Konvergenzstreben von Valenfield ================================================================================ Kapitel 1: #1|3|5 - Von Noten, Notizen und Novellen --------------------------------------------------- Der Plan war fürchterlich simpel. So simpel, dass Keiji vermutete, dass er auffliegen könnte. Gleichzeitig war er allerdings fest davon überzeugt, dass sogar Bokuto irgendwie anbeißen musste. Und das, wenn möglich, ohne Wind davon zu bekommen, auf was Keiji eigentlich aus war. Er würde Bokuto jeden zweiten Tag eine Nachricht schicken und bei jeder Weiteren hoffen, dass sie genügte, um ein sanftes Klicken in dessen Kopf zu verursachen, das ihn dazu brachte, sich wieder so zu benehmen, wie früher. Es war ein ruhiger, völlig entspannter Sonntagvormittag und Keiji hatte bereits gefrühstückt, sich mit seinen Schularbeiten auseinandergesetzt und sicher gestellt, dass er genügend frische Kleidung für die kommende Woche hatte. Sein Alltag war vollkommen durchgeplant, und so gesehen wusste er nicht, ob er das als gut empfand, denn nun hatte er keine Ausrede mehr, nicht den ersten Punkt auf seiner Liste abzuarbeiten.   #1 – Die Noten thematisieren   Zwar war Bokuto niemand, den die Schule und Lernen allgemein wirklich besonders zu interessieren schienen, aber nun ging er auf eine Universität. Folglich lag selbst ihm hoffentlich genug an seinen Erfolgen in den einzelnen Fächern, dass er Keiji durch einen kleinen Anstupser wieder über seine doch eher mittelmäßigen Noten – über deren Durchschnittlichkeit er aber hinwegblickte, denn schließlich war er der Allerbeste!! – bis ins kleinste Detail berichten würde. Beinahe ein wenig nervös griff Keiji also zu seinem Smartphone, dass er seit der Ideenflaute am Vorabend nicht mehr angerührt hatte, und tippte mit kaum erkennbar geröteter Nasenspitze eine Nachricht, von der er bei sich selbst niemals gewagt hätte, sie auch nur zu denken.   Du hast dich noch kein Mal über die Notengebung beschwert, Bokuto-san.   Die Intention war offensichtlich: Wenn Bokuto sich über die Noten beschwerte, hieß das natürlich, dass er mehr Nachrichten senden würde. Völlig simpel. Zwar hatte er nicht geglaubt, besonders lange auf eine Antwort warten zu müssen, war aber dennoch durchaus erstaunt, als weniger als eine Minute darauf ein kurzer Ton signalisierte, dass eine Nachricht eingegangen war. In jedem anderen Falle hätte er vielleicht darüber die Augen verdreht, eine Sprachnachricht zurückzubekommen, aber in diesem speziellen Falle war das vielleicht besser so. Alleine der Gedanke an die orthografische Folter der Chatverläufe von Kuroo und Bokuto, welche Letzterer ihm hin und wieder – viel zu oft für Keijis Geschmack – gezeigt hatte, ließ ihm beinahe schwindelig werden. Nein, bei Bokuto war es wirklich besser, wenn man eine Sprachnachricht bekam, denn dann verstand man auch wirklich, was er einem mitteilen wollte – auch wenn Keiji inzwischen auch dazu in der Lage war, Bokutos oftmals falsche Kanji richtig einzuordnen. Er wagte es, auf den Abspielknopf zu drücken, und ließ sich von derart herrlicher Naivität berieseln, dass es ihm ein dünnes Schmunzeln auf die Lippen zauberte.   „Nicht nötig, schließlich bin ich ja der Beste. Hey, hey, hey!!“   Wieso hatte er noch gleich gehofft, dass dieser Versuch auch nur ansatzweise eine Chance hatte, Erfolg zu erzielen? Aber noch war er nicht bereit, seine erste Nachricht als vergebens abzutun. Frühestens am nächsten Abend würde er beurteilen können, ob die Nachricht ausreichte, um Bokuto wachzurütteln.   #3 – Über die Uni sprechen   Leider wurde es weitaus schneller Montagabend und schließlich auch Dienstagmorgen, als Keiji sich eingestehen wollte. Leicht enttäuscht musste er feststellen, dass seine Andeutung wohl um Einiges zu subtil gewesen war, aber das hieß nicht, dass er aufgab. Andererseits bedeutete es genauso wenig, dass ihm die Sache inzwischen angenehmer war, weswegen er zum ersten Mal, seit er denken konnte, beinahe zu spät zum Unterricht gekommen wäre. Nun, zum ersten Mal seit dieser einen kaum erwähnenswerten Geschichte, bei der er Bokuto kurz vor Unterrichtsbeginn noch einen Mathematikcrashkurs hatte geben müssen, der aber offen gesagt ohnehin ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen war. Denn die zweite Nachricht, die beinahe noch banaler und sinnloser war als die Erste, hatte ihm eine Menge Überwindung abverlangt und ihn die Zeit vergessen lassen.   Die Notizen bezüglich deiner Wahlfächer liegen noch bei mir, Bokuto-san.   Er entschied sich dagegen, im Unterricht einen Seitenblick auf sein Handy zu riskieren, denn dann würde er sofort antworten wollen, egal, was Bokuto nun gesagt hatte. Und das war absolut nicht Teil des Plans. Mal davon abgesehen, dass er keine Möglichkeit haben würde, die Nachricht anzuhören. Deswegen wartete er geduldig bis zum Ende der Stunde und verließ das Klassenzimmer dann derart zügig, dass einige seiner Mitschüler ihm einen verwunderten Blick zuwarfen, den er nur noch aus dem Augenwinkel bemerkte. Seine Aufmerksamkeit galt nämlich schon der Nachricht, die er nun abhörte.   „Akaashi!! Wann soll ich denn so eine Liste gemacht haben?!“   Dabei klang Bokuto derart belustigt, dass es den Anschein erweckte, als sei er auf seine grenzenlose Faulheit – zumindest, was das Lernen betraf – tatsächlich auch noch stolz. Wenn man es ganz genau betrachtete, stimmte es allerdings, dass er diese Liste nie angefertigt hatte. Genau genommen hatte er halb-bewundernd und halb-schlafend daneben gesessen, während Keiji sich die Mühe gemacht hatte, im Internet und in Büchern alles Nützliche über Bokutos Wahlfächer zu recherchieren. Ob er damals gehofft hatte, dass Bokuto sich die Notizen zu Herzen nehmen und sie als eine Art Lernanker nutzen würde, konnte Keiji im Nachhinein nicht mehr sagen, auch wenn er in aller Ehrlichkeit vermutete, dass er es einfach als Möglichkeit ausgenutzt hatte, sich zusammen mit Bokuto mit etwas Anderem als immer nur Volleyball zu beschäftigen. Nicht, dass er das zwangsläufig laut aussprechen würde. Tatsache war in diesem Moment nur, dass auch sein zweiter Versuch nicht wirkte, als würde er auf Erfolg hinzielen. Und eine weitere Nachricht zu schicken, in der er erklärte, dass er selbst die Liste angefertigt hatte, wäre nicht nur gegen seine eigenen Spielregeln, sondern würde darüber hinaus auch noch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf das Szenario hinauslaufen, in dem Bokuto sich vor seinen neuen Freunden als Keijis Held und Epitom der Göttlichkeit darstellte. Für den Moment blieb ihm also nur, abzuwarten, ob sich irgendetwas ändern würde, und spätestens am Donnerstag zu seinem dritten Punkt auf der Liste zu greifen.   #5 – Den Ehrgeiz wecken   Zu seiner eher geringen Verwunderung kam auch der Donnerstag schneller, als ihm lieb war. Doch dieses Mal war er wenigstens darauf vorbereitet, seine Nachricht so zügig abzuschicken, dass es ihm nicht beinahe Ärger mit dem Dekan einbringen würde, indem er wieder gerade so pünktlich kam.   Der jährliche Novellen-Wettbewerb beginnt bald wieder, Bokuto-san.   Es war eigentlich ein Wettbewerb für etwas jüngere Schüler, ungefähr im Alter derer, die gerade erst neu auf die Oberschule gingen. Aber da Bokuto literarisch – und auch sonst geistig – manchmal ohnehin auf dem Level eines Fünfjährigen war, glaubte Keiji nicht, dass das ein großes Problem darstellen würde. Dieses Mal musste er etwas länger auf die Antwort warten. Genau genommen so lange, dass er vorher die erste Unterrichtsstunde hinter sich gebracht hatte, aber vielleicht bedeutete das ja, dass Bokuto sich ausnahmsweise ein paar Gedanken darum gemacht hatte, was er antwortete?   „Ich reiche einfach meine Geschichte vom letzten Mal ein, hey, hey hey!!“   Mit Mühe und Not vermied Keiji es, seinen Kopf in die nächstbeste Zimmertür rasen zu lassen. Mal ganz davon abgesehen, dass es fürchterlich idiotisch war, einen Beitrag einreichen zu wollen, der schon im Vorjahr keine Chance gehabt hatte, glaubte Keiji nicht, dass darauf noch etwas folgen würde. Beinahe ein bisschen verzweifelt brachte er den Unterricht hinter sich, und hoffte ausnahmsweise, dass es schnell Samstag werden würde, damit er seinen Plan noch mal genauer durchgehen konnte. Irgendwo schien er einen gravierenden Fehler gemacht, irgendeine Variable nicht mit einberechnet zu haben. Selbstverständlich war ihm innerhalb von mehr als zwei Jahren nicht entgangen, dass Bokuto sehr schwer von Begriff war, und zu ihm durchzudringen manchmal weitaus schwieriger sein konnte als den Aokigahara lebendig zu durchqueren. Aber damit konnte Keiji trotzdem nicht hinnehmen, nach fast einer Woche immer noch nicht mal den leisesten Hauch von Erfolg gehabt zu haben. Er akzeptierte es einfach nicht! Als er jedoch gerade auf die Sporthalle zusteuerte, um das Volleyballtraining einzuleiten – was nicht immer ganz einfach war, denn er hatte nicht mal einen Bruchteil von Bokutos Talent, Leute zu motivieren – verkündete ihm sein Smartphone, dass er noch eine weitere Nachricht bekommen hatte, und er war sich ziemlich sicher, von wem die stammte, hielt also noch mal inne.   „Akaashi!! Diese Bibliothek ist sooo langweilig!“   Er hörte die Nachricht zwei mal ab, bevor er glaubte, dass er sie bekommen hatte, und schmunzelte dann über seinen eigenen Erfolg. Eventuell war der Plan in seiner aktuellen Form also doch noch nicht zum Scheitern verurteilt. Leider spiegelte die Sprachnachricht erschreckend genau Bokutos Intelligenz wieder, denn Keiji zweifelte keine Sekunde daran, dass die Worte mitten in besagter Bibliothek durch den Raum gebrüllt worden waren.   Riskiere lieber nicht dein Handy, Bokuto-san. Sonst wird dir noch langweiliger.   Als er nicht innerhalb von einer Minute eine Antwort bekam, schloss er für einen Moment seufzend die Augen. Das war nun wirklich der ungünstigste Zeitpunkt für so etwas gewesen. Zum ersten Mal, seit er seinen Plan in die Tat umzusetzen begonnen hatte, verfluchte Keiji sich dafür, nicht einfach mit der Tür ins Haus geplatzt zu sein. Andererseits würde Bokuto sein Handy schon irgendwann wiederbekommen, und bis dahin hätte Keiji genügend Zeit, an seiner Strategie zu feilen, um endlich Früchte von dieser Aktion zu tragen. Schließlich musste er lediglich dafür sorgen, dass seine Nachrichten absolut idiotensicher dafür sorgten, dass Bokuto begriff, was Keiji von ihm wollte. Und er dachte nicht im Traum daran, einfach aufzugeben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)