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SHaRKY SCaM

SouRin
von

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Du riechst so gut

Als Rin am Donnerstagmorgen erwachte, fehlte von Sousukes Geruch jede Spur, genau wie von diesem selbst. Der Rothaarige erhob sich bedrückt aus dessen Bett, schlurfte völlig motivationslos ins Bad und stieg unter die Dusche.

Seit Sousuke weg war, hatte er keine Lust mehr zu irgendetwas, nicht einmal masturbieren konnte er. Für ihn war es ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er bedrückt war und ihn etwas nicht in Ruhe ließ, wenn er seit fast einer Woche sich nicht in irgendeiner Form selbst befriedigt hatte.

Normalerweise hatten Jungs in dem Alter auch einen großen Sexualtrieb, was nicht ungewöhnliches war, doch wenn man so sehr mit etwas anderem beschäftigt und zudem auch noch körperlich am Ende seiner Kräfte war, verwunderte die Verringerung dessen keineswegs.
 

Als Rin seine Freunde in der Pause darauf ansprach, ob sie es nicht auch seltsam fanden, dass Sousuke sich nicht blicken ließ, mussten die beiden ihm zustimmen, konnten aber sonst auch nicht viel für ihn tun.
 

„Ihm geht es bestimmt gut. Du weißt doch, wie stark er ist“, versuchte Chigusa den Rothaarigen aufzumuntern.
 

„Ja schon, aber…“, senkte dieser betrübt den Kopf und musste daran denken, wie verletzlich und hilflos er Sousuke schon erlebt hatte und dass diese Seite den anderen wohl verborgen blieb.
 

„Ja, genau! Außerdem hat Miho doch gesagt, dass er im 3. ist“, mischte sich Kisumi nun ein und zog damit die Aufmerksamkeit ihrer Lehrerin auf sich.
 

„Miss Amakata für dich immer noch, Shigino-kun“, ermahnte die ihren Schüler, trat aber dennoch zu den drein heran. „Gibt es ein Problem?“
 

„Wir fragen uns nur, wann Sousuke wiederkommt“, informierte Chigusa ihre Lehrerin, welche sich wie sooft für die Sorgen ihrer Schützlinge interessierte.
 

„Ich weiß leider auch nicht mehr, als dass Dr. Kuznetsov mit gesagt hat“, seufzte sie nun.
 

„Und das wäre?“, wollte Rin kraftlos wissen.
 

„So wie ich euch am Anfang der Woche gesagt habe: Sie wollen ihn nicht lange dort behalten und er wird wieder zurückverlegt. Wann genau, wollten sie mir aber nicht sagen“, tat es Miho leid, dass sie den Jugendlichen keine große Hilfe sein konnte.
 

„Okay…“, ließ Rin den Kopf entmutigt hängen.
 

Seit Sousukes Geruch verflogen war, fühlte er sich schrecklich alleine gelassen. Er vermisste den anderen so sehr wie keinen anderen, nicht einmal seine Familie konnte da Schritt halten und wegen dieser hatte er schon einige Tränen vergossen.

Doch es war noch einmal etwas vollkommen anderes, Sousuke in den Fängen der Ärzte zu wissen, als die Tatsache, dass seine Mutter und seine Schwester nicht wussten, wo er sich befand. Beide waren starke Frauen und ihnen ging es sicherlich gut, doch wie es um Sousukes Psyche stand, wollte Rin sich leider nicht ausmalen.

Schon jetzt bereitete er sich darauf vor, einen völlig verstörten Sousuke nach dessen Rückkehr wieder aufbauen zu müssen. Anhand dessen wie mitgenommen dieser nach dem Schlag ins Gesicht gewesen war, konnte man sich ausrechnen, wie dessen geistiger Zustand nach diesen Tagen in Verwahrung aussah. Hoffentlich taten sie ihm nicht weh…
 


 

Unterdessen kehrte Sousuke gerade vom Frühstück zurück ins 3. Geschoss zurück, da dieses um etwa eine Stunde verschobene Essenzeiten zum 2. hatte. Viel lieber säße er im Unterrichtsraum und würde sich mit irgendetwas beschäftigen, aber vor allem bei seinen Freunden und Rin sein, anstatt den ganzen Tag alleine mit seinen Gedanken gelassen zu werden.

Sich die Zeit mit lesen vertreiben konnte er auch nicht, da man ihm seine Schlüsselkarte zu 207 abgenommen und ihn keine persönlichen Dinge aus diesem holen ließ. So blieb Sousuke nichts anderes übrig, als in dem kleinen Zimmer auf dem Stuhl zu sitzen und nach draußen zu schauen. Das Gras begann langsam zu sprießen, auch wenn es in dieser Region eher spärlich den Boden bedeckte. Der Schnee war geschmolzen und es wurde langsam Frühling…

Wenn er sich nicht irrte, war dies der letzte Tag im Februar, doch sein Zeitgefühl war in den letzten Tagen ein wenig aus dem Gleichgeweicht geraten, woran die drei Tage schuld waren, die er gefesselt im grauen Raum verbracht hatte.

Wenn man Sousuke zuvor in diese Etage gebracht hatte, wurde er nach zwei Tagen der Folter meist wieder entlassen und so war es verwunderlich und sehr verdächtig, dass dieses Mal schon über fünf Tage andauerte und abgesehen von den Schlägen in den ersten beiden alles ruhig verlaufen war.

Wenn Sousuke ehrlich zu sich selbst war, empfand er dieses Mal als das schlimmste, da die Option gegeben war, raus zu gehen, er jedoch nicht konnte, weil er sonst Rin in Gefahr brachte. Außerdem quälte ihn die Isolation und die Menschen, die ihn umgaben, da diese um einiges gestörter waren als die in der 2 Etage. Die Annahme, dass man in der Klapsmühle erst recht verrückt wurde, kam nicht von ungefähr…

Viel lieber hätte Sousuke ein paar Schläge ertragen und wäre früher zurück zu Rin ins Zimmer verlegt worden, als untätig herumsitzen und seinen eigenen Gedanken zuhören zu müssen. Diese waren gerade wieder frisch fröhlich dabei, die Erinnerungen an seine Mutter hervorzukramen und wie einen Kinofilm in abgehackten Episoden ungefragt vor seinem inneren Auge ablaufen zu lassen.

Nicht alles an seiner Kindheit war schlecht gewesen: Es hatte einige schöne Momente gegeben, in der sich seine Mutter liebevoll um ihn gekümmert hatte. Doch an anderen Tagen schrie sie ihn an, machte ihn für ihre eigene Misere verantwortlich und warf ihm vor, dass seine Existenz dazu geführt hatte, dass Shigeru sie verlassen hatte. Sein Vater…den er nicht kannte. Nicht einmal ein Bild von ihm hatte er je zu Gesicht bekommen.

War seine Existenz wirklich daran schuld, dass sein Vater seine Mutter verlassen hatte?

War er am Ende alleine dafür verantwortlich, dass seine Mutter nun tot war?

Letztendlich besaß Sousuke anscheinend ein Talent dafür, jeden geliebten Menschen zu vertreiben, sodass er sich am Ende alleine auf der Welt vorfand.

Und was war mit Rin?

Dieser sollte sich vor ihm fürchten, nach all dem was er schon getan hatte. Vor allem nach den jüngsten Ereignissen, als er einem Pfleger vor dessen Augen fast den Schädel eingeschlagen hätte…

Von einem stechenden Schmerz gequält, der seine Schläfe durchzuckte, hielt sich Sousuke mit zusammengekniffenen Augen die Schläfe. In Schutzhaltung saß er nun auf dem Stuhl und wagte sich kaum zu rühren.

Die Angst, nun auch noch Rin zu verlieren, brach über ihn herein, gefolgt von vergessen geglaubten Erinnerungen.

Es stimmte nicht, dass Sousuke sich nicht daran erinnerte, weswegen er seine Mutter umgebracht hatte. Er verdrängte diese Details immer in die letzte Hintertür seines Verstands, dass sie ihn nicht wahnsinnig machten. Leider fanden sie manchmal ihren Weg durch eine unverschlossene Ritze und suchten ihn meistens nachts heim, oder in einem Moment der Schwäche, in dem sie ihn verwunden konnten.

Sousuke wollte diese Bilder nicht sehen. Nicht noch einmal miterleben, was geschehen war, bevor er Ilona…
 

Die Tür wurde aufgestoßen und zwei Männer traten ein, von denen einer einen Schlagstock unterm Arm trug. Dr. Masefield sah sich in dem kleinen Zimmer um und entdeckte seinen Patienten, der eingekauert, unter Schmerzen leidet auf dem Stuhl unter dem vergitterten Fenster saß.
 

„It looks like we won’t need to hurt him that much since he’s already torturing himself“, zuckte der Psychologe schief grinsend die Schultern und deutete dann auf Sousuke. „Get him.”
 

Als der Pfleger – oder viel mehr Handlanger des Doktors – den Dunkelhaarigen an den Schultern packte, schüttelte dieser die Hände reflexartig von sich, fuhr hoch und verpasste diesem einen Schlag an die Brust, der den kleineren Mann zurücktaumeln ließ. Blanke Panik spiegelte sich in den hellen Augen wider.
 

„Ssssssch. Calm down, big boy“, ließ sich Dr. Masefield davon wenig beeindrucken. „I need you to come with me, so you can see your friend again.“
 

Die Taktik, Rin zu erwähnen, zog viel zu gut, sodass Sousuke augenblicklich gefügig wurde und sich zu entspannen versuchte. Die Ablenkung war vielleicht ganz gut…dann würde er wenigstens von den Erinnerungen seiner vergangenen Taten abgelenkt werden.

Es wäre übertrieben zu sagen, dass sich Sousuke auf die bevorstehenden Schmerzen freute, jedoch boten sie ihm eine willkommene Ausflucht aus dem Geflecht seiner eigenen Gedanken. Und so ging er diesmal freiwillig mit den beiden Männern mit, die ihn in einen der grauen Räume führten und anketteten…
 


 

Später am Nachmittag, nachdem Rin seine Therapiestunde mit Dr. Masefield hinter sich gebracht hatte, machte er sich auf den Weg zu ‚seinem‘ Zimmer. Im Moment bewohnte schließlich nur er es…

Der Psychologe hatte ihn schon länger nicht mehr physisch gequält, sondern führte wohl wieder so etwas wie eine Gesprächstherapie mit ihm durch, bei dem es seltsamerweise nicht um seine Sexualität ging. Viel mehr fühlte sich Rin wie ein Versuchsobjekt, das ausgefragt wurde. Keine Antwort auf die Fragen zu geben, traute er sich dank der vorherigen Behandlungsmethoden nicht und so beschloss er, diese Stunde täglich einfach irgendwie hinter sich zu bringen, indem er daran dachte, wie schön es wäre, wenn Sousuke zurückverlegt wurde.

Ihn beschäftigte in letzter Zeit, seit diesem einen Vorfall mit Pfleger Ryan, noch etwas ganz anderes: Dr. Masefield fragte ihn immer wieder nach seinen Zähnen und seitdem er herausgefunden hatte, dass der Rothaarige ein begnadeter Schwimmer war, diesen des Öfteren auch über diese Thematik aus.

Welchen Zweck er damit verfolgte, das war Rin ein Rätsel, vor allem, dass der Arzt heute hatte wissen wollen, ob sein Vater ebenfalls diese Abnormität der Zähne vorzuweisen gehabt hatte.

Dass Toraichi bereit verstorben war, wusste Dr. Masefield bevor Rin es ihm hatte sagen können, wodurch sich ihm die Frage aufdrängte, wie viel dieser sonst noch über seine Familie, sein Leben wusste.

Fürs erste war er aber froh, die Therapie für diesen Tag überstanden zu haben und bog gerade nach links in den Gang ab, der zu seinem Zimmer führte, als er auch schon Chigusa erblickte, welche vor 207 stand.
 

„Rin! Da bist du ja!“, kam sie eiligst auf ihn zu. „Sousuke will mit dir sprechen…er ist oben im Aufenthaltsraum.“
 

„…was?“, blinzelte Rin die Brünette ungläubig an, nicht fähig,  diese guten Neuigkeiten aufzunehmen.
 

„Man hat ihn anscheinend eben zurückverlegt, aber irgendwie wollte er nicht ins Zimmer zurück…oder sie haben ihm die Schlüsselkarte noch nicht wieder gegeben“, fuhr Chigusa fort und ließ Rin dann Zeit, sich zu sammeln.
 

„Ich glaub, ich sollte hoch gehen…“, kam dieser endlich zum Entschluss, keine Sekunde länger zu warten.
 

„Mach das!“, gab ihm das Mädchen einen kleinen Schubs und scheuchte ihn fort.
 

Sie war nur froh, dass Rin nicht auch einen Lageplan von ihr brauchte, denn den für Sousuke anzufertigen war schon schwierig genug gewesen. Allerdings hatte sie in den vielen Jahren, die sie schon an diesem Ort feststeckte, einige Informationen zusammengetragen. Über den Aufbau des Gebäudes, die verschiedenen Funktionen der Räume und so weiter. Wenn es ihrem Sorgenkind besser gehen würde, musste sie ihn dringend zur 3. Etage befragen, in die sie sich selbst nicht traute und die man zwar betreten durfte, dies aber nicht gerne gesehen war. Die 4. hingegen war ihr unerreichlich, worüber sie nicht wirklich traurig war. Wenn man einmal dort saß, kam man nicht so schnell wieder heraus, sagte man sich und wenn, dann mit ein paar intakten Hirnfunktionen weniger.

Chigusa war heilfroh, dass man Sousuke nicht dort hin gebracht hatte, denn er hatte das nicht verdient, sofern das überhaupt jemand verdiente. Das, was sie dort mit einem anstellten, wünschte sie nicht einmal ihrem Vater.

Vor allem wurde Sousuke immer dafür bestraft, dass er sich wehrte und nicht alles mit sich machen ließ. Diesmal sogar nur, weil er Rin geholfen hatte, ihn davor bewahrte, vergewaltig zu werden…

Sie hoffte nur, dass es den beiden gut ging und sie nicht noch mehr Probleme bekommen würden, als ein gleichgeschlechtliches Paar in einer Anstalt für psychisch Gestörte von vorneherein schon hatte.
 


 

In der Zwischenzeit war Rin mit dem Aufzug ins 6. Stockwerk gefahren, total aufgeregt und mit heftig schlagendem Herzen, da er nicht sicher war, in welchem Zustand sich Sousuke befinden würde, sich gleichzeitig aber auch unglaublich freute, diesen wiedersehen zu können. Als sich die automatischen Schiebetüren öffneten, erblickte der Rothaarige einen fast leeren Raum. Es war immerhin schon spät und die meisten aßen gerade zu Abend, sodass es nicht schwer war, den Dunkelhaarigen an der linken Fensterfront auf einer band sitzend auszumachen. Diese Seite war komplett leer und abgesehen von den Geräuschen, die der Fernseher am anderen Ende vom Raum von sich gab, war es auch totenstill.

Rin schluckte schwer, als er sich in Bewegung setzte, immerzu auf Sousuke fixiert, der nach vorne gebeugt dasaß, die Hände auf den Oberschenkeln und nach unten blickte. Dies bildete seine übliche Pose, wenn es ihm nicht gut ging, er verzweifelt war, oder nicht weiter wusste. Ihn so zu sehen, brach Rin das Herz und veranlasste ihn seinen Schritt zu beschleunigen, um schneller bei ihm zu sein.
 

„Sousuke…“, wisperte der Rothaarige, als er vor diesem stand und nichts mit sich anzufangen wusste.
 

„Rin…“, hob der Dunkelhaarige seinen Kopf, als er die bekannte Stimme hörte, die angenehm in seinen Ohren erklang.
 

„Wie geht es dir?“, wollte Rin ohne große Umschweife besorgt wissen.
 

„Es könnte schlimmer sein“, lächelte Sousuke humorlos und lehnte sich nach hinten an den roten Bezug.
 

„Was…haben sie mit dir gemacht?“, stand der Kleinere noch immer unschlüssig herum, da er zu aufgeregt war, um sich zu setzen.
 

Rin war nicht entgangen, dass es Sousuke ganz und gar nicht gut ging, auch wenn dieser keine körperlichen Wunden aufwies. Es mussten jedoch nicht unbedingt sichtbare sein, denn die psychischen waren die schlimmeren, ungesehenen.
 

„Sie haben mir verboten, das Stockwerk für irgendetwas anderes als zum Essen zu verlassen. Ich saß im Prinzip den ganzen Tag nur im Zimmer rum…“, erzählte Sousuke erstmal den weniger brutalen Teil – wenn man davon absah, dass er in diesen Tagen von seinem schlechten Gewissen verfolgt worden war, welches ihn beinahe in den Wahnsinn getrieben hatte.
 

„Aber das war noch nicht alles, oder?“, ließ Rin nicht nach und setzte sich dann doch zum anderen, einfach, um dessen Reaktionen besser mitzubekommen, aber auch, weil er sich nach der Nähe zu diesem sehnte.
 

„Nein, du hast Recht…das war nicht alles“, gab Sousuke zu, der für einen Moment gehofft hatte, Rin nicht unnötig belasten zu müssen. Es war schlimm genug, was dieser durchgemacht hatte. „Die ersten Tage haben sie mich angekettet und mir Fragen gestellt…das Übliche eben. Heute war es das gleiche…aber ich bin froh, dass es vorbei ist.“
 

„Diese Schweine!“, regte sich Rin darüber auf, wie man so einen sanftmütigen Menschen nur zu solchen Taten bringen und ihn dann auch noch dafür bestrafen konnte. „Wenn ich doch nur was tun könnte…das es dir besser geht…“
 

Sein Zorn schwang sehr schnell in Hilflosigkeit und Trauer um, wie es bei dem Rothaarigen meistens der Fall war. Die Tränen ließen bestimmt auch nicht mehr lange auf sich warten.
 

„Aber das tust du doch schon“, wurde Sousukes Stimme leiser, als er den Kleineren liebevoll ansah. „Mir reicht schon, dass du bei mir bist.“
 

„Aber wenn ich nicht gewesen wäre, hättest du das nicht tun müssen!“, bebte Rins Stimme und ihn kümmerte es in dem Augenblick nicht einmal, dass seine Tränen hinunter, aber still, seine Wangen hinunter zum Kinn liefen, von dem sie nach unten tropften.
 

„Rin…“, wurde Sousukes Ausdruck verzweifelter, da er es nicht sehen konnte, wenn der andere weinte.
 

Vor allem nicht, wenn es wegen ihm war.

Dass sich Rin nur um ihn sorgte und nicht wegen ihm, sondern für ihn weinte, sah er dabei nicht. Irgendwie musste er dessen Tränen zum Stoppen bringen, ihm vermitteln, dass alles in Ordnung, solange sie nur beieinander waren.

Für einen Moment verharrte Sousuke still, wartete ab, bis sich der Kleinere ein wenig beruhigt hatte und nahm dann dessen Hände in seine.

Er beugte sich nach unten und küsste die Oberseite dieser sanft.
 

Völlig unerwartet, spürte Rin plötzlich warme, weiche Lippen auf seiner von Verzweiflung kühlen Haut. Die Stellen, an denen diese seine Haut berührten, begannen zu kribbeln, fühlten sich an, als würde sie unter der Liebe des anderen verbrennen, die er mit dieser Geste zum Ausdruck brachte.

Draußen wurde es dunkel, die Beleuchtung ließ sich Zeit eingeschaltet zu werden, sodass der Raum beinahe dunkel war, wäre die Außenbeleuchtung nicht gewesen.

Sousukes Augen leuchteten hell in der Dunkelheit, als sie von unten zu Rin blickten, treu und ergeben.
 

„Ich werde dich beschützen“, versprach er mit fester, jedoch kaum vernehmbarer Stimme. „Das habe ich mir geschworen.“
 

‚Wenn es sein muss, auch vor mir selbst‘, fügte Sousuke in Gedanken hinzu, als er in die roten Augen sah, die ihn überwältigt anblickten.

Rins Verwirrung, sowie der heiße Schmerz, wich den Schaudern, welche Sousuke bei ihm auslöste. Nicht nur durch seine Brührungen, auch durch seine Worte, den sanftmütigen, ernsten Blick, der ihn einmal mehr in seinen Bann zog.

Für einige Augenblicke, sahen sich die beiden einfach nur an. In stillem Einklang verriet der Ausdruck ihrer gegensätzlichen Augen die tiefen Gefühle, welche sie füreinander hegten. Dieser konnte sie niemand berauben, nicht in hundert oder tausend Jahren. Nicht in diesem Universum, oder einem anderen.
 

Die Beleuchtung durchbrach diesen Moment mit seiner grellen Helligkeit, der doch so erschienen war, als hätte er ewig andauern können, als hätte man die Zeit um sie herum angehalten.

Vom blendenden Licht irritiert, blinzelte Rin mehrmals, ehe ihm bewusst wurde, in welcher Situation er sich befand. Sousukes warme Hände umschlossen seine nun und ließen das Blut in seine Wangen fließen.
 

„Ist alles in Ordnung, Rin?“, sahen ihn besorgte Augen an.
 

Der Größere hatte den Kopf inzwischen wieder gehoben und den Oberkörper aufgerichtet, wollte seine Hände ganz offensichtlich aber nicht loslassen. Rin hätte auch nichts dagegen gehabt, wäre ihm das nicht so verdammt peinlich, in der Öffentlichkeit so etwas zu tun – vor allem jetzt, da man sie wieder sehen konnte.

Zwar befanden sich noch immer nur zwei weitere Personen im Raum, die nichts von ihnen wissen wollten, da sie fern sahen, doch trotzdem fühlte sich der Rothaarige unsicher. Diese Unsicherheit veranlasste ihn dazu, sich den wohltuenden Händen schweren Herzens zu entziehen.
 

„Hab ich was falsch gemacht? Ich wollte nicht, dass-“, wurde Sousuke auch unsicher und kam sich nun seltsam vor, das alles gesagt und getan zu haben.
 

„Nein…es ist nur, dass…ich damit nicht umgehen kann“, schüttelte Rin den Kopf, welcher der Farbe einer Tomate glich. „Sollen wir zurück aufs Zimmer gehen?“
 


 

Unendlich froh darüber, dass es Sousuke relativ gut ging, doch beinahe gleichermaßen nervös, lief Rin neben dem größeren her, als sie sich auf den Weg in ihr Zimmer machten. Es fühlte sich gut an, in dessen Nähe zu sein, doch war da diese ungewohnte Atmosphäre zwischen ihnen, die seit dem Kuss aufgekommen war. Im Prinzip war es offensichtlich, welche Gefühle sie füreinander hegten, doch gestanden hatten sie sich diese noch nicht.

So kam es, dass Rin nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Am liebsten wäre er gleich in die Vollen gegangen und hätte Sousuke so behandelt, wie er es sich vorstellte, dass man seinem festen Freund behandelt, aber er ahnte, dass das alles nicht so einfach werden würde.

Zum einen war dieser vollkommen unerfahren, zum anderen traumatisiert, sodass sie – bzw. er – es langsamer angehen sollte und sogar mussten.
 

„Nicht dass du dich wunderst…ich hab die letzten Tage in deinem Bett geschlafen“, nuschelte Rin, als sie im Zimmer ankamen und Sousuke erst dieses, dann den Kleineren anblinzelte. „Ich hoffe, es stört dich nicht…“
 

„Schon okay“, lächelte der Größere nun sanft und ging auf dieses zu, das nicht so gemacht war, wie er es zu tun pflegte.
 

Irgendwie gefiel es ihm sogar, dass Rin dies getan hatte, auch wenn er jeden anderen dafür umgebracht hätte. Dieser bildete – wie sooft – eine Ausnahme, aber war sich dessen noch nicht ganz so bewusst.
 

„Hast du auch nicht schlafen können?“, wollte Sousuke nun wissen, als er sich auf die Matratze sinken ließ.
 

„Ja…“, nickte Rin beschämt und schritt auf Sousukes Bett zu. „Es war irgendwie seltsam, dass du nicht da warst.“
 

„Komm her“, wisperte der Dunkelhaarige und lächelte dabei kaum erkennbar.
 

Unfähig diese Einladung abzulehnen, ließ sich der Rothaarige nun auch auf der Matratze nieder, wobei sein Herz gegen seine Brust hämmerte.

Warum musste er auch immer so verdammt nervös werden, wenn sie sich näher kamen?
 

„Darf ich dich küssen?“, fragte Sousuke leise nach, als er sich zum anderen gewandt und ihn kür kurze Zeit betrachtet hatte.
 

Rin, der von dieser Frage vollkommen überrascht wurde, drehte sich zum Größeren um, bevor er fähig war zu antworten.
 

„Weißt du, du musst mich das nicht fragen…“, murmelte er kaum hörbar, ehe er Sousuke entgegenstreckte und die Augen schloss.
 

„Okay…“, erwiderte dieser ebenso leise, bevor sich ihre Lippen verbanden.
 

Auch dieses Mal war der Kuss unschuldig und alleine der Übermittler ihrer Sehnsucht, die sie in der letzten Woche empfunden hatten, als sie sich so sehr vermisst hatten.

Rin verlangte es eindeutig nach mehr, doch für den Moment genügte diese Form der Zuneigung vollkommen. Überrascht, aber ganz und gar nicht abgeneigt war er jedoch, als er plötzlich Sousukes Hände an seinen Armen wahrnahm, die ihn vorsichtig fixierte.

Diese Geste erwiderte er, indem sich seine Hände an den Burstkorb des Größeren legten und er sich dem Kuss mehr hingab. Für einen Moment war Rin versucht, über die Lippen des anderen zu lecken, ließ dann aber aus verschiedenen Gründen davon ab. Erstens mochte er Zungenküsse nicht wirklich – jedenfalls war das eine Mal, als er es versucht hatte, gehörig schief gegangen – zweitens vermutete er, dass Sousuke das aus der Ruhe bringen würde und drittens wollte er weder sich, noch dem anderen weh tun. Es war sicher nicht unmöglich sich zu küssen, auch wenn einer der Beteiligten haiartige Zähne besaß, doch für unerfahrene Küsser sicher eine harte Nuss.

Des Weiteren war Rin sehr unsicher und selbstzweifelnd, was seinen Körper anging. Als ob es ihm nicht schon schwer genug fiel, seinen Schwarm zu küssen, auch ohne Gefahr zu laufen, dessen Zunge aufzuschlitzen.
 

Für unzählige Minuten bewegten sich ihre Lippen gegeneinander, sodass Sousuke langsam sicherer wurde und Rin seine Lippen kaum mehr spürte, da sie taub von der innigen Stimulation wurden. Ihm war nicht entgangen, dass sein Partner sich ans Küssen gewöhnen zu schien und dadurch aktiver wurde. Es gefiel ihm…

Am liebsten würde der Kleinere leidenschaftlicher, fordernder geküsst werden, doch dies schon vom anderen zu verlangen, erwartete er nicht. Nichtsdestotrotz liebte er es, dominiert zu werden. Gleichermaßen genoss er es aber auch zu verführen – sofern man auf seine spärliche Erfahrung in diesem Gebiet zurückgreifen konnte.

Eindeutig stand aber schon fest, dass Rin seine Arbeit damit haben würde, Sousuke dazu anzustacheln, die Initiative zu ergreifen und ihn mehr und mehr an das Beziehungsleben heranzuführen.

Welche Ursache dessen Probleme hatten, wusste er nicht genau, konnte dies aber schon ahnen. Seine Vermutung bestand darin, dass dieses Trauma eindeutig etwas mit Sousukes Mutter zu tun haben musste; was genau, war allerdings noch zu ergründen.
 

„Du machst mich echt fertig“, lehnte Rin den Kopf erschöpft an Sousuke, seine tauben Lippen möglichst vom Stoff fernzuhalten versuchend.
 

Überfordert mit der allgemeinen Situation und unschlüssig, wie er auf diese Aussage reagieren sollte, oder wie diese aufzufassen war, blieb der Größere stumm und verharrte abwartet in seiner vorherigen Position, die Hände an Rins Armen.
 

„…also nicht im schlechten Sinn. Es ist nur, dass…also was ist jetzt eigentlich mit uns?“, verbalisierte der Rothaarige seine Gedanken, die ihn schon länger beschäftigten, auch wenn es ihm nicht einfach fiel, diese direkt anzusprechen.
 

„Ich weiß nicht…“, erwiderte Sousuke nachdenklich, obwohl sein Herz die Antwort schon lange kannte.
 

„Wenn du nicht mit mir zusammen sein willst, ist das auch okay…“, nuschelte Rin, schon mit dem Schlimmsten rechnend.
 

„Das ist es nicht. Ich will schon…ich weiß nur nicht, ob ich kann“, senkte der Dunkelhaarige den Blick.
 

Rin brachte daraufhin ein wenig Abstand zwischen sie, um sein Gegenüber betrachten zu können. Ihm war von vorneherein klar gewesen, dass es mit Sousuke nicht leicht werden würde, doch ein Problem sah er darin nicht.

Welche Beziehung war schon sorgenfrei?

Daran scheitern, dass der Größere unsicher war und sich schwer tat, sollte es nicht. Rin war auch bereit, sich ein wenig zurück zu halten und sich erst einmal an Sousuke heranzutasten, bevor er vorschnell einen Fehler beging.
 

„Wir können es doch einfach mal versuchen, oder?“, blickten die roten Augen des Kleineren hoffnungsvoll zu den türkisenen auf. „Ich hab nicht viel mehr Ahnung von all dem als du, weiß du?“
 

„…okay“, nickte Sousuke langsam, ein wenig unbeholfen.
 

„Wir müssen ja auch nichts überstürzten…“, fügte Rin hinzu und ergriff die Hände des Größeren milde lächelnd. „Das wichtigste ist, dass wir beieinander sind.“
 

Dem konnte Sousuke nur zustimmten und warf seine Bedenken für einen Moment über Bord. Rin machte ihm Hoffnung, dass er seine Erinnerungen vielleicht doch eines Tages mit dessen Hilfe verarbeiten könnte.

Welche Probleme noch auf die zukommen sollten, ahnte keiner der beiden.

Rin nicht, da er nichts von Sousukes Vergangenheit wusste, abgesehen davon, dass dieser seien Mutterumgebracht hatte und Sousuke nicht, weil er nicht bedachte, dass man sich in einer Beziehung [style type="italic"]sehr[/style] nahe kommen würde; viel näher, als er es tolerieren konnte.



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