ich dachte, Yami und Atemu sind die gleichen? Ich meine, was ist denn der Unterschied?«

Nachdenklich reibt sich Sugoroku das Kinn. »Wie soll ich es dir erklären?«, beginnt er und sieht die Stirn runzelnd zur Küchentür. »Yami hatte keine Vergangenheit. Er kannte nur die 5 Jahre Sklaverei, die er erlebt hatte. Seit er sich daran erinnert, wer er wirklich ist, hat er auch eine Vergangenheit. Sein unterdrückter, wahrer Charakter ist wieder hervorgekommen. Darum verhält er sich anders und braucht auch eine andere Behandlung von uns und das macht es so schwer. Jetzt, da er langsam ein gewisses inneres Gleichgewicht gefunden hat, wird er wieder vollkommen aus der Bahn geworfen und nicht nur er, uns geht es da nicht besser, wenn ich ehrlich bin.« Tief seufzt er auf. Da fällt sein Blick auf Yugi der mit gesenktem Blick da steht. »Was hast du denn?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen. Doch sein Enkel schüttelt nur den Kopf. »Es ist nichts. Es tut mir nur leid, wie ich vorhin mit dir geredet habe. Mir war nicht bewusst, dass es dir auch so schlecht geht, wie mir oder Atemu.« Deutlich ist das schlechte Gewissen in Yugis Stimme zu hören, woraufhin Sugoroku mit einem verständnisvollen Lächeln den Kopf schüttelt. »Es muss dir nicht leidtun. Ich kann dich ja verstehen. Du trägst die meiste Last und das auch schon, bevor Atemu zu uns gekommen ist. Irgendwann ist das Fass voll und dann kann man einfach nicht mehr klar denken oder sich in andere rein versetzen. Also mach dir keine Vorwürfe. Hilf Nino lieber den Tisch zu decken und das Frühstück fertig vorzubereiten.«

Erleichtert, dass ihm sein Grossvater nicht böse ist, nickt Yugi und erst jetzt fällt ihm auf, dass Nino schon fleissig dabei ist, alles auf den Tisch zu stellen. »Ich verteile alles, was du holst«, sagt er zu Nino und beginnt die Teller auf ihre Plätze zu stellen.

Als der Tisch dann fertig gedeckt ist, kommt auch Atemu rein und setzt sich mit unergründlicher Miene hin. Er ignoriert alles um sich herum, als er nach einem Brötchen greift und es auseinander bricht.

Vielsagend sehen sich Yugi und Sugoroku an. So extrem war der Rückzug noch nie gewesen, wenn es Atemu nicht gut gegangen ist. »Sag mal, Yugi. Öffnest du heute den Laden?« Will Nino plötzlich wissen, was ihm von zwei Seiten erstaunte Blick einbringt. Unsicher zieht er den Kopf ein und will schon etwas sagen, als Yugi den Kopf schüttelt. »Nein, ich lasse den Laden heute geschlossen. Warum willst du das wissen?«

»Na ja, ich könnte dann vorne noch mehr von dem Leder zuschneiden und oder gründlich durchputzen. Die Leute tragen so viel Schmutz rein, dass man jetzt schon kaum glauben kann, dass ich am Sonntag den Boden geputzt habe.« Empört sieht Nino zum Fenster. »Und daran ist nur dieses doofe Wetter schuld.«

Da kann sich Sugoroku ein Lachen nicht mehr verkneifen. »Nur indirekt, mein Junge. Ja, die Strassen sind ziemlich schmutzig, aber wir haben in der letzten Zeit auch viel mehr Kunden. Yugi muss ja schon tagsüber die Zahlen von Schiefertafel in sein Geschäftsbuch übertragen, weil sie voll ist und er nicht bis zum Abend warten kann.«

»Dann muss ich halt am Abend jetzt immer schnell durchwischen. Das geht doch so nicht, dass der Boden dreckig ist.« Nickt Nino, um seine Aussage noch zu verstärken.

 

Auch wenn viel geredet wird, nimmt Atemu das alles nur am Rande wahr. Er hat sich in sich selbst zurückgezogen. Genau das macht Yugi Sorgen, als von seinem Liebsten so überhaupt keine Reaktionen kommen. Nicht einmal ein Schmunzeln, als sich Nino so über das Wetter aufregt und dann auch kein Kommentar dazu, dass er den Laden geschlossen lässt. »Liebster?« Keine Reaktion. Er beugt sich vor und legt ihm die Hand auf den Unterarm. Erst jetzt wird er angesehen. «Was ist?«, fragt Atemu verwirrt.

»Ich mache mir Sorgen um dich. Du wirkst so, als wärst du gar nicht hier.« Sanft lächelt Yugi seinen Liebsten an und es zerreisst ihm das Herz, als es halbherzig und kaum sichtbar erwidert wird. »Ich war nur in Gedanken. Es ist alles in Ordnung, ich frage mich nur, wann sie heute kommen werden.«

Ein Räuspern lässt ihn zu seinem Grossvater blicken. »Was hast du? Hast du wieder Rückenschmerzen? Ich werde mich gleich darum kümmern.«

Eigentlich wollte Sugoroku ja nur sagen, wann die Drei kommen würden, aber als er den Ausdruck in den rubinroten sieht, nickt er. »Ein wenig. Ich wäre wirklich froh, wenn du mich noch einmal behandeln könntest, bevor sie heute Nachmittag kommen.«

»Dann mache ich das, gleich nachdem ich die Boxen ausgemistet und geduscht habe.« Ernst nickt Atemu und erst jetzt greift er nach seiner Tasse und nimmt einen Schluck, nur um gleich darauf das Gesicht zu verziehen. Ohne ein Wort zu sagen, greift er nach dem Honig und süsst den Tee nach.

 

Mit offenem Mund sieht Nino zu, wie zwei Löffel Honig in der Tasse verschwinden und dann gleich darauf noch einmal drei. Sprachlos blickt er zu Sugoroku, der leicht den Kopf schüttelt. »Wir erklären es dir später.«

Es passt ihm nicht, dass er jetzt keine Antwort auf seine stumme Frage bekommt, was Yugi auffällt. »Je, grösser sein Stress, desto süsser wird alles, was er isst«, erklärt er knapp und deutet zu Atemus Tasse, in der jetzt noch mehr Honig verschwindet.

Unwillkürlich sieht Nino auch hin und ihm wird beinahe übel, als noch mehr Honig in der Tasse landet. »Warum isst du nicht gleich den Honig direkt aus dem Glas?«, rutscht es ihm angewidert raus.

»Weil ich Tee trinken und keinen Honig aus dem Glas essen will.« Trotz seiner Antwort schiebt sich Atemu nun noch einen Löffel Honig direkt in den Mund, ehe er das Honigglas verschliesst und sich mit der Tasse in der Hand zurücklehnt.

»Siehst du«, formt Yugi tonlos mit den Lippen, als Nino ihn wieder ansieht. »Wie gesagt, ich mache den Laden heute sicher nicht mehr auf. Vielleicht bleibt er die Woche auch ganz geschlossen. Genug Rücklagen haben wir ja, um das verkraften zu können.«

Schlagartig richtet sich Atemu senkrecht auf. Mit funkelnden Augen fixiert er Yugi. »Nein, du wirst den Laden morgen wieder öffnen, wenn es die Zeit zulässt. Es geht nicht, dass du ihn geschlossen hältst. Das ist jetzt die umsatzstärkste Zeit, die du in den letzten Monaten hattest. Die darfst du nicht ungenutzt verstreichen lassen!« Sein Tonfall lässt keine Widerworte zu und seine Haltung ist ganz anders als noch vor ein paar Sekunden. Unwillkürlich schluckt Yugi und nickt dann. »Gut, wenn du das verlangst, dann mache ich es so.«

»Ja, das tue ich«, bestätigt Atemu und trinkt seinen Tee aus, ehe er aufsteht. »Ich bin im Stall und miste die Boxen aus. Grossvater, du gehst ins Bett lässt dir von Nino heisse Tücher auf deinen Rücken legen, bis ich zu euch hoch komme.« Eindringlich sieht er Sugoroku an, bis dieser nickt. Erst dann verlässt er die Küche und gleich darauf hören sie die Hintertür.

»Ähm, was war das jetzt?«, verwirrt sieht Nino die beiden Mutos an, die unwillkürlich anfangen zu grinsen. »Das war eine Kostprobe des Pharaos, der er eigentlich ist. Wenn er das heute Nachmittag in der Art durchziehen kann, dann wird das eine sehr interessante Zeit werden.« Auch während er redet, kann sich Sugoroku das Grinsen nicht verkneifen. »Und Yugi, du hast es gehört, wenn nicht irgendwelche Termine anstehen, stehst du ab morgen wieder im Laden.«

Tief seufzt Yugi auf und muss dennoch immer noch grinsen. »Ja. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so froh bin, diese Seite von ihm zu sehen. Auch wenn es gerade nur Fassade gewesen ist, so ist sie wenigstens da.«

Nino versteht die Welt immer noch nicht und irgendwie kommt er sich immer dümmer vor, was ihn traurig den Blick senken lässt. Auf einmal spürt er eine Hand auf seiner Schulter. Als er hochsieht, blickt er direkt in Sugorokus Gesicht. »Yugi will damit sagen, dass Atemu zwar jetzt nur geschauspielert hat, aber auch diese dominante Art ist ein Teil von ihm und es beruhigt ihn, dass sie noch da ist. Denn so wird er sich heute Nachmittag sicher besser behaupten können als noch gestern, als er unvorbereitet gewesen ist. Es ist so kompliziert zu erklären. Du wirst es also dann später selbst sehen müssen.«

Nicht wirklich mit der Antwort zufrieden, nickt Nino und runzelt dann die Stirn. »Deinem Rücken geht es doch besser. Warum hast du dann gesagt, dass du Rückenschmerzen hast?«

Ertappt kratzt sich Sugoroku nun an der Nase. »Na ja, leichte Rückenschmerzen habe ich immer noch. Ausserdem braucht er etwas zu tun und in dem Zustand kann er nicht mit den Pferden arbeiten. Das hat er schon mal versucht. Das ging gründlich in die Hose. Sie haben ihm deutlich gezeigt, was sie davon halten, wie er drauf ist und sind ihm auf der Nase rumgetanzt.« So im Nachhinein findet es Sugoroku eigentlich ganz lustig, wie sich die Pferde damals verhalten haben, auch wenn es zu dem Zeitpunkt alles andere als komisch gewesen ist. Eher im Gegenteil …

Nino sieht ihn ungläubig an. Er hat doch die ganze Zeit über mitbekommen, dass die Pferde auf jedes Wort Atemus hören und auf jede Bewegung von ihm reagieren. »Dann muss es ihm wirklich schlecht gegangen sein«, murmelt er vor sich hin. Auf einmal strafft sich seine Gestalt. »Wie auch immer. Er hat genau gesagt, was du zu tun hast. Also solltest du wirklich ins Bett gehen und ich komme dann mit den Tüchern und dem heissen Wasser nach.« Seinen ganzen Mut zusammen nehmend, steht er auf und ergreift Sugorokus Arm. Mit sanftem Nachdruck führt er ihn bis zur Küchentür und dann sogar bis zur Treppe. »Den Rest solltest du allein schaffen.« Erst, als der alte Mann wirklich die Treppe hoch geht, dreht sich Nino um und geht zurück in die Küche, wo Yugi gerade dabei ist, den Tisch abzuräumen. »Ihr beide schafft es noch, dass sich Grossvater endlich wirklich schont. Das freut mich trotz allem.« Leicht lächelt Yugi ihn an.

»Wenn er seinen Rücken schon dazu benutzt, um Atemu abzulenken, dann muss er auch mit den Konsequenzen leben.« Zuckt Nino mit dem Schultern und geht in den Vorratsraum, um gleich darauf mit einer grossen Schüssel wieder heraus zu kommen, die er an der Spüle mit heissem Wasser füllt. »Er wollte, dass ich Haferkekse unter seiner Anleitung backe. Kennst du das Rezept?« Fragend sieht er über die Schulter, während das Wasser in die Schüssel läuft.

»Ja, ich kenne das Rezept. Es ist ganz einfach. Butter, Honig, Haferflocken und ein wenig Salz. Das wars.« Yugi muss doch tatsächlich die paar Zutaten an seinen Fingern abzählen. Zu selten steht er selbst in der Küche und backt.

»Gut.« Nino nickt zufrieden. »Dann können wir die Kekse ja gemeinsam backen. Aber ich dachte, dass Atemu Haferflocken nicht mag.«

Mit einem schiefen Grinsen nickt Yugi. »Er hasst sie, aber die Kekse mag er. Auch wenn er es nicht zugibt. Die Schüssel ist übrigens voll.«

Sofort dreht Nino den Wasserhahn zu. »Sie ist zu voll«, murrt er und giesst etwas von dem Wasser aus.

»Also, ich bin dann oben«, murmelt er und eilt mit der Schüssel aus der Küche. Nach einem Zwischenstopp im Bad, wo er zwei Handtücher holt, steigt er vorsichtig die Treppe nach oben.

 

Yugi ist inzwischen damit beschäftigt, das Geschirr zu spülen. Dabei wandern seine Gedanken immer wieder zur letzten Nacht. Es war nicht bei dem einen Albtraum geblieben. Immer wieder hatte er Atemu wieder beruhigen müssen, wenn dieser sich ein ums andere Mal unruhig von einer Seite auf die andere geworfen hatte. Eigentlich gleicht es einem Wunder, dass er ihn nicht hatte aufwecken müssen. Er fragt sich, was sein Liebster wohl geträumt hatte. Hin und wieder hatte dieser zwar etwas gemurmelt, aber das war entweder so undeutlich gewesen, dass er nichts verstehen konnte oder aber in Sprachen, die er nicht versteht. »Manchmal ist es schon blöd, einen Partner zu haben, der so viele Sprachen kann«, murmelt Yugi frustriert und nimmt sich vor, wenigstens Atemus Muttersprache zu lernen.

Als er alles abgewaschen hat und nach dem Geschirrtuch greift, hört er die Hintertür auf und wieder zu gehen. Kurz darauf wird eine weitere Tür geöffnet und wieder geschlossen. »Jetzt ist er also im Bad«, stellt Yugi leise fest und nimmt den ersten Teller, um ihn abzutrocknen.

Als auch das letzte Messer abgetrocknet an seinem Platz liegt, wischt er noch den Tisch ab und geht dann in den Laden. Noch immer liegt die vollgeschriebene Schiefertafel auf dem Verkaufstresen und mit einem Seufzen macht er sich daran, die Zahlen ins Buch zu übertragen. Es ist eine einfache, ja schon beinahe langweilige Arbeit, aber sie tut ihm gerade unglaublich gut. Als er alles eingetragen hat, holt er die Einnahmen vom gestrigen Tag aus der Kasse und tut sie in den entsprechenden Lederbeutel, den er gleich darauf wieder im Wandtresor verstaut. Dabei fällt sein Blick auf die Papiere seines Liebsten. Unwillkürlich zieht sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Den Kloss runterschluckend, der ihm den Atem abschnürt, schliesst er vehement die Tür des Tresors und hängt das Bild davor auf. Als er es ansieht, bildet sich eine unbändige Wut in ihm. Dabei kann dieses unschuldige Bild doch gar nichts dafür, dass sein Leben gerade den Bach runtergeht.

Auf sich selbst wütend, wischt er sich mit dem Ärmel seines Pullovers über die Augen, um die Tränen abzuwischen, die aus ihnen zu entkommen drohen. »Nein, wir werden das gemeinsam schaffen.« Schon beinahe trotzig streckt er dem Bild kindisch die Zunge raus. »Ich lasse mir von einem Land sicher nicht meine Beziehung zerstören. Hörst du das, du verdammtes ägyptisches Grossreich? Das lasse ich nicht zu!«

»Mit wem redest du, Sharik?«

Erschrocken wirbelt Yugi herum. »Du bist es. Musst du nicht Grossvater den Rücken massieren?« Stösst Yugi etwas zu laut hervor, nur um sich gleich darauf verlegen zu räuspern. Er spürt leider zu deutlich, wie seine Wangen heiss werden, was ihn verlegen den Blick senken lässt. Dass sein Liebster leise lacht, macht es auch nicht besser. »Ich war schon oben und habe mir seinen Rücken angesehen. Das schafft Nino auch allein. So schlimm ist es nicht und wenn er sich nicht selbst an den Herd stellt, dann kann er auch ohne Probleme gleich wieder aufstehen.« Schief grinsend sieht Atemu ihn an. »Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass er überhaupt etwas gesagt hat. Sonst ist er nicht so schnell bereit zuzugeben, wenn er Schmerzen hat.«

Da sein Sharik ihn immer noch nicht ansieht geht er zu ihm und zieht ihn in eine lockere Umarmung. »Es wird alles gut werden. Das verspreche ich dir.« Sanft haucht er ihm einen Kuss auf die Lippen. »Ich kann dir nicht versprechen, dass es leicht wird, aber es wird alles gut werden«, raunt er an dessen Lippen und dann endlich wird der Kuss erwidert. Es ist eine gewisse Verzweiflung in dem Kuss zu spüren, die von ihnen beiden ausgeht. Auf einmal hören sie ein Klopfen an der Tür und fahren erschrocken auseinander. »Da steht doch geschlossen«, murrt Yugi und geht zur Tür, während Atemu sich hastig das Halsband anlegt. Er hat die Schnalle kaum geschlossen, als sein Sharik auch schon die Tür öffnet und scharf die Luft einzieht. »Hopkins! Ihr wolltet doch erst am Nachmittag kommen!« Zwischen Ärger und Erleichterung hin und her schwankend sieht er den alten Mann und seine Begleiter an. »Guten Morgen, Yugi. Ja, eigentlich wollten wir erst am Nachmittag kommen, aber es gibt so viel zu besprechen und meine Begleiter drängen zur Eile. Dafür haben wir Pasteten mitgebracht, die wir entweder kalt oder aufgewärmt essen können.« Freundlich, aber doch sehr ernst sieht Arthur seinen jungen Freund an, in dessen Gesicht deutlich der Widerwille zu erkennen ist. »Yugi, bitte lass uns rein. Was bringt es uns, wenn wir die ganze Angelegenheit künstlich in die Länge ziehen. Es macht die Sache nicht leichter. Für keinen von uns.« Eindringlich sieht er ihn an. Doch Yugi senkt den Blick und wirkt schon beinahe trotzig. Er rechnet schon damit, dass die Tür vor seiner Nase wieder geschlossen wird, als plötzlich Atemu auftaucht und Yugi die Hand auf die Schulter legt. »Sharik. Er hat recht. Es bringt nichts, sie jetzt wegzuschicken. Also lass sie eintreten.« Mit sanftem Druck gegen dessen Schulter, bringt er ihn dazu, zur Seite zu treten. Er weiss, was gerade im Kopf seines Shariks vorgeht. Ihm geht es nicht anders und als er Shimon und Seto sieht, würde er am liebsten davonrennen und sich im Stall verstecken oder wieder in ihrem Schlafzimmer. Mit unergründlicher Miene sieht er Hopkins an, als dieser eintritt. »Danke, Yami oder soll ich dich Atemu nennen? Oder Pharao?« Freundlich lächelnd sieht Arthur den jungen Mann an, der so stolz schräg hinter Yugi steht, dass er sich am liebsten verneigen würde.

»Ich bin kein Pharao, Sir Hopkins. Nennen Sie mich Atemu oder Yami. Was Ihnen lieber ist. Beides sind meine Namen«, erwidert Atemu mit kühlem Blick. Deutlich spürt er die neugierigen Blicke von Shimon und Seto auf sich ruhen, was ihn das Halsband an seiner Kehle noch deutlicher ins Bewusstsein ruft. »Geht doch schon mal hoch ins Wohnzimmer. Wir kommen gleich nach und bringen Tee und Gebäck mit.«

 

In Seto brodelt es, während er seinen Cousin mustert. »Hast du uns nur das zu sagen? Dass wir hoch in diese Zumutung von einem Wohnzimmer gehen sollen und warten?«, fährt er Atemu an und macht einen bedrohlichen Schritt auf Atemu und Yugi zu. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und er ist tatsächlich bereit zuzuschlagen, als ihn dieser feurige und doch kalte Blick trifft, der ihn in der Bewegung erstarren lässt.

»Ja, hier an der offenen Tür habe ich euch nur das zu sagen. Erstens befinden wir uns in der Öffentlichkeit. Zweitens kommt kalte Luft herein und kühlt den Laden aus. Drittens seid ihr Gäste dieses Hauses. Es ist also sehr unfreundlich nicht den Wünschen des Gastgebers nachzukommen und ihn dazu noch zu beleidigen.« Jedes einzelne Wort sitzt in Betonung und Wirkung. Das kann er in den Augen seines Cousins sehen, ehe dieser sich ruckartig umdreht und zu Shimon blickt. »Gehen wir in diese Abstellkammer, die sie als Wohnzimmer bezeichnen. Je schneller wir hier fertig sind, desto besser!« Hoch erhobenen Hauptes rauscht er zur Tür, die in den privaten Bereich des Hauses führt. »Sehr gut, so schnell haben wir ihn noch nie ruhig gestellt«, murmelt Arthur in seinen Schnauzer und in seinen Augen ist ein amüsiertes Blitzen zu erkennen.

»Sir Hopkins, es wäre sehr freundlich, wenn Sie sich auch ins Wohnzimmer begeben würden. Es wird langsam wirklich kalt hier drin.« Es ist ein Hauch von Tadel in der Stimme Atemus zu hören, der wohl einem beiläufigen Zuhörer niemals auffallen würde, aber den beiden älteren Männern fällt er auf. »Natürlich, wir erwarten euch dort«, sagt Hopkins und kann sich tatsächlich nicht zurückhalten. Er verneigt sich leicht vor Atemu, ehe er sich abwendet und mit Shimon, der sich wohlweislich im Hintergrund hält, nun ebenfalls den Laden in Richtung Wohnbereich verlässt. Kaum sind sie weg, schliesst Yugi die Ladentür und dreht den Schlüssel wieder um. Erschrocken fährt er herum, als er einen lauten Schlag hört. Nur ein paar Schritte entfernt, schlägt Atemu noch einmal auf eins der Regale ein und sinkt dann zu Boden. Seine Schultern beben, sein ganzer Körper zittert, als er um Kontrolle ringt. »Liebster!«, ruft Yugi voller Sorge aus und geht neben ihm die Hocke. Als er jedoch den Arm um ihn legen will, wird er von ihm abgewehrt. »Liebster, was ist? Warum …?« Verwirrt und zugleich verletzt, lässt er den Arm wieder sinken.

»Sharik, fass mich jetzt nicht an. Das würde ich nicht ertragen und ich brauche meine ganze Selbstbeherrschung, um mich ihnen zu stellen«, presst Atemu mühsam zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Bitte lass mich für einen Moment allein. Ich komme gleich nach.« Mühsam zwingt er sich zu einem Lächeln, als er Yugi ansieht, der ihn zweifelnd mustert. »Bitte. Ich bin den Umgang mit den beiden gewohnt, aber ich muss mich sammeln und meine Gefühle unter Kontrolle bringen, bevor ich mich ihnen noch einmal stelle.«

Zögernd steht Yugi wieder auf. Alles in ihm wehrt sich dagegen, seinen Liebsten jetzt allein zu lassen. Dennoch macht er einen Schritt nach dem anderen in Richtung Tür, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Im Türrahmen bleibt er noch einmal stehen. »Ich habe das Hausrecht. Ob Kronprinz oder nicht. Ich kann sie jederzeit rauswerfen, wenn du das möchtest.« Irgendwie hofft er, dass sein Liebster genau das jetzt von ihm verlangt.

Doch dieser schüttelt nur mit einem traurigen Lächeln den Kopf. »So gerne ich auch ja sagen würde. Es bringt nichts, davonzulaufen. Also geh zu ihnen und sei ein guter Gastgeber. Ich komme gleich nach. Versprochen.«

Erst als Yugi weg ist, schliesst Atemu erschöpft die Augen. Er fühlt sich jetzt schon kaum in der Lage sich auf den Beinen zu halten. Doch er muss es irgendwie schaffen. In Gedanken geht er all die Mantras durch, die er sich in der Zeit als Sklave angewöhnt hat aufzusagen, wenn er am Ende seiner Kräfte war, aber noch nicht zur Ruhe kommen durfte. Langsam spürt er, wie sich sein rasender Herzschlag wieder beruhigt und seine Atmung gleichmässiger und tiefer wird. Dennoch bleibt er noch länger auf dem Boden knien, bis sich auch seine wild im Kreis drehenden Gedanken wieder beruhigen. Erst jetzt öffnet er wieder die Augen und sieht auf das vom Alter dunkle Holz des Regals vor ihm. Noch ein paar Mal atmet er tief durch, ehe sich sein Körper strafft und er aufsteht und sich die Kleider glatt streicht. Nichts erinnert jetzt mehr an seinen Zusammenbruch. Sein Blick ist gefasst, seine Haltung aufrecht und königlich, als er sich in Bewegung setzt und den Laden verlässt.

Äusserlich vollkommen ruhig und mit wie betäubten Gefühlen geht er die Treppe nach oben. Jedoch zögert er vor dem Wohnzimmer. Noch kann er von den Personen in dem Raum nicht gesehen werden, dennoch herrscht ein Stille, als wäre niemand da. Es ist unheimlich, dass mindestens vier Personen so gar kein Geräusch machen können. Nur das leise Knistern des Kaminfeuers ist gerade noch so zu hören. Seine Selbstbeherrschung gerät ins Schwanken und er muss ein paar Mal tief durchatmen, ehe er sich in der Lage sieht, die letzten Schritte zu machen.

Mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck betritt er das Wohnzimmer. Mit einem Blick erfasst er die Situation. Auf dem Sofa sitzen ihre drei Gäste, während es sich Grossvater und Yugi auf den beiden Stühlen bequem gemacht haben, die sonst beim Schachtisch stehen, jetzt aber gegenüber des Sessels stehen, der noch frei ist. Mit einem angedeuteten Lächeln tritt er näher und neigt majestätisch den Kopf. »Hohepriester Shimon, Prinz Nesut. Verzeiht mir mein Versäumnis, euch gebührend zu begrüssen. Ich heisse euch herzlich im Hause Muto willkommen.« Bewusst verwendet er die förmlichen Anreden und Titel. »Sir Hopkins, ich heisse auch euch willkommen.« Seine Stimme ist nur eine Spur kühler, als bei den anderen beiden und nichts verrät, wie es in ihm aussieht, als er sich auf den freien Sessel setzt.

 

Shimon ist wie erstarrt, als Atemu sich so verhält, als wären sie … Er kann keine Worte dafür finden. Um sich irgendwie wieder zu fangen, räuspert er sich vernehmlich hinter vorgehaltener Hand. »Es gibt nichts zu verzeihen, mein Pharao. Eher müssen wir euch um Verzeihung bitten, für all die Jahre in denen wir …« Eine gebieterisch erhobene Hand lässt ihn mitten im Satz verstummen.

»Hohepriester. Es gibt nichts, was ich euch verzeihen müsste. Ausserdem bin ich nicht mehr der Pharao und es wäre respektlos, dem Sohn des Pharaos gegenüber, wenn Ihr mich weiterhin so nennt.« Hoheitsvoll sieht er Shimon an, der zögernd nickt. »Aber wie sollen wir euch sonst nennen? Ihr seid er gesalbte Pharao, der von den Toten wieder auferstanden ist. Ihr gehört rechtmässig auf den Thron.«

 

Yugi wird es beinahe schlecht, als er die so geschwollene Sprache hört und dann noch dieses, in seinen Augen scheinheilige Getue! Kein Wort hatten die beiden Fremden mit ihnen gewechselt, seit sie das Wohnzimmer betreten hatten und auch Hopkins hatte nach der Begrüssung nur schweigend dagesessen. »Können wir dem Ganzen nicht ein Ende setzen? Bitte, Grossvater. Du kannst doch auch sehen, dass es Atemu schlecht geht«, flüstert er Sugoroku so leise zu, dass nur dieser ihn hören kann.

»Leider nein. Wir können nichts tun, ausser zuzusehen und ihn dann wieder aufzufangen, wenn er zusammenbricht. Seit dem Moment, als sie unten die Schwelle überschritten haben, sind wir nur noch Zuschauer oder Statisten. So leid es mir tut, wir können und dürfen jetzt nicht eingreifen«, erwidert Sugoroku ebenso leise, während er fasziniert das Schauspiel beobachtet, das sich ihm gerade bietet.

 

Gerade schüttelt Atemu auf eine Art den Kopf, wie es wohl nur ein geborener Herrscher kann. »Hohepriester Shimon, ich bin kein Pharao mehr. Seht ihr nicht das Halsband, das ich trage? Ich bin ein einfacher Sklave, der seinen Herren dient.«

Nun hält es Seto nicht mehr aus. Jedem Protokoll zum Trotz springt er auf und sieht auf seinen Pharao hinab. »Ja, wir sehen das Halsband, das ihr tragt. Hinter dem ihr euch versteckt. Wo wart ihr all die Jahre? Habt ihr denn gar kein schlechtes Gewissen eurem Volk gegenüber oder zumindest gegenüber eurer Schwester? Verdammt, ich habe die Totenriten für euch abgehalten, weil sie noch zu klein war! Euer Volk hat um euch getrauert! Wir alle haben um euch getrauert!« Jedes einzelne Wort ist mit einer Intensität und gleichzeitigen Ruhe ausgesprochen, die noch schlimmer sind, als wenn Seto geschrien hätte. Mit feurigem Blick sieht er seinen Cousin an, der den Blick ruhig und mit diesem ihm so eigenen Lächeln erwidert, das nichts von seinen wahren Gefühlen erahnen lässt.

Augenscheinlich entspannt lehnt sich Atemu zurück. »Dass meine Schwester und mein Volk getrauert haben, das glaube ich euch sogar. Aber verzeiht mir, wenn ich euch nicht glaube, dass euer Vater um mich getrauert hat. Schliesslich ist mein Flugzeug von unseren eigenen Raketen abgeschossen worden.« Vollkommen ruhig spricht er diese Tatsache aus und doch schlagen die Worte ein, wie eine Bombe. Jeder im Raum ist erstarrt und nur die leisen Schritte Ninos durchbrechen die Stille, der Tee und einen Teller mit frisch gebackenen Keksen bringt und alles auf den Sofatisch stellt. Ganz der perfekte Diener füllt er die Tassen mit dem extra aufgebrühten Tee, ehe er sich mit gesenktem Blick wieder zurückzieht.

»Das ist nicht wahr. Warum sollten unsere Leute euer Flugzeug angreifen! Das was ihr sagt ergibt keinen Sinn! Die Untersuchungen haben eindeutig ergeben, dass ein Triebwerksschaden zum Absturz geführt hat. Die verantwortlichen Mechaniker sind dafür natürlich auch zur Verantwortung gezogen worden!« mit beiden Händen stützt sich Seto auf den Armlehnen des Sessels ab, als er sich zu Atemus Gesicht runterbeugt. »Also wie zum Seth kommt ihr darauf, dass euer Flugzeug angegriffen worden ist.«

Ruhig sieht Atemu in die sonst so kalten Augen, in denen jetzt eine unterdrückte Wut, aber auch Unsicherheit brennt.

»Ganz einfach! Wir waren in unserem Luftraum. Ich konnte durch das Fenster den Sand der Wüste sehen, als die erste Rakete einschlug und kurz darauf eine zweite, die das Flugzeug dann abstürzen liess«, erwidert er mit gefährlich ruhiger Stimme und mit diesem Lächeln, das jeden um ihn herum immer verunsichert hatte. »Wisst ihr, was das für ein Gefühl ist, eingeklemmt zwischen Trümmern aufzuwachen und vor sich den vorderen Teil des Flugzeugs zu sehen? Die Schreie der Verletzten zu hören, die euren Namen rufen? Und dann zu sehen, wie genau der Teil vor euren Augen explodiert? Ich weiss nicht, wie ich in den hinteren Teil des Flugzeugs gekommen bin, aber seit ich mich wieder daran erinnern kann, wer ich einst gewesen bin, werde ich diesen Anblick, diese Schreie, niemals vergessen.«

Seto will ihn anschreien, dass es nicht sein kann, als ihm plötzlich bewusst wird, was ihm da gerade gesagt worden ist. Ruckartig richtet er sich auf. »Ihr hattet wirklich eine Amnesie?«, fragt er ungläubig nach. Hatte er doch diesem Hopkins kein Wort geglaubt, als er ihnen genau das erzählt hatte.

»Ja, ich konnte mich bis vor etwa einem halben Jahr nicht daran erinnern, was genau passiert war oder wer ich einst überhaupt gewesen bin. Das hat Sir Hopkins euch doch sicher erzählt. Wenn er euch schon erzählt hat, dass ich noch lebe und das wohl so überzeugend, dass ihr beide jetzt hier in diesem Haus seid und das zu dieser Jahreszeit. Die Überfahrt war sicher kein Vergnügen. Vor allem wenn ich bedenke, dass ihr sicher mit dem Postschiff fahren musstet, da Sir Hopkins nicht mit einem Flugzeug reisen darf.« Ein spöttischer Unterton hat sich in Atemus Stimme geschlichen, die Seto so sehr reizt, dass dieser sich wieder vorbeugt, ihn nun am Kragen seines Pullovers packt und ihn drohend zu sich heranzieht. «Na los! Führt zu Ende, was euer Vater begonnen hat. Es muss ja schon eine Belastung für euch sein, dass er nicht der gesalbte Pharao ist, sondern nur so lange auf dem Thron sitzt, bis meine Schwester grossjährig und verheiratet ist.» Herausfordernd sieht er in die Augen seines Cousins, in denen er einen kurzen Anflug von Schmerz erkennt. «Sagt bloss, sie ist schon verlobt. Wer ist denn der Glückliche? Etwa einer der Söhne von Kaiser Hadrian? Oder ein Handlanger eures Vaters?»

Vernehmlich räuspert sich nun Shimon. »Es ist der Pharao selbst, der sie an ihrem Tag der Grossjährigkeit zur Frau nehmen wird. Das hat er vor drei Monaten verkünden lassen.«

Als Atemu das hört, erstarrt er. Seine Maske mit dem leichten Lächeln verrutscht für den Bruchteil einer Sekunde, als sich in seinem Blick der Schock abzeichnet und auch eine Spur der Furcht, die er fühlt, seit Seto ihm so nahe ist und ihn gepackt hält. Ruckartig reisst er sich los und steht auf, sodass sein Cousin sich aufrichten und einen Schritt zurücktreten muss. »Das kann er nicht machen! Die Praxis der Tochter-, Schwester- oder Nichtenehe wird schon seit Generationen nicht mehr praktiziert! Seit bekannt ist, dass dadurch Erbkrankheiten unkontrolliert in der Familie verbreitet werden können!»

Seine Augen sprühen nun vor Wut. »Ich kann es nicht glauben, dass Kisara damit einverstanden ist, ihn zum Mann zu nehmen!«

Ernst sehen sich Shimon und Seto an, bis der alte Mann leicht nickt. Daraufhin räuspert sich Seto. »Sie ist nicht einverstanden. Aber er lässt ihr keine andere Wahl. Entweder sie heiratet ihn, besteigt den Thron und macht ihn zum gesalbten Pharao oder er lässt öffentlich werden, dass ihre Mutter fremd gegangen ist und sie nicht die Tochter eures Vaters ist.« Kühl sieht er Atemu an. Wartet darauf, dass dieser etwas dagegen sagt, doch er wird nur mit diesem spöttischen Lächeln angesehen. Die Maske sitzt wieder perfekt.

Äusserlich ruhig setzt sich Atemu wieder hin. »Damit erzählt ihr mir nichts Neues. Mir war schon vor meiner Thronbesteigung bekannt, dass Kisara und ich nicht den gleichen Vater haben. Allerdings war mir nicht bekannt, dass dies auch meinem Onkel bekannt ist.« Mit einem erhabenen Blick mustert er Seto, der sich langsam wieder aufs Sofa sinken lässt. »Wenn euch das bekannt ist, warum regt ihr euch dann so auf?«, will Seto tonlos wissen.

»Weil es dennoch nicht richtig ist. Der Pharao ist offiziell ihr Onkel und geht auf die sechzig Jahre zu. Wenn er den Thron schon nicht aufgeben will, wie es seine Pflicht wäre, dann soll er sie in den Tempel der Bastet schicken.« Wieder äusserlich ruhig lehnt sich Atemu majestätisch zurück. Doch in seinem Innern schreit er laut auf, wegen der Ungerechtigkeit, die seiner Schwester widerfährt.

 

Nun räuspert sich Shimon. »Hoheit, ihr habt den Verdacht durchscheinen lassen, dass der amtierende Pharao etwas mit dem Absturz eures Flugzeuges zu tun hat. Ich frage mich, woher ihr die Informationen habt, die in euch den Verdacht geweckt haben.« Fragend sieht er Atemu an, der den Blick spöttisch erwidert. »Hohepriester, wie viele Personen befinden sich im Raum?«, stellt er statt einer Antwort eine Gegenfrage, woraufhin der alte Mann die Stirn runzelt. »Wir sind sechs Personen. Ich verstehe nicht.«

»Wirklich? Hast du nicht eine Person vergessen?« Mit einem spöttischen Gesichtsausdruck legt Atemu die Fingerspitzen aneinander.

»Hier sind sieben Personen«, meldet sich nun das erste Mal Arthur zu Wort. Er deutet zur Tür, wo Nino steht und mit respektvoll gesenktem Blick darauf wartet, dass er gebraucht wird.

Jetzt sieht Shimon auch zu dem jungen Sklaven. »Ich verstehe nicht.«

Leicht tippt Atemu die Fingerspitzen aneinander. »Ach, wirklich nicht? Wir Sklaven sind immer da. Immer um euch herum und doch nehmt ihr uns nicht wahr, solange ihr uns nicht braucht. Aber wir sehen und hören alles, was um uns herum vorgeht.«

Bewusst sagt er nicht direkt, worauf er hinaus will. Die beiden Männer sollen entweder von allein auf die Antwort kommen oder weiter im Dunkeln tappen.

Als die Stille sich im Raum ausbreitet, räuspert sich Sugoroku. »Nino, bring bitte Teller und Besteck nach oben. Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Pastete zu essen, die sie mitgebracht haben.« Als Nino nickt und sich zum Gehen umwendet, steht auch Atemu auf. »Ich bringe den Pferden schnell ihr Heu. Schliesslich sollen die beiden nicht darunter leiden, dass wir Besucher haben.« Noch bevor irgendjemand etwas sagen kann, geht er aus dem Wohnzimmer.

»Was? Das kann er doch nicht machen!«, ruft Seto ungläubig aus. »Wir sind hier noch lange nicht fertig!«

»Doch, das kann er machen! Er ist hier Zuhause und hat jedes Recht zu gehen, wenn er das möchte«, widerspricht Sugoroku. Auch als der tödliche Blick des Prinzen ihn trifft, sieht er ihn vollkommen ruhig und unbeeindruckt an. »Entweder seid Ihr naiv oder blind.« Kühl sieht er von Seto zu Shimon. »Oder ihr wollt nicht sehen, dass es ihm nicht gut geht. Er hat fünf Jahre schlimmste Sklaverei hinter sich. Er hat sich über fünf Jahre lang nicht daran erinnern können, wer er ist. Glaubt ihr wirklich, dass dies ohne Spuren zu hinterlassen, an ihm vorbei gegangen ist? Habt ihr vergessen, wie er gestern auf euch reagiert hat?«

 

Ernst nickt Arthur. »Sugoroku hat recht. Er ist ein unglaublich guter Schauspieler. Er kann seine wahren Gefühle beinahe perfekt unterdrücken oder sie zumindest verstecken, aber das zerrt an den Kräften. Wenn ich Sugorokus Worte richtig interpretiere, dann will er uns so mitteilen, dass Atemu lapidar gesagt eine Pause braucht.«

Zu seiner Überraschung schüttelt sein alter Freund den Kopf. »Keine Pause. Ihr solltet nach dem Essen gehen und erst morgen wiederkommen. Er ist am Ende seiner Kräfte. Sonst wäre er jetzt nicht in den Stall gegangen.«

Abschätzig schnaubt Seto, als er sich mit verschränkten Armen zurücklehnt. »Das soll er uns selbst sagen, wenn er zurück kommt.«

»Er wird nicht zurück kommen, solange ihr da seid«, sagt nun Yugi und steht auf. »Er wird erst wieder das Haus betreten, wenn ihr weg seid. In seinen Augen konnte ich deutlich sehen, dass er am Ende ist. An seiner Haltung war es auch eindeutig zu erkennen! Verdammt nochmal! Ihr beide habt ihn bis zu seiner Versklavung beinahe jeden Tag gesehen und doch kennt ihr ihn offensichtlich nicht!« Mit vor Wut blitzenden Augen fixiert er die beiden Männer. »Esst noch in Ruhe und dann verschwindet aus meinem Haus! Ich will euch bis morgen nicht mehr sehen. Am liebsten noch länger nicht!«

Da kommt Nino mit den Tellern rein. Er nimmt ihm einen ab und legt ein paar Pasteten darauf. »Ich bin im Stall!« Ohne sich noch einmal zu seinen Gästen umzudrehen, verlässt er das Wohnzimmer und zieht sich unten im Flur warm an, ehe er nach draussen geht. Tief zieht Yugi die kühle Luft ein, während er über den Hinterhof läuft. Zuerst sieht er ihm Heulager nach, aber da ist sein Liebster nicht. So geht er zu den Boxen und kann sich trotz allem ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er ihn in Rockys Box entdeckt.

 

Atemu kauert im Stroh und hat den Kopf auf die Knie gelegt. Auf einmal raschelt es neben ihm. Dennoch blickt er nicht auf. Doch er lehnt sich an seinen Sharik und schluchzt leise auf. »Ich kann nicht mehr! Es ist zu viel!«

Sanft legt Yugi die Arme um ihn zieht ihn fester an sich. »Es ist gut. Sie gehen. Du musst dich ihnen heute nicht mehr stellen. Aber sie kommen morgen wieder.« Einem inneren Drang folgend, haucht er ihm einen Kuss auf die Stirn. »Es tut mir leid, dass ich dich nicht vor ihnen beschützen kann.« Da löst sich Atemu wieder leicht von ihm. »Du gibst mir die Kraft, da oben im Wohnzimmer zu sitzen und mich mit ihnen zu unterhalten. Es muss sein. Ich muss wissen, was im ägyptischen Grossreich vor sich geht. Sonst komme ich nie zur Ruhe. Aber es ist so schwer. Sie sehen den Pharao in mir, der ich damals gewesen bin. Aber der bin ich nicht mehr. Ich war nie die Person, die sie in mir gesehen haben, aber das verstehen sie nicht. Das können sie nicht verstehen. Das haben sie nie. Nur Tante Amina hat damals mein wahres Ich gesehen und jetzt tut ihr das. Ihr seid meine Familie! Nicht sie! Aber dennoch will ich Kisara wiedersehen. Ich will sie in den Arm nehmen! Sie beschützen und ihr sagen, dass alles gut wird!«

Ruhig hört Yugi zu und streicht ihm die Tränen von den Wangen. »Das ist ganz normal. Sie ist deine Schwester und du liebst sie. Ich würde meine Schwester auch beschützen wollen, wenn ich an deiner Stelle wäre.« Er zieht ihn wieder an sich und hält ihn fest. »Wir schaffen das. Gemeinsam werden wir es schaffen.«

 

 

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So, das war es jetzt auch schon. Ja, was soll ich sagen, es wird sehr schwer für unsere geliebten Jungs werden. Denn, was ist das Richtige? Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Eure mrs_ianto

Schlechte Nachrichten

Hallo zusammen,

 

tut mir leid. Das Wochenende verging wie im Flug und ich bin einfach nicht dazu gekommen, das neue Kapitel hochzuladen. Das hole ich jetzt dafür nach.

 

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Schlechte Nachrichten

 

 

 

Die Sonne schickt gerade ihre ersten Strahlen durch das Küchenfenster, als Sugoroku in die Küche kommt und direkt zum Herd geht. Er fühlt sich nach der schlaflosen Nacht wie erschlagen und würde am liebsten wieder ins Bett gehen, aber seine unruhigen Gedanken hatte ihn erst vor ein paar Minuten dazu gebracht, aufzustehen. Gähnend giesst er sich eine Tasse von dem frisch aufgebrühten Tee ein, als Nino aus der Vorratskammer kommt. «Guten Morgen, mein Junge», murmelt er und ringt sich zu einem freundlichen Gesichtsausdruck durch.

«Guten Morgen, Sugoroku», erwidert Nino, während er die Zutaten für den Brötchenteig auf den Tisch legt. «Tut mir leid, dass die Brötchen noch nicht im Ofen sind, ich habe verschlafen.» Schuldbewusst senkt er den Blick und beginnt mit hastigen Handgriffen, alles in die bereitgestellte Schüssel zu geben. «Mach dir keinen Stress. Dann gibt es halt später Frühstück oder ich gehe nachher los und hole die Brötchen bei Bäckermeister Pan, wenn der Teig zu lange zum gehen braucht. Wir müssen auch wieder Hefe herstellen, fällt mir gerade auf. Viel ist nicht mehr da», nachdenklich blickt er auf das Glas mit ihrer ersten eigenen Hefezucht, die überraschend gute Brötchen und Brote hervorbringt. «Wo hast du das eigentlich gelernt, wie man selbst erfolgreich Hefe herstellt?» Neugierig mustert er Nino der jetzt etwas von dem Hefewasser in die Schüssel gibt und dann das Glas wieder sorgfältig verschliesst. «Von Oma. Sie war eine Köchin in dem Haushalt, wo ich aufgewachsen bin. Sie hat es mir beigebracht, damit ich für meine Besitzer in vielen Bereichen nützlich sein kann.» Er beginnt jetzt den Teig zu kneten. »Ich wurde dann laut meinen Papieren mit acht Jahren das erste Mal verkauft und habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Ich weiss nicht einmal ob sie noch in dem Haushalt arbeitet oder ob sie zu ihrer Tochter nach Osaka gezogen ist.«

Aufmerksam hört Sugoroku zu und kann heraushören, dass Nino deswegen traurig ist. »Ist sie denn deine Oma oder hast du sie nur so genannt?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen und setzt sich nun mit seinem Tee an den Tisch.

»Wir haben sie alle Oma genannt. Einfach weil sie sich uns Kindern so vorgestellt hat. Ich weiss gar nicht, wie sie richtig hiess.« Den Blick auf die Schüssel gerichtet haltend, vermeidet es Nino, den alten Mann anzusehen. Immer weiter knetet er den Teig, bis sich dieser glatt und geschmeidig anfühlt. Zufrieden legt er ein feuchtes Tuch über die Schüssel und stellt sie neben den Herd. »Wenn du wieder zum Markt gehst, kannst du dann wieder getrocknete Aprikosen oder so kaufen? Dann kann ich neues Hefewasser ansetzen.«

Gerade als Sugoroku nickt und etwas sagen will, hören sie, wie an die Ladentür geklopft wird. »Wer ist denn das?« Verwirrt über die frühe Störung, will Sugoroku aufstehen, als Nino ihm die Hand auf die Schulter legt. »Ich gehe.« Entschlossen sieht er ihn an, ehe er die Hand zurückzieht und die Küche mit einer Öllampe in der Hand verlässt. Als er im Flur ist, wird wieder an die Tür geklopft und das deutlich ungeduldiger. »Ja, ich komme«, ruft er, als er den Laden betritt. Die Öllampe in der rechten Hand haltend, schliesst er die Tür auf und öffnet sie einen Spalt breit. »Darf ich fragen, wer ihr seid und was ihr zu der frühen Stunde hier wollt? Der Laden ist noch geschlossen.« Fragend sieht er die beiden Personen an.

Die vordere Gestalt schlägt die Kapuze des Umhangs zurück. »Lass uns rein, Sklave. Wir müssen dringende Nachrichten überbringen.«

Erst jetzt erkennt Nino den älteren der beiden Männer aus dem ägyptischen Grossreich. Dennoch öffnet er nur zögernd die Tür. »Ich weiss nicht, ob Atemu schon bereit ist, jetzt schon mit euch zu reden.«

»Lass uns endlich rein, Sklave. Wir frieren uns hier den Arsch ab!«, mischt sich nun Seto ein und stösst einfach rücksichtslos die Tür auf. Dass Nino dabei stürzt, ist ihm egal. Ohne ihn zu beachten betritt er den Laden.

Nur mit Glück konnte es Nino verhindern, dass ihm die Öllampe aus der Hand fällt. Seinen Stand vergessend, funkelt er den Fremden an. »Seid Ihr wahnsinnig. Wenn ich die Lampe fallen gelassen hätte, hätte hier alles Feuer fangen können.« Wütend steht er auf und es ist ihm egal, ob sein Gegenüber eine freie Person ist. Wenn es um so etwas wie Feuer geht, kennt Nino nichts.

Herablassend mustert Seto den kleinen Sklaven. Irgendwie beeindruckt ihn der Mut des Kleinen. »Es ist mir so ziemlich egal, ob diese Bruchbude hier abfackelt. Nun bring uns endlich zu deinen Herren.«

Inzwischen ist auch Shimon eingetreten und hat die Tür hinter sich geschlossen. Auch wenn der Laden offensichtlich gerade nicht beheizt wird, ist es hier drin deutlich wärmer als draussen in der kalten Morgenluft.

»Mein Prinz, jetzt habt doch noch einen Moment lang Geduld. Nicht, dass wir hier doch noch einen Brand legen.« Streng sieht er seinen Schützling an, der schnaubend die Arme verschränkt.

Nino ist dem alten Mann dankbar, dass dieser sich einmischt. »Moment«, murmelt er und schliesst die Tür wieder sorgfältig ab. Erst, als er sicher ist, dass sie auch wirklich abgeschlossen ist, dreht er sich wieder um. »Folgt mir bitte«, fordert er die beiden mit aufgesetzter Unterwürfigkeit auf, als er sich umdreht und die beiden in den düsteren Flur führt. Die Öllampe höher haltend, geht er in die Küche, wo Sugoroku sich gerade mit besorgtem Blick erhebt. »Prinz Seto, Hohepriester Shimon. Guten Morgen, was führt euch zu dieser frühen Stunde hierher?«

Ernst mustert Shimon den alten Muto. »Guten Morgen. Wir haben ernste Kunde aus dem ägyptischen Grossreich und auch von Kaiser Hadrian erhalten, die uns dazu zwingen, früher als gestern besprochen mit dem Pharao zu sprechen.«

Tief atmet Sugoroku durch. »Meine Enkel sind noch nicht hier in die Küche zum Frühstücken gekommen. Setzt euch hin und wartet gemeinsam mit mir und Nino auf sie.«

Freundlich deutet er auf die beiden Stühle, auf denen sonst Yugi und Atemu sitzen. »Darf ich euch eine Tasse Tee anbieten, während ihr wartet?« Kurz sehen sich die beiden Ägypter an, ehe sie sich hinsetzen. «Sehr gern. So viel Zeit haben wir.« Warnend sieht Shimon seinen Schützling an, der den Blick mit verengten Augen erwidert.

Unauffällig stellt Nino zwei weitere Tassen Tee auf den Tisch und füllt auch Sugorokus Tasse wieder auf. »Ich setze neuen Tee auf«, teilt er dem alten Mann dabei leise mit und als dieser kurz nickt, dreht er sich um und stellt einen Topf mit Wasser auf den Herd. Zur Sicherheit legt er noch einmal Holz nach und sieht dann nach dem Brötchenteig. Er ist zwar noch nicht ganz so weit aufgegangen, wie er es gern hätte, aber dennoch stellt er die Schüssel auf den Tisch und legt das Backblech daneben. Den konsternierten Blick des Prinzen ignoriert er gekonnt, als er anfängt aus dem Teig die Brötchen zu formen und sie dann auf das Blech legt.

»Warum gehen wir nicht hoch ins Wohnzimmer?« Genervt, dass er hier in diesem Dienstbotenbereich sitzen muss, sieht Seto zu Sugoroku der den Blick gelassen erwidert. »Nein, wir frühstücken immer in der Küche. Das ist der wärmste Raum im Haus und ich sehe keine Veranlassung dazu, jetzt schon im Wohnzimmer das Feuer zu entzünden und so Holz zu verschwenden.« Sein Ton lässt keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint.

In dem Moment kommt Yugi reingeschlurft und geht, ohne ein Wort zu verlieren, zum Herd, nur um gleich darauf die Stirn zu runzeln. »Der Tee muss frisch gekocht werden. Nimm meinen Tee, damit du wach wirst.« Ernst hält er seinem Enkel die Tasse hin, der sie ergreift und einen Schluck trinkt. »Was machen die beiden hier? Du hast doch gesagt, dass sie erst am Nachmittag kommen.« Feindselig sieht er zu den beiden Männern, die zwei Plätze blockieren. »Sie haben Informationen erhalten, die keinen Aufschub dulden. Darum sind sie schon hier«, erwidert Sugoroku gelassen. Er stört sich keineswegs an Yugis Tonfall. Erstens ist der noch an seinem ersten Tee dran und zweitens empfindet er die gleiche Feindseligkeit.

Keiner von ihnen hat bemerkt, dass Nino aus der Küche gegangen ist, nachdem er das Backblech in den Ofen geschoben hatte. Nun kommt er mit zwei Stühlen wieder zurück und stellt sie an den Tisch, bevor er sich weiter darum kümmert, dass das Frühstück gegessen werden kann, sobald die Brötchen fertig sind.

Da kommt Atemu mit unergründlicher Miene in die Küche. Seine Wangen sind von der kalten Luft und der Arbeit im Stall gerötet. »Guten Morgen«, grüsst er freundlich in die Runde und zieht dann Yugi an sich. Demonstrativ gibt er ihm einen langen Kuss, den er nur wegen Atemnot wieder löst. »Guten Morgen, Sharik«, raunt er ihm mit warmer Stimme zu, ehe er ihn wieder loslässt und sich mit kühlem Blick zu Shimon und Seto umdreht. »Das müssen ja schlimme Nachrichten sein, wenn ihr euch nicht an die einfache Vereinbarung haltet, erst am Nachmittag zu kommen.«

Unwillkürlich schluckt Shimon, als er den klirrend kalten Tonfall in der Stimme vernimmt. »Die Nachrichten sind wirklich schlimm und verlangen schnelle Entscheidungen. Darum sind wir hier. Wir haben nicht mehr den Luxus, uns mehr Zeit als nötig zu lassen.« Sein Blick ist eindringlich und spricht Bände.

Dies bringt Atemu dazu, sich hinzusetzen. Er verschränkt abwartend die Arme. »Was sollte noch schlimmer sein, als die Nachricht, dass meine Schwester dazu gezwungen wird, den Mann zu heiraten, der mich tot sehen wollte?« Ein leichter Spott ist in seinem Blick zu lesen. Da schiebt ihm Shimon ein Tablet zu, das er stirnrunzelnd in die Hand nimmt.

»Mein Pharao, es droht ein Krieg zwischen den Reichen, der vom amtierenden Pharao provoziert wird. Ihr müsst nach Hause zurückkehren und …«

»Atemu ist hier Zuhause und was interessiert ihn dieser Krieg! Seine eigene Familie wollte ihn umbringen und hat ihn im Stich gelassen.« Fährt Yugi dazwischen und reisst seinem Liebsten das Tablet aus der Hand. »Nehmt eure Magisachen und lasst uns endlich in Ruhe!« Vor Wut bebend knallt er das Tablet vor Shimon auf den Tisch. »Ausserdem ist er immer noch ein Sklave.«

Überrascht, dass sein Sharik so ausflippen kann, sieht Atemu ihn an. Er will gerade etwas sagen, als sich Seto räuspert. »Wie viel?«, will er mit gefährlich ruhiger Stimme wissen.

»Was, wie viel?«, fährt Yugi den Prinzen unbeherrscht an.

»Wie viel verlangst du für deinen Sklaven? Wir kaufen ihn dir ab und …«

»Er ist für keinen Betrag, den ihr mir bieten könntet zu verkaufen. Ich denke ja gar nicht daran, ihn euch zu überlassen.« Mit geballten Fäusten steht Yugi da und er würde diesem Typen am liebsten eine verpassen.

»Jeder hat seinen Preis. Eintausend Goldmünzen oder zweitausend? Nenne mir deinen Preis. Jeder ist …« Prustend bricht Seto mitten im Satz ab, als ihn der Inhalt von Yugis Teetasse im Gesicht trifft.

Voller Hass knallt Yugi die leere Tasse auf den Tisch. »Es gibt keinen Preis. Niemals werde ich die Person, der mein Herz gehört, verkaufen«, gefährlich beugt er sich vor, als ihn eine Hand am Arm zurückhält. »Sharik, lass es gut sein. Bitte beruhige dich.« Sanft zieht er Yugi zu sich herunter und hält ihn dann fest, als er auf seinem Schoss sitzt. »Hohepriester. Mein Sklavenstatus dauert noch mindestens ein Jahr. Erst dann wäre es den Mutos möglich, mich freizulassen. Ihr müsst eure Probleme selbst lösen.« Seine ruhige Stimme ist der wohl extremste Gegensatz zu der aufgeheizten Stimmung im Raum und selbst in seinen Armen ist Yugi immer noch gefährlich am Grummeln.

 

Vernehmlich räuspert sich Shimon. »Yugi, bitte rege dich nicht auf. Wir sind nur verzweifelt. Es geht darum einen Weltkrieg zu verhindern, der auch euch betreffen würde.« Eindringlich sieht er den jungen Mann an, der den Blick voller Hass erwidert. »Was verhindert, dass ihr ihn dann nicht einfach umbringt? Und woher sollen wir wissen, dass ihr die Wahrheit sagt? Ihr könntet uns das Blaue vom Himmel herunterlügen und wir könnten es nicht überprüfen.«

Wortlos greift Shimon nach dem Tablet und öffnet ein Dokument, ehe er es Yugi hinhält. »Hier kannst du den Beweis nachlesen.« Bewusst hält er seine Stimme ruhig, um den jungen Mann nicht noch mehr zu reizen. Ohne zu glauben, dass für ihn auch nur etwas von dem was da geschrieben steht, verständlich ist, beobachtet er Yugi, wie dieser mit Atemus Hilfe die Dokumente durchgeht, die sie selbst erst vor kurzem erhalten haben und das auch nur, weil zum Glück das Haus von Hopkins so nahe an Atami liegt, dass sie in einer Ecke des Parks Handyempfang haben.

Plötzlich steht Yugi wortlos auf und geht mit zu Fäusten geballten Händen aus der Küche. Nur mit Mühe unterdrückt Atemu den Drang, ihm zu folgen. Stattdessen legt er mit absolut ruhiger Miene das Tablet auf den Tisch. »Der Akku ist so gut wie leer.« Nichts in seiner Stimme verrät den inneren Konflikt, in dem er steckt. »Als Sklave kann ich nichts machen. Selbst wenn die Besitzrechte auf euch übergehen würden und das wird Yugi niemals zulassen.«

»Yugi, Yugi, Yugi. Ich kann es nicht mehr hören! Er ist ein verdammter Händler und gehört dem einfachen Volk an! Was habt Ihr mit ihm zu schaffen? Ist er etwa so gut im Bett, dass ihr nicht auf ihn verzichten wollt? Dann nehmt ihn als euren Leibsklaven mit!« Mit jedem Wort wird Setos Stimme abfälliger und da springt Atemu auf. »Halt die Klappe, Seto! Du hast überhaupt keine Ahnung, was in den letzten sechs Jahren passiert ist! Er ist der wohl wundervollste Mensch, dem ich je begegnet bin und ihr könntet euch alle eine Scheibe von ihm abschneiden!« Offen zeigt er jetzt, wie wütend er über die Worte seines Cousins ist.

»Er ist ein verdammter Händler! Das kann ich noch hundert Mal wiederholen! Er ist es nicht wert, die Welt für ihn zu opfern!« Auch Seto ist aufgesprungen und jetzt funkeln sich die beiden mit vor Wut blitzenden Augen an.

»Wir gehen besser raus«, meint Sugoroku und steht auf. Auffordernd sieht er Shimon an, der seufzend nickt. »Tun wir es eurem Enkel gleich. Ich glaube, ich habe da noch so eine Idee, wie wir das Dilemma lösen können.«

Gemeinsam verlassen die beiden alten Männer die Küche und lassen Atemu und Seto allein zurück. Nino drückt sich eh die meiste Zeit im Flur rum und geht nur in die Küche rein, wenn es nötig ist. Mit gesenktem Blick steht er an die Wand gelehnt da und sieht den beiden alten Männern nach, wie sie dem Weg Yugis folgen und ins Stofflager gehen.

Dort sitzt Yugi am Schreibtisch. Vor ihm sind die Papiere seines Liebsten ausgebreitet, die er ansieht, ohne wirklich etwas wahrzunehmen.

»Mein Junge«, ruft Sugoroku leise und geht zu ihm. Fest nimmt er ihn in den Arm und da fängt sein Enkel an zu schluchzen. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er sich unter Kontrolle gehabt, aber jetzt schreit er seine Verzweiflung in den Pullover seines Grossvaters. Es zerreisst ihm das Herz, nur schon daran zu denken, was all die Zahlen und Worte, die er auf dem Magigerät gesehen hatte zu bedeuten haben. Er krallt seine Hände fester in den weichen Stoff, der Sugorokus Oberkörper bedeckt.

 

Leise tritt Shimon näher und wirft einen Blick auf die Sklavenpapiere. Nur schon was er auf der ersten Seite liest, verpasst ihm einen Knoten im Magen. »Jetzt erst, wird mir bewusst, was unser junger Pharao durchgemacht hat«, murmelt er tonlos und da dreht sich Yugi ruckartig zu ihm um. »Hört mit diesem Scheiss auf. Er ist Atemu. Mein Lebensgefährte. Er ist der Mann, den ich über alles liebe und ihr habt keine Ahnung, wer er wirklich ist! Ihr seht nur seine Herkunft und den Rang, den er einst hatte.« Er brüllt den Hohepriester an und es ist ihm herzlich egal, was ihm für Konsequenzen drohen könnten, weil er sich so respektlos verhält.

Beschwichtigend hebt Shimon die Hände. »Bitte verzeiht. Darf ich euch eine Frage stellen?« Bewusst spricht er Yugi nun voller Respekt an und als dieser nickt, deutet er auf die Sklavenpapiere. »Es könnte mir möglich sein, dass euer Gefährte noch diese Woche ein freier Mann sein wird. Gebt ihr mir die Erlaubnis, dazu, die nötigen Schritte zu unternehmen?« Freundlich und doch sehr ernst sieht er in diese ungewöhnlichen amethystfarbenen Augen, die ihn misstrauisch mustern. »Und dann? Zwingt ihr ihn, mich und Grossvater zu verlassen?« Will er zweifelnd wissen.

Tief atmet Shimon durch, ehe er den Kopf schüttelt. »Es ist und bleibt die Entscheidung des Pharaos, was er tun wird. Niemand von uns kann ihn dazu zwingen, euch zu verlassen. Aber egal, wie er sich entscheidet. Er muss die Entscheidung bald treffen.«

 

Hin und her gerissen beisst sich Yugi auf die Lippen. Er kämpft mit sich, denn solange sein Liebster offiziell sein Sklave ist, können die zwei Fremden reden, solange sie wollen. Er hat das letzte Wort. Aber wäre das seinem Liebsten gegenüber fair? Wie oft hat er ihn nachts heimlich beobachtet, wenn er auf dem Tisch in ihrem Zimmer gesessen ist und mit einem sehnsüchtigen Blick nach draussen in den Himmel gestarrt hatte …

»Gut, ich bin einverstanden«, murmelt er tonlos und mit gesenktem Blick. Er fühlt sich so unglaublich kraftlos und müde.

Wie betäubt beobachtet er, wie der Hohepriester ein kleines Gerät aus der Tasche nimmt und es über die Unterlagen hält. Er weiss nicht, was das Ganze soll, aber gerade ist es ihm ehrlich gesagt auch herzlich egal.

 

Nach ein paar Minuten steckt Shimon sein Smartphone, mit dem er alles fotografiert hat, wieder ein. Er hat alles durchgelesen und jetzt dreht er sich blass um und richtet den Blick auf Yugi. »Ich bedanke mich schon mal für alles, was ihr für ihn getan habt und ich entschuldige mich für alles, was passiert ist und was vielleicht noch passieren wird.« Tief verbeugt er sich vor dem jungen Mann, ehe er sich umwendet und den kühlen Raum verlässt. Er geht direkt in die Küche, wo sich Seto und Atemu immer noch gegenüberstehen. Nur das geschäftige Werkeln Ninos durchbricht die bleierne Stille, die in der Luft liegt. »Mein Prinz, bitte begleitet mich. Der Pharao braucht Zeit, um nachzudenken und wir haben einiges zu erledigen, um ihm wenigstens etwas von seiner Last abzunehmen.« Erst jetzt wird er von zwei königlichen Augenpaaren angesehen. »Was meint ihr, Hohepriester?«, fragt Atemu mit emotionsloser Stimme, woraufhin der alte Mann auf das Halsband deutet, das um seinen Hals liegt. »Wir lassen unsere Beziehungen spielen, damit ihr so schnell wie möglich wieder ein freier Mann seid. Ich kann nichts versprechen, aber ich habe gewisse Kontakte in diesem Land, die ich aktivieren kann.«

Unwillkürlich legt sich Atemu die Hand um den Hals. Deutlich spürt er das kühle Leder an seiner Haut. »Warum? Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich tun werde.«

Da lächelt ihn Shimon wohl das erste Mal, seit sie dieses Haus betreten haben, mit einem sanften Blick an. »Weil es Zeit wird, dass ihr wieder ein freier Mann seid. Egal, wie ihr euch entscheidet, es ist das Mindeste, was wir tun können. Nach allem, was euch angetan worden ist.«

 

»Nimm es an«, meldet sich Yugi zu Wort, der gerade an die Küche kommt und direkt zu seinem Liebsten geht. Leicht legt er ihm die Hand auf die Wange. »Nutze die Chance, so schnell wie möglich wieder ein freier Mann zu sein.« Voller Liebe sieht er in die rubinroten Augen, bis der Blickkontakt unterbrochen wird, weil Atemu zu Shimon blickt. »Gut, wann kommt ihr wieder?«

»Sobald wir es geschafft haben, dass ihr ein freier Mann sein werdet.« Antwortet Seto anstelle von Shimon und geht zu ihm. »Spätestens morgen, müsst ihr uns erwarten.« Mit diesen Worten geht er hinaus und wartet dort ungeduldig auf Shimon, der den beiden jungen Männern leicht zunickt. »Ich lasse das Tablet hier. Ja, der Akku ist fast leer, aber dennoch könnt ihr die Unterlagen noch einmal in Ruhe studieren, Hoheit.« Wieder verneigt er sich tief, ehe auch er sich umwendet und die Küche verlässt.

 

Kaum sind sie allein, sinkt Atemu auf seinen Stuhl und vergräbt das Gesicht in den Händen. Er spürt, wie sein Sharik die Arme um ihn legt. Halt suchend lehnt er sich an ihn und schlingt die Arme um ihn.

 

 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Unsere Jungs kommen einfach nicht mehr zur Ruhe.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Freiheit?

Hallo zusammen,

 

das ist jetzt das zweitletzte Kapitel, das ich noch vorgeschrieben habe. Also kommt sicher noch nächste Woche ein Kapitel und dann müsst ihr euch wieder etwas gedulden, bis der nächste Buchband von Der Wüstensklave fertig geschrieben ist.

 

So und jetzt wünsche ich euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 

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Freiheit?

 

 

Stumm dasitzend beobachtet Atemu, wie die Pferde ihren Auslauf im Hinterhof geniessen. Vergessen ist das Zaumzeug in seinen Händen, das er eigentlich mit Lederfett behandeln will. Nachdem Shimon und Seto am Morgen wieder gegangen waren, hat er sich in den Stall zurückgezogen und ist nicht einmal zum späten Frühstück wieder rein gegangen. Auch das Mittagessen hat er ausfallen lassen, obwohl Nino ihm extra eine Schüssel von der Gemüsesuppe rausgebracht hat. Unberührt steht sie neben ihm auf dem Boden und ist schon lange kalt. Unbemerkt stiehlt sich eine Träne aus seinem Augenwinkel und fliesst ihm, eine kalte Spur hinterlassend, über die Wange. Murrend reibt er sich mit dem Ärmel des Pullovers die laufende Nase. Dabei fällt sein Blick auf das Leder in seinen Händen. Als würde er es zum ersten Mal sehen, starrt er es an, bis sich plötzlich eine Pferdenase in sein Blickfeld schiebt. Erstaunt hebt er den Blick und schliesst dann unwillkürlich die Augen, als die warme Luft ihn trifft, die ihm schnaubend ins Gesicht geblasen wird. »Rocky, was ist denn?«, sanft streichelt er dem grossen Wallach über die Nüstern, der ihn mit seinen intelligenten Augen fragend ansieht. Leise seufzt er auf und schlingt die Arme um Rockys Hals. Dabei fällt ihm dessen Mähne ins Gesicht. Einem Bedürfnis folgend, vergräbt er das Gesicht in der Mähne und schluchzt auf.

Geduldig steht der Wallach da und brummelt immer wieder, während der Mensch an seinem Hals weint.

Irgendwann löst sich Atemu von ihm und haucht ihm einen Kuss auf die Nüstern. »Danke, Rocky. Es geht mir jetzt wieder besser.« Mit einem leichten Lächeln streichelt er ihm über den Hals und steht dann auf. »Ich glaube, das wird heute nichts mehr mit der Lederpflege. Oder was meinst du?« So als wäre er verstanden worden, wird er sanft angestossen, bevor sich Rocky umwendet und zurück auf den Platz läuft, wo Blacky entspannt in der Nachmittagssonne steht und döst.

Mit einem wehmütigen Blick beobachtet er, wie Rocky zu seinem Kumpel geht und ihn auffordernd anstupst, bis er eine Reaktion erhält. Kurz scheinen die beiden zu diskutieren, was sie machen sollen, bevor sie sich gegenseitig mit den Zähnen kratzen. Bei dem Anblick zieht sich sein Herz zusammen, sodass er sich abwenden muss, da der Anblick zu viel für ihn ist. Mit zitternden Fingern greift er nach dem Zaumzeug und der Lederfettdose, über der auch der Lappen liegt, den er immer zur Lederpflege benutzt. Mit schlurfenden Schritten geht er in die Sattelkammer und verstaut alles im Schrank. Beinahe liebkosend lässt er dann die Finger über die Zaumzeuge gleiten. Das Leder fühlt glatt und weich auf seiner Haut an und unwillkürlich fragt er sich, ob er das heute zum letzten Mal macht. Schon seit Stunden schleicht sich immer wieder diese eine Frage in seine Gedanken: Mache ich das heute zum letzten Mal?

Wütend über sich selbst, schliesst er die Schranktür etwas zu schwungvoll und dreht sich auf dem Absatz um. Stampfend verlässt er die Sattelkammer und schlägt dann mit der Faust gegen einen der Balken, die das Stalldach stützen. Am liebsten würde er toben und schreien. Die ganze Welt verfluchen, dass sie sich ausgerechnet jetzt gegen ihn wendet.

Da kommt Nino völlig ausser Atem in den Stall gerannt. »Atemu, du musst reinkommen. Die Fremden sind wieder da!« Aufgeregt zeigt er zur Hintertür, die er in seiner Eile vergessen hat zu schliessen.

Gepeinigt schliesst Atemu für einen Moment die Augen. Erlaubt es sich, noch eine Sekunde durchzuatmen, ehe er sich strafft und sich die Maske der Ruhe über seine Gesichtszüge legt. »Danke, Nino. Kümmerst du dich bitte weiter um die Pferde? Sie müssen gleich rein. Ihr Nachmittagsheu haben sie auch noch nicht gefressen.« Nichts in seiner Stimme verrät etwas über seine innere Zerrissenheit.

»Natürlich. Ich kümmere mich um alles. Mach dir deswegen keine Sorgen.« Eifrig nickt Nino und deutet wieder zur Tür. »Du musst dich beeilen. Sie wirkten sehr gestresst.« Auch er ist ungeduldig. Die angespannte Stimmung im Haus färbt auch auf ihn ab und er wünscht sich die Ruhe wieder zurück, die noch vorgestern geherrscht hat und teilweise schon beinahe langweilig gewesen ist.

 

Widerwillig wendet sich Atemu um. »Gut, ich vertraue dir die beiden Racker an«, sagt er mit einem gezwungenen Lächeln, bevor er über den Hinterhof geht. Mit jedem Schritt scheinen seine Beine schwerer zu werden und der Weg nimmt kein Ende. Dabei sind es doch nur ein paar Meter. Die Stufen wirken unüberwindlich, als er sie erklimmt und die offene Tür ist plötzlich wie ein Tor ohne Wiederkehr. Noch bevor er einen Schritt ins Haus macht, bleibt er stehen und legt eine Hand auf den Türrahmen. Auch wenn es offensichtlich eilt, braucht er den Moment, um noch einmal die kalte Luft tief in seinen Lungen zu spüren.

Es kostet ihn beinahe übermenschliche Kräfte, sein Bein zu heben und einen Schritt ins Haus zu machen. Auf einmal scheint er neben sich selbst zu stehen und sich zu beobachten, wie er die Hand hebt und nach der Türklinke greift. Er fühlt das kalte Metall unter seinen Fingern, als er es umfasst und die Tür schliesst. Das Licht des Nachmittags aussperrt und somit auch die kalte Luft. Erst jetzt bemerkt er, dass er friert. Fröstelnd wäscht er sich bei der Waschschüssel die Hände geht dann in den Laden, wo schon Yugi und Grossvater mit ernsten Gesichtern zu ihm blicken. Erst verspätet fällt ihm ein, dass er das Halsband vergessen hat, aber das ist ihm jetzt auch egal, als er zu den drei Besuchern blickt, die ungeduldig dastehen. Ruhig, ja beinahe wie betäubt, blickt er erst zu Hopkins und dann zu Seto, der den Blick offenbar genervt erwidert, ihm aber offenbar nichts zu sagen hat. So blickt er zu Shimon, der jetzt einen Schritt nach vorn macht und sich respektvoll verneigt. »Mein Pharao. Es ist uns gelungen. Wenn wir jetzt gleich zum Sklavenamt gehen, dann werdet ihr noch heute ein freier Mann sein. Aber wir müssen uns beeilen. Der Beamte, der euch freilassen wird, ist nur noch bis Sonnenuntergang vor Ort.«

 

Obwohl ein Teil von Atemu keine Sekunde lang daran gezweifelt hat, dass der Hohepriester und sein Cousin es schaffen, ist er gerade wie erschlagen. Er hört die Worte und doch erschliesst sich ihm ihre Bedeutung nicht. Instinktiv sieht er zu seinem Sharik, der nun auf ihn zu kommt und ihm sanft die Hände auf die kalten Wangen legt. Stumm um Hilfe bittend, sieht er in das geliebte Gesicht, das ihn nun traurig und froh zugleich anlächelt.

»Hast du das gehört? Deine Freiheit ist nur noch ein paar Stunden entfernt.« Yugi zwingt sich, einen frohen Tonfall in seine Stimme zu legen. »Aber wir müssen jetzt los. Jono und May müssen noch ihre Unterschriften leisten, bevor wir dich freilassen können.« Hauchzart streichelt er über die erschreckend kalte Haut. Er will den Kontakt zwischen ihnen nicht abbrechen lassen und so nimmt er seinem Liebsten das Halsband aus den Händen und legt es ihm vorsichtig an. »Das letzte Mal, dass du es tragen musst«, raunt er ihm zu und gibt ihm einen schmetterlingsgleichen Kuss auf die Lippen. Alles in ihm schreit danach, seinen Liebsten zu packen und mit ihm weit weg zu rennen. Dennoch ergreift er lächelnd dessen Hände. »Gehen wir uns anziehen.« Nur leise kann er die Worte aussprechen und dann verlassen sie Hand in Hand den Laden. Lassen die anderen zurück. Keiner von ihnen beiden weiss, wer sich hier an wem festhält. Wer wen führt …

 

Kaum, dass die beiden weg sind, dreht sich Sugoroku mit ernstem Blick zu Shimon um. »Ich hoffe, euch ist bewusst, dass ihr gerade dabei seid, unsere Familie zu zerstören.« Voller unterdrückter Wut ballt er die Fäuste. Am liebsten würde er um sich schlagen. Doch er darf sich so einen Gefühlsausbruch gerade nicht erlauben.

Ruhig erwidert Shimon den Blick. »Es ist mir bewusst und es tut mir auch leid. Aber denkt daran, dass in ein paar Stunden der Pharao endlich wieder ein freier Mann ist und selbst entscheiden kann, was er tun will. Wir zwingen ihn nicht, euch zu verlassen. Es liegt dann rein bei ihm.«

Abschätzig schnaubt Sugoroku. »Tut nicht so scheinheilig. Wir alle wissen, dass seine Entscheidung in dem Moment gefallen ist, als ihr ihm dieses Magigerät gegeben habt.« Gern würde er noch mehr sagen, aber da kommen auch schon seine Enkel wieder zurück. Besorgt beobachtet er Yugi, der die auf dem Verkaufstresen liegenden Sklavenpapiere nimmt und sie in seine Umhängetasche steckt. Er kann nicht anders, als ihn zu bewundern, wie ruhig er ist. Unwillkürlich blickt er zu Atemu, der zwar äusserlich ruhig wirkt, aber sehr blass ist. Voller Sorge tritt er auf ihn zu und nimmt ihn in den Arm. »Du schaffst das, mein Junge. Du wirst nur noch einmal einen höllischen Schmerz ertragen müssen, wenn sie dein Brandmal überbrennen. Aber Yugi kann die ganze Zeit bei dir sein. Halte dich an ihm fest. Das ist keine Schande.« Er spürt, wie die Umarmung erwidert wird und sein Enkel das Gesicht an seiner Schulter vergräbt. Nur deswegen bemerkt er das leichte Nicken. Langsam löst er die Umarmung und sieht mit einem grossväterlichen Lächeln in das immer noch blasse Gesicht. »Zeige ihnen, dass du ein Muto bist. Wir lassen uns nicht so schnell unterkriegen.« Eindringlich sieht er ihn an, bis Atemu wieder leicht nickt. »Ja, Grossvater. Den Triumph, mich schwach zu sehen, werde ich ihnen nicht gönnen.« Zu seiner eigenen Überraschung hört sich seine Stimme fest und zuversichtlich an. Sich straffend tritt er einen Schritt zurück und beendet so auch noch den letzten Körperkontakt zu dem alten Mann. Mit undurchdringlicher Miene sieht er zu Shimon. »Ich bin bereit.« Die Stimme in ihm, die laut schreit, dass er nicht bereit ist, unterdrückt er rigoros, als er zu Yugi geht und mit ihm nach draussen tritt. Dort wartet schon eine geräumige Kutsche auf sie, die von zwei kräftigen Pferden gezogen wird.

Ohne sich noch einmal umzublicken, geht er mit seinem Sharik auf sie zu und steigt dann zusammen mit den anderen ein.

Ernst mustert Hopkins Yugi, als sie alle in der Kutsche sitzen. »Wo müssen wir hinfahren?« Er macht sich Sorgen um ihn. Er ist zu ruhig. Zu beherrscht. »Wir müssen zu Jonouchis Schmiede. Er ist jetzt sicher dort und vielleicht ist auch May bei ihm«, antwortet er mit monotoner Stimme. »Dein Kutscher kennt bestimmt den Weg.« Fügt er noch hinzu, als er den ratlosen Blick des alten Mannes registriert.

Tief seufzt Arthur auf und öffnet das Fenster in der Kutschentür, das sich als einziges öffnen lässt. »Kennst du den Weg zu Jonouchis Schmiede?«, fragt er den Kutscher und als dieser nickt atmet er innerlich auf. »Dann fahre uns dort hin. So schnell wie es die Strassenverhältnisse zulassen.« Kaum hat er sich wieder hingesetzt, setzt sich die Kutsche mit einem Ruck in Bewegung.

 

In Gedanken versunken blickt Atemu aus dem Fenster, während sie in einem seiner Meinung nach viel zu hohen Tempo durch die Stadt fahren. Nur am Rande nimmt er wahr, wie seine Hand ergriffen wird und ein Blick nach unten zeigt ihm, dass ihn natürlich sein Sharik sanft festhält. Er dreht seine Hand um und verschränkt ihre Finger miteinander. Irgendwie hat Angst vor dem, was noch auf ihn zukommen wird. »Alles gut«, raunt Yugi und streichelt mit dem Daumen über den Handrücken seines Liebsten. »Ich bin da. Du musst da nicht allein durch, egal was passiert.«

Kaum merklich nickt Atemu und blickt dann wieder zu den vorbeiziehenden Häusern. »Jono wird Erklärungen verlangen. Sei darauf vorbereitet«, murmelt er, als sie auf dem Platz vor der Schmiede halten und er ihn und May sehen kann. »May ist auch da. Das spart Zeit.«

Erleichtert atmet Yugi auf, als er das hört. »Wenigstens etwas«, stösst er hervor und öffnet die Tür. Mit ernstem Blick geht er auf seine beiden Freunde zu, die schon neugierig zu der Kutsche blicken. »Yugi, was ist los? Warum bist du in so einem Schiff von Kutsche unterwegs?« Voller Sorge stürmt Jonouchi auf ihn zu und packt ihn an den Schultern. »Die Kutsche gehört Hopkins. Ich brauche eure Unterschriften. Wir sind unterwegs, um Atemu freizulassen.« Er weiss, dass seine Sorgen ihm ins Gesicht geschrieben stehen, aber er kann gerade nicht schauspielern.

Verwirrt mustert Jono das Gesicht seines Freundes. »Aber er gehört doch erst ein knappes Jahr dir. Wie soll das denn gehen?« Will er wissen und sieht auch zu May, die nun neben ihn tritt und Yugi in die Arme nimmt. »Natürlich kriegst du unsere Unterschriften. Aber warum bist du so traurig? Es ist doch schön, wenn du ihn jetzt schon freilassen kannst und ihr offen auf einer Ebene miteinander umgehen könnt und eure Beziehung nicht mehr verstecken müsst.«

Den Tränen nahe schüttelt Yugi den Kopf. »Ich bin sicher, dass es nicht so sein wird«, sagt er mit dumpfer Stimme und kramt das Dokument hervor, auf dem May und Jono unterschreiben müssen. »Bitte stellt keine Fragen. Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Unterschreibt einfach und dann muss ich auch schon wieder los.

»Keine Fragen stellen? Verdammt, Yugi. Du kannst ihn noch vor Ablauf der zwei Jahre frei lassen und siehst trotzdem aus, als würde die Welt gerade untergehen! Also, wie ist das möglich und warum bist du nicht froh darüber?« Nicht bereit, sich auch nur einen Millimeter von der Stelle zu bewegen oder auch nur nach dem Dokument zu greifen, fixiert Jonouchi seinen besten Freund. Am liebsten würde er ihn schütteln und so die Antworten aus ihm rauskriegen. 

Laut seufzt May auf. »Ich hole einen Füller und du, mein Lieber, sei nicht so stur. Du siehst doch, dass Yugi unter Zeitdruck steht.« Streng sieht sie Jonouchi an, der unwillkürlich den Kopf einzieht und tatsächlich, als sie sich umdreht, kommt die erwartete, kleine Kopfnuss.

Als May weg ist, schluckt Yugi. »Es sind zwei Männer aus Atemus Heimat gekommen und sie haben es geschafft, dass er noch heute Abend ein freier Mensch sein wird, wenn wir es noch vor Sonnenaufgang zum Sklavenamt schaffen. Die Hintergründe kann dir auch Grossvater erklären. Geht nachher einfach gleich zu uns nach Hause.« Den letzten Satz hat May noch gehört. «Natürlich. Sobald er hier fertig ist, tauchen wir bei euch auf und dann wollen wir Erklärungen und jetzt gib mal her.« Resolut nimmt sie Yugi das Formular aus der Hand und setzt ihre Unterschrift auf die Linie, die sich direkt unter dem Punkt ‘Freilassung’ befindet und wo auch schon Sugorokus Name steht. »Jetzt du!« Ungeduldig hält sie Jonouchi das Formular hin und drückt ihm den Füller in die Hand. Mit einem gespielt leidenden Seufzer setzt nun auch er seine Unterschrift auf die Linie und gibt das Dokument dann Yugi zurück. »Wir warten, bei Sugoroku auf dich und Atemu und ich sage dir eins, wir gehen nicht eher, bis wir wissen, was los ist!« Streng sieht er seinen Freund an, der mit hängenden Schultern dasteht und nickt. »Gut, dann bis später und danke.« Noch bevor sie noch etwas sagen können, macht er auf dem Absatz kehrt und rennt zur Kutsche zurück. Die auch schon losfährt, kaum dass er eingestiegen ist.

 

Voller Sorge sieht Jonouchi der Kutsche nach, die sich in hohem Tempo entfernt. »Mir gefällt die ganze Sache nicht. Yugi sah aus, als würde Atemu ihn sitzen lassen, sobald er frei ist und warum ist er nicht mit ausgestiegen?«

Ebenso besorgt, nickt May. »Ja, das ist wirklich seltsam. Wir sollten möglichst schnell zu ihm nach Hause und mit Sugoroku reden. Vermutlich geht es ihm genauso schlecht, wie Yugi.«

«Natürlich gehen wir sofort zu ihm und Rishido kommt auch mit!« Laut nach ihm rufend stapft er zurück zur Schmiede.

 

Von all dem bekommen Yugi und Atemu nichts mit. Die Kutsche ist schon längst aus dem Sichtfeld der Schmiede verschwunden und trotz der relativ schlechten Strassenverhältnisse galoppieren die Pferde an den Häusern vorbei, die sich an der Hauptstrasse aneinander drängen. Zwischen den Männern, die eng aneinander gedrängt sitzen, herrscht eine bleierne Stille. Keiner von ihnen hat das Bedürfnis etwas zu sagen.

Für Atemus Geschmack erreichen sie viel zu schnell erreichen sie den grossen Platz im Stadtzentrum, den er bisher nur ein einziges Mal betreten hatte, als er einen seiner früheren Besitzer hatte begleiten müssen. Je näher sie dem weissen Gebäude kommen, desto grösser wird der Kloss in seinem Magen. Ruckartig hält die Kutsche an, sodass sich Atemu und Yugi festhalten müssen, um nicht nach vorn auf Seto und Shimon zu fallen.

Ohne Yugi anzusehen, öffnet Atemu die Tür und steigt aus. Kaum steht er auf dem Platz vor dem Haupteingang, trifft ihn ein kalter Windstoss. Er hat Angst, als er zu der schweren Tür aus dunklem Holz blickt und zuckt unwillkürlich zusammen, als er eine Hand in der seinen spürt. »Sharik, wir sind in der Öffentlichkeit«, murmelt er, entzieht Yugi aber nicht seine Hand. Im Gegenteil, er festigt den Griff sogar noch. »Das ist mir egal. In nicht einmal einer Stunde wirst du ein freier Mann sein.« Sanft lächelnd sieht er zu seinem Liebsten, der jedoch zu Shimon blickt. »Geht ihr vor Hohepriester. Schliesslich habt ihr das ganze hier möglich gemacht«, befiehlt Atemu mit leiser Stimme, die nichts von seinem inneren Aufruhr verrät. Kaum merklich nickt der alte Mann und geht dann mit weit ausgreifenden Schritten, die sein Alter Lügen strafen, zur Tür. Kurz blickt er sich zu den anderen um, bevor er das Gebäude betritt und dann die Tür einladend aufhält, bis Hopkins als letzter den Flur betreten hat.

Eilig gehen sie durch die überraschend hellen Gänge, die von Öllampen und durch die Fenster in ein warmes Licht getaucht werden, bis sie vor einer weiteren schweren Tür stehen bleiben, die aus beinahe schwarzem Holz besteht, an die Shimon nun dreimal schnell und dreimal langsam anklopft, bevor sie eintreten. Der Raum ist zwar vom Abendlicht erhellt und verfügt über weisse Wände, Böden und Decken, dennoch wirkt die Atmosphäre auf sie düster und drückend.

Während sie eingetreten sind, ist ein Mann in einer blauen Uniform aufgestanden, der nun mit ernster Miene auf sie zu kommt. »Marukosu, ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ihr es schafft.« Ernst sieht er den Hohepriester an, der den Blick mit hochgezogener Augenbraue erwidert. »Tamim. Ich habe es dir gesagt, dass wir noch heute herkommen werden.« In aller Ruhe holt er einen Beutel aus seinem Mantel und lässt ihn auf den Tisch fallen. Deutlich ist ein Klirren von Münzen zu hören. »Zweihundert Goldmünzen. Wie vereinbart«, sagt er kühl und da landet noch ein Beutel auf dem Tisch. «Und hier die offizielle Bezahlung für die Freilassung des Sklaven.«

Mit einem gierigen Grinsen ergreift Tamim den Beutel mit den Goldmünzen und öffnet ihn. »Vielen Dank für die Spende.« Ohne überhaupt den Versuch zu machen, es zu verbergen, steckt er den Beutel in seine über der Stuhllehne hängende Tasche und öffnet das Gerät auf seinem Schreibtisch. »Also, wer ist der Besitzer? Und ich brauche die originalen Unterlagen des Sklaven.« Abwartend sieht er die Männer an, bis Yugi nervös einen Schritt nach vorn macht. »Ich bin Yugi Muto und der Besitzer des Sklaven.«

»Gut, dann geben Sie mir die Unterlagen und beantworten mir ein paar Fragen.« Auffordernd deutet Tamim auf den Schreibtisch, während er weiter auf den Bildschirm starrt.

»Natürlich«, fahrig holt Yugi alles aus seiner Tasche und legt den Unterlagenstapel auf das glänzende Holz des Tisches. »Hier bitte.« Nervös sieht er sich zu Atemu um, der nun hinter ihn tritt und ihm mit einem beruhigenden Lächeln die Hand auf die Schulter legt.

Gezwungenermassen geduldig stehen sie abwartend da, da es in dem Raum ansonsten keine Stühle gibt und beobachten, wie dieser Tamim alles durchblättert und ein paar Mal etwas in die Dokumente schreibt.

»Also, Herr Muto. Sehe ich das richtig, dass Sie den Sklaven vor zwei Jahren und einem Tag gekauft, ihn aber erst vor einem Jahr registriert haben?« Mit hochgezogener Augenbraue sieht der Beamte den jungen Mann vor sich an, der verwirrt zu Shimon blickt. Leicht nickt ihm dieser zu. »Ähm, ja, das stimmt«, sagt Yugi nun zögernd und äusserst angespannt.

»Verstehe. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass Sie nicht gewusst haben, dass Sie den Sklaven registrieren müssen?« Mit seinem Stift tippt Tamim auf den Schreibtisch.

»Ähm, ja.« Wiederholt Yugi, der gerade gar nichts anderes sagen kann.

»Verstehe. Wie ich sehe war kurz vor dem Kauf des Sklaven Ihre jährliche Untersuchung. Ist der Sklave darum erst letztes Jahr untersucht worden?«

»Ähm, ja. Mir war nicht bewusst, was sich da seit unserem letzten Sklaven alles geändert hat«, erwidert Yugi, sich endlich einen ganzen Satz zurechtlegend. »Ist das ein Problem?«

Grinsend schüttelt Tamim den Kopf und macht sich eifrig Notizen. »Da Sie den Sklaven in der Zwischenzeit nicht verkauft haben, ist es kein Problem. Nun die Frage, welchen Nachnamen soll er nach der Freilassung tragen? Soll er Slave heissen?« Mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue wird Yugi abwartend angesehen. »Er soll Yami Atemu Muto heissen, wenn zwei Vornamen möglich sind.« Leicht runzelt Tamim die Stirn. »Es ist möglich, nur ungewöhnlich, dass neben dem offiziellen Namen auch ein zweiter Name vergeben wird. Ist das der Name, mit dem Sie ihn gerufen haben? Und warum wollen Sie ihm den Familiennamen geben?«

Yugi stockt, als er die Fragen hört. »Ja, wir haben ihm den Namen Atemu gegeben, weil er uns passender erscheint und er gehört für uns zur Familie, darum soll er auch unseren Namen tragen.«

»Nun gut, wie Sie wollen«, meint Tamim und tippt jetzt auf den Tasten seines Laptops herum. »Was machen Sie da an dem Magigerät?«, fragt Yugi neugierig und beugt sich leicht vor. Jedoch wird sein Blick auf den Bildschirm, von dem Arm des Beamten blockiert.

»Ich gebe alles ein, was Sie mir gesagt haben und ordere das Brenneisen an. Es wird jeden Moment hier sein.«

Yugi schluckt leicht und spürt, wie sich die Hand auf seiner Schulter anspannt und ein Zittern durch den Körper seines Liebsten geht.

»Ich würde vorschlagen, dass sich Ihr Sklave schon mal obenrum frei macht. Je heisser das Brenneisen ist, desto schneller sind wir fertig.« Ohne eine Miene zu verziehen, schiebt er einen dicken Lederriemen über den Schreibtisch. »Auf den soll er dann beissen. Ich habe keine Lust, abgebrochene Zähne vom Boden aufzulesen.«

Der Tonfall von diesem Typen ist so eiskalt, dass Yugi ihm am liebsten die Faust ins Gesicht gerammt hätte. Mühsam beherrscht er sich und dreht sich zu seinem Liebsten um. »Komm, ich helfe dir«, sagt er mit sanfter Stimme und hilft Atemu dabei, die Jackenknöpfe zu öffnen.

Angewidert beobachtet Tamim das Verhalten von diesem Muto. »Sklavenfreund«, murmelt er abfällig und da ertönt ein Klopfen. Er öffnet die Tür und lässt einen Sklaven eintreten der das Kohlebecken und das Brenneisen nun auf einem Mauervorsprung direkt neben der Tür platziert und sich abwartend und mit gesenktem Blick neben die Tür stellt.

Kurz überprüft Tamim, ob auch das richtige Brenneisen in den Kohlen liegt, ehe er sich umwendet und die drei Begleiter Mutos kühl ansieht. »Bitte verlassen sie den Raum. Auffordernd deutet er mit einer Hand zur immer noch offen stehenden Tür. Kaum haben die Drei sein Büro verlassen, schliesst er die Tür hinter ihnen.

Kaum sind Hopkins und die anderen weg, schliesst Atemu die Augen und sinkt, ohne sich auch nur einmal umzublicken, auf die Knie. Mit zitternden Fingern schiebt er sich den Lederriemen zwischen die Zähne und beisst zu. Er will nicht sehen, was sich hinter ihm befindet, will den Anblick des Grauens nicht auch noch vor Augen haben.

Angespannt kniet er mit zu Fäusten geballten Händen da, den nackten Rücken diesem Tamim zuwendend als er spürt, wie seine Hände ergriffen werden. Zögernd hebt er den Kopf und sieht seinen Sharik mit vor Panik geweiteten Augen an. »Ich bin da. Halte dich an mir fest.« Aufmunternd lächelt Yugi seinen Liebsten an und verschränkt ihre Finger miteinander. Die Augen schliessend legt Atemu die Stirn auf dessen Schulter und atmet tief durch. Er ist gerade etwas ruhiger geworden als der Beamte hinter ihn tritt. Er glaubt die Hitze das glühenden Eisens in dessen Hand zu spüren und das noch bevor es seine Haut berührt. Gepeinigt presst er die Augen noch fester zusammen und dann ist es soweit. Das glühende Eisen wird direkt auf das Ankh auf seinem Schulterblatt gepresst. Schreiend beisst er auf das Leder und beugt den Rücken durch. Seine Hände verkrampfen sich um Yugis. Drücken schmerzhaft zu, während er darum kämpft, bei Bewusstsein zu bleiben zu bleiben. Der Gestank nach verbrannten Fleisch breitet sich im Raum aus und die Dunkelheit der Ohnmacht greift schon nach ihm und dann endlich. Nach unendlich langen Sekunden verschwindet das glühende Eisen von seinem Schulterblatt. Zurück bleibt die Brandwunde in der Form einer stilisierten Taube, die das immer noch sichtbare Ankh bedeckt. Halb bewusstlos sackt Atemu in Yugis Armen zusammen, seine Kiefer entspannen sich und das Leder fällt zu Boden, als er angestrengt Luft holt. Nur am Rande bekommt er mit, wie ihm das Halsband abgenommen und um den rechten Oberarm gelegt wird. »Er muss das Band jetzt für zwei Wochen sichtbar am Arm tragen«, erklärt Tamim mit kalter Stimme. Er gibt dem Sklaven ein Zeichen, dass dieser die Brennutensilien wieder zusammenpacken soll und verlässt zusammen mit dem Sklaven den Raum. Kurz darauf kommt er wieder zurück und drückt Yugi einen einfachen Ausweis in die Hand. »Er ist jetzt ein freier Mann. Nun würde ich sie bitten, zu gehen. Ich habe Feierabend.«

Yugi kann es nicht glauben, dass seinem Liebsten nicht einmal Zeit zum Erholen gegeben oder die Wunde versorgt wird. »Einen Moment, bitte«, murmelt er und hilft dem beinahe bewusstlosen Atemu aufzustehen. Ihn stützend, greift er nach dem Pullover und der Jacke. Da wird ihm von diesem Mistkerl noch der Stapel mit Papieren in die Hand gedrückt. Zum Glück schafft es sein Liebster, trotz seines benebelten Zustandes, irgendwie allein zu stehen, als er alles in die Tasche stopft. »Komm, gehen wir«, raunt er leise und führt ihn nach draussen in den Flur. Dort werden sie schon von den anderen erwartet. »Helft mir mal«, bittet er widerwillig, da sein Liebster sich immer schwerer auf ihn stützt.

Sofort greift Hopkins zu und stützt den blassen Atemu von der anderen Seite. Dabei fällt sein Blick auf die frisch gebrannte Schulter und ihm wird schlecht. »Nicht einmal verbinden konnte der Kerl die Wunde?«

»Der Kerl hat Feierabend«, grollt Yugi voller Abscheu, als sie langsam den Flur entlang gehen. Shimon und Seto eilen voraus und halten ihnen die Tür auf. Kaum sind sie draussen, pfeift ihnen der Wind wieder kalt um die Ohren. »Schnell, bevor er zu sehr auskühlt«, ruft Yugi aus. So schnell es ihnen möglich ist, gehen sie über den Platz zu der Kutsche, wo Seto auf sie wartet und ihnen die Tür aufhält. Irgendwie schaffen sie es, mit vereinten Kräften Atemu in die Kutsche zu verfrachten und steigen dann hastig ein.

Neben seinem Liebsten sitzend, hält Yugi ihn fest und verhindert, dass die Wunde an das Rückenpolster des Sitzes kommt. »Fahrt bitte vorsichtig«, bittet er Hopkins leise und voller Sorge. Woraufhin der alte Mann nickt und die Bitte an den Kutscher weiter gibt.

Anders als zuvor setzt sich die Kutsche nur mit einem leichten Ruckeln in Bewegung und die Pferde laufen nur im Schritt durch die langsam einsetzende Dämmerung.

 

Atemu fühlt sich so elend. Die Umgebung dreht sich immer wieder und ihm ist speiübel vor Schmerz. Irgendwie ist es diesmal so viel schlimmer als damals.  Er will schreien und toben. Sich verkriechen und die Hand seines Shariks wegschlagen, die ihn stützt. Gleichzeitig will er sich in dessen Armen werfen und sich an ihm festhalten. Doch nichts von alledem ist möglich. Er spürt deutlich die Blicke der drei Männer, die ihm gegenüber sitzen, auf sich ruhen. Ihm ist kalt, doch seine Schulter brennt wie Feuer und genau dies ist der Grund, weshalb er nicht nach seiner Jacke greift.

 

Shimon mustert Atemu voller Sorge. Er ist im Flur beinahe wahnsinnig geworden, als die Tür sich hinter ihnen geschlossen und den Blick in das Büro versperrt hat. Kein Ton ist danach zu ihnen durchgedrungen. Nur die Anwesenheit seines Schützlings und seines Freundes haben verhindert, dass er die Tür wieder aufreisst. »Mein Pharao. Braucht ihr Hilfe? Kann ich irgendwas für euch tun?« Sofort wird er mit einem Blick bedacht, der ihn tot umfallen liesse, wenn diese denn töten könnten. Aber er ignoriert den Partner des Pharaos. Seine Konzentration gilt einzig und allein Atemu, der nun langsam den Kopf hebt und ihn mit einem stumpfen Ausdruck in den Augen ansieht. «Lasst mich einfach in Ruhe, Hohepriester. Ich will einfach nur meine Ruhe haben.» Müde hebt er die Hand, als Shimon etwas erwidern möchte. »Bitte, seid einfach ruhig. Ja, ich bin jetzt wieder ein freier Mensch, aber lasst mich jetzt dennoch in Ruhe mit irgendwelchen Fragen oder Entscheidungen, die ihr hören wollt.« Den Blick abwendend sieht er erschöpft aus dem Fenster. Er merkt, dass er anfängt zu zittern, da die kühle Luft langsam immer mehr in seinen Körper vordringt. Auf einmal spürt er, wie ihm vorsichtig die Jacke über die Brust und die unverletzte Schulter gelegt wird. Langsam dreht er den Kopf zu seinem Sharik, der ihn mit einem Blich voller Verständnis ansieht. »Du erkältest dich noch. So bist du wenigstens ein bisschen vor der Kälte geschützt.« Er verlangt keine Antwort von seinem Liebsten. Kann er sich doch denken, wie es ihm gerade geht. Aufpassend, dass er die Brandwunde nicht berührt, zieht er die warme Jacke fester um ihn. »Grossvater hat sicher schon die Brandsalbe für dich vorbereitet. Sie wird die Schmerzen lindern und verhindern, dass du Wundbrand bekommst.« Nur leicht nickt sein Liebster, als Bestätigung, dass er ihn gehört hat und wendet sich dann wieder von ihm ab.

Es tut Yugi weh, dass er sich so zurückzieht, aber er ahnt, dass es hauptsächlich damit zu tun hat, dass sie nicht allein sind. Ihm geht es ja ähnlich. Unwillkürlich steigt die Wut in ihm hoch, als er zu den drei Männern blickt. »Wie geht es nun weiter? Werdet ihr jetzt ins ägyptische Grossreich zurückkehren?« Er kann nicht verhindern, dass eine leichte Hoffnung in seiner Stimme mitschwingt, die aber sofort wie eine Seifenblase zerplatzt, als Seto überheblich den Kopf schüttelt. »Vergiss es. Wir gehen erst, wenn der Pharao eine Entscheidung getroffen hat. Wir sind doch nicht extra wie die Tiere hergereist, um jetzt unverrichteter Dinge wieder abzureisen.«

Nur mit Mühe kann sich Yugi zurückhalten, dem Kerl eine Ohrfeige zu verpassen. Da räuspert sich Hopkins. »Mein Prinz, es wäre sicher nicht falsch, wenn Ihr nach eurer Rückkehr Änderungen veranlasst, die das Reisen für uns einfacher und angenehmer machen.« Er hat das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, als er auch schon mit gefährlich blitzenden Augen angesehen wird. »Pass auf, was du sagst! Ich sehe keine Veranlassung, warum das Volk aus seiner gewohnten Umgebung gerissen werden sollte. Am Ende kommt ihr noch auf dumme Ideen, die absolut nicht angemessen sind.«

 

»Typisch«, murmelt Atemu undeutlich vor sich hin, während er weiter aus dem Fenster blickt. Er spürt regelrecht, wie sein Cousin ihn nun mit Blicken durchbohrt, aber er ignoriert ihn. Vor allem, weil sie endlich vor dem Haus der Mutos anhalten. Er will aus der Kutsche raus und beugt sich vor, um die Tür zu öffnen, als ein rasender Schmerz über seinen Rücken rast. Vor Schmerzen aufstöhnend, sackt er auf dem Sitz zusammen und schnappt keuchend nach Luft. Da wird die Tür von aussen aufgerissen und Rishido steigt halb in die Kutsche. »Komm, ich helfe dir.« Er legt vorsichtig die Arme um Atemu und hebt ihn hoch. Er trägt ihn halb aus der Kutsche und da er deutlich grösser und auch muskulöser als Yugi und die anderen ist, hat er es deutlich leichter und nimmt ihn kurzerhand auf den Arm. »Meister Yugi, folgt mir bitte. Meister Sugoroku hat schon alles vorbereitet.« Ohne darauf zu achten, ob die anderen ihm folgen, trägt er Atemu ins Haus und dort direkt nach oben ins Schlafzimmer, wo er ihn auf das Bett setzt und ihm dann hilft, sich auf den Bauch zu legen.

Aufmerksam mustert er jetzt die in die Haut gebrannte Taube, die das Ankh überdeckt. »Das Eisen war nicht heiss genug, darum habt ihr solche Schmerzen. Die Nerven sind noch intakt, aber das Brandzeichen ist tief genug eingebrannt, um eine dauerhafte Narbe zu hinterlassen.« Stellt er mit ruhiger Stimme fest.

»Ach, darum tut es so verdammt weh«, erwidert Atemu trocken, aber mit gepresster Stimme. »Kannst du etwas gegen die Schmerzen machen?« Er sieht Yugi nicht an, der sich jetzt neben ihm aufs Bett setzt, aber er ergreift dessen Hand. Die anderen, die bei der Tür und im Flur stehen und sie beobachten, ignoriert er komplett.

Eilig drängt sich Sugoroku an allen vorbei und schliesst kurzerhand die Tür. »Immer diese Gaffer«, grollt er genervt. Dabei das Wort benutzend, das er vor ein paar Wochen von Atemu gelernt hat, als sie auf dem Markt eine Menschenansammlung beobachtet haben, die sich um einen Unfall gebildet hatte. Bemüht ruhig kommt er zum Bett. »Hier, ich habe die Salbe extra angerührt.« Er drückt Rishido das Schälchen in die Hand, der dankbar nickt und dann vorsichtig etwas von der kühlenden Salbe auf der Wunde verteilt. Bevor er sie gekonnt verbindet. »In ein paar Tagen wird die Wunde soweit verheilt sein, dass du dich wieder weitgehend schmerzfrei bewegen kannst. Aber lass es zu, dass der Verband täglich gewechselt und neue Salbe aufgetragen wird.« Ernst sieht er Atemu an, der den Blick erwidert, ehe er die Augen schliesst. »Danke, Rishido«, murmelt er kaum hörbar. »Du musst dich nicht bedanken. Aber gönne dir jetzt erst Mal etwas Ruhe.« Ernst sieht er Yugi und Sugoroku an. »Wir sollten ihn jetzt alle allein lassen. Ausserdem wird Meister Jonouchi nicht eher gehen, bis er auch mit dir geredet hat, Meister Yugi.«

»Er hat recht, Sharik. Bitte lass mich allein. Ich brauche einen Moment für mich.« Stimmt Atemu mit heiserer Stimme zu.

Yugi ringt mit sich, aber dann nickt er widerwillig. »Na gut. Wenn aber etwas ist, dann ruf uns. Wir sind im Wohnzimmer.« Sanft küsst er seinen Liebsten auf die Schläfe, bevor er aufsteht und zusammen mit Grossvater und Rishido das Zimmer verlässt.

Verwirrt sieht er sich um, als er niemanden im Flur stehen sieht und dann hört er die Stimmen aus dem Wohnzimmer.

 

»Du Strassenköter solltest besser aufpassen, dass du deine Frau nicht an eine bessere Partie verlierst. So wenig Hirn wie du hast, ist sicher jeder besser für sie als du!« Abschätzig mustert Seto den Schmied, der ihn gerade anspringen will, aber von May und dem Sklaven der Mutos zurückgehalten wird. »Du verdammter Oberschichtsschnösel! Es ist mir scheissegal, ob du ein verkappter Prinz bist oder nicht. Ich lasse nicht zu, dass meine Freunde wegen dir leiden!« Geht Jonouchi sprichwörtlich an die Decke und klettert beinahe über Mays und Ninos Arme, die ihn zurück halten.

»Ich kann mich nicht erinnern, dass ich irgendeine Andeutung gemacht habe, dass mich die Meinung eines Strassenköters interessiert.«

 

Hopkins und Shimon sitzen auf dem Sofa und beobachten das Schauspiel. »Was glaubst du, wer von beiden gewinnt?«, fragt Arthur breit grinsend, als er seine Tasse Tee anhebt und dann einen Schluck trinkt.

»Ich bin Schmied und kein Strassenköter. Ich fordere dich zum Duell! Wähle die Waffen!« Geht nun endgültig das Temperament mit Jono durch.

»Jonouchi!«, ruft May aus und Arthur verschluckt sich an seinem Tee. Hustend starrt er den jungen Schmied an, der mit vorgerecktem Kinn dasteht und Seto mit blitzenden Augen fixiert. Der lacht kalt auf und deutet zum Schachbrett. »Ich bin zivilisiert und wähle das Spiel der Könige.« Stolz setzt er sich auf der Seite mit den schwarzen Figuren hin. Spöttisch grinsend mustert er Jonouchi, der ihn sprachlos anstarrt. »Was ist? Hat der Strassenköter etwa gerade den Schwanz eingezogen?«

Schon wieder geht Jonouchi an die Decke. »Hör auf, mich Strassenköter zu nennen, du Oberschichtsack!«, zischt er und lässt sich auf den Stuhl fallen. Dass er  vom Schach gerade mal die Grundregeln kennt, verdrängt er gekonnt. Ohne nachzudenken, greift er nach dem erstbesten Bauern und bewegt ihn zwei Felder nach vorn.

 

Yugi hat das Ganze von der Tür aus beobachtet und setzt sich jetzt auf den Sessel. Er sieht mit hochgezogener Augenbraue zu, wie die Figuren auf dem Schachbrett bewegt werden und Jonouchi eine Spielfigur nach der anderen verliert. »Was ist passiert? Wir waren doch nur ein paar Minuten im Schlafzimmer.«

Auch Sugoroku hat sich hingesetzt und beobachtet nun das Schachspiel. »Prinz Seto spielt mit ihm. Er könnte das Spiel schon seit mindestens fünf Zügen beenden.«

Leise lachte Hopkins in seine Tasse. »Der Prinz hat angedeutet, dass Atemu sie schon bald ins ägyptische Grossreich begleiten und dich verlassen wird. Da ist Jonouchi im wahrsten Sinne des Wortes explodiert und den Rest hast du ja selbst gehört.«

Tief seufzt May auf, als sie sich neben Yugi auf die Armlehne des Sessels setzt. »Jono explodiert einfach viel zu schnell, wenn er es mit Leuten aus der Oberschicht zu tun hat und sie ihn spüren lassen, dass er zum einfachen Volk gehört.«

Ein Fluchen lässt sie innehalten und dann schauen sie zu, wie Jonouchi aufspringt und Seto lautstark zu einer weiteren Partie herausfordert. »Das wird wohl noch länger dauern. Dabei hat er doch keine Ahnung von Schach«, seufzt Yugi. Allerdings ist er aber auch froh, dass er so von den bohrenden Fragen seines besten Freundes verschont bleibt.

Als er jedoch den Blick von May bemerkt, schluckt er leer. »Was willst du wissen?«, fragt er mit müder Stimme.

»Warum habt ihr uns nie gesagt, wer Atemu eins gewesen ist und was habt ihr jetzt vor?« Leiser Vorwurf schwingt in ihren Worten mit, was in Yugi unwillkürlich ein schlechtes Gewissen erwachen lässt. »Wir hatten Angst, dass die falschen Personen es erfahren, wenn wir es euch erzählen. Du weisst ja, wie Jonouchi ist, wenn sein Temperament mit ihm durchgeht.« Vielsagend sieht er zu seinem Freund, der sich gerade die Haare rauft. »Ich weiss es nicht genau, was Atemu jetzt vorhat. Er ist jetzt frei und heisst Yami Atemu Muto. Ich bin froh, dass ich seinen wahren Namen auch mit reinbringen konnte.« Leicht lächelt er May an, die ihm jetzt die Hand auf die Schulter legt. »Was glaubst du, wird er machen?«, möchte sie voller Mitgefühl wissen, da sie ahnt, was nun kommt. »Ich befürchte, dass er gehen wird. Ich habe es selbst gelesen, wie schlimm die Lage ist, in die sein Onkel das Land gebracht hat. Er ist wohl die letzte Hoffnung, auch für seine Schwester.« Mit gesenktem Blick sitzt er da und starrt auf seine ineinander verschlungenen Hände. »Ich habe Angst, dass ich ihn verliere. Ich liebe ihn doch so sehr.« Seine Stimme zittert deutlich und als sie ihm den Arm um die Schultern legt, lehnt er sich an sie.

»Selbst wenn er gehen sollte, wirst du ihn nicht verlieren, dafür liebt ihr euch viel zu sehr. Vertraue darauf.« Versucht May ihm Mut zu machen, obwohl auch ihr klar ist, dass die Möglichkeit sehr gross ist, dass sich Yugis Ängste bewahrheiten werden.

 

Shimon hört den beiden zu und sieht dabei in seine Tasse. Es tut ihm so unglaublich leid, dass sie so viel Leid über die Leute hier bringen. Fieberhaft überlegt er, was er sagen soll, als er leise Schritte hört. Langsam hebt er den Blick in Richtung Tür und tatsächlich steht da der Pharao. Kerzengerade betritt er das Wohnzimmer. Nur seine steifen Bewegungen und der Verband zeugen davon, dass er verletzt ist. »Sharik. Ich … es tut mir so leid. Ich weiss nicht, was ich sagen soll. Aber ich kann nicht anders. Ich muss …« Yugi hebt die Hand, was ihn zum Verstummen bringt. »Du musst nichts sagen. Ich verstehe schon.« Sich zu einem Lächeln zwingend, sieht er Atemu an. »Ich will verdammt nochmal nur wissen, was ihr dann vorhabt und wie zum Teufel ihr ins ägyptische Grossreich kommen wollt.«

 

«Das wirst du. Das verspreche ich dir. Ich werde bleiben, solange es mir möglich ist.« Verspricht Atemu und sieht dann zu Shimon und Hopkins. »Bitte geht jetzt. Ich brauche Ruhe und meine Familie auch. Wenn ihr wisst, wie wir ins ägyptische Grossreich gelangen können, dann kommt wieder. Aber keinen Tag vorher.« Seine Stimme ist ruhig und doch schwingt eine Dominanz drin, dass selbst Jonouchi ihn anstarrt, der Seto gerade zu einer weiteren Partie Schach hatte herausfordern wollen. »May, Jono und Rishido. Bitte geht auch. Ich bin müde und die anderen auch.« Ernst sieht er Jono an, der tatsächlich nickt und auf ihn zu geht, bis er direkt vor ihm steht. »Nun gut, aber du verschwindest dann nicht einfach, ohne dich zu verabschieden.« Mit erhobenem Finger unterstreicht er seine Worte. »Natürlich werde ich mich verabschieden, ihr Drei seid doch meine Freunde.« Atemu lächelt Jonouchi gezwungen an, der ernst nicht. »An dem Lächeln müssen wir noch arbeiten, aber gut. May, Rishido, kommt ihr?« Er wendet sich um und geht zu Yugi, den er in eine knochenbrecherische Umarmung zieht. »Du kannst froh sein, dass der Oberschichtpinkel so ein Arsch ist. Sonst hättest du mir einiges noch einmal erklären müssen, von dem was Sugoroku uns da erzählt hat«, flüstert er ihm zu, ehe er ihn loslässt. »Gehen wir und ihr Drei kommt auch gleich mit!« Resolut zieht er Shimon und Hopkins vom Sofa hoch und schiebt sie aus dem Wohnzimmer. Seto und May folgen ihm und Rishido, der bleibt noch kurz bei Atemu stehen. »Es wird nicht leicht werden. Sammle noch einmal für den auf dich zukommenden Kampf Kraft.« Leicht neigt er respektvoll den Kopf, bevor er den anderen folgt und die Mutos und Nino allein lässt, der sich respektvoll im Hintergrund hält. Kaum ist die Tür unten ins Schloss gefallen, sackt Atemu in sich zusammen. »Nino, ich werde dir in den nächsten Tagen alles zeigen, was du wissen musst, um alle meine Aufgaben zu übernehmen.« Seine Stimme klingt müde und belegt. »Ich gehe ins Bett. Sharik, iss bitte etwas und komm dann auch bald. Ich warte auf dich.«

 

Obwohl er keinen Hunger hat, nickt Yugi kaum merklich. »Das mache ich.« Den Tränen nahe sieht er seinem Liebsten nach, als dieser sich umdreht und aus dem Wohnzimmer schlurft. Erst jetzt ist wirklich sichtbar, wie viel Kraft es ihn gekostet hat, sich hierher zu schleppen. »Ich hole ein Brötchen, mehr kriege ich nicht runter«, murmelt er vor sich hin und rennt dann aus dem Wohnzimmer. Zurück lässt er Nino, der verloren dasteht und nicht weiss, was er tun soll und Sugoroku, der nun zu dem Jungen geht und ihn aufmunternd in den Arm nimmt. »Es wird alles wieder gut werden. Irgendwann.«

 

 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Atemu ist jetzt frei, aber ist das wirkliche Freiheit, die er jetzt wiedererlangt hat? Das ist die Frage.

So und im nächsten Kapitel kommt dann das Ende von Band 6.

 

Eure mrs_ianto

 

Geh nicht!

Hallo zusammen,

 

wieder ist es der Montag, an dem hochlade.

Das ist das letzte Kapitel, das ich im Moment für euch habe.

In der Buchversion ist es das letzte Kapitel vom 6. Band und ich würde euch raten, dass ihr euch Taschentücher bereitlegt.

 

So und jetzt geht's los.

 

 

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Geh nicht!

 

 

Yugi starrt auf die Zahlen in den Tabellen seiner Buchhaltung. Doch er kann sie irgendwie nicht verstehen. Es ist beinahe so, als würden die sonst so vertrauten Zeichen plötzlich keinen Sinn mehr ergeben. Es geht ihm schon seit dem Tag der Freilassung seines Liebsten so. Auf einmal verschwimmt sein Sichtfeld, woraufhin er wütend mit dem Ärmel des Pullovers über seine Augen fährt, um die Tränen abzuwischen, die sich seit dem Frühstück immer wieder ihren Weg nach draussen bahnen wollen. Seit sie die Nachricht erhalten haben, dass dieser verdammte Hohepriester und der verdammte Prinz alles für die sichere Abreise arrangiert haben und sie gleich nach Sonnenuntergang den so hochwohlgeborenen, gesalbten und geliebten Pharao abholen werden. Seitdem ist sein Liebster mit Nino im Stall und gibt ihm noch die letzten Anweisungen. Als er mal kurz nachsehen wollte, was die beiden so treiben, hatte ihm sein Grossvater aber nur die Hand auf die Schulter gelegt und mit den Worten, dass Atemu Nino nun zum hundertsten Mal erklären würde, wie die Pferde versorgt werden mussten, den Kopf geschüttelt.

Noch immer hört er die letzten Worte, die ihn dann ins Stofflager getrieben haben. »Lass ihn für den Moment in Ruhe. Er braucht es, um selbst damit fertig zu werden.«

»Verdammte Scheisse!«, fluchend knallt er den Füller auf den Tisch und klappt das Buch zu. Ruckartig steht er auf und stürmt aus der Tür. Er muss seinen Liebsten jetzt sehen. Noch so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Doch im Flur kommt er nicht weit. Er prallt gegen eine starke Brust und ebenso kräftige Arme halten ihn fest. Im ersten Moment realisiert er nicht, wer ihn festhält und wehrt sich gegen den Griff. Erst nach ewigen Sekunden kommt in seinem Gehirn an, dass es sein Liebster ist. Unwillkürlich schlingt er die Arme um ihn und hält ihn so fest er kann. »Ich lasse dich nicht gehen. Nicht so!« Er weiss, dass er sich kindisch verhält, aber er kann nicht anders.

Mit einem sehnsüchtigen Lächeln streichelt Atemu über die Wange seines Shariks. »Ich will auch nicht gehen. Aber ich muss. Ich kann es nicht zulassen, dass mein Onkel die Welt in den Abgrund stösst, so wie es einst schon einmal beinahe passiert wäre«, leicht streichelt er weiter über Yugis Wange. »Dann ist da auch noch Kisara. Ich kann sie nicht im Stich lassen. Sie ist doch meine kleine Schwester.« Um Verständnis bittend, sieht er in das traurige Gesicht seines Shariks, der sich jetzt aber von ihm löst. »Verdammt, was interessiert mich die verdammte Welt! Und deine Familie hat dich im Stich gelassen. Sie wollten dich sogar umbringen!«, ruft Yugi mit Tränen in den Augen aus. »Warum willst du mich … uns … für die im Stich lassen? Sie könnten den Kerl ja auch einfach versklaven lassen!« Mit jedem Wort wird er lauter und er ballt unwillkürlich die Hände zu Fäusten, mit denen er nun gegen den Brustkorb seines Liebsten trommelt.

Auf einmal spürt er, wie sich dessen Arme um ihn legen und ihn festhalten. »Sharik. Bitte, lass uns die letzten Stunden noch so gut wie möglich nutzen«, fleht Atemu ihn an, aber Yugi reisst sich los und weicht zurück. »Warum? Damit du mir mein Herz noch mehr brechen kannst?« Wirft er ihm vor und stürmt an ihm vorbei zur Tür. Ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass er nur Hausschuhe trägt, rennt er nach draussen. Blind vor Tränen rennt er durch den Hinterhof und auf die Strasse. Atemu ist ihm bis zum Tor des Hinterhofes gefolgt. »Yugi!«, ruft er ihm hinterher, aber da ist er auch schon um die Ecke gebogen. Sich an der Wand abstützend sieht er in die Richtung, wo Yugi verschwunden ist, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. »Warum ist er weggerannt?« Will er tonlos von seinem Grossvater wissen, der ihn nun mit sanftem Druck wieder in den Hinterhof führt. »Weil es zu viel geworden ist. Vermutlich rennt er zu Jono. Er wird zurückkommen, sobald er sich beruhigt hat.«

Mit gesenktem Blick lässt sich Atemu über den Hinterhof führen. »Ich wollte mit ihm doch noch die letzten Stunden so schön wie möglich verbringen«, murmelt er den Tränen nahe. »Warum ist er nur so ausgetickt? Das passt so doch gar nicht zu ihm.«

Tief seufzt Sugoroku auf und führt seinen Enkel bis in die Küche, wo er ihn auf einen der Stühle drückt. »Es hat schon in ihm gebrodelt, seit du gesagt hast, dass du gehen wirst«, erklärt er mit sanfter Stimme und stellt zwei Tassen Tee auf den Tisch. »Weisst du, er hat panische Angst, dass du nie mehr zurückkommen wirst, wenn du gehst. Er hat es in den letzten Tagen nicht gezeigt, aber es zerreisst ihn innerlich. Er weiss doch ganz genau, was es bedeutet, wenn du den Thron wieder besteigst. Denn denke dran, dass er eine Weile bei den Eltern seines Vaters gelebt hat.«

Betroffen blickt Atemu in seine Teetasse. »Das habe ich ganz vergessen. In der Tat ist es so, dass ich vermutlich werde heiraten müssen, wenn ich den Thron tatsächlich erneut besteigen sollte.« Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst, was seine Entscheidung für sie alle bedeutet. Mit zitternden Fingern greift er nach dem Bernsteinphönix, der um seinen Hals hängt. »Ich werde einen Weg finden, Grossvater. Es muss einen Weg geben und ich werde ihn finden.«

Mit einer plötzlichen Entschlossenheit steht er auf. »Ich bin im Stofflager.« Hastig trinkt er seinen Tee aus, der ihm ohne Honig einfach nicht schmeckt, aber für das Detail hat er jetzt keine Zeit. Mit weit ausgreifenden Schritten geht er ins Stofflager und setzt sich an den Tisch. Er sucht einen Moment, aber dann hat er Papier gefunden und fängt an zu schreiben.

 

Sugoroku ist ihm gefolgt, aber im Türrahmen stehen geblieben. Voller Sorge beobachtet er seinen Enkel, wie dieser sich über das Papier beugt und schreibt. Mit gesenktem Blick dreht er sich um und geht in die Küche, wo er sich hinsetzt und vor sich hinstarrt. Wieder einmal wünscht er sich Amara an seine Seite, damit sie ihm sagt, was er tun kann, um dem Jungen zu helfen. Wie er verhindern kann, dass seine Enkel vor seinen Augen zerbrechen.

Schon jetzt ist Yugi am Ende und hat nur mit Müh und Not im Laden gestanden, während Atemu sich erst vom Überbrennen des Sklavenbrandmals erholen musste und dann keine Sekunde mehr tatenlos dasitzen konnte, was besonders Nino mit noch mehr Leseunterricht und genauesten Unterweisungen im Stall zu spüren bekommen hat.

Müde reibt er sich die Nasenwurzel, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. »Sugoroku, wird Atemu wirklich gehen? Wird er wirklich nicht mehr zurückkommen?« Von den ganzen Veränderungen verunsichert, sieht Nino ihn mit grossen Augen an.

Leicht legt Sugoroku seine Hand auf die des Jungen. »Ja, er wird wirklich gehen. Heute Abend, nach Sonnenuntergang, wird er uns verlassen«, erklärt er leise, obwohl sie ja alle dabei gewesen sind, als die Nachricht überbracht worden war. »Er will zurück kommen, die Frage ist nur, ob er es wirklich schafft und wenn, wann das sein wird.«

Aufmerksam hört Nino mit zur Seite geneigtem Kopf zu. »Du glaubst aber nicht daran, dass er es schafft?« Als Sugoroku die Frage hört, kann er sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. »Du bist so aufmerksam und verstehst viel zu gut, was das alles zu bedeuten hat.« Er deutet auf den Brief. »Der war auch mit im Umschlag und für mich bestimmt. Da steht drin, dass wir jederzeit Zugang zu einem Medimagus haben und ich meine Medikamente bekomme, ohne dass sich Yugi einmal im Jahr erniedrigen lassen muss. Ich weiss gar nicht, wann er das alles eingefädelt hat.«

Nino grinst stolz. «Er hat mir die Nachricht für die beiden Fremden mitgegeben, als ich dich gestern zum Markt begleitet habe und ich habe sie dem Postboten gegeben, den ich kenne.«

Erstaunt sieht Sugoroku zu ihm hoch. »Das habt ihr beide ja gut eingefädelt! War das der Mann, mit dem du dich gestern kurz unterhalten hast?«

Eifrig nickt Nino. »Ja, er kennt Oma und er ist ganz in Ordnung. Er hat auch keine Probleme damit, wenn Sklaven ihm Briefe geben. Aber er weiss auch nicht, was mit Oma ist. Er hat schon lange nichts mehr von ihr gehört.«

Leise seufzt Sugoroku auf und greift nach seinem nur noch lauwarmen Tee. »Es ist schon unglaublich. Du kennst so viele Leute, obwohl du ein Sklave bist, so wie Atemu noch vor ein paar Tagen. Er hingegen, kennt nur sehr wenige Leute und hat kaum etwas von der Stadt gesehen.«

»Ich bin ein reiner Arbeitssklave gewesen, bevor mich Bakura gekauft hat und auch noch zu seinem Lustsklaven gemacht hat. Da lernt man viele Leute kennen. Freie und auch andere Sklaven. Als reiner Lustsklave ist man ans Haus gefesselt. Denn wenn sich ein Lustsklave so verletzt, dass er Narben zurückbehält, die ihn verunstalten, verliert er an Wert.« Nino hat sich an den Herd gestellt, während er erzählt hat und rührt in dem Topf, in dem schon seit dem frühen Morgen eine Suppe vor sich ihn köchelt.

»Ich weiss.« Mit einem leichten Lächeln beobachtet er, wie Nino die Suppe probiert. »Und? Schmeckt es?«

Als wäre er ertappt worden, zuckt Nino zusammen. »Ähm ja. Bis zum Mittagessen ist sie dann perfekt. Meinst du, dass Yugi bis zum Essen wieder da ist?« Fragend sieht er zu dem alten Mann, der wieder seufzt. »Ich rechne nicht damit. Es sei denn, Jonouchi und May können ihn schnell davon überzeugen, wieder nach Hause zu kommen.«

 

Atemu steht im Flur und hat alles gehört. Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern geht er nach oben ins Schlafzimmer, wo seine schon gepackte Tasche steht. Viel kann er nicht mitnehmen und jetzt nimmt er auch Osis wieder aus seinem Gepäck und setzt ihn aufs Bett. »Du musst hierbleiben und auf meinen Sharik aufpassen.« Mit geschlossenen Augen lässt er sich auf die Matratze sinken und vergräbt das Gesicht in seinen Händen. Er will nicht gehen, aber wie er es auch dreht und wendet, er sieht keine andere Möglichkeit, um einen Krieg sicher zu verhindern.

 

Nino geht ins Lager, um nach Atemu zu sehen und sieht nur den Brief auf dem Tisch liegen. Neugierig, wie er ist, beginnt er mühsam die Worte zu entziffern. Er kann nicht alles lesen, aber trotzdem schnappt er sich den Zettel und eilt aus dem Haus. Er zögert kurz, aber dann holt er Blacky aus dem Stall und klettert auf dessen Rücken. »Wir müssen zum Schmied«, flüstert er ihm ins Ohr und reitet dann ungeschickt los. Er hat das Reiten nie lernen dürfen, aber irgendwie scheint der Wallach zu wissen, was los ist und trabt mit weit ausgreifenden Schritten los.

Nino muss sich an der Mähne festhalten und hat Mühe, sich auf dem Rücken des grossen Tieres zu halten, aber er schafft es irgendwie und dann endlich kommen sie bei Jonouchis Schmiede an. Erleichtert, dass er heil angekommen ist, springt er auf den Boden und stolpert erst einmal, bevor er sich fängt und zum Haus rennt. Er ist noch nicht ganz bei der Tür angekommen, als sie geöffnet wird und Rishido raus kommt. »Geh rein. Ich kümmere mich um Blacky.« Er schiebt ihn ins Haus und geht dann zu dem Wallach, der ihn blubbernd begrüsst.

 

Nino rennt die Treppe nach oben und findet das Wohnzimmer, wo Yugi auf dem Sofa sitzt und in eine Tasse starrt, die er mit beiden Händen festhält. »Yugi!«, ruft er aus und geht zum Sofa. Atemlos bleibt er vor ihm stehen und hält ihm den Brief hin. »Bitte, komm nach Hause, bevor Atemu gehen muss.«

Mit leerem Blick mustert Yugi den Zettel, ohne ihn in jedoch in die Hand zu nehmen. »Warum sollte ich. Er verlässt uns … mich … Er liebt mich nicht genug, um zu bleiben. Also warum sollte ich da sein, wenn er geht?«

 

Nun reicht es Nino. Er drückt ihm den Brief in die Hand. »Lies. Ich kann nicht alles lesen, aber etwas habe ich verstanden. Er geht, weil er dich liebt!«

 

Erst jetzt beginnt Yugi zu lesen.

 

‘Sharik,

 

ich weiss nicht, wie ich es erklären soll. Ich will dich nicht verlassen. Meint Herz zerspringt nur schon bei dem Gedanken daran, aber ich habe keine Wahl. Nur so kann ich dich und Grossvater und unsere Freunde schützen. Ich habe dafür gesorgt, dass ihr jederzeit Zugang zu der besten medizinischen Versorgung bekommt und du musst nie wieder zu dieser schrecklichen Party gehen. Grossvater bekommt seine Medikamente ab jetzt jeden Monat zugesendet und wenn was ist, habt ihr einen Medimagus an den ihr euch jederzeit kostenlos wenden könnt.

 

Ich weiss, das ist kein Trost, aber was soll ich sagen. Ich will euch … dich … in Sicherheit wissen und das wärt ihr nicht, wenn ich bleiben würde. Irgendwann würden sie mich finden und euch etwas antun. Davon bin ich überzeugt.

 

Mein Sharik, mein Herz gehört dir. Es wird für immer dein Sklave sein und ich verspreche dir, dass ich zurückkehren werde.’

 

Yugi liest die Worte immer wieder. Er sieht, dass Atemu beim Schreiben geweint hat und auch, dass der Brief nicht fertig geschrieben ist. Gepeinigt schliesst er die Augen. »Ich kann nicht. Das übersteigt meine Kräfte«, schluchzt er auf und presst das Papier an seine Brust.

 
 

***
 

 

Sugoroku sieht voller Sorge auf die untergehende Sonne. Noch immer sind Yugi und Nino nicht zurückgekehrt. Das Mittagessen hat er mit Atemu allein gegessen, der jedoch nur abwesend in der Suppe rumgerührt hat. Kaum die Hälfte ist in dessen Mund gewandert und auch beim Abendessen, hat er ihn nur mit Müh und Not dazu bringen können, ein paar Bissen von dem Brötchen zu essen, was ihm noch zusätzliche Sorgen bereitet.

Um sich zu beschäftigen wendet er sich wieder dem Korb zu, den er für die Reise mit Brötchen und frisch gebackenen Keksen füllt. Sogar eine Flasche mit Apfelsaft hatte er gestern noch auftreiben können. Doch das Wertvollste liegt als Geschenk verpackt neben dem Korb. Eine Tafel Nussschokolade, die sein Enkel so sehr liebt.

 

Draussen sitzt Atemu auf der Hintertreppe. Es ist kalt, aber das ist ihm egal. Er wartet auf Jonouchi und May, die sicher noch kommen werden, um sich zu verabschieden und ein Teil von ihm hofft, dass Nino Yugi gefunden hat und ihn mitbringt. Er will nicht gehen, ohne sich von seinem Sharik zu verabschieden, ihm alles zu erklären …  in Gedanken versunken blickt er zum Tor, während seine Hände den Bernsteinanhänger umfassen. Endlich hört er vertraute Hufschläge. So schnell er kann, springt er auf und eilt auf das Tor zu und da kommt Yugi schon auf den Hof gerannt und stürmt auf ihn zu. Mitten auf dem Platz fallen sie sich in die Arme und sinken eng umschlungen auf die Knie. »Liebster, es tut mir so leid. Ich war so …« Atemus Lippen auf den seinen lassen ihn verstummen. Verzweifelt küssen sie sich immer wieder und ihnen laufen die Tränen über die Wangen. Doch irgendwann wird ihnen trotz allem die Luft so knapp, dass sie die Küsse abbrechen müssen. Ihre Stirne aneinander legend, sehen sie sich in die Augen und wischen sich gegenseitig mit den Fingern die Tränen von den Wangen. »Sharik, ich hatte solche Angst, dass du zu spät nach Hause kommst«, raunt Atemu mit tränenerstickter Stimme und haucht wieder sanfte Küsse auf Yugis Lippen.

»Es tut mir so leid. Ich habe unsere letzten Stunden verschwendet. Ich bin so dumm und egoistisch. Ich …« Ein Schluchzen unterbricht ihn und er schlingt die Arme um den Hals seines Liebsten, der ihn fest an sich drückt. »Du bist ja jetzt da. Das ist alles, was zählt.« Auch ihm laufen immer noch die Tränen übers Gesicht und er will seinen Sharik gar nicht mehr loslassen. Die Zeit soll jetzt stehen bleiben und nie wieder weiterlaufen. Nur ist das nicht möglich, wie ihm ein deutlich hörbares Motorengeräusch nur Sekunden später klar macht. »Noch nicht«, fleht er tonlos, aber da werden schon Türen geöffnet und wieder zugeschlagen.

»Ein Pharao hat nicht auf dem Boden zu knien. Ausser vor den Göttern beim Gebet«, erklingt die überhebliche Stimme Setos. »Halt die Klappe, Oberschichtssack. Du hast ja keine Ahnung!«, geht Jonouchi gleich in die Luft und er stellt sich vor ihm hin. Unbeeindruckt schiebt dieser den Schmied zur Seite und geht direkt auf Yugi und Atemu zu, die sich immer noch umarmen. »Was für ein schönes Bild, aber wir haben keine Zeit, um lange Abschiedsszenen zu veranstalten.« In seiner Stimme ist die Ungeduld zu hören und wenn man genau hinhört, ein Hauch von Nervosität.

»Die beiden nehmen sich die Zeit, die sie brauchen!« Streng sieht Sugoroku Seto an, während er mit einer Tasche und einem Korb auf sie zu kommt.

»Zeit ist das, was wir nicht haben. Hohepriester Shimon hat es geschafft, dass wir mit einem Privatflugzeug in das römische Grossreich fliegen können. Aber wir haben nur ein kleines Zeitfenster, in dem wir den Pharao an Bord schmuggeln und losfliegen können.«

 

Atemu schluckt leer, als er das hört. Widerwillig löst er sich aus Yugis Armen und steht wieder auf. »Ich werde mich von meinem Sharik, meiner Familie und meinen Freunden so verabschieden, wie ich es für richtig halte.« Entschlossen sieht er seinen Cousin an, der den Blick kühl erwidert. »Wie ihr wollt. Aber wenn wir zu spät sind, müssen wir auf ein Schiff ausweichen und werden deutlich länger unterwegs sein und das können wir uns nicht leisten.«

»Lasst ihn. Wir haben ein schnelles Auto, wir haben Zeit«, mischt sich nun Shimon ein, der Seto gefolgt ist und jetzt ruhig neben ihm steht.

Dankbar neigt Atemu kurz den Kopf in die Richtung des alten Mannes, ehe er sich abwendet und zu seinen Freunden blickt.

Er hat einen Kloss im Hals, der ihm die Luftröhre zuschnürt. Ein paar Mal muss er sich räuspern. »Jonouchi. Wenn du dir keinen Sklaven hättest kaufen wollen, würden wir jetzt nicht hier stehen. Im Gegenteil, vermutlich wäre ich schon lange nicht mehr am Leben. Du bist der wohl beste Freund, den sich Yugi nur wünschen kann und auch ich sehe in dir einen sehr guten Freund und einen Menschen, dem ich mein Leben anvertrauen würde. Ich danke dir, für alles, was du für mich in diesem letzten Jahr getan hast.«

Mit einem Schniefen zieht Jono ihn nach diesen Worten in eine schraubstockartige Umarmung. »Tut mir leid. Aber das musste jetzt sein«, entschuldigt er sich mit einem schiefen Grinsen, als er ihn wieder los lässt. »Pass verdammt nochmal auf dich auf und komm wieder nach Hause. Sonst reise ich persönlich ins ägyptische Grossreich und schleife dich wieder her. Hast du mich verstanden?«

Leer schluckend und mit einem schiefen Grinsen nickt Atemu. »Ich verspreche es«, erwidert er und sieht dann zu May. »Dir hatte ich meine ersten richtigen Kleider seit über fünf Jahren zu verdanken. Du warst da, wenn wir dich gebraucht haben und du hast Yugis Laune in Wladiwostok ertragen. Du bist die wohl beste Freundin, die ich je hatte. Ich danke dir für deine Geduld, die du immer mit mir gehabt hast.« Nun ist er es, der eine aufschluchzende May umarmt. »Pass gut auf deinen Schatz auf. Er ist etwas ganz Besonderes«, raunt er in ihr Ohr und lässt sie dann wieder los. Leicht lächelt er sie an und tritt dann einen Schritt zurück.

Jetzt wendet er sich Rishido zu, der mit ruhiger Miene dasteht. »Rishido. Du hast vermutlich als erster gewusst, wer ich einst gewesen bin. Ich habe dir das Leben nicht immer leicht gemacht, aber dennoch hast du mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Gehe deinen Weg und wenn du die Möglichkeit erhalten solltest, die Freiheit zu erlangen, dann ergreife sie und ich bin überzeugt, dass dir Jono die Wahl lassen wird.« Er hält Rishido die Hand hin und als dieser sie ergreift, neigt er voller Respekt den Kopf. »Du bist so viel stärker, als ich es je gewesen bin. Dafür bewundere ich dich«, fügt er noch hinzu und zieht den grossen Mann in eine schnelle Umarmung, ehe er einen Schritt zurück macht und dann zu Nino blickt, der etwas abseits steht und ihn mit grossen Augen ansieht. »Nino. Du bist erst so kurz ein Teil der Familie, aber du hast dich so gut eingelebt, dass es mir so vorkommt, als wärst du schon viel länger hier. Du hast so viel, in so kurzer Zeit gelernt. Ich bin so unglaublich stolz auf dich und mich beruhigt das Wissen, dass du hier bist und an meiner Stelle auf Grossvater und Yugi aufpasst.« Sanft wischt er ihm die Träne von der Wange und da schlingt der Junge schluchzend die Arme um ihn. »Geh nicht«, fleht er und da wird Atemu klar, dass auch Nino leidet. »Ich muss gehen. Kümmere dich um die Pferde, bis ich wieder da bin und lass dich von Grossvater nicht einschüchtern, wenn er mal wieder auf stur schaltet«, flüstert er ihm zu und schiebt ihn dann sanft von sich. »Lerne fleissig weiter lesen und schreiben und auch die Mathematik.«

Schniefend nickt Nino und wischt sich mit dem Ärmel über die Augen. »Mach ich. Du wirst stolz sein, wenn du wiederkommst und ich schreibe dir, wenn ich darf.«

Atemu würde am liebsten auch weinen, dennoch nickt er lächelnd. »Ich freue mich auf deine Briefe.« Noch einmal umarmt er ihn, ehe er sich zu Sugoroku umwendet, der mit Tränen in den Augen dasteht und ihn in eine grossväterliche Umarmung zieht, noch bevor er etwas sagen kann. »Du hast so viel gesagt, jetzt hörst du mir zu.« Mühsam gefasst sieht er ihm in die Augen. »Ich bin so unglaublich stolz auf dich. Du hast in dem einen Jahr so viel geschafft. Du hast wieder zu dir selbst gefunden. Du warst ein verängstigter junger Mann ohne Erinnerung, der sich selbst aufgegeben und verloren hatte, als du zu uns gekommen bist.« Leicht lächelt er nun. »Und jetzt steht ein stolzer und selbstbewusster Mann vor mir, der es geschafft hat, das Herz von Yugi im Sturm zu erobern und den ich mit Stolz meinen Enkel nenne. Du hast hier immer ein Zuhause, in das du zurückkehren kannst und hier warten Menschen auf dich, die dich ins Herz geschlossen haben. Vergiss das nie. Egal, was für schwere Zeiten auf dich zukommen.« Er hebt die Hand, als Atemu etwas sagen will. »Nur noch etwas. Ich habe hier für dich nicht nur dein Gepäck rausgebracht, sondern auch einen Korb mit Proviant und einer kleinen Überraschung, damit du noch etwas länger etwas von uns an deiner Seite hast.«

Leer schluckt Atemu, als er sprachlos nickt und seinen Grossvater umarmt. »Ich wollte so viel sagen. Aber jetzt … danke … danke … danke. Du hast mir eine Familie gegeben und mir Tante Amina wieder zurückgebracht. Du hast mir so viel mehr gegeben, als du dir vorstellen kannst, Grossvater.« Schniefend lässt er den alten Mann los, der ihm die Hände auf die Wangen legt. »Pass auf dich auf und komm wieder nach Hause.« Eindringlich sieht er in die rubinroten Augen, die ihn mit so viel unterdrückter Verzweiflung ansehen, dass es ihm ganz schwer ums Herz wird. Widerwillig lässt er ihn los und sieht zu Shimon und dem Prinzen. »Wenn ihm etwas passiert, mache ich euch dafür verantwortlich!« Während Seto gelangweilt und ungeduldig wirkt, nickt Shimon. »Ich verspreche es. Ich werde ihn hüten, wie meinen Augapfel.«

 

Atemu hat das kleine Zwischenspiel der beiden alten Männer ausgeblendet. Er steht nun vor Yugi und sieht ihn voller Liebe an. »Ich könnte dir so viel sagen und doch lässt sich alles in drei Worte packen.« Ihm versagt die Stimme und so legt er die Hände auf Yugis Wangen und sieht ihm tief in die Augen. »Ich liebe dich«, spricht er zum ersten Mal die drei Worte aus und das ohne Panik zu verspüren. »Du bist mein Leben. Meine Seele und ich werde immer dein Sklave sein, denn du hältst mein Herz in deinen Händen. Ich lasse es in deiner Obhut, bis ich zurückkehre und noch viel länger bis in die Ewigkeit.« Er zieht seinen Sharik an sich und küsst ihn mit all der Liebe und der Sehnsucht, die er in sich trägt.

Als sie den Kuss lösen müssen, legt ihm Yugi die Hand auf die Wange. »Ich liebe dich auch. Mein Herz und meine Seele gehören dir und so wie du mein Sklave bist, so bin ich dein Sklave. Komm wieder zu mir zurück. Ich warte auf dich. Bis in alle Ewigkeit und noch darüber hinaus.« Ein zittriges Lächeln kämpft sich auf sein tränennasses Gesicht, als er ihm noch einen verzweifelten Kuss gibt.

 

Viel zu schnell löst sich sein Liebster dann von ihm und tritt zurück. »Passe auf Osis auf«, raunt Atemu ihm zu. Noch einmal wischt er ihm mit dem Daumen die Tränen von der Wange, ehe er sich umwendet und den Korb und die Tasche hochnimmt. Noch einmal blickt er sich im Hof um, sieht zu den Menschen, die ihm in dem letzten Jahr so sehr ans Herz gewachsen sind. Blickt zu den Mauern des Hauses, in dem er seine schönste Lebenszeit verbracht hat. Sein Blick geht noch einmal zu seinem Sharik, der schluchzend in den Armen von Grossvater dasteht und es zerreisst ihm das Herz, diese beiden Menschen verlassen zu müssen.

Es kostet ihn übermenschliche Stärke, sich umzudrehen und einen Schritt nach dem anderen von ihnen weg zu machen. Er zwingt sich, sich nicht noch einmal umzublicken, als er ins Auto steigt und sich neben Anna und ihr Kind setzt.

Mit leerem Blick sieht er nach vorn, als sich der Wagen in Bewegung setzt.

 

 

 

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So, das war es jetzt auch schon. Weiter geht es, wenn ich den 7. Band fertig geschrieben habe. Ich hoffe, ihr musstet nicht zu sehr leiden, während ihr gelesen habt.

 

Eure mrs_ianto

 

Über den Wolken

Hallo,

 

lange ist es her, dass ich ein neues Kapitel hochgeladen habe. Nun ist es soweit, der 7. und somit letzte Band der Wüstensklave Reihe liegt beim Lektor und wartet darauf, dass er an die Reihe kommt.

Was bedeutet das für euch? Ja, die Fanfiction geht nun auch weiter und das wieder im Wochenrythmus bis zum bitteren Ende.

 

Nun habe ich aber genug gelabert und wünsche euch viel Spass beim Lesen.

 
 

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Über den Wolken

 

 

Starr blickt Atemu stumm aus dem Fenster. In seinem Inneren schreit er jedoch. Kämpft um Kontrolle, will hier aus dem sich viel zu schnell bewegenden Auto springen. Zurück zu Yugi … seinem Sharik … seiner Seele … seinem Halt … seinem Ruhepol … seinem Leben. Ohne, dass er es bewusst registriert, bewegt sich seine Hand zum Griff der Tür, zuckt aber zurück, als ein leises Wimmern in sein Bewusstsein dringt.

Erst jetzt registriert er, dass er nicht allein auf der Rückbank sitzt. Langsam wendet er den Kopf und hält schlagartig inne. »Anna?« Schockiert sieht er die junge Frau an, die mit gesenktem Kopf verkrampft neben ihm sitzt und ein kleines, wimmerndes Bündel an sich gedrückt hält.

Zögernd hebt sie den Kopf, als sie ihren Namen hört, senkt den Blick aber sofort wieder. »Ja, Meister?«, fragt sie leise mit demütiger Stimme, in der eine leichte Angst mitschwingt.

Sanft legt Atemu die Hand auf ihre Schulter, zieht sie aber sofort zurück, als sie unwillkürlich zurückzuckt. »Du musst mich nicht Meister nennen. Erinnerst du dich noch an mich? Ich bin Yami, wir sind uns letztes Jahr begegnet.« Bewusst spricht er mit sanfter Stimme, um sie nicht weiter zu verunsichern.

Tatsächlich hebt sie nun den Blick und sieht ihn ernst an. »Ja, ich erinnere mich. Wie könnte ich zwei so freundliche Menschen, wie Ihr und Meister Muto es seid, vergessen? Aber Ihr seid jetzt nicht nur ein freier Mann, sondern auch noch von höchster Geburt. Es steht mir nicht zu, Euch anders, als Meister zu nennen.« Über ihre offenen und direkten Worte selbst erschrocken beisst sie sich auf die Lippen und senkt wieder den Blick. »Verzeiht, meine Worte«, bittet sie mit leiser, zitternder Stimme und wiegt wieder das kleine Bündel, das nun lauter wimmert.

Atemu will etwas erwidern, als sich Seto vorne auf dem Beifahrersitz räuspert. »Mein Pharao. Ich hoffe, Ihr fühlt euch von meiner Sklavin und ihrem Kind nicht belästigt. Ich habe ihr vor unserer Abfahrt befohlen, dass sie dafür sorgen soll, dass das Kind ruhig ist.« Mit eisigem Blick sieht Seto nach hinten. »Gib mir das Kind«, verlangt er mit einer sanften Stimme, die seinen eisigen Blick Lügen straft.

Erstaunt beobachtet Atemu, wie Anna das kleine Bündel nach vorn reicht und wie vorsichtig sein Cousin das wimmernde Baby entgegen nimmt. »Du musst lernen, deine Unruhe besser vor deinem Kind zu verbergen. Wir fahren nur Auto, das ist nun wirklich nichts Schlimmes«, murrt Seto, als er sich mit dem Bündel im Arm wieder umdreht und das Wimmern gleich darauf aufhört.

»Ja, Meister Seto«, murmelt Anna mit demütig gesenktem Blick. Wieder hat sie in der ihr fremden Welt der Oberschicht versagt. Nur wie soll sie ihre Angst in diesem Magigefährt denn unter Kontrolle halten? Es bewegt sich durch Zauberei ohne Pferde und das so viel schneller, als es jedes ihr bekannte Pferd je könnte.

Als sie spürt, dass sie wieder berührt wird, hebt sie den Blick, will ihn aber gleich wieder senken, als sie in das Gesicht des Pharaos blickt. Doch seine warmen Augen halten sie davon ab. »Meister?« Fragend sieht sie ihn verunsichert an.

 

»Es gibt keinen Grund, dich zu schämen oder dich schuldig zu fühlen. Du sitzt das erste Mal in einem Auto. Da kann das schon beängstigend sein.« Seine Stimme ist warm und beruhigend. Es scheint zu wirken. Die angespannten Muskeln unter seinen Fingern entspannen sich langsam. »Ich habe auch Angst. Ich bin schon so lange nicht mehr in einem Auto gefahren, dass auch mich, die für mich inzwischen ungewohnte Geschwindigkeit, beunruhigt.« Gibt er mit einem leichten Lächeln zu. Dass Seto und Shimon ihn hören können, ist ihm egal. Besonders als Anna ihn nun mit einem zittrigen Lächeln ansieht. »Vielen Dank, Meister. Ich habe es nicht verdient, dass Ihr euch so um mich bemüht. Schliesslich bin ich nur eine Sklavin.«

 

»Du hast das genau richtig erkannt, Anna. Nun belästige den Pharao nicht länger. Er muss sich auf seine kommenden Aufgaben vorbereiten«, mischt sich Seto wieder ein und sieht nun zu Shimon hinüber. »Hohepriester, wie lange brauchen wir noch? Ihr wisst, dass die Zeit knapp ist.«

Die Augen verdrehend blickt Shimon kurz zu Seto rüber. »Nun hetzt mich nicht. Wir haben noch genug Zeit. Hier sind wir noch im von Atami überwachten Gebiet, da würde es auffallen, wenn ich zu schnell fahre. Nur noch ein paar Kilometer, dann sind wir auf der freien Strasse und können schneller fahren, bis wir in den Überwachungsbereich von Tokio kommen.«

Murrend lehnt sich Seto in seinem Sitz zurück. Sanft wiegt er dabei die inzwischen wieder friedlich schlafende Toshi hin und her. »Wir haben uns in Domino zu viel Zeit gelassen. Diese ewige Verabschiedung war nicht nur eines Pharaos unwürdig, sondern hat uns auch viel zu viel Zeit gekostet.«

Leise seufzt Shimon. »Mein Prinz, Ihr hättet Euch auch nicht anders verhalten. Unser Pharao verdankt diesen Menschen unglaublich viel. Da haben sie es mehr als nur verdient, dass er sich richtig von ihnen verabschiedet und ihm hat es auch gut getan.« Kurz blickt er auf den Bildschirm seines Handys, bevor er noch einmal zu Seto rüber sieht, der mit nachdenklicher Miene auf die Strasse vor sich blickt. »Wir können nur erahnen, was er in den letzten Jahren durchgemacht hat. Wir brauchen ihn, aber er braucht auch uns als seine Stütze«, fügt er leise hinzu und tritt dann so stark aufs Gaspedal, dass das Auto eine Sprung nach vorn zu machen scheint. Deutlich schneller als noch zuvor, rasen sie durch die Dämmerung in Richtung Tokio.

 

Durch die plötzliche Beschleunigung in den Sitz gedrückt, schliesst Atemu gepeinigt die Augen. Seine Schulter schmerzt immer noch leicht, aber viel schlimmer ist die auf einmal aufkeimende Panik, die ihn zu übermannen droht. Unbewusst ballt er, im Kampf um Kontrolle, die Hände zu Fäusten. Ein Rauschen dominiert seinen Hörsinn und der Drang zu schreien wird immer grösser. Auf einmal spürt er eine hauchzarte Berührung an seinen Händen, hört eine Stimme, die leise auf ihn einredet. Er hält sich an ihr Fest. Die Worte sind egal, er versteht sie durch das Gewirr seiner Gedanken sowieso nicht. Doch sie bewirken, dass sich seine Atmung beruhigt. Langsam wird auch sein rasender Herzschlag wieder ruhiger.

Atemu weiss nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als er die Augen wieder öffnen kann. Sein Blick ist noch unscharf, aber dennoch erkennt die kleine Hand, die seine Faust umfasst. Langsam hebt er den Blick und sieht zu Anna, die ihn zwar blass, aber mit einem schon beinahe mütterlichen Lächeln ansieht. »Immer auf die Atmung konzentrieren. Das hält die Angst in Schach. Glaubt mir, das tue ich schon die ganze Zeit«, flüstert sie ihm zu, um die beiden Männer vorne nicht zu stören und sie so auf das Problem des Pharaos aufmerksam zu machen.

Dankbar nickt Atemu und öffnet nun die Faust, auf der Annas Hand liegt und ergreift sie. »Danke.« Mehr kann er nicht sagen. Ihm fehlen die Worte, das auszusprechen, was in seinem Innern vorgeht. Sich an Annas Hand festhaltend, blickt er aus dem Fenster. Sieht erst jetzt bewusst, die Landschaft, die in rasender Geschwindigkeit an ihnen vorbeizieht. Er vermisst seinen Sharik, will jetzt nichts mehr, als ihn an seiner Seite haben. Den Schmerz des Verlustes, der ihn jetzt zu überwältigen droht, herunterschluckend, zwingt er sich dazu, sein blutendes Herz einzuschliessen. Die Gefühle wegzusperren, die ihn bei seiner kommenden Aufgabe nur behindern würden. Dass die Stimme in ihm, die ihn verdächtig an Yami erinnert, dabei aufschreit, ignoriert er mit all seiner Kraft. »Bitte verzeih mir, aber ich habe keine Wahl«, murmelt er tonlos und wischt sich eine einzelne Träne von der Wange, die es gewagt hatte, sich aus seinem Augenwinkel zu stehlen.

Von dem Drama auf dem Rücksicht bekommen Shimon und Seto nichts mit. Sie sind beide zu sehr damit beschäftigt, sich auf den Weg zu konzentrieren. Shimon, der das Auto mit einem viel zu hohem Tempo steuert und Seto, der den Blick angestrengt auf den kleinen Bildschirm gerichtet hält, um früh genug zu erkennen, wann sie in den Überwachungsbereich Tokios gelangen. »Laut den Anzeigen, könnt ihr noch 40 Kilometer in dem Tempo fahren, ehe Ihr wieder langsamer werden müsst, alter Mann.« Die Stimme Setos zeigt, wie angespannt er ist und auch die plötzlich nicht mehr so förmliche Anrede ist ein Anzeichen dafür, dass er nicht so ruhig ist, wie er nach aussen hin zu sein scheint. Sogar Toshi bemerkt es und fängt leise an zu wimmern, woraufhin er ihr die Fingerkuppe an die Lippen hält. Es funktioniert, das Baby fängt an, an dem Finger zu nuckeln und schläft dabei wieder ein.

»Immer mit der Ruhe. Ich habe mir die Karten vor unserer Abfahrt genau angesehen«, brummt Shimon, der kurz zu Seto schielt. »Sobald wir wieder im Überwachungsbereich sind, sind es nur noch ein paar Kilometer bis zum Flughafen. Wir werden es schaffen. Denkt daran, dass Prinzessin Helena mit ihrem Privatjet auf dem Flughafen auf einem abseits gelegenen Stellplatz auf uns wartet.« Doch so ruhig, wie sich der Hohepriester gibt, ist auch er nicht. Noch läuft zwar alles nach Plan, aber mit einem Baby, das nicht so leicht zu kontrollieren ist, wie seine Mutter, kann alles passieren.

 

Kurz darauf bremst er so scharf ab, dass sie nach vorn in die Sicherheitsgurte gedrückt werden. Das Handy auf dem Armaturenbrett zeigt wieder einen schwachen Empfang an, der nun mit jedem Kilometer, den sie im gemächlichen Tempo zurücklegen, stärker wird. Zwischen den Hügeln taucht langsam das Lichtermeer des Flughafens von Tokio auf. Doch statt weiter auf der Hauptstrasse direkt auf das Hauptgebäude des Flughafens zuzufahren, biegt Shimon auf einen kleinen Seitenweg ab, der sie nun an der hell erleuchteten Landebahn entlang, zu abseits stehenden Gebäuden führt. In ihrem Schatten hält er den Wagen an und stellt den Motor aus. »Also, seht ihr das Flugzeug da drüben? Da müssen wir hin. Es gibt hier einen Seiteneingang, an dem wir von einem Bediensteten der Prinzessin erwartet werden. Egal was passiert, der Pharao muss unter allen Umständen in den Flieger gelangen. Wir anderen sind entbehrlich. Habt ihr mich verstanden?« Eindringlich sieht er die jungen Leute an, die gebannt auf das Flugzeug zu starren scheinen. Schliesslich durchbricht Seto die eingetretene Stille. »Das ist uns bewusst, alter Mann. Nun hört auf, grosse Reden zu schwingen, wir müssen los.« Geschickt schnallt er sich ab und steigt mit der kleinen Toshi aus dem Wagen. Ungeduldig wartet er darauf, dass auch die anderen seinem Beispiel folgen. Endlich stehen sie alle neben dem Auto im Schatten des Gebäudes, das er jetzt als alten Hangar erkennt. Knapp nicken sie sich zu, ehe sie Shimon an der Mauer entlang zum Zaun folgen.

Bis jetzt konnten sie sich im Schatten von diversen Mauern und Wänden halten, aber nun ist eine freie Fläche vor ihnen, die von den Scheinwerfern auf dem Flugfeld erhellt wird. Schweigend sehen sie sich an, ehe sie gebückt losrennen, um das etwa hundert Meter entfernte Tor zu erreichen, wo sie schon ungeduldig von einem dunkel gekleideten Mann erwartet werden.

Kaum haben sie ihn erreicht, rennt er neben ihnen los und treibt sie zu grösserer Eile an. »Die Flughafenbehörden werden langsam ungeduldig und haben Patrouillen zum Stellplatz geschickt, die jeden Moment eintreffen können.« Teilt er ihnen atemlos mit. Schon können sie die laufenden Turbinen des kleinen Privatjets hören, aber auch das Motorengeräusch von sich nähernden Fahrzeugen dringt durch die kühle Luft zu ihnen durch.

 

Auf einmal stolpert Anna und bleibt nur auf den Beinen, weil sie von starken Händen festgehalten wird. Grob wird sie weitergezerrt, obwohl sie ihre Füsse doch erst wieder sortieren muss. »Meister, lasst mich zurück. Ihr habt die Worte von Meister Shimon gehört. Wir sind unwichtig«, presst sie angestrengt zwischen zwei Atemzügen hervor. Doch Atemu hört nicht auf sie, sondern zerrt sie nur grob weiter hinter sich her. »Nur noch ein paar Meter«, ruft er ihr durch den lauter werdenden Lärm der Turbinen zu, die auch Toshis Weinen inzwischen übertönen. Wann hat das Baby bloss angefangen zu schreien? Schiesst es ihm durch den Kopf, als sie am Flugzeug entlang zur Gangway rennen. Auf der anderen Seite des Fliegers können sie schon die ersten Autos auftauchen sehen, als sie endlich die Stufen erreichen und nach oben stolpern. In der Tür werden sie schon von einem ungeduldigen Steward erwartet, der sie mit knappen Worten anweist, sofort nach hinten zu gehen.

Zu Atemus Erstaunen ist das Flugzeug deutlich geräumiger, als es von aussen gewirkt hat. Sie brauchen eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich die Plätze erreichen, die sie für den Startvorgang einnehmen müssen. Sie haben sich kaum gesetzt, hören sie, wie die Tür zugeschlagen wird und spüren wie sich das Flugzeug in Bewegung setzt. Unter den kalten, aber zugleich neugierigen Blicken der beiden bereits anwesenden Personen schnallen sie sich an, wobei es Seto übernimmt, Anna den Gurt richtig anzulegen.

Missbilligend rümpft Prinzessin Helena des römischen Grossreiches die Nase. »Hohepriester Shimon, Ihr habt mir nicht gesagt, dass euch eine Sklavin begleitet. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den Laderaum erst nach eurem Eintreffen schliessen lassen.« Vorwurfsvoll sieht sie den alten Mann an, der den Blick ruhig erwidert und dabei gleichzeitig beruhigend die Hand hebt. »Prinzessin Helena, mir war nicht bewusst, dass auch eine Mutter mit Baby im Laderaum mitfliegen muss.« Bewusst hat er mit besonders ruhiger Stimme gesprochen und auch seine Miene verrät nichts darüber, was er von ihren Worten hält.

»Hohepriester, entweder überleben die Kinder den Aufenthalt im Laderaum oder nicht. So ist das Leben«, erwidert die Prinzessin spitz.

»Meine Sklavin und ihr Kind reisen auf keinen Fall im Laderaum mit. Ich bin für sie verantwortlich und ich habe entschieden, dass sie hier mit uns reisen!« Eiskalt sieht Seto die schwarzhaarige Schönheit an. Die nun tatsächlich für einen Moment zur Seite blickt. »Ich wusste nicht, dass das Eure Sklavin ist und wer ist der Freigelassene, der neben Euch sitzt?«

Nun grinst Seto wie ein Raubtier. »Sagt bloss, dass Ihr Euch nicht an Pharao Nesut-anch-Ra erinnert? Dabei war er doch damals extra bei eurem Vater, um über eure Vermählung zu verhandeln, sobald Ihr die Grossjährigkeit erreicht habt.«

Spitz lacht Helena nun auf. »Das ist ein guter Witz, Hoheit. Jeder weiss, dass der Pharao bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist.« Triumphierend sieht sie Seto an, da von seinem Sitznachbarn nicht nur keine Reaktion kommt, sondern dieser auch noch mit gesenktem Kopf dasitzt. »Niemals würde der hochwohlgeborene Pharao mit demütig gesenktem Haupt dasitzen.«

Sofort ruckt Setos Kopf herum. »Mein Pharao?«, spricht er ihn leise an und berührt ihn am Arm. Schlagartig zieht Atemu den Arm weg und krümmt sich leise wimmernd zusammen. »Verdammt!«, flucht Shimon und beugt sich vor. »Mein Pharao, tief durchatmen, sobald wir unsere Flughöhe erreicht haben, kann euch der persönliche Mediziner der Prinzessin etwas zur Beruhigung geben.« Innerlich verflucht sich Shimon, dass er nicht vorher an die Möglichkeit gedacht hat, dass der Pharao damals durch den Flugzeugabsturz traumatisiert worden ist.

Verwirrt runzelt Prinzessin Helena die Stirn. »Was hat das zu bedeuten?« Will sie mit scharfer Stimme wissen, woraufhin Shimon zu ihr blickt. »Prinzessin. Er hat einen Flugzeugabsturz überlebt und ist danach durch die Hölle gegangen. Der Pharao konnte das Trauma offensichtlich nie verarbeiten und hat jetzt eine Panikattacke. Er braucht ein Beruhigungsmittel, aber jetzt aufzustehen wäre für Euren Mediziner zu gefährlich.«

Tatsächlich wird das Flugzeug jetzt immer schneller und hebt ab. Durch den starken Seitenwind, kippt es leicht zur Seite ab, als es an Höhe gewinnt und schlingert leicht, bis es sich wieder stabilisiert. Nun doch relativ ruhig daliegend, steigt das Flugzeug nach oben.

Doch durch den unruhigen Start, ist Atemu noch blasser geworden und sein Herz rast. Er ringt nach Atem und doch will sein Körper den so dringend benötigten Sauerstoff nicht aufnehmen.

»Weg da!« Entschieden schiebt Mediziner Poniz Shimon zur Seite und kniet sich vor Atemu hin. »Ganz ruhig, gleich geht’s dir besser, mein Junge«, raunt der grauhaarige Heiler mit beruhigender Stimme und zieht eine Spritze auf. Mit routinierten Handgriffen spritzt er ihm das Beruhigungsmittel und überprüft dann stumm mitzählend den rasenden Puls. »Wenn er sich nicht bald beruhigt, muss ich ihn sedieren.«

Tief seufzt Shimon. »Vielleicht wäre es das Beste. Wenn ich dran denke, was er alles durchgemacht hat«, brummt er in seinen nicht vorhandenen Bart und lässt dabei den Pharao nicht aus den Augen. Auf einmal hört er ein leises Wimmern und denkt schon, dass es wieder Toshi ist, doch als er sich zu seiner Sitznachbarin umdreht, sieht er, dass Anna zitternd dasitzt und sich an ihrer Tochter festklammert. »Mediziner Poniz, könnt ihr auch Anna ein leichtes Beruhigungsmittel spritzen? Nicht, dass sie uns auch noch zusammenbricht.« Beruhigend legt er ihr den Arm um die Schultern und drückt sie leicht. »Keine Angst, Mädchen. Fliegen ist deutlich sicherer als Reiten oder das Reisen mit der Kutsche. Es ist alles gut«, raunt er leise und sieht auffordernd zu Poniz, der sich nun mit verkniffener Miene dazu herablässt und Anna ziemlich unsanft ein leichtes Beruhigungsmittel spritzt, ehe er sich wieder voll und ganz auf seinen eigentlichen Patienten konzentriert. »Was für eine Verschwendung des guten Mittels!« Kann er es sich nun doch nicht mehr verkneifen zu sagen, als er wieder den Puls an Atemus Handgelenk misst, der zu seinem Leidwesen nicht wirklich langsamer geworden ist. »Ich betäube ihn, dann schläft er den Flug durch.« Bestimmt er und zieht noch eine Spritze auf.

»Ach, für den Pharao habt Ihr Medikamente, aber für eine verängstigte junge Frau, die für ihr Kind da sein muss, wollt Ihr nichts tun«, zischt Seto mit blitzenden Augen.

»Hoheit, sie ist eine einfache Sklavin. Sie sind es nicht wert, dass man ihnen teure Medikamente gibt. Ich verstehe nicht, warum Ihr erstens darauf besteht, dass sie hier sitzt und zweitens, dass der Hohepriester darauf bestanden hat, dass sie ein Beruhigungsmittel bekommt«, erwidert Poniz, während er das Medikament in Atemus Ader spritzt.

Mit jedem Wort, dass der Mediziner sagt, werden Setos Augen schmaler. »Ganz einfach. Das Kind würde, wie gesagt, die Reise unten im Laderaum nicht überleben und ich habe keine Lust, stundenlang ein Baby von seiner Mutter zu trennen. Sie hat sich um ihr Kind zu kümmern und das kann sie nur, wenn sie mental hier bei uns ist und nicht vor Angst erstarrt auf ihrem Platz sitzt.« Mit jedem Wort wird seine Stimme schärfer und ist am Ende so schneidend, dass nicht nur Poniz den zur Antwort geöffneten Mund wieder schliesst, sondern auch die Prinzessin ihn nur sprachlos anstarrt.

Kalt sieht Seto erst den Mediziner und dann die Prinzessin an. »Starrt mich nicht so an. Das ist reines logisches Denken. Manchmal ist es einfach sinnvoll, etwas in den Sklaven zu investieren, statt sich dann zum Beispiel die Arbeit mit einem Kind zu machen, das noch nicht ohne seine Mutter klarkommt.«

Die Lippen zusammenpressend wendet Poniz seine volle Aufmerksamkeit wieder seinem hochwohlgeborenen Patienten zu und stellt erleichtert fest, dass das Sedativum gewirkt hat und der junge Mann nun nicht nur schläft, sondern sich auch der rasende Puls endlich beruhigt hat. »So, er sollte jetzt bis kurz vor der Landung schlafen. Er sollte aber so schnell wie möglich eine Therapie machen, um solche Vorfälle zu vermeiden.« Mit einem leisen Ächzen richtet er sich auf und packt seine Arzttasche zusammen, bevor er sich wieder auf seinen Platz setzt und sich von einem der Bediensteten ein Glas Wein bringen lässt.

 

Nun räuspert sich Prinzessin Helena und wendet ihre volle Aufmerksamkeit nun Shimon zu. »Hohepriester Marukosuo, Ihr habt mich darum gebeten, Euch und Eure Begleiter aus dem japanischen Grossreich zu schmuggeln. Ich möchte nun eine Erklärung haben.« Fest sieht sie den alten Mann an, der den Blick lächelnd erwidert. »Prinzessin, die politische Lage im ägyptischen Grossreich hat uns leider zu diesem Schritt gezwungen. Wie mein junger Schützling schon sagte, ist der junge Mann neben ihm der totgeglaubte Pharao Nesut-anch-Ra. Der amtierende Pharao darf noch nicht erfahren, dass er lebt. Da der Tennoh jedoch ein Verbündeter des amtierenden Pharaos ist, hätte er bei einer regulären Abreise zeitnah davon erfahren, dass sein Neffe noch lebt.« Ihren weiterhin fragenden Blick nun ignorierend, wendet er sich dem Fenster zu und blickt in die Nacht hinaus, die langsam heller wird. Er ist müde und so schliesst er nach einem kurzen Blick zu Seto, Atemu und Anna die Augen und schläft nur Minuten später tief und fest. Sein leises Schnarchen, hallt in der Kabine wider.

 

Amüsiert schüttelt Seto den Kopf über seinen alten Mentor. »Ihr könnt auch überall schlafen«, murmelt er warm und deckt den alten Mann nun fürsorglich mit einer leichten Decke zu, die den gleichen Beigeton hat, wie die restliche Einrichtung des Flugzeugs.

Resolut verlangt er vom Personal dann mit leiser Stimme eine Flasche Milch für das Baby und sieht den Bediensteten dann drohend an, als dieser es doch tatsächlich wagt, zu zögern. Zu seinem Amüsement hastet der Mann nun davon und bringt in Rekordzeit ein improvisiertes Fläschchen, das er ihm mit gesenktem Blick hinhält. Mit Mühe verkneift sich Seto den Kommentar, was er denn mit der Milch soll, als er den ängstlichen Blick in Richtung der Prinzessin bemerkt. Mit ernster Miene nimmt er die Milchflasche entgegen und reicht sie weiter an Anna, die sie mit einem demütig dankbaren Lächeln entgegen nimmt. Kurz darauf ist zu hören, wie Toshi gierig die Milch trinkt.

Zufrieden lehnt er sich zurück und erlaubt es sich, sich ein wenig zu entspannen. Erst jetzt wird ihm bewusst, dass die letzten Tage und Wochen auch an ihm nicht spurlos vorüber gegangen sind. In Gedanken versunken blickt er an seinem Cousin vorbei aus dem Fenster. Die Nacht ist schon sichtbar heller geworden. Leise seufzt er auf. Ihm ist bewusst, dass er eigentlich auch schlafen sollte, um bei ihrer Ankunft fit zu sein, aber etwas sagt ihm, dass er kein Auge zumachen wird.

 

Als die kleine Toshi fertig getrunken und ihr Bäuerchen gemacht hat, steht Anna auf und geht mit ihr etwas abseits, um sie in Ruhe zu wickeln. Ihr Meister hat für die Kleine noch vor ihrer Abreise Windeln besorgen lassen, die sich einfacher anlegen lassen und die empfindliche Haut nicht mehr so stark reizen. Die benutzte Windel packt sie sicher in eine Tüte eingewickelt in ihre Wickeltasche und setzt sich dann wieder auf ihren Platz, wo sie Toshi so in ein Tragetuch wickelt, dass sie beide Hände frei hat. Todmüde lehnt sie sich zurück und bemerkt schon nicht mehr, wie sie und ihre Tochter fürsorglich zugedeckt werden.

»Eine kranke Sklavin kann ich nicht gebrauchen«, murrt er, als er die Blicke der anderen bemerkt und setzt sich mit unergründlicher Miene wieder hin. Er kann Helena nicht ausstehen. Obwohl sie so alt wie Prinzessin Kisara ist, benimmt sie sich seiner Meinung viel zu oft wie ein trotziges Kind.

Das Licht wird gedimmt und die Bediensteten decken nun die schlafenden Passagiere zu, doch auch diesmal ist er es, der eine Decke nimmt und seinen schlafenden Cousin zudeckt. Warum vorher niemand auf die Idee gekommen ist, dass man auch im künstlichen Schlaf frieren könnte, ist ihm ein Rätsel.

Mit seinem Handy lehnt er sich zurück und starrt auf den Bildschirm, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Tief seufzt er auf. Inzwischen ist er neben den Bediensteten die einzige wache Person an Bord. Ohne, dass er es bemerkt, fallen ihm die Augen zu und er fällt in einen unruhigen Schlaf. Dass er gleich darauf von dem Diener zugedeckt wird, nimmt er schon gar nicht mehr wahr.

 

In rasender Geschwindigkeit fliegt das kleine Flugzeug in Richtung des römischen Grossreiches. Der Himmel, der zuerst wieder heller geworden ist, wird nun wieder dunkler und die Nacht wird von Wolken verdunkelt, die sich über dem Meer zu Gebirgen aus Wassertröpfchen auftürmen.

 
 

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So, das war es nun auch schon. Mir tut Atemu sehr leid, dass er nun von seinem Yugi getrennt ist, aber da müssen unsere Jungs leider durch.

 

Ich hoffe, euch hat das Kaiptel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Letzter Aufschrei

Hallo zusammen

 

Wie versprochen geht es mit dem nächsten Kapitel weiter. Nachdem Atemu ja seine wohl härteste Entscheidung getroffen hat, können wir nur hoffen, dass er sich ohne seinen Yugi zurechtfindet.

 

Nun aber genug geschwafelt. Ich wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 
 

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Letzter Aufschrei

 

»Du hast ihn verlassen! Einfach im Stich gelassen! Du hast ihn verraten und unsere Familie!«, vorwurfsvoll sieht Yami sein Gegenüber an. Er ist wütend und würde am liebsten auf Atemu einschlagen, aber obwohl er ihn sehen kann, kann er ihn nicht berühren. Dazu ist er auch noch so ruhig, was ihn noch mehr auf die Palme bringt. »Mir ist die Welt egal! Ich will zurück zu Yugi! Ich will bei ihm sein! Bei unserer Familie! Aber du, du denkst nur an dich!« Mit jedem Wort tippt er mit dem Finger auf Atemus Brust. Besser gesagt, er fährt mit dem Finger durch ihn hindurch. »Nun sieh mich endlich an!«

Endlich bewegt sich sein Gegenüber und hebt den Kopf. Dumpfe Augen, in denen jeder Glanz fehlt, sehen ihn an und lassen ihn einen Schritt zurückweichen. »Ich wollte auch nicht gehen. Es zerreisst nicht nur dir das Herz, sondern auch mir. Aber ich hatte keine Wahl. Es droht ein Krieg und Yugi müsste dann als Kanonenfutter mitkämpfen. Das kann ich doch nicht zulassen! Ich muss doch ihn und Grossvater und die Welt beschützen!«

»Die Welt ist mir egal!«, schreit Yami auf und holt mit der geballten Faust in Atemus Richtung aus …

 

Mit einem Aufkeuchen schreckt Atemu hoch und sieht sich verwirrt um. Er hört das Dröhnen der Turbinen, spürt das leichte Vibrieren unter seinen Händen und Füssen. Schwer atmend fährt er sich mit beiden Händen übers Gesicht und durch die Haare. »Ein Traum. Es war nur ein Traum«, murmelt er vor sich hin und lehnt sich wieder zurück. Erst jetzt registriert er die Decke, die auf seinem Schoss liegt und das Gefühl der kühlen Luft auf seinem Körper, die man nur so deutlich wahrnimmt, wenn man zuvor zugedeckt gewesen ist. Fröstelnd zieht er die Decke hoch und schlingt sie um sich. Leer schluckend tasten seine Finger nach dem kleinen Bernsteinphönix, den er seit Yugis Rückkehr aus Wladiwostok trägt. Er spürt den von der Haut warmen Stein unter seinen Fingern und schluckt. Erst jetzt fällt ihm der Korb wieder ein, der neben seinem Platz auf dem Boden steht. Leise, um die anderen nicht zu wecken, hebt er ihn hoch und sieht hinein. »Grossvater«, murmelt er erstickt, als er eins der belegten Brote herausnimmt. »Du konntest nicht wissen, wie schnell wir eine Strecke, die für euch zwei Tage Reise bedeutet, zurücklegen können.« Mit zitternden Fingern packt er das Brot aus und beginnt zu essen. Wenigstens etwas, was ihn neben dem Anhänger zumindest noch für einen Moment eine Verbindung zu seinem Zuhause spüren lässt.

Während er mit geschlossenen Augen isst, entwischen ihm einzelne Tränen aus den Augenwinkeln. Er will nach Hause, zu seinem Sharik … zu Grossvater … zu Blacky und Rocky. Er will … Das Brot ist zu Ende und mit ihm auch die Illusion der Verbindung. Erst jetzt bemerkt er die Tränen und wischt sie sich mit dem Ärmel seines Pullovers von den Wangen. Erst jetzt sieht er das kleine Päckchen, das neben einem weiteren Brot im Korb liegt und nimmt es heraus. Es ist flach und rechteckig.

Mit zitternden Fingern wickelt er den dunkelgrünen Stoff ab und schluchzt auf, als er die Nussschokolade erkennt. Sich die Hand auf den Mund pressend sieht er auf die Tafel und versucht krampfhaft, nicht zu laut zu werden, um die anderen nicht zu wecken. »Grossvater … Sharik …«

Auf einmal fühlt er Arme um sich, die ihn an einen warmen Körper ziehen. »Anna?« Fragend sieht er sie an, doch sie schüttelt nur lächelnd den Kopf. »Lasst es raus. Weinen hilft die Seele zu heilen«, flüstert sie leise und da schlingt er die Arme um sie und lässt den Schmerz raus. Mit bebenden Schultern hält er sein Gesicht an ihrer Schulter verborgen und weint. Lässt zum ersten Mal, seit er in das Auto gestiegen ist, die Gefühle zu, die ihn innerlich zerreissen.

 

Ohne sich zu bewegen, sitzt Seto mit geschlossenen Augen neben seinem Cousin. Er ist aufgewacht als Atemu aufgeschreckt ist und wollte ihn schon ansprechen, hat dann aber darauf verzichtet, als er durch nur zu kleinen Schlitzen geöffneten Augen gesehen hat, was passiert, sofort hat er die Augen wieder geschlossen, als sich Anna bewegt hat.

Angespannt hört er das Schluchzen und erst, als es verebbt, wagt er es die Augen zu öffnen. Sieht, dass Anna vor dem Pharao auf dem Boden kniet und ihn in den Armen hält. Sieht die billige Schokolade in dessen Händen und fragt sich, was sie zu bedeuten hat.

Langsam blickt er sich um und bemerkt, dass die anderen noch tief und fest schlafen. Erleichtert atmet er auf, dass die Prinzessin und dieser Mediziner diesen Moment der Schwäche nicht mitbekommen haben. Leise steht er auf und geht hinüber in den Bedienstetenbereich, wo er sich eine Flasche Wasser greift und sich einen scharfen Kommentar verkneift, weil das Personal schläft.

Ebenso leise geht er zurück zu den anderen und hält Atemu die Flasche hin. »Hier, trinkt.« Auffordernd sieht er ihn an, bis die Flasche ergriffen wird. »Wollt Ihr darüber reden?«

Atemu trinkt einen Schluck Wasser und schüttelt dann den Kopf. »Es gibt nichts, worüber ich reden könnte. Ihr würdet es nicht verstehen«, erwidert er bitter und sieht aus dem Fenster. »Ich habe wieder alles verloren. Meine Familie, mein Zuhause und den Menschen, den ich von ganzem Herzen liebe. Alles, was mir von ihnen bleibt, ist diese für sie unglaublich teure Schokolade und der Bernsteinanhänger. Sie haben mir alles gegeben, was ich besitze. Sie haben mir gezeigt, was es bedeutet, eine wahre Familie zu haben.« Jetzt sieht er Seto direkt an. »Habt Ihr jemanden, den Ihr von ganzem Herzen liebt. Für den Ihr alles aufgeben würdet?«

Schweigend erwidert Seto den Blick. Unwillkürlich tauchen so unglaublich blaue Augen vor seinem inneren Auge auf und langes weissblondes Haar. »Ich gebe alles für mein Land auf. Ich bin sogar bereit, meinen eigenen Vater zu verraten, da er dem Land schadet.«

Ernst mustert Atemu Seto. »Verstehe.« Mehr sagt er nicht, auch wenn er in dessen Augen etwas gesehen hat, was ihm sagt, dass sein Cousin dies alles nicht nur wegen des Landes macht. »Wir sollten wieder schlafen. Nach der Landung werden wir vermutlich kaum noch Gelegenheit dazu haben, in Ruhe zu schlafen.« Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, greift er nach der Decke und stellt den Korb mit der Schokolade darin wieder neben sich auf den Boden. Dankbar nickt er Anna kurz zu, die sich wieder auf ihren Platz gesetzt hat und Toshi im Arm hält. Mit einem leichten Lächeln erwidert sie den Blick und deckt sich und die Kleine wieder zu.

Noch einmal trinkt er einen Schluck Wasser. »Seto, Ihr müsst mir nicht sagen, wem Euer Herz gehört, aber ich gebe Euch einen Rat. Wenn die auserwählte Person Eure Gefühle erwidert, dann kämpft um sie. Die Zeiten, in denen wir unsere Gefühle verleugnen und nur aus politischen Ambitionen heiraten, sollten endlich vorbei sein.« Eindringlich sieht er seinen Sitznachbarn an. »Es reicht, wenn mein Herz bricht und blutet, weil ich alles aufgeben muss. Tut Euch nicht auch dasselbe an.«

Seto mustert Atemu eindringlich. »Ihr habt Euch sehr verändert, mein Pharao. Nur ist es mir nicht möglich, meinem Herzen zu folgen. Ich bin wie Ihr ein Nesut und uns ist persönliches Glück nicht geschenkt. Wir haben zu regieren und alles für unser Land zu geben. Denkt immer daran.« Auch wenn es ihm nicht richtig erscheint, sich so viel herauszunehmen, streckt er die Hand aus und legt sie auf Atemus. »Auch wenn wir unsere …«, er verstummt, als die Durchsage ertönt, dass sie zum Landeanflug ansetzen würden und sich daraufhin die anderen regen. Mit undurchdringlicher Miene setzt er sich wieder hin und schnallt sich an. Kurz sieht er zu Anna und beugt sich dann vor, um ihr Toshi abzunehmen. »Schnall dich an, wie ich es dir gezeigt habe«, befiehlt er kühl. Genau kontrolliert er, dass sie es auch richtig macht, ehe er ihr die Kleine wieder in die Arme legt. »Wir landen gleich, das bedeutet, dass es einen Ruck geben wird, wenn wir aufsetzen. Das ist ganz normal und kein Grund, Angst zu haben. Verstanden?«

Erst, als Anna demütig nickt, lehnt er sich in seinem Sitz wieder zurück und entspannt sich etwas. Die neugierigen Blicke der Prinzessin und des Mediziners ignorierend. Unwillkürlich muss er ein Schmunzeln unterdrücken, als er daran denkt, wie dumm das Volk doch ist, zu glauben, dass die Mediziner, die sie als Medimagi kennen, über magische Mittel verfügen. Woher der Gedanke so plötzlich kommt, kann er sich selbst nicht erklären.

Plötzlich erbebt das Flugzeug, als es hart auf der Landebahn ausserhalb Roms in der Nähe des alten Hafens von Ostia aufsetzt. Durch die starke Bremsung hebt sich sein Magen. Eine leichte Übelkeit setzt ein, wie er es doch hasst, dass sein Körper so empfindlich reagiert.

 

Endlich rollt das Flugzeug langsam aus und steuert den privaten Terminal der kaiserlichen Familie an. Mit weissem Marmor verkleidet, scheint das Gebäude in der Morgensonne zu leuchten. Ungeduldig wartet er darauf, dass das Anschnallzeichen verlöscht, als die Tür plötzlich aufgerissen wird. Mehrere maskierte Soldaten stürmen in den engen Raum. »Prinzessin! Seid Ihr unverletzt?« Demütig verbeugt sich Mario di Modena vor ihr.

»Natürlich, Hauptmann di Modena. Was soll der Tumult?« Erhaben löst Helena den Gurt und steht auf. »Dies ist nicht der Empfang, den ich gewohnt bin!« Die elegant geschwungenen Augenbrauen zusammenziehend, sieht sie den gross gewachsenen Mann an.

»Verzeiht! Wir haben Meldung erhalten, dass sich Fremde kurz vor dem Start in Euer Flugzeug geschlichen haben. Euer Vater hat sich Sorgen gemacht und hat uns, als eure Leibgarde geschickt, um Euch zu befreien.« Noch immer den Blick gesenkt haltend, mustert Mario die vier Personen. Zumindest drei von ihnen kommen ihm entfernt bekannt vor. »Hoheit, was haben diese Leute hier zu suchen?«

Stolz reckt Helena ihr Kinn nach oben. »Das hat euch nicht zu interessieren. Sie sind meine Gäste und es ist äusserst wichtig, dass mein Vater sofort darüber informiert wird, dass ich ihn zusammen mit meinen Gästen sprechen muss.«

»Natürlich, Hoheit. Der Kaiser residiert zurzeit im Hügelpalast Roms. Ich habe die Order, Euch dort hin zu bringen.« Nur kurz hebt er den Blick, nur um ihn gleich wieder zu senken, als sie sich auch schon umwendet und mit scharfer Stimme die Anweisung gibt, das Gepäck auszuladen.

 

Sich nicht bewegend, hat Atemu das Geschehen beobachtet. Auch wenn die Situation ihn im ersten Moment erschreckt hatte, ist er innerlich doch vollkommen ruhig, als er nun aufsteht und kurz über seinen, vom Stoff verborgenen, Anhänger streicht und in Gedanken seinem Sharik einen guten Morgen wünscht, bevor er den Korb auf den Arm nimmt. Plötzlich spürt er einen Blick auf sich ruhen und wendet sich um. »Hauptmann di Modena. Es ist lange her, dass wir uns über den Weg gelaufen sind«, spricht er den Mann in fliessendem Italienisch an. Der Hauptsprache, die in diesem Teil des römischen Grossreiches gesprochen wird.

Gelassen erwidert er den verwirrten Blick aus beinahe schwarzen Augen, die sich plötzlich geschockt weiten. »Pharao Nesut-anch-Ra! Ihr lebt!«, ruft Mario ungläubig aus und verneigt sich tief vor ihm. »Bitte, verzeiht uns unsere Respektlosigkeit und dass ich Euch nicht gleich erkannt habe.«

Leicht lächelt Atemu und legt ihm die Hand auf die Schulter. »Erhebt Euch, Hauptmann. Es ist nicht eure Schuld, dass ich mich nicht gleich zu erkennen gegeben habe. Ausserdem muss ich Euch und eure Leute bitten, über unsere Anwesenheit Stillschweigen zu bewahren. Noch soll niemand ausserhalb der kaiserlichen Familie und der hier anwesenden Personen wissen, dass ich mit meinem Cousin und dem Hohepriester Shimon Shimon hier bin.«

Mario runzelt die Stirn, nickt dann aber. »Wie ihr wünscht, Hoheit.« Neigte er schliesslich den Kopf und gibt seinen Männern dann Anweisungen, dass der Terminal geräumt werden muss. »Es dauert einen Moment, wo muss die Sklavin hingebracht werden?« Abschätzig mustert er Anna, die mit gesenktem Blick ihr Kind an sich drückt.

»Sie kommt mit uns ins Auto«, bestimmt Seto und sieht di Modena mit einem Blick an, der jeden möglichen Widerspruch im Keim erstickt.

Tatsächlich wollte Mario im ersten Moment protestieren, schliesst nun aber den schon geöffneten Mund wieder und dreht sich um. »Wie Ihr wünscht«, murrt er und sieht mit respektvoll geneigtem Haupt zur Prinzessin. »Bitte wartet einen Moment, bis wir alles vorbereitet haben«, bittet er sie demütig, aber doch auch mit einem keinen Widerspruch duldenden Unterton in der Stimme.

Das Kinn erhoben nickt sie ihm mit verschränkten Armen knapp zu. »Tut, was getan werden muss. Aber lasst euch nicht zu viel Zeit!«

Als der Hauptmann mit seiner Truppe weg ist, wendet sie sich Seto zu. »Prinz Seto, ich weigere mich, mit einer Sklavin im gleichen Auto zu sitzen. Schon schlimm genug, dass sie mit uns hier im Passagierbereich gesessen ist.«

Beschwichtigend legt Shimon die Hand unauffällig auf Setos Rücken. »Prinzessin, wir fahren natürlich in einem der hinteren Fahrzeuge mit. Das ist deutlich unauffälliger, wenn wir durch den Nebeneingang den Palast betreten und nicht mit Euch durch den Haupteingang schreiten.«

Lange sieht Helena den Hohepriester an. »Wie Ihr wollt.« Mit diesen Worten dreht sie sich um und rauscht, gefolgt von Poniz, aus dem Flugzeug.

 

»Sollten wir nicht warten?«, murrt Seto, als er die Hand auf Annas Rücken legt und sie so durch den schmalen Gang führt.

»Seit wann ist mein Cousin so nett zu Sklaven?«, raunt Atemu dem Hohepriester zu, als er, mit dem Korb über dem Arm, neben dem alten Mann hergeht. »Seit ihn das Baby um die kleine Faust gewickelt hat«, flüstert Shimon breit grinsend zurück.

Endlich haben sie die Gangway hinter sich gelassen und gehen durch den breiten Gang des Terminals. Leise hallen ihre Schritte in dem mit weissem Marmor verkleideten Gebäude wider.

Ohne eine Miene zu verziehen, sieht sich Atemu in dem hell erleuchteten Gang um und wünscht sich unwillkürlich in den schwach erleuchteten Flur im Hause Muto zurück. Ihn stösst dieser Prunk jetzt schon ab, dabei ist es hier noch relativ schlicht.

Der fensterlose Gang endet in einer mit Panzerglas verkleideten Halle, in der sich Statuen aus der Antike den Platz mit Werken aus der Renaissance teilen. Während sie darauf warten, dass die königliche Garde ihnen erlaubt, das Gebäude zu verlassen, betrachtet Atemu die Statue von Merkur. »Bitte, schicke meinem Sharik die Nachricht, dass es mir gut geht«, bittet er den alten Gott, tonlos die Lippen bewegend.

Da geht das Portal auf und Hauptmann di Modena verneigt sich vor ihnen. »Es ist alles bereit, Prinzessin Helena.«

»Sehr gut, Hauptmann di Modena. Meine Gäste fahren in einem eurer Fahrzeuge mit und betreten den Palast durch den Bediensteteneingang.« Das letzte Wort spricht sie mit einem deutlichen Ekel in der Stimme aus.

»Wie Ihr wünscht, Prinzessin Helena.« Mario wagt es nur kurz den Blick zu heben, als er zur Seite tritt und sie an ihm vorbei schreitet. Erst, als sie ihm den Rücken zuwendet, sieht er sie an und erlaubt sich ein verstecktes Lächeln.

 

Atemu bemerkt das Lächeln. Mit erhobener Augenbraue sieht er den braunhaarigen Mann an. Er fragt sich unwillkürlich, wie alt der Hauptmann wohl ist, wirkt er mit dem leichten Lächeln doch gleich viel jünger, als noch zuvor.

In Erwartung, dass sie auch gleich raustreten können, stellt er sich zu den anderen und beobachtet nun, wie Poniz nach draussen geht und in ein schlichtes graues Auto steigt.

Als di Modena ihnen dann das Zeichen gibt, treten sie durch das Portal nach draussen in die kühle Morgenluft. Unwillkürlich sieht Atemu zum Sonnenaufgang, der das alte Hafenbecken von Ostia in ein feuriges Licht taucht. »Wenn du das nur sehen könntest«, murmelt er und schliesst, von Sehnsucht überwältigt, für einen Moment die Augen. Um Beherrschung bemüht, schliesst er die Finger um den kleinen Phönix und atmet tief durch, ehe er in den schwarzen Minivan steigt und sich neben Shimon hinsetzt.

Zu viert sitzen sie nun im Fonds des Autos, während di Modena sich vorne neben den Fahrer setzt und Anweisungen gibt. Langsam setzen sich die Fahrzeuge in Bewegung und fahren, vom kaiserlichen Terminal aus, am Hafenbecken vorbei in Richtung Rom.

In Gedanken versunken sieht Atemu aus dem Fenster und fragt, sich, was Yugi wohl gerade macht. Steht er noch im Laden? Hat er ihn überhaupt geöffnet? Oder sitzt er mit Grossvater und Nino am Mittagstisch?

Hat Nino die Boxen schon gemistet und die Pferde gefüttert? Hat er dran gedacht, sie zu putzen und zu kraulen? Hat er den Hofplatz schon gefegt?

Ein grösser werdender Kloss in seinem Hals droht ihm den Atem zu nehmen. Er zwingt sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und die vorwurfsvolle Stimme Yamis in seinem Innern zu ignorieren.

Sieben Stunden Zeitunterschied liegen zwischen ihm und seinem Zuhause. Er kann nicht mal gleichzeitig mit seinem Sharik den Sonnenaufgang beobachten. Gepeinigt schliesst er die Augen und öffnet sie erst wieder, als er eine Hand auf seinem Arm spürt.

Fragend blickt er zu Shimon, der ihn mit einem verständnisvollen Blick ansieht. »Ich weiss, es ist schwer, mein Pharao. Glaubt mir. Der Schmerz wird vergehen, sobald Ihr die Liebe eures Volkes wieder spürt.«

Mit ernster Miene erwidert Atemu den Blick. Er weiss, dass es der alte Mann nur gut meint, aber gerade helfen diese Worte ihm überhaupt nicht weiter. »Danke, Hohepriester«, erwidert er dennoch freundlich, ehe er wieder aus dem Fenster blickt.

Jetzt kann er schon den Capitol mit dem Hügelpalast auf seiner Kuppe erkennen. Nicht der höchste Hügel, aber derjenige, der am weitesten von den Stadtteilen des einfachen Volkes entfernt liegt.

 

»Macht Euch keine Sorgen um mich. Ich werde meine Pflicht erfüllen. So, wie Ihr es von mir erwartet.« Mit für ihn selbst überraschend fester Stimme spricht er die Worte aus, während sie nun durch die gewundene, von Olivenbäumen gesäumte Allee fahren, die direkt zum Palast führt, dessen goldene Dächer im Licht der Morgensonne glänzen.

Anders, als die Limousine der Prinzessin, fahren sie nicht durch das prunkvolle goldene Tor, sondern folgen jetzt einer schmaleren Seitenstrasse bis zu einem unscheinbaren schmiedeeisernen Gitter, das sich wie durch Zauberhand öffnet, als sie sich ihm nähern. Im Schatten der riesigen, im altrömischen Stil erbauten Gebäude fahren sie auf das Palastgelände zu und halten vor einer einfachen Tür aus Holz an.

Die Schiebetüren des Minivans werden geöffnet. Woraufhin sie mit vom Flug und der Fahrt steifen Gliedern aussteigen.

Leise knirscht der helle Kies unter ihren Füssen, als sie ein paar Schritte laufen. Die Motoren der Wagen werden kurz lauter, als sich die, wie Atemu jetzt erst feststellt, drei Wagen in Bewegung setzen und um die Ecke fahren. Das leise Zufallen des Tores lässt Atemu unwillkürlich zusammenzucken. Schlagartig fühlt er sich eingesperrt und es wird ihm jetzt noch mehr bewusst, dass er seinen geliebten Sharik nie wieder sehen wird.

Für eine Sekunde erlaubt er es sich, die Augen zu schliessen. Noch einmal zu fühlen, ehe er eine Maske der Undurchdringlichkeit, der pharaonischen Herrschaftlichkeit anlegt. Mit kühlem Blick sieht er sich noch einmal um, ehe er sich umwendet und mit den anderen auf die nun geöffnete Tür zuschreitet, wo sie schon von Hauptmann di Modena erwartet werden.

Noch einmal durchfährt ihn ein schmerzhafter Stich, als er den Palast betritt und sich die Tür mit einer messerscharfen Endgültigkeit hinter ihnen schliesst.

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Mir tut Atemu unglaublich leid, aber was soll er sonst machen? Er muss sich seinem Schicksal wohl stellen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und ich würde sagen, bis zum nächsten Kapitel.

 

Eure mrs_ianto

 

Sehnsucht

Hallo zusammen

 

Da ich am Wochenende ziemlich viel um die Ohren haben werde, gibt es heute schon das neue Kapitel für euch.

 

Nun wünsche ich euch viel Spass.

 
 

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Sehnsucht

 

Appetitlos stochert Yugi in seinem Gulasch herum, das sein Grossvater heute zum Mittagessen zubereitet hat. Immer wieder wandert sein Blick zu dem leeren Platz auf der anderen Seite des Tisches. Jedes Mal hofft ein törichter Teil seines Herzens, dass sein Liebster ihn anlächelt und ihn fragt, warum er denn so gerötete Augen hat. Doch der Stuhl bleibt logischerweise leer …

»Yugi, ich weiss, es ist hart, aber iss wenigstens ein paar Bissen.« Besorgt legt Sugoroku eine Hand auf Yugis Schulter. »Er würde nicht wollen, dass du vor lauter Kummer krank wirst.« Als sein Enkel nicht reagiert, seufzt Sugoroku leise und steht auf. Er stellt sich neben Yugi und nimmt ihn in den Arm. »Ich bin sicher, es geht ihm gut und er wird dir sicher schreiben, sobald es ihm möglich ist.« Auf einmal schlingen sich die Arme seines Enkels um ihn und er schluchzt los. »Was ist, wenn es ihm nicht möglich ist? Wenn ihm etwas passiert ist?« Yugis Stimme ist gedämpft, da er das Gesicht in Sugorokus Oberteil vergräbt. Dennoch ist die Verzweiflung deutlich zu hören. Erst jetzt hebt er wieder den Kopf und sieht Sugoroku aus verweinten Augen an. »Wir würden es doch nie erfahren, wenn ihm etwas passiert ist. So wie alles abgelaufen ist.«

Mit einem grossväterlichen Lächeln streicht Sugoroku sanft über Yugis Wange. »Ich bin sicher, dass wir es erfahren würden. Denk dran, dass er dafür gesorgt hat, dass uns ein Medimagus zur Seite steht. Denkst du nicht, dass der es erfahren würde, wenn ihm und den anderen etwas zustösst?« Obwohl auch er sich unglaubliche Sorgen um Atemu macht, lässt er seine Stimme zuversichtlich klingen.

 

Beschämt löst sich Yugi aus Sugorokus Armen. »Du hast bestimmt Recht und ich sollte doch stark sein. So stark wie mein Liebster. Schliesslich musste er gehen und …« »Papperlapapp. Du hast jedes Recht zu weinen und ihn zu vermissen und dir zu wünschen, dass er wieder hier ist.« Mit sanfter Strenge sieht Sugoroku seinen Enkel an. »Es ist alles Scheisse gelaufen! Es ist eine riesen Ungerechtigkeit, was euch passiert ist, aber es lässt sich nicht ändern. Trauere, vermisse ihn, aber vergiss nicht zu leben! Stell dich in den Laden und lenke dich ab!«

Unwillkürlich schluckt Yugi, als er sich auf die Lippen beissend nickt. »Ja, Grossvater. Ich verspreche es dir.« Mühsam zwingt sich Yugi zu einem zittrigen Lächeln. Er blickt auf seinen noch immer vollen Teller und schiebt ihn von sich. »Ich bin im Laden«, murmelt er und schlurft aus der Küche.

 

Verwirrt sieht Nino Yugi nach. »Warum hast du das gemacht?«, wagt er es vorsichtig zu fragen. Vermeidet es jedoch, Sugoroku dabei anzusehen. So viel Mut hat er nun doch noch nicht. Als er Sugoroku nun leise seufzen hört, sieht er doch mit gesenktem Kopf zu ihm.

»Ach, Nino. Wenn ich Yugi jetzt nicht antreibe, dann verkriecht er sich in seinem Zimmer und kommt gar nicht mehr raus. Ich weiss ja, wie es ihm geht und ich würde ihn gern einfach trauern lassen, aber ich kenne ihn. Wenn ich ihn zu tief in das Loch fallen lasse, kommt er da kaum noch raus.« Bedrückt reibt sich Sugoroku die Nasenwurzel. »Da ist er leider wie ich. Ich wäre damals fast im Schuldturm gelandet, weil ich mich nach Amaras Tod zu tief in das Loch habe fallen lassen. Wenn Yugi nicht gewesen wäre, dann würden wir jetzt nicht hier sitzen.«

Mit grossen Augen sieht Nino den alten Mann an. Er kann es irgendwie nicht glauben, was der starke Meister Muto da sagt. Aber er wagt es nicht, weiter zu fragen. Er beisst sich auf die Lippen und sieht auf seinen Teller hinunter. Obwohl er keinen Hunger hat, isst er seine Portion leer und steht dann auf. »Wenn ich darf, gehe ich wieder in den Stall.«

Warm lächelt Sugoroku den Jungen an. »Du musst nicht fragen, ob du in den Stall darfst. Geh ruhig und kümmere dich um die beiden Racker.«

Als Sugoroku dann allein ist, lässt er sich müde auf seinen Platz sinken und starrt vor sich hin. Erst jetzt erlaubt er es sich, die Sorge, die er fühlt, auch zu zeigen. »So schlimm war es noch nie«, murmelt er vor sich hin und blickt zum Fenster, als er ein leises Klicken hört. Ein kleiner Vogel hüpft auf dem Fensterbrett auf und ab und pickt nach den ersten wenigen Insekten, die zu dieser Jahreszeit unterwegs sind. »Du hast es auch nicht leicht, kleiner Piepmatz«, schmunzelt er und steht auf. Sorgfältig wischt er ein paar Brotkrumen zusammen, und öffnet das Fenster. Natürlich fliegt der kleine Vogel weg. Mit ruhiger Hand verteilt er die kleinen Brotstücke auf dem Fensterbrett und schliesst dann das Fenster wieder. Für einen Moment schliesst er die Augen, ehe er sich umdreht und den Tisch abräumt.

 

Unterdessen hat Yugi den Laden geöffnet und sieht sich an, was sein Grossvater am Morgen schon alles verkauft hat. »Du hattest viel zu tun und ich lag im Bett, weil ich mich dem Tag ohne ihn nicht stellen wollte«, murmelt er schuldbewusst, als er sieht, wie viele Kunden am Morgen etwas gekauft haben.

Auch wenn es ihm widerstrebt, geht er zur Tür und schliesst sie auf. Nachdem er das ‘Geöffnet’ Schild umgedreht hat, dreht er sich um und blickt zu dem Bild, das den Safe verdeckt. »Bist du jetzt schon in deinem Heimatland? Oder bist du noch unterwegs nach Edo?« Unwillkürlich greift er nach seiner Kette und drückt den kleinen Anhänger. »Ich werde stark sein und du auch. Davon bin ich überzeugt.« Sehnsüchtig lächelnd wendet er seinen Blick von dem Bild ab und beginnt die Stoffe in den Regalen durchzusehen.

Das Bimmeln der Glocke lässt ihn aufblicken. »Guten Tag. Was kann ich für Sie tun, mein Herr?« Neugierig mustert er den Fremden, der einen eleganten blauen Anzug trägt und eine braune Ledertasche in der linken Hand hält. »Guten Tag, sind Sie Yugi Muto?« Geduldig wartet Malik so lange, bis sein Gegenüber nickt. »Ja, das bin ich und wer sind Sie?« Nun leicht misstrauisch mustert Yugi den Fremden noch einmal genauer. Die grau-melierten Haare sind perfekt frisiert und die dunklen Augen erwidern seinen Blick gelassen.

»Ich bin Malik Apis. Ich bin der Medimagus, der auf Geheiss des Hohepriesters Shimon Marukoso für Sie und Ihre Familie verantwortlich ist.« Mit ernstem Blick reicht Malik Yugi die Hand. »Wie geht es Ihnen? Kann ich etwas für Sie tun?« Besorgt mustert er den blassen jungen Mann vor sich, der den Händedruck überraschend fest erwidert.

Im ersten Moment schüttelt Yugi den Kopf, nickt dann aber. »Es wäre nett, wenn Sie nach meinem Grossvater sehen könnten. Er hat Asthma und Rückenprobleme. Das feuchtkalte Wetter macht ihm dieses Jahr besonders zu schaffen.«

Ernst nickt Malik. »Gut, ich sehe ihn mir gleich an.« Nun lächelt er leicht. »Kann ich auch etwas für dich tun, junger Mann? Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.«

Plötzlich unsicher beisst sich Yugi auf die Lippen. »Ich … wie geht es Atemu? Hast du etwas von ihm gehört?« Schon beinahe flehend sieht er den älteren Mann vor sich an. Nur um gleich darauf in sich zusammen zu sacken, als dieser ernst den Kopf schüttelt.

»Ich habe nichts von ihnen gehört. Jedoch hätte ich es erfahren, wenn etwas passiert wäre.« Er legt die Hand auf Yugis Schulter und drückt sie fest. »Wenn ich etwas höre, dann erfährst du es als Erster. Ich kann dir aber eins sagen. Momentan sind keine Nachrichten, gute Nachrichten.« Aufmunternd lächelnd sieht er Yugi in die Augen, der den Blick mit einem Schimmer der Erleichterung in den Augen erwidert. »Danke. Ich bringe dich zu meinem Grossvater. Kannst du dir auch Nino ansehen? Er ist noch nicht besonders lange bei uns und wir wüssten gern, ob er gesund ist, aber die jährlichen Untersuchungen sind erst in einem Monat.«

»Natürlich kann ich das. In Zukunft mache ich auch die jährlichen Untersuchungen.« Nickt Malik und folgt Yugi nun durch die Verbindungstür in den schwach erleuchteten Flur. Aus der Küche sind Geräusche zu hören und als sie den angenehm warmen Raum betreten, sieht er den alten Mann, der an der Spüle steht und das Geschirr abwäscht. Sich nun aber zu ihnen umdreht und sie fragend aus müden alten Augen mustert.

»Yugi, was ist los?«, besorgt legt Sugoroku den Lappen zur Seite und macht ein paar Schritte auf sie zu. »Ist etwas passiert?«

Daraufhin hebt Yugi beruhigend die Hand. »Es ist nichts passiert, Grossvater. Das ist Medimagus Malik Apis.» Stellt er den etwa fünfzig jährigen Mann neben sich vor. »Er ist dank Atemu unser erster HausMedimagus und ich habe ihn gebeten, dass er sich Nino und dich mal ansieht.«

Tief atmet Sugoroku ein. »Yugi, mir geht es gut. Es ist nicht nötig, dass der Medimagus seine Zeit mit mir verschwendet.« Die Arme verschränkend sieht er seinen Enkel an, der sich stur weigert, den Blickkontakt zu unterbrechen. »Du wirst dich untersuchen lassen. Glaubst du wirklich, mir ist nicht aufgefallen, wie oft du in den letzten Wochen dein Asthmaspray benutzt hast? Hast du überhaupt noch welches?«

Ertappt zuckt Sugoroku für den Augenblick einer Sekunde zusammen, was Malik nicht entgeht. »Herr Muto. Meine Zeit verschwende ich sicher nicht. Im Gegenteil, es gehört zu meinen Aufgaben, für Ihre Gesundheit und die Ihrer Familie zu sorgen.« Mit einem freundlichen Blick tritt Malik vor und verneigt sich leicht vor Sugoroku. »Setzen wir uns doch zu einer Tasse Tee hin und unterhalten uns ein wenig.«

Leicht verengt Sugoroku die Augen, nickt dann aber. »Eine Tasse Tee ist immer gut.« Stimmt er indirekt Maliks Vorschlag zu und wendet sich um, um frisches Wasser in den alten Topf zu giessen.

 

Yugi atmet erleichtert auf und möchte etwas sagen, als das Bimmeln der kleinen Ladenglocke ertönt. »Wenn was ist, ich bin im Laden«, sagt er hastig und eilt davon. Als er den Laden betritt, muss er sich ein gepeinigtes Aufstöhnen verkneifen. »Madame Aino. Was für eine Freude, Sie zu sehen. Was kann ich heute für Sie tun?« Mit grösster Mühe zwingt er sich zu einem professionellen Lächeln und einem freundlichen Tonfall.

»Herr Muto! Sie müssen mir unbedingt einen Samtstoff für eine neue Stola verkaufen.« Wild gestikulierend deutet Frau Aino auf die grosse Stoffauswahl. »Sie sind der Einzige, der weiss, was mir gefällt.«

Yugi erlaubt es sich, eine Augenbraue zu heben, als er das hört, während er sich denkt, dass das ja nun wirklich keine Kunst ist. »Natürlich, Madame Aino. Schauen wir doch mal, was wir für Sie da haben.« Ein Seufzen unterdrückend, geht er zum Regal mit den Samtstoffen und holt zwei Ballen heraus. »Ich würde Ihnen eine Kombination aus zwei Samtstoffen empfehlen. Hier diesen limettengrünen Samt und dazu diesen rosenroten Samt. Die Schneiderin soll Ihnen aus den beiden Stoffen eine schöne Stola nähen.« Abwartend sieht er seine Kundin an. Gespannt, was sie zu der eher dezenten Farbkombination sagt.

»Hmmm, ich hatte eher an etwa fröhlichere Farben gedacht. Aber das gefällt mir«, murmelt Frau Aino und fährt mit den Fingerspitzen über den weichen Stoff. »Ach ja, haben Sie schon gehört? Angeblich sind die Fremden, von denen ich Ihnen erzählt habe, in einer Nacht und Nebel Aktion plötzlich verschwunden. Bestimmt haben sie Dreck am Stecken und müssen sich nun aus dem Land schleichen.« Mit glänzenden Augen sieht sie Yugi nun an und kräuselt die Lippen, als dieser keine Reaktion zeigt. »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?« Yugi zuckt kurz zusammen. »Natürlich, Madame Aino.« Entschuldigend lächelnd, sieht er sie an und fragt sich unwillkürlich, wie ihm vorhin der Hut mit den Pfauenfedern entgehen konnte. »Nur sagen mir diese Leute nichts. Also was soll ich dazu sagen?«

Empört schnaubt Frau Aino. »Herr Muto. Ihre Laune ist ja heute unglaublich schlecht. Sie sollten ihrem Sklaven befehlen, sich anständig um Sie zu kümmern. Glauben Sie mir, das wirkt wahre Wunder.« Um ihre Worte selbst zu bestätigen, nickt sie bestimmt.

Yugi hingegen muss leer schlucken. »Ich werde mir Ihren Rat überlegen«, erwidert er ausweichend. »Ich verlange für die beiden Ballen sechzig Silbermünzen.« Kaum hat er den Satz ausgesprochen, schlägt er sich mental gegen die Stirn. So plump hat er den Preis schon lange nicht mehr genannt.

Tatsächlich hebt die Aino pikiert eine Augenbraue an. »Soso, Sie verlangen. Ihre Laune muss ja wirklich im Keller sein. Ich zahle Ihnen fünfzig Silbermünzen.«

»Gut, ich bin einverstanden.« Stimmt Yugi hastig zu und beginnt die Samtstoffe einzupacken, noch bevor die Aino sich von ihrer Überraschung erholt hat. »Gut … ähm … Herr Muto«, stottert sie und beginnt die Münzen abzuzählen.

Yugi weiss ganz genau, dass er viel zu schnell nachgegeben hat, als er ihrer Sklavin die in Leinen eingewickelten Stoffe übergibt und dann die Münzen in die Kasse abzählt.

Schliesslich begleitet er sie noch zur Tür und verabschiedet sich mit einer leichten Verbeugung von ihr. Endlich wieder allein, lehnt er sich gegen die geschlossene Tür und atmet tief durch, ehe er zum Tresen geht und die fünfzig Münzen auf der Schiefertafel notiert.

 

 
 

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So, das war es auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug zu Yugi und seinem Grossvater gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Der Kaiser

Hallo zusammen,

 

es ist wieder Zeit für das nächste Kapitel. Ich hoffe ja, dass noch einige von euch die Geschichte trotz der langen Pausen, die ich gemacht habe noch lesen.

 

Wie auch immer, ich wünsche euch jetzt viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 

 
 

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Der Kaiser

 

Seit zwei Stunden warten sie nun schon darauf, dass sie endlich mit dem Kaiser sprechen können. Ungeduldig mit den Fingern auf seinen Oberarm tippend, blickt Atemu aus dem Fenster. Sie sind von Hauptmann di Modena in diesen luxuriösen Raum geführt worden, den er nur zu gut aus seiner Zeit als Pharao kennt, als er hier mit Kaiser Hadrian Verhandlungen unter vier Augen geführt hat. Nun steht er hier und blickt angestrengt aus dem Fenster, um den Prunk und die Grösse seiner Umgebung nicht zu sehen, die ihn zu erdrücken droht. Nur am Rande registriert er den strahlenden Sonnenschein, der die Pflanzen glitzern lässt, die schon jetzt von Sklaven einzeln mit Wasser bespritzt werden.

Leise hallen die Schritte Shimons und Setos zwischen den Wänden wider, wenn sie von den edlen Teppichen auf den Marmorboden treten. Nur schon dieser eine Raum ist so gross, wie die gesamte Wohnung und der Laden. Dennoch öffnet er jetzt das Fenster und atmet tief die angenehm frische Luft ein.

 

»Verdammt, wie lange will er uns denn noch warten lassen?«, murrt Seto zum wohl hundertsten Mal und bleibt vor der leise tickenden Uhr stehen. »Hoffentlich haben sie dem Baby auch etwas zu essen gegeben, so wie ich es ihnen befohlen habe.« Wieder nimmt er seine Runde auf und läuft über den handgeknüpften Perserteppich zum Kamin, in dem vermutlich noch nie auch nur ein Feuer gebrannt hat. Dort dreht er sich um und geht zur anderen Seite des Raumes.

 

»Mein Prinz, setzt euch hin. Ihr macht mich ganz nervös.« Shimon sieht seinen Schützling vorwurfsvoll an, auch wenn er es selbst kaum auf den weich gepolsterten Sesseln aushält und immer wieder aufspringt, nur um sich, nach einer Runde durch den Raum, in den nächsten Sessel zu setzen.

Endlich wird die Tür geöffnet und ein schlicht, aber edel gekleideter Diener betritt den Raum. Er stellt sich neben die geöffnete Tür. »Der göttliche, himmlische Kaiser Hadrian Julianus Cäsar. Ehret ihn«, spricht er laut und deutlich und verneigt sich dann so tief, dass sich sein Oberkörper im rechten Winkel nach vorn neigt.

Sofort wenden sich die drei Männer zur Tür um. Darauf wartend, dass der Kaiser herein kommt. Seto und Shimon sind sichtlich ungeduldig, während Atemu mit gemischten Gefühlen dasteht und nicht weiss, was er von der einst vertrauten Routine halten soll.

Dann ist es soweit, der Kaiser erscheint im Türrahmen. Obwohl er schon um die sechzig Jahre alt ist, ist sein Blick feurig und strafen die grauen Haare Lügen. Ein schmales goldenes Band liegt um die gefurchte Stirn und der edle Anzug, wird von dem purpurnen Umhang umspielt, als Hadrian den Raum betritt.

 

 Tief verneigen sich Seto und Shimon vor dem Kaiser. Jedoch nicht ganz so tief, wie der Diener, der nun den Raum verlässt und die Tür hinter sich schliesst.

Atemu widersteht dem Drang, sich auch zu verneigen. Er und der Kaiser sind einander noch immer gleichgestellt. Er neigt nur hoheitsvoll den Kopf, als der ältere Herrscher, die anderen ignorierend vor ihn tritt. »Kaiser Hadrian. Viel zu viel Zeit ist vergangen, dass wir miteinander gesprochen haben.«

Lange mustert Hadrian den jungen Mann vor sich. »Pharao Nesut-anch-Ra. Wie ich sehe, seid Ihr von den Toten wiederauferstanden.« Seine Stimme ist ruhig und tief. Verrät nichts von seinen Gedanken, aber in seinem Blick liegt eine gewisse freudige Überraschung.

Erst jetzt sieht Atemu in die grauen Augen seines Gegenübers. »Man könnte es in der Tat so nennen. Wie ist es Euch in den letzten Jahren ergangen? Leider bin ich nicht wirklich auf dem Laufenden, was in den letzten Jahren passiert ist.« Ein Bedauern ist in seiner Stimme zu hören, das er nicht wirklich fühlt.

»Das Reich ist erblüht. Innenpolitisch ist alles so, wie es zu sein hat. Euer Onkel jedoch, ist ein andauerndes Ärgernis geworden. Setzen wir uns hin und dann will ich erfahren, wo Ihr die letzten sechs Jahre gesteckt habt.« Mit einer Geste deutet Hadrian auf die mit rotem Samt bezogenen Sessel, in die sich nur Minuten zuvor Shimon immer wieder gesetzt hatte. »Sehr gern, Kaiser.« Leicht neigt Atemu wieder sein Haupt, als er an dem Älteren vorbei geht und dann vor dem einen Sessel stehen bleibend darauf wartet, dass sich ihr Gastgeber als erstes hinsetzt.

Erst, als sich Hadrian zurücklehnt, setzt er sich hin. Gefolgt von Seto und schliesslich Shimon. Für einen Moment herrscht eine schon beinahe ohrenbetäubende Stille zwischen ihnen, bis sich der Kaiser bewegt und einen Knopf drückt, um das Personal zu rufen.

»Bringt Kaffee und Gebäck!«, befiehlt er mit kalter Stimme, als ein Diener sich vor ihnen verneigt. »Natürlich, mein Kaiser«, erwidert der junge Mann mit absoluter Demut und verlässt dann rückwärts gehend den Raum.

Schweigend sitzen sie da, bis der Tee und das Gebäck gebracht wird. Mit einem leichten Nicken weist Hadrian die beiden Diener an, ihnen den Kaffee einzuschenken. Als sie sich, weitere Befehle erwartend, an die Wand stellen, deutet er zur Tür. »Lasst uns allein!« Sofort huschen die Diener mit gesenkten Blicken rückwärts aus dem Raum.

Kaum sind sie allein, greift Hadrian nach seinem Kaffee. »Also. Wo wart ihr die letzten sechs Jahre und warum seid Ihr heimlich wie Verbrecher in mein Land und meinen Palast gekommen?« Antworten verlangend, sieht er Atemu mit stechendem Blick an.

 

Dieser trinkt einen Schluck von seinem Kaffee und muss sich beherrschen, nicht das Gesicht zu verziehen. Dabei hat er das leicht bittere Getränk einst jeden Morgen getrunken. Die Tasse wieder auf den kleinen Untersetzer stellend, wendet er sich nun dem Kaiser zu. »Nach meinem letzten Besuch bei Euch, ist mein Flugzeug über der Wüste abgeschossen worden. Ich habe überlebt, jedoch erlitt ich eine Amnesie und geriet in die Sklaverei. Ich wurde ins japanische Grossreich verschleppt und habe erst vor einigen Monaten meine Erinnerungen zurückerhalten. Erst durch Hohepriester Shimon und Prinz Seto habe ich meine Freiheit zurückerhalten. Jetzt sitze ich hier und bitte Euch um Hilfe, meinem Onkel den unrechtmässig besetzten Thron wieder zu entreissen.« Mit absolut ruhiger Stimmer erzählt Atemu so knapp wie nur möglich, was damals passiert ist. Er will unter allen Umständen vermeiden, zu viel zu verraten. Nicht einmal sein Blick verrät, wie es in seinem Innern aussieht. Dass er am liebsten Schreien und Toben würde, wenn er nur schon daran denkt, was ihm angetan worden ist.

 

Hadrian mustert den jungen Pharao und versucht zu ergründen, ob das Gehörte der Wahrheit entspricht. »Eine unglaubliche Geschichte. Habt Ihr einen Beweis für das, was Euch widerfahren ist?« Er hat die Fingerspitzen aneinandergelegt und wirkt augenscheinlich entspannt, so zurückgelehnt wie er dasitzt.

Erstaunt hebt er die Augenbrauen an, als Atemu nun aufsteht und das Lederband von seinem Oberarm entfernt und es auf den Tisch legt. Er bemerkt das kaum sichtbare Zittern der Finger, als sie sich um den Saum des Pullovers schliessen.

Bemerkt, das kurze Zögern, ehe Atemu den Pullover auszieht und sich dann zu ihm umdreht. Scharf zieht er den Atem ein, als er die kaum verheilte, in die Haut gebrannte Taube sieht, die über dem Ankh ihr Flügel spreizt.

 

Die Finger in seinen Pullover krallend steht Atemu da. Er spürt auf seiner Haut die Blicke des Kaisers, die ihn zu verbrennen scheinen. Dennoch steht er mit hoch erhobenen Kopf da. »Reicht Euch das als Beweis, Kaiser Hadrian?« Langsam dreht er sich um und zieht sich den Pullover wieder an. Ohne eine Gefühlsregung zu zeigen, greift er nach dem Lederband mit dem eingebrannten Stempel der Mutos. Schon beinahe sanft, fährt sein Daumen über das Zeichen, als er sich das weiche Leder wieder um den Oberarm legt. »Ich muss das Sklavenband noch eine Weile tragen, bis ich es endgültig ablegen kann.« Der Gedanke daran, dieses einst so verhasste Leder nicht mehr zu spüren, erschreckt ihn nun seltsamerweise.

Mit fliessenden Bewegungen setzt sich Atemu wieder hin und greift nach seiner Tasse. Er trinkt einen Schluck und nimmt sich eins der Gebäckstücke. Behält es allerdings in der Hand, ohne abzubeissen.

Hadrian will etwas sagen, muss sich aber erst mehrmals Räuspern, ehe ihm seine Stimme wieder gehorcht. Schon seit Jahren hat ihn nichts mehr so schockiert, wie der Anblick des Brandings. »Wisst Ihr, was damals genau passiert ist?«

 

Nun räuspert sich Shimon. »Hoheit, wenn Ihr erlaubt?«, fragend sieht er Hadrian mit leicht gesenktem Blick an. Bis dieser ihm mit einem knappen Nicken das Wort erteilt.

»Vielen Dank«, sagt er respektvoll und räuspert sich nun auch. »Was damals genau passiert ist, liegt im Dunkeln. Es wurden zwar Vermutungen geäussert, aber alle, die es wissen könnten, sind für uns nicht erreichbar. Wir haben erst vor kurzem erfahren, dass unser geliebter Pharao noch lebt und haben uns sofort auf den Weg gemacht, um ihn zu finden.«

Hadrian hebt die Hand, um Shimon am Weitersprechen zu hindern. »Das ist ja gut und schön. Aber ich will wissen, was passiert ist! Diese Frage habt Ihr nicht beantwortet, Hohepriester!« Ungeduldig tippt er nun die Fingerspitzen gegeneinander.

 

»Es gibt Menschen, die wissen, was damals passiert ist«, hört Atemu sich nun sprechen. »Die Sklaven und der amtierende Pharao wissen Bescheid. Die Frage ist jedoch, ob die Sklaven noch leben. Immerhin sind inzwischen mehr als sechs Jahre vergangen.«

Irritiert runzelt Hadrian die Stirn. »Warum die Sklaven? Wie sollen die wissen, was wir entscheiden und was im Geheimen besprochen wird?«

Leicht lächelt Atemu nun. »Kaiser Hadrian. Die Sklaven sind … wie soll ich es sagen … unsichtbar. Sie werden nicht wahrgenommen, solange sie nicht direkt gebraucht werden oder bestraft werden müssen. Eine Frage, wisst Ihr, wie viele Sklaven die Pflanzen im Garten mit Wasser besprühen?« Obwohl es ihm Mühe bereitet, sieht er den Kaiser direkt an, der unwillkürlich zum offenen Fenster blickt. »Warum sollte ich das wissen? Dafür ist mein Haus- und Hofmeister zuständig!«

Mit einem wissenden Gesichtsausdruck nickt Atemu. »Ja, aber wenn ein Sklave härter bestraft werden muss, werdet Ihr informiert. Dann taucht der Sklave aus dem Dunkel der Katakomben aus. Vorher habt Ihr ihn vermutlich nicht einmal wahrgenommen, wenn Ihr im Garten an ihm vorbeigegangen seid. So hören und sehen Sklaven deutlich mehr, als es Euch bewusst ist.«

 

Mit einer nachdenklichen Miene reibt sich Hadrian das Kinn. »Ihr könntet Recht haben«, gibt er widerwillig zu. »Ich achte wirklich nur selten darauf, ob sich ein Sklave in meiner Nähe befindet, wenn ich allein oder in Begleitung im Garten unterwegs bin.« Ein Klopfen warnt sie vor, ehe sich die Tür öffnet und Hauptmann di Modena den Raum betritt. Tief verneigt er sich vor dem Kaiser und vor Atemu, ehe er sich mit hinter dem Rücken verschränkten Armen hinstellt. »Mein Kaiser. Ich sollte Euch an Euren Termin mit den Abgesandten aus den nördlichen Gebieten erinnern.«

»Danke, Hauptmann. Lasst sie in den grünen Audienzsaal bringen und dann informiert Hofmeister Catlan darüber, dass für unsere Gäste Räumlichkeiten im Westflügel hergerichtet werden müssen!«

»Wie Ihr wünscht, mein Kaiser.« Noch einmal verneigt er sich, bevor er rückwärts den Raum verlassend, die Tür hinter sich schliesst.

Tief seufzt Hadrian auf. »Leider ist mein restlicher Tag mit Terminen ausgefüllt.« Majestätisch erhebt er sich aus seinem Sessel, woraufhin auch Atemu, gefolgt von Seto und Shimon aufstehen. »Pharao Nesut-anch-Ra. Ich werde meine Termine so legen lassen, dass wir morgen in aller Ruhe miteinander sprechen können. Bis dahin ruht Euch aus und zögert nicht, die Dienste meiner Bediensteten und Sklaven in Anspruch zu nehmen. Natürlich seid Ihr, der Prinz und der Hohepriester meine Gäste.«

 

Dankbar neigt Atemu wieder den Kopf. »Ihr habt unseren Dank. Mir ist bewusst, dass die Lage äusserst schwierig und angespannt ist. Jedoch bin ich sicher, dass wir mit vereinten Kräften eine Lösung finden werden.« Nun wieder mit hoch erhobenen Haupt, sieht er in die grauen Augen des Kaisers. Dieser nickt nur noch einmal knapp und verlässt den Raum, ohne selbst die Tür öffnen zu müssen. Natürlich steht jederzeit ein Sklave bei jeder Tür, um sie für die kaiserliche Familie und ihre Gäste zu öffnen, wenn diese nicht von einem Diener begleitet werden.

Dies lässt Atemu leicht schmunzeln. Ob dem Kaiser überhaupt bewusst ist, dass der Sklave vermutlich alles gehört hat? Plötzlich müde, lässt er sich wieder in den Sessel sinken und reibt sich die Nasenwurzel. Überdeutlich nimmt der die Präsenzen Shimons und Setos wahr und würde sie am liebsten wegschicken.

 

Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, werden sie vom Hofmeister abgeholt und zu den Räumlichkeiten im Westflügel gebracht. Dort wartet Anna schon auf sie und nimmt ihm den Korb ab. »Kommt, ich zeige Euch eure Zimmer«, sagt sie leise und führt die Männer zu den Suiten, die durch das gemeinsame Wohnzimmer miteinander verbunden sind. Von dem ganzen Prunk um sich herum nur noch abgestossen, sucht sich Atemu kurzerhand das schlichteste Zimmer aus, das immer noch so gross wie die gesamt erste Etage bei den Mutos ist. Bevor er das Schlafzimmer betritt, nimmt er Anna den Korb wieder ab. »Lasst mich nun bitte in Ruhe«, murmelt er und schliesst die Tür hinter sich. Mit geschlossenen Augen lehnt er sich gegen das dunkle Holz. Tief atmet er bewusst ein und aus, ehe er sich strafft und den Korb auf den kleinen Schreibtisch stellt, der wie Zuhause am Fenster steht.

Mit einem sehnsüchtigen Lächeln greift er mach dem letzten belegten Brot und obwohl es inzwischen ziemlich trocken ist, geniesst er jeden einzelnen Bissen. Während er isst, steht er vor dem Schreibtisch und blickt aus dem Fenster.

Nachdem er gegessen hat, legt er sich ins Bett und schläft kurz darauf zu Tode erschöpft ein.

 

 
 

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Das war es jetzt auch schon. Es ist schon hart, was Atemu da für einen Kulturschock verkraften muss. Es tut mir sogar richtig leid, wie er in dieser Zeit leiden muss.

 

So, nun aber genug geschwafelt. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Bis nächste Woche.

 

Eure mrs_ianto

Offene Worte

Hallo zusammen

 

Es ist wieder eine Woche vorbei und das bedeutet, es gibt für Euch ein neues Kapitel. Was soll ich sagen? Ich kann nur so viel verraten, dass Atemu irgendwie nicht mehr in die Welt der Herrscher passt. Aber am besten lest ihr es selbst.

 
 

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Offene Worte

 

 

 

Ein Geräusch weckt Atemu auf. Verwirrt, über die Dunkelheit und das ungewohnt weiche Bett, liegt er bewegungslos da. Nur langsam kehrt die Erinnerung an die letzten beiden Tage zurück und mit ihr der Schmerz des Verlustes.

Gepeinigt schliesst er die Augen, reisst sie jedoch sofort wieder auf, als sich Bilder vor seinem inneren Auge zu formen beginnen.

Er hält es im Bett nicht mehr aus. Ruckartig schlägt er die Decke zurück und setzt sich auf. Als seine nackten Füsse den Boden berühren, zuckt er im ersten Moment zurück. Nicht, weil der Steinboden kalt ist. Die Platten sind warm. Zu warm für seinen Geschmack, genauso wie das Zimmer für diese Jahreszeit einfach zu warm ist.

Automatisch sucht er nach dem Feuerstein und dem Eisen, um die Öllampe auf dem Nachttisch anzuzünden. Nur ertasten seine Finger stattdessen einen Lichtschalter. Das plötzlich viel zu grelle Licht, lässt ihn den Arm schützend vor die Augen reissen. Sein vor Schreck schlagartig schneller schlagendes Herz beruhigt sich nur langsam und erst, als sich auch sein Atem wieder normalisiert hat, senkt er den Arm und blickt zu der Lampe, die den Raum in ein künstlich warmes Licht taucht. »Du bist so ein Idiot, Atemu«, murrt er vor sich hin, als er aufsteht und rüber zum Fenster geht. Jetzt weiss er auch, was für Geräusche ihn geweckt haben. Die Blätter der Bäume unter seinem Fenster rauschen im Wind.

Vorsichtig steigt er auf den Schreibtisch und setzt sich dann seitlich ans Fenster gelehnt hin. Den Kopf an die kühle Scheibe lehnend, sieht er die Spiegelung seines Gesichts in der Scheibe. »Du siehst sowas von scheisse aus«, sagt er zu seinem eigenen Spiegelbild und grinst dann schief.

Jetzt fällt ihm das kaum hörbare Ticken der Uhr auf, die über dem kalten Kamin hängt. Sein Blick richtet sich auf die Zeiger. Er überlegt einen Moment lang, aber dann lächelt er traurig, als er wieder zum Fenster blickt. »Sharik, bei dir geht jetzt gerade die Sonne auf. Hat dich Grossvater schon aus dem Bett geworfen? Oder Nino? Oder liegst du noch unter der Decke und verfluchst, dass die Sonne jetzt jeden Tag spürbar früher aufgeht?« Bei dem Gedanken, an das morgendliche Aufstehen mit seinem Sharik, muss Atemu unwillkürlich lächeln.

 
 

***
 

 

Tatsächlich quält sich in Domino Yugi aus dem Bett und geht fröstelnd rüber zum Schreibtisch. Der Boden unter seinen Füssen ist eiskalt und die Luft ist auch nicht viel wärmer. Seit es tagsüber nicht mehr ganz so kalt ist, heizen sie nur noch die Küche, das Bad und den Laden. Die Zehen einrollend steht er am Tisch und sieht aus dem Fenster zum sich rot verfärbenden Himmel. »Liebster, geht bei dir auch gerade die Sonne auf oder herrscht bei dir noch tiefste Nacht und du liegst noch schlafend im Bett?« Die Hand in Richtung Fenster ausstreckend schliesst er gepeinigt die Augen. »Du fehlst mir«, raunt Yugi erstickt und schlägt sich die Hand vor den Mund. Er will jetzt nicht schon wieder weinen. Um Beherrschung ringend, greift er schniefend nach seinem Kleiderstapel, ehe er aus dem Zimmer eilt.

 
 

***
 

 

Ans Fenster gelehnt dasitzend, ist Atemu irgendwann eingedöst. Als plötzlich ein Klopfen ertönt, schreckt er hoch und starrt zur Tür, die sich jetzt öffnet. Ein leicht bekleideter Sklave tritt ein und schliesst die Tür hinter sich, ehe er sich zu Boden wirft und mit der Stirn den Boden berührt. »Hochwohlgeborener, gesalbter Pharao Nesut-anch-Ra, ich wurde vom Haus- und Hofmeister geschickt, Euch zu dienen und euch jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Was auch immer euer Wunsch sein mag.«

Atemu starrt den jungen Sklaven geschockt an. Er ist wie erstarrt, aber dann springt er vom Tisch und eilt zu dem Sklaven, der immer noch auf dem Boden kauert und die Stirn gegen den Boden drückt. Langsam, um den Sklaven nicht zu erschrecken, geht Atemu vor ihm in die Hocke und ergreift dessen Schultern. Mit sanftem Druck bringt er ihn dazu, sich aufzurichten. »Zuerst einmal, du musst dich vor mir nicht auf den Boden werfen. Verstanden?« Bewusst spricht er mit sanfter Stimme und sieht dabei in das erschreckend junge Gesicht. »Verstanden, hochwohlgeborener, gesalbter Pharao Nesut-anch-Ra. Verzeiht mir meinen Fehler.«

Flehend und voller Angst vor Strafe sieht der Junge Atemu an, ehe er den Blick wieder demütig senkt. »Kleiner, du hast keinen Fehler gemacht. Du kannst es doch nicht wissen, dass ich das nicht möchte.« Lächelt Atemu sanft und lässt nun die Schultern des Jungen los. »Wie heisst du und wie alt bist du?« Als er nun wieder mit ängstlichem Blick angesehen wird, zieht sich sein Herz zusammen. Er erinnert sich daran, wie er sich in der ersten Zeit bei Yugi und Grossvater gefühlt hat. »Du musst keine Angst haben.« Fügt er lächelnd hinzu und verzichtet darauf, den Jungen noch einmal anzufassen.

 

Ganz genau mustert Kimi den Pharao. Er ist unsicher, aber er muss die Fragen doch beantworten. »Ich bin vierzehn und ich heisse Kimi, hochwohlgeborener, gesalbter  Pharao Nesut-anch-Ra«, flüstert er schliesslich kaum hörbar und senkt wieder den Blick. Hoffentlich wird er jetzt nicht dafür bestraft, dass er den Pharao direkt angesehen hat.

Atemu unterdrückt ein Seufzen. »Kimi, nun noch eine Sache. Es reicht, wenn du mich Pharao oder Hoheit nennst«, verlangt er mit sanfter Stimme. Zu verlangen, dass er ihn bei seinem Namen nennt, würde den Jungen jetzt sicher noch überfordern.

»Wie Ihr wünscht, hochwohlgeb… Hoheit.« Erschrocken beisst sich Kimi auf die Lippen und kauert sich instinktiv zusammen.

»Du wirst dich schon dran gewöhnen, Kimi. Nun steh auf.« Langsam richtet sich Atemu wieder auf und blickt aus dem Fenster. »Die Sonne geht erst auf, warum bist du denn schon so früh hier?«

 

Kimi wagt es, aufzustehen und fährt sich durch die blonden Haare. »Ich wollte schauen, was für Kleidung Ihr braucht, damit ich sie schon für euch rauslegen kann. Der Haus- und Hofmeister meinte, dass ihr nur mit einem Korb angekommen seid.« Angestrengt vermeidet er es, in die Richtung des Pharaos zu blicken.

»Stimmt«, murmelt Atemu und sieht zu dem Korb. »Wir mussten alles zurücklassen.« Er geht zum Korb und legt die Hand auf das Flechtwerk. »Ich habe nur das, was ich am Körper trage, Kimi.« Mit einem traurigen Lächeln sieht er zu dem Jungen. »Ich brauche nicht viel. Nur Kleidung zum Wechseln.«

Leer schluckend nickt Kimi. »Verstanden … Hoheit.« Eilig dreht er sich um und rennt aus dem Zimmer, um Kleidung für den Pharao zu holen.

 

Mit einem amüsierten Schmunzeln blickt Atemu dem Jungen hinterher, wird dann aber schlagartig ernst. Erst jetzt wird ihm bewusst, an wie viel er sich wieder gewöhnen muss, was für ihn einst selbstverständlich gewesen ist. Tief seufzt er auf und setzt sich aufs Bett.

 

Keine halbe Stunde später, klopft es wieder an der Tür und Kimi tritt mit einem ganzen Stapel voller Kleider ein. »Hoheit, hier ist eine Auswahl für Euch. Es ist für Euren Stand bei weitem nicht edel genug. Nur habe ich nichts Besseres finden können.«

Ungeschickt legt er den Stapel auf das Sideboard und stellt sich dann mit gesenktem Kopf daneben hin. »Wenn Ihr euch die Auswahl bitte ansehen würdet?« Leichte Nervosität schwingt in seiner Stimme mit.

 

Es ist Atemu zuwider, Kimi so demütig zu sehen. Jedoch sagt er nichts, um den Jungen nicht noch mehr zu verunsichern. Stattdessen tritt er mit ausdrucksloser Miene zu dem Kleiderstapel und sieht sich die gebrachten Kleidungsstücke an. Edle Stücke aus Seide und Samt. Kaschmir und Merinowolle.

»Die Sachen sind völlig ausreichend. Ich danke dir, Kimi, dass du sie mir besorgt hast.« Bewusst spricht er mit sanfter Stimme, während er sich eine graue Hose, frische Unterwäsche und einen dunkelgrünen Kaschmirpullover nimmt. Ohne den Jungen noch einmal anzusehen, geht er in das grosse Bad, das zu seinem Zimmer gehört.

Widerwille steigt in ihm auf, als er sich in dem mit Rosenmarmor verkleideten Raum umsieht. Die riesige Wanne stösst ihn ab, so stellt er sich unter die Dusche und stellt das Wasser ein. Sofort hat es die richtige Temperatur und prasselt wie ein warmer Sommerregen auf ihn hinab. Mit geschlossenen Augen steht er da, spürt, wie das Wasser über sein Gesicht läuft und vermisst den Kälteschock, den er immer bekommen hat, wenn er Zuhause zu schnell unter die Dusche gestiegen ist.

Als er die Augen wieder öffnet, sieht er sich einer zuvor nicht bemerkten Auswahl an Duschmitteln gegenüber. Düfte, von Apfel bis Zimt stehen ihm zur Auswahl. Er braucht lange, bis er endlich einen Geruch gefunden hat, der seine Nase nicht zu sehr reizt.

 

Schliesslich verlässt er frisch geduscht und angezogen das Badezimmer, nur um überrascht festzustellen, dass Kimi immer noch neben dem Sideboard steht. »Was machst du denn noch hier?«

Wie geschlagen zuckt Kimi zusammen. »Ich muss Euch doch dienen. Ihr habt mir keine neuen Anweisungen gegeben, also warte ich hier. Habe ich Euch verärgert?«

 

Gedanklich schlägt sich Atemu gegen die Stirn. Wie hatte er das nur vergessen können? »Nein, du hast mich nicht verärgert und du hast auch nichts falsch gemacht.« Versucht er den jungen Sklaven zu beruhigen. »Ich habe den Fehler gemacht, zu vergessen, dass du warten musst, bis ich dir Anweisungen gebe.«

Als Kimi nun den Kopf hebt, sieht er ihn mit einem schiefen Grinsen an. »Du kannst gehen und deinen anderen Pflichten nachgehen. Bestimmt hast du noch andere Aufgaben.«

Sofort schüttelt Kimi heftig den Kopf. »Nein, ich bin einzig und allein für Euer Wohl zuständig, Hoheit. Der Haus- und Hofmeister hat gesagt, dass der Befehl vom göttlichen, himmlischen Kaiser Hadrian persönlich kommt.«

Atemu wird beinahe schlecht, als er das hört. Am liebsten würde er Kimi sagen, dass er verschwinden soll, dass er keinen Sklaven braucht. Nur würde er dann den Falschen strafen und bestraft würde der Junge werden, wenn er seine Dienste nicht in Anspruch nehmen würde.

»Gut, dann kümmere dich um mein Frühstück. Ich möchte aber nur etwas Einfaches haben. Brötchen und Honig und Schwarztee, wenn es den in der Küche gibt.«

Kimis Blick ist verwirrt, als er den Wunsch nach so einem einfachen Frühstück hört, das eines Pharaos unwürdig ist. Jedoch wagt er es nicht, nachzufragen, sondern eilt nur aus dem Zimmer, um das Frühstück nach den Wünschen des Pharaos herrichten zu lassen.

Als Atemu wieder allein ist, setzt er sich beim Kamin in den Sessel und blickt in Gedanken versunken vor sich hin. Es wird ihm immer klarer, dass die Rückkehr in sein altes Leben für ihn schwieriger sein wird, als er es sich vorgestellt hat.

Nur schon diese für ihn einst alltägliche Situation, hat ihn jetzt an den Rand seiner mentalen Kräfte gebracht. »Wie soll ich das nur schaffen?«, murmelt er und umfasst dabei den kleinen Phönix.

Nur am Rande registriert er, wie nach einem leisen Klopfen Kimi mit einem Servierwagen reinkommt und das Frühstück auf dem kleinen Tisch neben seinem Sessel anrichtet und sich dann abwartend, mit auf dem Rücken verschränkten Händen, an die Wand stellt.

Langsam wendet sich Atemu dem einfachen Frühstück zu und beginnt zu essen. Obwohl das Frühstück köstlich schmeckt, muss er sich zwingen, wenigstens zwei Brötchen zu essen und den Tee zu trinken.

Ein Klopfen lässt ihn zur Tür blicken. »Herein?«, ruft er fragend, nur um gleich darauf aufzustehen, als Kaiser Hadrian persönlich den Raum betritt. »Kaiser Hadrian, was führt Euch zu dieser frühen Stunde zu mir?« Respektvoll neigt er grüssend den Kopf, nur um den Älteren dann stolz dastehend in die Augen zu blicken.

»Pharao Nesut-anch-Ra. Wie ich sehe, habt Ihr schon gefrühstückt«, stellt Hadrian mit einem Blick auf das einfache Mahl fest.

»Ja, wenn ich gewusst hätte, dass Ihr Euch hierher bemüht, hätte ich natürlich auf Euch gewartet. Darf ich Euch etwas zu trinken bringen lassen?«

Hadrian tritt näher und setzt sich auf den zweiten Sessel. »Ich habe Euch bewusst nicht vorgewarnt und ja, ich hätte gern Kaffee.«

Atemu runzelt leicht die Stirn, ehe er Kimi den Auftrag gibt, frischen Tee und Kaffee zu bringen.

Erst als sie allein sind, setzt er sich wieder hin und sieht Hadrian nun ernst an. »Also, was ist so wichtig, dass Ihr so überraschend herkommt?«

Auf diese Frage hin, wird er aufmerksam gemustert. »Seht Ihr Euch imstande, Eurem Onkel den Thron wieder zu entreissen? Ihr habt gestern nur sehr oberflächlich die letzten Jahre Eures Lebens zusammengefasst und das ist noch grosszügig ausgedrückt. Was in mir die Frage weckt, ob Ihr psychisch dazu in der Lage seid, Euch eurer wahrlich grossen Aufgabe zu stellen.«

 

Sich ertappt fühlend, blickt Atemu für einen Moment zur Seite. »Ob ich mich dazu in der Lage fühle, tut nichts zur Sache. Es ist meine Geburtspflicht, meinem Volk zu dienen und dafür zu sorgen, dass es in Frieden und Gesundheit leben kann. Wenn mein Onkel das nicht gewährleistet, dann ist es meine von den Göttern gegebene Pflicht, mein Volk von seiner Herrschaft zu befreien.« Fest sieht er Hadrian nun in die Augen, der den Blick mit leichtem Zweifel erwidert.

»Ihr sprecht wie schon damals sehr weise, junger Pharao. Nur ist Euch bewusst, was sich in den letzten Jahren ereignet hat? Wie der Zustand Eures Reiches ist und was aussenpolitisch los ist? Wisst ihr, dass Eure beiden Begleiter per reichsübergreifenden Haftbefehl gesucht werden?« Nun lehnt sich Hadrian vor und stützt die Ellbogen auf den Armlehnen des Sessels ab. Die Fingerspitzen aneinander legend, mustert er Atemu aufmerksam. »Ihr verbergt es sehr gut, aber ich kenne Euch seit Eurer Namensverkündung. Ihr habt Euch verändert. Eure Haltung, Eure Ausstrahlung ist eine andere und auch Euer Blick ist nicht mehr derselbe.«

 

Atemu wird eine Pause gewährt, als Kimi mit den Getränken rein kommt und sie mit demütig gesenktem Blick bedient. »Danke, Kimi. Lass uns bitte allein und warte im Nebenraum, bis ich dich rufe«, befiehlt Atemu mit sanfter Stimme, woraufhin der Sklave sich vor ihnen verneigt und raus in das grosse Wohnzimmer geht, das seines und die Zimmer der anderen miteinander verbindet.

Kaum sind sie wieder allein, greift er nach seiner Tasse und gibt zwei Löffel Honig in den Tee, ehe er sich, an dem heissen Getränk nippend, zurücklehnt. »Kaiser Hadrian, was soll ich sagen. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass die letzten Jahre spurlos an mir vorübergegangen sind. Ich habe mich verändert. Jedoch glaube ich, dass ich nun einen besseren Blick auf alle Bevölkerungsschichten habe. Dass ich die Belange des einfachen Volkes und auch die der Sklaven nun besser nachvollziehen kann.« Er versucht, mit vollkommen ruhiger Stimme zu sprechen, wie um sich selbst zu beruhigen.

 

»Die Belange der Sklaven? Die Sklaven haben keine Belange, die uns zu interessieren haben! Die Belange des einfachen Volkes? Sie sollen über das froh sein, was wir ihnen ermöglichen!« Hadrians Stimme klirrt vor Kälte. Er greift erst jetzt zu seinem Kaffee und nippt an der schwarzen Flüssigkeit. »Was bringt Euch dazu, solch törichte Worte auszusprechen?«

Unwillkürlich beisst sich Atemu für den Bruchteil einer Sekunde auf die Unterlippe, ehe er sich strafft. Mit einem Glühen in den Augen sieht er Hadrian direkt an. »Verzeiht, wenn ich jetzt respektlos werde, Hadrian, aber Ihr habt keine Ahnung, was es bedeutet, ein Sklave zu sein, was es mit einem macht, keinerlei Rechte zu haben. Nicht einmal über den eigenen Körper bestimmen zu können! Ich wurde ohne Erinnerungen an meine Herkunft versklavt, vergewaltigt, gefoltert, missbraucht und verkauft! Mehr als einmal, war ich dem Tode näher als dem Leben! Wenn ich nicht vor einem Jahr von Yugi Muto auf dem Sklavenmarkt gekauft worden wäre, würden wir uns heute nicht gegenüber sitzen.« Um sich zu sammeln, hält Atemu inne und trinkt einen Schluck Tee, ehe er den Blick wieder auf Hadrian richtet. »Bei den Mutos konnte meine Seele und auch mein Körper heilen. Sie haben mir gezeigt, was es bedeutet, ein Mensch zu sein und dass man Sklaven nicht wie Dreck behandelt. Ich habe gesehen, wie Menschen, deutlich jünger als ich, im Schlaf gestorben sind, weil ihre Körper der Belastung nicht mehr standgehalten haben. Ich habe gesehen, wie sich Menschen umgebracht haben, weil sie die Qualen nicht mehr ertragen haben. Ich habe gesehen, wie das Licht in den Augen der Menschen erloschen ist, weil ihre Seele zerbrochen ist. Ich gehörte dazu. Ich hatte mir vorgenommen, mir das Leben zu nehmen. Doch da kam Yugi, mit seinem reinen Herzen und sein Grossvater. Sie haben mich aufgefangen und mich gehalten und unterstützt. Diese beiden Menschen und ihre Freunde haben dafür gesorgt, dass ich nicht aufgegeben habe und jetzt hier vor Euch sitze! Also sagt nicht, dass die Belange des einfachen Volkes und der Sklaven für uns irrelevant sind!« Mit jedem Wort ist seine Stimme fester, bestimmter und unnachgiebiger geworden. Er steht auf und tritt ans Fenster. Obwohl er dem Kaiser den Rücken zudreht, kann er dessen Blicke regelrecht auf sich liegen spüren. «Wir sind wie die Könige auf einem Schachbrett. Wir werden durch die Bauern und die anderen Schachfiguren geschützt. Auch der kleinste Bauer kann über das Schicksal seines Königs entscheiden!« Die ganze Zeit hat er aus dem Fenster gesehen, dreht sich nun aber wieder zu Hadrian um, der ihn nachdenklich mustert.

Stille breitet sich zwischen ihnen aus, die nur durch das leise Ticken der Uhr durchbrochen wird. Schliesslich räuspert sich Hadrian, was in der Stille unnatürlich laut wirkt. »Eine flammende Rede, die Ihr gehalten habt, Nesut-anch-Ra. Ich kann verstehen, dass Ihr euch nach euren Erlebnissen persönlich betroffen fühlt, wenn es um die Sklaven und das einfache Volk geht. Um Eure Allegorie aufzugreifen. Die Bauern im Schachspiel sind nur Kanonenfutter. Sie werden geopfert, um die anderen Figuren und besonders den König zu schützen und um das Spiel zum Sieg zu führen.« Ernst beobachtet er das Mienenspiel seines Gegenübers, aber wie auch schon damals, lässt dieser sich nicht hinter die Maske blicken. »Wie auch immer. Ich stehe vor zwei Problemen. Euer Onkel ist kurz davor, uns den Krieg zu erklären. Er scheint nur noch darauf zu warten, dass seine Vermählung mit Eurer Schwester stattgefunden hat, um durch sie auch die letzten Zweifler auf seiner Seite zu haben.  Da Eure Schwester noch nicht grossjährig ist, ist das jedoch noch das kleinere Problem. Was mir mehr Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass der Prinz und der Hohepriester sich hier in meinem Palast befinden. Wenn er das herausfindet und ich mich weigere, die beiden auszuliefern, droht ein sofortiger Krieg!«

 

Atemu senkt für eine Moment nachdenklich den Blick. »Dann müssen wir dem zuvorkommen. Viel Zeit haben wir sowieso nicht, um meinen Onkel zum Thron zu stossen. Wir müssen gemeinsam Pläne schmieden und wenn es so kommen sollte, dass mein Onkel davon erfährt, dass sich die beiden hier befinden, werden wir sehen, was getan werden muss, um einen Krieg zu verhindern. Kaiser Hadrian, wir, unsere Länder, waren vor meinem angeblichen Tod nicht nur Verbündete, sondern auch Handelspartner. Ich weiss, dass ich viel von Euch verlange, aber bitte vertraut mir und vertraut darauf, dass wir den drohenden Krieg abwenden können.«

 

Hadrian erhebt sich. »Ihr verlangt viel, junger Pharao. Lasst uns dieses Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fortführen. Ich habe noch wichtige Geschäfte zu erledigen, die keinen Aufschub dulden. Ihr kennt das ja«, sagt er und neigt kurz sein Haupt, ehe er zur Tür geht, dort aber innehält. »Ich gebe zu, dass es mich erstaunt hat, als man mir sagte, dass Ihr das kleinste Zimmer genommen habt. Nun jedoch denke ich, dass ich weiss, warum Ihr das gemacht habt.« Er nickt ihm noch einmal zu, ehe er die Tür öffnet und den Raum verlässt.

Kaum allein, lässt sich Atemu auf einen der Sessel sinken und kann es nicht mehr verhindern, dass seine Hände zittern. Mit abwesendem Blick sieht er auf seine Finger, die er einfach nicht dazu bringen kann, sich ruhig um die Teetasse zu legen. Seine Augen brennen und auf einmal hält er es in dem zu warmen Zimmer nicht mehr aus.

Hastig zieht er sich die Schuhe an und rennt an Kimi vorbei nach draussen. Blind für seine Umgebung eilt er durch die Gänge, bis er sich auf einmal draussen in den Schlossgärten wiederfindet. Die Luft ist angenehm kühl auf seiner erhitzten Haut, tief atmet er durch und läuft dann langsam über den angelegten Pfad. Leise knirscht der Kies unter seinen Füssen, als er an den Blumenbeeten vorbei zu dem kleinen weissen Pavillon geht.

Er steigt die drei Stufen hoch und betritt den Pavillon auf der anderen Seite der überdachten Plattform stützt er sich auf dem Geländer ab und blickt auf die Stadt hinunter, die sich am Fuss des Kapitols ausbreitet. Er lässt seinen Blick schweifen, sieht die anderen Hügel, auf denen sich die Villen der Oberschicht befinden und kann es nicht verhindern, dass sich in ihm die Sehnsucht nach Blacky und Rocky und der Ruhe, die sie ihm immer gegeben haben, regt. Sehnsüchtig lächelnd, blickt er in den Himmel.

Nur um gleich darauf herumzufahren, als er hinter sich ein Geräusch hört. Entschuldigend hebt Shimon die Hände. »Verzeiht, mein Pharao. Ich wollte Euch nicht erschrecken.« Langsam betritt er den Pavillon und stellt sich neben Atemu hin. »Eine schöne Aussicht, aber nichts gegen den Blick, den man vom Palast aus über Theben und die Wüste hat.« Ohne den Kopf zu drehen beobachtet er aus den Augenwinkeln heraus den jungen Mann, der mit versteinerter Miene dasteht.

»Mein Pharao? Woran denkt ihr?« Wagt er es leise zu fragen.

Nun seufzt Atemu und fährt sich mit der linken Hand durch die Haare. »Ich denke daran, dass ich diese Aussicht und auch die in Theben sofort gegen einen kleinen Stall und einen Hinterhof in Domino eintauschen würde.« Wieder in den Himmel blickend, grinst er bitter. »Dabei müsste ich mir Gedanken darüber machen, wie ich einen Krieg verhindere, meinen Onkel vom Thron stosse und nebenbei meine Schwester vor einer Hochzeit bewahre, die sie nicht will.«

 

Shimon blickt nachdenklich auf die Stadt zu ihren Füssen. »War es ein Fehler, dass wir gekommen sind und Euch aus der Sklaverei befreit haben?« Stellt er die Frage, die ihn schon beschäftigt, seit er beobachtet hat, wie sich der Pharao von diesen einfachen Leuten verabschiedet hat.

Ratlos hebt Atemu die Schultern an. »Ich weiss es nicht. Als meine Erinnerung zurückgekehrt ist, habe ich mir nichts mehr gewünscht, als frei zu sein und die Möglichkeit zu haben, meine Schwester wieder zu sehen. Nun jedoch, wünsche ich mich zurück zu meinem Sharik. Ich bin mit dem ganzen Prunk hier überfordert. Er stösst mich ab und dann muss ich auch noch die Tatsache akzeptieren, dass ich einen eigenen Sklaven habe.« Seine Finger krampfen sich um das Geländer, als sein Körper erbebt. »Ich will schreien und toben. Kimi sagen, dass er mich nicht bedienen soll. Hadrian an den Kopf werfen, dass Sklaverei abartig ist! Will ihm klar machen, dass es falsch ist, wie das einfache Volk behandelt wird!«

 

Schweigend hört Shimon zu, während er über die Stadt blickt. »Ihr wart schon immer anders in Euren Ansichten. Vermutlich, weil Ihr einen Grossteil Eurer Kindheit von einer ehemaligen Sklavin erzogen worden seid. Ich habe das nie als Nachteil angesehen. Im Gegenteil, Ihr hattet immer einen sehr klaren Blick auf Euer Volk«, sagt er schliesslich mit der ihm eigenen ruhigen Art. »Jedoch müsst Ihr aufpassen, dass Ihr die anderen Herrscher und die Mitglieder der regierenden Klassen mit Euren Worten nicht vor den Kopf stösst. Ihr braucht sie, um den Thron wieder zu besteigen und Eure Herrschaft dann wieder zu festigen.«

Lange schweigt er, als aber Atemu nichts darauf erwidert atmet er tief durch. »Es ist normal, dass Ihr wieder zurück zu Eurem Liebsten wollt und dass Ihr Euch wie zerrissen fühlt. Vielleicht sogar schuldig. Das Gefühl wird vergehen, sobald Ihr wieder Euren gewohnten Platz eingenommen habt.«

 

Atemu senkt den Blick. Er glaubt nicht daran. Dafür ist ihm das alles hier zu sehr zuwider. »Wie Ihr meint, Hohepriester«, meint er nur ausweichend und strafft sich. Ruckartig dreht er sich um und verlässt den Pavillon. Mit weit ausgreifenden Schritten geht er durch den Garten zurück zum Palast.

 

 
 

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So und das war es auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen und dass ihr nicht zu sehr mit Atemu und Yugi mitleiden müsst.

 

Eure mrs_ianto

Spione überall?

Hallo zusammen

 

Ich überarbeite gerade mein Buch, das ich vom Lektor zurückbekommen habe und ihr kriegt jetzt das neue Kapitel. Das ist doch mal eine gute Einteilung und eine schöne Art den Samstag zu verbringen. Oder was meint ihr?

 

 
 

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Spione überall?

 

 

Seufzend schliesst Atemu die Datei mit dem Bericht über die momentane Lage der Beziehungen zwischen den einzelnen Reichen. Schon seit über zwei Wochen schliesst er sich immer schon bei Sonnenaufgang hier in der grossen Bibliothek ein, um in Ruhe ein Dokument nach dem anderen zu studieren. Wenn er jedoch ehrlich zu sich selbst ist, muss er zugeben, dass er so auch Shimon und Seto aus dem Weg geht.

Seit er in dem Pavillon mit dem alten Mann gesprochen hat, hat er ihn nicht mehr gesehen. Ein kleiner Teil in ihm schimpft ihm einen Feigling, aber das ist ihm egal. Er will seine Ruhe haben. Sich in seinem Tempo und ohne Einmischung von aussen ein Bild von der Situation machen.

Die Augen zusammenkneifend massiert sich Atemu den verspannten Nacken, als er aufsteht. In Gedanken versunken geht er zum Fenster und blickt auf die Stadt hinunter. Unbewusst greift er sich an den Oberarm, wo er bis vor zwei Tagen noch das Sklavenhalsband getragen hat. Leise seufzt er auf, als er einen schmerzhaften Stich in seiner Brust spürt. »Sharik«, murmelt er tonlos. »Was soll ich bloss machen? Es scheint unmöglich zu sein, was sie von mir erwarten.«

Hilfesuchend blickt er in den strahlend blauen Himmel hinauf. Doch auch von da kommt keine Antwort. Keiner der Götter schickt ihm eine Eingebung, weshalb er sich wieder umwendet und zum Schreibtisch blickt.

Noch immer ist ihm der einst so vertraute Anblick des Computers fremd und er spürt einen stärker werdenden, inneren Widerstand, sich wieder hinzusetzen und weiterzulesen. Unwillkürlich lässt er seinen Blick über die raumhohen Bücherregale schweifen und da entdeckt er es. Mit hastigen Schritten geht er durch den Raum, hält dann aber inne, als er nach dem Buch greifen will. Für einen Moment lässt er die Finger schon beinahe streichelnd über den Buchrücken gleiten, ehe er sich ein Herz fasst und das Buch aus dem Regal nimmt.

Mit einem sehnsüchtigen Lächeln streichelt er über das abgebildete Amulett. »Die unendliche Geschichte. Willst du mir etwas sagen, Tante Amina?« Andächtig schlägt er das Buch auf und liest die ersten Worte. Heftig schlägt er das Buch wieder zu stellt es zurück an seinen Platz.

Mit plötzlich kaltem Blick setzt er sich wieder an den Schreibtisch und holt den Computer aus dem Ruhezustand.

Für einen Moment überlegt er, aber dann öffnet er die Karten von Theben und studiert sie aufmerksam. Wie auf allen Bildern, die öffentlich zugänglich sind, ist der Bereich des Palastes unkenntlich dargestellt. Dennoch fährt er mit dem Finger über die undeutlichen Konturen und in ihm reift langsam eine Idee. »Wäre das eine Möglichkeit?«, murmelt er vor sich hin, als plötzlich die Dienstbotentür aufgerissen wird und Kimi hereinstürmt. »Pharao, sie haben Hohepriester Shimon Shimon!« Nach Atem ringend steht er, jede Regel vergessend da und sieht Atemu an, der für einen Moment erstarrt dasitzt. Nun aber aufsteht und äusserlich ruhig zu Kimi geht. Leicht legt er ihm die Hand auf die Schulter. »Komm erst einmal zu Atem und dann sagst du mir, was genau passiert ist und wer den Hohepriester hat.«

Im ersten Moment rechnet Kimi damit, dass er nun bestraft wird. Weiss er doch, dass der Pharao nicht gestört werden möchte, wenn er sich hier in der Bibliothek aufhält. Als er nun jedoch nur diese sanfte Berührung spürt, entspannt er sich etwas. Noch immer verwirrt es ihn, dass er so freundlich behandelt wird, selbst wenn er gegen die Anweisungen seines momentanen Meisters handelt.

Gehorsam wartet er ab, bis sich sein Atem wieder beruhigt hat. »Der Hohepriester war in den Randgebieten der Stadt unterwegs, als er plötzlich von mehreren Männern umringt worden ist. Wie sich herausgestellt hat, waren es Männer aus dem ägyptischen Grossreich, die für die Armee arbeiten. Sie haben ihn festgenommen und verschleppt.«

 

Aufmerksam hört Atemu zu und unterdrückt nur mit Mühe den Drang, loszuschreien. »Sie haben ihn auf dem Gebiet der Hauptstadt festgenommen?« Möchte er mit gefährlich ruhiger Stimme wissen und sein Blick wird eiskalt, als Kimi nickt. »Verstehe. Sie haben nicht nur das Hoheitsgebiet des römischen Grossreiches verletzt, sondern auch noch das Gebiet der Hauptstadt«, murmelt er und wendet sich zur Tür aus massivem Mahagoni um. »Kimi, besorge über den Vorfall so viele Informationen, wie du auftreiben kannst. Jedes noch so kleine Detail kann wichtig sein.«

 

Erstaunt, dass ihm so eine wichtige Aufgabe übertragen wird, braucht Kimi einen Moment, bis er reagieren kann. »Verstanden. Nur, erlaubt mir die Frage, warum Ihr mich darum bittet? Wäre jemand von Hauptmann di Modenas Leuten da nicht besser geeignet? Ich bin schliesslich nur ein Sklave.«

 

Trotz der ernsten Situation schmunzelnd, dreht sich Atemu noch einmal zu Kimi um. »Eben weil du ein Sklave bist, bist du für die Aufgabe perfekt geeignet. Ihr Sklaven seid unsichtbar. Ihr seht und hört deutlich mehr, als es einer von den freien Menschen je könnte. Ihr habt einen anderen Blickwinkel und den brauche ich jetzt. Nun geh. Du hast viel zu tun.«

Als er sieht, wie sich Kimi erst strafft und dann davoneilt, senkt er kurz den Blick. »Du bist ein guter Junge«, murmelt er schlagartig betrübt, ehe auch er die Bibliothek verlässt. Seine Schritte hallen in dem langen Flur wider, als er über den marmornen Boden rennt. Er weiss genau, wo er Hadrian finden wird und stösst ohne sich vorher anmelden zu lassen die Tür zum Konferenzraum auf. Die empörten Blicke der anwesenden Minister ignorierend, schreitet er nun mit weit ausgreifenden Schritten auf den Kaiser zu, der ihn kühl mustert. »Was führt Euch um diese Uhrzeit hierher, Pharao?« Seine Stimme ist kühl und beherrscht, sein Blick verrät jedoch unterdrückten Ärger.

Direkt vor dem Älteren stehen bleibend, neigt Atemu kurz sein Haupt, bevor er ihn mit blitzenden Augen und stolz aufgerichtet ansieht. »Verzeiht mein plötzliches Auftauchen. Jedoch bin ich soeben darüber informiert worden, dass mein Hohepriester verschleppt worden ist.« Keine Regung in Hadrians Gesicht entgeht ihm. So auch nicht der kurze Moment als die Maske kurz verschwindet. »Was habt Ihr mir zu sagen?« Verlangt er mit eisiger Stimme zu wissen.

 

Hadrian zögert, aber dann steht er auf und deutet zu einer unscheinbaren Tür, neben der ein Sklave steht. »Folgt mir«, verlangt er emotionslos und geht voran. Sofort wird ihm die Tür geöffnet. Ohne den demütig dastehenden Jungen eines Blickes zu würdigen, betritt er das verhältnismässig kleine Büro, das jedoch immer noch deutlich grösser als das Wohnzimmer der Mutos ist und stellt sich mit hinter dem Rücken verschränkten Händen ans Fenster. Lange blickt er schweigend hinaus in den Park. »Ich habe auch gerade erst davon erfahren. Allerdings habe ich ehrlich gesagt schon eher damit gerechnet, dass so etwas passiert. Mein Geheimdienst hat mich schon vor einigen Tagen darüber informiert, dass sich Spione und Militärangehörige des amtierenden Pharaos in meinem Reich aufhalten und Fragen stellen.« Als er keine Reaktion erhält, dreht er sich um und sieht den jungen Mann an, der mit zu Fäusten geballten Händen dasteht und den Blick schweigend erwidert. »Ich habe gestern mit dem Hohepriester darüber gesprochen und er wollte heute in die Stadt und umliegenden Dörfer gehen, um sich umzuhören. Wie es scheint, waren sie schon näher, als wir es befürchtet haben.« Schwer stützt sich Hadrian auf dem alten Schreibtisch ab, den er vor vielen Jahren zu seiner Grossjährigkeit bekommen hat. »Die Lage ist ernst, junger Pharao.«

 

Erst jetzt kommt Bewegung in Atemus Körper und er tritt näher. Sich auch auf den Schreibtisch abstützend, beugt er sich vor und sieht seinem Gegenüber in das von Falten zerfurchte Gesicht. »Warum bin ich darüber nicht informiert worden? Warum musste ich von meinem Sklaven erfahren, dass mein Hohepriester entführt worden ist?« Seine Stimme ist leise, aber in seinen Worten liegt eine gefährliche Schärfe, die sich auch in seinem Blick … seiner Haltung … widerspiegelt.

Lange schweigt Hadrian, schliesslich atmet er tief durch und richtet sich auf. »Ihr seid nicht darüber informiert worden, dass sich Häscher aus dem ägyptischen Grossreich in meinem Reich aufhalten, weil Euer Cousin und Hohepriester Shimon der Meinung waren, dass Ihr Euch erst wieder an das Leben im Palast gewöhnen müsst. Ich habe ihnen zugestimmt. Schliesslich war es deutlich zu sehen, wie Ihr teilweise schon mit alltäglichen Routinen zu kämpfen habt und dass Ihr öfters mit Eurem Schicksal hadert.« Mit einem schon beinahe väterlichen Blick sieht er Atemu nun an. Er geht um den Schreibtisch herum und legt ihm die Hand auf die Schulter, nur um ihn gleich wieder loszulassen, als Atemu ruckartig zurückweicht und sich für den Bruchteil einer Sekunde Panik in dessen Blick widerspiegelt.

 

Atemu kann es nicht verhindern. Als er die Hand auf seiner Schulter spürt, weicht er zurück und kann es nur mit Mühe die Panik unterdrücken, die durch die mühsam errichteten Schilde brechen will. »Fasst mich nicht an. Nicht unter diesen Umständen«, presst er mit zusammengepressten Lippen hervor. Dann hat er sich endgültig wieder gefangen. Die Panik ist wieder unter Kontrolle und die schreiende Stimme in seinem Innern ist wieder verstummt.

Seine Maske sitzt wieder perfekt, als er Hadrian nun wieder in die Augen blickt. »Verschweigt mir nie wieder etwas, wenn es um mein Reich und meine Leute geht. Weder mein Cousin, noch mein Hohepriester können einschätzen, was los ist.«

Eigentlich hatte er sagen wollen, dass sie keine Ahnung haben, was er durchmacht und dass er täglich einen Kampf kämpft, den ihm niemand abnehmen kann.

 

Zweifelnd mustert Hadrian sein Gegenüber. »Wie Ihr wollt, Pharao Nesut-anch-Ra. Dann solltet Ihr Euch aber entsprechend verhalten und Euch nicht mehr stundenlang in der Bibliothek einschliessen und Euren Leuten aus dem Weg gehen!« Leichter Tadel schleicht sich in seine Stimme. »Niemand von uns konnte auch nur erahnen, dass sie schon so nahe sind. Schliesslich ist die Hauptstadt stärker überwacht als jeder andere Ort in meinem Reich.«

 

»Anscheinend ist die Überwachung nicht effektiv genug. Ziellose oder gar planlose Überwachung ist nutzlos und frisst nur unnötige Ressourcen«, erwidert Atemu ernst und nichts deutet noch darauf hin, dass er nur Minuten zuvor beinahe eine Panikattacke gehabt hatte.

 

Missbilligend verengt der Kaiser die Augen. »Passt auf, was Ihr sagt. Die Leute von Hauptmann di Modena sind die Besten, die man im ganzen Reich finden kann.« Als Atemu auflacht, runzelt er die Stirn. »Was?«

 

Mit einem humorlosen Grinsen geht Atemu zum Fenster und blickt hinaus. »So kann nur jemand reden, der nie ein anderes Leben als das hier kennengelernt hat. Versteht mich nicht falsch. Ich wünsche niemandem, was ich während fünf Jahren durchmachen musste, aber es hat doch etwas Gutes. Ich habe nun einen deutlich weitergehenden Blick auf die Welt um mich herum.« Mit einem wissenden Blick dreht er sich zu Hadrian um. »Wie viele Personen befinden sich in diesem Raum? Euch mit eingerechnet?« Atemu weiss die Antwort schon, ehe er die Worte hört.

 

»Es befinden sich zwei Personen in diesem Raum. Warum fragt Ihr mich das?« Verwirrt folgt er dem Fingerzeig Atemus und blickt zur Tür, wo mit gesenktem Blick der Sklave steht, der ihnen zuvor die Tür geöffnet hat. »Ich verstehe nicht.«

 

»Wirklich nicht?«, fragt Atemu nun mit sanfter Stimme. »Sie sind die ganze Zeit um Euch rum. Ihr seid nicht einmal allein, wenn Ihr schlaft. Immer ist ein Sklave in der Nähe und auch wenn die freien Menschen es gern vergessen, auch Sklaven sind Menschen und sie hören alles. Sie sind die besten Spione, die es gibt. Denn sie sind die meiste Zeit über unsichtbar. Sie werden vergessen, bis sie gebraucht werden. Doch sie sind die ganze um uns herum. Wie sonst sollten sie sofort zur Stelle sein, wenn ihre Dienste verlangt werden?«

 

»Wir haben … «, murmelt Hadrian und wird tatsächlich blass, als ihm klar wird, was ihm all die Jahre entgangen ist.

»Ja, wir haben. Obwohl ich die Sklaven nie nur als Ding betrachtet habe, ist auch mir erst klar geworden, dass wir … sie nicht als mögliche Informationsquelle gesehen werden, nachdem ich selbst ein Sklave gewesen bin und jetzt sehe, wie gedankenlos wir uns in ihrer Anwesenheit selbst über heikle Themen unterhalten.«

 

Hadrian reibt sich nachdenklich das Kinn. »Ihr mögt Recht haben. Jedoch wird keinem meiner Sklaven je auch nur in die Lage kommen, das was er hier hört jemandem zu erzählen, was er hier hört.«

Leicht hebt Atemu die Augenbraue an. »Vielleicht. Solange niemand auf die Idee kommt, sie zu fragen oder ihnen zu befehlen, zu reden. Ich war vor Yugi im Besitz von fünf Personen. Keiner von ihnen hat in meiner Anwesenheit darauf geachtet, was er sagt oder tut oder was für Papiere auf dem Tisch liegen. Sie sind nicht mal auf die Idee gekommen, dass ich ihre Geheimnisse ausplaudern könnte. Schliesslich war ich ja nur ein Lustsklave und für ihre Lustbefriedigung und ihre kranken Spiele da. Ich war ihr Spielzeug, das man wegwirft, wenn das Interesse nachlässt oder wenn es kaputt ist.« Atemu kann nicht verhindern, dass der Ekel, den er bei der Erinnerung daran spürt, nicht nur in seinen Worten hörbar, sondern auch in seinem Gesicht, seiner Haltung sichtbar ist.

Nun jedoch atmet er tief durch und sieht zu dem Sklaven. »Lass uns allein. Wir rufen dich, wenn wir dich brauchen.«

 

Unsicher blickt der junge Sklave zu Hadrian. Erst als dieser nickt, verlässt er den Raum und schliesst die Tür hinter sich.

»Gut, nun sind wir wirklich allein.« Ernst sieht der Kaiser zu Atemu, der nun ernst den Kopf neigt. »Ja, nun sind wir wirklich allein. Jetzt ruft meinen Cousin. Ich will endlich wissen, was Sache ist.«

 

Missbilligend verengt Hadrian die Augen. »Ihr vergesst, dass Ihr hier im Palast Gast seid und meinen Schutz geniesst«, sagt er, greift aber nach dem Hörer des Telefons auf seinem Schreibtisch. »Sagt Prinz Seto, dass er in mein kleines Büro neben dem Konferenzraum kommen soll«, befiehlt er und legt dann, ohne auf eine Antwort zu warten, auf. »Das wäre mit dem Sklaven jetzt deutlich leichter gewesen. Ich hätte es ihm nur befehlen müssen, den Prinzen zu holen.«

 

Leicht schmunzelnd deutet Atemu zur Tür. »Ihr hättet nur die Tür öffnen und es ihm sagen müssen. Ich bin sicher, dass er vor der Tür nur darauf wartet, dass wir ihn rufen. So verunsichert wie er gewesen ist, als ich ihm befohlen habe, uns allein zu lassen.« Da er ahnt, dass es nun eine Weile dauern wird, bis Seto auftaucht, setzt sich Atemu auf das alte Sofa, das sicher schon seine hundert Jahre auf dem Buckel hat, aber immer noch so aussieht, als wäre es gerade erst hergestellt worden. Um seine innere Unruhe zu verbergen, lehnt er sich zurück und schlägt die Beine übereinander.

Er kann den fragenden Blick Hadrians regelrecht spüren, aber er ignoriert ihn und blickt sich in dem altmodisch, aber geschmackvoll eingerichteten Büro um. Die schweren Möbel aus dunklem Holz sollten den Raum eigentlich düster wirken lassen und auch erdrückend wirken, aber die bodentiefen Fenster, die viel Licht hereinlassen und die hohen Decken und hellen Wände sorgen mit den hellen Polstern und dem in sanften Farben gehaltenem Teppich dafür, dass das Büro freundlich und einladend wirkt. »Wollt Ihr Euch nicht zu mir setzen, während wir auf meinen Cousin warten?«, fordert er den Kaiser schliesslich freundlich auf, doch dieser schüttelt den Kopf. »Ich bevorzuge es, zu stehen, während wir warten.« Mit verschränkten Armen lehnt sich Hadrian rücklings an den Schreibtisch.

Schweigen breitet sich zwischen ihnen aus, das nur durch das leise Ticken der goldenen Uhr durchbrochen wird, die auf dem alten Schreibtisch steht.

In Atemus Ohren ist das regelmässige Tik Tak … Tik Tak unglaublich laut und er empfindet es als störend, nachdem er es jahrelang nicht gehört und er sämtliche Uhren aus seinen momentanen Räumlichkeiten verbannt hat.

Endlich öffnet sich nach einem kurzen Klopfen die Tür und Seto tritt ein. Respektvoll verneigt er sich vor Hadrian. »Kaiser Hadrian. Ihr habt mich rufen lassen?«

Leicht nickt dieser und deutet zum Sofa, wo Atemu regungslos sitzt. Die Arme verschränkt und die Beine immer noch überschlagen, wartet er geduldig ab, was nun als nächstes folgt.

»Prinz Seto, setzt Euch, bitte. Der Pharao hat uns etwas zu sagen, was nicht einmal die Sklaven hören sollen.«

Die Augenbrauen hochziehend sieht Seto zum Sofa. »Verstehe.« Mit eleganten Bewegungen, die von jahrelanger, strenger Erziehung geschult worden sind, schreitet er zur Sofaecke und lässt sich auf den Sessel sinken, der von Atemu aus gesehen auf der rechten Seite steht, während Hadrian den Sessel auf der linken Seite wählt. »Also, wir sind unter uns. Was habt Ihr uns zu sagen?« Abwartend lehnt er sich zurück, fixiert sein Gegenüber jedoch mit eiskaltem Blick, der allerdings mit beunruhigender Ruhe erwidert wird.

»Kaiser Hadrian. Ich habe Euch für den Moment gar nichts zu sagen, sondern erwarte Antworten! Wie ist die wirkliche Lage zwischen unseren Reichen und warum bin ich nicht sofort darüber informiert worden, dass uns auch hier Gefahr droht? Was gedenkt Ihr zu tun, um Hohepriester Shimon zu retten?«

Nun räuspert sich Seto vernehmlich. »Die zweite Frage erscheint mir für die Antwort der ersten Frage essentiell, weshalb ich sie gern als erstes beantworten möchte.« Abwartend sieht er die beiden Männer an, bis ihm der Kaiser mit einer Handbewegung das Wort erteilt.

»Danke.« Er neigt leicht den Kopf, ehe er direkt zu Atemu blickt. »Mein Pharao, Ihr seid nicht darüber informiert worden, weil Ihr Euch einerseits von uns zurückgezogen habt, aber auch, weil wir der Meinung waren, dass Ihr Zeit braucht, um euch wiederzufinden. Nicht nur dem Hohepriester ist aufgefallen, dass Ihr mit Eurem Schicksal hadert, sondern auch mir. Ihr leidet unter der Trennung von den Mutos. Euer seelischer Zustand ist gelinde gesagt fragil, dabei sind wir darauf angewiesen, dass Ihr in Topform seid. Darum haben wir geschwiegen.« Mit einem überraschend sanften Blick sieht Seto Atemu an. »Es tut ihm leid, dass er Eure Gefühle so abgetan hat. Es ist für keinen von uns leicht. Ich verrate meinen eigenen Vater. Der Hohepriester verrät den Mann, den er ausgebildet und mit grossgezogen hat. Also bitte verzeiht ihm, dass er nicht angemessen auf Eure Worte reagiert hat.«

 

Erstaunt kann Atemu nur nicken. Unwillkürlich greift er sich in an den Oberarm. An die Stelle, die sich seit einiger Zeit nackt und leer anfühlt. Er kann den Blick seines Cousins nicht mehr erwidern und so unterbricht er ihren Blickkontakt, indem er den Kopf senkt. Erst jetzt wird ihm bewusst, wie sehr ihn Shimons Reaktion verletzt und ja … auch verunsichert hat.

 

Seto beobachtet Atemu genau. Er zögert, aber dann wirft er sämtliche Regeln über den Haufen und setzt sich zu ihm auf’s Sofa. Kurz entschlossen legt er ihm leicht die Hand auf die Schulter, nur um sie gleich wieder zurückzuziehen, als er spürt, wie sein Cousin zusammenzuckt. »Hört mir zu. Ihr seid nicht allein. Ihr müsst diesen Kampf nicht allein ausfechten.«

Leise schnaubt Atemu, als er das hört. »Diesen Kampf, kann ich nur allein ausfechten. Die Einzigen, die mir helfen könnten, sind nicht hier«, zischt er scharf, nur um sich gleich darauf zu straffen. »Das ist jetzt aber unwichtig. Kaiser Hadrian, wie ist die politische Lage?« Antworten fordernd sieht er Hadrian an, der sich die Nasenwurzel reibt. »Die politische Lage … ist so angespannt, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die ersten Bomben fallen.«

Ernst dreinblickend verschränkt er die Arme vor der Brust. »Laut meinem Geheimdienst verfügt das ägyptische Grossreich inzwischen auch über eine grössere Anzahl an Biowaffen, deren Wirkung er an Gefangenen und Sklaven erfolgreich getestet hat. Das ist auch der Grund, weshalb ich meine Leute die Füsse stillhalten lasse und bevor Ihr fragt, ich werde ganz sicher nichts unternehmen, um den Hohepriester retten zu lassen.«

Erstarrt sitzt Atemu da und verengt die Augen. »Verstehe. Dann werde ich mit Seto zusammen einen Plan ausarbeiten, in den Ihr nicht involviert seid.«

Ruckartig steht er auf und blickt zu Seto. »Kommt mit. Ich möchte mich mit Euch allein unterhalten«, fordert er resolut, ehe er sich leicht vor dem Kaiser verneigt. »Verzeiht, dass ich Eure Zeit in Anspruch genommen habe.« Seine Miene verrät nichts davon, was er denkt, als er sich wieder aufrichtet.

Hadrian erhebt sich nun ebenfalls. Den Bruch der Etikette, dass er sich zuerst zu erheben hat, ignoriert er grosszügig. »Vereinbart in Zukunft einen Termin. Dann müsst Ihr in Zukunft keine Sitzung mehr unterbrechen.« Leichter Tadel und Unmut ist deutlich aus seiner Stimme und seinem Blick herauszuhören. »Nun geht. Ich habe noch viel zu erledigen.« Mit der Hand deutet er Seto und Atemu an, dass sie gehen sollen.

Erst jetzt steht auch Seto auf und verneigt sich tief vor dem Kaiser. »Vielen Dank, für Eure offenen Worte und Eure Zeit.«

Geduldig wartet er darauf, dass ihm Hadrian bedeutet, dass er sich abwenden kann, was dieser dann auch mit einer Handbewegung tut.

Irgendwie fühlt sich Seto erleichtert, als er sich umwendet und zu seinem Cousin geht, der schon an der geöffneten Tür auf ihn wartet.

Schweigend verlassen sie das Büro und treten in den Konferenzsaal, wo die Beamten und Minister sie mit missbilligenden Blicken mustern. »Ihr habt für viel Aufsehen gesorgt.« Stellt Seto flüsternd fest, als sie an den ausschliesslich älteren Männern vorbeigehen.

»Ich weiss, aber es ist mir egal.« Mit hoch erhobenem Haupt schreitet Atemu stolz und hoheitsvoll voran. Nichts an seiner Haltung lässt auch nur einen Zweifel daran, dass er ein Herrscher ist.

Gemeinsam gehen sie weiter durch die Hallen des Palastes, als plötzlich Kimi auf sie zu gerannt kommt. »Mein Pharao. Ich habe Neuigkeiten«, stösst er hervor, während er sich gleichzeitig vor ihnen auf den Boden wirft.

Sofort tritt Atemu zu ihm und zieht ihn auf die Beine. »Ich habe dir doch gesagt, dass du dich vor mir nicht auf den Boden werfen sollst«, tadelt er den Jungen sanft. »Komm mit und erzähle uns im Park, was du erfahren hast. Wenn Annas Tagesablauf richtig einschätze, sollte sie jetzt dort sein und die Kleider der Angestellten und Sklaven reparieren oder verschönern.«

»Woher wisst Ihr das?«, fragt Seto erstaunt, hat er das doch selbst erst vor ein paar Tagen auf der Suche nach ihr per Zufall herausgefunden.

Leicht lächelnd geht Atemu weiter durch die hohen Gänge. »Ich rede mit den Sklaven. Von den meisten werden sie ignoriert. Es sei denn ihre Aufgaben bringen sie in den Fokus der freien Menschen.«

Die Stirn runzelnd geht Seto neben ihm her. »Warum sollten wir uns dazu herablassen und mit den Sklaven reden? Sie haben ihre Arbeit zu erledigen, die unter anderem beinhaltet, uns zu dienen.« Aufmerksam sieht er sich um, als sie aus dem kühlen Palast treten und in den grellen Sonnenschein treten. Durch die Helligkeit geblendet, hebt er schützend die Hand vor die Augen. »Unglaublich, wie schnell die Tage jetzt schon wärmer werden. Lange dauert es nicht mehr und wir haben die gleichen Temperaturen, wie Zuhause.«

 

Atemu sagt auch diesmal nichts. Mit dem Wort Zuhause verbindet er etwas anderes als sein Cousin. Er fragt sich, ob schon die Kirschblüten blühen und ob Nino Rocky und Blacky gut durch den Fellwechsel hilft, indem er sie fleissig striegelt.

Mit bemüht ruhigen Schritten geht er auf dem leise knirschenden Kiesweg an den blühenden Blumenbeeten vorbei. Doch die in allen Farben blühenden Blumen können ihn auch diesmal nicht fesseln. Zu sehr ist er von seinen wild kreisenden Gedanken gefangen.

Sie müssen ziemlich weit gehen, die Blumenbeete weichen schon Schatten spendenden Pinien und Olivenbäumen, als sie Anna mit ihrem Kind unter einem Baum sitzen sehen.

Sie hat sie noch nicht bemerkt. Ist sich doch voll und ganz auf ihre Stickerei konzentriert. Nebenbei achtet sie auch auf Toshi, die sich schon im Krabbeln übt.

Erst als die Kleine vergnügt anfängt zu quietschen und ihre Ärmchen in Setos Richtung ausstreckt, hebt sie den Blick und will schon aufspringen, als Seto die Hand hebt. »Bleib sitzen. Wir setzen uns zu dir in den Schatten.« Seine Stimme ist kühl, aber er kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er die vergnügt quietschende Toshi hochhebt und sich mit ihr auf dem Schoss neben Anna hinsetzt.

 

Atemu deutet Kimi an, dass auch er sich hinsetzen soll, während er sich neben Seto ins Gras sinken lässt und sich nur mit Mühe ein Schmunzeln verkneift, als er sieht, dass sich sein Cousin Toshi gegenüber beinahe wie ein sorgender Vater verhält. Allerdings wird er schlagartig wieder ernst, als er sich nun strafft und zu dem jungen Sklaven blickt, der vor ihnen im Gras kniet. »Erzähle uns, was du herausgefunden hast.«

 

Unsicher schluckt Kimi leer. So viel Aufmerksamkeit verunsichert ihn. Bedeutet es doch in der Regel nichts Gutes, wenn er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Das leichte Lächeln Annas, die ihre Stickarbeit, hingelegt hat, beruhigt ihn wieder. Was ihm nun hilft, fest zu den beiden Männern zu sehen. »Ich habe vom Kammerjungen der Prinzessin erfahren, dass er gesehen hat, wie ein vermummter Mann vor ein paar Tagen einen der Stallburschen angesprochen hat. Er hat gehört, wie er ihm Fragen gestellt hat und dass der Stallbursche bestätigt hat, dass vor zwei Wochen die Prinzessin mit Fremden aus dem japanischen Grossreich zurückgekehrt ist», erzählt er hektisch und atmet tief durch. »Daraufhin habe ich mit dem Stallburschen geredet und er hat es mir bestätigt. Er meinte, dass der Mann ihm noch weitere Fragen gestellt hat, die er aber nicht beantworten konnte, dann ist der Mann wieder gegangen.«

Seto schnaubt. »Gut, und was bringt uns das jetzt? Da hat sich einer offensichtlich nach Fremden erkundigt.«

Ein missbilligender Blick trifft ihn. »Seto, lasst ihn zu ende erzählen!« Auffordernd sieht er zu Kimi. »Erzähle weiter.«

Dieser nickt und holt tief Luft. »Der Stallbursche sagte mir, dass der Mann einen seltsamen Akzent hatte. Er wusste aber nicht, was das für ein Akzent ist. Später hat er dann aber in der Stadt noch mehr von den Männern gesehen, die Fragen nach Fremden stellten. Das hat er dann in der Küche herumerzählt und da ist der Sklave vom Hohepriester aufgesprungen und weggerannt. Darum habe ich dann Nemo gefragt, so heisst der Sklave, der dem Hohepriester dient. Er hat mir erzählt, dass er ihm das erzählt hat und dann sei der Hohepriester sofort weggegangen und erst am nächsten Morgen wiedergekommen.«

 

»Er hat mir nichts davon erzählt«, murmelt Seto nachdenklich. »Was hat dieser Nemo noch erzählt?«

 

Kurz blickt Kimi zu Atemu, bis dieser nickt. »Der Hohepriester hat nichts gesagt, aber heute musste er ihn in die Stadt begleiten. Sie sind lange einfach herumgelaufen und da sind die Männer aufgetaucht. Sie haben in einer Sprache auf den Hohepriester eingeredet, die Nemo nicht verstanden hat. Der Hohepriester hat ihnen gesagt, dass er allein ist und er nicht wisse, wo seine Begleiter abgeblieben sind und dass er allein im Palast lebt. Daraufhin haben sie ihn gepackt und davongezerrt.«

 

»Moment«, mischt sich Seto wieder ein. »Wenn er die Männer nicht verstanden hat, wieso weiss er, was Shimon gesagt hat?«

 

Kimi grinst breit. »Das habe ich ihn auch gefragt. Er hat gesagt, dass der Hohepriester in unserer Sprache geantwortet hat. So als wollte er, dass er ihn versteht. Er hat nämlich noch gerufen, dass sie ihn ruhig zurück nach Theben bringen können.«

 

Nachdenklich blickt Atemu vor sich hin. »Er hat sich absichtlich erwischen lassen. Er hat sich für uns geopfert«, murmelt er geschockt vor sich hin. »Warum? Warum hat er nichts gesagt?«

»Vielleicht aus demselben Grund, warum wir hier sitzen, wo uns sicher niemand belauschen kann«, stellt Seto trocken fest. »Gebt es doch zu. Ihr vermutet eine undichte Stelle im Palast. Ausserdem habt Ihr Hadrian viel zu schnell nachgegeben, als dieser gesagt hat, dass er nichts zu Shimons Rettung unternehmen wird.«

 

Ertappt kratzt sich Atemu schief grinsend am Hinterkopf. »Erwischt. Ich habe mich in den letzten beiden Wochen intensiv mit allem beschäftigt, was ich in die Finger kriegen konnte. Die militärische Situation ist hier mehr als mies. Das Militär ist nicht nur schlecht ausgestattet, es sind auch viel zu wenige Männer in der Armee verpflichtet. Sogar das japanische Grossreich, hat als kleinstes aller Reiche mehr Soldaten, als Hadrian und das römische Grossreich ist nicht nur flächenmässig, sondern auch von der Bevölkerungszahl her das Grösste aller Reiche. Das sagt doch schon alles aus.« Ernst sieht er Seto nun an. »Die Information, dass der amtierende Pharao über biologische Waffen verfügt, ist mir aber neu. Was wisst Ihr darüber?«

 

Nun ist es an Seto tief durchzuatmen. »Nicht viel. Mein Vater bezieht mich kaum in seine Regierungsgeschäfte ein, obwohl ich laut geltendem Recht nach seiner Thronbesteigung der Kronprinz bin. Allerdings hat er die Senfgasraketen verfeinert und wohl am Milzbranderreger forschen lassen.« Mit gesenktem Kopf sieht er Toshi an, die zufrieden an ihrer Faust nuckelt. »Er hat mir mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass er die Gesetze ändern und Kisara heiraten wird, sobald sie die Grossjährigkeit erreicht hat. Der erste Sohn aus dieser Verbindung soll ihm dann auf den Thron folgen. Dabei hasst sie ihn. Sie hat ihm mal an den Kopf geworfen, dass sie lieber einen Sklaven heiraten würde als ihn. Daraufhin hat er nur gelacht und ihr eine Ohrfeige verpasst. Da habe ich mich eingemischt und sie zurück in ihre Gemächer gebracht. Ich habe ihr versprochen, dass ich einen Weg finden werde, sie vor der Heirat zu bewahren.« Fest sieht er Atemu nun an. »Wenn ich könnte, würde ich sie selbst heiraten. Unser Verwandtschaftsgrad ist klein genug, dass unsere Kinder keine genetischen Probleme bekommen sollten. Schliesslich sind wir nur über die Linie unserer Mütter entfernt miteinander verwandt.«

 

»Ihr liebt sie. Das kann ich in euren Augen sehen«, stellt Atemu mit einem leichten Lächeln fest. »Seto, wenn wir das alles schaffen und sie Euch auch liebt, stehe ich Eurer Heirat nicht im Weg. Es wird Zeit, dass wir andere Wege gehen und nicht mehr nur der Politik wegen heiraten. Wir sind auch Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen. Es ist nicht richtig, dass wir und unsere Kinder weiter so leben müssen, wie unsere Väter und Vorväter.«

Er blickt zu Kimi und Anna. »Weiter Menschen zu versklaven ist auch nicht richtig. Sie werden aller Rechte beraubt und schlechter behandelt als Tiere oder Möbelstücke. Sie sind bestenfalls Gebrauchsgegenstände und das darf so nicht weitergehen. Ich wollte es schon damals ändern. In kleinen Schritten, damit sich die Menschen daran gewöhnen können. Ich wollte auch die Rechte des einfachen Volkes stärken. Aber das alles ist nun zweitrangig. Wir müssen nicht nur irgendwie Shimon retten, sondern auch unser Reich von Eurem Vater befreien. Darum sitzen wir hier. Hier sind jetzt die einzigen Personen, denen wir vertrauen können.«

Fest sieht von einem zum anderen. »Wir haben viel zu tun. Als erstes müssen wir dafür sorgen, dass Kimi auch in Euren Besitz übergeht. Das ist der erste Schritt.«

Als Seto erstaunt zu dem jungen Sklaven blickt, grinst Atemu breit. »Die nächsten Schritte besprechen wir jetzt, damit jeder von uns weiss, was zu tun ist. Selbst wenn wir uns aus den Augen verlieren sollten. Mir ist da heute nämlich eine Idee gekommen, wie wir in den Palast gelangen könnten und dafür, muss jeder von uns ein sehr guter Schauspieler werden.«

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen, auch wenn Shimon nun ein unbekanntes Schicksal droht.

 

Wir lesen uns nächste Woche wieder.

 

Eure mrs_ianto

Scarlett, die Herausforderung

Hallo zusammen

 

Bevor ich euch auf das neue Kapitel loslasse, will ich etwas loswerden. Band 7 von der Wüstensklave, zu dem diese Kapitel der Fanfiction Version gehören, ist veröffentlicht. Besser gesagt, er wird in den nächsten Tagen/Wochen bei den Händlern als E-Book und Taschenbuch erhältlich sein. Es ist der letzte Band der Geschichte!

 

Der Titel lautet:

 

Nesut-anch-Ra!

 

So, nun habe ich euch aber lange genug aufgehalten und wünsche euch viel Spass beim lesen.

 

 
 

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Scarlett, die Herausforderung

 

Reglos liegt Atemu im Bett und beobachtet den Sonnenaufgang, der sein Zimmer langsam in ein warmes Licht taucht. Seit sich seine innere Uhr auf die Ortszeit eingestellt hat, wacht er immer pünktlich mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Um den Schmerz der Sehnsucht in seinem Inneren wenigstens etwas zu lindern, drückt er sein zweites Kopfkissen an sich, bis sich der kleine Phönixanhänger spürbar in seine Haut drückt. »Sharik. Wärst du nur hier bei mir«, murmelt er erstickt. Warum nur, lässt dieser bohrende Schmerz in seiner Brust nicht endlich wenigstens ein wenig nach?

Auf einmal hält er es im Bett nicht mehr aus und schlägt die Decke zurück. Sich aufsetzend legt er das Kissen zur Seite, ehe er die Beine über die Bettkante schwingt. Noch immer ist der Boden unter seinen nackten Füssen für seinen Geschmack viel zu warm. Mit einem bedrückten Lächeln umfasst er den kleinen Phönix und hebt ihn an seine Lippen. »Wann habe ich kalte Fussböden bloss schätzen gelernt?«, raunt er mit den Lippen an dem Bernstein, der eine für ihn beruhigende Wärme ausstrahlt.

Als es an der Tür klopft, strafft er sich und steht auf. »Herein?«, ruft er laut genug, dass er gehört werden muss und tatsächlich öffnet sich die Tür und Seto tritt ein. Leicht verneigt er sich vor ihm. »Mein Pharao, ich wünsche Euch einen guten Morgen.«

Missbilligend schüttelt Atemu daraufhin den Kopf. »Guten Morgen, Seto. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich einen Namen habe, du dich vor mir nicht verneigen und mich duzen sollst?« Trotz des Tadels ist seine Stimme nicht kalt.

»Verzeih. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass ich Euch … dich so respektlos ansprechen soll. Dann soll ich noch den Sklavennamen benutzen, den Ihr … du in deinen Papieren stehen hast.«

Leise seufzt Atemu auf. »Es ist nicht respektlos, wenn du mich bei meinem Namen nennst. Es sogar äusserst wichtig, wenn unser Plan funktionieren soll. Zu schnell passieren sonst Schnitzer, die alles zunichte machen können.« Mit einem letzten Blick auf den immer heller werdenden Morgen, wendet er sich zu seinen Kleidern um und zieht sich das Schlafshirt aus. »Was machst du überhaupt schon so früh hier? Um diese Zeit bist du doch sonst noch nicht ansprechbar.« Will er neugierig wissen, während er sich die einfachen Sachen anzieht, die er sich am Abend zurechtgelegt hat.

 

»Du hast doch gesagt, dass wir uns bei Sonnenaufgang treffen sollen, da du mit mir in den Stall willst. Warum auch immer.« Verwirrt runzelt Seto die Stirn, während er seinen Cousin beobachtet, wie sich dieser Baumwollkleidung anzieht, die seines Standes absolut unwürdig ist.

 

»Ja, das habe ich gesagt, aber ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dich schon so früh zu sehen. Für den Stall solltest du dir jedoch schlichtere und robustere Sachen anziehen, die auch schmutzig werden dürfen.« Mit hochgezogener Augenbraue deutet er vielsagend auf die zwar schlichten, aber dennoch viel zu edlen Kleider, die Seto trägt. »Ich werde dir heute zeigen, wie du selbstständig die Pferde versorgst und das bedeutet auch, eine der Boxen auszumisten und das Pferd selbstständig zu putzen und zu satteln.«

Als er nun mit weit aufgerissenen Augen und ebenso weit offen stehendem Mund geschockt angesehen wird, kann sich Atemu nur mit Mühe ein Lachen verkneifen. »Das gehört auch dazu. Auch wenn wir mit zwei Sklaven reisen, musst du wissen, wie man ein Pferd richtig versorgt und sattelt. Schliesslich weiss im einfachen Volk wirklich jeder, wie das gemacht wird.«

In seinen Augen steht immer noch das unterdrückte Lachen, als er zu Seto tritt. »Hast du nichts aus stabiler Baumwolle oder Wolle?«

 

Abwehrend verschränkt Seto die Arme. »Doch. Anna und Kimi haben mir solche Säcke gebracht, die sie Kleidung nennen. Ich werde die sicher nicht anziehen, solange es für unseren Plan nicht erforderlich ist! Das ist meinem Stand nicht angemessen, Cousin!« Seine ganze Haltung unterstreicht seine Worte.

Wieder seufzt Atemu auf. »Immerhin hast du mich nicht wieder Pharao genannt und du hast mich in den letzten Minuten tatsächlich geduzt. Das ist schon mal ein Fortschritt. Nur solltest du wirklich die Sachen tragen, damit sich deine Haut an die gröberen Stoffe gewöhnt und du nicht immer das Bedürfnis hast, dich zu kratzen.«

Lautes Schnauben antwortet ihm. »Warum diese groben Stoffe? Ich habe doch bei dem Stoffhändler gesehen, dass dem Volk auch weiche und vor allem hochwertige Stoffe zur Verfügung stehen.« Schon beinahe trotzig verschränkt er die Arme vor der Brust und weigert sich, sich auch nur einen Millimeter von der Stelle zu bewegen.

»Seto.« Dezent genervt reibt sich Atemu den Nasenrücken. »Die Stoffe, die du meinst, können sich nur die wohlhabenderen Leute leisten oder es werden aus ihnen Kleider für besondere Anlässe geschneidert und sicher nicht für den Alltag und das, was wir vorhaben. Nicht mal Yugi hat sich aus den Stoffen, die dir vorschweben, von Aja etwas schneidern lassen. Er besitzt nur einen Anzug aus edlerem Stoff und den trägt er nur bei besonderen Anlässen und das reicht vollkommen aus.« Ernst sieht er Seto an, merkt aber schnell, dass dieser wie schon in ihrer Kindheit auf stur geschaltet hat. »Na, gut. Mach doch was du willst«, murrt er und öffnet die Tür. »Gehen wir in den Stall, bevor sie alle Boxen ausgemistet haben.« Wieder muss er sich ein Lachen verkneifen, als er die überhaupt nicht begeisterte Miene Setos sieht. Bewusst geht voran, als sie durch ihre Räumlichkeiten gehen und schliesslich in den schmucklosen Dienstbotengang treten. Anders, als die marmornen Gänge und prunkvollen Räume, die sie sonst nutzen, ist dieser Bereich des Palastes grau und nur ein paar Kritzeleien auf Kinderhöhe schmücken die Wände, an denen sie auf dem Weg zu den Ställen vorbeigehen. »Ja, das ist die Welt der Sklaven und Dienstboten. Das hier ist noch luxuriös. Du willst nicht wissen, wie die einfachen Dienstboten leben und die Sklaven haben es noch schlechter.« Atemu spricht mit leiser Stimme, als er den Blick seines Cousins bemerkt, der die Wände und zum Teil offenen Räume mustert. »Wie meinst du das?«, fragt Seto ebenso leise und bleibt schlagartig stehen. »Was ist das?«, ruft er geschockt aus, als er einen mit Strohsäcken ausgelegten Raum sieht, der bis auf einen Deckenstapel und ein paar Holztruhen ansonsten vollkommen leer ist.

»Das ist die Sklavenunterkunft. Ich habe im Palast vier solcher Räume gefunden, in denen bis zu dreissig Sklaven schlafen und leben, wenn sie nicht gerade irgendwo arbeiten.«

»Darum hast du nichts gesagt, als ich Anna befohlen habe, mit ihrem Kind in unserer Nähe zu bleiben.«

Ernst nickt Atemu. »Ja, aber ich bin erstaunt, dass du nicht wusstest, wie die Sklavenunterkünfte aussehen. Die hier sind noch luxuriös. Ich bin schlimmeres gewohnt und ehrlich gesagt war ich immer froh, wenn ich in so einem Massenlager schlafen durfte. Einzelzimmer bedeuten nämlich nur, dass du auch in deinem Zimmer nicht sicher bist.« Bei den Erinnerungen, die sich in sein Bewusstsein drängen, wird seine Miene düster. »Gehen wir weiter. Schliesslich hast du heute viel zu lernen.« Ruckartig dreht er sich um und geht so schnell weiter, dass es eher einer Flucht gleicht.

Obwohl Seto deutlich grösser als sein Cousin ist, hat er Mühe mit ihm mitzuhalten. »Warum hast du es plötzlich so eilig?« Will er atemlos wissen, als sie unter den erstaunten Blicken der anwesenden Bediensteten und Sklaven hinaus auf den Hof treten, der so schlicht gehalten ist, dass der einfache Hinterhof bei den Mutos dagegen luxuriös gewirkt hätte.

Nun muss Seto eine Vollbremsung einlegen, um nicht in Atemu reinzulaufen, der schlagartig stehen geblieben ist und tief durchatmet. »Hier ist es viel schöner als in den überladenen Räumen des Palastes«, murmelt er und zieht noch einmal tief die Luft ein, die schon hier leicht nach den Ställen duftet, die sich noch ausserhalb ihres Sichtfeldes befinden. »Komm. Gehen wir weiter«, fordert er Seto auf und läuft weiter. Einmal quer über den Hof und dann wenden sie sich nach rechts, treten durch ein Tor und schon befinden sie sich schlagartig wieder in einer anderen Welt. Wiehern, Schnauben und das Geräusch von Hufeisen auf Betonboden schlägt ihnen entgegen, was Atemu unwillkürlich lächeln lässt.

»Hier bin ich beinahe frei«, seufzt er und schliesst für einen Moment die Augen. Blendet alles aus, was nicht reinpasst und stellt sich vor, er wäre Zuhause und auf dem Weg zu Rocky und Blacky. So verharrt er einige Sekunden, ehe er sich strafft und die Augen wieder öffnet.

Unter den aufmerksamen Blicken der Stallburschen geht er, gefolgt von dem widerwilligen Seto, ins Stallgebäude, wo schon eine rege Betriebsamkeit herrscht.

Suchend sieht sich Atemu um, bis er einen älteren Mann entdeckt und auf ihn zu geht. »Guten Morgen, Covall. Da sind wir.« Er reicht dem Grauhaarigen die Hand, der den Händedruck fest erwidert. »Atemu. Ich dachte schon, dass Ihr nicht mehr kommt und wollte die drei Boxen gerade einem meiner Jungs zum Ausmisten geben.« Ein breites Grinsen entblöst einen beinahe zahnlosen Mund. »Euer Freund ist aber ziemlich fein gekleidet. Nur schon die Schuhe wird er sich ruinieren, wenn er mit ihnen die Boxen betritt.« Vielsagend blickt er auf die hellen Wildlederschuhe, die Seto trägt.

»Ich habe es ihm gesagt, dass er einfache Kleidung und Schuhe anziehen soll, aber er wollte nicht hören.« Breit grinsend zuckt Atemu die Schultern. »Nun zeig uns bitte die Boxen, die wir ausmisten sollen. Sonst sind wir morgen früh noch nicht mit ihnen fertig.«

 

Die Augen verengend, folgt Seto den beiden weiter in den Stall hinein. Auch wenn er es immer noch für einen schlechten Streich hält, den ihm Atemu und der Alte spielen wollen, sieht er doch, wie locker und gelöst sein Cousin ist, seit sie den Stall betreten haben. »Es ist, als würdest du hier in diese Welt gehören«, murmelt er vor sich hin, als sie vor einer Box stehen bleiben und Atemu auflacht, als der alte Gaul ihm durch die Haare wuschelt.

 

»Mare. Lass das!« Mit vergnügt blitzenden Augen schiebt Atemu den Kopf des grauen Wallachs zur Seite. »Sind es die Boxen der drei Senioren?« Fragend sieht er Covall an, der bestätigend nickt. »Genau. Sie sind routiniert genug, dass auch ein blutiger Anfänger sie nicht aus der Ruhe bringt und ihr habt den ganzen Tag Zeit, die Boxen auszumisten, sie zu füttern und zu putzen. Wenn sie wollen, könnt ihr die Herrschaften auch in der Halle bewegen.«

 

Unwillkürlich erstrahlt Atemus Gesicht. »Das hört sich gut an. Danke, Covall. Ich bin dir was schuldig.«

»Ach was. Ihr habt meinem Sohn geholfen. Dank Euch kann er sich wieder schmerzfrei bewegen. Das ist also das Mindeste, was ich für Euch tun kann. Auch wenn ich nicht weiss, warum Ihr das hier tun wollt.« Neugierig sieht er die beiden jungen Männer an. Als aber beide nichts sagen, zuckt er mit den Schultern und wendet sich um. »Wenn was ist, Ihr wisst, wo Ihr mich findet.« Mit diesen Worten geht er davon und kurz darauf hören sie, wie er laut jemanden zurechtweist.

 

»Besser hätte es nicht laufen können.« Immer noch grinsend blickt Atemu zu Seto. »Du bist so still? Was ist los?« Auf einmal besorgt, mustert er seinen Cousin, der den Blick mit unergründlicher Miene erwidert.

»Du hast das wirklich ernst gemeint, dass wir diese niedere Arbeit verrichten sollen?« Stellt Seto die Frage, die ihn beschäftigt, seit sie den Stall betreten haben. Die Nase rümpfend sieht er sich in dem penibel sauber geputzten Stall um.

 

Nun doch langsam genervt, seufzt Atemu zum wohl hundertsten Mal auf. »Ja, ich habe es ernst gemeint. Nun sieh und hör mir zu. Boxen richtig auszumisten ist nicht so leicht, wie du denkst.« Mit diesen Worten holt er die Schubkarre aus der Ecke und stellt sie so hin, dass er die Boxentür gerade noch so öffnen kann. Die Mistgabel, die bis jetzt in der Schubkarre gelegen hat, in die Hand nehmend, sieht er sich noch einmal um, ehe er die Tür zu Mares Box öffnet und ihn sanft, aber bestimmt zur Seite schiebt.

Routiniert befördert er die ersten Pferdeäpfel in die Mistkarre. »Wenn du falsch ausmistest, verschwendest du gutes Stroh. Das Ziel ist es, nur das nasse Stroh und die Pferdeäpfel herauszuholen. Die Box soll sauber sein, aber auch nicht zu sauber. Schliesslich soll das Pferd noch wissen, dass das sein Zuhause ist.« Während er redet, mistet Atemu routiniert weiter. Wie nebenbei, schiebt er dabei Mare zur Seite, wenn er im Weg steht. Schliesslich ist er fertig und sieht sich zufrieden die Box an. »Nun bringen wir den Mist zum Misthaufen. Normalerweise würde ich jetzt gleich die nächste Box misten, aber da du es ja lernen sollst, machen wir uns heute etwas mehr Arbeit als nötig.« Kurzerhand stellt Atemu die Mistgabel an die Wand und schiebt die gerade mal halb volle Schubkarre zum nahen Misthaufen, wo er sie in einer fliessenden Bewegung nach vorn kippt.

 

Schweigend beobachtet Seto alles und ist gelinde gesagt geschockt, mit welcher Selbstverständlichkeit sein Pharao diese niedere Arbeit verrichtet. Er folgt ihm zum Misthaufen, nur um gleich darauf loszufluchen, als er mitten in einen Pferdehaufen steht. Angewidert zieht er den Fuss zurück. «Zum Seth! Das ist doch absolut unter unserer Würde! Das ist Sklavenarbeit und der Stall ist sicher nicht der richtige Ort für uns!« Mit blitzenden Augen fixiert er Atemu, der den Blick gelassen erwidert. »Wenn du meinst. Jedoch würde nie jemand auf die Idee kommen, uns im Pferdestall zu suchen oder einen einfachen Händler zu verdächtigen, dass er eigentlich aus der Oberschicht stammt. Also stell dich nicht so an und miste Scarletts Box aus. Sie ist die Fuchsstute rechts von Mare.«

 

Seto will etwas erwidern, als ihm auch schon die leere Schubkarre in die Hand gedrückt wird. Er schluckt mit Mühe die scharfe Erwiderung hinunter, die ihm so schwer auf der Zunge liegt, dass es ihn erstaunt, dass er nicht an ihr erstickt.

Murrend schiebt er die überraschend schwere Schubkarre hinter Atemu her zurück zu den Boxen der drei Senioren.

Unter den aufmerksamen Blicken seines Cousins öffnet er Scarletts Box. »Geh zur Seite!«, befiehlt er der alten Stute, die sich jedoch keinen Millimeter von der offenen Tür wegbewegt. Als er sie mit der Mistgabel zur Seite scheuchen will, legt sie nur die Ohren an und sieht ihn offensichtlich genervt an.

 

Mit verschränkten Armen beobachtet Atemu, wie Seto sich erfolglos abmüht. »Scarlett ist noch die Einfachste von den Dreien. Wie willst du es denn schaffen, Herakles zu bewegen, wenn du nicht mal sie dazu bewegen kannst, zur Seite zu treten?«

Ruckartig dreht sich Seto zu ihm um. »Dann mach du es doch besser! Die Mähre ist sturer als ein Esel!«

 

Grinsend tritt Atemu neben ihn und hebt die Hand. Sofort tritt Scarlett schnaubend zur Seite. »Siehst du? So einfach ist es. Du musst ihr nur klar machen, dass du der Boss bist.« Vielsagend zieht er die linke Augenbraue hoch. »Man merkt, dass du dich nie für Pferde interessiert hast und das Reiten nur gelernt hast, weil du es musstest.«

 

»Halt die Klappe«, murrt Seto und beginnt mit viel zu heftigen Bewegungen die Mistgabel ungeschickt zu schwingen. Woraufhin sich die Pferdeäpfel in der halben Box verteilen, statt auf der Mistgabel zu landen. Sich vor Atemu nicht die Blösse geben wollend, unterdrückt Seto den Fluch, der ihm auf der Zunge liegt und sammelt nun deutlich langsamer die verstreuten Pferdeäpfel ein.

 

Kopfschüttelnd, geht Atemu zur dritten Box. »Du wirst wohl noch eine Weile in deiner schmutzigen Box stehen müssen«, flüstert er dem schon ergrauten Friesen zu, während er von hier aus zusieht, wie sich Seto leise fluchend und zeternd abmüht, das alte Stroh und die Pferdeäpfel irgendwie in die Schubkarre zu verfrachten.

 

Setos Hände schmerzen und er will gar nicht nachsehen, ob er schon die ersten Blasen hat. Seine Schultern brennen und sein Kreuz fühlt sich an, als würde sich ein Dolch zwischen die Wirbel bohren. Wie von Covall prophezeit, sind seine Schuhe jetzt schon ruiniert.

Nach einer ewig dauernden Stunde stützt er sich verschwitzt auf der Mistgabel ab. Sein Hemd klebt ihm unangenehm am Rücken und die Hose scheuert an viel zu empfindlichen Stellen.

»Hier, trink!« Wird er von Atemu aufgefordert, der ihm einen Becher Wasser hinhält. »Für’s erste Mal ist es gar nicht mal schlecht.« Mit aufmerksamem Blick sieht er sich in der beinahe leeren Box um. »Die Box ist sauber. Wir müssen nachher nur noch frisches Stroh verteilen.«

 

Durstig trinkt Seto. »Toll, dass ich die Aufgabe zu deiner Zufriedenheit erfüllt habe«, grollt er und drückt Atemu den leeren Becher in die Hand, bevor er die überfüllte Schubkarre aus dem Stall schiebt. Kaum ist er draussen, ertönt ein lautes Fluchen, das Atemu auflachen lässt. »Was meinst du, Scarlett? Ist ihm die Schubkarre umgekippt?«, fragt er die alte Fuchsstute, die an seinem Ärmel kaut, was er nun sanft unterbindet. »Ich bin kein Leckstein.«

Mit dem Becher in der Hand verlässt er die Box und stellt ihn auf eines der Ablagebretter, die an der Wand in unregelmässigen Abständen hängen.

Seto immer noch fluchen hörend, holt er eine ganze Schubkarre mit frischem Stroh und verteilt es in Scarletts Box. »Er hat dir das ganze Stroh rausgeholt, dabei hätten vier Mistgabeln gereicht. So ordentlich wie du immer bist«, raunt er der alten Stute zu und krault sie kurz unter der Mähne. Als er Schritte hört, dreht sich Atemu um, muss sich aber gleich wieder zu Scarlett umwenden, um nicht laut aufzulachen. In Setos Haaren hängen Strohhalme. Die Kleidung ist voller Pferdemist und stellenweise zerrissen und auch im Gesicht sind schmutzige Streifen zu sehen.

Als er glaubt, dass er sich unter Kontrolle hat, dreht er sich wieder um. »Hast du dich geprügelt? Oder im Mist gewälzt? Pferdemist ist ja schon gut, aber nur als Dünger und das bevorzugt für Rosen.« Kann er es sich nicht verkneifen zu sagen, während er Seto breit grinsend mustert.

 

Dieser verschränkt mit grimmiger Miene die Arme. »Sehr lustig. Haha. Diese verdammte Schubkarre ist mir auf den Holzplanken, die auf den Misthaufen führen, umgekippt und dabei bin ich gestolpert und in dieser ekligen Masse aus Stroh und Mist gelandet! Das ist ja lebensgefährlich, was da gebaut worden ist!« Er reibt sich mit dem Ärmel über die Wange und starrt dann angewidert auf die braunen Streifen, die sich nun auf dem hellen Stoff befinden. »Das hier ist unter meiner Würde! Ich werde den Dreck nie wieder loswerden und mich mit literweise Desinfektionsmittel waschen müssen!«

 

Nun kann sich Atemu nicht mehr zurückhalten. Er lacht schallend auf, bis ihm die Tränen aus den Augenwinkeln laufen. »Tut … mir … Leid«, japst er atemlos. »Es ist ausserdem nicht unter deiner Würde. Im Gegenteil, es ist eine wichtige Arbeit. Es tut dir gut, zu sehen, was das einfache Volk täglich machen muss, um schneller reisen zu können als nur zu Fuss.« Nun ernst tritt Atemu aus der Box und schnappt sich die Schubkarre. »Komm, ich zeige dir, wo du frisches Stroh findest, um Mares Bett frisch auslegen zu können. Ich miste für dich dafür bei Herakles aus. Dann kannst du da dann auch einfach frisches Stroh nachlegen.«

Er schnappt sich die leere Schubkarre und führt Seto ins Strohlager. »Eiserne Regel in so einem grossen Stall. Man stellt keine leeren Schubkarren zurück, sondern füllt sie am Ende für den nächsten wieder auf«, erklärt er und füllt sie mit frischem Stroh. »Man muss die gleiche Menge Stroh wieder zurück in die Box legen und dann noch etwas mehr, weil die Pferde auch gern mal Stroh fressen.« Die volle Schubkarre schiebt er zurück zu den drei Senioren und packt zwei Armvoll Stroh in Scarletts Box, ehe er bei Mare die Tür öffnet. »Jetzt du. Ich habe etwa eine halbe Schubkarre Stroh aus der Box geholt, also musst du auch so viel Stroh wieder in der Box verteilen.«

Auffordernd sieht er Seto an, bis dieser genervt seufzt und lustlos eine ganze Ladung Stroh in die Box wirft. »Zufrieden?«

 

»Nicht so ganz. Etwas mehr Sorgfalt, bitte. Du willst ja schliesslich auch, dass Anna dein Zimmer anständig aufräumt und die Decke auf deinem Bett nicht nur zusammenknautscht.« Atemu sieht Seto streng an und drückt ihm die Mistgabel in die Hand. »Verteilen! Und pass dabei auf Mares Beine auf!«

Ihm wird die Mistgabel regelrecht aus der Hand gerissen. »Zu Befehl, Pharao!«, zischt Seto gibt sich nun aber deutlich mehr Mühe, das Stroh unter den aufmerksamen Blick des alten Pferdes gleichmässig auf dem Boden zu verteilen.

Als er sich zu seinem Cousin umsieht, stellt er überrascht fest, dass Atemu in der anderen Box ist und sie ausmistet. »Dir macht das wirklich Spass«, ruft er aus, als er das leichte Lächeln auf dessen Lippen bemerkt.

Ohne innezuhalten, nickt Atemu. »Ja, es macht mir Spass. Es erinnert mich an meine tägliche Routine Zuhause. Nur leider kann ich hier die Pferde nicht einfach im Hof laufen lassen, während ich ausmiste. In den letzten Tagen war ich immer mal wieder hier und habe etwas mitgearbeitet.« Sanft krault Atemu Herakles hinter dem Ohr. »Dabei habe ich gesehen, dass Covalls Sohn Rückenprobleme hat. Ich konnte ihm gestern dann helfen und habe Covall dabei gefragt, ob wir heute drei Boxen ausmisten und uns vielleicht dabei etwas um die Pferde kümmern können. Schliesslich weiss so gut wie jeder aus dem einfachen Volk wie das geht. Also musst du das auch wissen.« Geschickt befördert er das letzte alte Stroh in die Schubkarre. »Gib Mare bitte noch zwei Armvoll Stroh und dann verteile bitte etwa eine halbe Schubkarre in Herakles Box und dann auch zwei Armvoll Stroh hier in diese Ecke. Er will immer mit dem Rücken zu den anderen beiden fressen.«

Atemu stellt die Mistgabel an ihren Platz und schiebt dann die halbvolle Schubkarre aus dem Stall.

 

Seto starrt ihm ungläubig nach. »Er hat jetzt nicht in der kurzen Zeit die Box sauber gemacht?«, ruft er aus und geht nachsehen. »Tatsächlich. Wie hat er das nur hingekriegt?« Ungläubig starrt er auf das saubere Stroh, das noch in der Box liegt.

Als Atemu mit der leeren Schubkarre wieder zurück in den Stall kommt und sie zurück an ihren Platz stellt, legt Seto gerade die letzte Portion Stroh in Herakles Box. Kopfschüttelnd beobachtet er dann den Wallach, der sich einzelne Halme aussucht und sie knirschend kaut.

»Es gibt doch so viel Besseres, als dieses Stroh. Wie kannst du das nur fressen?«

 

Schmunzelnd stellt sich Atemu neben ihn und beobachtet Herakles. »Stroh ist gut für den Magen. Es beugt Koliken vor und macht weniger dick als Heu oder Gras und putscht weniger auf als Kraftfutter.«

Mit einem sehnsüchtigen Blick beobachtet er die drei Pferde. »Komm, sie brauchen auch noch Heu«, sagt er schliesslich leise und schiebt die leere Schubkarre zurück ins Strohlager, wo er sie wieder füllt. Anschliessend geht er rüber in die Futterkammer, wo er nach einem Blick auf den Futterplan drei Heunetze nimmt. »Sie kriegen alle Heunetze. Hilf mir bitte, sie zu stopfen«, bittet er Seto leise, während er schon das Heu in das erste Netz stopft.

Eine Weile sieht Seto nur zu, aber dann greift auch er sich ein Netz und stopft Heu hinein. Schon nach kurzer Zeit stellt er fest, dass sehr befriedigend ist, das Heu hineinzustopfen und seine Bewegungen werden heftiger. Ein leises Knistern erfüllt die Luft, während sie Seite an Seite arbeiten, bis die drei Netze gefüllt sind.

»Danke. Ich weiss, ich verlange viel von dir, aber es ist leider nötig.« Atemu sieht zu Seto und nickt zufrieden. »Das ist richtig gut gestopft. Genau richtig für Scarlett. Jetzt müssen wir das Heu nur noch wässern und dann können wir sie in die Boxen hängen«, erklärt er und geht mit seinen beiden Netzen zu dem Wasserschlauch.

»Kannst du dir vorstellen, wie ungewohnt es ist, hier im Stall einfach den Wasserhahn aufdrehen zu können? Zuhause haben wir draussen nur den Brunnen, aus dem wir das Wasser von Hand hochpumpen müssen. Nur im Winter habe ich drinnen Wasser geholt, als der Brunnen durch die Kälte eingefroren war«, erzählt Atemu, während er das Heu nass macht. Sein Blick wird dabei vor Sehnsucht nach Zuhause abwesend und seine zuvor gute Laune weicht der gewohnten Traurigkeit, die inzwischen sein täglicher Begleiter ist.

 

Seto bemerkt es, wie die Stimmung kippt und legt ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter. »Ist es ein Fehler, dass wir dich zurück bringen wollen? Schliesslich ist Theben dein wahres Zuhause. Dort ist deine Schwester, willst du sie denn nicht wiedersehen?« Als er nun angesehen wird, erkennt er die Zerrissenheit in ihm

»Seto … natürlich will ich sie wiedersehen. Nur … war Theben für mich nie so sehr ein Zuhause, wie ich es im letzten Jahr gehabt habe. Ja, ich bin im Palast aufgewachsen und als ich meine Erinnerung zurückerhalten habe, wollte ein Teil von mir wieder zurück. Ich wollte meine Schwester wiedersehen. Wollte Antworten haben …« Atemu verstummt und blickt wieder auf das nasse Heu. »Doch als ihr plötzlich dagestanden habt … da wurde mir klar, dass nur mein Pflichtgefühl mich wieder zurück in den Palast drängt. Meine Schwester hätte ich in einem Jahr besuchen und dann wieder nach Hause zurück gehen können. Mein Herz ist in Domino bei Yugi geblieben.«

 

Lange schweigt Seto. Er beobachtet, wie sein Cousin das Wasser abstellt und den Schlauch wieder sorgfältig aufrollt. »Warum bist du dann mitgekommen? Warum hast du es zugelassen, dass wir unsere Beziehungen spielen lassen und dich dadurch in diese Lage bringen?« Wagt er es schliesslich zu fragen. Gleichzeitig hebt er sein nasses Netz hoch und folgt dann Atemu durch die Stallgasse und hängt das Netz in die Box von Scarlett.

 

»Weil mir nach dem Studium der Unterlagen, die Shimon mir gegeben hat, klar geworden ist, dass ich mitkommen muss, um Yugi und Grossvater zu beschützen. Ja, Grossvater würde nicht mehr eingezogen werden, aber Yugi und das würde Grossvater nicht verkraften, wenn er auch noch seinen Enkel verlieren würde. Er hat doch schon seine Tochter und seinen Schwiegersohn beerdigen müssen und zwei Ehefrauen.« Wieder verstummt Atemu und sieht schweigend zu, wie Mare die nassen Halme aus dem Netz zupft. »Kisara muss ich doch auch vor dieser Hochzeit bewahren und unser Volk muss von diesem Tyrannen befreit werden. Das schafft ihr nicht allein, wenn ihr das Vertrauen der Bevölkerung in die Nesuts nicht verlieren wollt.« Mit einem schiefen Grinsen sieht er zu Seto, der sich neben ihm an die Boxentür lehnt. »Weisst du, wahren Respekt muss man sich verdienen. Wenn du dir den Respekt erzwingen musst, dann ist er nichts wert.«

Nachdenklich beobachtet Seto Scarlett, bis er den Blick senkt. »Davon hast du bei deiner Krönungsrede gesprochen. Ich habe es damals für Unsinn gehalten, für die Worte eines Träumers. Jedoch konnte ich in den letzten Jahren beobachten, wie mein Vater immer mehr Militär aufgestellt hat. Auch, um das Volk zu unterdrücken. Am Anfang haben sie ihn respektiert, aber irgendwann haben sie angefangen, sich aufzulehnen. Ich habe es lange nicht verstanden, aber dann habe ich Flugblätter gesehen, auf denen deine Worte von der Rede standen und Forderungen, dass die Versprechen, die du ihnen damals gegeben hattest, eingehalten werden sollen. Ich fand es lächerlich und eine Frechheit. Ja, sogar anmassend, dass mein Vater die Versprechen seines Vorgängers einlösen sollte. Aber dann habe ich gesehen, wie das einfache im japanischen Grossreich lebt. Primitiv, aber doch so frei, wie es ihr Stand zulässt.«

Schweigen breitet sich zwischen ihnen aus, bis Seto zu Atemu blickt. »Du wirst ihn wiedersehen. Davon bin ich überzeugt. Ich kann dir nicht sagen, wann es sein wird, aber du wirst deinen Yugi wiedersehen. Den Menschen, der die Frechheit besitzt, dich bei deinem Namen zu nennen. Übrigens, wie hast du Covall dazu gebracht, dich bei deinem Namen zu nennen?«

 

»Ich hoffe es, Seto. Ich hoffe es so sehr, dass ich meinen Sharik wiedersehen werde«, murmelt Atemu und kann sich dann ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. »Ganz einfach. Er weiss nicht, wer ich bin. Auch wenn vermutlich beinahe jeder der Sklaven und Bediensteten hier weiss, wer ich bin, er weiss es nicht. Und das habe ich ausgenutzt. Wenigstens etwas Gutes hat es, dass ich nie bei meinem Namen genannt worden bin. Ausser von Tante Amina. Sie hat mich bei meinem Namen genannt, wann immer wir allein gewesen sind.« Mit traurig sehnsüchtigem Blick zupft er sich einen Heuhalm vom Ärmel. »Covall weiss, dass der wahre Pharao hier im Palast ist. Doch er weiss weder, wie er aussieht, noch wie er mit Vornamen heisst und ich habe ihm einfach gesagt, dass ich Atemu heisse.«

 

Erstaunt und auch leicht geschockt starrt Seto Atemu nun an. »Dir ist aber schon klar, dass wir alle wegen mangelndem Respekt Probleme bekommen können, wenn das die falschen Leute mitkriegen, wie er oder ich dich nennen? Es sich schliesslich im Gesetz festgeschrieben, wie der Pharao genannt werden muss.«

 

»Tja, wenn ihr Probleme bekommt, sage ich einfach, dass ich es euch befohlen habe, da wir uns ja auf unsere Mission vorbereiten müssen. Schliesslich müssen wir uns daran gewöhnen, uns als Leute aus dem einfachen Volk auszugeben. Ich habe es leichter. Ich habe über sechs Jahre lang als Sklave gelebt und durch Yugi, Grossvater und unsere Freunde lernen dürfen, wie es ist als normaler Mensch zu leben. Wenn ich nämlich so zurückblicke, war ich vor meiner Versklavung auch eine Art Sklave. Ich habe in einem goldenen Käfig gelebt. War so gut wie nie ich selbst. War in meinen Pflichten, meiner Herkunft gefangen. Wenn das alles nicht passiert wäre, wäre ich inzwischen vermutlich verheiratet und hätte vermutlich schon ein Kind.« Tief atmet Atemu durch und stösst sich von der Tür ab. »Mare sollte jetzt eigentlich soweit fertig sein. Putzen wir ihn und dann zeige ich dir, was es bedeutet, ein Pferd nur mit Hilfe deiner Stimme und deiner Körpersprache zu lenken. Wenn du das kannst, dann kannst du auch überzeugend deine Meinung dem Volk gegenüber vertreten. Sie dazu bringen, dass sie dich respektieren, weil sie dir Vertrauen und dir Zutrauen, dass du auch schaffst, was du sagst.« Der Blick Setos spricht von Zweifel, der ihn doch amüsiert. Nun wieder mit einem leichten Lächeln auf den Lippen holt er Mares Putzzeug und betritt die Box. »So, alter Junge. Wir putzen dich jetzt etwas und dann gehen wir ein wenig arbeiten.« Ohne auf Seto zu achten, beginnt er den alten Wallach mit einer weichen Bürste zu putzen. Eigentlich ist es nicht nötig, da er ihn nicht reiten wird, aber er weiss, dass Mare es liebt, wenn er mit genau dieser Bürste geputzt wird und die Muskeln so ein wenig massiert werden.

Es dauert auch nicht lange, da reckt Mare vor Genuss den Kopf hoch und sein Gesicht zeigt deutlich, wie sehr er es geniesst, als er ihn an einer bestimmten Stelle an der Schulter mit der Bürste bearbeitet. »Fall mir nicht gleich ganz auseinander«, lacht Atemu auf, während er ihn nun mit der blossen Hand an genau der Stelle krault. Doch auch die schönste Krauleinheit muss mal ein Ende haben und so tauscht Atemu die Bürste gegen den Hufkratzer aus. Geduldig kratzt er einen Huf nach dem anderen aus und kontrolliert dabei auch gleich die Beine und die Hufeisen. »Alles gut«, murmelt er zufrieden und klopft leicht auf Mares Hals, bevor er mit der Putzkiste die Box verlässt. »Scarlett sollte inzwischen auch mit fressen fertig sein. Putze du sie doch, während ich Herakles striegle und dann gehen wir mit den Dreien in die Halle und lassen sie laufen.«

 

Ergeben seufzt Seto, als er Atemu in die Putzkammer folgt. »Ich frage jetzt nicht, warum ich das tun soll. Schliesslich haben wir dann Kimi und Anna dabei, um diese Arbeiten zu machen.« Murrend nimmt er die Putzkiste entgegen, die ihm resolut in die Hände gedrückt wird.

»Ich kann es dir gern noch einmal sagen, mein lieber Seto. Jeder aus dem einfachen Volk weiss, wie man mit Pferden umgeht. Also musst du das auch wissen.« Nur ganz leicht ist in Atemus Stimme zu hören, dass er nun doch langsam genervt ist. Er geht mit Herakles Putzkiste an Seto vorbei und bleibt dann auch vor ihm, während sie zurück zu den Boxen gehen. Als er die Box des alten Pferdes betritt, schüttelt er leicht den Kopf. »Du bist einfach unmöglich. Wie kannst du das Heu aus dem Netz nur in deiner ganzen Box verteilen?«, fragt er, während er die Kiste in die Ecke stellt und diesmal eine gröbere Bürste nimmt. Anders, als Mare, ist Herakles unglaublich kitzlig, wenn die Borsten zu weich sind. Mit festen Bürstenstrichen putzt Atemu das ergraute Fell. »Deine Mähne sieht wieder mal unmöglich aus«, raunt er dabei dem alten Pferd zu und nimmt nun die Mähnenbürste zur Hand. Geduldig bürstet er die Mähne, dabei die Knoten vorsichtig lösend, bis sie in weichen Wellen über dem edel geschwungenen Hals liegt.

Erst jetzt wendet er sich dem Schweif zu und seufzt auf. »Mare und Scarlett sind da schon viel ordentlicher.« Schliesslich hat er auch die Schweifhaare entwirrt und kratzt noch die Hufe aus. Zufrieden, wie Herakles nun aussieht, packt er die Putzsachen dann alle wieder ein und geht aus der Box.

Ein kurzer Blick zu Seto verrät ihm, dass dieser noch mit Scarlett beschäftigt ist und so geht er allein zur Putzkammer. Mit drei Knotenhalftern kehrt Atemu zu den Boxen zurück und sieht fragend zu seinem Cousin. »Bist du fertig?«

 

»Nein, sie gibt mir einfach nicht ihre Hufe. Wie hast du das bei den anderen beiden gemacht?« Ratlos stemmt Seto die Hände in die Seiten. Er macht sich schon darauf gefasst, dass Atemu nun wieder nur mit den Fingern schnippen muss.

 

»Man könnte meinen, du hast noch nie mit einem Pferd zu tun gehabt. Hast du denn wirklich nie mehr gemacht, als das fertig gesattelte Pferd in Empfang zu nehmen?« Will Atemu wissen, als er nun neben Scarlett etwas in die Hocke geht und mit der Hand an ihrem Bein entlang fährt und dabei mit den Fingern leichten Druck ausübt, bis sie den Huf hebt. »Hast du gesehen? So musst du das machen. Um den Befehl zu verstärken, kannst du auch noch Huf sagen.« Er lässt Scarlett den Huf wieder hinstellen. »Nun du.« Mit einem Lächeln tritt er zur Seite. Aufmerksam beobachtet er nun, wie Seto sich neben Scarlett stellt und seine Bewegungen kopiert. Es dauert eine Weile, aber dann hebt die alte Stute ihr Bein an und Seto kann den Huf auskratzen. »Super und das geht bei allen vier Beinen auf die gleiche Art«, lobt Atemu den kleinen Erfolg.

»Haha, sie macht das jetzt vermutlich nur dir zuliebe«, murrt Seto, während er nun vorsichtig den Huf auskratzt.

 

Leicht lächelnd schüttelt Atemu den Kopf. »Nein, sie tut das nicht mir zuliebe. Sie macht es, weil ihr beide jetzt die gleiche Sprache sprecht. Sie hat dich vorher schlichtweg nicht verstanden. Darum hat sie dir die Hufe nicht gegeben.«

Er lässt Seto nun machen und geht zu den anderen beiden Pferden. Routiniert zieht er ihnen die Knotenhalfter an, ehe er wieder zu Seto tritt. »Bringst du ihre Putzkiste wieder zurück, während ich ihr das Knotenhalfter anlege?«, fragt er Seto lächelnd, woraufhin dieser das Putzzeug sicher verstaut. »Natürlich. Ich bin gleich zurück.« Erleichtert, dass er nun für einen Moment seine Ruhe hat, eilt Seto mit der Putzkiste davon.

Nachdenklich blickt Atemu ihm nach. Dabei fragt er sich unwillkürlich, wann sie jemals so offen und ohne auf ihren jeweiligen Stand zu achten, miteinander umgegangen sind. Er erlaubt es sich, einen Moment schwach zu sein, indem er seine Stirn mit geschlossenen Augen an Scarletts Hals legt. Tief einatmend nimmt er den Geruch der Stute wahr. »Ich vermisse Blacky und Rocky. Sie haben mir immer geholfen, wenn es Yugi und Grossvater nicht konnten«, raunt er ihr zu. Als er Setos Schritte näherkommen hört, strafft er sich und legt ihr das Knotenhalfter an. »Nimm du sie, ich nehme Mare und Herakles«, sagt er mit überraschend fester Stimme und drückt ihm den Führstrick in die Hand.

»Natürlich, das ist ja keine Kunst«, murrt Seto und wartet darauf, dass Atemu mit den anderen beiden Pferden zu ihm tritt. »Folge mir. Aber nicht zu nah, Herakles hasst es, wenn ihm andere Pferde von hinten zu sehr auf die Pelle rücken. Er schlägt dann gern aus.« Warnt er ihn mit einem leichten Schmunzeln.

Die beiden Pferde links und rechts führend, geht er zu der grossen Halle, wo er sie dann laufen lässt. Ihr Alter Lügen straffend, galoppieren die Wallache buckelnd davon. Lachend sieht Atemu den beiden nach, ehe er sich zu Seto und Scarlett umdreht. »Lasse sie auch laufen, während wir einen kleinen Parcours für die Herrschaften aufstellen.«

 

»Einen Parcours?«, fragt Seto, während er gleichzeitig den Strick löst und sie laufen lässt. Elegant trabend, läuft sie davon, nur um sich in einigem Abstand in den Sand zu werfen und sich genüsslich zu wälzen. »Na toll! Warum habe ich dich vorher geputzt, wenn du dich jetzt wieder schmutzig machst?« Empört stemmt Seto die Hände in die Hüften, was Atemu amüsiert kichern lässt. »Sei nicht sauer. Mare und Herakles wälzen sich auch gerade. Es gibt den Spruch, dass nur ein schmutziges Pferd ein glückliches Pferd ist. Wenn du ein Pferd nicht reiten willst, musst du es eigentlich nicht putzen, aber es tut ihm gut und es schafft eine Verbindung zwischen dem Menschen und dem Pferd.« Atemu stellt sich neben Seto und beobachtet amüsiert, wie sich die Pferde austoben. »Weisst du was? Wir lassen sie einfach laufen und beobachten sie. Geniessen wir die Ruhe. Wer weiss schon, wann wir das nächste Mal die Möglichkeit dazu haben.«

Erstaunt mustert Seto seinen Cousin. »Ich dachte, ich soll lernen, wie ich mich dem Pferd gegenüber zu verhalten habe? Wie soll ich das lernen, wenn wir einfach nur dumm rumstehen?«

Grinsend deutet Atemu auf die Pferde. »Wir stehen nicht nur dumm rum. Wir beobachten und lernen von ihnen. Also sieh zu, wie sie sich verhalten. Wie sie zwar eine Hierarchie haben, diese sich aber flexibel der Situation anpasst. Je nachdem, welche Fähigkeiten gerade gefragt sind.«

 

Entspannt setzt sich Atemu an der Wand in den Sand und beobachtet die Pferde, wie sie hin und her laufen und dabei immer wieder in einen lockeren Galopp verfallen.

Seto zögert lange, aber dann setzt er sich neben ihm in den Sand. Schweigend sitzen sie nebeneinander, bis sich Atemu schliesslich erhebt und Herakles einfängt. »In der Regel sind die Stuten die Leittiere, aber Herakles hat davon noch nichts gehört und hat Scarlett als Chefin abgelöst. Besser gesagt, sie teilen sich den Job.« Mit ruhigen Bewegungen hakt er den Führstrick ein und sieht dann zu Seto, der erstaunt dasteht, als Scarlett aus freien Stücken zu ihm läuft und ihn anstupst. »Du hast dich in ihren Augen als vertrauenswürdig erwiesen und sie ist wohl der Meinung, dass du es wert bist, dass sie dir folgt. Gehe mal los und schau mal, ob sie dir nachläuft.«

Zweifelnd sieht Seto Atemu an, geht dann aber langsam los. »Sie folgt mir tatsächlich!«, ruft er aus und bleibt wieder stehen. Sofort hält auch Scarlett an und stupst ihn sanft an.

Schmunzelnd streichelt er die weichen Nüstern. »Du machst es mir so schwer und jetzt läufst du mir nach? Entscheide dich doch mal, was du möchtest«, raunt er ihr lächelnd zu, nur um gleich wieder ernst zu werden. »Ich denke, wir haben heute genug getan. Bringen wir die Pferde zurück und kehren in unsere Gemächer zurück. Ich stinke nach Pferdemist!« Resolut, aber doch vorsichtig hängt er den Führstrick an ihrem Knotenhalfter ein und geht mit ihr in Richtung Stall davon.

Ohne weiter auf Atemu zu achten, bringt er Scarlett in ihre Box und kontrolliert die Hufe, ehe er ihr das Knotenhalfter auszieht. »Danke, dass du so brav mitgemacht hast, meine Schöne«, raunt er ihr leise ins Ohr und krault sie sanft. »Endlich hat er mal wieder offen gelacht, da war es doch nur halb so schlimm, dass ich im Mist gelandet bin.«

Als Atemu zu ihm tritt, drückt er ihm das Halfter in die Hand und geht davon. Als er so allein durch die Dienstbotengänge schreitet, kann er sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. »Irgendwie war es ja ganz lustig, mal so in die niederen Gefilde abzutauchen.«

Kaum hat er seine Gemächer betreten, zieht er sich die schmutzigen Sachen aus und wirft sie in die Ecke. »Anna, lasse mir ein Bad ein!«, ruft er befehlend, woraufhin sie aus dem Gemeinschaftsbereich, der pharaonischen Gemächer tritt. »Natürlich, habt ihr noch einen weiteren Wunsch?« Möchte sie mit gesenktem Blick wissen, um Seto in seiner Nacktheit nicht ansehen zu müssen.

Auf diese Frage hin runzelt Seto die Stirn. »Natürlich! Kümmere dich danach um diese schmutzigen Lumpen. Sie müssen gewaschen und repariert werden!«

Erleichtert, nickt Anna mit weiterhin gesenktem Blick. »Zu Befehl, Meister Seto.« Mit diesen Worten eilt sie in das luxuriöse Badezimmer und lässt das Wasser in die Wanne laufen. Inzwischen weiss sie, welche Badezusätze ihr Meister bevorzugt. Sorgfältig gibt sie die richtige Menge des angenehm nach Sandelholz duftenden Badesalzes ins Wasser. Dabei überprüft sie auch gleich die Temperatur und korrigiert sie sofort, indem sie das heisse Wasser etwas mehr aufdreht.

»Bist du fertig?« Ertönt Setos Stimme hinter ihr. Erschrocken richtet sie sich auf und wirbelt herum. »Ja, Meister Seto. Euer Bad ist fertig«, murmelt sie und dreht das Wasser ab.

»Sehr gut. Dann kümmere dich jetzt um meine Sachen.« Mit einem leichten Lächeln geht er an ihr vorbei. Elegant steigt er in Wanne und lässt sich mit geschlossenen Augen seufzend in das heisse Wasser sinken. »Wie immer perfekt. Du hast schnell gelernt, wie ich mein Bad bevorzuge, Anna.«

Daraufhin verneigt sie sich respektvoll, ehe sie aus dem Badezimmer eilt und die schmutzigen Sachen zusammensucht.

Mit dem Kleiderbündel verlässt sie die Gemächer in Richtung der Waschküche. Dort trifft sie auf Kimi, der sie mit hochroten Wangen scheu lächelnd ansieht. »Musst du auch die Stallklamotten waschen? Soll ich das für dich übernehmen?«

Anna schüttelt lächelnd den Kopf. »Das ist sehr lieb von dir, aber es ist nicht nötig. Dank dieser Waschmaschine von den Magi geht das Waschen doch ganz leicht.«

 

Unterdessen liegt auch Atemu in der Wanne. Mit geschlossenen Augen geniesst er das warme Wasser und lässt den Vormittag Revue passieren. Er ist im Großen und Ganzen ganz zufrieden damit, wie es gelaufen ist, auch wenn er sich die Zeit im Stall anders vorgestellt hatte.

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Ich hoffe euch hat dieser kleine Ausflug in den Stall des Kaisers gefallen.

Wir lesen uns nächsten Samstag wieder.

 

Eure mrs_ianto

Kaiser Hadrians Plan

Hallo zusammen

 

Verzeiht die Verspätung. Ich hatte heute so viel um die Ohren, dass die Zeit nur so gerannt ist und ich nicht dazu gekommen bin, das Kapitel hochzuladen.

 

Ich wünsche euch jetzt trotzdem viel Spass beim Lesen.

 
 

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Kaiser Hadrians Plan

 

Nur von ihrem Hauptmann Mario di Modena begleitet, schlendert Prinzessin Helena durch die Ruinen des Kolosseums. Immer, wenn sie nachdenken muss, kommt sie hierher, da hier der einzige Ort ist, an dem sie in der Regel ungestört ist.

In der Regel … seit der Hohepriester entführt worden ist, kann sie ausserhalb des Palastes keinen Schritt mehr alleine zurücklegen.

Ohne den Hauptmann zu beachten, setzt sie sich in den Schatten einer Säule und starrt vor sich hin. Immer wieder hört sie die unheilverkündenden Worte ihres Vaters in ihrem Kopf.

 

»Du wirst heiraten, sobald du deine Grossjährigkeit erreicht hast. Ich werde noch heute mit den Gesprächen zu den Bedingungen deiner Heirat beginnen!«

 

Ein Aufschluchzen unterdrückend, presst sie sich die Hand gegen die bebenden Lippen. Dass ihr jedoch die Tränen über die Wangen laufen, kann sie nicht verhindern. Die Augen zusammenpressend, zieht sie die Beine an ihren Körper und umschlingt sie mit beiden Armen, während sie nun hemmungslos schluchzt.

 

Eigentlich sollte sich Mario im Hintergrund halten. Sich nicht bemerkbar machen, solange er nicht gebraucht wird. Nur wie soll er das machen, wenn die Prinzessin so weint. Langsam nähert er sich ihr und geht neben ihr in die Hocke. »Prinzessin. Was ist denn?«, fragt er sie mit sanfter Stimme und muss sich dann tatsächlich abstützen, als sie ruckartig die Arme um ihn schlingt und lauter aufschluchzt. Er weiss nicht, was er tun soll. Die Hoheiten zu berühren ist nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt. Doch als sie sich noch fester an ihn drückt und ihr Gesicht an seinen Brustkorb drückt, legt er vorsichtig seine Arme um ihre bebenden Schultern. »Prinzessin?«

 

Heftig schüttelt sie den Kopf, ohne ihn loszulassen. »Ich will nicht. Ich will nicht heiraten.« Ihre Stimme ist durch den Stoff der Uniform gedämpft, dennoch kann Mario sie verstehen.

Sanft drückt er sie näher an sich. »Prinzessin. Ihr seid erst in zwei Jahren grossjährig. Bis dahin fliesst noch viel Wasser den Tiber hinunter. Ausserdem muss der Prinz, den Euer Vater ausgesucht hat, erst zustimmen. Verzweifelt nicht.« Mit Mühe schafft er es, den Stich in seinem Herzen zu ignorieren und seine Stimme ruhig zu halten. Ja, er schafft es sogar, zu lächeln, als sie ihn nun mit verweinten Augen ansieht. »Er ist kein Prinz und warum sollte er Nein sagen? Vater hat mich mit einer so grossen Mitgift ausgestattet, dass er gar nicht Nein sagen kann! Vater ist es egal, dass ich den Mann nicht liebe, dass ich ihn kaum kenne!«

 

Sanft legt er ihr die Hand auf die Wange und wischt ihr mit der Daumenspitze die Tränen von der Wange. »Ihr werdet ihn kennenlernen und gute Ehen beruhen nicht nur auf Liebe. Sondern auch auf gegenseitigem Respekt und wer weiss? Vielleicht wird mit der Zeit Liebe zwischen euch entstehen. Ausserdem sind es noch zwei Jahre. Bis dahin könnt Ihr ihn bestimmt kennenlernen.« Aufmunternd weiterlächelnd sieht er ihr in die Augen. Etwas, was er sich nur sehr selten erlaubt.

Doch der Blickkontakt wird unterbrochen, als sie heftig den Kopf schüttelt. »Wie soll er mich lieben, wenn sein Herz offensichtlich schon vergeben ist? Wie soll ich ihn lieben, wenn mein Herz schon vergeben ist?«, ruft sie aus und presst verzweifelt ihre Lippen auf die seinen. Umschlingt gleichzeitig seinen Nacken mit den Armen, sodass er ihr nicht ausweichen kann.

 

Erstarrt, verharrt er. Spürt ihre weichen Lippen, während sein Herz einerseits vor Freude schneller schlägt, gleichzeitig aber in tausend Stücke zerbricht. Für einen Moment erlaubt er es sich, den Kuss zu erwidern, aber dann erinnert sich daran, wer sie sind.

Obwohl es ihn alles an Überwindung kostet, umfasst er ihre Handgelenke und löst ihren festen Griff um seinen Nacken. So beendet er den Kuss. Noch immer glaubt er ihre Lippen zu spüren, als er sie sanft ansieht. »Helena, wir dürfen das nicht. Du bist die jüngste Prinzessin des römischen Grossreiches. Ich bin nur ein einfacher Hauptmann.«

 

»Aber ich liebe dich! Schon so lange liebe ich dich! Und du hast doch meinen Kuss erwidert. Also liebst du mich doch auch!« Sie schreit ihn an, während sie sich trotz seines Griffes um ihre Handgelenke, in dem Stoff seiner Uniform festkrallt.

 

Gepeinigt schliesst di Modena für einen Moment die Augen. Kämpft um Selbstbeherrschung. »Ja, ich liebe dich auch. Nur bin ich zwölf Jahre älter als du. Dazu gehöre ich nur der niederen Oberschicht an, während du offensichtlich schon bald verlobt sein wirst. Wir dürfen diesen Gefühlen also niemals nachgeben. Schon der Kuss eben muss einmalig bleiben. Nie wieder dürfen wir uns so nahe kommen.« Es zerreisst ihn innerlich, die Worte auszusprechen und sich von ihr zu lösen. Irgendwie schafft er es und richtet sich auf. »Prinzessin.« Er zwingt sich zu einem aufmunternden Lächeln. »Gehen wir zurück in den Palast. Hier draussen ist es für Euch nicht sicher, solange der Konflikt mit dem ägyptischen Grossreich nicht beigelegt ist.«

 
 

***
 

»Mein Pharao? Ich soll Euch ausrichten, dass der Kaiser Euch sprechen möchte.« Tief verneigt sich Kimi vor Atemu und Seto.

Erstaunt sehen die beiden Männer Kimi an. Schon seit Tagen haben sie von Hadrian nichts mehr gehört. »Hat er gesagt, was er von mir möchte?« Will Atemu wissen, während er gleichzeitig aufsteht und zum Kleiderschrank geht.

»Nein, er hat seinem persönlichen Diener nichts gesagt. Zumindest hat er mir das gesagt«, erwidert Kimi mit respektvoll gesenktem Blick, bevor er zu Atemu geht und ihm ungefragt dabei hilft, die einfachen, eines Pharaos unwürdigen Kleidungsstücke, gegen edle Kleidung auszutauschen.

»Dieses ägyptisch Blau steht Euch ausgezeichnet«, sagt er, als er die Knöpfe des Hemdes einen nach dem anderen schliesst und Atemu dann ins farblich passende Jackett hilft.

»Danke, Kimi. Ich nehme an, dass der Kaiser mich in seiner Bibliothek erwartet?« Fragend sieht er den jungen Sklaven an, der heftig nickt. »Ja, das tut er, hat der Diener gesagt.«

»Gut, dann bleibe du hier bei Seto und Anna«, bestimmt Atemu und kontrolliert noch einmal, ob Hemd und Jackett richtig sitzen, ehe er mit weit ausgreifenden Schritten das Wohnzimmer verlässt.

 

Während er durch die hellen Flure schreitet, fragt er sich mit jedem hallenden Schritt, was der Kaiser von ihm möchte. Seit ihrem Gespräch nach der Entführung Shimons hat er ihn nicht mehr gesprochen und das bereitet ihm Sorgen.

Als er auf die Tür aus Ebenholz zutritt, wird sie geöffnet, noch bevor er den Sklaven dazu auffordern kann. »Offensichtlich werde ich wirklich erwartet«, murmelt er trotz allem amüsiert schmunzelnd. Bevor er den Raum betritt, strafft er sich und setzt die Maske des hoheitsvollen Pharaos auf.

Stolz schreitet er durch die Tür, die sich hinter ihm schliesst. Er kennt die private Bibliothek Hadrians schon von seinen früheren Besuchen als Kronprinz und dann als Pharao. Der dunkelgrüne Teppich schluckt das Geräusch seiner Schritte, die Möbel im renaissance Stil, sind aus hellem Holz gefertigt und die Sitzflächen sind mit edlen, aber schlichtem roten Stoff bezogen. Er erinnert sich genau daran, dass der Stoff das letzte Mal gelb gewesen ist. Atemu weiss nicht, warum ihm das gerade jetzt auffällt, während er an den mit Büchern vollgestellten Regalen vorbeigeht, bis er vor Hadrian stehen bleibt, der ihn beim Kamin aus rosa Marmor erwartet. »Pharao, mein Diener hat Euch offensichtlich schnell gefunden. Setzt Euch bitte, wir haben viel zu besprechen.«

 

Bei den Worten hebt Atemu eine Augenbraue an, verkneift sich aber jegliche Erwiderung, zum Thema, wie die Bediensteten und Sklaven miteinander agieren. »Kaiser Hadrian, ich hoffe es geht Euch gut?«, fragt er stattdessen, während er sich auf einen der beiden bequemen Ohrensessel setzt und die Beine überschlägt.

Die Fingerspitzen vor seinem Kinn wie eine Pyramide aneinander legend, beobachtet er Hadrian, der sich nun in den anderen Sessel sinken lässt und ihn freundlich ansieht. »Es geht mir sehr gut. Wie ich höre, seid Ihr und Euer Cousin öfters in den Ställen unterwegs?« Leise klingt die Neugier in der sonst keine Emotionen zeigenden Stimme nach, was Atemu innerlich schmunzeln lässt. »Ja, da wir bald ins ägyptische Grossreich aufbrechen wollen, haben wir viel zu tun und das können wir am besten in den Ställen erledigen«, erwidert er vage. »Aber Ihr habt sicher nicht nach mir schicken lassen, um mir zu sagen, dass Ihr wisst, dass wir öfters in den Ställen sind.«

 

Leise lacht Hadrian auf. »Eure Wortwahl ist wie immer sehr faszinierend, wenn Ihr über etwas nicht reden wollt«, stellt er schmunzelnd fest, wird aber schlagartig wieder ernst. »Was haltet Ihr von meiner Tochter Helena?«

 

Über die Frage erstaunt, senkt Atemu die Hände und lehnt sich leicht vor. »Sie ist eine schöne und intelligente junge Dame, die ihrer Rolle als Prinzessin mehr als nur gerecht wird.« Als er das zufriedene Blitzen in den Augen des Kaisers sieht, lehnt er sich wieder zurück. »Warum fragt Ihr mich das?«

Leicht lächelt Hadrian. »Meine Tochter ist im richtigen Alter, um sich zu verloben. In zwei Jahren wird sie grossjährig. Also genug Zeit, um alles zu lernen, was es über das Land ihres zukünftigen Gatten zu lernen gibt.«

Ein ungutes Gefühl beschleicht Atemu, als er das hört. »Worauf wollt Ihr hinaus, Hadrian? Schliesslich seid Ihr von mir ein Onkel dritten Grades. Ich weiss also sehr gut, wie alt Prinzessin Helena ist.«

»Könnt Ihr es euch nicht denken? Ich möchte Euch meine Tochter zur Frau geben. Bis zu Eurer Heirat wird sie die perfekte erste Gattin des Pharaos, also Euch, sein.«

 

Für den Bruchteil einer Sekunde entgleisen Atemu die Gesichtszüge, ehe er sich wieder unter Kontrolle hat. »Ich weiss das Angebot zu schätzen. Nur warum bietet Ihr mir Eure Tochter als Braut an? Noch habe ich weder einen Thron, noch Vermögen, geschweige denn Land oder ein eigenes Zuhause.«

 

Amüsiert verschränkt Hadrian die Hände, während er sich gleichzeitig vorlehnt. »Noch! Ich bin überzeugt, dass wir das gemeinsam in den nächsten Wochen und Monaten ändern werden. Besser gesagt, sobald wir den Ehevertrag aufgesetzt und unterzeichnet haben, wird Euch die Insel Zypern gehören und … «

»Moment«, hebt Atemu die Hand und unterbricht Hadrian entgegen jeder Konvention. »Ihr bietet mir nicht nur die Hand Eurer jüngsten Tochter, sondern auch gleich eine ganze Insel an, um die Ihr schon seit Jahren mit meiner Familie streitet? Was sagt denn Euer Sohn dazu? Solltet Ihr nicht lieber daran denken, ihm eine kluge und besonnene Frau zur Seite zu stellen, die ihn führt und bei seinen künftigen Pflichten als Kaiser unterstützt?«

 

Laut seufzt Hadrian auf. Sich zurücklehnend, reibt er sich die Stirn. »Alexander ist wegen seiner Naivität ein ständiges Ärgernis. Er ist zwar ein netter junger Mann, aber als Thronfolger absolut ungeeignet. Bis jetzt habe ich keine passende Prinzessin für ihn gefunden darum biete ich Euch Zypern an und nach meinem Tod, soll die Kaiserwürde an Euren Zweitgeborenen gehen, den Ihr mit meiner Tochter haben werdet. Bis das Kind alt genug ist, werdet Ihr und meine Tochter über das Reich herrschen, sollte ich vor seiner Grossjährigkeit sterben.«

 

Sprachlos kann Atemu den Älteren nur ansehen. Sein Kopf ist wie leergefegt, als er versucht, das Gehörte zu verstehen. Sein Herz schreit vor Schmerz auf. Er will den Kaiser packen und schütteln. Doch er schweigt, um nichts Falsches zu sagen.

 

Das Schweigen falsch deutend, sieht Hadrian ihn zufrieden an. »Ich weiss, die Aussicht auf die Verbindung unserer Reiche ist überwältigend. Denkt in Ruhe darüber nach. Helena weiss Bescheid und sie freut sich sehr darauf, Eure Gattin zu werden und kann es kaum erwarten, Eure Antwort zu erfahren.«

 

Zweifelnd, dass dies der Wahrheit entspricht, sieht Atemu den Kaiser an. »Ich werde darüber nachdenken und mit Helena reden. Schliesslich geht es um ihre und meine Zukunft.« Er weicht einer direkten Antwort aus. Obwohl er ihm am liebsten ins Gesicht schreien würde, dass er Helena sicher nicht heiraten wird. Dass er ihr und sich eine solche rein politische Ehe nicht antun wird. Mit steifen Gliedern steht er auf und neigt leicht sein Haupt. »Entschuldigt mich. Ich habe noch viel zu tun«, sagt er kühl und verlässt ohne auf die Erlaubnis, sich zu entfernen, zu warten, die Bibliothek.

Mit versteinerter Miene eilt er durch die Flure und reisst so heftig die Tür zu ihren Räumen auf, dass Anna und Kimi erschrocken aufspringen und Seto ihn erstaunt ansieht. »Atemu, was ist passiert? Du bist ja völlig ausser dir.«

 

»Der Scheisskerl!« Voller Wut tritt Atemu gegen die Wand, nur um gleich darauf erneut zu fluchen, als ein stechender Schmerz durch seinen Fuss und sein Bein rast. »Verdammt!« Um Beherrschung bemüht ballt Atemu heftig atmend die Hände zu Fäusten.

 

Besorgt tritt Seto zu Atemu und legt ihm die Hand auf die Schulter. Zu seinem Erstaunen zuckt sein Cousin weder zusammen, noch weicht er der Berührung aus. »Was ist passiert? Was hat Hadrian von dir gewollt?« Der Blick, mit dem er nun angesehen wird, alarmiert ihn. »Atemu, rede mit mir.« Gepeinigt beisst sich Atemu auf die Lippen. »Er hat mir Helenas Hand angeboten. Er will, dass ich sie heirate und zu meiner ersten Gemahlin mache, sobald sie grossjährig ist«, erklärt er tonlos und sackt zusammen.

Reflexartig fängt Seto ihn auf. Erschrocken stellt er dabei fest, wie leicht sein Cousin ist. »Verdammt, wann hast du das letzte Mal richtig gegessen?«, murmelt er, während er den zitternden Atemu hochhebt und zum Sofa trägt. »Anna, bring uns eine leichte Suppe.« Er muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass sie seinem Befehl sofort nachkommt. »Du bist auch eiskalt.« Fest rubbelt er die eiskalten Finger zwischen seinen Händen, bis Atemu die zuvor geschlossenen Augen öffnet, ihm die Hände entzieht und sich aufrichtet. »Es geht mir gut. Ich brauche keine Suppe«, murmelt er und setzt sich mühsam richtig auf dem Sofa hin. Tief einatmend fährt er sich mit beiden Händen durch die Haare, nur um dann vornübergebeugt sitzen zu bleiben, das Gesicht in den Händen vergrabend, die Ellbogen auf den Beinen abstützend. »Er … will mir Helena regelrecht schmackhaft machen, indem er … mir Zypern als ihre Mitgift anbietet und unser Zweitgeborener … soll den kaiserlichen Thron erben«, erzählt er stockend.

Seto hört ungläubig zu. »Zypern? Den Kaiserthron? Was sagt denn die Prinzessin dazu?« Automatisch nimmt er Anna die Tasse mit der Suppe ab und drückt sie Atemu in die Hände, der sie zu seiner Überraschung tatsächlich ergreift und einen Schluck trinkt. »Angeblich erfreut sie die Vorstellung, meine Frau und Königin zu werden.«

 

Als er das hört, kann Seto ein Schnauben nicht unterdrücken. »Natürlich und morgen dreht sich die Erde anders herum um ihre eigene Achse! Konntest du schon mit ihr reden?«

Ohne aufzublicken, schüttelt Atemu den Kopf. »Nein, ich … muss das erst selbst verarbeiten. Hadrian ist davon überzeugt, dass ich das Angebot nicht ausschlagen kann. Schliesslich streiten unsere Familien schon lange um Zypern und dann noch die Aussicht, den nächsten Kaiser des römischen Grossreiches zu stellen.«

Ernst nickt Seto. »Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass das kein guter Deal wäre. Wenn nicht sogar der Beste, von dem ich je gehört habe. Ohne Krieg zu führen, auf so einfache Art und Weise das Reich zu vergrössern ist schon eine einmalige Chance.«

 

Ohne sich aufzurichten, sieht Atemu zu Seto. »Ach, das ist mir gar nicht aufgefallen«, erwidert er zynisch. »Ich sage dir eins. Ich will und werde Helena nicht heiraten! Nur wie bringe ich das Hadrian bei, ohne ihn vor den Kopf zu stossen? Soll ich ihm etwa Kisara als mögliche Braut für Alexander anbieten?« Schlägt er Seto vor, was ihm aber gleich darauf leid tut, als er den unterdrückten Schmerz in dessen Blick bemerkt. »Tut mir leid. Ich meinte das nicht so. Ich werde mich sicher nicht zwischen dich und Kisara stellen, wenn sie dich auch liebt. Ich will das nicht mehr. Diese politischen Ehen, die in der Regel keinen der Ehepartner glücklich machen.« Tief atmet Atemu ein. »Ich werde mit Helena reden. Sie ist genauso betroffen, wie ich es bin und muss auch gehört werden.« Er strafft sich und blickt zu Kimi, der nervös neben Anna steht. »Kimi, lasse der Prinzessin ausrichten, dass ich sie unter vier Augen sprechen möchte.« Atemu ist selbst überrascht, wie fest sich seine Stimme anhört. Dennoch zögert Kimi. »Die Prinzessin hat schon vor über zwei Stunden mit Hauptmann di Modena den Palast verlassen. Soll ich ihrem persönlichen Diener sagen, dass sie zu Euch kommen soll, sobald sie zurück ist?« Ängstlich, weil er dem Befehl nicht wie gewünscht nachkommen kann, senkt er den Blick.

»Ja, tu das. Sie soll vorbeikommen, sobald sie wieder da ist.« Bewusst spricht Atemu mit sanfter Stimme und schafft es sogar, leicht zu lächelnd, als Kimi ruckartig den Kopf hochreisst und ihn ungläubig anstarrt. »Nun geh schon und richte es ihrem persönlichen Diener oder Sklaven aus.« Er hat den Satz noch nicht wirklich beendet, als Kimi auch schon herumwirbelt und durch die Dienstbotentür rennt.

»Er ist so ein guter Junge«, murmelt Atemu und lehnt sich die Augen schliessend zurück. »Wann sind deine falschen Ausweispapiere und die der Sklaven fertig?« Möchte er leise von Seto wissen, der sich nachdenklich das Kinn reibt. »In zwei bis drei Tagen. Hast du schon eine Idee, wie wir dann über die Grenzen kommen sollen? Denke daran, dass sie so gut wie geschlossen sind.«

Bei der Frage kann sich Atemu ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Wir werden nach Tarifa reisen und von dort aus mit einem Fischerboot nach Tanger übersetzen.«

Scharf zieht Seto die Luft ein. »Das ist lebensgefährlich! Die Strasse von Gibraltar ist wegen der Strömungen nicht befahrbar! Selbst wenn wir es schaffen sollten, so gehört Tanger immer noch zum römischen Grossreich! Das Gebiet ist von einem hohen Zaun umgeben, der unüberwindbar ist!«

 

Amüsiert, weil sich Seto so aufregt, schüttelt Atemu den Kopf. »Die Strasse ist nicht unbefahrbar. Die Fischer dort wissen mit den Strömungen umzugehen und gerade weil Tanger zum römischen Grossreich gehört, müssen wir da übersetzen. Und wer hat gesagt, dass wir über den Zaun gehen werden? Denke dran, wir haben ein Baby dabei. Also werden wir den Zaun umgehen oder unterwinden. Je nachdem, wie es momentan vor Ort aussieht, können wir auch einfach als Händler durch das Grenztor spazieren. Was glaubst du denn, warum du gefälschte Dokumente besorgen sollst?«

»Na, dann hoffe ich, dass wir die Überfahrt überleben werden. Diese primitiven Boote sind ja nicht wirklich seetauglich«, murrt Seto und reibt sich den Nasenrücken. »Die Dokumente hätten wir vermutlich auch selbst ausdrucken können. So primitiv, wie sie sind.«

Obwohl Atemu alles andere, als zum Lachen zumute ist, kann er sich nicht zurückhalten. Er lacht schallend auf, als er Setos Gesicht sieht. »Diese primitiven Boote sind seetauglicher, als man denkt und diese primitiven Dokumente darf man auch nicht unterschätzen. Ich habe mir meinen Ausweis mal angesehen, also wenn man weiss, worauf man achten muss, kann eine Fälschung aus dem Drucker ganz leicht identifiziert werden.«

»Wenn du meinst, dann werde ich das mal glauben. Wo bleibt eigentlich Kimi? Ist das so schwer, einen Diener oder anderen Sklaven aufzutreiben?« Vielsagend blickt Seto zur Uhr, die leise tickend an der Wand hängt.

»Kimi muss erst den Diener oder Sklaven finden, auf den Helena auch hört. Das kann schon einen Moment dauern. Eigentlich ist es total unlogisch, dass die kaiserliche Familie auf diese Art der Informationskette besteht. Ein Anruf wäre deutlich schneller.« Leise seufzt Atemu und grinst dann schief. »Und das sage ausgerechnet ich, nach über 6 Jahren ohne Telefon und Co.« Dezent von dem Ticken genervt, blickt Atemu zur Uhr, verkneift sich aber jeglichen Kommentar.

 

Seto bemerkt den Blick und steht auf. Kurzerhand hängt er die Uhr ab und nimmt die Batterien raus. »Sag doch, wenn sie dich nervt. Auch wenn ich mich frage, wann du so empfindlich geworden bist und wie du ohne Uhr die genaue Zeit wissen willst.« Die Batterien legt Seto in eine der Schalen und hängt die Uhr dann wieder an ihren Platz.

 

»Ganz einfach, ich habe gelernt die Zeit am Stand der Sonne abzulesen und die Uhr zeigt ja immerhin noch zwei Mal am Tag die richtige Uhrzeit an«, scherzt Atemu wird dann aber ernst. »Es hört sich vielleicht seltsam an, aber das Leben beim einfachen Volk ist viel leiser als das Leben der Oberschicht. Wir haben hier so viele Hintergrundgeräusche, die es Zuhause nicht gibt.«

 

Nachdenklich sieht sich Seto um und fragt sich, was Atemu wohl meint. Jetzt, da die Uhr nicht mehr tickt, kann er beim besten Willen nichts mehr hören.

 

»Das leise Rauschen der Bodenheizung, die auch jetzt immer noch läuft. Dann so ein leises Knistern, das von den Stromleitungen in den Wänden kommt. Die Lampen knacken irgendwie, wenn man das Licht löscht. Das sind alles Geräusche, die ich vorher auch nicht wahrgenommen habe, die mir jetzt aber unglaublich laut vorkommen«, erklärt Atemu leise und blickt zur Dienstbotentür, durch die Kimi gerade wieder rein kommt. »Hast du den Diener oder Sklaven gefunden?«

 

Atemlos nickt Kimi. »Ja, aber ich musste den halben Palast nach dem Diener durchsuchen. Ich habe ihn schliesslich in seiner Kammer gefunden, musste aber warten, bis er mit seinem Schäferstündchen fertig war. Tut mir leid, dass ich nicht schneller gewesen bin.«

 

Leicht lächelnd nickt Atemu. »Du musst dich nicht entschuldigen. Du hast dich beeilt und deine Aufgabe erledigt. Das ist alles, was zählt. Nun kümmere dich mit Anna bitte um das Abendessen, damit wir dann pünktlich um 18 Uhr essen können.«

Als Seto das hört, kann er sich ein Schnauben nicht verkneifen. »Das sagst ausgerechnet du? Du bist so leicht, dass du vermutlich seit Wochen nicht mehr richtig gegessen hast!« Streng sieht er seinen Cousin an, woraufhin Atemu ertappt zur Seite blickt. »Ich hatte einfach keinen Hunger und wenn ich mich zum Essen gezwungen habe, wurde mir schlecht. Also habe ich es lieber gelassen.« Entschuldigend blickt er wieder zu Seto, der mit geschlossenen Augen den Kopf schüttelt. »Da ist es ja kein Wunder, dass du zusammenklappst.« Er öffnet wieder die Augen und sieht Atemu nun streng an. »Du wirst ab sofort wieder regelmässig essen! Das kann ja nicht sein, dass du Gefahr läufst, bei der nächsten Aufregung wieder zusammen zu brechen.«

 

Atemus Gesichtsausdruck ist so vielsagend, dass sich Seto zu den beiden Sklaven umwendet. »Anna, bereite in Zukunft für uns leichte Mahlzeiten zu, die nicht auf den Magen schlagen und dennoch nahrhaft sind und viel Energie liefern. Du Kimi, achtest darauf, dass er auch wirklich isst und nicht nur so tut.«

 

Gerade, als Atemu protestieren will, klopft es an der Tür. »Herein?«, ruft Seto sofort, woraufhin die Tür geöffnet wird und den Blick auf einen sich tief verneigenden Diener freigibt. »Pharao Nesut-anch-Ra. Prinzessin Helena ist angekommen und bereit, Euch zu treffen.« Den Blick weiterhin gesenkt haltend, richtet sich der Diener wieder auf. »In welchen Raum darf ich die Prinzessin geleiten?«

 

Von der plötzlichen Störung überrumpelt, starrt Atemu den Diener an, bis er ein leises Räuspern hört. Seto räuspert sich noch einmal und dann blickt der Diener endlich zu ihm rüber. »Sie soll hierher kommen. Dann schauen wir weiter«, befiehlt er an Atemus Stelle, woraufhin sich der Diener wieder tief verneigt. »Sehr wohl. Sie wird in ein paar Minuten hier sein.« Nach diesen Worten schliesst er die Tür, woraufhin Atemu und Seto sich erstaunt ansehen. »Also, ich muss ja sagen, dass ich nicht gedacht hätte, dass sie so schnell deiner Aufforderung nachkommen wird.« Stellt Seto schliesslich ernst fest.

Daraufhin schüttelt Atemu langsam den Kopf. »Du tust ihr Unrecht. Sie ist vielleicht verwöhnt und das Nesthäckchen der kaiserlichen Familie, aber sie ist immer noch eine Prinzessin und weiss, was sich gehört. Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht anders erscheint. Denk dran. Nur dank ihr konnten wir überhaupt erst hierher reisen.«

Seto schnaubt und verschränkt die Arme. »Das ist auch das Einzige, was für sie spricht. Abgesehen von ihrem Aussehen und ihrer Mitgift.«

Als die Tür nach einem kurzen Klopfen wieder aufgeht, lehnt er sich demonstrativ an den Kamin und sieht abschätzig zu, wie Helena hoch erhobenen Hauptes eintritt, nur um dann vor Atemu zu knicksen. »Ihr wolltet mich sprechen, Pharao Nesut-anch-Ra?« Fragend sieht sie die beiden Männer an, ohne jedoch Seto zu grüssen.

Mit einem leichten Lächeln deutet Atemu zum Sessel. »Prinzessin Helena. Setzt Euch, bitte.« Geduldig wartet er, bis sie sich angespannt hingesetzt hat. »Ich nehme an, Ihr könnt Euch denken, weshalb Ihr herkommen solltet?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen, woraufhin Helena zögernd nickt. »Ich nehme an, dass mein Vater mit Euch gesprochen hat«, antwortet sie und senkt den Blick auf ihre im Schoss verschränkten Hände.

Sie nicht aus den Augen lassend, nickt Atemu. »Ja, er hat mit mir gesprochen. Was ist Eure Meinung, zu seinen Plänen?« Bewusst behält er den sanften Tonfall bei, um sie nicht unbewusst unter Druck zu setzen.

Helena beisst sich auf die Lippen. »Ich fühle mich geehrt und würde mich freuen, Eure Gemahlin zu werden. An Eurer Seite zu stehen und Euch Kinder zu schenken.« Ihre Stimme ist leise, aber fest und nur, weil Atemu sie genau beobachtet, sieht er, wie sie unbewusst die Finger fester ineinander schlingt.

Tief seufzt er auf. »Es ehrt mich, das von Euch zu hören. Jedoch ist es offensichtlich nicht die Wahrheit. Prinzessin, ich denke, uns ist beiden bewusst, wie diese Ehe aussehen würde. Darum frage ich noch einmal, wollt Ihr diese Ehe wirklich eingehen?«

Als sie ihren Blick hebt und ihn nun direkt ansieht, lächelt er sie auffordernd an. »Los, sagt mir, was Ihr wirklich denkt. Euer Vater muss es nicht erfahren.«

 

Helena zögert. Ist das eine Falle? Will er sie in Sicherheit wiegen, nur um sich dann bei ihrem Vater über sie zu beschweren? Doch er wirkt so nett und ehrlich. So ganz anders, als die anderen Männer, denen sie schon vorgestellt worden ist. »Ich …« Ihr Blick gleitet zu Seto, der mit unergründlicher Miene dasteht. Kein Muskel regt sich in seinem Gesicht. Wenn das Blinzeln nicht wäre, würde sie ihn für eine Statue halten. Das verunsichert sie noch mehr, weshalb sie wieder zu Atemu blickt, der geduldig wartend dasitzt. »Ich …«, versucht sie es noch einmal. »Ich möchte Euch nicht heiraten!«, stösst sie ruckartig hervor, nur um gleich darauf erschrocken die Hand vor ihren Mund zu halten. »Verzeiht. Natürlich möchte ich eure Gattin werden. Nur weiss ich nicht, ob ich der Verantwortung gewachsen bin. Es wäre vielleicht …«

Die Hand hebend, bringt Atemu sie zum Schweigen. »Helena, es ist nicht nötig, dass Ihr Euch erklärt. Ich gebe es offen zu, dass ich auch nicht gerade von den Plänen Eures Vaters begeistert bin. Ich gebe zu, dass der Gedanke, Zypern wieder in unserem Reich zu wissen, sehr verlockend ist und dann noch das Versprechen auf den Kaiserthron …«, er hält inne und mustert sie genauer. »Jedoch bin ich der Meinung, dass es an der Zeit ist, von Heiraten aus politischen Gründen wegzukommen. Es birgt zu viele Nachteile. Nur schon, wenn ich da auf die doch recht nahe Verwandtschaft zwischen den Königshäusern blicke und was das für Probleme mit sich bringt.«

Mit offenem Mund starrt Helena ihn an. »Ihr wollt nicht … aber … mein Vater hat doch …«, stottert sie und verstummt dann hilflos.

 

»Ja? Was hat er?« Mischt sich nun Seto ein und stösst sich vom Kamin ab. Er setzt sich neben Atemu auf das Sofa. Wirkt aber eher bedrohlich, als freundlich. »Sagen wir doch, wie es ist. Er hat so ein verführerisches Paket geschnürt, dass mein Cousin kaum Nein sagen kann, ohne ihn vor den Kopf zu stossen.« Hart sieht er Helena an und registriert mit einer kleinen Genugtuung, wie sie zusammenzuckt. »Es ist schon sehr grosszügig vom Pharao, dass er mit Euch redet und den Ehevertrag noch nicht unterschrieben hat. Oder was meint Ihr?«

 

Wieder mit unköniglich weit aufgerissenem Mund starrt sie erst Seto, dann Atemu an. »Ihr … habt den Vertrag wirklich nicht unterschrieben?« Leichte Hoffnung regt sich in ihr, wie ein schwaches Licht, das heller wird, als Atemu bestätigend nickt. »Habe ich mich so undeutlich ausgedrückt? Oder könnt Ihr es nur nicht glauben?«, fragt er amüsiert. »Ich habe den Vertrag nicht unterschrieben. Jedoch kann ich nicht versprechen, dass ich es in Zukunft nicht doch tun werde, wenn ich mich dazu gezwungen sehen sollte. Es sei denn, Ihr könnt mir einen guten Grund nennen, abgesehen von unserer doch recht nahen Verwandtschaft, der gegen eine Heirat spricht.«

Dass er mindestens ein dutzend Gründe nennen könnte, weshalb er sie nicht heiraten kann, verschweigt er. So wie er auch die immer laute schreiende Stimme in seinem Innern unterdrückt oder zumindest ignoriert.

 

Helena schluckt leer. »Ich liebe Euch nicht. Ich weiss, dass Ihr mich nie werdet lieben können.« Mit jedem Wort wird ihre Stimme leiser und ihr Blick unsicherer. Was, wenn sie sich in ihm täuscht und ihr Vater die Drohung, sie in ein Kloster in den Highlands zu schicken wahr machen wird? »Jedoch ist mir bewusst, dass Gefühle in unseren Kreisen keine Rolle spielen dürfen.« Fügt sie sicherheitshalber noch hinzu.

 

Seto grinst amüsiert. Irgendwie macht es ihm Spass, die sonst so überhebliche Prinzessin in dieser Lage zu sehen. »Ihr habt es erkannt. Gefühle spielen keinerlei Rolle. Vielleicht sollte der Pharao eurem Vater ja vorschlagen, dass ich Euch zur Frau nehme. Dann wärt Ihr nur die Frau eines Prinzen und der Aufgabe solltet Ihr ja gewachsen sein.«

 

Schlagartig wird Helenas Gesicht schneeweiss. »Nein! Da gehe ich lieber ins Kloster!« Wirft sie Seto unüberlegt an den Kopf. Sie springt mit zu Fäusten geballten Händen auf. »Niemals, werde ich Euch heiraten, Seto!«, schreit sie ihn unbeherrscht an. Noch bevor einer der beiden Männer etwas sagen kann, ist sie aus dem Zimmer gestürzt und die Tür ins Schloss geknallt.

 

Leise seufzt Atemu auf. »Das war jetzt unnötig, Seto. Wir beide wissen, dass du sie niemals heiraten würdest. Also was sollte das?« Missbilligend sieht er seinen Cousin an, der jedoch, grinst nur breit. »Was denn? Sie ist eine verwöhnte Göre, die uns in den letzten Wochen mehr als einmal hat spüren lassen, dass wir auf den guten Willen ihres Vaters angewiesen sind. Es geschieht ihr nur recht, dass ich so mit ihr geredet habe.«

 

Missbilligend schüttelt Atemu den Kopf. »Du solltest eigentlich über solch kindischem Verhalten stehen«, rügt er Seto, aber seine Augen strafen seine Worte Lügen. Auch er hatte in der letzten Zeit immer mal wieder gehört, wie Helena geredet hatte und irgendwie hatte er es ja auf eine primitive Art und Weise genossen, wie sein Cousin sie geärgert hat.

 

Die Augenbraue hochziehend legt Seto die Arme auf die Sofalehne. »Nun tu nicht so. Ich kann es inzwischen an deinen Augen ablesen, was du wirklich denkst.« Er blickt an die Decke, betrachtet das Muster der Ornamente, die sich kunstvoll über die weisse Fläche schlängeln. »Dennoch solltest du gut darüber nachdenken, ob du deine Gefühle über die Konventionen stellen willst. Du musst ja nur so lange mit ihr schlafen, bis ihr zwei Söhne habt und danach kannst du sie ja links liegen lassen und dir deinen geliebten Yugi in den Palast holen.«

Als er den geschockten Blick Atemus bemerkt, schüttelt er langsam den Kopf. »Nun tu nicht so. Du wärst nicht der Erste und sicher auch nicht der Letzte, der das tut. Alle tun es, selbst wenn diejenigen, die so viele Gattinnen haben, dass sie an jedem Tag im Monat eine andere in ihr Bett holen könnten. Bestimmt würde es dein Liebster auch verstehen, dass es nun mal deine Pflicht ist, einen Nachkommen zu zeugen.«

 

Deprimiert blickt Atemu auf seine Hände. »Das weiss ich alles selbst. Natürlich könnte ich es so machen, nur … kann ich das mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren und dann ist da auch noch die Tatsache, dass es gar nicht sicher ist, dass ich überhaupt Kinder zeugen könnte. Selbst wenn ich es wollte. Mich stösst nur schon der Gedanke mit einer Frau das Bett zu teilen ab und …« Atemu zögert, aber dann sieht er Seto direkt an. »Ich könnte es Yugi niemals antun, bei mir im Palast zu leben. Er gehört dem einfachen Volk an und auch wenn sein Vater zur Oberschicht gehört hat, so hat er sich gegen dieses Leben entschieden. Er hatte die Wahl und er ist in seine Welt zurückgekehrt. Dazu kommt, dass er nicht besser als ein Diener oder Sklave behandelt werden würde. Sein einziger Schutz wäre, dass er mein Geliebter ist und das würde ihn über kurz oder lang vernichten.«

Ruckartig steht Atemu auf und geht zur Tür. »Ich werde mit dem Kaiser reden. Ich kann und werde Helena nicht heiraten und wenn ich als Grund die inzwischen zu nahe Verwandtschaft zwischen den Königshäusern anbringen muss.«

 

Seto will darauf etwas erwidern, aber da ist schon die Tür hinter Atemu zugefallen. »Na toll. Wenigstens die eine oder andere Sache solltest du vielleicht beim Alten lassen, bis du wieder sicher auf dem Thron bist«, murrt er vor sich hin und steht auf. Er tritt ans Fenster und blickt hinaus. Mit einem breiten Grinsen beobachtet er, wie die Prinzessin im Park die Arme um diesen di Modena schlingt und wie dieser die Umarmung erwidert. »So ist das also«, murmelt er vor sich hin, während er sich mit der rechten Hand übers Kinn streicht.

 

Unterdessen ist Atemu wieder zur privaten Bibliothek Hadrians gegangen und wartet dort geduldig darauf, dass der Kaiser von dem Treffen mit den Ministern zurück kommt. In den kalten Kamin blickend, lässt er seine Gedanken zu seinem Sharik wandern. Zu gern, würde er die Briefe, die er ihm täglich schreibt, auch zuschicken. Nur wem kann er die Briefe anvertrauen? Er ist so in seine Überlegungen vertieft, dass er nicht hört, wie jemand den Raum betritt.

Ein leises Räuspern reisst ihn schliesslich aus seinen Gedanken. Erschrocken zuckt er zusammen und sieht sich um, nur um gleich darauf aufzuspringen. »Kaiser Hadrian. Danke, dass Ihr mich so spontan empfangt.«

Lächelnd hebt Hadrian die Hand. »Ihr müsst euch nicht bedanken. Ich gehe davon aus, dass ich Euch bald als meinen zukünftigen Schwiegersohn begrüssen kann. Da ist es doch selbstverständlich, dass ich Euch auch spontan empfange. Nun setzt Euch aber wieder hin und lasst uns reden.« Seinen eigenen Worten folgend, setzt sich Hadrian auf den zweiten Sessel und sieht ihn dann aufmerksam an.

 

Atemu setzt sich ebenfalls wieder hin. Er räuspert sich vernehmlich und atmet dann tief durch. »Genau darüber wollte ich mit Euch sprechen. Ich fühle mich geehrt, dass Ihr mir die Hand Eurer Tochter anbietet, aber ich weiss nicht, ob es gut ist, wenn ich sie zur Gemahlin nehme.« Er wollte eigentlich nicht gleich so mit der Tür ins Haus fallen, aber die Worte des Kaisers haben ihn aus dem Konzept gebracht.

Missbilligend runzelt Hadrian die Stirn. »Erklärt Euch! Helena hat einen tadellosen Ruf und Ihre Mitgift ist wirklich mehr als grosszügig! Dazu ist sie noch jung und kann Euch viele Kinder schenken, die von dem reinen Blut unserer beiden Familien wären.«

 

Beschwichtigend hebt Atemu daraufhin die Hand. »Das ist es nicht, es hat andere Gründe.«

»Andere Gründe? Hat Helena etwa etwas gesagt, was Euch zweifeln lässt?« Will Hadrian mit blitzenden Augen wissen.

 

Sofort schüttelt Atemu den Kopf. Er ahnt, dass wenn er jetzt die Wahrheit über ihr Gespräch sagen würde, würde Helena Probleme bekommen. »Nein, sie hat sich vorbildlich verhalten und Eure Worte bestätigt. Das Problem liegt ganz allein bei mir.« Tief atmet Atemu ein. »Ich kann weder Helena, noch sonst eine Prinzessin ehelichen. Es wäre für jede Frau eine Zumutung mit mir verheiratet zu sein, da ich aufgrund meiner Vergangenheit nicht in mehr der Lage bin, ihnen beizuwohnen oder mit ihnen Kinder zu zeugen.«

 

Misstrauisch verengt Hadrian die Augen, während er sich gleichzeitig weiter vorbeugt. »Warum habt Ihr mir das nicht bei unserem vorherigen Gespräch gesagt?«

 

Für einen Moment schliesst Atemu die Augen, um dann Hadrian mit einer Ruhe, die er nicht fühlt, anzusehen. »Ich war von Eurem unglaublichen Angebot überwältigt. Ich musste erst darüber nachdenken und mit der Prinzessin sprechen, um mir darüber klar zu werden, was das Beste für unsere beiden Häuser wäre. Ihr wollt einen meiner Söhne zu Eurem Nachfolger machen. Nur würden eventuelle Kinder nicht von meinem Blut sein.«

 

Nachdenklich, aber auch immer noch leicht misstrauisch, lehnt sich Seto wieder zurück. »Verstehe. Das macht die ganze Sache komplizierter. Wie wollt Ihr dieses Dilemma wegen des fehlenden Thronfolgers dann lösen?«

 

Nun lächelt Atemu leicht. »Ich überlege meine Schwester mit Seto zu verheiraten. Ihr ältester Sohn würde dann meinen Thron erben.«

 

Erstaunt reibt sich Hadrian das Kinn. »Eine interessante Idee. Nur warum die beiden miteinander verheiraten? Wäre es nicht logischer, sie mit Nachkommen aus anderen Häusern zu verheiraten?«

 

Innerlich flucht Atemu. Wieso muss der Kaiser nur an alles denken? Von seinem Gedanken lässt er sich nichts anmerken, als er nun leicht grinst. »Auf den ersten Blick ja. Aber da durch die ganzen Ereignisse das Vertrauen des Volkes in ihre Herrscher vermutlich sehr leiden wird, wäre es unklug, wenn sie Prinzen und Prinzessinnen aus anderen Reichen ehelichen würden. Es würde vor dem Volk den Anschein erwecken, dass wir schwach sind, wenn nicht nur ich keinen Thronfolger liefern kann, sondern auch noch ein Kind als meinen Thronfolger bestimmen würde, das für das Volk nicht von den Göttern abstammen kann.« Atemu kommt sich vor, als würde er gerade den grössten Blödsinn seines Lebens erzählen und hofft jetzt einfach nur, dass der Kaiser seine wirre und absolut unlogische Erklärung akzeptieren würde.

 

Lange sieht Hadrian Atemu an. »Eure Worte ergeben einen gewissen Sinn, dennoch braucht Ihr eine Gemahlin. Darum schlage ich Euch vor, dass Ihr Helena ehelichen werdet. Nur mit dem Unterschied, dass wenn Ihr mit ihr keine Kinder zeugen solltet, der Zweitgeborene Eurer Schwester den Kaiserthron erben wird.«

 

Leicht presst Atemu die Lippen zusammen. »Verstehe. Ihr denkt auch an alles. Allerdings kann ich den Vertrag erst unterschreiben, wenn ich wieder auf dem Thron sitze. Alles andere würde die Prinzessin in Gefahr bringen und das will ich unter allen Umständen vermeiden.«

Seine innere Stimme schreit auf, als er das sagt. Nur der Gedanke, dass er sich so Zeit erkauft, um eine Lösung zu finden, die Hadrian akzeptieren wird, lässt ihn ruhig sitzen bleiben.

 

Es passt Hadrian nicht, was Atemu da sagt. Nur muss er leider zugeben, dass dieser leider Recht hat. »Gut, dann werde ich Helena sagen, dass sie sich noch etwas in Geduld üben muss, bis sie sich voller Stolz als Eure Verlobte bezeichnen kann.« Er richtet sich wieder auf und hält Atemu die Hand hin. »Geben wir einander wie in alten Zeiten die Hand, um den Pakt zu besiegeln.«

 

 
 

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Puh, da hat Atemu ein kleines Problem in Form eines in den Traditionen verhafteten Kaisers. Er hat ja nicht schon genug Probleme, die er lösen muss und die eigentlich schon schwer genug auf seinen Schultern lasten.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Überraschende Hilfe

Hallo zusammen,

 

die Zeit rennt und ich habe mit Schrecken festgestellt, wie spät es schon wieder ist. Also noch schnell das neue Kapitel posten, damit ihr weiterlesen könnt.

 

Diese Woche habe ich meine bestellten Taschenbücher vom letzten Wüstensklave Band bekommen und es ist einfach immer wieder ein unglaubliches Gefühl, das eigene Buch in den Händen zu halten.

 

So, nun aber genug geschwafelt. Ich wünsche euch viel Spass mit dem neuen Kapitel.

 
 

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Überraschende Hilfe

 

 

In Gedanken versunken sitzt Atemu unter dem alten Olivenbaum. Dort, wo sie vor Wochen Pläne geschmiedet hatten, wie sie Shimon retten könnten. Nun muss er sich fragen, ob der alte Mann überhaupt noch lebt oder ob er schon wegen Hochverrats hingerichtet worden ist. Seufzend legt er den Kopf auf seine Arme und schliesst die Augen. Versucht, sich vorzustellen, was als nächstes auf sie zukommen könnte. Als er das Gras rascheln hört, blickt er hoch und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er einen kleinen Vogel sieht, der direkt vor ihm durch die Grashalme nach Insekten sucht.

»Du hast es gut. Du musst dir keine Sorgen um ein ganzes Land machen. Du musst dich nicht fragen, wie es den Menschen geht, die du liebst und du musst dich nicht damit herumschlagen, dass von dir erwartet wird, dass du eine Prinzessin heiratest«, murmelt er und sieht dem Vogel nach, als er mit einem Regenwurm im Schnabel davonfliegt. »So frei, wie du möchte ich auch gern sein.«

 

»So frei wie wer?«, fragt Seto und lässt sich neben Atemu ins Gras sinken. »Kein Grund, dich zu erschrecken, ich bin’s nur«, lacht er auf, als er den erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkt. »Versteckst du dich vor Hadrian? Er scheint es ja kaum erwarten zu können, dass du die Verlobung mit seinem Töchterchen bekannt gibst. Ich dachte, du willst ihm klar machen, dass du sie nicht heiraten wirst.«

 

Abfällig schnaubt Atemu. »Ich weiss. Und ja, ich gehe ihm so gut wie möglich aus dem Weg.« Genervt blickt er, sich an den Baumstamm lehnend, nach oben ins Blätterdach. »Er kam rein und hat mich schon als seinen zukünftigen Schwiegersohn bezeichnet, als ich ihm sagen wollte, dass ich Helena nicht heiraten werde. Was hätte ich denn tun sollen? Selbst, als ich ihm gesagt habe, dass ich mit ihr aufgrund meiner Vergangenheit nie Kinder haben werde und dass die Kinder meiner Schwester meine Nachfolge antreten werden, war er immer noch der Meinung, dass ich sie heiraten solle. Ich konnte ihn lediglich davon überzeugen, dass ich den Vertrag erst unterschreiben werde, wenn klar ist, wie meine Zukunft aussehen wird.«

 

Nachdenklich zupft Seto an einem Grashalm herum. »Also konntest du dir lediglich Zeit erkaufen, um eine Lösung zu finden. Der Alte ist nun mal in den Traditionen verwurzelt, das wirst du nicht ändern können. Nur, wenn es ihm egal ist, dass du und Helena keine Kinder haben werdet, wieso heiratest du sie dann nicht einfach? Nichts zwingt dich, mit ihr das Bett zu teilen und sie wird bestimmt auch nicht böse sein, wenn du nichts von ihr wissen willst. Sie kann sich ja einen Liebhaber nehmen. Solange sie nicht schwanger wird, kann dir das dann ja egal sein.«

 

Langsam steht Atemu auf und geht ein paar Schritte vom Baum weg, bis er im Sonnenlicht stehen bleibt. »Du redest so, wie einst mein Vater geredet hat. Weisst du, warum er Kisara als seine Tochter angenommen hat?« Er blickt über die Schulter und grinst bitter, als er Seto die Schultern heben sieht. »Erstens, sie ist nicht die Erstgeborene und was noch wichtiger ist, sie ist ein Mädchen. In seinen Augen war sie gerade mal genug wert, um später mal zur Bündnisfestigung an einen Prinzen des chinesischen Grossreiches verheiratet zu werden. Er hatte schon alles geplant und wenn er nicht gestorben wäre, dann wäre wohl an Kisaras sechzehnten Geburtstag der Heiratsvertrag unterschrieben worden. Ich habe nach meiner Thronbesteigung seine Unterlagen durchgesehen und da war auch der Briefwechsel mit dem chinesischen Kaiser dabei, in dem es darum ging, sie mit dessen jüngsten Sohn Shao zu verheiraten.«

 

Als Seto das hört, muss er leer schlucken. Er blickt zur Seite und atmet tief durch, um seine plötzlich hochkochenden Gefühle zu beruhigen. »Verstehe. Wirst du die Gespräche dann wieder aufnehmen? Soviel ich weiss, ist Prinz Shao noch nicht versprochen.«

 

»Ach, Seto«, seufzt Atemu auf. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich möchte, dass ihr beide heiratet, wenn Kisara dich auch liebt. Sie soll ihren Ehemann selbst wählen und daran halte ich fest. Irgendwann muss einer den ersten Schritt machen, um etwas zu verändern und wenn ich das sein muss, dann soll es so sein.«

Wieder in Gedanken blickt er in die Ferne. »Sind eure Papiere angekommen?« Ein Rascheln lässt ihn zur Seite blicken, als Seto neben ihn tritt. »Ja, darum bin ich hier. Kimi hat sie gebracht und sie sehen gut aus. Wir können als mit den nächsten Schritten beginnen.«

 

Kurz beisst sich Atemu auf die Lippen. »Gut, gehen wir zurück zum Palast.« Ruckartig wendet er sich um und geht mit steifen Schritten durch das hohe Gras.

Seto folgt ihm mit einigem Abstand. Er ahnt, dass sein Cousin für sich sein möchte. Nicht umsonst hat er sich hier hin zurückgezogen. Hadrian kann er schliesslich auch aus dem Weg gehen, indem er sich einfach nicht im gleichen Palastflügel aufhält, wie der Kaiser.

In dem Moment, als sie den Kiesweg erreichen, hören und sehen sie wie mehrere Hubschrauber in Richtung Palast fliegen.

»Ich dachte, hier ist absolutes Flugverbot?« Fragend sieht Seto Atemu an, der langsam den Kopf schüttelt. »Ja und Nein. Es muss nur einen triftigen Grund geben, wie einen hohen Staatsbesuch, dann dürfen Hubschrauber in der Nähe des Palastes landen. Nur … ich weiss von keinem Staatsbesuch.«

 

Er hat ein ungutes Gefühl, als er langsam weitergeht und das verstärkt sich auch noch, als er sieht, wie Helena in einem wehenden hellblauen Kleid auf sie zu gerannt kommt. Atemlos bleibt sie schliesslich vor ihnen stehen. »Ihr dürft nicht zum Palast kommen«, stösst sie keuchend hervor. »Das sind Abgesandte des amtierenden Pharaos und sie haben etwa ein duzend Soldaten dabei. Ich habe gehört, wie mein Vater mit dem Botschafter am Telefon gestritten hat, als sie schon fast gelandet waren.«

 

Geschockt starrt Atemu sie an, Er ist zu keinem Wort fähig. So drängt sich Seto an ihm vorbei und sieht sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was wisst Ihr, Prinzessin?« Verlangt er resolut zu wissen.

Nun beisst sie sich auf die Oberlippe und scheint für einen Moment zu schwanken, aber dann strafft sie sich wieder. »Sie scheinen gehört zu haben, dass Ihr hier seid. Zumindest habe ich das aus den Antworten meines Vaters rausgehört. Ihr dürft nicht zum Palast. Mario … ich meine, Hauptmann di Modena bringt Pferde und eure Sklaven zum Pantheon. Er reitet mit euch so schnell wie möglich nach Genua. Dort lebt seine Grossmutter, sie wird euch aufnehmen, bis ihr die Weiterreise organisiert habt.«

 

Seto öffnet schon den Mund, als ihm Atemu die Hand auf den Oberarm legt. »Warum Pferde?«, fragt er mit leiser, aber fester Stimme.

 

Nun lächelt Helena leicht. »Ich bin zwar nur eine Prinzessin und weiss kaum, wie es ausserhalb des Palastes aussieht, aber di Modena kommt aus der niederen Oberschicht. Er hat gesagt, dass Pferde weniger auffällig sind als ein Auto.« Nervös sieht sie sich um. »Am besten folgt ihr mir. Ich kann euch beide sicher zum Pantheon bringen.«

 

Seto und Atemu tauschen einen langen Blick aus. »Gut, bringt uns hin!«, bestimmt Atemu schliesslich und macht dabei einen Schritt auf sie zu. »Ich verspreche, dass ich einen Weg finden werde, dass Ihr mich nicht heiraten müsst«, raunt er ihr zu, woraufhin sie ihn mit einem erstaunten Blick ansieht. »Danke. Nun aber, folgt mir«, murmelt sie und rennt los. Jedoch nicht in Richtung Palast, sondern über die Wiese den Hügel runter zu einem kleinen Wäldchen.

Darauf vertrauend, dass die beiden Männer ihr folgen, sieht sie sich nicht um und bleibt erst stehen, als sie zwischen den Bäumen vom Palast aus nicht mehr gesehen werden kann. Nun dreht sie sich um und sieht zu ihnen. »Wir müssen den Palast umgehen. Hier im Wäldchen ist ein verstecktes Tor in der Mauer, die das Palastgelände umgibt. Ich weiss nicht einmal, ob mein Vater weiss, dass es noch existiert«, erklärt sie den beiden und geht nun deutlich langsamer weiter.

 

»Verstehe und warum erwartet uns der Hauptmann nicht dort?« Will Atemu wissen, während er neben ihr durch das Unterholz stapft. Seto, der auf seiner anderen Seite läuft, nickt zustimmend. »Das wüsste ich auch gern. Das wäre doch viel einfacher, als uns bis zum Pantheon durchzuschlagen.«

 

Helena blickt sich nervös um. »Vielleicht, aber wir müssen direkt nach dem Tor in einen alten Geheimgang rein, sonst können wir vom Palast aus gesehen werden. Mit den Pferden ist das nicht möglich und hier sind zu wenig Passanten unterwegs, um in der Masse unterzutauchen.«

 

Ruckartig bleibt Atemu stehen und ergreift gleichzeitig ihren Arm. »Kann es sein, dass Ihr den Weg schon mehr als einmal benutzt habt?« Noch bevor sie kaum sichtbar nickt und etwas von: »Ich habe mich als Kind so oft in die Stadt geschlichen«, murmelt, kennt er die Antwort. Schliesslich hat er als Jugendlicher etwas ähnliches gemacht. »Gehen wir weiter.« Seine Stimme ist leise und dieser wissende Unterton, schwingt in ihr mit. Als sie ihn ansieht, lächelt er sie auffordernd an. »Danke«, raunt sie und geht nun wieder weiter.

Sie müssen sich noch etwas mehr als zweihundert Meter durch das Unterholz schlagen, bis sie die Mauer erreichen, die als undurchdringbares Bauwerk das Palastgelände umgibt. Sicher hält sie die Gefahren draussen oder die Bewohner gefangen.

 

Seto will schon spöttisch fragen, wo denn dieses ominöse Tor sein soll, als es plötzlich da vor ihnen auftaucht, wo sich die eine Ecke der Mauer befindet.

Nervös blickt sich Helena um, ehe sie das Tor öffnet und hinausspäht. »Kommt, die Luft ist rein«, flüstert sie atemlos und huscht gefolgt von den beiden nach draussen.

Kaum ist das Tor hinter ihnen geschlossen, fühlt sich Atemu so frei, wie schon lange nicht mehr. Ihm wird schlagartig bewusst, dass er sich, obwohl er ein Sklave gewesen ist, bei Yugi zum ersten Mal in seinem Leben wirklich frei gefühlt hat. Diese Erkenntnis ist so überwältigend, dass er einen Moment schwankt. Er wäre vermutlich sogar gestürzt, aber ein fester Griff an seinem Oberarm verhindert dies. Erstaunt sieht er zu seinem Cousin, als dieser ihn weiterzieht. »Jetzt ist keine Zeit, umzukippen. Das kannst du dann machen, wenn wir in Sicherheit sind«, grollt Seto. Unerbittlich hält er ihn nun fest, während sie Helena folgen, die auf eine unscheinbare Felsformation zueilt.

 

Als sie näherkommen, sehen sie eine Spalte, die gerade breit genug ist, dass sich eine schlanke Person durchzwängen kann. Dort bleibt Helena stehen und wartet ungeduldig auf sie. »Hier müssen wir durch. Es ist eng, aber nur etwa zwei Meter weit. Danach weitet sich der Gang und wir können halbwegs normal gehen«, erklärt sie ihn mit leiser Stimme, bevor sie sich durch den Spalt zwängt.

 

»Du zuerst«, murmelt Atemu und nun ist er es, der Seto auf den Spalt zu schiebt. Sein Cousin ist für die kleine Öffnung beinahe zu gross und er kann hören, wie die Kleidung über den Felsen reibt. Noch ein letztes Mal blickt er sich um, ehe er den beiden folgt und sich durch den Spalt zwängt. Anscheinend keine Sekunde zu früh, kann er doch auf einmal viel zu nahe Stimmen hören, die sich ihnen nähern.

Nach unendlich scheinenden zwei Metern, die ihm beinahe den Atem rauben, weichen die Wände endlich zurück. Ungeschickt stolpert Atemu ein paar Schritte und muss dann die Augen schliessen, als er von einer Taschenlampe geblendet wird. »Nimm das Licht vom Eingang weg. Draussen sind Leute«, zischt er leise und hat doch das Gefühl, dass seine Stimme unglaublich laut widerhallt.

Sofort senkt sich der Lichtkegel und leuchtet dann in einen nach unten führenden Gang, der wohl schon vor Generationen grob in den Fels gehauen worden ist.

»Folgt mir«, flüstert Helena tonlos und geht langsam, sich trotz des Lichtkegels an der Wand abstützend in die Dunkelheit.

Je weiter sie gehen, desto feuchter und kälter wird die Luft um sie herum. Wenn das Licht der Taschenlampe nicht wäre, würde sie absolute Dunkelheit umgeben, während der Gang sie immer weiter nach unten in die Erde führt.

Auf einmal mündet der grob gehauene Gang in einem unterirdischen Aquädukt mit gemauerten Wänden. »Wow, das muss noch aus der Zeit der Gründung Roms stammen.« Ehrfürchtig fährt Atemu mit den Fingerspitzen über die Wände. »Sie sind noch mit Puzzolan verputzt.«

 

Leicht nickt Helena, die nun auf dem schmalen trockenen Streifen, der an der Wand entlang führt, steht. »Ja, dieses Aquädukt ist so gut wie unbekannt und auf keiner öffentlichen Karte verzeichnet. Er führt direkt zum Pantheon. Dort können wir durch eine versteckte Luke direkt ins Gebäude gelangen.«

Ungeduldig wartet sie darauf, dass die beiden sich fertig umgesehen haben, ehe sie weitergeht. Hin und wieder dringt durch eine Ritze unter der Decke Licht bis zu ihnen vor. Durchbricht die Dunkelheit mit kleinen Lichtbändern, die ansonsten nur vom Licht der Taschenlampe in Helenas Hand zerstreut wird.

Immer wieder müssen sie durch das Wasser waten, was besonders Seto immer wieder genervt murren lässt. »Ihr habt diesen Weg schon öfters benutzt? Obwohl Ihr nasse Füsse bekommt?« Wollte er misstrauisch von Helena wissen.

Sie nickt, ohne sich umzusehen. »Ja, meistens fliesst hier aber deutlich weniger Wasser. Vermutlich hat es bei der Quelle geregnet, dass hier jetzt so viel Wasser ist«, erklärt sie leise und biegt an einer Kreuzung nach links ab.

Sie laufen noch fast zehn Minuten weiter durch das Aquädukt, bis Helena vor einer Treppe stehen bleibt, die so steil ist, dass sie eher an eine in die Wand gehauene Leiter erinnert. »Hier müssen wir hoch«, flüstert sie den beiden Männern zu, bevor sie vorsichtig die steinernen Stufen erklimmt.

 

Zweifelnd blicken Seto und Atemu nach oben. »Hoffentlich haben wir uns nicht verirrt«, murrt Seto, als er hinter der Prinzessin nach oben steigt und ihr dann hilft, die Bodenplatte nach oben zu drücken.

Je mehr sich die Platte hebt, desto heller wird es. »Wartet hier.« Befiehlt Helena leise und steigt durch die Öffnung nach oben. Sie verschwindet aus ihrem Blickfeld, kommt aber schon nach ein paar Minuten wieder zurück. »Die Luft ist rein«, ruft sie ihnen gedämpft zu und hilft ihnen dann, aus dem Loch im Boden zu steigen. Mit vereinten Kräften schieben sie die Bodenplatte wieder über die Öffnung und lassen sie lautlos zurück an ihren Platz sinken.

Erst jetzt schauen sich Seto und Atemu in dem gedämpften Licht um. Sie befinden sich in einer der Nischen, die von den Säulen verdeckt werden und kaum einsehbar sind. »Wie weiter?«, flüstert Atemu und sieht Helena fragend an. »Ich gehe raus und schaue, ob di Modena und eure Sklaven schon hier sind und bringe sie zu euch«, erklärt sie ihnen und eilt davon.

»Bleiben wir hier im Schatten«, raunt Seto und zieht Atemu tiefer in den Schatten der Säule vor ihnen. Er vertraut Helena nicht unbedingt, aber was sollen sie denn sonst schon machen? Immer wieder späht er vorsichtig um die Säule herum. Es dauert eine Ewigkeit, bis Helena mit Kimi wieder zurückkommt. »Di Modena und die Sklavin warten mit den Pferden draussen. Zieht Euch um, ich warte hinter der anderen Säule.« Mit diesen Worten verschwindet sie wieder aus ihrem Blickfeld.

 

»Wir haben alles dabei. Auch den Korb mit der Schokolade und den Briefen«, flüstert Kimi und sieht scheu zu Atemu, der erleichtert aufatmet. »Danke. Es hätte sehr weh getan, wenn die Sachen weg gewesen wären.« Gibt er ebenso leise zu und nimmt die Tasche entgegen, die er ihm reicht. Auch Seto kriegt eine Tasche und murrt leise, als er die braune Reisekleidung aus grober Baumwolle sieht. »Reicht es nicht, dass wir die Umhänge anziehen?« Murrend zieht er sich die eigentlich bequemen Kleidungsstücke an.

 

Als sie fertig umgezogen sind, packt Kimi die edlen Kleider in die Taschen und reicht ihnen nun noch Schuhe aus stabilem dunkelbraunen Leder, die typisch für das einfache Volk sind. Kaum haben sie sich die auch angezogen, legen sie sich noch die Umhänge um und da kommt auch Helena wieder zu ihnen. »Seid ihr fertig?« Fragend mustert sie die beiden, bis sie nicken. »Gut, dann folgt mir.« Sich in den Schatten haltend, folgen sie Helena zum grossen Portal.

Um so wenig wie möglich aufzufallen, treten sie wie normale Besucher des Gebäudes nach draussen, bleiben dann aber wieder in den Schatten der Säulen stehen, während Kimi raus ins Sonnenlicht tritt und um eine Ecke verschwindet.

»Wo geht er hin?«, raunt Atemu Helena zu, die sich noch mehr in den Schatten der Säulen hält. »Er holt di Modena und die Sklavin. Sie warten in einer der Seitengassen, bis wir soweit sind. »Verstehe«, murmelt Atemu und blickt sich suchend um. Er war erst einmal beim Pantheon und kann sich kaum noch daran erinnern, wie es damals ausgesehen hat. Nur an eines erinnert er sich, dass zu der Zeit deutlich weniger Händler unterwegs gewesen waren als heute. Der Platz pulsiert vor Leben und das Rufen der Händler erfüllt die Luft mit einem Stimmengewirr, dass eher einem lauten Summen gleicht.

 

Endlich sieht er, wie Kimi gefolgt von Anna, di Modena und fünf Pferden auf sie zu kommt. Die Pferde bei den Sklaven lassend, kommt Mario zu ihnen und sieht sie ernst an. »Wir werden mindestens eine Woche unterwegs sein, bis wir mit den Pferden Genua erreichen. Rechnet eher mit zwei Wochen. Es wäre ehrlich gesagt besser, wenn ihr die Sklavin mit ihrem Kind hierlassen würdet.« Ernst sieht er die beiden Männer an, die den Blick ebenso ernst erwidern. »Wir lassen Anna und Toshi sicher nicht hier! Dann sind wir halt länger unterwegs!«, zischt Seto mit blitzenden Augen, woraufhin Mario die Hände hebt. »Ganz ruhig. Wenn Ihr es unbedingt wollt, nehmen wir sie natürlich mit.«

Als nun Helena vortritt, wird sein Blick weicher. «Prinzessin. Ihr solltet schon nicht mehr hier sein. Ihr werdet bestimmt schon im Palast vermisst.«

Helena blickt kurz zu Seto und Atemu, aber dann tritt sie vor und legt die Hand auf Marios Brust. »Ich weiss, aber ich werde dich jetzt für mehrere Wochen nicht mehr sehen. Ich … kann Euch doch nicht einfach gehen lassen, ohne dass ich mich von Euch verabschiede.« Nur mit Mühe kann sie ein leises Schniefen unterdrücken.

Leicht lächelnd legt er seine Hand auf die ihre. »Prinzessin. Ihr wart schon länger im Ausland, als ich jetzt unterwegs sein werde.« Als sie ihn nun ansieht, erwidert er ihren Blick. »Ich komme so schnell zurück, wie es mir möglich ist.«

Den Blick wieder senkend, schluckt Helena leer. »Ich weiss, aber da war mir noch nicht klar, was ich fühle. Passt auf Euch auf. Es ist ein langer Weg bis zu Euren Ländereien.« Ihre Stimme ist kaum hörbar. So leise und doch eindringlich spricht sie die Worte aus. Sie sieht ihn jetzt auch wieder an, bis er ihre Hand an seine Lippen legt und einen Kuss auf den Handrücken haucht. »Versprochen. Ich passe auf mich und meine Begleiter auf. Nun geht zurück in den Palast, bevor sie Euch suchen gehen. Zwei meiner vertrauenswürdigsten Leute warten im Café auf der anderen Seite des Platzes auf Euch.«

 

Helenas Herz macht einen Sprung, als sie den gehauchten Kuss auf ihrem Handrücken spürt. Noch immer schlägt es deutlich schneller, als mit gesenktem Blick nickt und von ihm zurücktritt. Erst jetzt wendet sie sich Seto und Atemu zu. »Ich wünsche Euch bei Eurem Vorhaben viel Glück. Pharao und Prinz Seto, sorgt dafür, dass wir bald wieder des Friedens sicher sein können.« Sie staunt, wie fest ihre Stimme klingt und auch, dass sie nicht zurückweicht, als Atemu nun vortritt und ihre Hände ergreift. »Ich weiss nicht, wie ich Euch danken soll, Prinzessin. Ich kann nur eins sagen und versprechen. Egal, wie es ausgeht, ich werde versuchen eine Lösung für unser Dilemma zu finden.« Leicht lächelt er sie an, als sie ihn erstaunt ansieht. »Die Zeiten sollten sich endlich ändern. Nun geht und vertraut auf das Schicksal.«

»Danke, Pharao«, murmelt sie und tritt nun zurück. Knapp nickt sie Seto zu und eilt dann über den Platz zu dem genannten Café.

Kaum ist sie weg, strafft sich Mario und mustert die beiden. »Gut, bevor wir aufbrechen, wie soll ich Euch auf der Reise nennen?«

 

Nun grinst Atemu trotz allem breit. »Bei meinem Namen. Ich heisse Yami Atemu Muto. Yami reicht aber und Seto heisst von jetzt an Gwener Muto.«

Leicht nickt Mario. »Gut. Da ich die fünf Pferde sowieso zu meinem Anwesen bringen wollte und es unmöglich ist, die Gäule zu einem normalen Preis mit einem Transport nach Genua bringen zu lassen, wollte ich die Strecke in einigen Wochen tatsächlich reiten.« Er deutet zu den braunen Pferden, die bei Kimi und Anna stehen, die Toshi in ein Tragetuch gewickelt vor ihrer Brust trägt. »Gehen wir.«

Sie gehen zu den beiden rüber und ohne ein Wort zu sagen, drückt Mario ihnen die Zügel in die Hand. Seto hilft Anna aufzusteigen, behält dann aber die Zügel in der Hand, als er selbst aufsteigt. Es dauert eine Weile, dann sitzen alle sicher in ihren Sätteln. Ernst sieht Mario in die Runde und erst, als er sich sicher ist, dass sie alle bereit sind, treibt er sein Pferd an.

Obwohl sie die Stadt so schnell wie möglich hinter sich lassen wollen, reiten sie in einem gemächlichen Schritt voran. So wie Seto Annas Pferd am Zügel führt, führt Atemu Kimis Pferd neben sich her.

 

Je länger sie schweigend durch die belebten Strassen Roms reiten, desto grösser wird Atemus Bedürfnis, seine Stute schneller laufen zu lassen. Die Bedrohung, die von seinem Onkel ausgeht, ist noch nie so real … so nahe … gewesen, wie jetzt. Nicht einmal am Flughafen, als sie sich gerade noch so in das Flugzeug hatten retten können, hatte er die Gefahr so wahrgenommen, wie jetzt. Unbewusst treibt er sein Pferd an, das gehorsam schneller wird, bis es von di Modenas Pferd gestoppt wird.

Erstaunt sieht Mario über die Schulter zu ihm rüber. »Immer mit der Ruhe. Wir passieren gleich das nordwestliche Stadttor. Also behaltet die Nerven.« Eindringlich fixiert er Atemu mit seinem ruhigen Blick, bis sich dieser wieder mit Kimis Wallach an der Hand zurückfallen lässt.

 

»Verdammt, was ist nur mit mir los?«, murmelt Atemu leise. »Ihr seid angespannt. Nach Wochen des Nichtstuns und des Planens, geht es nun endlich voran und das schneller, als Ihr es gedacht habt.« Beantwortet Kimi flüsternd und mit gesenktem Blick die Frage.

Dies bringt ihm einen verwirrten Blick ein, der ihn leicht schmunzeln lässt. »Ich weiss, Ihr hattet keine Antwort erwartet, aber ich weiss, wie Ihr Euch fühlt. Bis ich vor drei Jahren in den Palast kam, habe ich diese Anspannung mehr als einmal erlebt.«

 

Ertappt blickt Atemu wieder geradeaus. »Das kann ich mir gut vorstellen. Mir ging es schon mehr als einmal so. Nur so extrem habe ich es noch nie empfunden. Früher war es irgendwie schon beinahe eine feste Komponente meines Lebens, darauf zu warten, aktiv zu werden und dann auch zu handeln und später, da war ich viel zu sehr damit beschäftigt, irgendwie zu überleben, um überhaupt etwas in der Art zu fühlen.« Er spricht so leise wie zuvor. Er selbst kann seine eigene Stimme kaum hören und doch nickt Kimi wieder kaum sichtbar. »Ihr seid nicht allein. Vergesst das nie.« Scheu lächelt er Atemu an, senkt aber sofort den Blick, als er merkt, dass sie sich dem grossen Stadttor nähern, durch das sich die Händler mit ihren Waren in die Stadt drängen. Im Gegenzug verlassen andere Händler mit beinahe leeren Karren die Stadt.

Kurz blickt Atemu zu Seto. Er nickt ihm zu und dann senkt er den Blick, bis man ihm, dank der Kapuze seines Umhangs, nicht mehr direkt ins Gesicht sehen kann.

 

Seto murrt innerlich, als er beobachtet, wie der stolze Pharao sein Haupt senkt. Das passt nicht zu ihm. Er kämpft mit sich, aber dann senkt er ebenfalls sein Haupt, bis auch sein Gesicht durch den dunklen Stoff der Kapuze beinahe komplett verdeckt wird.

 

Anders, als seine Begleiter, blickt Mario stolz nach vorn, als sie das Tor passieren. Er will schon aufatmen, dass sie die Stadt sicher hinter sich lassen können, als sich ihnen eine der Torwachen in den Weg stellt und sie so zum Anhalten zwingt. »Hauptmann di Modena? Was für ein ungewöhnlicher Anblick. Wohin des Weges und wer sind Eure Begleiter?«

Innerlich verflucht Mario den jungen Torwächter, den er als Angelo Berlusconi erkennt. »Angelo. Du hast heute Dienst?«, fragt er zurück, erhält aber nur ein knappes Nicken als Antwort. »Ich muss wohl antworten.« Schief grinsend sieht er den rothaarigen Soldaten an, der keinen Millimeter zur Seite weicht. »Das sind Yami und Gwener Muto. Sie helfen mir, diese Pferde zu meinem Anwesen zu schaffen, da sie mit ihren beiden Sklaven in die gleiche Richtung reisen müssen.«

 

Zweifelnd blickt Angelo auf die Truppe. »Warum lasst Ihr die Pferde nicht einfach zu Eurem Anwesen bringen?«

Schief grinsend hebt Mario die rechte Hand und reibt den Zeigefinger und den Daumen aneinander. »Die Preise sind für diese Strecke unverschämt teuer und da ich sowieso mal wieder einen ausgedehnten Wanderritt machen wollte, passt es doch wunderbar zusammen. Das Wetter ist auch perfekt.« Breit grinsend deutet er zum strahlend blauen Himmel.

 

Angelo blickt auch zum Himmel und grinst dann auch breit. »Wo Ihr Recht habt, habt Ihr Recht. Dann wünsche ich Euch viel Spass auf Eurer Reise. Jedoch passt auf, es sind wohl zwei Kriminelle aus dem ägyptischen Grossreich hier irgendwo in der Gegend unterwegs. Darum müssen wir auch jeden kontrollieren, der durch eines der fünf Tore kommt. Da Ihr Eure Begleiter jedoch zu kennen scheint …« Er beendet den Satz nicht, sondern tritt nur zur Seite und lässt sie nun endlich passieren. »Gut zu wissen. Ich halte die Augen auf«, ruft Mario dem jungen Soldaten noch zu, als er an ihm vorbeireitet und dann haben sie es endlich geschafft! Die Stadt liegt hinter ihnen. Vor ihnen liegen jedoch gut fünfhundert Kilometer auf der Küstenstrasse, bis sie Genua erreichen werden.

 

Weiter in diesem langsamen Schritt reitend, der nicht nur Atemu langsam wahnsinnig macht, sondern auch Seto, folgen sie dem Zug der Händler.

Erst, als die Stadt hinter mehreren Kurven und Pinien aus ihrem Sichtfeld verschwunden ist, dreht sich Mario zu seinen Reisebegleitern um. »Seid ihr alle sattelfest genug, um schneller zu reiten?« Er fragt sie zwar alle, aber eigentlich meint er nur die beiden Sklaven.

»Wie weit wollt Ihr heute kommen?«, fragt Atemu zurück, woraufhin Mario auf seine Armbanduhr blickt. »Wir müssen heute fünfundzwanzig Kilometer weit kommen, bis wir eine Hütte erreichen, in der wir die Nacht verbringen können.«

 

Unwillkürlich überprüft Atemu den Stand der Sonne. »Also müssen wir, wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit die Hütte erreichen wollen, mindestens fünf Kilometer pro Stunde schaffen, wenn wir keine Pause machen.«

 

Überrascht nickt Mario. »Ja, aber da wir ein Baby dabei haben, müssen wir ziemlich sicher mit mindestens zwei Pausen rechnen. Also, können wir schneller reiten? Ja oder Nein!«

 

»Ich nehme das Baby! Dann kann Anna sich besser festhalten«, bestimmt Seto kurzerhand und reitet mit ihr an den Strassenrand, wo er ihr das Bündel abnimmt. Sie hilft ihm, die Kleine mit dem Tragetuch sicher an seiner Brust festzubinden. In der Zwischenzeit ist Atemu abgestiegen und hat zwei Stricke aus einer der Taschen geholt. Er befestigt den einen an der Trense von Kimis Pferd, ehe er ihm die Zügel in die Hand gibt. »Nur für den Fall der Fälle. Sollte ich den Strick loslassen, mache dich schwer und zieh an den Zügeln«, erklärt er dem jungen Sklaven, ehe er zu Annas Pferd geht und das Ganze wiederholt. Nur drückt er diesmal den Strick Seto in die Hand. »Die kleine Toshi steht dir.« Neckend zwinkert er ihm zu.

Ein leises Grummeln begleitet ihn zurück zu seinem Pferd, auf das er nun wieder steigt. Kaum sitzt er wieder sicher im Sattel, greift er nach dem Strick von Kimis Pferd und nickt di Modena zu. »Wir können jetzt schneller reiten. Kimi und Anna können sich an den Sätteln festhalten.«

 

Kopfschüttelnd wendet sich Mario, der alles schweigend beobachtet hat, wieder nach vorn um und reitet los. Ein paar Minuten reiten sie noch in einem gemütlichen Schritt, ehe sie in einen lockeren Trab wechseln.

Immer wieder sehen Atemu und Seto zu Kimi und Anna, aber die Pferde haben so einen weichen und sanften Trab, dass die beiden kaum Probleme damit haben, das Gleichgewicht zu halten und sich dem Rhythmus der Trabschritte anzupassen.

 

Während gut zwei Stunden wechseln sie immer wieder zwischen Schritt und Trab ab. Nicht unbedingt wegen den Pferden, die sind auch nach zwei Stunden so energiegeladen, als wären sie gerade erst aufgebrochen, sondern wegen ihren Reitern. Selbst Atemu, der körperliche Arbeit gewohnt ist, ist froh, als sie bei einer einfachen Hütte neben einer Quelle anhalten und er von seinem Pferd steigen kann. »Sagt mal, di Modena, wie heissen die Pferde überhaupt?« Möchte er wissen, während er Kimi und Anna dabei hilft, auf den Boden zu kommen.

 

Mario verkneift sich ein Grinsen, als er die steifen Bewegungen der anderen sieht. »Sie haben noch keine Namen. Zumindest kenne ich sie nicht. Ich dachte, ich benenne sie nach den grossen Gasplaneten und der Sonne. Entscheiden werde ich es aber erst, wenn wir unser Ziel erreicht haben.« Er steigt nun auch ab und streckt sich, ehe er die Zügel nimmt und sein Pferd zur Quelle führt.

»Verstehe«, murmelt Atemu und geht zu Seto und Anna rüber. Er hilft ihnen, die kleine Toshi aus dem Tragetuch zu nehmen und sie der erschöpften Anna in die Hände zu drücken.

Kaum hat er das gemacht, muss er reflexartig Seto festhalten, der absteigt und dabei beinahe auf dem Hosenboden landet. »Verdammt, ich bin wohl zu lange nicht mehr geritten.« Murrend richtet er sich stolz auf und greift nach den Zügeln. Mit steifen Schritten geht er breitbeinig zu der Quelle und lässt sein Pferd saufen.

 

Nur mit Mühe kann Atemu ein Lachen unterdrücken. Dabei hilft ihm, dass auch er eher breitbeinig unterwegs ist und er die Muskeln in seinen Oberschenkeln überdeutlich merkt. Zusammen mit Kimi führt er die restlichen drei Pferde nun auch zur Quelle, während sich Anna um die leise quengelnde Toshi kümmert. Routiniert wickelt sie die Kleine, bevor sie nach einer Dose mit Pulver und dem Fläschchen greift. Ratlos sieht sie die Dose an und geht dann zu der Quelle. »Meister Seto, wisst Ihr wie ich das Pulver anwenden muss? Die Köchin meinte, dass die Arbeitgeber ihrer Schwester daraus Milch für ihr Baby gemacht haben.«

Mit hochgezogener Augenbraue nimmt Seto die Dose mit der Babynahrung und liest die Anleitung. »Du musst bei dem Fläschchen zwei Messlöffel rein tun und dann Wasser dazu geben. Am besten warmes Wasser, aber es geht auch mit dem Quellwasser und dann musst du gut schütteln.« Er reicht ihr die Dose und beobachtet dann genau, wie Anna das Fläschchen vorbereitet. »Hoffentlich mag sie das dann auch trinken.« Zweifelnd sieht er zu Toshi, die glucksend auf dem Tragetuch liegt.

 

»Die Köchin meinte, dass die anderen Kinder das gern getrunken haben«, murmelt Anna und nimmt Toshi auf den Arm. Sie haucht ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn, ehe sie ihr das Fläschchen gibt. Nach ein paar Mal saugen, runzelt Toshi die Stirn und hört kurz auf zu trinken. »Bitte, trink. Wir haben hier keine Amme und auch keine Möglichkeit, dir etwas anderes zu geben«, raunt Anna der Kleinen zu und sie scheint sie zu verstehen. Zumindest beginnt sie wieder zu trinken. Erleichtert atmet sie auf. »Danke, Toshi«, murmelt sie und konzentriert sich nun voll und ganz auf ihr Töchterchen.

 

»Gut, eine Sorge weniger«, murmelt Atemu und sieht sich nun um. »Also, wie weit sind wir gekommen? Wo sind wir überhaupt?« Misstrauisch mustert er die verlassene Hütte und das karge Land um sie herum. Die wenigen Bäume sind Pinien und das Gras ist mehr braun als grün.

Grinsend kontrolliert Mario die Hufe und Beine der Pferde, bevor er sie das trockene Gras fressen lässt. »Hier haben einst Ziegenzüchter gewohnt, wenn sie ihre Tiere hier haben grasen lassen. Doch das ist schon ewig her«, erklärt er und sieht sich um. »Wir sind überraschend weit gekommen. Ich schätze so dreizehn Kilometer.« Prüfend sieht er auf die Uhr mustert dann die erschöpften Leute. »Wir bleiben bis morgen früh hier. So, wie ihr alle ausseht, riskieren wir sonst, dass einer von euch noch vom Pferd fällt.«

Laut seufzt Atemu und sieht zu Seto, der sich gerade hinter einen der Bäume verzieht. »Und wir müssen gut fünfhundert Kilometer zurücklegen. Das wird hart.«

Zweifelnd blickt Mario in den Himmel hinauf. »Wieso Genua? Ich werde die Pferde auch ohne euch da hinbringen können.« Er geht zu der Hütte und sieht hinein. »Gut, wir können in der Hütte schlafen.«

 

Aufmerksam beobachtet Atemu, wie sich di Modena die Hütte ansieht. »Genua ist der einzige Hafen, von dem aus wir ein Schiff nach Tarifa nehmen können.« Er betritt die Hütte und dreht sich einmal um die eigene Achse. »Da wir als Leute aus dem einfachen Volk durchgehen müssen, sind wir leider extrem eingeschränkt, was die Wahl der Schiffe und Reiserouten betrifft.« Müde setzt er sich auf einen Stein. »Noch vor ein paar Jahren hätten wir einfach mit einem Schiff ins ägyptische Grossreich reisen können. Nur sind die Grenzen entweder ganz dicht oder werden so stark kontrolliert, dass wir da unmöglich unerkannt durchschlüpfen können, wenn wir die normalen Routen über die Häfen in Alexandria und Kairo nehmen.«

Schief grinsend sieht er den Hauptmann an, der sich kurzerhand neben ihn setzt. »So wird eine Reise, von vielleicht zwei Wochen, zu einer Reise, die vermutlich den ganzen Sommer dauern wird.« Stellt Mario nachdenklich fest. »Die Frage ist, ob ihr so viel Zeit habt.« Sich mit beiden Händen abstützend, lehnt er sich zurück. »Vielleicht fällt uns unterwegs noch etwas ein, was die Reise verkürzen kann.«

 

»Das will ich auch hoffen! Das sind ja keine Zustände!« Mit angewidertem Blick sieht sich Seto in der Hütte um. »Kimi ist losgezogen, um zu schauen, ob er Nahrungsmittel finde, damit wir nicht zu viel von den wenigen Vorräten nehmen müssen.«

Mit zwei Fingerspitzen fährt er über einen der grossen Steine, die wohl mal als Sitzgelegenheiten gedient haben. Die Nase rümpfend sieht er auf den Staub, der die Haut bedeckt. »Wie lange werden wir hier rasten?« Fragend sieht er zu di Modena, der den Blick ruhig erwidert. »Wir übernachten hier. Ihr seid es nicht gewohnt, so lange zu reiten und ich will es nicht riskieren, dass morgen einer von euch vom Pferd fällt, weil ihr euch nicht mehr oben halten könnt.«

 

Lange schweigt Seto. So lange, dass Atemu schon glaubt, dass sie ohne Widerworte davonkommen werden. Doch dann kommt wieder Leben in die Gestalt seines Cousins. »Wir sollen, in dieser Ruine übernachten? Dann keine zwanzig Kilometer von Rom entfernt? Wir sind doch nicht so Hals über Kopf aufgebrochen, nur um so lange hier zu bleiben, bis sie den Pharao finden!« Entgeistert starrt er Mario an, der nun in aller Ruhe aufsteht. »Ja, wir übernachten hier in dieser Ruine in der Nähe der Stadt und das aus zwei Gründen.« Fest sieht er Seto an. »Erstens, würden sie nie auf die Idee kommen, dass hier die höchsten Mitglieder der Oberschicht übernachten. Zudem kann sich kaum einer an diese Hütte erinnern. Zweitens, gehen sie ziemlich sicher davon aus, dass wir auf der Hauptstrasse möglichst weit von der Stadt wegkommen wollen. Wenn sie uns suchen sollten, was ich bezweifle, dann viel weiter weg von der Stadt. Drittens, ihr bewegt euch alle jetzt schon, als wären wir mindestens einen ganzen Tag durchgeritten. Glaubt Ihr wirklich, dass Ihr oder der Pharao oder die beiden Sklaven und das Baby noch einmal drei Stunden auf dem Pferd durchhalten werdet?«

 

Unbeeindruckt hört sich Seto mit vor der Brust verschränkten Armen die Worte Marios an. »Das waren nicht nur drei, sondern sogar fünf Gründe«, grollt er und dreht sich um. »Ich bin draussen. Jemand muss ja aufpassen, dass niemand kommt.« Mit stolz nach oben gerecktem Kopf geht er mit steifen Schritten davon.

 

Kaum ist Seto draussen, kann sich Atemu ein leises Lachen nicht mehr verkneifen. »Du hast ihm den Wind aus den Segeln genommen. Die Frage ist nur, für wie lange.«

Mit den Schultern zuckend, geht Mario in die Hocke und mustert die alte Feuerstelle. »Ich staune, dass er nicht heftiger protestiert hat. Ihr scheint es ja relativ locker zu nehmen, dass wir hier bleiben, Hoheit.«

»Du kannst mich für die Dauer der Reise ruhig duzen. Wir ziehen hier alle an einem Strang und so reduzieren wir die Gefahr, dass wir uns aus Versehen verraten.« Leicht lächelt er, als Mario nun zu ihm sieht. »Oder siehst du das anders?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen.

Daraufhin schüttelt Mario nachdenklich den Kopf. »Nein, es fühlt sich nur nicht richtig an«, murmelt er und strafft sich dann. »Aber gut, dann duzen wir uns bis zum Ende Eurer … deiner Reise.«

 

 
 

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Seto kann Helena nicht leiden, aber selbst er muss zugeben, dass sie nicht so schlecht sein kann. Na ja, jetzt sind sie endlich wieder unterwegs. Auch wenn die Reise noch lang ist.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Überraschende Wendung

Hallo zusammen,

 

bitte entschuldigt, dass ich das Kapitel erst jetzt hochlade. Irgendwie ist der Tag unglaublich schnell vergangen und plötzlich ist es Sonntag.

 

Nun wünsche ich euch aber viel Spass beim Lesen.

 
 

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Überraschende Wendung

 

 

Das Morgengrauen hat die Nacht noch nicht vertrieben, dennoch ist Atemu bei den Pferden an der Quelle und kontrolliert die Beine, indem er mit der Hand prüfend über das weiche Fell gleitet. Fühlt, ob irgendeine Stelle ungewöhnlich warm oder sogar geschwollen ist. Leise redet er dabei auf die Tiere ein, die schnaubend sein Tun beobachten. »Alles in Ordnung. Nichts ist heiss«, raunt er ihnen zu und sieht sich in dem provisorischen Paddock um, den sie gestern Abend noch mit drei Seilen gebaut hatten. »Schön, dass ihr hier geblieben seid. Dabei hättet ihr jederzeit ausbrechen können.« Tief zieht er die kühle Morgenluft in seine Lunge und blickt zum Horizont, wo sich ein erster roter Streifen abzeichnet. »Bald geht die Sonne auf«, raunt er ihnen zu und setzt sich kurzerhand an den Rand der Quelle. Schweigend, den Frieden des Moments geniessend, beobachtet er, wie der rote Streifen leuchtender wird. Sich ausbreitet und langsam die Dunkelheit verdrängt. Nur das leise Schnauben und das Rascheln des trockenen Grases durchbrechen die Stille.

Auf einmal passiert es. Der erste Vogel beginnt sein Lied. Begrüsst den neuen Tag. Es dauert nicht lange, da ist die Luft vom Zwitschern und Singen der erwachenden Vögel erfüllt.

Nun schliesst Atemu die Augen und hebt sein Gesicht gen Himmel. »Sharik.« Eine einzelne Träne stiehlt sich aus seinem Augenwinkel. Fliesst über seine Wange. Hinterlässt eine brennende Spur auf seiner Haut.

 

In der Tür der verfallenen Hütte steht Mario und beobachtet den jungen Pharao. Er wollte eigentlich rausgehen, um nach ihm zu sehen, war dann aber wie erstarrt stehen geblieben, als er gesehen hatte, wie dieser den Sonnenaufgang beobachtet.

Ohne hinzusehen, weiss er, dass Seto neben ihn steht und ebenfalls nach draussen blickt. »Was ist ihm widerfahren? Er ist so anders als alle anderen Mitglieder der Herrscherhäuser, die ich kenne.« Er flüstert automatisch so leise, dass auch Seto ihn kaum hört. »Er ist durch fünf Jahre Hölle. Hat ein Jahr lang erfahren, was es bedeutet zu leben und wird nun gezwungen, alles, was er liebt hinter sich zu lassen, um seine Schwester, sein Land, seinen Geliebten und vermutlich die ganze Welt zu retten.« Seine Worte sind auch nur ein Hauch zwischen ihnen, aber dennoch sehen sich die beiden nun an. »Er ist gefangen zwischen seinem Pflichtgefühl und dem, was sein Herz will. Euer Kaiser macht es ihm nicht gerade leichter, sich seinem Schicksal zu stellen.«

Nachdenklich blickt Seto wieder zu den Pferden und dem einzelnen Menschen, der verloren vom Licht der aufgehenden Sonne umspielt wird. »Wenn dein Herz der Prinzessin gehört und sie deine Gefühle erwidert, kämpfe um sie. Er wird euch beiden nicht im Weg stehen.« Fest sieht Seto di Modena an, ehe er zurück in die Hütte geht, wo Kimi und Anna ein spärliches Frühstück aus Fisch und essbaren Algen zubereiten.

 

Überrascht folgt Mario ihm mit seinen Blicken. Er will fragen, was er mit den Worten gemeint hat, aber er schweigt und blickt wieder nach draussen in die heller werdende Landschaft. Lange bleibt er so stehen, bis der Geruch nach gegrilltem Fisch und Algen ihn nach draussen treten lassen. Ein paar Schritte von der Hütte entfernt stellt er sich hinter einen der kargen Büsche und erleichtert seine Blase.

 

Atemu weiss, dass er nicht ewig so dasitzen kann und steht widerstrebend auf. Seine Muskeln schmerzen von dem gestrigen Tag und protestieren, als er sich streckt. Dies lässt ihn trotz allem leicht schmunzeln. »Du wirst alt und bequem. Noch vor einem Jahr wäre dir der Schmerz gar nicht wirklich aufgefallen«, murmelt er vor sich hin, als er sich eine besonders schmerzhafte Stelle am Oberschenkel reibt. Als er sich umwendet, sieht er den Hauptmann auf sich zukommen und nickt ihm leicht zu. »Guten Morgen, Mario. Ich habe mir die Beine der Pferde angesehen. Es sieht alles gut aus, wir sollten heute ohne Probleme eine grössere Strecke zurücklegen können.« Nichts an seiner Haltung und seiner Stimme verrät, was in ihm vorgeht. Dass nicht nur seine Muskeln Schmerzen, sondern auch sein Herz und seine Seele.

»Das freut mich zu hören, Atemu. Ich meine Yami. Guten Morgen, komm mit rein, das Frühstück ist fertig. Es gibt wie gestern Fisch und Algen. Was für eine Delikatesse.« Leicht angewidert verzieht er das Gesicht.

Atemu lacht leise, als er an Mario vorbeigeht und dann an der Stelle stehen bleibt, von wo aus er kurz zuvor von Mario beobachtet worden war. »Zieh nicht so ein Gesicht. Andere wären dankbar, wenn sie so ein Festmahl bekommen würden. Das sollten wir auch sein. Schliesslich haben wir es nur Kimi und seinen Angelkünsten zu verdanken, dass wir nicht nur Algen oder gar trockenes Gras essen müssen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, geht er in die Hütte und sieht sich um. »Guten Morgen. Kimi, das duftet köstlich.« Mit einem warmen Gefühl in der Brust, sieht er das scheue Lächeln des jungen Sklaven.

Mit einem mühsam unterdrückten Stöhnen lässt er sich dann neben Seto auf einen Stein sinken. »Wie geht es dir? Und sag jetzt nicht, dass dich nicht jeder Muskel schmerzt.« Schief grinsend wendet er sich zu seinem Cousin um, der mit Toshi auf dem Arm dasitzt und nun leise schnaubt. »Dann sage ich nichts. Anna macht gerade die Milch für die Kleine fertig und heute wird sie ihr Kind während des Ritts selbst tragen.« Mit undurchdringlicher Miene blickt er zu Atemu rüber. »Meine Schultern und mein Rücken bringen mich um. Von den Muskeln an Stellen, die ich gar nicht mal kannte, will ich gar nicht erst reden! Dieses Nachtlager war eine Zumutung und ich bestehe darauf, dass wir in Zukunft in einem Gasthaus übernachten!«

Nur mit Mühe kann sich Atemu ein Schmunzelnd und einen neckenden Spruch verkneifen. »Ich denke, Mario wird machen, was er kann. Nur erwarte nicht zu viel, schliesslich dürfen wir nicht zu sehr auffallen. So ein wenig campen hat noch keinem von uns geschadet. Erinnerst du dich nicht daran, dass wir mal davon geträumt haben, unter den Sternen zu schlafen?« Bei der Erinnerung muss Atemu unwillkürlich lächeln.

»Ja, aber da waren wir noch Kinder«, grollt Seto und nimmt mit einem leicht angewiderten Gesichtsausdruck den Blechteller mit dem Fisch und den Algen entgegen. »Sag mal, wo hast du das überhaupt aufgetrieben?« Will er wissen, während er zusieht, wie nun auch die anderen ihre Teller mit dem Frühstück entgegen nahmen. »Da ist das Pulverzeugs von Toshi noch besser.«

 

Kimi senkt den Blick. »Ich bin runter ans Meer und habe dort den Fisch gefangen und die Algen gesammelt, als ich an Land nichts Essbares finden konnte«, murmelt er leise. »Verzeiht, dass ich versagt habe.«

Atemu schnaubt und isst demonstrativ von dem Fisch und den Algen. »Du hast nicht versagt, Kimi. Im Gegenteil, du hast uns ein einfaches, aber gutes Mahl besorgt. Seto ist nur gerade in Meckerstimmung und würde sich sogar über ein fünf Sterne Frühstück beschweren.«

Unauffällig tritt er Seto leicht gegen das Schienbein, als dieser protestieren will und sieht ihn warnend an. »Sei froh, dass er überhaupt etwas auftreiben konnte. Ganz ehrlich, ich habe schon deutlich schlechter gegessen«, flüstert Atemu Seto zu und sieht dann zu Mario der jetzt auch probiert und anerkennend nickt. »Besser als gestern Abend. Das Lagern im Süsswasser scheint den Algen gut getan zu haben.«

Anna gibt Toshi etwas von dem Fisch und den Algen ab. »Ja, deutlich weniger salzig. Sogar Toshi mag sie jetzt und salzig mag sie so gar nicht.«

Mit jedem Lob scheint Kimi ein wenig zu wachsen. Dennoch vermeidet er es Seto anzusehen, indem er in dessen Richtung den Blick immer demütig gesenkt hält.

Der sieht ungläubig die anderen an und starrt dann auf seinen Teller. Er will schon aufstehen und verkünden, dass er keinen Hunger hat, als sein Magen laut knurrt.

»Nun überwinde dich schon.« Auffordernd sieht Atemu seinen Cousin an. »Du hast doch Hunger und wir werden heute viel Kraft und Ausdauer brauchen.«

Murrend starrt Seto weiter auf seinen Teller. Er zögert, aber dann beginnt er langsam den Fisch zu essen. »Er ist essbar.« Gibt er nach ein paar Bissen widerwillig zu.

»Was übersetzt bedeutet, dass er wirklich gut ist. Kimi, du hast das wirklich gut gemacht. Dank dir und Anna, die die Idee mit dem Lagern der Algen im Quellwasser hatte, haben wir ein nahrhaftes und leckeres Frühstück.« Mit einem sanften Blick sieht Atemu die beiden Sklaven an.

Überrascht heben die beiden ihre Köpfe und ein scheues Lächeln zeichnet sich auf ihren Lippen ab. »Danke, Meister Atemu«, murmelt Kimi und sieht zu Anna. »Wir sind ein gutes Team.« Er wird unwillkürlich leicht rot um die Nase, als Anna ihn anlächelt. »Ja, das sind wir.« Kurz blicken sie sich in die Augen, bis Toshi leise quengelnd die Aufmerksamkeit ihrer Mutter verlangt. Sofort wendet sich Anna ihrer Kleinen zu und gibt ihr noch etwas von dem Fisch und den Algen.

 

Schmunzelnd beobachtet Mario Mutter und Kind. »Schon bald will sie gar keine Babynahrung mehr haben. So begeistert, wie sie auf das Essen reagiert. Du musst nur aufpassen, dass sie genug trinkt, wenn sie jetzt unser Essen möchte. Am besten bereitest du ein Fläschchen für unterwegs vor, bevor wir weiterreiten.«

 

»Ja, Meister Mario«, murmelt Anna, während sie geduldig ihr Frühstück mit Toshi teilt. Schweigen breitet sich zwischen ihnen aus, während sie essen und das Feuer dabei beobachten, wie es langsam hinunterbrennt. Schliesslich steht Atemu auf und streckt sich. »Ich gehe die Pferde vorbereiten.« Er blickt kurz in die Runde, ehe er sich umwendet und die Hütte verlässt.

 

Die Stirn runzelnd, sieht Mario ihm nach. »Wäre das nicht eigentlich die Aufgabe der Sklaven, das unter meiner Aufsicht zu machen?« Verwirrt wendet er seine Aufmerksamkeit Seto zu, der seufzend den Kopf schüttelt. »Lass ihn das machen. Es hilft ihm irgendwie, mit seinen Gefühlen klar zu kommen. Frage mich aber nicht wie. Sollen die Sklaven doch den Rest machen und sich um das Essen und so weiter kümmern.« Kaum hat er das gesagt, steht er auf und geht zur Tür. Verlässt die Hütte aber nicht, sondern blickt nur nach draussen und beobachtet, wie sein Cousin mit den Pferden umgeht. Er kann regelrecht den fragenden Blick des Hauptmanns auf sich spüren, aber er wird ihm sicher nicht mehr, als nötig erzählen.

Als Anna mit den benutzten Tellern an ihm vorbeigeht, tritt er zur Seite und sieht ihr nach. Wie immer, wenn sie arbeitet, trägt sie Toshi vor sich im Tragetuch.

»Bald wird sie die Kleine auf den Rücken schnallen müssen, wenn sie arbeitet. Wer ist der Vater?« Neugierig sieht Mario Seto an, der ihn aber keines Blickes würdigt. »Wenn ich nach deinem Verhalten gehen würde, würde ich sagen, dass die Kleine von dir ist.« Nun wird er mit einem tödlichen Blick angesehen. »Es geht dich zwar nichts an, aber zum Zeitpunkt der Zeugung kannte ich die beiden noch gar nicht. Also hör auf zu spekulieren und überlasse das Denken den Pferden. Die haben den grösseren Kopf als du.« Die Worte werden so eisig ausgesprochen, dass es Mario eiskalt den Rücken runter läuft. »Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten. Du wirkst nur … « Ein eisiger Blick lässt ihn mitten im Satz verstummen. Unwillkürlich muss er leer schlucken, um den Kloss in seinem Hals etwas zu lösen und flüchtet dann schon beinahe nach draussen.

»Hat er dich aus der Hütte getrieben?« Schmunzelnd sieht Atemu ihm entgegen. Seine Maske sitzt wieder perfekt, als Mario vor ihm stehen bleibt.

»Wie man’s nimmt. Ich habe ihn gefragt, ob die Kleine von ihm ist.« Mit einem schiefen Grinsen kratzt sich Mario am Hinterkopf und blickt dabei zu Anna, die bei der Quelle kauert und die Teller abwäscht.

Atemu folgt seinem Blick und kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. »So wie er sich verhält, könnte man das wirklich glauben. Ich kann dir aber definitiv sagen, dass dem nicht so ist. Ich habe Anna letztes Jahr getroffen, als ich mit Yugi zum grossen Stoffmarkt in Edo gereist bin. Sie war die Sklavin des Besitzers des Gasthauses und glaube mir, in ein Gasthaus des einfachen Volkes geht Seto nicht freiwillig.«

Verwirrt sieht Mario zu Atemu und dann wieder zu Anna. »Und wieso hat er sie und das Kind gekauft? Sie erschweren eure Reise unnötig und die ist schon schwer genug. Was ich auch nicht verstehe, warum hat er Kimi gekauft?«

 

Ertappt zieht Atemu die Schultern nach oben. »Na ja, Kimi hat er gekauft, weil ich ihn darum gebeten habe. Er ist ein guter Junge, würde aber in dem Umfeld des Palastes eher früher als später kaputt gehen. Er soll die Chance bekommen, irgendwann als freier Mensch zu leben. Nur weiss er das noch nicht, dass ich Seto darum gebeten habe, ihn so bald als möglich freizulassen.«

Er muss nicht zu Mario sehen, um zu wissen, dass dieser ihn fragend ansieht. »Ich will und werde nicht darüber reden. Warum Seto Anna und die Kleine gekauft hat, ist allein seine Sache. Wenn er nicht darüber reden will, wird er es auch nicht tun.« Erst jetzt wendet er sich wieder zu Mario um. »Ich bin mit den Pferden beinahe fertig. Noch gibt es wie zu erwarten keine Probleme.« Ohne auf eine Erwiderung zu warten, geht Atemu zum nächsten Pferd und kontrolliert den Rücken zur Sicherheit noch einmal auf Druckstellen, bevor er den Staub aus dem Fell bürstet und dabei leise in seiner Muttersprache mit dem Tier redet.

Unbewusst ignoriert er Mario, der ihn beobachtet, bis Kimi mit den ersten Satteltaschen kommt. »Ich mache das, Junge. Du hast da noch zu wenig Erfahrung darin. Also sieh zu und lerne.« Er wartet, bis Kimi nickt und nimmt ihm dann die Satteltaschen ab. Mit ruhigen und routinierten Bewegungen befestigt er die Taschen am ersten Sattel und erklärt ihm dabei, worauf er achten muss. Als er fertig ist, sieht er den jungen Sklaven auffordernd an. »Worauf wartest du? Hole die nächsten Satteltaschen!«, befiehlt er in einem Gehorsam fordernden Tonfall, woraufhin Kimi sich automatisch verneigt und dann zur Hütte rennt.

 

Ungeduldig wartet er darauf, dass ihm die nächsten Satteltaschen gebracht werden, und nimmt sie dann gleich an sich. »Hole schon mal die anderen Sachen. Für heute hattest du Unterricht genug.«

Er beachtet Kimi nicht weiter, als er sich dem nächsten Pferd zuwendet. Konzentriert verschnürt er die Lederriemen, als ihn ein leises Räuspern hochsehen lässt. »Was ist? Brauchst du Hilfe, Yami?«

 

Ernst schüttelt Atemu den Kopf. »Nein, aber wie soll Kimi es richtig lernen, wenn du es ihm nur einmal zeigst und er es dann nicht selbst machen darf?« Fest erwidert er Marios Blick und denkt nicht daran, den Augenkontakt als erster zu unterbrechen.

Schliesslich ist es Kimi, der sie unbewusst zwingt, ihren Augenkrieg zu beenden, indem er mit gleich vier Satteltaschen zu ihnen kommt und sie auf den Boden stellt. »Soll ich sie gleich an den Sätteln befestigen?«

Mit einem warmen Blick sieht Atemu zu ihm und nickt. »Ja, tu das. Mario und ich werden dann kontrollieren, ob du es auch gleich beim ersten Mal richtig gemacht hast.«

Kaum ist Kimi mit den Satteltaschen zum nächsten Pferd gegangen, räuspert sich Mario vernehmlich. »Du hast Glück, dass ich deine Autorität nicht untergraben will«, zischt er Atemu zu und geht zurück zur Hütte, um dort noch ein letztes Mal nach dem Rechten zu sehen.

 

Kaum ist Mario verschwunden, kommt Seto auf Atemu zu und sieht mit hochgezogener Augenbraue zu der Hütte. »Was ist passiert? Habt ihr euch gestritten?«

Nachlässig hebt Atemu die Schultern. »Wie man es nimmt. Wir haben unterschiedliche Meinungen zum Thema, wie man einem Jungen etwas richtig beibringt.« Er bemerkt, dass Kimi die ersten Satteltaschen befestigt hat und geht zu ihm rüber. »Schauen wir mal, ob du es richtig gemacht hast.« Er lächelt den jungen Sklaven warm an, ehe er dessen Arbeit kontrolliert. »Fürs erste Mal sehr gut. Du musst nur noch darauf achten, dass du das Gewicht so gleichmässig wie möglich verteilst.« Mit wenigen Handgriffen hat er zwei der Satteltaschen umgeschnallt. »Auch wenn es auf den ersten Blick nach einem kleinen Unterschied aussieht, reiten wir doch sehr lange und das soll für das Pferd ja auch so angenehm wie möglich sein.«

Aufmerksam hört Kimi zu nickt dann eifrig. »Beim nächsten Mal mache ich es richtig«, verspricht er feierlich und geht mit den übrigen Satteltaschen zum nächsten Pferd.

Schmunzelnd blickt Atemu ihm nach und kontrolliert dann noch einmal die Hufe des Wallachs.

 

Eine knappe halbe Stunde später haben sie alles erledigt und Seto hilft Anna, auf ihr Pferd zu steigen und reicht ihr dann Toshi, die sie mit wenigen Handgriffen sicher ins Tragetuch setzt. Erst, als sie nach den Zügeln greift, steigt er auf sein eigenes Pferd und nimmt den Strick vom Hals der kleinen Stute.

In der Zwischenzeit sind auch die anderen aufgestiegen und Atemu hat den Strick von Kimis Pferd in der Hand. Die drei Männer nicken sich wortlos zu und sehen sich noch einmal um, bevor sie die Pferde antreiben und sie die Quelle hinter sich lassen.

Anders, als die Menschen, die mit schmerzenden Muskeln zu kämpfen haben, sind die Pferde frisch ausgeruht und spritzig unterwegs. In zügigem Schritt laufen sie über die schmale Nebenstrasse, die beinahe parallel zur viel benutzten Handelsstrasse verläuft, aber dennoch kaum benutzt wird. Die Strasse ist breit genug, dass drei Pferde nebeneinander gehen können, und so schliesst Atemu schon bald zu Mario auf. »Wie sind unser Reiseplan heute aus? Gibt es einen Ort, den wir unbedingt erreichen müssen?«

 

Mario will Atemu ignorieren. Er ist immer noch sauer, weil Atemu mehr oder weniger seine Autorität untergraben hat, dennoch blickt er widerstrebend zu ihm. »Ja, wir sollten heute die fehlende Wegstrecke von gestern aufholen und dann … ich würde sagen, wenn eure Kondition und die Pferde es mitmachen, sollten wir heute vierzig bis fünfzig Kilometer weit kommen.« Nur mit Mühe kann er sich ein breites Grinsen verkneifen, als er den geschockten Gesichtsausdruck sieht. »Was denn? So weit ist das nicht. Immerhin haben wir den ganzen Tag Zeit und sollten es auch mit den Windelwechselpausen gut schaffen, unser Ziel zu erreichen.«

 

Unwillkürlich blickt Atemu zu den anderen. »Dein Wort in Atons Ohr.« Er zögert, aber dann fasst er sich ein Herz. »Das wegen vorhin tut mir leid. Ich wusste ja, was du vorhast. Es war nicht richtig von mir, mich einzumischen.« Obwohl er starr geradeaus schaut, kann er den erstaunten Blick di Modenas auf sich ruhen spüren.

Tatsächlich hat diese Entschuldigung Mario kalt erwischt. Er weiss nicht, was er sagen soll. Vernehmlich räuspert er sich und nickt dann schweigend.

 

Die Stunden ziehen dahin, während die Pferde weiter zügig der Strasse folgen. Sie schweigen, bis auf die wenigen Worte, die nötig sind, um als Gruppe zu funktionieren.

Anna hat es sogar geschafft, dass Toshi auf dem Pferderücken ihr Fläschchen nimmt und hält sie jetzt im Arm. Die Zügel liegen auf dem Hals der kleinen Stute, während Toshi durstig ihr Fläschchen leert. »Können wir dann kurz anhalten, damit ich sie wickeln kann?« Bittet sie mit gesenktem Blick und so leise, dass Seto sie kaum hören kann. »Natürlich können wir das«, bestimmt er kurzerhand. »Mario, wenn die Kleine fertig ist, müssen wir eine Pause machen!«, ruft er nach vorn, woraufhin Mario sich im Sattel umdreht. »In etwa einem Kilometer kommen wir an einen Bach. Dort können wir rasten.«

 

Die Antwort passt Seto nicht wirklich. Dennoch nickt er grummelnd. »Du hast es gehört, Anna.« Mit gesenktem Blick nickt Anna. »Ja, Meister. So lange dauert das ja nicht mehr.« Sie wendet ihre volle Aufmerksamkeit wieder Toshi zu, die immer noch gierig trinkt. »Du hast ganz rosige Wangen. Dir scheint die Reise gut zu tun.«

 

Etwa zwanzig Minuten später halten sie auf einer Wiese neben einem kleinen Bach an, der fröhlich über rund geschliffene Steine plätschert.

»Hier rasten wir und lassen die Pferde fressen. In einer Stunde geht es weiter«, bestimmt Mario und steigt mit geschmeidigen Bewegungen vom Pferd.

Deutlich weniger gelenkig steigen Atemu und Seto aus dem Sattel und beide müssen sie sich dann festhalten, um sich nicht unfreiwillig auf den Boden zu setzen. »Verdammt, wir sind doch nur Schritt geritten«, murrt Atemu, während er sich wieder aufrichtet und langsam die Hände von dem Halt gebenden Sattel löst. Er jetzt sieht er zu Kimi, der zu seiner Überraschung schon bei Anna ist und ihr wie ein Gentleman aus dem Sattel hilft.

»Wir sind offensichtlich zu verwöhnt, Seto.« Schief grinsend sieht Atemu zu seinem Cousin, der sich unauffällig den Hintern reibt. »Ich weiss nicht, was du meinst. Mir geht es bestens.« Mit hoch erhobenem Kopf stolziert Seto an Atemu vorbei und verschwindet hinter einem verkrüppelten Baum.

 

Leise tritt Mario auf Atemu zu und hilft ihm, den Sattelgurt zu lösen. »Ihr schlagt euch alle überraschend gut. Wir waren jetzt gute drei Stunden unterwegs.«

Schief grinsend kratzt sich Atemu am Hinterkopf. »Danke. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich am Arsch, aber es ging mir schon deutlich schlechter«, gibt er mit einem schiefen Grinsen zu und sieht dann zu dem verkrüppelten Baum. »Seto ist zu stolz, um zuzugeben, dass ihm vermutlich jeder Muskel schmerzt«, flüstert er und deutet auf seinen Cousin, der hinter dem Stamm knapp zu erkennen ist. Mario folgt dem Fingerzeig und grinst dann breit. »Ich habe es bemerkt. Seine Bewegungen sprechen eine eindeutige Sprache«, raunt er zurück, als ein leises Brummen ertönt. Die Stirn runzelnd holt Mario sein Handy hervor und liest die Nachricht. »Eine Frage. Habt ihr die Überfahrt schon gebucht?«

Verwirrt schüttelt Atemu den Kopf. »Nein, warum fragst du?«

»Gut, dann müssen wir in zwei Tagen in Porto Ercole sein.« Eifrig tippt Mario auf seinem Handy eine Nachricht ein. »Ein Schiff wird uns dann mitnehmen und uns direkt ins ägyptische Grossreich schmuggeln. So spart ihr mehrere Wochen ein.«

 

Ungläubig starrt Atemu Mario an. »Wie ist das möglich? Die Grenzen sind doch zu!« Er packt ihn unwillkürlich am Arm. »Ich verlange eine Antwort!«

Mit undurchdringlicher Miene blickt Mario auf die Hand an seinem Oberarm, bis er wieder losgelassen wird. Erst jetzt sieht er direkt ins Gesicht des jungen Pharaos. »Helena wird auf dem Schiff sein. Sie wird ins ägyptische Grossreich reisen, um die Gepflogenheiten am Hof in Theben zu lernen.«

 

»Warum?« Verlangt Seto zu wissen, der den letzten Teil des Gesprächs mit angehört hat und sich jetzt mit verschränkten Armen neben sie stellt.

»Sie wird in zwei oder drei Monaten in einer heiligen Zeremonie ihre Hand dem amtierenden Pharao versprechen um das Bündnis beider Reiche wieder zu stärken.« Mit jedem Wort wird Marios Stimme leiser. Er senkt den Blick auf die trockene Erde, nur um dann Atemu mit einem schon beinahe flehenden Blick anzusehen. »Ihr müsst das verhindern! Sie hasst ihn und er ist älter als ihr eigener Vater!«

 

Atemu und Seto sehen sich geschockt an. Sie brauchen relativ lange, um wirklich zu verstehen, was Mario da gerade gesagt hat. »Mein Vater will die Prinzessin auf diese Art an sich binden?«, fragt Seto sicherheitshalber nach und flucht unterdrückt, auf, als Mario nickt. »Ist Hadrian denn nicht bewusst, was das bedeutet?«, ruft er aus und seine Augen blitzen vor unterdrückter Wut auf.

 

Atemu atmet hingegen tief durch. »Wenn das so ist, haben wir noch einen Grund, uns zu beeilen. Wie weit ist dieser Hafen entfernt, den wir in zwei Tagen erreichen müssen?« Nachdenklich blickt er zum Himmel und schätzt ab, wie spät es ist.

»Von Rom aus sind es gute einhundertfünfzig Kilometer. Wir haben jetzt gerade etwa vierzig Kilometer geschafft, wir sollten uns also beeilen, damit wir rechtzeitig da sind.« Vielsagend mustert Mario sein Handy und bemerkt so nicht die Blicke, mit denen er angesehen wird.

Schliesslich räuspert sich Atemu vernehmlich, woraufhin er seine Aufmerksamkeit wieder den beiden Männern zuwendet. »Ja?«

»Dir ist schon bewusst, dass das zwei Tage hartes Reiten bedeutet und dass wir nicht nur ungeübte Reiter sind, sondern auch ein Baby dabei haben?« Ernst sieht Atemu den Hauptmann an.

Ebenso ernst nickt Mario. »Ja, das ist mir bewusst. Es wird höllisch werden und wir werden nach diesen zwei Tagen vermutlich nicht mehr sitzen können, aber leider ist es nicht möglich, in einem näheren Hafen unauffällig an Bord zu gelangen. Also ruht euch so gut es geht aus. Wir reiten in einer halben Stunde weiter.« Ruckartig wendet er sich ab und geht zu den anderen Pferden und lockert die Sattelgurte und hilft Kimi dabei, sie zum Bach zu führen.

 

Inzwischen hat Anna Toshi gewickelt und ihr ein neues Fläschchen gemacht. Die frisch gewaschene Windel liegt neben ihr im Gras in der Sonne und trocknet langsam vor sich hin, während sie die Kleine noch einmal trinken lässt. Wie auch Kimi hat sie gehört, was die drei Männer besprochen haben und so will sie jede Minute Pause so gut wie möglich nutzen.

Sie blickt auch nur kurz auf, als sich Seto neben ihr ins Gras setzt und tief durchatmet. »Wird Toshi die Reise ohne Probleme überstehen?« Besorgt beobachtet er Toshi, die gierig trinkt und dabei leicht mit ihren Beinchen strampelt.

»Ich denke, sie wird es vermutlich besser überstehen als wir Erwachsenen. Sie hat die meiste Zeit geschlafen oder fröhlich vor sich hin gebrabbelt. Sie hat Spass, die Umgebung zu beobachten und ich warte nur darauf, dass sie ihr erstes Wort sagt.« Voller Liebe sieht sie ihre Tochter an. »Nur dank Euch lebt sie noch, Meister Seto, und ich weiss nicht, wie ich Euch dafür jemals danken kann, dass Ihr uns da rausgeholt habt.«

 

Atemu lässt sich neben Seto ins Gras fallen und reicht ihm einen Apfel. »Anna, du und die Kleine lasst ihn so oft lachen. Ich würde sagen, dass du ihm damit deinen Dank schon so jeden Tag zeigst.« Schmunzelnd registriert er, dass sein Cousin etwas rot wird und grummelnd in den Apfel beisst.

»Iss du nachher auch noch einen Apfel und trinke genug, Anna. Wir werden sicher wieder drei Stunden ohne Pause durchreiten.« Leicht lächelt Atemu sie an und gibt ihr nun auch einen Apfel, ehe er selbst anfängt zu essen. »Lecker, süss und genau richtig sauer«, murmelt er und lehnt sich zurück. Kauend beobachtet er die Pferde, die grasend beim Bach stehen und Kimi, der sich einfach zwischen sie gesetzt hat und auch einen Apfel in der Hand hält und hungrig isst.

»Danke, Meister Atemu«, murmelt Anna so leise, dass er es kaum hört. Dennoch nickt er ihr lächelnd zu. »Schon gut.« Mehr sagt er nicht, sondern reicht ihr nun die Wasserflasche, die sie mit demütig gesenktem Blick entgegennimmt.

Als er fertig gegessen hat, steht Atemu auf und geht runter zum Bach. Er macht sich gar nicht die Mühe, seine Flasche wieder aufzufüllen und dann aus ihr zu trinken, sondern stellt sich barfuss ins Bachbett, um direkt aus dem kühlen Strom zu trinken.

»Man merkt, dass du beim einfachen Volk gelebt hast.« Breit grinsend stellt sich Mario neben ihm ins Wasser und tut es ihm gleich. »Du bist der Erste mit königlichem Blut, der sich so verhält.«

Die Schultern zuckend füllt Atemu seine Wasserflasche auf und schraubt sie zu. »Danke, ich nehme es mal als Kompliment.« Er zwinkert Mario zu, während er sich gleichzeitig wieder aufrichtet. »Nicht das einfache Volk hat mich gelehrt, dass ich trinken soll, wann immer es mir möglich ist. Egal, ob ich durstig bin oder nicht oder ob ich eine Flasche zur Verfügung habe.« Nun wieder ernst wandert sein Blick in die Ferne. »Als Sklave musst du jede Möglichkeit nutzen, die sich dir bietet.« Bewusst geht er nicht mehr ins Detail, sondern verlässt nun den Bach und geht zu seinen Sachen. In aller Ruhe zieht er sich die Socken an und schlüpft in die einfachen Schuhe, die ihm Yugi einst gekauft hat und die er neben seinem Sklavenhalsband im Korb gefunden hat. Mit einem leichten Lächeln erinnert sich an ihren ersten Besuch in dem Schuhgeschäft, zwingt seine Gedanken jedoch sofort wieder in eine andere Richtung. Tief durchatmend geht er zu Kimi und den Pferden, um ihm zu helfen, sie für den Weiterritt vorzubereiten.

 

Keine zehn Minuten später sitzen sie wieder in den Sätteln und lenken die Tiere von der Wiese zurück auf die Strasse. Eine Weile lang bleiben sie im Schritt, aber dann gibt Mario ihnen ein Zeichen und sie traben los. Anders, als ihre Reiter, sind die Pferde immer noch voller Energie und legen, ohne dass sie viel Treiben müssen, ein zügiges Tempo vor.

Dies lässt Seto immer wieder besorgt zu Anna schauen, die sich mit einer Hand am Sattel festhält und mit der anderen Toshi zusätzlich Halt gibt, die fröhlich vor sich hin quietscht. »Wenn es nicht mehr geht, sage es mir und dann nehme ich sie. Hast du verstanden?« Mit einem Blick, der keine Widerworte duldet, fixiert er sie, bis sie schüchtern nickt und ein »Natürlich, Meister Seto«, murmelt.

Zufrieden wendet er sich wieder nach vorn und entspannt sich etwas. Es gefällt ihm nicht, dass sie jetzt so unter Zeitdruck stehen, dass sie kaum noch Rücksicht auf Toshis Gesundheit nehmen können, aber solange die Kleine so vergnügt und lebendig wirkt, wird sie hoffentlich keine Probleme haben. Zumindest redet er sich das ein, um seine Nerven zu beruhigen.

Nach etwa einer halben Stunde durchtraben, erreichen sie ein kleines Wäldchen. Die Bäume sind nicht allzu hoch, aber doch gross und dicht genug, um sie vor der immer heisser vom Himmel brennenden Sonne zu schützen. Erleichtert atmen sie auf, als sie im Schritt durch die kühlen Schatten reiten.

 

Aufmerksam sieht sich Atemu um und stockt, als sein Blick auf Anna und Toshi fällt. Kurzerhand holt er ein Tuch aus dem Korb und drückt es Anna in die Hand. »Mache für Toshi einen Sonnenschutz, nicht, dass sie einen Sonnenbrand oder sogar einen Sonnenstich bekommt.«

Überrascht nimmt Anna das Tuch entgegen, das bei ihrer Abreise in Domino, den Inhalt des Korbes bedeckt hatte. »Danke, Meister Atemu.« Sie spricht wieder so leise, dass sie kaum zu hören ist, aber das stört ihn nicht. »Keine Ursache.« Er sieht wieder nach vorn, während sie das Tuch so über Toshi drapiert, dass das Gesicht der Kleinen auch hier im Schatten der Bäume vor den einzelnen durchbrechenden Sonnenstrahlen geschützt ist.

 

»Morgen und übermorgen reiten wir gleich bei den ersten Sonnenstrahlen los und reiten, solange die Sonne nicht zu hoch steht«, ruft Mario ihnen zu, was Atemu leicht die Stirn runzeln lässt. »Warum? Solange wir im Schatten sind, macht die Mittagshitze uns doch nichts aus.«

»Wenn es Schatten geben würde. Morgen werden wir die meiste Zeit in der prallen Sonne reiten müssen. Es gibt auf dem Teil der Strecke keine Wäldchen, die wir durchqueren können, ohne dass wir einen Umweg machen, den wir uns nicht leisten können.«

»Also werden wir während der Mittagsstunden irgendwo eine Pause machen?« Mischt sich nun Seto in das Gespräch ein, woraufhin Mario knapp nickt. »Ja. Wenn wir schnell genug sind, erreichen wir morgen um die Mittagszeit rum einen kleinen Gasthof, in dem wir rasten können, bis die Sonne weiter gewandert ist. Wir können aber auch auf schlechteres Wetter hoffen.«

Leicht verengt Seto die Augen. »Dann hoffe ich auf Wolken, damit Toshi nicht doch noch einen Sonnenbrand erwischt. Wie lange bleiben wir in dem Wäldchen?«

 

Nun lässt Mario seinen Blick wieder aufmerksam an den Bäumen entlang gleiten. »Etwa eine halbe Stunde und viel länger sollten wir auch nicht hier unterwegs sein. Hier gibt es gern Wegelagerer und je kürzer wir hier drin sind, desto besser.«

 

Schlagartig verfliegt die Erleichterung, dass sie nicht mehr in der prallen Sonne unterwegs sein müssen. Angespannt rücken sie näher zusammen, nehmen Kimi und Anna so unbewusst in ihre Mitte.

»Warum hat er das nicht früher gesagt?«, murrt Seto deutlich nervös.

Atemu hingegen wirkt ruhig und gelassen, aber auch ihm ist die Anspannung in den Augen abzulesen. »Vermutlich, damit wir uns keine Sorgen machen und die Pferde nicht nervös werden, weil wir angespannt sind. Er weiss, was er tut und wir müssen darauf vertrauen, dass wir heil hier durch den Wald kommen. Schliesslich hat er uns ja bis jetzt sicher geführt und dank ihm und Helena müssen wir auch deutlich weniger lang als gedacht unterwegs sein.«

 

Immer noch murrend fasst Seto die Zügel und den Führstrick fester. »Helena. Das verwöhnte Prinzeschen ist wohl doch noch zu etwas zu gebrauchen. Nur hätte sie das deutlich früher sagen können, wo wir hin müssen.«

 

Genervt schüttelt Atemu den Kopf. »Nun sein nicht so ungerecht. Sie hat Mario sicher so früh wie möglich informiert und es ist ja zu schaffen. Es wird nur sehr anstrengend werden.«

Da Kimi ungewöhnlich ruhig ist, wendet er sich jetzt ihm zu. »Kimi, ist alles in Ordnung?«

 

Aus seinen Gedanken gerissen, zuckt Kimi zusammen. »Ja, ich mache mir nur Gedanken um Anna und Toshi.« Er kommt gar nicht auf die Idee, seinen Meister anzulügen und so sieht er ihn mit grossen Augen an. »Toshi ist so klein und Anna ist doch eine Frau. Ist das für die beiden nicht zu anstrengend?«

 

Beruhigend lächelnd schüttelt Atemu den Kopf. »Anna ist eine Frau, das stimmt, aber sie ist viel zäher, als du denkst.« Leicht zwinkert er ihr zu, ehe er wieder zu Kimi blickt. »Und Toshi ist zwar noch klein, aber sie ist kerngesund und hat es von uns allen wohl am bequemsten. Sie hängt bei ihrer Mama ab und geniesst es, die Welt zu sehen. Wir müssen nur aufpassen, dass sie nicht zu viel Sonne erwischt und genug trinkt.«

 

»Und wie wissen wir, wann es für sie zu viel wird?« Will Kimi nun wissen, dabei ganz vergessend, dass er als Sklave seinen Meister solche Fragen nicht stellen sollte.

Zum Glück hat er in Atemu einen nachsichtigen Meister. Dieser schmunzelt nur warm und deutet auf Anna. »Anna weiss es. Sie kennt ihre Kleine und wird es uns sagen, wenn sie eine Pause braucht.«

 

Zweifelnd dreht sich Kimi nun zu Anna um. »Stimmt das? Wirst du es sagen, wenn es zu viel wird?« Er kann es nicht so wirklich glauben, dass sie das machen wird, da sie als Sklaven doch niemals um eine Pause bitten dürfen.

Von Kimis Sorge gerührt, nickt Anna. »Ja, das werde ich. Denn ich weiss, dass Meister Seto und Meister Atemu es so wollen.« Sanft streichelt sie über Toshis Köpfchen und holt das Fläschchen heraus. Wie schon am Morgen vertraut sie darauf, dass ihr Meister das Pferd sicher führt und holt Toshi aus dem Tragetuch. Sie hält sie sicher in ihrem Arm und gibt ihr die vorbereitete Babynahrung. »Ich weiss, unser Essen schmeckt besser«, raunt sie ihr zu, als die Kleine das Gesicht verzieht, bevor sie anfängt durstig zu trinken.

Gerade, als das Fläschchen leer ist, verlassen sie das schattige Wäldchen und Anna setzt sie wieder ins Tragetuch und zieht ihr den Sonnenschutz wieder so weit übers Gesichtchen, dass es im Schatten liegt. Sie massiert ihr nun sanft den Rücken und langsam schläft Toshi an ihrer Brust ein.

 

»Ich staune, wie gut die Kleine das alles mitmacht«, murmelt Mario und entspannt sich immer mehr, je weiter sie das Wäldchen hinter sich lassen. »Wir traben wieder an«, ruft er seinen Reisebegleitern zu und gibt dem Pferd die Sporen.

 

Sie traben lange am Meer entlang. Nur selten sehen sie Menschen und schliesslich halten sie vor einem kleinen Hof an. »Hier rasten wir wieder für eine, maximal zwei Stunden.« Informiert Mario die Vier und steigt vom Pferd. Er geht zu dem aus gebrannten Lehmziegeln gebaute Haus und klopft an. Es dauert eine Weile, aber dann öffnet ihnen eine alte Frau die Tür und grinst breit. »Mario! Wie lange ist es her, dass du hier vorbeigekommen bist?« Stürmisch umarmt sie ihn und bemerkt erst jetzt die erschöpften Leute hinter ihm. »Wer sind denn deine beiden Freunde?«

 

Schief grinst Mario und dreht sich zu den anderen um. »Marcella, das sind Yami und Gwener. Sie helfen mir, die Pferde zum Hafen von Porto Ercole zu schaffen, von wo ich sie per Schiff zu meinem Landgut bringen will.«

»Ah, darum reiten die Sklaven auch und gehen nicht zu Fuss?« Abschätzig mustert sie Anna und Kimi, ohne nach deren Namen zu fragen.

»Ja, wir brauchen sonst einfach zu lange und sie gehören zu Gwener und Yami. Wir würden gern hier rasten und etwas essen, bevor wir weiterreiten.« Bittend legt er die Hände aneinander, was Marcella warm auflachen lässt. »Natürlich kriegt ihr etwas zu essen. Die Sklaven können sich ja so lange um die Pferde kümmern und sich im Stall aufhalten.«

 

Nun tritt Seto vor und verneigt sich leicht vor der alten Dame, während er ihre Hand ergreift. »Verzeiht, wenn ich widerspreche. Wir haben auch noch ein Baby dabei und die Sklaven sind genauso erschöpft und hungrig wie wir. Darum ersuche ich Euch, dass die Sklaven mit uns reinkommen und etwas von Euren sicher unvergleichlich guten Speisen essen dürfen.« Als wäre sie eine Prinzessin von höchster Geburt, haucht er ihr einen Luftkuss auf den runzligen Handrücken, was sie verlegen kichern lässt. »Junger Mann, wie soll ich Euch diese Bitte abschlagen, wenn Ihr sie so vortragt?«

Zwinkernd lächelt Seto ihr zu und richtet sich wieder auf. »Ihr sollt sie gar nicht abschlagen. Lasst unsere Sklaven und das Baby mit uns am Tisch sitzen.«

 

Theatralisch seufzt Marcella auf. «Na gut. Meinem Giorgio wird es zwar nicht gefallen, aber im Moment ist er in den Weinreben und ich weiss nicht, wann er zurückkommt.«

 

Wieder verneigt sich Seto vor ihr. »Wir werden mit ihm reden, wenn wir bei seiner Rückkehr noch hier sein sollten. Nun sagt mir, wo können wir unsere Pferde unterstellen? Sie sind hungrig und durstig.«

 

Nun ist es an Mario, die Augen zu verdrehen. »Geh du mit den anderen schon mal rein. Ich kümmere mich um alles. Ich bin ja schliesslich nicht zum ersten Mal hier.« Als Seto widersprechen will, hebt er nur eine Augenbraue an und verschränkt die Arme. »Keine Widerworte! Im Gegensatz zu euch geht es mir richtig gut und ich kenne mich hier aus!«

Noch bevor Seto oder Atemu etwas sagen können, nimmt er alle fünf Pferde und führt sie zu dem kleinen Stallgebäude.

»Na dann«, meldet sich Marcella wieder zu Wort und tritt einladend zur Seite. »Kommt rein. Ich habe einen Eintopf auf dem Herd, von dem ich euch geben kann.« Missbilligend schürzt sie die Lippen, als Kimi und Anna an ihr vorbeigehen. »Sklaven«, murrt sie abfällig, ehe sie sich umwendet und die Tür für Mario offen stehen lässt. »Folgt mir!« Fordert sie die kleine Gruppe auf und führt sie in die winzige Küche, die von einem Holzofen mit Herd und einem riesigen alten Tisch mit Sitzbank dominiert wird. »Setzt euch hin. Gwener, sollen deine Sklaven wirklich das Gleiche essen, wie du und dein Freund?«

 

Seto braucht einen Moment, bis er realisiert, dass er gemeint ist. »Ja, das sollen sie. Sie brauchen viel Kraft und wie sollen sie die sonst bekommen?« Er bleibt weiterhin freundlich, bedeutet Anna und Kimi aber gleichzeitig resolut, dass sie sich auf die Sitzbank hinter dem Tisch setzen sollen. »Meister Seto. Ich müsste Toshi wieder wickeln«, wagt es Anna zu sagen, woraufhin Seto knapp nickt. »Dann geh und erledige es, bevor wir essen!«

Er sieht ihr ernst nach, als sie wieder aus der Küche nach draussen eilt und setzt sich dann hin.

 

Atemu hat das alles beobachtet und verneigt sich nun ebenfalls leicht vor Marcella. »Verzeiht, unseren ungewohnten Umgang mit den Sklaven, aber wir haben auf unseren anstrengenden Reisen gelernt, dass es am kostengünstigsten ist, wenn wir die Sklaven gut ernähren.« Verführerisch lächelt er die alte Dame an, woraufhin sie leicht errötet. »Ihr seid ja noch freundlicher als Euer Begleiter. Setzt Euch hin, Yami. Das Essen und die Getränke sind gleich fertig.«

Nun schüttelt Atemu den Kopf. »Ich helfe Euch natürlich und Wasser reicht uns als Getränk vollkommen aus.« Widerspricht er ihr immer noch verführerisch lächelnd, woraufhin sie leise seufzt. »Na gut. Könnt Ihr den Tisch decken? Die Teller, Becher und Löffel befinden sich da drüben im Regal.« Sie deutet auf ein altes Regal aus Holz, das durch die Jahrzehnte in der Küche vom Rauch des offenen Feuers geschwärzt worden ist.

Atemu neigt noch einmal sein Haupt, ehe er zu dem Regal geht und fünf Teller und Löffel holt. Kimi nimmt sie ihm jedoch ab, bevor er sie auf dem Tisch verteilen kann und so geht er wieder zum Regal und holt fünf tönerne Becher. Diese stellt er in dem Moment auf den Tisch, als Mario mit Anna die Küche betritt und dabei einen Eimer hereinträgt, der beinahe bis zum Rand mit kühlem Wasser gefüllt ist.

»Du hast lange gebraucht, Anna. Sonst wickelst du Toshi doch schneller.« Augenscheinlich missbilligend runzelt Seto die Stirn, aber wer ihn kennt, der kann sehen, dass es sich in Wahrheit um Sorge handelt.

»Bitte verzeiht. Ich habe bei der Gelegenheit die Windel gleich gewaschen und beim Stall zum Trocknen hingelegt«, erklärt Anna mit demütig gesenktem Blick. Sie trägt Toshi auf dem Arm, die mit wachen Augen an ihrem Fäustchen nuckelt und sich neugierig umsieht.

»Gut, die Gesundheit der Kleinen geht vor. Nun setz dich hin und iss.« Mit undurchdringlicher Miene deutet Seto auf den Platz neben sich, woraufhin sich Anna hinsetzt, ohne den Blick zu heben.

 

Marcella hat das ganze schweigend beobachtet, während sie einen Korb mit Brotscheiben auf den Tisch gestellt hat und füllt nun die Teller mit dem Eintopf. Als sie die Teller auf den Tisch stellt, mustert sie Toshi aufmerksam. »Das Kind sieht Euch gar nicht ähnlich, Gwener. Seid Ihr sicher, dass es Eures ist?«

 

Hustend versteckt Atemu sein Gesicht hinter dem Becher mit kühlem Wasser. Angespannt schielt er zu Seto, der lediglich eine Augenbraue hebt. »Marcella, diese Frage werde ich nicht beantworten.« Seine Stimme ist klirrend wie Eis und ein warnendes Blitzen ist in seinen Augen zu sehen.

Leer schluckend nickt Marcella und setzt sich nun auch hin. »Mario, es ist mir wie immer eine Freude, dich zu sehen. Doch heute wirkst du gehetzt und nervös. Was ist los?« Besorgt legt sie ihm ihre runzlige Hand auf den Unterarm.

 

Lächelnd schüttelt Mario den Kopf. »Es ist nichts, Marcella. Wir haben nur nicht viel Zeit, da wir noch eine weite Strecke zurücklegen müssen.« Demonstrativ isst er von dem Eintopf und schliesst mit einem »Hmmm, lecker«, die Augen.

 

Schweigend sitzen sie nun alle essend da. Nur das leise Glucksen von Toshi durchbricht die Stille. Sie findet es lustig, was passiert und verlangt immer wieder nach dem Essen, indem sie nach dem Teller greift. Natürlich kommt Anna dem Wunsch ihrer Tochter nach und gibt ihr von dem Eintopf. Sie ist so beschäftigt, dass sie selbst gar nicht zum Essen kommt.

»Gib sie mir!«, befiehlt Seto, als er sieht, dass Anna kaum etwas isst und nimmt dann kurzerhand Toshi aus ihren Armen. Geschickt setzt er die Kleine auf seinen Schoss und füttert sie nun von seinem Teller weiter. »Anna, iss endlich. Du brauchst deine Kraft!« Streng sieht er sie an, bis sie anfängt zu essen.

Zufrieden widmet er sich jetzt wieder Toshi und gibt ihr ein Stück weiches Brot, an dem sie nun lachend und quietschend rumkaut.

 

Nach dem Essen bleiben sie noch eine Weile sitzen, aber dann ist es Zeit, dass sie wieder aufbrechen. Gemeinsam gehen sie nach draussen und während Mario mit Kimi zum Stall geht, wendet sich Atemu zu Marcella um. »Ich danke Euch im Namen aller für das leckere Mahl und Eure Gastfreundschaft.« Leicht verneigt er sich vor ihr, woraufhin sie verlegen lächelnd abwinkt. »Ach was. Es war mir ein Vergnügen. Nur selten trifft man so wohlerzogene junge Leute, auch wenn Ihr aufpassen solltet, dass Euch die Sklaven nicht plötzlich auf der Nase herumtanzen, wenn Ihr sie so verwöhnt.«

 

Atemu würde ihr am liebsten sagen, was er von ihren Worten hält, aber er lächelt nur nichtssagend, als er nickt. »Danke, für den Hinweis.« Demonstrativ sieht er sich um, als Mario und die anderen die Pferde aus dem Stall führen. »Es wird Zeit, dass wir wieder aufbrechen. Lebt lange und gesund«, wünscht er ihr, den Kopf respektvoll neigend, ehe er zu den Pferden geht und sich geschickt in den Sattel schwingt.

 

Geduldig warten er und die anderen darauf, dass sich Mario und Marcella verabschieden. Dabei können sie noch einmal das herzliche Verhältnis der beiden beobachten, als sie sich zum Abschied umarmen. Schliesslich sitzt auch Mario auf seinem Pferd und sie reiten im zügigen Schritt vom Hof.

 

Als der Hof hinter den Hügeln nicht mehr zu sehen ist, lässt Atemu sein Pferd neben Marios hergehen. »Woher kennst du sie? Ihr beide wirktet, als währt ihr eine Familie.« Fragend sieht er ihn an, behält dabei aber auch die Strasse im Blick.

 

Leise seufzt Mario. »Sie war mein Kindermädchen, bis ich in die Militärakademie gegangen bin. Ich versuche, sie mindestens einmal im Jahr zu besuchen. Nur ist das nicht immer so leicht.« Er schielt nur kurz zu Atemu rüber. »Darum habe ich jetzt die Gelegenheit genutzt, sie zu besuchen. Auch wenn es mir leid tut, wie sie über eure beiden Sklaven geredet hat und dass sie Seto mit ihrer Frage in Verlegenheit gebracht hat.«

 

Grinsend schüttelt Atemu den Kopf. »Das hat sie nicht. Sonst hätte er anders reagiert. Ich denke eher, dass sie ihm unbewusst klar gemacht hat, wie sein Verhalten auf Aussenstehende wirkt. Also mach dir deswegen keine Sorgen.«

Knapp nickt Mario und sieht auf die Uhr. »Wir müssen uns beeilen. Wenn ihr Kimi und Anna zu euch in den Sattel nehmt, können wir galoppieren.« Er deutet zu einem einzeln stehenden Baum. »Dort halten wir an. Packt dann eure Satteltaschen auf ihre Pferde und lasst die beiden bei euch mit aufsteigen.«

 

Kurz darauf halten sie bei besagtem Baum an und verteilen die Satteltaschen um. Seto murrt dabei leise vor sich hin, dass das für Toshi viel zu gefährlich sei, aber dann setzt er Anna auf sein Pferd und steigt hinter ihr auf. Er sieht zu Atemu, der nun Kimi vor sich sitzen hat und wie er den Strick von dem nun reiterlosen Pferd festhält.

»Wir sind soweit«, murrt Seto und schon geht es los. Erst lassen sie die Pferde noch im Schritt gehen, damit sich alle an die neuen Umstände gewöhnen können, aber dann gibt Mario seinem Pferd die Sporen und es galoppiert los.

»Festhalten«, befiehlt Seto und dann galoppieren auch sie los. Trotz der doppelten Last, die ihre Pferde zu tragen haben, holen sie Mario schnell ein.

 

Anna hält sich mit einer Hand an der Mähne fest und stützt mit der anderen instinktiv Toshi, die vergnügt auflacht. Nur nebenbei bemerkt sie, dass Seto sie sicher mit den Armen umfasst hält. Durch dieses Wissen entspannt sie sich langsam und geniesst, es, wie sich das Pferd unter ihr bewegt.

 

Kimi hingegen findet es gar nicht toll, dass sie sich jetzt so schnell vorwärts bewegen. Krampfhaft hält er sich mit geschlossenen Augen an der Mähne fest und betet stumm vor sich hin. Obwohl Atemu ihn sicher festhält, hat er Angst, dass er gleich runterfällt.

»Keine Angst. Du fällst nicht runter. Ich halte dich fest. Gehe einfach mit der Bewegung mit.« Versucht Atemu ihn zu beruhigen, während die Landschaft an ihnen vorbeizieht.

 

Sie galoppieren lange, bis Mario sein Pferd wieder zügelt und es schnaubend in einen zügigen Schritt verfällt.

Nun doch besorgt, ob er den beiden Sklaven mit dem langen Galopp nicht zu viel zugemutet hat, blickt er sich um. Zu seiner Erleichterung, scheinen die beiden in Ordnung zu sein und so wendet er sich wieder nach vorn und führt die Gruppe nun von der Strasse runter zur Küste. Er weiss, die Pferde und die Reiter sind müde, aber darauf kann er keine Rücksicht nehmen.

 

Seto murrt vor sich hin, als er sein Pferd neben Atemus gehen lässt. »Sag mal, wie lange will er noch reiten? Wir sind ewig galoppiert, die Pferde sind müde und Anna muss doch Toshi füttern.«

Schmunzelnd mustert Atemu seinen Cousin, während er sein Pferd jetzt am langen Zügel gehen lässt. »Ich weiss es nicht. Er scheint genau zu wissen, wo er hin will und sei mal ehrlich, die Pferde hätten noch länger galoppieren können. Wir sind es, die langsam aber sicher schlapp machen.« Schief grinsend lässt er die Schultern kreisen. »Ich weiss gar nicht mehr, wann meine Muskeln das letzte Mal so geschmerzt haben. Morgen müssen wir so lange reiten, bis wir unser Ziel erreicht haben, da macht es doch Sinn, dass wir heute so weit wie möglich kommen sollten.«

Abschätzend sieht er in den Himmel und dann zum Meer hinaus. »Ich schätze jetzt einfach mal, dass wir bis in die Nacht hinein reiten werden. Es ist Vollmond und so könnten wir theoretisch sogar die Nacht durchreiten, solange der Himmel so klar ist.«

 

Schockiert starrt Seto ihn an und zieht dann scharf den Atem ein. »Ich hoffe, dass er das nicht wagen wird! Toshi braucht ihren Schlaf!« Er knurrt beinahe, als er zu Mario nach vorn sieht.

 

»Hör auf zu knurren.« Todernst dreht sich Mario zu ihnen um. »Da vorn ist eine geschützte Stelle mit Süsswasser. Dort rasten wir kurz und lassen die Pferde saufen, während sich Anna um Toshi kümmert. Je schneller wir aber weiterreiten, desto früher kommen wir an unserem heutigen Ziel an und können schlafen.«

Da er sich auf ihren Weg konzentrieren muss, kann er das beginnende Duell des Anstarrens leider nicht allzu lange fortführen. Auch wenn es ihm widerstrebt, unterbricht er den Blickkontakt und sieht wieder nach vorn.

Wie versprochen halten sie eine Viertelstunde später in der Bucht an, die von einem kleinen Fluss dominiert wird, der hier ins Meer fliesst.

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Es ist ja viel passiert und ihre Pläne müssen sich anpassen.

 

Bis zum nächsten Mal.

 

Eure mrs_ianto

 

In letzter Minute

Hallo zusammen

 

heute gibt es das neue Kapitel wieder pünktlich am Samstag.

Ich wünsche euch viel Spass beim lesen und halte euch jetzt nicht länger auf.

 

 
 

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In letzter Minute

 

»Aufstehen! Wir müssen los!« Resolut zieht Mario die Umhänge von Seto und Atemu weg, die bis gerade eben noch tief geschlafen haben, sich nun aber murrend umdrehen und versuchen, die Umhänge wieder zurück zu holen.

»Verdammt, Mario. Es noch mitten in der Nacht«, ruft Atemu aus und richtet sich auf, als er den Umhang nicht erwischt. »Wie lange haben wir jetzt geschlafen? Eine Stunde? Zwei?«

 

»Falsch, wir haben die Scheune vor fünf Stunden erreicht. Ihr habt also gut vier Stunden geschlafen. Anna und Kimi sind übrigens schon dabei, das Frühstück zu machen und die Pferde für die Weiterreise vorzubereiten.« Die Hände in seine Seite stützend, sieht Mario Atemu und auch Seto an, der sich murrend aufrichtet und sich den Umhang zurückholt. »Viel zu wenig. Ich sage dir eins, wenn wir nicht so in Eile wären, würde ich dir für deinen Tonfall und dein Verhalten die Leviten lesen.« Grollend steht Seto auf und stapft, sich den Umhang umlegend, aus der Scheune.

 

Atemu streckt sich erst einmal ausgiebig, bevor er auch aufsteht und von Mario den Umhang wieder entgegen nimmt. »Wie viel müssen wir heute noch schaffen?« Will er gähnend wissen. Er fröstelt und zieht sich den Umhang wieder um die Schultern, was Mario amüsiert schmunzeln lässt. »Wir haben noch gut 50 Kilometer vor uns, die wir bis Sonnenuntergang schaffen müssen, um die beim einfachen Volk gebräuchliche Zeitangabe zu nutzen.«

Unwillkürlich lacht Atemu auf. »Gut, das bedeutet also, dass wir in etwa zwölf Stunden da sein müssen. Die Art zu reden, passt übrigens nicht zu dir.« Er zwinkert Mario grinsend zu und geht dann rüber zu Anna und Toshi, die sich fleissig im Krabbeln übt. »Guten Morgen, kleine Maus«, raunt er ihr zu und hebt sich kurzerhand hoch. Mit Toshi auf dem Arm setzt sich Atemu neben Anna, die gerade ein paar Brote schmiert, die sie am Vortag in einer Bäckerei gekauft haben. »Guten Morgen, Anna. Konntest du etwas schlafen?« Besorgt mustert er die junge Sklavin, die erst jetzt den Blick hebt und müde lächelt. »Guten Morgen, Meister Atemu.« Leicht lächelnd lässt sie zu, dass Toshi einen ihrer Finger ergreift. »Ich konnte vermutlich genauso viel schlafen, wie Ihr und Meister Seto. Am wenigsten hat Meister Mario geschlafen.« Vorsichtig schielt sie zu dem Hauptmann, der ihre Schlafplätze aufräumt, indem er die Decken zusammenrollt, auf denen sie geschlafen haben. »Er ist sehr angespannt und besorgt. Auch wenn er es nicht zeigt.«

Atemu folgt ihrem Blick und seufzt. »Ich weiss. Es ist deutlich zu sehen, dass er angespannt ist und sich Sorgen macht. Ich frage mich, wie es dazu gekommen ist, dass Helena nun dem amtierenden Pharao ihre Hand versprechen muss.«

 

Toshi streckt ihre Ärmchen nach Anna aus, woraufhin sie ihre Kleine auf den Schoss nimmt und ihr ein Stück von einem Brötchen gibt. »Was bedeutet das überhaupt, die Hand in einer heiligen Zeremonie zu versprechen? Ist das etwas anderes als dieser Vertrag, den Ihr mit dem Kaiser abschliessen sollt?«

 

Fasziniert beobachtet Atemu, wie Toshi an dem Brötchen kaut und dabei über beide Ohren strahlt. »Wie soll ich es dir erklären?«, murmelt er nachdenklich. »Der Vertrag wäre nur zwischen dem Kaiser, mir und Helena geschlossen worden. Er ist nicht öffentlich und nur die Menschen, die direkt involviert sind, werden informiert. Die Zeremonie ist nicht nur die Vereinbarung zwischen dem Kaiser und dem amtierenden Pharao, sie findet auch noch in einem Tempel statt. Ein Priester führt sie durch und eigentlich ist es beinahe wie eine Vermählung vor den Göttern, mit dem Unterschied, dass die zukünftige Braut bis zur eigentlichen Hochzeit im Tempelbereich des Palastes lebt und dort ausgebildet wird. Sie nimmt schon an offiziellen Zeremonien und Veranstaltungen teil. Sie gilt schon als Königin an der Seite des Pharaos und ihre Position als erste, zweite oder dritte Gemahlin oder als Gemahlin aus Harem ist schon festgelegt. Egal, wann sie den Pharao dann tatsächlich ehelicht. Oft findet diese Zeremonie auch öffentlich statt und manchmal, wenn es ihm besonders wichtig erscheint, wird sie sogar im ganzen Reich live übertragen.«

Mit grossen Augen hört Anna zu. »Das ist ja schrecklich. Ich dachte immer, dass ihr freien Menschen selbst entscheiden könnt, wie ihr leben wollt.«

 

Atemu seufzt und spielt mit einem Heuhalm. »Schön wär’s. Weisst du, das einfache Volk und auch die meisten Menschen der Oberschicht können selbst entscheiden, was sie machen wollen. Aber wir aus der herrschenden Schicht, haben diese Wahlmöglichkeit nicht. Wir müssen den Weg gehen, den schon unsere Väter und Mütter gegangen sind. Müssen die Personen heiraten, die für unsere Familien am nützlichsten sind. Egal, ob wir die Person mögen oder nicht. Ob wir lieber etwas anderes machen wollen oder nicht. Mein Schicksal stand schon bei meiner Geburt fest und der Weg, den ich gehen muss, wurde schon damals vorherbestimmt.«

Nachdenklich blickt Anna auf die Brötchen die vor ihr liegen auf einem flachen Stein liegen. »Also seid Ihr auch eine Art Sklave, obwohl Euer Stand so weit weg von meinem ist, wie es nur vorstellbar ist. Wie … habt Ihr das überlebt, plötzlich von so einem hohen Rang zu einem niederen Sklaven zu werden? Ich meine, das ist doch unvorstellbar.« Unsicher, ob sie nicht zu weit gegangen ist, schielt sie zu Atemu, der jedoch nur sanft lächelt. Sein Blick ist aber gleichzeitig unglaublich traurig. »Ich habe es nicht überlebt. Der Atemu, der damals mit dem Flugzeug abgestürzt ist, ist damals in der Wüste gestorben. Auch wenn ich es lange nicht wahrhaben wollte.« Sein Blick schweift zur Tür, durch die er den Mond und die Silhouetten der Pferde erkennen kann. »Ich bin nicht mehr Atemu. Ich bin Yami, der noch ein paar Eigenschaften von Atemu besitzt, der aber eigentlich eine vollkommen andere Person ist.«

 

»Dann wird es Zeit, dass du wieder zu Atemu wirst. Sonst kannst du Helena nicht vor dieser Ehe bewahren.« Mit verschränkten Armen steht Mario mit blitzenden Augen da. »Ich habe euch beide nicht aufgeweckt, dass du nun bei Anna sitzen und rumtrödeln kannst!«

 

Vielsagend zwinkert Atemu Anna zu, bevor er aufsteht und Mario die zusammengerollten Decken abnimmt. »Entschuldige bitte, ich bringe die mal zu den Pferden.« Mit grossen Schritten eilt er nach draussen, bleibt dann aber in der Dunkelheit stehen, als schon nach ein paar Metern stehen, als er über einen Stein stolpert und beinahe stürzt. Auch wenn die Laterne in ihrer Unterkunft nur wenig Licht gespendet hatte, müssen sich seine Augen erst an das schwache Mondlicht gewöhnen.

Langsam geht er dann zu den Pferden rüber, die leise schnauben und neugierig zu ihm blicken. »Na ihr? Wo habt ihr denn Kimi und Seto gelassen?« Sanft krault er sie an den Nüstern und zwischen den Ohren, als auch schon Kimi mit einem der Sättel auftaucht. »Guten Morgen, Meister Atemu. Wenn Ihr Meister Seto sucht, er ist mit den anderen beiden Pferden beim Brunnen, damit sie noch einmal trinken können.« Geschickt nimmt er Atemu die Decken ab und beginnt sie hinter den Sätteln zu befestigen.

Mit hochgezogener Augenbraue beobachtet Atemu Kimi. »Soll ich dann mit dir die anderen Pferde auch noch hinführen?« Als er den dankbaren Blick des jungen Sklaven sieht, nimmt er die Zügel der ersten beiden Pferde und wartet geduldig, bis Kimi auch beim Dritten die Decke befestigt hat. Gemeinsam bringen sie die Pferde zu dem Brunnen und er nimmt dann noch die Zügel von Kimis Pferd entgegen. »Guten Morgen, Seto. Bist du jetzt wacher?« Schief grinsend sieht er seinen Cousin an, der ihm nur grummelnd zunickt. »Also nicht.« Stellt Atemu gelassen fest und beobachtet nun die Pferde, die wohl wissen, dass wieder ein langer Ritt auf sie zukommt, so wie sie das Wasser einzuatmen scheinen.

 

Während sie so dastehen und die Pferde dann auch noch einmal grasen lassen, kommen Mario und Anna, die Toshi wieder vor sich im Tuch trägt auf sie zu. »Wir werden während des Rittes essen. Anna, du meldest dich, wenn Toshi eine frische Windel braucht oder du ihr Fläschchen neu machen musst!«, streng sieht er Anna an, die nickt und zwischen den Pferden hindurch zu dem Brunnen eilt. Eilig macht sie das Fläschchen für Toshi fertig und atmet dann tief durch. Jeder Muskel in ihrem Körper schmerzt und sie weiss, dass es auch Kimi nicht anders geht.

Dennoch verzieht sie keine Miene, als Seto ihr auf das Pferd hilft, bevor er selbst aufsteigt und dann seinen und Annas Proviant von Mario entgegen nimmt. »Danke«, grummelt er und verstaut die Brötchen in seiner Satteltasche.

Leicht nickt Mario und geht weiter zu Atemu, der inzwischen auch auf dem Pferd sitzt. »Hier.« Er hält ihm in eine Tasche verpackten Brötchen hin. »Tut mir leid, wegen vorhin. Ich wollte dich nicht so anfahren.«

In aller Ruhe verstaut Atemu die Brötchen in der Satteltasche. »Ist schon gut. Wir sind alle gestresst.« Verständnisvoll sieht er Mario an, der erleichtert aufatmet. »Danke«, murmelt er undeutlich und geht nun zu seinem Pferd. Geschmeidig, als hätte er nicht schon zwei Tage im Sattel in den Knochen, schwingt er sich auf den Pferderücken. Er sieht sich kurz nach den anderen um, ehe er losreitet.

Schweigend reiten sie in die Nacht hinaus. Nur das leise Schnauben der Pferde und das Knarren des Leders ist zu hören, während sie auf dem Wiesenweg in Richtung Strasse reiten.

Nach etwa zwanzig Minuten erreichen sie die befestigte Strasse. Nun durchbricht das leise Klackern der Hufeisen auf dem Asphalt die Stille der Vollmondnacht.

 

Nach etwa zwei Stunden sehen sie, wie langsam die Sonne aufgeht und das kühle Licht des untergehenden Vollmondes durch ihre Wärme ersetzt. Erst jetzt holen sie die Brötchen aus den Satteltaschen.

Essend lassen sie die Pferde weiter in einem ruhigen Schritt gehen und geniessen trotz der Umstände, wie das Lichtspiel des beginnenden Tages die Landschaft erstrahlen lässt.

 
 

***
 

 

Im zügigen Trab reiten sie durch das Dorf Porto Ercole in Richtung Hafen. Es ist schon spät, der Himmel verfärbt sich schon in Richtung Nacht, als sie die Lichter der Schiffe vor sich auftauchen sehen.

Den ganzen Tag über hatte Mario immer wieder telefoniert, sobald er nur ein wenig Empfang hatte und so vom Sattel aus den Weitertransport der Pferde zu seinem Anwesen in Genua organisiert.

»Da vorn ist die Jacht der Prinzessin«, ruft Mario ihnen zu und deutet auf das hell erleuchtete Schiff, das etwas abseits in einem Dock liegt.

»Na endlich. Ich will nie wieder einen Pferderücken von oben sehen«, seufzt Seto und will schon zu der Jacht reiten, bemerkt dann aber, dass Mario eine andere Richtung einschlägt und sie zu einer der Lagerhallen führt, wo schon mehrere Leute auf sie warten.

»Absteigen! Alles mitnehmen, was ihr braucht«, weist er die Gruppe an als er auch schon aus dem Sattel springt und einen der Vorarbeiter begrüsst.

 

Während Mario sich mit dem Mann unterhält, steigen Seto und Atemu ab und helfen dann Kimi und Anna aus den Sätteln. »Los beeilen wir uns«, raunt Atemu den anderen zu. Eilig lösen sie ihr Gepäck von den Sätteln und leeren die Satteltaschen.

Gleich darauf werden die Pferde weggeführt und Atemu sieht ihnen sehnsüchtig nach. So anstrengend der Ritt auch gewesen ist, er hat es auch genossen, mal wieder aus dem Palast zu kommen und nicht wie der Pharao behandelt zu werden, sondern wie ein normaler Mensch.

»Hör auf zu träumen«, zischt Seto ihm zu und packt ihn am Arm. Unnachgiebig zieht er ihn hinter sich her, als sie im Schatten der Hafengebäude in Richtung Jacht rennen.

Plötzlich gibt ihnen Mario das Zeichen, stehen zu bleiben. »Ihr wartet hier«, weist er sie scharf an und streicht sich gleichzeitig die Kleidung glatt. Tief durchatmend strafft er sich und geht dann hoch erhobenen Hauptes zur Jacht.

 

Angespannt warten sie darauf, dass Mario ihnen ein Zeichen gibt, dass sie ihm folgen können. Immer wieder beisst sich Atemu auf die Lippen. Ansonsten wirkt er nach aussen hin angespannt, aber dennoch ruhig.

»Er ist schon viel zu lange weg«, murmelt Seto nach einem Blick zur grossen Uhr der Hafenkirche vor sich hin. Er will schon auf eigene Faust losgehen, als Mario wieder auftaucht und ihnen hektisch zuwinkt. »Los, schnell«, zischt Atemu und rennt geduckt los.

Die geschätzt fünfzig Meter scheinen so unglaublich lang zu sein. Endlich erreicht er gefolgt von den anderen die Jacht und springt mit Marios Hilfe an Deck. Eilig hilft er seinen Begleitern, auch an Bord zu kommen und dann werden sie ins Innere des Schiffes geführt.

In einer grossen Kabine, die so luxuriös eingerichtet ist, wie die Räume im Palast des Kaisers, wartet Helena händeringend auf sie. Als sie die Vier erblickt, greift sie nach dem Hörer des Telefons auf dem kleinen Beistelltisch. »Kapitän Polo, wir können ablegen.« Kaum hat sie den Telefonhörer wieder weggelegt, schliesst sie kurz die Augen, bevor sie sich ihnen zuwendet. »Hauptmann di Modena. Ihr habt Euch ganz schön viel Zeit gelassen. Lange hätte ich das Ablegen nicht mehr verzögern können.« Mit kühler Miene reckt sie ihr Kinn nach oben, doch ihr Blick liegt warm auf ihm.

 

Respektvoll verneigt sich Mario tief vor ihr. »Verzeiht, Prinzessin Helena. Wir sind so schnell wie wir konnten hergeritten. Wir mussten jedoch regelmässig Pausen einlegen, damit die Sklavin sich um das Kind kümmern und die ungeübten Reiter sich erholen konnten.« Langsam richtet er sich wieder auf und sieht Helena warm an. »Ich bin froh, dass wir es noch rechtzeitig geschafft haben.«

 

Knapp nickt Helena ihm zu. Erst jetzt sieht sie zu Atemu und Seto. »Ich bin froh, euch wohlauf zu sehen. Ich gebe zu, dass ich mir Sorgen gemacht habe, als es immer später geworden ist.« Nun lächelt sie entschuldigend. »Die Überfahrt nach Alexandria wird mindestens eine Woche dauern. Leider kann ich euch keine standesgemässe Kabine anbieten, da ich offiziell nur mit meiner Leibwache di Modena und meinen Bediensteten Anna und Kimi unterwegs bin. Ihr beide müsst euch leider verborgen halten.«

 

Mit einem leichten Lächeln nickt Atemu. »Ich habe nichts anderes erwartet. Es ist schon sehr grosszügig von Euch, dass Ihr dieses Risiko auf Euch nehmt und unsere Reise so um viele Wochen und Monate verkürzt.« Er verkneift es sich zu sagen, dass sie so erschöpft sind, dass sie sowieso nur noch schlafen wollen.

 

Helena mustert Atemu mit unergründlicher Miene. »Es geht mir nur um die Sicherheit meines Landes. Glaubt mir, wenn ich zwischen Euch und dem amtierenden Pharao wählen könnte, würde meine Wahl sofort auf Euch fallen. Also sorgt dafür, dass es nicht zu dieser Zeremonie kommen wird.« Kurz flackert ihr Blick, als sie zu ihrem Hauptmann sieht.

 

»Verdammt, nun umarmt Euch doch endlich. Wir alle wissen, dass ihr beide euch liebt.« Verdreht Seto genervt die Augen. »Was glaubt Ihr, warum wir die ganze Zeit überlegen, wie wir aus diesem ganzen Schlammassel mit Eurem Vater wieder herauskommen, ohne ihn zu beleidigen?«

 

Geschockt sieht Atemu Seto an. »Ähm, Prinzessin, zeigt uns bitte, wo unsere Kabine ist. Mein Cousin scheint vor Erschöpfung so langsam seine gute Erziehung zu vergessen.« Um Verzeihung bittend, sieht er Helena an, die sich von ihrem Schrecken schon wieder erholt hat und leise kichert. »Es ist erfrischend, ihn mal so zu erleben. Nun folgt mir bitte.« Lächelnd deutet sie zur Tür und führt die beiden und die Sklaven zu einer weiteren Kabine, die deutlich kleiner ist und gerade mal genug Platz für zwei Stockbetten und eine Waschgelegenheit bietet. »Leider müsst ihr euch die Kabine mit den Sklaven teilen. Die anderen Kabinen gehören dem Schiffspersonal und dem Hauptmann.« Entschuldigend sieht sie die beiden Männer an. Doch zu ihrer Überraschung geht Seto einfach nur wortlos an ihr vorbei und legt sich in das untere Bett auf der linken Seite. »Es wird ausreichen. Nun lasst uns endlich allein, damit wir uns ausruhen können, um dann für das Abendessen bereit zu sein.«

 

»So ungern ich es zugebe. Ich bin auch so erschöpft, dass ich im Stehen einschlafen könnte. Bitte entschuldigt uns, Prinzessin.« Leicht verneigt Atemu sich vor Helena und haucht ihr einen Kuss auf den Handrücken.

Unauffällig schielt Helena zu Mario. »Ich verstehe. Ruht Euch aus. Die Sklaven werden auch erst morgen gebraucht. Sie sollen sich auch ausruhen. In der Bordküche gibt es auch Nahrung für das Baby. Der Koch weiss Bescheid.«

Abrupt wendet sie sich um und verlässt die Kabine. Zurück bleiben nur die beiden Sklaven, Toshi, Atemu und Seto. Dieser seufzt erleichtert auf. »Endlich ist sie weg«, murmelt er und ist keine Minute später leise am Schnarchen.

 

Schmunzelnd beobachtet Atemu seinen Cousin und hilft dann Anna und Kimi ihr Gepäck sicher zu verstauen. »Ruht euch auch aus. Auch wenn es nur ein kleines Schiff ist, werdet ihr viel zu tun haben. Nehmt die Betten auf der rechten Seite.« Er flüstert, obwohl er vermutet, dass Seto auch von einem lauten Schrei nicht geweckt werden würde und steigt dann mühsam ins obere Bett.

Es ist nicht einmal annähernd so komfortabel, wie das Bett im Kaiserpalast, aber nach den letzten Nächten kommt es ihm wie der pure Luxus vor. Mit steifen Bewegungen zieht er sich die verschwitzten Kleider aus und legt sie am Fussende hin. Eigentlich würde er sich gern waschen, aber dafür ist er zu müde und so legt er sich unter die Decke und ist schon kurz darauf so tief eingeschlafen, dass er nicht mehr mitkriegt, wie das Schiff ablegt und den Hafen in Richtung Alexandria verlässt.

 

 
 

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So, das war es jetzt auch schon wieder. Endlich haben sie das Schiff erreicht und können nun ein wenig ausruhen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Endlich reden

Hallo zusammen,

 

Es wird dramatisch. Mehr verrate ich nicht. Darum viel Spass beim Lesen.

 

 
 

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Endlich reden

 

Seine Haut brennt wie Feuer, der Durst ist noch unerträglicher als der Hunger und die Schmerzen, die durch jeden Millimeter seines Körpers rasen. Dennoch schafft er es irgendwie weiter einen Fuss vor den anderen zu setzen. Die Welt schwankt und nur von fern nimmt er das Klirren der Ketten an seinen Händen und Füssen wahr.

Plötzlich gibt es einen Ruck und er fällt auf die Knie, kann sich gerade noch mit den gefesselten Händen abstützen.

Der Boden ist hart und er hört irgendwo Wellen schlagen. Vögel kreischen. Möwen? Zu schwach, um den Kopf zu heben, bleibt er mit gesenktem Blick auf dem harten und glühend heissen Boden knien.

Stimmen dringen an seine Ohren. Doch obwohl er die Sprache versteht, ergeben die Worte keinen Sinn. Plötzlich wird er hochgerissen und ein Mann mit fauligen Zähnen grinst ihn an. »Den nehme ich. Der bringt gutes Geld.« Brutal werden ihm die Ketten abgenommen, nur um durch einen groben Strick ersetzt zu werden, dessen Fasern in den Wunden an seinen Hand- und Fussgelenken schmerzhaft scheuern.

Erst jetzt realisiert er, dass sie in einem Hafen sind. Sieht das grosse Segelschiff mit drei Masten und mächtigen Segeln.

Widerstand regt sich in ihm. Mit letzter Kraft versucht er sich gegen die Männer zu wehren. Doch er ist zu schwach. Unerbittlich zerren sie ihn und andere aus der Gruppe zu dem von der Feuchtigkeit schwarzen Holzbrett, das vom Deck aus bis auf den heissen Asphalt des Docks reicht.

Er stolpert immer wieder, seine von der Sonne verbrannte Haut, wird von den groben Planken aufgeschürft, als er stürzt, nicht mehr hochkommt und hinter den Männern hergezogen wird.

Auf einmal verschwindet der Boden und er fällt in die Tiefe. Kühle Dunkelheit umfängt ihn und bestialischer Gestank nach Exkrementen, Tod und ungewaschenen Körpern schlägt ihm entgegen. Würgend rappelt er sich hoch, nur um gleich darauf wieder gepackt zu werden.

Noch bevor er weiss, was mit ihm geschieht, ist er wieder angekettet. Hat gerade genug Spielraum, um aufzustehen und die Hände aneinander zu legen. Doch er ist zu müde. Er schliesst die Augen und verfällt in eine tiefe Bewusstlosigkeit.

 

»Wach auf! Atemu! Wach auf!«

 

Wie durch dicken Nebel dringt die Stimme zu ihm durch. Er kämpft  noch im Halbschlaf gegen die Hände, die ihn schütteln. Will sich losreissen, plötzlich fällt er. Erschrocken reisst er die Augen auf, als er von starken Armen aufgefangen wird. Er starrt auf den Boden und reisst sich los. Sein Herz schlägt so hart gegen seine Rippen, dass er das Gefühl hat, es würde seinen Brustkorb sprengen. 

Stolpernd weicht er nach Atem ringend zurück. Ohne sie wirklich zu erkennen, starrt er Kimi und Seto mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich muss hier raus«, presst Atemu hervor und rappelt sich auf. Panisch sieht er sich um, bis er die Tür entdeckt. Ohne es wirklich zu realisieren, stürzt er auf sie zu. Reisst sie auf, sodass sie gegen die Wand knallt und rennt nach draussen.

 

Seto hilft Kimi auf die Beine. »Wir müssen ihm nach. Nicht, dass er noch über Bord springt«, presst er hervor. »Verdammt, was ist nur mit ihm los?« Will er von dem jungen Sklaven wissen, als sie Atemu nachrennen. »Er ist panisch. Vermutlich hat er ein Trauma, das er nie verarbeitet hat und das nun herausbricht«, ruft Kimi Seto zu und kommt schlitternd zum Stehen als er an Deck Atemu bei der Reling stehen sieht. »Meister Atemu, Euch geschieht nichts. Ihr seid hier in Sicherheit.« Beruhigend hebt er die Hände, als er sich ihm nähert.

 

Atemu atmet schwer. Er kämpft darum, nicht wieder in den Strudel der Erinnerungen gezogen zu werden. Krampfhaft krallt er sich an dem kalten Metall fest und sackt doch zusammen, als seine Beine ihren Dienst versagen. Er kauert sich in die Ecke. Schlingt die Arme um sich und zittert. Nicht vor Kälte. Die Nacht ist warm und der Wind erreicht ihn hier nicht. Der Boden unter ihm bewegt sich im Rhythmus der Wellen. Eigentlich eine beruhigende Bewegung, aber sie schürt die Angst in ihm. Lässt sein Herz noch schneller schlagen und das Rauschen seines Blutes, vermischt sich in seinen Ohren mit dem Geräusch der Wellen, die durch die Jacht geteilt werden.

 

Panisch weicht er zurück, als Seto sich vor ihm hinkniet und die Hand nach ihm ausstreckt. »Pharao … Atemu … es ist alles in Ordnung.« Versucht Seto ihn zu beruhigen. Doch der Blick, mit dem er nun angesehen wird, ist voller Verzweiflung und panischer Angst.

Er will etwas sagen. Atemu irgendwie beruhigen, da hört er Schritte hinter sich und die Stimme der Prinzessin dringt an sein Ohr.

»Was ist hier los? Was soll der Aufruhr?«, verlangt Helena mit scharfer Stimme zu wissen, was Atemu nur noch mehr zusammenzucken lässt. Instinktiv macht er sich noch kleiner. »Ich kann nicht mehr. Seto, ich will nach Hause. Ich schaffe es nicht, was ihr von mir erwartet.« Verzweifelt greift er sich an den Kopf. Er will schreien, toben, während sein Inneres zerbricht. Er will von diesem Schiff runter, doch fehlt ihm die Kraft aufzustehen und über die Reling zu klettern. Ohne es zu merken, wiegt er sich hin und her.

 

Seto steht mit einer ruckartigen Bewegung auf und dreht sich zu Helena um. »Was los ist? Er ist am Ende. Er braucht Hilfe!« Mit blitzenden Augen sieht er sie an. »Gibt es die Möglichkeit, sicher ins japanische Grossreich zu telefonieren? Am besten Videotelefonie.«

Verwirrt runzelt Helena die Stirn. »Ja, ich habe ein Telefon dabei. Warum? Wir sind noch nahe an der Küste und können einen Hafen anlaufen, wenn er Hilfe braucht.«

 

Vehement schüttelt Seto den Kopf. »Nur eine Person kann ihm helfen und die lebt in Domino. Also, kann ich nun telefonieren, bevor er endgültig zusammenbricht?«

 

Wieder sieht Helena zu Atemu, der noch immer am Boden kauert und sich hin und her wiegt. »Ich hole es. Es dauert nur einen Moment.« Auf dem Absatz dreht sie sich um und eilt zurück zu ihrer Kabine.

 

Kaum ist sie weg, kniet sich Seto wieder vor Atemu hin. »Bald wirst du deinen Liebsten sprechen können. Ich verspreche es dir«, flüstert er ihm zu und sieht immer wieder ungeduldig zur Tür, durch die Helena verschwunden ist.

Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich wieder zurück kommt und ihm ihr Handy reicht. »Der Akku ist voll.«

 

Mit einem knappen Nicken nimmt Seto das Gerät entgegen und wählt die schon in Rom auswendig gelernte Nummer.

»Nun geh schon ran«, murmelt er, als es schon zum dritten Mal klingelt. Endlich, nach dem vierten Klingeln meldet sich eine verschlafene Stimme. »Apis am Apparat. Was ist los?«

 

»Hier spricht Prinz Seto Nesut! Apis, du musst sofort Yugi Muto auftreiben und ans Telefon holen!« Donnert Seto ins Telefon, während er Atemu nicht aus den Augen lässt und Kimi ein Zeichen gibt, dass er sich bereit halten soll, falls sein Cousin doch noch über Bord springen will.

 

Verschlafen schielt Malik auf die Uhr. »Es ist fünf Uhr morgens. Kann das nicht …«

 

»Nein, kann es nicht! Der Pharao ist kurz vor dem Zusammenbruch! Er muss mit Yugi Muto und am besten auch mit Sugoroku Muto reden! Also hol sie ans Telefon und zwar vorgestern!« Fällt Seto ihm mit scharfer Stimme ins Wort.

 

Bei der lauten Stimme hält Malik unwillkürlich das Handy vom Ohr weg. »Ich habe ja schon verstanden. Was ist mit der Gefahr, dass der Anruf abgehört und zurückverfolgt wird?«

»Das Risiko müssen wir eingehen! Ausserdem ist das nicht mein Telefon, wie du an der Nummer erkennen könntest, wenn du dein Gehirn einschalten würdest. Also hör auf Zeit zu verschwenden!« Ungeduldig trommelt Seto mit den Fingerspitzen gegen sein Bein, während er Apis gedanklich den Hals umdreht.

 

Malik schluckt leer, als er sich aufsetzt und die Decke zurückschlägt. »Ich mache mich ja schon auf den Weg. Aber ich muss sie aus Domino herholen. Dort gibt es keinen Empfang. Das dauert eine gewisse Zeit.« Seufzend steigt er aus dem weichen Bett und geht zu seinen Kleidern. »Kann ich in etwa einer Stunde zurückrufen?«

 

Einen Moment lang erlaubt es sich Seto, tief durchzuatmen, um seine zum Zerreissen gespannten Nerven zu beruhigen. »Maximal eine Stunde! Keine Minute länger und rufe mit einem Videoanruf auf diese Nummer an.« Grummelnd beendet er den Anruf, legt das Telefon aber nicht zur Seite. Besorgt mustert er Atemu, verkneift es sich aber, die Hand auszustrecken. »Eine Stunde. Du musst nur noch maximal eine Stunde durchhalten.« Er kann nur hoffen, dass seine Worte zu Atemu durchdringen.

 

In Atami springt Malik unterdessen in seine Limousine und rast viel zu schnell, jede Verkehrsregel missachtend in Richtung Domino. »Er hat länger durchgehalten, als erwartet«, murmelt er dabei vor sich hin, während er durch die beginnende Morgendämmerung rast.

In Rekordzeit erreicht er die Stadt des einfachen Volkes und muss zu seinem Verdruss das Tempo drosseln. Trotz der frühen Stunde sind schon viele Fuhrwerke auf den Strassen unterwegs. »Verdammter Markttag«, flucht er vor sich hin, während er ein Gespann nach dem anderen überholt.

Es dauert viel zu lange, bis er endlich vor dem Laden der Mutos ankommt und mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hinlegt.

Er stürzt beinahe, als er aus dem Auto springen will und dabei vergisst, sich abzuschnallen. »Verdammte Scheisse!« Fluchend löst er die Schnalle und fällt fast auf die Strasse, als er endlich frei ist.

Im Laden ist es noch dunkel, aber hinter dem Fenster, wo er die Küche vermutet, kann er schwach einen Lichtschein erkennen.

Mit nur zwei grossen Schritten überwindet er die wenigen Stufen zur Tür des Ladens und hämmert dagegen. »Aufmachen! Los!« Seine Stimme hallt durch die relative Stille des Morgens.

 

In der Küche runzelt Sugoroku missbilligend die Stirn. »Was soll denn der Lärm?«, murmelt er genervt und kämpft sich auf die Beine. Er hat in der Nacht zu lange im Bett gelesen und das teilt ihm sein Rücken nachdrücklich mit.

Wieder hämmert es gegen die Tür, als er den Laden betritt. »Ich komme ja schon!«, ruft er genervt, als er zur Tür geht und sie aufschliesst. »Medimagus Apis? Was macht Ihr denn zu dieser frühen Stunde hier?« Schlagartig besorgt tritt er zur Seite und lässt den jungen Mann eintreten. »Ihr und Yugi müsst sofort mitkommen! Der Pharao braucht euch.« Stösst Malik atemlos hervor.

 

»Atemu braucht Hilfe? Was ist mit ihm?« Ertönt Yugis Stimme aus der Richtung der Verbindungstür. Voller Sorge kommt er auf Malik zu, der erst einmal durchatmet. »Nun rede schon! Was ist mit ihm?« Verlangt er noch einmal zu wissen und trifft dabei unbewusst den gleichen Tonfall, wie zuvor Seto am Telefon.

 

Kurz stockt Malik, als er das bemerkt. Er hätte nicht vermutet, dass der sanfte junge Mann so reden kann. Kurz sammelt er seine Gedanken, ehe er den Mund öffnet. »Der Pharao scheint wohl einen Zusammenbruch zu haben und nur ihr beide könnt ihm da raus helfen. Ihr müsst mitkommen. Nur in Atami haben wir genug Netz, um per Video mit ihm zu telefonieren.«

 

Sofort dreht sich Yugi um. »Ich gebe nur kurz Nino Bescheid, dass wir wegfahren und er allein frühstücken muss«, ruft er über die Schulter, während er schon aus dem Laden stürmt.

 

Sugoroku sieht seinem Enkel nach und wendet sich dann wieder zu Malik um. »Ich habe zwar keine Ahnung, was telefonieren bedeutet und was ein Video ist, aber natürlich kommen wir mit. Nur müsst Ihr auch ruhiger werden, sonst kippt Ihr mir hier noch um, junger Mann.«

 

Die ruhige, bestimmte Art des alten Mannes wirkt tatsächlich beruhigend auf Maliks Nerven, sodass sein bis jetzt rasender Puls sich tatsächlich wieder auf ein akzeptables Niveau verlangsamt. Entspannen kann er sich aber nicht und die Zeit, bis der junge Muto wieder zurück kommt, will nicht vergehen. Er weiss, dass keine drei Minuten vergangen sein können, als Yugi mit einem roten Stoffdrachen in den Händen durch die Tür tritt.

»Ich habe alles, gehen wir!« Bestimmt schiebt Yugi die beiden Männer nach draussen und schliesst dann die Ladentür hinter sich ab. Auch wenn er es eilig hat und er lieber früher, als später mit seinem Liebsten reden will, so weiss er doch ganz genau, was passieren kann, wenn die Ladentür von möglichen Kunden unverschlossen vorgefunden wird.

 

Zu dritt eilen sie zu dem Auto und steigen ein. Yugi setzt sich zu Sugoroku auf die Rückbank, der sich nervös das Innere des Wagens ansieht. »Ist diese pferdelose Kutsche denn überhaupt sicher?«, flüstert er seinem Enkel mit unsicher fragendem Blick zu.

Beruhigend ergreift Yugi die Hand seines Grossvaters, als Malik aus Rücksicht auf seine Passagiere besonders vorsichtig losfährt und schon beinahe im Schritttempo durch die belebten Strassen lenkt, bis sie endlich die Stadt verlassen haben und er Gas geben kann.

Yugi lässt seinem Grossvater erst einmal etwas Zeit, die ungewohnten Geräusche zu verarbeiten, ehe er auf dessen Frage antwortet. »Ja, Grossvater. Diese pferdelosen Kutschen sind sicher. Malik weiss sicher, wie er sein Gefährt fahren muss.«

Leer schluckend nickt Sugoroku und starrt dann aus dem Fenster. »Wie schnell wir sind!«, ruft er schockiert aus, als er die Landschaft in dem atemberaubenden Tempo von hundert Stundenkilometern an ihnen vorbeiziehen sieht.

 

Trotz der ernsten Situation kann sich Malik ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er den Ausruf hört. »Wir fahren gleich noch schneller.« Kaum hat er das gesagt, tritt er das Gaspedal durch und der Wagen macht einen Satz nach vorn. Er fährt so schnell, wie er es gerade noch verantworten kann.

Hinter ihnen wird Domino immer kleiner, während gleichzeitig die eleganten Gebäude Atamis immer näher kommen. Sogar die ärmsten Viertel der Stadt sind luxuriöser als die besten Häuser Dominos.

Als er die ersten Gebäude der Stadt erreicht, muss er wieder langsamer fahren. Routiniert lenkt er den Wagen durch die vertrauten Strassen und hält schliesslich vor einem senfgelb gestrichenen Gebäude an. »Bitte aussteigen!« Er selbst springt aus dem Wagen und hält dann Sugoroku die Tür auf, noch bevor dieser herausgefunden hat, wie man sie öffnet. Mit zitternden Beinen steigt der alte Mann aus dem Auto und stützt sich am Auto ab, bis sein Enkel auch ausgestiegen ist und seinen Arm ergreift. »Alles gut, Grossvater. Wir haben es fast geschafft«, raunt Yugi ihm zu und schliesst die Tür selbst, da sich Malik schon umgedreht hat und in seiner Hast nichts von Sugorokus Problemen mitbekommen hat. »Kommt. Das ist mein Haus. Es ist nichts Besonderes, aber für mich reichts.« Mit einem verlegenen Blick führt er die beiden Mutos in das Gebäude. Die ihm erleichtert, dass sie die Strasse verlassen können, folgen.

 

 »Nichts Besonderes? Unser Haus hätte hier drin mindestens dreimal Platz«, murrt Sugoroku, als sie durch die hell erleuchteten Flure gehen bis sie das Arbeitszimmer erreichen.

»Setzt euch auf das Sofa«, weist Malik die beiden an und deutet dabei auf die mit rotem Samtstoff bezogene Chaiselongue.

 

»Was ist nun mit Atemu? Wo ist er?« Will Yugi wissen, kaum dass sie auf dem bequemen Möbelstück sitzen. Misstrauisch beobachtet er den Medimagus, als dieser mit einem dieser komischen Dinger, die Atemu Tablet nannte, zu ihnen kommt und sich neben ihnen hinsetzt. »Wir rufen ihn jetzt an«, erklärt Malik geduldig und gibt die Nummer ins Tablet ein. Ein Fenster öffnet sich auf dem Bildschirm, als es klingelt. »Nicht auf dieses rote Symbol drücken. So beendet ihr sonst den Anruf«, erklärt Malik als auch schon Setos ernstes Gesicht erscheint.

»Das hat ja ewig gedauert! Sind die Mutos bei dir?« Dröhnt die Stimme aus dem Tablet, was Yugi und Sugoroku und unwillkürlich zurückweichen lässt.

Die Reaktion der beiden ignorierend, nickt Malik. »Ja, sie sitzen neben mir. Sie sind gelinde gesagt verwirrt und vermutlich auch überfordert, aber das ist egal. Wo ist mein Patient?«

 

Seto grollt leise. »Wehe sie kippen um«, warnt er Malik und hält das Handy nun so, dass Atemu auf den Bildschirm schauen kann und auch von der Kamera eingefangen wird. »Hier ist er. Er hat sich nicht von der Stelle bewegt und auch kein Wort gesagt.«

 

Kaum sieht Yugi seinen Liebsten auf dem Bildschirm, reisst er Malik das Tablet aus der Hand. »Atemu! Liebster! Kannst du mich hören?«, ruft er laut und mit Tränen in den Augen aus, während er das Tablet so fest umklammert, dass seine Fingerknöchel weiss hervortreten.

 

Atemu erstarrt. Die Schaukelbewegung, die er in der letzten Stunde durchgehend gemacht hat, hört auf und er hebt unsicher den Blick. »Nein, das kann nicht sein. Das ist unmöglich«, murmelt er und starrt auf das Handy in Setos Hand.

Sanft lächelt Yugi und da drängt sich auch Sugoroku ins Bild. »Nein, mein Junge. Es ist nicht unmöglich. Medimagus Apis hat uns nach Atami gebracht, weil dieses Magigerät wohl nur hier funktionieren kann.« Mit einem warmen grossväterlichen Blick sieht er auf den Bildschirm.

 

Mit zitternden Fingern nimmt Atemu das Handy in die Hände. »Grossvater! Sharik!« Unfähig sich zu beherrschen, schluchzt er los. »Ich … ich …«, ihm versagt die Stimme. Sich in die Ecke kauernd, hält er das kleine Gerät mit beiden Händen umfasst. Er zittert so stark, dass es ihm sonst aus den Händen zu fallen droht.

 

Yugi lehnt sich an Sugoroku, damit sie beide bequem auf den Bildschirm blicken können und sie beide auf dem kleinen Fenster zu sehen sind. «Liebster. Es ist alles gut. Wir sind ja da, du bist nicht allein. In Gedanken bin ich immer bei dir. Ich halte jede Nacht Osis im Arm. In der Hoffnung, dass du es irgendwie spürst, wie sehr mein Herz nur für dich schlägt.« Auch Yugi schluchzt und die Tränen laufen ihm über die Wangen.

Sanft legt Sugoroku den Arm um die Schultern seines Enkels und hebt den kleinen roten Drachen hoch, damit Atemu ihn sehen kann.

 

Laut schluchzt Atemu auf. All der Druck der letzten Wochen, die Sehnsucht, alles bricht über ihm zusammen. »Sharik, ich kann nicht mehr. Ich … weiss nicht, wie ich das alles schaffen soll. Es ist zu viel«, stösst Atemu hervor. Er fährt sich mit der einen Hand in die Haare, muss dann aber das Handy wieder mit beiden Händen festhalten. »Ich fühle mich so allein.«

 

Yugi zerreisst es das Herz, seinen Liebsten so zu sehen. Er will ihn umarmen und ihn nie wieder loslassen. Tapfer zwingt er sich zu einem Lächeln. »Liebster, hast du noch den Bernsteinphönix?«, raunt Yugi mit sanfter Stimme und atmet erleichtert auf, als Atemu ihm den Anhänger zeigt. »Na siehst du? Du bist nicht allein. Solange du den Anhänger hast, musst du ihn nur festhalten, um zu wissen, dass ich bei dir bin. So wie ich es mache und dann weiss ich, dass du bei mir bist.«

 

Unfähig zu antworten, hört Atemu zu und streicht über den Bildschirm des Handys. »Ich will nach Hause. Ich will wieder bei dir und Grossvater sein«, murmelt er schliesslich erstickt. Schniefend wischt er sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.

 

»Ich weiss. Ich will das auch. Ich will dich wieder bei mir haben. Dich in den Arm nehmen und mit dir lachen.« Tapfer lächelt Yugi in die Kamera. »Blacky und Rocky vermissen dich auch. Nino passt gut auf die beiden auf, aber sie stehen immer am Seil, wenn er sie rauslässt und blicken in die Richtung, in die du weggefahren bist.« Auch Yugi legt die Finger auf den Bildschirm. »Zweimal sind sie aus ihren Boxen ausgebrochen und Nino musste sie dann aus dem Heulager holen. Weisst du noch, wie wir sie mal aus dem Lager holen mussten und wie sie mit uns fangen gespielt haben?«

 

Unter Tränen lacht Atemu auf. »Ja, sie hatten ihren Spass. Wir doch auch.« Mit dem Handrücken wischt er sich diesmal über die Augen. »Nino soll sich nicht zu sehr von ihnen ärgern lassen.« Nun beisst sich er auf die Lippen. »Kaiser Hadrian will, dass ich seine Tochter heirate. Ich weiss nicht, wie ich das verhindern soll, ohne ihn vor den Kopf zu stossen. Ich weiss einfach nicht, was ich machen soll. Ich muss den Thron zurückfordern, aber dann … dann muss ich … « Wieder schluchzt Atemu auf.

 

Es zerreisst Yugi das Herz, das zu hören. Hilflos sieht er zu Sugoroku, der den Arm fester um ihn legt und sich weiter vorbeugt. »Mein Junge, du wirst einen Weg finden. Es gibt ihn immer, auch wenn du ihn jetzt noch nicht sehen kannst. Gehe einen Schritt nach dem anderen. Dein Schicksalsweg wird dich immer wieder zu Kreuzungen führen, wo du dich entscheiden musst, in welche Richtung du weitergehst.« Beruhigend lächelt Sugoroku ihn an. »Wenn du deine erste Aufgabe geschafft hast, wirst du sehen, wie du deine nächste Aufgabe lösen musst. Also verzweifle nicht, weil dieser Hadrian dich unter Druck setzen will.« Seine Stimme ist ruhig und voller Zuversicht, auch wenn er selbst nicht weiss, wie sein Enkel da wieder rauskommen soll.

 

Atemu schluckt leer und nickt. »Das mache ich, Grossvater. Wie geht es dir? Kann der Medimagus dir helfen? Was macht dein Rücken? Und dein Asthma? Isst du auch genug und arbeitest du auch nicht zu viel?« Deutlich entspannter, als noch zuvor setzt er sich bequemer hin und lehnt sich an die Reling. Dass Helena, Seto und Kimi immer noch da sind und ihn aufmerksam beobachten, blendet er vollkommen aus.

 

»Ach, Junge«, murmelt Sugoroku lächelnd. »Medimagus Apis kommt jede Woche zu uns. Es ging mir noch nie besser. Nur sollte er aufhören, Nino zu sagen, was ich alles nicht machen soll«, grummelnd verschränkt Sugoroku die Arme, was Atemu leicht schmunzeln lässt. »Er wird seine Gründe haben. Du passt einfach zu wenig auf dich auf. Da ist es schon gut, dass er Nino sagt, was er tun soll, um dir zu helfen.«

»Nur passt Grossvater das nicht. Du kennst ihn ja. Er will immer noch am liebsten alles allein machen.« Mischt sich Yugi ein. »Wo bist du jetzt? Ist es bei dir Nacht?«

 

Den Blick senkend schluckt Atemu leer. Schlagartig wird ihm das leichte Schaukeln des Schiffes bewusst. »Wir sind auf einer Jacht, die uns ins ägyptische Grossreich bringen soll. Prinzessin Helena hat das irgendwie organisiert, weil sie zu meinem Onkel reisen muss, um ihm in einer Zeremonie die Hand zu versprechen. Das muss ich auch verhindern.«

 

Yugi beisst sich auf die Lippen. Dennoch sieht er seinen Liebsten weiter voller Zuversicht an. »Aber das musst du nicht allein. Du hast Prinz Seto an deiner Seite und noch andere. Diese Prinzessin wird dir sicher auch helfen und was ist mit Hohepriester Shimon? Ist er auch da?«

 

Ernst schüttelt Atemu den Kopf. »Sie haben ihn schon vor Wochen erwischt, als er in Rom unterwegs gewesen ist. Ihn müssen wir auch retten. Es sei denn, er hat es irgendwie geschafft, den amtierenden Pharao davon zu überzeugen, dass er auf seiner Seite ist. Nur bezweifle ich das. Im schlimmsten Fall ist er schon hingerichtet oder geopfert worden.«

 

Geschockt sehen sich die beiden Mutos einen Moment lang an, ehe sich Sugoroku räuspert. »Er lebt bestimmt noch, mein Junge. Der Hohepriester ist ein intelligenter Mann und er kennt deinen Onkel schon seit seiner Geburt. Also denke positiv.« Aufmunternd lächelt Sugoroku in die Kamera, sieht dann aber zur Seite und runzelt die Stirn. »Medimagus Apis meint, dass das Gerät sich bald abschalten wird.«

 

Erst jetzt sieht Atemu auf die Akkuanzeige des Handys. »Mein Akku ist auch fast leer. Sharik, Grossvater, ich weiss nicht, ob wir bald wieder miteinander reden können. Ich will nicht, dass das jetzt endet. Ich brauche euch«, ruft er verzweifelt aus und umklammert das Handy wieder fester.

 

Voller Liebe lächelt Yugi tapfer in die Kamera. »Es endet nicht. Liebster, auch wenn wir uns nicht sehen und sprechen können, wir sind in Gedanken immer an deiner Seite und wenn du nur fest genug daran glaubst, dass wir uns wiedersehen werden, dann wird das auch passieren.«

 

»Yugi hat Recht, mein Junge. Wir werden uns wiedersehen und wenn wir zu dir ins ägyptische Grossreich reisen müssen. Halte durch und vergiss niemals, dass du nicht allein bist und du die Last nicht allein auf deinen Schultern tragen musst.« Bestätigt Sugoroku die Worte seines Enkels und hebt das kleine Stofftier wieder hoch. »Schliesslich will Osis seinen Besitzer auch wieder sehen.«

 

Leicht schmunzelt Yugi als er die Worte seines Grossvaters hört, auch wenn es ihm das Herz zerreisst. »Genau. Wir werden zu dir kommen, sobald du uns Bescheid gibst. Liebster, mein Herz gehört nur dir.«

 

Atemu atmet schneller, als er sieht, wie die Akkuanzeige immer weiter in Richtung null Prozent wandert. »Sharik, Grossvater, das werde ich machen. Ich glaube daran, dass wir uns wiedersehen werden. Sharik, mein Herz gehört dir«, ruft er aus und da wird der Bildschirm schwarz. »Nein! Sharik! Grossvater!«, schreit Atemu und starrt auf das Handy. Versucht es, nur mit seiner Willenskraft wieder einzuschalten, was natürlich nicht funktioniert.

 

Die ganze Zeit über hat Seto genau zugehört und schweigend aufgepasst, dass nichts passiert. Nun er setzt sich neben Atemu auf den Boden und legt den Arm um ihn. »Es geht ihnen gut. Sie lieben dich und sobald es sicher ist, können wir sie holen lassen.« Aufmunternd drückt er die Schulter seines Cousins, der sich zwar verspannt, aber nicht zurückweicht.

Helena kniet sich nun auch vor Atemu hin. »Pharao. Mir war nicht bewusst, wie sehr Ihr leidet. Ich verspreche Euch, dass auch ich mithelfen werde, so gut ich kann.« Verspricht sie ihm und ergreift seine Hand. »Gemeinsam werden wir es schaffen und Mario, ich meine, Hauptmann di Modena, hilft uns auch.«

Atemu blickt von Seto zu Helena und dann zu Mario der mit Anna und Kimi im Hintergrund steht und ihm zunickt. »Danke, das bedeutet mir sehr viel.« Seine Stimme ist heiser und er muss sich räuspern, um den Hustenreiz durch den trockenen Hals zu unterdrücken.

 

In Domino starrt Yugi auf den schwarzen Bildschirm und schliesst gepeinigt die Augen. »Ich wollte ihm so viel erzählen. Ich wollte ihm sagen, dass ich ihm jeden Abend einen Brief schreibe.« Er lehnt sich aufschluchzend an Sugoroku der ihn in eine feste Umarmung zieht. »Ich bin sicher, dass er das tief in seinem Herzen weiss, dass du ihm Briefe schreibst. Wir wissen jetzt, dass es ihm gut geht und dass er auf dem Weg in sein Reich ist.« Erst jetzt lässt Sugoroku es zu, dass seine Gefühle hervorkommen. Seine Stimme ist zittrig und er wischt sich heimlich eine Träne aus dem Augenwinkel. Es hat ihm das Herz gebrochen, Atemu so verzweifelt zu sehen.

Mit geschlossenen Augen nickt Yugi. Er löst sich langsam von seinem Grossvater und gibt Malik das Tablet zurück. »Danke, dass du uns das ermöglicht hast.« Er zwingt sich zu einem zittrigen Lächeln, das seine Augen aber nicht erreicht. »Kannst du uns bitte nach Hause bringen? Ich muss den Laden aufmachen.« Er weiss nicht, wie er es schafft, sich jetzt zu zwingen an den Laden zu denken. Er weiss nur eins, wenn er sich jetzt nicht irgendwie ablenkt, wird er vor lauter Sorge um seinen Liebsten durchdrehen.

 

Besorgt mustert Malik die beiden Mutos. Er ist erstaunt, wie gelassen die beiden darauf reagieren, dass sie gerade mit dem Pharao am anderen Ende der Welt gesprochen haben. »Habt ihr keine Fragen?« Will er angespannt wissen, woraufhin Sugoroku den Kopf schüttelt. »Die einzigen Fragen, die wir haben, könnt Ihr uns nicht beantworten. Also fahrt uns bitte nach Hause. Nino wird sicher wissen wollen, was los ist und Yugi hat recht, er muss den Laden öffnen.«

 

 
 

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Irgendwann musste es ja passieren, dass Atemu zusammenbricht. Selbst der stärkste Mensch, kann nicht ewig so weitermachen, wie er es die ganze Zeit getan hat. Nun können wir nur hoffen, dass das Gespräch mit Yugi und Sugoroku ihm auch geholfen hat.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Entdeckung kurz vor dem Ziel?

Hallo zusammen,

 

nach dem dramatischen letzten Kapitel geht es nicht minder interessant weiter. Ich wünsche euch viel Spass beim Lesen.

 

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Entdeckung kurz vor dem Ziel?

 

 

Gedankenverloren sitzt Atemu auf der Bank an der Reling. Diese Stelle am Heck der Jacht ist sein Rückzugsort, wenn er es in der Kabine oder nur schon im Innern des Schiffs nicht mehr aushält.

Die ganze Nacht hat er hier verbracht und beobachtet nun den Sonnenaufgang, der den Himmel und das Meer in rotes Licht taucht.

Über eine Woche ist es her, dass er mit seinem Sharik und Grossvater geredet hat, aber noch immer schleicht sich ein Lächeln auf seine Lippen, wenn er an diesen wertvollen Moment denkt. Wärme breitet sich in seiner Brust aus, als er den kleinen Phönix umfasst. »Ein Schritt nach dem anderen«, murmelt er und hebt sein Kopf in den nach Salz riechenden Wind. Doch in den Duft mischt sich das Aroma des Nildeltas, das den kaum wahrnehmbaren Geruch nach Wüste und Sand überlagert. »Bald sind wir in Alexandria.« Leise seufzend schliesst er die Augen. Auch wenn er sich hier auf dem Schiff nicht wohl fühlt, so haben die Tage der Ruhe ihm gut getan.

Der Duft nach Schokoladenkuchen lässt ihn die Augen wieder öffnen. »Helena, was führt dich zu mir?« Lächelnd setzt er sich so hin, sodass sie neben ihm Platz nehmen kann.

Der stummen Einladung kommt sie nach und setzt sich neben ihm auf die Bank. »Anna hat gebacken und ich dachte, dass du gern ein Stück möchtest, solange er noch warm ist.« Mit einem verlegenen Lächelnd hält Helena ihm den Teller mit dem Kuchenstück hin, den er vorsichtig entgegen nimmt.

»Vielen Dank.« Neugierig probiert er einen Bissen von dem Kuchen und seufzt auf. »Köstlich. Anna kann einfach gut backen und kochen.« Als Helena verlegen auf ihre Hände blickt, stockt er und beugt sich zu ihr rüber. »Oder hat etwa nicht Anna gebacken, sondern du?«

Mit gesenktem Blick nickt Helena. »Ich mache das gern, aber mein Vater sieht es nicht gern, wenn ich backe oder koche. Darum sage ich immer, dass es jemand anders gemacht hat.«

Tief atmet Atemu durch. »Uns gegenüber musst du nicht lügen. Im Gegenteil, ich finde es toll, dass du das gern machst. Hast du Mario auch ein Stück Kuchen gebracht?«

Als Helena mit geröteten Wangen den Kopf schüttelt, kann sich Atemu nur mit Mühe ein Schmunzeln verkneifen. »Bringe ihm doch ein Stück. Ich bin sicher, dass er sich darüber freuen wird, wenn du ihm selbst gebackenen Kuchen bringst.«

Zweifelnd wird er nun angesehen. »Was ist denn? Glaubst du nicht, dass er sich freuen würde?« Möchte er mit sanfter Stimme wissen.

Unsicher knabbert Helena an ihrer Unterlippe. »Ich weiss es nicht. Was ist, wenn er das auch schlecht findet, dass ich gern selbst backe und koche? Schliesslich gibt es dafür Angestellte und Sklaven.«

Sanft legt Atemu die Hand auf ihre Schulter. »Ich sage dir jetzt eins. Er liebt dich. Und zwar so, wie du bist. Also liebt er es auch, dass du gern in der Küche stehst und so etwas Köstliches zauberst. Ausserdem kann es doch nur von Vorteil sein, dass du das kannst, wenn ihr euch ein gemeinsames Leben aufbauen wollt.«

 

Helena erstarrt und sieht Atemu dann ungläubig an. »Was hast du gesagt? Hast du etwa eine Idee, wie wir aus Vaters Plan ausbrechen können?« Leise Hoffnung schleicht sich in ihre Stimme und in ihre Augen.

Bedauernd schüttelt Atemu den Kopf. »Bis auf die Idee, dass ihr beide bei Gelegenheit in einer Nacht und Nebelaktion abhaut und euch irgendwo ein neues Leben aufbaut, habe ich leider noch keinen Vorschlag.«

Enttäuscht blickt sie wieder auf ihre Hände. »Schade. Ich hatte gehofft, dass … «, murmelt sie und steht auf. »Am späten Nachmittag sollten wir den Hafen von Alexandria erreichen. Dann solltest du vermutlich mit Seto und den beiden Sklaven in der Kabine sein.« Entschuldigend lächelnd sieht sie über die Schulter zu ihm. »Tut mir wirklich leid. Ich weiss, dass du es drin kaum aushältst und dass du teilweise sogar hier draussen geschlafen hast.«

 

Um sie zu beruhigen, schüttelt Atemu den Kopf. »Es ist mir bewusst, dass ich besser nicht gesehen werden sollte. Darum passe ich auch jetzt schon auf, ob sich uns nicht ein Schiff nähert«, erklärt er ihr und blickt aufs Meer hinaus. »Wir sind schon seit gestern im Hoheitsgebiet des ägyptischen Grossreiches. Der Kapitän hatte wohl schon per Funk Kontakt mit den Grenzsoldaten und wartet seitdem wohl nur darauf, dass wir in eine Kontrolle geraten.«

 

Helena mustert ihn erstaunt und dreht sich jetzt sogar wieder zu ihm um. »Es ist unglaublich, wie gut du immer informiert bist. Wie kommt es, dass du immer über alles Bescheid weisst, was los ist?«

»Das ist ganz einfach. Ich rede mit den Leuten.« Atemu zwinkert ihr schmunzelnd zu, wird dann aber ernst. »Mein Kindermädchen hat mich immer mit zu den Sklaven genommen. Sie war eine Freigelassene und eine Heilerin, darum hat sie ihnen immer geholfen, wenn sie krank gewesen sind. Sie hat mir viel beigebracht. Auch, dass man mit den Sklaven reden soll. Sie wissen viel mehr, als man glaubt.« Tief atmet er durch. »Diesmal habe ich aber einfach nur bei einem Schachspiel mit Kapitän Polo geredet. Er ist ein guter Mann mit viel Erfahrung.«

Als Helena loskichert, mustert er sie mit geneigtem Kopf. »Was ist los? Habe ich etwas besonders Lustiges gesagt?«

»Nein, aber ich habe mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass du mit dem Kapitän Schach spielst.« Mit noch immer vergnügt blitzenden Augen sieht sie ihn an. »Ich habe dich als sehr ernste Person kennengelernt, als du nach deiner Thronbesteigung meinem Vater die Aufwartung gemacht hast. Dabei bist du ganz anders, als du dich gibst, wenn du die Rolle des Pharaos spielst.«

 

Schlagartig wird Atemu wieder ernst und die Lockerheit des Moments verschwindet. »Prinzessin, ich darf nicht so locker drauf sein, wenn ich als Pharao meine Pflicht erfüllen muss. Jede meiner Handlungen wird beobachtet und interpretiert. Da kann schon die kleinste falsche Geste enorme Auswirkungen haben. Ich muss meine Körpersprache jederzeit unter Kontrolle haben. Jedes einzelne Wort muss gut überdacht sein, ohne dass mein Gegenüber das merkt.« Er stellt den Teller mit dem Kuchen zur Seite und steht auf. »Ihr wisst das durch Eure Ausbildung selbst nur zu gut. Sobald wir dieses Schiff verlassen, werden wir wieder den Regeln unseres Standes unterworfen sein. Das ist unser Schicksal, solange wir nicht ausbrechen und den Hof mit sämtlichen Privilegien und Pflichten hinter uns lassen.«

 

Unwillkürlich weicht Helena einen Schritt zurück und blickt dann zur Seite. »Tut mir leid. Ich … « Sie strafft sich und sieht ihm jetzt fest in die Augen. »Ich bin mir darüber im Klaren, was es bedeutet, eine Prinzessin zu sein. Was es bedeutet, eine Herrscherin zu sein, das werde ich schnell lernen, wenn es denn nötig sein wird.«

 

Mit zusammengepressten Lippen schüttelt Atemu den Kopf. »Egal, was passieren wird, du musst es lernen. Je schneller du das verinnerlichst, desto besser ist es für dich. Also vergiss diese Formulierung -wenn es denn nötig sein wird- schnell wieder. Auch wenn wir einen Weg finden werden, um die Heirat zu verhindern, ist es nur zu deinem Vorteil, wenn du jederzeit weisst, wie du auf die Leute wirkst. Das solltest du eigentlich wissen, wenn du schon als Vertreterin deines Reiches bei den anderen Herrscherhäusern vorsprichst.« Um seine harten Worte abzumildern, legt er ihr aufmunternd die Hand auf die Schulter. »Was ich bis jetzt aber gesehen habe, machst du es instinktiv schon richtig. Du musst es dir jetzt nur noch bewusst machen. Verstehst du?«

 

Mit gesenktem Blick hat Helena zugehört. Es macht sie wütend, dass Atemu so mit ihr redet. Sie beisst sich auf die Lippen und will ihm patzig antworten. Dafür hebt sie den Blick, aber die Worte bleiben ihr im Hals stecken, als sie den warmen und verständnisvollen Ausdruck in seinen Augen erkennt. »Ja, ich verstehe«, murmelt sie stattdessen und tritt zurück, sodass seine Hand von ihrer Schulter gleitet. »Ich bringe Mario am besten noch ein Stück Kuchen, bevor die anderen alles aufgegessen haben.« Hastig dreht sie sich um und eilt in das kühle Innere des Schiffes davon.

 

Lange sieht Atemu ihr nach, bevor er sich wieder hinsetzt und nach dem restlichen Kuchenstück greift. »Du würdest diesen Kuchen lieben, Sharik«, murmelt er vor sich hin, während er die süsse Leckerei geniesst. Immer wieder lässt er seinen Blick über das Meer gleiten und dann sieht er, wie langsam das Land am Horizont auftaucht. »Willkommen Zuhause.« Ein bitterer Zug legt sich um seine Mundwinkel, als er aufsteht und an der Reling entlang geht, bis er den Bug der Jacht erreicht hat. Am vordersten Punkt stehen bleibend, stützt er sich mit beiden Händen auf der Reling ab und lässt den Blick über das näher kommende Land gleiten.

Ein kleiner Teil von ihm hat gehofft, dass er etwas fühlen würde, wenn sein Reich vor ihm auftaucht, aber da ist nichts, ausser der Sorge um Kisara und Shimon. Er ist überrascht, dass er sich bis jetzt kaum um Kisara gesorgt hat. »Verzeih, dass ich so egoistisch bin und nur daran gedacht habe, wie sehr ich meinen Sharik und Grossvater vermisse. Dabei liebe ich dich doch, Schwesterchen.«

 

»Führst du Selbstgespräche?« Mit einem ernsten Zug um die Mundwinkel lehnt sich Seto neben ihm an die Reling und blickt auf das Land hinüber. »Nicht mehr lange und wir sind wieder Pharao und Prinz.« Als keine Antwort kommt, mustert er seinen Cousin aus den Augenwinkeln. »Ich gebe es ungern zu, aber es war erholsam, mal nicht auf unseren Stand achten zu müssen, wenn wir miteinander agieren.«

 

Für den Bruchteil einer Sekunde schmunzelt Atemu. »Das mal aus deinem Mund zu hören …« Er wird wieder ernst. »Es hängt nun von uns ab, was wir mit den Erfahrungen der letzten Wochen anfangen. Doch zuerst müssen wir irgendwie an Land kommen und dann Theben erreichen.«

 

»Du glaubst gar nicht, wie viele Leute nur darauf warten, dass du zurückkehrst. Auch wenn mein Vater dich offiziell beerdigen liess, glauben sie daran, dass du eines Tages aus dem Reich der Toten zurückkehrst, um das Land von dem Tyrannen zu befreien.« Mit hartem Blick starrt Seto auf das näher kommende Land. »Ich stand immer an seiner Seite und habe ihn unterstützt, als er den Thron bestiegen hat. Nie bin ich auf die Idee gekommen, dass er an dem Flugzeugabsturz schuld ist oder dass du noch leben könntest.«

 

Aufmerksam mustert Atemu seinen Cousin. »Und warum hast du Shimon und Andrew dann begleitet? Ich meine, immerhin ist er dein Vater.«

Seto versteift sich und sein Gesichtsausdruck wird noch härter und kälter. »Er hat sich zu einem Tyrannen entwickelt. Er unterdrückt inzwischen nicht nur das einfache Volk, sondern auch die Oberschicht. Dazu kommt, dass er Kisara zur Ehe zwingen will.« Jetzt sieht er zu Atemu und versucht sich an einem schiefen Grinsen. »Ich war schon auf der Suche nach Möglichkeiten, ihn abzusetzen, als dieser Hemingway aufgetaucht ist. Aber verrate das ja nicht Shimon.«

 

Lange schweigt Atemu, bis er sich räuspert. »Verstehe. Auch wenn es dich vielleicht erstaunt, kann ich dich verstehen. Ich hätte vermutlich an deiner Stelle die gleichen Überlegungen angestellt, auch wenn es auf den ersten Blick hart klingt, dass du gegen deinen eigenen Vater vorgehen wolltest.«

Augenscheinlich gelangweilt zuckt Seto mit den Schultern. »Der erste Blick ist oft fehlerbehaftet. Wir sollten übrigens reingehen, wenn ich das richtig sehe, kommt da nämlich ein Boot auf uns zu.« Er deutet mit der rechten Hand auf einen sich nähernden Fleck.

 

Widerwillig nickt Atemu und stösst sich von der Reling ab. »Du hast vermutlich recht.« Ernst sieht er sich noch einmal um, ehe er eilig über das Deck geht und dann in den kühlen Gang tritt, der sie zu ihrer Kabine führt.

Er betritt den kleinen, aber dennoch hellen Raum und setzt sich auf Setos Matratze. Angespannt stützt er die Ellbogen auf seinen Knien ab und starrt auf seine verschränkten Hände. Er sieht auch nicht hoch, als sich Seto neben ihn setzt und sich zurücklehnt.

 

An Deck haben nun auch Mario und Helena das sich nähernde Schiff entdeckt und beobachten genau, wie es immer grösser wird. Am liebsten würde sie dem Kapitän sagen, dass er schneller fahren und nicht abbremsen soll, nur geht das leider nicht.

Es dauert nicht lange, da können sie die Flagge erkennen, die das dunkel gestrichene Schiff als Grenzschiff kennzeichnet. »Wir werden also wirklich kontrolliert«, murmelt sie besorgt. »Ich habe gehofft, dass wir bis in den Hafen davon verschont bleiben.«

 

Aufmunternd legt Mario seine Hand auf Helenas Schulter. »Es war zu erwarten, dass wir noch auf See kontrolliert werden. Denn auch wenn du offiziell auf Einladung des Königshauses unterwegs bist, sind die Grenzen des Reiches doch geschlossen. Also sei nicht zu angespannt und empfange die Grenzsoldaten so, wie es von dir als Prinzessin des römischen Grossreiches erwartet wird.«

 

Leise schnaubt Helena und strafft sich, als das Grenzschiff neben ihnen Position bezieht und die Mannschaft die Seile entgegen nimmt, die ihnen zugeworfen werden. Es dauert nicht lange, da liegen die beiden sicher miteinander verbunden da und nur die Wellen sorgen noch für eine leicht schaukelnde Bewegung.

Mit stolz vorgerecktem Kinn tritt Helena auf die beiden Grenzsoldaten zu, die gerade ihre Jacht betreten. »Ich bin Prinzessin Helena. Tochter Kaiser Hadrians. Warum werden wir auf meiner Reise zum Hofe des Pharaos Nesut-anch-Horus aufgehalten?« Ihre Stimme ist so herablassend wie ihre gesamte Haltung.

 

Der eine der beiden Soldaten tritt vor und verneigt sich leicht vor ihr. »Ich bin Leutnant Karim Razik. Ich bitte um Verzeihung, dass wir Eure Reise zum Pharaonenhof aufhalten, jedoch müssen wir jedes Schiff kontrollieren, bevor es in einem der Häfen anlegt.« Seine Stimme ist tief und trotz seiner ernsten Miene und der sandfarbenen Uniform, blicken seine beinahe schwarzen Augen sie freundlich an.

Doch davon lässt sich Helena nicht aus dem Konzept bringen. Kühl sieht sie dem Leutnant in die Augen. »Das habt ihr ja jetzt getan. Wenn Sie nun meine Jacht wieder verlassen würden.« Kühl deutet sie auf das Grenzschiff.

 

Mit einem bedauernden Lächeln schüttelt Karim den Kopf. »Tut mir leid, Prinzessin. Wir sind verpflichtet, das Schiff nach Terroristen und Illegalen zu durchsuchen. Auch wenn ich natürlich weiss, dass wir auf Ihrem Schiff nicht fündig werden.« Er tritt noch einen Schritt auf Helena zu, woraufhin Mario sich schützend vor sie stellt. »Ich bin der Hauptmann der kaiserlichen Wache und der persönliche Leibwächter der Prinzessin. Mein Name ist Mario di Modena. Wie lange wird diese Durchsuchung dauern?« Seine Stimme und Haltung zeugen davon, dass er es gewohnt ist, Befehle zu erteilen.

Gelassen erwidert Karim den Blick seines Gegenübers. »Sie sollte nicht allzu lange dauern. In der Regel brauchen wir nicht länger als dreissig Minuten, wenn alle mit uns zusammenarbeiten.«

 

Helena will aufbegehren, aber der Blick Marios lässt sie die Lippen zusammenpressen und erhaben nicken. »Gut, aber beeilen sie sich.« Gibt sie den Männern widerwillig die Erlaubnis, sich auf dem Schiff umzusehen. Dass sie nervös ist und Angst hat, dass sich die Soldaten zu genau umsehen, lässt sie sich nicht anmerken.

 

Mit einem leichten Lächeln neigt Karim den Kopf. »Vielen Dank, Hoheit. Mein … «, das Auftauchen eines weiteren Soldaten in Generalsuniform lässt ihn verstummen. »Sir?« Wendet er sich an den grimmig dreinblickenden Mann. »Leutnant Razik, wir sind nicht für Smalltalk hier! Durchsucht das Schiff. Ich will über jede Unregelmässigkeit informiert werden!«, bellt er seine beiden Untergebenen an und blickt dann zu Helena und Mario. »Folgt mir zum Kapitän!«

 

Entschuldigend lächelt Karim die beiden an, als er mit dem anderen Soldaten an ihnen vorbei geht.

 

Helena sieht das Lächeln nicht. Sie starrt den General an und würde wohl verbal auf ihn losgehen, wenn Mario sie nicht mit einem unauffälligen Griff an ihrem Arm zurückhalten würde. »Natürlich, General, folgen Sie uns bitte«, sagt Mario mit einem unguten Gefühl in der Magengrube. Er entspannt sich nur minimal, als der Kapitän zu ihnen kommt und sie auffordert, ihn auf die Brücke zu begleiten.

 

Karim Razik geht durch den eleganten Flur und sieht sich um. Er öffnet eine Tür nach der anderen. Sieht die Küche und die Unterkunft der Mannschaft und dann bleibt nur noch eine Tür, die er noch nicht kontrolliert hat.

 

Atemu steht auf, als er die Schritte hört. Anna sitzt mit Toshi auf ihrem Schoss neben Kimi auf dem anderen Bett und sieht ihn ängstlich an.

Die Arme hinter seinem Rücken verschränkend, blickt er auf das dunkle Holz. Deutlich spürt er, wie sich Seto nun hinter ihn stellt. Hört ihn tief einatmen und da bewegt sich die Klinke nach unten. Atemu hat Angst, er kann sich nur vorstellen, was passiert, wenn sie jetzt entdeckt und erkannt werden und dann ist es soweit. Die Tür öffnet sich und sie sehen sich einem Leutnant mittleren Alters gegenüber.

 

Karim starrt den Mann vor sich an und sämtliche Farbe weicht aus seinem Gesicht, als er realisiert, wem er da gegenübersteht. Keuchend sinkt er auf die Knie. »Pharao Nesut-anch-Ra …«, haucht er tonlos. »Ihr lebt …«

 

Atemu atmet innerlich auf und tritt vor. Mit einem hoheitsvollen Lächeln legt er die Hand auf die Schulter des Hauptmanns. »Ja, ich lebe. Erhebt Euch, Leutnant.« Er tritt einen Schritt zurück, als sich der Mann vor ihm erhebt, es aber vermeidet, ihm in die Augen zu sehen. »Mein Pharao, in der schwersten Stunde unseres Landes kehrt Ihr aus dem Totenreich zurück«, murmelt er und ergreift Atemus Hände. »Es gleicht …«

 

»Leutnant Razik! Was tut Ihr da so lange? Habt Ihr etwas gefunden?«, ertönt die bellende Stimme des Generals, woraufhin Karim zusammenzuckt und unwillkürlich zurückweicht.

»Nein, General! Ich habe nichts gefunden!«, ruft er zurück und wendet sich um. In der Tür bleibt er noch einmal stehen und sieht über die Schulter. »Ihr bringt die Hoffnung in unser Land zurück«, sagt er leise mit ehrfürchtiger Stimme, ehe er die Tür hinter sich schliesst.

 

Seto starrt ungläubig auf die geschlossene Tür und wagt es nicht, sich zu bewegen, während die Schritte immer leiser werden.

»Was war jetzt das?« Findet Kimi als erster seine Stimme wieder, als sie hören, wie sich das Grenzschiff entfernt.

 

Sich in seine Faust räuspernd, wendet sich Seto zu Kimi und Anna um. »Das war der Beweis für meine Worte, dass das Volk auf die Rückkehr des Pharaos aus dem Totenreich hofft.« Mit gemischten Gefühlen sieht er zu Atemu, der noch immer stumm dasteht und auf die Tür starrt. »Was hast du? Wir haben die erste Hürde erfolgreich genommen. Das ist doch gut.«

 

Atemu hört die Stimmen nur aus weiter Ferne. Das Blut rauscht in seinen Ohren, sein Herzschlag scheint unglaublich laut zu dröhnen als er den Blick von dem dunklen Holz vor sich losreisst und sich auf die Matratze des Bettes sinken lässt. »Ja, es ist gut«, murmelt er und spürt plötzlich eine unglaublich schwere Last auf seinen Schultern ruhen. Seine Hoffnung, irgendwie doch noch aus dem Gefängnis seiner Herkunft zu entkommen, löst sich in Luft auf und raubt ihm den Atem.

 

 

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So, da haben sie gerade noch einmal Glück gehabt. Es ist schon ein riesen Glück gewesen, dass sie dem Leutnant gegenübergestanden haben.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

 

Alexandria

Hallo zusammen

 

Da ich heute den ganzen Tag sehr beschäftigt sein werde, aber weiss, wie sehr ihr auf die Fortsetzung wartet, gibt es das neue Kapitel jetzt schon kurz nach Mitternacht.

 

Ich wünsche euch viel Spass beim Lesen und mitfiebern.

 

 
 

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Alexandria

 

Die Sonne verfärbt sich schon rot, als Helena an die Kabinentür klopft und den kleinen Raum betritt. Seit der Kontrolle, die vor Stunden stattgefunden hat, hat sie nur die Sklaven gesehen und macht sich Sorgen. Als erstes sieht sie Seto, der sich erhebt und sie fragend ansieht. »Prinzessin, was führt Euch in unsere bescheidene Unterkunft?«

 

Suchend sieht sich Helena um und entdeckt schliesslich Atemu, der auf dem oberen Bett liegt und sich nicht bewegt. »Ich wollte nach Euch sehen. In wenigen Minuten legen wir im Hafen von Alexandria an und …«

»Eure Sorge ist unbegründet!« Fällt ihr Seto ins Wort. »Wir planen unsere nächsten Schritte. Wobei sich für uns die Frage stellt, werden Anna und Kimi Euch begleiten und uns dann im Palast in Theben erwarten oder begleiten sie uns.«

 

Helena zögert, dann atmet tief durch. »Verstehe. Ich denke, es macht die Sache für euch einfacher, wenn Kimi und Anna mich mit Toshi begleiten. Der gefährlichste Teil eurer Reise steht euch noch bevor und ich weiss nicht, ob ein Kleinkind sie überstehen kann.«

 

»Sie hat recht!« Mühsam richtet sich Atemu auf und springt auf den Boden. Sein Blick ist hart und weich zugleich. In seinen rubinroten Augen lodert ein gefährliches Feuer, als er Seto und Helena mustert. »So gern ich die Drei um mich habe, so muss ich ihr zustimmen Seto. Nicht nur, dass die Reise für Toshi zu anstrengend und gefährlich ist. Sie könnte uns auch in Gefahr bringen, wenn sie im falschen Moment anfängt zu weinen oder zu schreien.«

 

So ungern er es auch zugeben will, muss Seto Atemu zustimmen. Widerwillig nickt er und atmet tief durch. »Passt gut auf sie auf. Wann werdet Ihr das Schiff verlassen?« Nichts in seiner Stimme verrät, was er fühlt. Dass es ihm widerstrebt, seine Schützlinge einer anderen Person anzuvertrauen.

 

Helena schluckt leer. »Sobald wir angelegt haben, müssen wir auch schon an Land gehen. »Der Kapitän hat Mario darüber informiert, dass wir von einem Fahrer erwartet werden, der uns für die Nacht in ein Hotel bringen soll, bevor wir morgen nach Theben aufbrechen müssen.«

 

Ernst nickt Atemu und tritt auf Helena zu. »Wir werden von Bord gehen, sobald es Nacht ist und uns zum Nil durchschlagen. Wir werden mit einem der Handelsschiffe nach Theben reisen und nur ein paar Tage nach euch dort eintreffen. Es dauert mindestens acht Wochen, bevor die Zeremonie stattfinden kann, also macht Euch keine Sorgen, wir werden rechtzeitig da sein.«

Die Augen schliessend senkt sie den Blick. »Ist es egoistisch, wenn ich nur daran denken kann, dass ich dem amtierenden Pharao meine Hand nicht versprechen will?«

»Hach, Helena«, seufzt Atemu und hebt ihren Kopf mit zwei Fingern unter ihrem Kinn an. »Es ist nicht egoistisch. Es ist menschlich. So viele Menschenleben hängen davon ab, dass ich erfolgreich bin. Doch ich kann nur daran denken, dass ich zurück nach Domino will. Alles in mir wehrt sich dagegen, nach Theben zu reisen und den Thron wieder zu besteigen.« Als sie ihn nun erstaunt ansieht lächelt er leicht. »Ich habe mich auch gefragt, ob ich deswegen egoistisch bin, aber ich bin wie du nur ein Mensch mit Träumen und Wünschen. Wenn ich jetzt gehen und das nächste Schiff ins japanische Grossreich besteigen würde, dann wäre ich egoistisch, aber so wie du, gehe ich diesen Weg bis zu seinem Ende weiter.«

 

Erleichtert erwidert Helena das Lächeln. »Danke. Ich werde gut auf eure Sklaven aufpassen und euch beide in Theben erwarten.«

Sie spüren, wie ein Ruck durch das Schiff geht und hören, wie Befehle gerufen werden. »Ich muss gehen. Viel Glück.« Sie umarmt Atemu und dann sogar Seto, ehe sie aus der kleinen Kabine eilt.

 

»Du solltest dich von Anna und Kimi verabschieden, Seto. Erkläre ihnen, was los ist. Ich bleibe hier.« Mit ernstem Blick und unlesbarer Miene wendet sich Atemu zu seinem Cousin um, geht die paar Schritte bis zu dem kleinen Fenster und blickt hinaus in den hell erleuchteten Hafen. »Nicht, dass sie noch glauben, dass wir sie abschieben.«

 

Seto will widersprechen. Ihm sagen, dass das nicht nötig ist, aber dann wird ihm klar, dass Atemu allein sein will. »Gut, ich bin gleich zurück«, murmelt er und verlässt die Kabine.

Kaum ist Atemu allein, stützt er sich mit beiden Händen an der Wand ab und schliesst gepeinigt die Augen. Seit er dem Leutnant gegenüberstanden hat, schreit sein Inneres und er hat das Gefühl als würde sein Herz zerreissen. »Sharik! Seit über sechs Jahren warten sie auf mich. Beten und hoffen, dass ich zurückkehre.« Seine Stimme ist heiser, als hätte er stundenlang geschrien.

Eine Stimme in ihm flüstert ihm zu, dass er von seinem Volk geliebt wird und nun endlich wieder seinem Geburtsrecht folgen kann.

Doch gleichzeitig schreit eine andere Stimme, dass er davonlaufen und das ägyptische Grossreich seinem Schicksal überlassen soll. Schliesslich ist er hier aufs übelste verraten worden.

Als er hört, wie sich Schritte nähern, strafft er sich und setzt mühsam die Maske auf, die seine Gefühle vor seiner Umwelt verbirgt. Er hat sich kaum umgedreht, als Kimi so stürmisch die Arme um ihn schlingt, dass er rücklings gegen die Wand knallt.

Nach Luft schnappend, schlingt er die Arme um den Jungen und hält ihn fest. »Kimi, was ist denn los?«, fragt er den schluchzenden Jungen.

»Meister Atemu, bitte lasst mich mitkommen. Ich will bei Euch bleiben! Egal, wie gefährlich es ist. Bitte, Meister Atemu. Ich flehe Euch an!« Mit verweinten Augen sieht er ihm verzweifelt ins Gesicht.

 

Leise seufzt Atemu und wischt ihm die Tränen von den Wangen. »Ach, Kimi. Ich dachte, du willst lieber bei Anna bleiben.«

Heftig schüttelt Kimi den Kopf. »Ich liebe sie, aber sie liebt mich nicht. Bitte, lasst mich Euch begleiten.«

 

Wieder seufzt Atemu. Er ist hin und her gerissen und will den Jungen schon von sich schieben, als er Seto in der Tür stehen sieht. Schweigend sehen sie sich an, bis sein Cousin hereinkommt. »Kimi, ich habe es dir doch erklärt.«

Zu Atemus Überraschung ist Setos Stimme sanft. »Du musst auf Anna und Toshi aufpassen. Willst du sie wirklich allein hier in einem euch unbekannten Land lassen?«

 

Wieder schüttelt Kimi den Kopf. »Ich will bei Euch bleiben!« Trotzig hält er sich an Atemu fest, bis dieser ihn von sich schiebt und ihn mit den Händen auf seinen Schultern sanft ansieht. »Kimi, wir kommen nach. Wir erreichen Theben nur ein paar Tage später als ihr. Bitte, gehe mit der Prinzessin mit und halte die Augen offen. Sobald wir im Palast sind, brauchen wir dann deine Hilfe. Du musst uns sagen, was du gesehen und gehört hast. Weisst du, Anna spricht unsere Sprache nicht, aber ich habe gesehen, dass du uns verstehst. Tust du das für mich? Bist du meine Augen und Ohren, bis wir ankommen?«

Kimi öffnet schon den Mund, um zu widersprechen. Er will sich losreissen, aber dann sieht er in Atemus Augen. Hin und her gerissen, beisst er sich auf die Lippen, als er dann schliesslich nickt. »Okay, ich begleite die Prinzessin und passe auf Anna und Toshi auf. Ich bin Eure Augen und Ohren, aber wehe, Ihr taucht nicht auf.«

 

Innerlich schmunzelnd, weil Kimi es wagt, ihm zu drohen, nickt Atemu. »Wir tauchen auf. Nun bereite hier alles für eure Abreise vor. Sicher wollen Helena und Mario jeden Moment die Jacht verlassen.«

 

Noch einmal schlingt Kimi die Arme um Atemu, ehe er anfängt ihre wenigen Habseligkeiten zusammenzusuchen und sie in eine Tasche stopft.

Obwohl er sich beeilt, kontrolliert er zwei Mal, ob er auch ja nichts vergessen hat und rennt dann aus der Kabine, als er von Helena gerufen wird.

 

Schweigend haben Seto und Atemu ihn beobachtet und lassen sich nun auf die beiden unteren Betten sinken. »Du wirst ihn nicht mehr loswerden. Egal, wo du hingehst, er wird dir wie ein Hündchen folgen wollen.« Ernst verschränkt Seto die Arme und lehnt sich zurück. »Ich hätte wirklich nicht erwartet, dass er dir noch ergebener ist, als Anna. So wie er ihr in den letzten Wochen immer hinterhergerannt ist.«

 

Im Gegensatz zu seinem Cousin ist Atemu nicht so ernst, als er sich zurücklehnt. »Er ist noch ein halbes Kind. Wir sind vermutlich die Ersten, die ihn wirklich gut behandeln und auch wenn ich mit Frauen nichts anfangen kann, ist mir doch aufgefallen, dass Anna eine sehr attraktive junge Frau ist. Dazu ist sie auch noch sehr nett zu allen. Da ist es doch kein Wunder, dass er sich ein wenig in sie verliebt hat.« Mit einem leichten Lächeln denkt er zurück. »Weisst du, auch als ich noch nicht annähernd so weit war, mich in Yugi zu verlieben, wäre ich ihm bis in die Hölle und wieder zurück gefolgt. Es ist für einen Sklaven unglaublich viel wert, wie ein Mensch behandelt zu werden. Darum erstaunt es mich ehrlich gesagt nicht wirklich, dass er bei uns bleiben wollte, besonders weil Anna ihn wohl abblitzen lässt.«

 

Murrend reibt sich Seto die Stirn. »Na toll. Sag mal, hast du eine Idee, wie wir unerkannt auf eins der Handelsschiffe kommen sollen?« Als er das Grinsen Atemus bemerkt, seufzt er auf. »Natürlich hast du schon eine Idee. Also, wie sieht die aus?«

 

Immer noch grinsend beugt sich Atemu vor. »Wir müssen nicht unerkannt auf ein Schiff kommen. Hast du schon vergessen, wie der Leutnant auf uns reagiert hat? Ich bin überzeugt, dass wir nur unerkannt bis zum Nilhandelshafen des einfachen Volkes kommen müssen. Wenn wir dann erkannt werden, dann ist es halt so. Entweder helfen sie uns oder wir werden als Gefangene nach Theben kommen. Wie auch immer, wir erreichen unser Ziel.«

 

Murrend verdreht Seto nun die Augen. »Na toll. Also ich würde es bevorzugen, meinem Stand entsprechend zu reisen, statt in Ketten meinem Vater vorgeführt zu werden und das wird passieren, wenn wir an die falschen Leute geraten.«

 

Ein Klopfen lässt sie zusammenfahren. »Es sollte doch nur noch die Crew an Bord sein«, flüstert Atemu, als er wie Seto aufsteht und die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Herein?« Nichts verrät, wie angespannt und nervös sie sind, als sich die Tür öffnet. Damit rechnend, dass sie sich ihren Weg aus der Kabine und vom Schiff runter freikämpfen müssen, spannen sie ihre Muskeln an, nur um dann erstaunt auf den Leutnant zu starren, der sich tief vor ihnen verbeugt.

 

Erleichtert, dass er die Hoheiten noch antrifft, verneigt sich Karim so tief, dass er sich beinahe hinkniet. »Mein Pharao, mein Prinz. Ich bin hier, um euch vom Schiff zu geleiten.«

 

Ungläubig sehen sich Atemu und Seto an, ehe Atemu sich räuspert. »Erhebt euch, Leutnant«, verlangt er mit sanft befehlender Stimme. »Dann sagt uns, wie Ihr heisst.«

 

Langsam richtet sich Karim wieder auf, hält den Blick aber demütig gesenkt. »Ich Leutnant Karim Razik. Mein Pharao, ich gehörte damals zur Palastwache, als Ihr den Thron bestiegen habt.« Zu gern würde er die Hand ausstrecken und den Pharao berühren, nur um sich noch einmal zu vergewissern, dass er nicht vor einem Geist steht. Doch er unterdrückt den Drang, indem er die Hände auf den Rücken legt.

 

Es dauert einen Moment, aber dann weiten sich Atemus Augen. »Razik? Ich erinnere mich an Euch. Wieso seid Ihr jetzt in der Grenztruppe und nicht mehr bei der Palastwache?«

Bevor der Mann vor ihm antworten kann, räuspert sich Seto. »Mein Vater hat alle Soldaten, die Euch treu ergeben waren und ihm nicht sofort die Treue geschworen haben, aus dem Palastdienst entlassen.«

Geschockt starrt Atemu Seto an. Er fragt sich, ob er sich nicht gerade verhört hat, als ein Räuspern ihn wieder zum Leutnant blicken lässt. »Prinz Seto hat Recht. Es wurden viele meiner Kameraden ebenfalls aus dem Palastdienst entlassen. Nicht alle hatten wie ich das Glück und konnten in einer anderen Einheit unterkommen. Mein Pharao, wir müssen los, bevor der General und seine Leute die Jacht betreten, um sie an ihren definitiven Anlegeplatz zu eskortieren.«

 

»Was? Und das sagt Ihr uns jetzt!«, zischt Seto mit blitzenden Augen und holt hektisch seine Tasche unter dem Bett hervor, während Atemu den Korb holt und noch einmal kontrolliert, ob auch alles drin ist. Erleichtert atmet er auf, als er auch die Tafel Schokolade noch immer sicher eingepackt zwischen seiner Kleidung entdeckt. »Wir können. Wir vertrauen Euch unser Leben an, Leutnant Razik.« Mit einem leichten Lächeln, das nur seine Mundwinkel einen Hauch anhebt, nickt Atemu ihm zu.

 

»Dann los«, erwidert Karim hektisch und geht ihnen voraus aus der Kabine. Bevor sie den dunklen Gang verlassen, kommt der Kapitän auf sie zu und neigt sein Haupt. »Ich wünsche Euch eine gute Reise und dass Ihr eure Ziele erreicht.« Leicht lächelt er Atemu an der auf ihn zu tritt und ihm die Hand reicht. »Danke, Kapitän Polo. Ich wünschte, wir könnten noch einmal eine Partie Schach gegeneinander spielen. Selten habe ich mich mit so einem guten Gegner messen dürfen.«

 

Fest erwidert Kapitän Polo den Händedruck. »Es war mir jedes Mal ein Vergnügen, gegen Euch zu spielen. Auch wenn ich jede einzelne Partie verloren habe. Aber nun geht, der General wird in wenigen Minuten mit seinen Männern hier sein.« Er zögert einen Moment. »Passt auf Euch auf.«

 

»Das werden wir«, erwidert Atemu und lässt die Hand Polos los. »Passt Ihr auch auf Euch und die Mannschaft auf. Es sind gute Männer.«

Auf einmal wird er von Seto am Arm gepackt. »Weitere Freundlichkeiten könnt ihr austauschen, wenn Ihr wieder auf dem Thron sitzt.« Murrend zieht er Atemu hinter sich her zu Karim, der schon ungeduldig auf sie wartet und sich dabei nervös umsieht. »Na endlich.« Er sieht sich noch einmal um, ehe er die beiden Männer zum Heck des Schiffes führt und sie dort in ein kleines Boot steigen lässt. Kaum sitzen sie sicher, greift er nach den Rudern. Mit kräftigen Ruderschlägen versetzt er das Boot in Bewegung. Es dauert nicht lange, da werden sie von einer Strömung erfasst. Erleichtert hebt er die Ruder an und sieht wie seine Fahrgäste zu der Jacht, von der sie sich immer weiter entfernen. Im Schatten einer überhängenden Mauer stoppt Karim das Boot und sichert sie vor dem weiteren Abtreiben, indem er nach einem steinernen Vorsprung greift. »Sie können uns hier nicht sehen, aber hören. Also seid leise«, flüstert er gerade laut genug, um das leise Plätschern der Wellen zu übertönen.

 

Atemu schluckt und nickt Karim zu, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden haben. Unwillkürlich muss er wieder zur Jacht blicken, die von ihrer Position aus hell erleuchtet auf dem Wasser liegt. Er kann sehen, dass nun mehrere Soldaten auf dem Deck stehen. Deutlich ist zu hören, wie der General Befehle zur Durchsuchung des Schiffes erteilt. Die Mannschaft wird an Deck von drei Soldaten bewacht und erst jetzt wird ihm klar, wie knapp sie einer Entdeckung entgangen sind.

Leicht bewegt sich das kleine Boot auf den Wellen hin und her, während die Minuten sich zu Stunden dehnen und nicht vergehen wollen. Inzwischen sind ihre Nerven bis zum Zerreissen gespannt. Sie wagen es nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

 

Immer wieder sieht Atemu zum Himmel und schätzt ab, wie spät es ist. Die Sonne ist schon längst untergegangen und der Mond ist aufgegangen, als die Jacht ablegt und zu einer anderen Anlegestelle fährt.

Fragend sieht er nun zu Karim der den Vorsprung nun loslässt. »Ja, es war knapp. Nur zwei Minuten später und wir hätten es nicht mehr geschafft.« Er greift nach den Rudern und stösst das Boot von der Wand ab. »Es sind nur noch etwas mehr als hundert Meter, bis wir ungesehen an Land gehen können. Die Lippen aufeinander pressend steuert er das Boot zurück und die stärkere Strömung. Da sie jetzt nicht mehr leise sein müssen, rudert er auch in der Strömung weiter und so erreichen sie schnell die Sandbank am Rand des Hafens. Geschickt lässt er das Boot auf dem Sand aufsetzen und springt dann ins Wasser. Mühsam zieht er das kleine Ruderboot weiter an Land, bis das Wasser nur noch seine Knöchel umspielt. »Kommt, meine Wohnung ist nicht weit von hier entfernt.« Er hilft Atemu und Seto aus dem Boot zu steigen. »Verzeiht, dass ich das Boot nicht weiter an Land ziehen konnte«, murmelt er mit gesenktem Blick, als er sieht, wie Seto das Gesicht verzieht. »Ihr müsst noch viel lernen«, murrt Seto, während er angewidert auf das Wasser blickt, das nicht nur seine Füsse, sondern auch die Hose durchnässt und den sowieso schon groben Stoff noch unangenehmer an seiner Haut kleben lässt.

 

Atemu hingegen nimmt es stoisch hin, dass seine Füsse nass werden. Er ignoriert das Murren seines Cousins, als er an Land stapft und dabei darauf achtet, dass seine Schätze nicht aus Versehen nass werden. Schliesslich setzt er sich im Schatten auf einen der hier rumliegenden Felsen und zieht sich den einen Schuh aus. Irgendwie fasziniert es ihn zu beobachten, wie das Wasser aus dem Schuh auf den Sand trifft. Nachdem er beide Schuhe entleert hat, zieht er sie wieder an und verzieht das Gesicht, als sich das nasse Leder unangenehm um seine Füsse legt.

Erst jetzt sieht er sich nach Seto und dem Leutnant um, die sich wie er hingesetzt haben. »Wie geht es weiter?« Möchte er von Karim wissen, der sich zögernd zu ihm umwendet. »Wir gehen in meine Wohnung und schlafen erst einmal. Morgen werde ich unsere Weiterreise nach Theben organisieren und dann können wir bei Einbruch der Nacht losfahren. Ich würde gern noch mehr Leute hinzuziehen.«

»Auf keinen Fall!«, zischt Seto und sieht ihn mit zu Schlitzen verengten Augen an. »Je weniger Leute wissen, dass ich wieder im Land bin, desto besser. Wie ihr bestimmt wisst, lässt mein Vater mich suchen.«

Betroffen senkt Karim den Blick. »Verzeiht, mein Prinz. Daran habe ich nicht gedacht.«

»Das habe ich bemerkt, Leutnant! Nun stellt Euch vor, was passiert, wenn das Volk erfährt, dass der Pharao nicht nur lebt, sondern auch noch zurückgekehrt ist. Der entstehende Aufruhr würde den amtierenden Pharao alarmieren und unser Vorhaben noch mehr erschweren, ungesehen und unerkannt nach Theben zu kommen!« Mit eiskaltem Blick fixiert Seto den Mann neben sich und steht dann ruckartig auf. »Genug Zeit vertrödelt! Der Pharao muss sich ausruhen! Bring uns in deine Wohnung!«

 

Atemu beisst sich auf die Lippen, um nichts zu sagen. Er ahnt, dass sein Cousin das gerade braucht. Er versucht jedoch, stumm Ruhe zu vermitteln, als er betont entspannt aufsteht und nach seinem Korb greift. »Es wäre wirklich gut, wenn wir uns an einen sicheren Ort begeben könnten.« Der Wind frischt auf, weshalb er froh ist, dass er seinen Umhang aus dem Korb nehmen und ihn anziehen kann. Zur Sicherheit zieht er sich auch noch die Kapuze über den Kopf, ehe er wieder zu Seto blickt, der sich auch gerade die Kapuze tief ins Gesicht zieht.

Karim beobachtet erstaunt, wie die beiden Hoheiten nur mit diesem einfachen Trick optisch zu Angehörigen des einfachen Volkes werden. »Gut gehen wir.« Obwohl er es nicht will, schwingt die Erleichterung in seiner Stimme mit. Er will dem Pharao den Korb abnehmen. Doch er hat das Weidengeflecht noch nicht einmal berührt, als dieser auch schon aus seiner Reichweite verschwindet.

Er will etwas sagen, aber dann nickt er den beiden Männern nur schweigend zu und geht los.

 

Der Hafen ist hier am Rand der Bereich des einfachen Volkes, während das Haupthafenbecken mit den hell erleuchteten Docks der Oberschicht vorbehalten ist.

Es widert Atemu an, als er sieht, wie verfallen hier die Lagerhallen sind und wie sogar die freien Arbeiter in zerlumpten Kleidern die Waren aus den von Sklaven gezogenen Kutschen laden. Magere Kinder lungern in den Schatten herum und er ahnt, dass sie nur durch die Anwesenheit des Leutnants davon abgehalten werden, zu ihnen zu kommen, um sie auszurauben. Es zerreisst ihm das Herz, hier am Hafen das Leid zu sehen, dabei sollten die Leute hier doch die besser bezahlte Arbeit haben.

Nach kurzer Zeit verlassen sie das Hafengelände und ihm verschlägt es den Atem. War das Leid auf dem Hafengelände schon gross, hier ist es unbeschreiblich. Die Häuser sehen aus, als würden sie nur noch durch die Hilfe der Götter stehen. Die Strassen sehen aus, als wären sie seit Jahrzehnten nicht mehr repariert worden und der Müll stapelt sich am Strassenrand. »Was ist denn hier passiert? Das war doch einst eine relativ wohlhabende Gegend!«

Kurz blickt Karim sich zu ihm um. »Das war einmal. Vor drei Jahren gab es hier ein Erdbeben. Der Pharao fand es unnötig, Mittel für den Wiederaufbau freizugeben. Die Menschen haben sich so gut es geht selbst geholfen und die Häuser mit ungebrannten Lehmziegeln wieder einigermassen repariert. Doch jeder Regen zwingt sie dazu, einen Teil der Ziegel wieder auszutauschen. Da ist es schon beinahe ein Glück, dass wir seit einem Jahr keinen Regentropfen mehr gesehen haben. Nur leider ist auch die letzte Nilflut nur sehr schwach ausgefallen. Sprich, das Volk in diesem Teil des Reiches hungert.«

 

Atemu runzelt die Stirn und bleibt für einen Moment sogar stehen, ehe er nach vorn eilt, bis er neben dem Leutnant hergeht. »Eine schwache Nilflut und Trockenheit kommt doch immer wieder vor! Dafür lagern wir doch extra Getreide und Wasser, um das Volk in diesen Jahren zu ernähren.«

 

Jede Zurückhaltung vergessend, schnaubt Karim. »Das Volk hat noch keinen Tropfen Wasser aus diesen Vorräten gesehen, geschweige denn auch nur ein Getreidekorn. Wer die inzwischen teuren Preise auf dem Markt nicht mehr bezahlen kann oder nicht bei der Armee ist, der hungert und trinkt schmutziges Wasser.«

 

Suchend sieht sich Atemu nach Seto um, der auf der anderen Seite Karims hergeht. »Prinz Seto, wie kann das sein? Der Pharao ist dafür verantwortlich, dass es dem Volk gut geht.«

Nun ist es an Seto zu schnauben und sein Blick wird hart. »Ja und die Lager sind voll! Aber der amtierende Pharao ist der Meinung, dass der Pöbel nichts von diesen Vorräten verdient hat. Er behält die Vorräte für den Hof zurück.«

 

Auf einmal stolpert ein alter Mann in Atemus Blickfeld und droht in den Schmutz zu fallen. Reflexartig springt er zur Seite und fängt den Mann auf. Dabei rutscht ihm die Kapuze vom Kopf und das weisse Mondlicht erhellt seine Gesichtszüge. »Ist Euch etwas passiert, alter Mann?«, fragt er ihn freundlich und hilft ihm sich wieder aufzurichten.

Erst, als er den geschockten Blick des Alten sieht, wird ihm bewusst, dass die Kapuze nur noch auf seinen Schultern ruht.

»Pharao Nesut-anch-Ra! Ihr seid aus dem Totenreich zurückgekehrt. Unsere Gebete sind erhört worden!«, ruft der Alte aus und wirft sich vor Atemu in den Schmutz, vor dem er gerade eben bewahrt worden ist. »Verzeiht, dass ich Unwürdiger Euch durch meine Berührung entehrt und beschmutzt habe!«

 

Nur mit Mühe unterdrückt Atemu ein Seufzen, als er den Alten wieder auf die Beine zieht. »Alterchen, schmeisse dich nicht vor mir in den Schmutz. Ja, ich bin zurückgekehrt, um mein Volk von dem Tyrannen zu befreien. Doch es ist wichtig, dass meine Anwesenheit noch ein Geheimnis bleibt. Kannst du mir versprechen, dass du schweigst?« Schon als er die Worte ausspricht, wird ihm klar, dass diese Bitte sinnlos ist. Kommen doch schon die Menschen aus ihren Behausungen und schmeissen sich vor ihm in den Dreck.

 

Es werden immer mehr, sodass er sich schliesslich gezwungen sieht, zu ihnen zu sprechen. Tief atmet er durch, um seine Gedanken zu sammeln und strafft sich dann. »Mein Volk, meine Kinder. Ja, ich bin aus dem Reich der Toten zurückgekehrt. Die Zeit der Tyrannei wird bald enden. Doch noch bin ich nicht wieder im Palast. Haltet noch eine Weile durch. Schweigt über meine Anwesenheit und betet still zu den Göttern, dass sie mich, Prinz Seto und unsere Helfer sicher nach Theben geleiten, dass sie ihre Hände schützend über euch halten, bis der Tyrann vom Thron verstossen ist. Ich schwöre, dass ich mein Leben für euch einsetzen werde, dass die Kornkammern geöffnet werden und die Zeit des Hungers, des Durstes und des Leidens endet.«

Während er redet, geht er an den Menschen vorbei. Hilft ihnen auf die Beine. Legt ihnen die Hände segnend auf den Kopf und die Schultern. Sanft und gütig lächelt er ihnen zu bis er wirklich auch noch das kleinste Kind, die älteste Frau und auch den durch Krankheit Entstelltesten berührt hat. Schliesslich stellt er sich wieder zu Seto und dem Leutnant. »Nun geht wieder in eure Häuser. Ich vertraue darauf, dass ihr schweigen werdet, bis ich wieder zu euch und dem restlichen Volk sprechen werde.«

 

Ein Raunen geht durch die Menge. Viele haben Tränen in den Augen und Schluchzen. »Wir versprechen es. Wir werden schweigen«, sagt nun der Alte, der durch seinen Sturz alle Pläne durcheinander gebracht hat.

 

»Mögen die Götter euch und eure Kinder schützen«, sagt Seto nun lächelnd und tritt schräg hinter Atemu. Zeigt so, dass er treu hinter seinem Pharao steht.

Tief atmet Atemu durch und sieht sich nach seinem Korb um, den er für seine Rede hingestellt hatte. Zu seiner Erleichterung, trägt der Leutnant ihn. Zu gern würde er ihn wieder selbst in die Hand nehmen, aber er weiss, dass er das jetzt nicht darf. So wendet er sich um und geht hoch erhobenen Hauptes, gefolgt von Karim und Seto durch die sich teilende Menge, bis die Strasse wieder so verlassen wie zuvor vor ihnen liegt. »Wo lang?«, fragt er nun flüsternd woraufhin Karim auf eine Seitengasse deutet. »Da lang«, flüstert er zurück. Ihm steht es nicht zu, vor dem Pharao zu gehen und ihn zu führen. Schliesslich ist dieser für das einfache Volk als Sohn der Götter allwissend.

Kaum merklich nickt Atemu und geht in die Seitengasse hinein. Er fragt sich, wo sie wohl hinführt, als er plötzlich auf einem Platz steht. Es ist niemand zu sehen, dennoch zieht er sich eilig die Kapuze wieder über den Kopf und tritt zur Seite.

Er will schon fragen, wie weit sie noch gehen müssen, als Karim eins der schlichten Häuser ansteuert, die von der untersten Schicht der Oberschicht bewohnt werden. »Kommt, es sind nur zwei Etagen.« Besorgt, ob sie auch nicht beobachtet werden, sieht Karim sich um. Doch sie sind allein.

Mit gesenkten Häuptern eilen sie die Treppen nach oben, bis sie vor einer blauen Tür anhalten. Hastig schliesst er sie auf und lässt seine Gäste in die kleine, aber doch halbwegs luxuriös ausgestattete Wohnung treten.

»Hier lebe ich, wenn ich nicht gerade auf See bin. Die Lage ist nicht die Beste, aber für mich reicht es«, erklärt er leise und führt sie in das winzige Wohnzimmer.

»Es ist vollkommen ausreichend, Leutnant.« Atemu lächelt ihn beruhigend an und zieht dann den Umhang aus. Erschöpft lässt er sich auf das Zweiersofa sinken und schliesst die Augen. »Sie werden nicht schweigen. Dafür ist ihr Leid viel zu gross.«

 

 

 
 

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Das war wieder viel zu knapp und wieder ist ein Plan nicht so aufgegangen, wie es unsere Freunde geplant haben. Immerhin, jetzt sind sie im ägyptischen Grossreich und müssen es nur noch irgendwie nach Theben schaffen.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Prinzessin Kisara

Hallo zusammen und frohe Weihnachten

 

Es ist Samstag und dazu noch Weihnachten. Ich hoffe, ihr konntet mit euren Lieben schon eine schöne Zeit verbringen.

 

Als kleines wöchentliches Geschenk habe ich für euch das nächste Kapitel.

 

 
 

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Prinzessin Kisara

 

In Gedanken versunken sitzt Kisara auf dem Rand des kleinen Springbrunnens, im Herzen des von Palastmauern umschlossenen Gartens. Der sichelförmige Mond spiegelt sich im Wasser, ist durch die kleinen Wellen jedoch nur als unscharfer Lichtpunkt zu erkennen. Langsam lässt sie die Hand durch das Wasser gleiten. Fasziniert beobachtet sie wie sich das Wasser dabei um ihre Hand zu schmiegen scheint. Sie liebt diese Momente der Stille, die nur ihr gehören. Eine Strähne ihres langen, im Mondlicht silbern schimmernden Haares hat sich unbemerkt aus ihrer Frisur gelöst und fällt ihr über die Schulter, sodass die Spitzen ins Wasser gleiten.

Seufzend richtet sie sich auf und streift die Strähne hinter ihr Ohr. Nur noch wenige Wochen, dann würde diese kleine Rebellion gegen ihren Onkel verschwinden und ihre lange meistens ungebändigte Mähne um über die Hälfte auf Schulterlänge gekürzt werden. In einem leisen Anflug von Trotz, löst sie die letzten Bänder und Haarnadeln, bis ihre weissblonde Mähne bis über ihre Hüfte fällt. Mit beiden Händen fährt sie sich durch die langen Haare. Geniesst das seidige Gefühl auf ihrer Haut.

 

»Prinzessin?« Ertönt eine leise Stimme in ihrer Nähe, woraufhin sie sich umdreht und lächelnd zur Dienerin blickt. »Jasmin. Ist es soweit?« Möchte sie von der alten Frau wissen, die ihr in den letzten Jahren der Einsamkeit immer zur Seite gestanden hat.

Leicht nickt Jasmin. »Ja, die Priester haben den Tempel zur Nachtruhe verlassen.«

Mit einem ihrer Bänder bindet Kisara ihre wilde Mähne locker in ihrem Nacken zusammen und steht auf.

Aus Gewohnheit streicht sie sorgfältig ihr schlichtes, aber doch edles Kleid aus aquamarinblauer Seide glatt, ehe sie sich strafft und zu ihrer Dienerin geht. »Dann gehen wir beide jetzt in den Tempel.« Ein trotziges Blitzen in den Augen, geht sie über das weiche Gras zu dem mit weissen Kies ausgelegten Weg. Leise knirschen die kleinen Steine unter den Sohlen ihrer Sandalen, als sie zu dem zum Park offenen Gang geht, dessen Decke von hohen Säulen aus Rosengranit getragen wird.

Das Geräusch ihrer Schritte ändert sich, als sie auf den mit Kalksteinplatten ausgelegten Boden tritt. Das Licht ist gedämpft, ist aber nach der Dunkelheit im Garten für ihre Augen unglaublich hell. Einen Moment lang bleibt sie stehen, bis sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt haben.

Kurz blickt sie sich dann zu Jasmin um, die ihr mit drei Schritten Abstand folgt, als sie durch den überdachten Gang geht und schliesslich ein grosses, immer geöffnetes Tor erreicht und das den Palast mit der Tempelanlage verbindet.

Für einen Moment bleibt sie stehen und senkt demütig den Blick, um die Götter wegen der späten Störung um Verzeihung zu bitten. Nach diesem kurzen Innehalten betritt sie das Tempelgelände, das anders als der Palast von altertümlichen Fackeln und Öllampen erhellt wird und schreitet voran, bis sie den Tempel erreicht, der ihrem Herzen den meisten Trost spendet. Leise öffnet sie die Tür und sieht sich verstohlen um, ehe sie gefolgt von Jasmin den Tempel betritt.

Sie wird von der Wärme der Fackeln und dem Geruch des Weihrauchs umfangen, als sie mit gemässigten, an den hohen Wänden widerhallenden Schritten auf die riesige Statue zutritt, die auf einem schneeweissen Podest über allen zu thronen scheint.

Vor dem Podest sinkt sie auf die Knie und verschränkt ihre Hände ineinander. »Oh grosser Ra, ich komme in der Stunde meiner grössten Verzweiflung zu dir. Ich weiss, ich bin unwürdig, dich um Hilfe und Gnade zu bitten, aber dennoch liege ich jetzt zu deinen Füssen und bitte um ein Wunder«, fleht sie den Tränen nahe und legt nun ihre Hände auf den kalten Stein. Leise schluchzt sie auf und lehnt ihre Stirn zwischen ihren Händen an das Podest. »Warum bin ich nur als Mädchen geboren worden? Warum musstest du meinen Bruder so früh zu dir rufen?«

 

Sich in den Schatten haltend, beobachtet Jasmin ihre Herrin, die zugleich auch ihr Schützling ist. Es zerreisst ihr das Herz, sie so verzweifelt zu sehen. Doch kann sie nur zusehen und beten, dass ein Wunder geschehen wird.

Eine Bewegung zwischen den mächtigen Säulen weckt ihre Aufmerksamkeit. Sie will Kisara schon warnen, als sie den Hohepriester Shimon erkennt, der mühsam, auf einen Stock gestützt in Richtung Statue geht.

 

Kisara hört die sich nähernden Schritte. Sie atmet tief durch und richtet sich dann auf. Mit unergründlicher Miene dreht sie sich um, ist schon darauf gefasst, sich einem der Priester zu stellen. Schliesslich ist es nicht gern gesehen, wenn man die Götter zu dieser späten Stunde stört.

Sie will schon etwas sagen, als sie erkennt, wer sich ihr nähert. »Hohepriester Shimon? Ihr seid frei?« Leise Hoffnung schleicht sich in ihr Herz, als sie zu dem alten Mann geht und ihn fürsorglich stützt.

 

Dankbar lächelt Shimon Kisara an, als er mit ihrer Hilfe zu der grossen Statue des Ra geht. »Ich durfte heute Morgen die Zelle verlassen. Anscheinend glaubt der Pharao nicht mehr, dass ich ihn verraten wollte.«

Den Kopf demütig senkend legt er eine Hand auf den rechten Fuss der Statue und murmelt ein paar Worte in der uralten Sprache, die nur noch von den Priestern gesprochen wird, wenn sie mit den Göttern sprechen.

Geduldig wartet Kisara neben ihm darauf, dass er sich wieder ihr zuwendet. Auch sie hält den Kopf gesenkt und betet in Gedanken zu Ra. Hofft, dass sie so auch von ihrem Bruder gehört wird.

 

Nach einigen Minuten hebt Shimon den Kopf wieder an und wendet sich zu Kisara um. »Mein Kind, was führt dich denn zu dieser späten Stunde hierher?« Seine Stimme ist so warm wie sein Blick. »Welches Leid bedrückt deine Seele?« Er hat die Worte kaum ausgesprochen, da schlingt sie auch schon schluchzend die Arme um ihn.

Seine durch die Verhöre malträtierten Rippen schmerzen bei dem festen Griff, mit dem sie ihn umklammert. Doch er beschwert sich nicht. Im Gegenteil, er legt die Arme um sie und hält sie mit väterlichem Trost fest. »Mein Kind, was ist denn los?«

 

Schniefend löst sich Kisara von ihm. »Er verlangt von mir, dass ich ihm in einer Zeremonie vor den Göttern meine Hand verspreche. Zusammen mit Prinzessin Helena.« Verschämt wischt sie sich die Tränen von den Wangen. »Und Seto ist auch nicht da. Dabei hat er mir doch versprochen, dass er so für mich da ist, wie es mein Bruder sein wollte.«

 

»Ach, Kisara«, raunt Shimon und streichelt ihr sanft über die Wange. »Verzweifle nicht. Vertraue auf die Götter. Sie werden nicht zulassen, dass du bis an dein Lebensende unglücklich bist. Bald wird alles gut werden. Davon bin ich überzeugt.« Zu gern würde er ihr alles erzählen. Ihr sagen, dass ihr geliebter Bruder noch lebt und auf den Weg hierher ist, um sie und das Volk zu retten.

 

Kisara tritt etwas weiter zurück und setzt sich auf die Stufe vor dem grossen Podest. »Wie könnt Ihr davon nur so überzeugt sein? Es ist ja nicht nur mein Leid. Das Volk leidet! Es hungert und verdurstet! Dabei sind unsere Kornkammern und Wasserspeicher bis zum obersten Rand gefüllt! Wir könnten Nahrung und Wasser aus anderen Teilen des Reiches herschaffen lassen, aber der Pharao lässt es nicht zu! Egal, was ich und seine Berater ihm sagen, er hört uns nicht zu. Einige der Berater hat er sogar den heiligen Krokodilen opfern lassen, weil sie ihm zu sehr widersprochen haben!« Erschrocken, dass sie hier an diesem eiligen Ort die Stimme gegen den Hohepriester erhoben hat, schlägt sie sich die Hände vor den Mund. »Bitte, verzeiht mir meinen Ausbruch, Hohepriester.«

 

Lächelnd schüttelt Shimon den Kopf. Mit einem leisen Ächzen setzt er sich neben ihr auf die Stufe. »Es gibt keinen Grund, dich zu entschuldigen. Ich kann deine Verzweiflung verstehen und Ra bestimmt auch. Schliesslich kommst du seit Jahren nachts hierher und schüttest ihm dein Herz aus. Er kennt dich besser, als jeder andere und ich verspreche dir, er wird es nicht zulassen, dass du unglücklich eine Ehe eingehen wirst. Du wirst den Mann heiraten, den du liebst.«

 

Mit einem verlegenen Lächeln senkt Kisara den Blick. »Seto«, murmelt sie so leise, dass sie sicher nicht gehört werden kann. Doch als sie wieder zu Shimon sieht, kann sie in seinen Augen erkennen, dass er weiss, wem ihr Herz gehört.

Sie wird leicht rot und blickt nach vorn. »Glaubt Ihr, dass Atemu es wollen würde, dass ich auf mein Herz höre? Ich meine, es würde den Thron sichern, wenn ich … « Die Hand auf ihrem Arm lässt sie verstummen.

»Ich bin sicher! So sicher, wie ich weiss, dass er niemals dein Glück opfern würde. Darum vertraue darauf, dass alles gut werden wird, mein Kind.«

 

Zweifelnd nickt Kisara und steht wieder auf. »Kommt, Hohepriester. Ich begleite Euch zu Euren Räumen. Ihr müsst doch müde sein, nach den Tagen im Gefängnis.«

Sie hilft ihm, wieder auf die Beine zu kommen und lässt seinen Arm auch nicht los, als er sicher steht. Gemeinsam gehen sie an den Fackeln und Säulen entlang zu einer Seitentür des Tempels. Als sie diese erreichen, eilt Jasmin herbei und öffnet sie. »Prinzessin, seid Ihr sicher, dass Ihr den Hohepriester bis zu seinen Gemächern begleiten wollt?« Besorgt mustert sie Kisara die den Blick hoch erhobenen Hauptes erwidert. »Natürlich bin ich mir sicher!«, erwidert sie mit fester Stimme und geht nun mit Shimon durch die schmale Tür.

 

»Mein Kind, es ist nicht nötig, dass du mich bis zu meinen Gemächern begleitest. Ich bin zwar ein alter Mann, aber ich bin dennoch noch in der Lage allein zu gehen.« Mit einem warmen Blick löst er sich von ihr und tritt ein paar Schritte nach vorn. »Es ist in der momentanen Situation nicht gut, wenn wir zu viel zusammen gesehen werden. Mache dir keine Sorgen um mich, sondern gehe in deine Räume und ruhe dich aus. Du wirst viel Kraft brauchen, sobald Prinzessin Helena angekommen ist und das wird morgen oder übermorgen der Fall sein.«

 

Trotzig beisst sich Kisara auf die Lippen, aber dann nickt sie widerstrebend und wendet sich um. »Wie Ihr meint, Hohepriester. Doch könnt Ihr mir nicht verbieten, dass ich mir Sorgen um Euch mache. Schliesslich seid ihr neben Jasmin hier im Palast die einzige Person, der ich noch vertrauen kann. Ich will Euch nicht auch noch verlieren.« Ein Kloss bildet sich in ihrer Kehle. Sie will nicht schon wieder weinen, also rennt sie nun davon, bis sie wieder vor der Statue des Ra steht. Mit brennenden Augen sieht sie zu ihm hoch. »Bitte, lasse die Worte des Hohepriesters wahr sein«, fleht sie den Gott an, ehe sie den Blick senkt und gebeugt, wie eine alte Frau, an den leise zischenden Fackeln vorbei zum Hauptportal des Tempels geht.

 

Gefolgt von ihrer treuen Dienerin tritt sie wieder auf den grossen Platz der Tempelanlage und legt die Hand auf eine der beiden mächtigen Säulen, die mit heiligen Hieroglyphen übersäht ist. »Gute Nacht«, raunt sie in die kühle Nacht hinaus, bevor sie sich wieder dem Palast zuwendet, aus dessen ungezählten Fenstern das kalte Licht von zahlreichen Lampen die Nacht durchdringt.

 

»Jasmin, gehe bitte neben mir her.« Bittend sieh sie ihre Dienerin an, die daraufhin zu ihr aufschliesst. »Prinzessin, was bedrückt Euch? Seit Ihr mit dem Pharao gemeinsam zu Abend gegessen habt, wirkt ihr verzweifelt und unendlich traurig.« Voller Sorge mustert Jasmin ihre junge Herrin, die den Blick gesenkt hält.

»Der Pharao hat mir beim Abendessen eröffnet, dass er von mir erwartet, dass ich ihm in acht Wochen zusammen mit Prinzessin Helena aus dem römischen Grossreich vor den Göttern meine Hand verspreche. Er verlangt von mir, dass ich seine erste Gemahlin und Königin werde, dass ich ihn als Pharao bestätige und ihm einen Thronfolger reinen Blutes schenke«, erzählt Kisara und nur schon bei dem Gedanken daran, dass sie ihren Onkel …

Sie presst sich die Hand auf den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. »Jasmin, seit dem Tod meines Bruders habe ich alles gemacht, was er von mir verlangt hat, aber das … ich kann ihn doch nicht heiraten und seine Herrschaft noch weiter verlängern! Und was ist mit Seto? Er ist der Kronprinz. Müsste ich da nicht ihn ehelichen? Was soll ich nur machen? Wenn ich mich weigere, dann steckt er mich in den entferntesten Tempel des Reiches und erklärt öffentlich, dass ich nicht die Tochter meines Vaters bin und so kein Anrecht auf den Titel der Pharaonin habe.«

Jasmin weiss, dass es ihr eigentlich nicht zusteht, aber dennoch legt sie den Arm um Kisara und drückt sie tröstend an sich. »Ach, Prinzessin. Ich bin sicher, dass alles gut werden wird. Die Götter werden schon dafür sorgen. Davon bin ich überzeugt.« Sanft wischt sie ihr eine Träne von der Wange, als sich Kisara schluchzend an sie lehnt. »Ich hoffe es, Jasmin.« Sie gönnt sich noch einen weiteren Moment der Schwäche, ehe sie tief durchatmet und sich wieder aufrichtet. »Gehen wir. Ich bin müde.«

Mit weit ausgreifenden Schritten geht sie zu dem Tor, an dem jetzt zwei der Palastwachen stehen und sie aufmerksam mustern, als sie mit Jasmin an ihnen vorbeigeht.

Erst als sie ausser Hörweite der beiden Männer sind, dreht sie sich zu ihrer Dienerin um. »Seit wann stehen da nachts Wachen?« Möchte sie flüsternd von ihr wissen. Daraufhin tippt sich Jasmin nachdenklich an die Lippen. »Ich habe ein Gerücht gehört, dass im einfachen Volk herumgeht. Und zwar soll der Pharao wieder aus dem Totenreich zurückgekehrt sein, um sein Volk von der Tyrannei zu befreien.«

Mitten in der Bewegung hält Kisara inne. Ungläubig starrt sie Jasmin an. »Und du glaubst daran?«

Leicht lächelt Jasmin, als sie langsam weitergeht. »Es kommt nicht darauf an, ob ich daran glaube. Wenn das Volk daran glaubt und der Pharao dies als Bedrohung ansieht, dann macht es Sinn, dass verstärkt Wachen aufgestellt werden. Meint Ihr nicht?«

Ergeben seufzt Kisara, während sie neben Jasmin durch die hell erleuchteten Gänge geht, die in Richtung des Parks offen sind. Nur die Säulen unterbrechen die freie Sicht in den Park. Schliesslich erreichen sie eine weiss gestrichene Tür, vor der ein Sklave steht, der lediglich den traditionellen Lendenschurz trägt, obwohl die Nachtluft schon deutlich kühler geworden ist.

Er verneigt sich so tief vor ihr, dass die Narben auf seinem Rücken sichtbar werden, was Kisara leer schlucken lässt. Sie hasst es, wenn ein Sklave so hart bestraft wird, dass dauerhaft Spuren zurückbleiben.

»Worauf wartest du? Öffne uns die Tür!«, befiehlt Jasmin mit strengem Blick woraufhin der Sklave hektisch die Tür aufreisst und sich dann wieder verneigt.

Kurz senkt Kisara den Blick auf den Boden, während sie sich auf die Lippen beisst. »Es ist so ungerecht. Er konnte doch nichts dafür, dass die Suppe auf dem Boden gelandet ist«, murmelt sie vor sich hin, als sie durch die Tür ihre luxuriös ausgestatteten Gemächer betritt. Ein weicher handgeknüpfter Teppich schluckt das Geräusch ihrer Schritte, als sie zu ihrem Ankleidezimmer geht. Automatisch geht das Licht in dem Zimmer an und taucht den Raum in ein warmes Licht, das die edlen Gewänder in den offenen Schränken in ihren schönsten Farben erstrahlen lässt. Doch sie hat keinen Blick dafür, sondern geht direkt zu ihrem Schminktisch, der auf der anderen Seite des Raumes steht.

Sie bleibt vor dem Möbelstück aus hellem Holz stehen und zieht sich das Kleid aus. Achtlos lässt sie es auf den Boden fallen und steigt gleichzeitig aus ihren Sandalen. Barfuss geht sie nackt zu einem kleinen Sofa, wo wie immer eins ihrer knöchellangen Nachthemden aus feinster weisser Seide liegt.

Der Stoff ist so hauchdünn, dass er sie wie ein Hauch umspielt und die Umrisse ihres schlanken und doch mit weiblichen Kurven gesegneten Körpers als Schemen zu erkennen sind.

 

Unterdessen hat Jasmin das Kleid und die Sandalen weggeräumt und wartet geduldig darauf, dass sich ihr Schützling vor den Schminktisch setzt.

Kaum hat sich Kisara auf den weich gepolsterten Stuhl sinken lassen, greift sie zu der Bürste und lässt sie sanft durch die langen, weissblonden Haare ihrer Herrin gleiten. »Euer Haar ist so wunderschön«, raunt sie mit leiser Stimme. Als auch noch der letzte Knoten gelöst ist, legt sie die Bürste zur Seite und beginnt den für die Nacht üblichen Zopf zu flechten.

Stoisch lässt Kisara die Prozedur über sich ergehen, während sie starr in den Spiegel blickt. Ihr gehen Jasmins Worte über den zurückgekehrten Pharao nicht aus dem Kopf. Gegen ihren Willen regt sich ein leiser Hoffnungsschimmer in ihr, dass damals vielleicht doch ein Fehler gemacht worden ist. Nur warum ist ihr Bruder dann nicht früher zurückgekehrt? Nein, er muss damals gestorben sein! Niemals hätte er sein Versprechen zurückzukehren gebrochen.

Heute scheint es besonders lange zu dauern, den Zopf zu flechten. Sie will schon etwas sagen, als ihr Blick auf die Uhr fällt, die schon beinahe Mitternacht anzeigt. »Schon so spät.« Stellt sie leise fest. Unbewusst bemerkt sie, dass Jasmin mit ihrer Arbeit fertig ist und steht auf. »Gehe du auch ins Bett. Wir haben morgen einen langen Tag vor uns. Ich muss mit dem Pharao frühstücken.« Wenig begeistert verzieht sie das Gesicht, als sie nur schon daran denkt, dass sie Zeit mit ihrem Onkel verbringen muss.

Steif geht sie zu dem grossen Bett, dessen seidene Bettwäsche so hell ist, dass der Rotton des Stoffes in dem künstlichen Licht kaum erkennbar ist. Müde legt sie sich in die weichen Laken und lächelt leicht, als Jasmin die Decke über ihrem Körper zurechtlegt und ihr einen mütterlichen Kuss auf die Stirn drückt. »Schlaft gut, Prinzessin.« Lächelnd richtet sich die alte Dienerin wieder auf und tritt zurück. »Wenn etwas ist, ruft mich einfach.« Sie löscht das Licht und geht im schwachen Licht des abnehmenden Mondes durch das grosse Schlafzimmer zu ihrer Kammer. Wie immer lehnt sie die Tür nur an, als sie ihr kleines Reich betritt.

 

Kisara hat Jasmin beobachtet, als diese durch den Raum gegangen ist. Kaum ist sie allein, greift sie unters Kopfkissen und zieht einen alten roten Plüschtierdrachen hervor, der so abgegriffen ist, dass das Fell an vielen Stellen gar nicht mehr vorhanden ist. »Osis«, murmelt sie und drückt das alte Stofftier an ihre Brust, als sie die Augen schliesst und kurz darauf in einen traumlosen Schlaf fällt.

 

 

 
 

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Das war es auch schon wieder. Nun durften wir schon mal Atemus kleine Schwester kennenlernen. Sie hatte es offensichtlich auch nicht leicht und klammert sich wie er in Izusan an einen kleinen roten Stoffdrachen.

 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Geheime Pfade

Hallo zusammen und ein frohes neues Jahr

 

wir haben das Jahr 2022 erreicht und in diesem Jahr wird diese kleine Geschichte ihr Ende finden. Aber noch haben wir ein paar Kapitel vor uns.

 

Genau deswegen habe ich das nächste Kapitel für euch und wünsche euch viel Spass.

 

 
 

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Geheime Pfade

 

»Prinzessin?« Leicht berührt Jasmin die schlafende Kisara an der Schulter, woraufhin diese sich murrend die Decke über den Kopf zieht.

»Prinzessin, Ihr müsst aufstehen. Es ist Zeit«, spricht Jasmin ungerührt weiter und schlägt die Decke zurück. Als dabei der kleine rote Drache zum Vorschein kommt, kann sie sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Auch wenn es sie traurig macht, dass ihr Schützling sich nachts immer wieder an diesem einen Erinnerungsstück festhalten muss.

 

Die kühle Morgenluft lässt Kisara frösteln, woraufhin sie die Augen aufschlägt und zu ihrer Dienerin blickt. »Hast du wieder das Fenster aufgemacht?«, murmelt sie verschlafen und lässt Osis unauffällig unter dem Kopfkissen verschwinden. Niemand soll wissen, dass sie mit über sechzehn Jahren noch immer mit einem Stofftier im Arm schläft.

 

»Guten Morgen, Hoheit. Ja, ich habe das Fenster schon geöffnet. Die Luft ist herrlich erfrischend.« Gekonnt ignoriert Jasmin, dass Kisara den Drachen unter dem Kissen versteckt. »Euer Bad habe ich auch schon eingelassen.« Respektvoll tritt Jasmin zurück, als die Prinzessin aus dem Bett steigt.

»Na dann sollte ich wohl ins Bad gehen.« Seufzend zieht sich Kisara das Nachthemd aus und lässt es auf dem Bett liegen. Nackt geht sie barfuss rüber in das Badezimmer. Es ist der einzige Raum, bei dem der Boden mit schwarzem Schiefer ausgelegt ist, der sich unter ihren nackten Füssen angenehm warm anfühlt.

Mit einer Haarspange bindet sie sich den Zopf selbst hoch, ehe sie in die grosse Wanne steigt und sich mit geschlossenen Augen in das nach Rosen duftenden Wasser sinken lässt. Am liebsten würde sie die Zeit anhalten, aber viel zu schnell kommt Jasmin rein und stellt sich hinter ihr an die Wanne. Geschickt löst sie ihr den Zopf und lässt die langen Haare über den Rand hängen. »Bald werdet Ihr sie abschneiden müssen.« Das Bedauern ist trotz des Flüsterns zu hören, woraufhin Kisara die Augen öffnet und so von unten herauf ihre Dienerin beobachtet, wie diese die weissblonden Strähnen nass macht. »Ich weiss.«

Leise seufzt sie auf, als Jasmin nun das nach Honig duftende Shampoo in ihren Haaren verteilt und dabei leicht ihre Kopfhaut massiert. »Kann ich das Frühstück mit dem Pharao nicht ausfallen lassen?« Sie weiss genau, wie die Antwort lautet, aber sie muss es einfach fragen.

 

Bedauernd schüttelt Jasmin den Kopf. »Ich wünschte das wäre möglich.« Vorsichtig lässt sie das warme Wasser über die Haare und Kisaras Kopf fliessen, um das Shampoo aus den schimmernden Strähnen zu spülen.

Als auch die letzte Strähne von dem Schaum befreit ist, dreht sie das Wasser ab und greift nach dem weichen Frotteetuch. Mit massierenden Bewegungen trocknet sie die Haare so weit es geht und wickelt sie dann in ein zweites Handtuch ein, das sie wie einen Turban um Kisaras Kopf schlingt. »So, nun ab aus der Wanne mit Euch. Wir haben nicht mehr viel Zeit.« Auffordernd breitet sie ein riesiges, flauschiges Frotteetuch vor Kisara aus, woraufhin diese tief einatmend aus dem warmen Wasser steigt und die Wanne verlässt. Sofort schlingt Jasmin das Tuch um ihren nassen Körper und trocknet sie sanft ab.

 

Noch immer in das Frotteetuch gewickelt, setzt sich Kisara schliesslich im Ankleidezimmer vor den Schminktisch. Sie betrachtet sich im Spiegel, während Jasmin ihre Haare aus dem Frotteeturban befreit und es vorsichtig durchbürstet. »Was haltet Ihr von einer Hochsteckfrisur?«

Leicht nickt Kisara auf die Frage, um wortlos ihre Zustimmung zu geben, woraufhin ihre Haare in Rekordzeit in einer eleganten Frisur festgesteckt werden.

Sie hasst es, solche Frisuren zu tragen, doch das Hofprotokoll verlangt es so, wenn man mit dem Pharao speist. Kaum sitzt die Frisur, wird sie von Jasmin geschminkt Jasmin. Ihre blauen Augen und die vollen Lippen werden gekonnt unauffällig betont. Aus irgendeinem Grund ist ihre Haut von Natur aus sehr hell, sodass ihr der aufhellende Puder erspart bleibt, den die meisten Frauen am Hofe nutzen, um edler zu wirken.

Im Spiegel beobachtet sie nun, wie Jasmin die bereitgelegten Kleider holt und steht auf. Allein zieht sie sich ihre Unterwäsche an, ehe sie mit der Hilfe ihrer Dienerin sie in das seidene Unterkleid schlüpft, über dem sie zum Schluss das karmesinrote Kleid mit goldenen Aufschlägen an den Ärmeln anzieht. Der Schnitt betont ihre Figur und der Ausschnitt ermöglicht den Blick auf ihr Dekolleté, das nun jedoch zum grössten Teil von einer traditionellen Halskette bedeckt wird.

Nachdem sie auch noch in ihre Sandalen geschlüpft ist, dreht sich Kisara zu einem mannshohen Spiegel um und mustert sich. »Die perfekte Prinzessin«, murmelt sie vor sich hin, als sie die Schultern strafft. Die Halskette liegt schwer auf ihren Schultern und Nacken. Erinnert sie wie eine Fessel daran, was ihr Schicksal ist.

 

»Ihr seht wunderschön aus.« Lächelnd sieht Jasmin ihre Herrin an. »Ich begleite Euch zum Frühstück mit dem Pharao. Kann aber nicht dabei bleiben.«

 

Tief durchatmend wendet sich Kisara um. »Das ist mir bewusst. Mach dir keine Sorgen um mich. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich die Ehre habe, mit dem Pharao ein Mahl einzunehmen.« Bitter lächelt sie ihre alte Dienerin an, als sie an ihr vorbeigeht und das Ankleidezimmer verlässt.

Sofort eilt Jasmin ihr nach. Da sich in den Gemächern auf Wunsch der Prinzessin kein Sklave aufhält, öffnet sie ihr die Tür.

Leicht nickt Kisara ihr zu, als sie ihre Räume verlässt und hinaus in den Gang tritt, der jetzt vom frühen Tageslicht erhellt wird.

Wie es ihrem Stand entspricht, ignoriert sie den Sklaven, der immer noch neben der Tür steht und sich tief verneigt, als sie an ihm vorbeigeht. Hoch erhobenen Hauptes schreitet sie hoheitlich durch den Gang. Nicht einmal blickt sie einen der Sklaven oder Diener an, die geschäftig arbeiten, sich jedoch auf den Boden werfen, wenn sie an ihnen vorbeigeht. Auch Jasmin folgt ihr wieder mit dem vorgeschriebenen Abstand und obwohl sie von Leuten umgeben ist, fühlt Kisara sich unglaublich einsam, als sie die mit hohen Säulen abgestützte grosse Halle betritt, durch die sie gehen muss, um den grossen Speisesaal zu erreichen, wo der Pharao vermutlich schon auf sie wartet.

Zwischen den Säulen stehen abwechselnd grosse Pflanzen und die Statuen des Horus, den der Pharao für seine Herrschaft als Hauptgott auserkoren hat.

Je mehr sie sich der grossen, doppelflügeligen Tür nähert, desto grösser wird ihr Wunsch, sich umzudrehen und den Palast zu verlassen.

Vor der geschlossenen Tür bleibt sie stehen, bis die beiden Wachen diese öffnen. Noch einmal strafft sie sich, bevor sie den hell erleuchteten Speisesaal betritt. Das Licht der Morgensonne fällt durch die deckenhohen Fenster herein, dennoch tauchen auch unzählige Lampen den Saal in ein kühles Licht. Es gibt kaum einen sichtbaren Schatten, in dem sich jemand verbergen könnte. Dazu die Wachen, die in ihren weissen Uniformen in regelmässigen Abständen an den Wänden stehen und sie regungslos beobachten, wie sie auf die mit Speisen überladene Tafel zugeht. Vor dem Tisch bleibt sie stehen und verneigt sich tief. »Ich wünsche Euch einen von den Göttern gesegneten guten Morgen, Pharao Nesut-anch-Horus. Ich danke Euch für die Ehre, mit Euch zu speisen.« So gebeugt bleibt sie stehen und wartet darauf, dass er ihr erlaubt, sich zu erheben.

 

Der Pharao mustert sie genau und greift nach seinem Weinglas. Den Moment geniessend, seine Nichte in dieser demütigen Haltung zu sehen, trinkt er genüsslich einen Schluck, von dem tiefroten Wein. »Erhebt Euch, Prinzessin. Setzt Euch neben mich«, befiehlt er mit kaltem Blick, in dem aber auch ein lüsterner Schimmer liegt.

 

Kisara beisst sich kurz auf die Lippen, ehe sie sich endlich wieder aufrichtet. »Sehr gütig von Euch, mein Pharao«, murmelt sie und setzt sich neben ihrem Onkel hin.

»So bin ich nun mal, Prinzessin.« Besitzergreifend tätschelt er mit seiner vom Alter gezeichneten Hand ihren Oberschenkel. Mehr nimmt er sich zu Kisaras Erleichterung nicht heraus, sondern klatscht nun in die Hände, woraufhin gleich vier Sklaven auf sie zueilen. Ohne einen Befehl abzuwarten, halten sie ihnen die mit Speisen überladenen Platten entgegen. »Bedient Euch, Prinzessin.« Verlangt Akunadin, während er nur auf einzelne Speisen deutet, die ihm dann auf den Teller gelegt werden.

 

Kisara senkt kurz den Blick, ehe sie sich selbst Brot, Fleisch und Früchte nimmt. »Ich nehme einen Tee«, informiert sie den Sklaven zu ihrer Rechten und schon taucht vor ihr eine Tasse mit duftendem Früchtetee auf.

Nachdem sie einen Schluck getrunken hat, beginnt sie ohne grossen Appetit zu essen.

 

»Ich habe gehört, dass Ihr gestern Nacht im Ra-Tempel gewesen seid. Meint Ihr nicht, dass es ein falsches Bild vermittelt, wenn Ihr zu Ra betet und nicht zu Horus?« Akunadins Stimme ist so kalt, dass Kisara unwillkürlich ein unangenehmer Schauer über den Rücken läuft. Mit ausdrucksloser Miene blickt sie in das Gesicht ihres inzwischen einundsechzig jährigen Onkels. »Mein Pharao, ich bete zu jedem Gott im Tempel. Als Prinzessin und zukünftige Königin ist es schliesslich meine Aufgabe, allen Göttern zu huldigen.«

 

Leicht verengt Akunadin die Augen. Grob packt er ihr Kinn und zieht ihr Gesicht näher zu dem Seinen. »Vielleicht, aber ich will nicht, dass Ihr zu nächtlicher Stunde zu Ra betet.«

 

Unwillkürlich schluckt Kisara. Ihr Herz schlägt vor Angst unwillkürlich schneller, dennoch sieht sie fest in die Augen des grauhaarigen Pharaos. »Ich bete zu Ra, wann ich es für richtig halte. Gestern erschien es mir richtig, ihn als letzten Gott aufzusuchen, bevor ich mich zur Nachtruhe begebe.«

Ihr Kinn wird so ruckartig losgelassen, dass es sich beinahe wie ein Schlag anfühlt. Innerlich zittert sie, als sie sich mit leerem Blick wieder ihrem Frühstück zuwendet.

Sie will ihm den Triumph, sie eingeschüchtert zu haben, nicht gönnen und zwingt sich dazu, sich so zu verhalten, als wäre nichts passiert.

 

»Prinzessin Helena wird heute im Laufe des Nachmittags mit ihren beiden Sklaven und ihrem Leibwächter eintreffen. Ihr werdet sie mit mir zusammen willkommen heissen und ihr dann ihre Gemächer zeigen.« Akunadins Stimme zerschneidet die eisige Stille, die zwischen ihnen immer herrscht, wenn er ihr nicht gerade etwas befiehlt.

 

»Ich habe verstanden, mein Pharao. Ich werde da sein, wenn sie ankommt«, erwidert sie mit ausdrucksloser Stimme. Sie hat keinen Hunger und ihre Kehle ist wie zugeschnürt, dennoch zwingt sie sich, zumindest ihren Teller zu leeren und den Tee zu trinken. Endlich ist auch die letzte Dattel runtergewürgt. »Mein Pharao, bitte erlaubt mir zu gehen. Es gibt vor der Ankunft der Prinzessin noch viel zu erledigen und ich will sicher sein, dass ihre Gemächer perfekt hergerichtet sind.«

 

Missbilligend runzelt Akunadin die Stirn. »Ich habe das Gefühl, dass Ihr mir aus dem Weg geht, Prinzessin!« Er mustert sie lange. Wie sie so neben ihm sitzt und den Inbegriff der Perfektion darstellt, juckt es ihn in den Fingern, genau diese Perfektion ins Wanken zu bringen. Doch für den Moment beherrscht er sich. »Dann geht und kommt Euren Pflichten nach!« Ruckartig hebt er die Hand und deutet in Richtung Doppeltür.

 

Nur mit Mühe kann Kisara sich beherrschen, als sie erleichtert aufsteht und sich tief vor dem Pharao verneigt. »Vielen Dank für Eure Grosszügigkeit.« Sie hasst es jeden Tag mehr, sich so vor ihm zu erniedrigen. Es dauert wieder eine Ewigkeit, bis er ihr endlich bedeutet, dass sie sich aufrichten und den Saal verlassen kann.

Mit ruhigen Schritten, so wie es von ihr erwartet wird, verlässt sie den Saal und wäre Jasmin am liebsten um den Hals gefallen, als diese im Gang auf sie zutritt und sich mit einem warmen Lächeln vor ihr verneigt.

»Jasmin, komm. Wir haben viel zu tun, bis Prinzessin Helena eintrifft.« Sie weiss genau, dass ihre Dienerin ihr folgt, weshalb sie sich nicht nach ihr umsieht, als sie nun mit weit ausgreifenden Schritten an den Säulen entlang geht. »Sie soll die die Gemächer neben den meinen bekommen.«

 

Mit gesenktem Blick eilt Jasmin ihrer Herrin nach. »Natürlich. Gibt es etwas, was wir speziell beachten müssen?« Ruckartig bleibt sie stehen, als die Prinzessin vor ihr anhält. »Sie hat zwei Sklaven dabei und ihren Leibwächter. Er soll die Räume neben ihr beziehen. Ich weiss nicht, ob ihre Sklaven männlich oder weiblich sind. Lasse also zur Sicherheit beide Nebenzimmer in ihren Räumen herrichten.« Mit steifen Schritten geht sie weiter. Die Sonne steht inzwischen hoch genug, dass die Säulen in dem offenen Gang, der zu ihren Gemächern führt, Schatten auf den Boden und gegen die Wand werfen. Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen, als sie daran denkt, wie sie als Kind hier mit ihrem Bruder gespielt hat. Wie sie sich vorgestellt hat, dass sie nicht auf die Schatten treten darf und er … Sofort zwingt sie ihr Gedanken wieder ins Hier und Jetzt.

 

Kaum hat sie ihre Gemächer betreten, geht sie auf den Balkon, der den Blick auf einen grossen, von Mauern umgebenen Park freigibt, der wie der Tempel zum Palastbereich gehört. Darauf vertrauend, dass Jasmin ihre Anweisungen ausführt, erlaubt sie es sich, jetzt, mitten am Tag, schwach zu sein. Wie früher setzt sie sich auf das Geländer des Balkons und zieht die Beine an. Mit beiden Armen umschlingt sie die Knie und legt den Kopf auf ihnen ab. »Seto, wo seid Ihr nur? Ich weiss nicht mehr weiter«, murmelt sie erstickt. Sie vergräbt das Gesicht in den Armen, dreht dann aber den Kopf zur Seite, blickt in den Park hinaus, der Jenseits der Schatten des Palastes im Licht der Sonne zu erstrahlen scheint.

 

Jenseits eben dieser Parkmauern, stehen drei Männer in den Schatten eines Gebäudes und blicken an ihnen hoch. »Wie sollen wir da rein kommen? Die Wachen sind mehr als nur verdoppelt worden!«, zischt Seto Atemu und dem Leutnant zu. »Soll ich vielleicht einfach rein spazieren? Mein Vater wäre sicher erfreut, mich zu sehen.«

 

Die Augen verdrehend schüttelt Atemu den Kopf. »Das könnt Ihr ja gern probieren. Nur sollten wir darauf warten, dass die Prinzessin und die anderen ankommen. Bis dahin können wir uns ja weiter umsehen und der Leutnant kann sich unauffällig umhören. Ich wüsste schon gern, was uns erwartet, bevor wir uns offenbaren.« Nachdenklich mustert er die Mauern und da kommt ihm eine Idee. »Es gibt vielleicht einen Eingang, der nicht bewacht wird.«

Ruckartig dreht er sich um und tritt weiter in die Schatten zurück, als ein paar Wachen auf den Zinnen auftauchen und sich umsehen.

Schweigend warten sie ab, bis die Soldaten weiter gegangen sind. Gereizt reibt sich Seto die Nasenwurzel. »Ich bin der Prinz und verhalte mich wie ein Dieb, der sich in den Schatten versteckt. Das ist so unwürdig! Wir sollten zusammen mit der Prinzessin in den Palast gehen und meinen Vater vom Thron stossen!« Mit blitzenden Augen ballt er die Hände zu Fäusten. »Ich bin schon viel zu lange weg!«

 

Karim, der bis jetzt geschwiegen hat, seufzt laut auf. »Das könnt Ihr gern machen, mein Prinz. Jedoch ist da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Ihr sofort festgenommen und eingesperrt werdet.« Ernst blickt er auf sein vibrierendes Handy. »Mein Kontakt hat mir gerade geschrieben, dass der Hohepriester freigelassen worden ist, jedoch noch streng überwacht wird. Ausserdem darf er den Tempelbezirk nicht verlassen.«

 

Erleichtert lässt sich Seto für einen Moment gegen die Wand sinken. »Den Göttern sei Dank. Wenigstens eine gute Nachricht«, murmelt er und strafft sich wieder. »Also, Hoheit, wo ist dieser Eingang, von dem Ihr gesprochen habt?« Fragend und zugleich auffordernd sieht er Atemu an, der auch erleichtert lächelt, nun jedoch wieder ernst wird. »Folgt mir.« Fordert er die beiden auf und zieht sich weiter in die Schatten zurück. Penibel achtet er darauf, dass sie vom Palast aus nicht gesehen werden können, als er durch die schmalen Gassen eilt. Immer wieder bleibt er stehen und wartet darauf, dass die anderen beiden zu ihm aufschliessen.

»Wo wollt Ihr hin?«, raunt Seto ihm bei einem dieser Stopps zu. Entfernen sie sich doch immer mehr vom Palast und der Tempelanlage.

 

Grinsend deutet Atemu auf einen Felsen beim Nilufer. »Da müssen wir hin.« Er sieht sich aufmerksam um, da sie ab jetzt keinen Schutz mehr zwischen den Häusern finden können. Anders, als in Alexandria leben in Theben auf dieser Nilseite nur Mitglieder der Oberschicht und des Tempels. Die Häuser sind nicht nur in einem guten Zustand, sondern auch gepflegt.

Als sie sich jedoch weiter dem Nil nähern, können sie auf der anderen Seite des Ufers sehen, dass auch hier die Häuser des einfachen Volkes in einem schlechten Zustand sind. Nicht so schlecht, wie in Alexandria, aber doch deutlich baufälliger, als Atemu sie in Erinnerung hat.

»In der Nacht war gar nicht zu erkennen, wie schlimm es auch hier aussieht«, murmelt er wütend über den deutlich sichtbaren Zerfall. »Wir werden viel zu tun haben, wenn wir den amtierenden Pharao vom Thron gestossen haben.«

Karim blickt zu den Häusern rüber. »Ich hoffe, dass Ihr es schaffen werdet.« Er spricht nur im Flüsterton und sieht sich immer wieder aufmerksam um, während sie über den freien Platz gehen. Es sind keine hundert Meter, die sie überwinden müssen, aber die Strecke kommt ihm vor, als wäre sie kilometerlang.

Endlich erreichen sie den Schatten der Felsen, zu denen Atemu wollte. Er sieht sich aufmerksam um und geht dann um sie herum, bis sie auf die Überreste eines alten Gebäudes stossen, das wohl einst eine Art Bootshaus oder etwas anderes in der Art gewesen ist. Die Wellen des Nils schlagen um ihre Knöchel, als sie in das Wasser steigen und in die Ruine vordringen.

 

Genervt, weil er schon wieder nasse Füsse bekommt, verdreht Seto die Augen. »Was soll das? Hier ist nichts! Schon gar kein Zugang zum Palast!« Unwillig stapft er durch das Wasser und registriert vor lauter Frust gar nicht, als das leise Plätschern aufhört und sie auf relativ trockenem Grund weitergehen.

 

Leise lacht Atemu auf. »Genau auf diesen Trugschluss hoffe ich. Ich habe diesen Zugang zum Palast als Kind entdeckt und habe ihn immer benutzt, wenn ich mal für ein paar Stunden einfach nur ich selbst sein und mich unters Volk mischen wollte.« Immer weiter führt er seine Begleiter in die Dunkelheit, bis sie an eine alte verwitterte Holztür kommen. Mit Mühe zieht er sie auf. »Die Scharniere müssten mal wieder geölt werden«, murrt er vor sich hin, als er den ganzen Rost bemerkt. Endlich ist sie offen und Karim leuchtet mit seiner Handytaschenlampe in den Gang. Ein paar Stufen führen etwas nach oben, bis zu einer Öffnung. »Wir müssten da durchkriechen.« Stellt er zweifelnd fest, woraufhin Atemu ernst nickt. »Ja, das müssen wir, aber nicht allzu weit, dann können wir mehr oder weniger aufrecht gehen. Das ist ein alter Fluchtweg, der im grossen Park des Palastes im Geräteschuppen endet.« Vorsichtig steigt er die nassen Stufen nach oben und kriecht durch die Öffnung. Es dauert nicht lange, bis er wieder zurück kommt. »Wir brauchen Taschenlampen. Die Lampen, die ich damals hier gelassen habe, funktionieren nicht mehr.«

 

Karim kann es kaum glauben, dass so ein Zugang zum Palastbereich so unbewacht und vergessen existiert. »Ähm … kein Problem. Bis heute Abend habe ich welche besorgt.« Nervös blickt er sich um, als er aus der Ferne Stimmen hört, die sich nähern.

Angespannt stehen sie nun in dem dämmrigen Licht und lauschen auf die Stimmen, die sich nach ein paar Minuten wieder entfernen.

Erleichtert atmet Atemu auf. »Ich würde sagen, dass es besser wäre, wenn Prinz Seto und ich hier bleiben. So minimieren wir das Risiko, dass wir entdeckt werden.«

 

Geschockt starrt Seto Atemu an. »Das ist jetzt nicht Euer Ernst! Wir sollen hier im Dunkeln stundenlang ausharren und nasse Füsse bekommen? Das unzumutbar!« Trotzig verschränkt er die Arme vor der Brust und fixiert seinen Cousin der leise seufzt.

»Wenn wir uns auf die Stufen setzen, bekommen wir keine nassen Füsse. Ja, es ist dunkel, aber je mehr wir beide draussen rumlaufen, desto grösser ist die Gefahr, dass wir entdeckt werden. Leutnant Razik kann draussen auf die Ankunft Helenas warten und er wird uns sicher auch Essen und Trinken bringen. Wobei das Nilwasser hier noch so sauber ist, dass wir es ohne Probleme trinken könnten.«

 

»Die Stufen sind nass, falls Ihr das noch nicht bemerkt habt!« Vielsagend deutet Seto auf die nass glänzenden Stufen.

 

Genervt verdreht Atemu die Augen. »Setzen wir uns halt schon mal in den Gang. Da ist es trocken, allerdings aber auch dunkler. Es gibt wirklich schlimmeres, als eine Weile hier auszuharren.« Demonstrativ setzt er sich auf die oberste Stufe, die etwas weniger nass ist, als die anderen beiden Stufen. Dennoch dringt die Feuchtigkeit durch den Stoff seiner Hose. »Leutnant, ich vertraue darauf, dass Ihr es schafft, uns Taschenlampen und Nahrung zu besorgen.«

 

Sofort verneigt sich Karim vor ihm. »Natürlich vertraut darauf, dass ich in spätestens einer Stunde mit allem wieder hier bin.« Er verneigt sich auch kurz vor Seto, ehe er sich umwendet und davongeht. Schon nach ein paar Sekunden hören sie, wie er durch das Wasser watet und sehen ihn dann als Schemen beim Eingang, ehe er aus ihrem Sichtfeld verschwindet.

 
 

***
 

 
 

Es ist später Nachmittag, als Kisara den Thronsaal betritt und sich neben dem Pharao auf ihren Platz setzt. Sie hat sich umgezogen und trägt nun ein Kleid aus weisser Seide. An den Ärmeln, um den Ausschnitt herum und an Saum wird das schlichte Design durch Borten aus ägyptisch blauer Seide veredelt. Dazu trägt sie ein goldenes Diadem, das mit Diamanten besetzt ist und stilistisch zu der Kette passt, die sie extra für die Ankunft der Prinzessin angelegt hat.

 

Gespannt sitzt sie da und blickt über anwesenden Minister und Priester hinweg. Hofft, dass sie Hohepriester Shimon entdeckt, aber er ist nicht anwesend. »Wo ist Hohepriester Shimon? Sollte er als höchster Priester nicht anwesend sein?«, fragt sie den Pharao leise, der gefährlich die Augen verengt. »Er ist zwar nicht mehr in unserem Kerker, aber er ist auf den Tempelbereich beschränkt, bis ich mir wirklich sicher bin, dass er nur zum Wohl meines Reiches gehandelt hat, als er illegal ins römische Grossreich gereist ist.« Seine Stimme ist leise, aber so kalt, dass es ihr eisig den Rücken hinab läuft. »Verstehe«, murmelt Kisara und blickt nach vorn als nun die Prinzessin und ihr Leibwächter angekündigt werden.

 

Helena will nicht. Sie will da nicht rein. Dennoch strafft sie sich und macht einen Schritt nach dem anderen. In den Augenwinkeln sieht sie Minister und Priester stehen, die sie beobachten. Nur auf einen Fehler zu warten scheinen.

Nur die Gewissheit, dass Mario drei Schritte hinter ihr ist, beruhigt ihre Nerven, gibt ihr die Sicherheit, sich weiter dem alten Mann auf dem Thron zu nähern, der sie mit seinen Blicken zu durchbohren scheint.

Schliesslich steht sie vor dem Thron und verneigt sich tief vor ihm. »Pharao Nesut-anch-Horus, ich grüsse Euch mit grösstem Respekt.

 

Akunadin mustert die Prinzessin mit einem lüsternen Blick. «Erhebt Euch, Prinzessin Helena des römischen Grossreiches. Es ist mir eine Freude, Euch als meine zukünftige zweite Gemahlin hier an meinem Hof begrüssen zu dürfen.«

 

Innerlich zuckt Helena zusammen, als sie die Worte hört. Mit versteinerter Miene richtet sie sich auf und sieht wieder zu den beiden Personen vor ihr. »Ich fühle mich geehrt und freue mich darauf, Euch meine Hand zu versprechen.«

Erst jetzt sieht sie zu der blonden Schönheit neben dem alten Pharao. Zum ersten Mal sieht sie Prinzessin Kisara und ist schockiert, wie alt ihr Blick wirkt, obwohl sie doch beide im selben Alter sind.

 

»Wie ich sehe, habt Ihr meine Nichte bemerkt. Sie wird mir mit Euch zusammen die Hand versprechen und meine erste Gemahlin und Königin werden.« Mit einem zufriedenen Grinsen deutet er auf Kisara. »Sie wird Euch auch in unseren Gebräuchen und Regeln unterweisen. Sie wird Euch die Zeremonie erklären und Euch unseren Glauben beibringen. Sodass Ihr in acht Wochen bereit sein werdet.«

 

Leicht neigt Kisara nun den Kopf. »Es wird mir eine Freude und Ehre sein, Euch zu unterweisen, Prinzessin Helena.« Schüchtern lächelt sie Helena nun an. »Ihr seid sicher von der langen Reise erschöpft. Wenn Ihr möchtet, zeige ich Euch die Gemächer, die wir für Euch vorbereitet haben.«

 

Noch bevor Helena antworten kann, räuspert sich Akunadin. »Das hört sich nach einem guten Vorschlag an. Ruht Euch aus. Ich erwarte Euch dann morgen nach dem traditionellen Morgengebet mit meiner Nichte zusammen beim Frühstück.«

 

Erleichtert, dass sie die Nähe ihres Onkels nicht weiter ertragen muss, steht Kisara auf und geht auf Helena zu. »Folgt mir, bitte.« Freundlich lächelnd deutet sie zur Tür, durch die Helena gerade erst gekommen ist.

»Sehr gern. Ich bin wirklich erschöpft.« Froh, dass sie sich dem Pharao nicht länger stellen muss, nickt Helena Kisara kaum merklich zu und folgt ihr dann an den Ministern vorbei wieder aus dem Thronsaal. Vor der Tür warten Kimi und Anna mit Toshi und dem Gepäck auf sie, woraufhin Kisara erstaunt die Augenbrauen hebt. »Ich wusste nicht, dass noch ein Kleinkind mit Euch reist.«

Ertappt nickt Helena. »Ja, sie ist Annas Tochter. Sie bleibt auch bei ihr.«

Kisara tritt näher an die Sklaven ran und mustert sie genauer. »Kann ich verstehen. Sie ist in einem guten Zustand, da würde ich sie auch bei ihrer Mutter lassen. Ich werde noch eine Wiege in das Zimmer der Sklavin stellen lassen.«

 

Anna, die kein Wort versteht, sieht unsicher zwischen den beiden Frauen hin und her. Auch Kimi, der bis jetzt immer geglaubt hatte, dass er alles verstehen kann, steht nur ratlos da und sieht hilfesuchend zu Mario der nun zu den beiden tritt und ihnen erklärt, was die beiden Prinzessinnen gesagt haben und wer Kisara ist.

Sofort werden die beiden blass und werfen sich vor Kisara auf den Boden. »Bitte, verzeiht uns unsere Respektlosigkeit«, keucht Kimi und wagt es nicht, Kisara anzusehen.

 

Überrascht sieht Kisara die beiden Sklaven an, die nun ängstlich vor ihr auf dem Boden kauern. »Ihr habt mich nicht verstanden«, stellt sie fest und legt ihnen die Hände auf die Schultern. »Steht auf. Euch droht keine Strafe«, befiehlt sie den beiden mit sanfter Stimme in der allgemeinen Sprache, die jeder mehr oder weniger beherrscht.

 

Zögernd stehen Anna und Kimi wieder auf, vermeiden es jetzt aber, die Prinzessin anzusehen. Angespannt warten sie nun darauf, was als nächstes passieren wird, woraufhin Kisara leise seufzt. »Prinzessin, wollen wir zu Euren Gemächern gehen?« Möchte sie mit leiser Stimme wissen, woraufhin Helena nickt. »Sehr gern. Ich war noch nie hier und würde mich vermutlich verlaufen.«

 

»Da wärt Ihr nicht die Erste«, schmunzelt Kisara und geht los. Schweigend führt sie Kisara zu der hellen Tür, die zu ihren Gemächern gehört. »Die dunkle Tür da drüben gehört zu den Räumen Eures Leibwächters.« Sie deutet auf die entsprechende Tür und nickt dann dem Sklaven zu, der nun hektisch die Tür für sie öffnet. »Bitte tretet ein«, fordert sie Helena auf, die daraufhin ihre Gemächer betritt und sich umsieht. »Es ist sehr schön«, sagt sie, während ihr Blick über die helle Einrichtung gleitet. »Wo sind die Räume für meine Sklaven?«

Kisara, die Helena genau beobachtet hat geht nun zu dem hinteren Teil der Gemächer und öffnet selbst eine der beiden Türen. »Hier drüben. Wir haben sicherheitshalber beide Räume vorbereitet, als wir erfahren haben, dass Ihr mit zwei Sklaven anreist.«

 

Helena bedeutet Kimi und Anna, dass sie sich zurückziehen können. Kaum sind die beiden in ihren Zimmern verschwunden, lässt sich Helena auf eine der Chaiselongues sinken und atmet tief durch. »Prinzessin, ich weiss, es hört sich seltsam an, aber wisst Ihr, was aus Hohepriester Shimon Shimon geworden ist? Geht es ihm gut?« Mit grossen Augen sieht sie Kisara an, die sich neben ihr auf das weise Polster sinken lässt. »Nenne mich bitte Kisara. Wir sind doch schliesslich vom gleichen Stand und teilen das gleiche Schicksal«, bittet sie mit leiser Stimme. »Dem Hohepriester geht es soweit gut. Er ist im Tempelbereich, darf ihn aber nicht verlassen. Darum war er bei deinem Eintreffen nicht da.«

 

Erleichtert schliesst Helena die Augen. »Gott sei dank, geht es ihm gut.« Leicht lächelt sie Kisara an. »Dann musst du mich aber auch Helena nennen. Mein Leibwächter heisst Mario di Modena.« Ihr Blick wird nachdenklich. »Darf ich dir etwas sagen? Ich will den Pharao nicht heiraten. Der Gedanke widert mich an.«

Ein leises Lachen lässt sie zu Kisara blicken. »Was ist daran so lustig?«

Sofort wird Kisara wieder ernst. »Es ist nicht lustig. Nur mir geht es genauso. Ich will ihn auch nicht heiraten. Darum bete ich jeden Abend zu Ra, dass er ein Wunder geschehen lässt und mich von dieser Bürde befreit.« Sie senkt den Blick auf ihre im Schoss verschränkten Hände.

Vorsichtig, da sie nicht weiss, ob sie zu weit geht, legt Helena ihre Hand auf Kisaras. »Ich weiss zwar nicht, warum du zu Ra betest und nicht zu Horus, wie es nach meinem Wissensstand eigentlich üblich ist, aber ich weiss eins. Deine Gebete werden erhört werden. Du und ich müssen nur noch ein wenig durchhalten.« Lange sieht Kisara auf ihre Hände. »Mein Bruder hat Ra als seinen Throngott bestimmt. Darum bete ich zu Ra. Weil ich hoffe, dass ich dann auch ihn erreiche, obwohl er schon lange tot ist.«

 

Helena beisst sich auf die Lippen. Sie will Kisara sagen, dass ihr Bruder noch lebt und auf den Weg hierher ist, aber wie soll sie das machen? Sie kennen einander doch gar nicht wirklich. »Ich bin sicher, dass du ihn wiedersehen wirst«, sagt sie schliesslich leise.

 

Nachsichtig lächelt Kisara und sieht Helena wieder an. »Daran glaube ich auch.« Tief durchatmend steht sie auf. »Ich lasse dich jetzt allein. Wenn etwas ist, meine Gemächer sind direkt neben deinen.«

 
 

***
 

 
 

Die Sonne geht schon unter, als Karim zum dritten Mal an diesem Tag die Ruine betritt und mit der Taschenlampe in die Dunkelheit leuchtet. Langsam watet er durchs Wasser und atmet auf, als er den relativ trockenen Boden erreicht. Leise quietschen seine nassen Schuhe, als er weitergeht, bis er die nur angelehnte Tür erreicht. Tief durchatmend öffnet er sie und zieht sie dann hinter sich wieder zu. Vorsichtig steigt er die nassen Stufen nach oben und zwängt sich dann durch die Öffnung. Er muss etwa zehn Meter weit kriechen, bis er den Lichtkegel erblickt, der zweimal kurz hintereinander aufleuchtet. Als Antwort lässt er seine Taschenlampe dreimal aufleuchten, bevor er weiterkriecht. Schliesslich kann er sich aufrichten und steht den beiden Hoheiten gegenüber. »Die Prinzessin aus dem römischen Grossreich hat vor drei Stunden mit ihrem Gefolge den Palast betreten und auch schon ihre Gemächer bezogen.«

 

Knapp nickt Atemu zu den Worten. »Wie wir es erwartet haben. Dann lasst uns jetzt in den Palast gehen und schauen, was uns da erwartet.« Kurz umfasst er seinen Anhänger und denkt an seinen Sharik und Grossvater, ehe er sich umwendet und den Weg mit der Taschenlampe ausleuchtet. »Passt auf, hier liegen überall Steine rum«, warnt er Seto und Karim, als sie langsam dem niedrigen Gang in Richtung Palast folgen. Immer wieder müssen sie den Kopf einziehen, wenn die Decke besonders niedrig wird. An einigen Stellen können sie noch die Reste von alten Zeichnungen erkennen, doch meistens ist der Putz abgeplatzt und nur der nackte Fels ist zu sehen.

»Was das wohl mal für ein Gang gewesen ist?« Fragt sich Seto laut, als den Lichtstrahl seiner Taschenlampe über eine halbwegs unversehrte Wandmalerei gleiten lässt, die den Gott Seth darstellt.

 

»Ich weiss es nicht. Ich habe in den Unterlagen nichts über diesen Geheimgang gefunden, als ich mal in den Archiven die alten Baupläne des Palastes angesehen habe. Allerdings sind die Pläne auch nicht komplett. Vor allem aus der Zeit des ersten Palastes ist nur wenig erhalten.«

Nachdenklich mustert Seto die Wandmalerei. »Sollte ich mal Pharao werden, auch wenn das mehr als unwahrscheinlich ist, dann wähle ich Seth als meinen Gott aus«, murmelt er undeutlich vor sich hin, ehe er sich abwendet und weitergeht.

Als der Tunnel nur ein paar Meter weiter eine scharfe Biegung nach rechts macht, bleibt er stehen. »Wie weit ist es noch?«, fragend dreht er sich zu Atemu um, der neben ihn tritt und in den Gang leuchtet. »Vielleicht fünfzig Meter. Wir sollten ab jetzt zur Sicherheit nichts mehr reden. Wer weiss, wie tief wir unter der Erde sind«, flüstert er seinen beiden Begleitern zu und geht dann weiter. Immer wieder leuchtet er die Wände ab und richtet den Strahl der Taschenlampe immer wieder nach oben. »Hier ist es«, ruft er leise und winkt die anderen beiden zu sich. In der Wand sind grob geschlagene Stufen zu erkennen und über sich sehen sie die Holzbalken einer Klappe. »Hoffen wir, dass nichts draufsteht«, murmelt Atemu und steigt die Stufen nach oben. Er drückt gegen die Klappe und mit einigem Kraftaufwand gelingt es ihm, sie zu öffnen. Es rumpelt etwas, als irgendwas von der Klappe rutscht und sie halten gespannt den Atem an. Als sich aber keine Schritte nähern und es auch sonst ruhig bleibt, öffnet Atemu die Klappe ganz und steigt vorsichtig durch die Luke. In der Hocke rutscht er zur Seite und hilft dann Seto und Karim nach oben. Sie sind in einer Art altem Stall, in dem vielleicht früher mal Ziegen gehalten worden waren. Angespannt lauschen sie in die Stille und schliessen die Luke erst, als es weiter ruhig bleibt.

Vorsichtig schleichen sie dann zur Tür des Schuppens und öffnen sie einen Spalt breit. Die Nacht ist hereingebrochen und der Park liegt im Dunkeln. Der Mond ist nur noch eine schmale Sichel und spendet kaum noch Licht, was ihnen zugute kommt, als sie aus dem Schuppen schlüpfen und geduckt zur Mauer rennen. Dort sind die Schatten noch dunkler und sie atmen auf, als mit diesen verschmelzen können.

Lange sehen sie sich an und verständigen sich stumm, dass sie sich weiter im Schatten der Mauer halten werden. Langsam schleichen sie in den Schatten weiter in Richtung Palast. Immer wieder müssen sie stehenbleiben, wenn die Wachen über ihnen auf der Mauer entlang gehen.

Langsam nähern sie sich so den Mauern des Palastgebäudes.

»Wie weiter?«, flüstert Seto, als sie vor einer einfachen Tür stehen bleiben. »Das ist der Sklaveneingang. Den nutzen wir«, raunt Atemu zurück und öffnet vorsichtig die Tür. Ein schwach erleuchteter Gang erstreckt sich vor ihnen. Sie warten angespannt, bis die Wachen über ihnen wieder weg sind und schlüpfen dann hinein. So leise wie möglich schliesst Atemu die Tür wieder und atmet auf. »Hier sind wir relativ sicher. Die Wachen und Bediensteten kommen so gut wie nie in diesen Bereich des Palastes. Hier sind nur Sklaven unterwegs.«

Dennoch sieht er sich aufmerksam um, als sie weitergehen und da stossen sie auf den ersten Sklaven. Der bleibt erschrocken stehen und starrt sie an. Es dauert einen Moment, aber dann sinkt er vor ihnen auf die Knie und legt die Stirn auf die Fliesen. »Pharao Nesut-anch-Ra. Ihr lebt! Die Götter haben Erbarmen gezeigt.« Leise und doch eilig geht Atemu zu dem Sklaven und zieht ihn auf die Beine. »Alex, du weisst doch, dass du nicht so auf dem Boden knien sollst. Das tut deinen Gelenken nicht gut.« Sanft lächelt er den alten Sklaven an, der heftig den Kopf schüttelt. »Mein Pharao, Ihr seid von den Toten auferstanden. Da ist es nur das Mindeste, dass ich mich vor Euch auf den Boden werfe.« Seine Stimme ist heiser und er hat Tränen in den Augen.

Leicht schüttelt Atemu den Kopf. »Ich bin nicht auferstanden. Ich war in einem fernen Reich und konnte nicht früher zurückkommen. Noch darf niemand wissen, dass Prinz Seto und ich wieder hier sind. Bitte sorge dafür, dass es ein Geheimnis bleibt.«

 

Eifrig nickt Alex. »Natürlich, Hoheit. Keiner von uns hat je Eure Güte vergessen. Selbst die Sklaven, die erst nach dem tragischen Unglück zu uns gestossen sind, wissen durch uns davon, wie gütig Ihr immer zu uns Sklaven gewesen seid. Also macht Euch keine Sorgen, wir werden schweigen. Hier seid Ihr vor Entdeckung sicher.«

»Danke, Alex. Kannst du mir sagen, wo die Gemächer meiner Schwester und von Prinzessin Helena sind? Und wo mein Onkel seine Räume hat?«

Heftig nickt Alex. »Ja, das kann ich. Die Prinzessin hat Eure Gemächer bezogen, nachdem Ihr verstorben seid und Prinzessin Helena hat mit ihren Sklaven die Gemächer neben den ihren bezogen. Ihr Leibwächter ist in den Räumen daneben untergebracht. Euer Onkel hingegen hat die alten Gemächer Eures Vaters bezogen und sie aufwendig renoviert.«

Als Atemu das hört, verengt er leicht die Augen. »Er lebt in den … « Er bricht ab und atmet tief durch, als er das ängstliche Gesicht von Alex bemerkt. »Keine Sorge. Es ist alles in Ordnung.« Er tritt zurück und sieht Seto ernst an. »Wir müssen mit Kisara und Helena reden. Am besten auch mit Mario, Anna und Kimi.« Nun blickte er zu Leutnant Razik. »Könnt Ihr herausfinden, welche Wachen auf unserer Seite stehen würden? Ich will meinen Onkel nach Möglichkeit ohne Blutvergiessen vom Thron stossen.«

Karim nickte ernst. »Kein Problem. Ich werde zu meinem Kontakt gehen und mit ihm reden.«

»Gut, dann geht.« Kaum hat Atemu das gesagt, eilt der Leutnant davon.

»Und wir nutzen jetzt die nächsten Geheimgänge, um zu Kisara zu kommen.« Er grinst breit, als er das ungläubige Gesicht Setos sieht. »Folge mir einfach.« Mit bemüht ruhigen Schritten geht er in eine andere Richtung als Karim und führt Seto zu einer Wand am Ende des Ganges.

»Eine Frage, warum hast du den Sklaven nach den Gemächern Kisaras und des amtierenden Pharaos gefragt? Das hätte ich dir auch sagen können.«

Leicht senkt Atemu den Blick. »Ich weiss, aber es ist wichtig, dass wir die Sklaven mit einbeziehen. Denn auch wenn wir einen Teil der Palastwachen und Priester auf unserer Seite haben, so brauchen wir doch auch die Unterstützung der niedersten Stände hier im Palast.«

Seto schüttelt den Kopf. »Man merkt, dass du nicht nur als Kind immer bei den Sklaven gewesen bist, sondern eine Weile lang auch selbst einer von ihnen warst.«

 

Leicht zuckt Atemu mit den Schultern und beginnt nun die Wand abzutasten. »Kann gut sein. Es hat mir jedenfalls nicht geschadet. Es ist wichtig, dass auch der Pharao weiss, wie es den Sklaven geht. Sie haben ihre Augen und Ohren überall. Ich kann das nicht oft genug wiederholen.«

 

»Ich habe es schon beim ersten Mal kapiert. Sag mal, was suchst du? Die Wand ist … « Ihm klappt der Kiefer runter, als die Wand zur Seite schwenkt.

 

»Ja? Sag bloss, du hast auch das nicht gewusst.« Zwinkert Atemu ihm zu und tritt in den dunklen Gang. Er schaltet die Taschenlampe ein und leuchtet in die Dunkelheit. »Kommst du?« Fragend sieht er über die Schulter zu Seto, der ergeben seufzt und nun auch durch die Geheimtür geht. «Wie machen wir sie zu?« Will er spöttisch wissen, als sie sich auch schon wieder schliesst. »Warum frage ich auch«, murrt er und leuchtet mit seiner Taschenlampe nun auch in die Dunkelheit. »Geht dieser Geheimgang durch den ganzen Palast?«

 

Ratlos zuckt Atemu mit den Schultern, während er gleichzeitig losläuft. »Das weiss ich nicht. Ich habe es nie geschafft, diese Geheimgänge komplett zu erforschen. »Ich weiss aber, dass dieser Gang mehr oder weniger direkt zu meinen alten Gemächern führt oder besser gesagt an ihnen vorbei. Ich vermute, dass früher die Bediensteten durch diese Gänge zu ihren Dienstherren gelangt sind.«

»Und da wir schon seit Jahrzehnten die Bediensteten durch die Hauptgänge gehen lassen, wurden diese Gänge nicht mehr benötigt und sind somit vergessen worden«, spricht Seto die unausgesprochene Erklärung aus, während sie durch die Dunkelheit gehen.

 

Atemu verzichtet darauf, zu antworten. Schweigend geht er weiter, bis er vor einer Art steinernen Tür stehen bleibt. Nervös streckt er die Hand aus und drückt dagegen.

 

 
 

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So, das war es auch schon wieder. Atemus und Kisaras Wiedersehen steht kurz davor. Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

Wiedersehen und heilige Versprechen

Hallo zusammen,

 

es ist wieder Samstag und somit Zeit für ein neues Kapitel. Ich sage nun nicht mehr dazu, sondern lasse euch mit Atemu und Seto allein.
 

 

 

 

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Wiedersehen und heilige Versprechen

 

 

Lautlos öffnet sich die Tür. Je weiter sie sich öffnet, desto grösser wird der Lichtstrahl, der zu ihnen in den Gang dringt. »Geh du zuerst. Ich … sie hält mich für tot.« Leise tritt Atemu zur Seite und macht so Seto genug Platz, damit dieser an ihm vorbeigehen kann.

Dieser sieht ihn ernst an. »Ich erkläre es ihr«, raunt er ihm zu und tritt dann durch den Spalt. Er braucht einen Moment, um sich zu orientieren, dann erkennt er, dass er im Ankleidezimmer in einer Nische neben den Schränken steht. Aufmerksam sieht er sich um und entdeckt Jasmin, die mit dem Rücken zu ihm steht und Kleider aufhängt. »Jasmin«, ruft er ihr mit gedämpfter Stimme zu, als er aus der Nische tritt.

 

Erschrocken wirbelt Jasmin herum und presst sich die Hände gegen die Brust. »Kronprinz Nesut!« Atemlos sinkt sie auf die Knie und verbeugt sich so tief, bis ihre Stirn den Boden berührt.

 

Seto stockt, als er die Worte hört. Es scheint ewig her zu sein, dass er so genannt worden ist. Langsam geht er zu ihr und legt ihr die Hand auf die Schulter. »Erhebe dich. Du musst dich vor mir nicht mehr so tief verbeugen. Ich bin nur noch Prinz Seto.«

Verwirrt blickt Jasmin auf, während sie sich lässt von ihm hochziehen lässt. »Aber, Hoheit. Wie meint Ihr das? Ihr seid der Kronprinz.«

Sanft dirigiert Seto sie zu dem Schminktisch und drückt sie da mit sanftem Zwang auf den Stuhl. »Setz dich und dann hör mir zu. Es ist ein Wunder passiert.« Ernst sieht er die alte Frau an, die ihn mit grossen Augen mustert. »Wie meint ihr das, Hoheit? Was für ein Wunder? Habt Ihr einen Weg gefunden, die Prinzessin vor der Hochzeit zu bewahren?«

 

Mit einem leichten Lächeln schüttelt Seto den Kopf. »Keinen Weg. Eine Person. Ich bin mit Hohepriester Shimon ins japanische Grossreich gereist und da haben wir in einem kleinen Stoffladen unseren Pharao Nesut-anch-Ra gefunden. Er lebt, Jasmin.«

 

Sprachlos presst sich Jasmin die Fäuste gegen den Mund. Ungläubig starrt sie Seto an. »Der Pharao? Er lebt? Wie ist das möglich? Wo war er all die Jahre?«

 

Leise hat Atemu den Raum betreten und kommt nun langsam näher. »Ich habe den Flugzeugabsturz schwer verletzt überlebt. Allerdings habe ich mein Gedächtnis verloren. Erst vor ein paar Monaten habe ich mich wieder daran erinnert, wer ich einst gewesen bin.«  Leicht lächelt er Jasmin an, die ihn ansieht, als wäre er ein Geist. Zitternd steht sie auf und nähert sich ihm. Jede Regel missachtend, streckt sie die Hände aus legt sie ihm auf die Wangen. »Warm und weich. Ihr seid real und kein Geist«, stösst sie tonlos hervor. Als würde sie sich plötzlich daran erinnern, dass er der Pharao ist, sinkt sie vor ihm auf die Knie. Ergreift seine Hände und küsst sie. »Mein Pharao, wir haben immer dafür gebetet, dass Ihr noch lebt. Dass Ihr irgendwo da draussen seid und eines Tages wieder zurückkehren werdet.« Immer wieder schluchzt sie auf und krallt sich dabei an Atemus Händen fest.

 

Geduldig steht Atemu da und lässt es zu, dass sie ihn anfasst und ihm die Hände küsst. »Jasmin, ich freue mich zu sehen, dass du noch immer an der Seite meiner Schwester bist«, raunt er ihr zu. Als plötzlich ein Keuchen erklingt, hebt er den Blick und sieht in der Tür eine wunderschöne junge Frau stehen, die sich am Türrahmen festhalten muss.

Vorsichtig löst er sich aus Jasmins Griff und geht auf sie zu. »Kisara«, raunt er ihr mit Tränen in den Augen zu. Schuldgefühle schlagen über ihm zusammen, als er in ihre viel zu alten Augen sieht. Die unterdrückte Verzweiflung und den Schmerz darin erkennt.

Er hat Angst … Angst sie zu berühren … Angst, dass sie ihn von sich stösst. Langsam hebt er die Hand und hält sie ihr hin. »Kisara«, raunt er noch einmal und dann passiert es. Kaum hat sie ihn berührt wirft sie sich ihm an den Hals und klammert sich wie eine Ertrinkende an ihm fest. »Atemu«, schluchzt sie auf und hält sich so sehr an ihm fest, dass er kaum Luft bekommt. Doch er beschwert sich nicht. Im Gegenteil, er legt die Arme um sie und drückt sie an sich. »Ich bin wieder da«, haucht er in ihre blonden Haare und wiegt sie sanft hin und her, obwohl ein Teil von ihm bei dem engen Körperkontakt vor unterdrückter Panik erzittert.

 

Glücklich muss Jasmin die Tränen zurückhalten, als sie sieht, wie sich die beiden Geschwister in den Armen liegen. »Ra sei Dank. Endlich gibt es Hoffnung.« Sich die Hand auf den Mund pressend, blickt sie zu Seto, der ihr die Hand auf die Schulter legt. »Ja, es gibt Hoffnung.« Stimmt er ihr zu, den Blick nicht von Atemu und Kisara abwendend. »Das Schwierigste wird aber noch kommen. Wir müssen meinen Vater vom Thron entfernen und das ohne, dass Unschuldige darunter leiden müssen.«

 

Widerwillig löst sich Atemu von Kisara und sieht sie mit einem warmen Lächeln an. »Du bist so gross geworden. In meiner Erinnerung bist du immer noch das freche kleine Mädchen, dem ich damals meinen grössten Schatz anvertraut habe.«

Schniefend wischt sich Kisara mit dem Handrücken über die Augen. »Wo warst du? Warum hast du mich allein gelassen?« Vorwurfsvoll sieht sie ihn an und schlingt dann wieder die Arme um ihn. Sie will auf ihn wütend sein, aber dafür ist sie viel zu froh, dass er wieder da ist.

 

Atemu lächelt leicht, auch wenn ein Teil von ihm mit dem ganzen Körperkontakt überfordert ist, schlingt auch er wieder die Arme um sie. »Es tut mir so leid. Ich erkläre es dir im Wohnzimmer. Komm, gehen wir uns hinsetzen«, raunt er ihr ins Ohr und führt sie, sie fest im Arm haltend, aus dem Ankleidezimmer hinaus. Er muss sich kurz orientieren, aber dann hat er die Sofaecke mit den drei cremefarbenen Chaiselongues entdeckt. Gefolgt von Jasmin und Seto geht er mit ihr da hin und setzt sich auf die Mittlere der drei Sitzgelegenheiten. Da Kisara ihn gar nicht loslassen will, nimmt er sie kurzerhand auf den Schoss. »Ach, Kleines«, murmelt er und streicht ihr über das lange Haar.

 

Mit geschlossenen Augen lehnt sich Kisara an ihn und geniesst es einfach nur, dass er sie hält und wie damals durch ihr Haar streicht. Doch dann hält sie es nicht mehr länger aus, ihre Neugier ist einfach zu gross. Langsam löst sie sich etwas von ihm und sieht ihn mit vom Weinen roten Augen ernst an. »Nun erzähl schon. Was ist passiert? Warum hat Akunadin behauptet, dass du tot bist? Wo warst du?«

 

Tief seufzt Atemu auf. »Mein Flugzeug ist über der Wüste von Raketen abgeschossen worden. Ich habe wie durch ein Wunder überlebt, aber ich habe bei dem Absturz mein Gedächtnis verloren«, erzählt er mit leiser Stimme. »Sklavenhändler haben mich gefunden und versklavt. Das Brandmal, das sie mir damals eingebrannt haben, ist der Beweis.«

Geschockt schlägt Kisara die Hand vor den Mund. »Aber, sie müssen dich doch erkannt haben! Selbst wenn du dein Gedächtnis verloren hast, du hast doch noch die Insignien gehabt, die deinen Status zeigen!«

Als Atemu schweigt, sieht sie zu Seto, der auf der rechten Chaiselongue sitzt. Ernst erwidert er ihren Blick. »Sie haben ihn sicher erkannt. Sonst hätten sie sicher anders gehandelt. Kisara, sie sind von meinem Vater geschickt worden, um Überlebende zu töten. Stattdessen waren sie gierig und haben ihn stattdessen versklavt und verkauft«, erklärt er mit bitterer Stimme.

»Aber warum?«, ruft Kisara aus. »Was hat er Akunadin denn getan, dass er ihm so etwas antut? Schliesslich ist er … .« Mitten im Satz bricht sie ab und starrt vor sich hin. »Der Thron. Er wollte den Thron haben«, beantwortet sie sich die Frage selbst.

 

Mit einem bitteren Zug um die Mundwinkel nickt Seto. »Ja, es ging ihm immer nur um den Thron. Ich habe es schon gewusst, dass er den Thron will, als Atemu zum Pharao gesalbt wurde, aber ich hätte mir damals nie vorstellen können, dass er so weit gehen würde.«

 

Atemu schluckt leer und nickt. »Ich habe es damals auch relativ schnell festgestellt, dass er es auf den Thron abgesehen hat. Nur ich habe mir auch nie vorstellen können, zu was er im Stande ist. Ich gebe es ehrlich zu, dass ich sogar vermute, dass er am Tod meines Vaters nicht so ganz unschuldig ist. Nur beweisen werden wir es nie können.«

 

Ungläubig schüttelt Kisara immer wieder den Kopf. »Er ist ein Arsch und ein Ekel. Ich hasse ihn, aber ich kann es mir kaum vorstellen, dass er … « Sie beisst sich auf die Lippen und sieht wieder zu ihrem Bruder. »Was ist dann passiert? Wieso wurdest du nie erkannt?«

 

Unschlüssig, wie viel er ihr erzählen kann, beisst sich Atemu auf die Lippen, dann fasst er sich ein Herz. »Sie haben mich zu einem Hafen in Kapstadt gebracht, wo nur Schiffe des einfachen Volkes anlegen und mich dort an einen anderen Händler verkauft, der Sklaven auf einem Schiff ausser Landes bringt. So bin ich ins japanische Grossreich gekommen. Auf einem Sklavenmarkt bin ich dann an meinen ersten Besitzer verkauft worden. Er hat mir einen neuen Namen gegeben und … mich als Sklave ausgebildet.« Er hält inne und sieht Kisara und Jasmin aufmerksam an. Fragt sich, wie viel er ihnen erzählen soll. »Ich hatte in den nächsten fünf Jahren mehrere Besitzer und dann … dann kam Yugi. Er hat mich auf dem Sklavenmarkt in Domino gesehen und gekauft. Ich war am Ende. Ich wollte nicht mehr, aber er und Sugoroku haben mich gerettet. Sie haben mich in ihre Familie aufgenommen. Mich wie einen Menschen behandelt. Zum ersten Mal, seit ich mich erinnern konnte, wurde ich gut behandelt. Konnte ich ich selbst sein.« Ein sanftes Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. »Sie wurden zu meiner Familie. Sugoroku wurde für mich wie ein Grossvater. Ich nenne ihn auch so und Yugi … ich habe mich in ihn verliebt. Er ist mein Sharik.« Unbewusst greift er an den Anhänger unter seinem Shirt. »Auf jeden Fall habe ich bei ihnen langsam mein Gedächtnis zurückbekommen, bis ich mich dann eines Tages daran erinnern konnte, wer ich einst gewesen war. Nur … ich war noch kein Jahr bei ihnen und … laut Gesetz können Sklaven erst von ihren Besitzern freigelassen werden, wenn sie mindestens zwei Jahre ihnen gehören. Ich dachte, dass du in Sicherheit bist. Ja, ich wollte wissen, wie es dir ergangen ist, aber ich habe mir gesagt, dass du ja nicht allein bist und ich wusste, dass Yugi mich so früh wie möglich freilassen würde. Ich hatte mir vorgenommen, mich dann bei dir zu melden oder wenigstens zu versuchen herauszufinden, wie es dir geht. Als Angehöriger des einfachen Volkes hat man nur sehr wenige Möglichkeiten, an Informationen aus den anderen Reichen zu kommen.«

 

Mit vor Schock geweiteten Augen sieht Kisara ihren Bruder an. »Ich … ich nehme an, dass du mir sehr viel von dem was du erdulden musstest, verschweigst. Es ist aber gut, dass du jemanden gefunden hast. Wie kommt es, dass du jetzt hier bist? Bist du noch ein Sklave?« Sie greift nach seiner Hand und drückt sie, während sie ihn voller Sorge und auch mit Angst um ihn mustert.

 

Lächelnd schüttelt Atemu den Kopf. »Dank Shimon und seinen Kontakten bin ich ein freier Mann. Er und Seto haben es irgendwie geschafft, einen der zuständigen Beamten zu bestechen, dass er meine Akten fälscht, sodass Yugi behaupten konnte, dass ich schon 2 Jahre ihm gehöre. Ich habe sogar einen eigenen Ausweis. Ich heisse mit bürgerlichem Namen Yami Atemu Muto.«

Sanft schiebt er Kisara von seinem Schoss und steht auf. Mit einem schiefen Grinsen dreht er ihr den Rücken zu und zieht sich das Shirt über den Kopf.

 

Mit weit aufgerissenen Augen sieht Kisara auf die sich überlagernden Brandzeichen auf seinem Schulterblatt. Mit weichen Knien steht sie auf und fährt mit zitternden Fingern über die Narben. »Es tut mir so leid.«

 

Atemu muss sich auf die Lippen beissen, um nicht zusammen zu zucken oder der Berührung auszuweichen. Doch dann hält er es nicht mehr aus. Er tritt einen Schritt nach vorn, unterbricht den Kontakt und zieht sich dann mit fahrigen Bewegungen das Shirt wieder an.

Um Beherrschung ringend, schliesst er die Augen und atmet tief durch. Erst, als er das Gefühl hat, dass er sich wieder unter Kontrolle hat, dreht er sich zu Kisara um und greift nach ihren Händen. »Es ist nicht deine Schuld. Es muss dir nicht leidtun.« Warm lächelt er sie an und atmet dann noch einmal tief durch. »Jetzt bin ich hier und als erstes sorgen wir dafür, dass du vor Akunadin sicher bist und auch Prinzessin Helena.« Als er Kisaras ungläubigen Blick sieht, grinst er schief. »Nur dank ihr sind Seto und ich jetzt hier. Sie war unglaublich mutig, als sie uns erst im römischen Grossreich aus dem Palast geschmuggelt hat und dann hat sie uns auf ihrer Jacht bis nach Alexandria geschmuggelt.«

 

Kisara steht der Mund offen. Sie denkt an ihr Gespräch mit Helena und jetzt wird ihr so langsam klar, warum die Prinzessin so sicher in ihrer Überzeugung gewirkt hat. »Verstehe. Was hast du vor?« Fragend sieht sie Atemu an der ihren Blick ernst erwidert. »Kisara, was fühlst du für Seto? Sei vollkommen ehrlich zu mir, das ist wichtig.«

 

Bei der Frage wird Kisara rot und sie senkt verlegen den Blick. »Ich … will ihn immer an meiner Seite haben. Er hat mir die Kraft gegeben, durchzuhalten und nie aufzugeben, selbst wenn ich nicht mehr ein noch aus wusste.« Sie spricht so leise, dass Atemu sie kaum verstehen kann, aber er erahnt ihre Worte. »Würdest … du ihm deine Hand versprechen? Mit ihm an deiner Seite gemeinsam herrschen, falls mir etwas passieren sollte?« Möchte er mit liebevoller Stimme wissen.

 

Ruckartig reisst Kisara den Kopf hoch. Sie starrt erst Atemu, dann Seto an, der leicht lächelt. »Es wäre mir eine Ehre, wenn du mich als deinen Gemahl erwählen würdest.«

Sprachlos sieht Kisara immer wieder zwischen Atemu und Seto hin und her. Mehrmals öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber es kommt kein Ton heraus. Schliesslich nickt sie einfach nur mit Tränen in den Augen.

 

Nun sieht Seto zu Jasmin. »Ist es dir möglich, den Hohepriester Shimon heimlich herzubringen? Ausserdem sollten Helena und die anderen erfahren, dass wir hier sind. Sie sollen herkommen.« Mit tränenfeuchten Augen nickt Jasmin. »Das schaffe ich. Ich bin gleich mit ihm zurück.« Ihren einfachen Rock raffend, eilt sie aus den Gemächern, um die Befehle auszuführen. »Und wenn du einen Leutnant Karim Razik triffst, er gehört zu uns«, ruft er ihr noch hinterher, bevor sie die Tür hinter sich schliesst.

Atemu schmunzelt leicht und wendet sich dann wieder Kisara zu. »Wie ist es dir ergangen?« Möchte er mit sanfter Stimme von ihr wissen.

Daraufhin senkt sie den Blick auf ihre Hände. »Kaum war Akunadin auf dem Thron, hat er mich mit Setos Bruder ins Tempelinternat nach Piramesse geschickt. Es war hart, aber ich hatte wenigstens Jasmin auch im Internat die ganze Zeit bei mir und ich habe Osis mitgenommen.« Sie sieht Atemu leicht lächelnd an. »Mokuba ist mir in der Zeit ein lieber Freund geworden. Er ist für mich beinahe wie ein Bruder. Er ist immer noch im Internat. Es geht ihm gut. Ich habe erst heute nach dem Mittagessen mit ihm telefoniert«, sagt sie mit einem Blick zu Seto der erleichtert aufatmet. Auch wenn er es nie gezeigt hat, so hat er sich die ganze Zeit über Sorgen um seinen kleinen Bruder gemacht. »Danke«, raunt er Kisara zu und setzt sich mit ihr und Atemu auf die mittlere Chaiselongue.

 

Leicht nickt sie ihm zu. »Keine Ursache. Auch wenn ich nicht wusste, warum du und der Hohepriester plötzlich verschwunden seid, habe ich mir schon gedacht, dass es wichtig sein muss.« Sie sitzt zwischen ihnen und ergreift nun von ihnen beiden die Hände. »Vor zwei Jahren hat mich Akunadin wieder in den Palast geholt, damit mich die Priester hier im Tempel weiter ausbilden. Hohepriester Shimon und Seto haben mir in den letzten beiden Jahren viel beigebracht und auf mich aufgepasst. Der Hohepriester ist schon fast wie ein Vater für mich und Seto … «, mit roten Wangen sieht sie zu ihm. »… Er ist mein Vertrauter, mein Freund, mein sicherer Hafen, während Jasmin für mich eine mütterliche Vertraute ist.«

Aufmerksam hört Atemu ihr zu und liest zwischen den Zeilen. Hört die Worte, die sie nicht ausspricht und es bricht ihm das Herz. »Es erleichtert mich, dass du sie die ganze Zeit an deiner Seite hattest.« Warm lächelnd streichelt er über ihre Wange.

»Ja, sie hat mir von Amara Amina erzählt und dass sie für dich wie eine Mutter gewesen ist, bis dein Vater sie aus dem Reich verstossen hat. Es tut mir so leid, dass du …« Als sie seinen -ich weiss etwas, was du nicht weisst- Gesichtsausdruck sieht, bricht sie ab. »Sag bloss, du hast sie gefunden? Wie geht es ihr?«

 

Nun seufzt Atemu laut. »Ich habe sie nicht gefunden und doch habe ich sie gefunden.« Der verwirrte Gesichtsausdruck der beiden lässt ihn trotz allem leicht schmunzeln. »Das Schicksal wollte es, dass Tante Amina den gleichen Weg gegangen ist, wie ich. Nur als freie Person. Sie ist bei den Mutos gelandet und hat Grossvater geheiratet. Doch sie ist tot. Ich war ein paar Mal an ihrem Grab und konnte so mit ihr reden. Grossvater hat mir viel von ihrem gemeinsamen Leben erzählt.« Sein Lächeln wird sehnsüchtig und traurig, als er daran denkt, wie Grossvater und auch Yugi ihm von der Zeit mit Tante Amina erzählt haben.

Aufkeuchend wird er aus seinen Gedanken gerissen, als er plötzlich von zwei Armen umschlungen und in eine Atem raubende Umarmung gezogen wird. »Kisara«, murmelt er und hält sie sanft fest. »Ich bin glücklich, dass ich erfahren habe, was aus ihr geworden ist. Dass sie glücklich gewesen ist und eine Familie gehabt hat.«

Leise schnieft sie in sein Ohr. »Das ist es nicht allein. Ich … hatte es trotz allem gut. Hatte immer genug zu essen und ein warmes Zuhause. Doch du, du bist durch die Hölle. Auch wenn du es nicht sagst, so sehe ich es in deinen Augen und ich bin nicht blind. Ich sehe, wie die Sklaven behandelt werden, wenn sie erzogen werden und ich weiss, wie schlimm sie von vielen behandelt werden.«

 

»Ach, Kleines«, raunt Atemu und streichelt ihr über den Rücken. »Wir haben beide viel durchgemacht. Es hat uns aber nicht zerstört, sondern gestärkt und weiser gemacht.«

 

Ein Räuspern lässt ihn zur Tür blicken. »Prinzessin Helena.« Er löst sich von Kisara und steht auf. Leicht neigt er den Kopf und muss dann einen Ausfallschritt nach hinten machen, als Kimi ihn so stürmisch umarmt, dass er sonst gestürzt wäre. »Kimi, wir waren doch nur ein paar Tage getrennt«, murmelt er, erwidert aber die Umarmung, obwohl es ihm inzwischen wirklich zu viel ist. Diese Nähe ist anstrengend für ihn und er merkt, wie die altbekannte Panik immer vehementer aus ihrem Versteck ausbrechen will.

Sanft, aber bestimmt, schiebt er den jungen Sklaven von sich und dreht sich wieder zu Kisara um. »Das ist Kimi. Er ist ein Sklave vom Hof des Kaisers. Er ist ein guter Junge und uns treu ergeben. Darum habe ich Seto gebeten, ihn Hadrian abzukaufen. Er gehört zu uns.« Sanft drückt er Kimis Schulter, der mit hochrotem Kopf dasteht und es nicht wagt, Kisara anzusehen. »Sie kennt meinen Namen«, murmelt er undeutlich.

 

Toshi kennt da keine Scheu, sie quengelt so lange rum, bis Anna sie auf den Boden setzt. Kaum ist sie auf dem Boden, krabbelt sie zu Seto und streckt ihm strahlend ihre Ärmchen entgegen. Vor Freude quietscht sie los, als sie von ihm hochgehoben wird und tatscht dann lachend gegen seine Wangen.

 

Dies lässt Kisara leise auflachen. »Kann es sein, dass sie dich als Papa ansieht?« Sie muss ihn einfach necken, ist das Bild, das sich ihr hier bietet, einfach zu niedlich.

Seto will ihr schon widersprechen, als Atemu die Hand hebt. »Wehe, du widersprichst ihr jetzt. Du hast dich die ganze Zeit über wie ein sorgender Vater verhalten.« Streng sieht er seinen Cousin an, als dieser Toshi mit dem Rücken zu sich auf seinen Schoss setzt. »Warum sollte ich widersprechen, wenn mein Pharao eine Aussage trifft«, erwidert Seto mit einem leichten Blitzen in den Augen. »Nun verrate mir aber, was hast du vor? Warum sollten die Prinzessin und ihr Leibwächter herkommen?«

 

Statt einer Antwort wendet sich Atemu zur Prinzessin und di Modena um. »Liebt ihr beide euch? Wollt ihr den Rest eures Lebens miteinander verbringen?«

Unsicher sieht Helena zu Mario. »Ich weiss nicht, wie es ihm geht, aber ich möchte es. Er ist der Einzige, dem ich wirklich blind vertrauen kann. Der immer für mich da ist.«

Mit einem warmen Lächeln erwidert er ihren Blick. »Du bist noch so jung und doch schon eine so unglaubliche Frau. Ja, ich möchte es auch. Nur wüsste ich nicht, wie das möglich sein soll.« Sanft legt er den Arm um sie und zieht sie leicht zu sich ran. »Ich habe mir nie vorstellen können, dass ich jemals so für jemanden empfinden kann.«

 

Zufrieden nickt Atemu. »Gut, dann ist das ja geklärt. Ihr werdet noch in dieser Nacht einander in der heiligen Zeremonie die Hand versprechen. Nur ihr beide könnt diese Verbindung dann noch lösen. Sobald Helene grossjährig ist, könnt ihr beide dann heiraten.« Jetzt sieht er Kisara und Seto. »Ihr beide werdet euch heute Nacht auch die Hand versprechen. Dann kannst du mit ihm zusammen offiziell den Thron einfordern, wenn mir bei der Stürzung Akunadins etwas passieren sollte.«

 

Heftig schüttelt Kisara den Kopf. »Rede nicht so! Dir wird nichts passieren!« Sie umfasst seine Hände in einem schon beinahe schmerzhaften Griff. »Ich werde Seto meine Hand versprechen, aber nicht deswegen, sondern weil ich ihn liebe!«

 
 

***
 

 

In seinem Gemach sitzt Shimon auf dem einzigen Stuhl am Tisch. In der Hand hält er ein Bild von einer wunderschönen Frau, die mit einem verschmitzten Lächeln in die Kamera blickt. »Sie hat dein Lächeln«, murmelt er und streichelt leicht über die Abbildung von Kisaras Mutter. »Warum musstest du damals nur von den Göttern geholt werden, als du das Zeichen … « Ein Klopfen lässt ihn herumfahren und das Bild in eine versteckte Nische schieben. »Herein!« Hoch aufgerichtet stellt er sich neben den Tisch und beobachtet, wie sich die Tür langsam öffnet. »Jasmin? Was machst du denn hier?«, ruft er überrascht aus, als er die alte Dienerin erkennt.

 

Respektvoll neigt Jasmin den Kopf. »Hohepriester Shimon, ich bin hier, weil die Prinzessin Euch zu sehen wünscht.« Sie richtet sich wieder auf und sieht ihn mit einem glücklichen Lächeln an. »Eure Freunde sind angekommen.« Verschwörerisch zwinkert sie ihm zu, woraufhin er scharf die Luft einzieht.

»Sie haben es so weit geschafft?« Erleichtert atmet er auf, doch sein Blick ist ernst. »Ich kann hier nicht einfach so weg. Ich bin zwar nicht mehr im Kerker, aber ich bin auf den Tempelbereich beschränkt. Ich darf ihn nicht verlassen.«

 

»Das lasst mal meine Sorge sein. Wir schaffen es schon, Euch zur Prinzessin zu bringen. Schliesslich bin ich Jasmin.« Sie greift nach dem Umhang, den er immer trägt, wenn er sich auf den Weg durch die Wüste zu den anderen Tempeln macht. »Anziehen und dann mitkommen!« Kein Widerwort zulassend, legt sie ihm den Umhang um die Schultern und zieht ihm die Kapuze über den Kopf.

 

Shimon ist viel zu überrumpelt, als dass er Jasmin in ihre Schranken weisen könnte. Schon beinahe willenlos lässt er sich von ihr aus dem Zimmer ziehen. »Mein Stock!«, ruft er aus, als sie im Gang vor der Tür stehen.

»Der Stock bleibt hier. An dem würdet Ihr doch sofort erkannt werden!« Die Augen verdrehend stützt sie ihn, als sie ihn an den kleinen Götterstatuen vorbeiführt, die in Nischen stehend, ihren Weg zu verfolgen scheinen.

Ergeben stützt sich Shimon auf Jasmin. »Dir ist hoffentlich bewusst, was du für ein Risiko eingehst«, flüstert er ihr zu, als sie das Gebäude verlassen und auf den grossen Platz hinaus treten. Deutlich kann er die beiden Wachen am Tor erkennen, die nur darauf zu warten scheinen, dass er sich an ihnen vorbeischleichen will.

Innerlich strafft er sich und bereitet sich darauf vor, ihnen irgendeine Geschichte zu erzählen, um Jasmin zu schützen. Doch zu seiner Überraschung gehen sie nicht zu dem Tor, sondern biegen nach links in den Weg zwischen zwei Tempeln ein. Das schwache Mondlicht kommt hier nicht hin und es stehen auch keine Fackeln oder Lampen in der Nähe, die diesen schmalen Weg erleuchten könnten.

Auf einmal biegen sie nach rechts in einen anderen Pfad ein, der noch schmaler und dunkler ist. »Wo führst du mich hin?« Er wagt es nicht, die Worte lauter als einen Hauch auszusprechen und als Antwort erhält er nur ein Kopfschütteln.

Er will schon stehen bleiben und nach einer Antwort verlangen, als vor ihnen eine unauffällige Tür geöffnet wird. »Alex?«, murmelt er fragend und ist doch nicht überrascht, den Sklaven zu sehen, der schon Atemus Vater treu gedient hatte.

Tief verbeugt sich Alex vor ihnen, als sie an ihm vorbeigehen und den Palastbereich betreten. »Ja, Hohepriester und nun folgt mir, bitte. Ich bringe Euch und Jasmin sicher zu den Gemächern der Prinzessin.«

Shimon kann ihm nur zunicken, dass er einverstanden ist, ehe sich Alex umwendet und vor ihnen durch den Flur geht. »Hier war ich schon ewig nicht mehr«, murmelt Shimon vor sich hin, als sie durch die ungeschmückten und kaum erhellten Gänge laufen, an deren Existenz er sich kaum noch erinnern kann.

Schmunzelnd sieht Alex kurz zu ihm. »Hier sind nur die Sklaven unterwegs, Hohepriester. Wir nehmen sie, um schnell und ungesehen von einem Teil des Palastes in den anderen zu kommen. Nur Pharao Nesut-anch-Ra benutzt diese Gänge auch gern, wenn er nicht gerade die Geheimgänge nutzt.«

 

»Der Pharao?« Geschockt, dass ein Sohn der Götter sich so weit herablässt, diesen Teil des Palastes auch nur zu betreten, bleibt Shimon unwillkürlich stehen. »Warum sollte er sich so weit herablassen?« Seine Stimme ist schärfer als sonst, als er den Sklaven vor sich mit den Blicken durchbohrt.

 

Alex bleibt ebenfalls stehen und dreht sich zu ihnen um. »Von Euch hätte ich diese Worte nun nicht erwartet. Der Pharao hat zusammen mit seinem Kindermädchen viel Zeit hier unten verbracht und uns geholfen, bis Amina aus dem Land geworfen worden ist. Danach war er nur noch selten hier unten. Er sagte mal, dass er nur so selten hier ist, um uns zu schützen.« Er wendet sich wieder nach vorn und geht nun eine Treppe nach oben, bis er auf einem Absatz vor einer Tür stehen bleibt. Leise öffnet er sie und späht in den hell erleuchteten Flur hinaus. »Die Luft ist rein.« Mit einem beinahe zufriedenen Blick winkt er ihnen zu, dass sie ihm durch die Tür folgen sollen, als er ins Licht hinaustritt.

 

Sich weiter auf Jasmin stützend betritt Shimon den vertrauten Flur, der zu den Gemächern der Prinzessin führt. »Tut mir leid. Ich vergesse gern, wie Amara Amina ihn erzogen hat.« Er versucht sich an der Entschuldigung, obwohl Alex nur ein Sklave ist. Doch dieser schüttelt den Kopf. »Ihr müsst Euch nicht bei mir entschuldigen. Sorgt einfach dafür, dass wieder Gerechtigkeit in dieses Land kommt. Dem einfachen Volk geht es so schlecht, dass meine Brüder und Schwestern da draussen kaum noch überleben können.« Sein Blick wird dunkel vor Sorge. »Auch wenn Pharao Nesut-anch-Horus ein Tyrann ist, so haben wir es hier im Palast noch verhältnismässig gut, was unsere Versorgung angeht, aber das wisst Ihr ja, Hohepriester.« Alex flüstert inzwischen nur noch und späht vor jeder Abbiegung erst um die Ecke, ob die Luft auch rein ist, ehe sie weitergehen.

 

Besorgt mustert Jasmin immer wieder Shimon, der sich immer schwerer auf ihr Abstützt und inzwischen ziemlich stark nach Atem ringt. »Wir haben es gleich geschafft«, flüstert sie ihm zu, während sie sich immer mehr dem Quartier der Prinzessin nähern.

Auf einmal hören sie Schritte und Stimmen hinter sich, die langsam näher kommen. »Wachen!«, zischt Alex und packt Shimon auf der anderen Seite. Gemeinsam tragen sie den alten Mann mehr, als dass dieser selbst läuft, den Flur entlang.

Als sie ins Blickfeld des Sklaven kommen, der vor Kisaras Gemächern steht, öffnet dieser sofort die Tür und lässt sie eintreten, kurz bevor die beiden Wachen um die Ecke biegen. Erleichtert atmen die Drei auf. »Verdammt, nur eine Sekunde später und sie hätten uns gesehen.« Keucht Jasmin ausser Atem.

Auf einmal klopft es an der Tür und die Stimme eines Wachmanns ertönt. »Hoheit? Dürfen wir eintreten?«

 

Geschockt erstarren die Drei, als auch schon Anna und Kimi zu ihnen treten. »Kommt, Hohepriester!«, flüstert Anna und nimmt nun gemeinsam mit Kimi Shimon in ihre Mitte. So leise wie möglich führen sie ihn ins Ankleidezimmer und da durch die Geheimtür in den Geheimgang, wo schon Seto und Atemu stehen.

Sofort nehmen sie Shimon und stützen ihn, als Anna und Kimi wieder rausschlüpfen und sich die Tür hinter ihnen schliesst.

 

Kisara steht unterdessen mitten in ihrem Wohnzimmer. »Tretet ein!« Verlangt sie nach einem Blick in die Runde. Vergewissert sich, dass Toshi sicher auf Annas Arm sitzt und blickt dann hoch erhobenen Hauptes den Wachmann an. »General Anwar, warum stört Ihr uns?« Verlangt sie mit fester Stimme zu wissen.

Leicht verneigt sich der General vor ihr. »Verzeiht, Hoheit. Wir haben Meldung bekommen, dass sich Attentäter im Palast aufhalten sollen, die sich als Mitglieder der pharaonischen Familie ausgeben.« Neugierig mustert er die anwesenden Personen. Registriert die drei Sklaven, die mit gesenkten Blicken auf dem Boden knien und das Baby auf dem Arm der Sklavin. »Darf ich fragen, was hier los ist? Es ist schon spät.«

 

Kisara verengt die Augen. »Ihr dürft nicht fragen, was wir in unserer Freizeit tun! Ich danke für die Warnung, wir passen auf und in Leutnant di Modena haben wir einen erfahrenen Leibwächter. Ihr könnt also gehen!«

 

General Anwar stockt für einen Moment, als er die hart ausgesprochenen Worte hört. »Verzeiht, Hoheit. Doch es ist meine Pflicht, mich in allen Gemächern umzusehen, ob sich nicht unbemerkt einer der Attentäter eingeschlichen hat. Der Befehl kommt von Pharao Nesut-anch-Horus persönlich!« Seine ganze Haltung spricht davon, dass es ihm nicht leidtut. Im Gegenteil. Er geniesst es, dass er der Prinzessin Gegenüber deutlich machen kann, dass er der General der pharaonischen Wache ist und nur dem Pharao untersteht.

Widerwillig tritt Kisara zur Seite und bedeutet ihm, dass er sich umsehen kann. Sie hasst den General, der ihrem Onkel treu ergeben ist. Am liebsten würde sie ihm eine saftige Ohrfeige verpassen, als er mit einem selbstgefälligen Grinsen an ihr vorbei geht und in ihre Privatsphäre eindringt, indem er sich nicht nur umsieht, sondern auch noch jeden Schrank öffnet. In ihr Ankleidezimmer geht und dort zwischen den Schränken wühlt. Mit hinter dem Rücken zu Fäusten geballten Händen steht sie da und muss es zulassen, als er sogar ihre Unterwäscheschubladen durchwühlt.

 

»General, ich glaube kaum, dass sich ein Mensch in einer Kommode verstecken kann!« Stellt sich nun Jasmin zwischen ihn und die Kommode, als er auch schon die nächste Schublade aufreissen will. Grob wird sie vom General zur Seite geschoben. »Ich muss sichergehen, dass keine Bomben versteckt worden sind!« Teilt er ihr überheblich mit, woraufhin Jasmin die Hände in die Hüften stemmt. »Erst sucht Ihr Menschen und jetzt Bomben, die ich sicher entdeckt hätte, als ich vor zwanzig Minuten die Wäsche der Prinzessin eingeräumt habe!« Sie tritt wieder zwischen den General und die Kommode. »Es ist lobenswert, dass Ihr eure Aufgabe sie ernst nehmt, aber das geht zu weit! Ich werde mich beim Pharao persönlich beschweren, dass Ihr in die Privatsphäre der Prinzessin eingedrungen seid, wenn Ihr Euch nicht sofort daran erinnert, wie respektvolles Benehmen funktioniert!«

 

General Anwar will sie schon wieder zur Seite schieben, als er stockt. Der Leibwächter aus dem römischen Grossreich hatte sich genähert und sieht ihn nun ernst an. »General. Ihr habt sicher viel zu tun. Ich schlage vor, dass ich die Räume der Prinzessinnen weiter durchsuche und aufpasse, dass sich ihnen kein potentieller Attentäter nähert.« Respektvoll neigt Mario nun vor dem General sein Haupt, woraufhin dieser schnaubend zurücktritt. »Euer Vorschlag macht Sinn, Leutnant. Ich warne Euch aber, die Prinzessin ist uneinsichtig und stur. Sie wird sich nicht so leicht davon überzeugen lassen, dass sie sich an gewisse Verhaltensregeln zu halten hat!«

»Ich habe durch Prinzessin Helena gewisse Erfahrung mit jungen Damen in dem Alter.« Vielsagend sieht er dem General in die Augen, der daraufhin dreckig grinst. »Verstehe, dann werde ich mich den anderen Gemächern zuwenden. Ich erwarte morgen nach dem rituellen öffentlichen Gebet des Pharaos zu Ra und Horus einen genauen Bericht darüber, wie die Nacht verlaufen ist.«

Wieder neigt Mario respektvoll sein Haupt vor dem General. »Natürlich. Ich werde Euch meinen Bericht schriftlich und mündlich überreichen.«

Zufrieden nickt General Anwar. »Gut, denn denkt daran, solange Ihr hier seid, untersteht Ihr meinem Befehl Leutnant!« Ruckartig wendet er sich um und marschiert an Mario vorbei. Vor Kisara neigt er kurz den Kopf. »Noch mal Glück gehabt, Hoheit«, zischt er ihr zu, ehe er an ihr vorbeigeht und die Räumlichkeiten verlässt.

 

Kaum ist er weg, sinkt Kisara zitternd auf eine der Chaiselongues. »Ich dachte schon …«, murmelt sie und presst sich die Hände an die Lippen. Auf einmal wird sie in eine feste Umarmung gezogen. »Wir waren ihm Geheimgang. Alles gut«, raunt Seto ihr zu, während er sie an seine starke Brust zieht.

 

Atemu kommt mit Shimon langsam rein und hilft ihm, sich hinzusetzen. »Was haben sie Euch nur angetan, alter Mann«, murmelt er und reicht ihm ein Glas Wasser, das ihm Jasmin gerade in die Hand gedrückt hat. »Hier, trink«, befiehlt er mit sanfter Stimme, was gar nicht nötig gewesen wäre. Durstig trinkt Shimon das kühle Wasser. »Danke. Meine alten Knochen mögen so einen Stress überhaupt nicht mehr.«

Besorgt mustert Atemu ihn, während er ihm das leere Glas abnimmt. »Was ist Euch angetan worden, dass es Euch so schlecht geht?«

 

Beruhigend tätschelt Shimon Atemus Schulter. »Das ist unwichtig. Ich bin frei und lebe und Ihr seid hier, mein Pharao. Das ist alles, was zählt.« Glücklich lächelt er ihn und dann Seto an. »Ihr habt es geschafft, Prinz Seto.«

Sofort schüttelt Seto den Kopf. »Nein, wir alle haben es gemeinsam geschafft. Mit der Hilfe von Leutnant Karim Razik. Egal, was passieren wird, ihm verdanken wir es, dass wir sicher von Alexandria hierher gekommen sind.«

 

Alex räuspert sich leise. »Gerade ist er dabei, einen Grossteil der Palastwachen auf Eure Seite zu ziehen, Pharao. Sie werden nur darauf warten, dass sie sich hinter Euch stellen können.« Noch immer kniet er am Boden und hält den Blick respektvoll gesenkt. »Wir Sklaven stehen auch alle hinter Euch und werden alles tun, was Ihr von uns verlangt.« Jetzt hebt er den Blick und sieht ihn voller Ehrfurcht an.

 

Tief atmet Atemu durch. »Danke, das weiss ich sehr zu schätzen. Bevor wir nun aber weiterplanen, müssen wir etwas anderes erledigen. »Hohepriester Shimon, bitte führt die heilige Verlobungszeremonie für Prinzessin Kisara und Prinz Seto und für Prinzessin Helena und Leutnant di Modena durch.«

 

Shimon runzelt die Stirn, als er die Bitte hört. »Ihr wollt, dass Eure Schwester Eurem Cousin die Hand verspricht. In der heiligen Zeremonie vor den Göttern?« Will er zur Sicherheit wissen, woraufhin Atemu ernst nickt. »Euch ist bewusst, dass Ihr dadurch die Möglichkeit aufgebt, mit einem anderen der Grossreiche ein Bündnis einzugehen?«

Wieder nickt Atemu. »Ja, das ist mir bewusst. Ich will aber, dass sowohl Kisara als auch Seto glücklich werden. Sie sollen aus Liebe heiraten und nicht aus politischen Gründen. Zudem kann Kisara so mit Seto zusammen den Thron einfordern, falls mir bei der Stürzung Akunadins etwas passieren sollte.«

Tief atmet Shimon durch. »Verstehe und warum wollt Ihr Prinzessin Helena und Hauptmann di Modena auch auf diese Weise miteinander verloben? Euch ist bewusst, dass diese Verlobung nur hier im Land gültig ist? Ihr Vater kann sie jederzeit mit einem anderen verheiraten oder verloben, sobald sie das Land verlassen haben.«

»Das ist mir bewusst, darum ist es auch die Entscheidung der beiden.« Atemu sieht zu den beiden. »Ihr habt das letzte Wort. Wenn ihr unter diesen Umständen zustimmt, dann dürft ihr bis zu eurer Heirat das Land nicht verlassen.«

 

»Da ich dieses Reich vermutlich sowieso nie mehr verlassen hätte, ist das für mich kein Problem. Nur, wie soll diese Zeremonie ablaufen? Ich meine, wir versprechen uns doch vor den Göttern die Hand. Müssten wir dafür nicht in einem Tempel sein?« Verwirrt blickt Helena Shimon an, der breit grinsend den Kopf schüttelt. »Nur, wenn Ihr dem Pharao die Hand versprechen würdet«, erwidert er und grinst noch breiter, als er nun von beiden ratlos angesehen wird. »Der Pharao gilt als Sohn der Götter und wenn er stirbt, wird er in ihre Reihen aufgenommen. Nun, Pharao Nesut-anch-Ra ist offiziell für tot erklärt worden und ist somit unseren Göttern gleichgestellt. Wenn wir die Zeremonie hier vor ihm abhalten, dann ist das gleichbedeutend, wie wenn wir sie in einem der Tempel unserer Götter abhalten würden.«

 

»Eure Kultur ist wirklich sehr faszinierend«, murmelt Mario. »Wenn man es richtig anstellt, könnt ihr euch alles so zurechtbiegen, wie es euch gerade passt.« Er weiss nicht, was er davon halten soll, als Shimon auch noch gleichgültig mit den Schultern zuckt. »So ist es nun mal. So ist es übrigens überall. Bei uns geht vieles über den Glauben an die Götter und den Stand des Pharaos. In anderen Reichen sind zum Beispiel die Gesetze so formuliert, dass sie leicht umgangen werden können, wenn man nur weiss, wie man sie kombinieren muss.«

»Oder sie sind gleich so geschrieben, dass das Volk keinerlei Rechte hat, sobald jemand aus der Oberschicht beteiligt ist.« Fügt Atemu bitter hinzu. Dabei daran denkend, was ihm bei Yugi passiert ist und wie Yu deswegen ins Gefängnis musste.

 

Leise räuspert sich Seto. »Wie auch immer. Jetzt können wir das System für uns ausnutzen. Ich rate euch beiden aber, dass wenn bei der Stürzung meines Vaters alles schief geht, so schnell wie möglich zu verschwinden und irgendwo im Reich unterzutauchen, bis ihr heiraten könnt.«

Helena senkt den Blick auf ihre Hände. »Ich verstehe. Sonst ist alles umsonst.« Sie strafft sich und sieht Shimon direkt an. »Hohepriester, was es uns auch kosten wird, ich bin bereit, es auf mich zu nehmen, um dem Käfig meiner Herkunft zu entkommen und mit Mario glücklich zu werden.«

 

Tief holt Shimon Luft und steht auf. »Ich brauche ein langes Band und einen Kelch mit Wasser.«

Sofort eilt Jasmin los, um das Verlangte zu holen.

Als sie weg ist, wendet sich Shimon Kisara und Seto zu. »Ihr beide seid als Erste dran.« Nach diesen Worten geht er zu dem kleinen Götteraltar, auf dem eine kleine Statue von Ra steht. Mit einem leichten Lächeln nimmt er aus einer Nische ein zwei Fotos heraus. Auf dem einen sind Kisaras Mutter und ihr Gemahl zu sehen und auf dem anderen Atemu zusammen mit Kisara. Respektvoll legt er die Bilder zur Seite und richtet den kleinen Altar her. Als Jasmin mit dem Band und dem Kelch wiederkommt, stellt er ihn zu der kleinen Götterstatue und winkt dann Atemu zu sich heran. »Stellt Euch bitte hier hin beobachtet schweigend was passiert. Tut mir leid, aber ihr seid nun so etwas wie eine lebende Statue.«

Ernst nickt Atemu und stellt sich an seinen Platz. Er legt die Hände hinter dem Rücken aneinander und wartet nun ab. Mit einem warmen Lächeln sieht er Kisara und Seto an, die sich nun vor dem Altar und somit auch vor ihm hinknien.

 

Mit erhobenen Händen, die Handflächen nach vorn gerichtet, verbeugt sich Shimon tief vor dem Altar, ehe er sich aufrichtet und mit dem Blick gen Himmel, besser gesagt der Decke verharrt. »Ra, König aller Existenz, unsere Sonne, erhellst du jeden Tag den Himmel und die Erde. Ich rufe dich und die anderen Götter an, hier an diesem Ort, in Anwesenheit deines von den Toten zurückgekehrten Sohnes, erhöre meine Worte.« Beginnt er feierlich zu sprechen. »Vor dir stehen Prinzessin Kisara und Prinz Seto bereit einander vor dir und den anderen die Hand zu versprechen. Einander zu schwören, dass sie den geheiligten Bund der Ehe eingehen werden, sobald die Zeit dazu gekommen sein wird.« Er greift nach dem Kelch und hält ihn nach oben. Verharrt mit geschlossenen Augen, ehe er ein paar Tropfen über die Statue und dann über Atemus Kopf giesst. Sich verneigend stellt er den Kelch wieder hin und wendet sich mit dem Band in der Hand zu Kisara und Seto um. »Ergreift eure Hände.« Weist er sie an. Als sie sich an den Händen halten, wickelt er das Band um ihre verbundenen Hände. »Ra und sein Sohn werden es bezeugen, wie ihr beide den Schwur ablegt, der nicht gebrochen werden kann, solange die Sonne die Erde Tag für Tag mit ihren Strahlen wieder zum Leben erweckt.«

Er legt seine Hand auf die ihren und sieht nun zu Kisara. »Sprich mir nach«, weist er sie mit sanfter Stimme an. »Hier, vor den Göttern knie ich … « geduldig wartet er, bis sie die Worte wiederholt hat. » … im Angesicht des Mannes, dem ich meine Hand verspreche.«

Lächelnd wiederholt Kisara die Worte.

»Ich schwöre vor den Göttern, dass ich ihm vom heutigen Tage an die Treue halten werde. Ihm folgen werde, wohin sein Weg ihn auch führen wird.«, spricht Shimon weiter und wartet wieder, bis die Worte wiederholt worden sind. »Ich werde ihm dienen und ihn lieben. Mich darauf vorbereiten, ihm nach unserer Eheschliessung mit meiner Seele und meinem Körper zur Seite zu stehen und ihm viele Kinder schenken werde.« Wieder verstummt Shimon und wartet geduldig ab, ehe er den letzten Satz ausspricht. »In guten, wie auch in schlechten Zeiten.«

Nachdem Kisara auch diesen letzten Satz wiederholt hat, wendet sich Shimon Seto zu. »Sprich mir nach«, weist er nun Seto mit sanfter Stimme an. »Hier, vor den Göttern knie ich, im Angesicht der Frau, deren Hand ich annehmen werde.« Nur mit Mühe kann sich Shimon ein Schmunzeln verkneifen, als Seto beim Wiederholen kurz über den anderen Wortlaut stolpert. Dann spricht er weiter: »Ich schwöre den Göttern, dass ich vom heutigen Tage an für sie und ihr Wohlbefinden sorgen werde.« Seto wiederholt die Worte, Kisara dabei fest in die Augen blickend.

Als er verstummt, spricht Shimon die nächsten Worte aus. »Wohin ich auch gehen werde, werde ich sie schützen, mit meinem Körper und meiner Seele.« Langsam atmet Shimon ein und spricht dann weiter. »Ich werde sie darauf vorbereiten, vor den Göttern meine Gemahlin zu werden. Ich werde ihr viele Kinder schenken. Für sie und meine Familie sorgen.« Wieder wartet Shimon ab, bis Seto die Worte wiederholt hat, ehe er den letzten Satz ausspricht. »In guten, wie auch in schlechten Zeiten.«

Nachdem Seto lächelnd diesen letzten Satz ausgesprochen hat, greift Shimon nach dem Kelch und hält ihn in die Höhe. »Dieses Wasser, das die Götter berührt hat, wird eure Seelen auf alle Zeiten aneinander binden, wie dieses Band, das um eure Hände liegt.« Feierlich giesst er nun etwas von dem Wasser über ihre verbundenen Hände und dann über ihre gesenkten Häupter. »Vor den Göttern bezeuge ich, dass ihr die rituellen Worte ausgesprochen habt und Kraft meines Amtes als Hohepriester, erkläre ich im Namen der Götter, dass sie euer Versprechen vernommen haben. Sie freuen sich darauf, zu gegebener Zeit der Vermählung ihrer beiden Kinder beizuwohnen. Nun erhebt euch.«

Die Hände noch immer miteinander verbunden, stehen Kisara und Seto langsam auf. Erst, als sie beide voreinander stehen, löst Shimon das Band um ihre Hände. »Ihr seid nun miteinander verbunden. Dieses Versprechen ist so verbindlich, wie ein Eheversprechen.« Lächelnd beobachtet er, wie sich Kisara und Seto umarmen. »Küssen erst, wenn ihr nicht mehr vor den Göttern steht«, weist er die beiden streng an und sieht dann zu Jasmin. »Bitte bringe frisches Wasser für die nächste Zeremonie.«

 

 
 

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Endlich sind sie vereint und das Ende der Geschichte naht. Nur noch 2 Kapitel warten auf euch.

 

Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen. Eure mrs_ianto

Lang lebe der Pharao ...

Hallo zusammen,

 

es ist soweit, das zweitletzte Kapitel ist erreicht und das wohl lange erwartete Zusammentreffen von Atemu und seinem Onkel. Tja, was wird passieren? Lest es selbst.

 

 

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Lang lebe der Pharao …

 

 

Zufrieden blickt Akunadin über die Menge, die sich in ungewohnt grosser Zahl auf grossen Platz zwischen den Tempeln des Horus und des Ra versammelt haben, um beim täglichen Ritual des Morgengebets zum Sonnengott und des erwählten Vaters des Pharaos und somit Throngottes anwesend zu sein. Schon lange hat er nicht mehr so viele seiner treuen Untertanen begrüssen dürfen. Auch wenn er auf den Pöbel des einfachen Volkes gut verzichten könnte, die mit ihren Lumpen, die sie Kleidung nennen sein ästhetisches Empfinden massiv stören.

Mit einem stolzen Blitzen in den Augen sieht er zu den beiden Prinzessinnen, die ihn heute begleiten, um dann bei der Verkündung der bevorstehenden Zeremonie, in der sie ihm ihre Hand versprechen werden, anwesend zu sein. Ein lüsternes Glitzern schleicht sich in seine Augen, als er ihre jungen und schlanken Körper betrachtet und sich dabei vorstellt wie er sie dann in zwei Jahren als Erster … ein leises Räuspern von seinem General reisst ihn aus seinen Phantasien. Missbilligend sieht er den Mann an, als er sich zu seinen Priestern umwendet.

Die beiden Prinzessinnen zurücklassend, betritt er mit den Priestern und der Leibgarde den Tempel des Horus. Sein Gebet zu seinem Throngott absolviert er wie jeden Tag unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kaum hat er mit seinem Gefolge den von Fackeln erhellten Säulengang betreten, schliessen sich hinter ihm die riesigen Tore des Tempels.

 

Kaum sind die Tore geschlossen atmen Kisara und Helena unauffällig durch, ehe sie die Hände gen Himmel heben und sich dann mit weiterhin nach oben gerichteten Handflächen leicht verneigen. Geduldig stehen sie nun in dieser demütigen Haltung vor dem Tempel und beten zusammen mit dem Volk zu Horus. Auch wenn sie es kaum erwarten können, dass sie zum Tempel des Ra gehen, um dort mit dem Pharao zusammen das öffentliche Gebet zu absolvieren. »Wie lange müssen wir hier warten?« Will Helena mit gesenktem Kopf raunend wissen, während sie einfach nachmacht, was Kisara tut. »In der Regel betet er etwa eine halbe Stunde da drin«, flüstert Kisara zurück. Sie ist nervös und angespannt. Die Zeit scheint nicht vergehen zu wollen, bis Akunadin endlich aus dem Tempel tritt. »Horus hat den heutigen Tag gesegnet. Nun lasst uns zu Ra gehen, dem Gott der Sonne, um ihn zu begrüssen und für den heutigen Tag eine gute Reise zu wünschen.« Laut schallt die Stimme des Pharaos über den Platz, der sich in der letzten halben Stunde noch mehr gefüllt hat.

Hoch erhobenen Hauptes schreitet er die Treppe hinunter zum Platz und geht, flankiert von seiner Leibwache und den Priestern, durch die sich teilende Menge.

In einigem Abstand folgen Kisara und Helena der Prozession um den Pharao. An ihrer linken Seite geht Hauptmann die Modena und ein Korporal, den Kisara bisher erst ein oder zwei Mal gesehen hat, befindet sich an der rechten Seite. Fragend sieht sie ihn an, woraufhin er leicht den Kopf neigt. »Leutnant Razik hat mich gebeten, Euch zur Seite zu stehen«, flüstert er ihr so leise zu, dass sie die Worte kaum verstehen kann. »Danke«, raunt sie zurück und entspannt sich etwas. Dennoch sieht sie sich unauffällig aufmerksam um. Registriert, dass besonders viele Leute aus dem einfachen Volk hier sind, sowie die Sklaven und Dienstboten aus dem Palast. Aber auch einige Leute aus der Oberschicht kann sie entdecken, die sich in den letzten Jahren vom Palast so gut wie möglich ferngehalten haben. Eine angespannte Ruhe breitet sich aus, je mehr sie sich dem Tempel des Sonnengottes nähern. Kisara fragt sich, ob es nur ihr so geht oder ob auch die anderen spüren, dass die Luft immer mehr zu knistern scheint.

 

Vor dem Tempel des Ra werden sie schon von Hohepriester Shimon erwartet, der direkt vor dem geöffneten Portal steht und dem Pharao so den Weg in den Tempel hinein versperrt.

Drohend verengt Akunadin die Augen, als er direkt vor ihm stehen bleibt. »Hohepriester Shimon. Es freut mich zu sehen, dass Ihr Euch von Eurer Krankheit erholt habt.« Seine Stimme klingt erleichtert und erfreut, aber seine Augen sind so eiskalt und drohend, dass sie seinen Tonfall Lügen strafen. »Nur warum seid Ihr nicht im Tempel, um dort mit Eurem Pharao zusammen den Sonnengott zu begrüssen?«

 

Keine Regung ist auf Shimons vom Alter und den Strapazen der letzten Monate gefurchtem Gesicht zu erkennen, als er die Hände hebt. »Ich stehe hier, damit das ganze Volk das Wunder erleben kann.« Feierlich schallt seine Stimme über die Menge hinweg, die so still ist, dass selbst das Fallen eines Lotusblattes zu hören wäre.

 

Kurz stockt Akunadin, ehe er sich wieder fängt. »Welches Wunder?« Will er misstrauisch wissen, als plötzlich ein Raunen den Platz erfüllt.

Einer Welle gleich, teilt sich die Menge und gibt so den direkten Blick auf die aufgehende Sonne frei.

»Seht selbst«, spricht Shimon mit lauter Stimme und deutet auf eine Gestalt, die von der noch roten Morgensonne in deren Rücken so angestrahlt wird, dass Akunadin nur einen undeutlichen Umriss erkennen kann. Angestrengt kneift er die Augen zusammen, aber gegen das Sonnenlicht kommen seine Augen nicht an. »Was soll das? Wer ist das?« Verlangt er mit scharfer Stimme zu erfahren, als sich auch schon die ersten Leute, die am anderen Ende der Schneise stehen verneigen.

 

Atemu spürt die warmen Sonnenstrahlen in seinem Rücken, als er hocherhobenen Hauptes zum Ra-Tempel blickt. Er trägt die traditionelle Kleidung der alten Pharaonen. Eine schneeweisse Tunika und die Sandalen aus weichem Leder. Auf seinem Kopf trägt er die Krone des ägyptischen Grossreiches. Ein goldener Reif mit dem Kopf der Klapperschlange.

Obwohl sein Herzschlag laut in seinen Ohren dröhnt, hört er Akunadins Frage, die über den Platz schallt. Bewusst langsam, jeden Schritt sorgfältig auf die durch die vielen Jahre rund geschliffenen Bodenplatten setzend, geht er los. Sie hatten in der Nacht lange darüber diskutiert, wie sie die Machtübernahme möglichst unblutig gestalten können und sind dann auf diesen Plan gekommen. In seinen Augenwinkeln sieht er zu seiner Linken Seto, der ebenfalls traditionelle Kleidung trägt und zu seiner Rechten Leutnant Razik, der sich in seine beste Uniform geworfen hat.

Tief einatmend schreitet er voran, sieht wie die Menschen erst mit Tränen in den Augen die Hände vor ihren Mund halten und sich dann tief verneigen. Sobald die Leute in den hinteren Reihen ihn erblicken, verneigen auch sie sich. Es erscheint ihm, wie eine umgekehrte Wellenbewegung. Ein leises Raunen geht durch die Menge, ab und an dringt ein unterdrücktes Schluchzen und die gehauchten Worte des Unglaubens und der Hoffnung an sein Ohr.

 

Je näher er dem Tempel kommt, desto deutlicher kann er seinen Onkel sehen, der ihn dank der Sonne in seinem Rücken vermutlich noch immer nicht genau erkennen kann. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals. Ob vor Angst, Nervosität oder auch Hass, kann er nicht sagen. Vermutlich ist es eine Mischung aus allem.

Die Sonnenstrahlen lassen inzwischen die goldenen Hieroglyphen an den Wänden des Tempels erstrahlen, was ihn kurz ehrfürchtig innehalten lässt. Er hat das Gefühl, als würde ihn Ra so willkommen heissen wollen. Obwohl er noch nie wirklich an die Götter geglaubt hat, erfüllt ihn der Anblick mit einer beruhigenden Wärme, als er nun stolz weitergeht.

Keine Regung zeigt sich auf seinem Gesicht ab, als sich schliesslich auch die Prinzessinnen und ihre Leibwächter vor ihm verneigen, als er vor der Treppe stehen bleibt.

»Amtierender Pharao!«, schallt seine Stimme fest über den Platz. »Ich, Pharao Nesut-anch-Ra bin zurückgekehrt, um im Namen der Götter meinen mir angestammten Platz wieder einzunehmen!« Er ist selbst erstaunt, wie fest seine Stimme klingt. Nicht ein Hauch des Zweifels, den er tief in seinem Herzen vergraben hat, stört die Wirkung der Worte.

 

Akunadins Augen weiten sich, als er seinen verhassten Neffen erkennt, den er vor über sechs Jahren selbst zu Grabe getragen hat. Seine Gedanken rasen, als er sich fragt, wie das sein kann! Sein Plan war doch perfekt gewesen! »Das kann jeder behaupten, dass er der verstorbene Pharao ist, den ich damals trotz meiner Trauer, um dessen viel zu frühen Ablebens, bis zur Pforte des Totenreiches begleitet habe.«

 

Ruckartig hebt er die Hand, um seiner Leibwache zu befehlen, seinen Neffen zu ergreifen, aber die Männer bleiben regungslos stehen.

»Ja, es könnte jeder behaupten«, stimmt Atemu ihm zu und tritt hoch erhobenen Hauptes an Kisara und Helena vorbei. »Doch wie Ihr wisst, opfert jeder Pharao, am Tag seiner Krönung einen Teil seines Blutes dem Gott, den er als Vater erwählt. In Ras Obhut befindet sich die Phiole noch immer und ich würde es als Ehre ansehen, ihm wieder eine Phiole zu opfern, um meine Worte zu bestätigen.«

Nur schon das Wissen um die Phiole beweist, dass er die Wahrheit sagt. Denn nur die pharaonische Familie und der Hohepriester, der das Blut nach dem Schnitt, mit einem goldenen Dolch in die rechte Hand auffängt, wissen, dass das Blut auch noch nach der Krönungszeremonie aufbewahrt wird.

 

Nun wird Akunadin blass. Sein Blick wird starr vor Hass, als er von einem zum anderen blickt. »Das ist kein Beweis! Ich selbst habe dafür gesorgt, dass Ihr nie wieder lebend den Boden dieses Reiches betretet.« Seine Stimme schallt so laut über den Platz, dass auch noch die hinterste Person alles verstehen kann.

 

Ein Raunen geht durch die Menge, als sie die Worte hören, während nun auch Atemus Blick kälter wird. Da drängt sich Seto, entgegen ihrer Abmachung nach vorn. »Warum? Vater! Warum hast du das getan?«, ruft er aus. Hat er doch bis zu dem Zeitpunkt irgendwo tief in seinem Herzen gehofft, dass es die Verschwörung von machthungrigen Priestern gewesen ist, die mit den Änderungen, die Pharao Nesut-anch-Ra veranlassen wollte, nicht einverstanden gewesen sind.

 

Kalt lacht Akunadin auf. »Warum? Weil ich auf dem Thron hätte sitzen sollen. Nur weil mein Zwillingsbruder bei unserer Geburt vor mir geschrien hat, wurde er als zukünftiger Pharao auserwählt! Jahrelang habe ich dafür gebetet, dass er keinen Erben zeugt und dann kam er auf die Welt.« Voller Hass deutet er auf Atemu, der mit versteinerter Miene zuhört.

»Da musste ich meine Pläne anpassen! Ich dachte, gut, dann mache ich ihn zu meiner Marionette. Sobald er alt genug war, um den Thron zu besteigen, habe ich mich meines Bruders entledigt. Leider hat sich sein Sohn als genauso stur wie sein Vater herausgestellt, weshalb ich ihn auch loswerden musste! Dank der bürgerlichen Herkunft der Mutter, meiner Söhne, konnte ich so dann selbst den Thron besteigen.« Kalt lacht Akunadin auf.

 

Seto erstarrt, als er das hört. Nie hat er solchen Hass gesehen, wie gerade in diesem Moment. Er will etwas sagen. Fragen, was sein Vater mit seinen Worten andeuten will. Ihre Mutter war doch eine Prinzessin gewesen. Da tritt Shimon vor und hält ihn nur durch seine Präsenz davon ab, die Fragen auszusprechen.

 

Der alte Mann spürt regelrecht, wie die Situation zu eskalieren droht. »Was auch immer damals geschehen ist. Unser geliebter Pharao Nesut-anch-Ra ist aus dem Totenreich zu uns zurückgekehrt.« Er spricht laut und deutlich. Nutzt die akkustischen Eigenschaften der Tempels au, die seine Worte über den Platz zu tragen scheinen. »Lasst uns den alten Hass vergessen und es feiern, dass unser junger Pharao wieder unter uns weilt, um das Reich wieder zurück zu alter Grösse zu führen.« Hoffend, dass durch den steigenden Druck der Menge, Nesut-anch-Horus zum Rücktritt gezwungen wird, blickt er über die Menge zur Sonne.

 

»Lang lebe unser Pharao Nesut-anch-Ra«, erklingt eine erste Stimme aus der Menschenmenge. Immer mehr Leute stimmen ein, bis der ganze Platz unter der Macht der Stimmen zu erbeben scheint.

 

Wieder verengt Akunadin die Augen, ehe sich seine Lippen zu einem bösartigen Lächeln verziehen. »Ja, lang lebe der Pharao!« Mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen macht er einen Schritt zur Seite, bis er direkt neben General Anwar stehen bleibt, der auch wie erstarrt seinen verhassten Neffen ansieht. »Lang lebe der Pharao, der seine Schwester über alles liebt!«, zischt er noch einmal und zieht blitzschnell die Waffe aus dem Holster des Generals.

 

Eiskalt legt er die Waffe auf Kisara an und drückt mehrmals ab! Der Knall der Schüsse zerreisst die Luft und Schreie mischen sich mit dem Lärm, als noch ein einzelner Schuss ertönt. Tödlich getroffen bricht Akunadin, die rauchende Waffe noch in der Hand, zusammen.

 

»Nein!« Durchbricht Kisaras Schrei die folgende Stille, woraufhin sich Razik, der noch immer die rauchende Waffe in der Hand hält umdreht und leichenblass auf die grösser werdende Blutlache unter dem Körper Nesut-anch-Ras starrt, der langsam vor der Prinzessin, die von Seto festgehalten wird, zu Boden sinkt.

 

 

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Was soll ich sagen? Ich weiss es nicht und darum nur meine üblichen Worte.

 

Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.

 

Eure mrs_ianto

6 Monate später

Hallo zusammen,

 

es ist soweit, nach vielen vielen Kapiteln und mehreren Jahren des Schreibens ist das Ende von Sklave der Wüste erreicht. Begonnen hat die Geschichte mit dem Titel Wüstensklave, nur um den Namen dann zu ändern, als ich angefangen habe, die Buchversion zu veröffentlichen.

 

Viel ist in den letzten Jahren passiert, aber bevor ich euch jetzt damit langweile, ihr wollt ja wissen, wie die Geschichte endet, lasse ich euch nun den Epilog lesen. Ich wünsche euch viel Spass.

 

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Epilog: 6 Monate später

 

Osis im Arm haltend, sitzt Yugi auf der Hintertreppe im Hinterhof und sieht in den Himmel, der sich langsam von der Schwärze der Nacht in ein heller werdendes Grau verfärbt. Es ist kalt und vor seinem Mund bilden sich kleine Wölkchen, wenn er ausatmet. Der Winter hat Domino schon seit mehreren Wochen in seinen eisigen Klauen und der Schnee fällt auch jetzt langsam zu Boden. Bedeckt den alten Schnee, der gestern von den Pferden aufgewühlt worden ist.

Seit vor fünf Monaten ein Stapel Briefe bei ihnen angekommen ist, hat er nichts mehr aus dem ägyptischen Grossreich gehört. Zumindest haben sie keine Post mehr bekommen und er weiss auch nicht, wo er seine Briefe hinschicken kann.

»Yugi? Was machst du denn hier draussen in der Kälte?« Verwirrt setzt sich Nino neben ihn auf die Treppe. »Puh, das ist doch kalt.« Fröstelnd zieht er die Schultern hoch und kauert sich möglichst klein zusammen, während er die Arme um sich schlingt.

 

Aus seinen Gedanken gerissen sieht Yugi zu ihm. »Wirklich? Das habe ich gar nicht bemerkt.« Sich auf die Lippen beissend, drückt er den kleinen Stoffdrachen fester an sich und vergräbt das Gesicht in dem roten Plüschfell. »Nino, kannst du ein Geheimnis für dich behalten?« Will er mit leiser Stimme wissen, ohne den Jungen anzusehen.

 

»Natürlich. Was ist denn los? Ist etwas mit Atemu?« Leicht legt Nino die Hand auf Yugis Schulter, als dieser aufschluchzend nickt. »Als Malik gestern hier war, habe ich mir heimlich seine Zeitung genommen, während er Grossvater untersucht hat. Sie steckte in seiner Jackentasche und ich dachte, es kann ja nicht schaden, wenn ich mal rein sehe.« Zitternd drückt sich Yugi die Hand auf die Lippen. »Da war ein Artikel über das ägyptische Grossreich und den Pharao.« Seine Stimme bricht, woraufhin Nino ihn an sich zieht. »Aber das ist doch gut. Was stand denn da drin?«

 

»Ich habe nicht alles verstanden. Besser gesagt, gar nichts, da es weder auf Japanisch noch in der allgemeinen Händlersprache geschrieben war, aber ich habe den Namen des Pharaos gesehen, Nesut-anch-Seth!« Nun kann Yugi die Tränen nicht mehr zurückhalten und lehnt sich schluchzend an Nino.

Dieser runzelt die Stirn. »Aber … Atemu hat doch einen anderen Titel? Oder etwa nicht?« Verwirrt sieht er Yugi fragend an, der noch immer schluchzend nickt. »Ja, sein Titel ist Nesut-anch-Ra und sein Onkel hat den Titel Nesut-anch-Horus. Weisst, du das verrückte ist, dass ich noch einen Titel gelesen habe, Nesut-anch-Bastet, aber nirgendwo stand Nesut-anch-Ra! Ich glaube, er ist tot und dass wir darum nichts mehr von ihm hören. Auch die Briefe, die kamen in einem Paket an, in dem eine Notiz von seiner Schwester Kisara lag.« Verschämt wischt sich Yugi über die Augen. »Wie soll ich das nur Grossvater beibringen oder den anderen?«

Nachdenklich beobachtet Nino eine Schneeflocke, die im Wind auf und ab fliegt. »Das hast du nicht erzählt. Was hat sie denn geschrieben?« In seinem Innern arbeitet es. Angestrengt versucht er, eine Erklärung zu finden, die nicht lautet, dass Atemu tot ist.

»Sie hat nicht viel geschrieben. Nur, dass sie die Briefe in seinen Sachen gefunden hat und der Meinung ist, dass ich sie bekommen soll, da sie ja an mich adressiert sind. Sie hat sich bei mir für alles, was ich für ihn getan habe, bedankt. Mehr stand da nicht.«

Tief holt Nino Luft. »Er ist nicht tot. Er hat es versprochen, dass er zurückkommen wird. Er hat gesagt, dass ich ihm schreiben soll! Also kann er nicht tot sein!«

Obwohl ihm nicht zum Lachen zumute ist, kann sich Yugi ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Du bist so süss. Ich hoffe, du hast recht.« Ungeschickt umarmt er Nino und drückt ihn an sich. »Ich bin froh, dass du hier bist.«

Ein ungeduldiges Wiehern und Poltern lässt ihn dann leise Auflachen. »Du wirst wohl schon sehnsüchtig erwartet.« Er löst sich von Nino und steht auf. Zuvorkommend hält er ihm die Hand hin und zieht ihn auf die Beine. »Danke, dass du mir zugehört hast.« Er lässt Ninos Hand los und findet sich, sogleich in einer schraubstockartigen Umarmung wieder. »Er kommt wieder. Ich weiss es. Er würde sein Versprechen nie brechen!« Beschwörend sieht Nino Yugi an, der lächelnd nickt. »Ja, das wird er. Danke, dass du mich daran erinnert hast, dass Atemu seine Versprechen nicht bricht. Nun geh zu den beiden Rackern. Sie sind sicher schon der Meinung, dass wir sie vergessen haben.« Kurz drückt er Nino noch einmal an sich, ehe er ihn sanft von sich schiebt.

»Das glauben sie jeden Morgen.« Grinst Nino schief und eilt die paar Stufen hinunter. Spuren in der dicker werdenden Schneeschicht hinterlassend, rennt er über den Hof, was Yugi leise Aufseufzen lässt. »Wenn ich doch nur noch deine Zuversicht hätte«, murmelt er vor sich hin und hebt Osis hoch, der bei Ninos Umarmung runtergefallen ist. Sorgfältig klopft er den Schnee aus dem roten Plüsch und drückt das kleine Stofftier wieder an sich. Die Augen schliessend, hebt er den Kopf gen Himmel und atmet tief durch, während ihm die Tränen brennend über die eiskalten Wangen laufen. Über sich selbst wütend, wischt er sich mit dem Ärmel übers Gesicht. »Reiss dich zusammen. Du hast schon Schlimmeres überstanden.« Sich straffend, wendet er sich um und geht ins Haus. Erst, als er die Tür hinter sich zuzieht, wird ihm bewusst, wie kalt ihm tatsächlich ist. Fröstelnd zieht er sich die Jacke und die Winterschuhe aus und schlüpft in die kuscheligen Hausschuhe.

Für einen Moment zögert er, aber dann geht mit Osis in die Küche und setzt das Kuscheltier auf Atemus Platz. »Guten Morgen, Grossvater.« Tapfer zwingt er sich zu einem Lächeln, als er zu dem alten Mann geht, der gerade Holz nachlegt.

 

»Guten Morgen, mein Junge.« Aufmerksam mustert Sugoroku seinen Enkel, ehe er sich aufrichtet und den Rücken durchdrückt. »Wie lange warst du draussen in der Kälte?« Möchte er besorgt wissen, währende er gleichzeitig nach der Kräuterteemischung greift und einige von den aromatisch duftenden Blättern in ein Teeei gibt, das er in Yugis Tasse hängt und dann kochend heisses Wasser darüber giesst. »Hier. Nicht, dass du dich noch erkältest.«

Dankbar nimmt Yugi die Tasse entgegen und legt die Hände um sie. »Ich weiss nicht. Ich konnte nicht mehr schlafen und bin raus, um den Sonnenaufgang zu beobachten.« Vorsichtig trinkt er einen Schluck und erschauert, als der Tee ihn von innen wärmt.

 

Die Lippen zusammenpressend schüttelt Sugoroku den Kopf. »Also warst du mindestens eine gute Stunde draussen.« Besorgt mustert er seinen Enkel. »Seit die Briefe angekommen sind, sitzt du jeden Morgen draussen und beobachtest den Sonnenaufgang. Yugi, ich sage nicht, dass du Atemu loslassen sollst, aber mache deine Gesundheit nicht kaputt, während du auf ihn wartest. Er wird kommen, sobald es ihm möglich ist. Bestimmt wird er sich melden, sobald es geht und er dir eine sichere Adresse geben kann, wo du deine Briefe hinschicken kannst.«

Warm sieht er seinen Enkel an, der den Blick aber nicht erwidert, sondern in seine Tasse starrt. »Grossvater, Atemu…«, beginnt er zu sprechen, hält aber inne, als Sugoroku die Hand hebt. »Yugi, wir reden heute Mittag nach dem Besuch von Malik. Er meinte gestern, dass er heute vielleicht Neuigkeiten für uns hat, was Atemu angeht. Schliesslich weiss er ja, was wir uns für Sorgen um ihn machen, weil wir seit dem Paket mit den Briefen nichts mehr gehört haben.«

Überrascht sieht Yugi seinen Grossvater an, der wissend den Kopf neigt. »Meinst du wirklich, dass wir nicht bemerkt haben, dass du heimlich die Zeitung genommen hast?«

Ertappt blickt Yugi in die Tasse. »Ich dachte, ich finde etwas heraus. Doch ich habe nur zwei Pharaonentitel verstehen können. Grossvater, was ist, wenn Atemu tot ist? Alles deutet darauf hin!«, platzt es aus Yugi heraus, ehe er es verhindern kann. Mit einem vor Sorge verzweifelten Blick, starrt er seinen Grossvater an.

»Ach, Yugi«, seufzt Sugoroku und legt den Arm um ihn. »Interpretiere nicht zu viel hinein. Glaubst du nicht, dass Malik es uns gesagt hätte, wenn Atemu gestorben wäre?« Mit einem grossväterlichen Blick sieht er seinen Enkel an, der jedoch den wieder Kopf gesenkt hat.

Leicht beisst sich Yugi auf die Unterlippe. »Meinst du? Du verstehst dich inzwischen richtig gut mit Malik. Oder? Immerhin nennst du ihn inzwischen sogar beim Vornamen.« Unsicher hebt er den Blick. Hofft, im Gesicht seines Grossvaters Antworten zu finden.

»Ja, das meine ich«, erwidert Sugoroku mit fester Stimme, obwohl auch in ihm die Sorge nagt, lächelt er warm. »Ja, ich nenne ihn beim Vornamen. Du ja auch. Für jemanden aus der Oberschicht ist er doch ein guter Kerl. Manchmal etwas überheblich, aber ansonsten … .«

 

Die ruhige Art seines Grossvaters beruhigt Yugi, sodass er jetzt sogar leicht schmunzeln kann. »Ja, er hat so seine Momente«, stimmt er zu und entspannt sich langsam. »Ach ja, hast du mitbekommen, dass das Haus gegenüber verkauft worden ist?«

Grinsend nickt Sugoroku. »Natürlich habe ich das mitbekommen. Anscheinend wurde das Haus von einem Mann aus dem ägyptischen Grossreich gekauft, der da mit einem Sklaven einziehen wird. Karim irgendwas. Malik hat mir erzählt, dass der Mann vielleicht schon heute ankommen und da einziehen wird.«

Leicht runzelt Yugi die Stirn. »Was du wieder alles weisst, aber wenn Malik das weiss, dann muss der Mann aus der Oberschicht sein. Was macht er dann hier in Domino? Da wäre doch Atami logischer.«

Ratlos zuckt Sugoroku mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht kann er es sich ja nicht leisten, in Atami zu wohnen und so schlecht sind unsere Häuser ja auch nicht.«

 

»Ja, vielleicht«, murmelt Yugi nicht so wirklich überzeugt und nimmt sich nun eine Tasse Schwarztee. »Wie auch immer. Ich habe langsam Hunger und Nino wird sicher auch bald reinkommen.« Kaum hat er das gesagt, hören sie, wie die Hintertür geöffnet und wieder geschlossen wird. »Als hätte er es gehört.« Grinst er breit, als er für ihn auch schon eine Tasse mit dem dampfenden Tee füllt.

Kurz darauf kommt tatsächlich Nino in die Küche und eilt zum Herd, wo er die Hände über die heisse Platte hält. »Guten Morgen, es ist so kalt draussen. Ich musste sogar in den Tränken eine dünne Eisschicht einschlagen.«

Ernst nickt Yugi. »Ich staune, dass es nicht schon früher so weit gewesen ist. Am besten holst du das Wasser für die beiden ab sofort im Haus. Der Brunnen kann jetzt täglich einfrieren und dann geht die Handpumpe gern kaputt, wenn man sie dennoch betätigt.« Er hält Nino die Tasse mit dem Tee hin. »Hier, dann wird dir auch von Innen wieder warm.«

 

Dankbar nimmt Nino den Tee entgegen und trinkt durstig. »Danke, Yugi. Dann werde ich nachher den beiden warmes Wasser rausbringen. Sie fressen jetzt auch deutlich mehr. Ich hoffe es ist in Ordnung, dass ich ihnen mehr Kraftfutter gebe?«

 

Nun ist es an Sugoroku zu nicken. »Natürlich ist es in Ordnung. Darum haben wir ja beim letzten Markttag so viel Mais und Hafer für die beiden gekauft.« Er wendet sich jetzt wieder dem Herd zu und holt die Brötchen aus dem Ofen. Ein herrlicher Duft nach frisch gebackenen Brötchen breitet sich in der Küche aus, sodass Yugi das Wasser im Mund zusammenläuft. »Hast du das absichtlich gemacht, dass du sie jetzt erst aus dem Ofen holen kannst?«

 

Grinsend nickt Sugoroku, als er sie in den Brotkorb fallen lässt. »Bei dem Wetter gibt es doch nichts Besseres, als heisse Brötchen, wenn es draussen kalt ist. Nun setzt euch hin, ich habe langsam nämlich auch Hunger.« Um seine Worte zu unterstreichen, setzt er sich hin und greift sich eins der dampfenden Brötchen.

 

Schmunzelnd setzt sich Yugi nun auch hin. Sein Blick wird aber wieder traurig, als er den roten Drachen auf Atemus Platz ansieht. Auf einmal taucht ein Arm in seinem Blickfeld auf, als Nino seine Tassen wieder auffüllt, obwohl noch Tee drin ist. »Sei nicht traurig, er wird zurückkommen. Er hat es versprochen.« Nino legt ihm die Hand auf die Schulter und drückt sie leicht, ehe er den Teekrug auf den Tisch stellt und sich auch hinsetzt.

 

Keinem von ihnen ist nach reden zumute, sodass sie ausnahmsweise schweigend essen. Nach dem Frühstück eilt Nino wieder nach draussen, um die Pferde weiter zu versorgen, während Yugi und Sugoroku die Küche aufräumen. »Wann kommt Malik vorbei?« Möchte Yugi wissen, während er das Geschirr spült und Sugoroku den Tisch abräumt. Dieser hält nachdenklich inne und blickt zum Fenster. »Er wusste es nicht genau. Er meinte, wie ich es schon gesagt habe, um die Mittagszeit rum. Ich werde jedenfalls etwas kochen, was wir gut warmhalten können, falls er zur Essenszeit kommt und nicht mit uns Essen will.«

»Verstehe, dann werde ich so lange die Buchhaltung machen und die Regale im Laden auffüllen«, meint Yugi und ist sich bewusst, dass er eigentlich nur eine Beschäftigung sucht, bis der Medimagus auftaucht.

»Ja, tu das. Ich gebe dir Bescheid, wenn er kommt.« Sugoroku stellt den Brotkorb mit den restlichen Brötchen auf die Arbeitsplatte und runzelt nachdenklich die Stirn. »Ich denke, ich mache eine gute alte Kartoffelsuppe.«

 

»Hört sich gut an. Die wärmt und macht lange satt.« Den letzten Teller auf das Abtropfgitter stellend, zwinkert Yugi seinen Grossvater an. »Und du kannst sie sogar jetzt schon machen, damit du dann sicher nicht am Herd stehen musst, wenn Malik auftaucht.« Er greift nach dem Geschirrtuch und beginnt die Teller und Tassen abzutrocknen.

»Erwischt!« Grinst Sugoroku, als er nach dem Lappen greift und ihn ausspült, ehe er den Tisch sorgfältig abwischt. »Und wir können die Brötchen dazu essen und ich kann noch den restlichen Speck von gestern in der Suppe verarbeiten.«

 

»Ja, das stimmt«, murmelt Yugi und dann ist auch schon das letzte Messer abgetrocknet. »Ich bin im Lager. Bis später.« Er verlässt die Küche und geht ins Lager. Bewusst lässt er die Tür offen, um die wärmere Luft aus dem Flur in den kühlen Raum zu lassen, als er sich an den Schreibtisch setzt und sich über seine Bücher beugt.

 
 

***
 

 

Malik ist nervös, als er sein Auto vor dem Laden parkiert und den Motor abstellt. Er blickt zu dem Haus auf der anderen Strassenseite, das er in den letzten Wochen bezugsfertig für Karim Razik und Kimi hat einrichten lassen. Dann strafft er sich und steigt aus dem Wagen. »Verdammt, warum bin ich so nervös?«, fragt er sich selbst, als die paar Stufen zur Ladentür nach oben geht und anklopft. »Nur noch eine Stunde.« Stellt er nach einem Blick auf seine Uhr fest und da wird auch schon die Tür von Yugi geöffnet. »Hallo, so schnell sieht man sich wieder.« Schief grinsend sieht er den jungen Mann an, der einladend zur Seite tritt. »Hallo, Malik. Ja, so schnell sieht man sich wieder.« Bewusst wiederholt Yugi die Worte, da er nicht weiss, was er sonst sagen soll.

Dankbar, dem kalten Wind zu entkommen, betritt Malik den wie immer blitzsauberen Laden und wartet geduldig, bis Yugi die Tür geschlossen hat und sich ihm wieder zuwendet. »Wir haben schon gegessen, aber es hat noch Kartoffelsuppe mit Speck und dazu Brötchen, wenn du magst.«

 

Verneinend schüttelt Malik den Kopf. »Danke, aber ich habe schon gegessen. Wo können wir reden? Am besten alle zusammen?« Angestrengt versucht er entspannt zu wirken, was ihm offensichtlich nicht zu gelingen scheint, wenn er das plötzliche Erbleichen seines Gegenübers richtig deutet. »Hey, alles wird gut.« Zur Sicherheit greift er nach Yugis Arm, als dieser leicht schwankt. »Lass uns in die Küche gehen und auch Sugoroku und Nino dazu holen.« Bewusst spricht er mit einer möglichst ruhigen Stimme, die er auch immer bei seinen Patienten nutzt, wenn er sie beruhigen will.

Es scheint zu wirken, zumindest steht Yugi wieder sicher da und bekommt auch schon wieder etwas Farbe. »Ja, gehen wir in die Küche.« Stimmt Yugi leise zu und geht voran. Als sie die Küche betreten, warten schon Sugoroku und Nino mit vier Tassen Tee und Gebäck auf sie.

Während der Junge sich wie immer scheu hinter Sugoroku versteckt, hält ihm der alte Mann freundlich die Hand hin, die Malik lächelnd ergreift. »Hallo, Sugoroku.«

»Hallo, Malik. Setz dich. Ich habe Kräutertee gemacht und die Haferkekse, die du so gern magst.« Lächelnd deutet er zum Tisch.

»Vielen Dank«, erwidert Malik und setzt sich hin. Geduldig wartet er ab, bis sich alle gesetzt haben und umfasst dabei mit beiden Händen die Tasse. Erst, als auch Nino sich schüchtern hingesetzt hat, strafft er sich. »Also … «, beginnt er und holt tief Luft. »Vor sechs Monaten wurde Pharao Nesut-anch-Horus bei dem Versuch ihn abzusetzen erschossen.« Ernst blickt er in die Runde. »Es war nicht geplant. Er sollte vor Gericht gestellt und verurteilt werden.«

 

Yugi hält seine Tasse krampfhaft fest. »Verstehe und was ist dann passiert?« Will er mit heiserer Stimme wissen. Wieder blass im Gesicht sieht er Malik abwartend an, woraufhin sich dieser vernehmlich räuspert. »Am Tag zuvor haben sich Prinzessin Kisara und Prinz Seto vor den Göttern die Hand versprochen und vor zwei Wochen haben sie offiziell den Thron bestiegen. Da sie noch nicht grossjährig ist, regiert Seto als Pharao Nesut-anch-Seth auch in ihrem Namen, obwohl sie schon den Titel der Pharaonin Nesut-anch-Bastet trägt.«

 

Ernst nickt Sugoroku. »Verstehe und was ist mit Atemu? Warum sitzt er nicht auf dem Thron?« Äusserlich wirkt er ruhig und gefasst, aber seine Nerven sind zum Zerreissen gespannt, während er Malik nicht aus den Augen lässt, der krampfhaft überlegt, wie er weitersprechen soll. »Na ja … .« Er hat plötzlich einen Frosch im Hals. Laut räuspert er sich und trinkt einen Schluck von dem aromatischen Kräutertee. »Nesut-anch-Horus wurde erschossen, nachdem er mehrere Schüsse auf die Prinzessin abgegeben hat. Keiner weiss, warum er das getan hat, auf jeden Fall hat sich Atemu vor sie und Prinz Seto geworfen und die Kugeln mit seinem Körper abgefangen.«

 

»Nein!«, schreit Yugi auf und springt vom Stuhl hoch. »Sag es nicht. Sag nicht, dass er … «, seine Stimme bricht. Er schwankt und sinkt wieder auf seinen Platz. »Nein, er darf nicht … « Seine Stimme bricht und er kann  nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augen steigen.

 

Auch Sugoroku ist blass und hat Tränen in den Augen. Dennoch steht er auf und tritt zu Yugi. Legt die Arme um ihn und zieht ihn in eine feste Umarmung. Als er zu Nino sieht, geht er auf die andere Seite von Yugi und legt auch einen Arm um den Jungen, der auch mit den Tränen kämpft. »Erzähl weiter«, verlangt er von Malik, der auch blass geworden ist.

»Nesut-anch-Ra wurde lebensgefährlich verletzt und in dem entstandenen Chaos verschwanden Prinzessin Helena und ihr Leibwächter Hauptmann di Modena. Vermutlich sind sie untergetaucht, um die Grossjährigkeit der Prinzessin abzuwarten. Sie haben sich auch am Tag zuvor vor den Göttern die Hand versprochen, müssen sich aber vor ihrem Vater verstecken, damit er sie nicht ausser Landes schaffen und mit einem anderen Mann verheiraten kann.«

 

Sich am Arm seines Grossvaters festhaltend, starrt Yugi ihn an. »Was mit dieser Prinzessin ist, ist mir so ziemlich egal! Was ist mit Atemu?«, fährt er ihn mit einem verzweifelten Funkeln in den Augen an.

 

Wieder hat Malik das Gefühl einen Frosch im Hals zu haben. Er trinkt noch einen Schluck von dem Tee und atmet dann tief durch. »An dem Tag, starb offiziell auch Pharao Nesut-anch-Ra.« Nun ist es an seiner Stimme zu brechen.

 

»Offiziell? Was bedeutet das?« Möchte nun Sugoroku mit heiserer Stimme wissen, während er weiter Yugi und Nino festhält, die sich verzweifelt an ihm festhalten.

 

»Er musste mehrfach operiert werden und lag lange im Koma, bevor er inkognito in eine Rehabilitationsklinik gekommen ist.« Leicht lächelt er die beiden Mutos und Nino an, die nun vor Erleichterung in sich zusammenzusacken scheinen.

 

»Wie geht es ihm? Ist er wieder gesund?« Verlangt Yugi nun zu wissen und löst sich leicht von Sugoroku, der erleichtert aufatmet und sich jetzt wieder auf seinen Stuhl setzt. Mit zittrigen Händen greift er nach seinem Tee und trinkt einen Schluck, um seine Nerven zu beruhigen.

 

Kurz schielt Malik auf die Uhr und blickt dann wieder Yugi an. »Es geht ihm besser. Er braucht noch einen Stock und ermüdet sehr schnell, aber das wird mit der Zeit auch besser werden.«

 

Verwirrt runzelt Sugoroku nun die Stirn. »Aber wenn Atemu lebt, wieso hast du denn gesagt, dass der Pharao Nesut-anch-Ra gestorben ist?«

 

Leicht lächelnd lehnt sich Malik zurück. »Na ja, so ist er frei und kann das Leben führen, das er sich wünscht. Natürlich braucht er auch in Zukunft Schutz, falls man ihn erkennen und ihn bedrohen sollte, aber ansonsten ist er jetzt frei.«

 

Yugi braucht lange, bis er die Worte realisiert, aber dann sieht er Malik voller Hoffnung an. »Heisst das, wenn er wieder gesund ist, kann er nach Hause kommen? Wie soll das dann mit dem Schutz funktionieren?« Will er mit  der wachsenden Hoffnung, seinen Liebsten schon bald wieder zu sehen, wissen.

 

Grinsend deutet dieser aus dem Fenster zu dem Gebäude auf der anderen Strassenseite. »Das Haus gegenüber. Ich habe es in seinem bürgerlichen Namen für seinen Leibwächter Karim Razik und den Sklaven Kimi gekauft.«

 

Unwillkürlich blickt Yugi zum Fenster und er schluckt. »Wann … wann wird er ankommen?« Leise schwingt die Hoffnung nun in seiner Stimme mit.

 

Auf einmal hören sie die Tür und ein gleichmässiges Klack, Klack, Klack nähert sich der Küche, was Malik leicht lächeln lässt. «Früher, als erwartet«, sagt er nur, als Yugi auch schon zitternd aufsteht und zur Tür blickt, in der nun eine bekannte Gestalt erscheint. Unwillkürlich muss er sich an der Tischkante festhalten, als er in das vertraute und so lange schmerzhaft vermisste Gesicht blickt.

 

Schwer stützt er sich auf seinen Stock, als er lächelnd näher tritt. »Hallo, Sharik. Ich bin wieder Zuhause.« Atemus Stimme ist heiser, als er die Arme ausbreitet und Yugi auffängt, der ihn verzweifelt schluchzend umarmt.

 
 

-Ende-
 

 
 

 
 

 

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

Ende ...

 

Selten ist es mir so schwer gefallen, ein Wort zu schreiben. Ich habe die Geschichte geliebt und gehasst. An manchen Stellen beim Schreiben geweint, sodass ich das Geschriebene kaum noch lesen konnte und genauso oft gelacht und mitgefiebert.

Eigentlich sollte es ja eine kurze Geschichte werden. Eigentlich ... es ist natürlich alles anders gekommen, als gedacht.

Viel ist in den letzten Jahren passiert. Gute und schlechte Dinge. Traurige und lustige Zeiten. Doch immer war diese Geschichte da und hat mich so in eine andere Welt entführt.

 

Ich hoffe, euch hat die Geschichte gefallen. Wir lesen uns bestimmt.

 

Eure mrs_ianto


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hier mein Lieblings Ägyptisches Rezept:

Om Ali oder Umm Ali
Om Ali (Umm Ali) ist eines der beliebtesten ägyptischen Desserts für viele Ägypter. Dieses Rezept ist recht einfach, so das es problemlos zuhause nachgekocht werden kann.

Zutaten
Strudelteig oder 5 Platten fertiger Filoteig 
5 Becher Milch
2 Esslöffel Butter
3 Esslöffel Sahne
¼ Becher Haselnüsse
½ Becher Rosinen
¼ Becher Mandeln
Zucker je nach Geschmack 


Zubereitung
Den Strudelteig auf ein Backblech legen und ihn bei mittlerer Temperatur im Backofen backen bis er goldbraun und knusprig ist.
Die Haselnüsse und Mandeln auf ein kleines Backblech legen und im Ofen vier Minuten lang rösten. Danach nimmt man sie heraus und die Schalen entfernen. Die Mandeln können vorher balanciert werden. Dann können die Häute vor dem rösten einfach entfernt werden. 
In der Zwischenzeit in einer antihaftbeschichten Pfanne mit Milch und Zucker erhitzen bis sie kocht und der Zucker aufgelöst ist. (Die Milch muss etwas süßer schmecken als man es mag.)
Den Strudelteig mit den Händen in mittelgroße Stücke zerrupfen und in eine Auflaufform bzw. Kasserole legen. Dazu gibt man Haselnüsse, Mandeln, und Rosinen und gießt soviel Milch darüber bis die Form zu 2/3 gefüllt ist.
Den Backofen auf die mittlere Temperatur von 200° C erhitzen. Die Auflaufform stellt man für 15 Minuten in den Ofen bis der Strudelteig beginnt, die Milch aufzusaugen und dieser allmählich aufgeht.
Die Auflaufform nun aus dem Ofen nehmen und darüber Butter und Sahne verteilen. Man stellt ihn wieder in den Ofen zurück und backt das Ganze für weitere 20 Minuten. Wenn die Oberfläche nicht goldbraun geworden ist, grillt man das Om Ali noch für zwei Minuten. Es wird heiß serviert.


Tipp: Man kann anstelle von Strudelteig oder Filoteig für Om Ali auch Blätterteig verwenden. Allerdings ist Blätterteig eine Notlösung und nicht das Original. Es schmeckt aber auch sehr gut.


Meine Tipps: 
Aufwand an sich sind es keine 10 Minuten. Das warten des Backens, dauert lange. Ansonsten ein schnelles Rezept.

Bei Blätterteig (aufgebacken) braucht man kaum Zucker in der Milch.
Man kann auch Fladenbrot oder Brötchen nehmen, anstelle des Strudelteiges.
Das Fladenbrot unten in die Auflaufform geben und oben als Abschluss den Blätterteig.

Bei den Nüssen, kann man auch Studentenfutter nehmen, da dies alles ja schon an Nüssen enthalten sind.

Guten Appetit wünsche ich euch. Komplett anzeigen

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Von:  Polarstern
2023-11-30T18:44:45+00:00 30.11.2023 19:44
Liebe mrs_ianto,

Vielen Dank für deine schnellen Antworten immer auf meine Kommentare!

Wie angekündigt hier noch der finale Abschlusskommentar von mir.
Ich muss sagen – ich hatte ECHT einen kleinen Herzstillstand, du hättest Atemu umgebracht. Als ich vom vorletzten zum letzten Kapitel geblättert habe. Und Yugi dann im Dezember in Japan - und hat immer noch nichts nach ca. einem halben Jahr von Atemu gehört. Ihm wurden nur diese Briefe von Atemu ohne größere Erklärung von Seto/Kisara zugestellt…. Und dann dieser Zeitungsartikel.... Oh ich hätte fast nicht weiter gelesen. >-< Ich kann dich ja nicht einschätzen, was Enden angeht. In WdS gab es zwar ein Happy End – aber eine Story sagt ja nichts aus, ob das öfter so bei dir ist.^^ Andererseits – so eine lange Story mit über 100 Kapiteln, um dann den Mainchar am Ende umzubringen….. Hmmm… XD“

Ganz schön krass von Atemu, sich in die Kugeln zu werfen….. Klar, er wollte seine Schwester schützen. Er hat wohl nicht nachgedacht und nur aus Liebe und Schutz gehandelt…. Aber ihm hätte ja klar sein müssen, was er Yugi damit angetan hätte, wenn er stirbt… An den wird er ja wohl gedacht haben.

Aber irgendwie hatte man als Leser gedacht, er hätte noch einen anderen Plan. Sich in ein Kugelfeuer zu werfen um sich dann für tot erklären zu lassen (Ironischerweise zum zweiten Mal in seinem Leben…) kann ja kein Plan gewesen sein. Bei Schüssen entstehen so krasse Verletzungen, es war so pures Glück und völlig unkalkulierbar und unsteuerbar, dass er überlebt. Wenn z.B. die Milz erwischt wird, ist ein Mensch innerhalb weniger Minuten rettungslos verblutet sein oder wenn ihm der Kopf weggeschossen wird…. Also kann er nicht „geplant“ haben, sich so umbringen zu lassen, um dann „undercover“ wieder bei Yugi zu leben. Da wäre die Chance, dass er draufgeht, glaub ich weit über 97% und das würde er Yugi nicht antun wollen, bei aller Liebe zu Kisara. Also die Szene hat mich schon grübeln lassen…

Aber ich war natürlich sehr froh und erleichtert, dass er überlebt hat und nun wieder bei Yugi sein kann 😊
Somit haben wir doch ein Happy End! Auch wenn man natürlich gerne noch ein paar Seiten und Details weiter gelesen hätte, wie es Atemu geht und wie die beiden wieder zusammen leben. Aber irgendwann muss - schwerenherzens – jede Geschichte ein Ende haben. Und bei dieser ist es hier soweit.

Für mich ist eine Frage allerdings offen geblieben: Weeeeelchen Wunsch hatte Atemu denn nun eingesetzt für das Essens seines Haferbreis als er krank war? *grübel* *nachblätter* Also das, was Yugi ihm schriftlich gegeben hatte, dass Yugi etwas für ihn tut, das in seiner Macht steht?
Ich kanns nicht erkennen, echt nicht. X__x Was war es? Ich bin echt neugierig.

Bleibt nur noch eins zu sagen: VIELEN DANK für diese tolle Story und so viele Stunden Lesespaß, den du mir beschert hast damit!!!! Jetzt habe ich erstmal Entzugserscheinungen….
Viel Erfolg mit deinen Büchern!

Viele Grüße
Polarstern

Antwort von:  mrs_ianto
30.11.2023 19:59
Liebe Polarstern,

sein Wunsch war eigentlich sehr einfach, aber für ihn extrem wichtig. Yugi soll ihn bei seinem Namen nennen, wenn er bereit ist, ihn zu tragen. Denn sein Leben lang wurde er ja kaum bei seinem Namen genannt, also ist das sein Wunsch.

Ja, Atemu hat da sehr unüberlegt gehandelt, als er sich in die Kugeln geworfen hat und ja, leider muss jede Geschichte irgendwann enden.
Falls du neugierig bist, ich veröffentliche die Bücher und J. D. Möckli. Dann kannst du dir ja mal die Cover der Wüstensklave Reihe ansehen.

Vielen Dank für deine Kommentare. Es freut mich immer, wenn ich jemandem mit meinen Geschichten eine Freude machen kann.

Liebe Grüsse

mrs_ianto
Von:  Polarstern
2023-11-30T10:50:11+00:00 30.11.2023 11:50
Liebe mrs_ianto,

Was für eine wahnsinns Story….

Gefühlte Jahre später bin ich tatsächlich durch. Mit Abstand eine der besten FFs bzw. – eher eigene Geschichte - überhaupt, die ich je gelesen habe.

Ich habe mit den Charakteren mitgelitten, mitgefiebert, mitgefreut, mitgezittert. Ein auf und ab! Es war megaspannend, sehr romantisch, lustig, traurig – kurzum, es war die perfekte Mischung! Du hast es als Autorin wirklich drauf, den Leser zu packen und tief in diese Welt mit hineinzuziehen!

Ich würde gerne auf viel mehr eingehen, aber aufgrund der Reichhaltigkeit und Fülle der FF muss ich mich einfach auf die wichtigsten Punkte beschränken 😊

- Es war sehr realistisch und toll mitanzulesen, wie Yamis/Atemus Entwicklung voran schritt. Wie er sich immer mehr zutraute, immer selbstbewusster wurde und zu seinem alten Ich zurückkehrte. Bzw. nie wirklich zurück – Es ist klar, dass er nach so einer Erfahrung NIE wieder wie früher sein kann. (Schon ich bin – trotz ohne ein solches Trauma) nicht mehr jetzt wie ich vor 5-6 Jahren war…. Das ist dir sehr realistisch und nicht zu übereilt gelungen.

- Die romantischen Szenen zwischen Yugi und Atemu waren auf jeden Fall absolute Hightlights in der Story und immer sehr süß und haben einen riesigen Spaß gemacht zu lesen

- Sehr romantisch war es, wie Yugi Atemus echten Namen am Anfang eingesetzt hat in Liebeszenen, das war ein Gänsehaut-Moment!

- Ich musste mir während des Lesens erst einmal wieder Honig kaufen XD Ich liebe das Zeug, aber irgendwann hat man wieder genug davon…. Ich wollte dich wissen lassen, dass du dafür gesorgt hast, dass ich gerade wieder jede Menge Honig esse derzeit XD“

- Mir ist aufgefallen, dass manche Details vielleicht zu oft erwähnt werden, hier und da hätte vielleicht doch etwas gekürzt werden können. Z.B. liest man sehr oft, wie Atemu die Wassertröge für die Pferde auffüllt, die Heunetze befüllt und hinhängt und Stall ausmistet usw. Ich hatte selbst viele Jahre ein Pferd und weiß, dass das wichtige Tätigkeiten sind.^^ Aber mir ist aufgefallen, dass es doch etwas zuu oft beschrieben wird.

- Ähnlich mit dem Duschen – dafür, dass Yugi und Großvater ja der Mittelklasse angehören und eher Geld sparen müssen – manchmal hatte ich das Gefühl, die verbrauchen zu viel Wasser XD“ Duschen Abends vorm ins Bett gehen und am nächsten Morgen nach dem Aufstehen sofort wieder. XD“ Wahrscheinlich lag hier längere Zeit zwischen den Kapiteln beim Schreiben, dass es beim Schreiben nicht so auffällt, aber schon wenn man am Stück runterliest.

- Kapitel 73: #Flatternd öffnet Atemu die Augen und sieht seinen Sharik verschlafen an, der in den himmelblauen Augen zu versinken droht. »Guten Morgen«, nuschelt er undeutlich und schliesst die Augen wieder.#
– Yugi müsste amethystfarbene Augen haben? ^^

Fürs letzte Kapitel schreibe ich dir noch einen gesonderten Kommi, damit dieser nicht zu lang und unübersichtlich wird.
Ich poste diesen extra hier, damit auch dieses Kapitel einen Kommi bekommt.^^

Ich bin sooooo traurig, dass ich die Story fertig gelesen habe. Sie hat mich jetzt so viele Tage bzw. Wochen begleitet…. Es wäre wirklich schön, du würdest noch weitere Storys zu diesem Pairing schreiben. Ich wäre auf jeden Fall unter deinen treuen Lesern 😉
Aber ich vermute, du bist inzwischen eher aus dem Fandom raus und widmest dich gerade eher deinen eigenen Projekten bzw. Büchern?

Viele Grüße
Polarstern

Antwort von:  mrs_ianto
30.11.2023 12:35
Wie, was für ein langer Kommi.
Es freut mich, dass dir die Geschichte so gut gefallen hat und dass sie dich bis zum Schluss unterhalten hat.

Das mit den blauen Augen ist bei der Überarbeitung in die Fanfiction offensichtlich durchgerutscht. Nach einem bestimmten Punkt habe ich nämlich die Buchform der Geschichte weitergeschrieben und da hat Yami blaue Augen und heisst auch anders. Ich bin da auf Nummer sicher gegangen und habe das Aussehen der Charaktere zusammen mit den Namen verändert.😅

Und ja, ich arbeite inzwischen mehr an meinen eigenen Büchern , wobei ich niemals nie sagen würde, was die Rückkehr zu den Fanfictions betrifft.

Auf jeden Fall vielen Dank für diesen und die anderen Kommentare.

LG
mrs_ianto
Von:  Polarstern
2023-11-20T17:26:50+00:00 20.11.2023 18:26
Nachdem ich fleißig weiter gelesen habe, melde ich mich noch mal zu Wort 😊

Hach, der erste Kuss, na endlich <3 Sehr, sehr schön beschrieben. Sehr vorsichtig, behutsam und romantisch. Auch wenn es wohl erst später geplant war, passt es hier schön rein! Sehr gefühlvoll und romantisch erzählt, wow! Und herrlich, wie es dazu gekommen ist:

„Yami, das was du wohl gehört hast. Es ist nicht so wie du denkst. Es...“ „Ach ja, woher willst du wissen was ich denke? Oder kannst du seit neuestem Gedanken lesen?“, wird er von Yami unterbrochen, der fest seinen Blick erwidert.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen bewegt sich Yami langsam auf Yugi zu, bis er direkt vor ihm steht. „Also los. Sag mir was ich denke.“ Denn das wüsste er selbst wirklich auch gern.


Zuuuu genial XDD“

Und dann muss das alles noch detailliert an den Großvater weiter getratscht werden…..

„Also nun weiss das ganze Haus Bescheid, was wir gemacht haben. Das hat Grossvater wieder toll hinbekommen. Findest du nicht?“ Mit hochgezogener Augenbraue sieht Yami Yugi an, der erst blass wird und dann erstaunt zu seinem Grossvater blickt.

Also ich wäre echt not amused, wenn mein Partner das so alles direkt ausplaudert …u.u

Interessant auch, dass man etwas mehr über Yugis Vergangenheit, das Mathestudium und den Hintergrund erfährt, warum Yugi das Geschäft führt.

Mir gefällt auch die Story, dass Rishido gerade zu Besuch ist. Das bringt mehr Leben rein und eröffnet zusätzliche Handlungen.

Ein tolles Kapitel!
Polarstern

Antwort von:  mrs_ianto
20.11.2023 19:08
Ja, der erste Kuss. Tatsächlich hätte ich den gern schon viel früher gehabt. Aber ja, die Jungs haben sich selbstständig gemacht und so auch die Geschichte. Weil eigentlich hatte ich die Geschichte ja als Kurzgeschichte gedacht. Ist halt ein bisschen länger geworden ....
Von:  Polarstern
2023-11-07T14:14:57+00:00 07.11.2023 15:14
Ohja, jetzt hat er einen Wunsch frei, weil er sein Haferzeugs gegessen hat. Für sowas will ich auch mal einen Wunsch erfüllt bekommen XD“ Ich ess‘ das sogar freiwillig oft gern zum Frühstück. (Porridge, Oatmeal, Bircher Müsli etc. <3)

Aber okay, wenn ich wie hier beschrieben nur selten überhaupt was zu Essen bekommen würde, und dann nur Haferzeugs, dann würd ich das auch nicht mehr mögen… So eine Situation mag man sich gar nicht vorstellen… Die Story regt auch, obwohl hier nur fiktiv, sehr zum Nachdenken an, da es diese Leiden wie Hunger, Vergewaltigung etc. ja leider sehr wohl zu Genüge auf der Welt gibt… Ich gehe aktuell auch wieder, durch dich hier erinnert, vorsichtiger mit Floskeln wie „Ich verhungere“ oder „Ich sterbe vor Hunger“ um. Schön, dass du uns das mal wieder aktuell zurück ins Gedächtnis rufst, wie gut es uns diesbezüglich geht. Geht dies doch im Alltag immer unter.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieser Zettel mit dem Wunsch erst gaaanz zum Schluss wieder eine Rolle spielen wird? Ich bin mal sehr gespannt, was sich Atemu wünschen wird. Dass Yugi ihn freilässt wäre ja eine „Wunschverschwendung“, das wird er ja sowieso tun. Und das müsste auch Atemu bald klar sein/werden. Also muss es gegen Ende bestimmt noch eine Key-Szene bekommen… Hmm, ich hab ein paar Ideen, aber irgendwie passt alles nicht richtig. Ich bin gespannt!!

LG
Polarstern

Antwort von:  mrs_ianto
07.11.2023 19:30
Ja, wir sagen das eigentlich viel zu oft, dass wir am Verhungern sind, dabei haben wir einfach nur Hunger. Während ich das so geschrieben habe, war mir gar nicht so bewusst, wie viel die Geschichte teils mit unserer realen Welt zu tun hat. Das wurde mir tatsächlich erst viel später bewusst.

Was es mit dem Wunschzettel auf sich hat, werde ich nicht verraten. Das wirst du ja dann irgendwann lesen. ;-)

LG
mrs_ianto
Von:  Polarstern
2023-10-29T20:13:19+00:00 29.10.2023 21:13
Huhu,

ich melde mich mal wieder zu Wort =D
Ich gebe zu, deine Stories machen echt süchtig. Ich bin beim Lesen schon etwas weiter. (Aber noch nicht mal bei der Hälfte..) Man kann diese FF einfach nur in jeder freien Minute lesetechnisch „runterzocken“! Aber ich finde, dass man als Autor mehr als einen Kommi pro Leser verdient hat! Darum kehre ich nochmal ein Stückchen zurück, um zu kommentieren. Schließlich hat man als Autor hauptsächlich nur die Kommis um Feedback über sein Werk zu bekommen, in das man SO viele Stunden Arbeit, Mühe und Herzblut hineingesteckt hat. Und das merkt man bei dieser Story bei dir außerordentlich!! Sonst bekommt man ja kaum mit, wer die Story so alles liest und vor allem, wie es ankommt usw. Reviews sind ja schon das, wovon man als Autor vorwärtsgetrieben wird irgendwie. Naja, bei so vielen Kommis vor mir, kann ich mich ja nur meinen Vorrednern noch wiederholen ;-) Vor allem, da ich erst so spät hierzu gestoßen bin. Dafür habe ich jetzt den Vorteil, ohne Wartezeit sie wie erwähnt „wegzuzocken“. XD

Ich habe wieder eine im wahrsten Sinne des Wortes *süße* Gemeinsamkeit bei unseren Yamis gefunden. Bei mir in Gravity ist er auch vernarrt in Süßigkeiten und knallt sich mächtig (Kandis)Zucker in den Tee oder Kaffee. Und in der Lehrerkonferenz futtert er die ganze Schale Gummibärchen für das gesamte Kollegium alleine XD““ Das mit dem Honig/Honigkuchen passt da total zu >D

Du stellst beide Chars (natürlich auch alle anderen) sehr lebendig, gefühlvoll und originalgetrau dar. Ja, Yami/Atemu ist von Takahashi-sama aus schon als ein nicht so einfacher Char dargestellt worden. Und du hast ihm ja hier schon eine sehr viel krassere Vergangenheit mit multiplen Traumata noch oben drauf geknallt. Ich finde, dass du ihn sehr realistisch rüberbringst.
Ich bin mal gespannt, wie er je wieder das alles verarbeiten wird. Und in ein Flugzeug steigen wird er wohl auch nie wieder… Ich könnts nach so einer Erfahrung zumindest nicht.

Du hörst von mir! ^^
Polarstern

Antwort von:  mrs_ianto
29.10.2023 21:20
Hallo,

ich freue mich, dass dir die Geschichte immer noch so gut gefällt.
Tatsächlich ist sie so gut angekommen, dass ich sie mit eigenen Charakteren noch als Buchreihe rausgebracht habe. Für diejenigen, die sich die Geschichte ins Regal stellen wollen.

Ja, irgendwie will ich es mir wohl einfach nicht zu leicht machen und habe Yami noch komplizierter gemacht, als er eh schon ist.
Ob er mal wieder in ein Flugzeug steigen wird, wird sich noch zeigen. Es ist jedenfalls nicht sehr wahrscheinlich.

Dann lasse ich dich mal weiterlesen und weiterhin viel Spass.

LG
mrs_ianto
Antwort von:  Polarstern
29.10.2023 21:52
Wow, du hast die Story an einen Verlag verkauft und drucken lassen?! Großer Respekt! Das ist der Traum eines fast jeden(Hobby)Autors, es als richtiges Buch rauszubringen. Verdient hast du und die Story es allemal! Du hast ja noch ein komplett eigenes Universum dazu erschaffen.

Ein paar sehr seltene Tippfehler wie groß geschriebene Verben oder Adjektive, fehlende Kommas oder fehlende Wörter (wie z.B. hat, ich, werden, etc.) findet man ganz selten. Ich habe aber drüber hinweggelesen, da es den Lesefluss nicht stört und wirklich absolut selten ist. (Und da ich dir die genauen Stellen gerade nicht mehr nennen kann, ist es für dich so eh kaum möglich, was zu ändern XD“) Für die Buchversion wurde das sicher vom Verlag/Lektor überarbeitet.
Achja und ein paar Wörter in Regionaler Sprache habe ich dazu gelernt. Das kam glaub ich auch irgendwo in WdS vor, z.B. „Orangen/Apfelschnitz“. Ich kann mir denken, was es ist, hab das Wort aber noch nie gehört ^^

Bis zum nächsten Kommi
Polarstern
Antwort von:  mrs_ianto
30.10.2023 00:05
Tatsächlich habe ich die Geschichte nicht verkauft, sondern sie als Selfpublisherin auf eigene Kosten einem Lektor gegeben und sie dann auch veröffentlicht.
Ein Verlag hätte zwar Interesse gehabt, aber sie haben so viele Änderungen verlangt, dass es dann nicht mehr die Geschichte gewesen wäre, die ich geschrieben habe.
Kurz gesagt, sie wollten sie massiv kürzen.

Ja, ab und an kann sich schon mal ein Fehler einschleichen, das lässt sich leider nicht verhindern.

Bis zum nächsten Mal

LG

mrs_ianto
Antwort von:  Polarstern
07.11.2023 15:11
Sogar auf eigene Kosten - wow das war mutig! Aber diese Story hat es absolut verdient! Geht sie doch weit über "normale" FFs die üblich sind, hinaus! Und dein Schreibstil ist schon der Wahnsinn!
Wie gut, dass du die Geschichte nicht gekürzt hast! Das wäre zu schade und hätte ihr deutlich das genommen, was sie ist!
LG zurück
Polarstern
Antwort von:  mrs_ianto
07.11.2023 19:32
Danke dir. Mir war die Geschichte einfach zu viel wert, als dass ich sie so stark hätte verändern willen. Ich sage es mal so, eine Szene aus dem letzten Kapitel von Band 2 hätten sie schon im 6. Kapitel von Band 1 haben wollen. Weil das die Leser angeblich so wollen.

LG
mrs_ianto
Von:  Polarstern
2023-10-21T19:38:53+00:00 21.10.2023 21:38
Gerade noch beim anderen Kommi vergessen: Mahado war ja auch mit an Bord.... Hoffentlich ist der nicht bei dem Absturz umgekommen... Obwohl sowas ist ja absolut tödlich, da ist es schon kaum möglich, bzw. ein absolutes Wunder, dass überhaupt einer überlebt, geschweige denn, zwei..... Schade, dass er mitgeflogen ist. *Mahado mag*
Antwort von:  mrs_ianto
21.10.2023 21:57
Dann antworte ich mal hier auf den Kommentar.

Ja, die Geschichte ist ein bisschen länger geworden, als ich es eigentlich gedacht hatte. Aber ja, das kann ja schon mal passieren, wenn man es mit den beiden zu tun hat.
Ich verrate mal lieber nicht zu viel und lasse dich alles selbst rausfinden und ja, Yami muss sich erst mal wieder fangen, bevor er überhaupt nur dran denken kann, irgendwas in Richtung regieren zu tun.

LG
mrs_ianto
Von:  Polarstern
2023-10-21T19:28:26+00:00 21.10.2023 21:28
Huhu,

ich schon wieder. Jetzt hats mich hier rüber verschlagen. Gegen diese Story ist "Wege des Schicksals" ja beinahe eine Kurzgeschichte XD"""" *staun* O__O

Du lässt unseren guten Pharao ja scheinbar ganz schön abstürzen, soweit ich das hier schon erahnen kann. In mehrerlei Hinsicht, mit dem Flugzeug und in der sozialen Hierarchie. Und dann verliert der Gute mal wieder all seine Erinnerungen! Irgendwie ist das so sein Ding, oder? XD" Yugi ist ja erst beinahe eine ganze Staffel lang den "Pharaoh's Memories" hinterhergerannt und hat die alle für ihn wieder eingesammelt... XD' Und jetzt sind sie schon wieder alle weg >__< *Atemu schüttel* Pass doch mal besser auf deine Memories auf! Kaum einer verliert die so oft wie du... *kopfschüttel*

Auf jeden Fall spannendes Setting, interessantes AU! Ich bin mega gespannt, wie Yami - und auch Yugi - reagieren, wenn sie rausfinden, WER er wirklich ist. Aber wenn ich mir so die Anzahl der Kapitel anschaue..... kann DAS noch dauern! Und das ist wohl auch besser so, immerhin wird das erst richtig zu Problemen führen. Atemu MUSS einfach zurück nach Ägypten und seinen ollen Onkel vom Thron kicken und selbst wieder regieren.... (Und laut Prolog scheint Akunadin das Ganze noch verschuldet/geplant zu haben. Wem sollte man sonst das Böse in die Schuhe schieben...)
Und was wird dann aus Yugi? Er wäre so weit von ihm entfernt. Und Yugi hat sein Leben (Freunde, Haus, Laden etc.) in Japan, das wird er nicht zurück lassen wollen und können. Die Zwei wären dann nahezu auf ewig räumlich getrennt...

Ich bin seeeehr gespannt, wie du es lösen und auflösen wirst!
Aber ich denke wahrscheinlich schon viel zu weit, erstmal muss sich Yami/Atemu ja wieder sammeln und körperlich und mental zurecht kommen und eine Bindung zu Yugi finden. Und das wird dauern, so wie sein Zustand aussieht... nicht gerade sehr königlich....

Let's see ^^
Von:  _Aurora_
2023-06-09T20:01:53+00:00 09.06.2023 22:01
Hallo mrs_ianto,

ich habe diese Geschichte bestimmt schon 8 Mal im Verlauf des letzten Jahres gelesen, werde sie sicherlich noch 8 Mal lesen und jedes Mal wieder ein paar Tränen vergießen..
Ich bin ein großer Fan deines Schreibstils und der Storyline, die sich spannend und abwechslungsreich entwickelt hat.
Am Liebsten hätte ich mir am Ende noch ein Kapitel gewünscht, in dem die Wiedervereinigung unserer beiden Lieben noch etwas ausführlicher geschildert wird, oder Yugi's Verwandtschaft ihr Fett weg bekommt. Ich verstehe aber, warum das Ende ist, wie es ist und es hat seinen ganz eigenen Charme.
Ohne zu übertreiben, kann ich sagen, dass diese Geschichte in meinen Top 3 auf dieser Plattform ist, auf der ich schon seit über 20 Jahren angemeldet bin. <3
Ich wünsche dir viel Erfolg mit deinem Buch!
Wenn es nur halb soviel des Zaubers hat, der dieser Geschichte inne wohnt, kann da gar nichts schief laufen!

Liebe Grüße
Aurora
Antwort von:  mrs_ianto
09.06.2023 22:08
Hallo Aurora,

wow, was für ein schönes Kompliment. Ich habe beim Schreiben auch öfters mal eine Träne vergossen und das auch am Ende, als ich im Word dieses eine Wort mit 4 Buchstaben geschrieben habe, das das Ende der Geschichte noch einmal visuell bestätigt hat.
Ich kann nur sagen, viel Spass beim immer wieder lesen.

Liebe Grüsse mrs_ianto
Von:  BertICE
2023-03-05T11:00:47+00:00 05.03.2023 12:00
Hallo mrs_ianto,

erst mal vielen Dank für diese sehr schöne Schwule Geschichte, das ist die allerbeste Schwule Geschichte die ich in meinen 65 Jahren gelesen habe. Ich kann nicht sagen wievielmal mir die Tränen über meine Wangen gelaufen sind, so mit gefühlt habe ich bei den beiden.

Nur das Happy End hätte etwas länger beschrieben werden sollen, als sich die beiden wieder Traffen und Atemu (Yami) sage das er Zu Hause ist.
Ich habe diese Geschichte 2mal lesen müssen so Wunderschön ist sie geschrieben.

Vielen Dank und viele Grüße
BertICE
Von:  Robo2214
2022-10-19T19:09:35+00:00 19.10.2022 21:09
Hallo ich möchte mich bedanken für diese wunderbare Geschichte

Besonders den Part mit dem Respekt verdienen hat mich besonders beeindruckt

Hoffe das es einen 2 Teil geben wird wie das Leben der beiden weiter gehen wird
Antwort von:  mrs_ianto
09.06.2023 22:11
Hallo Robo2214,

tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte. Irgendwie ist mir dein Kommentar durch eine länger Animexxpause nicht mehr angezeigt worden.
Ich weiss nicht, ob es mal einen weiteren Teil geben wird. Da ich bei der Geschichte das Ende erreicht habe, das ich wollte.

Liebe Grüsse
mrs_ianto


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