Sklave der Wüste von mrs_ianto ================================================================================ Kapitel 83: Geh nicht! ---------------------- Hallo zusammen,   wieder ist es der Montag, an dem hochlade. Das ist das letzte Kapitel, das ich im Moment für euch habe. In der Buchversion ist es das letzte Kapitel vom 6. Band und ich würde euch raten, dass ihr euch Taschentücher bereitlegt.   So und jetzt geht's los.     -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------     Geh nicht!     Yugi starrt auf die Zahlen in den Tabellen seiner Buchhaltung. Doch er kann sie irgendwie nicht verstehen. Es ist beinahe so, als würden die sonst so vertrauten Zeichen plötzlich keinen Sinn mehr ergeben. Es geht ihm schon seit dem Tag der Freilassung seines Liebsten so. Auf einmal verschwimmt sein Sichtfeld, woraufhin er wütend mit dem Ärmel des Pullovers über seine Augen fährt, um die Tränen abzuwischen, die sich seit dem Frühstück immer wieder ihren Weg nach draussen bahnen wollen. Seit sie die Nachricht erhalten haben, dass dieser verdammte Hohepriester und der verdammte Prinz alles für die sichere Abreise arrangiert haben und sie gleich nach Sonnenuntergang den so hochwohlgeborenen, gesalbten und geliebten Pharao abholen werden. Seitdem ist sein Liebster mit Nino im Stall und gibt ihm noch die letzten Anweisungen. Als er mal kurz nachsehen wollte, was die beiden so treiben, hatte ihm sein Grossvater aber nur die Hand auf die Schulter gelegt und mit den Worten, dass Atemu Nino nun zum hundertsten Mal erklären würde, wie die Pferde versorgt werden mussten, den Kopf geschüttelt. Noch immer hört er die letzten Worte, die ihn dann ins Stofflager getrieben haben. »Lass ihn für den Moment in Ruhe. Er braucht es, um selbst damit fertig zu werden.« »Verdammte Scheisse!«, fluchend knallt er den Füller auf den Tisch und klappt das Buch zu. Ruckartig steht er auf und stürmt aus der Tür. Er muss seinen Liebsten jetzt sehen. Noch so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Doch im Flur kommt er nicht weit. Er prallt gegen eine starke Brust und ebenso kräftige Arme halten ihn fest. Im ersten Moment realisiert er nicht, wer ihn festhält und wehrt sich gegen den Griff. Erst nach ewigen Sekunden kommt in seinem Gehirn an, dass es sein Liebster ist. Unwillkürlich schlingt er die Arme um ihn und hält ihn so fest er kann. »Ich lasse dich nicht gehen. Nicht so!« Er weiss, dass er sich kindisch verhält, aber er kann nicht anders. Mit einem sehnsüchtigen Lächeln streichelt Atemu über die Wange seines Shariks. »Ich will auch nicht gehen. Aber ich muss. Ich kann es nicht zulassen, dass mein Onkel die Welt in den Abgrund stösst, so wie es einst schon einmal beinahe passiert wäre«, leicht streichelt er weiter über Yugis Wange. »Dann ist da auch noch Kisara. Ich kann sie nicht im Stich lassen. Sie ist doch meine kleine Schwester.« Um Verständnis bittend, sieht er in das traurige Gesicht seines Shariks, der sich jetzt aber von ihm löst. »Verdammt, was interessiert mich die verdammte Welt! Und deine Familie hat dich im Stich gelassen. Sie wollten dich sogar umbringen!«, ruft Yugi mit Tränen in den Augen aus. »Warum willst du mich … uns … für die im Stich lassen? Sie könnten den Kerl ja auch einfach versklaven lassen!« Mit jedem Wort wird er lauter und er ballt unwillkürlich die Hände zu Fäusten, mit denen er nun gegen den Brustkorb seines Liebsten trommelt. Auf einmal spürt er, wie sich dessen Arme um ihn legen und ihn festhalten. »Sharik. Bitte, lass uns die letzten Stunden noch so gut wie möglich nutzen«, fleht Atemu ihn an, aber Yugi reisst sich los und weicht zurück. »Warum? Damit du mir mein Herz noch mehr brechen kannst?« Wirft er ihm vor und stürmt an ihm vorbei zur Tür. Ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass er nur Hausschuhe trägt, rennt er nach draussen. Blind vor Tränen rennt er durch den Hinterhof und auf die Strasse. Atemu ist ihm bis zum Tor des Hinterhofes gefolgt. »Yugi!«, ruft er ihm hinterher, aber da ist er auch schon um die Ecke gebogen. Sich an der Wand abstützend sieht er in die Richtung, wo Yugi verschwunden ist, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. »Warum ist er weggerannt?« Will er tonlos von seinem Grossvater wissen, der ihn nun mit sanftem Druck wieder in den Hinterhof führt. »Weil es zu viel geworden ist. Vermutlich rennt er zu Jono. Er wird zurückkommen, sobald er sich beruhigt hat.« Mit gesenktem Blick lässt sich Atemu über den Hinterhof führen. »Ich wollte mit ihm doch noch die letzten Stunden so schön wie möglich verbringen«, murmelt er den Tränen nahe. »Warum ist er nur so ausgetickt? Das passt so doch gar nicht zu ihm.« Tief seufzt Sugoroku auf und führt seinen Enkel bis in die Küche, wo er ihn auf einen der Stühle drückt. »Es hat schon in ihm gebrodelt, seit du gesagt hast, dass du gehen wirst«, erklärt er mit sanfter Stimme und stellt zwei Tassen Tee auf den Tisch. »Weisst du, er hat panische Angst, dass du nie mehr zurückkommen wirst, wenn du gehst. Er hat es in den letzten Tagen nicht gezeigt, aber es zerreisst ihn innerlich. Er weiss doch ganz genau, was es bedeutet, wenn du den Thron wieder besteigst. Denn denke dran, dass er eine Weile bei den Eltern seines Vaters gelebt hat.« Betroffen blickt Atemu in seine Teetasse. »Das habe ich ganz vergessen. In der Tat ist es so, dass ich vermutlich werde heiraten müssen, wenn ich den Thron tatsächlich erneut besteigen sollte.« Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst, was seine Entscheidung für sie alle bedeutet. Mit zitternden Fingern greift er nach dem Bernsteinphönix, der um seinen Hals hängt. »Ich werde einen Weg finden, Grossvater. Es muss einen Weg geben und ich werde ihn finden.« Mit einer plötzlichen Entschlossenheit steht er auf. »Ich bin im Stofflager.« Hastig trinkt er seinen Tee aus, der ihm ohne Honig einfach nicht schmeckt, aber für das Detail hat er jetzt keine Zeit. Mit weit ausgreifenden Schritten geht er ins Stofflager und setzt sich an den Tisch. Er sucht einen Moment, aber dann hat er Papier gefunden und fängt an zu schreiben.   Sugoroku ist ihm gefolgt, aber im Türrahmen stehen geblieben. Voller Sorge beobachtet er seinen Enkel, wie dieser sich über das Papier beugt und schreibt. Mit gesenktem Blick dreht er sich um und geht in die Küche, wo er sich hinsetzt und vor sich hinstarrt. Wieder einmal wünscht er sich Amara an seine Seite, damit sie ihm sagt, was er tun kann, um dem Jungen zu helfen. Wie er verhindern kann, dass seine Enkel vor seinen Augen zerbrechen. Schon jetzt ist Yugi am Ende und hat nur mit Müh und Not im Laden gestanden, während Atemu sich erst vom Überbrennen des Sklavenbrandmals erholen musste und dann keine Sekunde mehr tatenlos dasitzen konnte, was besonders Nino mit noch mehr Leseunterricht und genauesten Unterweisungen im Stall zu spüren bekommen hat. Müde reibt er sich die Nasenwurzel, als er eine Hand auf seiner Schulter spürt. »Sugoroku, wird Atemu wirklich gehen? Wird er wirklich nicht mehr zurückkommen?« Von den ganzen Veränderungen verunsichert, sieht Nino ihn mit grossen Augen an. Leicht legt Sugoroku seine Hand auf die des Jungen. »Ja, er wird wirklich gehen. Heute Abend, nach Sonnenuntergang, wird er uns verlassen«, erklärt er leise, obwohl sie ja alle dabei gewesen sind, als die Nachricht überbracht worden war. »Er will zurück kommen, die Frage ist nur, ob er es wirklich schafft und wenn, wann das sein wird.« Aufmerksam hört Nino mit zur Seite geneigtem Kopf zu. »Du glaubst aber nicht daran, dass er es schafft?« Als Sugoroku die Frage hört, kann er sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. »Du bist so aufmerksam und verstehst viel zu gut, was das alles zu bedeuten hat.« Er deutet auf den Brief. »Der war auch mit im Umschlag und für mich bestimmt. Da steht drin, dass wir jederzeit Zugang zu einem Medimagus haben und ich meine Medikamente bekomme, ohne dass sich Yugi einmal im Jahr erniedrigen lassen muss. Ich weiss gar nicht, wann er das alles eingefädelt hat.« Nino grinst stolz. «Er hat mir die Nachricht für die beiden Fremden mitgegeben, als ich dich gestern zum Markt begleitet habe und ich habe sie dem Postboten gegeben, den ich kenne.« Erstaunt sieht Sugoroku zu ihm hoch. »Das habt ihr beide ja gut eingefädelt! War das der Mann, mit dem du dich gestern kurz unterhalten hast?« Eifrig nickt Nino. »Ja, er kennt Oma und er ist ganz in Ordnung. Er hat auch keine Probleme damit, wenn Sklaven ihm Briefe geben. Aber er weiss auch nicht, was mit Oma ist. Er hat schon lange nichts mehr von ihr gehört.« Leise seufzt Sugoroku auf und greift nach seinem nur noch lauwarmen Tee. »Es ist schon unglaublich. Du kennst so viele Leute, obwohl du ein Sklave bist, so wie Atemu noch vor ein paar Tagen. Er hingegen, kennt nur sehr wenige Leute und hat kaum etwas von der Stadt gesehen.« »Ich bin ein reiner Arbeitssklave gewesen, bevor mich Bakura gekauft hat und auch noch zu seinem Lustsklaven gemacht hat. Da lernt man viele Leute kennen. Freie und auch andere Sklaven. Als reiner Lustsklave ist man ans Haus gefesselt. Denn wenn sich ein Lustsklave so verletzt, dass er Narben zurückbehält, die ihn verunstalten, verliert er an Wert.« Nino hat sich an den Herd gestellt, während er erzählt hat und rührt in dem Topf, in dem schon seit dem frühen Morgen eine Suppe vor sich ihn köchelt. »Ich weiss.« Mit einem leichten Lächeln beobachtet er, wie Nino die Suppe probiert. »Und? Schmeckt es?« Als wäre er ertappt worden, zuckt Nino zusammen. »Ähm ja. Bis zum Mittagessen ist sie dann perfekt. Meinst du, dass Yugi bis zum Essen wieder da ist?« Fragend sieht er zu dem alten Mann, der wieder seufzt. »Ich rechne nicht damit. Es sei denn, Jonouchi und May können ihn schnell davon überzeugen, wieder nach Hause zu kommen.«   Atemu steht im Flur und hat alles gehört. Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern geht er nach oben ins Schlafzimmer, wo seine schon gepackte Tasche steht. Viel kann er nicht mitnehmen und jetzt nimmt er auch Osis wieder aus seinem Gepäck und setzt ihn aufs Bett. »Du musst hierbleiben und auf meinen Sharik aufpassen.« Mit geschlossenen Augen lässt er sich auf die Matratze sinken und vergräbt das Gesicht in seinen Händen. Er will nicht gehen, aber wie er es auch dreht und wendet, er sieht keine andere Möglichkeit, um einen Krieg sicher zu verhindern.   Nino geht ins Lager, um nach Atemu zu sehen und sieht nur den Brief auf dem Tisch liegen. Neugierig, wie er ist, beginnt er mühsam die Worte zu entziffern. Er kann nicht alles lesen, aber trotzdem schnappt er sich den Zettel und eilt aus dem Haus. Er zögert kurz, aber dann holt er Blacky aus dem Stall und klettert auf dessen Rücken. »Wir müssen zum Schmied«, flüstert er ihm ins Ohr und reitet dann ungeschickt los. Er hat das Reiten nie lernen dürfen, aber irgendwie scheint der Wallach zu wissen, was los ist und trabt mit weit ausgreifenden Schritten los. Nino muss sich an der Mähne festhalten und hat Mühe, sich auf dem Rücken des grossen Tieres zu halten, aber er schafft es irgendwie und dann endlich kommen sie bei Jonouchis Schmiede an. Erleichtert, dass er heil angekommen ist, springt er auf den Boden und stolpert erst einmal, bevor er sich fängt und zum Haus rennt. Er ist noch nicht ganz bei der Tür angekommen, als sie geöffnet wird und Rishido raus kommt. »Geh rein. Ich kümmere mich um Blacky.« Er schiebt ihn ins Haus und geht dann zu dem Wallach, der ihn blubbernd begrüsst.   Nino rennt die Treppe nach oben und findet das Wohnzimmer, wo Yugi auf dem Sofa sitzt und in eine Tasse starrt, die er mit beiden Händen festhält. »Yugi!«, ruft er aus und geht zum Sofa. Atemlos bleibt er vor ihm stehen und hält ihm den Brief hin. »Bitte, komm nach Hause, bevor Atemu gehen muss.« Mit leerem Blick mustert Yugi den Zettel, ohne ihn in jedoch in die Hand zu nehmen. »Warum sollte ich. Er verlässt uns … mich … Er liebt mich nicht genug, um zu bleiben. Also warum sollte ich da sein, wenn er geht?«   Nun reicht es Nino. Er drückt ihm den Brief in die Hand. »Lies. Ich kann nicht alles lesen, aber etwas habe ich verstanden. Er geht, weil er dich liebt!«   Erst jetzt beginnt Yugi zu lesen.   ‘Sharik,   ich weiss nicht, wie ich es erklären soll. Ich will dich nicht verlassen. Meint Herz zerspringt nur schon bei dem Gedanken daran, aber ich habe keine Wahl. Nur so kann ich dich und Grossvater und unsere Freunde schützen. Ich habe dafür gesorgt, dass ihr jederzeit Zugang zu der besten medizinischen Versorgung bekommt und du musst nie wieder zu dieser schrecklichen Party gehen. Grossvater bekommt seine Medikamente ab jetzt jeden Monat zugesendet und wenn was ist, habt ihr einen Medimagus an den ihr euch jederzeit kostenlos wenden könnt.   Ich weiss, das ist kein Trost, aber was soll ich sagen. Ich will euch … dich … in Sicherheit wissen und das wärt ihr nicht, wenn ich bleiben würde. Irgendwann würden sie mich finden und euch etwas antun. Davon bin ich überzeugt.   Mein Sharik, mein Herz gehört dir. Es wird für immer dein Sklave sein und ich verspreche dir, dass ich zurückkehren werde.’   Yugi liest die Worte immer wieder. Er sieht, dass Atemu beim Schreiben geweint hat und auch, dass der Brief nicht fertig geschrieben ist. Gepeinigt schliesst er die Augen. »Ich kann nicht. Das übersteigt meine Kräfte«, schluchzt er auf und presst das Papier an seine Brust.   ***   Sugoroku sieht voller Sorge auf die untergehende Sonne. Noch immer sind Yugi und Nino nicht zurückgekehrt. Das Mittagessen hat er mit Atemu allein gegessen, der jedoch nur abwesend in der Suppe rumgerührt hat. Kaum die Hälfte ist in dessen Mund gewandert und auch beim Abendessen, hat er ihn nur mit Müh und Not dazu bringen können, ein paar Bissen von dem Brötchen zu essen, was ihm noch zusätzliche Sorgen bereitet. Um sich zu beschäftigen wendet er sich wieder dem Korb zu, den er für die Reise mit Brötchen und frisch gebackenen Keksen füllt. Sogar eine Flasche mit Apfelsaft hatte er gestern noch auftreiben können. Doch das Wertvollste liegt als Geschenk verpackt neben dem Korb. Eine Tafel Nussschokolade, die sein Enkel so sehr liebt.   Draussen sitzt Atemu auf der Hintertreppe. Es ist kalt, aber das ist ihm egal. Er wartet auf Jonouchi und May, die sicher noch kommen werden, um sich zu verabschieden und ein Teil von ihm hofft, dass Nino Yugi gefunden hat und ihn mitbringt. Er will nicht gehen, ohne sich von seinem Sharik zu verabschieden, ihm alles zu erklären …  in Gedanken versunken blickt er zum Tor, während seine Hände den Bernsteinanhänger umfassen. Endlich hört er vertraute Hufschläge. So schnell er kann, springt er auf und eilt auf das Tor zu und da kommt Yugi schon auf den Hof gerannt und stürmt auf ihn zu. Mitten auf dem Platz fallen sie sich in die Arme und sinken eng umschlungen auf die Knie. »Liebster, es tut mir so leid. Ich war so …« Atemus Lippen auf den seinen lassen ihn verstummen. Verzweifelt küssen sie sich immer wieder und ihnen laufen die Tränen über die Wangen. Doch irgendwann wird ihnen trotz allem die Luft so knapp, dass sie die Küsse abbrechen müssen. Ihre Stirne aneinander legend, sehen sie sich in die Augen und wischen sich gegenseitig mit den Fingern die Tränen von den Wangen. »Sharik, ich hatte solche Angst, dass du zu spät nach Hause kommst«, raunt Atemu mit tränenerstickter Stimme und haucht wieder sanfte Küsse auf Yugis Lippen. »Es tut mir so leid. Ich habe unsere letzten Stunden verschwendet. Ich bin so dumm und egoistisch. Ich …« Ein Schluchzen unterbricht ihn und er schlingt die Arme um den Hals seines Liebsten, der ihn fest an sich drückt. »Du bist ja jetzt da. Das ist alles, was zählt.« Auch ihm laufen immer noch die Tränen übers Gesicht und er will seinen Sharik gar nicht mehr loslassen. Die Zeit soll jetzt stehen bleiben und nie wieder weiterlaufen. Nur ist das nicht möglich, wie ihm ein deutlich hörbares Motorengeräusch nur Sekunden später klar macht. »Noch nicht«, fleht er tonlos, aber da werden schon Türen geöffnet und wieder zugeschlagen. »Ein Pharao hat nicht auf dem Boden zu knien. Ausser vor den Göttern beim Gebet«, erklingt die überhebliche Stimme Setos. »Halt die Klappe, Oberschichtssack. Du hast ja keine Ahnung!«, geht Jonouchi gleich in die Luft und er stellt sich vor ihm hin. Unbeeindruckt schiebt dieser den Schmied zur Seite und geht direkt auf Yugi und Atemu zu, die sich immer noch umarmen. »Was für ein schönes Bild, aber wir haben keine Zeit, um lange Abschiedsszenen zu veranstalten.« In seiner Stimme ist die Ungeduld zu hören und wenn man genau hinhört, ein Hauch von Nervosität. »Die beiden nehmen sich die Zeit, die sie brauchen!« Streng sieht Sugoroku Seto an, während er mit einer Tasche und einem Korb auf sie zu kommt. »Zeit ist das, was wir nicht haben. Hohepriester Shimon hat es geschafft, dass wir mit einem Privatflugzeug in das römische Grossreich fliegen können. Aber wir haben nur ein kleines Zeitfenster, in dem wir den Pharao an Bord schmuggeln und losfliegen können.«   Atemu schluckt leer, als er das hört. Widerwillig löst er sich aus Yugis Armen und steht wieder auf. »Ich werde mich von meinem Sharik, meiner Familie und meinen Freunden so verabschieden, wie ich es für richtig halte.« Entschlossen sieht er seinen Cousin an, der den Blick kühl erwidert. »Wie ihr wollt. Aber wenn wir zu spät sind, müssen wir auf ein Schiff ausweichen und werden deutlich länger unterwegs sein und das können wir uns nicht leisten.« »Lasst ihn. Wir haben ein schnelles Auto, wir haben Zeit«, mischt sich nun Shimon ein, der Seto gefolgt ist und jetzt ruhig neben ihm steht. Dankbar neigt Atemu kurz den Kopf in die Richtung des alten Mannes, ehe er sich abwendet und zu seinen Freunden blickt. Er hat einen Kloss im Hals, der ihm die Luftröhre zuschnürt. Ein paar Mal muss er sich räuspern. »Jonouchi. Wenn du dir keinen Sklaven hättest kaufen wollen, würden wir jetzt nicht hier stehen. Im Gegenteil, vermutlich wäre ich schon lange nicht mehr am Leben. Du bist der wohl beste Freund, den sich Yugi nur wünschen kann und auch ich sehe in dir einen sehr guten Freund und einen Menschen, dem ich mein Leben anvertrauen würde. Ich danke dir, für alles, was du für mich in diesem letzten Jahr getan hast.« Mit einem Schniefen zieht Jono ihn nach diesen Worten in eine schraubstockartige Umarmung. »Tut mir leid. Aber das musste jetzt sein«, entschuldigt er sich mit einem schiefen Grinsen, als er ihn wieder los lässt. »Pass verdammt nochmal auf dich auf und komm wieder nach Hause. Sonst reise ich persönlich ins ägyptische Grossreich und schleife dich wieder her. Hast du mich verstanden?« Leer schluckend und mit einem schiefen Grinsen nickt Atemu. »Ich verspreche es«, erwidert er und sieht dann zu May. »Dir hatte ich meine ersten richtigen Kleider seit über fünf Jahren zu verdanken. Du warst da, wenn wir dich gebraucht haben und du hast Yugis Laune in Wladiwostok ertragen. Du bist die wohl beste Freundin, die ich je hatte. Ich danke dir für deine Geduld, die du immer mit mir gehabt hast.« Nun ist er es, der eine aufschluchzende May umarmt. »Pass gut auf deinen Schatz auf. Er ist etwas ganz Besonderes«, raunt er in ihr Ohr und lässt sie dann wieder los. Leicht lächelt er sie an und tritt dann einen Schritt zurück. Jetzt wendet er sich Rishido zu, der mit ruhiger Miene dasteht. »Rishido. Du hast vermutlich als erster gewusst, wer ich einst gewesen bin. Ich habe dir das Leben nicht immer leicht gemacht, aber dennoch hast du mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Gehe deinen Weg und wenn du die Möglichkeit erhalten solltest, die Freiheit zu erlangen, dann ergreife sie und ich bin überzeugt, dass dir Jono die Wahl lassen wird.« Er hält Rishido die Hand hin und als dieser sie ergreift, neigt er voller Respekt den Kopf. »Du bist so viel stärker, als ich es je gewesen bin. Dafür bewundere ich dich«, fügt er noch hinzu und zieht den grossen Mann in eine schnelle Umarmung, ehe er einen Schritt zurück macht und dann zu Nino blickt, der etwas abseits steht und ihn mit grossen Augen ansieht. »Nino. Du bist erst so kurz ein Teil der Familie, aber du hast dich so gut eingelebt, dass es mir so vorkommt, als wärst du schon viel länger hier. Du hast so viel, in so kurzer Zeit gelernt. Ich bin so unglaublich stolz auf dich und mich beruhigt das Wissen, dass du hier bist und an meiner Stelle auf Grossvater und Yugi aufpasst.« Sanft wischt er ihm die Träne von der Wange und da schlingt der Junge schluchzend die Arme um ihn. »Geh nicht«, fleht er und da wird Atemu klar, dass auch Nino leidet. »Ich muss gehen. Kümmere dich um die Pferde, bis ich wieder da bin und lass dich von Grossvater nicht einschüchtern, wenn er mal wieder auf stur schaltet«, flüstert er ihm zu und schiebt ihn dann sanft von sich. »Lerne fleissig weiter lesen und schreiben und auch die Mathematik.« Schniefend nickt Nino und wischt sich mit dem Ärmel über die Augen. »Mach ich. Du wirst stolz sein, wenn du wiederkommst und ich schreibe dir, wenn ich darf.« Atemu würde am liebsten auch weinen, dennoch nickt er lächelnd. »Ich freue mich auf deine Briefe.« Noch einmal umarmt er ihn, ehe er sich zu Sugoroku umwendet, der mit Tränen in den Augen dasteht und ihn in eine grossväterliche Umarmung zieht, noch bevor er etwas sagen kann. »Du hast so viel gesagt, jetzt hörst du mir zu.« Mühsam gefasst sieht er ihm in die Augen. »Ich bin so unglaublich stolz auf dich. Du hast in dem einen Jahr so viel geschafft. Du hast wieder zu dir selbst gefunden. Du warst ein verängstigter junger Mann ohne Erinnerung, der sich selbst aufgegeben und verloren hatte, als du zu uns gekommen bist.« Leicht lächelt er nun. »Und jetzt steht ein stolzer und selbstbewusster Mann vor mir, der es geschafft hat, das Herz von Yugi im Sturm zu erobern und den ich mit Stolz meinen Enkel nenne. Du hast hier immer ein Zuhause, in das du zurückkehren kannst und hier warten Menschen auf dich, die dich ins Herz geschlossen haben. Vergiss das nie. Egal, was für schwere Zeiten auf dich zukommen.« Er hebt die Hand, als Atemu etwas sagen will. »Nur noch etwas. Ich habe hier für dich nicht nur dein Gepäck rausgebracht, sondern auch einen Korb mit Proviant und einer kleinen Überraschung, damit du noch etwas länger etwas von uns an deiner Seite hast.« Leer schluckt Atemu, als er sprachlos nickt und seinen Grossvater umarmt. »Ich wollte so viel sagen. Aber jetzt … danke … danke … danke. Du hast mir eine Familie gegeben und mir Tante Amina wieder zurückgebracht. Du hast mir so viel mehr gegeben, als du dir vorstellen kannst, Grossvater.« Schniefend lässt er den alten Mann los, der ihm die Hände auf die Wangen legt. »Pass auf dich auf und komm wieder nach Hause.« Eindringlich sieht er in die rubinroten Augen, die ihn mit so viel unterdrückter Verzweiflung ansehen, dass es ihm ganz schwer ums Herz wird. Widerwillig lässt er ihn los und sieht zu Shimon und dem Prinzen. »Wenn ihm etwas passiert, mache ich euch dafür verantwortlich!« Während Seto gelangweilt und ungeduldig wirkt, nickt Shimon. »Ich verspreche es. Ich werde ihn hüten, wie meinen Augapfel.«   Atemu hat das kleine Zwischenspiel der beiden alten Männer ausgeblendet. Er steht nun vor Yugi und sieht ihn voller Liebe an. »Ich könnte dir so viel sagen und doch lässt sich alles in drei Worte packen.« Ihm versagt die Stimme und so legt er die Hände auf Yugis Wangen und sieht ihm tief in die Augen. »Ich liebe dich«, spricht er zum ersten Mal die drei Worte aus und das ohne Panik zu verspüren. »Du bist mein Leben. Meine Seele und ich werde immer dein Sklave sein, denn du hältst mein Herz in deinen Händen. Ich lasse es in deiner Obhut, bis ich zurückkehre und noch viel länger bis in die Ewigkeit.« Er zieht seinen Sharik an sich und küsst ihn mit all der Liebe und der Sehnsucht, die er in sich trägt. Als sie den Kuss lösen müssen, legt ihm Yugi die Hand auf die Wange. »Ich liebe dich auch. Mein Herz und meine Seele gehören dir und so wie du mein Sklave bist, so bin ich dein Sklave. Komm wieder zu mir zurück. Ich warte auf dich. Bis in alle Ewigkeit und noch darüber hinaus.« Ein zittriges Lächeln kämpft sich auf sein tränennasses Gesicht, als er ihm noch einen verzweifelten Kuss gibt.   Viel zu schnell löst sich sein Liebster dann von ihm und tritt zurück. »Passe auf Osis auf«, raunt Atemu ihm zu. Noch einmal wischt er ihm mit dem Daumen die Tränen von der Wange, ehe er sich umwendet und den Korb und die Tasche hochnimmt. Noch einmal blickt er sich im Hof um, sieht zu den Menschen, die ihm in dem letzten Jahr so sehr ans Herz gewachsen sind. Blickt zu den Mauern des Hauses, in dem er seine schönste Lebenszeit verbracht hat. Sein Blick geht noch einmal zu seinem Sharik, der schluchzend in den Armen von Grossvater dasteht und es zerreisst ihm das Herz, diese beiden Menschen verlassen zu müssen. Es kostet ihn übermenschliche Stärke, sich umzudrehen und einen Schritt nach dem anderen von ihnen weg zu machen. Er zwingt sich, sich nicht noch einmal umzublicken, als er ins Auto steigt und sich neben Anna und ihr Kind setzt. Mit leerem Blick sieht er nach vorn, als sich der Wagen in Bewegung setzt.       ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------   So, das war es jetzt auch schon. Weiter geht es, wenn ich den 7. Band fertig geschrieben habe. Ich hoffe, ihr musstet nicht zu sehr leiden, während ihr gelesen habt.   Eure mrs_ianto   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)