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SHaRKY SCaM

SouRin
von

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Ein Lichtblick inmitten des Tunnels

Zum ersten Mal saß Rin auf Sousukes Bett und hätte diesem Ereignis unter anderen Umständen wohl eine größere Bedeutung zugeschrieben, doch angesichts der bedrückten Stimmung machte er sich über solche Dinge momentan keine Gedanken.
 

Auf seine Frage hin, was geschehen sei, hatte man ihm bisher noch keine Antwort gegeben, doch das war auch verständlich. Immerhin hatte Sousuke seines apathischen Zustand und seiner Prellung im Gesicht nach zu urteilen in der letzten Stunde einiges durchgemacht.
 

„Wenn du es nicht sagen willst, ist es auch okay“, merkte Rin nach einer Weile an, in der sie schweigend nebeneinander gesessen hatten.
 

„Nein…es ist nur, dass“, begann Sousuke leise, mit ungewohnt brüchiger Stimme. „Sie hat das schon öfter getan…ich dachte, sie hätte damit aufgehört, aber…“
 

„Was meinst du?“, wusste der Kleinere absolut nicht, wovon der andere sprach. „Wer macht was?“
 

„Die eine Schwester…sie hat mich heute untersuchen sollen“, fand der Dunkelhaarige langsam seine Sprache wieder und ordnete seine Gedanken.
 

Ihm fiel es nicht leicht, darüber zu sprechen, da er das noch nie zuvor getan hatte. Als er einst versuchte, jemandem seine Probleme anzuvertrauen, hatte man ihm nicht geglaubt. Noch schlimmer: Er war als Schuldiger an den Pranger gestellt worden.

Seit dem schwieg Sousuke über alles Unrecht, das man ihm antat, still.

Auch in diesem Augenblick hatte er Angst, dass Rin ihm nicht glauben würde.
 

„Was hat sie gemacht?“, hakte der Kleinere mit einem unguten Gefühl in der Brust weiter nach.
 

Er ahnte, dass diese Ausführung in keine gute Richtung gehen würde, doch er hatte nachgefragt und wollte es erfahren. Sousuke hatte diese Behandlung sicherlich nicht verdient und falls doch…nein, das war absurd. Jemand, der einen so hilflosen Eindruck erweckte, konnte zu keiner Bosheit fähig sein, richtig?
 

„Sie…hat wieder versucht mich anzufassen, also untenrum…“, kam es dem Größeren nur schwer über die Lippen. „Das hat sie schon mal gemacht und da hab ich…ich hatte mich nicht unter Kontrolle.“
 

Sexuellen Missbrauch gab es wohl wirklich überall, sodass es Rin nicht überraschen sollte, dass dieser auch in einer Anstalt stattfand. Dennoch riss er erschrocken die Augen auf und drehte sich zu Sousuke um, als dieser ihm seine Erlebnisse berichtete. Dabei verkrampfte er sich total, presste seine Hände gegeneinander und drückte fest zu, sodass die Knöchel hervortraten.
 

„Hast du ihr heute auch wieder weh getan?“, fragte Rin vorsichtig nach. Sein Herz schlug so schnell, als wolle es aus seiner Brust springen.
 

„Ich glaub schon“, war sich Sousuke dessen nicht mehr sicher.
 

Er hatte einen Filmriss, ausgelöst durch die Panik, und erinnerte sich folglich dessen nicht mehr vollständig an seine Handlungen im Behandlungsraum.
 

„Wenn es stimmt, was du sagst, solltest du dich deswegen nicht schuldig fühlen. Du hast dich nur gewehrt, richtig?“, fasste Rin sich wieder und sprach mit fester Stimme.
 

Vollkommen überrascht von den Worten des Kleineren, hob Sousuke den Blick und sah zu diesem. Nicht nur hatte dieser wider seiner Vermutung ihm glauben geschenkt, sondern stellte sich augenscheinlich auch noch auf seine Seite. Hinzu kam, dass er ihn versorgte und sich um ihn gekümmerte. Auch dies war eine Tat, die sonst noch keiner für ihn vollbracht hatte.
 

„Außerdem haben es diese Mistkerle hier verdient“, fuhr der Rothaarige weiter fort, nun ein wenig rot, da der Größere ihn musterte.
 

„…haben sie dir auch was getan?“, fand Sousuke seine Sprache endlich wieder.
 

Rin war immerhin auch bei einer Therapiesitzung gewesen, bevor sie sich auf dem weißen, viel zu lang erscheinenden, Flur getroffen hatten. Wie es diesem bisher ergangen war, wusste er nicht, da er nicht nachgefragt und der andere nichts erzählt hatte. Sie wohnten nun zwar seit einem Monat im selben Zimmer, standen sich aber noch nicht so nahe, dass sie einfach drauf los redeten und dem anderen alles erzählten.
 

„Nein…also nicht wirklich“, erwiderte Rin murmelnd, weil er sich nun, da es Sousuke besser zu gehen schien, wieder an seine unliebsamen Erfahrungen erinnerte. „Dr. Masefield hat mich an so eine komische Maschine angeschlossen…einen Lügendetektor, glaub ich.“
 

„Warum macht er das?“, zog Sousuke skeptisch seine Augenbrauen zusammen.
 

„…na ja, ich wollte ihm nicht immer auf alles antworten und hab denk ich auch ab und zu zu offensichtlich gelogen“, umschrieb der Kleinere den wahren Grund, dessen er sich nicht einmal selbst sicher war. „Es ist auf jeden Fall nicht schön, an dem Teil zu hängen, aber mit deinen Erfahrungen kann man das schlecht vergleichen…“
 

„Jeder empfindet etwas anderes als schlimm“, schüttelte der Größere den Kopf. „Nur weil man mit dir nicht das gleiche wie mit mir macht, heißt das nicht, dass es weniger schlimm ist.“
 

Rin war aufgefallen, dass Sousuke in letzter Zeit mehr als sonst mit ihm sprach. Vielleicht weil sie sich etwas näher kennen gelernt hatten. In jedem Falle mochte er es, wenn sich dieser mit ihm auseinandersetzte. Es tat gut, sich mit einem Leidensgenossen austauschen zu können.
 

„Schon…aber er hat mich immerhin nicht angefasst. Nur die Saugnäpfe waren unangenehm kalt“, meinte Rin nun, der Sousuke zustimmte, wenn er auch der Meinung war, dass die grabschenden Schwester wesentlich schlimmer als der grinsende Psychologe war. Wenn er sich da mal nicht irren sollte…
 

„Du magst Kälte nicht besonders, oder?“, bemerkte der andere.
 

„Nein…“, ließ Rin den Kopf hängen. Es wurde Winter und er hatte gehört, dass diese in Russland besonders unangenehm sein sollten. Eindeutig nicht seine Klimazone.
 

„Das Gebäude hat zwar eine Klimaanlage, aber dadurch, dass es ein alter Bau ist, ist es nicht gut isoliert und die Winter können hart sein“, teilte Sousuke dem Kleineren mit, den diese Information nicht gerade aufheiterte.
 

„Oh man…ich frag mich echt, was ich hier soll“, seufzte der Kleinere, der damit unbewusst wieder auf das noch immer unbeantwortete Thema zurückgekommen war, das da wäre:
 

„Hm…du hast mir immer noch nicht gesagt, weswegen man dich überhaupt hier her gebracht hat. Für mich wirkst du nicht wie jemand, der an einen solchen Ort gehört“, bemerkte der Dunkelhaarige und beobachtete seinen Gesprächspartner dabei aufmerksam. Dass dieser nervös war, konnte selbst er erkennen.
 

Rin war aber auch wirklich nicht gut darin, seien Gefühle zu verstecken, doch das war angesichts dessen, dass sich Sousuke schwer im Deuten von Menschen tat, gar keine schlechte Eigenschaft. Vielleicht verstanden sie sich auch deswegen so gut.
 

„Gehöre ich auch nicht…also wenn es nach mir geht“, sah Rin auf seine Füße und stützte sich nach hinten mit den Händen auf dem Bett ab.
 

„Nicht?“, ließ Sousuke den anderen unterschwellig wissen, dass er gerne erfahren würde, weswegen das so war.
 

Auch wenn sie langsam begannen einander mehr zu vertrauen, fühlte er sich nicht wohl dabei, sich dem anderen [style type="italic"]an[/style]zuvertrauen. Andererseits glaubte Rin inzwischen nicht mehr, dass dieser ihm weh tun würde, nicht nach diesem Nachmittag. Sousuke strahlte für ihn keine Gefahr aus.

Dieser fragte sich in diesem Moment, weswegen der Kleinere so ein Geheimnis aus dem Grund seiner Einlieferung machte. Dass er selbst das auch tat, war ihm bewusst, doch er hatte einen triftigen Grund dazu. Wenn der andere niemanden umgebracht, oder keinem Schaden zugefügt hatte, dann verstand er nicht, warum dieser nicht mit der Sprache herausrückte. Immerhin war Rin laut seiner eigenen Aussage zu Unrecht hier, daher konnte er also nichts angestellt haben, das seine Entführung begünstigt hätte.

Doch entsprach es nicht Sousukes Gemüt, jemanden dazu zu drängen, ihm etwas anzuvertrauen, wenn der andere nicht wollte. Daher wartete er einfach ab, ob Rin es ihm nicht doch noch erzählen würde. Immerhin wirkte dieser gerade so, als würde er um Worte ringen, wie er sich am besten ausdrücken könnte.
 

„Sie haben gesagt, dass ich hier bin, weil…also“, begann Rin zögerlich seinen Erklärungsversuch, brach kurz ab und schluckte. Er traute sich nicht, den Größeren dabei anzusehen, weil es ihm so unangenehm war. „Dr. Masefield meinte, sie könnten mich heilen…davon, dass ich auf Männer stehe.“
 

Der Rothaarige fuhr sich durchs Haar und drehte seinen Kopf zum Größeren
 

„Ist das nicht lächerlich?“, lachte er kurz mit einem verzweifelten Ausdruck in den Augen.
 

Einerseits, weil er es vor seinem Aufenthalt wirklich lächerlich gefunden hatte, Homosexualität als Krankheit zu bezeichnen, seit der letzten Woche aber an sich selbst zu zweifeln begann, andererseits, weil er hoffte, Sousuke würde das genauso sehen, sich aber auch dafür fürchtete, dass dem nicht so sein würde.

Dieser blinzelte nur perplex, da er diese Antwort nun wirklich nicht erwartet hatte. Das lag hauptsächlich daran, dass er sich noch nie Gedanken um die sexuelle Orientierung anderer gemacht hatte und es ihm eigentlich auch egal war. Der andere Grund war, dass er nicht gewusst hatte, dass man die Sexualität eins Menschen heilen konnte und ziemlich schnell zu dem Schluss kam, dass das keinen Sinn ergab. Wahrscheinlich hatte man einen vorgeschobenen Grund benötigt, um Rin einzuliefern…warum auch immer man ihn an diesem Ort haben wollte.
 

„Ich hab mir darüber noch nie Gedanken gemacht“, erwiderte Sousuke nun ehrlich.
 

„…wirklich?“, kam es vollkommen überrascht von Rin.
 

Dieses Gespräch war vollkommen anders verlaufen, als er es sich ausgemalt hatte, genau wie Sousukes Reaktion. Er hätte erwartet, dass dieser ihm entweder zustimmte, oder ihn danach total ablehnen würde, doch mit dieser gleichgültigen Reaktion wusste er im ersten Moment nicht umzugehen.
 

„Also stört es dich nicht?“, wollte der Rothaarige wissen, als nichts weiter vom anderen kam.
 

„Warum sollte es?“, zuckte Sousuke mit den Schultern.
 

Immerhin hatten ihn bisher nur Frauen sexuell belästigt. Warum sollte er etwas gegen einen Schwulen haben, der ihn nie auf unsittliche Weise berührt, oder es auch nur versucht hatte?
 

„Na weil wir in einem Zimmer schlafen und so…“, wurde Rin eine Spur röter im Gesicht.
 

„Es ist doch jetzt auch nichts anders als zuvor“, gab Sousuke wie selbstverständlich von sich.
 

Wenn der andere schon die ganze Zeit auf Männer stand und nichts vorgefallen war, das ihm nicht behagte, dann würde sich jetzt da er es wusste, auch nichts ändern.
 

„Stimmt…du hast Recht“, lächelte Rin nun leicht.
 

Die Anspannung fiel von ihm ab und er atmete erleichtert aus. Offenbar waren nicht alle Menschen in Russland homophob.
 


 

Den restlichen Abend verbrachten die beiden damit, über ihre bisherigen Erlebnisse in der Anstalt zu sprechen – soweit dies möglich war. Rin hatte noch nicht viel zu berichten und Sousuke tat sich schwer darin, seine Erlebnisse zu verbalisieren. Teilweise wollte er dem anderen auch nicht zu viel zumuten. Vielleicht hatte dieser auch Glück und würde niemals in eine ähnliche Situation wie er geraten, sodass er sexuell belästigt, oder ihm körperliche Gewalt angetan werden würde. So sehr er das auch glauben mochte, seine Erfahrung sagte ihm etwas anderes.
 

Als es später wurde, stellte nicht nur Sousuke fest, dass es ihm gefiel, sich mit seinem Mitbewohner auszutauschen. Sie waren auch irgendwann davon abgekommen, nur über die Klink zu sprechen und hatten es inzwischen über ihre Hobbys. Dass sie beide gerne schwammen, hatten sie zuvor schon festgestellt. Hinzu kam, dass ihrer beider Lieblingsgetränk Cola war und sie einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Ordnungstick hatten. Rin mochte es nicht, wenn sein Zimmer unaufgeräumt war, während Sousuke schon sehr früh darauf geachtet hatte, dass sich wirklich alles akkurat an seinem vorhergesehen Platz befand.
 

Mitten im Gespräch vernahmen sie plötzlich ein Geräusch aus Richtung der Tür, die zum Flur führte. Es war ein Ticken, das bedeutete, dass diese nun abgeschlossen war.
 

„Oh, schon so spät…“, blickte Rin auf die Uhr, die über dem Regal hing, in dem hauptsächlich Sousukes Bücher standen.
 

„Bist du müde?“, kam es vom anderen.
 

„Nicht wirklich…du?“, lächelte der Kleinere, dem es seltsam leicht ums Herz war, so wie schon lange nicht mehr.
 

Sousuke schüttelte den Kopf. Auch ihm ging es besser, viel besser, auch wenn ihn die Auswirkungen seiner fast-Untersuchung noch immer nicht in Ruhe ließen. Dank Rin wurde er abgelenkt und dieser schaffte es auch, dass er sich irgendwie glücklich fühlte. Ein Gefühl, von dem er schon geglaubt hatte, es wäre in ihm gestorben. Sonst gab es auch nichts, das ihn an diesem Ort froh stimmte. Die sterilen Wände, das viele Weiß, das in den Augen schmerzte, die sadistischen Angestellten, die sich größtenteils einen Spaß daraus machten, ihre Patienten auf unterschiedliche Weisen zu foltern, und die strengen Regeln ließen zumindest ihm nicht viel Platz für Freunde. Des Weiteren war er noch nie gut darin gewesen, neue Freunde zu finden. Nicht, dass er vor seinem Aufenthalt welche gehabt hätte. Sousuke war wohl beliebt bei den Mädchen gewesen, hatte das aber lästig gefunden, die Jungen hatten sich meist mit ihm gemessen und ihn dafür gehasst, wenn er sie übertrumpfte – obwohl das nicht absichtlich geschehen war.

Abgesehen von Kisumi, der wohl so eine Art Freund für ihn war, hatte sich auch niemand versucht mit ihm zu beschäftigen, wofür er angesichts dessen, dass die meisten Insassen nicht mehr alle Tassen im Schrank hatten, auch ganz froh war.
 

Rin ging es ähnlich: Er mochte strenge Regeln nicht, sondern brauchte Raum, sich entfalten zu können. Da dieser dank den engen Gängen und vergitterten Fenstern nicht gegeben war, fühlte es sich für ihn meistens so an, als würde ihm wortwörtlich die Decke auf den Kopf fallen. Er füllte sich eingeengt und unbehaglich in der Anwesenheit des Personals, auch wenn er nicht so schlimme Erfahrungen wie sein Mitbewohner gemacht hatte.

Auf seiner alten Schule – wie seltsam es sich anfühlte sie so zu  betiteln – hatte er einige Freunde gehabt, auch wenn es niemanden gegeben hatte, dem er sehr nah stand. Dank seines guten Modegeschmacks und Aussehens hatten sich natürlich ein paar Mädchen für ihn interessiert, doch da ihm schon immer bewusst gewesen war, dass er nicht auf diese stand, hatte er immer freundlich abgelehnt.

Neue Freunde zu finden, fiel Rin nicht sonderlich schwer, auch wenn das nicht gerade zu seinen Hobbys zählte. Kisumi war ganz nett, doch er wusste ihn nach wie vor nicht einzuschätzen. Solange er ihn aber nicht blöd anmachte, genoss er dessen Gesellschaft, da diese den tristen Ort doch etwas freundlicher gestaltete.
 

Sousukes Blick glitt über Rins Körper, als sich dieser nach hinten fallen ließ. Offenbar war er doch nicht mehr so fit wie behauptet. Ihn störte es nicht, dass der Kleinere nun halb auf seinem Bett lag, die Füße nach unten von diesem baumelnd.

Es war selbstverständlich nicht das erste Mal, dass er den Rothaarigen betrachtete, doch normalerweise tat er das nicht so intensiv wie in diesem Moment. Es konnte an der Müdigkeit liegen, aber auch daran, dass sie nun mehr übereinander wussten, dass er sich mehr für diesen zu interessieren begann.
 

„Oh sorry…“, interpretierte Rin den Blick völlig falsch und richtete sich eiligst wieder auf.
 

Auch wenn Sousuke gesagt hatte, dass es ihm egal war, dass er schwul war, konnte sich Rin denken, dass dieser es nicht befürworten würde, wenn er sich auf dessen Bett legte. Dass dessen Augen ihn nicht deswegen musterten, weil er sich daran störte, dass der Kleinere auf seinem Bett lag, sondern weil er diesen genauer unter die Lupe nehmen wollte, ahnte er nicht.
 

Ohne auf Rins Entschuldigung einzugehen, da er sie dank seiner eigenen Gedanken überhört hatte, stellte Sousuke daraufhin eine Frage, die er sich stellte seit er die Arme des Rothaarigen erblickt hatte. Dieser trug sein rotes Sweatshirt hochgekrempelt, sodass man seine glatten Unterarme sehen konnte.
 

„…rasierst du dir die Arme?“, kam es ein bisschen überrascht vom Größeren, der derartig glatte Haut noch nie bei einem Mann gesehen hatte.
 

„Ähm…ja…warum fragst du?“, zog Rin sich automatisch die Ärmel seines Shirts nach unten, ein wenig peinlich berührt.
 

„Nur so…“, erklärte sich der Größere sehr wenig. „Warum machst du das?“
 

„Weil ich dann weniger Widerstand im Wasser habe…“, kam die Erklärung, oder viel mehr die lahme Ausrede, des Rothaarigen. „Ich mach das eigentlich schon immer…also seit ich schwimme.“
 

„Aber hier kannst du nicht schwimmen gehen und glaub mir, wenn es richtig Winter wird, wirst du jeden Wärmeschutz brauchen, den du kriegen kannst“, merkte Sousuke daraufhin an, doch es hatte noch einen anderen Grund, weswegen er versuchte den anderen davon zu überzeugen, dass er sich die Haare zumindest nicht an dieser Stelle entfernen sollte.
 

„Wenn du meinst…“, murmelte Rin, dem das alles schrecklich unangenehm war.
 

Ihn hatte noch nie jemand wirklich auf dieses Thema angesprochen. Vermutlich deswegen, weil es ein seltsames war und auch, da ihn wohl noch nie jemand so genau unter die Lupe genommen hatte.
 

„…außerdem sieht es schön aus“, beendete der Dunkelhaarige seine Begründung nun.
 

„Huh?“, blinzelte der Kleinere Sousuke perplex an und erstarrte.
 

Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? Hatte er sich vielleicht verhört?
 

„Das Rot“, erklärte sich der Größere nun ein wenig unbeholfen, dachte sich aber nicht viel dabei.
 

„Oh…danke?“, wusste Rin nicht, wie er das auffassen sollte.
 

Verhört hatte er sich schon mal eindeutig nicht, doch was bezweckte der andere mit einem Kompliment? Konnte man das als Kompliment bezeichnen? Bei genauerem überlegen, entschied sich Rin dafür und war daraufhin sehr verwirrt. Weswegen sollte Sousuke seine Haarfarbe mögen? Alle anderen, die diese kommentiert hatten, hatten sich darüber lustig gemacht, oder auf die offensichtliche Seltenheit – oder auch Abart – hingewiesen.
 

„Es ist selten“, stellte Sousuke just in diesem Moment fest.
 

„Ähm…ja“, war Rin bei seinem Gedankengang ziemlich rot geworden und wich dem Blick des Größeren nun aus.
 

„Stimmt was nicht?“, konnte der andere das Verhalten seines Mitbewohners nicht eindeutig zuordnen.
 

„Nein…es ist nur, dass alle immer gesagt haben, dass es komisch aussieht und so“, zuckte Rin nun mit den Schultern und versuchte vorzugeben, dass es ihm egal war.
 

Dass das nicht der Wahrheit entsprach und es ihn immer sehr mitgenommen hatte, wenn man ihn wegen etwas geärgert hatte, für das er nicht verantwortlich war, das er aber auch nicht so einfach ändern konnte, war der Fall. Nun gerade wegen diesem Merkmal ein Kompliment zu bekommen, warf Rin vollkommen aus der Bahn.
 

„Glaub nicht alles, was andere sagen“, wusste Sousuke, dass Menschen oftmals andere dafür runtermachten, auf das sie neidisch waren, oder jemanden mobbten, um sich selbst besser zu fühlen.
 

Rin wusste das inzwischen auch, trotzdem taten die Erinnerungen weh. Sousukes Worte halfen ihm allerdings dabei, sich nicht nur ein Stück weit besser zu fühlen, sondern auch, sich selbst zu akzeptieren. Auch wenn es nur seine Haare waren, so gehörten sie doch zu ihm und waren ein wichtiger Bestandteil seines Körpers.
 

„Danke“, lächelte der Rothaarige nun leicht und musste dann gähnen.
 

„Ich glaube, wir sollten schlafen gehen“, entwich dem Größeren dann auch ein Gähnen.
 

Daraufhin erhob sich Rin von Sousukes Bett, streckte sich und betätigte den Lichtschalter, ehe er sich daran machte, in sein eigenes zu gelangen. Im Dunkeln schaute er an die Decke, die man nur schemenhaft erkennen konnte, da noch ein wenig Licht von draußen herein schien. Das gab ihm das Gefühl von einer gewissen Normalität, denn auch in seinem Zimmer zuhause in Japan hatte er das oft getan. Der Unterschied das in der Anstalt zu tun bestand darin, dass das Licht von draußen nicht von einer Straßenlaterne am Gehsteig stammte, sondern von der Beleuchtung auf den Mauern, die das Gelände einsäumten. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, schlief es sich nicht so gut. Genauso wenig wie die Tatsache, dass sie meilenweit entfernt von jeglicher anderer menschlicher Zivilisation waren. Rin blendete diese Details gerne aus, sonst könnte er überhaupt kein Auge mehr zu tun.

Zu wissen, dass Sousuke sich in seiner Nähe befand und er diesen nicht zu fürchten brauchte, ja vielleicht sogar einen Verbündeten in ihm gefunden hatte, erfüllte ihn mit einer wohligen Sicherheit. In dieser Nacht würde er bestimmt besser einschlafen können.
 

„Gute Nacht, schlaf gut“, flüsterte der Rothaarige in die Dunkelheit und schloss die Augen, keine Antwort erwartend.
 

„Nacht“, kam die Erwiderung ebenso leise aus der linken hinteren Ecke des Zimmers.
 

Rin lächelte ob dieser leicht, ehe er ins Reich der Träume sank, das so viel schöner als diese Realität an einem tristen Ort wirkte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Was ich von der ganzen Komemntarsituation auf animexx halte, könnt ihr gerne auf meinem Weblog nachlesen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  NaschKatzi
2016-08-20T18:11:24+00:00 20.08.2016 20:11
Hi xD
Endlich ist es raus! Rin steht auf heiße Kerle *3*
Sousuke reagiert zum Glück sehr gechillt auf sein Geständnis. Wäre schlimm für den Kleinen gewesen, wenn sein Zimmerkumpel ihn deswegen ablehnen würde. Wo sie sich doch grade näher kommen XD
Armer Sousuke Q,Q Wer weiß, wie oft er das mit der Krankenschwester schon durchmachen musste Q,Q
Uhhhh, er findet das Rot von Rin hübsch xDD Irgendwie niedlich xDD
Schön zu lesen, dass sie sich immer besser verstehen!!
Ein tolles Kapitelchen!!!

Liebe Grüße


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