Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 38: Kontrolle --------------------- „Töte ihn“ Mit aller Macht kämpfte Harry gegen sich selbst, doch er hatte keine Chance. Er musste doch irgendwas tun! Er versuchte zu rufen, Snape irgendwie zu warnen, doch auch seine Zunge wollte nicht gehorchen. Mit aller Kraft versuchte er seine Stimme wiederzufinden und tatsächlich entkam ihm ein Laut, auch wenn es eher nach einem Kampfschrei klang, aber hauptsache er machte sich irgendwie bemerkbar. Verwundert drehte Snape sich um und im gleichen Moment stieß Harry zu. 'Nein!' Erschrocken sah der Tränkemeister, was Harry vorhatte und griff nach dem Arm, der auf ihn zusauste. Die Klinge stoppte knapp vor seiner Brust und der Gryffindor drückte mit aller Kraft gegen den Arm des Slytherins, der deutlich schwächer war als Harrys, obwohl er verzweifelt versuchte sich unter Kontrolle zu bringen. „Potter, was...“ „Töte ihn endlich“ Harry warf sich gegen den anderen und sie stürzten zu Boden. Dabei verlor Snape den Zauberstab, der, weiterhin erleuchtet, klappernd von ihnen wegrollte. Schmerzerfüllt verzog sich das Gesicht des Slytherins, als er unsanft auf dem Rücken landete und Harry zusätzlich den Druck auf seine Rippen vergrößerte. Noch immer hatte Harry das Messer im Anschlag und Snape musste sich komplett darauf konzentrieren die Klinge von sich fernzuhalten, da Harry ihm in körperlicher Kraft überlegen war. In der Hoffnung irgendwie mit ihm kommunizieren zu können, sah Harry dem Slytherin in die Augen, doch der schien seinen Blick nicht zu verstehen. Verdammt! „Meinst... du nicht...“, presste Snape heraus. „dass du... ein wenig... überreagierst?“ 'Das bin nicht ich!', wollte Harry schreien, doch es kam kein Ton über seine Lippen. Um Harry von sich zu stoßen, gebrauchte der Tränkemeister nochmals seine ganze Kraft und versuchte so die Überhand zu gewinnen. Während Harry neben ihm stürzte, suchte der Slytherin mit einer Hand nach dem Zauberstab. Schnell wechselte Harry das Messer in die andere Hand und holte aus. Snape erkannte, dass er seine Deckung vernachlässigt hatte und griff schnell nach dem Handgelenk des Gryffindors. Er versuchte genügend Druck auszuüben, damit er das Messer fallen ließ, doch das funktionierte nicht. So sehr er sich auch anstrengte, er kam nicht gegen Harry an. Mit einem Ruck ließ Snape vom anderen ab und krabbelte ein Stück von ihm weg. Das Messer noch immer in der Hand, stand Harry schon auf, um erneut auf Snape loszugehen, doch dieser bekam endlich den Zauberstab zu fassen und richtete ihn gegen Harry. „Expelliarmus“, keuchte Snape und Harry flog das Messer aus der Hand. „Bleib wo du bist.“ „Du kannst ihn auch ohne Messer töten“ Wieder gehorchten ihm seine Beine nicht und er ging drohend auf Snape zu. „Impedimenta.“ Harrys Körper wurde schlaff und er stürzte unsanft zu Boden. Mit dem Aufprall hatte er gleichzeitig das Gefühl nicht mehr gesteuert zu werden. Er bewegte testweise den Mund und er schien tatsächlich wieder sprechen zu können. „Ich... ich war das nicht“, fiel ihm als erstes ein. „Woher soll ich wissen, ob du wieder du selbst bist?“, murmelte Snape kühl und japste wegen seinen Rippen. „Ich weiß nicht... ob ich wieder rückfällig werde, aber vorhin konnte ich nichtmal sprechen.“ Er verstand schon, warum Snape ihm nicht traute, doch dessen Rippen mussten gerichtet werden. „Fesseln Sie mir einfach nur die Hände... und dann gehen wir so weiter... nachdem ich Ihre Rippen geheilt habe.“ Der Slytherin zögerte, doch dann machte er einen Schlenker mit dem Zauberstab und Harry war frei. Langsam, um zu zeigen, dass er nicht wieder angreifen wollte, kam der Gryffindor zum Schwarzäugigen. „Es tut mir leid“, murmelte Harry niedergeschlagen, während Snape ihm den Zauberstab hinhielt. „Mach einfach“, krächzte der Slytherin ungeduldig. Der Gryffindor griff sachte nach dem Zauberstab und versuchte sich dann zu konzentrieren. Ganz bei der Sache war er jedoch nicht. Hätte er Snape tatsächlich getötet, wenn dieser sich nicht gewehrt hätte? Warum schrie Snape ihn nicht an? Dann würde er sich besser fühlen. Zögerlich sah Harry auf und begegnete wie so häufig dem ruhigen Blick des anderen. Nicht nur, dass dem Gryffindor dieser Blick nun umso unangenehmer war, er verstand ihn auch nicht. Der Tränkemeister nutzte jede Gelegenheit, um auf ihm herumzuhacken, aber wenn Harry versuchte ihn zu töten, kam keine Reaktion? Was war denn das für eine Logik? Als Harry fertig war, griff Snape wieder kommentarlos nach dem Zauberstab. „Ich hätte dich töten können“, flüsterte Harry kaum hörbar und wagte es nicht den Blick erneut zu heben, doch der Slytherin hatte ihn trotzdem verstanden. „Hast du aber nicht“, sagte der Slytherin ruhig. Betreten sah Harry zur Seite, was Snape ächzen ließ. „Potter, du wurdest mit schwarzer Magie dazu gezwungen. Überlege dir lieber, was wir dagegen machen können, statt Trübsal zu blasen.“ Harry wurde still und überlegte, während der Slytherin aufstand und das Messer aufhob. „Das behalte ich erstmal“, sagte er knapp und forderte Harry auf weiterzugehen. „Geh lieber vor, dann kann ich dich im Auge behalten.“ Zögerlich stand der Gryffindor auf und setzte sich in Bewegung. Die Rauferei hatte seinem Rücken nicht gut getan und er gab ein Ächzen von sich. Hoffentlich würde das irgendwann von alleine besser werden. „Haben Sie irgendeine Idee, was wir gegen diese Orks tun können?“, fragte der Gryffindor nach einiger Zeit. Seufzend antwortete Snape: „Wir können es wohl nicht riskieren nichts zu unternehmen. Die einzige Möglichkeit das zu beenden ist, ihre Quelle zu zerstören.“ Ruckartig drehte Harry sich zum anderen um. „Heißt das wir müssen in ihr Lager?!“ „Ich fürchte ja.“ Der Tränkemeister sah genauso wenig begeistert aus, wie Harry sich fühlte. Er musste schlucken. „Wie... Was glauben Sie, wie viele werden das sein?“ Kopfschüttelnd antwortete der Tränkemeister: „Keine Ahnung.“ Schwer seufzend sah Harry den Gang hinunter und strich sich erschöpft übers Gesicht. Für so eine Aktion fühlte er sich nicht fit genug und Kopfschmerzen hatte er auch. Diese Geste ließ den Slytherin stutzen und er kam näher. Prüfend legte er seine Hand auf Harrys Stirn, was diesen erschrecken ließ. Snapes Hand war eiskalt. „Du hast Fieber“, stellte Snape fest und ihm war anzusehen, dass er sich sorgte. „Wie geht es deinem Rücken?“ „Naja...“, zuckte Harry die Achseln. Dass Snape ihn berührte, ihm so nah stand und dann auch noch besorgt um ihn war, verstärkte Harrys flatterndes Gefühl im Bauch, welches er rasch wieder vertreiben wollte. Für seinen Geschmack wirkte Snape sogar zu besorgt, immerhin war ein bisschen Fieber nicht schlimm. Doch der Tränkemeister schob Harrys Mantel beiseite und untersuchte sogleich die Wirbelsäule. Mit einem Seufzer gab der Gryffindor sich geschlagen und hob seinen Pullover hoch. Snape fand genau das vor, was er befürchtet hatte: Offensichtlich hatte sich die Verletzung entzündet. Leise fluchend ließ er von Harry ab und überprüfte, was für Salben er dabei hatte, doch natürlich hatte er keine da, die helfen könnte. Skeptisch zog Harry die Augenbrauen hoch. „Was ist?“ „Die Wunde hat sich entzündet.“ „...Und?“, verstand Harry die Problematik nicht. Genervt wandte Snape sich wieder an den anderen: „Wenn wir das nicht behandeln, wird es dir immer schlechter gehen.“ „Ich schaffe das schon.“ „Potter, das ist der falsche Zeitpunkt, um den Helden zu spielen!“ Nun wurde auch Harry lauter: „Sie wissen doch selber, dass wir das nicht behandeln können, also bringt es auch nichts, wenn ich jetzt herumjammere. Da muss ich eben durch.“ Für einige Augenblicke musterte Snape den jüngeren, der ihm entschlossen in die Augen sah. So hatte er Harry nie eingeschätzt und das irritierte ihn. Er hatte ihn immer für eine verzogene Göre gehalten, die sich wegen jedem Wehwehchen beschwerte. „Also, wie finden wir jetzt dieses Lager?“, wechselte der Gryffindor entschlossen das Thema. Noch immer überrumpelt sah Snape ihn an und ließ auf eine Antwort warten, bis Harry keine Geduld mehr hatte und sich ächzend umdrehte, um weiterzulaufen. „Sie müssen ja aus der Richtung gekommen sein, oder? Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass sie durch den Nebel gelaufen sind“, überlegte der Grünäugige und hörte endlich, wie Snape ihm folgte. „Das Lager zu finden wird nicht das Problem sein. Viel problematischer ist, wie wir uns da reinschleichen, denn ein offener Kampf ist mit nur einem Zauberstab vollkommen zwecklos“, beteiligte Snape sich endlich an den Überlegungen. „Wissen Sie, wie genau die mich kontrollieren?“ „Es gibt viele verschiedene Methoden, wie sie das machen könnten. Aber irgendwo müssen sie dein Blut aufbewahren und das müssen wir ihnen wegnehmen.“ „Klingt eigentlich ganz simpel.“ „Hoffen wir mal, dass es das auch ist“, knurrte der Slytherin. Das Lager war wohl doch nicht so nah, wie beide gedacht hatten, denn sie liefen stundenlang ohne einen Hinweis auf die Orks zu finden. Harry befürchtete schon, dass sie in die falsche Richtung liefen und sich immer weiter entfernten. Erschöpft setzte sich der Gryffindor auf seine Beine, um das Steißbein zu schonen. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt nicht mehr anders sitzen zu können, obwohl seine Beine jedes mal dabei einschliefen. Snape ließ sich neben ihm nieder und trank aus einer der Flaschen, die bald schon wieder leer sein würden. Den Kopf zurücklehnend, schloss Harry die Augen und spürte schon bald Snapes Hand auf seiner Stirn. „Es steigt ziemlich schnell“, murmelte der Tränkemeister und der Gryffindor öffnete die Augen, um den anderen anzusehen, der die Hand wieder weggezogen hatte. „Ich muss mich nur kurz ausruhen, dann geht es mir besser“, erwiderte Harry leise und schloss dabei schon wieder die Augen. So gut, wie er es vorgab, ging es ihm nur leider nicht. Sein Kopf dröhnte und seine Glieder waren schwach. Ohne nachzudenken senkte er seinen Kopf und lehnte die Stirn an Snapes Schulter, der skeptisch eine Augenbraue hochzog. Ansonsten zeigte er jedoch keine Reaktion und so verweilte Harry in der Position, bis er wegdöste. Damit der Grünäugige zu Kräften kam, ließ der Slytherin ihn schlafen und legte die Schutzzauber über sie. Es war ihm ein Rätsel, warum Harry schon wieder seine Nähe suchte. Wahrscheinlich lag es an diesem Ort, Potter fühlte sich einsam und suchte Schutz. Das war die einzige Erklärung, die dem Slytherin einfallen wollte. Schon nach kurzer Zeit weckte Snape den Gryffindor wieder, da er selbst müde wurde und sich bewegen musste, um wach zu bleiben. Harry die Wache übernehmen zu lassen war ihm zu riskant, solange er von den Orks kontrolliert werden konnte, also musste er erst einmal ohne Schlaf auskommen. Wirklich geholfen hatte das Nickerchen nicht und Harry schleppte sich schwankend voran, während Snape ihn mit wachsamen Augen beobachtete. Schon nach kurzer Zeit war Harry wieder vollkommen erschöpft, aber er erlaubte sich keine weitere Pause. Snape behielt ihn die ganze Zeit skeptisch im Auge, doch das ignorierte Harry gekonnt. „Potter, so kann das nicht weitergehen“, murrte Snape, als der Gryffindor beinahe hinfiel. „Dann schlagen Sie was vor“, murmelte Harry nur und lief stur weiter. „Wir können nicht immer...“, setzte Snape verärgert an, unterbrach sich aber, als er nach vorne blickte. Sie waren um die Ecke gebogen und direkt vor ihnen stand ein großes Wesen. Es sah aus wie ein riesiger, fellloser Ochse, der an die 2 Meter hoch war. Harrys Hand zuckte zu seiner Umhangtasche, doch da fiel ihm wieder ein, dass Snape ihm Messer und Zauberstab weggenommen hatte. „Ist das...“, überlegte der Tränkemeister laut und schien sich nicht bedroht zu fühlen. Irritiert sah Harry zum anderen, der langsam auf das Tier zuging, das schnaubend vor dem Licht zurückwich. Eilig senkte der Slytherin den Zauberstab, um den Ochsen nicht zu blenden. „Das ist ein Re'em“, stellte er fest. „Er muss sein Fell verloren haben. Vermutlich weil er sein ganzes Leben lang noch keinen Lichtstrahl zu sehen bekommen hat.“ „Ein Re'em? Aber die sind doch gar nicht gefährlich.“ Langsam schüttelte Snape den Kopf. „Im Gegenteil, er kann uns helfen.“ Sachte ging er auf das Tier zu, damit er es nicht verjagte und der Gryffindor folgte ihm vorsichtig. Der Re'em wirkte scheu und gab ein jämmerliches Bild ab. Wie konnte man einem Wesen so etwas nur antun? Es war ganz offensichtlich nicht dafür geschaffen unter Tage zu leben. „Wovon ernährt es sich hier überhaupt?“, murmelte Harry und wagte es das Tier zu berühren. „Normalerweise von Pflanzen und Wurzeln. Es muss hier seine Ernährung ein wenig umgestellt haben“, flüsterte Snape fast und strich über den Hals des Ochsen, der noch immer leicht nervös war, jedoch nicht mehr weglaufen wollte. „Warum ist er hier, wenn er nicht gefährlich ist?“ „Wegen seinem Blut“, erklärte Snape ruhig und zückte den Zauberstab. Mit großen Augen sah Harry zum anderen. Der Gryffindor wusste, dass das Blut eines Re'em als Stärkungstrank dienen konnte. „Sie wollen ihn doch nicht etwa umbringen?“, fragte er empört nach. „Was? Nein“, antwortete der Slytherin ungeduldig. „Er wird es ohne Schaden überstehen, wenn wir ihm ein wenig Blut abzwacken.“ Snape holte eine der Flaschen hervor und beobachtete den Re'em genau, während er den Zauberstab an dessen Hals ansetzte. Schnell sprach er einen Zauber und es entstand eine kleine Wunde, aus der Blut herausschoss. Der Ochse zuckte zusammen und machte einen Satz zur Seite. Konzentriert hielt Snape die Flasche an die Wunde, während er versuchte das Tier mit Worten zu beruhigen. Eine Weile funktionierte das sogar, doch irgendwann war dem Tier die Situation doch zu unheimlich und es senkte den Kopf, stieß Snape unsanft zur Seite und rannte an ihm vorbei davon. Ächzend lehnte der Slytherin an der Wand und hielt sich die Rippen. „Er wird verbluten“, rief Harry als erstes, doch Snape schüttelte den Kopf. „Die Wunde schließt sich nach kurzer Zeit von selbst. Könntest... du...?“ Zügig kam Harry zum anderen herüber, nahm ihm den Zauberstab ab und richtete dessen Rippen. Der Slytherin begutachtete die Flasche, die zur Hälfte mit Blut gefüllt war. „Das ist doch schonmal etwas. Hier, nimm einen Schluck“, hielt er dem Gryffindor die Flasche hin, der sie skeptisch entgegennahm. Er sollte ernsthaft Blut trinken? „Stell dich nicht so an, Potter. Runter damit“, knurrte sogleich der Tränkemeister und Harry warf ihm einen bösen Blick zu. Er setzte die Flasche an und überwand sich einen Schluck zu nehmen. Er hatte den starken Geschmack von Eisen im Mund, doch der verschwand zum Glück schnell wieder. Kurz darauf spürte er, wie die Kraft wieder in seine Glieder wanderte. Als ob er vollkommen von seinem Fieber geheilt werden würde, verschwanden die Schmerzen und sein Kopf wurde klarer. „Besser?“, fragte der Slytherin beiläufig und nahm dem Gryffindor die Flasche ab. „Viel besser.“ „Gut, dann weiter.“ Während er loslief, nahm Snape ebenfalls einen kleinen Schluck aus der Flasche und schickte Harry dann wieder voraus. Sie liefen eine ganze Weile schweigend hintereinander, bis der Tränkemeister den Gryffindor plötzlich an der Schulter packte und ihm damit deutlich machte, stehen zu bleiben. „Was ist?“ „Pscht!“ Fragend sah Harry zum Slytherin. Er konnte nichts hören, doch Snape lauschte angespannt. „Hörst du das nicht?“, fragte Snape also verständnislos nach und erhielt ein Kopfschütteln. „Hier lang.“ Snape dirigierte den anderen durch die Gänge, ohne ihm zu sagen, was er denn da hörte. Harry fragte mehrmals nach, doch der Slytherin ignorierte ihn gekonnt, weshalb der Gryffindor irgendwann grummelnd beleidigt spielte. Doch dann hörte auch er plötzlich etwas. Eine Art Summen und Trommeln. Sie bogen um eine weitere Ecke und konnten schließlich am Ende des Ganges ein warmes Licht ausmachen. Mit gezücktem Zauberstab schlichen sie den Weg hinunter, dicht beieinander. Der Lärm wurde immer lauter und das Licht machte Lumos bald überflüssig. Der Tunnel endete abrupt in einer Halle, viele Meter über dem Boden, sodass man den großen Raum wunderbar überblicken konnte, ohne selbst sofort gesehen zu werden. Vorsichtig gingen die beiden an die Klippe heran und spähten hinunter. Die Halle war komplett mit kleinen Hütten ausgestattet, zwischen denen sich jede Menge Orks herumtrieben und ihren Alltagsgeschäften nachgingen. Der meiste Krach wurde von wütenden Orks verursacht, die sich gegenseitig anbrüllten, bevor sie aufeinander losgingen und versuchten sich gegenseitig umzubringen. Der Sieger ließ seinen Gegner danach einfach achtlos liegen und ging weiter seiner Beschäftigung nach. Harrys Blick blieb wie gebannt an einem Ork hängen, der die Leichen zusammensammelte, nur um sie dann auseinander zu nehmen und in einen Topf zu schmeißen. Offenbar ein Kochtopf. Der Gryffindor schluckte und trat näher an den Slytherin heran, was ihn ein wenig beruhigte. Wie um alles in der Welt sollten sie sich da hineinschleichen? Das war unmöglich. „Wir müssen herausfinden, wo sie dein Blut aufbewahren“, flüsterte Snape ruhig und suchte mit den Augen alles ab. Stumm beobachteten sie das Treiben unter sich und nach einer Weile glaubte Harry etwas gefunden zu haben. „Was ist das?“, deutete er auf etwas. Auf einem kleinen Platz relativ in der Mitte stand ein dreibeiniges Metallgerüst mit einer Steinschale darauf. Einer der Orks hatte die Schale gerade über ein Feuer gehalten und stellte sie nun zurück auf den Dreibein. Es sah für Harry nicht danach aus, als würde der Ork sich etwas kochen, denn für eine Mahlzeit war die Schale viel zu klein. „Das könnte es sein...“, murmelte Snape. Zugleich machte der Ork einige seltsame Handbewegungen über der Schüssel und Harry erstarrte. „Töte ihn“ Noch bevor Snape verstand was der Ork da tat, hatte Harry ihm den Zauberstabarm verdreht, griff blitzschnell in seine Manteltasche und fischte das Messer heraus. Grob presste er den Tränkemeister an die Wand und hielt ihm bereits das Messer an die Kehle. Der Slytherin wollte den freien Arm zum Hals anheben, doch da drückte Harry ihm das Messer kräftiger an die Kehle, so dass er die Haut ritzte. Langsam ließ Snape den Arm wieder sinken und sah ruhig zum Gryffindor. Er wollte etwas sagen, wagte es jedoch nicht auch nur die kleinste Bewegung im Hals hervorzurufen. Und so sah er Harry einfach nur an, nicht wütend, nicht ängstlich sondern abwartend, als sei er bereit für das Kommende. „Fast geschafft. Nur noch den Arm zur Seite bewegen und es ist vorbei. Töten ist so einfach. Nur eine kleine Bewegung“ 'NEIN! Ich will ihn nicht töten!' „Es ist ganz leicht. Nur noch ein bisschen mehr.“ 'NEIN!!' Harrys Atmung wurde zittrig. Dem Gryffindor war sein Kampf anzusehen und Snape musterte ihn nur weiterhin ruhig. Harry empfand den Blick des Tränkemeisters als so durchdringend, dass er den Blickkontakt nicht brechen konnte. Es war als würde Snape ihm sagen, dass er ihm vertraute. Er schluckte. Wie konnten Snapes Augen ihn ausgerechnet jetzt so fesseln? Du könntest ihm niemals weh tun, nicht wahr? schossen Harry plötzlich Lucas Worte durch den Kopf und er riss erschrocken die Augen auf. Ihm niemals weh tun...? Als Harry die schwarzen Augen des anderen weiter betrachtete, wusste er, dass Luca Recht hatte. Er konnte ihn gar nicht töten, das würde er nicht fertig bringen. Denn sie waren miteinander verbunden, auf eine seltsame Art und Weise. Ist zu kompliziert es zu erklären hatte Luca ebenfalls gesagt und endlich verstand er, was der Junge ihm damals sagen wollte. Er könnte Snape niemals töten, schließlich brauchte er ihn. Auch wenn sie sich ständig an die Gurgel gingen und nichts anderes konnten als streiten, so würde doch etwas fehlen, wenn Snape nicht mehr da wäre. Harry würde einfach... der Gegenpol fehlen. Es würde ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Noch immer stand Harry unter dem Bann dieser schwarzen Augen, die so unergründlich und doch irgendwie vertraut waren, jetzt wo er zu dieser großen Erkenntnis gelangt war. Diese Augen versprachen Schutz, Fürsorge und irgendwie... erinnerten sie an Zuhause. Warum hatte er das nicht schon viel früher erkannt? 'Ich werde ihn nicht töten.', dachte Harry nun vollkommen entschlossen und spürte tatsächlich, dass er langsam seinen Körper unter Kontrolle bekam. Angestrengt bewegte er das Messer millimeterweise von Snapes Kehle weg, bis dieser sogar wieder wagte zu schlucken. Mit aller Kraft zwang der Grünäugige seine Finger auseinander und das Messer fiel scheppernd zu Boden. Mit geschlossenen Augen lehnte Harry seine Stirn an die von Snape und versuchte sich voll und ganz auf den anderen zu konzentrieren. Er nahm seinen Geruch wahr, hörte seinen Atem... und spürte gleichzeitig, wie sein Körper sich entspannte. Tief durchatmend seufzte er auf. Es war vorbei, er hatte gesiegt. „Wie hast du das denn schon wieder angestellt?“, flüsterte der Slytherin leise und Harry huschte ein Schmunzeln übers Gesicht. „Ich bin eben ein Sturkopf.“ „Du bist wohl der erste Mensch, der sich gegen schwarze Magie auflehnen konnte und bist gleichzeitig so miserabel in Okklumentik?“ Leicht empört wich Harry wieder zurück und sah den anderen beleidigt an. „Das ist etwas völlig anderes.“ „Achja?“, zog Snape eine Augenbraue hoch. „Seinen Geist vor anderen verschließen, die Kontrolle über sich behalten. Klingt verdammt nach den selben Fertigkeiten, die man auch für Okklumentik braucht, oder?“ Harry setzte an zu antworten, doch ihm wollte nichts einfallen und so bückte er sich grummelnd, um das Messer aufzuheben und vor allem, um Snapes Blick nicht mehr erwidern zu müssen. Warum musterte er ihn auch immer so intensiv? Das machte ihn nervös. Vor allem jetzt, nachdem er diese seltsamen Gedanken gehabt hatte. Snape schien von alldem nichts gespürt zu haben, was Harry irgendwie frustrierte. Warum wusste er selber nicht. „Kannst du mir dann wenigstens sagen, ob das jetzt Glück war oder wirst du dich in Zukunft auch im Griff haben?“, wechselte Snape netterweise zurück zum Thema. Überlegend besah Harry sich das Messer in seiner Hand und drehte es hin und her. „Ich denke, dass ich mich kontrollieren kann.“ Prüfend sah Snape den anderen an und dann wieder zum Lager hinunter. An dem Dreibein stand nun kein Ork mehr. „Gut, dann würde ich mich gerne etwas ausruhen, bevor wir uns in die Höhle des Löwen wagen.“ Zustimmend nickte der Gryffindor und beobachtete die Orks. Wie sollten sie da nur zur Schüssel gelangen? Es erschien ihm unmöglich. Aber wenn sie ohnehin erst einmal rasteten, hatte er genug Zeit sich etwas zu überlegen. Sie entfernten sich weiter vom Lager, damit sie von den Orks nicht überrascht werden konnten und schon bald beleuchtete wieder nur der Zauberstab den Tunnel. „Das sollte reichen“, murmelte der Tränkemeister und wollte sich gerade setzen, als sie ein Geräusch hörten. Etwas kam aus dem Tunnel auf sie zu und kampfbereit hob Harry das Messer an und Snape den Zauberstab. „Das ist ja interessant“, sprach eine tiefe, melodische Stimme. „Ich hätte nicht gedacht, dass hier irgendwann mal wieder Menschen auftauchen würden. Ich dachte schon ihr hättet uns vergessen.“ Angespannt umklammerte Harry das Messer und wollte schon laut rufen wer da sei, als ein riesiger menschlicher Kopf vom Licht getroffen wurde. Die braunen Haare gingen schnell in eine Mähne über und diese in den Körper eines großen Löwen. Der Stachel eines Skorpions schimmerte in dem schwachen Licht und blitzte bedrohlich auf. Es war ein Mantikor. Fieberhaft nachdenkend schluckte Harry und auch Snape war angespannt. Der Gryffindor wusste, dass es sinnlos war Zauber gegen dieses Wesen zu richten, denn man konnte weder dessen Attacken abwehren, noch kratzten den Mantikor irgendwelche Flüche. Mit einem siegessicheren Schmunzeln kam das Wesen immer näher. „Bestens... so einen kleinen Happen für zwischendurch kann ich jetzt gut gebrauchen.“ Damit erhob der Mantikor eine seiner großen Pranken und schlug nach Snape aus, der aus Reflex einen Protego ausführte, der jedoch scheiterte und unsanft wurde er nach hinten gestoßen. Das Grinsen des Wesens wurde breiter, während er immer wieder mit seinen Klauen den Tränkemeister angriff und mit dem Stachel nach ihm schlug. Snape jedoch konzentrierte sich auf den Blickkontakt, um Legilimentik anzuwenden, und wich jedem Angriff geschickt aus, doch den Mantikor schien das nicht zu verunsichern. „Du bist gut, das muss ich zugeben. Aber du hast einen gewaltigen Schwachpunkt.“ Damit stürzte sich das Wesen auf den Gryffindor, der schnell der riesigen Pfote auswich. Snape erkannte sofort, dass Harry das nicht lange durchhalten würde. Schnell duckte der Grünäugige sich unter dem Stachel weg, der ihn nur knapp verfehlte und die Mauer hinter ihm bröckeln ließ. Im gleichen Moment erhob der Mantikor bereits seine Pfote und da wusste Harry, dass er dieser nicht mehr ausweichen konnte. Er sah die Klauen aufblitzen, als sie auf ihn zuschnellten... und dann hatte sich Snape schützend vor ihn gestellt. Mit Entsetzen spürte Harry, wie Snape durch die Kraft des Angriffs gegen ihn gedrückt und dem Slytherin die Luft aus den Lungen gepresst wurde. So konnte er auch nicht aufschreien, als die Krallen ihm den Rücken zerfetzten. Keuchend senkte Snape den Kopf neben Harrys, nahm jedoch sofort wieder eine stabile Position ein, bereit den nächsten Angriff abzufangen. Als Harry begriff, dass Snape vor hatte einfach jeden Schlag zu ertragen, murmelte er: „Nein, hör auf!“ „Wusste ich es doch“, lachte der Mantikor und griff mit seinem Skorpionsstachel an. Es gab ein widerliches Geräusch, als der Stachel Snape durchbohrte und dem Tränkemeister entkam ein schwaches Ächzen, das schnell zu einem rasselnden Husten wurde, als sich seine Lungen sofort mit Blut füllten. Harry konnte die Spitze des Stachels an seinem Bauch spüren und riss vor Entsetzen die Augen auf. „NEIN!!!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)