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My love bite on your neck

von

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Love bite 02 - Punktlandung (Ohne Adult)

Love bite 02 - Punktlandung (Ohne Adult)
 

"Niclas! Und? Hat Kilian dich angefleht, dass du zu ihm zurückkommst?" Wo ist das nächste Loch zum drin verstecken?

"Ähm. Nein. Erzähle ich dir später. ... Mama? Das ist Meilo."

"Oh." Meine Mutter guckt ganz verdutzt, lächelt dann aber von einem bis zum anderen Ohr. Ich will gar nicht wissen, was sie jetzt wieder denkt.

"Meilo? Das ist meine Mutter Cora."

Meine Mutter lächelt noch breiter und streckt Meilo die Hand hin. "Hallo! Bist du ein Freund von Niclas?" Nun komme ich mir zehn Jahre jünger vor und mich in meine Jugendzeit zurückversetzt. War mir das Verhalten meiner Mutter damals auch so peinlich? Bestimmt!

"Meilos Auto ist kaputt, und ich habe ihn angeboten hier zu übernachten", erkläre ich ihr in groben Zügen, warum ich ihn mit hier her schleppe.

"Ach das passt ja!" Habe ich mich gerade verhört? Sie wird doch nicht ...? "Nicole schläft heute nämlich bei einer Freundin und ich habe viel zu viel zu Abend gekocht!" Und ich dachte schon, sie erzählt ihm jetzt brühwarm, dass ich wieder zu haben bin. Da hat sie nochmal Schwein gehabt, denn sonst hätte ich sie mit einem ihrer Kochtöpfe Mundtod gemacht. Na gut, hätte ich nicht, aber vorgestellt hätte ich es mir. "Setzt euch schon mal. Werner kommt sicher auch gleich." Schon so spät? Ich schaue auf die Küchenuhr. Halb sieben durch! Wo ist die Zeit nur hin?

Meilo dreht sich zu mir und haucht mir ein stummes WOW zu. Sicher meint er damit meine Mutter, die schon in der Küche herumwirbelt und einen vierten Teller anschleppt. "Wo kommst du den her, Meilo?", fragt sie ganz mama-typisch drauf los.

"Aus Berlin."

"Berlin?! Ach wie schön! Da war ich auch mal. Als kleines Mädchen. Wie schön es da war! Aber da stand die Mauer noch, und wir mussten durch Ostdeutschland. Das war total unheimlich." Ich hatte ganz vergessen, wie ausschweifend meine Mutter sein kann. "Und wo willst du hin?"

"Nach Stuttgart." Ein Gutes hat ihr Gerede, muss ich zugeben. So erfahre ich wenigstens etwas mehr über ihn. Nicht, dass ich es unbedingt wollen würde, aber ein kleines bisschen Neugierig bin ich trotzdem.

"Und was treibt dich dort hin?"

"Die Arbeit."

"Was arbeitest du denn?"

"N' Abend!" Mein Vater rettet Meilo vor der Fragenflut meiner neugierigen Mutter. Vorerst. ... Hoffe ich. "Oh. Ein Gast?"

"Ja! Das ist Meilo. Er kommt aus Berlin", klärt Mama ihn auf.

"Schön Sie kennenzulernen. Ich bin Werner." Papa, ganz der Herr im Haus, schüttelt Meilo die Hand.

"Immer noch Meilo", lacht meine neue Bekanntschaft. "Auch schön Sie kennenzulernen." Wie gut erzogen Meilo ist. Beeindruckend. Er ist bestimmt der Liebling aller Schwiegereltern. Meine Eltern fressen ihm jetzt schon aus der Hand.

"Wie war dein Tag?", möchte Mama von meinem alten Herrn wissen und verpasst ihm einen Kuss auf die Wange. Das macht sie immer. Auch nach all den gemeinsamen Jahren noch. Irgendwie niedlich. Vielleicht hätte ich das bei Kilian auch machen sollen ... Ich verpasse mir selbst einen Tritt. Nicht an dieses Arschloch denken!

"Recht angenehm", antwortet mein Vater ihr seufzend. "Wenn man drauf steht, sich einen Einlauf verpassen zu lassen." Und los geht's! Papa klagt seinen Bürostress und Mama bedauert ihn. Das perfekte Paar.

"Hör einfach nicht hin", rate ich Meilo. "Die zwei sind immer so."

"Macht doch nichts. Endlich mal wieder ein ganz normales Familienleben. Das hatte ich schon lange nicht mehr."

"Oh. Verstehst du dich nicht gut mit deinen Eltern?"

"Doch. Nur sehen wir uns nicht oft. Hab eben viel zu tun."

"Ach so." Ich trinke einen Schluck Wasser. Ich traue mich einfach nicht ihn weiter auszufragen. Ich kann das nicht wie meine Mutter. Bei mir wirkt das immer aufdringlich. Bei ihr eher erheiternd neugierig, auf eine erschreckende Art und Weise.

"Und du? Warum wohnst du wieder hier?"

"Das ist nur vorübergehend", winke ich ab. "Bis ich was Neues finde."

"Wo warst du den vorher?", fragt er und schaut mich so merkwürdig an. Ist das richtiges Interesse oder möchte er bloß höflich sein?

"Mein Freund hat mich rausgeschmissen", purzelt es auf einmal aus mir raus, obwohl ich es eigentlich gar nicht will.

"Tut mir leid. Ich wollte dich nicht daran erinnern."

"Schon gut. Ich denke sowieso die ganze Zeit an ihn." Zugegeben. Seit Meilo mich quasi über den Haufen gefahren hat, tauchte Kilian kaum mehr in meinen Gehirnwindungen auf.

"Daher auch die Kiste vorhin." Die ist ihm aufgefallen?

"Ja."

"So was Ähnliches habe ich mir schon gedacht."

"Bist ja ein guter Beobachter", schmunzle ich.

"Hin und wieder ..." Das Abendessen findet seinen Weg auf den Küchentisch. "Und weshalb hat er dich rausgeschmissen. Nur, wenn ich fragen darf."

"Darfst du", seufze ich. Warum auch nicht? Jetzt, wo die Katze schon aus dem Sack ist. "Es hat ihn angepisst, dass ich so viel gearbeitet habe."

"Gearbeitet? An diesem Programm?", fragt mich jetzt meine Mutter, und sieht mich ganz erschrocken an. Dieses Detail habe ich ihr noch nicht verraten.

"Ja."

"Ach Niclas!"

"Mama, bitte! Darüber diskutiere ich jetzt nicht mit dir." Das kann ich jetzt nicht gebrauchen. Einen ihrer klugen Sprüche.

"Was denn für ein Programm?"

"Ein Programm zur schnelleren Datenverarbeitung und zur Errechnung von Vorhersagestatistiken. Ein verbessertes Programm dafür sozusagen, um genau zu sein. Man bekommt nicht mehr so große Abweichungen, wie mit den herkömmlichen Programmen und ... Bin schon ruhig." Ich lächle leicht verschämt. "Es hört sich schnarch-langweilig an, wenn man davon erzählt, aber es steckt viel Arbeit dahinter, bis so ein Programm mal richtig läuft. Aber es ist eben nicht jeder scharf drauf, davon zu hören." Man wird sofort als Nerd abgestempelt. Als Anmache taugt dieses Thema auf jeden Fall nicht. Wie gut, dass ich Meilo nicht anmachen möchte.

"Nicht jede Arbeit muss anderen gefallen. Hauptsache, dir macht es Spaß."

"Tut es. Und es ist mir wirklich wichtig", sage ich leise und fülle meinen Teller. Das Programm ist meine Entdeckung, sozusagen. Ich bin zufällig darauf gestoßen, wollte testen, wie weit ich gehen kann. Und nachdem ich in einem Forum von einem Problem gelesen habe, das ein anderer Programmierer hatte, wollte ich testen, ob ich das nicht lösen könnte. Konnte ich, wie ich verblüfft festgestellt hatte. Und mit meiner Methode war es sogar relativ einfach. Ich war so begeistert davon gewesen, dass ich vielleicht wirklich damit etwas übertrieben habe. Aber dass mich Kilian deshalb gleich absägt? Nein! Das hätte ich nicht für möglich gehalten.
 

Das restliche Abendessen verläuft ziemlich ruhig. Jedenfalls für die Verhältnisse meiner Familie. Liegt es vielleicht daran, weil Nicole nicht da ist? Auffällig ist es schon.

Nach dem Essen haben wir vier uns noch eine Weile nett miteinander unterhalten. So habe ich auch noch das ein und andere Detail über Meilo erfahren. Nichts wirklich Aufregendes, aber immerhin.

Danach haben wir noch schnell mitgeholfen, den Tisch abzuräumen, und nun führe ich Meilo in mein ehemaliges Jugendzimmer, Schrägstrich, mein heutiges Notlösungszimmer. "Ich habe eine Luftmatratze, auf der es sich bequem schlafen lässt. Mama holt sie sicher schon." Zwar haben wir unten im Haus noch ein Gästezimmer, aber das wird so wenig benutzt, dass es zu einem leicht muffigen Raum verkommen ist. Daher lasse ich ihn lieber bei mir pennen.

Ein leises Lachen ertönt und Meilo grinst mich hinreißend an. "Deine Mama bringt die Luftmatratze, damit dein neuer Freund bei dir übernachten kann", witzelt er und lehnt sich an meinen Schreibtisch. "Das weckt Erinnerungen."

"Stimmt", lache ich. "Wie wäre es? Wollen wir eine Pyjamaparty feiern?" Frech grinse ich ihn an.

"Gern. Aber du musst mir einen leihen. Ich schlafe normal nur in Unterwäsche ... Oder nackt."

"Auch nicht schlecht", schieße ich zurück, noch ehe ich es verhindern kann. "Sorry. Das kam jetzt etwas blöd." Ich Trottel!

"Macht nichts. Ich fände eine Unterwäscheparty auch nicht schlecht." Meilos Augen funkeln amüsiert. Macht er mich gerade an? Gegen einen Flirt hätte ich ja wirklich nichts, gerade wegen meiner Trennung. Es putzt das Selbstwertgefühl ungemein, von jemanden seines Kalibers angeflirtet zu werden. Doch sicher nicht, wenn derjenige, der mich so schamlos anflirtet, die Nacht bei einem verbringt. Ich weiß nämlich nicht, ob ich schon so weit gehen möchte, um mit den eventuellen Konsequenzen dieses noch so unschuldigen Flirtes leben zu können, denn vielleicht habt ihr es schon bemerkt. Meilo gefällt mir nämlich, zugegebenermaßen, mehr als gut. Er ist nett, man kann sich ausgesprochen gut mit ihm unterhalten und er sieht wirklich zum Anbeißen aus. Besonders sein Hintern … Uh! Zusammenreißen Niclas! Solcherlei Gedanken kannst du jetzt noch nicht gebrauchen. Wir hatten doch abgemacht, dass du dich erstmal nur um dich kümmerst! Also bleib bei deinem Plan!

"Ich glaube, für eine Party bin ich nicht mehr fit genug. Welcher Art auch immer die Party sein mag", sage ich aus diesem Grund und hoffe, dass war jetzt deutlich genug. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, gehe ich zu meinem Kleiderschrank, in dem meine Wechselbettwäsche verstaut ist.

"Liegt das an diesem Kilian?" Volltreffer! Ich halte mitten in der Bewegung inne. "Da lag ich anscheinend richtig."

"Voll und ganz", sage ich mich räuspernd.

"Ich wollte nicht irgendwelche Wunden aufreißen. Mein Mund ist meistens schneller als mein Gehirn. Das bringt mich immer wieder in peinliche Situationen."

Mit der Bettwäsche in der Hand drehe ich mich zu Meilo um. "Du hast keine Wunde aufgerissen. Dazu klafft sie noch viel zu weit und viel zu tief."

Er macht ein betroffenes Gesicht, das ich ihm sogar wirklich abkaufe, und kommt auf mich zu. Fast macht er den Eindruck, er wolle mich in seine Arme ziehen, doch er nimmt mir nur die Bettwäsche ab. "Wenn du reden willst. Ich bin noch bis morgen Nachmittag hier."

"Ach ne!", lache ich und boxe ihn leicht gegen die Schulter, um meine Unsicherheit zu verbergen. Autsch! Die ist aber hart! Der Kerl ist gut trainiert. Das wird mir auch gleich darauf bestätigt, denn er legt die Wäsche einfach auf meinen Schreibtisch, kramt in seinem Koffer herum, bis er Shorts und ein kitschig lilafarbenes Shirt herausholt und sich einfach das, das er gerade am Leib trägt, von sich schält. Mein Entschluss keusch zu bleiben gerät bei dem Anblick für eine winzig kleine Millisekunde leicht ins Schwanken. Einmal tief durchatmen, und das Schwanken ist zum Glück wieder weg.

"Macht es dir was aus, wenn ich vor dir duschen gehe?"

"Nein, nein", erwidere ich kopfschüttelnd. "Geh nur."

"Gut, dann springe ich mal schnell unter die Dusche", spricht's, zwinkert mir zu und verlässt mein kleines Zimmerchen. Dabei weht der Duft seines Aftershaves zu mir rüber.

Wimmernd beiße ich mir auf die Unterlippe und schließe die Augen. Wie gut, dass ich nach ihm duschen gehe, denn ich glaube, nach dem Tag heute, habe dringend eine Abkühlung nötig. Eine lange ausgiebige Abkühlung ...
 

***
 

"Was für ein Schwein! Nachdem er sich erst vor vier Wochen mit dieser mehr als miesen Begründung von dir getrennt hat, schon ein Neuer am Start? Das glaube ich ja nicht!" Meilo macht ein entsetzt-ungläubiges Gesicht. "Ohne dir vorher auch nur ein Wort mit dir geredet zu haben?" Ich nicke bloß, froh darüber, dass Meilo genauso über die Trennung denkt, wie ich.

Ich habe ihm dann doch alles erzählt, was zwischen Kilian und mir vorgefallen ist. Selbst von dem Vorfall heute im Café. Natürlich hatte er recht und es tut gut, mit jemanden darüber zu reden, der das alles mit viel mehr Abstand sieht und nicht so eingebunden in diese Geschichte ist, wie meine Familie oder meine Freunde. Den ganzen Scheiß der letzten Monate von der Seele zu reden, ist richtig befreiend gewesen. "Er hätte dir doch sicher nur sagen brauchen: Hey Schatz! Mach endlich mal den PC aus und komm zu mir ins Bett. Oder nicht?"

"Das habe ich mir auch schon tausendmal durch den Kopf gehen lassen. Ein Wort von ihm, dass er das Gefühl hat, ich vernachlässige ihn, und ich hätte mit ihm mehr Zeit verbracht. Ich dachte, er unterstützt mich bei meinem Projekt. Ich hatte nie das Gefühl, dass er deswegen sauer auf mich war, aber vielleicht hätte ich genauer hinsehen müssen." Die Frage habe ich mir oft gestellt in den letzten Wochen. Hätte ich es bemerken können? Bis jetzt bin ich noch zu keiner Antwort gekommen, und wahrscheinlich werde ich das auch gar nicht mehr. "Kilian wusste, wie viel mir das Programm bedeutet. Aber hätte ich jemals auch nur die leiseste Ahnung davon gehabt, dass das Projekt zwischen mir und ihm steht ... Ich hätte alles getan, damit sich das ändert." Meilo nickt, als wüsste er, wie das ist. "Was ist eigentlich mit dir?", frage ich ihn, um das Thema zu wechseln. Genug über meine vergeigte Beziehung. "Reist du immer so viel durch die Gegend?" Ich liege in meinem Bett auf der Seite, den Kopf mit der Hand abgestützt, damit ich Meilo ansehen kann, der auf der Luftmatratze vor meinem Bett herumlümmelt, und mich ebenfalls ansieht.

Er liegt auf den Bauch, hat das Kinn auf seine Arme gelegt und hört mir aufmerksam zu. Jetzt aber scheint er eher nachzudenken und überlegt, was er auf meine Frage antworten soll. "Ich reise eigentlich schon seit zwei Jahren ununterbrochen durch das Land. Bin mal hier, mal da."

"Das ist sicher nicht leicht", sage ich leise und kann es mir gar nicht richtig vorstellen, ständig wo anders zu sein. "Vermisst du nicht deine Freunde und deine Familie?"

"Total! Wir telefonieren viel und skypen. Was aber alles nicht das Selbe ist." Kann ich verstehen.

"Und wie sieht es aus mit einem Partner? Das muss doch noch viel schwieriger sein." Ich kann es mir einfach nicht verkneifen! Seit er halb nackt vor mir stand, drängt sich mir nur diese eine Frage auf: Hat er jemanden? Das er schwul ist, daran habe ich keine Sekunde gezweifelt.

"Wäre es mit Sicherheit, wenn ich einen Partner hätte." Die Freude darüber, dass er Single ist, hänge ich lieber nicht an die große Glocke. Zudem ärgert sie mich. Ich meine, hallo?! Ich bin frisch getrennt! Zwar ist das jetzt schon vier Wochen her, aber ich werde mich doch nicht gleich ins nächste Abenteuer stürzen. Obwohl gegen einen ONS nichts einzuwenden wäre. ... Eigentlich ... Natürlich nur, wenn es beidseitig ist. Verdammt! Was denke ich da bloß? "Was überlegst du schon wieder?"

"Hm?" Fragend hebe ich eine Augenbraue.

Meilo lächelt eine Spur breiter und hat so einen merkwürdigen Ausdruck in den Augen, den ich im Moment nicht zu deuten weiß. "Ich würde zu gern wissen, was in deinem Kopf vorgeht." Wie soll ich denn das jetzt verstehen?!

Ich schlucke meine steigernde Verwirrung hinunter und blinzle ihn gespielt überheblich an. "Das willst du sicher nicht. Da drin sind nur Codefolgen und Programmstrukturen."

"Och, ich glaube, da drinnen tut sich noch viel, viel mehr", feixt er und dreht sich auf den Rücken. "Mach doch das Licht aus. Wir können uns auch im Dunklen unterhalten." Seine Augen fallen zu. Meilo ist echt ein Hingucker! Ich könnte ihn ewig anschauen ...

"Wie du willst", seufze ich und lösche das Licht mit einem letzten genauen Blick auf ihn. "Der Gast ist schließlich König."

"Sag das nicht noch einmal. Sonst bestimme ich hier ganz andere Schlafstrukturen."

Ich lache auf. "Willst du etwa in mein Bett? Kannst du haben. Gegen einen Tausch hätte ich nichts."

"Wer redet denn vom Tauschen?" Bei dem Klang seiner Stimme jagt es mir heiß und kalt den Rücken hinunter, was in meinem Schoß nicht näher zu erwähnende Folgen hat.

Da das Licht schon aus ist, muss ich mich allein auf seine Stimme konzentrieren, um aus ihr alle nötigen Schlussfolgerungen ziehen zu können. Das war doch jetzt garantiert eine Anmache! ... Oder? "Hat es dir jetzt die Sprache verschlagen?" Belustigung in Meilos Stimme.

"In gewisser Weise ja." Soll ich einfach nachfragen? Ich traue mich nur nicht. Ich war damals, vor meiner Beziehung mit Kilian, beileibe kein Kind der Traurigkeit, aber wenn ich unsicher werde, oder mir nicht sicher bin, ob meine Annäherungsversuche Früchte tragen werden, muss der andere die Initiative ergreifen.

"Du bist jederzeit dazu eingeladen, mit mir dein Lager zu teilen. Wenn du magst", wispert er. "Ob Bett oder Liege, das wäre mir vollkommen egal." Ich schlucke ein paar mal nervös. DAS war eine Anmache, ganz sicher! Mehr noch. Eine Aufforderung! "Ich würde dir gern helfen, Kilian zu vergessen. Oder dir wenigstens zeigen, dass da draußen noch eine Menge andere hübsche Boys sind, die nur auf einen so heißen Kerl wie dich warten."

Mir schießt das Blut in untere Regionen, doch gleichzeitig muss ich anfangen zu lachen. "Boys?! Ich will aber keine Boys!" Ganz bestimmt nicht!

"Nicht? Auch keinen süßen Twink?" Ich höre, wie die Luftmatratze quietschende Geräusche von sich gibt. Ein Schatten taucht vor mir auf, und ich zucke leicht zusammen. Meilo stützt sich mit seinen Armen auf meiner Matratze ab und scheint mich anzuschauen. "Auch nicht für eine Nacht?", fragt er ergänzend.

"Keinen Boy. Keinen Twink. Auch nicht für eine Nacht", wispere ich und spüre, wie das verräterische Kribbeln und Ziehen in meinem Schoß einsetzt.

"Okay. Verstanden. War ja nur eine Frage." Der Schatten neben meinem Bett verschwindet und die Matratze quietscht erneut. Stopp mal!

"Ich finde nicht, dass du ein Boy oder Twink bist", setze ich schnell nach und richte mich halb auf. "Du bist ein richtiger Kerl." Ich beiße mir auf die Zunge. Den letzten Satz hätte ich mir echt schenken können! Wie peinlich!

Nun ist es Meilo, der lacht. Und zwar richtig. Das habe ich verdient. "Ein richtiger Kerl?! Das hat noch nie jemand zu mir gesagt!"

"Oh hör auf zu lachen!" Ich lasse mich wieder aufs Bett fallen und drehe mich auf den Rücken. Mein Gesicht vergrabe ich in den Händen. Zum Glück ist das Licht aus und er sieht nicht, wie meine Birne anfängt zu glühen. "Vergiss es einfach!", bitte ich ihn.

"Vergessen? Das hättest du wohl gerne!" Erneutes Luftmatratzen-Quietschen dann wackelt mein Bett. Was zum ...? "Das war ein Kompliment für mich."

"Wirklich?" Das verstehe ich nun nicht. "Wieso?"

"Weil ich meist nicht wie ein richtiger Kerl rüberkomme. Deshalb." Hä? Aber er ist doch einer.

"Aber du bist du einer! Ich muss das schließlich wissen", bestätige ich ihm nochmal, meine Hände noch immer über meinem Gesicht. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Meilo nicht wie ein ganzer Kerl herübergekommen soll. Mit welchen Blindfischen gibt er sich denn den ganzen Tag über ab?

"Kann sein, aber während meiner Arbeit fällt das niemanden auf." Nach dieser verwirrenden Aussage stehe ich komplett im Wald, denke aber nicht weiter darüber nach, denn ich merke, wie sich Meilo neben mich legt, eigentlich halb auch mich, da auf meinem alten Jugendbett nicht wirklich viel Platz ist. Kinderzimmer eben. Ich sage nur 2 Meter mal 90 Zentimeter.
 

Seine Finger streifen plötzlich über meine Hände, packen sie und ziehen sie sanft aber bestimmt von meinem Gesicht. Ich erkenne seine Umrisse über mir, sowie das wenige Licht von der Straßenlaterne draußen, das sich in seinen Augen widerspiegelt. "Meilo?" Mein Herz schlägt so heftig, dass meine Stimme richtig zittert.

"Schscht. Wenn mich nicht alles täuscht, brauchen wir beide gerade etwas Geborgenheit und Nähe. Wozu also noch lange herumreden?" Was sagt er da?

"Äh … Ich wei..."

"Schhhh", macht er erneut. Diesmal höre auf ihn und schweige, hauptsächlich deswegen, weil mir nichts einfällt, was ich zu ihm sagen könnte.

Der dunkle Umriss Meilos nähert sich mir langsam. Mein Herz schlägt sofort aufgeregt schneller und in meinem Hirn herrscht heilloses Durcheinander. Ich fühle, wie mir Meilos warmer Atem über Hals und Gesicht haucht und meinen Nacken kribbeln lässt, bevor plötzlich seine Lippen behutsam testend über meine streifen, und dann vorsichtig den Druck erhöhen. Weich und warm spüre ich sie, wie sie sich langsam und prüfend gegen meine Lippen bewegen.

Nach der ersten Schrecksekunde fallen mir die Augen zu und ich lasse meine zuvor angehaltene Luft aus der Nase entweichen. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich sie angehalten habe. Auch all die Bedenken, die ich schon den ganzen Nachmittag über in mir trage, sind wie weggeblasen. Ich bin schließlich Single! Was spricht also gegen das hier? Eben. Nichts!
 

Als Meilo merkt, dass ich ihn nicht aufhalten möchte, und den Kuss erwidere, wird er mutiger und der Kuss gieriger. In meinem Bauch stellt sich ein aufgeregtes, heißes Kribbeln ein und seine vollen Lippen auf meinen fühlen sich so gut an, dass ich fast glaube, ewig nicht mehr geküsst worden zu sein, was auch stimmen mag. Jedenfalls nicht auf diese Weise. Nicht so intensiv und begehrlich, als wäre ich alles, was dieser Mann will. Wann haben Kilian und ich uns das letzte Mal so geküsst? Ich weiß es nicht mehr und ich mag mich jetzt auch keinesfalls daran erinnern.

Verlangend hebe ich mein Kinn an und öffne den Mund einen Spalt breit. Meilo nimmt diese stumme Einladung sofort an und schlüpft mit seiner Zunge in mein Reich, womit er mich zum Seufzen bringt, und legt sich nun ganz auf mich. Sein Gewicht drückt mich tief in die Matratze. Abermals löst sich ein leises Seufzen aus meiner Kehle. Seine schwerer Körper auf mir fühlt sich einfach nur fantastisch an!

Ich schlinge meine Arme um ihn. Die Lust in meinem Inneren schlägt immer höhere Flammen, die immer wieder in heißen Wellen über meinen gesamten Körper hinweg jagen und sich in meiner Körpermitte sammeln. Ich bin jetzt schon steinhart und reibe mich hemmungslos an Meilos Schritt, dessen Hose nicht weniger gut ausgefüllt ist.
 

Inzwischen sind unsere anfangs noch recht harmlosen Zungenspiele zu einem gierigen Saugen und zärtlichen Beißen geworden. Immer wieder hallen leise Laute der Lust und unser gelegentliches amüsiertes Kichern durch das kleine Zimmer, während ich die mir schon sehr bekannte Zunge zurück in ihr eigenes Reich schiebe und beginne, das dortige, mir noch fremde Revier, zu erkunden. Meilos Hände haben sich unterdessen auf den Weg unter mein Shirt gemacht, schieben es mir ungeduldig nach oben und verweilen an meinen schon harten Nippeln. Ich keuche auf, als er mit seinen Fingerkuppen über sie reibt, sie zwischen ihnen einklemmt und daran zupft.

Oh Mann! Ich hätte niemals geglaubt, dass ich mal so dabei abgehen würde! Eigentlich fand ich das ständige Herumgelutsche von Kilian dort mehr als gewöhnungsbedürftig und eigentlich bin ich auch gar nicht erregbar an diesen Dingern, die Mutternatur uns Männern aus welchen Gründen auch immer verpasst hat, doch jetzt ist das völlig anders. Meilos Finger müssen eine besondere Begabung haben. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich mich stöhnend unter ihm winde und bei jedem Zwirbeln, Ziehen und Streicheln kleine bunte Kreise vor meinen geschlossenen Augen sehe. Mal ganz abgesehen von den fast schon schmerzhaften Ziehen und Pochen in meinem Schritt. Und als er sich an meinem Hals entlang nach unten küsst, mir mein Oberteil auf einmal wüst über den Kopf zieht, dabei lacht wie ein kleiner, frecher Junge, bin ich schon fast soweit, mir meine schöne Boxer einzusauen.

"Macht es dir was aus, wenn ich dir was für später schenke? Eine kleine Erinnerung an mich?" Oh Fuck! Ich zerfließe gleich! Wie kann man so süß und gleichzeitig so versaut sein? Denn anders kann ich das, was er mit seiner Hand bei mir weiter südlich anstellt, nicht beschreiben.

"Nein! Mach!" Er lacht dunkel und saugt sich an meinem Hals fest. Der Kerl will mir also einen Knutschfleck verpassen?! Wie kindisch! Er soll bloß nicht damit aufhören!
 

*
 

Ich weiß nicht, wie lange wir noch aufeinander liegen geblieben sind, nach dieser Punktlandung aller Punktlandungen, als er sich aus mir zurückgezogen hatte, aber ich genoss es in vollen Zügen. Es fühlte sich unbeschreiblich gut an, sein Bett wieder mit jemanden zu teilen, so eng mit jemanden verbunden zu sein.

Nach der Trennung war es ein furchtbares Gefühl, einsam und allein einschlafen zu müssen. Ich war es eben gewohnt, jemanden neben mir liegen zu haben, das leise Atmen neben mir, die Wärme eines vertrauten Körpers. Es bedeutet für mich ein Stück weit Geborgenheit und auch Sicherheit, etwas, auf das ich nicht mehr lange verzichten möchte, wie mir in dieser Nacht klar geworden ist. Doch bis es so weit ist, werde ich noch ein bisschen meine Freiheit genießen. Oh ja! Zwangloser Sex hat auch was für sich. Ganz eindeutig.

Zufrieden und befriedigt zog ich zu guter Letzt die Decke über uns, legte meine Wange gegen seine Stirn, schloss die Augen und genoss Meilos Nähe. Ich muss praktisch sofort eingeschlafen sein, denn als ich vorhin wach wurde, und vorsichtig meine Augen öffnete, war es draußen schon hell.
 

Jetzt liege ich noch immer dicht an Meilo geschmiegt in meinem engen Bettchen und traue mich gar nicht, einen weiteren Blick zu riskieren. Irgendwie bin ich nervös.

Ist er auch schon wach? Schaut er mich an? Wie wird die Stimmung zwischen uns sein, wenn wir uns das erste Mal nach unserer gemeinsamen Nacht ansehen?

Ich war vor meiner Beziehung mit Kilian nie wirklich der Typ für schnelle ONS, lernte meine Sexpartner wenigstens ein wenig kennen, bevor ich sie mit zu mir brachte. Doch wenn ich mal Bock auf eine schnelle Nummer hatte, vergnügte ich mich mit den Kerlen immer nur an Orten, an denen man nicht einschlief und über Nacht blieb. Kurzum: Ich habe gar keine große Erfahrung darin, wie man sich verhält, nachdem man mit einem fast Fremden in seinem früheren Jungendbett geschlafen hat.

Ein komisches Gefühl stellt sich bei mir ein. Am besten, ich mache es kurz und schmerzlos.

Tief atme ich ein und räkle mich, lasse aber meine Augenlider noch geschlossen. Ein leises Schmunzeln antwortet mir. Er ist also wach! Fast bin ich schon versucht, ihn anzuschauen, verwerfe die Idee aber wieder, da ein paar Finger über meine Stirn streicheln. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Ein schönes Gefühl, doch auch eins, dass ich nur zu gut kenne. Warum macht mein Herz das? Vielleicht sehnt es sich einfach nur nach dem bekannten Gefühl, geborgen zu sein und geliebt zu werden. Ich kann es ihm nicht verübeln. Ich sehne mich schließlich auch danach.

Weiche Lippen schmusen über meine Nase und dann über meinen Mund. Prompt schlägt mein Herz noch einen Ticken schneller.

Ich sollte etwas dagegen unternehmen! Dringend! Ich kann nur leider nicht. Ich erwidere sogar den Kuss, höre, wie mir ein leises Seufzen entschlüpft, und schiebe mich ihm entgegen.

"Schon so munter am frühen Morgen?", kommt es von einem verschlafen klingenden Meilo. Endlich bekomme ich meine Augen auf und starre in leuchtendes Grün, was im totalen Gegensatz zu dem Klang seiner Stimme steht. Es irritiert mich für einen Moment, so wie gestern auf dem Parkplatz. Doch, genau wie gestern, hält es nicht lange an.

"Das Selbe könnte ich dich fragen", erwidere ich. Schließlich war er es, der vor mir munter drauf los geküsst hat.

"Stimmt wohl." Seine Hand krault durch meine Haare. Das ist schön. Viel zu schön, für meinen Geschmack. "Darf ich wieder zuerst duschen?"

Meilos Frage braucht einige Sekunden, bis sie in meinem Hirn angekommen ist. "Klar. Mach nur."

"Fein!" Er rutscht aus meinen Armen. Höchst perplex schaue ich ihm nach. Sehe dabei zu, wie er aus meinem Bett steigt, sich frische Kleidung aus der Tasche zieht, mir noch mal zuzwinkert und anschließend aus meinem Zimmer verschwindet. Dabei bemerke ich zum ersten Mal bewusst, dass Meilo ein Tattoo hat. Auf der linken Seite seines Oberkörpers. Es zieht sich von seinem Schulterblatt hinab die Seite entlang, und schwingt sich bis vor zu seinem Beckenknochen. Irgendwelche verschnörkelten Linien und Buchstaben. Was genau dort steht, konnte ich in der kurzen Zeit so schnell nicht entziffern. Eigentlich auch egal. Was mich im Moment viel mehr beschäftigt ist, dass ich richtig enttäuscht bin, dass er so schnell abgedampft ist und augenscheinlich allein duschen will, nachdem er mich so dezent wach geküsst hat.
 

Aber ist das nicht gut? Mit ihm zusammen unter dem warmen Wasser zu stehen, würde wahrscheinlich nur noch mehr Vertrautheit unter uns entstehen lassen, ebenso weiteres Geknutsche im Bett. Außerdem duscht man nicht mir einem ONS, oder? Also klappe da unten! Es wird weder gekribbelt noch gezogen! Meine arme Libido ist ja total aus den Fugen geraten! Kaum berührt mich ein Kerl, drehe ich durch! "Das war nur Sex. Einfach nur geiler, schneller Sex", bete ich mir leise vor. Und es klappt! Das Kribbeln und Ziehen stellt sich ein und mein Schwanz tut das, was ein Schwanz zu tun hat, wenn man ihn gerade nicht braucht.

Ich stehe auf, grapsche mir Unterwäsche und was zum Anziehen, und warte, bis Meilo fertig geduscht hat. Dabei wandert mein Blick zu dem Spiegel, der in der Innentür meines Schranks eingelassen ist. Meilo hatte recht. So arg bin ich gar nicht aus dem Leim gegangen. Der leichte Bauchansatz lässt sich schnell wieder in gewohnte Formen bringen. Lächelnd bleiben meine Augen am Hals hängen. Fünf rote Flecken verteilen sich dort und auf meinen Schultern. "Der hat mir wirklich einige Erinnerungen hinterlassen." Ich schüttle den Kopf, fühle mich aber gut dabei. Das gute Gefühl wird stärker. Wenn mich so ein heißer Kerl wie Meilo will, dann werde ich auch wieder jemanden finden, mit dem ich glücklich werden kann. Irgendwann, wenn ich wieder bereit dazu bin. Kilian ist jedenfalls Geschichte! Ich suche mir zuerst einen neuen Job. Einen, in dem ich endlich weiter an meinem Programm arbeiten und forschen kann. Dann habe ich in meiner Freizeit genug Zeit für die Liebe. Jawohl! Ab jetzt nehme ich mein Leben wieder selbst in die Hand. Ich bin Single und mir stehen alle Türen offen. "Danke Meilo." Laut knalle ich die Schranktür zu.

Kann das Leben nicht schön sein?
 

***
 

Der Vormittag verging viel zu schnell. Ich hätte mich noch gern weiter mit Meilo unterhalten, seine heilsame Nähe genossen. Doch leider bekam er gerade einen Anruf von meinem Nachbarn Ed. Seine Karre ist fertig. "Dann werde ich mal meine Sachen holen", verkündet Meilo mit leiser Stimme, steht auf und geht in mein Zimmer, um seine Tasche zu holen.

"Schau nicht so betrübt." Meine Mutter lächelt schmal und sieht mich aufmunternd an. "Frag ihn doch nach seiner Nummer, wenn du ihn jetzt schon so sehr vermisst."

"Ich weiß nicht was du meinst." Verärgert darüber, dass sie mal wieder so genau über meine Gedanken Bescheid weiß, stehe ich auf. "Ich geb's ja zu. Meilo ist nett und wir haben uns miteinander angefreundet, aber das ist rein platonisch."

"Wenn du meinst."

"Ja! Meine ich!" Ich lass meine Mutter in der Küche zurück und gehe in den Flur. Gerade jetzt kann ich ihre besserwisserischen Sprüche gar nicht ab. Ich habe noch genug Probleme mit meiner vorigen Beziehung. Da springe ich jetzt garantiert nicht dem nächsten Kerl in die Arme. Nicht so wie mein Ex.

Der Sex mit Meilo war gut. Sehr gut sogar. Aber das war's auch schon. Er hat mich daran erinnert, dass es noch eine Welt außerhalb einer Beziehung gibt und dafür bin ich ihm dankbar. Nicht mehr und nicht weniger.

"Ich hab alles. Kommst du noch mit runter?"

"Klar. Ich muss mich doch richtig von dir verabschieden." Ich lasse Meilo den Vortritt und warte, bis er aus der Wohnungstür getreten ist, nachdem sich meine Mutter von ihm verabschiedet hat. Jetzt, wo er vor mir die Treppe nach unten geht, und ich seinen breiten Rücken vor mir sehe, fällt mir ein, dass ich ihn ganz vergessen habe zu fragen, was dort auf seinem Rücken tätowiert ist. Am besten, ich frage auch erst gar nicht. Es bringt mir doch sowieso nichts wenn ich es weiß.
 

Wir überqueren die Straße. Ed wartet schon auf uns und steht winkend in seinem Hof. "Hey! Kannst gleich losfahren. Die Karre schnurrt wieder wie ein fetter, PS-reicher Kater."

"Danke! Ohne dich wäre ich aufgeschmissen gewesen." Meilo begutachtet kurz sein Auto und klopft dann meinem Nachbarn auf die Schulter. Danach dreht er sich zu mir. "Und ohne dich würde ich immer noch auf dem Parkplatz hocken und auf Handyempfang warten."

"Kein Ding", winke ich ab. "Ich schleppe gern fremde Männer ab, die am Straßenrand liegen geblieben sind."

"Habe ich mir fast gedacht." Er zwinkert mir zu und geht dann in Eds Werkstatt, um ihn für seine Arbeit zu bezahlen.

Ich hasse die aufsteigende Wehmut in mir. Und ich hasse die leise Stimme, die mir einzuflüstern versucht, ihn nicht einfach so gehen zu lassen. Aber noch mehr hasse ich den Satz meiner Mutter, ihn nach seiner Telefonnummer zu fragen, der sich ganz hinterlistig in mein Hirn gepflanzt hat, und bereits dicke, klebrige Wurzeln gezogen hat, aber das ist mir egal. Oder viel mehr, das hat mir egal zu sein, weil es besser für mich ist. Ich werde ihn ganz sicher nicht nach seiner Nummer fragen, weil es nämlich aus unserem kleinen Abenteuer etwas völlig anderes machen würde. Etwas, worauf ich gerade wirklich keine Lust habe. Mir langt mein Liebeskummer, den mir Kilian beschert hat. Da brauche ich nicht noch einen Kerl, der in der ganzen Welt herumturnt, und dadurch noch nicht mal seine Familie zu Gesicht bekommt. Das gäbe nur eine große Telefonrechnung und sehnsüchtiges Warten auf ein nächstes Treffen. Obwohl ... Im Moment habe ich ja keinen Job und bin nicht festgebunden. Ich könnte also ...
 

Ich trete mir innerlich gegen das Bein. Warum denke ich so einen Unsinn?! Meilo wird in wenigen Minuten Fahren! Für immer! Schluss mit solchen Überlegungen. Ich konzentriere mich jetzt auf mein Programm, werde mich mal wieder nur um mich selbst kümmern und das tun, was für mich am besten ist! Ganz ohne Beziehung, Liebelei oder sonst einen Gefühlskram! Jawohl!

"Danke nochmal."

"Ich habe zu danken", lacht Ed, der zusammen mit Meilo aus seiner Werkstatt gelaufen kommt.

"Dann heißt es jetzt Abschied nehmen, was?" Ich lächle Meilo schmal an und kann nicht verbergen, dass ich trotz allem traurig werde. Wie kann man einen Menschen in dieser kurzen Zeit nur so lieb gewinnen?

"Ja, das heißt es wohl." Wir umarmen uns fest, und ich fange gerade an zu überlegen, warum wir uns so lange in den Armen halten, als Meilo mir noch was ins Ohr flüstert: "Machs gut. Und glaub mir. Jeder Liebeskummer geht mal vorbei. Spätestens dann, wenn du dich neu verliebst. Du bist echt ein guter Fang. Du wirst nicht lange allein bleiben." Der Satz schnürt mir den Hals zu. Fuck! Ich werde doch jetzt nicht heulen?!

Seine Hand legt sich auf meine Wange und schiebt mich ein Stück von ihm weg, doch seine Stirn berührt kurz daraufhin meine. Mein Hals will sich einfach nicht entschnüren. "Machs gut", flüstert er ein weiteres Mal, und dann liegt sein Mund schon auf meinen. Nur ganz kurz, eine flüchtige Berührung, aber es reicht, um mein Herz schneller schlagen zu lassen.

"Danke Meilo", purzelt es über meine Lippen, noch ehe ich es aufhalten kann. Er schmunzelt aber bloß, lässt mich wieder los, stupst mir mit dem Zeigefinger auf die Nase, steigt in sein Auto, startet den Motor, legt den Rückwärtsgang ein, winkt und fährt ohne weitere Worte davon.

Weg ist er. Und ich stehe noch immer auf dem Hof der kleinen Werkstatt meines Nachbars, glotze in die Richtung, in die Meilo eben verschwunden ist, und habe ein Hirn, so leergefegt wie ein Spielzeugregal im Kaufhaus kurz vor Weihnachten, während mein Herz schlägt, als wäre ein Löwe hinter mir her und meine Lippen nach mehr schreien, was sie aber niemals bekommen werden.

Ed stellt sich neben mich und klopft mir auf die Schulter. "Die letzte Nacht war schön?", fragt er mich mit einem beiläufigen Tonfall, was mich wundert, denn normal ist Ed nicht so direkt.

"Sehr schön." Weshalb sollte ich lügen?

"Freut mich für dich. Ehrlich." Noch einmal bekomme ich einen Schlag auf die Schulter, dann lässt mich Ed wieder stehen. Redselig wie eh und je der Gute. Ed beschränkt sich immer nur aufs Nötige. Sehr sympathischer Charakterzug, finde ich.
 

"Niclas? Niclas!" Ich verdrehe die Augen. Die hat mir gerade noch gefehlt! Meine Schwester kommt auf mich zugerannt. "Wer war denn das?!", fragt sie mich, total aus der Puste, und stellt sich neben mich.

"Ein Freund."

"Ein Freund? Den kannte ich ja gar nicht."

"Du kennst eben nicht alle meine Freunde."

"Küsst du alle deine Freunde so?"

"Was geht es dich an?", knurre ich. Warum musste sie ausgerechnet jetzt nach Hause kommen? Allerdings lieber so, als wenn sie schon eher hier aufgeschlagen wäre. Kaum auszudenken, wenn sie Meilo belagert hätte. Ihren Blicken nach zu Urteilen, finde nicht nur ich ihn scharf, und das bestätigt sie mir auch prompt.

"Der sah gut aus. Nicht so gut wie Keith, aber ..."

Ich grunze empört auf. "Meilo sieht tausend Mal besser aus als dieser Transensänger!"

"Glaube ich nicht", sagt Nicole ungewohnt ruhig. "Niemand ist heißer als er."

"Ich kenne genug heiße Typen, die besser aussehen als dein Sänger", blaffe ich sie an. "Und stell dir vor, dazu müssen sie sich noch nicht mal schminken." Nicole zieht einen Schmollmund, was mich plötzlich zum Lachen bringt. Kurzerhand stupse ich ihr auf die Nase, so wie es Meilo vorhin bei mir gemacht hat. Selbst seinen Finger kann ich immer noch spüren ...

"Hey! Was sollte das jetzt?"

"Keine Ahnung! Echt nicht!" Laut lachend setzte ich mich in Bewegung. Nicole zeternd und weitere Fragen quasselnd hinter mir.

"Und wer war der Typ jetzt? Woher kennst du ihn? Hast du ein Foto? Warum war er hier, als ich nicht da war? Niclas! Du verheimlichst mir doch was!" Oh man! Kleine Schwestern nerven!
 

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