The hidden Diary of Draco Malfoy von Sauron ================================================================================ Kapitel 2: Zwei Gesichter - eine Person --------------------------------------- Sie wartete ein wenig, bis Ron sich auf seine Matratze gelegt hatte; da er sich jedoch noch eine Weile sinnlos hin- und herwälzte, konnte sie im Halbdunkel trotzdem noch nicht weiterlesen. Einfach aus Angst, er würde bemerken, dass sie wach war. Als sie letztlich ein gleichmäßiges Atmen vernahm, das nur gepaart mit einigen Schnarchern war, erst dann öffnete sie das Buch wieder und begann, an der letzten Stelle wieder anzusetzen. Draco's Schrift war fein säuberlich. *** … manchmal habe ich Angst, dass er weiß, was ich denke. Es gibt Momente, da starren mich diese kalten Augen an, selbst dann, wenn ich nicht in einem Raum mit ihm bin. Er starrt mich in meinen Träumen an. Er verfolgt mich darin. Ich frage mich manchmal, ob er in Träume einsteigen kann. Letzte Woche hatte ich, wie ich dir schon geschrieben hatte, einen weiteren Traum, in dem ich auf diesem verlassenden Grundstück stand, mit einem blutigen Pfahl in meiner Hand. Dieser Traum wiederholt sich mittlerweile fast alle zwei Nächte. Ob er es als unterbewusstes Druckmittel einsetzt? Oder ist das meine manifestierte Angst? Es fällt mir schwer zur Zeit, mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Mein Kopf dröhnt. Wenn ich die Mitschüler beobachte, kommen sie mir alle wie düstere Schattengestalten vor. Es gab eine Situation in der letzten Zaubertrankstunde, da hatte ich wahrhaftig Angst. Da war Potter, und er starrte mich an. Diese giftgrünen Augen, ich habe sie noch nie ausstehen können... er beugte sich zu Granger, mit der an einem Trank arbeitete, und auch sie begann, wenn auch mit Abstand, einen kurzen Blick auf mein Gesicht zu werfen.... *** Hermine stockte. Irgendwie war es seltsam, ihren Namen in seinem Tagebuch stehen zu sehen. Er hatte das „G“ von Granger sehr filigran geschrieben, fein geschwungen und zart. Sie fuhr mit dem Finger über ihren Namen, obwohl ihr dabei ein leichter Schauer über den Rücken lief. Das letzte, was sie von Draco Malfoy gehört hatte nach dem Krieg, war nur, dass niemand ihn gesehen hatte. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Selbst seine Familie, die tränenreich zurückgeblieben war, war nicht imstande, irgendjemandem zu sagen, wo sich Draco aufhielt. Und ob er überhaupt noch lebte... Hermine hatte einmal mit Harry darüber gesprochen, und auch er hatte gesagt, dass er nichts gehört oder gesehen hatte. Es war fast so, als sei Draco mit dem düsteren Schatten Voldemorts verschwunden – verschluckt in der dunklen Ära, verschluckt im dunklen Nebel, der noch heute, ein paar Monate später, wie eine Maske auf Hogwarts drückte. Manchmal war ein Grollen im Himmel zu hören, das fast so klang, als sei der Zorn Voldemorts noch immer nicht verraucht. Bei jedem dieser Gedanken fuhr Hermine ein Schauer über den Nacken. Zögernd fuhr sie sich leicht mit der Zunge über die Unterlippe und fuhr fort. *** Granger's Blick auf mir zu spüren war schon immer komisch für mich. Ich weiß nicht, warum gerade diese Person so viel in der Schule reißen kann. Sie ist muggelstämmig, ein Schlammblut.. so wurde es mir zumindest immer gesagt. Wobei ich mich frage – wenn Schlammblüter so minderwertiges Blut haben, warum kann sie dann so manches besser als alle anderen? Vielleicht mogelte sie ja, ich weiß es nicht. Ich hasse sie, ich habe sie immer gehasst. Genau wie Potter. Und Weasley. Die drei Gestalten munter lachend im Sonnenschein zu sehen, Potter, der Goldjunge, das war... das war immer eine Folter. Wie konnte er überleben? Ich habe einmal, das habe ich dir noch nicht erzählt, den dunklen Lord töten sehen. Es war eine junge Frau. Ich habe nicht mitbekommen, was sie getan hat, doch sie hat elendig geweint und war ganz verstört und schmutzig. Der Lord war vor ihr auf und ab marschiert, hatte sie einfach nur angesehen, ihr Flehen um Gnade ignoriert. Ich habe versucht wegzusehen, doch irgendwie konnte ich nicht. Er hörte sich ihr Klagen noch genau zwei Minuten an, dann hob er seinen Zauberstab, richtete ihn auf sie und... sagte es. Ich mag es selbst heute nicht hinschreiben. Diese Frau so sinnlos sterbend auf dem Boden zusammensacken zu sehen, wie eine knittrige Puppe, das war grausam. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und es sah so aus, als seien graue Flecken darin zu sehen. Als starre sie direkt in die Leere. Als ihr Kopf dann auf den Boden knallte, war es ganz still im Raum, bis auf das leise Lachen des dunklen Herrschers. Vater hat mir eine Hand in den Nacken gelegt, ganz kalt fühlte sie sich an. Ich werde niemals vergessen, wie die grauen Augen der Frau, selbst im Tod vor Schreck aufgerissen, in meine Richtung starrten – mit einem offenen Mund, aus dem eine kleine Spur Speichel lief. Deshalb frage ich mich, wie Potter das überstanden hat. Und ob ich es auch überleben würde. Denn wie du weißt, hat er mich auserwählt für seine Aufgabe. Als ich Potter's Blick nämlich in dieser Stunde auf mir spürte, war das wie einen Blick in den Spiegel der Zukunft.. nur dass ich dort den Tod sah. Doch zunehmend baut sich Druck auf... Ich weiß nicht, ob ich das kann... *** Hermine stoppte und atmete tief aus. Ihre Finger waren leicht am Zittern, so deutlich hatte sich in ihrer Fantasie das Bild dieser hilflosen Frau eingebrannt. Doch was sie viel mehr verwunderte – hatte der Draco Malfoy, den sie kannte, wirklich solche Gefühle gehabt? Gefühle von Angst, Trauer... gar Mitleid? Es musste ein zweites Tagebuch geben, wenn nicht sogar mehrere, denn sie fragte sich, was wirklich alles vorgefallen war. Da Draco jedoch davon nur platonisch schrieb, würde sie es wohl nie wissen. Es war seltsam, den fiesen, ekligen Draco Malfoy in seiner intimsten und anscheinend auch menschlichsten Form zu sehen und zu lesen. Als würde man über eine fremde Person nachdenken, die nie existiert hatte – denn der Malfoy, den sie kannte, war ein absolutes Scheusal gewesen. Oder war es doch alles nur eine Tarnung gewesen? Sie legte das Buch sicher unter ihre Matratze und rückte ihr Kissen zurecht. Obwohl sie vom Tag erschöpft war, rasten die Gedanken in ihrem Kopf. Das leise Atmen der anderen ließ sie irgendwann in einen traumähnlichen Zustand übergleiten, und es war ihr, als träume sie von ihrer Schulzeit, von dem sonnigen Hogwarts, das noch nicht mit Schatten und Tod übersät worden war. Am nächsten Morgen waren alle früh auf den Beinen; Hermine half Harry und Ron dabei, das Frühstück vorzubereiten, da es ihre Schicht war. „Hermine, du siehst fertig aus.“, sagte Harry, der gerade ein paar Eier in einer alten, gußeisernen Pfanne briet. Hauselfen waren befreit worden; und obwohl einige noch freiwillig mitarbeiteten, so waren es bei weitem nicht genug. Sie seufzte. „Ich habe schlecht geschlafen, das ist alles. Ich hatte seltsame Träume.“ „Von...?“ Sie sah sich um; Luna und die anderen waren mit dem Aufräumen beschäftigt, und sie beugte sich näher an Harry und Ron, damit andere es nicht mitbekamen. „Habt ihr euch nie gefragt, warum dieser düstere Himmel immer noch über Hogwarts ist?“ „Manchmal scheint auch die Sonne.“, bemerkte Ron und lachte leise. Hermine schüttelte den Kopf. „Nein, das ist es nicht. Selbst wenn die Sonne scheint, nachts ist der Himmel so schwarz wie damals, als wir gekämpft haben. Es ist irgendwie so, als drückt noch eine dunkle Macht auf das Schloss. Spürt ihr das nicht auch?“ Harry und Ron sahen sich kurz an, schüttelten jedoch die Köpfe. Es war Harry, der als erstes antwortete. „Hermine, du kommst da doch nicht einfach so mit an. Ist etwas passiert?“ „Gestern war ich ja, wie ihr wisst, in den ehemaligen Räumen der Slytherins...“, sie stockte; sollte sie ihnen wirklich davon erzählen? Sie wollten das Buch mit Sicherheit auch lesen... „Jaa, und? Hast du einen verzauberten... Socken gefunden oder was?“, prustete Ron, doch Harry warf ihm einen bösen Blick zu, genau wie Hermine. „Ihr habt eine Laune...“, murrte Ron, und Hermine fuhr leicht pikiert fort, auch wenn Ron wieder einmal bewiesen hatte, dass er keinen Sinn für das Zuhören hatte. „Dort war ein Bett, in dem eine frische Blutlache war. Zumindest wirkte sie frisch.“ Für einen Moment sahen die zwei Jungs sie schockiert an, dann wisperte Harry leise: „Bist du dir sicher? Aber... da war seit Monaten niemand mehr. Vielleicht war es ein verletztes Tier.“ Hermine seufzte erneut, während sie ihren Blick auf das Essen zuwandte. „Ich weiß es nicht. Ich kann es euch zeigen, wenn ihr wollt.“ „Ja.“ Es dauerte jedoch noch, bis sie Gelegenheit bekamen, den Raum der Slytherins wieder aufzusuchen. Da sie nicht in einer Truppe waren, war es schwer, sich zu treffen; doch sie bekamen es gegen Abend hin, kurz vor dem Essen. Hermine fühlte sich unwohl, als sie wieder in den mit der Dämmerung dunkleren Korridor trat und die dröhnende Stille in ihrem Nacken eine Gänsehaut bildete. Auch Harry und Ron fühlten sich nicht wohl; auch wenn sie nichts sagten, so konnte Hermine in ihren Augen sehen, dass der leere Gang genau dieselben, trügerischen Angstgefühle in ihnen auslöste wie bei ihr. Sie mussten ihre Zauberstäbe benutzen, um überhaupt etwas zu sehen; als sie das klaffende Eingangsloch durchschritten, war es fast so, als sackte die Temperatur in den Räumen noch weiter ab. Sie gingen fast schleichend in den Schlafsaal, obwohl sie wussten, das niemand da war. Obwohl Hermine das dunkle Gefühl beschlich, dass sie beobachtet wurden. Als würden düstere Schatten an der Wand tanzen, die alle wilde Augen hatten. Doch sie den Schlafsaal erreichten und Hermine sich umblickte, stockte ihr der Atem und sie stieß einen leisen Schrei aus. Das Blutlache war verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)