Ära des geeinten Zeitalters von linkbravery ================================================================================ Erinnerung 21 ------------- Ich starrte die Feder an. Diese starrte zurück. Zumindest bildete ich mir das gerne ein. “Federn beißen für gewöhnlich nicht, weißt du?” Für meinen Geschmack klang er etwas zu amüsiert. “Du sagst für gewöhnlich. Ich habe das Gefühl, in meiner Gegenwant passieren nur ungewöhnliche Dinge.” Dabei krauelte ich die Fuchswelpe auf meinem Schoß. Jetzt gluckste der auch noch! “Wenn dich wirklich diese wild gewordene Feder angreift, werde ich dich schon zu beschützen wissen.” “Ach, und wie?” So eine Feder war doch klein und wendig. Wobei ich keine Ahnung hatte, was für ein Gefieder solch große Dinger hervor brachte. Zu meiner Verteidigung: Ich kannte nur Hühner und die kleinen Sänger hier im Wald. Amparo starrte mich kurz stumm an, bis er laut lachte. Ich fand sowieso, dass er das in meiner Anwesenheit recht häufig tat. Oder er war im Allgemeinen ein sehr lustiger Zeitgenosse. Was ich mir bei einer dunklen Gottheit irgendwie nicht vorstellen konnte. Ein Schmetterling setzte sich auf die Feder, schlug ein paar Mal mit den Flügeln und starrte mich an. “Sag mal, lachst du mich jetzt aus?” Wenn der jetzt antworten sollte, wäre ich wirklich erstaunt. Das hatten diese Tiere noch nie gemacht. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie überhaupt Geräusche von sich geben konnten. Im Gegensatz zu Amparo, der gerade einen wahren Lachkrampf hatte. Konnten Götter an Luftentzug sterben? Der Schmetterling hob wieder ab. Und landete Sekunden später auf meinem Kopf. “Hey!” Ich hob reflexartig eine Hand, hielt aber noch rechtzeitig an. Ich wusste nicht, wie viel diese kleinen Flatterer aushielten Wahrscheinlich würde ich ihn verletzen. “Verschwinde da!” Kurz schlug er mit den Flügeln, bevor er wieder ruhig wurde. “Was soll das denn jetzt?” Heute war wieder einmal einer der Tage, an denen ich gar nichts verstand. “Lass ihn doch.” Anscheinend war Amparo wieder ansprechbar. Er beobachtete mich mit schief gelegtem Kopf. “So eine bunte Schleife steht dir.” “Wa…” Jetzt starrte ich ihn mir offenem Mund an. Meinte der das ernst? “Ich bin doch kein Mädchen!” Das Quietschen in meiner Stimme bildet ihr euch nur ein. “Das habe ich auch nie behauptet. Ich habe nur gesagt, ein wenig Farbe würde dir gut tun.” Das brachte er so ernst rüber, dass es wahr sein musste. Ich kniff die Augen zusammen und verkrallte meine Finger im Stoff meiner Hose. So viele in der Stadt machten sich über mich lustig, dass ich wie ein Mädchen aussehen würde und man mich auch wie eines behandeln sollte. Und jetzt kam eine Gottheit an und behauptete das Gegenteil. Vorsichtig öffnete ich ein Auge und schielte zu ihm. Wahrscheinlich würde er es trotzdem merken, aber das war mir egal. Obwohl ich ihn noch nicht so lange kannte, war ich geneigt, ihm mehr zu glauben als den Leuten in der Stadt. Etwas verkrampft atmete ich endlich mal aus. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich die Luft angehalten hatte. “Geht’s wieder?” Nickend hielt ich immer noch den Blick gesenkt. Ich wusste, er würde mich für diese Sache nicht verurteilen. Er würde es einfach akzeptieren. Seufzend hob ich den Kopf und atmete tief durch. “Ach verdammt. Das ist mir alles zu hoch.” “Was denn?” “Alles.” Ich lehnte mich wieder gegen den warmen Stein. “Beginnend mit diesem Riesenteil von Feder, bis zum seltsamen Verhalten dieses Schmetterlings.” “Gans.” “Hm?” “Die Feder stammt von einer Gans.” Kurz sah Amparo mich an, bis er einfach weiter sprach. “Was mit deinem neusten Freund ist, kann ich dir auch nicht sagen.” Er zuckte mit den Schultern. “Allerdings vermute ich, dass du für die meisten Tiere hier einfach schon dazu gehörst.” Man siehe die Füchschen, die kreuz und quer auf meinem Schoß lagen und einfach schliefen. “Und was ist jetzt eine Gans?” “Ein Wasservogel. Und jetzt frag nicht, was ein Wasservogel ist.” Mit einem Klapp schloss ich meinen Mund und hielt ihn auch erst einmal. Von allen möglichen Geräuschen kam ausgerechnet ein Glucksen von Amparo. Ein Glucksen! Das passte so gar nicht zu ihm. Trotzdem konnte ich mich an diesem Anblick einfach nicht satt sehen. Ich fand es jedes Mal faszinierend. “Also.” Mit einem eindeutig belustigten Gesichtsausdruck sah er mich wieder direkt an. “Also?” Was war? “Jetzt nimmst du die Feder. Die tut dir nichts.” Nickend folgte ich der Anweisung. Allerdings stieß ich die Feder erst vorsichtig an, bevor ich nach ihr griff. “War das jetzt so schwer?” Obwohl ich es besser wusste, antwortete ich wahrheitsgemäß: “Ja.” “Na dann ist ja gut.” Wobei ich das jetzt nicht verstand, aber egal. Damit begann die erste Schreibstunde meines Lebens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)