Ich lasse dich darum flehen! von Traumfaengero_- ================================================================================ Kapitel 28: Lass dich… ach verdammt, sei einfach glücklich! Teil 2 ------------------------------------------------------------------ 28. Kapitel Lass dich… ach verdammt, sei einfach glücklich! Teil 2 Vor wenigen Jahren war dieser Ort eine Erinnerung an die Grausamkeit eines einzigen Mannes, der Herrscharen an Zauberern und Hexen faszinierte und manipulierte, um sie zu Dingen anzutreiben, die nur als unmenschlich zu bezeichnen sind. Dieser Ort diente als Mahnmal, hielt die Erinnerungen aufrecht, damit niemals die Trauer und die Tragik vergessen wurden, die diese Zeit prägten. Doch nun stand die Ceverin Street 4 für etwas anderes. Die dunklen Flüche waren gebrochen, die brachialen Risse im Haus geheilt und der verwilderte Garten ein sommerliches Idyll. Nun war dieser Ort einer der Hoffnung gab. Hier finden immer wieder jene Zuflucht, die sich sonst nicht zu helfen wussten. Kathi war eine von ihnen. Ihre braunen Haare waren lang, reichten ihr bis zur Hüfte. Nun waren sie mit einem einfachen Gummiband nach hinten genommen worden, ihre blauen Augen waren etwas getrübt. Mit ihren 16 Jahren war sie schlank, viel zu schlank für ihre Größe und auf ihren schmalen Schultern trug sie mehr Verantwortung, als sie tragen sollte. Maggy, ihre zwei Jahre alte Schwester blinzelte mit ihren auffallend braunen Augen und den roten Pausbäckchen. Sie wirkte leicht überfordert mit der Unmenge an anwesenden Besuchern, ihr drei Jahre älterer Bruder entdeckte gleich die Zwillinge und grinste. Auch Hugo, neben Lily der Jüngste in der Runde erwachte zu neuem Leben und kletterte gleich von seinem Stuhl. Nun war es Luna, die sich sofort erhob und von einem Strahlen erfüllt meinte. „Meine Güte, Maggy, du bist ja groß geworden. Wie lange haben wir euch denn nicht mehr gesehen?“ Damit war die Entscheidung gefallen, alle drei würden bleiben! Es war gleich, ob ich vielleicht noch Einspruch erheben wollte oder nicht, meine Stimme als Hausherr war ausgeschlagen worden. Auf der anderen Seite hatte ich nicht das Bedürfnis mich gegen ihre Anwesenheit zu wehren. Jeder hier im Dorf wusste, dass der Fortgang von Kathis Vater vor 10 Jahren ihre Mutter in einen Abgrund gestürzt hatte, aus dem sie nicht breit war zu kriechen. Vorwiegend Alkohol war das Mittel ihrer Wahl, um Verstand und Empfinden zu betäuben und dem Chaos und dem Schmerz ihrer Welt zu entkommen. Immer wieder ließ sie sich auf flüchtige Liebeleien ein und das Resultat waren zwei Kinder, Leonard, fünf Jahre alt, und Maggy mit ihren zweien. Ich versuchte die Trauer zu verdrängen, den Trübsinn dieser Situation auszulassen, denn auf Kathis schmalen Schultern lag die Erziehung ihrer beiden Geschwister. Wenn sie sich nicht um die beiden kümmerte, tat es niemand und wenn die drei hier aufkreuzten, bedeutete das meist nichts Gutes. In den vergangenen Jahren hatte sich herausgestellt, dass es am besten war, sie einfach nicht nach den Gründen zu fragen, dafür zu sorgen, dass sie alle etwas Warmes in den Bauch bekamen und ihnen ein wenig Sorglosigkeit zu gönnen. Dabei war Lily ganz fasziniert davon, das etwas kleiner war als sie und doch irgendwie nach ihr aussah. Kurz sah ich zu Draco hinüber, den ich schwermütig seufzten gehört hatte. Da war wieder der sanfte Kräuterkundige in ihm, der jedoch genauso unerfolgreich gewesen war, wie die Anstrengungen Hermines aus dem Ministerium heraus. So gaben wir uns in dieses Schicksal und halfen, wo wir konnten. Wie viele Nächte hatten sich meine Tochter und Maggy schon ein Bett geteilt? „Oh, danke Luna, ja, sie ist ziemlich gewachsen.“ Mit einem Lächeln nahm die junge Mutter die Kleine auf den Arm und nachdem sich Maggy von dem Schock erholt hatte, entkam ihrem kleinen Gesicht ein breites Strahlen! Mit einem Brabbeln begann die Kleine freudig zu Blubbern und Leonard ließ die Hand seiner Schwester los. Er stürmte auf Hugo zu, der ein Jahr jünger war als er und wurde gleichzeitig von den beiden Zwillingen begrüßt, die den fünf Jährigen ebenso mochten, wie er sie. Mein Blick fiel jedoch auf jemand bestimmten, der bei ihrem Anblick leicht rot wurde und mit einem Räuspern in die Höhe sprang. Scorp brummte noch etwas von wegen: Ist kein Ding, esst ruhig mit. Sofort war er losgelaufen und suchte einen passenden Stuhl für sie, die beiden Kinder waren ja schon versorgt. Lysander und Lorcan schoben ihre Stühle einfach zusammen und nahmen den Jüngeren in ihre Mitte, Maggy fand in Lunas Armen Platz und ich fragte mich leise, wann und wie mir die zuvor unterbrochene Diskussion das Genick brechen würde. Lily konnte ich das ganze Desaster ja noch verbieten und Rose würde ebenso keine Chance haben, sie war erst sechs Jahre alt. Aber einem 12 Jährigen, sturen Draufgänger wie Teddy, dessen bester Freund eine Reise in den Dschungel plante, konnte man so eine Idee nicht ausreden. Das würde uns noch viel Blut kosten! Nachdenklich betrachtete ich diese Gesellschaft und meine Gedanken flogen zu dem Tag zurück, an dem ich das erste Mal mit Draco über diese Idee gesprochen hatte. Damals war es ein dummer Tagtraum und ich hatte nicht erwartet, dass ich ihn je umsetzen würde. Tagträume… mit einem leisen Schmunzeln kehrt die Vorstellung zurück, die mich damals im großen Gemeinschaftsraum eingeholt hatte. Mein verträumter Blick schweifte über den Garten und in meiner Erinnerung hörte ich die Stimme meiner Mutter, die mit Severus darüber diskutierte, ob er James und Sirius half. Trotz all dem Chaos hatte sich mein Leben gewandelt, mir mehr Glück beschert, als ich erwartet hatte. Lächelnd setzte sich Kathi auf den ihr angebotenen Stuhl und kaum später bekam sie schon einen Teller gereicht. Blaise war außer sich vor Freude und kaum hatte ich mich versehen standen noch zwei Schüssel auf dem ohnehin schon vollen Tisch. Aus einem uns nicht bekannten Grund schien dieser Mann in stetiger Panik zu sein, dass auch nur eine Kleinigkeit beim Grillen oder jedem anderen Essen fehlte und am Ende blieb für alle noch so viel übrig, dass wir ein zweites oder drittes Mal hätten essen können. Der Sonntag wurde so traditionell zum Resteessenstag in allen Haushalten, obwohl Kathi und ihre Geschwister meist genügend mit bekamen, dass sie es kaum tragen konnten. Die Massen an Süßem zum Nachtisch hatten wir noch nicht gesehen, aber sicher gab es sie. Es gab sie immer! Lächelnd lauschte ich den Gesprächen, die wie ein sanftes Summen um mich herum geführt wurden. Teller und Schüsseln wurden quer über den Tisch gereicht oder der Reihe nach weiter gegeben. Es war ein herrliches Durcheinander, so wie ich es liebte. Der Duft von frischem Brot und heiß gegrilltem Fleisch mischte sich zu etwas Vertrautem und ich hörte das leise Ploppen der gläsernen Salatsoßenflaschen. Sie verteilten sich zwischen den kleinen Schüsseln mit selbstgemachten, vegetarischen Aufstrichen, kleinen Fleischbällchen, Gewürzgurken, geschnittener Paprika und sonstigem gegrilltem und rohem Gemüse. Wenn noch mehr auf diesen Tisch gestellt werden sollte, würde er sicher nachgeben und brechen. Zwei große Fleischteller auf jeder Seite flankierten den Salat und in der Mitte fand sich auch eine Schüssel mit gegrillten Gemüsespießen. Die mit Käse gefüllten Champignons waren am beliebtesten. Heimlich fragte ich mich, ob zwischen Kathy und Scorpius je etwas Ernstes entstehen würde. Sie sahen sich selten und doch knisterte es immer wieder zwischen ihnen. Da war jedoch etwas, dass mich von diesem Gedanken fernhielt. Eine kleine Stimme, eine Intuition, die mir sagte, dass es kein Bund für die Ewigkeit war. Allerdings waren die beiden auch noch sehr jung! Leicht verlegen lief mir ein Schauer über den Rücken. Mit Cho hatte ich nur kurz etwas, dann kamen einige leichte, seltene und sehr peinliche Begegnungen mit dem anderen Geschlecht, in denen ich meine ersten Erfahrungen sammelte, doch mein Herz verlor ich ebenso jung wie der blonde Slytherin, der so unverhofft Teil dieser zusammengewürfelten Familie wurde. Klar, wir hatten keine Beziehung miteinander, Affären oder sagen wir eher wilde Unzucht bestimmte mein Leben nach unserem ersten Mal und dann fand ich ihn wieder. Mein Blick wanderte zu Draco, der in eine Grundlegende Diskussion mit Ron vertieft war, in der es offenbar um gewisse Züge im Schach ging. Das war schon immer ein wunder Punkt zwischen den beiden, denn Schach war einer der wenigen Bereiche, in dem Ron klar im Vorteil war. Er konnte spielen, wie kein zweiter. Die wenigsten Partien gewann Draco gegen ihn, ich hatte es schon lange aufgegeben. Ich spielte nur zum Zeitvertreib oder um zu sehen, wie viele Züge ich noch gegen ihn bestehen konnte, bevor mein König fiel. Plötzlich hörte ich ein Lachen. Es war dieses unterdrückte Prusten, das gleich in lautes Gelächter anstimmen würde. Irritiert blinzelte ich, sah mich um und versuchte zu verstehen, was geschehen war. Mein Blick schweifte rüber zu Remus, der sich auf die Unterlippe biss und mich mit einem vielsagendem Ausdruck angrinste. Selbst Ron presste die Rückseite seiner rechten Hand gegen seinen Mund, in dieser hielt er noch immer die Gabel. Kathy kicherte wie eine kleines Mädchen und die Zwillinge lachten laut, schlugen beide euphorisch beflügelt in die je erhobene Hand des anderen, gekonnt über Leos Kopf, der in der Mitte saß. Luna grinste breit und Neville direkt neben mir gluckste vor Freude. „Ok, was hab ich verpasst?“ Fragte ich nun völlig verwirrt, denn offenbar war ich der Grund dieser unerwarteten Freude. Doch die Antwort blieb aus, dafür brach nun Tonks in ein schallendes Gelächter aus und rückte auf der Bank etwas zurück, um nichts auf dem Tisch umzuwerfen. Ihre Haare wurden zu einem grellen Gelb und dann zu einem krassen Pink. Selbst Draco neben mir konnte ich lachen hören und so suchte ich verlegen nach dem Grund. Was hatte ich verpasst? Was hatten sie angestellt, während ich in Gedanken versunken war? Nachdem mein Blick an mir herunter gewandert war, um den Auslöser zu finden, bemerkte ich den Grund. Meine Augen blieben an der großen, leeren Fläche direkt vor mir hängen. Da war kein Essen mehr. Da war kein Teller mehr. Da war nichts! Nicht einmal ein Glas hatten sie mir gelassen! Wo war mein herrliches Stück Fleisch? Ich war doch noch gar nicht fertig gewesen! Meine Reaktion war anscheinend wie erwartet, sorgte dennoch für einen Ausbruch grölenden Gelächters. Selbst Scorpius und Teddy konnten sich kaum beherrschen und mit einem gespielt genervten Seufzen verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Sehr, sehr lustig! Wo bitte ist mein Essen?“ Das daraufhin noch lautere Lachen machte mir klar, dass es verloren sein musste. Ein Blick zu meinem besten Freund und der verlegene Ausdruck in seinem Gesicht gestand, dass er mein wunderbares Stück Rinderfilet gegessen hatte. „Wenn es dich beruhigt, es hat wirklich gut geschmeckt, auch wenn es fast kalt war.“ Klasse, ich war also wirklich so in Gedanken versunken gewesen, dass ich nichts mitbekommen hatte? Aber waren die beiden, Ron und Draco nicht eben noch in ein Gespräch vertieft gewesen? „Und wo ist mein Teller?“ Fragte ich nun leicht resigniert, immerhin hatten sie mich wirklich um alles erleichtert. Doch eine Antwort bekam ich nicht, die gespannten Gesichter musterten mich nur auffällig und ich erkannte die Lage, in der ich mich befand. Wenn ich meine Sachen wieder haben wollte, musste ich um sie kämpfen! Gut, diese Herausforderung nahm ich an und gleich flammte wieder dieser hungrige Jagdinstinkt in mir auf. Meine grünen Augen richteten sich weiter auf Ron, wenn er mein Fleisch gegessen hatte, musste er auch meinen Teller haben oder? Ich konnte ihm nicht ansehen, ob er aus Scharm verlegen war oder weil er ein Geheimnis zu wahren versuchte. „Ron, gib mir meinen Teller zurück!“ Forderte ich ihn nun auf, nicht ohne dabei einen Applaus zu kassieren. Doch nicht nur diesen, als der rothaarige Auror seinen eigenen Teller anhob und die Serviette darunter zum Vorschein kam, war ich kurz sprachlos. Warum bitte versuchte ich seine Verlegenheit zu deuten, wenn der Teller so offensichtlich platziert war? Unter dem Papiertuch kam mein Geschirrstück zum Vorschein und es war so blank und sauber, als hätte ich es eben aus dem Schrank genommen. Von meinem Erstaunen ließ ich mich nicht aufhalten. Mir fehlten noch immer einige Gegenstände und so musterte ich Draco, der mich mit einem unschuldigen Lächeln und einem verführerischen Blick betrachtete. Es wäre wirklich zu leicht, wenn er sich an diesem Diebstahl beteiligen würde, aber als Mittäter wäre er perfekt. Ebenso Neville auf der anderen Seite. Er käme nicht allein auf diese Idee, aber er würde sofort mitmachen. Luna hingegen hatte Maggy auf dem Schoß, sie würde höchstens alles weiter reichen. Rose und Hugo, die der Tischreihe nach folgten, würden auch nur Mitverschwörer sein. Rose war zu anständig und Hugo würde sich mit einem kindischen Kichern verraten, das tat der vier Jährige immer. Darum würde ihm niemand etwas anvertrauen. Die drei Jungs danach waren ein anderes Kaliber. Lysander und Lorcan besaßen alles, was man ihren Eltern nicht nachsagte. Scharfsinn, ungebremste Tatkraft und vor allem eine unglaubliche Hinterlist! Ihr momentaner Wunsch war es das Geschäft der Weasley Brüder zu übernehmen. Scorpius hatte sich gemütlich zurückgelehnt und lächelte ebenso unschuldig wie ein Kind. Der 17 Jährige verstand es undurchschaubar zu sein. Kathy war außen vor, sie kicherte noch immer und versuchte sich zu beruhigen. Teddy neben ihr hatte sich vorgebeugt und meine Augen verengten sich. Sein Kinn war locker auf die rechte Hand gestützt, den Ellenbogen hatte er auf den Tisch gestellt. „Du hast mein Messer!“ Davon war ich überzeugt, zumindest bis zu dem Moment, in dem er die Augen schloss und sich mit einem seligen Grinsen leicht zu Kathy hinüber beugte. „Scorp, bekomme ich meine Goldmünze heute noch oder erst morgen?“ Mit einem Murren griff der blonde Slytherin in seine Hosentasche und als er die Hand zurück zog, wirkte er unzufrieden. Seine Nase wurde kraus gezogen und er meinte leicht beleidigt. „Nachher. Ich habe keine bei mir. Obwohl ich verstehe, warum er das Messer bei dir vermutet!“ Brummte der junge Schüler und nun öffneten sich Teddys leuchtende Augen. Nun waren sie strahlend blau. „Oh ja, ich weiß. Ich habe eben eine Vorliebe für Messer, Dolche und aller Art von Klingen.“ Nun war ich unzufrieden! Ein Versuch war futsch. Also musste ich mich entscheiden, auf was ich verzichten wollte. Wenn aber Teddy mein Messer nicht hatte, wer dann? Nachdenklich blickte ich zu Remus, der sich wieder gefangen hatte, er wirkte gefasster. Tonks giggelte noch immer leise vor sich hin und ich entschied mich gegen sie. Nein, er würde nicht mit machen. Blaise unbekannter Freund spielte nicht mit. Entweder hatte Teddy doch etwas, also das Glas oder die Gabel, oder aber es war bei Scorpius. Was würde ich am wenigsten bei dem Slytherin erwarten? „Du hast das Glas, Scorp.“ Sagte ich nun und blickte ihn direkt an. Wieder ein Applaus und der 17 Jährige lächelte anerkennend. „Na, doch nicht so schlecht, wie ich dachte. Ich bin davon ausgegangen, dass du außer deinem Teller nichts wieder siehst.“ Neckte er mich nun und beugte sich an seinem Stuhl herunter, um nach dem Glas zu fischen, welches er auf die Erde gestellt hatte. Wenigstens etwas. Also nur noch mein Besteck. Einer Frage folgend lehnte nun ich mich vor, neben Draco auf meiner linken kamen Blaise und dann Dylan. Mein Blick fing den der braunen Augen ein. Der unbekannte Neuling in der Runde hatte ein kantiges Gesicht, seine schwarzen Haare hatten etwas Wildes und er war offensichtlich nicht so zurückhaltend, wie er hier vorzugeben versuchte. Eben hatte ich ihn ausgeschlossen, aber wie groß war der Einfluss des Mannes, in den er sich verliebt hatte? Aber würde er sich für ihn gleich in die Verschwörung mit eingliedern? Neben ihm kamen Tonks und Remus am Kopf des Tisches und danach Ron und Hermine, die neben meiner Tochter saß. Teddy reichte ihr gerade eine Scheibe trockenen Brotes, denn er saß auf der anderen Seite bei Lily. Nein, Dylan war nicht mit eingespannt worden, es war Blaise! „Gib mir meine Gabel wieder!“ Forderte ich und Tonks trat lachend mit dem Fuß auf. „Verloren!“ Gackerte sie und auch Ron konnte sich nicht halten. Lorcan und Lysander sprangen von den Stühlen und jaulten vor Vergnügen. Da erkannte ich meinen Fehler. Sie hielten triumphierend meine Gabel in der Hand und ich schimpfte mich selbst einen Dummkopf. Wie konnten die beiden auch einem solchen Streich nicht wiederstehen! Resigniert seufzte ich und Neville klopfte mir auf die Schulter. „Ach komm, du kannst wenigstens noch trockenes Brot essen. Dazu brauchst du kein Besteck. Oh, und wir haben noch Gemüsespieße!“ Obwohl er mit einer Vegetarierin verheiratet war, konnte er diese abfälligen Bemerkungen nicht lassen. So griff er über den Tisch und ließ kurz darauf einen an sich wirklich lecker aussehenden Spieß mit Pilzen, Paprika und Tofu auf meinem Teller landen. „Ha, ha, danke!“ Brummte ich und musste doch schmunzeln. „Das Tofu kannst du aber behalten.“ Gab ich nun zurück und hörte von der anderen Seite nur ein abschätziges. „DER! Es heißt Der Tofu! Also, „Den Tofu kannst du behalten!“ Aber wenn du ihn so wenig magst…“ Bevor ich noch reagieren konnte, hatte Draco mir den Spieß wieder geklaut und ich sah den ersten Pilz hinter seinen schmalen Lippen verschwinden. An dieser Stelle konnte ich natürlich protestieren, aber da ich mit einem Vegetarier zusammen lebte und glücklich sein konnte, dass wir trotz dieser Konstellation ein „Sommeranfangs-GRILLEN“ mit FLEISCH hatten, hielt ich einfach die Klappe! „Ok, und wo ist mein Messer?“ Fragte ich lieber ablenkend und starrte erstaunt in das freundliche Gesicht von Luna, die mir meines reichte. „Bei so viel Verachtung diesem wirklich köstlichen Räuchertofu gegenüber hast du es gar nicht verdient!“ Wie konnte man so lieb lächeln und so einen kalten, herabwürdigenden Ton in der Stimme haben? Ein Schauer lief meinen Rücken herunter und ich nahm das Besteckstück kleinlaut entgegen. „Na kommt, Kinder, lasst uns abräumen und den Nachtisch holen!“ Rief nun plötzlich Blaise und alle waren dafür. Ein euphorischer Freudenruf erfüllte die Terrasse unter dem Sonnensegel und Bewegung kam in alle. „Halt, wartet, aber ich habe doch noch gar nicht zu Ende gegessen!“ Beschwerte ich mich vergebens, denn die ersten Schüsseln wurden schon vom Tisch geräumt. Ron hingegen stieß die Luft aus. „Puh, auch noch Nachtisch!“ Er schien satt zu sein und mich ignorierten sie alle. Klasse, da ging der Hausherr wirklich hungrig vom Tisch? Plötzlich sah ich eine Bewegung im Augenwinkel und als ich auf meinen Teller blickte, lagen dort zwei Scheiben frischen Brotes, eine mit einer hellgrünen Avocadocreme und die andere mit einem vegetarischen Aufstrich aus Paprika, Zwiebeln und Roter Beete. Irgendwie gerührt und dennoch nicht wirklich zufrieden sah ich Draco an, der nur kurz lachte. „So schlecht schmeckt es wirklich nicht. Aber du kannst auch gerne weiter hungern.“ Damit beugte er sich vor, umgriff sanft mein Kinn und gab mir einen zärtlichen Kuss. Was soll ich sagen? Er weiß eben ganz genau, wie er mich um den Finger wickeln kann. Ich liebe diesen Mann und daran wird sich nichts ändern! Meine Aufmerksamkeit wurde von Neville geweckt und da der Kuss nur ein flüchtiger, wenn auch sehr zärtlicher war, löste er sich schnell wieder. „Das ist jetzt nicht euer ernst, Lorcan! Lysander!“ Rief der Familienvater neben mir und ich suchte die beiden Zwillinge. Ein unterdrücktes Prusten konnte ich nicht verhindern. Da setzte der eine doch dem anderen eine der großen Schüsseln auf den Kopf und mit erstaunten Gesichtern sahen sie zu ihren Eltern. „Aber Papa, wir haben doch nur zwei Hände und so können wir viel mehr rein tragen.“ Erklärten sie beide in ernstem Ton und fügten dann noch hinzu. „In Afrika machen sie das auch so!“ Ich war froh, dass ich mich in diese Unterhaltung nicht einmischen musste. Ich würde immerhin noch meiner drei Jahre alten Tochter erklären müssen, dass sie nicht mit nach Brasilien in den Urwald konnte. Neville sah zu seiner Frau, die mit einem stolzen Lächeln meinte: „Ja, da habt ihr sehr gut aufgepasst!“ Damit zog sie ihren Zauberstarb und nach einer melodischen Formel und einem eleganten Schwung entstand unter der Schüssel ein weicher Ring, der breit genug war um fest auf dem Kopf zu sitzen und gleichzeitig die Schüssel zu halten. „So dürfte es besser gehen.“ Das Strahlen in diesen Kinderaugen war kaum zu übersehen. Ein wenig besorgt sah ich den beiden nach, als sie nur kurze Zeit später mit einer großen Schüssel auf dem Kopf und je zwei Tellern in den Händen zur Terrassentür wackelten. Es wirkte zwar sicher, stabil, aber es waren meine Schüsseln! Auch Neville wirkte nicht sonderlich glücklich, obwohl ich einen gewissen Stolz in seinen Augen erkannte. Warum die beiden Zwillinge so anders waren als ihre Eltern, erklärte sich deutlich an Lunas Verhalten. Sie förderte auf ihre naiv, aber selbstsichere Weise die ausgeprägten Charakterzüge ihrer Söhne. Aus der Küche kam nur wenig später Rose zarte Stimme, die sich beinahe hysterisch überschlug. Wie immer spielte sie sich als fürsorgliche „große Schwester“ auf und erklärte den beiden, wie unverantwortlich sie sich verhielten. Ich rückte mit meinem Stuhl näher an Draco heran, der beinahe reflexartig den Arm hob und mich an sich zog. Vielleicht war es pathetisch oder eher übertrieben, aber aus dem Verlust meiner eigenen Familie hatte ich nun eine sehr, sehr große neue geschaffen. Ja, ich gestehe, es ist sehr selbstüberzeugt, aber das hier war meine Schuld. Ich war der Initiator dieser Grillfeiern, der Winterfeste und all der anderen Gründe, aus denen wir uns trafen. Heimlich war ich gespannt, wie unsere Kinder sich in Hogwarts machten. Außer Scorpius und Teddy gingen bisher keine auf die Schule. Allerdings würden nach den Zwillingen ein ganzer Schwung fest zusammen gewachsener Chaoten mit ganz eigenen Charakterzügen das Internat für Hexerei und Zauberei besuchen. Ich beobachtete mit einem zufriedenen Lächeln, wie Teddy Lily aus dem Stuhl half und sie und Leon je eine gläserne, fast leere Salatsoßenflasche bekamen. „Seid langsam und vorsichtig. Wenn die Flaschen fallen, gehen sie kaputt.“ Ermahnt Scorpius die beiden, während er selbst einige Teller übereinander stapelte. Mit plötzlich erwachter Achtsamkeit wackelten die beiden um den großen Tisch und machten einen großen Schritt über die Türschwelle zum Wohnzimmer hinein. Es war schön zu sehen, wie sie alle aufeinander achteten und aufpassten. Teddy grinsten, als Kathy die restlichen Teller nahm und dem blonden Slytherin schnellst möglichst folgte. „Ich seh schon, heute Abend krieg ich höchstens die Hängematte im Garten.“ Kommentierte er und Tonks stellte klar. „Heute Nacht hast du dein eigenes Bett Zuhause.“ Ihr Sohn sah sie nur kurz vielsagend an und verschwand dann auch im Haus. Der 12 Jährige ließ sich ungern etwas sagen und erstaunlicher Weise eher von seinem Vater als von seiner Mutter. Vielleicht war es der Wehrwolfanteil in Remus, der ihm zu mehr Respekt verhalf. „So, so, mit euch ist das also etwas Festes?“ Kam plötzlich unerwartet von Hermine und auch Luna beugte sich vor. „Oh ja, ich will auch endlich mal Genaueres hören!“ Rief sie neugierig und Maggy blubberte vor sich hin. Ein erstauntes „Was?“ war die Antwort von Dylan, der so unverhofft angesprochen wurde. „Nein, nicht… ich meine, nun ja,… was versteht ihr unter „etwas Festes“?“ Erkundigte er sich zögerlich und der gut gebräunt Restaurant Kritiker wurde bis unter seinen schwarzen Haarschopf rot. „Normalerweise sprechen die Damen von diesem komischen, bei ihnen sehr beliebten Ding namens Beziehung, die normalerweise in einem glücklichen Moment den Status „verheiratet“ erlangt.“ Half Remus aus und nun wurde der arme Fremdling, der bisher nur flüchtig zu anderen Anlässen vorgestellt wurde, noch verlegener. Seine schönen, braunen Augen wurden groß, eine leichte Panik trat in die kantigen Gesichtszüge und er zog flach die Luft ein. „Ähm...“ Kam nur von ihm und Hermine ergriff wieder das Wort. „Du bist der erste „Freund“, den er je mit zu einem unserer „Familientreffen“ mitgebracht hat.“ Ihre Art das Wort Freund zu betonen ließe den großgewachsenen Mann noch mehr in sich zusammensinken und er schluckt laut. Offensichtlich war ihm das nicht bewusst gewesen. „Stimmt aber auffällig, du bist der erste.“ Gab nun auch Tonks von sich und blickte den Mann zu ihrer rechten interessiert an. „Das… das hat Blaise leicht anders ausgedrückt.“ Murmelte Dylan leise und Draco schmunzelt still vor sich hin. „Wie hat er es denn ausgedrückt?“ Half ich dem Verlegenen so gut ich konnte, bisher hatte er einen vernünftigen Eindruck auf mich gemacht. „Oh, nun…“ Ein Räuspern folgte. „… er meinte, dass es nur ein ungezwungenes Essen wäre und es ganz normal wäre, dass hin und wieder neuen Gesichter dazu stießen.“ Offenbar war das der Moment, an dem die anwesenden Damen inklusive Draco scharf die Luft einsogen und ein leises Gemurmel anstimmten. Ron, Neville und Remus waren ebenso verwirrt wie Dylan und ich. „Offensichtlich wollte er dir keine Angst einjagen, indem er dir nicht gleich den vollen Umfang deiner Anwesenheit hier verdeutlicht.“ Begann Draco wie immer diplomatisch und bei dem nun besorgten Blick war es Tonks, die auf ihre ewig charmante Weise dazwischen grätschte. „Wenn er dich hier mit her nimmt, bedeutest du ihm verdammt viel und er kann sich vorstellen, den Rest seines Lebens mit dir zu verbringen. Sieh es als Probe an, ob du mit diesem verrückten Haufen zurechtkommst. Das hier ist seine Familie, wenn du es mit uns nicht aushältst, dann hat er ein ziemliches Problem. Im schlimmsten Fall müsste er sich zwischen uns und dir entscheiden.“ Diese Aussage saß erschreckend und in diesen wundervollen Augen brach aus der bisher gezügelten Besorgnis und der aufschäumenden Verlegenheit die pure, blanke Angst heraus. Natürlich war das übertrieben. Blaise war uns allen wichtig, wichtig genug, um viele Kompromisse für sein Glück einzugehen. Dylan musste aber keiner von ihnen sein. Er war der erste Freund, den Blaise uns vorstellte, also vertraute er ihm so sehr, dass er ihn zu einem Teil dieser chaotischen Bande machen wollte. Anscheinend waren die bisherigen Erfahrungen, zu denen ich mich selbst mitzählen durfte, nicht gerade berauschend und vertrauensförderlich gewesen. Blaise hatte in den letzten Jahren niemandem mehr wirklich sein Herz geöffnet, Anwesende ausgelassen, dafür hin und wieder die Tür und das Bett. Florian hatte er uns zumindest vorgestellt, bevor er ihn halb aus dem Restaurant warf, weil wir kamen. Ich erinnerte mich aber nicht, ihn je wieder gesehen zu haben. „Lass dir nichts einreden, Tonks übertreibt mal wieder maßlos.“ Meinte Ron mit seiner freundlichen Art und verzog das Gesicht, als die angesprochene die Augen verengte und die Farbe ihrer Haare einen dunklen Ton annahmen. „Nun, grundsätzlich hat sie damit ja nicht Unrecht.“ Begann Draco an meiner Seite, der sich entspannt zurück gelehnt hatte. „Die Frage nach der Wahrscheinlichkeit ist in diesem Fall die wichtige. Du machst bisher einen vernünftigen Eindruck und keiner hier würde sich bewusst zwischen Blaise und sein Glück stellen. Anders ausgedrückt, solange du ihn glücklich machst, musst du uns nicht unbedingt gefallen.“ Noch immer wirkte der an sich groß gewachsene Dylan verschüchtert, eine gewisse Spur des Entsetzens zeichnete sein kantiges Gesicht. Auch hatte er sich leicht in seinen Stuhl gekauert, obwohl er mit aller Willensstärke Haltung zu bewahren versuchte. „Ok, offenbar bin ich der einzige, der ein einfaches Essen erwartet hat!“ Gab er nun abwehrend von sich und hob die Hände. „Vielleicht sollte ich…“ Doch weiter kam er nicht, es waren Scorpius und Teddy, die an der Tür lauschend den Satz unterbrachen. „Vergiss es!“ Kommentierte der Slytherin und nur kurz darauf landete ein ganzer Stapel an Tellern vor ihm und der schlanke 17 Jährige wirkte herablassend verstimmt. „Lass dich von Tonks einschüchtern und ich filetiere dich, um dich dann Häppchenweise an Teddys Ratte zu verfüttern!“ Erstaunt sahen die braunen Augen nun zu dem Schüler auf, der offensichtlich alles mit angehört hatte. „Was erwartest du in dieser Runde? Was erwartest du bei einem Mann wie Blaise? Dass wir alle liebevoll und zurückhaltend sind? Dass wir dich pudern und wickeln wie einen Säugling? Reiß dich gefälligst zusammen und klär das mit deinem Schnuckelchen später. Aber ich trage hier doch sicher nicht alles raus, nur damit du jetzt auf und davon bist!“ Oh, da war er wieder! Obwohl Scorpius nicht einmal seinen Schulabschluss besaß, verstand er es auf eindrucksvolle Weise einzuschüchtern, wobei er diesen bekannten, vertrauten malfoyschen Ton hatte, der einem unter die Haut ging. „Zur Strafe darfst du die Teller verteilen!“ Damit drehte er sich um und ging an einem breit grinsenden Teddy vorbei zurück ins Haus. Der 12 Jährige konnte sich das Feixen kaum verkneifen und mit einem vielsagenden Blick packte er auch noch einen Haufen Teelöffel und Kuchengabeln auf den Stapel oben drauf. „Sei froh, dass er nicht sauer auf dich ist!“ Meinte er mit einem Zwinkern und drehte sich dann wieder um. Kathy stand verwirrt mit einigen großen Löffeln und Kuchenschiebern in der Hand in der Tür und wurde sanft von Teddy zur Seite geschoben. „Was habe ich jetzt schon wieder verpasst?“ Fragte sie verwirrt und wich den Zwillingen aus, die mit großen Tellern durch die Tür wollten. Wunderbarste Kuchenstücke, jedes einzelne eine Augenweide, tummelten sich auf den runden Platten. Sie waren mit Obst und feinen Streifen schwarzer und weißer Schokolade verziert und besaßen unterschiedliche Schichten kleiner Sünden. Einige von ihnen waren sogar mit einem kleinen Hauch Sahne versehen, wenige von ihnen wurden mit kleinen Waffelstückchen geziert. „Nur eine kleine Verstimmung.“ Grinste Teddy und folgte seinem besten Freund. „Oh...“ Gab Sie von sich und betrachtete fragend den Stapel Geschirr vor Dylan. Mit einem Schulterzucken packte sie auch noch ihres dazu und drehte sich verwundert um auf der Suche nach Antworten. Während sie das Haus wieder betrat, kam das Gewusel erst richtig in Schwung. Dylan saß noch immer mit hochrotem Kopf auf seinem Platz und wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Rose war die erste, die mit einer Schüssel Tiramisu zum Tisch kam, ihr folgte wie eine Entenschar erst ihr jüngerer Bruder Hugo und dann Lily. Mit einem Lächeln beugte ich mich zu meiner kleinen Tochter herunter und wollte ihr die gläserne Flasche mit Vanillesoße, von der auch Hugo eine trug, abnehmen. Ihr kindliches Strahlen war über das gesamte, runde Gesicht verbreitet und ich war mir sicher, dass sie ein glückliches Kind war. Manchmal machte ich mir schon sorgen, ob ich alles tat, ob ich wirklich ein guter Vater war, aber ein Blick in ihre wunderschönen grünen Augen und das ewige Lachen rückten mir oft den Kopf wieder zurecht. Ein Klirren aus der Küche ließ uns alle zusammenfahren und dann ertönte eine Stimme aus dem Haus. „DU HAST WAS GETAN?“ Erstaunt drehte sich wirklich jeder am Tisch zur Tür hin, als sich Blaise Stimme beinahe überschlug. „Hätte ich den Kerl gehen lassen sollen? Außerdem habe ich nicht damit angefangen!“ Konterte Scorpius deutlich zu verstehen und dann erst schien auch Kathy, die ebenfalls bei den Jungen war, zu begreifen. „Warte, Dylan und du seid ein Paar?“ Es war erschreckend, wie wenig Teddy manchmal an einen 12 Jährigen erinnerte und mit einem beinahe unverschämten Ton in der Stimme meinte er dreist. „Na ja, die Kiste teilen sie sich miteinander und da er der erste ist, von dem Namen und Gesicht bekannt sind…“ Sein bester Freund ergänzte den nicht zu Ende gesprochenen Satz und fügte hämisch Blaise gegenüber hinzu. „… und du ihn nicht nur flach gelegt hast und er dann in der Versenkung verschwand…“ Doch auch er ließ seinen Satz unvollendet. „Bei Merlins verrottenden Kochen! Das ist jetzt nicht euer ernst!“ In Blaise Stimme klang ein Unterton mit, der eine gute Portion Mitleid in mir wachrüttelte. Mein Blick fiel zu Dylan, der nun gar nicht mehr wusste, was er tun sollte. Wie ein unerwarteter Ruck verkrampften sich seine Finger um die Stuhllehne und er wollte offenbar aufstehen. „Sitzen bleiben! Weglaufen ist nicht!“ Knurrte plötzlich Tonks und ihr Blick sagte mehr als jedes weitere Wort hätte ausdrücken können. „Was denn? Geh raus und klär das mit ihm! Können wir ja nicht wissen, dass du ihn belügst!“ Meinte Teddy mit einem Zug in der Stimme, der mein Mitleid für Blaise noch weiter stärkte. „Ich denke nicht, dass er das tun wird! Mal ehrlich, dafür fehlen ihm die Stunden Vorbereitung und der Mut!“ Kommentierte nun der blonde Slytherin und kurz darauf erklang ein Geräusch, dass ich nicht einordnen konnte. „UND WAS SOLL ICH IHM BITTE SAGEN?“ Fuhr ihn nun Blaise an, der sichtlich mit seinen Nerven am Ende war. „Wie wäre es mit der Wahrheit? Nur mal so als Idee!“ Kam nun doch angefahren von Scorpius zurück, der offenbar kein Blatt vor den Mund nahm. „Du hattest Schiss ihm zu sagen, dass du eine ziemlich chaotische, verrückte und meistens unausstehliche Familie hast, die rücksichtslos und grausam sein kann?“ Ein Schweigen trat ein und ich hatte Lily mittlerweile auf meinen Arm genommen. Hugo sah seinen Vater fragend an, in dessen Armen er kuschelte. Keiner am Tisch sagte etwas, doch jedem konnte man seine Gedanken klar ansehen. Es war Draco, der sich gerade erheben wollte, irgendjemand musste die Situation ja klären. Allerdings machte Scorpius seinem Namen in jeder Hinsicht Ehre. Er war ebenso angriffslustig und Umsetzungsstrak wie sein Vorname und ebenso durchtrieben und rücksichtslos wie sein Familienname es als Tradition bevorzugte. „Bei allen verdorbenen Tränken dieser Welt, das kann ich mir wirklich nicht länger mit ansehen!“ Knurrte er plötzlich und wir hörten seine Schritte näher kommen. „Hilfst du mir?“ Fragte er noch und Teddy gab ein knappes „Jupp.“ von sich. Erstaunt blickten wir die beiden an und mit verschränkten Armen baute sich der blonde Slytherin vor Dylan auf. Er wirkte nicht verspannt, eher wie ein angriffslustiger Skorpion, der seinen giftigen Stachel bereit hielt, um ihn im Falle eines Ungehorsams einzusetzen. Teddy flankierte auf der Position zwischen seiner Mutter und dem Kritiker den hinteren Teil und somit den Fluchtweg. Der 12 Jährige hatte eine schlanke, nicht sonderlich muskulöse Figur, die jedoch eine gewisse Größe beinhaltete. Seine Haare hatten nun einen dunklen, schwarzen Ton angenommen, die Augen leuchteten gefährlich rot. „Ich nehme meine Worte teilweise zurück. Kläre es JETZT!“ Gab Scorpius von sich und hatte dabei den malfoyschen Ton bis zur Perfektion getrieben. Es war dieser Zusatz, der einem direkt unter die Haut ging. „Sofort!“ Doch da eilte Blaise ihnen schon nach und ein leises Kichern folgte ihm. Offenbar hatten die Zwillinge die Küchentür zum Lauschen genutzt. „Was bitte soll das werden, Scorpius?“ Fragte der Koch aufgebracht, dem die rote Färbung seiner Wangen trotz der dunklen Hautfarbe anzusehen war. Ein Blick zu dem Mann, der noch immer unschlüssig und verlegen war, nahm ihm jedoch diese aufbrausende Art wieder. Der 17 Jährige verschränkte nur erneut elegant die Arme vor der Brust und meinte süffisant. „Hm, such es dir aus. Entweder bügel ich deine Fehler und Lügen aus oder ich quäle dich nur ein Bisschen. Was dir lieber ist.“ Nun kam sogar in Dylan ein Sturm an Leben zurück, ein Ruck ging durch seinen Körper und mit einem einzigen, kraftvollen Schwung erhob er sich, um sich vor dem jungen Slytherin aufzubauen. „Du nimmst deinen Mund ganz schön voll!“ Die Reaktionen am Tisch waren gänzlich unterschiedlicher Natur. Während Ron anscheinend Mitleid mit Blaise hatte und sich über die nun bestehende Bedrohung des deutlich vorlauten Slytherin freute, wirkte Hermine besorgt und aufgebracht. Draco hingegen schien mit aller Fassung seinen Stolz verbergen zu wollen, der dieser forschen Art gegenüber in ihm aufschwemmte. Ich hingegen dachte direkt an den Vorfall im Ministerium, der selbst mir das Blut in den Adern hatte gefrieren lassen. Manchmal vergaß ich, dass Draco zwar „wieder ganz“ war, aber noch immer zwischen den Extremen seiner Persönlichkeit wankte. Ein gutes, halbes Jahr hatte er sich von seinem „Erzfeind“ im Ministerium bloß stellen lassen und dann hatte er ihn eiskalt abserviert, ihm auf so hinterhältige, absolut malfoysche Art alles genommen, was dieser Mann als sein Eigen bezeichnete. Mitten in der großen Empfangshallte hatte er den Abteilungsleiter wie eine kleine Made unter seinem Schuh zertreten und mir wurde klar, dass Draco Malfoy der einzige Mensch auf der Welt war, der ernsthaft an einem solchen Ort aussprechen konnte, dass er über die Vor- und Nachteile des zugefügten Todes durch DEN verbotenen Todesfluch nachgedacht hätte. Nachdem er all seine Trümpfe ausgespielt und den Mann vorgeführt hatte, meinte er mit diesem engelsgleichen Unschuldslächeln. „So, nun muss ich aber los. Ich lasse sicher keine Dame warten wie Natalie Dessay, die in wenigen Stunden ihre hinreißende Stimme in den Räumen des Royal Opera House erklingen lassen wird. Außerdem will ich ungern wirklich wichtige Personen wie meine Mutter wegen solch Nichtigkeiten unnütz an meiner Pünktlichkeit zweifeln lassen.“ Mit „Nichtigkeit“ war ohne Zweifel der Mann gemeint, der nun alles verloren hatte, was ihm je als das Eigen erschien. Arbeit, Familie, Ruf… und seine Zukunft. „Dann klären wir das sicher nicht hier!“ Erstaunt blinzelte ich, waren meine Gedanken so weit abgeschweift? Was war heute nur mit mir los, dass ich immer wieder in Träumen und Erinnerungen versank? „Wir haben eine große Küche, in der sowieso aufgeräumt werden muss.“ Innerlich fragte ich mich, ob Scorpius wirklich keine Angst hatte. Nach außen hin zeigte er nur seine hochnäsig Art, ließ sich nicht einschüchtern. Situationen wie heute Morgen waren selten, er öffnete sich kaum jemandem gegenüber und Draco und Teddy wussten am ehesten, wie es um sein Herz stand. Ich konnte nur vermuten, dass er innerlich doch eine gewisse Sorge hatte, da Dylan einen guten Kopf größer war. Der Blick, den der blonde Slytherin von dem Kritiker bekam, war vernichtend. Doch wie immer wirkte der 17 Jährige gelassen. Schweigend griff Dylan nach der Hand seines Partners, der zerknirscht und verlegen wirkte. Ohne den anderen noch einen Blick zuzuwerfen, schob der großgewachsene Mann den Koch vor sich her durch die Tür ins Wohnzimmer. „Ist das dein Ernst?“ Kam nun beinahe synchron von Ron, Remus und Neville. „Blaise ist noch immer unser Freund!“ Fuhr Hermine ihn an und dann zog Scorpius auf diese typische Weise die Augenbraue in die Höhe. „Denkst du, dass er mir weniger wert ist? Oder hast du die Tatsache außer Acht gelassen, dass ihre Beziehung deswegen so gut funktioniert, weil Dylan ihn beschützt und Blaise sich von ihm beschützen lässt?“ Das Hermine und auch Tonks protestieren wollten, sah man beiden an, doch mit einem ungnädigen Ausdruck schwiegen sie. Wie immer hatte der junge Slyterin präzise erkannt, wo das Problem oder hier eher die Stärke lag. Offensichtlich ließ Blaise sich von ihm beschützen. „Ich für meinen Teil will wissen, wie es da weiter geht.“ Kam nun von Neville und er hob seinen Zauberstarb. Nach einem interessanten Zauber und einer wenig eleganten Bewegung hörten wir vorerst nichts. Angespannt lauschten wir, obwohl besonders Hermine nicht damit glücklich war. Tonks hingegen war ihre Neugierde anzusehen. Da aber nichts zu hören war, dem wir verbotener Weise lauschen konnten, dachte der Zauberer schon, einen Fehler gemacht zu haben. Bis wir Blaise Räuspern hörten. „Wie lange willst du mich denn noch fest halten?“ Kam seine zögerliche Frage und mit einem unerwarteten Schmunzeln in der Stimme antwortete der Kritiker. „Bis du aufhörst zu zittern?“ „Dann kannst du wohl noch lange warten.“ In diesen Worten klang eine Mischung aus Resignation und Wut mit, die wir so alle noch nicht bei ihm gehört hatten. „Oh, ich bin da sehr optimistisch eingestellt. Außerdem denke ich nicht, dass wir uns beeilen müssen. Die gefräßige Bande da draußen hat ihren Nachtisch schon!“ Ein Schmunzeln. „Wollen wir einfach ganz langsam und in Ruhe anfangen?“ Wir hörten außer der Frage keine Reaktion von Blaise, doch dann sprach Dylan weiter. Wahrscheinlich hatte der ehemalige Slytherin genickt. „Du hast keinem von denen da draußen erzählt, dass wir seit vier Monaten ein Paar sind oder?“ Wieder mussten wir uns die Reaktion nur denken, aber diese Antwort kannten wir schon. „Das klang eben so, als hättest du ihnen noch keinen einzigen Freund vorgestellt.“ Langsam wurde die Anspannung bei uns am Tisch spürbar. Wieder verständigte sich der Dunkelhäutige Koch nonverbal. „Gab es denn schon einen vor mir, denn du ihnen hättest vorstellen können?“ „Definierst du da einen Zeitraum?“ „Ähm… ok… wie darf ich das jetzt verstehen?“ Wieder dauerte es lange, bis das Gespräch weiter ging. „Ich hatte während dem Anfang meiner Ausbildung einen Freund, der mich jedoch betrogen hat und danach bin ich abgehauen. Alle anderen Beziehungsversuche haben sich eher als… sagen wir mal, dass ich mir häufig die Finger verbrannt habe. Als ich wieder zurück kam, habe ich mich deswegen auf niemanden eingelassen. … Na ja, außer auf dich natürlich!“ Das Schmunzeln klang mit und gab mir und offensichtlich auch den anderen ein erleichtertes Gefühl. „Ok, das kann ich gut verstehen. Da wäre ich auch vorsichtig. Was ich gerade nicht verstehe, du meintest „während der Ausbildung“, aber ich dachte, dass du deine Kochausbildung auf Reisen absolviert hättest.“ „Na ja, das war ja nach der Sache mit Harry. Ich…“ Doch weiter kam er nicht. Das folgende Schweigen ließ uns alle nichts Gutes ahnen. Nach einer unerträglichen Zeit, in der ich Lily noch einen der Kekse gab, die in zwei großen Schalen auf den Tisch standen, nahm Blaise das Gespräch wieder auf. „Ähm… ja… ich… ich hatte in der Schulzeit etwas mit Draco am Laufen und als er damals verschwand… na ja,… da haben… da hat sich dann mit Harry etwas ergeben.“ Dylan sog so scharf die Luft ein, dass uns allen das Blut in den Andern gefror. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)