SHaRKY SCaM von King_of_Sharks (SouRin) ================================================================================ Kapitel 20: Allein ------------------ Der restliche Samstag gestaltete sich für Rin als ein einziges Desaster, da er andauernd an Sousuke denken musste und welche schlimmen Dinge ihn in jedem Moment angetan werden konnten. Kisumi und Chigusa taten ihr Bestes, um ihn abzulenken, doch so lieb sie es auch meinten, ganz funktionierte es nicht. Am Abend lag Rin zum ersten Mal alleine in dem Zimmer, das Sousuke und er seit fünf Monaten gemeinsam bewohnten. Dieses kam ihm gerade so groß und leer vor und auch sein Bett wirkte fremd. Es fehlte einfach etwas…jemand. Nachdem sich der Rothaarige zwei Stunden lang hin- und hergewälzt hatte, hielt er es nicht mehr aus und setzte sich auf. Irgendwie musste er zur Ruhe kommen, doch Sousukes Abwesenheit ließ ihn aus verschiedenen Gründen nicht schlafen. Zum einen war da die Sorge um dessen Aufenthalt und Zustand, zum anderen das Fehlen seiner Präsenz. Aus einem Instinkt heraus, stand Rin nun auf und ging zu Sousukes Bett auf der anderen Seite des Zimmers. Bisher hatte er erst ein paar Mal drauf gesessen und erst recht nicht darin gelegen, weil der Größere seine Privatsphäre brauchte, was Rin berücksichtigte. Jedoch konnte er in diesem Moment einfach nicht anders, als unter die Decke zu schlüpfen, sich das Kissen zu schnappen, an seinen Körper zu pressen und sich einzukugeln. Umgeben von Sousukes Geruch, beruhigte sich Rin tatsächlich ein wenig, da er nun zumindest nicht mehr das Gefühl hatte, alleine im Raum zu sein. Der wärmende Stoff um seinen Körper lullte ihn ein, sodass er wenig später einschlief, vollkommen am Ende mit seinen Kräften. Seine Morgenroutine am Sonntag vollbrachte Rin in höchster Eile, da er verschlafen hatte. Sousukes Fehlen machte sich jetzt schon bemerkbar, da dieser ihn immer geweckt hatte. Der Rothaarige begann den Tag in der Hoffnung, den Größeren bald wieder zu sehen, da Chigusa immerhin gemeint hatte, sie würden ihn nicht lange im oberen Stockwerk behalten. Anscheinend wurden auffällige Patienten in die Etagen 3 und 4 verlegt, sobald sie ein Vergehen begingen. Man stellte sie dort wieder ruhig und wägte ab, ob sie zurückverlegt werden könnten. Diese Informationen hatte Rin eines Tages von Chigusa erhalten, als sie ihn über einige Begebenheit in der Klinik aufgeklärt hatte. Außerdem durften die Insassen der 3. Etage ebenfalls in den Aufenthaltsraum, sodass der Rothaarige dem Nachmittag schon entgegen sehnte. Großen Appetit hatte er beim Frühstück und auch beim Mittagessen aber immer noch nicht, da das flaue Gefühl in seiner Magengegen nicht verschwinden wollte. Zumal schlug sein Herz meist schnell, sodass er ein beklemmendes Gefühl in der Brust hatte. Genau so fühlte Rin sich auch, wenn er an sein Zuhause, seine Familie dachte; es war der Schmerz, eine geliebte Person zu vermissen und sich über deren Befinden im Unklaren zu sein. Als sie Sousuke auch am späten Nachmittag noch nicht zu Gesicht bekamen, begannen Kisumi und vor allem Chigusa sich Sorgen zu machen. Bisher hatten sie den Dunkelhaarigen auch während seiner Aufenthalte im 3. Stockwerk zumindest noch im 6. angetroffen, wenn für das Stockwerk für auffällige Patienten auch andere Essenszeiten galten. Chigusa hoffte nur, dass Sousuke diesmal nicht noch weiter nach oben verlegt worden war, denn wer einmal im 4. saß, kam dort so schnell nicht wieder heraus. Rin gegenüber wollte sie diese Befürchtung allerdings nicht äußern, da dessen Zustand ohnehin schon labil war. Andererseits hatte er auch das Recht es zu erfahren… „Die aus dem 3. kommen doch auch immer hierher, oder?“, sah sich Rin zum wiederholten Male im Aufenthaltsraum um. „Wo ist er dann?“ „Nun ja…es stimmt schon, dass die aus dem 3. Stockwerk auch herkommen dürfen, aber…nun ja, wenn sie ihn diesmal woanders hingebracht haben…“, begann Chigusa nun doch zögerlich mit ihrer Erklärung. „Du meinst ins 4.? Och nö“, ertönte Kisumis wenig begeisterte Stimme. „Ich war da auch mal…ist echt nicht schön.“ „Danke für die Hilfe“, zischte die Brünette dem Größeren zu und stieß ihn in die Seite. „Nei, sie haben ihn da bestimmt nicht hingebracht…er hat wahrscheinlich nur keine Lust rauszugehen, oder?“, versuchte sich Rin selbst einzureden, dass die Lage gar nicht so schlimm war, wie sie erschien, glaubte sich selbst allerdings nicht so ganz. „Er liest bestimmt nur und hat die Zeit vergessen…“ Auch in dieser Nacht bekam Rin sehr wenig Schlaf, da Sousukes Geruch langsam verfolgt und er Angst bekam, diesen nie wieder zu sehen. Nie wieder dessen Nähe, dessen Körper an seinem zu spüren, die starken Arme, die ihn schützend umschlangen, der berauschende Duft, der ihn in andere Sphären hob… Leise weinte sich der Rothaarige in dieser Nacht in den Schlaf, von der schrecklichen Befürchtung immer wieder heimgesucht, man könnte Sousuke etwas antun, ihn nie wieder zu ihm lassen. Von erneuten Heulkrämpfen erschöpft, hatte Rin keine Kraft mehr, seinen Geist fit zu halten, sodass er zwangsläufig in einen unruhigen, von Alpträumen geplagten Schlaf driftete. Als die drei Jugendlichen am Montag in 501 saßen und Sousukes Erscheinen sehnlichst erwarteten, hatte Miho ihnen eine Mitteilung zu machen: „Wie ihr bestimmt wisst, wurde Sousuke dieses Wochenende ins 3. verlegt, das heißt, dass-“ „Das heißt, er sitzt nicht im 4.?“, unterbrach Kisumi sie mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme, ehe er sich zu Rin drehte. „Siehst du, es wird alles wieder gut!“ „Nun, wenn Shigino-kun mich ausreden lassen würde, könnte ich euch jetzt auch mehr sagen“, stemmte Miss Amakata die Hände in die Hüften und besah ihren Schüler mit einem strengen Blick. „‘Tschuldigung“, zwinkerte dieser daraufhin und ließ sie fortfahren. „Wie es aussieht, werden sie ihn aus gewissen Gründen noch ein wenig dort behalten, aber er sollte Ende dieser Woche wieder an unserem Unterricht teilnehmen dürfen. Das wurde mir zumindest so gesagt“, informierte die Lehrerin nun. Rin fiel ein Stein vom Herzen als er hörte, dass Sousuke wieder zurückkommen würde. Doch wie lange genau es noch dauern würde, bis er den Größeren wiedersehen würde, wurde ihm nicht gesagt. Hoffentlich war er danach noch der Selbe… Während sich die anderen Teenager mit dem zweiten Weltkrieg und dessen globalen Auswirkungen auseinandersetzten, stand Sousuke angeschnallt an einer Metallwand in einem kaum beleuchteten Raum ohne Fenster. Man hatte ihn seines Shirts und seiner Schuhe entledigt, sodass sich die Kälte des Materials an seinem Rücken und die nicht viel wärmeren Kacheln sich von seinen Füßen aufwärts in seinem Körper ausbreitete. Viel zu essen bekommen hatte er seit seiner Verlegung auch nicht bekommen, schlafen ließ man ihn auch nicht viel, wozu er auf einer Liege festgeschnallt wurde. Sonst war ihm noch nicht viel angetan worden, doch aus Erfahrung wusste Sousuke, dass dies nur die Vorbereitung auf kommende Qualen bilden sollte. Das Schlimmste an seiner misslichen Lage fand er, war dass er sich nicht großartig waschen, oder gar die Klamotten wechseln konnte. Sein Körper fühle sich grauenhaft und schmutzig an, obwohl er erst seit zwei Tagen dieser Bewegungslosigkeit ausgesetzt war. Die Stellen, die zu jucken begannen, konnte er auch nicht kratzen, da ihm durch die Arm und Fußfesseln so gut wie keine Bewegungsfreiheit vergönnt war. Der mangelnde Schlaf und die mangelnde Nahrung zehrten zusätzlich an seinen Kräften, doch Schwäche gegenüber Dr. Kuznetsov zu zeigen, war das dümmste, das man tun konnte. Dieser betreute Sousuke jedes Mal, wenn er in diese Etage gesteckt wurde, ums ich zu beruhigen. Dass er gar nicht erst gewalttätig geworden wäre, hätte man ihn nicht provoziert, wurde natürlich von niemandem beachtet. Wenn man Dr. Kuznetsov keinen Grund dazu gab, seine Überlegenheit demonstrieren zu müssen, war er ein relativ angenehmer Zeitgenosse – wenn man mal von den Fesseln absah. Mr. Masefield war eindeutig der Schlimmere, da dieser die Anordnungen gab und bestimmte, was mit Sousuke geschah. Oftmals lief es so ab, dass der englische Arzt dem russischen Befehle erteilte und dieser sie nur zu gerne ausführte. Von sich aus ergriff der Russe nur seltenst die Initiative, sodass sich Sousuke eine Strategie antrainiert hatte, so unbeschadet wie möglich aus dem 3. Stockwerk zurückzukehren. Indem er keinen Laut von sich gab und sich seine Erschöpfung nicht anmerken ließ, entging er Schlägen des russischen Arztes. Indem er den Befehlen des englischen Psychologen befolgte und sich ihm nicht widersetzte, minimierte er dessen Folter. Dieses Mal war ihm allerdings noch so gut wie keine Fragen gestellt worden, geschweige denn dass man sich großartig mit ihm beschäftigt hatte. Die meiste Zeit hatte man ihn sich selbst überlassen, angekettet verstand sich. Nur zu Beginn waren ihm von Dr. Masefield einige Fragen zum Tathergang gestellt worden, die er so knapp wie möglich beantwortet hatte, da er zum einen kein gutes Englisch sprach, zum anderen auch nicht mehr als unbedingt nötig preisgeben wollte. Sousukes Divise, nicht mehr zu antworten, als gefragt zu werden – manchmal nicht einmal das – bewehrte sich als durchaus hilfreich, um an diesem Ort zu überleben: So bot er wenig Angriffsfläche. Man schaffte es aber trotzdem, ihn immer wieder zu provozieren und ihn aggressiv zu machen, doch nicht etwas mit Worten, sondern mit Taten. Verbalen Konflikten konnte Sousuke ohne große Schwierigkeiten aus dem Weg gehen, oder diese beenden, doch sobald man ihn berührte, ihn an seine traumatischen Erlebnisse erinnerte, war es vorbei mit seiner Selbstbeherrschung. Während seiner unzähligen, einsamen Stunden, konnte Sousuke an nichts anderes als an Rin denken. Er hoffte, dass sein Opfer Dr. Masefield davon abgehalten hatte, den anderen ebenfalls in größere Schwierigkeiten zu bringen. Falls dem nicht so wäre, könnte er sich nie vergeben. Immerhin war er ganz alleine dafür verantwortlich, was mit Mr. Kendall geschehen war, auch wenn dies genaugenommen nur die gerechte Strafe für sein Verhalten war. In Sousukes Augen gehörte jeder, der sich an einem anderen verging, ihn sexuell nötigte, für alle Zeiten weggesperrt, oder verbrannt. Die physischen, aber vor allem psychischen Schmerzen, die durch die Vergewaltigung zugefügt wurden, ließen sich mit nichts beheben. Nie würde man die Erinnerung daran loswerden, selbst die kleinste Berührung durch einen anderen konnte dazu führen, dass man sich zurück in die Situation versetzt fühlte. Daher tat Sousuke auch nichts Leid, das er dem Pfleger am Freitag im Behandlungszimmer angetan hatte. Die Folgen für Rin, wenn er den anderen gewähren lassen hätte, wären wesentlich schlimmer gewesen als alles, das man ihm in der 3. Etage zufügen konnte. Als ob man vom Teufel spräche, öffnete sich die Tür des grauen Raumes, der lediglich mit einer flackernden Leuchte versehen war, die diesen spärlich erhellte, und Sousuke hob den Kopf. Zwei Männer traten ein und verschlossen die Tür hinter sich. „Well now, we have to tell you a few things“, began Dr. Masefield ohne große Umschweife, seltsam erfreut, fast ein wenig aufgeregt. Was auch immer der Grund zu dieser Freunde war, es konnte nichts Gutes verheißen. Sousuke machte sich schon auf das Schlimmste gefasst, da Dr. Kusnetsov die Begleitung des Psychologen bildete. „Speak“, entwich es dem Dunkelhaarigen grimmig, der auf jede Frage bezüglich jener Nacht gefasst war. „He’s always so fierce, isn‘t he?“, wandte sich der englische Arzt an seinen russischen Kollegen, welcher nickte und ein kurz angebundenes „да“ verlauten ließ. „Anyway…we decided to let you out for a bit, but only under the condition that you will not leave this floor for any other purpose than eating”, erklärte Dr. Masefield nun, dass man Sousuke noch eine Weile im 3. Stockwerk behalten würde, er aber nicht mehr angekettet im grauen Raum verweilen musste. „In other words: If you disobey me, we will make sure to get your friend, also.“ Sousuke biss die Zähen aufeinander, um keine vorschnelle Antwort zu geben. Ihm anzudrohen, Rin auch festzuhalten und ihn womöglich noch zu foltern, war wirklich das Letzte. Doch es war zu erwarten gewesen, dass ein Psychologe – so gestört dieser auch sein mochte – schnell durchschauen würde, wie nahe sich die beiden Jugendlichen standen. Es gab keine schlimmere Folter, als dass man jemandem androhte, einem geliebten Menschen weh zu tun, sollte man die Befehle nicht befolgen… Leider zog diese Strategie bei Sousuke total, denn er ergab sich dieser Bedingung widerstandslos. Zum ersten Mal in all den Jahren, in denen Dr. Masefield den Halbrussen behandelte, konnte er einen Erflog bei sich verzeichnen. Ein selbstzufriedenes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er das grimmige Einverständnis in den türkisenen Augen seines Patienten erblickte. Die größte Schwäche eines anderen zu finden, beflügelte den Arzt mit einem Gefühl der Überlegenheit und so war er bester Laune, diesen Erflog an diesem Tag auch bei Sousuke für sich verbuchen zu können. „Very well“, grinste der englische Arzt nun und nickte seinem Kollegen zu. „Dr. Kuznetsov will release you now.“ Sich der Tatsache wohl bewusst, dass sich Sousukes Freunde – vor allem aber Rin – ihn aufgrund der Bedingung, dass dieser das Stockwerk nicht verlassen durfte, große Sorgen machen würden, schritt Dr. Masefield sehr mit sich selbst zufrieden den weißen, grell erleuchteten Flur der 3. Etage entlang. Er hatte die Schwachstelle eines weiteren Patienten gefunden und plante schon, welche Experimente er mit der neu gewonnen Erkenntnis durchführen können würde. Das erste startete in diesem Moment… Am Nachmittag begab sich Rin mit so großem Unbehagen wie noch nie zuvor zu seiner Therapiesitzung. Verständlicherweise wollte er nicht mehr in den Raum zurück, in dem er fast vergewaltig worden wäre und in dem sich so schlimme Dinge vor seinen Augen ereignet hatten. Doch die Folgen wenn er nicht erschien, wollte sich der Rothaarige gar nicht ausmalen, sodass er Widerwillens in den Gang der Behandlungszimmer einbog. Die Tür von 215 hing noch immer schief in den Angeln, sodass man sie nicht schließen konnte und ein provisorisch aussehendes Klebeband hielt sie mehr oder weniger in den Angeln, sodass der Raum trotz der defekten Tür verschlossen war. Auf diesem stand: DO NOT ENTER, womit klar wurde, dass seine Therapie nicht in diesem stattfinden würde. Gerade als sich Rin zu fragen begann, an welchen Ort er sonst sollte, kam Dr. Masefield auch schon um die Ecke bedeutete ihm in 218 zu kommen, welcher ganz in der Nähe lag. Mit einem unguten Gefühl und hämmerndem Herzen, folgte der Rothaarige dem Arzt in den Raum, der sich nicht viel von 215 unterschied. Dieser war genauso weiß gekachelt und mit einer grün bezogenen Liege versehen. Der Schreibtisch samt Computer fehlte auch noch, doch einen Stuhl mit Handfesseln besaß er nicht. Stattdessen befand sich ein schwarzes Sofa an der Stelle, an der dieser im anderen Raum stand, sowie ein ebenfalls schwarzer Sessel, auf dem sich der Psychologe niederließ. „Take a seat and make yourself at home, Rin. We have to talk about a lot of things”, deutete Dr. Masefield seinem Patienten an, sich auf die Couch zu setzen. Diese Einladung, die mehr einem Befehl glich, befolgte der Rothaarige sofort, welcher sich vor den Konsequenzen fürchtete, wenn er den anderen warten ließ. Nachdem dieser angeordnet hatte, Sousuke direkt vor seinen Augen abzuführen, empfand Rin die Anwesenheit des Psychologen als noch unbehaglicher als zuvor. Man sollte meinen, dass die Folter, welcher dieser dem Rothaarigen unterzogen hatte, schon ausreichend gewesen wäre, um ihn dessen Nähe fürchten zu lassen, doch der ausschlaggebende Punkt für Rins Abneigung war tatsächlich der, dass man ihm Sousuke weggenommen hatte. Dass bald noch ein weiterer dazukommen würde, ahnte er in diesem Augenblick nicht, doch sobald der Mann Mitte 40 zu sprechen begann, kristallisierte sich ein unmenschliches Motiv aus dessen Frage heraus: „If that didn’t happen, I would’ve asked you how you liked the little treatment Ryan gave you…but I guess at least our young Sorokin wasn’t too happy with it.” Rin starrte den Psychologen einfach nur fassungslos an. Dr. Masefield hatte soeben ziemlich offen zugegeben, dass er Rins Vergewaltigung quasi angeordnet hatte, womöglich um den Erfolg seiner Therapie zu testen. Diese Aktion machte ihm außerdem bewusst, dass er nicht so leichtfertig durchs Leben schreiten und alles schön reden sollte. Sousuke hatte so Recht in allem, dass man niemandem blind vertrauen, nicht alles glauben sollte, das einem erzählt wurde. Warum hatte er erst diese folgenschwere Erfahrung machen müssen, um das zu begreifen? „Anyway: How did it feel when he touched you? Was it painfull?”, zückte der Arzt, als wäre nichts gewesen, einen Stift aus der Brusttasche seines weißen Kittels hervor und begann etwas auf einen von schwarzem Leder eingefassten Notizblock zu schreiben. Zu sehr stand Rin noch unter Schock über die Erkenntnis, als dass er dazu fähig gewesen wäre, nun zu antworten. Doch eine verbale Reaktion schien der Psychologe gar nicht erwartet zu haben und war auch nicht darauf angewiesen. Schließlich bestand sein Fachgebiet hauptsächlich daraus, Menschen zu lesen und sie anhand ihres Verhaltens zu therapieren. „Judging on your reaction it must have hurt quite a lot“, grinste Dr. Masefield auf Rins Mimik und Gestik hin nur. Sein Patient saß in angespannter Haltung auf der schwarzen Couch, seinen Blick fast apathisch auf ihn gerichtet, sodass es kein Hexenwerk war aus diesem zu lesen, unter welchen Schmerzen er gestanden haben musste, als Ryan ihn berührt hatte. Einen weiteren Erflog konnte sich Dr. Masefield in seinem Kalender vermerken, welcher diese Form der Therapie nur zu gerne immer wieder an anders orientierten Menschen austestete. Ihm war durchaus bewusst, dass man die Sexualität niemals verändern konnte, doch die Folgen, die eine schmerbasierte Therapie aufzuweisen hatte, waren immer wieder faszinierend. Außerdem bereitete es ihm immer wieder Freude, seinen Patienten zu suggerieren, sie würden an einer psychischen Krankheit leiden, die es entweder gar nicht mehr offiziell gab, oder ihnen eine andere aufzubinden, sodass ihre Psyche völlig durcheinander geriet. Dies konnte sich der Psychologe allerdings nur bei solchen Patienten erlauben, welche keine Angehörigen mehr hatten, die nach ihnen saßen und sie vermissen würden. Es gab durchaus Besuchszeiten in der Anstalt, von denen keiner der Familienmitglieder der vier japanischen Jugendlichen Gebrauch machen konnten, da sie entweder nicht wusste, an welchem Ort sich ihre Kinder befanden, oder schlicht und ergreifend keinen Kontakt zu diesen wollten. Kisumis Familie hatte ihn mehr oder weniger verstoßen, als die Sache mit den Kindern herausgekommen war, auch wenn er ab und an einen Brief erhielt, in dem sich nach seinem Befinden erkundig wurde. Daher sah Dr. Masefield auch davon ab, zu sehr mit dessen Verstand zu spielen, der ohnehin schon sehr verworren war. Im Prinzip konnte man bei diesem auch nicht viel ausrichten, da er absolut Therapie-resistenz war, wie es auch nicht anders von einem Psychopathen zu erwarten war. Mit Chigusa, Rin und vor allem Sousuke konnte man hingegen seinen Spaß haben, vor allem jetzt, da er eine Verbindung zwischen letzteren beiden herausgefunden hatte. Sousuke hielt sich in den nächsten Tagen an die Voraussetzungen und ging nur zu den Malzeiten aus dem Stockwerk. Er nutzte seine viele Freizeit dafür, sich intensiver mit seinem Training zu beschäftigen, auch wenn das hieß, dass er öfter duschen gehen musste. Das wäre unter normalen Umständen kein Problem gewesen, doch in der 3. Etage besaß nicht jedes Zimmer sein eigenes Bad. Stattdessen gab es für Männer und Frauen getrennte Sammelduschen, die Sousuke nicht ausstehen konnte. Wie sehr er es hasste, von anderen beobachtet zu werden wenn er sich wusch, ließ sich kaum in Worte fassen. Um dem zu entgehen, stand er entweder sehr früh auf, oder duschte zu den Zeiten, in denen alle beim Essen, in den Zimmern, oder im Aufenthaltsraum waren. Wie gerne hätte er seine Freunde und vor allem Rin wieder gesehen, doch das Risiko einzugehen, diesen dadurch in Gefahr zu bringen, wollte und konnte er nicht eingehen. Dass ihm die Einsamkeit und Isolation von anderen Menschen zusetzte, machte sich schon nach drei Tagen bemerkbar. Das Training half ihm sich abzulenken und nicht den Verstand zu verlieren, doch die Nächte waren schlimm. Wenn er sich nicht gerade hin und her warf, hatte er Alpträume, die Halluzinationen glichen. Zu sehr erinnerte ihn diese Abgeschiedenheit an seine frühe Kindheit, seine Jugend… Rin erging es auch nicht viel besser, der sich genau wie Kisumi und Chigusa fragte, weswegen Sousuke nicht im 6. Stockwerk anzutreffen war, obwohl er sich laut Miss Amakatas Aussage doch nur im 3. und nicht im 4. befand. Schier wahnsinnig vor Sorge, litt Rin unter Schlafmangel, der ihn doch immer wieder durch die körperliche Erschöpfung in den Schlaf trieb, nur um nachts schweißgebadet zu erwachen und sich an Sousukes Kissen geklammert auszuheulen. Zu dieser misslichen Situation kam noch dazu, dass Sousukes Geruch langsam aus dem Bett verflog und Rin nicht wusste, ob es ein Fehler gewesen war, dass sie sich geküsst hatten. Immerhin hatte sie noch keine Möglichkeit gehabt, über diesen und ihr weiteres Verbleiben zu sprechen, sodass der Rothaarige zusätzlich davon geplagt wurde was wäre, wenn Sousuke ihn nicht wollte. Wenn er ihn nach diesen schlimmen Dingen, die ihm in diesen Stunden der Trennung wahrscheinlich angetan wurden, nicht mehr wollte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)