Aller Anfang von Chaosbande ================================================================================ Post ---- Als er am nächsten Morgen die Post reinholte, war unter anderem ein Briefumschlag der an ihn adressiert war dabei. Das Seltsame daran war, dass sogar sein Zimmer darauf stand. Irgendwie war das … gruselig. Woher konnte der Absender dies wissen? Das war schlicht unmöglich! Der Gedanke dass Dudley sich einen Spaß mit ihm erlaubte, festigte sich. Gedankenverloren lief er mit der Post in den Wohnbereich, legte Zeitung, Werbung und Rechnungen auf den Tisch und wollte gerade seinen geheimnisvollen Brief öffnen, als Dudley aufschrie und ihm diesen aus der Hand riss. Das Letzte was er sah, war das “H”, das in roten Wachs gedrückt, auf der Rückseite den Brief besiegelte. Aus dem Nichts erschien sein keifender Onkel und entrissDudley den Umschlag. Das orkangleiche Geschrei Vernons, wobei er nicht mit Hähme und Verachtung sparte, ließ ihn gar nicht zu Wort kommen und unterbrach jeden Versuch Harrys seine Post zurück zubekommen. “Freaks kriegen keine Post!” Abschätzig warf sein Onkel einen Blick auf die Beute. Verwirrt und zugleich neugierig beobachtete der junge Potter-Spross die unerwartete Veränderung die das Familienoberhaupt durchlebte. Aus dem Keifen, wurde Keuchen bis es eher ein nach Luft schnappen war. Die Gesichtsfarbe glich immer mehr der hellen Wohnzimmerwand, als dem fleischigen Hautton. “Vernon, Schatz?”, erklang die unsichere Stimme seiner Tante, während sie näher trat. “Bitte … mein Brief …” “Ruhe, Bengel!” Mit zittrigen Händen hielt Vernon seiner Frau das Schriftstück hin, woraufhin auch ihr jegliche Gesichtsfarbe entglitt. “Bitte, Onkel...!”, versuchte Harry es erneut und trat einen Schritt näher. Doch das Gesicht seines zuvor so blassen Onkels, färbte sich nun rot, während er seinen Neffen wütend anfunkelte. “Nein!” Ein herber Schlag gegen sein Brustbein ließ Harry japsend nach hinten taumeln. “Dad? Mum?” Dudley, neben dem er stehen geblieben war und sich mit schmerzverzehrtem Gesicht den Oberkörper rieb, blickte mit Untertassengroßen Augen zwischen allen Beteiligten hin und her. Anscheinend war er nicht der Einzige der die Welt nicht mehr verstand, das wurde Harry in diesem Moment klar. Warum rasteten seine Verwandten, allen voran sein Onkel, nur wegen eines einzigen Briefes so aus? Warum waren sie deswegen wütend auf IHN? Er hatte niemandem Bescheid gesagt, damit ihm geschrieben wurde. Himmel, er kannte ja nicht mal irgendwelche Leute. Vielleicht waren sie wütend wegen dem was auf dem Brief stand? Also Harrys Adresse quasi? Schließlich stand in schwarzen geschwungenen Buchstaben eindeutig der Zusatz “Im Schrank unter der Treppe” unter seinem Namen. DAS musste es sein! Onkel und Tante mussten glauben, dass er es jemanden erzählt hatte! Wie hatte es seine Lehrerin noch Mal ausgedrückt … “Er war so, als wenn er ihnen ‘in den Rücken gefallen’ wäre”. Wahrscheinlich waren sie einfach unglaublich enttäuscht von ihm. In dem guten Glauben dieses Missverständniss schnell aus der Welt schaffen zu können, räusperte er sich und trat wieder näher an die leise, aber aufgeregt flüsternden Erwachsenen heran. “Onkel Vernon, ich habe nicht …” Doch weiter kam er nicht, ließ ihn doch die heftige Ohrfeige, die ihn traf, erneut zurück taumeln. Sterne funkelten vor seinen Augen - oder waren das Vögel mit Dudleys hönischem Grinsen? Letztendlich auch egal, alles was er in diesem Moment wollte, war dass sie verschwanden und sich einfach die ganze Situation als schlechter Witz oder Traum herausstellen würde. Resigniert stöhnte der schwarzhaarige Junge tief, als er sich in den Arm kniff und es nichts weiter brachte als eine weitere Stelle die an seinem Körper schmerzte. “Onkel Veron … bitte”, versuchte der Brillenträger es erneut, während er mit einem schmerzerfüllten Keuchen letztendlich auf den Hintern fiel. Sein Kopf und sein Brustkorb fühlten sich an, als wäre ein Auto darüber gefahren. Auf jeden Fall stellte er es sich so vor. “Nochmal: Freaks kriegen KEINE Post. NIEMALS! Nicht so lange ich lebe! Du hast deine Aufgaben zu erledigen und zur Schule zu gehen. Mehr steht dir nicht zu, Bengel! Ungehobeltes Etwas … ich werde dir zeigen wo dein Platz ist.” Die kalten und bedrohlichen Worte des Dursley Familienoberhauptes ließen Harry den Kopf empor reißen und seine Schmerzen für einen kurzen Moment vergessen. Was meinte sein Onkel? Sein Platz … sein Zimmer … war doch der Schrank unter der Treppe. “Sieh hin!”, befahl der dicke Erwachsene, während er ein Streichholz von seiner Frau gereicht bekam, dieses am Stein des Kamins entzündete und mit einem gruseligen und irgendwie verrückt wirkendem Grinsen, den Brief in Brand steckte. “Nein …. bitte”, flehte Harry mit halb erhobener Hand, doch alles was er bekam, war ein höhnisches Lachen seines Onkels. “Du bist ein Niemand!” Mit diesen Worten warf sein Onkel den Brief in den Kamin. Vor seinen Augen zerfiel seine erste persönliche Post knisternd im Feuer und nur der Schwindel und der dröhnende Schmerz in seinem Kopf hinderten ihn daran auszurasten. Oh wie er seinen Onkel in diesem Moment hasste! Traurig und wütend zugleich, kroch er aus dem Wohnraum. Es tat so unglaublich weh immer wieder vorgehalten zu bekommen, wie unwichtig man auf der Welt war. Wie wenig seine eigene Familie ihn liebte und ihm gönnte. Wenn ihm doch nur ein Einziger von ihnen, einmal erklären würde WARUM! Dann könnte er wenigstens versuchen dies zu ändern und es ihnen recht machen. Erst am späten Abend verließ er sein Zimmer wieder um das Abendessen zuzubereiten. Schweigend briet er das Fleisch, während wieder einmal Pommes in der Fritteuse frittierten. Die äußerst einseitige Ernährung seiner Verwandten kam ihm ganz gelegen, war dies doch etwas wobei er nicht groß überlegen musste. Schnitzel, Pommes und Salat konnte er quasi im Schlaf perfekt zubereiten. Kaum das alles fertig war und auf dem Tisch stand, schnappte er sich noch eine der kleinen Wasserflaschen und legte sich wieder ins Bett. Er wollte einfach nicht die hämischen Blicke seiner Verwandtschaft und den Triumph über ihn, in ihren Augen sehen. Heute wollte er wirlich keine Gemeinheiten mehr hören. Alles was er in diesem Moment wollte, war zu vergessen. Doch der Schmerz in Kopf und Brust, würde ihn wohl noch einige Zeit an dieses Erlebnis erinnern. Am Sonntag, drei Tage vor seinem Geburtstag, stellte Harry einem äußerst gut gelauntem Vernon Dursley sein Frühstück vor die Nase. Dieses nervige, selbstzufriedene Grinsen, trug sein Onkel schon seit dem er den Wohnraum betreten hatte, im Gesicht. Die letzten Tage hatte er es so gut geschafft den Dursleys aus dem Weg zu gehen, doch heute war dies nicht möglich. Es regnete das erste Mal seit Tagen und das in Strömen, sodass dass man das Haus nur im Notfall verließ. Sonntags musste Vernon weder arbeiten, noch waren Geschäfte offen durch die Tante Petunia seinen Onkel schleifen konnte. Somit saß Harry hier im Haus mit den drei Dursleys fest. Wohl das erste Mal in seinem Leben, bereute es der schmächtige Junge schnell zu arbeiten. Hatte er doch schon gestern alles erledigt, was im Haushalt zu tun war und vor allem, was Zeit in Anspruch und ihn aus dem direktem Umfeld der Verwandtschaft brachte. Der Dachboden und der Keller waren wohl zum letzten Mal bei ihrer Erbauung so aufgeräumt und sauber gewesen. “Der Sonntag ist ein herrlicher Tag. Der Tag Gottes. Ohne Arbeit. Schön dass auch die Postboten frei haben. Nicht wahr, meine liebe Petunia?” Am liebsten hätte der schwarzhaarige Junge sich die Ohren zugehalten. Die Verhönung war deutlich für Harry herauszuhören. Nur mühevoll schaffte er es den spöttisches Kommentar, ob Eulen wohl auch nur eine sechs Tage Woche hatten, herunter zu schlucken. War er der Einzige in der Familie, der bemerkt hatte dass diese komischen, geheimnisvollen und der Reaktion seiner Verwandten nach, gefährlichen Briefe mit eben diesen Tieren gebracht wurden? Die Frage war, waren seine Verwandten blind oder ignorant? Wenn er jetzt so drüber nachdachte, dann ignorierten sie wohl die inzwischen beachtlich gestiegenen Anzahl an Greifvögeln im Umfeld des Hauses. Schließlich hatte er beobachten können wie sein Onkel nicht nur einige der Tiere von seinem zugekacktem Auto gejagt hatte, nein. Er war ebenfalls Zeuge davon geworden, wie sein Onkel mit gemeinen Grinsen den Briefschlitz mit Brettern zugenagelt hatte. Wahrscheinlich waren wirklich noch mehr Briefe gekommen, doch so genau konnte er das nicht sagen. Inzwischen durfte er weder Zeitung oder noch Post holen. Jedoch war der Ligusterweg auch nicht als Eulen-Hotspot bekannt. “Los Bengel, zur Feier des Tag des Herrn, darfst du mit uns am Tisch sitzen”, forderte sein Onkel ihn gönnerhaft auf und zeigte auf den einzig freien Stuhl am Tisch. Am liebsten hätte er seinem Onkel gesagt, wo er sich seine gute Laune hinstecken könnte und den Raum verlassen. Lieber würde er im Regen bei Sanara sitzen oder ohne Essen in seinem Schrank, als bei diesen heuchlerischen Personen, doch er spürte dass eine Verweigerung verheerende Konsequenzen nach sich ziehen würde. So beeilte er sich einen Teller, sowie ein Messer aus dem Schrank zu holen und auf dem Stuhl Platz zu nehmen. “Danke, Onkel Vernon.” “Aber Dad …” “Nein Dudley, heute ist Sonntag und zu dessen Ehren darf auch er hier mit uns essen”, wurde der Dursley Spross mit gespieltem Tadel unterbrochen. Verstohlen blickte der jüngste der Runde zu seinem Cousin. Der irritierte Blick von diesem gab ihm jenes Gefühl, das dieser dasselbe dachte wie er: Wann hatte Vernon seinen Glauben an Gott gefunden und vor allem wo? Der gleiche Vernon, der selbst an Weihnachten nur in die Kirche ging, weil es sonst negativ in der Nachbarschaft aufgefallen wäre. Wahrscheinlich kannten Dudley und er durch die Schule mehr Bibelverse als Onkel und Tante zusammen. Schweigend widmete er sich der Scheibe Weißbrot auf seinem Teller in dem er sie sparsam mit Butter bestrich. Wenn er zu viel nehmen würde, gab es bestimmt auch wieder Schimpfe. Gerade als er die Scheibe vor seinen Mund hielt um hinein zu beißen, ließ ihn ein zartes Räuspern seiner Tante den Blick heben. Mit hochgezogener Augenbraue blickte sie zwischen Harrys Gesicht und dem Brot in seiner Hand hin und her. Unsicher biss sich die Frau vor ihm auf die Unterlippe, ehe sie eine wage, ausholende Geste über den Tisch machte. “Bediene dich, Harry. Es ist mehr als genug da.” Verunsichert, ob diese Aufforderung nun ernstgemeint oder eine Falle war, blickte er mit großen Augen von seiner Tante zum Familien Oberhaupt. Doch dieser schien von dem Ganzen nichts mitbekommen zu haben, war er doch vollkommen gefangen in einer ‘Smelting Diskussion’ mit Dudley. Anscheinend ging es darum, welchen Lehrer man wie beeinflussen konnte. So griff Harry langsam nach einer verlockend duftendenden Scheibe Wurst und belegte sein Brot damit. Sein Gaumen schien vergessen zu haben, wie gut eine einfache Scheibe Salami schmecken konnte, so wie der Genuss in seinem Gaumen explodierte. Genüsslich schloss er die Augen um sich vollkommen auf den Geschmack zu konzentrieren und blendete seine tratschenden Verwandten einfach aus. Bei der zweiten Scheibe Brot mit Tantes Lieblingskäse, welche diese ihm einfach zubereitet auf den Teller gelegt hatte, kam Harry erneut ins Grübeln. Seine Verwandten waren heute wirklich komisch und es passte so gar nicht zu ihrem sonstigen Verhalten. Klar, Dudley war ein launisches, verzogenes, ungehobeltes Kind und Harry kannte ihn nicht anders, aber die Erwachsenen? Vernon berief sich auf den Herrn und hatte die zweite Scheibe mit hochgezogener Augenbraue und einem geschnaubten “Dann hast du Kraft für deine Aufgaben.” akzeptiert. Der schmächtige schwarzhaarige Junge hatte spätestens in dem Moment damit gerechnet wieder weggeschickt zu werden. Doch stattdessen hatte das Familienoberhaupt sich prahlerisch wieder seinem Lieblingsthema zugewandt: Der Arbeit und wie man Kunden so richtig übers Ohr hauen konnte. Dann war da noch seine Tante. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, war sie wirklich … nett gewesen und das nicht erst heute. Eigentlich hatte ihr seltsames Verhalten schon nach dem Zoobesuch begonnen. Da hatte er seinen Spionage Vorschlag jedoch noch gar nicht unterbreitet. Konnte ihr verändertes Verhalten dann überhaupt damit zusammenhängen, so wie er es sich immer und immer wieder gesagt hatte? Ein Erlebnis aus den Sommerferien vor vier Jahren kam ihm vor Augen. “Harry was hast du denn?”, wollte Petunia wissen und kniete sich vor ihm hin. “Los Kind, sag mir was los ist.” Vorsichtig hob die Frau sein Kinn an, sodass er ihr mit Tränen gefüllten Augen entgegenblicken musste. “Ich … ich bin … ich bin gestürzt”, schniefte er und drückte seine Hand auf das Knie. Mit einem schnalzenden Geräusch musterte die Frau ihn. “Warst du ungeschickt? Wo tuts denn weh?” “Mein Knie …”, wimmerte Harry und zog das Bein näher an den Körper. “Dann … zeig mal her.” Damit rückte sie ein Stück von ihm ab und zog seine Hand vom schmerzenden Knie. Augenblicklich zog sie zischend die Luft ein, als sie die Folgen seiner Unachtsamkeit sah. Der Brillenträger schaute strikt in eine andere Richtung. Er wusste wie sein Knie vorhin ausgesehen hatte, jetzt würde es schon nicht viel anders aussehen. Blutig und dreckig. Wahrscheinlich war das Blut nur getrocknet inzwischen. “Wann ist das passiert, Harry?” “Heute Morgen … ich bin beim Wasser holen gestolpert und mit der Gießkanne ins Kiesbett gefallen. Es tut mir Leid für das verkippte Wasser und die Blumen sind auch gegossen und die Wäsche hängt auch, aber das Unkraut zupfen tat so weh …”, plapperte er hektisch um die Wut seiner Tante hoffentlich abzumildern. Er war halt doch nur ein ungeschickter Bengel. “Ach Junge warum sagst du denn nichts? Du Tollpatsch!” Damit hatte sie ihn empor gezogen, ins Haus begleitet und sein blutig geschlagenes Knie versorgt. Mühsam und erstaunlich vorsichtig hatte sie die kleinen Steinchen aus der Wunde gezogen. Harry hatte es still und vollkommen überrumpelt über sich ergehen lassen. “So, Kind. Das wars”, sagte seine Tante und strich noch einmal die Ränder des Pflasters fest. “Jetzt bist du wieder … arbeitsfähig.” Das ‘arbeitsfähig’ klang in Harry Ohren irgendwie seltsam. So als wolle sie eigentlich etwas ganz anders sagen. “Vielen Dank, Tante Petunia,” hauchte er immer noch vollkommen positiv überrascht und rutschte vom Küchenstuhl um wieder an die Gartenarbeit zu gehen. Er musste die Zeit aufholen die er durch sein Missgeschick verloren hatte um fertig zu werden bis Onkel Vernon nach Hause kam von der Arbeit. Schüchtern lächelte er seine Tante an, die ihm einen beinahe entschuldigend Blick zuwarf. Verdutzt runzelte er die Stirn. Warum guckte seine Verwandte so seltsam? Doch dieser Ausdruck war nur flüchtig auf ihrem Gesicht. Nur allzuschnell war ihr wieder der übliche Ausdruck ins Gesicht gemeißelt. Kalt und verbittert. Abschätzig und Misstrauisch. Als wäre ihr plötzlich eingefallen wer er war. “Los, geh gefälligst zurück an die Arbeit, Bengel!” Damit sammelte sie leise mit sich selber schimpfend die Verbandsmaterialen ein und Harry entschwand zurück an die Arbeit. Eigentlich war es immer so gewesen, dass Tante Petunia netter wurde, je länger er dauerhaft zu Hause war und im direkten Kontakt mit ihr stand. In all den Jahren waren da immer Momente gewesen, in denen sie beinahe ausgesehen hatte als täte ihr alle Leid nur um ihn im nächsten Moment an den Ohren aus dem Haus zu schleifen und anschließend mit dem kalten Brunnenwasser aus dem Gartenschlauch abzuduschen. Kopfschüttelnd versuchte Harry diese mehr als verwirrende Erinnerung und all seine Gedanken bezüglich seiner komischen Verwandten zu beenden. Es ändere sich ja doch nichts. Sein Onkel war cholerisch und gewalttätig, sein Cousin ein pubertierender Teenager der seinen Platz im Leben suchte und seine Tante schlichtweg launisch. Kurz zuckte er mit den Schultern. So seltsam und merkwürdig das alles auch war, er war nur ein Kind, ein Freak, was konnte er schon dagegen machen? Die Gedanken verdrängend erhob er sich um den Tisch abzuräumen. Während er so in Gedanken gewesen war, waren seine Verwandten fertig geworden mit Essen und hatten sich bereits erhoben um sonst was zu tun. Zurückblieb nur Harry mit einem ordentlichen Berg an dreckigen Geschirr. Ohne dass er es wollte zog ein bitteres Gefühl durch seinen Magen. Das war es wohl gewesen mit dem Tag des Herren. Aber wie konnte er auch so dumm seien und den Tatsachen zum Trotz so etwas wie Hoffnung aufbauen? Nun ja, er war nun mal nur ein Freak mit freakigen Gedanken. Lieber sollte er sich auf das konzentrieren was er zu tun hatte. Als alles Geschirr in der Spülmaschine verstaut war, welche fröhlich zischend und blubbernd ihre Arbeit tat und die Küche wieder blitzte, schlenderte er herüber zum Wohnbereich. Dort hatte sich die Verwandtschaft vor dem gerade zu brüllend lauten Fernseher versammelt. Wenn seine Tante weiterhin so, beinahe unheimlich, gut gelaunt war, konnte er sich vielleicht eines ihrer Bücher ausleihen und damit in seinen Schrank zurück ziehen. “Entschuldige Tante Petunia …”, setzte er zum sprechen an, wurde jedoch von einem “Tsch”, seines Onkels und der bekannten Melodien der Nachrichten unterbrochen. Gerade als der Nachrichtensprecher etwas über einen erneuten Überfall auf Apotheken erzählte und Harry langsam ungeduldig wurde, erklang aus Richtung der Haustür ein lautes Poltern. Stutzig geworden lauschte der Junge, doch als er nach zwei weiteren Kurznachrichten immer noch niemand klingelte, tat er es als Halluzination ab. Hatten seine Verwandten doch nicht mal von Fernseher, Strickzeug und Gameboy aufgesehen. Erleichtert atmete der Brillenträger auf, als der Nachrichtenmensch noch einmal vor Überschwemmungen durch den vielen plötzlichen Regen auf die trockene Erde warnte und an den Sportnachrichtensprecher übergab. Jetzt musste er nur noch die uninteressanten Sportnachrichten und das Wetter abwarten, ehe er endlich nach einem Buch fragen konnte. Ungeduldig wippte er hin und her, als ihn plötzlich einsetztendes Beben ins straucheln brachte. “Daaaad”, quietschte Dudley und kauerte sich panisch an seinem Gameboy klammernd auf dem Sofa zusammen. “Vernon, mein Gott, ein Erdbeben!” “Auf den Boden, sofort!” Damit riss sein Onkel Petunia und Dudley hinunter und drängte seine Familie unter den viel zu kleinen Wohnzimmertisch. Untermalt wurde das Ganze vom panischen Quietschen und Schreien von Tante und Cousin. Beinahe wäre Harry beim Anblick von den Hintern seines Onkels und Cousins, die nicht mehr unter den Tisch passten sondern in die Höhe ragten, in Gelächter ausgebrochen, doch dafür hatte er im Moment ehrlich gesagt zu viel Angst. Er musste sich auch verstecken. Eilig bewegte er sich in Richtung Küchentisch, als eine neue Welle die Gläser im Schrank klirrend erzitternd ließ. Doch dabei merkte Harry, dass es nicht der Boden war der wackelte, sondern viel mehr die Luft, die geradezu vibrierte. Gerade als er dieses festgestellt hatte, hörte er stetig ansteigendes Krächzen, Fiepen und Gurren. Panisch riss er seine Augen auf und blickte zum Fenster. Das was er da sah, ließ ihn das Verstecken vergessen und stattdessen wie festgefroren stehen bleiben. Durch den kleinen Spalt zwischen den Spitzengardinen entdeckte er eine dunkle Wand am Himmel die von Sekunde zu Sekunde unaufhaltsam näher kam. Kurz erinnerte ihn das alles an eine gefährliche Gewitterwolke, die eine Menge Regen, Blitz und Donner mit sich brachte, doch lange konnte er diesem Gedanken nicht nachhängen. Begannen sich doch die Ereignisse zu überschlagen. Gerade noch hauchte er: “Eulen …” und schon im nächsten Moment erklang erneut ein Schlag gegen die Haustür. Dieses Mal so stark dass auch sein Onkel es mitbekommen hatte und sich fluchend aufrichtete. Das Vibrieren und auch die Schreie der Eulen schwollen rasant an und Harry kam es vor wie ein Eulentornado, ehe es genauso schnell weniger wurde. Doch es blieb nicht so ruhig, denn schon im nächsten Moment knallte es nicht nur erneut aus Richtung Tür, nein. Auch ein beunruhigendes Rascheln, Rauschen und Rumpeln war aus Richtung des Kamins zu hören. “Was, im Namen aller Heiligen …”, doch weiter kam das Familienoberhaupt nicht in seiner brüsken Frage, schossen doch in dem Moment unzählbar viele Briefe aus dem Kamin. Mit einem erneuten Knall an der Haustür gab die Brettervernagelung Vernons am Briefschlitz nach und auch aus der Richtung flogen Briefumschläge, sowie eine Pergamentrolle ins Haus. Wieder schrien seine Verwandten als würde es um ihr Leben gehen, während der schmächtige schwarzhaarige Junge mitten im Raum stand. Er war das Zentrum der Briefe, die auf ihn niedergingen oder noch durch die Luft segelten. Ein ausgelassenes Lachen verließ seine Lippen und schon im nächsten Moment hielt ihn nichts mehr auf den Beinen. Ausgelassen lachend sprang er in die Luft und tanzte in diesem plötzlichen Brieferegen. Keine Frage, es war gruselig, unheimlich und unerklärlich, aber das war ihm in diesem Moment egal. Er hatte Spaß, wie ein Kind im Sommerregen, herumzuspringen. Anscheinend war er irgendwem ziemlich wichtig, sodass dieser Jemand solch eine Flut schickte, nur weil er nicht geantwortet hatte. Dieser Gedanke war es, der Harry ein unglaublich warmes Gefühl in der Brust bereitete. Jemand schien tatsächlich an seiner Meinung und Existenz interessiert. Auch wenn er sich keinen Reim darauf machen konnte, wer es wohl war. Nun, dass würde sich wohl erst ändern wenn er einen der, gefühlten tausend, Briefe lesen würde. Geschwind packte er sich eine Rolle über seinem Kopf und versteckte sie beim springen, drehen und jauchzen unter dem Shirt. Keinen Moment zu früh, denn seine Verwandtschaft schien kapiert zu haben das weder ein Erdbeben, noch der Weltuntergang bevorstand und es auch niemand auf sie abgesehen hatte. “Vernon! Tu doch was!”, schrie seine Tante mit quietschender Stimme und drängte Dudley in Richtung Terrassentür. “Ich mach doch schon”, keifte sein Onkel mit hektischen Flecken im Gesicht zurück und drückte mit aller Kraft das Kamingitter gegen die daraus störmende Briefeflut. “Vernon!” “Bring die Kinder raus, los! Jetzt REICHTS!” Und schon befand auch Harry sich im erstaunlich festen Griff seiner Tante und wurde mit dem verwirrten Dudley in Richtung Terrassentür gezogen. “Nicht dahin!”, schrie sein Onkel schnaufend.”Da kommen diese verfluchten Teile her!” Damit ließ der dicke Erwachsene das Gitter fluchend fallen, stapfte über den Berg an unerwarteter Post zu dem Trio hinüber und riss ihn am Kragen aus der Hand seiner Tante. “Bring Dudley in sein Zimmer”, befahl der Mann noch, ehe Harry von diesem aus dem Raum geschleift wurde. Ängstlich versuchte sich der Junge aus dem Griff zu befreien. Er zappelte, schrie dass er nichts falsch gemacht habe und doch landete er unsanft im Schrank als das Dursley Oberhaupt ihn kraftvoll, mit den kalten Worten “Doch, du lebst”, hineinwarf und von außen verbarrikadierte. Tief brannten sich diese drei Worte in Harrys Herz. Waren sie die Erklärung für alles was die Durselys mit ihm machten? Nur weil er lebte? Er hatte es sich doch nicht ausgesucht! Wollte seine Familie etwa dass er genau so aufgab, wie der kleine Charles? Kurz erinnerte er sich an den netten blonden ehemaligen Mitschüler, der so sehr gemobbt wurde und aus einem Kinderheim kam, bis er es als Grundschulschüler in der vierten Klasse nicht mehr ausgehalten hatte und sich eins der Küchenmesser nach dem Küchendienst im Heim mit ins Bad genommen hatte. Harry wusste nicht was genau Charles damit gemacht hatte, aber die Lehrerin hatte noch erzählt dass Charles niemals wiederkommen würde und nun ein Stern am Himmel wäre. Alles was Harry damals gespürt hatte, war das Mitleid mit Charles, dass er niemand gehabt hatte mit dem er reden konnte. Niemand der ihn lieb hatte. Doch war da auch Wut auf all die Erwachsenen, die nicht auf Charles aufgepasst hatten. Dies und der Entschluss, dass er es niemanden so leicht machen würde ihn los zu werden. Damals waren ihm so viele Ähnlichkeiten zwischen ihm und Charles aufgefallen, dass er wirklich Angst bekommen hatte. Wenn er ganz ehrlich mit sich war, hatte er auch jetzt noch, diese Angst zu versagen. Angst den Menschen jenes zu geben, was sie anscheinend wollten, nämlich dass er aufgab. Falls er Onkel Vernons Worte eben richtig verstanden hatte. Energisch schüttelte er mit dem Kopf um diese Gedanken zu vertreiben. Er hatte seinen Onkel bestimmt nur falsch verstanden und der meinte es gar nicht so. Ja, bestimmt war er nur wütend über diese ganzen Briefe. Das was mit Charles geschehen war hatte hier gar nichts mit zu tun. Entschlossen sprang er auf, trat zur Holztür und hämmerte kräftig dagegen. Laut schrie er, dass ihn jemand raus holen sollte und selbst für ihn war die Wut in seiner Stimme zu hören. Jetzt und genau in diesem Moment reichte es Harry wirklich! Er war doch nur ein Kind und auch wenn er ein Freak war und ihm manchmal Sachen passierten die nicht passieren durfte, so hatte er es doch niemals drauf angelegt. Nicht darauf dass seine Haare sofort nach dem Schneiden nachwuchsen, nicht darauf plötzlich auf dem Dach der Schule zu stehen als Dudley ihn mit seinen Freunden verfolgt hatte und erst Recht hatte er keine Schuld daran, dass ihm irgendwelche Fremden Briefe schickten. Meine Güte, er wusste ja nicht einmal WER es war. Er spürte wie es in ihm kribbelte. Sein Innerstes war in Aufruhr und nur am Rande merkte er, wie seine Spielzeugsoldaten einer nach dem Anderen trudelnd zu Boden fielen. Doch es war ihm ebenso egal wie der Wind der durch seine Haare fuhr und sie noch mehr verwüstete. Alles was er wollte, war hier heraus zu kommen! Erneut rief er nach den Erwachsenen, doch es brachte ebenso wenig wie der verzweifelte Versuch die Tür aufzudrücken. Entkräftet und mühsam gegen die Tränen kämpfend, ließ sich der junge Potter an der Tür hinabgleiten. Früher oder später würden sie ihn hier wieder raus lassen, doch irgendetwas sagte Harry dass eher ‘später’ als ‘früher’ zu traf. Ein drückendes, pieksendes Gefühl an seiner Brust ließ ihn aus seiner beginnenden Lethargie auftauchen. Verwirrt griff er unter sein Shirt und holte die Papierrolle darunter hervor. Mit einem Mal war er schlagartig hellwach. Die Rolle hatte er ja vollkommen vergessen im Eifer des Gefechtes! Skeptisch musterte er das Schriftstück in seinen kleinen, von der Hausarbeit rauen, Händen. Es sah genau so aus wie die letzte Rolle die ihm diese wütende Eule gebracht hatte. Das Papier fühlte sich genau so an wie letztes Mal und auch dieses Mal war sie mit einem roten Band versehen, welches heute jedoch grüne Sprenkler hatte. Neugierig drehte er das Schriftstück in seinen Händen, doch wieder fand er keinen Absender. Ob sie wohl gefährlich war? Mit den Schulter zuckend erinnerte er sich daran dass beim letzten Mal auch nichts geschehen war, also war es jetzt bestimmt ebenso. Schlimmer konnte es doch eh kaum noch werden. Entschlossen öffnete er das Band und entrollte die Rolle. Die Schrift war seiner Meinung nach die Selbe wie in der letzten. Ordentlich aber mit Schnörkeln. Im schwachen Licht, dass durch die Lüftungsgitter drang, begann er zu lesen. Harry, bald ist es soweit. Inzwischen hast du bestimmt die Briefe bekommen. Ich habe dafür gesorgt, dass sie vor deinem Geburtstag abgeschickt werden. Auch wenn sie trotzdem zu spät kommen ... Lass mich dir zwei Ratschläge geben: Nichts ist wie es scheint und vertraue niemanden! “Was …” Mehr schaffte der Schwarzhaarige nicht zu hauchen, nachdem er mehrere Minuten wie gebannt auf diese Zeilen blickte, als würde er dadurch mehr Informationen bekommen. Wer schrieb ihm? Der Jenige kannte ihn und wusste von den Eulen UND seinem Geburtstag. Warum wurde ihm geschrieben? Anscheinend würde er den Verfasser ja bald kennenlernen oder was wurde mit ‘bald’ gemeint? Womit er bei der nächsten Frage war: Wo sollte er diesen Jemand bitte kennenlernen? Und was hatte dieser Fremde mit den ganzen Eulen zu tun? Wozu diese Ratschläge? So sehr er auch überlegte, es deutete für ihn alles immer mehr auf einen Streich hin. Einen sehr gemeinen Streich, da er dadurch gehörig Probleme mit seiner Familie bekam. Wie lange er sich den Kopf letztendlich zerbrochen hatte ohne auf eine zufriedenstellende Antwort zu kommen, wusste er nicht mehr. Es war eher ein Wunder, dass der schmale Streifen Holzboden auf dem er hin und her gegangen war keine Laufrinne aufwies, als plötzlich ein Klicken ertönte und mit leisem Quietschen die Tür aufging. “Raus da und mitkommen”, erklang die dunkle Stimme seines Onkels, als dieser auch schon wieder in Richtung Wohnzimmer verschwand. Unsicher leistete Harry dem Befehl Folge und blieb blinzelnd im hellen Licht des Flures stehen. Anscheinend war es inzwischen dunkel geworden, da die Deckenlampen eingeschaltet waren und ihm nach der Dunkelheit seines Zimmers grell in den Augen leuchteten. Seine kleine Lampe im Schrank hatte er nicht eingeschaltet, konnte er doch in der Dunkelheit, trotz seiner Angst davor, am besten nachdenken. So schnell und doch gesittet es ging, eilte er hinter seinem Onkel her. Er musste sich ja beim besten Willen nicht unnötigen Ärger durchs herumtrödeln einbrocken. “Setz dich, Bengel”, kam auch sofort die Aufforderung des Familienvorstand vom Esstisch. Nun neugierig geworden, setzte er sich auf den Stuhl und bekam von einer bleich wirkenden Petunia einen herrlich duftenden Kakao unter die Nase geschoben. Anscheinend war seine Tante nicht nur müde und kaputt, sondern auch noch verwirrt, kam es ihm in den Sinn und ließ seinen Blick weiter wandern. Dudley saß mit kleinen Augen tief über eine Tasse Kakao gebeugt und schien kurz davor wieder einzuschlafen. Anscheinend hatte sein Cousin schon im Bett gelegen, auf jeden Fall deutete der Schlafanzug, mit ‘Billy the Cat’ Muster, darauf hin. Oh wie sehr wünschte es sich der beinahe Elfjährige doch in diesem Moment, dass Piers und Co. den sonst so coolen Dursley Spross so sehen würden. Das wäre es dann gewesen mit dem Ansehen, welches dieser genoss. Schmunzelnd malte er sich aus wie es ablaufen würde und erstickte ein ausgelassenes Lachen, beim vorgestellten verdutzen Blick der Bandenmitglieder, in einem kräftigen Schluck Kakao. Schnell ließ er seinen Blick weiter zu seinem Onkel wandern. Dieser wirkte ebenso bleich wie Tante Petunia, doch zeitgleich war da so viel Entschlossenheit und Wut, dass sich ein ungutes Gefühl in Harrys Magen zusammenbraute. Anscheinend war sein Onkel alles andere als gutgelaunt nach diesem Euleninferno. Wahrscheinlich hatten sich auch die Nachbarn beschwert, jeden Falls konnte sich das der Potter-Spross sehr gut vorstellen. Erstens dürfte es alles andere als ruhig und friedlich zugegangen sein und Zweitens konnte er sich vorstellen dass Straßen, Häuser, Gärten und Autos eher einer Vogeltoilette glichen. Alles zusammen hatte die Familie Dursley in den Augen seines Onkels garantiert unangenehm in den Fokus gerückt. Etwas was seine Verwandten in all den Jahren an die er sich erinnern konnte, zu verhindern wussten. Natürlich nur wenn man nur die negative und keine positive Aufmerksamkeit berücksichtigte. Davon konnte es schließlich “Niemals genug geben”, so die Worte Vernon Dursleys. Was natürlich auch ihn selbst mit einbezogen. Er war für alle nur das Kind von gestorbenen Rowdyeltern, welches die Familie großherzig aufgenommen hatte und ansonsten so gut es ging verheimlicht wurde. Ein angestrengtes Räuspern Seitens seines Onkels ließ ihn aus den bitteren Gedanken auftauchen. “Um es kurz zu machen, packt eure Sachen, wir verschwinden für den Rest der Ferien.” Mit einem Schlag war sein schlaftrunkener und beinahe in die Tasse gekippter Cousin hellwach und brüllte laut dass dies doch nicht ging, er nicht wollte und überhaupt wäre das ja ungerecht, weil Harry als Freak Schuld wäre. Doch egal welche Argumente das dicke Kind hervorbracht - am Ende glich seiner Stimme nur noch einen weinerlichen Jammern - sein Onkel ignorierte diesen Wutanfall eine ganze Zeit lang. “Dudley es reicht!” Die Spannung war beinahe greifbar im Raum. Niemals zuvor hatte Harry es erlebt dass Dudley von den Eltern zurecht gewiesen wurde. Nicht einmal, als dieser beinahe das Haus abgefackelt hatte weil er eine Pizza mit Plastikverpackung in den Ofen gepackt hatte. Oder als er den Familienwagen zerkratzt hatte, weil er mit dem Schüssel herumhampelte. All das war mit einem Lächeln und “Kleiner ungeschickter Dudy-Spatz” ad acta gelegt worden. Doch jetzt schien alles anders. Irgendwas stimmte überhaupt und rein gar nicht und wenn Harry es nicht besser wüsste, dann würde er sagen dass seine Verwandten schreckliche Angst hatten. Unwohl zog sich Harrys Magen zusammen, denn etwas das selbst Vernon Dursley solch eine Angst machte, dass er sein eigenes Kind anschrie, konnte niemals etwas Gutes sein! “Bengel, hör auf zu träumen und hör gefälligst zu wenn ich mit dir rede”, knurrte sein Onkel dunkel und ließ Harry damit beinahe vor Schreck vom Stuhl fallen. Wütend über seine eigene Unachtsamkeit entschuldigte er sich kleinlaut und lauschte nun aufmerksam. Das ungute Gefühl in seinem Magen nahm zu. “Ich sagte, du sollst deine elendigen Klamotten zusammensuchen und dann einige Lebensmittel und Wasser packen und dann alle Taschen zum Wagen tragen. Zügig, gefälligst.” Entschlossen schob das korpulente Familienoberhaupt den Stuhl zurück um aufzustehen. Mit grimmiger Miene schlug er mit der Faust auf den Tisch. “Mir reichts, wir werden dahin fahren wo uns Niemand finden kann … los jetzt, ich will so schnell wie möglich hier weg!” Damit erhoben sich auch die sichtlich aufgebrachte Tante und schon den murrenden Dudley schließlich auf dem Raum. Harry selbst hingegen, ging zuerst in die Küche und die angrenzende Speisekammer. Das Packen der Nahrungsmitteln würde länger dauern als die wenigen Habseligkeiten die er besaß. Grübelnd blickte er sich in der reichlich gefüllten Kammer um, während er eine grosse, eckige Holzkiste hervor zog. Was sollte er nur mitnehmen? Zwei große Flaschen Wasser wanderten in den Korb, gefolgt von drei großen Cola. Das Sixpack Bier für Onkel Vernon stellte er daneben. Ein Packung von Tantes Lieblingstee musste ebenfalls mit. Somit waren die jeweiligen Lieblingsgetränke,alle vorhanden. Doch die Frage nach dem Essen war dadurch auch noch nicht beantwortet. Er wusste schließlich nicht ob es einen Supermarkt oder ein Restaurant in der Nähe ihres Zielortes gab. Er glaubte nicht wirklich daran, dass sie den Rest der Ferien dort bleiben würden. Onkel Vernon musste schließlich arbeiten und Dudley würde es doch gar nicht so lange ohne den Computer aushalten. Oder vielleicht fuhren sie in ein Hotel? Nein, selbst dem jungen Potter war klar, dass sein Onkel dafür viel zu sehr aufs Geld achtete. Schulterzucken entschied er sich also damit zu rechnen, dass er im Nirgendwo, mitten auf dem Land enden würde und so wanderten Mehl, Zucker, Eier, Dosenobst, Brot, Schokoladenaufstrich, Eier, Reis, Nudeln und Fertigsaucen in den Kasten. In eine Kühlbox packte er Aufschnitt, Käse, Pizza und etwas Fleisch. Zufrieden mit sich und seiner Auswahl, blickte er nach einer Stunde auf insgesamt zwei Holzkisten und die Kühlbox. Spontan hatte er sich dazu entschieden noch Töpfe, Besteck, Geschirr und Becher mitzunehmen. Man wusste ja schließlich nie. Ebenso hatte er sich noch von Tante Petunia den Schlüssel zum Schokoladenschrank geben lassen, um Dudley nicht auch noch in einen Schokoladenentzug zu treiben. Ein gehetztes Lächeln von ihr und ein gegrummeltes “Endlich scheint unsere Erziehung zu Früchte zu tragen” Seitens seines Onkel, waren der Dank dafür. Doch Harry war es egal. Alles was er wollte war sich ins Auto zu setzen und zu schlafen, während sie Alle durch die Dunkelheit fuhren. Keuchend zog er auch noch den letzten Korb mühsam hinaus zum Wagen und versuchte dort wieder zu Atem zu kommen, während ihm das T-Shirt Schweißgetränkt am Oberkörper klebte. Ein Königreich für eine Dusche, doch dafür hatten sie bestimmt keine Zeit mehr, so wie der Onkel in seinen nicht vorhandenen Bart murmelte, ob er vorhin japanisch gesprochen habe. Der schwarzhaarige Junge verstand zwar nicht was sein Onkel damit meinte, aber er hatte gemerkt wie dessen Blick immer wieder empor zur ersten Etage gewandert war. Der dicke Mann hatte es wirklich eilig, denn diese Ungeduld schien Harry anders als sonst, doch konnte er nicht benennen in wie weit ‘anders’. “Geh deine Sachen holen, Bengel”, holte ihn die tiefe Stimme des Erwachsenen aus den Überlegungen. “Ja, Sir”, erwiderte er so fest wie möglich und ging eilig wieder in Richtung Hausinneres. Auf der Türschwelle hielt er jedoch noch einmal inne, als die Stimme seines Onkels erneut ertönte. “Wasch dich und zieh dich um, sonst verpestet du mir nur das Auto. Aber zügig!” Ohne ein weiteres Wort oder einen Gedanken darüber zu verlieren, eilte Harry ins Haus, schmiss einige seiner sauberen Klamotten - eigentlich beinahe alle - in einen Rucksack und hetzte mit dem letzten sauberen, von Dudley geerbten, Shirt in das Erdgeschossbad um sich ein wenig zu säubern. Nach guten zehn Minuten steckte er auch noch die kurz zuvor benutzte Zahnbürste, sowie das Duschgel in seinen Rucksack. Kurz hatte er überlegt, ob er auch noch sein Handtuch mitnehmen sollte, doch bestimmt würde es in ihrer Unterkunft ebenfalls welche geben. Auch wenn die ganze Situation mit den Briefen, den Eulen, dieser geheimnisvollen Nachricht und auch das Verhalten seiner Verwandten mehr als merkwürdig und irgendwie beängstigend war, so konnte Harry es doch nicht davon abhalten von freudiger Erregung erfasst zu werden. Schließlich war das hier mehr oder weniger ein Urlaub. Sein erster Familienurlaub. Seine Hoffnung war groß, dass die Dursleys sich weit entfernt von den neugierigen Nachbarn etwas anders - netter - verhalten würden. Wahrscheinlich lag es einfach nur am Streß den sie hier durch die Arbeit, Schule und allen anderem hatten, dass sie so gemein zu ihm waren. Genau dieser Gedanke - der eisern gegen die Stimme in seinem Hinterkopf ankämpfte, die ihn mahnte dass er sich nichts vormachen sollte - war es der ihn grinsend seine Zimmertür schließen ließ. “Alles wird gut”, dass hatte ihm seine Lieblingslehrerin gesagt, kurz bevor sie die Schule und damit auch ihn verlassen hatte. Jetzt war es an der Zeit ihren Worten zu glauben. Auch wenn er sich einmal, vor vielen Jahren, geschworen hatte nie wieder so etwas wie Hoffnung zu entwickeln, geschah dieses nun unvermeidlicherweise und sein kindliches Herz freute sich darauf. Seine Fantasie produzierte zahlreiche ‘Was wäre wenn …’ - Szenarien, während der für sein Alter viel zu reife Verstand, ihn wieder und wieder versuchte auf den Boden der Tatsachen herunter zu holen. Den Kopf schüttelnd ging der Teenie noch ein Mal in den Wohnbereich und die Küche um zu kontrollieren, das er auch alles Wichtige hatte um sich nicht unnötigen Ärger einzuhandeln. Dabei streifte sein Blick die Terrassentür, hinter welcher der nachtschwarze Garten lag. Durch das Licht im Haus wirkte der Garten, als wäre er ein einziges schwarzes Loch. Ohne Anfang und Ende … ohne Boden. Als wäre er da draußen Niemand anderes mehr. Dies war der Moment als ihm siedend heiß einfiel was beziehungsweise WEN er die ganze Zeit vergessen hatte! Er hatte Sanara noch nicht von dem Ausflug erzählt. Dies fiel ihm jetzt erst auf, während er den Rucksack zu Boden gleiten ließ, die Schiebetür öffnete und mehr heraussprang als das er ging. Er hatte nicht viel Zeit für dieses Gespräch, hatte er doch gerade gehört wie sein Onkel unter lauten Schnauben und Schimpfen einen Koffer Petunias die Treppe herunter hievte. Sanara, rief er laut in die feuchte Nachtluft hinein. Der Ruf einer Eule ließ ihn kurz empor blicken und besorgt auf die Unterlippe beißen. Hoffentlich war ihr nichts geschehen. Fraßen Eulen nicht auch Schlangen? Sanara, wo bist du, Kleines? So toll er Eulen auch fand, wenn Sanara deswegen in Gefahr geraten war, würde er sich das niemals verzeihen. Hektisch hob er die Regenschweren Äste ‘ihres’ Busches an, doch auch das Umrunden dieses half ihm nicht sie zu finden. Inzwischen rauschten Angst und Sorge in großen Wellen durch seinen Körper, sodass sich sein Magen zusammenzog. SANARAAAAAAAAAA, brüllte er so laut es ging, hoffte er doch dass sich das Reptil einfach nur weiter weg befand. Erneut drang ein lauter, tiefer Schrei eines dieser Botenvögel an sein Ohr heran und als ein Schatten über ihn glitt hob er erneut verzweifelt den Kopf. Bitte … bitte lass es ihr gut gehen. Bitte lass ihr nichts passiert sein, betete er immer wieder als er auf dem nassen Gras stand und den Blick auf den inzwischen hellstrahlenden Mond richtete. Es durfte einfach nicht sein … dass seine bisher einzigste Freundin … gefressen worden war. Das verknotete Gefühl seines Magens wanderte hinauf in seine Kehle und Harry konnte es nicht vermeiden, dass er spürte wie ihm langsam die Tränen kamen. Tränen der Verlustangst, aber vor allem Tränen des Versagens, hatte er sie doch nicht hineingeholt. Nein, er hatte sie einfach vergessen und in seinem Schrank gegrübelt. Was war er doch für ein schlechter Freund! Nur nebenbei registrierte er die Eule die im Sturzflug zu ihm hinab flog. Bitte … Sanara … bitte … Erst ein erneuter, beinahe Aufmerksamkeitsheischender, Eulenschrei ließ ihn ein wenig aus seiner Lethargie erwachen. ...ry! Kleiner, hey Zweibein! Das war eindeutig Sanaras Stimme, doch woher kam sie? Suchend blickte er sich um, doch alles was er sah war der Garten der sanft darlag im Licht des Mondes und hier und dort glitzerte durch den vorherigen Regen. Hier oben, Kleiner, rief ihn die Stimme und so blickte er verwirrt hinauf in den Himmel. Das was er sah, ließ ihn leise vor Erleichterung aufschreien. Da war die Eule die nur wenige Meter über seinem Kopf segelte und in ihren Klauen konnte Harry eindeutig die Kontur einer Schlange ausmachen. SANARA, rief er erleichtert aus und hob seine Hand empor als die Eule noch ein wenig tiefer sank. Als sie nur noch zwei Armlängen über ihm flog, öffnete sie ihre Krallen und Sekunden später lag die kleine Glattschlange wohlbehalten und an einem Stück in seinen Händen. Na endlich, zischte das Reptil nicht weniger erleichterter als er selbst und kroch seine Arme empor um sich um seinen Hals zu wickeln. Ich dachte schon dieser Vogel will mich gar nicht mehr herunterlassen. Sanara … ich … ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Es tut mir leid dass ich dich vergessen habe … ich also … Doch eine kleine gespaltene Zunge leckte seine hinablaufenden Tränen herunter und schmiegte ihren Kopf gegen seine Wange. Es ist alles gut, mein Kleiner. Mir ist nichts passiert. Auch wenn dieses Federtier daran einen großen Anteil hat. Er hat mich einfach geschnappt und ist mit mir weggeflogen. Ich dachte meine letzte Stunde hat geschlagen, gestand ihm seine Freundin ihre Angst ein. Natürlich habe ich mich versucht zu wehren. Ich habe gezappelt und in die Beine gebissen, doch dieser fliegende Tod hat mich einfach geschüttelt bis ich nicht mehr wusste wo oben und unten ist. Also wirklich, nochmal brauche ich das wirklich nicht. Schlangen gehören auf die Erde und nicht in die Luft! Ein befreites Kichern verließ Harrys Kehle, als er Sanara so empört zischen hörte. Alles was zählte, war dass es ihr gut ging. “Danke”, sagte er mit fester Stimme an die Eule gewandt, die sich auf einen Ast in der Nähe niedergelassen hatte. Mit einem letzten Nicken erhob sich da Tier wieder in die Luft und verschwand mit starken Flügelschlägen und einem letzten Schuhuhen in der Dunkelheit der Nacht. Geschockt riss Harry die Augen auf. Das war … Alles in Ordnung Harry?, wollte seine Freundin von ihm wissen, was er mit einem abwesenden Nicken beantwortete. Ich kenne diese Eule, Sanara. Die hat mir die erste komische Rolle gebracht. Seltsam …, war alles was die Glattschlange nach einigen Augenblicken des Schweigens dazu sagte, ehe sie sich ein Stück nach vorne bewegte um ihm besser ins Gesicht gucken zu können. Aber warum hast du hier eben so rumgeschrien? Den Kopf einmal energisch schüttelnd, erzählte er ihr was sich im Haus abgespielt hatte und das sein Onkel nun abhauen wollte. Sanara, du kannst nicht mit. Wer weiß wo wir hinfahren. Bitte sei mir nicht sauer … Kommentarlos glitt das Reptil seinen Körper hinab und richtete sich vor seinen Füßen auf. Ich bin dir nicht böse, Kleiner, gestand das Reptil und verfiel erneut in Schweigen. So sehr ihn diese Information auch freute, klang es doch nach einem fetten ‘Aber’. Aber es gefällt mir trotzdem nicht. Das Ganze meine ich. Die Eulen, die Briefe und dass dein Onkel sich wie eine Maus in ihrem Loch versteckt, ist einfach feige. Jedoch sehe ich ein dass ich nicht mit kann. Dafür werde ich hier bleiben und alles beobachten. Vielleicht finde ich ja hier etwas raus oder kann einen der Briefe für dich fangen, wenn noch einer kommt. Dankbar kniete sich der junge Potter hin und strich seiner Freundin über den kleinen Kopf. Danke … Ein lauter Schrei seines Onkels nach Dudley ließ ihn stark zusammenzucken und aufspringen. Geh und pass auf dich auf! Du ebenfalls, sagte er lächelnd und rannte in Richtung Haus. An der Türschwelle hielt er noch einmal inne und drehte sich zu seiner geschuppten Freundin herum. Sag doch Nagas bitte Bescheid wenn du ihn wieder siehst. Sag ihm, dass es mir leid tut dass ich ihn nicht nach seiner Art und seiner Unterkunft gefragt habe. Mach ich und nun geh endlich, sonst kommt dieses dicke Zweibein wieder und ich überlege mir doch noch einmal ganz genau ob ich ihn nicht doch beiße. Nach dieser Drohung hob Harry noch einmal die Hand und trat ein um die Terrassentür hinter sich zu verriegeln. Schnell ließ er noch die Jalousine herunter und setzte seinen Rucksack auf. Zeitgleich mit einem äußert miesgelaunten Dudley trat er in den Hausflur und sofort bellte sein Onkel das sie ins Auto sollten. Schließlich sei es jetzt schon nach Mitternacht und damit viel später als geplant. “Gegen Mittag dürften wir ankommen”, gab Onkel Vernon grummelnd bekannt, was sofort laut zeternd von Dudley kommentiert wurde. Eilig versuchte Petunia Dursley ihren Sohn zu beruhigen, merkte doch auch sie dass es mit dem Thema Geduld nicht gut bei ihrem Ehemann aussah. Leise seufzend kuschelte Harry sich tiefer in seinen Sitz und blickte hinaus auf die vorbeiziehenden Lichter der Stadt. Wo würden sie nur hinfahren?       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)