Sklave der Wüste von mrs_ianto ================================================================================ Kapitel 78: Weiterreise ----------------------- Hallo zusammen,   es geht weiter. Ja, ich weiss, ihr brennt darauf, dass die Jungs endlich aufeinander treffen, aber noch ist es nicht soweit. Zuerst müssen die Herrschaften weiterreisen.   -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------   Kapitel 10: Weiterreise   Ein Klopfen an der Tür lässt Hopkins die Augen öffnen. Irgendwann in der Nacht hatte er es doch noch geschafft, in einen leichten Dämmerschlaf zu fallen. Mühsam kämpft er sich aus dem Bett und steht schwankend auf. Einen Moment lang muss er die Augen schliessen, weil sich der Raum um ihn zu drehen scheint, aber dann hat sich sein Gleichgewichtssinn stabilisiert. Schon wieder wird gegen das stabile Holz der Tür geklopft. »Ich komme ja schon!«, ruft er genervt, als er auch schon zur Tür geht und diese öffnet. Vor ihm steht Kagayama mit zwei jungen Sklaven, die bis zum Rand gefüllte Tabletts tragen. »Guten Morgen. Ihr Frühstück und wie von Ihrem Begleiter befohlen, die Milch für das Baby.« Ohne auf eine Antwort seines Gegenübers zu warten, dreht er sich zu den Sklaven um und schnippt mit den Fingern. »Hopp, hopp. Macht schon und deckt den Tisch für die Herrschaften und wehe, ihr verschüttet auch nur einen Tropfen des Tees!« Mit kaltem Blick beobachtet er die beiden Männer, wie sie mit gesenkten Köpfen den Tisch decken und dabei peinlichst darauf achten, dass auch ja kein Tröpfchen Tee aus der Kanne entwischt. »Vergesst das Feuer nicht!«, grollt Kagayama, als sie auch schon wieder an ihm vorbei huschen wollen. Mit eingezogenen Köpfen rennen sie schon regelrecht zum Kamin und fachen das Feuer wieder an, bis die Flammen hoch auflodern und wieder eine angenehme Wärme im Raum verbreiten. Erst jetzt wagen sie es, mit gesenkten Blicken das Zimmer zu verlassen. Kaum, dass sie weg sind, dreht auch Kagayama sich um. »Sagen Sie ihrem jungen Begleiter, dass ich auch in ihrem Reiseproviant Milch für das Baby einpacken lasse.« Freundlich, aber sehr distanziert sieht er Hopkins eine Antwort erwartend an. »Ähm ja, dankeschön. Ich werde es ihm sagen«, erwidert dieser verwirrt und atmet erleichtert auf, als der Gasthofbesitzer ihm kurz zunickt und dann, die Tür hinter sich zuziehend, geht. Die Stirn runzelnd blickt Arthur zum Tisch und fragt sich, wie zur Hölle Kagayama auf die Idee kommt, dass sie Milch für ein Baby brauchen. »Warum stehen da zwei Fläschchen?« Ertönt plötzlich die Stimme von Shimon, der mit tropfnassen Haaren aus dem Badezimmer kommt. »Gute Frage. Da müssen wir wohl Seto fragen, wenn er dann zum Frühstück rüber kommt.« Nur mit Mühe kann Arthur es verhindern, dass er trotz des spannenden Rätsels gähnt. Die schlaflose Nacht macht sich schon jetzt bemerkbar. Kurzerhand geht er zum Tisch und füllt eine der Tassen mit dem heissen Tee. Vorsichtig trinkt er einen Schluck und setzt sich dann hin.   Nachdenklich mustert Shimon seinen alten Freund und neigt dabei den Kopf zur Seite. »Sag mal, hast du die Nacht durchgemacht? Du siehst aus, wie einmal durchgekaut und wieder ausgespuckt.« Die Arme verschränkend tippelt er mit der einen Fussspitze auf den Boden. »Dabei haben wir laut dir heute noch einen anstrengenden Reisetag vor uns. Zumindest hast du uns das gestern in der Kutsche gesagt, dass der zweite Tag immer anstrengender ist als der Erste.«   Gereizt verengt die Arthur die Augen. »Ich hätte ja gern geschlafen. Doch du hast so laut geschnarcht, dass es mich erstaunt, dass Seto nicht rübergekommen ist und sich beschwert hat.« Laut lacht Shimon auf, als er das hört. »Ich schnarche doch nicht. Das wüsste ich nämlich.« »Und wie du schnarchst. Mich erstaunt es, dass die Bäume draussen noch stehen, so wie du gesägt hast.« »Ich wiederhole mich nur ungern. Das weisst du!«, murrt Shimon und da hören sie, wie die Badezimmertür geöffnet wird. »Könnt ihr etwas leiser streiten? Ihr weckt das Baby noch auf.« Seto funkelt die beiden Männer mit warnend blitzenden Augen an, während er zum Tisch geht und sich hinsetzt. Er nimmt sich einen Tee und nimmt einen Schluck. »Was würde ich nicht alles für einen anständigen Kaffee geben …«, murmelt er vor sich hin, während er vorsichtig trinkt. Entgeistert starrt Arthur den Jüngeren an. »Was habt ihr gerade gesagt? Ein Baby? Gibt es da vielleicht etwas, das wir wissen müssen?« Mit einem unschuldigen Blick sieht Seto ihm an. »Nein, da gibt es nichts, was ihr wissen müsstet. Ich habe nur in der Nacht eine Sklavin mit ihrem Baby gekauft. Sie wird uns begleiten.« »Ihr habt was!?«, ruft Shimon aus und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Was an nicht auffallen und inkognito reisen habt ihr nicht verstanden?« Am liebsten würde er ihn packen und durchschütteln.   Vollkommen ruhig hebt Seto eine Augenbraue an. »Ich bin nicht dumm! Also pass auf, was du sagst! Dieser Kagayama hat keine Ahnung, mit wem er es zu tun hat«, grollt er drohend und wie auf Kommando hören sie durch die offenen Badezimmertüren das Weinen eines Babys. »Anna! Komm mit der Kleinen rüber! Hier gibt es Frühstück für euch beide!«, ruft Seto befehlend, ehe er zu Shimon blickt. »Diese Anna hat das richtige Alter für Mokuba. Ausserdem wollte dieser Kagayama das Kind töten, weil es vor lauter Hunger geweint hat. Ich habe mit meinem Siegelring das Wappen in ihr Halsband eingebrannt und auf den Papieren mit Seto Nesut unterschrieben«, erklärt er mit gefährlich ruhiger Stimme, die sein Gegenüber leer schlucken lässt. »Verstehe.« Tatsächlich versteht Shimon jetzt schlagartig, warum sein Schützling so gehandelt hat. Auch wenn er von Sklaven keine hohe Meinung hat und sie eher als Abschaum ansieht, als als Menschen, so kann er es doch nicht mit ansehen, wenn kleine Kinder leiden müssen. Die einzige Schwäche des Prinzen. Nun doch neugierig, wie diese Anna aussieht, blickt er zur Tür und zieht dann anerkennend eine Augenbraue hoch. »Ihr habt recht. Sie könnte eurem Bruder wirklich gefallen. Was habt ihr mit dem Kind vor?« Kaum hat er die Frage gestellt, kann er sehen, wie die Sklavin ihr Kind schützend fester an sich drückt und sich versteift. »Es bleibt bei der Mutter. Sicher mal, bis es alt genug ist, um selbstständig überleben zu können, vielleicht aber auch länger. Es ist ein Mädchen und frisches Blut in unserer Sklavenpopulation hat noch nie geschadet.« Ohne auch nur eine Gefühlsregung zu zeigen, hat Seto gesprochen und erst jetzt sieht er zu Anna, die mit gesenktem Blick dasteht. »Was stehst du so rum? Hörst du nicht, dass dein Kind weint? Komm her und setz dich. Wir haben hier sogar Milch für die Kleine.« Kaum zu hören ist der leicht sanftere Unterton in seiner Stimme, als er von dem Kind spricht. Doch Anna hat ihn registriert und kommt nun unsicher näher. Die beiden älteren Männer beunruhigen sie. Dennoch setzt sie sich mit gesenktem Blick auf den letzten freien Stuhl. Auf einmal taucht ein Fläschchen vor ihren Augen auf, was sie erstaunt den Blick heben lässt. Sie sieht direkt in das Gesicht von Hopkins, der sie leicht anlächelt. »Hier, die Kleine will sicher nicht noch länger auf ihr Frühstück warten.« Unsicher nimmt sie das Fläschchen entgegen. »Danke, Meister.« Sie wagt es kaum, die Worte laut genug zu sagen, dass sie zu verstehen gewesen wären, dennoch nickt ihr der ältere Mann zu. »Du musst dich nicht bedanken. Aber jetzt gib ihr das Fläschchen oder willst du sie noch länger weinen lasen?« Vollkommen überfordert nickt Anna und hält dann der Kleinen das Fläschchen an die Lippen. Es dauert einen Moment, aber dann öffnet Toshi den Mund und beginnt gierig zu trinken. Nur die geröteten Wangen und die Tränenspuren auf ihrem Gesichtchen erinnern noch daran, dass sie kurz zuvor noch geweint hat. Mit einem unglaublich glücklichen Lächeln beobachtet Anna ihre süsse kleine Tochter, die doch erst vor ein paar Stunden auf den Befehl ihres früheren Besitzers hin, hätte sterben sollen. Zufrieden, dass die Kleine trinkt, lehnt sich Seto zurück und sieht jetzt erst Hopkins und Shimon wirklich bewusst an. »Als erstes. Du schnarchst und das extrem laut. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, alter Mann. Als zweites, die beiden werden bei uns in der Kutsche mitfahren und nicht draussen sitzen. Es ist für das Baby viel zu kalt. Sogar in der Kutsche wird es kühl genug für beide sein, so dünn wie ihre Sachen sind.« Shimon öffnet schon den Mund, um zu protestieren, als ihm Arthur zuvor kommt. »Natürlich fahren die beiden bei uns in der Kutsche mit«, stellt er klar und sieht zu Anna. »Wir haben Decken in der Kutsche, die kuschelig warm sind. Deinem Kind sollte es also nicht zu kalt werden.« Er spricht bewusst mit sanfter Stimme, da er ahnt, dass sie von der Situation überfordert ist. »Wie heisst dein Kind eigentlich?« »Toshi«, erwidert Anna scheu und drückt die Kleine noch fester an sich. »Warum tut ihr das? Warum behandelt ihr mich so gut? Warum darf ich hier sitzen?« Verwirrt sieht sie von einem zum anderen. »Ganz einfach. Du gehörst jetzt Prinz Seto Nesut. Er bestimmt, was mit dir und deinem Kind passiert und wenn er will, dass du hier sitzt und mit uns in einer Kutsche reist, dann passiert das auch so«, mischt sich Shimon ein und mustert sie nun genauer. »Es wird eine anstrengende Zeit auf dich zukommen. Wir sind auf einer Reise, die noch lange dauern wird. Du wirst Dinge hören und sehen, die niemanden etwas angehen. Wenn du auch nur ein Wort darüber verlierst, was du erfährst, dann kriegst du sehr grosse Probleme. Hast du mich verstanden?« Kühl sieht er Anna an, die auf ihrem Stuhl zu schrumpfen scheint. »Ich habe verstanden, Meister.« Eingeschüchtert sieht sie zu ihrem neuen Besitzer, der ihren Blick ernst erwidert. »Shimon hat recht. Wir müssen uns darauf verlassen, dass du schweigst, wie ein Grab.« Leer schluckend nickt Anna und senkt den Blick wieder auf ihr Töchterchen, die aufgehört hat zu trinken, weshalb sie das Fläschchen auf den Tisch stellt und dann die Kleine so an die Schulter legt, dass sie ihr den Rücken tätscheln kann. Es dauert nicht lange, da macht Toshi ihr Bäuerchen und schläft noch in der Position ein. »Du solltest sie aufs Bett legen, damit du in Ruhe essen kannst«, meint Seto ruhig, während er sich gleichzeitig ein Brot schmiert. Er sieht gar nicht erst zu der Sklavin, die jetzt aufsteht und das Kind aufs Bett legt und es vorsichtig zudeckt. »Ist er krank?«, fragt Arthur Shimon flüsternd. »Er hat sich noch gar nicht über das Frühstück beschwert. Dabei ist es sehr einfach gehalten.« Nur mit Mühe kann sich sein Freund ein Lachen verkneifen. »Keine Ahnung. Vielleicht reisst er sich zusammen, um das Kind nicht zu erschrecken«, erwidert er ebenso leise und schielt zu seinem Schützling, der mit verkniffenem Blick ins Brötchen beisst. »Er reisst sich zusammen«, sagt er nun vollkommen überzeugt. »Ich kann euch beide hören und verstehen. Auch wenn ihr flüstert. Ich bin schliesslich nicht taub«, grollt Seto und sieht die beiden mit einem warnenden Blick an. »Es ist eine Zumutung, was uns hier vorgesetzt wird. Das Etablissement ist eindeutig nicht zu empfehlen. Es gibt nicht einmal Kaffee, von den anderen Mängeln will ich erst gar nicht anfangen.« »Er ist gesund. Den Göttern sei dank«, ruft Shimon spontan auf, nur um gleich darauf von zwei Seiten je eine Hand auf dem Mund zu haben. »Nicht so laut! Oder willst du Toshi aufwecken?« Mit einem vielsagenden Blick deutet Arthur mit einer Kopfbewegung zum Bett, wo die Kleine in einem Nest aus Decken und Kissen liegt. Neben ihr sitzt Anna, die sie unsicher beobachtet. »Komm her und setz dich wieder hin. Du musst essen, um genug Kraft für die Reise zu haben.« Ohne den Kopf zu sehr zu bewegen, sieht Seto Anna befehlend an, die sofort aufspringt und sich hastig wieder an den Tisch setzt. Unsicher sieht sie sich die Auswahl an Speisen an und greift schliesslich zögernd nach einem Brötchen. Hungrig beisst sie ein Stück ab und schliesst für einen Moment vor Genuss die Augen. Zu selten hat sie unter den Essensresten Brot gefunden und selbst wenn, dann war es meistens schon mit irgendeinem Belag bestrichen gewesen. So pur konnte sie es bis jetzt kaum essen und es schmeckt köstlich. Schnell nimmt sie noch einen zweiten Bissen und schluckt diesen hastig runter. Sie wird immer hektischer, verfällt in die Angewohnheit schnell zu essen … Auf einmal spürt sie eine Hand auf ihrer Schulter und sieht erschrocken zu ihrem neuen Herrn. »Iss langsamer. Es nimmt dir niemand weg. Ausserdem haben wir noch mehr als genug Zeit, bis wir aufbrechen müssen und ich will nicht, dass dir schlecht wird.« Mit einem versteckten Schmunzeln sieht Seto Anna an, während er die Worte streng ausspricht. Den letzten Bissen runterschluckend nickt Anna eingeschüchtert. »Ja, Meister. Ich werde dran denken. Bitte, verzeiht.« Den Blick senkend sieht sie auf das Brötchen in ihren Händen, das sie schon zur Hälfte aufgegessen hat, als sich plötzlich ein Hickser den Weg nach aussen bahnt. Beschämt hält sie sich die Hand vor den Mund. Schon seit Ewigkeiten hatte sie keinen Schluckauf mehr. Auf einmal taucht eine Tasse mit dampfendem Tee vor ihrer Nase auf. »Hier, trink.« Auffordernd drückt Seto ihr die Tasse in die Hand. Verwirrt sieht Anne auf die goldbraune Flüssigkeit. Sie kann sich nicht erinnern, dass sie jemals Schwarztee getrunken hat. Vorsichtig trinkt sie einen Schluck und verzieht leicht das Gesicht. Sie mag den Geschmack nicht besonders. Aber der heisse Tee wärmt sie von innen und so hebt sie die Tasse wieder an ihre Lippen. In kleinen Schlucken leert sie die Tasse und sieht dabei immer wieder zu den drei Männern, die sich ernst unterhalten. Sie fragt sich, wer die Männer überhaupt sind und was sie hierher führt. Sie versucht zu verstehen, was sie sagen, aber sie unterhalten sich in einer Sprache, die sie nicht beherrscht. Kurz zögert sie, aber dann greift sie nach einem weiteren Brötchen und diesmal wagt sie es, sich auch ein winziges Stück Käse zu nehmen. Sie bricht das Brötchen in der Mitte auseinander und legt das Stück Käse hinein. Jederzeit damit rechnend, dass man ihr befiehlt, das Käsebrötchen sofort wieder hinzulegen, beisst sie hinein. Doch niemand sagt etwas zu ihr. Im Gegenteil, sie unterhalten sich weiter in dieser seltsamen Sprache, die sie noch nie gehört hat. Langsam fühlt sie sich immer sicherer und isst auch nicht mehr so hektisch. Zum ersten Mal in ihrem Leben kann sie das Essen der freien Menschen geniessen und muss es nicht heimlich runterschlingen. Auf einmal stellt ihr einer der älteren Männer einen Teller mit Rühreiern hin. »Hier, iss das auch noch. Wir haben heute eine lange und anstrengende Reise vor uns.« Leicht lächelt Arthur sie an, als sie ihn mit grossen Augen ansieht. »Aber, Meister …«, ihr fehlt leider das Wissen über seinen Namen, weshalb sie stockt. »… das ist zu gütig von Ihnen.« Verlegen senkt sie den Blick und greift ungeschickt nach der Gabel. Diese in ihrer Faust haltend, sticht sie in das Rührei und schafft es, etwas davon bis zu ihrem Mund zu balancieren. »Anna, nimm die Gabel so in die Hand und nimm noch das Messer in die andere Hand«, erklärt ihr Arthur und zeigt ihr, was er meint. Als sie es nachmacht, nickt er zufrieden. »So und jetzt benutzt du die Gabel und das Messer so.« Langsam zeigt er ihr bei seinem eigenen Rührei, wie sie es machen muss und schiebt sich dann eine deutlich grössere Portion als zuvor sie in den Mund. Sich konzentriert auf die Lippen beissend, macht sie die Bewegungen nach und schafft es sogar, eine grössere Menge auf die Gabel zu befördern.   Mit einem amüsierten Blick beobachtet Seto, wie Anna langsam den Teller leert. »Hopkins, wann will dieser Yato eigentlich weiterfahren?« Fragend sieht er den älteren Mann an, der sich nachdenklich den Schnurrbart zwirbelt. »Gute Frage. Ich nehme mal an, sobald die Sonne etwas höher steht.« »Je schneller wir aufbrechen können, desto besser. Lange halte ich es in dieser Absteige nicht mehr aus. Hoffentlich ist dein Anwesen in diesem Kaff dann grosszügiger als das, was du uns in Edo zugemutet hast.« Unbeeindruckt erwidert Arthur den Blick des Prinzen. »Tut mir leid. Es ist sogar kleiner als mein Anwesen in Edo. Ich bin eigentlich nur zur Theatersaison dort. Es leben zwei Angestellte dort, die sich auch in meiner Abwesenheit um alles kümmern und die beiden Pferde versorgen. Wenn wir Glück haben, haben sie meine Nachricht, dass wir auf dem Weg sind, schon erhalten und bereiten gerade alles für unseren Aufenthalt vor.« Murrend lehnt sich Seto zurück und verschränkt die Arme. »Shimon! Wenn wir umsonst diese primitive Umgebung auf uns nehmen, dann hast du dann Zuhause die Konsequenzen zu tragen.« Seine Stimme ist eiskalt und obwohl Anna nichts verstanden hat, läuft ihr ein Schauer über den Rücken. Auf einmal ertönt vom Bett her ein leises Wimmern. Sofort springt sie auf und will zu ihrem Kind eilen, als sie eine Hand ihrer Schulter aufhält. »Bleib sitzen und iss weiter. Ich kümmere mich schon«, befiehlt ihr Seto, der auch aufgestanden ist. Obwohl sie am liebsten widersprechen würde, senkt sie gehorsam den Blick. »Ja, Meister Seto«, sagt sie leise und setzt sich widerwillig wieder hin. Obwohl sie wieder nach dem Besteck greift, beobachtet sie gegen jede Regel genau, was mit ihrem Kind gemacht wird. Vorsichtig hebt Seto die kleine Toshi aus ihrem Nest aus Decken und Kissen. Sie sicher im Arm haltend, wiegt er sie leicht hin und her. »Was hast du denn?«, fragt er sie raunend und stockt dann. »Oha, die Windel ist voll«, stellt er die Nase rümpfend fest, als ihm ein eindeutiger Geruch in die Nase steigt. Noch bevor er mehr sagen kann, ist Anna gegen jeden Befehl zu ihm geeilt und nimmt ihm die Kleine ab. »Ich gehe sie gleich wickeln und waschen«, sagt sie hastig und eilt, jede Vorsicht vergessend, durch das Bad ins angrenzende Zimmer. In der Nacht hatte sie heimlich ihre Tasche aus den Sklavenquartieren geholt, in der sie die wenigen Babysachen aufbewahrt, die sie von den anderen Sklaven bekommen hat. Bevor sie ihre Kleine hinlegen kann, muss sie den Tisch abdecken. Mit einer Hand breitet sie geschickt eine weiche Decke auf der Tischplatte aus. Inzwischen weint Toshi wimmernd in ihrem Arm. »Ja, ich weiss. Eine volle Windel ist nicht schön«, raunt sie ihr beruhigend zu, als sie die Kleine hinlegt und die zu grosse Tunika löst, die sie ihr in Ermangelung von passender Kleidung um den Körper gewickelt hat. Zum Vorschein kommt eine Windel, die sie aus einem alten Bettlaken geschneidert hat, die sie heimlich aus der Wäschekammer genommen hat, um wenigstens Windeln für ihre Kleine zu haben. »Ach, Toshi. Ich hoffe, dass wir nicht an einen noch schlimmeren Ort kommen«, flüstert sie ihr zu, als sie sie hochhebt und ins Bad trägt. »Du bist so voll, dass ich dich duschen muss. Tut mir leid.« Kaum hat sie das Wasser eingestellt, fängt Toshi an zu weinen. Schon in ihrem erst drei Monate altem Leben, hat sie gelernt, das Wasser im Winter zu hassen. Sie schreit immer lauter und da kommt Seto rein und nimmt den Duschkopf in die Hand. In aller Ruhe stellt er das Wasser auf eine angenehme Temperatur ein und drückt ihn dann Anna in die Hand. »Wasche dein Kind nicht mit kaltem Wasser. Kein Wunder, dass es schreit!« Streng sieht er Anna an, die den Blick demütig senkt. »Verzeiht. Wir haben nur kaltes Wasser zur Verfügung. Wir dürfen kein Wasser für uns erhitzen.« Streng dreinblickend, hebt Seto eine Augenbraue an. »Dann merke dir für die Zukunft, dass du warmes Wasser für deine Tochter nutzen kannst. Sie sollte nicht krank werden.« Ohne auf eine weitere Reaktion von ihr zu warten, dreht er sich um und geht zurück zu den anderen.   «Hast du gehört? Du musst nie mehr mit kaltem Wasser baden«, flüstert Anna ihrer Toshi zu und hält den warmen Wasserstrahl an ihre Beinchen. Immer noch weint die Kleine und zieht die Beine an. Aber dann merkt sie, dass das Wasser nicht kalt ist und hört auf zu weinen. Dafür hat sie jetzt einen Schluckauf und schiebt sich das Fäustchen in den Mund. Mit grossen Augen sieht sie ihre Mama an. Mit Tränen in den Augen, lässt Anna das warme Wasser nun über den ganzen Körper ihrer Tochter fliessen. »Gefällt dir das? Das ist doch wirklich viel schöner als das kalte Wasser.«   Seto hat sich wieder an den Frühstückstisch gesetzt und greift noch einmal nach einem Brötchen. Obwohl er satt ist, bestreicht er es mit Butter und Marmelade. »Wenn wir in dem Kaff angekommen sind. Will ich, dass Anna und das Kind dem Wetter angepasste Kleidung bekommen. Wenn sie krank werden, halten sie uns nur auf und das können wir uns nicht leisten.« Vielsagend sehen sich Shimon und Arthur an. »Natürlich, mein Prinz. Ich werde mich sofort darum kümmern, sobald wir in meinem Haus angekommen sind.« In dem Moment klopft es an der Tür und ohne, dass sie etwas sagen, wird sie geöffnet. Yato tritt ein und sieht die drei Männer mit undurchdringlicher Miene an. »Die Kutsche ist in einer halben Stunde abfahrtbereit. Der Proviant wird gerade vorbereitet. Nur, warum werden von den Angestellten auch Milch und ein Fläschchen eingepackt?« Fragend sieht er Hopkins an, der sich mit einem schiefen Grinsen am Hinterkopf kratzt. »Wir sind ab heute zu viert oder besser gesagt zu fünft unterwegs. Mein junger Begleiter hat Herrn Kagayama eine Sklavin mitsamt Baby abgekauft.« »Und wann wolltet ihr mir das mitteilen? In dem Fall muss ich auf dem Kutschbock noch einen Platz vorbereiten«, erwidert Yato mit leisem Vorwurf in der Stimme. »Sie werden bei uns im Fahrgastraum mitfahren. Das Wetter ist für das Baby zu kalt und ich habe keine Lust, die ganze Zeit ein schreiendes Kind im Arm zu halten.« Mit einem Blick, der jeden Widerspruch im Keim erstickt sieht Seto den Kutscher an. »Das entspricht zwar nicht den gesellschaftlichen Normen, aber wenn ihr das wünscht, werde ich die Kutsche für 4 Erwachsene herrichten.« Leicht neigt Yato den Kopf und wendet sich schon um, um das Zimmer wieder zu verlassen. »Und plant ein paar längere Pausen ein, damit das Kind in Ruhe gewickelt werden kann!« Fügt er noch ruhig, aber mit eiskalter Stimme hinzu. »Natürlich«, sagt Yato nur noch, ehe er raus geht und die Tür hinter sich schliesst. Als sie wieder allein sind, verschränkt Seto schnaubend die Arme. »Unglaublich, wie wenig Verstand der Kerl hat! Will ein Baby stundenlang der Kälte und dem Fahrtwind aussetzen!«   Leise lacht Hopkins auf. »Tja, die Sklaven sind ja nichts wert und entweder überleben die Kinder oder sie sterben halt.« Als Seto ihm ins Wort fallen will, hebt er die Hand. »Lasst mich kurz weiter erklären«, bittet er und tatsächlich schliesst der Jüngere den schon zum ersten Wort geöffneten Mund wieder. »Die Leute hier im Land sind der Meinung, dass so schon eine Art natürlicher Auslese stattfindet, wenn man die Kinder schon von Anfang den gleichen Umständen aussetzt, wie ihren Eltern. So, jetzt könnt ihr euch aufregen.« Gelassen lehnt er sich mit seinem Tee zurück und mustert den Prinzen, der ihn anstarrt und schon den Mund wieder öffnet, als … »Mein Prinz. Das ist auch bei uns so üblich. Kaum einer kann es sich leisten, alle Sklavenkinder, die geboren werden, durchzufüttern. Nur die Stärksten überleben und das sind von zehn Kindern vielleicht eins oder zwei, die das Alter erreichen, um von ihren Müttern getrennt und verkauft werden zu können.« Ernst sieht Shimon seinen Schützling an, der den Blick gefährlich ruhig erwidert. »Das ist mir schon bewusst. Ich bin schliesslich nicht dumm, alter Mann! Nur haben wir keine Temperaturen, bei denen einem Mann die wertvollen Teile abfrieren! Diese Temperaturen da draussen überlebt kein Kind von gerade mal ein paar Monaten.« In dem Moment kommt Anna mit einer sauberen Toshi wieder zurück und setzt sich mit gesenktem Blick an den Tisch. Sofort wird Setos Blick weicher, als er das Baby sieht, das an seiner Faust nuckelt und einfach nur zufrieden mit sich und seiner Umwelt wirkt. »Wir brechen in etwa einer halben Stunde auf. Bereite alles vor, was du brauchst!« Leer schluckt Anna, als sie das hört. »Ich habe nur eine Tasche und die steht fertig gepackt drüben. Nur die frisch gewaschene Windel hängt draussen. Die muss ich so mitnehmen, Meister Seto.«   Schmunzelnd beugt sich Shimon zu seinem Freund rüber. »Er liebt Kinder. Nur würde er das niemals zugeben«, flüstert er ihm zu. »Einige Kinder im Palast haben das schon bemerkt und halten sich zum Selbstschutz in seiner Nähe auf, wenn sie etwas angestellt haben.« Nur mit Mühe kann sich Arthur ein Lachen verkneifen. Da ist es auch nicht gerade hilfreich, dass er zu unkontrollierten Lachanfällen neigt, wenn er zu wenig geschlafen hat. »Bring mich nicht zum Lachen. Dank dir habe ich die richtige Stimmung um …« In dem Moment öffnet sich nach einem kurzen Klopfen die Tür. »Meine Herren? Die Kutsche wartet auf Sie.« Leicht verneigt sich Kagayama. Dennoch kann er nur mit Mühe die Grimasse des Abscheus verbergen, als er sieht, wo Anna mit ihrem Balg sitzt. »Gut, wir kommen gleich.« Schnell trinkt Arthur noch den letzten Schluck Tee und steht dann auf. »Ich würde vorschlagen, dass wir alle noch einmal aufs Klo gehen, bevor wir losfahren«, meint er trocken und geht ins Bad. »Ach, auf die Idee wäre ich jetzt nie gekommen!«, murrt Seto und schiebt sich noch den letzten Bissen seines Marmeladenbrötchens in den Mund. Er ignoriert Kagayama, der nach einem weiteren Blick voller Abscheu in Annas Richtung das Zimmer verlässt.   Kurz darauf hilft Arthur Anna, die auch jetzt nur eine einfache Tunika trägt, in die Kutsche. Als letzter steigt auch er ein und setzt sich ihr gegenüber hin. Kaum ist die Tür geschlossen worden, setzt sich die Kutsche auch schon schaukelnd in Bewegung. Es ist kühl, ja sogar kalt im Fahrgastraum und anders als die Männer, hat Anna keine warmen Kleider an. Nur mit Mühe kann sie ein Zittern unterdrücken und drückt die kleine Toshi fester an sich, die sie so gut wie möglich in die zu grosse Tunika eingewickelt hat. Auf einmal spürt sie, wie ihr eine warme Decke um die Schultern gelegt wird. Verwirrt blickt sie hoch und dann landet noch eine Decke über ihren Beinen. »Na los, mach es dir so gemütlich wie möglich. Wir müssen lange in diesem primitiven Vehikel sitzen und ich habe keine Lust, dass du dir eine Lungenentzündung holst.« Streng sieht Seto sie an, während er die Decken fester um sie zieht. »Ausserdem musst du an dein Baby denken. Es darf nicht zu sehr auskühlen.« Von der ungewohnten Freundlichkeit verunsichert, nickt Anna und zieht nun selbst die herrlich kuscheligen Wolldecken fester um sich und Toshi, die friedlich in ihren Armen schläft. Müde beobachtet Arthur, wie Seto mit den beiden umgeht und nimmt sich dann auch noch eine Decke. Er wickelt sich in sie ein lehnt sich gemütlich zurück. Er schliesst gerade die Augen, als … »Du willst doch wohl jetzt nicht schlafen?« Entgeistert sieht Shimon seinen alten Freund an. »Wir sind gerade erst losgefahren. Es ist noch mitten am Morgen!« Mit einem tödlichen Blick wendet sich Arthur zu ihm um. »Ja, ich will jetzt schlafen. Dank dir habe ich die ganze Nacht über kaum ein Auge zugemacht!« »Wenn ihr beide vielleicht noch etwas lauter sein könntet? Dann weckt ihr Toshi ganz sicher noch auf.« Mischt sich nun auch Seto mit ein. Die Arme verschränkt sitzt er da und sein tödlicher Blick straft seinen trockenen Tonfall lügen. »Gute Nacht«, meint Arthur nur noch und dreht sich so gut wie möglich im Sitzen zur Seite. Er zieht die Decke bis zu seinem Kinn hoch und schliesst die Augen.   Er hat das Gefühl, dass er gerade erst eingeschlafen ist, als ihn das Schreien eines Kindes aufweckt. Alarmiert schreckt er hoch und sieht sich verwirrt in der Kutsche um. »Was … wie …?« So langsam wird ihm klar, wo er sich befindet und dass er Toshi weinen hört. »Alles in Ordnung. Sie hat nur Hunger und eine volle Windel. Ich habe Yato schon Bescheid gegeben. Er meinte, dass wir gleich an eine Stelle kommen, wo er anhalten kann«, erklärt Shimon immer noch leicht eingeschnappt, dass sein Freund lieber geschlafen hat, statt sich mit ihm zu unterhalten. »Ah ja. Also müssen wir dann raus in die Kälte, damit die beiden Damen ihre Ruhe haben.« Gähnend streckt sich Arthur und schält sich aus der Decke. »Immer noch kühl, aber deutlich wärmer als bei der Abfahrt«, stellt er fest und blickt aus dem Fenster. »Schön, die Sonne scheint.« »Ja, schon seit Stunden, aber der Herr hat es ja vorgezogen, zu schlafen«, erwidert Shimon und verschränkt die Arme. »Du hast gut drei Stunden geschlafen, bevor du fragst, wie spät es ist.«   Die Augenbraue hochziehend, mustert Arthur seinen alten Freund. »Warum bist du sauer? Weil ich noch eine Weile geschlafen habe? Du hast dich doch sicher mit Anna und dem Prinzen unterhalten können. Es ist ja nicht so, dass wir beide allein unterwegs sind.« Shimon murrt irgendwas Unverständliches vor sich hin. »Kannst du das bitte wiederholen? Mein Arabisch ist zwar gut, aber Gemurrtes kann ich trotzdem nicht verstehen.« Erst jetzt wird er wieder angesehen. »Ich habe gesagt, dass ich dich viel zu selten sehe und mich darum lieber mit dir unterhalte als mit dem Prinzen, den ich beinahe täglich sehe und was soll ich mit einer Sklavin schon besprechen?« Tief seufzt Arthur auf. »Ihr vielleicht mal erklären, mit wem sie es überhaupt zu tun hat? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass sie weiss, was es mit den Nesuts auf sich hat.« »Ich glaube kaum, dass sie das nicht weiss. Schliesslich ist die pharaonische Familie jedem bekannt.« Mischt sich nun Seto ins Gespräch ein und sieht Arthur dabei mit schon beinahe beleidigten Blicken an. »Im ägyptischen Grossreich vielleicht und vielleicht auch noch bei dem Teil des einfachen Volkes, das eine etwas höhere Bildung genossen hat. Ausserdem widersprichst du dir gerade selbst. Hast du nicht heute Morgen noch gesagt, dass Kagayama unmöglich wissen kann, wer die Nesuts sind?« Ruhig sieht er den Prinzen an, der unwillkürlich zu Anna und der weinenden Toshi blickt, die gleichzeitig an einem Finger ihrer Mutter nuckelt. »Weisst du, wer ich bin?«, fragt er sie ernst, was sie unwillkürlich den Kopf einziehen lässt. »Ein Mitglied der Oberschicht und ihr heisst Seto Nesut, Meister Seto«, antwortet sie gehorsam. Mit einem vielsagenden Blick sieht Arthur den Prinzen an, der offenbar nicht weiss, was er davon halten soll, dass jemand nicht weiss, wer er ist. Er will gerade noch etwas mehr Salz in die Wunde streuen, als die Kutsche schwankend anhält. »Wir haben die Stelle wohl erreicht.« Stellt er mit einem leichten Bedauern in der Stimme fest, als auch schon die Tür aufgerissen wird und Yato sie mit von der Kälte geröteten Wangen ansieht. »Wir machen eine kurze Pause.« Informiert er seine Fahrgäste und geht dann weg, ohne die Tür wieder zu schliessen, sodass kühle Luft ins Innere strömt. »Dann sollten wir aussteigen, bevor es zu kalt wird.« Mit einem leisen Stöhnen steht Shimon auf und steigt mit steifen Gliedern aus der Kutsche. Gefolgt von Hopkins und dem Prinzen. Kaum sind sie draussen, schliessen sie die Tür wieder und geben Anna so einen Moment der Ruhe, um Toshi zu wickeln. Gemächlich spazieren sie in der kalten Luft herum und geniessen die Sonnenstrahlen, die ihre Gesichter wenigstens ein wenig wärmen. Es dauert nicht lange, da steigt Anna mit der Kleinen im Arm aus der Kutsche und sieht sich aufmerksam um. Ihren ganzen Mut zusammen nehmend, geht sie zu einem Gebüsch und verschwindet dahinter. »Wir sollten es ihr gleichtun und uns auch erleichtern. Wer weiss, wann wir das nächste Mal anhalten werden.« Ernst sieht Arthur die beiden anderen Männer an, die nach einem Moment nicken. »Du hast recht.« Stimmt Shimon zu und steuert zielstrebig einige Bäume an, die etwas abseits stehen. Den Kopf schüttelnd, geht Arthur zu einem nahen Baum. Er ist so oft unterwegs, dass es ihm nichts ausmacht, in der Nähe von anderen sein Geschäft zu verrichten. Zwar sind die Zeiten der ganz grossen Entdeckungsreisen für ihn schon lange vorbei, aber alte Angewohnheiten legt man nicht so schnell ab.   Im Gegensatz zu den alten Männern, hat Seto da schon etwas mehr Mühe. Es ist kalt und er will verdammt nochmal eine richtige Toilette und Privatsphäre haben. Dennoch schlägt er sich in die Büsche, bis er die Kutsche zwischen den Zweigen nur noch undeutlich erkennen kann.   Frierend eilt Anna wieder zur Kutsche und steigt hastig ein. Sie hofft einfach, dass sie sich richtig verhält und nicht dafür bestraft wird, dass sie ohne Erlaubnis einsteigt. Kaum sitzt sie wieder auf ihrem Platz, fällt ihr Blick auf ihre Tasche und sie kann ein Lächeln nicht unterdrücken. Die anderen hatten ihr spontan einen Beutel aus Öltuch gemacht, damit sie auf der Reise die benutzten Windeln drin verstauen konnte. »Ihr wart so gut zu uns. Ohne euch, wären wir beide schon bei Toshis Geburt gestorben«, murmelt sie vor sich hin und wischt sich eine Träne von der Wange, die sich heimlich einen Weg aus ihrem Augenwinkel gebahnt hat. Auf einmal geht die Tür wieder auf und die drei Männer steigen in die Kutsche. »Brrr, es wird Zeit, dass der Frühling wirklich kommt.« Mit einem schiefen Grinsen sieht Hopkins Anna an, die zögernd nickt. »Ja, dieses Jahr ist der Winter wirklich ungewöhnlich kalt und hartnäckig«, stimmt sie zögernd und mit leiser Stimme zu. Mühsam legt sie wieder die Decken um sich und Toshi, die schon wieder an ihrer Faust nuckelt. »Was meinst du, hat sie vielleicht Hunger?« Mit einem leichten Lächeln reicht er Anna ein Fläschchen mit Milch. »Es ist leider kühl.« »Probieren wir es aus«, erwidert sie und hält den Schnuller an Toshis Lippen. Diese nimmt ihn auch in den Mund und fängt gierig an zu trinken. »Langsam, meine Kleine. Es ist genug da.« Sanft haucht sie ihr einen Kuss auf die Stirn. Kurz darauf geht ein Ruck durch die Kutsche und sie setzen sich schwankend wieder in Bewegung. Müde lehnt sich Anna an das Rückenpolster. Sie hat in der Nacht kaum geschlafen, was sich jetzt langsam bemerkbar macht. Nur mit Mühe kann sie ein Gähnen unterdrücken. »Komm, ich nehme dir das Baby ab, dann kannst du eine Runde schlafen«, grummelt Seto und nimmt ihr kurzerhand das Kind aus den Armen. Ungeübt, aber dennoch geschickt, hält er die Kleine fest und gibt ihr wieder das Fläschchen. Anna würde gern widersprechen, aber sie wagt es nicht. Schliesslich ist er doch ihr Meister. So beobachtet sie nur genau, was er mit Toshi macht und bemerkt nicht einmal, wie ihr die Augen zufallen. »Sie muss todmüde sein«, stellt Hopkins fest, als er ihr die Decke fester um die Schultern legt. »Vermutlich. Ich kann mir vorstellen, dass sie in den letzten Monaten kaum ruhig geschlafen hat. Vor lauter Angst, dass ihr Kind weg ist, wenn sie aufwacht.« Bitter sieht Seto auf das Bündel in seinen Armen. Die Kleine ist während des Trinkens eingeschlafen. Kurzerhand drückt er Shimon die halbleere Flasche in die Hand, ehe er die Decke nimmt und sich und das Baby darin einwickelt. »Es ist eine Zumutung, dass man bei diesen Temperaturen stundenlang in einer ungeheizten Kutsche sitzen muss.« Vor sich hin grummelnd setzt er sich gemütlicher hin und streckt so gut es geht die Beine aus. Tief seufzt Shimon auf. »Das haben wir doch in den letzten Stunden genug durchgekaut, mein Prinz. Wir reisen sogar sehr luxuriös, wenn man bedenkt, dass wir uns auf die Möglichkeiten des einfachen Volkes beschränken müssen.« Nun grinst er breit. »Ihr könnt ja nach unserer Rückkehr versuchen, etwas an den Umständen zu ändern und dem Volk zum Beispiel Zugang zu unseren Transportmöglichkeiten ermöglichen.« »Wovon träumst du nachts? Wenn wir ihnen den kleinen Finger reichen, wollen sie am Ende die ganze Hand und dann den ganzen Arm haben.« Von dem Gedanken angewidert verzieht Seto unwillkürlich das Gesicht. »Wie ihr meint«, murmelt Shimon daraufhin und blickt aus dem Fenster.   ***   »Versuche es noch einmal.« Geduldig deutet Atemu auf das Wort, das Nino solche Mühe bereitet. »Ich schaffe es einfach nicht. Diese Zeichen ergeben für mich keinen Sinn.« Wütend wischt Nino mit der Handfläche über die Schiefertafel und verschmiert so die Kanji, die für ihn absolut unsinnig sind. Er springt auf will aus der Küche stürmen. »Setz dich wieder hin, Nino!« Streng sieht Atemu ihn an und tatsächlich gehorcht ihm der Jüngere und setzt sich mit zu Fäusten geballten Händen wieder an den Tisch. »Das lerne ich nie«, jammert er schniefend. »Doch, das schaffst du. Schau nur, was du schon kannst. Du hast alle Hiraganas gelernt und bist jetzt an den Katakanas dran. Das hast du in so kurzer Zeit geschafft. Was jetzt noch fehlt, das sind die Kanjis und glaube mir, nicht einmal Sugoroku oder Yugi können alle Kanjis lesen. Das können die wenigsten und die Kinder lernen die Schriftzeichen jahrelang in der Schule. Also gib jetzt nicht auf. Ich erkläre dir noch einmal, wie die Kanjis angewendet werden und dann versuchen wir es noch einmal mit dem Lesen des Wortes.« Leicht legt Atemu die Hand auf Ninos Rücken und streichelt ihn aufmunternd. Noch nie ist es so deutlich zu sehen gewesen, dass Ninos wahres Wesen durch die Drogen vollkommen unterdrückt worden ist. Er ist nur ein normaler Jugendlicher, der noch viel Führung und Halt braucht. Mit dem Handrücken wischt sich Nino übers Gesicht. »Na gut«, murmelt er die Nase hochziehend und greift nach dem Lappen. Sorgfältig wischt er die verschmierte Kreide von der Tafel. Erst, als sie wieder komplett sauber ist, greift er nach dem Kreidestift. Abwartend sieht er zu Atemu, der leicht lächelt. »Schreibe als erstes die drei Kanjis und dann erkläre ich dir noch einmal, was es mit ihnen auf sich hat.«   Schmunzelnd zieht sich Sugoroku wieder zurück. Er ist gerade aus dem Bad gekommen, als er Ninos wütende Stimme gehört hat und wollte gerade reingehen, um zwischen den beiden zu vermitteln, aber Atemu hat mal wieder bewiesen, dass er auch mit den immer häufiger auftretenden Wutanfällen Ninos gut klar kommt. Um die beiden nicht zu stören geht er leise an der Tür vorbei und betritt kurz darauf den Laden, wo Yugi gerade dabei ist, die Verkäufe des Morgens in sein Buch zu übertragen. »Na, hast du gerade nichts zu tun?« Schmunzelnd lehnt er sich neben seinem Enkel an den Verkaufstresen und schielt auf die dicht an dicht beschriebene Tafel. Erstaunt, dass Sugoroku nach vorne gekommen ist, hebt Yugi den Blick von seiner Arbeit. »Ja, es ist gerade ruhig, aber vorhin war einer da, der hat gleich zwanzig verschiedene Stoffe gekauft und dann noch immer mindestens zwei Ballen pro Stoffart. Das muss ich jetzt eintragen, bevor ich den Überblick verliere.« Wieder senkt er den Blick auf die eng beschriebenen Buchseiten. »Was machst du hier vorn? Haben dich Atemu und Nino aus der Küche vertrieben?« »Nein, die beiden sind konzentriert am Kanjis üben und Atemu kommt so gut zurecht, dass ich die beiden nicht stören will.« Grinsend lehnt sich Sugoroku weiter rüber und liest, was sich sein Enkel notiert hat. »Das liest sich wie die Liste einer Erstausstattung für eine erwachsene Person oder eine Aussteuer. Auf jeden Fall nur das Beste vom Besten. Seide, feinstes Leinen, edles Leder, dicke Baumwolle und du hast auch Ballen von dem Ainu Händler verkauft. Die liefen doch jetzt bei den kalten Temperaturen nicht ganz so gut, wenn ich mich nicht täusche.« Ohne den Blick zu heben, nickt Yugi. »Du täuschst dich nicht. Wobei es mich auch nicht erstaunt hat, dass die Leute eher zu den wärmeren Stoffen gegriffen haben. Aber trotzdem werde ich nächsten Monat eine Nachricht an ihn schreiben, dass er mir Ballen liefern muss. Ich müsste nachschauen, aber wenn ich mich nicht täusche, habe ich nur noch eine Handvoll Ballen an Lager und ich will genug da haben, wenn im Mai die Saison für die Bälle und Hochzeiten wieder losgeht.« Erstaunt hebt Sugoroku eine Augenbraue an. »Ich dachte, wir haben noch mehr von den Stoffen an Lager. So kann man sich täuschen. Aber willst du ihm nicht früher schon schreiben? Wer weiss, wie lange er von Hokkaido hierher braucht.« Nun legte Yugi den Stift doch zur Seite. »Doch, das wollte ich eigentlich. Aber ich habe mir sagen lassen, dass frühestens in drei Wochen wieder Briefe nach Hokkaido gebracht werden. Also bringt es rein gar nichts, wenn ich den Brief jetzt schon zum Postamt bringe. Am Ende würde er noch verloren gehen, bis die Postkutsche das erste Mal wieder da hoch fährt.« Nachdenklich nickt Sugoroku. »Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht. Die haben da oben doch auch in normalen Jahren teilweise noch Schnee bis weit in den März hinein, wenn ich mich richtig erinnere. Du könntest ihn dann ja auch gleich fragen, ob sie auch Stoffe für den Winter herstellen. Bei der Qualität ihrer Arbeit, kann ich mir vorstellen, dass die Kunden sich darauf stürzen werden.« Breit grinst Yugi seinen Grossvater an. »Was glaubst du, was ich vorhabe? Ausserdem habe ich gehört, dass sie auch sehr hochwertige Felle herstellen. Ich dachte daran, ihn zu fragen, ob er mir nicht eine Auswahl zur Begutachtung mitbringen kann. Nino kann ja dann sagen, ob die Qualität stimmt.« Mit einem warmen Lächeln legt Sugoroku die Hand auf die Schulter seines Enkels. »Wie hatte ich nur auf die Idee kommen können, dass du da nicht schon dran gedacht hast? Schliesslich bist du mein Enkel.« »Ja, wie hast du das nur annehmen können?«, scherzt Yugi, wird dann aber ernst. »Du bist seit dem Besuch des Fremden anders. Grossvater, was verheimlichst du uns?« Schlagartig wird Sugorokus Gesichtsausdruck verschlossen. »Das soll Hopkins erzählen, wenn er angekommen ist. Das kann jeden Tag der Fall sein, wenn das Postschiff unterwegs keine Probleme hatte.« »Grossvater! Ich kann es dir ansehen, dass du besorgt bist. Auch Atemu sieht es dir an. Er sagt nur nichts, weil er genau weiss, dass du das nicht willst. Aber ich muss es wissen!« Flehend sieht Yugi ihn an, aber wieder wird nur der Kopf geschüttelt. »Er hat mich gebeten, nichts zu sagen, da er selbst keine genaueren Angaben hatte. Er wurde von Hopkins geschickt, noch bevor dieser genaueres wusste, damit er uns sicher vor ihm erreicht.« «Ach, und warum hat er ihn dann geschickt? Verdammt, da wäre es mir lieber gewesen, wenn er ihn nicht geschickte hätte! Und sei bitte ehrlich, du kennst ihn doch gar nicht. Oder?« Erregt läuft Yugi nun hinter dem Tresen auf und ab. »Doch, ich kenne ihn. Als ich noch ein junger Mann war, bin ich mit Hopkins mal ins ägyptische Grossreich und dann auch ins römische Grossreich gereist. Wir waren ein Jahr lang gemeinsam unterwegs und er hat uns etwa sechs Monate lang begleitet, bis sich unsere Wege wieder getrennt haben. Seitdem hatte ich ihn nicht mehr gesehen.« Angespannt hat Yugi zugehört. Es tut ihm jetzt schon leid, dass er seinen Grossvater so angegangen ist. »Du hast mir nie erzählt, dass du als junger Mann so lange auf Reisen gewesen bist«, sagt er mit gesenktem Blick. Leicht legt Sugoroku die Hand auf die Schulter seines Enkels. »Du musst kein schlechtes Gewissen haben. Mir würde es an deiner Stelle auch so gehen. Es fällt mir auch schwer, euch nichts zu sagen, aber es ist halt einfach so, dass wir beide nicht sicher sind, ob es wirklich so ist, wie es zu dem Zeitpunkt den Anschein hatte. Bitte habe noch etwas Geduld und stelle keine Fragen mehr, bis Hopkins da ist.« Bittend sieht er Yugi an und atmet dann erleichtert auf, als dieser zögernd nickt. »Nur eine Frage werde ich dir jetzt noch stellen. Warum hast du mir nie von deinem Bekannten erzählt?« Tief atmet Sugoroku durch und blickt zum Fenster. »Ich habe schon seit Jahren nicht mehr an ihn gedacht. Ich wusste ehrlich gesagt nicht einmal, dass er noch als Bote arbeitet.« In dem Moment geht die Tür auf und eine junge Frau in Begleitung eines älteren Sklaven betritt den Laden. Sofort setzt Yugi ein professionelles Lächeln auf und geht um den Tresen herum. »Guten Tag, Mademoiselle. Was kann ich für Sie tun?«   Während Yugi die Kundin begrüsst, zieht sich Sugoroku zurück und geht in Gedanken versunken den Flur entlang. Dabei bemerkt er gar nicht, dass jemand aus der Küche kommt und stösst mit ihm zusammen. Mit einem erschrockenen Aufschrei kippt er nach hinten, nur um sich gleich darauf in zwei starken Armen wiederzufinden, die ihn sicher festhalten. »Grossvater, was ist denn los? Du bist doch sonst nicht so unaufmerksam.« Besorgt mustert Atemu ihn, als er ihm hilft, sich wieder aufzurichten. Er staunt gerade über sich selbst, dass er so schnell reagiert hat und den alten Mann noch auffangen konnte. Erst, als Sugoroku wieder sicher steht, lässt er ihn los. Doch kaum muss dieser sein Gewicht wieder selbst tragen, geben seine Knie nach und wieder findet er sich in Atemus Armen wieder. Diesmal aber mit schmerzverzerrtem Gesicht. Unterdrückt keucht er vor Schmerz und klammert sich an dem Pullover seines Enkels fest. »Mein Rücken«, presst er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich schaue es mir sofort an!«, erwidert Atemu voller Sorge und hebt ihn vorsichtig hoch. »Nino, kannst du bitte die Pferde füttern gehen und ihnen bei Bedarf frisches Wasser geben?«, ruft er fragend in die Küchen hinein. Sofort kommt Nino in den Flur und sieht, dass Atemu Sugoroku auf den Armen trägt. »Natürlich, was ist passiert?« »Wir sind zusammengestossen. Ich vermute, dass er sich dabei einen Nerv eingeklemmt hat. Ich bringe ihn nach oben ins Bett und kümmere mich darum. Du bist also für den Rest des Tages für alles zuständig. Schaffst du das?« Ernst sieht Atemu den Jüngeren an, der sich unter dem Blick strafft und nickt. »Natürlich. Verlasse dich auf mich, ich schaffe das!« »Gut, noch vor Sonnenuntergang muss der Mistkarren vors Tor gestellt werden. Da in der kleinen Holzschatulle findest du die Kupfermünzen. Eine musst du neben Tor in den kleinen Vorsprung legen. Monok erledigt dann den Rest.« Schief grinst Nino. »Ich schaffe das schon. Ich weiss auch, dass du den Pferden immer noch jeden Abend eine Portion Mais und Hafer gibst.« Erleichtert nickt Atemu. »Gut, ich verlasse mich auf dich.« Die ganze Zeit über hängt Sugoroku in seinen Armen und hat die Augen geschlossen. Er atmet möglichst flach, um den Schmerz halbwegs auszuhalten. Dennoch stöhnt er unterdrückt auf, als er die Treppe hochgetragen wird. Jede Bewegung, die sein Körper erfährt, verursacht einen stechenden Schmerz in seinem Rücken, der ihm die Tränen in die Augen treibt. Vorsichtig legt Atemu ihn auf das Bett. Es tut ihm selbst weh, seinen Grossvater so zu sehen. »Ich muss dir den Pullover ausziehen und dich auf den Bauch legen. Das wird noch einmal sehr weh tun.« »Mach nur, ich halte das aus«, erwidert Sugoroku gepresst kann sich aber dennoch ein schmerzgepeinigtes Stöhnen nicht verkneifen, als er sich mit Atemus Hilfe aufrichtet und er die Arme hebt, um es seinem Enkel zu erleichtern, ihm den Pullover auszuziehen. Dann endlich kann er sich auf den Bauch legen. Er hört noch, wie Atemu das Zimmer verlässt, öffnet aber nicht die Augen. Vermutlich holt sein Enkel das Massageöl, das er gern benutzt, wenn er ihm den Rücken massiert. Kurz darauf senkt sich neben ihm die Matratze und der Duft des Öls steigt in seine Nase. »Wie schlimm ist es?« Möchte er, ohne die Augen zu öffnen wissen. »Das kann ich dir gleich sagen. Ich denke, du hast dir mal wieder einen Nerv eingeklemmt. Zumindest vermute ich das, so wie du dich in meinen Armen nach hinten gebogen hast.« Atemu giesst sich eine grosszügige Portion des Öls auf die Handfläche und stellt dann die Flasche zur Seite. Die Hände aneinander reibend, wärmt er es auf, ehe er Sugorokus Rücken berührt. Sanft verteilt er das Öl auf der Haut und tastet dabei die Muskeln ab. »Ich sehe schon, du hast dir den üblichen Nerv eingeklemmt. Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du deine Übungen machen sollst, um die Muskeln hier zu stärken?«, fragt er mit leichtem Vorwurf in der Stimme, als er anfängt die Stelle mit leichtem Druck zu massieren, um den Nerv wieder freizubekommen. »Aber das mache ich doch!« Beschwert sich Sugoroku und schreit dann unterdrückt auf, als der Schmerz zu stark wird. »Aua! Verdammt, sei etwas sanfter«, keucht er gepresst. In aller Ruhe bearbeitet Atemu die verhärtete Stelle. »Wenn du die Übungen gemacht hättest. Würde ich jetzt hier mehr Muskeln spüren. Du wirst nicht jünger und so langsam solltest du wirklich etwas für deinen Rücken tun. Dann klemmst du dir auch nicht mehr so schnell die Nerven ein oder renkst dir die Wirbel aus.« Langsam erhöht er den Druck auf die verspannten Muskeln, als er merkt, dass sie sich unter seinen Fingern entspannen. »Du wirst heute und ziemlich sicher auch morgen im Bett bleiben müssen. Nino wird dir in der Nacht mit der Bettpfanne helfen müssen, wenn du aufs Klo musst. So schlimm hast du dir den Nerv noch nie eingeklemmt und die Muskeln sind auch steinhart.«   Die ganze Zeit über schweigt Sugoroku. Er hat genug damit zu tun, nicht andauernd aufzustöhnen, wenn der Schmerz zu stark wird. Dennoch beschwert er sich nicht, denn er merkt, wie ihm die Behandlung trotz allem gut tut. »Du hast gut reden. Werde erst mal so alt, wie ich«, presst er dann aber doch hervor. »Ausserdem kann ich es mir nicht leisten, im Bett zu bleiben. Ich muss noch das Abendessen zubereiten und morgen ist Waschtag.« »Du bleibst im Bett. Nino kann das Abendessen zubereiten und morgen waschen wir beide gemeinsam die Wäsche. Das ist kein Problem. Du wirst dich mit einem guten Buch hier im Bett zurücklehnen und entspannen.« Streng sieht er seinen Grossvater an, der leise grummelt. »Ich bleibe sicher nicht im Bett!« Stellt er klar und dreht leicht den Kopf, um seinen Enkel besser ansehen zu können. »Ich werde aufstehen und faul im Wohnzimmer sitzen und dort mein Buch lesen. Du kannst es mir nicht verbieten, mein Junge.« Genervt zieht Atemu die Luft ein. »Dann setzt du dich halt aufs Sofa. Aber du machst morgen keinen Finger krumm. Wir kümmern uns um alles und wenn du auch nur einmal in der Küche am Herd stehst, kriegst du Ärger mit mir! Hast du mich verstanden?« »Ja, ich habe verstanden! Aua! Sei doch nicht so grob!«, ruft Sugoroku aus und presst die Augen zusammen. Mit festem Druck massiert Atemu die verhärteten Muskeln. »Ich bin nicht grob, aber ich muss so viel Druck ausüben, um diese Steine zu lösen, die sich hier in deinem Rücken tummeln.« Immer wieder drückt er seine Finger in die Akkupressurstellen und endlich merkt er, wie sich nun etwas in den tieferen Muskelebenen tut und sich diese unter seinen Fingern entspannen. »Du hast es gleich hinter dir. Aber heute musst du wirklich liegen bleiben.« Ergeben nickt Sugoroku leicht. »Gut, ich bleibe heute im Bett und lasse mich von euch umsorgen und morgen werde ich mir einen angenehmen Tag machen, bis Hopkins kommt.« Zufrieden nickt Atemu und deckt ihn jetzt vorsichtig zu. »So ich hole dir jetzt etwas zu trinken und gebe Yugi Bescheid, was passiert ist.« Warm lächelt er, als er sich umwendet und das Zimmer verlässt.     --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------   So, das war es jetzt auch schon wieder. Tja, Sugoroku sollte halt schon etwas besser auf seinen Rücken achtgeben. Schliesslich ist er nicht mehr der Jüngste.   Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.   Eure mrs_ianto Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)