Magnetismus von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 18: Rate mal, wer zum Essen kommt ----------------------------------------- Derek blickte noch einmal an sich hinab und fragte sich, ob er die Kleiderfrage zufriedenstellend gelöst hatte. Er hatte vorhin eine ganze Weile vor dem Kleiderschrank gestanden, Jeans gegen schwarze Stoffhose, Oberhemd gegen Langarmshirt abgewogen und sich schließlich für einen Kompromiss entschieden: Stoffhose mit Shirt – das war nicht wirklich Alltagskleidung, aber auch nicht zu förmlich, hatte er in jenem Moment gefunden. Nun, da er aber hier vor dem Haus der Stilinskis stand, fragte er sich, was er sich verdammt nochmal denn nur bei seiner Wahl dabei gedacht hatte! Derek widerstand dem Impuls, wie gewöhnlich durch Stiles Schlafzimmerfenster einzusteigen und starrte stattdessen die Klingel an. Und wie er ihn so fixierte, hatte er das Gefühl, der Klingelknopf wurde immer riesiger vor seinen Augen. Es war doch einfach lächerlich, dass er jetzt zögerte. Da drinnen wartete doch schließlich kein Erschießungskommando auf ihn, sondern ein Abendessen (so hoffte er zumindest). Doch selbst wenn der Sheriff feindselige Absichten hätte, wäre doch immer noch Stiles dabei, richtig? Also los jetzt! War er ein Wolf oder eine Maus? Als die Türglocke schließlich laut und schrill ertönte, schreckte er dennoch zusammen. Eine Maus also! Es war Stiles, der ihm öffnete, mit vorgebundener Schürze und von einem Ohr zum anderen strahlend, als er ihn sah: „Du siehst toll aus!“ behauptete er begeistert. Derek hätte beinahe die Weinflasche in seiner Hand fallen lassen, als der junge Mann ihn ansprang, die Arme um seinen Hals und die Beine um seine Hüfte schlingend: „Langsam!“ murmelte Derek: „Was, wenn dein Vater uns beide so sieht?“ Stiles ließ sich wieder zu Boden gleiten und blickte ihn verständnislos an: „Und wenn schon? Da muss er durch!“ behauptete er, griff ihn bei der freien Hand und zog ihn ins Esszimmer, wo der Sheriff bereits am Tisch saß. Als er seinen Gast hereinkommen sah, ließ der Sheriff sich dazu herab, sich zu erheben und ihm die Hand hinzustrecken Ein nüchternes: „Hale!“ kam von dem Einen, ein gemurmeltes: „Sheriff!“ von dem Anderen. Derek reichte Stiles Vater die mitgebrachte Weinflasche. Dieser bedankte sich, begutachtete das Etikett und nickte dann anerkennend. Puh! Wenigstens eine Sache, die er richtig gemacht hatte! Die beiden Männer musterten einander misstrauisch und Stiles musterte SIE, während sie EINANDER musterten, während in seinem Kopf: „Spiel mir das Lied vom Tod“ ertönte. War das gerade ein Bündel trockenes Präriegras, das der heiße, trockene Wind da durch das Esszimmer blies? Stiles warf vorsichtshalber einen Blick auf die Uhr an der Wand. Nein, es war nicht zwölf Uhr mittags, sondern achtzehn Uhr am Abend! Der Junge schüttelte seinen Kopf, um die albernen Wild-West-Fantasien darin loszuwerden: „Setzt euch!“ forderte er: „Das Essen braucht noch eine Weile.“ Als Stiles wieder in der Küche verschwunden war, ging das Starren weiter und Derek merkte, dass es immer schwieriger wurde, dem Blick von Stiles Vater standzuhalten. Er ahnte was hinter dessen Stirn vorging: `Das ist also der elf Jahre ältere Freak, der mit meinem achtzehnjährigen Sohn schläft!´ Und beinahe hätte er sich entschuldigt. Stiles, dem die schweigsame Unbehaglichkeit nebenan nicht entgangen war, warf kopfschüttelnd einen Blick um die Ecke und entschied, dass er etwas unternehmen musste. Als erstes machte er mal ein bisschen Musik; Sinatra, weil er wusste, dass das seinen Vater ein wenig entspannen würde und schleppte dann ein dickes Fotoalbum an: „Also erstens Dad, könntest du Derek höflicherweise endlich mal etwas zu trinken anbieten und zweitens ist es hier so ungemütlich, dass man Frostbeulen bekommt. Erinnert euch doch an das, was ihr gemeinsam habt!“ Stiles deute mit einer ausschweifenden Handbewegung einmal über seinen gesamten Körper: „Diese ganze Herrlichkeit ist doch schon einmal etwas, worüber ihr euch unterhalten könntet, wenn euch sonst nichts einfällt. Ich verspreche auch, wegzuhören und du Dad könntest Derek diese oberpeinlichen Familienfotos zeigen, die du so liebst: ich, als nackter Säugling auf dem Bärenfell, oder mit Zahnlücke bei der Einschulung. Komm´ schon Dad! Du weißt, dass du es willst!“ Der Sheriff nickte und ein kleines Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er das Album aufklappte. Stiles machte Anstalten, wieder in der Küche zu verschwinden, jedoch nicht, ohne Derek im Vorbeigehen noch einmal zu küssen. Auf den Mund, denn er hatte nicht die geringste Absicht, seinen Vater zu verhätscheln! Einen Moment später hörte Stiles Derek und seinen Vater lachen und fragte sich, ob das mit den Fotos wirklich so eine gute Idee gewesen war. Andererseits: Derek wusste bereits, dass er ein Nerd und ein Spinner war. Die Beweisfotos konnten die Sache ja wohl kaum schlimmer machen, oder? Endlich war der erste Gang; Kürbissuppe mit selbst gebackenem Brot, fertig und Stiles machte sich daran, anzurichten. Vater und Lover hockten an je einem Ende des Tische, wie die entgegengesetzten Pole des Erdballs und Stiles saß in der Mitte und blickte von links nach rechts auf die beiden Männer, die zwar ihn liebten und überhaupt nur aus diesem Grund in Erwägung gezogen hatten, am selben Tisch zu sitzen, einander jedoch offensichtlich weder trauten, noch sich etwas zu sagen hatten. Stiles stöhnte: „Wenn euch sonst schon nichts einfällt, dann könntet ihr euch wenigstens über das Essen äußern!“ forderte er: „Es ist gut!“ erwiderte Derek schnell und der Sheriff bekräftigte: „Ja, wirklich gut!“ `Na, dann wäre das ja auch geklärt´ dachte Stiles genervt. Kaum war der letzte Löffel Suppe vom Teller in ihren Mündern verschwunden, sprang Stiles ungehalten vom Tisch auf, klaubte das Geschirr zusammen und pflaumte seinen Vater an: „Hilfst du mir mal in der Küche?“ Der Sheriff trabte seinem Sohn brav hinterher und Stiles warf die Küchentür hinter ihnen zu und begann sofort zu schimpfen: „Jetzt hör´ mir mal gut zu, Dad! Wenn du dich nicht langsam mal zusammenreißt und ein bisschen netter und höflicher zu Derek bist, dann beende ich diese Farce hier und wenn Derek dann wieder nachhause geht, werde ich mich ihm anschließen! Ich weiß ja, dass er dir nicht passt, aber ich liebe ihn, verdammt! Es verlangt ja keiner, dass du das auch tust, aber akzeptieren musst du ihn schon!“ „Tut mir leid!“murmelte John Stilinski. Stiles schüttelte den Kopf: „Derek gibt sich doch wirklich Mühe! Warum hast du ihn überhaupt eingeladen, wenn du nicht mal mit ihm sprechen möchtest?“ Sein Vater ließ sich unglücklich auf einen Küchenstuhl sinken: „Ich kann immer nur daran denken, dass er ein Werwolf ist; daran, dass er dir möglicherweise wehtun könnte und an Reißzähne und Klauen!“ Stiles gab einen knurrenden Laut von sich und klang dabei beinahe selbst ein bisschen wie ein Werwolf: „Scott ist auch ein Werwolf! Er ist mein bester Freund und gegen ihn hast du nichts, oder? Wo ist der Unterschied? Ist es, weil ich mit ihm nicht schlafe, oder was?“ John Stilinski schluckte laut. Stiles wusste, dass er hart mit seinem Vater ins Gericht ging, doch er hatte das Gefühl, es ginge nicht anders: „Ich bin enttäuscht von dir Dad!“ schickte er noch hinterher und sein Vater wurde in seinem Stuhl immer kleiner: „Das mit Scott kannst du doch gar nicht vergleichen. Ihn kenne ich bereits, seit ihr zwei mir als Kleinkinder um die Füße herumgekrabbelt seid.“ Brachte der der Sherff gerade kleinlaut vor. In diesem Moment klopfte es an der Küchentür und Derek steckte seinen Kopf herein: „Tut mir leid, aber ich kann nichts für meine Werwolfsohren. Ich habe jedes Wort gehört, dass hier gesprochen wurde. Stiles, du solltest nicht so hart zu deinem Vater sein!“ Der Sheriff hob ruckartig den Kopf und blickte seine Rettung von unerwarteter Seite erstaunt an. Derek fuhr fort: „Ich glaube, es wäre gut, wenn dein Vater und ich nun mal ein offenes Wort miteinander wechseln würden; unter vier Augen, dann kannst du inzwischen ungestört mit deiner Küchenmagie weitermachen. Wie klingt das?“ Stiles war ausnahmsweise einmal zu perplex, um etwas zu erwidern und nickte bloß. Sein Vater und Derek gingen ins Wohnzimmer und nahmen auf dem Sofa Platz. Stiles hätte zu gern gehört, was sein Dad und sein Geliebter wohl miteinander besprechen mochten, doch er widerstand dem Drang zu lauschen. Sie würden ihn schon wissen lassen, wenn es etwas gab, was für ihn von Bedeutung wäre. „Ich kann verstehen, dass sie mir gegenüber misstrauisch sind, Sir!“ begann Derek: „Mir ist klar, dass ich mir ihr Vertrauen erst verdienen muss. Stiles ist jung und er ist ein Mensch. Sie fragen sich wohl, wo die Gemeinsamkeiten zwischen uns beiden sind und glauben sie mir Sheriff: Ich habe dasselbe getan und es mir nicht leicht gemacht. Ich kann ihnen nur versichern, dass das, was da zwischen ihrem Sohn und mir entstanden ist funktioniert. Er bedeutet mir wahnsinnig viel und ich würde ihm niemals bewusst wehtun, weder körperlich, noch auf irgendeine andere Weise. Im Gegenteil: wir leben in Beacon Hills und es gibt hier so manches, was das Leben gefährlich macht und aus irgendeinem Grund ist Stiles immer mittendrin. Ich habe schon so oft versucht, ihn davon abzuhalten, aber es ist zwecklos. Er hat einfach seinen eigenen Kopf! Also will ich wenigstens versuchen, ihn zu beschützen, so gut ich das vermag. Und das ist ein Versprechen, dass ich ihnen gebe, Sir!“ Der Sheriff empfing den aufrichtigen Blick aus den großen grünen Augen seines Gesprächspartners und stellte fest, dass er ihm, beinahe gegen seinen Willen Glauben schenkte. Dieser Mann mochte ihm als Schwiegersohn nicht passen, aber er besaß Anstand, Erziehung und hatte ein ausgeprägtes Ehrgefühl. Und Stiles Vater gefiel die Vorstellung, dass sein Sohn nun einen Werwolf als Bodyguard hatte, denn ihm passte selbst auch nicht, wie leichtsinnig Stiles manchmal war. Überdies: Wenn der Sheriff ehrlich zu sich selbst war, stieg ihm auch ein wenig zu Kopf, dass er `Sir´ genannt und von dem Werwolf mit so viel Achtung behandelt wurde. Schließlich nickte er: „Ich verstehe und ich muss mich für mein Verhalten entschuldigen. Das Ganze ist nicht so einfach für mich.“ Derek nickte: „Ich weiß und ich verstehe sie! Es würde mir ebenso gehen, wenn die Dinge umgekehrt wären!“ Stilinski Senior streckte dem Werwolf die Hand entgegen: „Ich heiße John! Wollen wir uns nicht beim Vornamen anreden.“ Wenn der Kerl einmal lächelte, sah er gar nicht mehr so furchterregend aus, stellte der Sheriff im Stillen fest. In diesem Moment verkündete Stiles, dass der Hauptgang nun fertig sei. John Stilinski blickte unglücklich auf seinen Teller und maulte: „Wirklich, Sohn? Gemüseauflauf? Wir haben einen Werwolf zu Gast. Den kannst du doch nicht mit Broccoli abspeisen. Stimmt` s nicht?“ Noch ehe Derek die Chance erhielt, sich mit seiner Zustimmung bei seinem Schwiegervater in spe beliebt zu machen, schimpfte Stiles: „Ich habe zwei Worte für dich: Darmkrebs und Cholesterin. Und jetzt iss´ dein Gemüse auf!“ Derek schmunzelte in sich hinein. Und ein klein wenig fehlte es ihm, selbst auch noch Eltern zu haben, mit denen er sich kabbeln konnte. Er fragte sich mit einem Mal, was Thalia Hale wohl zu einem Schwiegersohn wie Stiles gesagt hätte? Er bedauerte sehr, dass sie es nun nie herausfinden würden, denn er war sich beinahe sicher, dass sie seinen Witz und seinen scharfen Verstand gemocht hätte. Was hätte sie wohl darüber gedacht, dass ihr Sohn sich mit einem anderen Mann eingelassen hatte? Er hatte absolut keine Idee. „Der Nachttisch wird dich wieder versöhnen.“ sagte Stiles gerade: „Es gibt Eiscreme!“ Der Sheriff strahlte ein wenig, doch im nächsten Moment zog er wieder skeptisch die Augenbrauen zusammen: „Warte mal Sohn: Meinst du das echte Eis mit Sahne und so, oder dieses komische Sojazeug, auf das du so abfährst?“ „Das Echte!“ gab Stiles schmunzelnd zurück. „Na Gott sei Dank!“ erwiderte der Sheriff erleichtert und Derek überkam dieses Lächeln nach innen hin, dass er so gut beherrschte und das für Außenstehende meist gar nicht erkennbar war. Doch natürlich hatte Stiles ihn dabei erwischt und zwinkerte ihm zu. Nach dem Dessert war der Sheriff offenbar im Zuckerrausch, denn als sie nun zu dritt im Wohnzimmer auf der Couch saßen, hatte er ausgesprochen gute Laune und erzählte vollkommen gelöst von seiner verstorbenen Frau Claudia: Wie sie sich kennengelernt hatten, von den ersten Dates, was für ein Mensch sie gewesen sei und Derek spürte, wie sich vor Rührung in seinem Hals langsam ein Klumpen bildete. Als es dann spät wurde und Derek eigentlich die Absicht hatte zu gehen, schlug Stiles Vater vor, dass er doch auch hier übernachten könne und äußerte sich bedauernd über Stiles Single-Bett. „Vielleicht wäre es ja langsam mal an der Zeit, dass wir für dich ein Doppelbett anschaffen, was meinst du, Junge?“ Derek und Stiles fiel die Kinnlade herunter. Später in seinem eigenen Bett lauschte der Sheriff nervös mit einem Ohr nach verdächtigen Geräuschen, die möglicherweise aus dem Schlafzimmer seines Sohnes kämen, während er am anderen Ohr sein Telefon hatte und mit Cynthia Mahealani über den heutigen Abend und seine Befürchtungen und Bedenken im Bezug auf gleichgeschlechtliche Mensch-Werwolf-Beziehungen sprach, denn da hatte sie ja auch mit Danny ja auch so ihre Erfahrungen gemacht. John Stilinski war noch nicht über den Berg, doch er arbeitete daran! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)